M. 44. Laibach dcn 5. November 1864. 8. Jahrgang. Nliitler au8 Rrain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die „Blätter aus Kram" erscheinen jeden Samstag, und ist der Pränumerationsprcis ganzjährig 2 fl. österr. Währung. Novemderbild. Es streut der Banm die welken Blätter Verdrießlich in den ranhen Wind. Nun steht er in dein trüben Wetter, Wie ein zerlumptes Vcttlcrtind. Er streckt die ucbclfcuchtcn Aestc Frostllllppcrud aus mit hohlem Blick; Doch keiner jener lnsi'gcn Gäste Teö Sommers lehrt zu ihm zurück. Sie kommen nicht, um sich zu gattcn Mit Sing und Sang im Mutterhaus, Sie suchen nicht dcn kühlen Schatten, Denn er — er streut ja keinen aus. Sie priesen ihn mit süßen Worten, AlS er noch off'nc Tafel hielt; Doch nun, da er selbst arm geworden, Hat er sein Nnsch'n ganz verspielt. Sie lassen ihn vereinsamt stehen Und flattern mildern Lüften nach; Und nur die alten, grauen Krähen Auf seine» Zweigen krächzen: Ach! Das Märchen vom Vielliebchen. ! Aus Gustav Freitag's Roman: Die verlorene Handschrift. Einst lebte eine schöne Königstochter, welche sehr gern > Knackmandeln aß, aber nicht heiraten wollte. Deßhalb erfand ! sie Folgendes. Sie ließ jedem Prinzen, der um ihre Hand ! warb — und es waren unzählige — die Hälfte einer Doppel- ! inandel präsentircn und sie speiste den andern Zwilling. „Und ! wenn Ew. Liebden mich von jetzt ab zwingen können, daß ich ! etwas aus Dero Hand nehme, ohne die Worte zu sprechen: ich denke dran, so bin ich zu jeder Vermälung bereit; wenn ! aber ich Ew. Liebden verleiten lann, etwas aus meiner Hand j zu nehmen, ohne daß Ihnen die klugen Worte einfallen, so ! werden Dieselben an Dero fürstlichem Haupte unbedingt kahl ^ geschoren und verlassen sofort meine, Länder." Es war aber ! cine Tücke bei diesem Vertrage. Nämlich, dcr schönen Prin- ! zessin durfte nach Hofsitte überhaupt Niemand etwas in die ! Hand reichen, bei Todesstrafe, sondern er reichte eZ der Staats- ! dame und diese reichte es der Königstochter. Weuu aber die Königstochter selbst etwas wegnehmen oder überreichen wollte, wcr konnte ihr das wehren? Es war also für die Freiwerbcr ! cin bitteres Vergnügen. Denn wie sie sich auch mühten, die ! Prinzessin zu verleiten, daß sie ohne Angebot etwas aus ihrer Hand nahm, immcr fuhr die Staatsdame dazwischen und verdarb die besten Pläne. Wenn aber die Königstochter einen Freier abschaffen wollte, that sie einen Tag holdselig gegen ihn, bis er ganz bezaubert war, und sobald er nebeu ihr saß und bereits vor Freude taumelte, dann ergriff sie wie von unge» fähr etwas in ihrer Nähe, einen Granatapfel oder cin Ei, und sagte leife: „Behalten Sie dieß zu meinem Angedenken." Sobald nun der Prinz das Etück in'die Hand nahm und vielleicht dcr rettenden Worte ein wenig gedachte, sprang das Ding auseinander und cin Frofch, eine Hornisse oder Fledermaus fuhr heraus gegen feine Locken, daß er zurückschreckte und im Schrecken die Worte vergaß. Und dann auf der Stelle geschoren und fort mit ihm. Das war durch Jahre gegangen, und in allen Königs« Häusern trugen die Prinzen Pcrrücken — auch die sind seitdem bräuchlich geworden — da traf sich'Z, daß ein fremder Königssohn zugereist kam in eigenen Geschäften und aus Zufall die Mandelkönigin fah. Er fand sie schön, und er merkte die Tücke. Aber ihm hatte ein befreundetes graues Männchen einen Apfel geschenkt, an dcm durfte er alle Jahre, einmal riechen, dann kam ihm ein llugcr Einfall. Und er war wegen der klugen Einfälle fchon unter allen Königen sehr berühmt geworden. Jetzt war gerade die Zeit des Apfels gekommen, er roch und da siel ihm cin: wenn du das Spiel mit Nehmen und Geben gewinnen willst, darfst du ihr niemals und untcr keinen Umständen etwas geben oder nehmen. Er ließ sich also die Hände fest in den Gürtel binden, ging mit scincm Mar-schall zu Hofe, und er sagte, er wollte gern auch seine Mandel essen. Der Prinzessin gefiel er sehr und sie ließ ihm die Mandel reichen. Die nahm sein Marschall und steckte sie ihm in den Mund. Da fragte die Königstochter, was denn da» vorstelle, und überhaupt, warum er die Hände immcr im Gürtel trage. Und er antwortete, bei seinem Hofe sei der Brauch noch viel strenger als bei ihrem, er dürfe mit seinen Händen gar nichts nehmen oder geben, höchstens mit dcn Füßen oder dem Kopfe. Da lachte die Prinzessin und sagte: „Auf diese Weise können wir ja niemals in unserm Spiel zusammenkommen." El zuckte die Achseln und antwortete: „Nur wcnn sie geruhen wollten, etwas,von meinen Stiefeln zu nehmen." „Das kann nie geschehen," rief der ganze Hofstaat. „Wozu sind sie hergekommen, rief die Prinzessin ärgerlich, „wenn Sie so dumme Gewöhn« hciten haben?" „Weil sie sehr schön sind," sagte dcr Prinz, „wcnn ich Sie auch nicht gewinnen lann, ich will Sie doch an-schen." „Dagegen kann ich nichts haben," versetzte die Königs- 174 tochter. Der Prinz blieb also am Hofe und gcsicl ihr immer ^ besser. Weil sie aber auch ihre Bosheit hatte, suchte sie ihn auf alle Art zu verführen, daß er die Hand aus dem Gürtel zog und doch etwas von ihr nahm. Sie unterhielt sich immer ^ mit ihm und schenkte ihm Blumen, Vonbon und Riechfläschchen, > und zuletzt gar ihr Armband, auch zuckte es ihm mehrmals in ! den Händen, aber da fühlte er die Bande und kam zur Besinnung , nickte immer dem Marschall und der sammelte ein und sagte: „Wir denken schon dran." Dabei wurde endlich die i Prinzessin ungeduldig und sie begann: „Mir ist mcin Taschen- ! tuch heruntergefallen, Ew. Licbden könnten mir's aufheben." Ter Prinz faßte das Tuch mit der Fußspilze und schwenkte es gleichgiltig, und die Prinzessin beugte sich nieder, nahm das Tuch von seinem Fuß und rief zornig: „Ich denke dran." Darüber war ein Jahr vergangen und die Königstochter fagte zu sich selbst: „So kann das nicht bleiben, hier muß Schicht gemacht werden, so oder so." Sie begann also zum Prinzen: „Ich habe den besten Garten der Welt, den will ich morgen Ew. Liebden zeigen." Aber der Prinz roch wieder an feinem Apfel. Und als sie in den Garten kamen, sing der Prinz an: „Hier ist's wunderschön. Damit wir aber in rechtem Frieden neben einander gehen und durchaus nicht durch unser Spiel gc- ! stört werden, bitte ich meine Herrin, daß dieselbe nur auf eine Stunde meine Hofsittc annehme und sich auch die Hände fest- ! binden lasse. Dann sind wir eines des andern sicher und uns i tann nichts AergcrlicheZ begegnen." Der Prinzessin war das nicht recht, aber er bat und sie wollte ihm doch die Kleinigkeit nicht abschlagen. So gingen sie allein mit einander, die Hände im Gürtel gebunden. Die Vögel sangen, die Sonne schien i warm und vom Baum hingen die rothen Kirschen bis auf die Wangen herunter. Die Prinzessin sah auf die Kirschen und rief: „Wie schade, daß Ew. Liebden mir leine davon pflücken können!" Ter Prinz antwortete: „Noth kennt lein Gebot," er nahm eine Kirsche mit dem Munde und bot sie der Königstochter. Ter Prinzessin blieb nichts übrig, sie mußte ihren Mund an den seinen bringen, um die Kirsche zn fassen, und da sie die Frucht zwischen den Lippen hatte und seinen Kuß dazu, vermochte sie uicht im Augenblick zu sprechen: ich denke dran. Da rief er laut: „Guten Morgen, Vielliebchen," zog die Hände aus dem Gürtel und siel ihr um den Hals. Und wrnn sie nicht gestorben sind :c. Wie It. Johannes-Capelle und Statue bei der S'avebrncke. Der heilige Johann von Pomuk oder Nepomul — von ! dicfem seinem Geburtsorte so benannt — welcher am 20. März ! 1393 auf Befehl des tyrannischen R.-D.-Kaiscrs und Königs ! von Böhmen Wenzeslaus, welchen man den Faulen benannt, den Martertod in den Wellen der Moldau in Prag erlitten i hatte, stand seit seinem Tode sowohl in Böhmen, als auch außerhalb dieses Landes in großer Verehrung, und galt besonders als Blutzeuge der Unverletzbarkeit des Veichtsiegels, wie ! auch als Helfer in Wassersnoth, weßwegcn man auch sein Vildniß ^ oder seine Statue — in priesterlicher Kleidung mit sieben Sternen um das Haupt — auf vielen Brücken anbrachte. Seine Verehrung nahm besonders zu, nachdem er im Jahre 1721 vom Papste Innocenz XIII. selig und am 19. März 1729 als Märtyrer der Verschwiegenheit vom Papste Venedict XIII. heilig gesprochen wurde. Gleiche Verehrung wurde ihm auch in Kram zu Theil, wo man auf Brücken häufig sein bald mit mehr, bald mit weniger Kunstfertigkeit ausgearbeitetes Standbild antrifft. Eine besonders schöne Statue hat der berühmte vene-tianische Bildhauer Franz Robba aus carrarischem Marmor verfertigt, von welchem Bildhauer übrigens auch andere Meisterwerke der Sculptur, nämlich die beiden stehenden Engel aus carrarischem Marmor zu beiden Seiten des Tabernakels am Altare des Allerhciligsten in der Tomlirchc: der im Jahre 1732 aus vielfarbigem italienischen Marmor verfertigte Hochaltar in der Stadtpfarrkirche zu St. Jacob, und der schöne Brunnen am Platze vor dem Nathhause mit einem 20 Schuh hohen Obeliötc aus krainiscbem rothgrauen Marmor mit der Jahreszahl UI) griffen, so wird das Urtheil an ihm vollzogen. Ich untersagte den Mönchen, sich in solche Sachen einzulassen, aber sie ließen sich verlauten, sie würden cs nach dcr althergebrachten Gewohnheit fortfetzen. Meinen Weg fortsetzend, gelangte ich nach Cilli, einst dine römische Colonie, wie diescZ die Spuren und Denksteine des Alterthums ausweisen. Hier war der Rath wenige Monate vorher auf Befehl des Erzherzogs von den Ketzern gereinigt worden, und kam mir daher mit Ergebenhcitsbczeugungen entgegen, wobei sie behaupteten, der heilige Stuhl habe ihnen den Gebrauch des Kelches vordem erlaubt, dann aber wieder verboten *"'). Ich verfehlte nicht, ihnen dieses ihr Begehren (nach dem Gebrauch des Kelches) als verderblich darzustellen, da es dem Glauben dcr Kirche zuwiderlaufe, und ich zeigte ihnen, daß die Communion unter beiden Gestalten nicht nothwendig sei, und sie auch zu Zeiten dcr Apostel immer nur in Einer Gestalt gereicht wurde. Hiemit beruhigte sich der Nath, und daher tam es, daß auch diese ganze Provinz nicht mehr auf dieser Bitte bestand. In dieser Stadt (Cilli) fand ich auch einen FranziZkcmcr-Convent ohne Regel und mönchisches Leben. Die Kirche von der schönsten Bauart, war mit Ausnahme der Hauptcavclle als ^ Magazin für verschiedene nothwendige Gegenstände benützt, die *) Seit 1463. ") Gestiftet 1453 von Franz Grafen von Cilli. '*") i!)(>5) wurde durch Vnllc Papst Pius IV. bcdmgungewcisc dcr Gebrauch dcö Kelches erlaubt, 1582 von Gregor Xlll. diese Ve-willig'.mc; für erloschen crtla'rt. Heiligenbilder, Altäre und Grabmäler waren mit Staub und Schmutz bedeckt. Ich ließ Alles wegschaffen und die Kirche in den vorigen Stand setzen, indem ich den Mönchen schwere Strafen andrvhte, wenn sie wieder in folche Unordnungen verfallen würden. Es wurden dann alle umliegenden Pfarren untersucht und der Weg auf Pettau genommen und die beiden Klöster Sciz (Carthäuscr) und Studcniz (Dominicanerinnen) besucht. Im Ersteren fand ich leine Regel, außer Kleid und Tonsur, es war kein Abt oder Prior da, man aß Fleisch und die Brüder wollten mich nicht zulassen, und obwohl ich ihnen Weisungen zurückließ, so scheint es, daß sie nicht die Absicht haben > sie zu beobachten, indem sie sich auf die Privilegien ihres Klosters berufen, obwohl ich ihnen das apostolische Vreve Eur. Heiligkeit vorgelesen habe. Studeniz fand ich in bester Ordnung. Die Nonnen, meist jung und von Adel, stehen in dcr Gegend im besten Nuf und führen ein untadclhaftes Leben. Ich ermunterte sie, so fortzufahren und gab ihnen geistlichen Nath, den sie mit großer Befriedigung aufnahmen. Zuletzt kehrte ich nach Cilli zurück und versammelte den ganzen Clerus dcr Provinz, der sich zahlreich einfand. Es wurden die allgemeinen Vorschriften oosti-wxioui Fonsrali) und Wrisungen (oräini) wie in Krain gegeben. (Fortsetzung folgt.), Die Londoner Schaufenster. Tie Pracht der Kaufläden, die in vielen Straßen dcr englischen Hauptstadt alle Erdgeschosse dcr Häuser einnehmen, fällt jedem Frcmdcn sofort in die Augen. Diese Läden sind cine dcr auffälligsten Andcutungen dcr Größe und des Reichthums dcr Metropolit. Ungeheuere Fenster von Spiegelglas, vergoldete oder polirtc Rahmen von Bronze oder Mahagoni, zuweilen Säulen von Krystall und ganz allgemein eigenthümlich eiserne Jalousien, die durch einen verwickelten Mechanismus so leicht aufgezogen und niedergelassen werden, das; sie die Reichthümer, die sich hinter ihnen auöbrciten, mit cincm Male enthüllen und verstecken — das sind die nothwendigen Dccorationcn cincs Londoner Ladens in der Mitte dcs neunzehnten Jahrhunderts. In jedem Pariser Laden wird mit Spiegeln eine große Verschwendung getrieben. In den Ladenfenstern übertreffen die Engländer dic Franzosen. In London erreichen dieselben eine so enorme Größe, daß der Preis sich kaum mehr schätzen läßt. Die Spiegelscheiben, dic der Ladenbcsitzcr mit 200 und 300 Pfd. St. hat bezahlen müssen, sind noch nicht die größten. In der Oxford- und Negentstraße sind Fenster, dic mindestens doppelt so vicl kosten. Die eisernen Jalousien zum Aufrollen sind eine Erfindung der Neuzeit. In England hat dcr Herzog von Wellington, dcr sie in Apsley-Housc zuerst anwendete, vicl zu ihrer Verbreitung beigetragen. Eic haben die Vorzüge, „feuerfest, dicbesfest und lugelfcst" zu fcin. Die Londoner Geheimpolizei versichert, daß der geschickteste Einbrecher sich an eine solche Jalousie nicht wagt. Bei dem Pariser Staatsstreiche und dem letzten Aufruhr in New-?)orl haben sie große Diensie ge-lcistct. Als im vorigen December in der City Fcucr ausbracd, fchützte eine eiserne Jalousie ein Waarenlager von I. und N. Morley, das einen Werth von 250.000 Pfund Sterling hatte. Vcrantwortlichcr Redacteur I. v. Kleinmayr. — Druck und Verlag von Ign. V. Kleinmayr 35 F. Vamberg in Laibach.