ZV. Jahrgang. Nr. 82. Zeitschrift für vaterländische Interessen. Erscheint jeden Dinstag und Freitag und lostet: Insertionsgebührrn: Für die 2spaltigc Peüt-Zeile oder deren Ra,nl7 Mit der Post: Für Laibach sammi Zustellung: bei lmllliger Einschallung 6 kr., 2 Mal 8 kr,, 3 Mal 10 fr. Ganzjährig fi. Ganzjährig fi. 5.— Stempel jede« Mal 30 kr. Halbjährig „ 3.— Halbjährig „ 2.50 , Inserate übernimmt Haafenstein N Vogler in Wien, W°llze,le 9, Einzelne Nummer 5 tr. Hamburg, Berliu, Leipzig, Frankfurt °M. , Basel. Die Redaktion befindet sich am alten Markt Nr. 155, I. Stvck. Geldsendungen sind zn richten an den Eigenthümer de« Älaltee. Die Administration in Ottotar Klerr's Buchhandlung Manuskripte werden nicht zurückgesendet, aucnyme Millhe,Iungen «icbl Hauptplatz, Nr. 313. berücksichtiget. Laibach, Dinstag am 12. Oktober 1869. Aus dem trainischen Landtage. Die eilfte Sitzung am 8. d. M. wurde mit der langwierigen Vorlesung des Protokolls in beiden Sprachen eröffnet. Nahm schon dieses unnölhige Verfahren sehr viel kostbare Zeit hinweg, so ent­ spannen sich dann noch Plänkeleien, wozu dießmal Herr De2ma n den Anstoß gab. Dr. 2arni k protcstirte mit Hinwcisung auf ß. 12 der Geschäftsordnung dagegen, daß seine Anträge, die er doch slovenisch vorgebracht, im deutschen Protokolle in deutscher Uebersetzung erscheinen, worauf der Landespräsident bemerkt, ein solcher Protest mache die deutsch sein sollenden Protokolle nicht deutsch und laufe dein neulich gefaßten Velchlusse zuwider; wörtlich sei die Fassung der Anträge auch, wenn sie in wortgetreuer Uebersetzung erscheine. (Oho!) Der Protest Dr. 2arnil's wird vom hohen Hause gebilligt. Dr. Vleiwei s überreicht drei Anträge: 1. das einigermaßen modifizirte Volksschulgesetz, 2. Gesetz über den Gebrauch der slove­ nischen Sprache im Amt und 8. Gesetz über die slovenische Unter­ richtssprache in Gymnasien. Auf der Tagesordnung steht als erster Gegenstand der „Be ­ richt des Schulausschusses über die Regierungsvor­ lage des Gesetzes, betreffend die Schulaufsicht." Referent Oberbergrath Lipoi d liest denselben. I n der vor­einjährigen Landtagssession hat der hohe Landtag bereits ein Gesetz, betreffend die Schulaufsicht als Regierungsvorlage, berathen, und mit Abänderung mehrerer Bestimmungen der letzteren der Allerhöchsten Genehmigung unterbreitet. Das von dem hohen Landtage beschlossene Schulaufsichtsgesetz hat jedoch zu Folge Mittheilung der hohen Landesregierung die Allerhöchste Sanktion nicht erlangt, und die hohe Negierung hat infolge dessen in der 1. Sitzung der laufenden Landtagssession ein die Schulaussicht betreffendes Gesetz neuerlich in Vorlage gebracht, welches Gesetz der hohe Landlag dem Schulaus­schusse zur Berichterstattung zuwies. Obschon die hohe Regierung in der neuerlichen Gesetzesuorlage den voreinjährigen Beschlüssen des hohen Landtages betreff des Schulaufsichtsgesetzes in einigen Bezie­hungen Rechnung getragen hat, so fand dieses doch nicht statt in jenen Bestimmungen des Gesetzes, bei welchen sich wesentliche und prinzipielle Abweichungen der Anschauungen des Landtages von je­ nen der hohen Negierung ergeben haben, und rücksichtlich welcher Bestimmungen die diesjährige Regierungsvorlage mit der voreinjäh­rigen gleichlautend ist. Diese Gesetzesbestimmungen normiren die Zusammensetzung und die Ernennung des Orts-, Bezirks- und Lan­desschulrathes. Der Schulausschuß glaubt die Erwartung ausspre­chen zu dürfen, daß die hohe Regierung den eben erwähnten Abwei­chungen des vom Schulausschusse eingerathenen Gesetzes von der Re­gierungsvorlage beistimmen und der Allerhöchsten Sanktion unterbreiten werde, indem jede prinzipielle Abweichung fallen gelassen wurde, durch die beschlossenen Abänderungen das dem Staate gesetzlich zustehende Oberaufsichtsrecht über die Schulen keineswegs beirrt und beein­trächtiget wird, und indem die gleichen oder mindestens ganz ähn­lichen Bestimmungen auch in den Schulaufsichtsgcsetzcn anderer Kronländer, welchen die Allerhöchste Sanktion bereits zu Theil wurde, enthalten sind. Der Schulausschuß legt demuach den neuen Entwurf des ihm zur Verathung überwiesenen Gesetzes dem hohen Landtage mit dem Antrage vor: Der hohe Landtag wolle das Ge­ setz, betreffend die Schulaufficht, in der vom Schulausschusse ver­ einbarten Fassung beschließen. I n der Generaldebatte ergreift Pfarrer Tavöa r das Wort. Er findet das von der Regierung vorgelegte Gesetz nicht entspre­chend, weil es sich mit der persönlichen Freiheit und mit der Kon­fession nicht verträgt; auch ist es in pädagogischer Hinsicht äußerst mangelhaft. Die individuelle Freiheit ist ganz beschränkt, Vater und Mutter haben auf ihre Kinder keine anderen Rechte, als daß sie sich Eltern nennen dürfen; andererseits ist auch dem Kinde die Lern­freiheit genommen, es sieht sich an die in der Schule gerade vorge­tragenen Gegenstände gebunden. Das Gesetz ist ohne Einfluß der Kirche gemacht, es wurde dabei auf Konfessionen keine Rücksicht ge­nommen. Wir Katholiken wünschen ein solches Gesetz nicht, mich den Protestanten wird damit nicht gedient sein, eben weil es konfes­sionslos ist. Uebrigens kommen wir nicht in die Lage, auf Pro­testanten, Juden u. s. w. Rücksicht nehmen zu müssen, sie sind bei uns fast gar nicht vertreten. Das Schulgesetz hat eiue Erziehung ohne Rücksicht auf Religion zum Zwecke; allein die Religion ist ein Hauptfaktor einer guten Erziehung, die Grundlage derselben, sie darf nicht sein wie ein Gallakleid, das man nur dann anzieht, wenn man's gerade braucht. Bei uns stellt sich immer das Verhältnis; heraus, daß jeder Slovene ein Katholik und ein Katholik fast immer auch ein Slovene ist, daß also die Begriffe „Slovene" und „Ka­tholik" in inniger Verbindung stehen. Das Prouiforium, welches im Vorjahre gesetzwidrig zu Stande kam, hatte nur böse Folgen. Mancher Schulinspektor, der es über Nacht geworden, hatte keine Idee von den mit diesem Amte verknüpften Pflichten. Jedermann dürfte auch das Benehmen der Bezirkshauptleute bekannt sein. Deßhalb ist er für die Annahme des vorliegenden, neuerdings im Ausschüsse bera­thenen und modifizirlen Gesetzes, nur behält er sich vor, bei ein­zelnen Parografen Amendements zu stellen. Man behauptet zwar, die Aufsicht über die Schulen sei in den Händen des Klerus, allein faktisch übt die Negierung die Macht, die Geistlichkeit ist nur ihr Vollzugswerkzeug, die Hände. Sollte übrigens auch dieses Gesetz die Allerh. Sanktion nicht erlangen, so wird dem Lande kein bedeu­tender Nachtheil erwachsen. Der Abg. Lange r bemerkt, daß während des Provisoriums keine Unzukömmlichkeiten vorkamen; dagegen will er die erfreuliche Entdeckung gemacht haben, daß in den voltöwirthschaftlichen Fächern ein bedeutender Fortschritt zu sehen ist. Abg. Dr. Toman theilt TavLar's Ansicht, daß eine Schule ohne Religion nichts ist. Die Regierung hat durch das Provisorium Gesetz und Verfassung übertreten. Der Landtag soll sich seinen Wir­kungskreis wahren. Abg. Krome r weist Tavöar's Insinuation, als ob den Neichs­rathsabgeordneten, welche gegen das Provisorium protestirten, der Landtag zum Danke verpflichtet wäre, im Namen seiner Partei mit Entschiedenheit zurück; dieselbe wünschte die Einführung des Ge­setzes, lann daher denjenigen, die sie verzögerten, nicht dankbar sein. Solange Schullehrer zugleich Kirchendiener, Meßner und Tafelbecker des Herrn Pfarrers sind, können sie der Schule ihre ganze Auf­merksamkeit nicht widmen, sie müssen ausschließlich nur Leiter der Schule sein. — Der Pfarrer Tavöar habe weiterhin bemerkt, daß durch das Gesetz den Eltern Zwang angelhan wird. Es wäre hiezu wirklich die höchste Zeit, denn aus freiem Willen tragen die Eltern zur Förderung des Unterrichtes nur wenig bei. Daß die Bestimmun» gen des neuen Gesetzes gegen die Kirche verstoßen, findet er nicht, es ist darin auch für den Religionsunterricht genügend gesorgt und Aufgabe der Lehrer, dabei mit Eifer zu wirken. Ebensowenig ist der Geist dieses Gesetzes zu leicht, er bezweckt nur eine gesunde Er­ziehung, keinesfalls Untergrabung der Religion, wohl aber Beseiti­gung des Aberglaubens. Nicht jeder geweckte Mann ist ein Kirchen­feind. Wenn jedoch die Geistlichkeit bei der Opposition gegen Gesetze mit gutem Beispiele vorangeht, dann allerdings eignet sie sich schlecht zur Erziehung. Pfarrer Tavöa r bemerkt hierauf, er habe nicht gesagt, daß in Folge dieses Schulgesetzes die Kinder sich selbst überlassen blei­ben, sondern nur, daß sie in jenem Geiste unterrichtet werden, der zufällig eben herrscht. Abg. Svete c wendet sich gegen Kromer; wenn es irgendwo vorkomme, daß Schullehrer bei ihren Pfarrern zuweilen Tafeldecker­dienste leisten, so geschieht dieß aus besonderer Gefälligkeit, nicht aber durch Zwang. Zum Beweise, daß Kromer's Behauptung, als ob das Schulgesetz nicht konfessionslos wäre, liest er einzelne Stellen, worin gesagt wird, daß man auf Konfession keine Rücksicht nimmt. Tavöar hat das Gesetz keineswegs zu liberal, sondern geradezu illibera l genannt, es begünstigt und begründet den Schulzwang. Kromer tadelt die Auflehnung der Geistlichkeit gegen die Gesetze; das in Rede stehende ist jedoch kein rechtmäßiges, sondern ein oktroy­irtes, es protestirten dagegen nicht die Slovenen allein, sondern auch die Tiroler und namentlich der Wiener Gemeinderath. Dieß habe er nur vorgebracht, damit es nicht scheine, als ob Kromer die Wahr­heit gesprochen hätte. De2man : Es ist merkwürdig, daß dort, wo es sich um Fort­schritt und Prinzipienfragen handelt, jene Herren dagegen sind, welche sonst nicht für persönliche Freiheit schwärmen. (Oho!) Den Pfarrer Tavöar schmerzt es, daß die Schullehrer sich selbst überlassen sein sollten, er möchte sie fortwährend noch unter klerikalem Joche seufzen sehen. (Doiiro! von Seite eines verkommenen Schullehrers auf der Gallerie.) Ist Pfarre r Tavöar dagegen, daß tüchtige Menschen herangebildet werden sollen? Pfarre r Tavöar schwärmt für die Freiheit der Knaben und Mädchen. Nebulose Utopien, daß Kinder den Unterrichlsgegenstand selbst wählen. Bisher galten die Volks­schulen nichts, weil sie unter jenem Stande waren, der für die Lei­tung derselben privilegirt zu sein glaubt. (Oho!) Krome r bestreitet, daß das Gesetz konfessionslose Schulen schaffen werde. Es wird eben Schülern aller Konfessionen ohne Un­terschied Unterricht ertheilt, es ist auch für religiösen Unterricht ge­nügend gesorgt. Abg. Dr. Costa tonsiatirt, daß Dexman in tendenziöser Weise vorzüglich gegen den „Pfarrer", nicht „Abgeordneten" Tavöar seinen Groll losgelassen. Die Grundsätze des Pfarrers und Abgeordneten Tavöar sind die unsrigen, wir alle nehmen in dieser Frage denselben Standpunkt ein. Wir bleiben bei unserer Anschauung, jene (rechte) Seite bei der ihrigen, weil wir der Ansicht sind, daß die Religion die Grundlage der wahren Wissenschaft bildet, wogegen jene Wissen­schaft von der Religion trennen, Ritter v. Kaltenegger meint, daß hier der Streit mehr mit Worten als mit Prinzipien geführt werde. Dr. Toman : Die Prinzipien sind verschieden auch auf unserer Seite, doch sind wir darüber einig, daß Schule und Religion streng zusammen gehören, während die Herren von der Rechten die Reli­gion von der Schule verbannen wollen angeblich zur bessern Förde­rung des Fortschritts in den Wissenschaften. Deöman wirft uns vor, daß wir gegen die Ausbildung nützlicher Menschen sind. Wer hat denn bisher die Menschen gebildet? Hat je die Regierung dem Volke Belehrungen erlheilt, wie man sich zu benehmen hat, um nicht mit den Strafgesetzen in Kollision zu kommen? Nur die Geistlichkeit hat Verdienste im sozialen Leben. Redner fordert Herrn DeLman auf, jene Schulen aufzuzählen, welche die Regierung in's Leben gerufen. Depuran kann nur die Idrianer Normal- und die Laibacher Realschule anführen. I m übrigen seien die anderen meistens Noch­schulen, d. h. wahre Iammerschulen. Dem Abg. Dr. Toman genügt diese Zahl nicht, er wünscht von Deöman genaue Zahlen, welche Schulen nämlich der Regierung, den Liberalen und der Geistlichkeit ihren Ursprung verdanken. De2man bleibt die Antwort schuldig und es wird zur Spe­zialdebatte geschritten. Bei Z. 3, welcher lautet: „Die Vertreter der Kirche im Orts­schulrathe sind die selbständigen Seelsorger der der Schule zugewie­senen Jugend" stellt Pfarrer Tavöa r einen Zusatzautrag, welcher eine Debatte hervorruft, woran sich die Abg. Deöman, Grabrijan, Dr. Costa, Kromer, Svetec, R. v. Kaltenegger, Dr. Toman, Be­richterstatter Lipoid und der Landespräsident betheiligen. Schließlich wird der Zusatzantrag in erweiterter Form angenommen, so daß der Paragraf nun lautet: „Die Vertreter der Kirche im Ortsschulrathe sind die selbständigen Seelsorger der der Schule zugewiesenen Ju ­gend und in Ermangelung derselben deren Stellver­tr et er." Dechant Toman's Antrag bei §. 4, daß der Vertreter der Schule im Ortsschulrathe auch der Katechet wäre, bleibt in der Minorität, ebenso R. v. Kaltenegger'« Amendement zu Z. 19, daß im Bezirksschulrat!), statt wie es im Gesetze heißt, zwei vom Lllndesausschusse gewählten Mitgliedern, zwei von den Vor ­ständen der im Bezirke inbegriffenen Gemeinde n sitzen. Bei §. 34, welcher lautet: „Der Landesschulrath besteht: 1) aus dem Landeschef oder den von ihm bestimmten Stellvertreter als Vor­sitzenden; 2) aus zwei Abgeordneten des Landesausschusses; 3) aus einem Referenten für die administrativen und ökonomischen Schul­angelegenheitcn; 4) aus den Landesschulinspektoren; 5) aus zwei katholischen Geistlichen; 6) aus zwei Mitgliedern des Lehrstandes" interpellirt Deöman , ob man bei der Verfassung desselben an die bestehenden Schulgesetze gedacht habe. Auch wird der Antrag gestellt, es soll zwischen Punkt 2 und 3 eingeschaltet werden: „Aus einem Vertreter der Hauptstadt Laibach," welcher Antrag bei der Abstim­mung fallt. Den Z. 35 wünscht R. v. Kaltenegger in der ursprüng­lichen Fassung der Regierungsvorlage, Dr. Costa ist jedoch für Autonomie des Landtages; bei der Abstimmung wird der Paragraf unverändert angenommen. Bei Z. 38 erklärt Conrad , daß er nicht in der Lage wäre, denselben zur Sanktion zu empfehlen, falls er in dieser Fassung bleibe. Deßhalb zieht sich nach Unterbrechung der Sitzung der Schul­ausschuß zur Berathung zurück und modifizirt den Paragraf, wel­cher in der folgenden Fassung angenommen wird: „Von den Lan­desschulinspektoren haben stets nur zwei und zwar diejenigen ent­scheidende Stimme, welche der Vorsitzende dazu bestimmt." Hierauf wird das ganze Gesetz auch in dritter Lesung ange­nomme n und die Sitzung geschlossen. „Österreichisches". Unter diesem Titel erschien kürzlich in Berlin eine Broschüre, welche den gegenwärtig in Oesterreich herrschenden Regierungsprin­zipien gegenüber in schärfster Opposition auftritt, indem sie dieselben geradezu als unösterreichisch bezeichnet, und die Rekonstruktion Oesterreichs auf der staatsrechtlichen Basis des Oktobergedankens — nicht des Oktoberdiploms — als ein Recht der Länder und Volker verlangt. Vom Standpunkte der „Politik" aus erscheint diese Kundgebung beachtenswerth, indem dieselbe als eine Verstärkung des föderalistischen Programms anzusehen ist. Die Broschüre zerfällt in fünf Kapitel. Das erste dieser Kapitel, mit ? bezeichnet, schildert die gegen­wärtige Zerrüttung und Verwirrung in den nicht ungarischen Län­dern sowie die Parteien und Fraktionen in denselben in deren Ver­halten zur Existenzfrage Oesterreichs. „Das ?, das jeder fühlt," schreibt die Broschüre, „es ist der Bann, der auf Oesterreich lastet. Wie lautet die Antwort auf dieses Fragezeichen?" Diese Antwort wird in nachfolgender Weise präzi­sirt: „Nichts dauert, als was ein Recht hat zu bestehen. Unter dem Rechte zu bestehen, begreifen wir aber nur: die Erfüllung des Zweckes, der zugewiesenen Aufgabe. Nur jener Staat erfüllt seine Aufgabe, welcher die sittliche Idee, die seinem Entstehen zu Grunde lag, und in seinem Entstehen Ausdruck fand, wahrhaft und lebendig verkörpert, und welcher dem Volte ober den Völkern, die ihn bilden, eben durch seine Existenz die Bedingungen moralischer und mate­rieller Entwicklung bietet. Und darum ergänzen und erläutern wir unsere Antwort auf die große Frage, indem wir sagen: Oest er» reich kann und wird fortbestehen, wenn esseinerAuf­gabe gerecht wird: wenn es den Ländern, aus denen es gebil­det ist, und den Nationen, welche es verbindet, das bleibt, oder wieder wird, was es ihnen sein sollte nach dem Zwecke seines Ent­stehens; wenn es fortfährt, oder wieder dazu zurückkehrt, diesen Län­dern und Nationen jene Bedingungen lebendiger und gedeihlich fort­schreitender Entwicklung zu bieten, welche dieselben weder in isolirter Selbständigkeit noch im Verbände mit einem fremden staatlichen Ge­bilde finden können; mit einem Worte: wenn Oesterreich treu bleibt der österreichischen Idee," Das zweite Kapitel, überschrieben „OesterreichischeIdeen", präzisirt diese im Wesen in nachstehender Weise: Oesterrcich ist entstanden durch freie und freiwillige Vereinigung verfchiedener, selbständiger, selbstberechtigter, individueller Länder. Diese Länder waren unabhängig, frei. Keines hat das andere be­zwungen, keines sich dem anderen unterworfen. Freiwillige Vereini­gung unter dem Szepter eines Herrschers zu gegenseitigem Nutz und Frommen; innerhalb dieses Verbandes gleiches Recht eines Landes dem anderen gegenüber; eigenes Recht jedes Landes dem Monarchen gegenüber, wie der frei eingegangene Vertrag es ausbedang — das war die Idee Oesterreichs bei seinem Entstehen. Wir sind nicht die Eulenspiegel, den Entwicklungsgang der Jahrhunderte zu verkennen, zu glauben, daß ein staatlicher Orga­nismus die Formen beibehalten solle und könne, die er vor Jahr­hunderten gehabt; auch wissen wir sehr wohl, daß die Aufgabe eines Staates sich verändern kann und verändern muß mit den Verhält­nissen, die ihn umgeben. Aber der Idee, die seiner Existenz zu Grunde liegt, kann kein Staat untreu weiden, ohne diese Existenz selbst aufs Spiel zu setzen; die Idee muß lebendig und wahr blei­ben unter allen mit der flüchtigen Zeit wechselnden Formen; kann sie dieß nicht, ist sie unmöglich oder unvernünftig geworden, dann ist auch der Ausdruck dieser Idee — die Existenz des Staates, der aus ihr entsprang, — unmöglich geworden. Und nicht tovt, nein, sehr lebendig ist die Staatsidee Oester­reichs in seinen Ländern und seinen Völkern, lebendig nach beiden Richtungen: individuelles Leben und eigenes Recht der Länder, — und einheitlicher Verband zu einem weiteren staatlichen Organismus. I n dieser freiwillig eingegangenen Verbindung, nicht Verschmelzung, haben die Länder Oesterreichs ihr Wohl, ihr Gedeihen, ihre Kraft gesucht und gefunden. Und weil sie im Verlaufe der Zeit erkannt haben, daß ihr Bestand und ihre Wohlfahrt eben nur in ihrem ge­meinsamen untheilbaren und unzertrennlichen Verbände gesichert und durch diesen gewährleistet werden kann, haben die Königreiche und Länder der österreichischen Monarchie die pragmatische Sanktion —> diese staatsrechtliche Formulirung der österreichischen Idee — aner­kannt und angenommen. Sie wissen und wollen dasselbe noch heute; und der Drang, diese Idee den veränderten Verhältnissen der neuen Zeit gegenüber neu zu verkörpern, — das Suchen und Ringen nach der Form, in der sich diese Idee lebensfähig verjüngern kann, — das ist der Inhalt des zwanzigjährigen Entwicklungskampfcs in Oesterreich. Aus dieser österreichischen Staatsidee entspringen von selbst an­dere Ideen, die wir, eben weil sie naturgemäß aus jener hervor­gehen, naturgemäß mit ihr im Einklänge stehen, österreichische Ideen nennen möchten. Oesterreich ist entstanden durch die freie Vereinigung von Län­dern, nicht von Völkern. Es waren bestimmte, staatlich geformte und abgeschlossene Länder-Individualitäten, die sich vereinigten, nicht Voltsstamme, die sich verbanden: der natürliche Ausdruck des Ge­gensatzes der neuen Zeit mit ihren schon ausgeprägten Staatsformen und ihren bereits mit dem Besitze eines bestimmten Ländergebietes verwachsenen, geograsisch fixirten Nationen gegenüber jenem aus­schließlich in der Zusammengehörigkeit des Stammes wurzelnden, an keinen Länderbesitz dauernd gebundenen Völkerleben, dessen Bewegun­gen in der Völkerwanderung Europa neugestaltet und die noch tief ins Mittelalter nachgewirkt hatten. Wenn auch jedes der drei we­sentlichen Entstehungs-Elemente Oesterreichs durch das Uebergewicht je einer anderen Nation charakterisirt ist: das alte Erbe der Dynastie durch die deutsche, die Länder der böhmischen Krone durch die fla­vische, die der St. Stefanskrone durch die magyarische, so lag doch schon damals das Schwergewicht dieser Länder nicht in einem aus­schließlich nationalen Charakter derselben, sondern in ihrer staatlichen Individualität. I n Ungarn wohnten damals wie heute neben den Magyaren auch slavische Stämme; in Böhmen lebten schon damals neben den Czechen auch Deutsche; im Süden der alten österreichischen Provinzen gab es auch damals Slauen. Und nicht die Magyaren, sondern das Königreich Ungarn berief Böhmens König Wladislav II . auf seinen Thron; nicht die Czechen, sondern der Landtag des Kö­nigreiches Böhmen hat den Erzherzog Ferdinand von Oesterreich zum Könige gewählt. Es ist also eine österreichische Idee, in den historischen König­reichen und Ländern die selbständigen und selbstberechtigten Elemente Oesterreichs zu sehen; und es widerstrebt derselben, es ist eine un­ösierreichische Idee, in den verschiedenen Nationalitäten als solchen diese Faktoren zu suchen. (Fortsetzung folgt.) Tagesneuigkeiten. Lllibllch, 12. Oktober. — (Die gestrige Landtagssitzung) war ziemlich stür­misch; ganz besonders zeichnete sich in der Generaldebatte bei dem Antrage des Landesausschusses auf Ablehnun g der direkten Wah­len und Aenderung einiger Paragrafe in der Landtagswahlordnung Oberlandesgerichtsrath Krome r aus, er zeigte, daß er nicht aus­schließlich strenger Gesetz- und Paragrafenmensch ist, sondern es auch ganz vorzüglich versteht, durch seine Ieremiaden auf das schwindende deutsche Element in der Landtagsstube auf die Lachmuskeln des Pu ­blikums zu wirken und dasselbe in steter Heiterkeit zu erhalten. Wenn der verehrte Herr Oberlandesgerichtsrath Schauspieler geworden wäre, vielleicht stände dann sein Name an der Spitze berühmter Mimen auf dem Gebiete der Komik. Er fand im Saale einen ihm ebenbürtigen Gegner in Dr. 2arnil . Schließlich wurden trotz heftiger Einwände von der Gegenfeite die direkten Wahlen abge­lehnt und die Aenderungen der W. 3, 5, ?, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 16, 32 und 37 der Landtagswahlordnung angenommen. Details über die interessante Debatte nächstens. — (Theater.) Die sonntägige Vorstellung des dramatischen Vereines im hiesigen landschaftlichen Theater wird wohl so manchem, darunter Herrn Deiman und Herrn Kromer, eine bessere Idee von der slovenischen dramatischen Muse beigebracht haben, als er bisher besaß oder zeigen wollte. Das Haus war völlig ausverkauft, nur einige wenige, welche ihre Mißachtung oder vielleicht ihren Mangel an Verstand für slovenische Aufführungen sehen lassen wollten, zeig» ten dieß dadurch, daß sie ihre Logen leer ließen. Schon der Prolog, von Frl. Toma n mit jenem Schwünge vorgetragen, welcher dem bedeutungsvollen Momente ganz entsprach, erregte stürmischen Bei­fall. Die Aufführung des Stückes „I»öL se uLV68ta" war selbst nach jenem Maßstabe, welchen man an Leistungen der Schauspieler vom Fach zu legen pflegt, eine tadellose; alle Dilettanten waren in ihrer Rolle fest, keine Störung unterbrach die gerundete Darstellung, lein Schwanken, keine Befangenheit, leine Gedachtnißschwächc war zu bemerken. Frau Od i's Auffassung der jungen, verliebten, aber den­kenden Witwe fand allgemeinen Beifall, Frl. Nuß spielte das neckische Kammermädchen in allerliebster Weise mit viel Sicherheit und vollem Verständnis; und Frl. Hoh n stand ihr als ein liebende« Mädchen sehr wirksam zur Seite. — Die Leistungen der Herren standen denen der Damen keineswegs nach. Herr Grasselli , Träger der Hauptrolle, bot uns in Auffassung und Durchführung das Bild eines vollendeten, bühnensichern Schauspielers, sein „Agent" war eine drastische Figur voll Bühnenroutine, gleichwie Herr 8 u s­terLiö in die Rolle des alten praktischen Landwirths viel Natür­lichkeit und kernigen Humor zu legen wußte. An diese durchwegs vollendeten Leistungen reihten sich jene der Herren Noll i und 8ull e würdig an. Der Totaleindruck des in fließender Sprache und witzigem Dialog geschriebenen Stücks war ein über die Erwar­tung befriedigender, die Wirkung eine durchgreifende, der Applaus nach jedem Aktschluß und zu Ende der Vorstellung ein ungewöhnli­cher, aber wohlverdienter. Wir glauben, daß durch diese erste Vor­stellung der dramatische Verein selbst in die Meinung jener eine Bresche geschossen, welche ihm jede Lebensfähigkeit absprachen, und daß er über ganz vorzügliche Kräfte verfügt, welche ein erfreuliches Prosperiren desselben verbürgen und uns mehrere gleich genußreiche Abende in Aussicht stellen wie dieser, an dem heimische Tone in den heimischen Räumen des Musentempels widerhallten, aus dem sie so lange verbannt waren. — (Dramatische Schulen.) Wie das heutige Inserat meldet, beginnt der Kours an der Schule des dramatischen Vereines mit 15. Oktober l. I. Der Unterricht ist unentgeltlich und sind Anmeldungen hiezu beim Bereinsvorstand Herrn P. Grasselli , Hlluptplatz Nr. 263, II . Stock anzubringen. — (Zum Exzeß in Stein.) Der durch das Attentat auf einen kränklichen Laibacher Nechnungsbeamten bekannte Herr Th. Schrey ist noch immer k. t. Realschuldirektor. — (Moderne Stilprobe.) Ein hiesiger Hausbesitzer und Tischlermeister erhielt gestern von einem renommirten Laibacher Ad­vokaten mittelst Korrespondenz-Karte folgende Zuschrift: „An N. N., Tischlermeister. — Seid so gefällig, Euch recht bald in der gefer­tigten Kanzlei einzufinden." Da sage noch jemand, die gepriesene „Gemüthlichkeit" der „guten alten'! Zeit eristire heutzutage nicht mehr! — (Deutsche Bildung.) Die „N. Fr. Presse", das Leib­organ Dr. Herbst's, ein Blatt, das sich in Oesterreich das erste zu sein rühmt, bringt einen Artikel, in welchem nicht einzelne Per­sönlichkeiten, sondern ganze Völker mit folgenden Titelchen regalirt weiden: „Ein putziger Vertreter des slavischen Volksgemengsels, das man Slovenenthum heißt," „brave, borstige, ihre nationalen Wörterbücher zusammenstehlende Nationalitäten," „ein Bolksthum, das sich von Katzenmusiken, Spionage und Depeschenverrath nährt," „jämmerliches, karrikirtes, fratzenhaftes Auftreten der Czechen und ihrer kleinen Nebenmonde, der Slovenen," „zersprengte, historisch überschrittene Volksstämme," „freche Streiche aggressiver Nationali­täten," „national vegetirende Mischlingsrace der Czechen" u. s. f. „So etwas kann doch nicht Nationalitätenhetzerei sein?" bemerkt ironisch die „Zukunft", der wir diese Mittheilung entnehmen. — (Berichtigung,) Im Artikel: „Forstsachverständigcr Unsinn" (siehe Nr. 8!, unseres Blattes) haben sich einige sinnstöreudc Druckfehler eingeschlichen. I n der 18. Zeile soll es heißen „eingeteilt " statt „einge­bleibl", in der 23. Zeile lese man „bonitirt " statt „banitisirt", m t>ei 3N. Zeile statt „Strauben" „Trauben- und Stieleichen" und in der 29. Zeile der letzten Seite statt 72" — 7-2". Verstorbene. Den 23. September. Maria HabiL, Zimmermannswitwe, alt bei 5s Jahre, in's Zivilspital am schweren Blutschlage sterben! überbracht. — Dem Herrn Franz Sl°v»a, Fleischhauer, sein Kind Antonia, alt Iß Monate, in der Polanavorstadt Nr, Li, au Fraisen. Den 24. September. Franz Iurtovitz, Knecht, alt 25 Jahre, im Zivil­spital, an Dyphteritis. Den 25, September. Georg Krater, Schneider, alt 44 Jahre, im Zi­vilspital, an der Ruhr. — Herr Joses Weiglei», Pens. k. t. Postamtsverwal­ter, alt 55 Jahre, in der Polanavorstadt Nr. 72, an der Lungenlähmung. Den 26. September. Johann PoZar, Glockengießergeselle, »It 39 Jahre, iui Zivilspital, an der Gehirnlähmung. Den 27. September. Franz Beslaj, Aufleger, alt 75 Jahre, in der Tiniauvorstadt Nr. 68, gähe am Schlagflusse. — Johann Lampiö, Knecht, alt 48 Jahre, im Zivilspital, au ichwerem Vlutschlage. Den 28, September. Franz Strah, Hübler in Softer, alt 38 Jahre, im Zivilspital, iu Folge erlittener Verletzungen und wurde gerichtlich beschaut. — Autcu Pillich, Eisenbahnarbeiter, alt 78 Jahre, im Zivilspital, an Al­tersschwäche. — Aloisia Aurgina, Inwohnerin, alt 59 Jahre, im Zivilspital, atiöii6AH äruZtva ocldor v I^'uKIfaui ä^ s na 21121^6, äa LS I)o ^Äösla ärauiÄtiöna !löilllil!ll Lll ^08»0 in zn8i»ni8iu6ii(i pri äruntveueiQ r^rvo­8ecluiKri zo8^>.