klawana m uiiiverritetNL knjiriiics L eits a drn für dm geographisch en Unterricht iM Mittelschulen. Professor der Geographie und Statistik an der Handels-Akademieh-^SivS^an der k. k. Universität, Mitglied der geographischen Gesellschaften in Wien, Berlin und Leipzig, des Gelehrten-Ausschusses beim germanischen National-Museum in Nürnberg, der königl, preuss. Akademie zu Erfurt, der historischen Gesellschaften in Altenburg, Graz, Klagenfurt, Laibach, München, Rovigo u. s. N>. Sechste Auslage. Das Recht der Aedersehnng uorbrhattcn. Wien. Druck und Verlag von Carl Gerold's Sohn. 1867. 194593 Einleitung. Z. 1. Uorbcgriffc. Jene Wissenschaft, welche uns die Oberfläche der Erde kennen lehrt, heißt Erdbeschreibung oder Geographie. Betrachtet man die Erde als einen Weltkörper überhaupt und deren Verhältniß zu anderen Weltkörpern, so heißt dieser Theil der Erdbeschreibung mathematische oder astronomische Geographie. Die topische Geo¬ graphie beschreibt die Theile der Erdoberfläche bloß nach ihrem äußeren, räumlichen Zusammenhänge; — die pH hsische (physikalische) betrachtet hin¬ gegen die Theile der Erdrinde und die Gegenstände auf derselben nach ihrer inneren natürlichen Verbindung und Verwandtschaft. Die politische schil dert die Erde als den Schauplatz für die Thätigkeit und Entwickelung der Menschen; sie theilt die Erde ein nach Völker» und Staaten. Nach dem Zeitalter kann sie eingetheilt werden in: Geographie des ANerthums, des Mittelalters, der Neuzeit und anderer historischer Perioden. — Nach dem Zwecke, den man mit der Darstellung erreichen will, unterscheidet mau: landwirthschaftliche, In¬ dustrie«, Handels-, Militär-Geographie u. s. w. Die G e o g n o s ie lehrt uns den Bau der Erdrinde in ihrem gegenwärtigen Zn stände kennen; die Geologie beschäftigt sich mit den Berändernngen des Erdkörpers bis zn seinem gegenwärtigen Zustande. Chorographie ist die Beschreibung einzelner Länder; Topographie eine genauere Ortsbeschreibung; Ethnographie die Völker kunde(Völkerbeschreibung);Orographie die Beschreibung der Unebenheiten des Bodens; Oceanogra pH ie die Beschreibung der Meere; Hydrographie die Beschreibung der Erdgewässer (des Siißwassers); Klimatographie die Beschreibung der Lnftbcschafsen beit in den verschiedenen Erdgegenden. Klun, Geograpbi- 7, »tust. I 2 !. Mathematische Geographie. a.. Die Erde als mathematischer Körper. Z. 2. Gestalt und Abbildungen der Erde. Die Erde hat eine kugel äh nliche (sphäro'ldische Gestalt; d. i. sie ist eine an zwei entgegengesetzten Seiten abgeplattete Kugel. Beweise dafür sind: n.) die Erde ist öfter umschifft worden lMagelhacns 1519 bis 1521; — Franz Drake 1577 — 1580; - Cook dreimal 1768 — 1779; — die k. k. österreichische Fregatte Novara vom 30. April 1857 bis 26. Angnst 1859); d) bei einer Reise von Nord nach Süd (nnd umgekehrt) verschwinden einzelne Gestirne und andere werden sichtbar; — e) von ankommenden Schiffen erblickt man zuerst die Spitzen der Mastbäume, bei größerer Annäherung erscheint erst der Schiffskörper; — ä) der Schatten der Erde ist bei Verfinsterungen des Mondes rund. Um sich die Erde vorzustellen, bedient man sich künstlicher Abbil¬ dungen. Ein künstliches Abbild der Erdkugel nennt mau Globus; Pla¬ ni glob eu versinnlichen die Erde in kreisförmiger Gestalt ans einer ebenen Fläche; Erdkarten stellen die ganze Erdoberfläche auf einer Ebene, aber nicht in kreisrunder Gestalt dar; Landkarten sind Abbildungen ein¬ zelner Theile der Erdoberfläche in stark verkleinertem Maßstabe (20.000- bis viele millionenmal); Seekarten heißen Darstellungen der mit Wasser be¬ deckten Räume. Topographische Karten stellen kleinere Erdabschnitte in größerem Maßstabe dar f t : 10.000 der natürlichen Größe, anch noch in einem lOmal kleineren Maßstabe als diesem); — Pläne stellen noch kleinere Erdabschnittc in bedeutend größerem Ma߬ stabe dar. Z. B. Karte von Nieder-Ocsterreich, Böhmen, Ungarn n. dgl.; — topo¬ graphische Karte der Umgebungen von Wien; Plan von Wien, Prag, Pest. Nach den besonderen Beziehungen oder Zwecken heißen die Karten: physikalische, orographische, hydrographische, ethnographische, geognostische, historische, Jndustriekarten n. dgl. Eine Sammlung von Karten, die nach einem bestimmten Plaue alle Länder der Erde bildlich darstellcn, heißt geographischer Atlas. tz. 3. Mathematische Punkte und Linien. Befinden wir uns auf freiem Felde, wo wir eine Umsicht haben, so übersehen wir ein Stück der Erdoberfläche, auf welchem rings im Kreise der Himmel (das Firmament) wie eine Halbkugel anfzuliegen scheint. Dieser Kreis, den das Himmelsgewölbe auf dem Erdboden bildet und in dessen Mitte wir stehen, heißt (der scheinbare) Gesichtskreis oder Hori¬ zont. Denkt sich der Beobachter eine vertikale Linie von seinem Scheitel bis an das Himmelsgewölbe verlängert, so heißt der Endpunkt derselben Scheitelpunkt oder Zenith, der entgegengesetzte unter dem Beobachter heißt Fußpnnkt oder Nadir. Je höher der Standpunkt des Beobachters ist, desto größer ist der Gesichtskreis. Die bildliche Darstellung der ganzen Ruudsicht heißt: Panorama; einer halben Hem io rama; eine Bwrtel-Rundsicht: Tctrorama. — Scheinbarer und wahrer Horizont. — Der wahre Gesichtskreis ist jene Kreislinie, welche mit der Himmcls- kugel einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, die Himmclskngel in zwei gleiche Hälften theilt und genau in der Mitte zwischen Zeuith nnd Nadir sich befindet. Der scheinbare und der wahre Gesichtskreis laufen mit einander parallel nnd stehen nm einen Erd¬ halbmesser von einander entfernt ab. Von dem Standpunkte des Beobachters kann man sich unendlich viele Linien strahlenförmig an den Horizont gezogen denken; man nennt ihre Rich- Z tungen Weltgegend en. Die vier Hauptrichtungen sind: Osten (Morgen Orient, Levante), wo die Sonne am 2t. März und 23. September aufzugehen scheint; Westen (Abend, Oecident), wo sie an den genannten Tagen nnter- zugehen scheint; Süden (Mittag), wo sie zu Mittag uns erscheint; Norden Mitternacht), dem Süden gerade gegenüber, oder die Richtung, in welcher zur Mittagszeit unser Schatten fällt. Auf den Landkarten ist rechts Osten, links Westen, oben Norden nnd unten Süden. An jedem Orte, wo man sich befindet, die Weltgegenden verläßlich bestimmen, nennt man sich orien- tire n. Zwischen den Hanptrichtungen liegen die Nebenrichtungen ersten Ranges oder Nebenweltgcaendcn: Nordost, Nordwest, Siidost, Sndwest. Bei einer abermaligen T'eilung der Zwischenräume entstehen: 880., 080., 080., 880., 88rv., rV81V., 1V81V.. 881V. Auf diese Weise entstehen 8, 16, 32, 64 Weltgcgendeu. Eine nach den Himmelsgegenden abgetheilte Scheibe, nach welcher die Richtungen der Winde an¬ gegeben werden, heißt Windrose. Eine magnetisirtc Stahlnadcl, die derart auf einem spitzigen Zäpfchen ruht oder so anfgehängt ist, daß sie in horizontaler Richtung sich bewegen kann, heißt Magn ctnad el: sie dient, da die eine Spitze nahezu nach Norden zeigt, zur Bestimmung der Weltgegenden. Die Magnetnadel zeigt nicht genau nach Norden, sie weicht an verschiedenen Orten mehr oder weniger von der Nordrichtnng ab (Declination); bei uns nm etwa 13 Grade nach Westen. Die Windrose mit" der Magnetnadel verbunden, gibt den Compaß oder die Ln8sdle. Die Erde hat, wie jede Kugel, einen Mittelpunkt (Centrum). Jede gerade Linie, die wir uns durch diesen Mittelpunkt bis an zwei entgegen¬ gesetzte Punkte der Erdoberfläche gehend denken, ist ein Durchmesser der Erdkugel. Dreht sich die Kugel um einen dieser Durchmesser, so nennt man diesen die Achse und die beiden Endpunkte der Achse heißen Pole (Nord¬ pol, Südpol). In gleicher Entfernung von den beiden Polen denkt man sich auf der Erdkugel eine Kreislinie gezogen, welche die Erdkugel in eine nördliche und eine südliche Halbkugel (Hemisphäre) theilt nud der Aequator (Gleicher, Linie) heißt. In stets gleicher Entfernung vom Aequator (parallel mit ihm) denkt man sich Kreislinien nm die Erde herum gezogen, welche um so kleiner werden, je näher sie den Polen kommen; diese Kreise nennt man Paral¬ lel- (oder Breiten-) Kreise. Andere Kreise werden um die Erde in der Weise gezogen, daß sie durch beide Pole gehen und den Aequator nebst allen Parallelkrcisen rechtwinkelig schneiden. Diese unter einander gleich großen Kreise heißen Meridiane (Mittags- oder Längenkreise). Dieses Netz von Linien (Gradnetz), mit welchem man sich die Erdoberfläche überzogen denkt, dient zur Bestimmung der Lage eines Ortes auf der Erde. Z. 4. Gröjsenmrhältnissc. Den Aequator theilt man (wie gewöhnlich den Umfang eines Kreises) ch 360 gleiche Theile, Grade genannt. Der 15. Theil eines solchen Grades tzüt als die Länge einer geographischen (oder deutschen) Meile. Das Eiche Meilcnmnß ist in den verschiedenen Ländern von verschiedener Länge. Ein Gr-ad (°) wird in 60 Minuten ('), eine Minute in 60 Secunden (") u. s. w. eingetheilt. secui d nicht Z ei t minuten nnd Zcitsecnnden mit Grad minuten und Grad¬ ls 4 I" des Aeguators ist — 15 geogr, oder deutsche» Meile», --- 14.,, österreichischen Meilen, ---- 14.,, preußischen Meilen, — 25 französicheii Lienes (spr. Livh), --- 20 franz. oder englischen Seemeilen, — 69.,, englischen oder amerikanischen Meilen, --- 60 italienischen Meilen, — 104-,, russischen Wersten n. s. s. Der Aequator oder der Umkreis der Erde ist somit groß: 360 X 15 — 5400 deutschen Meilen. Dividirt man den Umkreis der Erdkugel mit 3.,, .. (d. i. durch die Lndolf'sche Zahl), so ist der Durchmesser des Aequators 5400:3.,^ . . ---- I7l8.z4z deutschen Meilen. Die Abplattung der Erde an den beiden Polen ist beiläufig 1 : 300; demnach ist der Polar-Durchmesser oder die Erdachse um 5.„ d. M. kleiner als der Aegua torial-Durchmesser, also beiläufig 1713 d. M. groß. Mnltiplieirt man den Erddurchntesser mit dem Umfang der Erde, so erhält mau den Flächeninhalt der Erdoberfläche: 1718 X 5400 9,277.200 ^Meilen und mit Rücksicht ans die Abplattung — 9,260.500 OM. Wird der Flächeninhalt der Oberfläche mit des Durchmessers mnlti plicirt, so erhält man den körperlichen Inhalt (Kubik-Inhalt) der Erde: 9,260.500 X 2651,589.833 Kubik-Meilen. 8- 5. Gcographischc Lago. Durch jeden Punkt der Erdoberfläche läßt sich ein Meridian denken. Da aber der Aequator in 360 Grade getheilt wird, so denkt man sich nur durch diese Theiluugspnnkte Meridiane gezogen und erhält somit deren 360. Einer derselben wird als Nullmeridian angenommen, welcher die Erde in eine östliche und eine westliche Halbkugel theilt. Boni Nullmeridian zählt man nach Osten 180" und nach Westen 180"; seltener wird fortlaufend bis 360" gezählt. Die Entfernung eines Ortes vom Nullmeridian heißt geographische Länge, und diese ist demnach eine östliche oder westliche. Die Deutsche» nehme» gewöhnlich jenen Meridian als Nullmeridian au, welcher au derOstspitzederJiisclFerr oseine der eanarischen Inseln, nahe der Westküste von Afrika) vorbeigeht. In England und bei Seefahrern gilt dafür jener der Sternwarte von Greenwich (spr. Grihnitsch: 17,.,° öst. v. Ferro); in Frankreich und häufig in der Wissenschaft jener von Paris s20» oft v. Ferro). Die Astronomen rechnen häufig nach dem Meridian der Sternwarte der betreffenden Hauptstadt. Durch jeden beliebigen Punkt kann man sich auch einen Breitenkreis ge¬ zogen denken. Der Theil eines Meridians, der vom Aequator bis zum Pol reicht, ist der vierte Theil des Kreises (Quadrant), somit 360 : 4--90" groß. Denkt man sich durch jeden Grad deS Quadranten einen Breitenkreis gezogen, so erhält man auf der nördlichen Halbkugel 90 und eben so viele Kreise auf der südlichen; der Aequator selbst ist der Nullparallel. Die Entfernung eines Ortes vom Aequator gegen einen der Pole zu heißt geographische Breite, und diese ist eine nördliche und eine südliche. 5 Jene zwei Parattelkreise, welche 23'/2° vom Aequator entfernt ans der nördlichen nnd auf der südlichen Halbkugel liegen, heißen Wendekreise (nördl. Wendekreis des Krebses, südl. Wendekreis des Steinbocke s); jene zwei, welche 23'/^ ° von den Polen entfernt liegen, nennt man Polar¬ kreise (nördl. arktischer, südl. antarktischer). Zwischen diesen Kreisen liegen die mathematischen Zonen, n. z. zwischen den beiden Wendekreisen die heiße, zwischen den Wende- nnd den Polarkreisen die beiden gemäßigten und um die Pole herum bis zu den Polarkreisen die beiden kalten Zonen. Die Entfernung eines Ortes von einem anderen, oder überhaupt die Entfernung zweier gegebener Punkte ans der Erdoberfläche, kann auf dem Globus oder den Land- und Seekarten durch Messungen gefunden werden. Alle Meridiane sind als größte Kreise unter einander gleich groß, nnd jeder Grad des Meridians ist nahezu — 15 d. M. Ans den Meridianen werden die Breitengrade gemessen; mithin ist jeder Breitengrad — 15 d. M. Unter den Parallclkreisen ist der Aequator der einzige größte Kreis, also der einzige Parallelkreis, auf dem 1° — 15 d. M. ist. Mit der wachsenden Entfernung vom Aequatorwerden die Parallelkreise immer kleiner, folglich auch die Längengrade, welche auf den Paratlelkreisen gemessen werden. Die auuäherudeu Werthe der Längengrade sind: ö. Die Erde als Weltkörper. K. 6. Die Himmelskörper im Allgemeinen. Wenden wir in einer heiteren Nacht unsere Blicke zum Himmel empor, so sehen wir eine unzählbare Menge leuchtender Himmelskörper, welche wir Sterne nennen. Auch die Erde, die wir bewohnen, ist ein solcher Welt¬ oder Himmelskörper, ein Stern unter Sternen, der frei im Weltenranme schwebt. — Die Sterne werden eiugetheilt in: 1. Fixsterne, d. i. feststehende Sterne, welche mit eigenem zitternden Lichte leuchten und im Allgemeinen ihre Stellung zu einander nicht verändern; 2- Planeten (Wandelsterne), welche ihr Licht von einem Fixsterne -> ^onne) erhalten, um welchen sie sich in regelmäßigen Bahnen bewegen; ->. Monde (Nebenplaneten, Trabanten, Satelliten), welche von der Lonne erhellt werden, sich zunächst nm einen Hauptplancten nnd mit diejem gemeinschaftlich nm die Sonne bewegen; 6 4. Kometen (Haarsterne) erscheinen von Zeit zu Zeit, sind mit einer Nebelhülle und einem Achtschweife versehen, verändern sehr rasch ihre Stellung gegen andere Sterne und bleiben nur kurze Zeit sichtbar. Um sich am Himmel leichter zurechtzufinden oder zu orientiren, hat mau die Fixsterne schon in den ältesten Zeiten in Grnppen abgegrenzt und diese Sternbilder genannt (der Thierkreis, der große Bär, der kleine Bär, Orion, Herkules u. a. m.); theils sind sie in zahllosen Mengen zu- sammengedrängt, wie in den Lichtstreifen der Milchstraße. Alle Himmelskörper zusammen nennt man die Welt oder das Welt¬ gebäude, von dem unsere Erde nur ein kleiner Theil ist. Alle Himmels¬ körper schweben frei im unermeßlichen Welträume, das erhabenste Zeugniß der Allmacht ihres Schöpfers, der sie alle in ihren angemessenen Entfer¬ nungen und Bewegungen erhält. Diejenige Wissenschaft, welche aus den Erscheinungen der Himmelskörper am Fir- mamente die Himmelskörper selbst und ihre Bewegungen kennen lehrt, heißt Astro¬ nomie (Sternkunde, Himmelskuude). Die Astrologie (Sterndeuteknnst) befaßte sich damit, aus der Stellung der Gestirne künftige Dinge, besonders Schicksale der Menschen vorhcrzusagen. Dieser Aberglaube herrschte im Altcrthnme zumeist bei den Chaldäern und Acgyptern. Sternwarte (Observatorium) ist ein zn astronomischen Beobachtungen hergerichtetes Gebäude. Sternkarten sind Abbildungen des gestirnten Himmels. 8. 7. Die Sonne. Der wichtigste Fixstern für uns Erdbewohner ist die Sonne. Eine nie erschöpfte Lichthülle, für uns die Hauptquelle des Lichtes und der Wärme, umgibt den kugelförmigen, wahrscheinlich dunklen Körper. Die Sonne scheint uns groß, weil sie uns ungemein viel näher steht, als jeder andere Fixstern; dennoch beträgt die Entfernung zwischen der Erde und der Sonne über 20 Millionen Meilen, eine Entfernung, welche das Licht in 8Vo Mi¬ nuten zurücklegt, wozu der Schall 14'/2 Jahre, ein Locomotiv im Schnell¬ laufe über 300 Jahre benöthigen würde. Der ungeheure Körper, welcher über 192.600 Meilen im Durchmesser hat, übt seine Anziehungskraft (Schwerkraft) auf mehr als Tausend Millionen Meilen aus. Die Sonnenscheibe zeigt dem bewaffneten Auge keine vollkommene Gleichförmigkeit. ES erscheinen schwarze Flecken von weniger dunklen umgeben, oft gruppenweise ver- theilt; dann wieder Heller als die Sonnenoberfläche, letztere Fackeln genannt. Aus dem Erscheinen und Verschwinden der Sonnenfleckcn hat man die Gewißheit erlangt, daß sich die Sonne in 26 Tagen um ihre Achse dreht; ans ihrer Achsendrehung schließt man auch aus eine Bewegung der Sonne im Himmelsraume, deren Richtung jedoch nur beiläufig erkannt worden ist. — Der segenreiche Einfluß des prächtigen Gestirnes hat in den ältesten Zeiten ganze Völker verleitet, der Sonne und anderen Gestirnen göttliche Verehrung zu erweisen und noch heute finden wir in Asien den „Sonnen¬ dienst" und „Anbeter der Sonne". tz. 8. Die Planeten. Die Planeten sind an sich dunkle Körper, sphäroidische (d. i. an zwei entgegengesetzten Seiten abgeplattete) Kugeln; sie bewegen sich nm ihre Achse und in elliptischen Bahnen nm die Sonne, von welcher sie Licht und Wärme erhalten. Einige sind von Nebenplaneten begleitet. Die Sonne ist der Mittelpunkt eines Shstems von Planeten, welche man in drei Gruppen eintheilt: I. die sonnen nahe oder innere Gruppe; 7 2. die sonnenferne oder äußere Gruppe; 3. die mittlere Gruppe der Planetoiden. Zur ersten Gruppe gehören: Merkur, Venus, Erde, Mars; — zur zweiten: Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun; — die Zahl der zwischen Mars und Jupiter gelegenen, im laufenden Jahrhunderte entdeckten Planetoiden ist bereits ans mehr als 70 angewachsen. Die sonnenua hen Planeten sind von geringerer Größe, minder abgeplattet, haben eine kürzere Umlaufszeit nm die Sonne, drehen sich in 24 Stunden um ihre Achse und sind, mit Ausnahme der Erde, nicht von Monden begleitet. Die sonucnfern en sind viel größer, haben eine Achsendrehung von nur 10 Stunden, daher eine stärkere Abplattung, lange Umlanfszeiteu nnd sind reicher an Monden. Die Planetoiden sind teleskopische Sterne, deren Bahnen zum Theil einander einschlicßen, zum Theil wie Ringe einer Kette in einander greifen. Der Durchmesser des größten soll höchstens 145, jener der Besta nur 60 Meilen betragen. Die Umlausszeit beträgt von 3 Jahren und 97 Tagen (Flora) bis ans 5 Jahre 188 Tage (Higiea). Uebersicht unseres s: In den ältesten Zeiten dachte man sich die Erde als eine Scheibe (Homer). Py thagoras (500 v. Ehr.) behauptete der Erste die Kuge l gestalt. Seit Arist vieles (333 v. Ehr.) gilt dieses als unumstößliche Wahrheit. Claudius P to l omä ns (129 — 141 n. Chr.) in Alexandria stellt ein neues Weltsystem auf. (Die Erde ist der Mittel¬ punkt der Welt; sie bleibt unbeweglich; Sonne, Mond und sämmtliche Gestirne bewegen sich in 24 Stunden um dieselbe.) N i k o l a n s K o p e r n i k us (1472— t 543), aus Thorn !" Preuße», stellt ein anderes Weltsystem auf. (Die Erde ist ein Planet; die Sonne ist E -N'iielpunkte des Planetensystems; die Planeten bewegen sich nm die Sonne; die dreht sich j» 24 Stunden um ihre Achse.) Johannes Keppler <1571—1631), aus Württemberg, entdeckte die wahre Gestalt der Plan.üeubahnen nnd die darin obwal¬ tenden Gesetze der Bewegung. Der Engländer Isaak Newton (sp. Njntn) entdeckte das Gesetz der Attraction und Gravitation. 8 tz. 9. Der Mond. Der Nolwnplauet unserer Erde ist der Mond. Dieser Himmelskörper ohne Lust und ohne Wasser, mit seinen grauen Ebenen und zahlreichen hohen ringförmigen Gebirgen, hat einen Durchmesser von 454 d. M., einen Körper¬ inhalt von '/zn unserer Erde und ist von der Erde 51.000 Meilen entfernt (mittlere Entfernung). Er umkreist die Erde in 29'/2 Tagen und dreht sich in dieser Zeit einmal um seine Achse. Die verschiedenen Lichtgestalten (Phasen), eine Folge seiner fortschreitenden Stellungen zur Sonne und zur Erde, sind: Neumond, erstes Viertel, Vollmond, letztes Viertel. Wenn der Mond so zwischen die Erde und die Sonne tritt, daß er uns die Sonne ganz oder zum Theile bedeckt, so entsteht eine Sonn cnfinster- niß. Tritt die Erde so zwischen Sonne und Mond, daß ihr Schatten den Mond verfinstert, so entsteht eine Mondes fiust er ui ß. Weil die Ebene der Mondbahn nicht mit der Ebene der Erdbahn znsammenfällt (sondern dieselbe in einemWinkel von5"an zweiPnnkten — Knoten — schneidet), so entsteht nicht bei jedem Nenmond eine Sonnen-, und nicht bei jedem Voll mond eine Mondesfinsterniß. — (Totale, partielle, ringförmige Finsternisse.) K. 10. Bewegung der Erde. Die Erde hat eine zweifache Bewegung: l. um ihre Achse (Ro¬ tation), 2. um die Sonne (Revolution). Die Erde dreht sich von Westen nach Osten in immer gleichen Zeil räumen. Die Dauer einer vollen Umdrehung um die Achse heißt (astro¬ nomischer) Tag, der in 24 Stunden eingetheilt wird. Bei dieser Bewegung werden die verschiedenen Theile der Erdoberfläche nach und nach der Sonne zngewendet, und zwar die östlich gelegenen früher als die westlicheren. Die der Sonne zugewendete Hälfte hat Tag, die andere Nacht. Unter den verschiedenen Meridianen haben somit die Orte zu verschiedener Zeit Sonnen ¬ aufgang und Mittag. Ein um den 24sten Theil des ganzen Kreises (also um 15°) weiter nach Westen gelegener Ort muß auch um den 24steu Theil der Umlaufszeit (ein Tag) später Mittag haben, d. h. nm eine Stunde; also Hal ein um 1° westlicher gelegener um */„ Stunde oder 4 Minuten später Mittag. Bei der Achsendrehung bleiben die Leiden Pole in Ruhe, die übrigen Punkte auf der Erdoberfläche aber befinden sich in einer desto schnelleren Bewegung, je näher sie dem Aequator liegen; denn ein Punkt ans dem Aeguator wird in 24 Stunden den ganzen Kreis, d. i. 5400 d. M., durchlaufen, 9-°. 0 u. s. w. auf dem 10" jedoch nur 360 X 24. „ 20° . 360 X „ 50° . 360 X „ 80° . 360 X „ 90° (Pol) ... 360 X Den Umlauf um die Sonne vollendet die Erde in 365 Tagen, 5 Stunden, 48 Minuten. Die Linie, in welcher die Erde diese Bewegung ausführt, ist eine länglich-runde (Ellipse), und wird die Erdbahn oder Ekliptik genannt. Die Ekliptik wird als Kreis ebenfalls in 360° eiugetheilt, überdies; aber noch in 12 gleiche Theile, jeden von 30°, welche mau die 12 Zeichen der Ekliptik nennt. Zu beiden Seiten der Ekliptik ist ein breiter Gürtel von Sternbildern, welche den Namen 9 Thi e r krei s (2oäinsus) führen, an denen die Sonne innerhalb eines Kahres scheinbar vorüber geht. Diese Sternbilder sind: Widder V, Stier Zwillinge II (Friths lingszeicheu), Krebs Löwe s), Jungframip (Sommerzeichen), Wage L-, Skorpion Nh, Schütze (Herbstzeichen!, Steinbock Wassermann Fische X tWinterzeichen). 8unt nriss, tauens, ASmini, eniissr, Iso, VN-AO, I-ibraqns, ssorpius, aeoitensns, eapee, Ampborn, ^lsoss. Die Sonne steht nicht im Mittelpunkte der Ellipse, sondern in einem der beiden Brennpunkte; die Erde ist sonach einmal im Jahre der Sonne naher und einmal ferner. Den der Sonne am nächsten und den ihr am fernsten gelegenen Punkt der Erdbahn nennt man Wendepunkt (Solstitialpnnkt). Der erste ist der Winter-, der zweite der Sommer-Wendepunkt. Die Entfernung des Winter-Wendepunktes von der Sonne heißt Sonnennähe (kei-ilistium) — 11.926 Erddurchmessern, jene des Sommer-Wendepunktes Sonnens erue (TpIreUnm) — 12.090 Erddurchmessern). Jene zwei Punkte der Erdbahn, welche fast gleich weit von den beiden Wendepunkten entfernt find, werdenAequin oc ti al-P unkt e(Tag- und Nachtglciche)genannt. DieZeit, welche die Erde braucht, nm auf ihrer- Bahn wieder zu demselben Aeqninoctial-Punkte zurück- zukehren, heißt ein Jahr (Sonnenjahr; Mondjahr snm tt Tage kurzer); Schaltjahr; Kalender, Julianischer und Gregorianischer). Z. I I. Tages- und Jahreszeiten. Die Sonne erleuchtet stets nur die halbe Oberfläche der Erdkugel. Die Grenze zwischen der erleuchteten und dunklen Halbkugel heißt Erl euch tungskre is. Stände die Erdachse senkrecht auf der Ebene der Ekliptik, so hätten alle Punkte der Erdoberfläche fortwährend gleiche Tages- und Nachklänge. Die Erdachse steht jedoch nicht senkrecht auf der Erdbahn, sondern sie bildet mit derselben einen Winkel von 66 Vz"; sie weicht daher um 23'/z ° von der senkrechten Stellung ab. Diese Stellung behält die Erdachse während der rotirendeu Bewegung der Erde um die Sonne unver¬ ändert bei, d. h. die Lage der Erdachse im Weltenraume bleibt unver¬ rückt die gleiche; die Stellung der Erde gegen die Sonne ist hin¬ gegen in jedem Augenblicke eine veränderte. Aus der eigenthnmlicheu Richtung der Erdachse folgt die ungleich¬ mäßige Erleuchtung der Erde, d. i. die Verschiedenheit der Tageslänge unter verschiedenen Polarkreisen. Die Ab- und Zunahme der Tageslänge erfolgt für einen und denselben Punkt allmählich, und zwar in dem Maße, als sich die Erde von den Aequinoctial-Punkten entfernt und den Solstitien nähert. Nach dem Aeqninoctinm am 21. März wachsen die Tage auf der nördlichen, nehmen jedoch ans der südlichen Halbkugel ab; am 22. Juni hat die nördliche Halbkugel den längsten, die südliche den kürzesten Tag. Nach dem Acquinoctium am 22. September wachsen die Tage ans der südlichen, nehmen aber auf der nördlichen Halbkugel bis zum Solstitium am 2l. December ab, wornach die Zu¬ nahme der Tageslänge auf der nördlichen und die Abnahme auf der südlichen Halbkugel bemerkbar wird. Auch die Unterschiede der Tageslänge vom Aeqnator nach den Polen zu wachsen allmählich, und eS erfolgt das Wachsen und Abnchwen der Tage und Nächte nach Maßgabe der geographischen Breite nm so schneller, je weiter ein Punkt vom Aequator cntfernt ist. Zwischen dem Aeqnator und den Polarkreisen ist dieses Zu- und Abnehmen der Tage und Nächte minder rasch, als zwischen den Polarkreisen und den Polen. Unter dem Acquator und an den Polen sind Tag und Nacht stets von derselben Dauer; unter dem Aeqnator je 12 Stunden (einen halben Tag), an den Polen je 6 Monate Om halbes Jahr). . -.Die schiefe Stellung der Erdachse zur Erdbahn bedingt die Ver- s^bdenheit der Jahreszeiten unter denselben Breiten; der Wech¬ sel und die Dauer dieser Jahreszeiten aber werden durch die jährliche Bewegung der Erde bedingt. 10 Steht die Erde am 21. März in einem der Aegninoctiat-Pnuktc ihrer Bahn, so beginnt der Frühling auf der nördlichen, der Herbst aus der südliche» Halbkugel (zwischen den Wende- und Polarkreisen). Steht sie im Solstitium der Sonnenferne (am 22. Juni), so säugt der Sommer auf der nördlichen, der Winter auf der südlichen an. Im Herbst-Aeqninoctinm (am 22. September) ist der Frühlingsanfang auf der südlichen und der Herbstanfang ans der nördlichen Halbkugel. Steht sic im Solstitium der Sonnen¬ nähe (am 22. December>, so ist auf der nördlichen Habkugel Winteranfang, auf der südlichen Sommeranfang. Die Orte gleicher geographischer Breite haben somit gleiche Jahreszeiten; die Orte gleicher geographischer Länge haben gleiche Tageszeiten; Orte gleicher geogra¬ phischer Breite, aber nm 180Längengrade von einander entfernt, haben gleiche Jahres- aber entgegengesetzte Tageszeiten (Nebenbewohuer); Orte gleicher geographischer Länge, aber entgegengesetzter Breite, haben g l e ich e T a g e s-, aber entgegengesetzte Jahres- zeiten (Gegenbcwohner); Orte, welche an beiden entgegengesetzten Endpunkten eines Erddurchmessers liegen, haben nm 180" verschiedene Länge und entgegengesetzte Breite; folglich sind auch Tages-und Jahres zeiteu entgegengesetzt (G egensüßler oder Antipoden). II. Physische Geographie. Die natürliche Beschaffenheit der Erdoberfläche. Z. 12. Verthrilung und Abgrenzung von Land und Meer. Drei Bestaudtheile verleihen der Erdkugel ihren besonderen Charakter und sind die Lebcnsbedingungen für alle organischen Wesen auf derselben: ein trockener, starrer, das Land; — ein tropfbar-flüssiger, das Wasser; — und ein ausdehnsam-flüssiger, die Luft. Ersteres ist der eigentliche Erdkörper, die beiden anderen sind Hüllen. Die großen Tiefbecken der Erdrinde sind so überwiegend mit Wasser ungefüllt, daß kaum der dritte Theil der Erdoberfläche als Land über den Spiegel des Oceans hervorragt. Es entfallen auf das Land 2'/,, auf das Wasser über 6^ Millionen ssssMeilen. — Auf der östlichen Erd Hälfte ist der alte Kontinent fl,nlte Welt"). Er enthält Asien (Orient Morgenland), an dasselbe im Westen breit sich anschließend En ropa (Oc- cident, Abendland) und im Südwesten, durch die schmale Landenge von Suez verbunden, Afrika, zu beiden Seiten des Aeguators. — Auf der west¬ lichen Erdhälfte ist der neue Kontinent (die „neue Welt," von Columbus 1492 entdeckt), bestehend aus zwei durch die schmale Landenge von Panama verbundenen Theilen oder Nord- und Südamerika. — Auf beiden Erdhälften vertheilt liegt die Inselwelt von Australien (Oceanien, Polynesien, erst seit dem 17. Jahrhundert bekannt). — Um den Südpol herum vermuthet man eine zusammenhängende größere Landmasse und bezeichnet sie vorläufig als antarktischen Kontinent. Auf der Osthälstc ist das Verbältniß von Land zu Wasser wie 1 : 1'/^, auf der Wcsthälfte wie 1:5; — auf der n ördlichen Halbkugel wie 1 : l'/^ausdcr südlichen wie I : 5. Das meiste Land drängt sich somit nach Nord und Ost, das meiste Wasser nach Süd und West. Construirt man sich eine kontinentale Nordost- und eine occanische Südwcst-Hemifphärc, so überwiegt auf der ersteren das Wasser das Land nur um 10"/„; auf der zweiten aber stellt sich das Verhältniß von Land zu Wasser wie 1 : 16. II Land und Wasser bilden einen Gegensatz, insoferne die zahlreichen Er¬ habenheiten des Landes starr in die Luft emporragen, während das Wasser eine vielfach bewegte flüssige Fläche bildet. Sie stehen aber auch in Ver¬ bindung, weil ihre Ränder oder Grenzen gemeinschaftlich sind; denn wo das Meer das Land bespült, ist die Küste (bei flachen Küsten Strand), deren Beschaffenheit und Umrisse von Wichtigkeit sind. Dringt das Land weit in das Meer vor, so bildet es ein Vorgebirge (Kap), oder eine Landzunge, oder eine Halbinsel, welche mit dem Stamme des Festlandes durch einen schmalen Streifen Landes (Landenge oder Isth¬ mus) verbunden, oder auch breit an denselben angewachsen ist. Die außer¬ halb der Umfangslinien des Stammes liegenden Theile des Festlandes heißen Glieder" Die Grenzlinie des Festlandes gegen das Meer bildet dessen Küstenlänge, und das Verhältnis; der Küstenlänge zum Flächen¬ inhalte eines Landes nennt man dessen Kü sten entw ickelung. Dringt das Meer tief in das Land hinein, so bildet es ein geschlossenes oder Binnenmeer oder einen Meerbusen (Golf); kleinere Einschnitte in das Land heißen Bai, Bucht oder Hafen. Verengen zwei gegenüber liegende Landcstheile das Meer, so entsteht eine Meerenge, und Straßen (oder Canäle) vermitteln die Durchfabrt. Die drei großen Festländer oder Kontinente theilt mau in fünf Erd- theile: Europa, Asien, Afrika, Amerika und Australien. Kleinere vom Wasser ganz umgebene Landestheile heißen Inseln. Liegen zahlreiche Inseln neben einander, so nennt man sie Inselgruppen; liegen sie in Reihen — Inselketten. Vereinigen sich mehrere Gruppen, so entstehen Archipele. Der Flächenranm der Kontinente übertrifft den aller Inseln zusammengenommen wohl lömal. Die große Wassermasse, das Erdmeer, theilt man mittelst der Parallelkreise und Meridiane in fünf Haupttheile oder Oceane. Um die beiden Pole bis zu den Polarkreisen reichen die zwei Eismeere (nörd¬ liches und südliches). Der große oder stille Ocean bespült die Ost¬ küste von Asien und Neuholland und die Westküste von Amerika; die Gren¬ zen bilden die Meridiane der Insel TaSmania (Van Diömens-Land) im Süden von Australien, und jener des Kap Hoorn oder der Südspitze von Amerika; im Norden und Süden scheiden diesen Ocean die Polarkreise von den Eismeeren. Der atlantische Ocean fluthet zwischen Europa, Afrika und Amerika; im Norden und Süden reicht er bis an die Eismeere; die Ostgrenze sind die Westküsten von Europa, Afrika und der Meridian des Kap der guten Hoffnung oder von Südafrika; die Westgrenze ist die Ost¬ küste Amerika's und der Meridian des Kap Hoorn. Der indische Ocean erstreckt sich von der Südküste Asiens bis zum südlichen Eismeer; im Westen bilden die Ostküste von Afrika und der Meridian des Kap der guten Hoff- uung, im Osten der Meridian von Tasmania die Grenze. Der atlantische Ocean dringt im inselreichen nördlichen Theile nach Ost und West si.ef m j,ie Kontinente ein; der indische nur von Süd und Nord. Der große Ocean oudet auf der Westseite Binueumeere, welche durch Inselgruppen und Inselketten ab¬ gesondert sind. Das nördliche Eismeer ist ein fast geschlossenes Becken, das südliche überall offen. — Im nördlichen reicht das Staude is bis 78°, das der . üUährliche Treibeis bis 68" u. Br.; im südlichen, mit den ungeheueren Eis,«assen, das Standeis bis 72", das Treibeis bis 62" s. Br. Der atlantische Ocean scheint ein Riesenthal, der große Ocean ein Riesen Hecken, beide smd nur ui dem nördlichen Theile reich an Inseln; den großen Ocean umgibt ein Kranz thätiger Vulkane. 12 Z. 13. Dic Gestalt des Festlandes. Unter Gestalt (oder Configuration) des Bodens, auch die horizon¬ tale (d. h. wagrechte) Gliederung genannt, versteht man die räumliche Aus¬ dehnung des Kontinentes nach Breite und Länge, seine Figur sowie jene der daran hängenden Glieder (Halbinseln) und der zum Kontinente gehörigen Inseln. Europa ist der am stärksten zergliederte Erdtheil. Im Norden sind die Halbinseln Kanin (160^M.), Kola oder lappische Halbinsel (1800)*), Skandinavien (16.000 und Jütland (590); im Westen ist die be¬ deutendste die Bretagne (spr. Bretajn 350); unter den südlichen ist die phrenäische (10.600) fast gar nicht, die apenninische (2930) nur- wenig, dic griechische oder Balkan-Halbinsel (6600) dagegen sehr reich gegliedert; im Südosten ist die taurische Halbinsel oder Krim (360). Die vorzüglichsten Vorgebirge gehören diesen Halbinseln an. An der Südspitze der phrenäischen Halbinsel ist das Felsenkap von Gibraltar, der apenninischen das Kap Spartivento, der griechischen das Kap Ma- tapan; im Norden das Nordkap, im Westen das Kap Finnisterre und das Kap St. Vincent (sp. San Wänßan). Zu Europa rechnet mau die Inseln: die Doppelinsel Nowaja Semlja (2000), die Gruppe Spitzbergen, Island (1840), hart am Polarkreise, südlicher davon die Färöer. Im Westen die ungemein geglie¬ derte Insel Gr oßbritaunten (4188) und Irland (1526), die Shetland-, Orkueh's- und Hebriden - Inseln, die dänischen zwischen Jütland und Skandinavien. Im Süden die Balearen, das Jnselpaar Corsika (160) und Sardinien (433), die dreieckige Insel Sicilien (477); südlich davon Malta; längs der Küste die dalmatinischen, jonischen und grie¬ chischen Inseln (Archipel), nebst Candia oder Creta (145). Der Flächeninhalt mit den Inseln beträgt 182.0M ^W. (ohne Inseln 171.000), die Küstenlänge 4300 Meilen; die Kostenentwicklung l : 39. Asien ist am schwächsten im Norden, am stärksten im Süden geglie¬ dert, wo die reichste Jnselbildnng sich vorfindet und wo die größten Halb¬ inseln der Erde sich ausdehnen, nämlich: Arabien (48.000), Vorder- Jndien und Guzerat (50.000), Hi nter-I nd i en mit Malacca (33.000). Bedeutend kleiner sind die Halbinseln an der Ostküste: Korea (7000) Kamtschatka (4000) und die Ts chuktschen-Halbinsel (3000); nach Westen ragt Kleinasien (oder Anatolien 10.000) hinaus. Die bedeutendsten Vorgebirge sind: das Kap Comorin und Ro¬ mania im Süden, das Kap Lopatka und Ost-Kap im Osten und das Nordwest-Kap (Sj eworowo stotsch e ni) im Norden. Zahlreich sind die Inseln und Inselgruppen. Im Norden sind die sibirischen Inseln; — im Osten die Juselreihe der Kurilen (320), dann Sachalin (oder Karafta 2000); die Japan'schen Insel (Deso, Nipon, Kiusiu u. a. 10.000); die chinesischen Inseln Formosa (1060) und Hainan (758); die Philippinen (3680 — die größten Luzon oder Manilla und Magindanao); die M olu kken oder Gewürzinseln (1070); die großen und kleinen Sunda-Jnseln (erstere: Cölebeö 3316, Borneo 13.508, Java 2325, Sumatra 7474); — im Süden die Anda- *) Die Zahlen in der Klammer geben die Größe des Flächenraums in geogra¬ phischen Quadrat-Meilen an. 13 mauen- und N ikob aren-Jnseln; Ceylon (1181); die Lakediven und Malediven; - - im Westen liegen Cypern (128), Rhodus und mehrere kleinere. Der Flächeninhalt beträgt an 794.000 UWi.; davon entfallen an 600.000 ans den Stamm, 442.000 auf die Halbinseln und 52.000 auf die Inseln Dir Kiistenläliae beträgt etwa 7700 M, wornach ans je 144 U)M. Flächeiiraum 4 M. Küstenläuge entfällt. Afrika ist einförmig, massenhaft und fast gar nicht gegliedert. Die Küsten weisen ans langen Strecken beinahe gerade Linien und entweder gar keine oder nur geringe Meereseinschnitte. Bemerkenswerthe Vorgebirge sind: im Norden die Kap Spartet und Bon; im Westen das weiße und das grüne Vorgebirge (Kapblaue und Kap verd); im Süden das Vorgebirge der gute n H o ffn ung (wegen der Entdeckung des Seeweges nach Indien nm Afrika herum so genannt); im Osten das Cap Gnardafui. Zu Afrika gehörige Inseln sind: (im atlantischen Ocean) die Azoren, Madoira, die canarischen und capverdischen (des grünen Vor¬ gebirges) Inseln; Ascension (Himmelfahrts-Insel) und St. Helena, Napoleons letzter Aufenthaltsort; — (im indischen Ocean) Madagaskar (10.900), die Mascarenen (Bourbon oder Union, und Mauritius) und S o c o t o r a. Der Flächenraum beträgt au 552.000 ; davon kommen auf den Stamm 540 (400, auf die Inseln 4 4.000 lDM. Die Küstenläuge ist nur 3500 M.; daher ent¬ fällt erst auf je 455 Flächenraum 4. Ni. Küste. Amerikas größere Hälfte l-iegt ans der nördlichen Erdhalbe und dieser Erdtheil breitet sich gegen beide Pole weiter aus, als irgend ein anderer Erdtheil. Nord-Amerika ist im Osten und Westen reich gegliedert; dagegen im Norden, gleich Asien, nur wenig. An der Ostknste sind die Halbinseln Labrador (24.000), Neu-Schottland (650), Florida (1100) und Aucatan (2200). Air der Westküste sind die bedeutendsten Halbinseln Aljaska (400) und Californien (2600). Zu den größten Inseln gehören: (im atlantischen Ocean) die nur wenig gekannte Insel Grönland (beiläufig 20.000), daun Neufundland (1000); im Süden die Inseln Westi ndiens, u. z. die B ahama- Inseln, die großen Antillen (Cuba 1966, Haiti 1368, Jamaica 270, Portorico 185), die kleinen Antillen, darunter Trinidad. Im Westen ist die Jnselreihe der Aläuten, gleichsam eine Fortsetzung von Aljaska, und die zahlreichen Georgs-Inseln. — Unter den Vorgebirgen sind bemerkens- Werth: Kap Wales (sp. UAs) gegenüber dern Ost-Kap Asiens, und im Osten das Kap Fare well (spr. Fähruell', d. i. Lebewohl). Nord-Amerika hat cineu Flächeiiraum vou 342.000 H)M., eine Küstenläuge von 6000 M.; es entfällt demnach I. M. Küste auf 57 fDM. Nächenranm. . , Süd-Amerika ist, gleich Afrika, fast gar nicht gegliedert. Die Ost- spitze ist das Kap St. Rochus; im Süden sind die Feuerlands ""l einer derselben das Kap Hoorn. Oestlich davon liegen die , -Inseln; im großen Ocean nahe der Küste die Insel Chile«- '1 zahlreichen kleinen; unter dein Aeqnator die Gall opagos-Jnseln. °^""ri ka hat einen Flächenraum von 321.000 iDM., eine Küstenläuge von , demnach entfällt erst auf 04 UM. Flächeiiraum I. M. Küste. 14 Australien theilt inan in das Festland Australien oder Nen-Hol- land, den kleinsten, mindest bekannten Erdtheil, und in die australische Inselwelt. Dieser Continent besitzt nur Eine bedeutende Halbinsel: Car- pe nt aria (etwa 4000); aber im Südostcn im kleinsten Umfange den größten Reichthnm an Häfen. Bemerkenswerth sind die Vorgebirge: Kap Jork, Kap Leeuwiu und Kap Howe (spr. Hau). Die bedeutendsten Inseln und Inselgruppen sind: im Norden Neu- Guinea (12.600), im Süden Tasmania oder Van Diämens-Land (sammt Nebeninseln 1254); östlich im Bogen liegen die S alomons-Jnseln, die Hebriden, Neu-Cal edonien und die Doppelinsel Neu-See land. Nördlich vom Aequator: die Marianen oder 8 adron en (Diebs-Inseln), die Karolinen, die Marschalls-Inseln, mitten im großen Ocean die Sandwich- (spr. Sänduitsch); südlich davon: die Fidschi-, Schiffer-, Freundschafts-, die niedrigen und die Marque sas-Jnseln. Der Flächenranm beträgt an 161.000 CW., wovon an 104.000 aus den Stamm, 56.000 auf Carpeutaria und die Inseln entfallen. Die Küstcnlliuge beträgt an 1930 M.; sonach entfällt ans 82 psW. Flächenraum 1 M. Küste. Der antarktische Kontinent ist noch viel zu wenig bekannt, um sich ein Bild von demselben entwerfen zu können. Hierzu können übrigens die südlich von Amerika und Afrika zerstreut liegenden Inseln (Süd-Shcttland, Kerguelens-Land u. a.) gerechnet werden. Z. 14. Die Gestatt und Gliederung des Erdmccrcs. Der große oder stille Ocean, an Flächeninhalt (3,300.000 >oM.) nahezu so groß, wie alle übrigen Oceane znsammengenommen, nnd nm etwa ein Biertheil größer als das gesammte Festland, fluthet zwischen Asien nnd Amerika. Seine bedeutendsten Theile sind: das Behrings-Meer (nach dem Entdecker benannt) oder Meer von Kamtschatka, welches durch die BehringS-Straße mit dem nördlichen Eismeere verbunden ist; — das Ochotzkische Meer, durch die L-traße la (?srM) mit dem Japanischen Meere verbunden, welches durch die San gar-Straße mit dem großen Ocean und durch die Koröa-Straße mit dem gelben (oder ostchinesischen Meere) in Verbindung steht. Aus dem letzteren führt die Straße von Formosa (oder von Fu-Kiau) in das sü d chi n e s i s che Meer mit den Meerbusen von Tonkin und Siam. Die Meerestheile zwischen den sttdasiatischen Inseln werden nach diesen benannt, als: Snnda- oder Java-See, Celebes-See, Banda-See. Zwischen Sumatra und Java fuhrt die S unda-Straße, zwischen Borneo und Celebes die Ma ca ssar-, und zwischen Celebes und den Molukken die Molnkken-Straße. Wegen der windstillen Zone nm den Aequator wird das Meer zwischen den beiden Wendekreisen, in welchem die meisten australischen Inseln liegen, das stille Meer genannt. Ans diesem führen die beiden Straßen, T o rres-Straße (im Norden, zwischen dien - Holland nnd Nen - Guinea) und Baß-Straße (im Süden, zwischen Nen-Holland und Tasmania) in den indischen Ocean. Auf der Ostseite des großen Oceans sind das Purpur-Meer (oder der Busen von Californien) nnd der Meerbusen von Panama; im Süden (zwischen dem Feuerland und Amerika) führt die M agelha ens-Straße .n den atlantischen Ocean. 15 Der indische Ocean (1,380.000 M.) beträgt nur etwa Vz der Wassernwnge sämmtlicher Oceane, ist jedoch doppelt so groß als das Fest¬ land von Amerika. Seine wichtigeren Theile sind: das rothe Meer (oder der arabische Meerbusen), dessen Anfahrt die Straße Lab-ol-Nanäasi (Pforte des Todes) ist; — das persische Meer, welches durch die Straße von Ormus mit dem persischen Meerbusen (dem grünen Meere) verbunden ist; der Busen von Bengalen mit der P alks'-Straße «bei Ceylon) nnd jener von Malacca (zwischen Malacca und Sumatra). An der Küste von Afrika ist der Canal von Mozambique (— Mosambik) zwischen Madagaskar nnd dem Festlande. Der atlantischeOccau (1,626.000 (UM.), an Flüche beiläufig so groß, wie Europa, Asien und Afrika znsammengenommen, bildet die große Fahr¬ straße für den Weltverkehr. Er bespült die Küsten der von den kultivirtesten Volkern bewohnten Länder; im nördlichen Theile ist er vielfach gegliedert und reich an Inseln, das Gegeutheil findet im südlichen Theile statt. Im Norden hängt er mit dem nördlichen Eismeere zusammen, und zwar durch zahlreiche schmale Straßen und Durchfahrten westlich von Grönland zwischen der Polar - Inselwelt („Meer der nordwestlichen Durchfahrt"). Seine bedeutendsten Theile sind (a. im Westen): die Bassins- (Bäffins-) nnd Hudsons- (Hödsns-) Bai; der St. Lorenz-Busen, ein kleines Bin¬ nenmeer, der Meerbusen von Mexiko (— Mcchjiko), ans welchem die Straße von Jucatan in das Karaibische Meer führt, beide unter sich nnd vom offenen Ocean durch die Antillen geschieden, (b. im Osten): Das skandinavische Meer zwischen Island, Norwegen nnd Großbri¬ tannien, die Irische See zwischen den britischen Inseln. Der Canal (oder In NunoIre s— Mansch), d. i. das Aermel-Meer) mit der Straße von Calais (Caläh, auch Straße von Dover), führt in die Nordsee; aus dieser gelangt man durch deu Skagerrack und das Kattegat, welche Jütland umspülen, nnd durch die Straßen: Sund, großer und kleiner Belt (zwischen den dänischen Inseln) in die Ostsee oder das baltische Meer mit dem Bottnischen (gegen Norden), dem Finischen (gegen Osten) und dem Rigaischen Meerbusen. Im Norden der phrenüischen Halbinsel ist das BiSkai schc Meer; im Süden derselben führt die Straße von Gibraltar in das Mittelländische Meer, seit den ältesten Zeiten das wichtigste Binnenmeer der Erde. Die bedeutendsten Theile des¬ selben sind: die Golfe von Valencia, Lyon und Genua, nnd an der Westküste der apennischen Halbinsel das Tyrrhenische Meer, aus wel¬ chem die Straße von Messina (Scylla und Charybdis der Alten) in das Jonische Meer fuhrt (zwischen Italien, Griechenland nnd Afrika). Dessen südlicher Theil bildet die tiefsten Einschnitte in das afrikanische Fest¬ land als große (Sidra) und kleine Syrte (Cabcö); im nördlichen Theile sind die Meerbusen von Tarent nnd Lepanto. Die Straße von Ttrcinto verbindet das jonische Meer mit dem adriatischen (Golf von ^enedig, Triest und Fiume). Im Westen schließt sich an das jonische Meer as ägäische (oder der Archipel) an, milden zahlreichen Inseln (Cycla- ^Europa, Sporadcn zu Asien) und vielen kleinen Busen, überhaupt reicher Gliederung. Aus dem ägäischen Meere fuhrt die Straße s .^'if'un e llen (Hellespont) in das M arm ara-Meer (Propontis), me St^ße von Konstantinopel (thracischer Bosporus) in das 16 schwarze Meer (pouUm euxinus), und aus diesem die Straße von Kertsch (oder Jeuikale) in das Azowsche Meer (mit der faulen See). Zwischen der Insel Candia, der Westküste Asiens und Nordafrika, ist das Syrische Meer. — An der Westküste von Afrika ist das Meer von Se- negambieu, das äthiopische Meer mit dem Busen von Guinea (und den Baien von Benin und Biafra), dann das Meer von Congo und end¬ lich das Kap-Meer mit der Tafel-Ban Das nördliche Eismeer (200.000 Ü)M.), etwa um Vi» größer als Europa, ist überall von Festländern und Inseln umgeben, und nur auf einer Seite breiter geöffnet; doch stellt die Lage nm die Pole beiden Eismeeren große Hindernisse der weiteren Erforschung entgegen. Seine wichtigsten Theile sind das weiße Meer und das karische Meer mit der Wajgatsch- Straße (zwischen Wajgatsch und dem Festlandes und dem Obischen Meer¬ busen. Im Norden von Amerika ist das Meer der nordwestlichen Durchfahrt. Das südliche Eismeer (350.000 siZM.) ist von allen Seiten offen und fast gänzlich unbekannt. Es ist noch zweifelhaft, ob die in demselben entdeckten unbewohnten Küsten einzelnen Inseln angehören, oder Theile eines vermntheten „antarktischen Kontinentes" sind. tz. M. Bkschast'cnheit mid Bewegungen de» Meere». Der Ate eres gründ ist die Fortsetzung der Oberfläche des Festlan¬ des, und hat wie dieses Erhöhungen und Vertiefungen. Einzelne Inseln und Klippen sind als die höchsten Rücken und Gipfel von unterseeischen Ge¬ birgen, — Inselketten und Riffe als die Kämme derselben, — größere Inseln und Untiefen als Hochebenen anzusehen; die Meerengen dagegen als Pässe, die größeren Tiefen als Thäler, Kessel oder Trichter. Die Tiefe des Oceans ist nur unvollständig bekannt, die Messungen mit dem Senkloth geben häufig unbefriedigende Ergebnisse, weil unterseeische Strömungen das Senkblei seitwärts abziehen. Die größten, wirklich erreich¬ ten Tiefen sind im atlantischen Ocean beiläufig 27.00tV. Die Binnenmeere haben in der Regel eine weit geringere Tiefe. Das Meerwasser hat einen eigenthümlichen Salz gesch mack. Außer dem Salz (beiläufig 1 Loth auf 1 Pfund Meerwasser) enthält es noch übel¬ riechende Substanzen, welche von der zahllosen Menge in Fäulniß übergegan¬ gener thierischer und pflanzlicher Körper herrühren. Bleibt das Meerwasser eine Zeit lang ruhig, so geht es leicht iu Fäulniß über. Widerliche Aus¬ dünstungen erzeugen jene Krankheitsstoffe, welche so viele Küsten in der hei¬ ßen Zone unbewohnbar machen. Bon der Menge des Salzgehaltes hängt auch die specifische Schwere des Wassers und davon die Tragfähigkeit des¬ selben ab. Unter den europäischen Meeren hat das mittelländische den größten, die Ostsee den kleinsten Salzgehalt. Das Meer ist im ruhigen Zustande von bläulich-grüner Farbe, welche jedoch durch Tiefe, Beschaffenheit des Grundes, Seegewächse u. dgl. vielfach verändert wird. Seefahrer beobachten die Farbe genau, da ein plötz¬ liches Aendern derselben eine Untiefe anzeigt. Das „rothe" Meer hat diese Benennung von den unzähligen rothgefärbten Korallenbänken an der Küste; das „gelbe" von seinem gelben Schlamm; das „schwarze Meer ist jedoch nicht dunkler, das „weiße" nicht Heller als andere. 17 In allen Zonen, besonders aber zwischen den Tropen, beobachtet man bei Nacht ein Leuchten des Meeres, welches von dreifacher Art ist. Ent¬ weder leuchtet das Wasser nur um das Schiff und die Furchen, die es zieht; — die zweite Art wird nur in wärmeren Gegenden, bei Windstille, starker Hitze und kleinem Wellenschläge wahrgenommen, in welchem Falle alle Wellen glänzen, die an einen festen Körper anschlagen; — die dritte Art bietet die großartigste Erscheinung dar, indem nicht bloß die ganze Fläche des Oceans flammend erscheint, sondern der feurige Glanz auch noch weit in die Tiefe hinabgesenkt sichtbar ist. Die Ursache des Leuchtens wird der Phosphorescenz einer unendlichen Menge kleiner, gallertartiger Thiere zu¬ geschrieben, welche den Ocean bewohnen. Die Temperatur des Meeres hängt, wie jene des Landes, von der geographischen Breite und den Jahreszeiten ab, ist aber im Allgemeinen viel regelmäßiger; denn der Wechsel der Tages- und Jahreszeiten bringt in offener See einen nur halb so großen, zuweilen nur V» so großen Tem¬ peraturwechsel hervor. Eine plötzliche Abnahme der Wärme des Oceans ist für den Schiffer beachtenswerth, weil sie ihm eine Veränderung der Strö¬ mung oder eine Untiefe auzeigt. Im Allgemeinen wird das Wasser kälter, je tiefer man kommt. Die Bestimmung der Temperatur des Meeres ist zu¬ gleich ein wichtiges Mittel zur Bestimmung der Strömungen. Das Meer erscheint nur selten, auf kurze Zeit und in kurzen Strecken völlig ruhig; im Großen ist es in fortwährender Bewegung. Diese wird bewirkt durch Winde, durch die Anziehungskraft des Mondes und der Sonne, durch die Axendrehung der Erde und die Temperatur. Es gibt drei Haupt- bewegnngen: a) die Wellenbewegung, d) die Gezeiten und o) die Strömungen. Die erste ist eine unregelmäßige Bewegung, die beiden andern sind regelmäßig, u) Die durch den Druck des Windes auf der Oberfläche des Wassers hervorgebrachten Erhebungen und Senkungen heißen Wellen, deren Fortdauer der Wellenschlag, und wenn sie hoch sich aufthürmen — Wo gen. Bei heftigen Stürmen sollen die Wellenberge auf 20, 30, ja 60' steigen. In einer Tiefe von 90' nehmen die Taucher keine Unruhe des Meeres wahr. Brechen und überschlagen sich die Wellen beim Anprall an eine Steilküste oder an ein Riff, so entsteht eine Brandung. (Scheitern, stranden; hohle See.) d) Die Gezeiten oder Ebbe und Fluth sind das von 6 zu 6 Stunden regelmäßig erfolgende Fallen und Steigen des Meeres an den mit dem Ocean in offener Verbindung stehen¬ den Küsten. Die Gezeiten finden ihre Erklärung in der Anziehung, welche Mond und Sonne auf die Wassermasfe der Erde üben. Zwischen den Wen¬ dekreisen und auf offener See sind die Gezeiten am stärksten und regel¬ mäßigsten; an den Küsten sind sie am meisten bemerkbar; in Binnenmeeren kommen sie sehr unbedeutend oder auch gar nicht vor. Auch an einem und demselben Orte wechseln Ebbe und Fluth sowohl der Stärke als der Zeit nach ab. Zur Zeit des Vollmondes uud des Neumondes steigt die Fluth am höchsten (Spriugfluth), zur Zeit des ersten und letzten Viertels ist sie am niedersten (Nippfluth). Die vollkommene Uebereinslinunuug der Perioden des Eintretens der Ebbe und Fluth mit dem Stande des Mondes und der Sonne hat den Beweis geliefert, daß die Anziehungskraft dieser zwei Himmelskörper die Ursache der Gezeiten ist. Man unterscheidet dabei eine tägliche, eine monatliche und eine jährl i che P er iod e. Jeden folgenden Tag treten Ebbe und Fluth um etwa 50 Minuten später ein, so daß Klun, Geographie, 7. Aufl. 2 18 sie in ungefähr 30 Tagen (genauer 29 T., 12Ii, 44m 3»), also nach ciueni syno- discheu Monat (d. i. der Zeitraum von einem Neumonde bis zum andern), in die Zeit ihres ersten Anfanges zuriickkehreu; denn die tägliche Verspätung entspricht genau der täglichen Verspätung in dem Auf- und Untergange des Mondes. Diese Erscheinung nennt man die tä g l i ch e P e ri o de. Fluth und Ebbe pflanzen sich vermöge der Rotation der Erde über die gesummte Meeresfläche fort, und erreichen ihren höchsten Stand in jenen Gegenden, für welche der Mond im Zenith steht. Die Einwirkung der Sonne ist wegen der viel größeren Entfernung eine schwächere, daher sind die von ihr bewirkten Gezeiten inach dem Mittage und der Mitternacht) schwächer. Wirken aber Sonne nnd Mond zusammen, im Vollmonde oder Neumonde ld. h. in den Syzygien), so sind Fluth nnd Ebbe am stärksten «Springfluthen); dagegen sind sie im ersten nnd letzten Viertel (d. h. in den Quadraturen) am schwächsten ,N ippfl uth en oder tobte Fluth en). Diese Erscheinung ist die monatliche Periode. Die j ährl ich e Period e der Gezeiten besteht darin, daß nm die Zeit der Tag- und Nachtgleichen die Springfluthen bei den Syzygien viel stärker, und die Nippflnthen bei den Quadraturen schwächer sind als gewöhnlich; daß hingegen um die Zeit der Sonnenwenden die Springfluthen bei den Syzygien viel schwächer, und die Nippflnthen bei den Quadra¬ turen viel starker als gewöhnlich sind. Die Zeit des Eintrittes des hohen Wassers für einen bestimmten Hasen heißt Hafenzeit. o) Die Meeresströmungen sind jene Belvegungen der See, in welchen einzelne Theilc derselben wie in einem Bette zwischen zwei Ufern durch die übrige Wassermasse dahinfließen. Es sind wirklich sehr breite Ströme im Ocean, welche an gewissen Stellen des Meeres theils beständig theils periodisch nach bestimmten Richtungen streichen. Die Anzahl der Strö¬ mungen ist sehr groß, aber noch unvollständig gekannt. Die Meeresströ¬ mungen sind gleichsam die natürlichen Straßen für die Schiffe. Die zuneh¬ mende Kenutniß derselben, verbunden mit der Benützung der periodischen Windströmungen, hat die Zwischenrämne für die Schifffahrt sehr abgekürzt. Nach der Richtung unterscheidet man Pola r-und Aeq nator i al strömungen; erstere fließen von den Polen gegen den Aegnator, letztere in der Richtung der Pa¬ rallelkreise von Osten nach Westen. Nach der G eschwin digkei t: D rist strömungen, eine langsame und wenig tiefe Bewegung, welche durch Einwirkung des Windes auf die Oberfläche des Meeres hervorgebracht wird, und Meeresströme, welche bei einer außerordentlichen Breite auch sehr tief und mit einer Geschwindigkeit fließen, welche nicht selten jene der Ströme des Festlandes übertrifft. Nach der Temperatur: kalte und warme Ströme, welche sich nicht leicht vermischen, sondern sich zu verdrängen suchen. Die Temperatur ist ein hauptsächliches Unterscheidungszeichen der Meeresströme. Nach der Zeit: beständige und periodische. Einige der bedeutenderen beständigen Strömungen sind.- im Indischen Ocean von der Westküste Neuhollands rnr Ostkuste Afrikas nm bas Kap der guten Hoffnung nnd als südatlantischc Strömung nordwärts längs der Westküste Afrikas. In der Nähe des Aequators wendet sie sich gegen Westen und fließt als Acquatorial- strom quer über den Ocean in das Earaibische Meer und den Golf von Mexiko, ans welchem sie als warmer Golfstrom heranstritt, längs der nordamerikanischen Küste strömt und bis an die Küsten von Nord-Europa getaugt. Zum Theile wird diese von der arktischen, aus dem nördlichen Polarmcere südwärts fließende Strömung nach Süden abgelenkt, trifft auf die südatlantischc Strömung, wodurch ein Kreislauf im Atlantischen Ocean entsteht. Ans dem südlichen Polarmcere kommt die antarktische Strömung zur Westküste Süd-Amerikas, welche sie als perua¬ nischer Strom nordwärts begleitet, worauf sie zu beiden Seiten des Acgualor« westwärts über den großen Ocean bis zur Ostküste von Asien nnd Nen-Holland fließt nnd sich dann in mehrere kleinere Strömungen verzweigt. — Periodische Strö¬ mungen kommen zumeist im nördlichen Theile" des Indischen OccanS nnd an mehreren Küsten vor. Treffen zwei Ströme in entgegengesetzter Richtung ans einander, so daß das Wasser trichterförmig nmgedreht wird, sö entstehen Meeres strndel oder Meeres- Wirbel, wie die (im Alterthnme berüchtigte) Scylla nnd Charybdis in der Straße von Messina, der Malstrom bei der südlichsten der Lofoden-Jnseln (Norwegen). 19 Z. IN. Dir Erhöhungen und Vrrticsungrn drs Frfllandis. Die Erde ist nicht eine glatte Kugel. Sowie die Meere als Vertie¬ fungen in die Erdrinde anzusehen sind, so bildet der starre Bestandtheil des Erdkörpers Erhebungen, in welchen das Süßwasser Gräben (Flüsse) und Becken (Seen) einschneidet. Um die Vertiefungen und Erhebungen zu messen, hat man eine zwi¬ schen beiden liegende gemeinschaftliche Grundfläche (Normal-Ebene) ange¬ nommen, nämlich die Fläche des Meeres (den Meeresspiegel, das Ni¬ veau, spr. Niwoh), weil diese in allen ihren Theilen fast gleichweit vom Mittelpunkte der Erde entfernt ist. Die räumliche Ausdehnung der einzelnen Theile des Festlandes in die Höhe, d. i. nach den äußeren Grenzen der Lufthülle zu, nennt man vertikale (lothrechte) Gliederung. — Die Lehre von den Unebenheiten des Festlandes heißt Orogr aphie, jene von den Süßwassern des Festlandes Hydrographie. Z. t7. Vorbcgriffe der Brographie. Denkt man sich die Fläche des Meeres unter dem Festlande fort¬ gesetzt (da sich fmit höchst seltenen Ausnahmen) das Festland stets über den Meeresspiegel erhebt) und berechnet dann die lothrechte Erhebung z. B. eines Berges vom Meeresspiegel bis zur höchsten Spitze des Berges, so nennt man diese Höhe die absolute (allgemeine) Bergeshöhc oder die Seehöhe. Die Erhebungen eines Punktes über die nächste Umgebung (z. B. über einen See oder das unmittelbar anliegende Land) heißt die relative Höhe. Zn der Geographie wird, wenn man nicht ausdrücklich das Gegeu- theil bemerkt, immer die erstere verstanden. Liegen größere Länderstrecken tiefer als die Meeresfläche, so nennt man dieses Ver¬ hältnis; Senkung oder Depression. Als Höhenmaß dient das Längenmaß. In unserem Vaterlande dieW iener Klafter (°), der Wiener Fnß (0. Sehr häufig ist das altfranzösische Maß, der Pariser Fuß im Gebrauche, oder die Toise (Tores) zu 6 Frist; auch das nen französische Maß Meter, welcher als der zehnmillionstc Theil des Erdqnadranten berechnet worden ist. Die Eng länder und Amerikaner gebrauchen den englischen Fnß. Zieht man von den W iener Fußen 2"///° ab, so erhält mau Pariser Fuße; — bei englischen müssen 6.,"/, abgezogen werden, nm sie in Pariser umzuwandeln. Die Hypsometrie (Höhenmcssung) bestimmt die Höhen. (Trigonometrische und barometrische Messungen; Isohypsen, d. i. Linien, welche Punkte gleicher Scchöhe mit einander verbinden; Hohennetz, Höhenleitcr.) Als allgemeiner Gegensatz in der Bodenerhebung stehen Tiefland, bas sich nur wenig (bis beiläufig 5009 über den Meeresspiegel erhebt, und Hochland. Breitet sich das eine oder das andere in ziemlich gleichmäßi¬ ger Höhe aus, so heißt das Land eine Tiefebene oder eine Hochebene (Plateau — Platüh). Den Uebergang von der Lief- zur Hochebene ver Mitteln Stufen oder Terrassen (Stufen- oder Tcrrassenländer), welche am Rande bisweilen von Gebirgen (Randgebirgen) eingefaßt sind. Einzelerhebnngen bis etwa I00(ll heißen Hügel (auch Höhen, Bühel) und bilden zusammen ein Hügelland. Größere Erhebungen sind Berge, bereu unterster Theil der Fnß, der oberste Scheitel, Gipfel, Rücken aber Platte heißt; die Erhebnngssläche zwischen beiden ist die Seite (oder Abdachung, Abhang; — steil, sauft, convex, coucav). Die sanft ab- 2* 20 gerundete Wölbung des obersten Theiles heißt Scheitel (auch Kogel (Kugel), Kuppe sKoppe,Kopfs, Dom, Haub e, Ballon, u. dgl.), Gipfel ist die spitze Erhebung des obersten Theiles; je nach Aehulichkeit heißt der Gipfel Zacke (Zinken), Spitz oder Pik, Nadel, Thurm, Horn, Zahn u. s. f. — Der Rücken ist ein verlängerter Gipfel, und zwar ein Schneide- (wenn felsig Grath, in Spanien sierru s-Sägej, sonst auch der Kamm genannt) oder ein Flachrücken. Ist der oberste Theil eine Fläche, so nennt man ihn Platte. Stehen Hügel oder Berge in verbundenen Reihen, so nennt man sie Hügel- oder Bergketten; zerstreute, aber doch mit einander in Verbin¬ dung stehende Höhen heißen Massen; — die zu einem Ganzen zusammen¬ gehörigen Bergketten und Bergmassen bilden ein Gebirge; das Zusam¬ menstößen von Gebirgsketten bildet Gebirgsknoten, und ans der An¬ häufung von Berg mass en entsteht ein Gebirgsstock. Der Zug von Ketten und Massen, die ein zusammenhängendes Ganzes bilden, ist der Haupt stamm; alle Einzelnheiten desselben bilden die Verzweigung, und zwar nennt man die Ketten und Gruppen Gebirgszweige (oder Gebirgsglieder), die niederen Fortsetzungen der Hauptgebirge aber Aus¬ läufer. Nebengebirge nennt man solche, welche mit Hauptgebirgen in Verbindung stehen, aber durch veränderte Richtung oder andere (innere und äußere) Merkmale sich unterscheiden. Die Zusammenfügung mehrerer Ge¬ birge zu einem Ganzen nennt man ein Geb irgsshstem. Die Verbindung von Ketten und Gruppen unter einander geschieht durch Joche und Sättel, d. i. niedere Einschnitte oder Einsenkungen zwischen den Gipfeln; jene, welche zu Uebergäugen am häufigsten benützt werden, heißen Pässe. Die Summe der einzelnen Sattelhöhen getheilt durch deren Anzahl nennt mau die mittlere Kammhöhe. Randgebirge; Scheidegebirge; Borgebirge; Küstengebirge; Mittel- oder Central¬ kette; Vorkette; Meridiangebirge; Ringgebirge; fächerartige Gebirge. Den Bergen als Erhebungen sind die Thäler als Vertiefungen zwischen Bergen und Gebirgsketten entgegengesetzt. Wenn sie mit der Haupt¬ richtung des Gebirges parallel laufen, heißen sie Längchithäler; Quer- thäler brechen quer durch die Hauptrichtung. Letztere sind in der Regel kürzer, enger und enthalten die meisten Engpässe. In die Hauptthäler münden die Nebenthäler, in diese die Seitenthäler. Trichter ist der Gegensatz von Gipfel, die Vertiefung läuft am Gründe spitz zusammen; —derKesscl, Gegensatz vom Scheitel, hat einen abgerundeten Boden ; — ist die flache Sohle ein erweitertes Thal, so entsteht ein Becken; — ein verlängerter Kessel mit steilen Rändern ist eine Mulde; — ein enges, kurzes Thal mit steilen Rändern heißt eine Schlucht. (Engpaß, Klause, Thor, Pforte.) Die obersten Thäler der höchsten Gebirge sind mit Eis erfüllt, welches auf den Höhen aus dem Schmelzen des Schnee's und Firns (körnigen Schnee's) entsteht und durch seine Schwere in die Thäler sich hinabschiebt. Solche Eisthäler heißen Gletscher (in Tirol Ferner, in Salzburg und Kärnten Keese). Bei ihrer Abwärtsbewegung häufen sie zu beiden Seiten Schuttwälle von Geröll (d. i. von herabstürzeudcn Felstrümmernj an, die man Moränen nennt. Im hohen Norden (Island) erstrecken sich die Gletscher bis an das Meer herab. Die Gletscher wachsen und nehmen ab; das Borschreiten erfolgt nach strengen Wintern und kalten Sommern, das 21 Zurückziehen nach milden Wintern und heißen Sommern. Die Bewegung der Gletscher verursacht Spaltungen im Eise (Schründe), die das Ueber- schreiten sehr erschweren und das Besteigen sehr hoher Berge gefährlich machen. Z. 18. Innere Beschaffenheit -er Erde. Aus der nach dem Innern der Erde zunehmenden Wärme, aus den geschmolzenen Massen, welche feuerspeiende Berge auswerfen, und aus der Beschaffenheit der Felsmassen, welche den Kern der Gebirge bilden, schließt man, daß der Erdball einst eine feurig-flüssige Kugel gewesen sei, deren Ober¬ fläche durch allmälige Erkaltung starr wurde und die Erdrinde bildete, während das Innere noch glühend heiß blieb. Ucber die Beschaffenheit des Inneren der Erde hat man nur Muthmaßungen; gewiß ist, daß die Erde eine ihr eigenthümliche, von der Sonne unabhängige Wärme im Innern besitzt. Von der Erdrinde haben wir durch Bergwerksschachte, Bohrungen u. dgl. nur einen so unendlich kleinen Theil kennen gelernt, daß man auf deren Dicke kaum einen bestimmten Schluß ziehen kann. Aber soviel ist gewiß, daß Feuer und Wasser, einzeln und in Gemeinschaft, die äußeren und inneren Veränderungen der Erdrinde, d. i. die Unebenheiten und Gesteins¬ schichten hervorgebracht haben. Die Erdrinde besteht aus zwei verschiedenen Gesteinsarten: Massen¬ gestein (Granit, Gneiß u. a.) und geschichtetes Gestein (Thonschiefer, Grauwacke, Steinkohle, Kalk, Kreide u. a.); ersteres ist Feuerbildung (pla¬ tonische Bildung), letzteres Wasserbildung (ueptumsche Bildung) verschie¬ dener Zeiträume. An den Steinen kann man deutlich Regeln der Schichtung oder Lagerung beobachten und noch mehr gibt das Vorkommen versteinerter Pflanzen und Thierreste (Petrefacteu) einen Anhaltspunkt, um die stufenweise Bildung der Erdrinde daraus zu erkennen. Die Massengesteiu e (Granit, Gneiß, Glimmerschiefer u. a.) enthalten keine Versteinerungen; sie bilden in der Regel die unterste Schichte, aber, durch Kräfte im Innern emporgehoben, bisweilen auch die höchsten Gipfel der Gebirge. In diesem Falle haben sie die über ihnen gelagerten Schichten durchbrochen und diesen dadurch schiefe oder unrechte Stellungen gegeben. Auf diesen Gesteinen des ersten Zeitraumes (primitive oder Urgebirge) liegen Schichten von Ueb ergan g s gesteinen (Thon¬ schiefer, Grauwacke, Steinkohlen u. a.) mit reichen Erzlagern und versteinerten Resten einer längst untergcgangenen Pflanzen- und Thicrwclt niederer Gattung. Dann erscheint als zweite (secundäre) Schichlenrcihe die Flötzbildnng (Salzlager, Kalk, Kreide n. a.) mit Resten höherer, ebenfalls nntcrgegangener Pflanzen- und Wasserthiere. Ueber den¬ selben liegt die dritte (tertiäre) Schichtenreihe ^Braunkohle, Thon u. a ) mit Resten untergegangcner Landthiere (Mamuth). Endlich erscheint der Niederschlag aus einer jüngeren Zeit, Diluvial-Bildung (ansgeschwemmtes Land) genannt, mit versteinerten Gerippen noch vorkommender Thiere. Der Niederschlag aus der neuesten Zeit, wie er sich an den Mündungen der Ströme noch fortbildct, heißt Alluvium (angeschwemmtes Land.) - Für die Geologie und Gcognosie Oesterreichs besteht eine k. k. Geologische Reichs anstatt in Wien. Die gleichen Kräfte, welche das Massengestein bilden, wirken in Mvächerem Maße noch fort. Sie haben sich bis zur Oberfläche der Erde Ichlottähnliche Canäle gebahnt, durch welche sie geschmolzene, flüssige Massen (Lava, »der auch Schlamm, Wasser) unter heftigen Erschütterungen der "Hebung (Erdbeben) auswerfen. Diese Auswurfsorte heißen Vulkane, und das misgeworfene Gestein (Grünstein, Basalt, Lava u. s. w.) vulka- 22 Kein Gebiet der Erde ist von Erdbeben ganz frei; doch ist deren häu¬ fige Erscheinung zumeist auf mehrere Erdstriche ausgedehnt, welche man Erdbeben-Zonen nennt. Die Vulkane theilt man ein in: Central-Vulkane, d. i. einzelne Gruppen, die einen Hanptvnlkan einschließen (Aetna, Vesuv Hekla, auf deu Inseln des großen Oceans u. a.), -- und Neihen-Vnlkane, d. i. große Reihen, welche sich in bedeutenden Strecken, oft in der Nahe der Meere, hinziehen (Central- und Südamerika, Kurilen, Mücken, japanische Inseln u. a. m.). Der Krater ist der obere Theil oder die Oeffmmg einer aus dem Inneren des Buckaus bis zu seinem Gipfel emporsteigeuden, schlottähulicheu Röhre, welche deu gasigen, flüssigen und festen Auswürfen (vulkanische Eruption) den Ausgang gestattet. Solche Krater heißen Eruptiouskrater; — Erhe buugskrater sind nach einem einmaligen Ausbruche nicht mehr thätig. — Von den 225 bekannten thcitigen Vul¬ kanen (an 170 sind bereits erloschen) liegen etwa 70 ans den Kontinenten und 155 aus Inseln. Von den 70 kontinentalen gehören 53 zu Amerika, 15 zu Asien, 1 zu Europa (Vesuv), 2 zu den bisher bekannten Gegenden Afrikas. Ans den südastatischen Inseln (Sunda-Jnseln und Molukken), wie auf den Aliiuten und Kurilen, liegt auf dem engsten Räume die größte Menge der Insel-Vulkane. — Die ans den Spalten der Lava hervorbrechendcn Dämpfe heißen Fn mar ölen. Jene Krater, aus deneu Schwefeldäinpfe herausströmen, werden Solfataren genannt. Jene Vulkane, welche einen halbflüssigen, thvnigen Schlamm answerfen, nennt man Schlamm-Vulkane oder Salsen. Z. 19. Vocbegrissc der Hydrographie. Das Gewässer des Festlandes theilt man ein in stehendes und fließendes. Natürliche Wasserbecken heißen Seen; künstliche Teiche; ein vom Wasser durchdrungener Boden ist ein Snmpf. Das fließende Wasser tritt als Quelle (Ursprung) aus dem Boden hervor; die Ver¬ tiefung, in welcher das Wasser fließt, ist sein Bett; die tiefste Stelle im Bette das Rinnsal; das Festland zu beiden Seiten sind seine Ufer, und zwar in der Richtung nach der Mündung rechtes und linkes Ufer; sein Ausfluß in ein anderes Gewässer ist die Mündung. Spaltet sich der Fluß vor der Mündung in mehrere Arme, welche ein dreieckiges Tiefland ein- schließen, so nennt man sie Delta-Mündung; eine erweiterte Flußmün¬ dung mit 'Inseln vor derselben ist ein Liman; eine seeartige Erweiterung des Flusses mit schmaler Einfahrt in das Meer ist ein Haff, und die Landzunge zwischen dem Hass und dem Meere ist die Nehrung. Die ge¬ rade Linie (Luftlinie) von der Quelle zur Mündung ist der directe Ab¬ stand; der wirklich znrückgelegte Weg mit allen Krümmungen und Schlan¬ genwindungen (Serpentinen) ist die Flnßentwicklung. Es gibt kalte, warme und heiße Quellen; enthalten sie aufgelöste mineralische Bestandtheile (Salze, Schwefel u. dgl.), so nennt man sie Mineralquellen, welche als Heilbäder und Gesundbrunnen benützt werden. Nach der Wassermenge theilt man die fließenden Wasser in Bäche und Flüsse. Ein Hauptfluß (oder Strom) ergießt sich in das Meer und nimmt während seines Laufes Nebenflüsse auf, in welche die Zuflüsse münden. Flüsse, die nach kurzem Laufe in das Meer mün¬ den, heißen Küstenflüsse; wenn sie hingegen durch Steppen, d. i. mehr oder minder fruchtbare Grasebenen ohne Baumwnchs ihren Lauf nehmen und nicht selten in einen See sichergießen, so werden sie Steppenflüsse genannt. Ein Hauptflnß mit allen Neben- und Zuflüssen heißt Flnßge- äder; der gesammte Flächenranm, von welchem das Wasser einem Flusse 23 zurimit, ist dessen Flußgebiet. Die Grenze zweier Flußgebiete ist die Wasserscheide. Die Schnelligkeit des Metzens hängt vom Gefälle oder vom Falle des Wassers ab, d. i. von dem Unterschiede der Bodenhöhe des Bettes an verschiedenen Orten des Laufes. Verengt sich das Bett zwi¬ schen steilen Ufern, so strömt das Wasser schneller und es entstehen Strom¬ schnellen; wenn der Fluß von einer bedeutenden Höhe auf einmal herab¬ stürzt, bildet er einen Wasserfall; seichte Stellen im Flußbette bezeichnet man mit dem Namen Untiefen. Von der Länge und dem Wusserreichlhum des Flusses, von der vertikalen Erhebung des Ursprunges über dem Meere, der Regelmäßigkeit des Rinnsales und dem Gesäüe hängt die Benutzbarkeit des Flusses für die Schiffahrt ab. Manche Flüsse sind gar nicht, andere nur sür die Thalfahrt (stromabwärts^; andere für die Berg- (stromaufwärts) und Thalfahrt schiffbar. Letztere sind daher von viel größerer Bedeutung. Die Seen liegen bisweilen ans bedeutenden Höhen, —Hochse en (z. B. Titicaca-See 12.000"); oder im flachen Lande, — Landseen; in grasbedeckten Ebenen, — Steppenseen; mitunter sogar unter der Erde, in Höhlen, — Höhlenseen. An der Meeresküste liegen Strandseen; sind diese durch Oesfnungen mit dem Meere in Verbindung, so heißen sie Lagunen; von Gebirgen eingeschlossen sind Gebirgsseen; am Rande der Gletscher liegen Gletscherseen, Eisseen. Nach ihrer Verbindung mit fließenden Gewässern nennt man sie Flnß- seen, wenn durch dieselben ein Fluß oder mehrere Flüsse den Lauf nehmen; — geben sie einem Flusse bloß den Ursprung, so heißen sie Quells een; — nehmen sie fließendes Gewässer auf, ohne daß sie auch einen sichtbaren Abfluß hätten, so nennt inan sie Binnenseen. Ein Binnensee mit allen seinen Zuflüssen bildet ein abgeschlossenes Seegebiet, während die Quell- nnd Flußseen zum Geäder des Hanptflnsses gehören. Aus periodischen Seen fließt das Wasser zeitweise durch Sanglöcher ab und verliert sich im kalkhältigen Boden (z. B, Karstseen, darunter der Zirknizer See in Krain). 8. 20. Dro-hydrographischc Übersicht von Europa. -0 Orographie. Mannigfaltig, wenn auch minder großartig, ist die vertikale Gliederung Europas; hier finden sich alle Hanptformen der Bodenbildung (Hochgebirge, Mittelgebirge, Tafelland, Tiefebene) in vielfältiger Berührung. Eine Linie von der Rhein- zur Dnjestr-Mündnng scheidet im Stamme Europas das große zusammenhängende nordöstliche Tiefland von dem südwestlichen Gebirgslande. Ersteres nimmt etwa II 5.000 sss) Meilen, letzteres nur 53.000 ss) Meilen ein; in Europa ist daher die Form des Tieflandes vor¬ herrschend. In den Gliedern (Halbinseln sowohl als Inseln) ist die Form des Berglandes vorwiegend. I. Das bedeutendste GebirgSshstem in Europa sind die Alpen, das schönste und durch vielgestaltige Gliederung zugänglichste Hochgebirge der Erde. Sie ziehen sich zwischen den Golfen von Genua und Lyon zuerst in flacher Kette von Süd nach Nord; dann nach dem Eintritte der östlichen Dichtung in mehreren Ketten strahlenartig ausgebreitet bis an die Donau "" das adriatische Meer, wo sie mit dem Karstgebirge in Verbindung " horizontaler Richtung theilt man sie gewöhnlich ein in West-Alpen (oder sardinisch-französische), Central-Alpen (Schweizer) und 24 Ost-Alpen (österreichische); — in vertikaler unterscheidet man drei Ab¬ stufungen: a) Voralpen (2000—5000') hauptsächlich an der Nordseite, b) Mittelalpen (5000—8000') und o) Hoch alp en mit Schneefeldern, Eisspitzen und Gletschern. Auf ihrem Zuge von Süden nach Norden nehmen in den Westalpen die mittlere Kammhöhe sowie die Höhen der Gipfel, zu, der Westabhang ist breiter, der Ostabhang vielfach steil. Schroffheit und Wildheit der Gestaltung, Höhe der Gipfel, enger geschlossene Thälcr cha- rakterisiren sie. Der höchste Gipfel der Alpen und zugleich der höchste Punkt Europas, der Mont Blanc (t4.800'), erhebt sich fast im Winkel des Um- buges gegen Osten. Von hier an ziehen sie sich in längeren Ketten, sie werden stets niederer, je breiter sie sich entfalten, und bestehen aus einer Mittelzone (Central- oder Ur-Alpen) und aus zwei sie begleitenden Ne¬ benzonen (nördliche und südliche Kalkalpen). Einzelne Theile derselben sind: 1. Die See-Alpen, von dem Bocchelta-Passe (bei Genua) bis zur Po-Quelle (Monte Vifo I I 800'). 2. Die cot tisch en Alpen bis zum Thale der Dora Ripera; sie reichen am weitesten nach Westen (Mont Cenis s — Ssenst 8670'). 3. Die grafischen oder grauen Alpen zwischen den Rhonethälcrn, dem Genfersee, der Einsattlung am großen St. Bernhard und dem Thale der Dora Balte« (Mont Blanc 14.800'). (In der Centralkette): 1. Die penninischen oder Walliser Alpen zwischen den Einsattlungen am großen St. Bernhard und Simplon (Monte Rosa 14.284'). 2. Die lepontinischen oder Adular-Alpen vom Simplonpasse Lis zur Splügcn- scharte (St. Gottharbs-Paßhöhe 6400', Splügen-Paßhöhe 6500'). 3. Die rha tischen Alpen bis zur Einsenkung des Brennerpasses (4425'). 4. Seitenzweiae sind: die Rhätikon-Kcttc zwischen Rhein und Inn; die Ortels- gruppe zwischen Adda und Etsch (Ortels-Spitze 12.350'). 5. Die Hauplkette, welche mehrere Seitenzweige hat, heißt vom Dreiherrnspitz (11.349') bis zur Gabelung an den Mur-Quellen hohe Tauern (Großglockner 12.000'); östlicher folgt die Kette der niederen Tauern zwischen Enns und Mur; dann die Steierischen und Kärntner Alpen. Die letzten Ausläufer der Voralpen find das Leythagebirge und der Bakony-Wald. (Nördliche Alpenkette): Diese erstreckt sich im Halbbogen von der Rhone bis zur Donau; bereu einzelne Theile sind: 1. Die Berner Alpen zwischen der Rhone und der Aar (Finstcraarhorn 13.160', Jung¬ frau 12.800'). 2. Die Tödi kette bis zum Rhein (Tödi 11.100'). 3. Die Algauer oder Baierischen Alpen bis zum Inn bei Kufstein. (Martins- wand 8000' (Kaiser Maximilian I.s). 4. Die Salzburger Alpen zu beiden Seiten der Salza (Watzmann 9058'). 5. Die Oesterreichischen Alpen izuletzt als Wiener-Wald) bis an die Donau (Dach¬ stein 9490', Schafberg 5630', Hochschwab 7174', Schneeberg 6566', Oetschcr 5969', Kahlenberg 1329'). (Südliche Alpeukette): Diese zieht sich vom innMiors (spr. madschore) im Norden der lombardisch- venezianischen Ebene, des Karstes und der Save bis gegenüber der Theißmündnng. Die einzelnen Theile sind: 1. Die Lombardischen oder Veltliner Alpen bis zur Etsch. 2. Die Venezianischen oder Trientiner Alpen bis zum Tagliamento. 3. Die Karuischeu Alpen, in ihrer Fortsetzung die Karawanken (Loibl - Ueber- gang 3900'). 4. Die Juli sch en Alpen ziehen gegen Süden (Triglav 9037'). 5. Die letzten östlichen Ausläufer des Matzel- und Warasdiuer Gebirges zwischen Drave und Save; Fruschka Gora und Wrdnik-Gebirge in Syrmien. 25 II. An die Alpen schließt sich im Süden das öde Kalkplateau des Karstes an, welcher sich zum adriatischen Meere und längs desselben, sowie auf den Inseln und in die Türkei bis zu den Vorbergen des Hämus hin- zieht. Viele Mulden, Trichter und Höhlen, unterirdische Grotten, Mangel an offenen Flußthälern, geringe Höhe mit vereinzelt emporragenden Berg¬ höhen charakterisiren den Karst. III. Im Nordwesteu der Alpen, und von diesen durch die schweize¬ rische Hochebene getrennt, zieht sich der Jura hin. IV. Den Alpengürtel umgeben im Halbbogen die französischen und deutschen Bergländer. In Frankreich sind die Sevenen und die Gebirge der Auvergne (spr. Oweruj) im südlichen Theile; im Osten die Vogesen; im Norden der Ardeuneuwald. — In Deutschland sind der Schwarzwald und der schwäbische Jura zwischen Rhein, Main und Donau; der Taunus, der Spessart, das Rhöngebirge, der Thüringer Wald, der Harz, der Teutoburger Wald im Norden des Main; im Osten der Böhmer¬ wald, das Fichtelgebirge, das Erz- und Riesengebirge. (Französisches Bergland.) Im Westen des Rhonethales erheben sich die Sev ennen; an diese schließt sich westlich die Auvergne, das Hochland Frankreichs (Oantal 5700', Llont ä'or 5800'), welches nördlich und westlich terrassenförmig zum französischen Tief¬ lande abfällt. Die Sevennen gehen durch das Lote ä'or und das Plateau von Langrcs ( —Langr) in das Hügelland von Lothringen über, an welches sich der Ardenncn- wald und das westrheinische Bergland mit den Vogesen, dem Hunsrück und der Eifel anschließt. (Deutsches Bcrgland). Parallel mit den Vogesen zieht am rechten Rhcinufer der Schwarzwald, an welchen sich im Norden der Ncckarwald und an diesen der Odenwald anschließt, der bis znm Main zieht. Jenseits des Main fetzen diese Rich¬ tung der Spessart und das Rhöngebirge fort. Der HunSrück hat seine Fortsetzung im Taunus (zwischen Main, Rhein und Lahn) und Vogelsberg (im Westen der Fulda). Der Eifel gegenüber ist der Westerwald (zwischen Lahn, Rhein und Sieg) mit dem Siebengebirge (am Rhein). — Eine Fortsetzung des Schweizer-Jura ist im Norden des Rhein und der baierischen Hochebene der schwäbische Jura oder die Rauhe Alp und der fränkische Jura. — Fast in der Mitte Deutschland erhebt sich bas Fichtelgebirge, an dieses schließt sich im Nord-Ost das Erzgebirge an; gegen Nord-West zieht der Thüringer- dann der Teutoburgerwald. Im Norden des ThüringerwaldcS ist der Harz (Brocken 3500'). — Im Osten der Elbe sind die Sudeten mit dem Riesengebirge undGlatzergebirge, welches gegen die Quellen der Oder in das mährische Gesenke verläuft. An das deutsche Bergland schließen sich im Norden die niederrheinische und die norddeutsche Tiefebene an. V. Die Karstathen, von den Alpen und dem Balkan durch die Donau geschieden, umschließen bogenförmig das ungarische Tiefland. Sie beginnen im Osten der March-Mündung in die Donau als kleine Karpathen und setzen ihren Zug als Bieskiden fort, über welche der Jablunka-Paß (2000') führt. Ihre höchste Bodenerhebung haben sie in der hohen Tatra (Gerlsdorfer Spitze 8354', Lomnitzer Spitze 8304'); einzelne Züge des inneren Berglandes, im Süden der Tatra, werden durch Nebenflüsse der Donau von einander getrennt. Der äußere Gebirgs¬ zug zieht als karpathisches Waldgebirge in südöstlicher Richtung bis zu den Ouellen des Pruth und der Theiß. Sie bilden endlich das Randgebirge des sieben- 5..,^gischen Hochlandes; der Ostrand heißt siebenbürgische Karpathen, der ^fsi^ud das Fogarascher Gebirge, der Westrand das siebenbürgische Erz- , ,, bedeutenden Halbinseln und Inseln Europas gehören vorzugs- ' der Jo«" des Gebirgslandes an. io l'O^Esch-gricchische Halbinsel. Der Hauptknoten des Gebirgssystems I am L>char Dagh (42» n., 40" ö.), welcher im Nordwest mit den 26 Karsthöhen zusammenhängt, nach Osten aber bis zum schwarzen Meere den Balkan (Hämns) entsendet. Gegen Süden zieht der Pindns, von welchem gegen bas Aegäische Meer mehrere Ketten auslaufen. Das südliche Bergland, Peloponnes oder Morea, ist ein abgesondertes Hochland, welches in drei gebirgige Halbinseln ausläuft. 2. Die apemmlischc Halbinsel ist fast ganz mit Gebirgen erfüllt. Die Apenninen nehmen ihren Anfang im Osten des Becchetta-Passes (bei Genna) streichen anfangs hart an der ligurischen Küste, ziehen sich dann gegen die adriatische, gewinnen etwa in der Mitte der Halbinsel ihre größte lyöhe (Arun sas8o ä'itaiin 10.000') und Breite, steigen jedoch nirgends zur Höhe des ewigen Schnees Den Hochapenninen sind niedere parallele Ketten als Subapenninen vorgelagert. Getrennt von den Apenninen erhebt sich aus der campanischen Ebene der Vulkan Vesuv (3700'). Eine Fortsetzung der Apenninen sind die pelorischen und nebro- dischen Gebirge auf Sicilien; der Vulkan Aetna (10.200') steigt aus der Ebene von Catanea in die Eisregion empor. Auch die Inseln Sardinien und Corsica sind vorwiegend gebirgig. 3. Die siyrcniiische (oder hesperische) Halbinsel, nach den Pyrenäen, welche sie durchziehen, so genannt, bildet ein abgeschlossenes Gebirgsganzes, in welchen: vier fast parallel von Osten nach Westen streichende Gebirgszüge hervortreten. Der nördlichste und südlichste haben Hochgebirgscharakter, die zwei mittleren begrenzen zwei Hochebenen. Das nördliche Randgebirge sind die Pyrenäen, in ihrer Fortsetzung gegen Westen das kantabrische, asturische und galizische Gebirge genannt. Die zweite Kette ist das castilische Scheidegebirge, welches die beiden Hochebenen von Alt-Ca- stilien (im Nordwesten) und Ncn-Castilien (iin Südosten) trennt; letztere wird im Süden vom andalusischen S ch ei d e g e birg e begrenzt, an dessen südwestlicher Seite sich die andalusische Tiesebeue ausbreitet. Nahe der Küste am Mittelmeere erheben sich die Gebirge von Granada mit der Sierra Nevada. 4. Die Insel Großbritannien ist im Westen und Norden Hochland, im Osten Tiefland; ersteres zerfällt in mehrere Gruppen. Aehnliche Boden¬ beschaffenheit wie Nord-Schottland haben die Hebriden, Orkaden und Shetlands-Inseln. — Irland ist im Innern Tiefebene; an den Küsten erheben sich Felskämme und vereinzelte Felshöhen. Das Gebirge von Cornwallis im Südwesten (bis zum Cap Landsend); — das Hochland von Wales ( —Uähls) im Norden des Canals von Bristol; — die Gebirge von Nord-England in eine westliche kleinere Hälfte, das Bergland von Cumberland (Kömmberländ), und eine östliche größere, das Peak (Pikh) Gebirge, getrennt; — das Cheviot- ( —Tschiviot) Gebirge an der Grenze gegen Schottland; — das schot¬ tische Hochland wird durch ein tieferes Längenthal in einen südlichen Theil, den Grampian ( —Grämpiän, Berg: Ben Newis-, spr. Beu Njnhis 4100'), und einen nördlichen, das nordkaledo nische Gebirge getrennt. 5. Die skandinavische Halbinsel ist überwiegend Hochland, namentlich im Westen und Norden. Gegen Westen ist der Abfall steil zur zerrissenen Fjordenküste; gegen Osten und Süden allmälig,zum Theil terrassenförmig. Im südlichen Norwegen sind die größten Erhebungen in den Fjelds (Longfjeld und Dovrefjeld, Berge: Skagastöl 7700' Snöhättan 7100'), an welche sich nördlich die Kjölen ( —Dschölen) mit einer Mittelböhe von 2500' (Sulitelnia 5800') nnd an dieses das lappländische Gebirge anschließen. — Die dänischen und Ostsee-Inseln sind Fortsetzungender benachbarten Tiefländer: Gebirgsbildung findet sich nirgends als ans den Klippeninseln (Skären). — Die Färöer sind kahle, baumlose, bis über 2000' 27 hohe Fclseuiiisetn. — Auf Island erheben sich kahle, bis 8000' hohe Berge, die von 2500' an mit ewigem Schnee bedeckt sind; Gletscher, die bis zum Meere herabreichen, reißende Bergströme, Schweselflächen und heiße Quellen (die beiden Periodisch fließenden 80—100' emporspriugenden Springquelleu — die Geiser). 6. Im Osten Europas erhebt sich aus dem Sarmatischen Tieflaude die Waldai-Höhe, eine Fortsetzung des uralisch-baltischen Land¬ rückens; dann die uralisch-karpathische Landhöhe (oder südrussische L-teppenplatte) zwischen den Karpathen und der Wolga. Die Grenze zwischen Europa und Asien bildet das Meridiangebirge Ural mit einer Mittelhöhe von 3500' und mit 5000' hohen Gipfeln. Tiefland von Europa. — Der nördliche Theil Europas ist Tief¬ land, welches durch den Lauf der Weichsel in die (östliche) sar malische (oder slavische) und in die (westliche) germanische (deutsche) Tiefebene geschieden wird. — Zwischen dem Canal, den Berglandschaften der Bretagne (— Bretaju), dem Busen von Biscaya und den französischen Mittelgebirgen liegt das französische Tiefland, und vom Südrande der Seveunen bis zum Mittelmeere das prove uralische (— prowaußalische). — Im Süden der phrenäischen Halbinsel dehnt sich die andalusische, längs dem Süd¬ fuße der Alpen auf der apenuiuischen Halbinsel die lombardisch-vene¬ zianische (600OM.) Tiefebene aus. Am Südfuße der Karpathen ist die große ungarische (1700-'M.), im Nordwesten des Bakonhwaldes die kleine ungarische Ebene. Das skandinavische Flachland liegt im östlichen und südlichen Theile der gleichnamigen Halbinsel. Die nördlichen Halbinseln Kola, Kanin, Jütland und Holland sind ebenfalls Flachländer. Kleinere Tiefebenen sind: die oberrheinische, die niederrheinische, die österreichische bei Wien (5(DM.), die walachische u. a. d) Hydrographie. Flüsse. — Das europäische Flußgeäder gehört drei Meeresgebieten an: 1. dem Gebiete des nördlichen Eismeeres, 2. des Atlantischen Oceans und dessen Theilen, 3. des Caspischen Sees. In das nördliche Eismeer fließen: 1. die zwar schiffbare, aber meist zngefrorene Petschora mit un- wirthlichen Ufern, kommt vom Ural; 2. aus der gefrorenen Sumpfsteppe (Tuudra) der Mesen; 3. bei Archaugel mündet die aus den Flüssen Suchona und Jug entstandene Dwina; 4. die Onega in den gleichnamigen Busen. In die Ostsee: 1. die Newa (St. Petersburg) kommt aus dem Ladoga-See; 2. die Düna (Riga) aus dem Wolchouski-Walde; 3- der N je men (im Unterlaufe Memel) in das kubische Haff; . . 4-, der größte Fluß dieses Gebietes ist die Weichsel, deren Quellen . ^ schlesischen Bieskiden liegen (Krakau, Warschau, Danzig); sie ergießt c Deltabilduug in das frische Haff und in die Ostsee; Nebenflüsse u'chw: - nnajec, San, Bug; 28 5. die Oder vom mährischen Gesenke (Breslau, Frankfurt, Stettin); Mündung in das Stettiner Haff; Nebenflüsse: Oppa (Troppan), Glatzer-Neisse, Warthe; 6. die Flüsse (Elfe) der skandinavischen Halbinsel, meist mit vielen Stromschnellen, darunter die bedeutenderen: Tornea, Angermal, Dal. In die Nordsee: 1. die Göta-Elf aus dem Wenern-See; 2. der Glomen aus dem Oresund-See; 3. die Eider, Deutschlands Grenzfluß (Rendsburg); 4. die Elbe vom Südabhange des Riesengebirges, von Aussig ab mit Dampfschiffen befahren, der größte Fluß der norddeutschen Tiefebene, mündet unterhalb Hamburg (Dresden, Magdeburg, Hamburg); Nebenflüsse (links): Mold au (Prag), Eger, sächsische Saale (Jena, Halle); — (rechts) die mit der Spree (Berlin) vereinigte Havel; 5. die Weser entsteht aus der Vereinigung der Werra und Fulda (Cassel), und mündet unterhalb Bremen; Nebenfluß: Aller; 6. die Ems vom Teutoburger-Walde in den Dollart; 7. der Rhein entspringt auf dem St. Gotthard in der Schweiz, fließt durch den Bodensee, bildet bei Schaffhausen den 7tll hohen Wasserfall, geht durch die oberrheinische Tiefebene (von Basel bis Mainz), dann zwischen dem Taunus und Hunsrück, tritt unterhalb Bonn in das niederrheinische Tiefland, spaltet sich an der Grenze Deutschlands in die Waal, als Haupt¬ fluß, und den Rhein, der sich abermals in die Assel (spr. Eissel), den Leck und den krummen R he i n theilt. Mündung des alten Rhein bei Katwik (unterhalb Lehden); Nebenflüsse (rechts): Neckar (Tübingen, Stuttgart, Heidelberg). Main (Frankfurt), Lahn, Ruhr und Lippe; — (links) Aar(Bern) mit dem wilden Alpenflnsse Reuß (Luzern), Mosel (Trier); 8. die Maas, vom Plateau von Langres, vereinigt sich mit der Waal, und bildet einen Thcil des Rheindelta (Verdun, spr. Werdöhn, Lüttich); 9. die Schelde, der westlichste Fluß des norddeutschen Tieflandes (Gent, Antwerpen); 10. die Themse, Englands wichtigster Fluß (Oxford, London); 11. der H u m ber (spr. Ömbr) und der Tw e e d (spr. Twihd) in England. In den Atlantischen Ocean: 1. der Clhde (spr. Kleid) in Schottland, der Severn in England, und der Schannon (spr. Schäunön) in Irland; 2. die Seine (spr. Sehn) in Frankreich (Paris, Havre de Grace (spr. Hawr dö Graß) mit den Nebenflüssen Marne (spr. Marn), Oise (spr. Oahs'), Aon ne (spr. Jonn); 3. die Loire (spr. Loahr), Frankreichs größter Fluß, kommt aus den Sevennen (Orleans, spr. Orlean, Nantes, spr. Nant); 4. die Garonne (spr. Garonn), heißt an der Mündung Gironde (spr. Dschirond), Bordeaux (spr. Bordoh); 5. der Küstenfluß Adour (spr. Aduhr); 6. von der pyrenäischen Halbinsel: der Minho, Duero (Oporto), der Tajo (spr. Tacho), in Portugal Tejo (spr. Tedscho) genannt (Toledo, Lissabon); 7. die Guardians und der Gualdalquivir. 29 In das Mittelländische Meer: 1. Die Rhone entspringt in der Schweiz, fließt durch den Genfer- See; nimmt in Frankreich die Saöne (spr. Ssohn) und den Donbs (spr. Duh) auf; 2. der Arno auf der apenninischen Halbinsel (Florenz); 3. die Tiber (Rom); der Po (Turin) mit den Nebenflüssen: Tessin, Adda, Oglio, Mincio; 4. die Etsch aus Tirol (Verona): 5. die Küstenflüsse Tagliamento (sp. Taljamento) und Jsonzo; 6. auf der Balkan-Halbinsel: Drin, Vardar, Strymon und Maritza (Adrianopel). In das Schwarze Meer: 1. Die Donau entspringt im Schwarzwalde und mündet in mehreren Armen; der bedeutendste Fluß für Oesterreich und Süddeutschland, welche er mit dem Oriente in Verbindung setzt (Regensburg, Wien, Ofen-Pest, Belgrad, Silistria, Galacz). Wichtigere Nebenflüsse (rechts): Lech (Augs¬ burg), Isar (München), Inn (Innsbruck), Enns, Raab mit der 8ehtha, die Drave (Marburg) mit der Mur (Graz), die Save (Agram, Sem- lin), die Morawa in Serbien; — (links): Altmühl, Nab, Regen, March (Olmütz), Waag, Gran, Theiß, Aluta, Pruth; 2. der Dnjestr aus den Karpathen mündet bei Akjermann; 3. der Dujepr mündet unterhalb Cherson (Kiew); 4. der Don mit dem Nebenfluß Donez. In den Caspischen See: 1. Die Wolga, der größte Fluß Europas, entspringt im Wolchonski- Gebirge, nimmt unterhalb Kasan die Kama und bei Nischnji - Nowgorod die Oka auf, und mündet in einem vielarmigen Delta unterhalb Astrachan; 2. der Ural, Grenzfluß zwischen Europa und Asien. Vergleichende Uebersicht einiger Hanptflüsse Europas. 30 Seen. — Europa hat viele, aber verhältnißmäßig kleine Seen. Um die Ostsee zieht sich ini angrenzenden Tieflande ein Ring von zahlreichen Fluß- und Qnellseen; im skandinavischen Tieflande der Wettern , We- nern-, Hjalmar- und Mälar-See; auf der Ostseite der filmischen Seeplatte: der Saima-, Ladoga-, Onega-, Jlmeu-, Pöipu's- See u. a.; längs der Südküste liegen viele kleine Seen im norddeutschen^ Tieflande. Auf der Halbinsel Jütland und in Großbritannien sind gleichfalls mehrere kleine Seen. Die in den Hochthälern der Alpen liegenden Seen find sämmtlich klein; dagegen die um den Fnß derselben au der Nord- und Südseite ansgebreitcten von beträchtlicher Größe. Hiehergehoren: dorGenfe^, Neuenb urger-, Thu uer-, Vi crwaldstätter-, Z ürcher-, Boden- See in der Schweiz; die vielen Seen der nördlichen Kalkalpen, der Chiem-( See (Baiern), der Traun-, Atter-, Mond-See n. v. a.; — am Süd¬ abhange der Alpen: der L a g o m a g g i o r e (spr. madschore), L a g o d i E o mo, Lago di Garda. Der Neusi edler- und der Plattensee im ungarischen Tieflande. Auf der apenninischen und der türkisch - griechischen Halbinsel kommen nur wenige kleine Seen vor. Größe einiger europäischer Seen. Ladsga-See.. 328 AM. Onega-See.. 195 „ Hjälmar-See. IN „ Mälar-See. 15 „ Genfer-Dee.. 9 „ Boden-See. 8 ^M. Plattcn-Sce. 12 „ Neusiedler-See.. 7 „ Garda-See. 6 „ Lago maggiore. 4 „ K. 21. Bro-Hydrograp'ische Urbcrsicht uon Asien, a.) Orographic. Asien, der erste Wohnort des Menschengeschlechtes und die Wiege der ältesten Kultur, hat die ausgedehnteste Massenerhebnng, die höchsten Berg¬ spitzen, die größten Hochflächen und die mächtigsten Randgebirge. Der Cha rakter dieses Erdtheiles ist der des Hochlandes. Auf das Berglaud kommen beiläufig 817.000, auf das Tiefland 292,000 ^M. Die massenhafte Erhebung ist fast in der Mitte Asiens, wo das System des Hindu Kho (90" ö. L.) das Bergland in ein westliches (vorder-asiatisches) und ein östliches (hinter-asiatisches) Hochland scheidet. Das Hochland Von Hinter-Asien, mit einer durchschnittlichen absoluten Höhe von 8—10.000' und einer Ausdehnung, die dem Drittheil der Ge- sammtfläche Asiens gleichkommt, wird von vier Nandgebirgen begrenzt und die «L-cheitelfläche durchziehen mächtige Parallelketten. Im Süden ist der Himalaya, im Osten das chinesische und mandschurisch e Alpen¬ land, im Norden das mongolische Gebirge und der Altai, im Westen der Muz Dagh und der Belur Dagh. Auf der Scheitelfläche erheben sich derThian Schan und der Küen Lün. Den Slldrand bildet das höchste Riesengebirge der Erde, der Himalaya, mit seinen amphitheatralisch aufsteigenden Parallelketten, deren nördlichste und höchste bei einer mittleren Kammhöhe von 15.000 die größten bekannten Erhebungen der Erde besitzt (Ganrisänkar oder Uunnt I-Ivoroot sspr. Mannt Jwristf 27.200', Tschamalari, Km- chinjinga sspr. Kintschindschingaj 26.400', Dhawalagiri 26.300' und viele über 20.000'). Qnerthäler durchbrechen gleich Spalten das ganze mehrseitige Hochgebirge; eine Er- 31 scheinuug, die außer diesem kolossalen Randgebirgc in so ausgezeichneter Weise nirgends mehr ans der Erde vorkömmt. Der vielverzwcigte Ostrand wird durch das Flußthal des Iantsekiang in einen südlichen Theil — das chinesische A l p en l a n d — und in einen nördlichen — das mandschurische Alpenland — getrennt. Den Nordrand ' bildet bis zum Baikal-See das mongolische Grenzgebirge; von da zieht sich westwärts bis zum Dzaisang-See der Altai. Den Westrand bildet nördlich der Mnz Dagh, südlich bis znm Hindu Kho der Belur Dagh. Die zwei Parallelketten auf der Scheitel- flache sind Fortsetzungen des Westrandes, u. z. nördlich der Thian Schan, südlich der Küen Lün. s Zwischen dem Himalaya und dem Küen Liin liegt das Hochland Tübet; zwischen dem Küen Lün und dem Thian Schan die hohe Tartarei; zwischen dem Thian Schau und dem Nordrand liegt im Westen die Dsungarei, im Osten die Mongolei. Die Mongolei, der östliche Theil der Dsungarei und der hohen Tartarei, ist theils baumlose, öde Steppe, theils sandig steinige Wüste, Gobi oder Schamo genannt; sie erstreckt sich etwa 400 M. in die Länge und 100 M. in die Breite. Das Hochland von Vorder - Asien, mit einer mittleren Erhebung von nur 4000' und einer Ausdehnung, die etwa dem eilften Theile der Gesammtfläche Asiens gleichkommt, zerfällt in drei Hochflächen: das Plateau von Iran, das Hochland Armenien und die Hochfläche von Kleinasien oder Anatolien. I. Das Plateau von Iran, Steppenboden mit vielen Salzseen, nördlich vom Paropamisus und Elbrus (Vulkan Demavend 16.000'), östlich vom Soliman begrenzt; — 2. das Hochland Armenien zArarat 16.000') senkt sich im Süden in die Tiefebene des Euphrat und nach Westen zur 3. Hochfläche von Anatolien (oder Kleinasien) mit dem Taurus als Südrand. An diesen schließt sich das Syrische Gebirge (Libanon 9000'), welches in zwei Parallelketten, zwischen denen sich das tief eingeschnittene Thal des Jordan befindet, bis znm Rothen Meere (Sinai 8500') zieht. Durch viele Ebenen vom Hauptstamme getrennt, erhebt sich das Meridian-Gebirge Ural. — Das Plateau von Dekan oder Vorder- Indien ist eine von Nandgebirgen begrenzte Hochfläche. Im Norden Bin dH ya-Gebirge, im Westen die West-Ghats, im Osten die Ost- Ghats, im Süden die Nil-Gerri. Vom hinterasiatischen Hochlande laufen im Norden aus: das Jablo- noi-Chrebet (— Rücken), Stanowoi-Chrebet und die Gebirge von Kamtschatka; letztere mit einer Doppelreihe von 21 thätigen Vulkanen. Im Süden die mala hi sch en Parallelketten in Hinter-Jndien. Das nördlich anslaufende Gebirgsglied Vorder-Asiens — der Kau¬ kasus — hängt durch bergige Landschaften mit dem armenischen Hochlande zusammen. Arabien ist ein Hochland, das sich nach allen Richtungen in Terrassen abdacht. Die meisten asiatischen Inseln sind gebirgiger Natur. Tiefland von Asien. — Den Uebergang von dem mächtigen Hochlande ' znm Tieflande, welches mehr als ein Drittheil der Gesammtfläche Asiens Unnimmt, bilden reichgegliederte Stufenländ er mit weitverzweigtem Flu߬ bäder, welches sich strahlenförmig nach allen Richtungen des Kontinentes °rgießt. Im Norden liegt das ungeheuere Tiefland Sibirien (186.000^M.); südwestliche Fortsetzung bildet Turan (53.700 ^M.), der Uebergang Eischen Tieflandes zum sarmatischen in Europa. Gegen den großen (Hsitet sich dag reichlich bewässerte und vortrefflich angeb ante chine- ! ),^siffland (10.000 l^M.) aus, und an den Ufern der hinterindi- schln Strome dmß gleichnamige Tiefland. Zwischen dem Himalaya und dem indvya liegt das vom Indus und Ganges bewässerte Tiefland von 32 H in d o st an (24.000 OM); zwischen dem armenischen Berglande und dem persischen Meerbusen das Tiefland von Mesopotamien und Babylon. Westlich davon dehnt sich die shrisch-arabische Wüste aus, bereits ein Uebergang zu den Sandwüsten Afrikas. t>) Hydrographie. In das nördliche Eismeer fließen: 1. Der Ob, vom kleinen Altai, hat das größte Flußgebiet unter den asiatischen Flüssen, und nimmt den Irti sch (Tobolsk) auf, der den Dzai- sang-See durchfließt; 2. der Jenisei kommt aus dem Altai (im chinesischen Reiche), und nimmt die obere Tunguska (oder Angara), welche den Baikal-See durchfließt, dann die mittlere und untere Tunguska auf; 3. die Lena mit Delta- und Limanbildung und den Nebenflüssen Witim und Aldan; 4. die Indigi rka und Kolhma. Gebiet des Großen Oceans: 1. Der Amur entsteht aus der Vereinigung des Schilka mit dem Argun (oder Kerlon), ist reich an Nebenflüssen und Inseln; wichtige Ver¬ bindung zwischen dem asiatischen Rußland und dem Ocean, doch ist die Mündung nur drei Monate eisfrei; 2. die Zwillingsströme Hoang-Ho (gelber Fluß) und Aan-tse- Kiang (blauer Fluß; Nanking), insbesondere herrscht auf dem letzteren eine sehr lebhafte Schifffahrt; großartige Canalverbindung; 3. der Menam-Koug (oder Combodscha) und der Menam; Gebiet des Indischen Oceans: 1. Jrawaddh (Awa, Rangun); 2. Brahmaputra, Zwillingsfluß des Ganges, mit dem er gemein¬ schaftlich das größte Delta der Erde bildet und Bengalen bewässert, begleitet im Oberlaufe den Himalaya und durchbricht dessen Südende; 3. der Ganges (Benares, Calcutta), der heilige Fluß der Indier. Durch zahlreiche Nebenflüsse verstärkt, tritt er jährlich über seine niederen User und befruchtet durch Ueberschwemmungen das Land; 4. der Jnd ns und mehrere andere Flüsse Indiens entspringen hinter den Himalahaketten und durchbrechen sie sämmtlich. Am östlichen Ufer seines Mittellaufes liegt das fruchtbare Hügelland Pendschab, d. i. Fünfstromland, und des Unterlaufes die Wüste Thur; er spaltet sich unter Hydrabad in ein großes Delta; 5. die Zwillingsflüsse Euphrat und Tigris vom armenischen Hoch¬ lande vereinigen sich zum Schat-el-Arab (Basra), der in Deltaform in den persischen Meerbusen mündet. In das Mittclmeer münden der Assy (im Alterthume Orontes) und einige Küstenflüsse; Seihun (i. A. Cydnus), Minder (i. A. Mäander) u. a. In das Schwarze Meer der Kisil-Jrmak (i. A. Halys) und der Kuban. StcMnfliisse: in den Caspi-See der Kur mit dem Nebenflüsse Aras (i. A- Araxes); dann der Tereck; 33 in den Aral-See der Gihou (i. 2l. Oxus) und der Sihon (i. A. Jaxartes); der Jordan kommt aus dem Anti-Libanon, durchfließt den See Ge- nesareth und mündet in das bittersalzige todte Meer. Vergleichende Uebersicht einiger Hanptflnsse Asiens: Seen. — Die meisten Seen Asiens liegen im nördlichen Theile nnd auf der Scheitelfläche Ost-Asiens. Die Seen von Inner-Asien liegen meist sehr hoch über dem Meere; tiefer liegen die sibirischen, am tiefsten die west¬ lichen Seen (Aral-See nur 34' über, — das Todte Meer 1340' unter dem Niveau des Mittelmeeres). Größe einiger CaSPi-See etwa. 7500 u>M. Aral-See „ . 1380 „ Baikal-See „ . 558 „ Seen in Asien. Balkasch-See etwa . 300 lUM. Dzaisang-See „ . 56 „ Todtes Meer „ . 20 „ A. 22. Bro-hydrographische Uebersicht von Afrika. a) Orographie. Afrika bietet in Hinsicht der Bodenerhebung ein Bild der Massen¬ haftigkeit dar; doch ist die Einförmigkeit eine geringere, die vertikale Gliederung und Zugänglichkeit eine größere, als man ehemals angenommen hatte. Nach den bisherigen Forschungen dürfte beiläufig nur ein Sechstel der Gesamlntfläche der Tieflandsform angehören, fünf Sechstel aber flnd Hochland. Nordafrika. — Im Nordwesten des Erdtheiles erhebt sich das Hoch- land der Berberei, durchzogen vom Atlas-Gebirge. bi» J*" Westen der hohe Atlas mit Gipfeln von 13.000' (über die Schneelinie im Norden längs des Mittelmeeres der kleine Atlas und im Süden der Sr°ße Atias. tvg Von diesem Hochlande, nnd durch deu Wüstenstreif der Sultin- . An: getrennt, ist das Plateau von Barka, steil zur Küste ab¬ senten . Den Nil begleiten die Lh bische und Arabische Bergkette; letztere Klun, Geograph. ?. 3 34 geht in das Atpenland Habesch (oder Abhssinien) über. —Hochsndan mit dem Kong-Gebirge im Norden des Golfes von Guinea, fällt westlich zum Tieflande Senegambieu, nordöstlich geht es in Flachsudan über. Zwischen den genannten Hochländern breitet sich vom Atlantischen Ocean bis zu den Bergwänden des Nil-Thales die größte Wüste der Erde, die Hoch¬ ebene Sähara aus. Ein Zug klippiger Höhen, Felsenriffe und Oasen zieht sich von Tripoli nach dem Tsad-See (13" n., 32° ö.) und iheilt die Wüste in zwei au Uinfang, Bodenbeschafsen- heit und Charakter verschiedene Halsten. Die größere Westhälfte, die SLHcl, ist das eigentliche Flugsandmeer, dessen Anhäufung an der Meeresküste die höchsten Dünen der Erde gebildet hat (bis 400' am Kap Bojador), so wie die höchst gefährlichen Sand¬ bänke im Meere. Sie hat wenig Oasen, wenig Brunnen, eine große Armnth der Pflauzen- und Thierwclt. Die kleinere Osthälfte, die eigentliche Sähara oder die lybische Wüste, hat geringere Massen von Flugsand, an der Oberfläche treten Kalk- und Thonboden, Kiesel, Salzflächen n. a. hervor. Quellen gelangen leichter zur Oberfläche, künstliche Brunnen geben schon bei geringer Tiefe Wasser, die Oasen sind zahlreicher und größer, am Ost- nnd Nordrande bilden sich Knlturstcllen. Südafrika. — Die Südhälfte von Afrika ist in ihrem Inneren ein noch wenig gekanntes Hochland (Hoch-Afrika), von Nandgebirgen um¬ geben, welche in terrassenförmigen Absätzen fast bis zum Meere abfallen und einen nur schmalen Küstensaum übrig lassen. Der Siidrand oder das Kapland ist eine Terrasse von mehreren Stusen. Die unterste bilden die Küstenebenen des Kaplandcs; die zweite Stufe ist die (an 3000' hohe) Karroo- (spr. Karnh) Ebene; die dritte (an 5000' hoch) die Hochebene des Oranje-Stromes; dann folgt das Tafelland der Wüste Kalihari, welche wahr¬ scheinlich schon ein Theil der Scheitclfläche Hochafrikas ist. Jede Stufe ist von der nächst höheren durch Randgebirge geschieden und zwar die erste von der zweiten gegen den Atlantik durch das Bokkevcld-Gebirge, gegen das indische Meer durch die Zwarten- Bergc; die zweite von der dritten durch die Roggeveld-, Nieuwevcld- und Kondvcld-Berge mit Gipfeln von 10.000'. Aehnlich ist der Ostrand gebaut; zwischen 2—13" s. ist die Ostküste eine Ebene; zwischen 1 — 5" f. erheben sich bedeutende Gebirgsmassen, aus denen der Kenia und der Kilimandscharo an 18.000'—20.000' in die Region des ewigen Schnees ragen. Der Nordrand ist nur in seinen östlichen und westlichen Erhebungen theilweise bekannt, und zwar an der Ostseite die Terrassen von Habesch, an der Westseite das Kong-Gebirge. Etwas genauer kennt man die Vorstufen an den Baien von Benin und Biafra. Der Westrand steigt aus der Bai vou Biafra zum Hochlande der Ambroser empor. Zwischen 0—16° s. wiederholt sich die Terrassenbildnng des Kaplandes; doch ist auch der Westrand im Ganzen wenig bekannt. Die Insel Madag ascar ist von einer hohen Bergkette, mit Gipfeln über 10.000', durchzogen. Unter den canarischen Inseln hat Teneriffa den Vulkan Pic de Tehde (11.500'). b) Hydrographie. Die hhdographischen Verhältnisse Afrikas sind gleichfalls noch wenig bekannt. In Hoch-Sudan und in Hoch-Afrika liegen die Quellen der meisten und bedeutendsten Flüsse; doch ist wegen der häufigen Stromschnellen und Katarakte das Eindringen in das Innere des Kontinentes ungemein erschwert. Gebiet des Mittclmeercs: Der Nil entsteht aus den Flüssen Bahr el Azrak, (blauer Fluß), welcher in Habesch entspringt und den Tsana-See durchfließt, — und dem Bahr el Abiad (weißer Fluß), der aus dem See Nhansa (oder Ukercwe-, oder Victoria-See) kömmt, wie es die englichen Reisenden Speke ( — Spihk) 35 und Grant im Jahre 1863 festgestellt haben. Nach der Vereinigung bei Chartum nimmt der Nil den einzigen Nebenfluß Atbara (im Oberlaufe Tacazze) auf. Die Schiffbarkeit des Nil beginnt erst im Unterlaufe nach den letzten Katarakten bei Shene. In Folge der tropischen Regen in seinem Quellgebiete schwillt er vom Sude Juni bis Ende September an, über¬ schwemmt das ganze Thal, führt guten Fruchtboden herbei und erhöht allmälich das Flußbett. Künstliche Seen und Canäle führen das Wasser auch in entferntere Gegenden. Im Frühjahre ist das Land eine dürre Wüste; im Sommer ein See, aus welchem Häuser uud Dörfer gleich Inseln hervor¬ ragen; im Herbste die reichste Kulturlandschaft, seit dem Alterthume eine Kornkammer. Unterhalb Kairo erweitert sich das Thal, die Ufer sind wüste, es beginnt die Deltabilduug, deren bedeutendsten Arme bei Rosette und bei Damiette in das Meer sich ergießen. Gebiet des Atlantischen Oceans: 1. der Oranje (spr. Orandsch) oder G arip, die Nordgrenze des Kap- landes, mündet beim Kap Voltas (29° s., 34° ö.); 2. der Congo oder Zaire mit Katarakten und jährlichem Anschwellen, wie der Nil (7" s., 30° ö.); 3. der Niger (im Oberlaufe sbis Timbuktus Dscholiba, im Mittelläufe Quorra); das Mündungsgebiet ist ein sumpfiges, von undurchdringlichen Waldungen bedecktes Delta, die starken Schlammablagernngen erweitern stets die Küste; sein wasserreicher Nebenfluß Tschadda kommt aus dem Tn- bori-See, südöstlich vom Tsad-See, uud scheint die einzige natürliche Straße nach dem Inneren des Kontinentes zu sein, da Stromschnellen, Katarakte und Felsbänke die Schifffahrt auf dem Niger vielfach hemmen; 4. der Gambia uud der Senegal bilden große Deltamündungen; sie überschwemmen vom Juli bis October das Land (Senegambien), wovon eine so außerordentliche Fruchtbarkeit herrührt, daß künstlicher Ackerbau gar nicht Bedürfniß ist. Das Steigen der MeereSflnth bis etwa 40 Meilen aufwärts macht die Flüsse auch für Seeschiffe fahrbar. Gebiet des Indischen Oceans: Der Zambeze (spr. Sambese), einer der größten Flüsse Südafrikas, durchbricht das Lupata-Gebirge, hat jährliche Ueberfichwemmungen uud Delta¬ mündung. Das Mündungsgebiet (18° s-, 54° ö.) hat reiche Vegetation, ist aber wegen der Versumpfungen höchst ungesund. Seen. — Unter den afrikanischen Binnenseen find verhältnißmäßig am besten bekannt: der Ngami-See, im Norden der Wüste Kalihari (40° ö., 20° s.); der Nhassi-See mit zahlreichen Zuflüssen (50° ö., 10° s.); der Nhansa- (oder Ukerewe-, oder Victoria-See), Quellensee des weißen Nil (50° ö. und Aequator); Tsad-See mit vielen bewohnten Inseln und mehreren Zuflüssen (32° ö., 13« n.); "im.-r-Ts^ua- oder Dembea-See, mit vielen Inseln, der größte der abhlsun chen Alpenseen (etwa ISOfifjM.). Marokko bis an das Gebiet von Tunis, im uud südlich vom Atlas zieht stch ein Gürtel von Salzseen hin. 3* 36 Z. 23. Bro-hydrographische Mcbcrsicht von Amerika. a) Orographic. In Amerika ist die Form des Tieflandes vorherrschend. Die Ebene nimmt etwa das Bergland '/g der Gesammtfläche ein. Die Erhebung des Bodens tritt als das größte System der Kettengebirge mit untergeord¬ neter Plateaubildung auf. Die Cordilleren oder Anden sind das Haupt- gebirge der neuen Welt; sie lagern sich nahe der Westgestade; aus den im Osten ausgebreiteteu Flächen erheben sich isolirte Gebirge. Die Tafelländer Central-Amerikas scheiden die Cordilleren von Süd- und Nord-Amerika. In Süd-Amerika sind: die Cordilleren von Patagonien, von Chile (— Tschile), Bolivia, Quito und Neu-Granada; — in Central-Ame¬ rika die Tafelländer von: Costa Rica, Honduras und Guatemala; — in Nordamerika die Hochflächen von Anahuac und Mexiko (— Mechjiko), dann an der Westseite die Cordilleren von Sonora und die Seealpen von Califoruien, östlich von diesen die Sierra Madre und die Rocky Mountains (— Rckki Mauntins). Süd-Amerika. Nach dem Bail de« Gebirges werden sie eingethcilt in einseitige Süd-Anden, doppclkettige Mittel-Anden und divergirende Nord- Anden. — Nach den Landschaften in: Cordilleren von Patagonien; von Chile (spr. Tschili) mit der höchsten Bergspitze Amerikas (Aconcagua 2I.80V') und metall- reichen Berglandschaften (Erzgebirge von Uspallata); — von Bolivia mit den Plateanx von Potosi, des Titicaca-Sees, von Peru und Bolivia, mit einer Kette theils erloschener, thcils noch thätiger Vulkane; — von Quito, bestehend ans Parallelkeiteu, welche das gleichnamige, reizende und gesunde Hochthal einschließen, mit mehreren Vulkanen und bedeutenden Berghohen (Chimborazo, spr. Tschimborasso, 20.150', Cotopaxi, spr. Koto- pachi, 17.700'); die Anden von Neu-Granada lösen sich in drei divergirende Ketten auf. Central-Amerika. Central-Amerika bildet ein System breiter Tafelländer, von einzelnen Gebirgsketten durchzogen und au den Rändern von hohen Bulkangipseln über¬ ragt. Bon der Eiusenknug bei Panama bis zu jener von Tehuantepcc werden sie in drei Gruppen zerlegt; das Plateau von Costa Ricca, welches nordwärts in die Ebene von Nicaragua abfällt; — das Plateau von Honduras, an dessen Ostseite sich das Tief¬ land der Mosqnito-Küste ausbreitet, während es im Westen in steilen Terrassen abfällt; — das Tafelland von Guatemala, welches nach Rordosten zum Hügelland von Uncatau abfällt und zur Theilspalte von Tehuantepcc sich herabsenkt. Nord-Amerika. Im Nordwesten der Einsenkung von Tehuantepcc erhebt sich das Plateau von Anahuac (Vulkan Popocatepetl 10.600'), welches mit der Hochfläche von Mexiko (spr. Mechjiko; in Verbindung steht. Nördlich vom 24" n. Br. beginnen Parallelkeiteu mit eingeschlossenen Hochflächen; an der Westküste der Cordilleren von Sonora, die Seealpen von Califoruien und Oregon mit einer Reihe erloschener und thätiger Vulkane, von denen der Eliasberg (16.700') der höchste Berg Nord- Amerikas ist. Die östlichen Cordilleren, im Süden Sierra Madre, in der Fort¬ setzung gegen das nördliche Eismeer Rocky Mountains (spr. Rokki Mauritius) oder Felsengebirge genannt, haben im Westen ein großes und hohes Wüstenbecken mit einem abgeschlossenen System von Seen und Flüssen. Isolirte Gebirge sind: das Bergland von Brasilien, bestehend aus Plateauflächen ; aus denen bedeutende, der Küste parallel streichende Ketten hervortreten; — das Hoch¬ land von Guyana mit der Sierra Parimc; — das Küstcngebirge von Venezubla; — das Masscngebirge Sierra ncvada de Santa Marta mit Schneegipfeln von 18.000'; — das Alleghany- (spr. Allegäni) Gebirge, ans mehreren Parallelketten bestehend; eine Fortsetzung desselben ist das Felsenplatean von Labrador. Alle großen und fast alle kleinen Antillen sind gebirgig, am höchsten Jamaica (blaue Berge 7000'), Cuba, Haiti. Die östlichen der kleinen An¬ tillen, die Bahama-Jnseln u. a. sind flach und nieder. 37 Tiefland. — Die südamerikanischen Ebenen bedecken zwei Drittel, die nordamerikanischen ein Drittel ihres Festlandes. In Südamerika: die patagonischc Steppe, eine nnwirthliche Kalkebene mit dürftiger Negetatien, den Salzseen und Morästen durchzogen; — die Pampas des Rio de la Plata (zwischen den Cordilleren von Chile und Peru und dem brasilianischen Berglande), eine unübersehbare hohe Grassläche ohne Baumwuchs, mit sehr wenig Flüssen, dagegen vielen Lachen, in der heißen Jahreszeit vollständig aus¬ gebrannt;—die Selvas des Amazouenstromes (146.000 s^sM.), un¬ durchdringliche sumpfige Urwälder; — die L l a n o s (spr. Ljanos) im O ri n o co- Gebiete, in der trockenen Jahreszeit eine dürre, baumlose Steppe, nach der Regenzeit aber das „Kräutermcer" genannt, mit mannshohen Gräsern; — die Ebene, am Magdalenenstrome, eine heiße, wellenförmige Kulturfläche. In Nord-Amerika: die Savannen (spr. Säwännen) und Prai- ri en (spr. Prährien) am Missisippi und Missouri, deren östliche Hälfte theils noch mit Waldungen bedeckt, theils fruchtbares, schon angebautes Hügelland ist,—die westliche Hälfte bilden theils unübersehbare Grasfluren, theils Wald¬ land ; — die wellenförmige Ebene der a tl a n t i s ch e n Kü st e n flü s s e ist frucht¬ bar, die südlichen Küstenstriche (besonders in Florida) sind sumpfig; — die Ebene der arktischen Abdachung oder die arktische Fels- und See- Platte ist bis zum äußersten Norden ohne Gebirge, steinig, und deßhalb (sowie wegen der Ungunst des Klimas) kaum empfänglich für die Kultur. d) Hydrographie. Amerika hat die größten Ströme und Seen der Erde und ist der wasserreichste Kontinent. Gebiet des nördlichen Eismeeres: 1. der Mackenzie (spr. Mäckenßi) entspringt als Athapaska in: Felsen¬ gebirge, durchfließt den Athapaska-See, tritt als Sklavenfluß ans diesem heraus und in den Sklavensee, welchen er als Mackenzie verläßt. Vom großen Bärensee nimmt er den großen Bärenflnß auf; 2. der Kupferminenflnß, ein Abfluß mehrerer kleiner Seen. Gebiet des Großen Occans: 3. der Fraser, Grenzfluß zwischen den britischen Besitzungen und den Vereinigten Staaten; 4. der Columbia oder Oregon; der Sacramento mündet in die Bai von St. Francisko. Gebiet des Atlantischen Occans: 1. der Saskatschawan fließt in den Winipeg-See, dessen Abflüsse in die Hudsons- (spr. Hödsns-) Bai Nelson, Hill und Severn heißen; 2. der St. Lorenz-Strom ist ein Abfluß der fünf großen Cauadi- schen Seen (der Obere, der Michigan- sspr. Mitschigänn-s, der Hu- ronen- sspr. Juhrön-f, der Erie- sspr. Jhri-ss und der Ontario- Upr. Outärio-f See); m .« r' Atlantischen Küstenflüsse: Hudson (^ Hödsn; New- .-wrk, spr. Njn-Jork), Delaw are (—Delawär; Philadelphia), Snöque- hanna (—Söskihänuä) in die Chesapeak-Bai (— Tschisepihk); M'ssisippi, der zweitgrößte Strom der Erde, kommt aus dem x!lasca-L>ee, sein Mündungsgebiet ist ein sumpfiges, vielarmiges Delta, welches 38 jährlich überschwemmt wird. Seine wichtigeren Nebenflüsse sind (rechts): der wasserreiche Missouri, der Arkansas und Red River (—rother Fluß); (links): der Illinois (—Jllineis), der Ohio ( —Oheio; Cin¬ cinnati) mit dem Tenessee (— Tenneßih). (In Süd-Amcrika:) 1. der Magdalenenfluß mit dem Cauca in das Antillen-Meer; 2. der Orinoko vom Hochlande von Guyana; 3. der Amazon enstrom oder Maranon, der größte Strom der Erde, nimmt eine Menge großer Flüsse aus deu westlichen Hochgebirgen ans, ist gegen 3 Meilen breit, 600' tief, die Meeresflnth ist an 100 Meilen stromaufwärts, sein Wasser im Meere an 60 Meilen weit bemerkbar; mündet in zwei großen Armen, Maranon (12 Meilen breit) und Para (6 Meilen breit); 4. der San Francisco aus dem brasilianischen Hochlande; 5. der Rio d e la Plata, eigentlich ein Meerbusen, der aus dem Zusammenflüsse des Paraguay und der Parana (mit dem Uruguay) gebildet wird. Vergleichende Uebersicht einiger Hanptflnsse Amerikas: Seen. — Nord-Am erika ist reicher an Seen als Süd-Amerika, es übertrifft hierin auch alle übrigen Erdtheile; die Süßwasserseen Nord-Amerikas enthalten mehr als die Hälfte des süßen Wassers der ganzen Erde. Alle diese Wasserflächen sind Fluß- oder Quellseen, und nirgends ist in Nord-Amerika ein Steppensee von Bedeutung. In Süd-Amerika findet sich nicht dieser Seenreichthum, indem nur zwei größere Binnenseen nebst einer Anzahl kleinerer Steppenseen bekannt sind. Größe einiger Seen in Amerika. Der große Barensee. 390 ^M. „ Sclavensee. 490 „ „ Athapasca-See. iso „ „ Winipeg-See. 551 „ „ Maracarbo-See . 281 „ „ Nicaragua-See. 242 „ „ Salzsee Titicaca. 240 „ Der Obere See. ISI8 OM. „ Michigan-See. 4124 „ „ Hurouen-See. 1114 „ „ Erre-See. 446 „ „ Ontario-See. 360 „ „ große Salzsee. 120 „ 39 Z. 24. Dro-hydrographische Uebersicht von Australien. a) Orographic. Drei Viertheile des australischen Kontinentes sind noch gänzlich unerforscht, und selbst die von Europäern besuchten Landstriche sind nur zum kleineren Theile genauer untersucht. Auf dem Kontinente scheint das Flach¬ land vorzuherrschen; aus den Küsteulandschaften steigen isolirte Bergketten als Rand- und Küstengebirge auf, die sich jedoch weder durch Mannigfaltig¬ keit noch durch Großartigkeit auszeichnen. An der Südostkllstc ist das Bergland von Neu-Südwalcs (spr. Südnähls) eine Reihe schmaler Hochebenen mit Bergketten, die nach Norden ziehen (Australische Alpen; die blauen Berge; die Liverpool-Kette u. a.). Für das Dasein eines nördlichen Gebirgslandes sprechen die in den Car- Pcn'taria-Golf mündenden, ziemlich bedeutenden Flüsse. An der Westküste streicht die Darling-Kette als Rand eines TasellandeS. Land¬ einwärts der Südküste besitzen wir nur wenige Andeutungen eines Gcbirgslandes. Von den australischen Inseln gehört die Mehrzahl den hohen Gebirgsinseln an, theils mit erloschenen, theils mit noch thätigen Vulkanen. Die Ausbrüche der Vulkaue auf einigen Inseln (insbesondere des Manna Roa l12.600'j ans Owaihi) sind sehr heftig. Die niederen Inseln sind Korallen-Jnseln, in deren Mitte gewöhnlich eine Lagune liegt, welche mit dem Ocean in Verbindung steht (Atolle oder Lagunen-Jnseln), öder¬ es sind Korallenriffe oder Korallenbänke. l>) Hydrographie. Die hydrographischen Verhältnisse Neu-Hollands sind ebenfalls nnr sehr wenig bekannt. Australien scheint der wasserärmste Erdtheil zu sein; er besitzt nur wenig beständig fließende Gewässer. Die meisten Flüsse schwellen nur bei heftigen Regengüssen an; sonst trocknen sie zu einer Reihe zusammen¬ hängender Pfützen aus, oder versiegen bald nach ihrem Austritte aus der Berglandschast. Sie zerstören vielmehr die Landschaft, als daß sie zu deren Befruchtung beitrügen. Die meisten bis jetzt bekannten Flüsse bieten die gleichen Erscheinungen dar: flaches, meist seenartig erweitertes Flußbett und viele Hindernisse für die Schifffahrt, wodurch das Vordringen in das Innere fast zur Unmöglichkeit wird. 1. Der bekannteste Fluß ist der Murray (spr. Mörreh), der aus den australischen Alpen kommt, vom Juni bis Januar das Land über¬ schwemmt, mit Dampfern befahren wird, und dessen ansehnlichster Neben¬ fluß der Darling ist; 2. der Schwanenfluß, im Westen des Kontinentes, mündet bei Perth in den indischen Ocean. Von Sten sind der To rrens in Süd-Australien und der Salzsee Gairdner im Westen des Vorigen bekannt. Ersterer liegt etwa 900'tiefer als das Meer, sein Boden ist mit Salzkrystallen bedeckt. Vergleichende Uebersicht einiger Höhen. -- Ahe». Gaunjankar.... Kinchinjinga. . Dhawalagiri . Hindu Kho.' i ". Berg spitzen; 27.200' Aconcagua.. 26.400' Chimborazo 26.300' Popocatepetl 19.600' Eliasberg Amerika. 21.800' 20.150' 16.600' 16.700' 40 in Bolivia Cheops-Pyramide 438' 14.300' 12.390' 12.000' 14.800' 2.000' 1.500' 1 200' Potosi Quito Jerusalem. Madrid... München.. 470' 360' 200' 110' Hochebene in Spanien .... „ in Baiern „ in Siebenbürgen Hochland Tiibet . „ Habesch „ Mexico (Berg spitze»:) 18.000' 11.500' 10.700' Afrika. Kilimandscharo Pic de Teyde Hoher Allas Europa. Monte Rosa Ortelsspitze Großglockner Monte Blanc. (Hochflächen:) 12.000' 7.000' 7.000' Städte: Wien .. Moskau Paris . Berlin. 12.500' _ 9.000' 2.100' . 2.000' . 1.620' Haudenkmatc: 456' s Straßburger Munster Wiener Stephansthurm 445'. ö. Klima und Produkte der Erde. Z. 25. Märme-Verhätlniflc. Der Luftkreis (Lnftocean) umhüllt die Erde bis zu einer Höhe von 8—9 Meilen, gewissermaßen in Schichten, welche nach unten wegen des Druckes der übergelagerten an Dichtigkeit zunehmen. Die Luft durchdringt überall den Erdorganismus; sie ist die Grundbedingung des Pflanzen-, Thier- nnd Menschenlebens. Der unterste Theil des Luftoccans, etwa bis zu 1 Meile Höhe, heißt Dunstkreis oder Atmosphäre. Die Luft besitzt, sowie alle Körper der Erde, ein gewisses, sehr oft wechselndes Maß von Wärme. Die jedesmalige fühlbare Wärme der Körper heißt ihre Temperatur. Die Temperatur der Erdoberfläche ist von der Wärmemenge abhängig, welche uns durch die Sonnenstrahlen zugeführt wird. Deßhalb gibt es eine tägliche und eine jährliche Periode der Tempe¬ ratur-Veränderung. Auf dem Grundsätze, daß Wärme die Körper ausdehnt und Kälte zusammenzieht, beruht das Thermometer (Roaumur fspr. Reomnrj, Fahrenheit, Celsius). Um die Temperatur eines Ortes zu bestimmen, wird das Thermometer gewöhnlich 3 Mal im Tage beobachtet (6 Uhr Morgens, 2 Uhr Mitrags und 10 Uhr Abends); diese durch Beobachtung gefundenen Größen werden addirt und durch 3 (die Anzahl der Beobach¬ tungen) dividirt; so erhält man die mittlere Temperatur des Tages. In ana¬ loger Weise die mittlere Monats- und die mittlere Jahres-Temperatur. Daö arithmetische Mittel aus den mittleren Temperaturen vieler Jahre gibt die mitt¬ lere Temperatur des Ortes. Die geringste Tageswärme ist etwa eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang; die größte im Winter beiläufig um 1 Uhr, im Sommer zwischen 2 und 3 Uhr Mittag«. Die geringste Jsahreswärme fällt bei uns in die Mitte Januar, die größte in die zweite Hälfte Juli. Die Temperatur eines Ortes ist abhängig: n) von dessen geogra¬ phischer Breite,—-b) von dessen Höhe über dem Meeresspiegel, und o) von anderen örtlichen Verhältnissen. a) Die Orte unter dem nämlichen Parallelkreise haben nicht immer gleiche Jahres-Temperatur. Verbindet man die Orte, welche gleiche mittlere 41 Jahres-Temperatur haben, miteinander, so erhält man krnmme Linien, welche Isothermen (Linien gleicher Wärme) heißen. Jene Linien, welche Orte von gleicher Sommerwärme mit einander verbinden, heißen Jsotheren; durch Verbindung der Orte von gleicher Winterwärme erhält manJsochi- menen. Jene Linie, welche die Orte der höchsten Temperatur mit ein¬ ander verbindet, heißt Wärme-Aequator. Die kältesten Punkte ans der Erdoberfläche sind die Kälte-Pole, welche nicht mit den mathematischen Polen zusammenfallen. Die Isothermen laufen mit den Breitenkreisen nicht parallel, nur unter den Wendekreisen ist dieses ziemlich der Fall. Den meisten Einfluß ans deren Krümmungen haben die Vercheilnng von Land und Wasser, große Gebirgsketten, Luft- und Meeres- strömnnAen. Die nördliche Halbkugel ist verhLltnißmäßig wärmer als die südliche, Eu¬ ropa warmer als Nord-Amerika lunter gleichen Breitegraden) u. s. w. Der Wärme- Aequator schneidet den mathematischen zweimal lim Meridian der Sandwichs - Insel Hawaii und in Hinter-Jndien, Singapore), trifft mit ihm bei Nen-Guinea zusammen, sonst läuft er mit verschiedenen Biegungen nördlich von dem mathematischen. — Bei¬ spiele von Jahreswärme: Singapore (1" 17' n) — 26.1 6.; — Konstantinopel (4l° n.) -- 13.7°; — Wien (48° 13' u.f - 10" 9'; Berlin (52" 31' n.) — 8" 6' ; — Petersburg (59° 56'u.) —3-5°; — u. s. w. Amerikanischer Kälte-Pol (77'/2°»., 78° w.); asiatischer (78^° n., 140'/2 ö.); der südliche scheint vom mathematischen kaum abzuweichen. — Auch die Isotherm und Jsochimenen laufen weder mit den Breitenkreisen, noch mit den Isothermen parallel. b>) Je hoher ein Ort über dem Meere liegt, desto niederer ist im All¬ gemeinen seine Temperatur; denn die Lnft wird unmittelbar durch die Sonne nur wenig erwärmt, die untersten Luftschichten erhalten vielmehr ihre Wärme fast ausschließlich von der Erde und thcilen sie den oberen Schichten mit. Die unteren Schichten sind ferners dichter, deßhalb wärmer; die oberen dünner und kälter. In Folge dieser Wärmeabnahme kann man in jeder Zone bis zu einer Höhe gelangen, wo der Schnee das ganze Jahr gar nicht schmilzt. Diese Grenzlinie heißt S ch n e e l i n i e (Schneegrenze, Region des ewigen Schnees). Die Schneelinie ist am höchsten unter dem Aequator, nimmt von da gegen Norden und Süden ab, so daß sie in den Polargegenden bis zur Meeresküste herabsinkt. In unseren Gegenden (43—50° n.) liegt die Schneelinie in einer Höhe von 9000' bis 8000'; —im Innern von Norwegen (61-67° n.f ungefähr 3600', an den Küsten (71° u.)2200'; — in den Cordilleren von Quito (1—iL/s.) 15.000'. Im Mittel nimmt die Temperatur bei je 500—600' Höhe um 1° ab. Die Vegetation verliert an Mannigfaltigkeit, je mehr inan sich der Schneelinie nähert; an die Stelle der Bäume treten staudenartige Gewächse, dann Gräser, Moose, Flechten. Die Spitzen hoher Berge endlich sind fortwährend mit Schnee bedeckt. 0) Auf die Temperatur eines Ortes haben endlich besonders die Ver- theilung von Land und Wasser, die Richtung der Gebirgszüge und die herr¬ schenden Winde bedeutenden Einfluß, wodurch das Klima eines Ortes be¬ dingt wird. — Das Wasser erwärmt sich langsamer und kühlt sich auch langsamer ab; deshalb haben Küstenlandschaftcn weniger kalten Winter und vemger heißen Sommer, also verhältnißmäßig geringeren Temperaturwechsel, ün Kontinente liegende Gegenden. Erstere haben ocean isches l °, Küsten- oder Seeklima), letztere kontinentales Klima. 8- 26. Winde. des Gleichgewichtes der Atmosphäre (in Folge der ns, verschiedenen Gegenden) entstehen Bewegungen der -usi, welche Bölnde genannt werden. Die Richtung der Winde wird 42 durch die Weltgegend bezeichnet, aus welcher sie kommen (Nord-, Ost-, Süd-, Nordost- rc. Wind; Windrose). Nach der Geschwindigkeit, mit welcher sich die atmosphärische Luft bewegt, unterscheidet man: Brisen oder sanfte Winde, mäßige Winde, Stürme, Orkane; letztere fast nur in den Tropen¬ gegenden. Nach der Zeit des Entstehens: regelmäßige oder unregel¬ mäßige; erstere sind Land- und Seewinde, Passate, Monsune. Das Land erwärmt sich Lei Tage rascher und stärker als das Wasser, deßhalb zieht die kältere Seeluft landwärts (Seewind); das Wasser kiihlt sich hingegen langsamer ab als das Land, deßhalb zieht der kältere Landwind des Nachts seewärts. — Die Passate wehen nördlich und südlich vom Aequator (bis etwa 25—30°) das 'ganze Jahr hindurch, und zwar auf der Nordhalbe der Rordost-, auf der Südhalbe der Süd¬ ostwind. In dem Raume zwischen beiden Winden herrscht größteutheils Windstille, die jedoch häufig durch Orkane unterbrochen wird. Dieser Zwischenraum heißt die Region der Calmen. Die Passatwinde entstehen dadurch, daß die Luft in den Aequatorial- Gegenden stark erwärmt wird, daher in die Höhe steigt, weßhalb in den oberen Luft¬ schichten eine Luftströmung vom Aequator nach den Polen, und iu den unteren von den Polen nach dem Aequator entsteht (Polarströ m uug en). Es würde also ans der Nord¬ halbe ein Nordwind, auf der Südhalbe ein Südwind entstehen. Allein die Erde dreht sich in 2t Stunden nm ihre Achse; ein Punct des Aeqnators legt in dieser Zeit einen Weg von 4500 geogr. Meilen zurück, an welcher Bewegung auch die Luft Anthcil nimmt. Die Tropengegenden haben die größte Geschwindigkeit, die Luftmassen der kälteren Zone dagegen eine geringere; die Luft bleibt nun gegen Westen zurück, und es scheint a?s ob sie von Osten käme. (Aequatorial- Strömung en.) Ans der Polar- und Aeqnatorial- Strömnng entsteht auf der Nordhalbe der Nordost-, auf der Südhalbe der S üdo ft- Passat. — Die Monsune wehen ein Halbjahr aus der einen, das andere Halbjahr aus der beinahe entgegengesetzten Richtung in den Indischen Gewässern. Befinden sich nämlich die Küstenstriche Asiens und Afrikas zur Sommerszeit im Zustande der größten Erwärmung, so steigt die darüber ruhende Luft in anhaltendem Strome empor, so daß der Nordost-Passat stellenweise abgelenkt wirb. Er wendet sich also um und wird zum Südw est-Monsun des indischen Oceans, der von April bis October weht. Wird zur Winterszeit das Land nördlich vom . Aequator kühler und die über ihm ruhende Luft dichter, südlich vom Aequator aber erfolgt ein lebhaftes Aufsteigen der Luft, dann strömt die kältere Luft vom Lande gegen das Meer, und es entsteht der Nord vst- Monsun, der vom November bis März weht. Unregelmäßige Winde wehen besonders auf der Nordhalbe und haben ihren Eutstehnngsgrund hauptsächlich in örtlichen Wärmeverändernngen der Atmosphäre. — Manche Winde sind der Gesundheit der Menschen, dem Leben der Thiere und dem Pflanzenwuchse schädlich, als: die heißen aus Afrika herüberwehenden Sirocco (in Italien), Solano (in Spanien); der sehr heiße und trockene Harmattan an den Westküsten Afrikas; der Chamsin und der Samum in Egypten. Letzterer herrscht besonders in der Sähara und ist der gefährlichste aller Winde. (Wirbelwinde; Sand- und Wasserhosen.) Z. 27. Lliftcrschcimmgcn. Die Atmosphäre ist der Schauplatz der Lufterscheinungen oder Meteore, welche in wässerige lThan, Reif, Regen, Schnee u. a.), in elektrische (Gewitter, Wetterleuchten u. a.) und in optische (Regen¬ bogen, Höfe, Nebensonnen und Nebenmonde, Luftspiegelungen skäta moi-Ag-nnsi, Morgen- und Abendröthe n. a. eingetheilt werden. n) Die wä sserigen Meteore nennt man auch den Niederschlag. Man unterscheidet fünf Niederschlags-Regionen: 1. Region des flüssigen Niederschlags (Regenzone), iu der es (mit Ausnahme bedeutender Gebirgs¬ höhen) niemals schneit: sie liegt zu beiden Seiten des Aeqnators; — 2 die zwei Regionen des veränderlichen Niederschlages, wo der Niederschlag 43 im Sommer als Negen, im Winter als Schnee herabfällt; in den gemäßigten Zonen der nördlichen und südlichen Hemisphäre; — 3. die zwei Regionen des festen Niederschlages, d. h. des bloßen Schneefalles; um die Pole bis zu den Polarkreisen, und auf den über die Schneegrenze ragenden Gebirgs¬ höhen innerhalb der anderen Regionen. Die Regenmenge nimmt wie die Wärme vom Aequator nach den Polen ab, ebenso von den Meeresküsten nach dem Inneren der Kontinente. In den meisten Ge¬ genden der heißen Zone zerfällt das Jahr in die Regenzeit nnd in die der gänzlichen Trockenheit. Näher den Wendekreisen zu gibt es zwei Regenperioden. Je mehr man sich von der tropischen Zone entfernt, um so gleichmäßiger vcrtheilt sich die jährliche Regenmenge ans das ganze Jahr; auf diese Vertheilnng aber haben, sowie auch auf die Regenmenge selbst die örtlichen Verhältnisse einen sehr großen Einfluß ^Ombrometer; regenlose Zone; Zahl der Regentage an einem Orte). b>) Die Gewitter. In der Zone der Passate (besonders auf dem Meere) ist der Himmel in der Regel heiter und wolkenlos. Nur in jenem schmalen Gürtel, welcher die Passate von einander trennt, kommen fast täglich die furchtbarsten Gewitter vor, und es heißt davon die Zone der ewigen Gewitter. Außerhalb dieser Zone ereignen sich die Gewitter in den Tropenländern meistens zur Regenzeit. In der gemäßigten Zone herrschen die Gewitter hauptsächlich in der wärmeren Jahreszeit, ihre Zahl und Stärke nimmt gegen die Pole und das Innere der Kontinente ab; sie sind häufiger an Gebirgsabhängen als in der Ebene; in der kalten Zone nur selten. Das Wetterleuchten ist theils der Widerschein von Blitzen eines fernen Gewitters, theils ein langsames und sanftes Entladen der Elektrizität. (Nordlicht; St. Elmsfeuer.) o) Die optischen Lichterscheinnngen entstehen durch die Verände- ruugeli, welche das Sonnen- nnd Mondlicht in der Atmosphäre erleidet. Z. 28. Produkte der Erde. Boden und Klima sind die Erzeuger oer natürlichen Produkte der Erde, welche der Mensch dann mannigfach verpflanzt und veredelt. Alles, was die Erde hervorbringt, nennt man Naturprodukte. Man theilt diese ein in Produkte des Mineralreiches, des Pflanzenreiches nnd des Thierreichcs. a) Die Mineralien sind Bestandtheile des festen Erdkernes. Ihre Ver¬ breitung ist an kein geographisches Gesetz gebunden; keine Zone hat eigcn- thümliche, sie besonders kennzeichnende Gattungen; auch läßt sich über die vorhandene Menge einer Mineralgattung nichts Zuverlässiges angeben. Maa theilt sie ein in Erden und Steine, Erze nnd Metalle (edle nnd unedle), brennbare Mineralien und Salze oder überhaupt lösliche Mineralien. Die Länder der heißen Zone sind reich an edlen Steinen und Metallen; die meisten nutzbaren Metalle und brennbaren Mineralien findet man im gemäßigten Klima. l>) Die Pflanzen sind das sicherste Kennzeichen für das wahre Klima; ihr Gedeihen hängt besonders von der Feuchtigkeit, dem Lichte und der Wärme ab. , Die Pflanzenwelt erstreckt sich über die ganze Oberfläche der Erde, ""endlich verschieden in der Menge der Arten und der Mannigfaltig- . Pflanzen. Von den Polen gegen den Aequator nehmen die Zahl "Zb""rten, die Mannigfaltigkeit und Schönheit der Formen und des die Frische, Kraft und Größe des Pflanzenlebens zu. In e' heißen Zone herrscht die üppigste Vegetation; hier findet man die 44 meisten und größten Bäume,- Gräser und Farrenkräuter werden baumartig; die Gewächse sind sastreich, viele haben lebhaft gefärbte und stark duftende Blüthen (Gewürze); einige tragen köstliche Früchte; die meisten Gewächse bleiben stets grün (perennirend). Inden mittleren Breitegraden schwinden Pracht und Fülle; die Laubbänme verlieren im Herbste ihre Blätter und bekommen sie im Frühlinge wieder; die Blüthen sind kleiner, die Früchte jedoch schmackhaft und nährend. In den kalten Zonen kommen nur mehr- spärlich niederes Strauchwerk, Beeren und Moose vor. Jede Pflanze hat ihre ursprüngliche Heimath (das Vaterland) und ihren geographischen Verbreitungsbezirk; jedem Erdstrich hat der gütige Schöpfer seine weit verbreitete Nahrungspslanze verliehen. Diejenigen Pflanzen, welche der Mensch zu irgend einem Zwecke erzieht, anbaut und mit Sorgfalt pflegt (kultivirt), heißen Kulturpflanzen. Viele Pflanzen hat der Mensch in Gegenden, wo sie ursprünglich nicht einheimisch waren, akklimatisirt, d. h. er hat sie unter Bedingungen gebracht, welche ihrem Gedeihen in dem neuen Vaterlande zusagen. Die Erdoberfläche wird nach horizontaler Richtung in Pflanzenzonen, und nach vertikaler in Pflanzen regio neu eingctheilt. Der Inbegriff der Pflanzen eines Erdrau¬ mes beißt dessen Flora — Vegetations-Grenzen der wichtigsten Pflknzeuarten. — Die Kulturpflanzen werden in verschiedene Gruppen eingctheilt: I. die Kulturpflanzen, welche dem Menschen die gewöhnliche Nahrung liefern, als: Getreidepflanzen, Reis, Mais, Kartoffel n. a.; — 2. welche Luxus-Nahrnngöstoffe liefern, als: das Zuckerrohr, der Kaffeebaum, der Theestrauch, der Zimmtbaum u. a.; — 3. welche geistige Getränke liefern, als: der Weinstock, mehrere Palmenarten u. a.; — 4. welche blos zum Luxus benützt werden, als: Tabak, Mohn u. a.; — 5. welche Bekleidungsstoffe liefern, als: die Lein-, Hanf-, Baumwollpflanze, neuseeländischer Flachs u. a.; — 6. welche Farbestofsc liefern, als: Indigo, Waid, Krapp, Safran, Farbhölzer u. a. o) Für die Verbreitung der Thiere gilt, wie bei den Pflanzen, das Gesetz, daß sie innerhalb der Tropen auf der höchsten Stufe der Entwicke¬ lung stehen, gegen die Pole aber sowohl an Größe, Stärke und Schönheit, als auch an Menge abnehmen. Nur die Seethiere folgen dem umgekehrten Gesetze; sie nehmen gegen die Pole an Umfang und Masse zu. In der Regel ist eine große Mannigfaltigkeit und üppige Entwicklung des Pflanzen¬ wuchses auch von einer entsprechenden Mannigfaltigkeit und Fülle der Thier¬ formen begleitet. Unter den Thicren der heißen Zone sind vorzüglich zu erwähnen: die Riesenthiere, wie der Elephant, das Nashorn, das Flußpferd, — die grimmigen Raubthiere Löwe, Tiger, Panther u. a.; viele Affenarten, Amphibien von ungeheuerer Große und Stärke, wie Krokodile, Schlangen; unzählige gefährliche Jnsecten. Von den Vögel¬ arten gehören etwa '/,§ den Tropen, darunter die größten (Strauß, Kondor) und mit dem buntesten Gefieder, lPfau, Paradiesvogel, Papagei, Kolibri); doch zeichnetfie jener angenehme Gesang nicht aus, wie die der gemäßigten Zone. Die gemäßigte Zone hat an reißenden Thieren nur den Wolf, Bär und Luchs; an anderen Jagd- thieren den Hirsch, das Reh, den Hasen u. a ; die Amphibien nnd Jnsecten nehmen an Zahl nnd Schädlichkeit ab; dagegen werden viele nützliche Hausthiere gehalten, als das Pferd, das Rind, dasfSchaf, der Esel u. a.; die Vögel sind meistens kleiner, mit minder schönem Gefieder, aber im ganzen sangreicher. Einige ziehen zur Winterszeit in wärmere Gegenden (Zugvögel). Die kalte Zone liefert hauptsächlich Pelzthiere wie den Zobel, das Hermelin; sie ist die Heimat des Rennthieres und des Eisbären; ihre Gewässer sind reich an Häringen, Robben und Fischottern, Wallrossen und Wall¬ fischen. Die Reptilien sind äußerst spärlich, dagegen schwärmen im kurzen Sommer ungeheuere Schaaren von Mücken n. dergl., da die Menge der Jnsecten weniger an die geographische Breite gebunden ist. Der Inbegriff der Thiere eines gewissen Erdraumes heißt dessen Fauna. Die Thiere haben ebenfalls ihre ursprüngliche H e imath und ihren Verbre itun gs bezirk. 45 Der Selbsterhaltungstrieb oder große Elemeiitar-Ereigmsse haben deren VerbreitungS- bezirke oft ausgedehnt; noch häufiger hat sie der Mensch ihres Nutzens wegen in ferne Gegenden verpflanzt (Hausthiere). Unter verschiedenen Verhältnissen erleiden die Thiere auch mancherlei Veränderungen. Das Schaf trägt z. B. in der gemäßigten Zone die feinste Wolle, in heißen Ländern wird sie grob; der Fuchs, begleichen der Bär, tst m warmen Ländern dünn und grob behaart, in kalten trägt er den weichsten Pelz n. s. s- Endlich hat auch jeder der zwei großen Kontinente seine eigene Thierwelt; doch sind die Formen auf dem alten Kontinente gewaltiger und kolossaler als auf dem neuen Kontinente. III. Politische Geographie. II. Die Völker. Z. 29 Die Bevölkerung der Erde im Allgemeinen. Der Mensch allein ist unter allen Geschöpfen ein Bürger der ganzen Erde. Ausgezeichnet durch äußere Gestalt, begabt mit geistigen Kräften, vermöge welcher er sich bis zu einem gewissen Grade die Natur dienstbar macht, ist der Mensch weder an eine bestimmte geographische Breite, noch an vertikale Erhebungen oder Vertiefungen, noch an bestimmte Nahrungs¬ mittel gebunden. Nur wenige Erdräume (die Polar-Jnseln und die höchsten Regionen der Gebirge) sind daher gänzlich unbewohnbar. Die Erde ist aber nicht bloß der Wohnplatz, sie ist auch der Schau¬ platz für die geistige und sittliche Entwickelung der Menschen. Wird die Erde von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, so heißt deren Beschreibung die politische Geographie. Die Zahl der Menschen auf der Erde genau zu bestimmen ist nicht möglich. Gewiß ist, daß dieselbe auf die verschiedenen Erdtheile und Länder sehr ungleich vertheilt ist. Ein Land hat im Allgemeinen desto mehr Be¬ wohner, je leichter es dieselben ernähren kann. Gegliederte Erdtheile und am Meere gelegene Länder haben mehr Bewohner als solche, deren Küsten fast gerade Linien bilden. Weil die Gliederung den Verkehr unter den Menschen erleichtert, bietet sie dadurch eine reichere Quelle für die Ernährung. Ein Land, dessen Bodenbeschaffenheit und Gewässer den Verkehr begünstigen, kann mehr Bewohner ernähren, als ein unwegsames, wasserarmes Land; ebenso fördert ein milder Himmelsstrich die Zunahme der Bevölkerung. Die Bevölkerung der Erde wird gegenwärtig theils nach Zählungen, theils nach Schätzungen auf beiläufig 1300 Millionen Menschen gerechnet, wovon annähernd auf Europa 280 Millionen, auf Asieu 760, auf Afrika 200, auf Amerika 70 uud auf Australien 4 Millionen kommen. 8- 30. Die Bevölkerung der Erde nach ihren körperlichen Verschiedenheiten. Das Eine Menschengeschlecht pflegt man nach der Verschiedenheit der körperlichen Beschaffenheit in 5 Hanptstämme (Racen) einzutheilen; in den kaukasischen, mongolischen, äthiopischen, amerikanischen und malapischeli Hauptstamm. , kaukasische oder weiße. Zu diesem gehören die Europäer Lappen und Finnen), West-Asiaten diesseits des Ob uud ve reafpifchen Meeres, theilweise sogar bis zum Ganges, die Nord-Afrikaner, 46 endlich die in Amerika und den europäischen Colonien wohnenden Europäer; zusammen beiläufig 370 Millionen. 2. Der mongolische: gelb, mit geschlitzten Augen, hervortretenden Backenknochen. Dazu gehören die Chinesen, Mongolen, überhaupt Asiaten, (mit Ausnahme der bei l. Genannten und der Malaheu); — zusammen über 520 Millionen. 3. Der äthiopische: schwarz, mit krausem Haar, vortretenden Kiefern, wulstigen Lippen, stumpfer Nase. Hieher gehören die afrikanischen Neger, zusammen 196 Millionen. 4. Der amerikanische: röthlich-braun, schwarzes, straffes Haar, breite aber nicht platte Gesichtsbildung, meist stark ausgeprägte Züge. Hie¬ her gehören die Ureinwohner Amerika's, gegenwärtig nur noch beiläufig eine Million. 5. Der malahische: braun, schwarzes Haar, breite Nase, großer Mund. Zu diesem gehören die Südsee-Jnsulaner, die Bewohner der Philip¬ pinen, Molukken, der Sunda-Jnscln, die Australier; zusammen etwa 200 Millionen. Es gehören somit von der Gesammtbevölkernng der Erde über 40°/„ dem mongo¬ lischen, an 29°/o dem kaukasischen, über I5°/„ dem malayischen, 15°/» dem äthiopischen und nicht ganz 0, dem amerikanischen Hauptstamme an. §. 31. Die Bevölkerung der Erde nach ihren geistigen Verschiedenheiten. Die geistigen Verschiedenheiten unter den Menschen beziehen sich ans die Sprache, die Religion und den Kulturgrad. 1. Die Sprache. Man unterscheidet drei große Sprachenreiche: n) Die flectirenden Sprachen, in welchen den Worten durch innere Veränderung (Flexion) eine wechselnde Bedeutung gegeben wird; d) die flexionslosen einsilbigen Sprachen, in welchen die Worte unverändert bleiben, und alle grammatischen Formen durch Vorsetzworte, deren Stellung und den Zusammenhang des Sinnes angedeutet werden; o) die agglu t inirenden (auleimenden) Sprachen, welche zwar keine Flexion haben, bei denen jedoch durch äußeren Zuwachs am Ende oder in der Mitte die Bedeutung des Wortes gewechselt wird. Die flectirenden Sprachen (oder der indo-europäische Sprachstamm), von der kaukasischen Race und von fast der Hälfte des Menschengeschlechtes gesprochen, sind am meisten ausgebildet (indisch, persisch, griechisch, lateinisch, italienisch, französisch, englisch, deutsch, slavisch, shrisch, chaldäisch, hebräisch, arabisch u. s. w.). — Die flexionslosen einsilbigen sprechen an 500 Millionen Menschen in China, Japan und dem größten Theile von Hinter-Jndien. — Die agglutinirenden Sprachen, zu welchen der Zahl nach die meisten gehören, bilden eine Mittelstufe zwischen den früher ge¬ nannten, und werden von vielen Völkerschaften in Asien und von einigen auch in Europa gesprochen (magyarisch, finnisch, lappisch, estnisch, türkisch, mongolisch, baskisch u. s. w.). Die Angaben über die muthmatzliche Anzahl der Sprachen wechseln zwischen 800 und 3000 nebst einigen Tausend Mundarten; doch ist deren Menge von keiner Be¬ deutung , weil einerseits manche Sprachen vielleicht nur von etlichen 20.000 Menschen gesprochen werden (in Amerika), anderseits breiten sich die Sprachen der kultivirten Völker immer mehr auf Kosten der ungleich zahlreicheren Sprachen der ungebildeten Völker aus. So stud z. B. die mehr als 100 einheimischen Sprachen der Amerikaner von drei europäischen (der spanischen, portugiesischen und englischen) zum Theil schon verdrängt worden. 47 2. Die Religion. — Das dem Menschen angeborne Gottesbewußtsein sncht Gott, und es hat nie ein Volk ohne Retigion gegeben. Die Religion der Völker, oder die Art und Weise, wie sie ihr Verhältniß zu Gott anffassen, ist nach dein Grade der Gesittung, sowie nach der historischen Entwickelung und Heranbildung verschieden. In der politischen Geographie theilt man in dieser Beziehung das Menschengeschlecht in zwei Classen: Bekenner Eines Gottes oder Mo¬ notheisten, und Bekenner mehrerer Gottheiten oder Polytheisten. Zn den Ersteren gehören die Christen, Inden und Muhamedauer; die Letz- . 170 . 76 . 89 Von den Christen sind: römisch-katholisch . . Griechen .... Protestanten . . . Zum Christcuthume bekennen sich in Enropa über 262, in Amerika an 68'(unter 70), in Asien zwischen 10—11, in Afrika an 4 und in Australien an 2'/2 Millionen Menschen. Die Juden leben in allen Erdtheilen unter fast allen ansässigen Völ¬ kern zerstreut. In Enropa können 3'/2 Millionen, in der asiatischen Türkei mindestens 350.000 angenommen werden. Sie leben auch in den übrigen Theilen Asiens, in Nord-Afrika, Australien, auf den Südsee-Jnseln und in Amerika (etwa 100.000). Mohamcdaucr wohnen in Europa etwa 6'/- Millionen, in Asien 50, in Afrika an 100 (nach Barth's Annahme) Millionen. In Amerika und Australien ist deren Zahl nur gering. Unter den Heiden sind der Buddhaismus und der Brahma'ts- mns die verbreitetsten Religionen (au 600 Mill.); jener in Hinter-Jndien, auf den malayischen Inseln, in China und Japan; dieser iu Vorder-Jndien. — Die mongolischen Völker bekennen sich zum Schamanenthum, einem von Zauberwahn und Dämonenfurcht befangenen Geisterdienst. — Die niederste Stufe des Heidenthums, der Fetisch dienst, welcher Gegenstände der be¬ lebten und unbelebten Natur bis zu Klötzen und Holzpuppen herunter für Kultusobjecte nimmt, findet sich nur noch bei Negern. 3. Der Kultnrgrad. — Die verschiedene Lebensweise und die Kultur¬ stufe der Völker beruht hauptsächlich auf dem Begriffe des Eigenthumes. Man unterscheidet: u) Völker ohne Eigenthnm, und d>) Völker mit Eigen- thum. Zu den ersteren gehören die Sammel-, Jäger und Fischervölker; zu den zweiten die Wandervölker und die ansässigen Völker. a) Auf der untersten Stufe stehen die Sammel- oder vegetirenden Völker, welche von wilden Pflanzen und Thieren leben, wie sie ihnen eben vorkommen, und wenn der Nahrungstrieb sie zum Aufsuchen von Nahrungs¬ mitteln drängt. Die Jäger- und Fischervölker stellen bisweilen mit ^ber .Gewandtheit den Thieren des Waldes und Wassers nach, erwerben sich zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse stets von Neuem, haben kein si-bitw., desitzthum, vereinigen sich nur widerstrebend zu größeren Gesell- Geisteskräfte gelangen daher zu keiner höheren Entwickelung. -u, ):^"sweise Wandervölker (Hirtenvölker, Noma den) I eme friedlichere. Sie zähmen und nähren die Thiere, ihr Lebensunterhalt teren nennt man Heiden. Die Bevölkerung der Erde vertheilt sich (nach Millionen gezählt) in: 1. Christen .335 2. Juden.5 3. Muhamedaner . . . . .160 4. Heiden ....... 800 48 ist weniger dem Zufall ausgesetzt, es entwickeln sich die ersten Begriffe von Eigcnthum und geordneten geselligen Verhältnissen; die Betrachtung der Natur belehrt und erhebt Geist und Gemüth. Doch folgt der Nomade mit seinem beweglichen Zelte der weidesuchenden Heerde von Steppe zu Steppe; er hat keine Heimath; die feindseligen Reibungen der Nomadeustämme unter¬ einander halten sie noch auf einer niederen Kulturstufe. — Vom Hirtenleben zum Ackerbau ist ein kleiner Schritt. Mit den festen Ansiedlungen beginnt die zusammenhängende Kette der menschlichen Entwickelung und der geordneten Verhältnisse. Der Ackerbau mit der Viehzucht begünstigt das Zusammenleben Vieler und begründet feste Wohnsitze und Ortschaften. Das Bedürfniß der nöthigen Geräthe und Werkzeuge ruft das Handwerk her¬ vor, welches zuerst die nothweudigen, daun die nützlichen und endlich luxu¬ riöse Gegenstände für Wohnung, Bekleidung und Bequemlichkeit liefert. Der Ueberfluß an Produkten der Natur oder des Gewerbefleißes führt zu fried¬ lichem Verkehr, zum Handel mit den benachbarten, dann auch mit ent¬ fernteren Völkern. An die Befriedigung der bloß leiblichen Bedürfnisse knüpft sich in der Folge auch das Streben nach Befriedigung der geistigen; die Fähigkeiten des menschlichen Geistes entwickeln sich in Wissenschaft und Kunst zur höchsten Stufe der Kultur eines Volkes. Sammelvölker findet man ans Neu-Hollaud, auf einigen austra¬ lischen Inseln, vielleicht auch im Innern von Afrika. Jägerhorden streifen in Amerika (in den Hudsons-Bai-Läudern, im Innern des amerikanischen Kontinentes); zu den Fi sch er Völkern gehören mehrere Stämme am arktischen Polarmeere und auf der Inselwelt Australiens. Wand er Völker trifft man in Europa, Amerika und Australien fast gar nicht; dagegen sind sie zahl¬ reich auf den ausgedehnten Steppen Asiens und Afrikas. Fast °/v der ge- sammten Menschheit führen die Lebensweise der ansässigen Völker. k. Die Staaten. Z. 32. Die Staatsverhältnissc. Die ansässigen Menschen haben sich in Gesellschaften unter bestimmten Gesetzen vereinigt, um in äußerer Ruhe und Sicherheit zu leben und ihren physischen und geistigen Interessen materiellen Schutz zu verleihen. Diese Gesellschaften heißen Staaten. Für die Ertheilnng und Vollziehung der Gesetze, für den Schutz der Personen und des Eigenthumes, für die Beförderung der öffentlichen Wohl¬ fahrt des Staates im Allgemeinen sorgt die Negierung. Diese zerfällt in die Staat S ver fass ung und Staatsverwaltung. Jäger-, Fischer- und Hirtenvölker bilden keine Staaten. Die einzelnen Familien leben unter der väterlichen (patriarchalischen) Leitung von Familienältesten oder Häuptlingen. Die Form der Regierung heißt Verfassung. Ist die Negierung einem einzigen Oberhaupte anvertraut, so ist sie eine monarchische; wird die höchste Staatsgewalt vom Volke selbst und durch die von ihm selbst ge¬ wählten Beamten (gewöhnlich mit einem verantwortlichen Präsidenten an der Spitze) ansgeübt. so ist sie eine republikanische. Erstere Staaten heißen Monarchien (Kaiserthum, Königreich, Herzogthnm u. s. f.), letztere Re¬ publiken. Eine Monarchie heißt erblich, wenn sich die höchste Gewalt in der Familie des Regierenden (Dynastie) forterbt; wird nach dem Ableben 49 des Monarchen ein Anderer an seine Stelle gewählt, so heißt sie ein Wahl re ich (z. B. der Kirchenstaat). Verwaltet der Monarch die Regierung selbst, nach Gesetzen, denen er selbst mit unterworfen ist und durch nur ihm allein verantwortliche Behörden, so heißt die Regierung eine unumschränkte (absolute) Monarchie; ist durch organische Grundgesetze (Constitution, Charte) die Gesetzgebung und die allgemeine Controle der Staatsverwaltung zwischen dem Monarchen und den Vertretern einzelner Stände oder des gesammten Volkes getheilt, so nennt man sie eine eingeschränkte (con- stitutionelle) Monarchie. Kann ein Monarch willkürlich über Besitz, Freiheit und Leben seiner Unterthanen verfügen, ist er dabei an kein Gesetz, höchstens an ein gewisses Herkommen gebunden, so ist die Regierung eine despotische, der Staat eine Despotie. Die Republiken (Freistaaten) heißen demokratische, in denen die Gesammt- heit des Volkes durch ihre gewählten Vertreter die höchste Staatsgewalt ausübt; aristo¬ kratische, in denen zur Verwaltung der Staatsangelegenheiten nur ein bestimmter Kreis von Familien berufen ist. Die Ausartung der ersteren ist Ochlokratie lPöbel- herrschast), ein Zustand, der jedem gesetzmäßigen und geordneten Staatsleben bald ein Ende macht; die Ausartung der zweiten ist Oli garchie, die widerrechtliche Anmaßung der Herrschaft durch einige Gewalthaber. Die Staatsverwaltung ist die Ausübung der Staatsgewalt, um den gesetzlichen Zustand zur Erhaltung und Fortentwicklung des Staatslebens zu leiten. Das Staatsoberhaupt bedient sich zu diesem Zwecke einer Anzahl von Behörden, denen ein bestimmter Geschäftskreis zugewiesen ist. Diese sind theils Centralbehörden, die höchsten, um das Staatsoberhaupt ver¬ sammelten, welche die Geschäfte des Gesammtstaates leiten; theils Pro¬ vinzialbehörden, welche den Centralbehörden untergeordnet sind und die Staatsgeschäfte innerhalb eines bestimmten Verwaltungsgebietes und Ver¬ waltungszweiges besorgen. Das Verhältniß, in welchem ein Staat zu anderen Staaten steht, ist , entweder ein selbstständiges und unabhängiges (souveraine Staaten), d- h. der Staat ist in Hinsicht auf innere Verwaltung und äußere Verhält¬ nisse von keinem anderen Staate abhängig; ist dieses nicht der Fall, so heißen sie halbsouveraine Staaten. Vereinigen sich Staaten zu einem immerwährenden Bunde, so heißen sie conf öderirte (Staatenbund); wenn sie sich nur zu einem bestimmten Zwecke auf unbestimmte Zeit verbinden, alliirte Staaten. Jene Wissenschaft, welche das innere und äußere Leben der Reiche und Staaten im Kreise der Gegenwart darstellt, heißt Staatenkunde oder Statistik (im weiteren Sinne). §. 33. Europäische Staaten. 1. Kaiscrthum Oesterreich. . . Das Kaiserthum Oesterreich liegt in der nördlich-gemäßigten Zone, saft m der Mitte von Europa. Es ist an 11.762 geogr. (^Meilen groß und überwiegend gebirgig. Beiläufig drei Viertel der Bodenfläche gehören dem an; doch dehnen sich auch weite Ebenen und viele Thäler ans, Nr lt- Lande eine große Mannigfaltigkeit verleihen. Jin Süden und , . r Donau erheben sich die Alpen; längs dem adriatischen Meere Karst aus; im Flußgebiete der Elbe ziehen sich an den leichsgrenzen der Böhmerwald, das Fichtel-, Erz- und Riesen- Klun, Geographie. 7. Aufi. 4 50 gebirge hin; in den Flußgebieten der Weichsel und des Dnjestr bilden die Karpathen einen großen Halbbogen. Die Flüsse ergießen sich in vier Meere. Die Donau und der Dnjestr in das Schwarze, die Etsch und der Po in das Adriatische Meer, der Grenzfluß Rhein und die Elbe in die Nordsee, die Oder und Weichsel in die Ostsee. Der größte Theil der Monarchie gehört zum Flußgebiete der Donau. Im Süden bespült das Adriatische Meer den Kaiserstaat. In den Alpenländern sind die meisten, in Ungarn die zwei größten Seen. Oesterreich ist mit den mannigfaltigsten Produkten aus den drei Natur¬ reichen ausgestattet. Der Boden ist größtentheils sehr fruchtbar. Den größten .Reichthum des Landes bildet die Landwirthschaft, welche an fünf Sechstel der Bewohner beschäftigt. An Mannigfaltigkeit der Produkte des Mineral¬ reiches wird es von keinem europäischen Staate übertroffen. In der stei¬ genden Industrie sind erfreuliche Fortschritte bemerkbar und der Handel im Inneren des Reiches wie mit dem Auslande gewinnt an Ausdehnung. Für die sittliche und geistige Veredlung sorgt die Regierung; in allen Zweigen der Kultur findet ein Aufschwung statt. Von den mehr als 36 Millionen Einwohnern sind über 8 Millionen Deutsche, 15 Millionen Slaven, 5 Millionen Romanen (zur Hälfte Italiener, zur Hälfte Romanen), 5 Millionen Magyaren, dann noch andere Stämme. Die überwiegende Mehrzahl (über 24 Millionen) bekennt sich zur römisch- katholischen Kirche; über 6^ Millionen sind Griechen; über 3 Millionen Protestanten, dann verschiedene christliche Sekten; über I Million Juden. Das Kaiserthum besteht aus achtzehn Königreichen und Ländern und der Militärgrenze: 1. Erzherzogthum Oesterreich: I. Land unter der Enns (Nieder-Oesterreich): Wie» (Donau, 575.000 E-), Reichshaupt- uud Re¬ sidenzstadt des Kaisers (Franz Josef I.), Sitz der höchsten Reichsbehörden, Mittelpunkt des geistigen, industriellen und kommerziellen Lebens der Monarchie; Wiener-Neustadt; Baden, Schwefelbäder; St. Pölten; Krems. 2. LandobderEnns (Ober-Oesterreich): Linz (Donau, 27.000 E.), viel Industrie; Steher, Eisen- und Stahlwaaren; Gmunden (Gmundner See); Ischl, Badeort. Das „Salzkammergut". 3. Herzogthum Salzburg: Salzburg (Salza, 17.000 E.), Erzbis- thum; Hallein, Salzgewinnung; Gastein, Badeort. 4. Herzogthum Steiermark: Graz (Mur, 63.000 E.), Universität, Industrie; Bruck (Mur), Eisenindustrie; Leoben, Bergschule; Mar¬ burg; Cilli. 5. Herzogthum Kärnthen: Klagenfurt (Glan, 13.000 E.), Industrie; Villach, Bleihandel; Wolfsberg, Eisen. 6. Herzogthum Krain: Laibach (Laibach, 21.000 E.), Jdria, Queck¬ silber; Adelsberg, Karsthöhlen; Krainburg. 7. Das Küstenland: Triest (am Meere, 105.000 E.), wichtige Handelsstadt, Lloyd; Görz (Jsonzo); — (in Istrien:) Capo d'Jstria und der Kriegshafen Pola (am Meere). 8. Gefürstete Grafschaft Tirol mit Vorarlberg: Innsbruck (Inn, 14.000 E.); Brixen; Botzen, Handelsplatz; Tri en t und Ro ver edo, Seide; Bregenz (am Bodenfee); Feldkirch. 9. Königreich Böhmen: Prag (Moldau, 143.000 E.),älteste Universität Deutschlands, Denkmäler und Prachtgebäude, schwunghafte Industrie; R ei- 51 chenberg und Pilsen, sehr industriereiche Orte; Leitmeritz; Karls¬ bad, heiße Quellen; Bndweis. — Sehr wichtiger Bergbau auf Silber. 10. Markgrafschaft Mähren: Brünn (Schwarzawa und Zwittawa, 59.000 E.), wichtige Industriestadt, Tuch; Olmütz; Znaim; Jglau. 11. Herzogthum Schlesien: TroMU (Oppa, 13.000 E.); Tesch en; Bielitz. 12. Königreich Galizien und Lodomerien: Lemberg (70.000 E.), Universität; Krakau (Weichsel), Universität, Denkmäler; Bochnia und Wieliczka, Salzgewinnung; Brodh, Handel; Tarnow. 13. Herzogthum Bukowina -Czernowitz (Pruth,26.000E.); S u c z awa. 14. Königreich Ungarn mit der Wojwodina: Ofen (Donau); Pest, Universität, Industrie, Handel (zusammen 187.000 E.); Preß bürg, Krönungsstadt; Ko morn; Gran (alle vier an der Donau), Dom, Erzbischof und Primas von Ungarn; Erlau; Kascha u (Hernad); Schemuitz, Gold, Berg-Akademie; Debreczin, Jahrmärkte; Tokah, Weinbau; Groß- wardein; Arad; Oedenburg. In der Wojwodina: Temesbar (Bega); Wersez; Zombor. 15. Königreich Kro atien u. Slavonien: Agram (Save, 16.000 E.); Essek (Drave); Fiume (am Meere); Karlstadt. Warasdin. 16. Großfürstenthum Siebenbürgen: Hermannstadt (18.000 E.); Kronstadt, Industrie und Handel; Klausenburg. 17. Königreich Dalmatien: Zara (7.000 E.); Spälato, römische Alterthümer; Ragusa, Cattaro (alle am Meere). 18. L ombardisch-V enetianisches Königreich: Venedig (in den Lagunen, 118.000 E.), Markuskirche, Dogenpalast, Paläste und Monumente, Industrie und Handel; Padua, Universität, Vaterstadt berühmter Männer; Vicenza; Verona und Mantua, Festungen; Udine. 19. Militärgrenze: Peterwardein und Semlin (Donau); Carlowitz, griechischer Patriarch. 2. Deutschland. Deutschland ist ein Staatenbund von fünfunddreißig selbstständigen Staaten. (Grenzen?) Der südliche Theil ist Alpenland, diesem ist nord¬ wärts die süddeutsche Hochebene vorgelagert, aus welcher sich mehrere' Gebirgszüge erheben; die Hochebene senkt sich zum norddeutschen Flach- und Tieflande herab. Zahlreiche Flüsse bewässern das Land, als: Donau, Rhein, Elbe, Weser, Ems, Oder. Der Süden und der Norden sind reich an Seen. Deutschland ist im Allgemeinen ein sehr fruchtbares Land; der fleißig bebaute Boden bringt alle Produkte der gemäßigten Zone hervor, die meisten über den Bedarf der Bewohner. Gleicher Sorgfalt erfreut sich die Vieh¬ zucht. Deutschland, der Begründer des wissenschaftlichen Bergbaues, besitzt mannigfaltige Produkte aus dein Mineralreiche. Die gewerbliche Thätigkeit hat in mehreren Staaten eine hohe Stufe der Vollkommenheit erreicht. Die günstige Lage und der Reichthum an Natur- und Kunstprodukten vermitteln und befördern den Handel. In geistiger Entwickelung gehören die Deutschen zu den gebildetsten Völkern der Erde. , sD'b Bevölkerung, nahezu 45^ Millionen (inbegriffen die österreichisch- Kronländer), gehört zum größten Theile (über vier Fünftel) dem deutschen Stamme an. Dem Glaubensbekenntnisse nach sind etwa drei Fünftel rvunjch-katholisch (Süd-Deutschland) und zwei Fünftel Protestanten (Nord- Deutschland). 4* 52 Zum deutschen Staatenbunde gehören: (a) Süd-Deutschland: 1. Kaiserthum Oesterreich (die früher von I — II genannten Reiche und Länder). 2. Königreich Baiern: München (Isar, 148.200 E.), Haupt- und Residenzstadt, schöne Gebäude, reich an Kunst und Alterthumssammlungen; — Regensburg (Donau); — das gewerbreiche Nürnberg (Pegnitz); — Augsburg (Lech), alte Handelsstadt; — Würzburg (Main), Uni¬ versität; — Speyer (Rhein), Dom. 3. Königreich Würtemberg: Stuttgart (Neckar, 61.300 Einw.), Haupt- und Residenzstadt, Industrie; — Tübin gen (Neckar), Universität; — Ulm (Donau), Dom, Schifffahrt. 4. Großherzogthum Baden: Karlsruhe (27.000 E.), Haupt- uud Re¬ sidenzstadt; — Mannheim (Neckar-Rhein), Industrie und Handel; — Heidelberg (Neckar), Universität; — Freiburg (im Breisgau), Erzbis- thum, katholische Universität; — Constanz (Bodensee). 5. Fürstenthum Liechtenstein: Vaduz (Rhein). (b) West-Deutschland: 6. Churfürstenthum Hessen-Cassel: Cassel (Fulda, 39.000 E.), Hauptstadt; — Marburg (Lahn), Universität; — Fulda (Fulda), be¬ rühmte Abtei; Hanau (Kinzig und Main), Industrie. 7. Großherzogthum Hessen-Darmstadt: Darmstadt (32.400 E.), Industrie; — Mainz (Main-Rhein), Bundesfestung; römische Alterthümer; Gutenberg, Erfinder der Buchdruckerkunst (1436); — WormS (Rhein), Dom; — Giessen, Universität. 8. Landgrafschaft Hessen-Homburg: Homburg (7000 E.). 9. Herzogthum Nassau: Wiesbaden (21.200 E.). Viel und aus¬ gezeichneter Rheinwein. 10. Fürstenthum Waldeck: Arolscu (2300 E.), Pyrmont. 11. Großherzogthum Luxemburg und Herzogthum Limburg: Luxemburg (13.200 E.), Mastricht. (c) Mittel-Deutschland: 12. Königreich Sachsen: Dresden (Elbe, 128.200 E.), Residenz; Kunstschätze;— Leipzig, Universität, Buchhandel; — die gewerbreichen Städte: Zwickau, Chemnitz, Bautzen. 13. Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach: Weimar (Ilm, 14.000 E.); — Jena (Saale), Universität; — Eisenach. 14. Herzogthum Sachsen - Meiningen - Hildburghausen: Meiningen (Werra, 7000 E.), Hild bur g h a u s e n. 15. Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha: Coburg (10.700 E.), Gotha. 16. Herzogthum Sachsen-Altenburg: Altenburg (17.200 E.). 17. Fllrstenth.Schwarzburg-Sondershausen: Sondershausen (6000 E.). 18. Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt: Rudolstadt (5800 E.). 19. Fürstenthum Reuß, ältere Linie: Greiz (7000 E.). 20. Fürstenthum Reuß, jüngere Linie: Schleiz (6000 E.), Gera. (6) Nord-Deutschland: 21. Königreich Preußen (5103 oM., I8z Mill. Einwohner). u) Provinz Brandenburg: Berlin (Spree, 550.000 E.), Residenz; wissen schaftliche und Kunstsammlungen, Industrie; PotSdam, Fr an k furt an der Oder. 53 d) Provinz Pommern: Stettin (Oder-Ostsee), S t r a l s n n d (Ostsee), o) Provinz Schlesien: Breslau (Oder), Görlitz. ck) Provinz Sachsen: Magdeburg (Elbe), Halle (Saale), E r fn r t. v) Provinz Westphalen: Münster, Minden (Weser). t) Rhein-Provinz: Düsseldorf (Rhein), Aachen, Cöln, berühmter Dom (Rhein); — Koblenz (Mosel-Rhein), Elberfeld, Krefeld. Z) Provinz Preußen: Königsberg (Pregel), Danzig (Weichsel-Ostsee). l>) Provinz Posen: Posen (Warthe), B r o m b e rg. i) Fürstenthum Hohenzollern, Sigmaringen, Hechingen. 22. Königreich Hannover: Hannover (Leine, 71.200 E.), Göttingen, Universität. 23. Großherzogthum Oldenburg: Oldenburg (Hunte), E u t i n. 24. Großherzogthum Braunschweig: Braunschweig (Ocker, 12.000 E.), Wolfen butte l. 25. Fürstenthum Lippe-Detmold: Detmold (5300 E ). 26. Fürstenthum Lippe-Schaumburg: Bückeburg (4000 E.). 27. Herzogthum Auhalt-Dessau-Köthen: Dessau (14.000 E.), Zc r b st. 28- Herzogthum Auhalt-Bernburg: Bcrnbnrg (11.000 E.). 29. Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin: Schwerin (Schweriner See; 22.200 E.). 30. Großherzogth. Mecklenburg-Strelitz: Strclitz (Zirker-See,7.400E.). 31. Herzogthum Holstein und Lanenburg: Glückstadt, Altona (Elbe), Kiel (Ostsee). Lauenburg. 32—35. Die freien Städte Frankfurt am Main (Bundesstadt, 76.000 E.!; Lübeck (Trave-Ostsee, 32.000 E.); Bremen (Weser, 67.300 E.), Hamburg (Elbe, 179.000 E.). 3 Die Schweiz. Die schweizerische Eidgenossenschaft ist ein Staatenbund von fünfund¬ zwanzig souverainen Cantonen (Republiken), begrenzt von Frankreich, Italien, Oesterreich und Süd-Deutschland. Das höchste Gebirgsland in Europa. Zwischen dem Alpenlande und dem Jura breitet sich die Hochebene vom Genfer- bis zum Bodensee aus. Großartige Alpennatur, reich an Seen (Genfer-, Boden-, Vierwaldstätter-, Neuenburger-See u. a.) und an fließen¬ den Gewässern (Rhein, Rhone, Aar, Limmat, Neuß). Die Landwirthschaft deckt, wegen der vielen Gebirge, Gletscher und sonstigen nicht anbaufähigen Strecken, nicht den Bedarf des Landes au Getreide; musterhafte Viehzucht; schwungvolle Industrie; lebhafter Handel, selbst nach den anderen Erdtheilen. Die Bevölkerung (2,500.000) im Norden und Osten deutsch, im Süden italienisch, im Westen französisch. Mehr Protestanten als Katholiken. Be¬ deutendere Orte: Bern (Bundesstadt, 29.300 E.), Zürich (Universität, Polytechnikum, große Industrie), Genf, Lausanne (spr. Losann'), Basel, Luzern, St. Gallen, Chur, Aarau. 4- Italienische Staaten. - . apenuinische Halbinsel oder Italien ist zum größeren Theile (an , I^'IuRftel) Bergland. Im Norden und Westen ziehen die Alpen; durch oie Halbinsel bis zur Südspitze die Apenninen. — Po-Ebene, die toscanische, campainsche, apulische Ebene. — Die Vulkane Vesuv uno Aetna. — Die Halbustel wird vom Mittelländischen und Adriatischen Meere bespült. Be¬ deutende Flusse: Po, Arno, Tiber, sonst meistens Küstenflüsse. Einthcilnng m Ober-, Mittel- und Unter-Italien. In Ober-Italien: Reis, Mais, 54 Weizen, Maulbeerbaum; in Mittel-Italien: Oelbaum, Südfrüchte, Süßweine; Unter-Italien: Südfrüchte, Baumwollstaude. Ackerbau vielfach vernachlässigt; Viehzucht iu Ober- und Mittel-Jtalieu neuneuswerth. Bergbau unbedeutend; deßgleichen (mit wenigen Ausnahmen in Ober-Italien) die Industrie. Der Handel noch immer erheblich, obwohl von der hohen Stufe im Mittelalter herabgesunken. Der allgemeine Stand der geistigen Kultur ein verhältnißmäßig geringer. Kunstschätze und römische Alterthümer. ») Ober-Italien: 1. Königreich Sardinien (über 7 Mill. E.): Turin (Po, 205.000 E.), Genna, Hafenstadt, Mailand, Pavia; Insel Sardinien. 2. Fürstenthum Monaco (7700 E.): Monaco. 3. Herzogthum Parma (500.000 E.): Parma, Piacenza. 4. Herzogthum Modena (600.00 E.): Modena. d) Mittel-Italien: 5. Großherzogthum Toscana (1,800.000 Einw.): Florenz (Arno, 115.000 E.), eine der schönsten Städte Europas; Lucca, Livorno, Hafen¬ stadt; Insel Elba. 6. Kirchenstaat (3,100.000 Einw.): Nom (an der Tiber, 197.000 E.), die „ewige" Stadt, Residenz des Papstes, Mittelpunkt der christlichen Welt; ehemals Hauptstadt des heidnischen Römerreiches; Kunstschätze, Alterthümer; — Ancona (Seestadt), Bologna, Ferrara, Ravenna. 7. Republik San Marino (8000 Einw.): San Marino. <-) Unter-Italien: 8. Königreich beider Sicilien (8,700.000 E.): Neapel (447.000 E.), größte Stadt Italiens, prachtvolle Lage am Meere; Kunstdenkmale, Lazzaroni, Vesuv. — Caserta, Reggio. Insel Sicilien: Palermo, griechische Alterthümer; viel Industrie und Handel; — Messina. 5. Pyrenäische Halbinsel. Ein abgeschlossenes Hochland; im Norden die Pyrenäen; parallele Ge¬ birgszüge im Inneren. Flüsse: Ebro, Duero, Tajo (spr. Tacho), Guadiana, Guadalquivir. — Verhältnißmäßig wenig Ackerbau; wichtige Schafzucht und andalusische Pferde; ansehnlicher Bergbau; ausgezeichnetes Seesalz; wenig Industrie; der Handel beginnt sich wieder zu heben. —Bewohner: Katho¬ liken (16^ Millionen). u) Königreich Spanien: Madrid (282.000 E.), Residenz der Königin; Sevilla (—Sewilja); Cadix ( — Kadis), berühmter Seehafen; Ma¬ laga, Weinbau; Barcelona, starke Festung; Gibraltar, Festung (seit 1704 den Engländern gehörig). Die Balkarischen Inseln Ma- lorka und Menorka. d) Königreich Portugal (3ß Mill. Einw.): Lissabon, (276.000 E.), herrliche Lage an der Mündung des Tejo (spr. Tetscho), Residenz¬ stadt; — OPorto, Weinhandel. 7. Kaiserthnm Frankreich. Vom Atlantischen Ocean und dem Canal bis zum Rhein, Jura, den Alpen und Pyrenäen. — Gebirge: die Alpen, der Jura, die Sevennen, die Pyrenäen. — Flüsse: Loire (—Loar), Seine (Sehn), Garonne, Rhone, 55 Rhein. — Landbau im Aufschwungs, aber nicht ausreichende Getreidepro- duction; Reichthnm an Wein, Oel, Seide. — Viehzucht und Bergbau für deu Bedarf nicht genügend. — Die Industrie bedeutend in eleganten, ge¬ schmackvollen Fabrikaten; der Handel schwunghaft. — 10.000 oM, Bevöl¬ kerung 37^ Millionen) katholisch. — Paris (1H Millionen Einwohner), kaiserliche Residenz, reich an wissenschaftlichen und Kunstinstituten, Industrie und Handel; prächtige Paläste; —Lyon, Seidenindnstrie; Orleans und Nantes (spr. Nant) an der Loire; Bordeaux (spr. Bordoh), Wein¬ handel; — Straßburg (Rhein), berühmter Dom; Marseille nnd Toulon, wichtige Seestädte am Mittelmcere. —Ans der Insel Corsika: Ajaccio, Geburtsort Napoleons I. 7. Königreich Belgien- Zwischen Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und der Nordsee. Meist Ebene, nnr im Süden gebirgig (Ardennen); Flüsse: Maas und Schelde. — Das Land ist fruchtbar, sehr gut angebaut; doch reicht die Produktion für die dichte Bevölkerung (4A Mill, auf 537 ^Meilen) nicht aus; großer Reichthum an Steinkohlen; — blühende Industrie (Maschinen, Webewaaren); ansehnlicher Handel. — Fast nur Katholiken. Brüssel (175.000 E.), Residenz, in fortwährender Zunahme; — Antwerpen, berühmter Handelsplatz und bedeutende Industrie; — Gent; wichtiger Fabriksplatz; — Lüttich, Metallwaaren-Fabrikation. 8- Königreich der Niederlande. Begrenzt von Belgien, Deutschland und der Nordsee, welche die Zuhder- (spr. Sender-) See bildet. Die durch Fleiß und Kunst dem Meere abgewon- neue Fläche wird durch Dämme gegen hohe Fluthen und Stürme geschützt; großes Canalsystem; Mündungsland von Rhein, Maas und Schelde. Muster¬ hafte Bodenkultur, doch unzureichend die Production; treffliche Viehweiden, ausgezeichnete Rindviehzucht; ausgedehnte Seefischerei; — Industrie in Lein¬ wand, Tuch, Papier. Sehr wichtiger Handel nach Ostindien (Java, „Perle der Niederlande")- — Bevölkerung (in Europa) 3^ Mill. (Colonien über 18 Millionen) Einwohner. — Ueberwiegend Protestanten. Amsterdam (248.500 E.), Hauptstadt, eine der wichtigsten Han¬ delsstädte der Erde; -— Haag, königliche Residenz; — Rotterdam, Industrie und Handel (Erasmus von Rotterdam). 9. Königreich Großbritannien. Zwei große nnd viele kleine Inseln, bespült von der Nordsee, dem Canal und dem Atlantischen Ocean. Bestandtheile: England, Schottland und Irland. In England das Hochland von Wales (spr. Uäls) und das Peak- Gebirge (spr. Pihk-); in Schottland das Grampian-Gebirge,,(spr. Grämpiän-); Irland zumeist Tiefland. — Flüsse: Temse, Humber (spr. Ömbr). — Land¬ bau und Viehzucht ausgezeichnet; — großer Reichthum an Steinkohlen, Eisen, -3snn, Kupfer und Blei. — Das größte Industrieland der Erde (Baumwolle, Eisenwaaren, Leder). Der erste Handelsstaat mit ungeheurer Flotte und Colonien in allen Erdtheilen, die bedeutendsten in Ostindien. In Europa nahezu 3o, in den Colonien 145 Millionen Einwohner. London (2-z Millionen Einwohner), größte Handelsstadt der Erde; großartig in allen Richtungen menschlicher Thätigkeit; Residenz der Königin —; Universitätsstadt Oxford (Leksförrd). — Liverpool (Liwerpuhl), der 56 erste Platz für Baumwollhandel, Verbindungen mit allen Theilen der Erde; — Manche st er (Männtschester) und Birmingham (Börrmingäm), wichtige Fabriksstädte. —- (In Schottland:) Edinburg, Hauptstadt, Glasgow (Gläsko), Fabriksstadt; — (in Irland:) Dublin, Hauptstadt, Belfast, Cork. Die Gruppen der Hebriden, Orkaden und Shetlands-Inseln; — die Insel Malta; die Stadt Gibraltar in Spanien. IN. Königreich Dänemark. Halbinsel Jütland und dänische Inseln in der Ostsee, die größte See¬ land; die Färöer-Inseln und Island. — Im Hauptlande ansehnlicher Acker¬ bau, bedeutende Viehzucht, dann Fischfang und Handel. Industrie im Ent¬ stehen. Kopenhagen (155.000 E.). Residenzstadt (auf Seeland). 11. Königreich Schweden und Norwegen. Skandinavische Halbinsel, größer als Deutschland, aber nur ein Achtel so viel Bewohner. Im Süd-Osten Flachland, sonst Hochgebirge, die Kjölen; Fjorden- und Skärenküste. Viele Seen (Wenern-, Wettern-, Mälarsee). Flüsse: Dal-, Angermann-, Göta-Elf. Im Flachlande Landwirthschaft; in den Berglandschaften ungeheurer Neichthnm an Eisen, auch Kupfer und Silber; viel Holz. Wenig Industrie, Handel lebhaft. — (Schweden:) Stockholm (117.000 E.), Residenzstadt, Upsäla, Universität, Danemora, Berg¬ werke; — (Norwegen:) Christiani« (40.000 E.), Hauptstadt, Bergen, Handelsstadt, Drontheim, Krönungsstadt. 12. Kaiserthum Rußland. Das europäische Rußland ist größer als halb Europa, die Bevölkerung desselben jedoch nur etwa ein Fünftel von Europa. (In Europa: 90.000 ^M., 59^ Mill. Einwohner; — ganz Rußland 394.000 OM., 74 Mill. Einw.). Ural, Grenzgebirge gegen Asien. Große sarmatische Tiefebene, durchzogen vom Uralisch-Baltischen und vom Uralisch-Karpathischen Landrücken. Vom ersten bis zum Eismeere der Boden unfruchtbar, strenge Kälte, Seen und Moräste; zwischen beiden Landrücken wasserreiche, fruchtbare, gut angebaute Landstriche; im Süden des zweiten Landrückens Steppenland. — Flüsse: Wolga, Dnjestr, Dnjepr, Don, Dwina, Petschora, Weichsel; — Seen: Onega- und Ladoga-See. — Viel Getreide, Vieh, Pelzthiere; im Ural: Eisen, Küpser, Gold Platina; Salz (auch Salzseen). Industrie nur im mittleren Rußland; Handel bedeutend. Die Bevölkerung gehört verschiedenen Stämmen an, beiläufig vier Fünftel Slaven. St. Petersburg (Newa, 520.000 E.), die moderne Residenzstadt; Moskau, die alte Hauptstadt; der Kreml; — N i s h n i j - N ow g o r o d, berühmte Messe; Odessa (Schwar¬ zes Meer), Arch angel (Weißes Meer), Kasan und Astrachan, wich¬ tige Handelsstädte; Dorpat, deutsche Universität; Warschau (Weichsel), Hauptstadt von Russisch-Polen. 13. Königreich Griechenland. Zwei Halbinseln: Livadien und Morea, durch die Landenge von Korinth verbunden, dann mehrere Inseln im Aegäischen Meere (Negroponte nnd die Chkladen). Gebirgig, aber schwach bewässert; sehr reiche Küstengliederung. Mildes Klima; Ackerbau, Viehzucht und Industrie heben sich allmälich seit 57 der Selbstständigkeit des Reiches; Handelin rascher Zunahme. Für geistige Bildung wird jetzt sehr gut gesorgt (Universität in Athen, Gymnasium uud zahlreiche Volksschulen). Die griechische Religion ist Staatsreligion. Athen, Hanpt- und Residenzstadt des Königs (Georg I.) seit 1835, griechische Alterthiimer, Handel; auf Morea: Nauplia. Die Ionischen Inseln, die seit dem Jahre 1815 als eine Republik unter englischem Schutze gestandeu sind, wurden im Jahre 1863 mit Grie¬ chenland vereinigt. Sieben größere und mehrere kleinere Inseln im Ioni¬ schen Meere. Durchaus gebirgig, wenig bewässert, doch größtentheils frucht¬ bar und gut augebaut. Treffliche Häfen, wichtiger Handel. Corfü, Uni¬ versität; Handel; — Ke-phalonia; — Zante. 14- Das türkische Kaiserthum, Die Türkei oderBalkan-Halbinsel ist größtentheils Gebirgsland. Haupt¬ gebirge Balkan; im Nord-West Karstland. Reiche Küstengliederung; gut be¬ wässerter Boden. Flüsse: Donau mit vielen Nebenflüssen (Save, Morawa, Pruth), dann zahlreiche Küsteuflüsse. Das Klima angenehm mild, der Boden fruchtbar aber nicht gut knltivirt. Klima und Boden sind der physischen uud technischen Kultur sehr günstig; leider stehen beide noch auf niederer Stufe. Dein Ackerbau wird zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Besser ist die Viehzucht, insbesondere die Pferdezucht. Der Bergbau vernachlässigt; die Industrie nur durch wenige Fabrikate einiger größerer Städte vertreten. Der Handel bedeutend. Von geistiger Kultur im Sinne des veredelnden Christenthums kann nicht die Rede sein; die Bekenner des Islam sind von geistigen Anstrengungen keine Freunde. Konstantinopel (900.000 E.), prachtvoll gelegene Hauptstadt, un¬ gemein wichtig für die Handels-Verbindungen zwischen Enropa und Asien; herrliche Gebäude, aber auch elende Hütten; Verschmelzung des Abend- und Morgenlandes; — Aprianopel, wichtige Industriestadt (Saffian, Ro¬ senöl); —(^Larissa,/v,edeufendster Jndustrieortf Saloniki, Seehandel, Industrie; —Dalaczh" Mssh, Belgrad, Douauhaudel')— Insel Candia (Creta) und die Spora de n. §. 34. Staaten und Länder in Asien. 1. Asiatische Türkei. Dreimal größer als die europäische Türkei. Im Westen das Hochland von Klein asie n (die Levante), mit dem Tanrus als Südrand. Fruchtbar, reich an edlen Weinen, Obst, Südfrüchten und mit bedeutender Viehzucht. Wichtige Städte: Smyrna, Handelsstadt; Skutari; Trebisonde (oder Trapezunt). — Längs der Küste des Mittelmeeres Syrien und das „hei- "ge Land" Palästina, wenig fruchtbar, nur Südfrüchte, Oel und Wein gedeihen gut. Hier die heiligen Städte Jerusalem, Bethlehem, Na zareth nnd die Handelsplätze Damask ns und Aleppo. — Im türki- M "e p theile Arabiens die von den Türken für geheiligt gehaltenen Städte ' s m sW'd Medina; dann die Sinai-Halbinsel. — An der Ostgrenze das rauhe Hochland von Armenien, das Quellenland des tmipMt und Tigris, mit dem Handelsplätze Erzerum. Zwischen dem ar¬ menischen Hochlande und dem persischen Meerbusen liegt Mesopotamie u (zum Theile das alte Babylon) mit den bedeutenden Städten Bagdad, Basra und Mossul. 58 L Arabien. Zwischen dein persischen Meerbusen und dem Rothen Meere. Bekannt durch seme Beduinen, Kameele und Rosse, seinen Weihranch, Balsam und Kaffee, und als Wiege des Islam. Eine große, trockene und sandige Pla¬ teaufläche; heißes Klima. Der südliche Theil ist Jemen, das „glückliche Arabien," mit dem Reichthum an Kaffee und der Stadt Mokka. Am per¬ sischen Meerbusen ist das Gebiet des mächtigen Imam von Maskat. 3. Iran. Das Hochplateau von Iran liegt zwischen dem Kaspischen Meere und den Tiefländern des Oxus, zwischen dem Tigris, Indus und dem persischen Golfe. Der westliche Theil ist Persien, der östliche im Norden Afgha¬ nistan (oder Kabnlistan), im Süden Beludschistan. Die westliche Hälfte genügend bewässert und gut angebaut, die östliche eine trockene L>alz-und Sandwüste. Bedeutende Städte (in Persien:) Teheran, Residenz des Schah von Persien; Jspahan, Industrie nnd Handel; Täbris, die wich¬ tigste Stadt für ausländischen Handel; — (in Afghanistan:) Kabul, Kan¬ dahar und Herat; — (in Beludschistan:) Ke lat. 4. Border-Jndien. Beinahe sechsmal so groß als Oesterreich, mit einer mehr als fünfmal so starken Bevölkerung, ist es das reichste Land der Erde, seit den ältesten Zeiten das Ziel der erobernden und handeltreibenden Völker; jetzt fast ganz unter englischer Herrschaft. Im Norden das Riesengebirge Himalaya mit den Quellen des Indus und Ganges; letzterer bewässert mit seinen zahl¬ reichen Nebenflüssen die fruchtbare Tiefebene, an welche sich südwärts das Plateau von Dekan anschließt. Großer Reichthum an Bodenprodukten aller Art (Reis, Weizen, Baumwolle, Indigo, Zuckerrohr, Thee, Kaffee, Ge¬ würze u. a.), sowie an animalischen (Seide, Schafwolle). Diamanten und andere Pracht- und werthvolle Edelsteine. Industrie wachsend; Mittelpunkt eines großartigen Handels. Städte: Calcutta (Ganges — nahe 1 Mill. Einw.), die wichtigste Handelsstadt in Asien, große Industrie: — Madras (4 Mill. Einw.), die bedeutendste Industriestadt Asiens; — Bombay, Hauptstation der britischen Flotte; — Hhderabad, Diamantengruben; Kaschmir und Lahore, Industriestädte; — die fruchtbare, reiche und schöne Insel Ceylon, die „Juwele der östliche» Meere," reich au Edel¬ steinen. — Die portugiesischen Besitzungen Goa und Diu; die französische Pondichery. 5. Hinter-Jndieil- Die Halbinsel jenseits des Ganges, etwa dreieinhalbmal so groß als Oesterreich, ist vielfach noch unbekannt. Zweige des hinterasiatischen Hoch¬ landes ziehen von Nord nach Süd, zwischen denen mächtige Ströme (Jra- waddy, Cambodja) große Längenthäler bewässern Sehr fruchtbar, aber nicht gut bebaut. Produkte wie in Vorder-Indien. Viel Zinn und andere Me¬ talle. Industrie gering; der Handel in den Händen der Chinesen nnd Eng¬ länder. Städte: Rangun (britisch), Malakka, Singapore (spr. Sin¬ gapur), einer der bedeutendsten Plätze im Oriente; Goldhandel. — Die Reiche Birma, Siam und Anam. 59 6. Der indische Archipel. Zwischen Indien, China und Neu-Holland. — Die großen Sun da- Jnseln: Sumatra, reich an Gold, Diamanten, tropischen Gewächsen; — Java (holländisch), Kaffee, Zucker, Indigo, Banmwolle; Hauptort Bata¬ via; — Borneo, wenig bekannt, Gold, Diamanten, Pfeffer; — Ce¬ lebes, Gold, Kaffee. — Die kleinen Snnda-, die Molukken-, die Philip¬ pinen-Inseln (spanisch; — Manilla). — Die meisten gebirgig, reich an allen Produkten; der Handel in den Händen der Niederländer. 7. China. Der größte und bevölkertste Staat der Erde; fast anderthalbmal so groß als Europa und mehr als zehnmal soviel Einwohner als Oesterreich. Im Norden und Westen hohe Gebirge; — Wüste Gobi; in den Mündungs¬ landschaften der Hauptflüsse Hoango und Aantsekiang des fruchtbarste, muster¬ haft angebaute, sehr dicht bevölkerte Tiefland. Reich an Thee, Reis, Zucker¬ rohr, Baumwolle. Viel Industrie: Porzellan, Seidenzeug, Nanking, lackirte Maaren. Binnenhandel sehr lebhaft (Canäle, viele Straßen); Karawanen¬ handel; Seehandel nur in wenigen Häfen. Ein altes Kulturvolk. Sprache. Städte: Peking, Residenz des Kaisers (2 Mill. Einw.); — Nanking (1 Million Einwohner), Hanptsitz der Gelehrsamkeit; bedeutende Industrie; Kanton (I Million Einwohner) und Schanghai, auch den Europäern zugängliche Seestädte. — Die Insel Hainan und Formosa. — Unter¬ worfene und tributpflichtige Länder: die Mandschurei, die Mongolei (Stadt: Maimatschin), die hohe Tartarei; das großartigste Hochland der Erde, Tübet; die Halbinsel Korea und die Likejo-Jnseln. 8- Japan. Vier größere und viele kleinen Inseln. Gebirgig und vulkanisch, aber noch wenig bekannt. Sehr kräftige und thätige Bevölkerung, das aufgeklär¬ teste Volk Asiens. Reis, Baumwolle, Thee, Seide. Industrie bedeutend: Porzellan, Stahlwaaren, Seiden-, Gold- und Silberstoffe. Handel mit den Ausländern in Nangasaki (auf Kiusiu). Ein weltlicher und ein geistlicher Herrscher. Die größten Städte Jeddo (1^- bis 2 Millionen Einwohner) und Miako. 9. Turkestan. Im Norden von Iran, zwischen dem Caspi-See und China; im Osten und Süden hochgebirgig, sonst überwiegend Steppen und Wüsteuland. In den Aral - See münden der Amu und der Sir. Ackerbau und ansehnliche Viehzucht; Türkise, Rubine und Lazursteine; Karawanenhandel nach China und Rußland. Vielfach Nomaden unter Anführung von Khanen. — Orte: Buchara, Mittelpunkt des Handelsverkehrs in Mittel-Asien; Samar¬ kand, ein berühmter Sitz muhamedanischer Gelehrsamkeit; CH iwa in fruchtbarer Gegend, Karawanen- und Sklavenhandel. 10. Asiatisches Rußland- Mehr als ein Viertel dieses großen Erdtheiles. Sibirien, fast an¬ derthalbmal so groß als Europa. Im Süden und Osten Gebirgsland, im ^bften Md Norden Tiefland, größtentheils gefrorener Morastboden (Tundra). Mmig Ackerbau; kostbares Pelzwerk; Gold und Silber im Ural und Altai. Fast durchgehends heidnische Nomadenstämme, Jäger- und Fischervölker Ostjaken, Tungusen,^Jakuten, Samojeden, Kamtschadalen). Tobolsk und 60 Irkutsk, wichtig für den Handel; Kjachta, Handel mit China. — Das Amurland. - Die vulkanischen Inselgruppen der Aläuten und Kurilen. Die Kirgisensteppe (zwischen Ural, Caspi-See und dem Jrtisch), eine salzige nnd steinige Hochfläche. Nomaden; Viehzucht; Karawaneuzüge. 8. 35. Staaten und Länder in Afrika. I. Aegypten und Nubien. Zwischen der Sühara und dem Rothen Meere, vom Mittelmeere bis zum Alpenlande Habesch liegen die unter türkischer Oberhoheit stehenden Länder. Vom Nil durchströmt, dessen Ufer überaus fruchtbar sind. Perio¬ dische Überschwemmung. Klima trocken und heiß. Wind Chamsin. Pro¬ dukte: Reis, Weizen, Datteln, Baumwolle. Landhaudel mit Karawanen. Be¬ wohner: Araber, theils Landbauer (Fellahs), theils Beduinen; Kopten, Nachkommen der alten Aeghpter; Europäer (Türken, Griechen, Juden u. a.). In Nubien sind Haupterwerbsquellen: Handel mit Sklaven, Ka- meelen, Straußfedern, Elfenbein, Gold, Perlen u. a. — Orte: Kairo, Residenz des Vice-Königs, größte Stadt in Afrika; Mittelpunkt des Han¬ dels in Nordafrika; — Alexandria, Hanpthafen von Nord-Afrika, Denk¬ mäler des Alterthums. — (In Nubien:) CH ar tum, am Zusammenflüsse des weißen und blauen Nil; katholische Missiousstation (zumeist österrei¬ chische Priester). 2. Habesch. Ein Hochland im Süden von Nubien. Oberlauf des blauen Nil. Tsana-See. Klima in den Berglandschaften gemäßigt, in den Thälern sehr heiß. Produkte: Kaffee, Baumwolle, Salz. Bewohner: Abhssinier, kop¬ tische Christen; die wilden Schangalla- oder Galla-Neger. „Kaiser Theodor I." ist für Civilisation und Verbreitung des Christenthums thätig. Hauptstadt: G o u d o r. 3. Berberei. Das Hochland der Berberei, längs der Nordküste Afrikas, zerfällt in die Staaten Tripolis, Tunis, Algier und Marokko, mit den gleich¬ namigen Hauptstädten. Zwischen dem Hochlande und der Sähara ist das Dattelland Beledulgerid. Bevölkerung: Berber (Eingeborne, meist in den Gebirgen, auch Kabylen genannt), Araber und Mauren. Tripolis und Tunis sind unter türkischer Oberhoheit; Algier, mit den Städten Algier, Oran und Constantine, seit 1830 französisch. Marokko, unter eigenem Sultan, mit den Städten Marokko, Fez nnd Mogador. 4. Die SLHara. Zehnmal so groß als Oesterreich, mit wenigen Oasen als StationS- Plätzen für die Karawanen, darunter die größte Fezzan, mit der Stadt Murznk. Bewohner; im Westen die Beduinen; im mittleren Gebiete Tuarik, Führer der Karawanen, Mäkler, Kaufleute, wohl auch Räuber; im Norden und Osten die Tibbu. 5. Sudan- Südlich der Sähara, vom Atlantischen Ocean bis zum oberen Nil. Die Neger sind in sehr viele Staaten und Stämme getheilt, meist unter- despotischen Häuptlingen, theils Fetischdiener, theils Muhamedaner, in den europäischen Colonien auch Christen. Ackerbau, Viehzucht und Handel mit 61 den Landeserzengnissen sind die Erwerbsquellen. Das Stnfenland am Se¬ negal und Gambia hat sehr heißes Klima, Gummi- und Palmenwälder; französische Niederlassungen am Senegal, englische am Gambia. Ober-Gui¬ nea mit der Sklaven-, Gold-, Elfenbein- und Pfcsferküste. — Im östlichen Theile, Flachsudau, ist das mächtigste Reich Bornu. 6. Hoch-Afrila. 1. Der Westrand. — Unter den einheimischen Reichen sind die bedeutendsten: a) Loango, mit dem gleichnamigen Hauptorte, vom Cap Lopez bis zum Zaire-Fluß, exportirt Elfenbein, Gummi, Farbhölzer; — b) Congo, mit der Hauptstadt gleichen Namens, reich bewässert, sehr fruchtbar, reich an Eisen und Kupfer; — o) die portugiesischen Be¬ sitzungen Angola und Benguela exportiren Elfenbein, Wachs, Gummi, rothes Sandelholz. 2. Der Süd rand. — Ein Terrassenland, die unterste Terrasse, das Kapland, englische Besitzung; fortwährende Kämpfe mit den Hottentotten und Kaffern. Die Colonisten treiben Ackerbau, Weinbau (Kapweiu) und Viehzucht. An der Tafelbai, am Fuße des Tafelberges, liegt die Kapstadt; südlich davon das „Kap der guten Hoffnung". 3. Der Ostrand. — a) Natal, mit einer englischen Colonie, von Kaffern bevölkert. — b) So sala, reich an Pflanzen und Thieren, aber sumpfig und sehr ungesund. — o) Mozambique (spr. Mosambik), mit der Stadt gleichen Namens, ähnliche Naturbeschasfenheit wie Sofa la; die Portugiesen betrachten es als ihr Besitzthum. — cl) Zanguebar steht unter der Herrschaft des Imam von Maskat. — o) So mal vom Kap Guardafui bis zur Straße Bab-el-Mandeb, von Viehzucht und Handel trei¬ benden Somalis bewohnt. 4. Das innere Hoch-Afrika ist noch weniger bekannt als dessen Ränder. Die Bevölkerung scheint dem Negervolke Bunda anzugehören, unter denen die Betschuanen die bekanntesten sind. Sie haben einen milderen Charakter, leben in Ortschaften, treiben Ackerbau, Viehzucht, auch mancherlei Gewerbe; die Bergvölker gewinnen und verarbeiten Eisen und Kupfer. Der Handel beschränkt sich auf Elfenbein, Thierhäute, Sklaven. Andere Stämme sind die Hottentotten, Kaffern, Galla u. a. tz. 36. Staaten und Länder in Amerika. Nord-Amerika. 1. Grönland. Nächst Neu-Holland die größte Insel der Erde. Rauhes Klima, spär¬ liche Vegetation: Bewohner: Eskimos und dänische Colonisten, letz¬ tere in den Herrnhuter-Missionen und Handelsstationen. Härings- und See- hundsfang. Nur die Süd- und Westküste sind stellenweise colinisirt, das «ord-Ende ist noch ganz unbekannt. 2. Britisches Nord-Amerika Ein Gebiet, beiläufig so groß als Europa, aber spärlich bevölkert, voll Seen und Flüsse; rauhes Klima, geringe Vegetation, der Haupt- rerchthum Md djx Pxszthiere. Die Bewohner rothhäutige Indianer; am Nordrande Eskimos; am St. Lorenzflusse Franzosen und Engländer. Be- standtheile: u) Kanada am linken Ufer des St. Lorenzflusses mit den 62 fünf kanadischen Seen, Haupstadt Quebek (spr. Kebek); — d) Neu- Braunschweig am rechten Ufer des St. Lorenzflusses, mit der Halbinsel Neu-Schottland, Hauptstadt Halifax; — v) Insel Neufundland, berühmter Stockfischfang; — ck) Labrador, mit Herrnhuter-Stationen, gehört zu den rauhesten und ödesten Ländern der Erde. 3. Russisches Nord-Amerika- Der nordwestliche Theil des Kontinentes, ein rauhes, kaltes Gebirgs¬ land, etwa doppelt so groß als Oesterreich, mit vielen Felseninseln, Buchten und Schneebergen. Die heidnischen Eingebornen (Eskimos, Tschuktschen, Indianer) leben von Jagd, Fischerei und dem Tauschhandel mit der russisch- amerikanischen Handels-Gesellschaft, der sie Pelzwerk liefern. Die bedeutendste Ansiedlung ist Neu-Arch angel. 4- Republik der Vereinigten Staate». Vom Atlantischen bis zum großen Ocean, im Süden der früher ge¬ nannten Länder, breitet sich dieser Staatenbund aus; mehr als zehnmal so groß als Oesterreich, mit beiläufig 31 Millionen Einwohnern. Das Alleghany- und das Felsengebirge scheiden es in drei Theile: das Ostland, vom At¬ lantik bis zu den Alleghanh,—-das Mittelland, zwischen den Alleghany und dem Felsengebirge (oder das Mississippi-Gebiet), — das Westland, am großen Ocean. Klima sehr veränderlich, durchschnittlich kälter als in Europa unter gleicher Breite; Boden meist außerordentlich fruchtbar. Un¬ ermeßliche Waldungen, Savannen, auch Sümpfe. Produkte: Getreide, Baum¬ wolle, Zucker; Gold (Californien), Eisen, Steinkohlen. Ausgebreitete Industrie; nächst England der erste Handelsstaat der Erde. Bewohner: im Westen freie Indianer, an Zahl stets abnehmend; — eingewanderte Engländer, Deutsche u. a. — Der Bundesstaat (Union) besteht aus dem: Bundes-Distrikt Columbia, mit dem Hauptorte Washington (spr. Uashingtn), Sitz des Congresses und des Bundes-Präsidenten; aus 32 Staaten und 8 Terri¬ torien. — Städte: New-Jork (spr. Nju-Joark), die größte Stadt Amerikas, wichtig in Industrie und Handel; — Philadelphia, New-Orleans, (spr. Nju-Orlins), im Mündungsgebiete des Mississippi; St. Louis (spr. San Lui), am Zusammenflüsse des Mississippi und Missouri; Boston, Bal¬ timore; San Franzisco (Californien). L. Mittel-Amerika. 1. Kaiserthum Mexiko. Seit 10. April 1864 ein Kaiserthum (Kaiser Maximilian I., Bruder des Kaisers von Oesterreich Franz Joseph I.), südlich von den Vereinigten Staaten, zwischen dem Golf gleichen Namens und dem großen Ocean. Eine Hochfläche, welche terrassenförmig abfällt. Mannigfaltigkeit der Pflanzen- nnd Thierwelt, Reichthum an Silber und Gold. 40.300 ^M. mit 8 z Mill. Einwohnern. Städte: Mexiko (M^chjiko, 205.000 E.), schön und regel¬ mäßig gebaut, prachtvolle Kathedrale, viel Gold- und Silberarbeiter. Der bedeutendste Handelsplatz ist Vera Cruz; Guatalaxara; Puebla, Gua¬ najuato; Colima; Zacatecas. 2. Central - amerikanische Republiken. Zwischen den Landengen von Tehuantepec und von Panama. Viele Vulkane; Reichthum an Pflanzen und Mineralien; Ackerbau, Plantagen- Wirthschaft und Handel (Indigo, Mais, Cacao, Colonial-Waaren); Klima 63 wärmer als in Mexiko. Die einzelnen Städte: 1. Guatemala mit der Hauptstadt gleichen Namens, — 2. San Salvador, — 3. Honduras, — 4. Nicaragua, — 5. Costarica,— 6. Panama. 3. West-Indien. Bestandtheile: die großen und die kleinen Antillen und die B ah am a-Inseln. Die Antillen, gebirgig, die Bahama flach. Herrliches Klima. Außerordentlicher Reichthum an einheimischen und hieher verpflanzten Produkten; erstes Plantagenland der Erde. Produkte: Kaffee, Zucker, Tabak, Baumwolle u. a. Der größte Theil gehört den Europäern. a) Große Antillen: Cuba, die größte, fruchtbarste uud reichste der An¬ tillen, mit der Halbinsel Hav annah, und Portorico sind spanisch; — Jamaica (mit der Stadt Kingston) ist englisch; Haiti (oder St. Domingo, vormals Hispaniola), mit zwei freien Negerstaaten. k) Unter den kleinen Antillen sind Guadeloupe und Martinique (spr. Gadelup und Martinick) französisch; — Barbados, Antigua und Trinidad englisch. o) Auf der Bahama-Jnsel Guanahani landete zuerst Columbus am 12. October 1492. O. Süd-Amerika. 1. Europäische Besitzungen. Guyana, mit reichem Plantagenban, aber sumpfig, heiß und ungesund. Kaffee, Baumwolle, Zucker, Cacao, Pfeffer, Tabak, Indigo sind Haupt¬ produkte. 1. Französisches Guyana mit Cayenne auf einer Insel, sehr vernachlässigt, höchst ungesund; 2. niederländisches Guyana (oder Surinam), gut angebaut, frucht¬ bar, gesund; Hauptorte Paramaribo, ganz holländisch eingerichtet; 3. Englisches Guyana, am Esequibo, mit dem Hauptorte George¬ town (spr. Dschordsch'taun). 2. Die Republiken. 1. Venezuela, mit deu Städten Caracas und Maracaibo. 2. Neu-Granüda; Hauptort Santa Fe de Bogota, auf einer 8000' hohen Hochebene; Carthagena, nahe der Mündung des Magda- lenenflusses. 3. Equador (das Land am Aequator), Hauptort Quito, 9000' hoch, prachtvoll gelegen, in der Nähe der Bergriesen Chimborazo, Antisana und Cotopaxi. 4. Perü. Ein Hochgebirgsland, ehemals das goldreichste Land. Lima, Hauptstadt, mit der ältesten und berühmtesten Universität in Amerika. 5. Bolivia, so genannt nach Simon Bolivar (1825), Hochgebirgs- tand. Hauptstadt Chuquisaca; die bedeutendste Industriestadt La Paz; 'e wichtigst Bergstadt Potosi liegt über 12.000' über dem Meere. W Chile (----Tschile), ein herrlicher, gesunder Küstenstrich, an der der Anden, die hier ihre größte Höhe erreichen (Anconcagua 21.800'), MrdieM^^h^o^^^' bedeutendste Hafenplatz ist Valparaiso (das 7. Paraguay, wald- und weidenreich, zwischen dem Parana und Paraguay. Hauptstadt Assuncion. 64 8. Rio de la Plata, auch Argentina genannt, zu beiden Seiten des La Plata (Parana, Paraguay, Uruguay», eine ungemein grasreiche Nie¬ derung voll wilder Heerden; im Norden Wälder, im Westen schneebedeckte Anden. Buenos Ayres, Haupthandelsplatz. 9. Uruguay, meist weite Pampas; am La Plata liegt die Handels¬ stadt Montevideo. 3. Kaiscrthum Brasilien. Fast zwölfmal so groß als Oesterreich, aber kaum ein Viertel so viel Einwohner. Ein Drittheil Bergland, zwei Drittheile Ebene. Außer dem Maranon hat das Land über hundert schiffbare Flüsse. Klima ziemlich gleich¬ mäßig, meist gesund und angenehm. Eine Fülle der Pflanzen- und Thier¬ welt, wie sonst nirgends; die reichste Flora der Erde; eines der ersten Plantagen- und Minenländer. — Reichthum an Kaffee, Zucker, Baumwolle, Tabak, Fernambukholz: das reichste Diamautenland, dann Gold, Edelsteine u.a. Hauptstadt Rio Janeiro (300.000 E.), die erste Industrie- und Han¬ delsstadt Brasiliens; — Bahia, an der Aller-Heiligen-Bai, wichtige See¬ stadt; — Pernambuco, die östlichste Stadt Brasiliens. 4. Patagonien und die Inseln. Der südlichste Theil des Festlandes wird von wilden und heidnischen Jndianerstämmcn bewohnt, die sich meist von der Jagd ernähren. Euro¬ päische Niederlassungen bestehen noch nicht, daher ist das Land wenig be¬ kannt. — An der Magelhaens - Straße und auf den südlicheren Inseln wohnen die wenig zahlreichen, auf der untersten Stufe der Kultur stehenden Pescheräh, die „Eskimos des Südens." — Wallfisch- und Robbenfänger besuchen die Inseln. 8- 37. Staaten und Länder in Australien. 1. Kontinent. Der Kontinent oder Neu-Holland ist nur an den Küsten, insbe¬ sondere an der Ost- und Südküste näher bekannt. Die Berge sind von mäßiger Höhe; es ist nur Ein großer Fluß im Süden, der Murray, bekannt. Das Klima ist mild And gesund. Der Pflanzenreichthum ist groß, des¬ gleichen der an Gold und Steinkohlen; große Vierfüßer oder Raubthiere gibt es nicht. Die Einwohner sind theils Austral-Neger, aus der niedersten Stufe der Gesittung, theils Europäer, besonders Engländer. — Die Eng¬ länder haben fünf Colonien; die wichtigsten sind: Neu-Süd-Wales, an der Südostseite, mit dem Hauptorte Sydney (spr. Sidni); — Victoria, das Land der Goldgräber; auch großer Reichthum an Wolle, Hauptort Melbourne (spr. Mel'börn); Süd-Australien, trefflicher Ackerbau; auch Viehzucht und Bergbau, Hauptort Adelaide. 2- Die Inseln- Man theilt die Inselgruppen in: s) den inneren Jnselgürtel, zu dem Tasmauia (Van Diemens-Land), Neu-Seeland, Neu-Caledonien, Neu-Hebriden, Neu-Guinea und einige andere gehören; k) den äußeren Jnselgürtel: die Marianen-, Carolinen-, Freundschafts-, Gesellschafts-, Marquesas-, Sandwichs- (spr. Sänduitsch-) Inseln. Blos auf den Sandwichs-Jnseln ist ein geordnetes, christliches Staats leben mit monarchischer Verfassung. Nur wenige australische Inseln sind von den Europäern bis jetzt colonisirt worden. Die Staaten van Europa. I. D a s Kaisertum Oesterreich. Z. 38. Das Land im AUgcmmml. Lage. Grenzen. Größe. — Das Kaiserthum Oesterreich liegt zwi¬ schen 42" 10^ und 51° 3" n. Br. und zwischen 27° 15^ und 44" 7' ö. L. Es breitet sich somit zwischen fast 9 Breiten- und doppelt so viel Längen¬ graden aus. — Im Norden grenzt es an Sachsen, Preußen und Rußland; im Osten an Rußland und die Türkei; im Süden an die Türkei, das adria- tische Meer nnd die italienischen Staaten; im Westen an Sardinien, Liech¬ tenstein, die Schweiz und Baiern. — Der Flächeninhalt beträgt nahezu .I^LW^esgrT^MMen. ' " Bestaiidtheile. — Oesterreich, eiue der fünf europäischen Großmächte (Oesterreich, Preußen, Rußland, Großbritannien und Frankreich), ist eine erb¬ liche, untheilbare, constitutionelle Monarchie. Die Thronfolge ist nach dem Rechte der Erstgeburt in dem römisch-katholischen Hause Habsburg- Lothringen erblich; erst nach dem Erlöschendes gesammten Mannsstam¬ mes sind Prinzessinen und ihre Nachkommen in der gleichen Ordnung zum Throne berechtigt. Gegenwärtig regiert Se. kaiserlich-königliche Apostolische Majestät Franz Joseph I., geboren am 18. August 1830, zur Regie¬ rung gelangt am 2. December 1848. Als Mitglied des d e ut s ch e n Bundes führt Oesterreich in der deutschen Bundesversammlung zu Frankfurt a. M. den Vorsitz, und nimmt im engeren Rathe derselben die erste Stelle mit einer Virilstimme ein; im Plenum (oder der weiteren Bundesversammlung) hat es vier Stimmen. Die Bestandtheile der Monarchie bilden 18 Königreiche und Länder nebst der Militärgrenze: Königreiche und Länder I Bevölke- Hauptstadt und deren rnng Bevölkerung 1. u. 2. Erzherzogthnm Oesterreich: a) Land unter der Enns tr) „ ob der Guns. 3. Herzogthum Salzburg. 4. „ Steiermark. b- „ Kärnten. 6- „ Kram. Das Küstenland*) 8. 9. 10. tt. Herzogthum Schwsieu Isfürst.Grafsch.Tirol m. Vorarlberg Unigreich Böhmen. A°"grafschast Mähren. 360^ 218 130 408 188 181 145 523 944 404 93 1,720.000 714.000 147.000 1,077.000 338.000 459.000 545.000 862.000 4,925.000 1,925.000 471.000 Wien. 575.000 Linz 27.700 Salzburg 17.300 Graz 63.200 Klagenfurt 13.500 Laibach.21.000 Triest j 66.000 (die Stadt) °" s 105.000 (St. s. G.) Innsbruck. 14.300 Prag 143.000 Brünn 59.000 Troppau 13.900 Grafschaft Görz nnd Gradišča, die Markgrafschaft Istrien und die Stadt Triest find der Kürze halber ost unter dem Namen „Küstenland" zusammengefaßt, Klun, Geographie. 7. Ausl. 5 66 Königreiche und Länder Bevölke¬ rung Hauptstadt und deren Bevölkerung 12. Königreich Galizien und Lodomerien 13. Herzogthurn Bukowina. 14. Königreich Ungarn (mit-d<-W»i«od-l schrrst-Srrbrnnu: drE«kws^Banat)s 15. Königreich Kroatien und Slavonien 16. Großfürstenthum Siebenbürgen ... 17. Königreich Dalmatien. W.-Lomimrd.--vEMuischrS Königreich K. k. Militär. Bodenverhältnisse. Das Bergland. — Der Boden des Kaiserstaates ist größtentheils ge¬ birgig, denn über Z der gesammten Oberfläche gehören dem Berglande an; doch dehnen sich auch weite Ebenen und Thäler aus und verleihen dem Lande eine große Mannigfaltigkeit. Eigentliche Gebirgsländer sind Tirol, der süd¬ liche Theil Oesterreichs, Salzburg, Ober-Steiermark, Krain und Küsten¬ land, Kärnten, Ober-Ungarn und Siebenbürgen, in welchen Ländern auch die höchsten Bergspitzen der Monarchie emporragen. -— Zwischen der schwä¬ bisch-bairischen Hochebene und der lombardisch-venezianischen Tiefebene, dann zwischen dem Donauthale und dem adriatischen Meere liegt das Alpen¬ land mit vielen Längen- und Ouerthälern, aber ohne größere Ebenen. Im Nord-Osten des Alpenlandes schließen die böhmisch-mährischen Gebirge ein Terrassenland ein; im Osten der March zieht sich das kar¬ pathische Gebirge halbbogenförmig zwischen Mähren, Schlesien, Galizien, der Bukowina und Ungarn zum siebenbürgischen Hochlande, welches ziemlich steil zum moldau-walachischen Tieflande abfällt. Eingeschlossen von Ausläufern der Alpen und Karpathen breitet sich die ungarische Tiefebene in fast gleicher Seehöhe wie die oberitalische aus. Einen Zweig der Alpen bildet der Karst, der sich um das adria- tische Meer herumzieht, durch ganz Dalmatien fortsetzt und in die benach¬ barte Türkei hinein erstreckt; auch das Bergland der quarnerischen und dal¬ matinischen Inseln gehört dem Karste an. Die Alpen. Die Central- oder Ur a lp en erstrecken sich von der Reschenscheidek bis zum Wechsel, und lausen im Leitha-Gebirge und dem BLkony-Walde aus. Ortles- Gruppe (Ortles 12.390'); Oetzthaler-Gruppe (Wildspitze 11,910'); hohe Tauern (Gro߬ glockner 12.000'); niedere Tauern (Hochgolling 9050'). — Pässe: Finstermünz, Liönzer und Brixner-Klause, Klamm, Mandling. Joch-Uebergänge: Stilsser-Joch (8850'), Brenner (4450'). Radstätter- 5500') und Rottenmanner- (4700') Tauern. — Die nördlichen Kalkalpen ziehen sich vom Bodensee bis zum Kahleuberge bei Wien. Unregelmäßige Formen, zerrissene, lichtgraue Felsen, zahlreiche Engpässe. (Dachstein 9490'.) Pässe: Ehrenberger Klause, Scharnitz. Joch-Uebergänge: Pyhrn, Semmering. — Die südlichen Kalkalpen erstrecken sich in Oesterreich vom Garda-See bis gegen¬ über der Theißmündung. (Veärstta äi Llnrmolata 10.520', Triglav 9037'.) Pässe: Etschklanse, Ponteba, Malborghet. Joch-Uebergänge: Predil, Loibl. Der Karst ist ein ödes Kalkplateau mit vielen Mulden, Trichtern und Höhlen, unter¬ irdischen Grotten und Gewässern, fast ohne offene Flußthäler; aus der Hochfläche ragen nur vereinzelte Hohenzüge und Berghöhen empor. (Niederer Karst im W-, Tschitscher 67 Boden, hoher Karst in Krain; Vellebiö (5570') in der kroatischen Militärgrenze, große und kleine Kapella; in Dalmatien der Berg Dinara (5700'). Die liöhmisch-niährischcii Randgelurge: Der Böhmerwald (Plöckenstein 4314') mit zahlreichen Pässen; das Fichtelgebirge; das Erzgebirge (Keilberg 3937') mit HLusigm Joch-Uebergängen; das Jser-Gebirge (Tafelfichte 4716'); das Riesen¬ gebirge (Schneekoppe 5022'); das Gl atz er Randgebirge (Spieglitzer Schneeberg 4428'); das Gesenke (Altvater 4704'), gewöhnlich mährisches Grenzgebirge, mit zahl¬ reichen Joch-Uebergängen. Die letzteren vier, oft unter dem Namen der Sudeten zu¬ sammengefaßt, mit vielen Joch-Uebergängen. Die Karpathen.- n) Central-Karpathen, das nordungarische Gebirgsland bis zum Durchbruche des Poprad. Die hohe Tatra (Gerlsdorfer Spitze 8350', Lomnitzer Spitze 8300'); die Gebirgsgruppen im östlichen Nordungarn; das siebenb Lo¬ gische Hochland. Pässe: Oytos, Törzburg, Rothenthurm, Vulkan, Eisernes Thor, b) Nördliche äußere Karpathen: Kleine Karpathen und Bioskiden; das Wald¬ gebirge bis zu den Quellen des Viso und der Bistritz. Pässe: Jablunka, Dnkla, De- latyn. e) Südliche äußere Karpathen: Fatra und Matra: Hegyallya; sieben- biirgisches Erzgebirge; Bihar. Die Ebenen nehmen etwa 7s der Oberfläche ein; die größten sind in Ungarn, Galizien und im lemb.-venez. Königreiche. Die große unga¬ rische Tiefebene (1800 OM) von den Karpathen bis zur südlichen Douau, vom Bäkouhwalde bis zum siebenbürgischeu Hochlande. Größtentheils Ge¬ treidebau oder Steppe, an einzelnen Stellen dürre Haide oder Snmpfland. Zwischen der Donau und der Theiß: die Kecskemeter-, zwischen der Theiß und Körös die Debrecziner-Haide. Im südlichen Theile, an welchem sich längs der Drave und Save die kroatisch-slavonische Tiefebene (140 ^M.) auschließt, gedeiht das beste Getreide in reichem Maße. Zwischen dem Bä- kouywalde, den westlichen Zügen der äußeren Karpathen und dem Leitha¬ gebirge ist die kleine ungarische Tiefebene (160 ^M.), welche nach Nie¬ derösterreich und Steiermark hineiureicht. — Am Nordabhange der Karpa¬ then breitet sich die galizische Ebene (900 ^M.) aus, eigentlich ein von mäßigen Hügeln durchzogenes, wellenförmiges Plateau. — Sehr fruchtbar ist die lombardisch-venezianische Tiefebene (lOO^M. auf österrei¬ chischem Gebiete) zwischen dem Südabhange der Alpen und dem Po. Die Gewässer. Das adriatische Meer bespült auf einer Länge von 255 Meilen die vielfach gegliederte österreichische Küste von der Po-Mündung bis südlich von Cattaro. Die venezianische Küste (von der Po-Mündung bis jenseits des Tagliamento) ist flach und nieder; vor den Mündungen der Flüsse haben sich Bänke von Sand und Schlamm gelagert; eine Reihe schmaler Dünen (Diäi) trennt die Lagunen vom offenen Meere. Die i (lyrische (wenig¬ stens vom Jsonzo bis nächst Fiume) ist steiler, zum Theile felsig, die vielen Buchten bilden sichere Häfen. Die kroatische (bis südlich von Carlopago) ist Ebenfalls felsig, aber minder zugänglich als die frühere. Die dalmatinische stt theils sehr steil und zerrissen, theils gänzlich unzugänglich; dagegen haben die Inseln viele treffliche Ankerplätze. — Die größten Golfe sind jene von Ve- nedrg, Triest, Fiume (Quarnero) und die boocbs (spr. bokke) äi Oätturo. Geringste Tiefe bei der Po-Mii»diuig, größte bei der Insel Meleda (2800'). Meeres¬ grund an der Westküste lehmig oder sandig: an der Ostküste mitunter Korallenstämme. An ver Dstknstx zoster Salzgehalt. Ebbe und Fluth nicht bedeutend. Strömung an der Ost- an der Westküste südwärts. Hauptwinde Sirocco (Süd; und Bora (Rordost); im Spätherbste und Winter bedeutende Stürme. Oesterreichs Seeverkehr durch VernnttUmg des „österreichischen Lloyd" in Triest; vorzügliche Kriegshäfen Pola und Cnltaro. Ehemalige Bedeutung Venedigs nnd Dalmatiens, das die besten Seeleute lieferte. 5* 68 Flüsse.— Der nördliche kleinere Theil des Kaiserstaates gehört zum Ge¬ biete der Nord- und Ostsee; der südliche, größere zu den Gebieten des Adria- scheu und Schwarzen Meeres. Mit Ausnahme von Istrien, welches selbst an Küstenflüsfen arm ist, erfreuen sich alle Länder einer entsprechenden An¬ zahl von fließenden Gewässern. Die Hauptflüsse sind: Donau, Dnjestr (schwarzes Meer), Weichsel, Oder (Ostsee), Elbe, Rhein (Nordsee), Po und Etsch (Adriatisches Meer). Das größte Flußgebiet innerhalb Oesterreich hat die Donau (8000 ^M.), das kleinste der Rhein (40L>M.). 1. Der Rhein bespült die Reichsgrenze (Vorarlberg). 2. Die Elbe führt die böhmischen Gewässer der Nordsee (Hamburg) zu. Ursprung am Südabhange des Riesengebirges; von Melnik mit Schis¬ sen (auch Dampfern) befahren. Nebenflüsse: Moldau (schiffbar von Bud- Weis) mit den Zuflüssen: LuLnic, Sazawa, Wottawa, Beraun; — dann Eger und (rechts) Jser. 3. Die Oder entspringt in den Sudeten in Mähren und nimmt den schlesischen Grenzfluß Oppa auf; tritt dann nach Preußen über. 4. Die Weichsel entspringt in den schlesischen Bieskiden, Grenzfluß gegen Preußen und Rußland, nimmt den Dunajec (mit dem Poprad), die Wisloka und San auf, Austritt nach Rußland. 5. Der Dnj estr, vom Nordabhange der Karpathen, Bett und Wasser schlammig, tritt nach Rußland aus. Nebenflüsse: der Strhj, die Lomnica und Bistrica. 6. Der Po, Grenzfluß gegen die italienischen Staaten; flache Ufer, Dampfschifffahrt, Ueberschwemmungen an den Mündungen. Nebenfluß: Mincio (Garda-See, Sümpfe von Mantua). 7. Die Etsch erhält ihre Wasser aus dem Oetzthaler Fernerstock; von Botzen an schiffbar; das Bett im Oberlaufe felsig, im Mündungsgebiete schlammreich (Polesine). Nebenfluß Eisak. 8. Die Donau, Ursprung im Schwarzwalde (Brege, Briegach, Ber¬ einigung bei Donaueschingen). Die wichtigste Verkehrsstraße für Oester¬ reich, welches sie bei Passau betritt und nach einem 176 Meilen langen Laufe bei Orsova verläßt. Im Oberlaufe von Passau bis Wien treten häufige Ver¬ engungen des Flußbettes ein, und auf jede Verengung folgt ein Becken, welche im Mittelläufe (Wien—Orsova) an Größe zunehmen. (Engen: Passan, Grein bis Krems mit Strudel und Wirbel, Greisenstein, Preßburg, Waitzen, oberhalb Orsova; Becken: bei Linz, Tuln, Wien, kleine und große unga¬ rische Tiefebene). Im Oberlaufe starkes Gefälle, im Mittelläufe träger, auen- und inselreich. (Ursprung 2210" Seehöhe, bei Passau beiläng 900", Preßburg 400"; — während sie also auf dieser 120 Meilen langen Strecke (Ursprung—Preßburgj ein Gefälle von 1700" hat, kommen auf den weite¬ ren 254 Meilen laugen Weg (Preßburg-Mündungj nur 400"; daher im Mittel- und Unterlauf träger Lauf). In Oesterreich und bis zur Mündung wird sie von Dampfschiffen (Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft) befahren. Ihre schiffbaren Nebenflüsse sind links die March (mit der Thaya und deren Zuflüssen), Waag, Neutra, Gran, Eipel, Theiß (mit der Sza- mos, Körös und Maros, dem Bodrog und Hernad u. a.), Temes, Aluta, Sereth und Pruth (letztere drei münden außerhalb der Monarchie in die Donau); — rechts: der Inn, die Traun, Enns, Leitha, Raab, Drave (mit der Mur) und Save (mit der Kulpa und Unna). Seen. — Die meisten Seen liegen im Alpengebiete; in den Karpa¬ then kommen zahlreiche Gebirgsseen („Meeraugen") vor; die größten Seen 69 sind im ungarischen Tieflande; die Länder des böhmisch-mährischen Gebirgs- Systems haben keine nennenswerthen Seen. Mit Ausnahme des Garda- See's im Venezianischen gehören alle dem Donaugebiete an. Mehrere Seen werden mit Dampfschiffen befahren. Die wichtigeren sind: Der erwähnte Garda-See (Sarca—Mincio); der Bodensee (Rhein), — der Hallstätter-, Traun-, St. Wolfgang-, Mond-, Atter- und Wallersee; — der Neusiedler- und. der Plattensee im ungarischen Tieflande; — der Millstätter-, Ossiacher- und Wör¬ thersee in Kärnthen; — der Veldessee in Krain. Merkwürdig sind die Karstseen (Cir knitz er-See) wegen ihres wechselnden Wasserstandes. In Böhmen kommen viele Teiche vor. An 200 OM. der Bodenfläche des Kaiser- staatcS find mit Sümpfen bedeckt, zumeist in der ungarischen Tiefebene, namentlich längs der Theiß und in der Nachbarschaft des Neusiedler See's, dann in Galizien. Die Torfgründe liefern ein stets mehr benütztes Brennmaterial. Orte: Prag ... Troppau. Rumburg Trient .. Wien .. Ofen .... Graz.... 14.8° C s-" „ ' 13.0 „ 12.8 „ 12.0° C. 10.9 „ 10.5 „ 9.5 „ 9.4° C. 9.1 „ 7.0 „ K i i m a. Oesterreich liegt in der gemäßigten Zone und hat im Allgemeinen ein mildes, dem Pflanzen- und Thierleben zuträgliches Klima, wovon nur die Hochgebirgsgegenden eine Ausnahme machen. Die kontinentale Lage, die Ausbreitung gegen Osten, vorzüglich aber der Wechsel in den Boden¬ erhebungen bewirken eine große Verschiedenheit in der mittleren Jahres- Temperatur. Der stärkste Temparaturwechsel findet in der ungarischen Ebene statt; die Küstenstriche sind im Allgemeinen geringeren Schwankungen aus¬ gesetzt als die Binnenländer. Man unterscheidet in Oesterreich 3 klimatische Regionen: u) Die südliche (42—46° n. Br.) begreift das lombardisch-vene¬ zianische Königreich, Südtirol, das Küstenland, den südlichen Theil von Kroatien, Slavonien, die Militärgrenze, die Wojwodina und Dalmatien. Kurzer Winter mit wenig Schnee und Eis; es gedeihen außer den Getreide¬ arten der Maulbeer- nnd Oelbaum, Reis, Mais, Wein, die Feigen, hie und da auch andere Südfrüchte. 6) Die mittlere (46—50° u. Br.), das Erzherzogtum Oester¬ reich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Krain, Nord-Tirol, Mähren mit einem Theile Schlesiens, Süd-Böhmen, der größte Theil Galiziens, Ungarn, Bukowina, Siebenbürgen. Längerer, strengerer Winter; noch gedeihen alle Getreide-Gattungen und Mais in Fülle, in einigen Landstrichen sehr gute Wein- und Obstsorten. o) Die nördliche (über 50° n. Br.), Nord-Böhmen, der Rest von Schlesien und Galizien; minder ergiebiger Getreidebau, Flachs, Hanf,(aber in der Regel kein Mais- und Weinbau. Die Regenmenge ist in den Alpenländern am größten, in Dalmatien, Istrien und der ungarischen Ebene am geringsten; hier jedoch häufiger Thau. Gewitter am wenigsten in Niederösterreich, ihre Zahl und Heftigkeit nimmt gegen Süden zu, die häufigsten in der italienischen Ebene in den hohen Alpen- nud Karpatheugegeuden, auch un Böhmerwalde. Hagel am häufigsten in Tirol, Südsteiermark und Unterkrain. "Er den Winden der feuchte Westwind vorherrschend; iu der venezianischen Ebene Nordwind und der Sirocco (iu Tirol „warmer Wind"), der im Frühlinge auf den Alpen rasch schmilzt und dadurch häufig Lawinenstürze und Ueber- Ich> emmnngcu verursacht. Auf dem Karstplatean der Nordvstwiud (Bora). CstUaro ^Tttsere Jahreswärme einiger Venedig Triest Fiume 70 §. 39. Die Bevölkerung im Allgemeinen. Die drei Hauptvölker Europa's: Deutsche, Slaven und Roma¬ nen vertheilen sich in den Gebirgsländern der Monarchie, während der später hinzugekommene Volksstamm der Magyaren vorzüglich das Flach¬ land der mittleren Donau bewohnt. In Hauptmassen genommen gehören die Nordabhänge der Alpen, dann die Gebirgsstrecken des Böhmerwaldes, des Erz-, Riesen- und Sudeten- Gebirges den Deutschen an, welche auch in vielen Sprachinseln längs der Donau und an beiden Seiten der Karpathen weit nach Osten sich aus- dehneu. Sie sind in vielfacher Beziehung die Träger der Industrie, der Wissenschaft und des geistigen Lebens. >—> An den Südabhängen der Alpen wohnen im Südwesten die West-Romanen (Italiener, Ladiner, Friauler); im Südosten die Süd-Slaven (Slovenen, Kroaten und Serben). — In den Gebieten der Sudeten und Karpathen sind die Wohnstätten der Nord-Slaven (Czeckwn, Mährer, Slovaken, Polen und Rutheneu); in den östlichen Karpathen wohnen die Ost-Romanen (Walachen und Mol¬ dauer). — Die Magyaren verbreiten sich in der Ebene an der mittleren Donau und Theiß, sowie die stammverwandten Szekler im siebenbürgi- schen Hochlande. Die kleineren Stämme leben zerstreut in den verschiede¬ nen Königreichen und Ländern. Die Bevölkerung vertheilt sich annähernd in: 8,200.000 Deutsche, 15,300.000 Slaven (11,300.000 Nord-, 4,000.000 Süd-Slaven), 5,700.000 Romanen (3,000.000 wälscher Stamm, und 2,700.000 Ro- mänen), 5,050.000 Magyaren, 1,400.000 kleinere Stämme (16.000 Armenier, über 1,060.000 Juden, 84.000 Zigeuner u. s. w.). Im Ganzen beläuft sich die Zahl der Bewohner gegenwärtig auf nahezu 36 Millionen. Die dichteste Bevölkerung (7671 bis 6646 ans I ^Meile) lebt in den Delegationen Venedig, Padua, Treviso, Mantua und im Kreise Leit- meritz (Böhmen); der Monarchie gehören dem mittleren Durchschnitts¬ verhältnisse an (3798 bis 2083); die schwächste Volksdichtigkeit (1161 bis 975) kommt nur im Alpengebiete Salzburgs, des Innsbrucker und Brücker Kreises, in den ödesten Karpathenstrichen und in der Marmaros vor. Die überwiegende Mehrzahl der Bewohner des Kaiserstaates (au 24 Millionen) bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche; —zur grie¬ chischen Religion gehören etwa 6^ Millionen, (davon uuirte und Z nicht-unirte), welche hauptsächlich in Galizien, der Bukowina, Ungarn, der Wojwodschaft, Militärgrenze und in Dalmatien leben. — Die Zahl der Evangelischen (Protestanten) beträgt über 3 Millionen (zumeist in Un¬ garn) ; ferner leben in Oesterreich Unitarier (meist in Siebenbürgen), einige Anhänger kleinerer Sccten und über 1 Million Israeliten. Die Katholikendes lateinischen Ritus stehen unter 13 wirklichen Erzbischöfen, 53 Buchöfen, einem Viear des nicht-österreichischen Bischofes zu Breslau, einem mit bischöflicher Jurisdiction versehenen Abte nnd dem apostolischen Feld-Vicar in der Armee. Die Katholiken des griechischen Ritus (unirte Griechen) haben 2 Erzbischöfe und 7 Bischöfe; jene des armenischen Ritus 1 Erzbischof. Die Angehörigen der griechisch-nichtunirten Kirchehaben in Karlowitz einen Patriarchen und außer- 71 dem 10 Bischöfe. Die Ev ang elifchen (Augsburger und Helvetischer Coufession) haben mit Ausnahme der ungarischen Länder und Siebenbürgen je ein Conststorium in Wien. Die Israeliten haben Rabbiner und Prediger. ß. 40. Materielle Kultur. Unser Vaterland ist mit den mannigfaltigsten Produkten aus den drei Reichen der Natur gesegnet. Der Boden ist im Allgemeinen fruchtbar, obwohl hierin vielfache Abstufungen unter den einzelnen Ländern Vorkommen, welche von der geographischen Lage der vertikalen Erhebung, der Tempe¬ ratur, der Menge des Niederschlages u. s. f. abhängen. Ueber der Ge- sammtfläche sind anbaufähiger Boden, auf welchem alle wesentlichen Ernäh¬ rungsmittel in ausreichender Menge für die Bevölkerung gewonnen werden. Ungarn mit der Wojwodschaft, Slavonien, Böhmen, Mähren, Galizien und das Venezianische sind eigentliche Getreideländer; — Tirol, Salzburg, Steiermark, Kärnten und Oberösterreich sind besonders zur Viehzucht geeignet, die aber auch in Galizien und Ungarn einen beträchtlichen Theil der Produktion bildet; — die Alpen- und Karpathen-Gegenden sind reich an Salz und Erzen. Die Grundlage des Nationalwohlstandes liegt im Kaiserstaate in den Ergebnissen der Bodenbenützung. An 24 Millionen Einwohner beschäftigen sich theils ausschließlich, theils überwiegend mit der Landwirthschaft (im weitesten Sinne), und der Werth der jährlichen Bo¬ denerzeugnisse wird auf 1700 Millionen Gulden veranschlagt. Verhältnißmäßig, d. i. im Verhältnisse zur Gesammtfläche des betreffenden Landes, haben: Mähren die meisten Aecker, Salzburg die meisten Waldungen, Dalmatien die meisten Weiden, Oberösterreich die meisten Wie¬ sen, Kroatien die meisten Weingärten; — dagegen haben: Tirol die wenig¬ sten Aecker, Venedig die wenigsten Waldungen, Dalmatien die wenigsten Wiesen, Oberösterreich, Salzburg, Schlesien, Galizien und die Bukowina haben entweder gar keinen, oder doch keinen nennenswerthen Weinbau. Die Viehzucht hat im Allgemeinen bis jetzt noch nicht jenen Stand¬ punkt erreicht, daß sie als genügend für den Bedarf des Reiches anzusehen wäre. Die Zucht der Pferde, der veredelten Schafe und der Seidenraupe ist zunehmend und befriedigend. Da jedoch die Grundbedingungen für eine ausgiebige Entwickelung in der Größe des Graslandes und der Alpen vor¬ handen sind, so steht ein Aufschwung in diesem wichtigen Zweige der Land¬ wirthschaft zu erwarten. Mannigfaltig sind die Produkte des Mineralreiches. Gold (etwa 7600 Mark)'und'Silber (über 125.000 Mark) liefern hauptsächlich Sie¬ benbürgen und Ungarn, Silber auch Böhmen; Eisen (6^ Mill. Ztr.) von vorzüglicher Güte Steiermark, Kärnten, Ober-Ungarn, Böhmen und Mäh¬ ren; Kupfer (52.000 Ztr.) Ungarn, Venezien, Tirol, das Banat; Blei (über 140.000 Ztr.) Kärnten, Böhmen, Siebenbürgen und das Banat; Quecksilber (4000 Ztr.) Krain; Zinn Böhmen; Schwefel Kroatien; Graphit Oesterreich u. s. f. An Salz ist die Monarchie außerordentlich reich (über 7 Mill. Ztr. liefern Galizien, die Bukowina, die Marmaros, Siebenbürgen, Obsrösterreich, Salzburg, Ober-Steiermark, Nord-Tirol, dann viel Meersalz); desgleichen besitzt Oesterreich unerschöpfliche Lager von Braun- und Steinkohlen (im böhmisch-mährischen Gebirgssysteme, Steiermark, Ober- und Niederösterreich, Kärnten, Kram, Galizien, Ungarn, im Banat; gegenwärtig beträgt die Jahresansbeute über 73 Mill. Ztr. (ge¬ gen nur 4 Mill. Ztr. im Jahre 1831); Asphalt in Dalmatien u. a. m. 72 Der Reichthum an mannigfaltigen Rohstoffen, Wasserkräften und Brennstoffen, — das große Absatzgebiet im Innern des Reiches und in den benachbarten südlichen und östlichen Ländern, — schützende und begünstigende Gesetze haben in letzter Zeit ein rühriges Leben auf dem Felde gewerblicher Thatigkeit erzeugt , und die Industrie in Oesterreich weiset sehr erfreuliche Fortschritte auf. Allerdings herrscht hierin noch eine große Verschiedenheit unter den einzelnen Ländern. In Böhmen, Mähren, Nieder - Oesterreich, Schlesien, Vorarlberg ist das Fabriks- und Manufakturwesen bereits sehr blühend; — in anderen Provinzen sind zwar größere Fabriksunternehmun¬ gen noch seltener, aber das gewöhnliche Handwerk ist in ausreichender An¬ zahl vertreten; — in Kroatien, Slavonien, der Militärgrenze und Dal¬ matien kommt hingegen selbst das Kleingewerbe nicht hinreichend vor. Den Glanzpunkt des vaterländischen Gewerbefleißes bilden Leinen-, Wollen-, Seiden-, Leder-, Gold-, Silber-, Eisen-, Stahl-, Glas- und Thonwaaren. Auch in Holzwaaren, Chemikalien, Maschinen, musikalischen Instrumenten, Bier, Branntwein, Zucker u. a. hat Oesterreich sich Anerkennung erwor¬ ben. Man schätzt den Werth der jährlichen Industrie-Erzeugnisse auf 1200 bis 1500 Mill. Gulden, wovon ans Böhmen, s auf Niederösterreich, auf Mähren mit Schlesien entfallen; Dalmatien und die Militärgrenze haben den geringsten Antheil daran. Der Handel Oesterreichs ist verhältnißmäßig ansehnlich, und zwar so¬ wohl der Verkehr unter den einzelnen Provinzen , als mit dem Auslande; er wird durch die Lage der Monarchie in hohem Grade begünstigt. Oester¬ reich bezieht Colonial-Produkte , feine Südfrüchte, Vieh, Roh- und Hilfs¬ stoffe für die Industrie aus dem Auslande, und führt Holz, Stahl, Glas und andere Erzeugnisse des Gewerbefleißes aus. Von hoher Bedeutung für den Handelsverkehr sind die Eisenbahnen, Reichs- und Landesstraßen, die Frachtschifffahrt ans dem Adriatischen Meere und den Flüssen. Die wich¬ tigsten Handelsplätze sind: Wien, Triest, Fiume, Prag, Pest, Brody, Botzen, Kronstadt u. a. in. 8> 41. Förderungsmittel der materiellen Kultur. Für die Benützung, Hebung und Erweiterung der natürlichen Hilfs¬ quellen und Schätze, für Förderung der materiellen und geistigen Kultur des Volkes sorgen Staats- und Privatanstalten. Landwirthschafts-Gesellschaften, landwirthschaftliche Ausstellungen urit Prämien-Berthcilung an verdienstliche Landwirthe, Ackerbauschulen, höhere landwirthschaftliche Lehranstalten und Fachzeitschriften, Versicherungsgesellschaften für Gebäude und Bodenprodukte, Geld- und Kredit - Institute u. s. w. arbeiten unmittelbar an der Hebung der Landwirthschaft. Wichtige Hebel, welche auf mittelbare Berwer- thung der Natur- und Kunstprodukte des Landes abzielen, sind die Kom- mnuikationsmittel: die Straßen, Eisenbahnen, die Dampfschifffahrt, das Post- und Telegraphenwesen. u) Die Landstraßen. — Nothwendige Bedingungen für die Unter¬ haltung des Verkehres sind die Straßen. Alle bedeutenderen Orte der Monarchie sind zwar mit einander verbunden, doch nimmt die Menge der Straßen von Westen nach Osten sehr ab. Die wichtigsten Linien werden vom Staate erhalten und heißen Reichs- (oder Aerarial-) Straßen; an¬ dere bauen und erhalten die einzelnen Länder, Bezirke und Gemeinden (Landes-, Bezirks-, Kommunalstraßen). 73 b) Die Eisenbahnen. — Oesterreich besitzt ein eigentliches Eisenbahn- System. Von der Hauptstadt des Reiches laufen vier Harptarme aus: 1. Die Nordbahn, in welche die nördlichen Bahnen Mittel-Europa's ein¬ münden; — 2. die Westbahn für den Verkehr mit Süd-Deutschland und Frankreich; — 3. die Süd bahn für den Verkehr mit Triest und der apenninischen Halbinsel; — 4. der östliche Arm reicht nach Ungarn und den südlichen Donauländern. Von den Hauptrichtungen laufen Verzweigun¬ gen aus, deren mehrere wieder unter einander in Verbindung stehen, und dadurch den Verkehr zwischen den einzelnen Theilen der Monarchie und mit dem Auslande erleichtern. Die einzelnen Bahnen im Jahre 1864 sind: 1. Die Kaiser Ferdiuauds-Norbahn, von Wien nach Krakau und dem An¬ schlüsse au die galizische Bahn, mit zahlreichen Ausästungen; 82'^ östr. Meilen Länge. Eröffnung 1837. Eigene Maschinen-Werkstätten und Kohlenwerke. 2. Die Bahnen der österreichischen Staatseisenbahngesellschaft: u) die nördliche Staatsbahn von Brünn und Olmütz über Prag nach Bodenbach; Länge 62 ö. M. ; b) die südöstliche Staatsbahn, Anschluß an die Norddahn, dann über Preßburg, Pest, Szegedin, TemesvLr, Bazias; Länge 91^ ö. M.; «) die Wien-Neu-Szöny-Bahn, 21 L. M. Eigene Maschinenfabriken, Bergwerke und Waldungen. 3. Die g a lizische Karl-Lu dwig b ahn , von Krakau durch Galizien über Lem¬ berg nach Brodh; noch nicht ausgebaut; im Jahre 1863 bis Lemberg, mit zwei Flügel¬ bahnen; Länge 35 ö. M. 4. Die süd-norddeutsche Verbindungsbahn von Pardubitz nach Reichen¬ berg; Länge 27 ö. M. 5. Die Theiß-Bahn zur Verbindung des Ostens von Ungarn mit Galizien und mit dem Süden. Beendet: Bon Szegled nach Kaschau; Szolnok uach Arad; Püspök- Ladany nach Großwardem. 6. Die südliche Staats-und lombardisch- venezianische Eisenbahn, seit 1858 Actiengesellschaft. Befahren ans etwa 160 ö. M. Linien: Wien — Triest 76 ö. M.; Mödling — Laxenburg; Wiener- Neustadt — Ocdenburg 4'/, ö. M.. KaniLa — Pragerhos in Steiermark; Uj-Szönh nach Stuhlweißenburg; Verona — Botze» und Innsbruck — Kufstein 29'/, ö. M.; — Marburg — Villach; KauiLa — Ofen und Steinbrück — Agram — Sissek; Rabrefina (bei Triest) — Udine — Peschiera mit den Flügeln nach Venedig und Mantua; Länge 49 ö. M. 7. Die Kaiserin Elisabeth-Westbahn (mit den Zweigbahnen Linz — Bud- Weis und Lambach — Gmunden) von Wien an die bairische Grenze; 64 ö. M. lang. 8. Kleinere Bahnen sind: u) Graz — Köflach, 5 ö. M.; b) Kralup — BuAöhrad — Kladno und Prag — Lana, 10 ö. M.; e) Preßburg — Thrnau — Szered, 8'/- ö. M.; ck) Wolfsegg — Traunthaler-Kohlenbahnen, 3. ö. M.; v) Aussig — Teplitz, 2'/g ö. M.; k) Brünn — Rossitz. 3 ö. M; 8) Fünfkirchen — Mohacz, 8 ö. M.; b) Reichenberg — Zittau, in Oesterreich 3 ö. M.; i) Verbindungsbahn in Wien (zwischen dem Nord- und Südbahuhofe), I. ö. M. 9. Die böhmische Westbahn von Prag über Pilsen nach Baiern, mit einigen Abzweigungen. ,o) Die Schifffahrt. — Das Meer, die Seen und Flüsfe sind na- t"Eche, die Canäle künstliche Wasserstraßen. Im Verhältnisse zu den zahlreichen natürlichen Wasserstraßen muß die Länge der künstlichen nur d.bnnge genannt werden, denn das Verhältniß der künstlichen zu den , ^^ibrstraßen ist in Oesterreich wie t:I0. — Von größter Wich¬ tigkeit für dw Flußschifffahrt ist die Donau. Die Donau-Dampfschiff- fahrts-Gesellschaft befährt die Donau von Linz bis Galacz, die Theiß bis Total, die Save bis Sissek, die Drave bis Essegg. Die Elbe, Weichsel 74 und der Po werden gleichfalls von Dampfern befahren. Wichtigere Wasser¬ straßen sind ferner die Moldau, der Inn, die Etsch, der Dnjestr und an¬ dere. — Dampfschiffe fahren auf dem Boden-, Traun-, Platten- und Wörthersee. — Auf dem Adriatischen Meere und in der ganzen Levante vertritt am stärksten der „österreichische Llohd in Triest" die öster¬ reichische Handelsflagge. — Canäle sind nur im Venezianischen, in Nie¬ derösterreich und Ungarn, u. z. stellt der Canal Tart ar o mit dem 0. ki- Llloo, dem 0. Käi^otto (spr. Adidschetto) und jenem von (spr. Lenjago) eine Verbindung des unteren Po und der Etsch her, welche ihrer¬ seits durch den Oaual äi vulls mit der Brenta verbunden ist. — In Nie¬ derösterreich ist der Wiener-Neustädter Canal; — in der Wojwodina ver¬ bindet der Franzens-Canal die Donau mit der Theiß und der Bega-Canal macht die Bega schiffbar; — in Ungarn entwässert der Särviz-Canal den Sumpfboden zwischen Stuhlweißenburg und Szekßard und der Albrecht- Karasicza-Canal jenen in der Baranha. Die D onau-Damps ch isfahrt s-Gelellschaft hat 130 Personenboote und Remor- queure mit 30.000 Pserdekraft, dann 490 Schleppschiffe. Kapital 28 Mill. Gulden. Der österreichische Lloyd, gegründet im Jahre 1833, hat 68 Dampfer und ein be¬ rühmtes Arsenal in Triest. Actieukapital 9,410.000 fl. 6) Das Pvstwcsen und die Telegraphen sind Staatsanstalten nnd in fortwährender Zunahme begriffen. Im Jahre l860 wurden bei sämmtlichen Postämtern der Monarchie über 79,s Mill. Privatbriefe, 26^ Mill, amt¬ liche Pallete, an 14^ Mill. Fahrpostsendungen und Geldsendungen im Werthe von nahe 3400 Mill. Gulden befördert. Die Anlegung von Telegraphenlinien hat in Oesterreich im Jahre 1847 begonnen; gegenwärtig beträgt deren Länge schon über 1660 deutsche Meilen mit mehr als 200 Stationen. Längs der Eisenbahnen und Post¬ straßen, über Berge nnd Flüsse spannen sich die Fäden des Telegraphen¬ netzes und knüpfen sich an 24 Punkten der Reichsgrenze an die Linien be¬ nachbarter Staaten an. Von Ragusa wird nach den jonischen Inseln, nach Griechenland und Aegypten ein unterseeischer Telegraph gelegt werden. Weitere Förderungsmittel der materiellen Kultur sind die Geld- und Kredit-Institute (Nationalbank, Kreditanstalt, Escomptegesellschaft u. a.), die Versicherungsanstalten, Sparkassen, Handels und Gewerbekammern, Gewerbe¬ vereine, Gewerbeschulen, Industrie-Ausstellungen, Industrie-Privilegien u. s. s. Z. 42. Geistige Kultur. Für die sittliche Veredlung und geistige Ausbildung der Nation sorgen Kirche und Schule. Die Schulen werden in Volks-, Mittel- und Hochschulen eingetheilt. Die niederen Schulen (Volks- und Elementarschulen, Trivial-, Haupt- Wiederholungsschulen) sollen in der Regel von allen Kindern im Alter von 6 —12 Jahren besucht werden. Im ganzen Reiche gibt es über 32.000 (kath. und akath.) Volksschulen, die von mehr als 2^ Millionen Kindern besucht werden. Im Allgemeinen entfallen in der Monarchie auf 100 schul¬ pflichtige 64 schnlbesuchende Kinder; doch ist der Schulbesuch in den verschiedenen Ländern der Monarchie noch vielfach ungleich^). *) So ist z B. dasBcrhältniß der schul pslichti gen zu den schulbesuchendenKinderu in d. Bukowina wie 100 : lOiin Ungarn ......100 : 61 in Ob. -u.N.-Ost. 100 : 98 „ Galizien 100 : 16 „ Steiermark.WO: 80 „ Mähren . 100 : 89 „ Dalmatien.100 : 13 „ Böhmen.100 : 96 „ Tirol m. Boralb. 100 : 103 „ Venedig 100 : 32 d. h. der Schulbesuch wird noch über die Grenze des Pflichtigen Alters fortgesetzt u. s. w. 75 Die Mittelschulen sind Gymnasien und Realschulen; erstere be¬ reiten für die gelehrte Laufbahn (Priester, Lehrer, Staatsbeamte, Aerzte, Rechtsgelehrte u. a.) vor, letztere für die industrielle und kaufmännische. Gymnasien bestehen etwa 220 mit über 50,000 Schülern; — Realschulen (selbstständige und unselbstständige) beiläufig l50 mit etwa 25.000 Schülern. Die Zahl der Letzteren ist besonders in rascher Zunahme begriffen. Ueber- dies bestehen viele Landwirthschafts-, Gewerbe- und Handelsschulen. Zu den Hochschulen gehören die Universitäten und technischen In¬ stitute. Vollständige Universitäten bestehen in Wien, Prag, Krakau, Pest, Graz und Padua, unvollständige zu Lemberg und Innsbruck. Polytechnische Institute sind in Wien und Prag, das Joanneum in Graz, die technischen Anstalten in Brünn, Krakau und Lemberg, das Josephs-Polytechnikum in Ofen. Außerdem bestehen in Oesterreich höhere Special-Fachschulen: 113 kath. theologische Lehranstalten aller drei Riten, die k. k. evangelisch-theologische Facultät in Wien und andere siir christliche Consessionen in den Provinzen; 5 Rechtsakademien, die orientalische Akademie in Wien, landwirthschasiliche, Forst- und Bergakademien, höhere montanistische Lehranstalten, Akademien der Künste, Akademie für Handel und Schiff¬ fahrt in Triest, die Handelsakademie in Wien, höhere Handelslehranstalten in Pest nnd Prag, nautische Schulen, Thierarznei-Jnstitnte. Zahlreiche Untcrrichtsanstalten für das Militär. Elementare Specialschulen für Blinde, Taubstumme und Waisen, sowie für die weibliche Jugend. Die Vermehrung und Hebung der Volksschulen, die Organisirung der Mittelschulen und Hochschulen, die Errichtung zahlreicher Specialschnlen haben in neuester Zeit große Fortschritte gemacht, nnd üben jetzt einen nicht zu verkennenden Einfluß auf Wissen¬ schaft, Kunst, Gewerbe und Handel. §. 43. Verfassung und Verwaltung. IV Verfassung. Die staatliche Grundlage der Gesammt-Monarchie bilden: n) die pragmatische Sanktion Kaiser Karl des VI. vom 19. April 1713, — b) das Kaiser-Patent Kaiser Franz des I. vom 1. Aug. 1804, — o) das October-Diplom vom 20. October 1860 und — ä) das Februar-Patent vom 26. Februar 1861 — beide von Kaiser Franz Joseph I., unserem regierenden Monarchen. Die pragmatische Sanction bestimmt die Successions-Ordnung und begründet die Zusammengehörigkeit und Untrennbarkeit aller Länder der Monarchie. Dieses Staatsgrnndgesetz wurde zuerst von den Ständen Nieder- Oesterreichs (im I. 1720) anerkannt, dann von jenen in Steiermark, Kärn¬ ten und Kram, Tirol, Schlesien und Mähren. Im gleichen Jahre nahmen die böhmischen Stände die pragmatische Sanction, als mit den Grundge¬ setzen des Landes vollständig übereinstimmend, an, und erklärten sich bereit, „dieselbe in allen Zeiten zu vertheidigen". Auf dem Landtage des I. 1722 wurde sie den ungarischen Ständen vorgelegt „und von allen Ständen des Reiches mit Bereitwilligkeit und Freudigkeit aufgenommen". Dieser Beschluß wurde dem Landtags-Decret vom I. 1723 einverleibt; die Erb¬ folge des Hauses Oesterreich, die unlösbare Verbindung Ungarns mit der Gesammt-Monarchie ist dadurch ein unverrückbares Landesgesetz geworden. In dem gleichen Jahre (l722) haben auch die Stände von Kroatien und jene ^Siebenbürgen die pragmatische Sanction angenommen. . ^"t dem Patente vom 1. August 1804 legte Kaiser Franz I. dem von Oesterreich mit Rücksicht auf dessen unabhängige Staaten den erblichen Kcnsertitel bei: „Kaiserthum Oesterreich." 76 Das Diplom vom 20. October 1860 enthält die maßgebende Norm für den aufzuführenden Verfassungsbau des Reiches. Mit dem Patente vom 26. Februar 1861 sind die Grundgesetze für die Reichsvertretung und die Landesvertretungen für die Landtage der „Königreiche und Länder" veröffentlicht worden. — Zur Reichsvertre- tung wäre, dem Februarpatente zufolge, der Reichörath berufen. Der Reichsrath besteht aus zwei Häusern: dem Herrenhause und dem Hause der Abgeordne ten; die Mitglieder des Herrenhauses werden vom Kaiser ernannt, die Mitglieder des Abgeordnetenhauses von den einzelnen Land¬ tagen aus ihrer Mitte gewählt. Die Mitglieder des Herrenhauses sind solche, denen der Kaiser die erbliche Reichsrathswürde verleiht, oder es ist diese Würde mit einer gewissen Stellung verbunden, oder sie wird auf Lebensdauer verliehen. In das Haus der Abgeordneten soll¬ ten durch Wahl der Landtage 343 Abgeordnete kommen. Das Recht, Ge¬ setze zu geben, abznändern nnd aufzuheben, wird nur unter Mitwirkung der Landtage beziehungsweise des Reichsrathes ausgeübt. Mit Patent vom 20. September 1865 ist die Februar-Verfassung sistirt worden. — In Lan¬ desangelegenheiten wird jedes Kronland vom Landtage vertreten, welcher nebst den Kirchenfürsten der Provinz und dein Raotor iLluAmkious der Uni¬ versität aus gewählten Abgeordneten besteht, die vom großen Grundbesitz, von Städten und Märkten, von den Handels- und Gewerbekammern und von Landgemeinden gewählt werden. Als verwaltendes und ausführendes Organ der Landesvertretuug besteht in jedem Kronlande ein Land es aus¬ schuß, gewählt vom Landtage aus seiner Mitte, unter dem Vorsitze des Landmarschalls oder Landeshauptmanns. L. Verwaltung. Die Staatsverwaltung wird im Namen Sr. Majestät des Kaisers von den Staatsbehörden geübt. Zum unmittelbaren Dienste des Kaisers bestehen: für Civilangelegenheiten die geheime Ca¬ li inet skanz lei, —- für Militäraugelegenh eiten die G eneral- Adju¬ tantu r. Die höchste Verwaltungsbehörde des Reiches ist das Ministerium. Unter Gesammt-Ministerium versteht man die einzelnen Ministerien unter ihrem Minister-Präsidenten vereinigt. Die einzelnen Ministerien sind: Prä¬ sidium des Ministerrathes, — Ministerium des kaiserlichen Hauses und für auswärtige Angelegenheiten, — Staatsministerium,— Ministerium des Krie¬ ges, — Ministerium der Finanzen, — Ministerium für Handel und Bolks- wirthschaft, — Ministerium der Justiz, — Ministerium der Polizei. — Über¬ dies bestehen drei Hofkanzleien: die ungarische, die siebenbürgische und die kroatisch-slavonische; — die oberste Rechnungscontrollsbehörde und andere Centralstellen. Eine b erathend e Behörde ist der Staatsrath, welcher dem Kaiser und seinem Ministerium zur Seite steht, dessen Präsident Minister¬ rang hat. Der Staatsrath hat zunächst die Gesetzentwürfe, welche zur Vor¬ lage an die Landtage oder den Reichsrath kommen sollen, oder welche von diesen Vertretungskörpern ausgegangen, zur kaiserlichen Genehmigung (Sanc- iion) vorzulegen sind, sowie andere wichtigere Verwaltungsangelegenheiten zu berathen. Der Kaiser behält es sich vor, das Gutachten des Staatsrathes auch in anderen Angelegenheiten einzuholen. An der Spitze der Verwaltung steht in jeder Provinz ein kaiserlicher Statthalter (auch Landesregierungs-Präsident) als Chef der Statthal- 77 terei und der ihr unterstehenden Kreise (Comitate, Delegationen), welche in Bezirke (Stuhlbezirke, Districte, Präturen) zerfallen. Die unterste Stufe im Berwaltungsorganismus ist die Gemeinde, sie ist die eigent¬ liche Grundlage desselben. Die Gemeinde wird vom gewählten Gemeinde- rathe vertreten; die ausübende Behörde ist der Magistrat. An der Spitze der Gemeinde- (Communal-) Vertretung und Verwaltung steht der Bür¬ germeister. Die einzelnen Bestandtheile der Monarchie. -L.44. Das Erzherzogtum Dcsterreich (unter der Enns). S* ' (Niederösterrcich.) 366-^Meilcn; Einwohner; (mit Ausnahme der Residenz) fast durchgehends Katholiken und deutschen Stammes. — Grenzen? Das Land- — Niederösterreich ist zu H Bergland. Südlich von der Donau ziehen Theile der nördlichen Kalkalpen, welche aus Oberösterreich und Steiermark in das Land streichen (Oetscher, Raxalpe, Schneeberg); im Südosten tritt die letzte Bergreihe der Centralalpen (Wechsel) in das Land; der Wienerwald mit dem Kahlengebirge bildet einen Ausläufer der ersteren, das Leithagebirge einen der letzteren. Nördlich von der Donau bildet die Südabdachung des böhmisch-mährischen Gebirges bergige Hochflächen, deren Rand gegen das östliche Hügelland der Maunhartsberg heißt. Die größte Ebene enthält das Wiener-Becken an beiden Donau-Ufern. Am linken Ufer bis zu den kleinen Karpathen liegt das fruchtbare Marchfeld, sowie das Tulner-Feld, nordwestlich vom Wiener-Walde; am rechten das anmuthige, fruchtbare Wiener-Becken im engeren Sinne, in dessen südöstlichem Theile sich das unfruchtbare Neustädter-Steinfeld ausbreitet. Der Hauptfluß des Landes ist die Donau, welche fast alle Gewässer des Landes aufnimmt. Rechts: die Enns, Jps, Vielach, Erlas, Traisen, Wien, Fischa, Leitha; — links: die Kamp und March (mit der Thaya). Schiffbar sind nur die Enns und March; die übrigen werden theils zur Holztriftung, theils für industrielle Zwecke benützt. Das starke Gefälle der Alpengewässer bietet der Industrie bedeutende Wasserkräfte für die zahlrei¬ chen Mühlen und Hammerwerke; der Wasserreichthum in der Ebene für Spinnereien. Der Wien-Neustädter Canal dient zumeist für den Transport von Brenn- und Baumaterialien nach der Residenz (Schiffe mit 500 bis 800 Zentnern.) Landesverfassung, Landesverwaltung, Orte: Der niederösterreichische Landtag besteht aus-M-Mitgliedern: dem Fiirsterzbischofe von Wien und dem Bischöfe von St. Pölten — dem Rsetor-Lla^uitlaus der Wiener Universität, 15 Abgeordneten des großen Grundbesitzes,-«* der Städte und Märkte, 4 der Wiener Handelskammer und 20 der Ewgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Niederösterreich oberste Verwaltungsbehörde ist die k. k. nied.-österr. Statthalterei, V' Bezirksämter unterstehen. Die keinem Bezirksamte nnterstehende Landes-, W?.. und Residenzstadt des Kaisers ist LvMl (über 57->,ooo E-), die größte, bevölkertste und bedeutendste Stadt der Mon¬ archie. Lue L>tadt mit ihren 36 Vorstädten hat einen Flächeninhalt von mehr als I 78 eM. und an 9090 Häuser. Sie ist der Sitz der höchsten Reichsbehörden und eines Erzbischofes. Vorzügliche Kirchen sind: die im gothischen Style erbaute Metrvpolitan- kirche zu St. Stephan, die Karlskirche, Maria Stiegen, Augustiner - Hofpfarrkirche (Mausoleum der Erzherzogin Maria Christiana, von Cauova), Kapuzinerkirche mit der kaiserlichen Gruft, Minoritenkirche mit dem Mosaik nach I-souuräo ckaVinoi, Alt-Ler- chenselderkirche, die im Ban begriffene Votivkirche u. v. a. Unter den Gebäuden verdienen Hervorhebung: die kaiserliche Burg, das Arsenal, das Belvedere (mit Gemäldegallerie), viele Staats- und Privat-Paläste, Akademie der Wissenschaften, Münzgebäude, Haupt¬ zollamt, die Palais des Erzherzogs Albrecht, Fürst Liechtenstein, Graf Harrach, Fürst Schwarzenberg; das neue Bankgebäude, die Credit-Anstalt, die Handelsakademie, die Bahnhöfe n. v. a. Berühmt sind die großen kaiserlichen Sammlungen: Hofbibliothek, Naturalien-, Münz- und Äntikenkabinet, Schatzkammer, Ambraser-Sammlung, Aka¬ demie der bildenden Künste, Kunstvereine. Mehrere Monumente (Kaiser Joseph-, Kaiser Franz- und Erzherzog Karl-Monument), Theseustempel im Volksgarten u. a. Wissen¬ schaftliche Anstalten: Akademie der Wissenschaften, Universität mit großartigen Samm¬ lungen, geologische Reichsanstalt, geographische Gesellschaft, Seminar, Augustineum, Theresianum, polytechnischesJnstitut, Josephs-Akademie zur Bildung von Militärärzten, orientalische Akademie, Handelsakademie, 4 Gymnasien, 4 vollständige Realschulen, Privat-Real- und Handelsschulen u. s. w. Für Handel und Industrie: Nativualbank, Creditanstalt, Escompte-Anstalt, Geld- und Waarenbörse, Sparcasse, mehrere Assecu- ranz-Gesellschasteu, Donau-Dampsschifffahrtsgesellschaft, Handels- und Gewerbekammer, Gewerbeverein, Gewerbeschulen, Landwirthschasts- und Gartenbau-Gesellschaft. Viele Sanitäts- und Wohlthätigkeits-Anstalten, darunter: L-pitäler, Taubstummen- und Blin¬ denanstalt, Irrenhaus, Waisenhaus, Jnvalidenhans. Belustigungs- nud Erholungsorte: der Prater, Augarten und andere Gärten, 6 Theater, herrliche Umgebungen mit schönen Landhäusern. Erste Fabriks- und Handelsstadt des Reiches. Kaiserliche Lustschlösser: Schönbrunn, Hetzendorf, Laxenburg. Bemerkenswerthe Orte sind ferner: 1. Wiener-Neustadt (13.000 E.) Militär- Akademie, wichtige Industrie (Maschinen, Baumwollspinnerei, Seidenwaaren, Band¬ fabriken, Zuckerrafsinerien); Geburtsort und Grab Kaiser Max I. Baden, warme Schwefelbäder, reizende Umgebungen. Jndustr ie plä tz e: Neunkirchen, Eisen¬ gießerei, Baumwollspinnerei; Pottendorf, die größte Baumwollspinnerei Oesterreichs (200 Maschinen, 62.000 Spindeln, über 1300 Arbeiter); für Baumwollspinnerei noch: Waltersdorf, Trumau, Schwadorf, Fahrafeld, Felixdorf u. a.; Pitten, Kleiu-Reu- siedel und Ebenfurth Papier; Jnzersdorf am Wienerberge, die größte Ziegel¬ brennerei der Erde. Schwechat und Liesing, Bierbrauereien. Mödling, Gum¬ poldskirchen, Vöslau, Grinzing, Weidling, Klo st er neuburg, Weinbau. Hainburg (Hennebnrg im Nibelungenliede), große Tabakfabrik. Stifte: Kloster¬ neuburg und Heiligenkreuz von Leopold dem Heiligen errichtet (in den Jahren 1108 und 1135); im ersten Reliquien des Stifters, im zweiten Gruft der Babenherger. 2. St. Pölten, Bischofssitz; berühmte Abteien: Melk, Seitenstätten, Her¬ zogenburg, Lilienfeld. Jndustrieorte für Eisenwaaren: Waid h o se u an der Jps, Scheibs, St. Egyd; Tuln, Tulnerfeld. 3. Korneuburg, Werste der Dampfschifffahrtsgefellfchaft: S tockerau, Monturs- Oekonomie-Hanpt-Lommission; Aspern, Sieg des Erzherzogs Karl über Napoleoni. (22. Mai 1809); bei Jedenspeigen Sieg Rudolph's von Habsburg über Ottokar von Böhmen (1278); Rötz, Mailberg und Bisamberg, Weinbau; Maissau Sasrankultur; Dürnkrut, Absd^orf, Rübenzucker. 4. Krems (5390 E.); St ein, Stapelplatz für den Donauhandel. Abteien: Zwettl und Geras; Maria Taferl, Wallfahrtsort; Waidhofen an der Thaya und Groß-Si eghardt, Leinen- und Baumwollindustrie. Burgen: Dürrenstein und Rosenburg bei Horn, Persenbeug. Ku ltnrbild. Der größte Theil des Landes ist Berg- und Hügelland mit sand- und kalkhaltigen Lehmabhängen. Mehr als 90°/„ des Bodens sind anbau¬ fähig; davon entfallen über 40°/„ auf das Ackerland, 34°/„ auf Waldun¬ gen, 14'7» auf Wiesen und Gärten. Der Ackerboden ist im Allgemeinen nur mittelgut, die fruchtbarsten Theile sind das Tulner- und Marchfeld. 79 Der stärkste Ackerbau herrscht in den Donauebenen, an der March und Thaya; doch reicht die jährliche Erzeugung für den Bedarf des Landes, zu¬ nächst der Residenz mit der starken Bevölkerung nicht aus. Der Anbau von Flachs und Hanf ist abnehmend; Senf wird bei Krems, Saffran bei Maissau gebaut. Wichtig ist der Weinbau auf etwa 8 ^W., der an 2 Mill. Eimer Wein, mitunter von ausgezeichneter Güte liefert (Gumpoldskirchen, Vöslau, Rötz u. a.). Im westlichen Theile wird die Viehzucht betrieben (Rindvieh, veredelte Schafe, Geflügel, Bienen). — Unter den Produkten des Berg¬ baues ist die Gewinnung der Steinkohle im Umkreise des Wiener-Waldes bedeutend; außerdem gewinnt man Eisen, Alaun, Graphit, vortrefflichen Kalk, Gyps und Mühlsteine. In der Industrie nimmt Niederöstereeich den ersten Rang unter den österreichischen Kronländern ein; insbesondere bildet Wien nebst Um¬ gebung den Mittelpunkt dafür; zunächst steht der südöstliche Laudcstheil. Der jährliche Crzeugnngswerth dürfte wohl auf mehr als 150 Millionen Gulden veranschlagt werden, wovon ans die Residenz über Vz entfallen. Die Ge- werbethätigkeit liefert die mannigfaltigsten Erzeugnisse. Für Wien sind von Bedeutung: die Seidenwaaren, Shawls, Galanterieartikel (aus Gold, Sil¬ ber, Legirungeu, Leder, Meerschaum), Modewaaren, Leder, Maschinen, phy¬ sikalische und musikalische Instrumente, chemische Produkte; für Wien und den übrigen Theil des Landes: Bamwollgespinnste (46 große Spinnereien mit über 550.000 Spindeln), gedruckte Baumwoll- und Schafwollwaaren, Papier nnd Papierwaaren, Zucker und Eisenwaaren. Auch die Leinen- und Zwirn erzeugung, Oelfabriken, Glashütten, Spiegelsabrikation und die Bier¬ brauereien sind bedeutend. Aerarische Etablissements: Staatsdruckerei nnd Porzellanfabrik in Wien, Papierfabrik Schlögelmühle bei Gloggnitz, Tabak¬ fabrik Hainburg. In Nieder-Oesterreich sind alle namhafteren Zweige des Gewerbfleißes vertreten; die meisten großen Fabriken der Monarchie haben hier ihre Niederlagen; Wien bildet gleichsam eine permanente Industrie- Ausstellung. In den meisten Zweigen ist ein Aufschwung bemerkbar. Die Residenz ist ferner der Hauptsitz des österreichischen Handels, indem von da aus die Artikel des Gewerbefleißes nicht nur nach allen Provinzen, sondern auch in das Ausland abgesetzt und von allen Seiten Rohstoffe und Fabrikate bezogen werden. Die Donau, die Eisenbahnen, gute Steinstraßen fördern den Verkehr, für dessen Hebung zahlreiche Geld-, Assekuranz- und Kreditinstitute, Gesellschaften nnd Vereine thätig sind, welche sich der Unter¬ stützung der Regierung erfreuen. Für die geistige Kultur sorgen nebst den (bei der Residenz) erwähnten wissenschaftlichen Anstalten des Staates, der Kommnne und der Privaten aus dem Flachlande nahezu 1100 Volksschulen, mehrere Realschulen (Kor- neuburg, Wiener-Neustadt, Vaden, Krems, St. Pölten u. a.) und Gymnasien (Wiener-Neustadt, Melk, Krems, vollständige; Seitenstetten und Horn Unter- Gymnasten). Bon 100 schulfähigen Kindern besuchen 98 wirklich die Schule, wahrend die übrigen größtentheils häuslichen Unterricht genießen. — Die Residenzstadt Wien ist der Mittelpunkt für die technische und geistige Kultur E"s,^nn Richtungen, sowie sie der Mittelpunkt des staatlichen Lebens 80 Z. 45. Das Crcherzagthmn Bcherreich (ob der Enns). (Obcrösterrcich.) 218 ^Meilen; 714.060 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken und deutschen Stammes. — Grenzen? Das Land. — Oberösterreich ist größtentheils Gebirgslands seine südliche Hälfte füllen Theile und Ausläufer der nördlichen Kalkalpen, den nördlichen Theil Zweige des herzinischen Berg-Shstemes aus. Im Quell¬ gebiete der Traun erhebt sich die Dachsteingruppe, mit dem einzigen Gletscher und dem höchsten Punkte des Landes (Dachstein 949(L) ; zwischen der Traun und Steier ist die Gruppe des großen Priel; zwischen der Steier und Enns jene des Phrgas; niedere Vorgruppen erfüllen den Raum zwischen Traun und Enns bis gegen die Donau. Zwischen der Traun und dem Inn liegt der Hausruckwald. Das linke Donauufer erfüllen Abhänge und Ausläufer des Böhmerwaldes. — Das Hauptthal des Landes ist das Donauthal, die bedeutendsten Nebenthäler sind au der Südseite (Inn-, Traun- und Ennsthal). Vyn Linz bis über Wels breitet sich die größte Ebene des Landes aus, die Welser Haide, welche nur durch unsäg¬ lichen Fleiß der Kultur gewonnen wurde. Das Land ist wasserreich und gehört fast ganz zum Donaugebiete. Die Donau tritt unterhalb Passau mit dem rechten, bei Engelhartszell auch mit dem linken Ufer in das Land, welches sie an der Enns-Mündung mit dem rechten, bei Sarmingstein mit dem linken Ufer verläßt. Der für die Schiffahrt früher gefährliche „Strudel" und der „Wirbel" (unterhalb Grein) sind durch Felsensprengungen fast unschädlich gemacht worden. Die größten Nebenflüsse sind am rechten Ufer: der Inn, die reißende Traun, welche durch den Hallstädter- und Gmundner-See fließt, bald nach dem Austritte aus dem letzteren einen herrlichen Fall bildet, und deren oberes Thal mit den umliegenden malerischen Alpengruppen („Panorama des Schafberges") und zahlreichen Seen das „schöne Salzkammergut" heißt, — dann die Enns mit der Steier. Am linken Ufer fließt ihr die Mühl zu, auf welcher sehr viel Holz geschwemmt wird. Die prachtvollen Seen (Gosau-, Hallstätter-, Gmundner-, Atter-, Mond-, St. Wolfgang-See n. a.) liegen im Gebiete der Traun. — Das Klima ist rauher als in Niederösterreich, wovon die Flora des Landes abhängt. Landesverfassung, Verwaltung und Orte : Der Sitz der Landesregierung ist Linz. In Landesangelegenheiten wird Oberösterreich vom Landtage vertreten. Der Landtag besteht aus 50 Mitgliedern: dem Bischöfe von Linz, 10 Abgeordneten des großen Grund¬ besitzes, 17 Abg. der Städte und Jndustrieorte, 3 der Linzer Handelskammer und 19 Abg. der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des ReichSrathes sendet er Vertreter. Die Hauptstadt ist Linz (27,700 E.), Statthalterei, Bisthum ; 32 Befestigungsthürme (Maximilians- Thürme); Museum bl-rrneiseo-varolionin, Gymnasium, Oberrealschule, Institute für Blinde und Taubstumme, Privatschulen. Steigende Industrie (Schafwollstoffe, Ledern, a.); Schiffswerfte, Stapelplatz für den Donauhandel; Handels- und Gewerbekammer, Sparcasse, Feuer-Assecuranz. Reich an Wohlthätigkeits- und Humanitätsanstalten. Bor- I n d n st r i e l l e O rt e : K l e inni ü n ch e n, Knnstmiihle, Baumwollspinnereien ; S t ru- den, Zündwaarenfabrik; Haslach, Leinenweberei; Vorder- und H in t erw eißen- bach, Leinwandblcichen; Manthhausen, Granitbrüche, Pflastersteine für Wien. 2. Ried (3500 E.), Weberei, Getreidehandel; Schärding, Bierbrauerei, Holz¬ handel, Jnnbrücke; Braunau, Schiffbau, Bierbrauerei, Weberei. 81 3. Wels (6000 E.), Kaiser Max I. starb hier am 12. Jänner 1519; Hallstatt, Ischl und Ebensce Salzsudwerkc, in Ischl stark besuchte Solcnbäder; Gmunden, Hauptniederlage des im Salzkammergute gewonnenen. Kochsalzes, Eisenbahn über Linz nach Budweis; bei St. Wolfgang der Schafberg. Bcnediktinerstift Lambach (vom I- 1056); ffiechtau (Vicchtau), Hanptsitz der Erzeugung von Holzspiclwaarcn; Wolfs¬ egg, mächtige Brauukohlenlager. St ei er (lO.OOO E.), berühmte Eisen- und Stahlwaaren-Erzeugung (das öster¬ reichische „Birmingham"); Realschule; wichtiger Handel mit Eisenwaarcn ; En ns, sehr alte gewerbefleißige Stadt, in der Nähe das Dorf Lorch (römische Colonie Wsirri-rerrm; st 304 der heilige Märtyrer Florian); berühmte Stifte: St. Florian (im I. 1071) und Krem sm nn st er (im I. 777). Industrielle Orte: Mölln (Maultrommeln); die Werke der Stahlwerksgesellschaft: Weyer, Groß- und Reichrami ng (Gußstahl- erzengnng); Micheldorf, Spital am Pyhrn, Kirchdorf u. a. Sensenerzeugung. Hall, berühmte Jod-Heilquellen. K uttur bi l d. Dieses an Natnrschönheiten reiche, von einer fleißigen, vorwärts stre¬ benden Bevölkerung bewohnte Land zeigt in allen Zweigen menschlicher Thä- tigkeit erfreuliche Ergebnisse, welche zu noch schöneren Hoffnungen berechti¬ gen. Ueber90A der Gesammtfläche sind productiv; über entfällt davon auf das Ackerland und fast eben so viel auf den Waldstand. Die fleißige Bebauung liefert Getreide über den Bedarf; der Wiesenbau und sehr gute Alpenweiden befördern die Viehzucht. Die öberösterreichischen Bauernwirth- schaften könnten vielfach als Muster dienen. Außer Roggen und Weizen, die im Flachlande gebaut werden, ist die Kultur von Most-Obst, woraus der Cider (Aepfelweiu, Birnen- und Aepfelmost) bereitet wird, sehr ausge¬ dehnt. — Der Bergbau liefert hauptsächlich Braunkohle und Salz; erstere zu Wolfsegg u. a. O. (über eine Million Zentner), an letzterem liefern Hallstadt, Ischl, Ebensee jährlich über eine Million Zentner. — Den wich¬ tigsten Industriezweig bildet die theils fabriksmäßige, häufiger jedoch handwerksmäßige Erzeugung von Eisen- und Stahlwaaren, wofür das Roh¬ material auf der Euus aus Steiermark bezogen wird. In Sensen und Sicheln behauptet es den ersten Rang (Micheldorf - Kirchdorfer Innung im Kremöthale); doch werden auch Messer (Steuer), Nägel (Losenstein), Hand¬ werkzeuge und Geräthschaften sehr geschätzt. Der Mittelpunkt für diese In¬ dustrie, für welche über 700 Etablissements bestehen, und deren jährliche Erzeugung auf 4 Mill. Gulden bewerthet wird, ist Steier. Die Erzeugnisse finden nicht nur im Jnlande Absatz; sie gehen in den Orient, nach den Douaufürsteuthümeru, auch nach Rußland, bis nach Kamtschatka und nach Nord-Amerika. — Die Baumwollindustrie macht glänzende Fortschritte; die Baumwollspinnerei hat die Sensen-Judustrie im Productionswerthe so¬ gar schon überflügelt. In der Le inen Weberei herrscht, namentlich im ehe¬ maligen Mühlkreise, reges Leben. Die Schafwollwaaren finden überall Anerkennung. Die Leder- und Papiererzeugung schreiten ebenfalls vor- wärts. Die Holzindustrie ist bedeutend (Schiffbau, ordinäre Holzwaaren Berchtesgadncrmaaren oder Schnitzereien). Die Bierbrauereien stehen in gntem Rufe. — Für den Handel und Verkehr ist die Schiff- sa/rt auf der Donau, der EnnS und der Traun mit ihren Zuflüssen von Außer den zahlreichen schiffbaren Flüssen (Donau, Inn, Traun, a'Ts "H) und flößbaren Bächen hat das Land ein ausgedehntes Netz ""d Landstraßen, die Gmunden-Linz-Budweis- und die Elisa- bety-Westbahn (mit einer Abzweigung nach Passau), letztere als die kürzeste Lnne von Wien über Süddeutschland nach Frankreich. Oberösterrcich führt K l u », Geographie 7. Auflage. (j 82 sowohl Bodenprodukte als Industrie-Erzeugnisse aus; der Wohlstand der Bevölkerung ist zunehmend. Staats- und Gemeindeanstalten sorgen für die geistige Ausbildung. An Volksschulen bestehen etwa 500; in Linz, Freien¬ berg (bei Linz) und Kremsmünster sind Oberghmnasien; eine Oberreal- und eine Handelsschule sind in Linz; in Steier, Wels und Ried Unterrealschu¬ len. Humanitäts-Anstalten und Vereine sind für das leibliche und geistige Wohl der arbeitenden Bevölkerung sehr thätig. tz. 46. Das Herzogtum Salzburg. 130 OMeilen; 147.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken und deutschen Stammes. — Grenzen? Das Land. — Salzburg ist ein Gebirgslaud, eine Fortsetzung des Tiroler Alpenlaudes; nur im Norden geht das Salzathal in die bairische Ebene über. An der Südgrenze (gegen Tirol und Kärnten) sind die h o h e n Tauern, mit Gletschern bedeckt. (Krimmler-, Felber-, Fuscher- und Hei¬ ligenbluter-, Mallnitzer-' und Radstädter-Tauern.) Die höchsten Spitzen, welche sich aus den Eisfeldern erheben, sind: die Dreiherrnspitze (11.350*), der Sulzbacher Venediger (11.600'), das Wießbachhorn 10.300'), der Hoch¬ narr (10.900'), der Ankogel (10.300'). -— Die nördlich en Kalkalpen werden durch die Saale uud die Salza in mehrere Gruppen geschieden, deren östlichste, das Täun e ngebirge, mit der Dachsteingruppe iu Ver¬ bindung steht. Die vorgelagerten Parallelketten verlaufen sich allmälig gegen das Flachland. Ueber 90 ^M. nehmen die Gebirge ein und 6^ M. soll die Fläche der Gletscher („Keese") betragen. Die bedeutendsten Thäler führen volksthümliche Benennungen: Pinzgau (oberes Salzathal), Pongau (mitt¬ leres Salzathal), Lungau (Murthal) uud Salzachgan oder Flachland (unteres Salzathal). An Engpässen ist das Land ebenfalls reich: Klamm, Lueg, Mandling, Gschütt u. a. Der größte Fluß des Landes ist die Salza. In ihrem Oberläufe bildet sie die Pinzgauer Sümpfe; durchbricht, nachdem sie rechts mehrere Wildbäche (darunter die Krimmler Ache der bedeutendste) aufgenommen, die Kalkalpen bei dem Paffe Lueg, verschwindet fast ganz unter den Feld¬ massen („Oefen"), wird von Golling ab flößbar, von Hallein ab schiffbar und tritt unterhalb Salzburg mit der Einmündung der Saale an die bai- risch-österreichische Grenze. Die Krimmler Aache bildet den großartigsten Wasserfall in der Monarchie. — Die Enns bricht durch den Mandliug- Paß nach Steiermark; auch die Mur tritt nach kurzem Laufe durch den Lungau nach Steiermark. — Salzburg hat viele kleine Gletscher- und Hoch¬ gebirgsseen; nur der Zeller-See im Pinzgau ist etwas größer. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: Der Sitz der Landesregierung ist Salz¬ burg. In Landesaugelegenheiren wird Salzburg vom Landtage vertreten Der Landtag besteht aus 26 Mitgliedern: dem Fürstbischöfe von Salzburg, 5 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 10 der Städte und Märkte, 2 der Salzburger Handelskammer und 8 der Landgemeinden. In das Hans der Abgeordneten des Reichsralhes sendet er D»Ver- treter. Die Hauptstadt ist Salzburg (17.300 E.), sehr schön gelegen, mit mehreren Denkmälern, schönen Kirchen und Palästen (häufig „das deutsche Nom" genannt); Fürst-Erzbischof (ehemals reichs¬ unmittelbar); erzbischöfliche Residenz, kais. Lustschloß Mirabell; prachtvoller Marstall ; in der Kirche St. Peter das Grab des heil. Rupertus, des ersten Bischöfe« von Salz- *) Hier grenzten ehemals „dreier Herren Länder" — Kärnten, Salzburg und Tirol an einander. 83 bürg; Geburtsort des berühmten Tonkünstlers M ozart mit dessen Statue (geb. 1786, -j- S. Dec. 1791 zu Wien). Theologische Facultät, Obergymnasium, Realschule, Biblio¬ thek, Museum 6arolirio-^ngu8t«nlli; zahlreiche Wohlthatigkeits - Anstalten. Lederfabri¬ kation, lebhafter Transit- und Speditionshandel, Eisenbahn. Handels- und Gewerbe¬ kammer. Hall ein (4000 E.), große Salzwerke im Diirrenbergc, Salzsiederei, Solenbad, In¬ dustrie in Holzwaaren , Schiffbau; Wildbad-Gastein, berühmte heiße Quellen, malerische Umgebung, Wasserfall der Gasteiner Ache; Hof-Gastein, Badeort, das Wasser wird aus dem Wildbach geleitet. Rauris, Gold an der Schneegrenze. Flachau, Eisenindustrie; Ober-Alm, Chemikalien, Marmorbrüche am Untersberge. Knlturbild. Sind auch beiläufig 80 des Bodens produktiv, so ist doch wegen der ungünstigen Bodenverhältnisse und des Klirna's der Ertrag des müh¬ samen Ackerbaues so gering, daß fast die Hälfte des jährlichen Bedarfes an Körnerfrüchten eingeführt werden muß. Den größten Theil des produk¬ tiven Bodens nehmen Wälder und Almen ein; auf letztere entfallen etwa 22^, auf den Waldstand überhaupt an 54-^ der Gesammtfläche; die Almen begünstigen die Viehzucht und die Milchwirthschaft. Die Rindviehzucht ist auf einer so bedeutenden Höhe, wie nur in wenigen Theilen des Reiches, besonders im Pinzgau und Pongau. In der Pferdezucht gilt die Pinzgauer Gebirgsrasse als das ausgezeichnetste schwere Zugpferd in Oesterreich. — Unter den Produkten des Bergbaues ist das Salz das wichtigste (Hallein liefert an 400 000 Zentner jährlich); die Eisengrnben in der Flachau lie¬ fern zu wenig Erz für den Bedarf, der aus Steiermark und Kärnten gedeckt werden muß. Nickel, Kobalt und Arsenik (an 900 Ztr.) finden Absatz auch im Auslande. Großen Reichthum hat das Land im Marmor des Unters- berges und au Ghps. Die Gold- und Silbergewinnung ist verhältnißmäßig gering. — Die Industrie dieses dünn bevölkerten Landes, in welchem der Alpencharakter am reinsten in Oesterreich ausgeprägt ist, genügt weder durch die Menge noch durch die Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse. In neuerer Zeit ist jedoch ein nachhaltiger Fortschritt bemerkbar nnd einige Artikel wer¬ den bereits exportirt: chemische Producte (aus Oberalm), Holzwaaren (aus Hallein), Thon- und Eisenwaaren, Salzburger Kirschengeist u. a. m. Für den Verkehr hat die Salza Bedeutung, auf welcher Holz, Salz, Ghps (an 700.000 Ztr.) verschifft werden. Für den Ein- und Durchfuhrhandel sind die Landstraßen nnd die Elisabeth-Westbahn erwähnenswerth. — Außer den bei der Landeshauptstadt erwähnten Lehranstalten bestehen im Lande gegen 150 Volksschulen, sowie einige Humanitäts-Anstalten. ß. 47. Das Herzogthum Steiermark. 408 ^Meilen; 1,077.000 Einwohner, fast durchgehends Katholiken (etwa 6000 Pro¬ testanten); beiläufig V» Deutsche, über Vz Slaven (Slovenen). — Grenzen? Das Land- — Steiermark gehört zu den Alpenländern und ist gleich ausgezeichnet durch den Reichthum malerischer Landschaften und großartiger Alpenpartien, wie durch die Fülle nnd Ueppigkeit des Pflanzenwuchses in den Ebenen. Der nördliche und westliche Theil sind Gebirgsland; im süd- sAs" uud> östlichen wechseln Berg- und Hügellandschaften mit fruchtbaren und Ebenen. Das Gebirgsland hat Antheil an allen drei Alpen¬ zugen. Die C en tral-Alpen treten ans Salzburg ein (Hochgolling 9000'). Die Hauptkette (Uebergang des Rottenmanner Tauerns) endet nahe der 84 Mündung der Liesing in die Mur; eine zweite Kette bildet die Scheide¬ wand zwischen Mur und Drave, entsendet einen nordöstlichen Ast bis Bruck, setzt auf dem linken Ufer der Mur seinen Zug fort und endet mit dem Wechsel; der südöstliche Ast zieht gegen die Drave (Pack- und Koralpe), überschreitet sie und endet mit dem Bacher-Gebirge; zwischen dem Wechsel und Bacher ist das Land mit Zweigen und Ausläufern der Seitenketten erfüllt. — Die nördlichen Kalkalpen treten mit der Dachstein- und Prielgruppe als Grenzgebirge gegen Oesterreich ob der Enns in das Land und ziehen sich, von dem Durchbruche der Enns bei Altenmarkt tief ein¬ geschnitten, mittelst der Hochschwab-Gruppe bis zur Schnee- und Rax-Alpe. — Die südlichen Kalkalpen beginnen mit den Salzbacher-Alpen (au der Grenze von Steiermark, Kärnten und Kram), breiten sich zwischen Save und Sann aus, werden von letzterer durchschnitten und treten später als Matzelgebirge nach Kroatien über. Die Kalkalpen sind reich an Engpässen, wilden Schluchten und malerischen Thälern. —- Die bedeutendste Ebene des Landes ist das Pettauer-Feld, dann das anmuthige Grazer- und das frucht¬ bare Leibnitzer-Feld. Das Land ist reich an fließenden Wassern, welche sämmtlich zum Flu߬ geäder der Donau gehören, und von denen die meisten zn Verkehrs- oder industriellen Zwecken benutzt werden- Der größte und für den Verkehr wich¬ tigste Fluß ist die Mur, der wesentlichste Nebenfluß die aus Kärnten schon schiffbar kommende Drave. Die Enns durchfließt größtenteils als rei¬ ßender Bergstrom vom Mandlingpaß bis Altenmarkt das Land und wird erst nach der Einmündung der (steirischen) Salza (vor Altenmarkt) schiff¬ bar. Wichtiger für den Verkehr ist die Save. Sie kömmt aus Kram, bildet die Grenze zwischen Steiermark und Kram und nimmt die aus den Sulzbacher Alpen kommende Sann auf. Die Traun und die Naab ent¬ springen in Steiermark. — Wasserfälle und Seen hat das Land verhältniß- mäßig weniger als die übrigen Alpenländer; dagegen besitzt es viele Mi¬ neralquellen, die Mehrzahl Säuerlinge, unter diesen den Rohitscher Sauer¬ brunnen. Sehr in der Ausnahme ist auch der reizende Kurort Gleichenberg. Laiidcsverfassnng, Verwaltung und Orte: Der Sitz der Landesregierung und des Landtages ist Graz. Der Landtag besteht aus 63 Mitgliedern: den Fürstbischöfen von Seckan (Graz) und Lavant (Marburg), deut Reotor Liu^niüous der Grazer Universität, 12 Abg. des großen Grundbesitzes, je 3 von den Handelskammern von Graz und Leoben, 19 Abg. der Städte und Märkte, 23 von den Landgemeinden. In das Haus ' der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Steiermark Vertreter. Landeshauptstadt ist Graz (63.200 E.), in einem reizenden Thale an der Mur, am Fuße des befestigten Schloßberges; Sitz des Statthalters, des Bischof von Seckan; Domkirche, Mausoleum Kaiser Ferdinand II. und seiner Familie, kaiserliche Burg, das Landhaus; Universität, höhere technische Lehranstalt mit reichen naturgeschichtlichen und technischen Sammlungen (Joanneum), Akademie für Handel und Industrie; Gymnasinm, Realschule; Handels- und Gewerbekammer, mehrere Hnmanitätsanstalten, wissenschaftliche und industrielle Vereine. Industrie in der Zunahme, sehr lebhafter Handel. Schöne Umgebungen: Hil merteich, Schloß Eggenberg, Gösting u. a. Bruck an der Mur, Handel mit Eisen und Eisenwaaren, Realschule; Vordernberg uud Eisenerz, berühmter Eisenbergbau am Erzberge; in der Roheisenerzeugung sind bedeutend: Turrach, Ne ub e r g, Go llrat h, Hiefl au, L i etz e n; für Sensen und Sicheln: Rottenmaun, Kricglach, Frohnlcitcn, Leoben, Kindberg, Mürzzuschlag; Schla dming hat Kobalt- und Nikelbergwerke; das große Eisen werk Neuberg erzeugt Eisenbahnschienen; das kais. Gußwerk bei dem berühmten Wallfahrtsorte Mariazell Kanonen und große Gußwaaren (die Gnadenkirche im I. 1366 erbaut, 1644 erneuert), herrliche Umgebung; Muran, Stahl- uud Schmied eisenerzeugung; Leoben , montanistische Lehranstalt, Realschule, Handels- und Gewerbe¬ kammer, starker Eisenhandel, Hammerwerke, Drahtzug, vorzügliche Steinkohlen. Präli- 85 miuarfriede am 18. April 1797. Aussee, im steirischen Salzkammergute, Steinsalz aus dem Sandling, Sudsalz; Judenburg, im Mittelalter Stapelplatz für den Handel aus Deutschland nach Italien; Benediktinerstifte Admond und St. Lambrecht. 2. Filrstenfeld, kais. Tabakfabrik; Gleichcnberg, berühmte Heilquellen, gute Badeanstalten, Parkanlagen n. a.; Tobelbad (Doppelbad), Badeort; Radkersburg, auf einer Murinsel, Weinbau, Handel mit Landesprodukten; Rein, Cisterzienserstist, gegr. 1128; Grabmäler mehrerer steirischer Herzoge, reiche Bibliothek; Vorau, Chor¬ herrenstift, gegr. N63; bei Eibiswald und Voitsberg reiche Steinkohlengruben. I. Marburg <8000 E.), Sitz des Bischofes von Lavant, Gymnasium, Realschule; Obst- und Weinbau-, Leder- und Rosogliosabriken, bedeutender Handel. Cilli am Saunflusse, Gynasium, Realschule; römische Stadt Ootoiu; P ettau , ehemals dem Bischöfe von Freising gehörig, Leinenindustrie; Stein, herrlich gelegen, sehr betriebsam (Schloß Münkendvrf, das romantische Feistritzthal); Radmannsdorf, Stadt mit schönem Schlosse. Mir die Industrie Oberkrains sind wichtig: Feistritz, Sava, Ianerburg, Eisnern, Kropp, Steinbüchel. Sagor, Brannkohlenlager. Adels berg, berühmte Grotte; Idria, berühmtes Quecksilber-Bergwerk; Wippäch, fast italienisches Klima, Obst- und Weinbau (Felsenschloß Lueg); Laas, Handel mit Salz, Leder und Pferden; Rudolsswerth (Neustadtl), Gymnasium, Handel mit Landes- und Industrie- Produkten; Möttling, der vorzüglichste Ort der einstigen „windischen Mark;" Gott¬ schee, dem Fürsten Anersperg („Herzog von Gottschee") gehörig, die deutsche Bevöl¬ kerung treibt großen Hausirhaudel. Gurkseld, Weinbau, römische Alterthümer (blo- viocknnnin). Tepli tz, warme Mineralbäder. Re ifnitz, Fabrikation ordinärer Holz- waaren. Das Stammschloß Anersperg für die Landesgeschichte von Bedeutung. Kult urbild. Durch die Verschiedenheit der Bodengestaltung ist Krain von Natur in drei Theile geschieden: Oberkrain (das obere Flußgebiet der Save bis zur Einmündung der Laibach) ist im nordwestlichen Theile Alpcnlaud, im östlichen die größte Ebene des Landes, das Oberkrainische Becken, aus wel¬ cher sich vereinzelte Berge inselartig erheben; Unterkrain (zwischen der mittleren Save nnd der oberen Kulpa) ist mit Ausnahme der Gurkfelder Ebene ein Hügelland; in seinem westlichen Theile beginnt schon die mulden¬ förmige Bodeuformation, welche in Jnnerkrain, dem Repräsentanten des Karstes, mit Ausnahme der offenen Flußthaler der Jdrica und Wippach, die vorherrschende ist. Oberkrain treibt schwunghafte Industrie und in den Ebenen Landban; in Unterkrain ist nebst der Feldwirthchaft der Weinbau erwähnenswerth; Jnnerkrain ist der ärmste Landestheil. Von der Gesammt- fläche des Landes sind nur etwa 8 ^Meilen unproduktiv; vom produktiven Boden gehören über 43H" dem Waldstand und nur an 14A dem Acker¬ lands an. Ausgedehnter sind die Wiesen und Weiden. Die Landwirthschaft deckt nicht den Bedarf des Landes; Getreide wird zumeist aus dem Banate und aus Ungarn bezogen. In den Handel bringt es Kleefarnen, Hanf, Obst und sehr viel Holz aus Oberkrain nnd den Schneeberger Waldungen (Sta¬ pelplätze: Planina nnd Senozeä). Die Viehzucht steht nirgends auf wünschenswerther Höhe; die Bienenzucht wird umfangreicher betrieben und liefert Honig und Wachs von gesuchter Qualität; mit der Pflege des Maul¬ beerbaumes sind günstige Versuche gemacht worden. — Unter den Pro¬ dukten des Bergbaues nimmt die Quecksilbergewiunuug in Jdria (an 3000 Ztr. jährlich, am meisten in Oesterreich) den ersten Rang ein. Ueberdies werden zu Tage gefördert: Roheisen (im Jahre 1857 über 91.000 Ztr., gegen das Jahr 1850 um 59^ mehr), Steinkohlen an Mill. Ztr., am meisten in Sagor, Blei in KnapouLe und Sagor), Zink n. a. Die Industrie ist noch geringe. Große Fabriken gibt es wenige, dagegen ist das Kleingewerbe gut vertrete«. Die meisten industriellen Unternehmungen hat Oberkrain. Die Eiscnverarbeitung bildet den Hauptzweig (Ianerburg, 90 Sava, Althammer, Feistritz); dessen Mittelpunkt Neumarktl ist. Eisnern, Kropp und Steinbüchel erzeugen zumeist Nägel. Rühmlich ist bekannt das Eisengußwerk in Hof (bei Saisenberg in Unterkrain). Die größten Fabriken sind in und um Laibach: Baumwollspinnerei, Zündwaaren, Dampfmühle, Papier und Oel in Iosefsthal (bei Laibach). Andere Industriezweige sind: Die Spitzenklöppelei in Jdria und Stein; Lodentuch, Pferdedecken u. dgl. in Krainburg, Roßhaarsiebe in Strazise (bei Kraiuburg) u. s. w. Der Handel in Laudesprodukteu und der Getreidehandel sind bedeutend; gute Straßen und die Eisenbahn fördern denselben. Für die geistige Bildung sor¬ gen über 180 Volksschulen, die Gymnasien in Laibach, Krainburg und Neustadtl, die Realschule in Laibach, mehrere Privat-Lehranstalten und Vereine. Der Besuch der Volksschule ist jedoch verhältnißmäßig noch 'zu gering. Im Süd¬ osten geht der slovenische Volkscharakter allmälig in den kroatischen über. Z. 50. Das Küstenland. (Die gefürstete Grafschaft Görz und Gradišča, — die Markgrafschaft Istrien und die reichsunmittetbare Stadt Triest mit ihrem Gebiete ) 145 ei Meilen; 545.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken (mit Ausnahme von Triest, wo Geschäftsleute verschiedenen Glaubensbekenntnisses und verschiedener Nationa¬ lität wohnen); nach der Nationalität über Slaven (Slovenen, Serben und Kroaten), — Italiener, beinahe7°/, Deutsche und Angehörige verschiedener Stämme. — Grenzen? Das Land. — Der nordwestliche Theil gehört zum Gebiete der süd¬ lichen Kalkalpen, der übrige zum Kalkplateau des Karstes; mit Aus¬ nahme des Mündungsgebietes des Jsonzo und einiger Thalweituugen ge¬ hört es somit dem Berglande an. Das Alpeugebiet wird durch das Jsonzo- Thal in die Gruppen des Monte Canin und des Triglav geschieden, welche sich am Engpässe der Flitscher Klause am nächsten berühren. Am linken Ufer der Jvrica beginnt der Karst u. z. der Tarnovaner Wald, eine größteutheils bewaldete Hochplatte (2500'); hierauf folgt der eigentliche Karst mit dem 6iöer Boden. Hier ist die Karstnatur am schärfsten aus¬ geprägt. — Istrien ist ein Stufenland, das sich gegen das Meer herab¬ senkt und durch die in tiefen Rinnsalen nach Osten, Süden und Westen fließenden Gewässer in mehrere Plateaux zerlegt wird. An der Südwest¬ seite ist ein freundlicheres, ergiebigeres Hügelland, sonst ist der öde und dürre Karstboden wenig fruchtbar. Das Karstland ist reich au großartigen Höhlen mit prachtvollen Tropfsteingebilden und wunderbar seltsamen Formationen (Grotte von Corgnale, von 8au Lsrvoio u. v. a.). Sehenswerth ist auch die Karst-Bahn. Die Küstenflüsse dieses Landes ergießen sich in das Adriatische Meer. Der bedeutendste ist der Jsonzo, der von der Westseite des Triglav in mehreren Windungen das größte Qnerthal der Südalpeu durchfließt, die Jdrika und Wipp ach aufnimmt und als Sdobba in die Bucht von Mon- falcone mündet. In Istrien sind der Quiöto und die Arsa, sowie der Cepiöer-See beachtenswerth. Lnndesversassung, Verwaltung und Orte: Die reichsunmittelbare Stabt Triest mit ihrem Gebiete wird durch ihre'Mnnicipal-Organe vertreten und sendet H Mitglieder iu das Hrus der Abgeordneten des ReichSrathes. Die gefürstete Grafschaft Görz und die Markgrafschaft Istrien haben zwei abgesonderte Landtage. Der Landtag für Görz und Gcasvisca besieht aus 22 Abgeordneten: dem Fürsterzbischofe von Görz, 6 Abg. des großen Grundbesitzes, 5 der Städte und Märkte, 2 der Görzer Handelskammer, 8 der 91 Landgemeinden ; — jener für Istrien aus W Mitgliedern: den 3 Bischöfen von Triest, Parenzo und Beglia, 5 Abg. des großen Grundbesitzes, der Städte und Märkte, 2 der Handelskammer von Rovigo und 12 der Landgemeinbein Versammlungsorte des Landtages sind Görz und Parenzo. Das „Küstenland" zusammen sendet 6 Vertreter in das Hans der Abgeordneten des Reichsrathes. Landeshauptstadt ist Triest (s. Gebiet lOö.OOO E.), die bedeutendste See- und zweite Handelsstadt des Reiches; insbesondere wichtig für den österreichischen Verkehr nach der Levante mit lebhafter Dampfschifffahrt. Das großartigste Institut ist der österreichische Lloyd, welcher Dampsschifsfahrtsverbindungen mit allen bedeutenderen Häsen des Adriatischen, der Osthälfte des Mittelländischen Meeres und seiner Nebenmeere unterhält. Sitz der Consnlate aller größeren Handelsstaaten (da im Kaufmannsstande fast alle europäischen Nationen vertreten sind). Zur Förderung der Industrie und des Handels bestehen ferner eine Handelskammer, die Börse, Commcrcialbank, viele Assecnranz-Gesellschaf¬ ten. Großartige Schiffswerften; mächtige Dämme siunli) schützen den Hafen. In den letzten Jahren besuchten durchschnittlich 7—8000 Schiffe die Rhede. Im Jahre t860 zäylte die Handelsmarine Oesterreichs über 9600 Schiffe mit nahezu 409.000 Tonnen; die Kriegsmarine 37 Fahrzeuge. Triest ist der Sitz der Statthalterei, eines Bischoses; an wissenschaftlichen Anstalten bestehen: die nautische und Handels-Akademie, 2 Gymna¬ sien, Bibliothek, Museum Winkelmann, zoologisches Museum, literarisch-artistische Ab- theilung des österreichischen Lloyd. Gebäude: Dom von S. Inst (8. Ollusto), Terge- stöum. ll'sntro §ranäö, der Lenchtthnrm, das Arsenal des Lloyd, der Bahnhof, das Kran¬ kenhaus, die Wasserleitung. An der Berglehne sehr viele Landhäuser (6-rwpu^us); das Prächtige Schloß des Erherzogs Ferdinand Max Lliru-Llaro. Unter den Römern hieß die Stadt Terg-ests. Das Christenthum hat hier früh Eingang gefunden; unter den Märtyrern ist der h. Justus Patron der Stadt. 1. Görz (11.000 E.), mit fast italienischem Klima, am Jsonzo. Erzbisthum, Gym¬ nasium, Realschule, Handelskammer, lebhafter Handel; Zuckerraffinerie, Obst- und Wein¬ bau. Sitz des Landtages für Görz und Gradišča. In dem nahen K astanjav ica das Grab des vormaligen Königs von Frankreich Karl X. In Gradis ca dient das alte Castell als Strafanstalt für schwere Verbrecher. Aqnileja (Äglaj) an der Stelle der berühmten römischen Stadt gleichen Namens des „Schlüssels von Italien". Im Mittel- alter Sitz des berühmlen Patriarchates, mit einem großen Dom und vielen römischen Alterthümern. Heiden schäft, Baumwollspinnerei und Rothfärberei: Cormons, starke Seidenzucht; Flitsch, die Flitscher-Klanse; Monfalcone mit einem Hafen. 2. (In Istrien): Mitterburg (ital. Pisino), Gymnasium; Capo d'Jstria (llustinopoUs, 8200 E.), alte Stadt, Salinen, bedeutender Handel, Gymnasium; bei Pirano sehr große Salinen; bei Montona Eichenwaldnngen, welche das Holz für die kaiserliche Marine liefern; Rovigno (12.000 E.), Olivenhandcl, Fischerei, an¬ sehnlicher Handel, Handelskammer. Parenzo, Bisthum, Basilika, christliche Alter- thümcr aus dein sechsten Jahrhunderte. Sitz des Landtages für Istrien. Pola sklotas ckulia), der größte österr. Kriegshafcu, römische Alterthümer (kolossales Amphitheater, Tempel der Roma und des Augustus, die xortu anres. u. a.). Inseln: Cherso mit der Hauptstadt gleichen Namens, Schifffahrt, Fischerei, Handel mit Wein und Süd¬ früchten; Veglia, Sitz eines Bischoses, ebenfalls lebhafter Handel; Lussin Piccolo, viele Schiffsrheder, vortrefflicher, stark besuchter Hafen; auch Lussin grande ist durch Schiffbau ausgezeichnet. Kulturbild. Die gefürstete Grafschaft Görz und Gradišča, die Stadt Triest und die Halbinsel Istrien bilden in Beziehung auf die Beschäftigung der Be¬ wohner drei verschiedene Landstriche. Im Görzer Kreise sind die Rindvieh¬ zucht, der Wein-, Obst- und Seidenbau die wichtigsten Nahrungsquellen. Weiteres sind hier zwei Baumwollspinnereien, eine große Zucker-Raffinerie, Seidenzeugfabriken, die europäisch bekannte Rothgarnfärberei in Heidenschaft. — Triest ist weniger Industrie- als Handelsstadt; doch erzeugt man nebst den für den Schiffbau erforderlichen Gegenständen (Seilerwaaren, Segeltuch, Schisfszwieback u. dgl.) viel Rosoglio, Leder, Oelseife, Kerzen u. a. Gro߬ artig sind oie technischen Werkstätten des österr. Llohd. — Istrien hat keine Fabriken; die Hauptthätigkeit beschränkt sich auf den Wein- und Oelbau, die Gewinnung von Seesalz, die Fischerei und den Schiffbau, so wie auf 92 jene Gewerbe, welche mit der Ausrüstung der Schiffe in Verbindung stehen. Gleiche Verhältnisse finden auf deu Inseln statt; insbesondere hat Lussiu piccolo in jüngster Zeit sehr große Fortschritte im Schiffbau uud den dazu gehörigen Geiverben gemacht. — Metalle kommen ini Küstenlande nicht vor. An Steinkohlen liefern Albona uud Pingnente (in Istrien) etwa '/4 Mill. Zentner; — die Salinen von Capo d' Istra nnd Pirano erzeugen durch¬ schnittlich im Jahre an 600.000 Zentner Meersalz. Istrien hat sehr viel Bausteine (Jstrianer Marmor), womit ehemals ein starker Handel nach Ve¬ nedig betrieben wurde. — Die vielen Häfen und Buchten sind für deu österreichischen Seehandel von Wichtigkeit. — Der Stand der geistigen Kultur ist bei den verschiedenen Volksstämmen ein verschiedener. Deutsche leben unter Italienern und Slaven hauptsächlich in Triest und Görz; an dem Meeressaume ist die italienische, im Innern von Istrien die slavische Nationa¬ lität vorherrschend. An Volksschulen, deren Besuch sich zwar steigert, aber noch immer zu wünschen läßt, bestehen nahezu 300; in Görz nnd Pirano sind Realschulen, in Rovigno und Lussiu Piccolo nautische Schulen; in Triest, Görz und Capo d'Jstria sind vollständige Gymnasien, in Mitterburg ein Uutergymnasium. Verhältnißmäßig steht die slavische Bevölkerung den an¬ deren beiden Nationalitäten in geistiger Kultur nach, obwohl in neuerer Zeit das Schulwesen bereits einen günstigen Einfluß auszuübcn beginnt. 8, 51. Die gefürstete Grafschaft Tirol mit Voratberg. S23 ci Meilen; 862.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken; nach der Nationalität Vz Deutsche, '/z Wälsche >320.000 Italiener, 9000 Ladiner). — Grenzen? Das Land. — Tirol ist das höchste Gebirgsland Oesterreichs, bei der Oberfläche gehören dem Berglande an. Die Central-, die nörd¬ lichen und südlichen Kalkalpen durchziehen das Land, zwischen denen sich 3 Hauptthäler (das Inn-, das Etsch- und das Pusterthal) mit vielen Reben- thälern ausdehnen. — Die nördlichen Kalkalpen (Allgäuer Alpen) durchziehen Vorarlberg und erstrecken sich sodann längs der nördlichen Grenze Tirols von Westen nach Osten. Sie werden durch die Flußthäler des Lech, der Isar und des Inn in vier Gruppen geschieden, fallen in die bairische Hochebene allmälig, nach Tirol hingegen meistens mit schroffen Felswän¬ den ab. — Die Central-Alp en bilden drei Ketten. Die erste, der R h ä- tiko n, eine Fortsetzung des Septimer, scheidet die Flußthäler des In» und Rhein und endet bei Landeck. Die mittlere Kette, die eigentlichen Tiroler Alpen, eine Fortsetzung der Bernina, trennt das Jun- vom Etschthale, durchzieht Tirol in östlicher Richtung, ist fast durchgehends von Gletschern begleitet, welche an 23 oM. einnehmen, aus welchen sich Spitzen von 9- bis fast 12.000' erheben (Oetzthaler Gletscherstock). Zwei tiefe Einsen¬ kungen sind das Reschenscheideck an den Quellenseen der Etsch und der Alpeupaß des Brenner (4435'), zwei der wichtigsten Verkehrswege von Deutschland nach Italien; der erstere im Mittelalter, der letztere in neuerer Zeit vorzugsweise gebraucht. Die dritte, die Ortleskette, scheidet die Flußthäler der Adda und Etsch, zieht als Ast der Mittelkette südwärts und schließt deu höchsten Punkt Oesterreichs iu sich (Ortler 12.350'). — Die südlichen Kalkalpen gehören zumeist als Grcnzgebirge dem Lande an und werden durch die Etsch in 2 Gruppen getrennt. Oestlich der Etsch schließen die Venezianer Alpen den einzigen Gletscher der südlichen Kalk¬ alpen Tirol's (Vedretta Marmolata) in sich. Von allen diesen Hauptzügen zweigen sich Seiteuzüge aus, welche den größten Theil des Landes erfüllen. 93 Von Bedeutung sind viele Thäler. Das längste ist das Innthal, in welches das Oetz-, Stubai-, das Wipp- und das Zillerthal münden. Dem Flächeninhalte nach ist das Etschthal größer; der obere Theil (Vintschgau, vailis vonnsta) hat großartige Alpennatur, der untere ein mildes Klima mit üppiger Vegetation. Im Osten ist das Pusterthal (Rienz und Drau); in Vorarlberg sind: das Nheiuthal, Lechthal, das Jllthal, bei Bludenz der Walgau. Bekanntere Thäler sind überdieß: das Passeier- und Eisak-Thal, Val di Non, Giudicarien (Dschudikarieu), Fleimser Thal, Val Sngana n. a. Die Gewässer Tirols ergießen sich in 3 Meere, in die Nordsee (Rhein), in das schwarze Meer (Donau-Inn) und in das adriatische Meer (Etsch). Der Rhein ist auf etwa 5 Meilen Grenzfluß und nimmt die Flüßchen Vorarlbergs, darunter die Jll, auf. Bedeutender ist das Gebiet der Donau, welcher der Lech, die Isar, der Jun, die Drau und mehrere andere zufließen. Der größte Theil des Landes gehört zum Ge¬ biete deS Adriatischen Meeres, in welches die Etsch (mit der Eisak, dem Lavis und Noce), die Sarca (Mincio) und Brenta sich ergießen. — Von den Seen gehören der Boden-, Garda- und Jdro-See zum Theil zu Tirol; sonst hat das Land zwar mehrere, aber nur kleine Alpenseen. Llnidcsversassmlg, Verwaltung und Orte: Die gefürstete Grafschaft Tirol und das Land Vorarlberg haben für die Landesangelegenheiten je einen eigenen Landtag. Der Landtag für Tirol besteht ans 68, jener für Vorarlberg aus 20 Mitgliedern; ersterer sendet 10, der letztere 2 Mitglieder in das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes. Der Tiroler Landtag besteht ans: dem Fürsterzbischofe von Salzburg, den Fürst¬ bischöfen von Brixcn und Trient, dem lisotor Lla^niücms der Universität Innsbruck, 4 Abg. der Aebte und Pröbste des Landes, 10 des adeligen großen Grundbesitzes, 13 der Städte und Märkte, je 1 von den Handelskammern zu Innsbruck, Botzen und Roveredo, 34 der Landgemeinden. Der Vorarlberger Landtag aus: dein fürstbischöflichen Generalvikar in Feldkirch, 4 Abgeordneten der Städte und Märkte, 1 der Handels¬ kammer in Feldkirch, 14 der Landgemeinden. Für die Landesverwaltung besteht in Inns ¬ bruck eine Statthalterei, welcher Bezirksämter unterstehen. Landeshauptstadt ist Innsbruck (14.300 E.), freundlich gebaut an beiden Seiten des Inn. Unter den sehenswerthen Kirchen die Hoskirche mit Denkmälern; das Mausoleum Kaiser Maxi., den Sarkophag schmücken 24 Marmor-Reliefs (die meisten von Kolin, 1566), welche die Thaten des Kaisers darstellen und 28 kolossale Erzstatuen (von Löffler uud Godl, 1513 bis 1535), Bilder von des Kaisers Ahnen und anderen christlichen Helden. Die silberne Kapelle niit den Grabmonumenten Erzherzog Ferdinands und seiner Gemahlin Philippine Welser. Schaller's Marmorstandbild des Helden Andreas Hofer (1809) und das Monument der Vaterlandsvertheidiger. Die kaiserliche Burg; Friedrichs mit der leeren Tasche „goldenes Dachl", Universität, Landesmuseum (l?eräins.näsum), Gymnasium, Realschule, Privatschulen. Mehrere wissenschaftliche und gemeinnützige Vereine; Handelskammer, bedeutender Transithandel. 1. In der Nähe das kaiserliche Schloß Ambras (Ambraser-Sammlung, angelegt von Erzherzog Ferdinand); das Prämonstratenser-Stist Wilten, an der Stelle des römischen Vsiäiclsnn und an der Straße auf den Berg J scl hinan, berühmt durch die Siege der Tiroler über die Franzosen im Jahre 1809; die Martinswand nächst Zirl, Rettung des Kaisers Max I. ans äußerster Lebengefahr. Hall: Gymnasium; große Saline (jährlich an 250.000 Ztr. Salz); Kufstein Greuzsestung; Eisenbahn nach Rosenheim in Baiern. Schwatz, Flechtwaaren ans Draht, Telegraphendrähte; Achenrain, Messingsabrik. . 2. Brixen (3100 E.), Bisthum; Gymnasium; lebhafter Zwischenhandel nach Italien, m der Nähe die „Franzensveste." Brune ck im Pusterthal; Liönz, die östlichste Stadt in Tirol. Botzen (11.000 E), herrliche Lage, mildes Klima, Südfrüchte; italienische Bauart, Gymnasium, Handelskammer; wichtiger Handelsplatz. In der Nähe das Gröd nerthal (Holzschnitzerei, Hausirhandel). Meran (3000 E-), reizende Lage, reine, milde Luft, vorzüglicher Obst- und Weinbau; Gymnasium, In der Nähe das Berg¬ schloß Tirol, wovon das Land den Namen hat. Im Passeierthale („am Sand") die Heimath des Andreas Hofer. 94 3. Trie nt (14.000 E.), schöne Lage im engen Etschthale, italienische Hitze; italienische Bauart, schöne Domkirche. In der Kirche Santa Maria Maggiore die Bildnisse der Kirchenfürsten, welche hier die allgemeine Kirchenversammlung (LoneiUnm M-iäsntiiiiuin 1545 — 1503) abhielten. Bisthnm, Gymnasium. Bedeutende Industrie, lebhafter Handel. Roveredo, Seiden-Jndustrie und wichtiger Handel in Seide, Südfrüchten. Ala, Mori und Arco, Seidenzucht; Riva, malerisch gelegen am Gardasee mit Orangen- und Olivenhainen. Schifffahrt, Handel. 4. Bregenz (3200 E.)> am Bodensee, lebhafte Industrie und ausgedehnter Handel mit der Schweiz. Sitz des Landtages für Vorarlberg. In der Nähe der Gebhardtsberg mit herrlicher Fernsicht und den Ruinen der Burg Montfort. Feldkirch, Baumwoll¬ industrie und andere Fabriken, Handel; Sitz des General-Vicars der Bischofes von Brixen, Gymnasium der k. ?. Jesuiten. Bedeutend für die Baumwollindustrie sind in Vorarlberg noch: Bludenz, Hohenems, Dornbirn u. a. K uiturb i t d. Die Bodenverhältnisse des Landes sind mit Ausnahme einiger Thäler für die Landwirthschaft nicht günstig. Rechnet man auch über 58 A auf produktiven Boden, so entfallen davon doch nur wenig über 5A ans das Ackerland, ungefähr 26 A auf das Grasland und beiläufig 6 ^Meilen auf Weingärten, während dem Waldstand über 28^ zufallen. Keine Provinz hat so viel unbenützbaren Boden; denn beiläufig 190 ^Meilen sind der landwirthschaftlichen Benützung entzogen. Zudem ist der Ackerbau mit großen Schwierigkeiten verbunden. Das Land kann somit den Bedarf an Getreide nicht decken, welches ans Baiern eingeführt werden muß. Die Obstk ultur ist bedeutend, namentlich bei Meran; die Citronengärten am Gardasee dürften schwerlich ihres Gleichen finden; auch im Montafon-Thal ist starker Obstbau. Der Wein ist ein Hauptprodnkt Süd-Tirols, doch gibt es nur wenig bessere Sorten; bei Feldkirch kommt ebenfalls einiger Wein¬ bau vor. Flachs, Häuf und Tabak werden in größeren Mengen bebaut. Den besten Flachs liefert das Oetzthal; der Leinsamen ans dem Oetz- und Jnnthale wird exportirt. Auf den Wiesenbau wird große Sorgfalt ver¬ wendet; auch befördern die vortrefflichen Alpenwiesen („Almen") sehr die Viehzucht (Rindviehzncht im Bregenzer Walde, Lechthal, Pusterthal), welche eine Hauptuahrungsquelle bildet. Trotz des großen heimischen Bedarfes an Milchprodukten gelangt doch vorzüglicher Käse (aus dem Bregenzer-Walde) zur Ausfuhr. In Süd-Tirol wird die Seidenraupenzucht sehr schwunghaft betrieben. — Der ehemalige Reichthnm an M etallen besteht nicht mehr; am meisten gewinnt man Salz, Kohle und Eisen; doch erreichen die Pro¬ dukte des Bergbaues (mit Ausnahme von Salz) kaum den Werth von '/2 Million Gulden. Tirol mit Vorarlberg ist zwar im großen Ganzen kein Ind u stri e- land, doch lassen sich in dieser Beziehung drei Hauptgruppen unterscheiden. Vorarlberg (vornehmlich das Rheinthal und der Wallgau) hat eine schwung¬ hafte Industrie, insbesondere in Baumwolle, und ist nächst Niederöster¬ reich nnd Böhmen, der stärkste Produzent in Oesterreich, dessen Fabrikate jährlich mit 2 Millionen Gulden bewerthet werden. (Kennelbach, Feldkirch, Bludenz, Dornbirn, Hohenems u. a.) Wichtig sind noch der Maschinenbau (Frastanz, Feldkirch), die . Gußwerke (Dornbirn, Frastanz), die Papierfabri¬ kation, der Schiffbau und die Verfertigung von Alpenhütten für die Schweiz. — In Deutsch-Tirol kömmt die Industrie nur vereinzelt, hauptsächlich in den Thälern vor, und sind verhältnißmäßig am stärksten die Leder- und Eisenarbeiten vertreten (Stubai-, Puster- und Fleimser-Thal). Im Oetz-, Passeier-, Inn- nnd Pusterthal kömmt die Leinen-Handweberei, die Verfer- 95 tigmig von Lodentuch und Teppichen vor; — das Ziller- und Pusterthal erzeugen Handschuhe; im Grödner-Thale herrschen die Holzschnitzerei und Spitzenklöppelei vor. Bedeutendere Jndustrieorte in diesem Landestheile sind: Imst, Innsbruck, Telfs (Baumwollwaaren); Brixlegg, Achenrain, Stans, Schwatz (Metallwaaren); endlich kommen einzelne Papier- und Tabakfabri¬ ken, Zuckerraffinerien und andere gewerbliche Unternehmungen vor. — In Süd-Tirol, mit dem Charakter der italienischen Landschaft, gibt die Seide den Haupterwerb. Zahlreich sind die Filanden (über 800) und Filatorien (über 50); dagegen bestehen nur wenige Etablissements für die Verferti¬ gung von Seidenwaaren (Sammtfabrikation in Ala seit l640). Die grö߬ ten Filanden (zu Lizzauella) und Filatorien der Monarchie sind um Rove- redo, Mori, Borgo u. s. w. Tirol hat große, mitunter Kunststraßen nnd zwei Eisenbahnen (von Innsbruck über Kufstein nach Rosenheim in Baiern, von Botzen nach Ve¬ rona), welche wichtig für den Handelsverkeh r sind. Die Brenner-Bahn (Innsbruck — Botzen) wird vorbereitet. Das Land führt Getreide, Colonial- waaren und vielerlei Industrie-Erzeugnisse ein; seine Hauptausfuhrartikel sind Wein, Seide, Rindvieh, Holz, Salz und Baumwollwaaren; doch ist der Werth der Einfuhr größer als jener der Ausfuhr. Bedeutend für den Handel sind: Innsbruck, Botzen (mit 4 Messen), Feldkirch (Speditions¬ handel), Trient (Viehhandel), Roveredo (Haupthandelsplatz für Seide), Riva (Haupthafen am Garda-See). Auch der Hausirhandel wird bedeutend be¬ trieben. Tausende von Tirolern durchziehen halb Europa; aber mit dem er¬ sparten Gewinne kehren sie gerne in die liebe, schöne Heimat zurück. Die Deutsch-Tiroler sind ein schöner, kräftiger Menschenschlag, gemüth- lich, treu, tapfer und gottesfürchtig; gute Schützen und wackere Patrioten. Die Wälsch-Tiroler haben den italienischen Charakter im Aeußeren, wie in Sitten und Beschäftigungen. Das Land hat über 1800 Volksschulen, welche sich einer sorgsamen Pflege erfreuen. Der Besuch ist in Deutsch-Tirol und Vorarlberg sehr stark, und wird häufig über das schulpflichtige Alter hin¬ aus fortgesetzt; in Wälsch-Tirol bleibt der Unterricht insbesondere des weib¬ lichen Geschlechtes sehr zurück. Mehrere Ghmnasien und Realschulen berei¬ ten für die höhere gelehrte und gewerbliche Ausbildung vor. Innsbruck ist der Mittelpunkt des geistigen Lebens in Tirol. ß, 52. Das lombardisch-vcnctianischc Königreich. 456 OMeilen; 2,523.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken; nach der Nationalität etwa 2 Mill. Italiener, 350.000 Friauler (oder Furlaner), dann Slaven (Slovencu- und Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Dieses Kronland ist überwiegend Flachland, an der Küste Tiefland; nur den nördlichen und zum Theil den östlichen Landestheil erfüllen vom Garda-See bis zum Jsonzo Gruppen der südlichen Kalk¬ alpen unter dem gemeinschaftlichen Namen der Trientiner (oder Ve¬ nezianischen), dann der Karnischen Alpen. Zwischen der Etsch und der oberen Brenta sind die lessinischon Gebirge; zwischen den oberen Fluß- thälern von Brenta und Piave ist die Gruppe des Monte Marino lata mit Gletscherbildung und wildem Gebirgscharakter; zwischen der Piave und dem Tagliamento sind die Alpen von Cadore (Monte Antelao 10.300") und mehrere in die friaulische Ebene abfallende Parallelkettcn. Im Nord¬ osten sind die Karnischen Alpen, im Westen des Jsonzo die Gruppe des 96 Monte Ca nin. — Am Südabhange dieser Gebirge breitet sich die ve¬ nezianische Tiefebene aus, ans welcher sich nur vereinzelte Hügelgruppen erheben (Oolü fHügelf Loricü bei Vicenza, OoIIi bei Padua). Gegen die Küste ist das Land theils von Sümpfen, theils von Gerölle, welches die Alpenflüsse absetzen, bedeckt. Das Land ist verhältnißmäßig reich an fließenden Wassern, welche mit starkem Gefälle aus dem Berglande in die Ebene stürzen, viel Gerolle mit sich führen, dadurch das Flußbett erhöhen und häufig Üeberschwemmun- gen verursachen. Mehrere gut unterhaltene Dämme bilden künstliche Ufer und gewähren Schutz gegen Ueberschwemmnngen. Die bedeutendsten Flüsse sind: die Etsch, kommt aus Tirol und mündet unterhalb Chioggia (— Ki- odscha); der Bacchiglione (— Bakkiljone), die Brenta, die Piave, der Tagliamento (Taljamento), Friauls größter Fluß; — Grenzflüsse sind: der Po im Süden, welcher von Dampfern befahren wird, und der Mine io (— Mintscho), der bei Peschiera (--- Peskiöra) aus dem Garda- See tritt, die Sümpfe bei Mantua bildet und bei Governolo in den Po mündet. — Von hoher Wichtigkeit sind das Adriatische Meer und die zahl¬ reichen Canäle. Der östliche Theil des Garda-Sees, welcher mit Dampf¬ schiffen befahren wird, gehört zum lomb.-venez.-Königreiche. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: In Laudesangelcgenheiten wird dieses Königreich von der Central-Congregation in Venedig und den Provinzial-Cougrega- tionen bei den einzelnen Delegationen vertreten, welche 20 Mitglieder in das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes entsenden. Für die Verwaltung besteht eine Statt¬ haltern in Venedig; das Berwaltungsgebiet wird in Provinzen oder Delegationen (Kreise) eingetheilt, welche in Districte (Bezirke) zerfallen. Die Provinzen werden nach ihren Hauptorten benannt: Venedig, Padua, Rovigo (oder Polesine), Verona, Vicenza, Treviso, Belluno, Udine (oder Friaul), Mantua. Die Hauptstadt ist Venedig (Vensnin, 118.000 E., über 18.000 Hausnummern). Anfänglich eine in den Stürmen der Völkerwanderung als Zufluchtsstätte ost benützte Inselgruppe, erwuchs Vs- notins bald zu einer Stadt, nach und nach zu einer der ersten Handelsstädte der Erde, in welcher Wissenschaften und Künste blühten, während sie an Reichlhum und Macht fast alle Städte Europa'« überragte. Die Auffindung eines westlichen Seeweges nach Ostindien und die Kämpfe mit den Osmanen brachen im 16. Jahrhunderte die Macht der auch innerlich verfallenen Republik. Der Friede von Campo Formio (1797) brachte Venedig und sein Gebiet an Oesterreich. Auf kl7 Inseln in den Lagunen erbaut, ist die Stadt durch die Lidi und einen zwei Meilen langen Steindamm (murn^i) gegen das Meer geschützt. 147 Canäle (der wichtigste Canal grande in 8-Form), auf denen man in schwarzen gedeckten Schiffchen (Gondeln) fährt, vertreten die Hauptstraßen; doch kann inan in den sehr engen Straßen (3—M breit) über 308 Brücken (unter denen die berühmte Rialto-Brücke) fast überall hin auch zu Fnße gelangen. Pferde und Wagen sieht man nicht. Die altberühmte Stadt hat 51 Plätze (eninpi — Felder), worunter der prächtige Marcus-Platz (xia^Ln) mit den alten und neuen Procnratien (den Palästen der Procuratoren der alten Republik) und der prachtvollen St. Marcus-Kirche, eine der schönsten ans der Erde. Der (322^ Hohe) Glockenthurm (onmpanils) steht frei. An diesen Platz stößt die Piazetta (kleiner Platz) mit dem an Kunstwerken aller Art überreichen Dogen- (Dodschen) Palast, der berühmten Münze <>soen, davon der Name 2oeeliinc> — Dukaten) und zwei kolossalen Granitsäulen mit dem geflügelten Marcns-Löwen und dem Standbilde des h. Theodor auf denselben. Venedig ist eine der reichsten Städte der Erde an großartigen Palästen (besonders am Canal grande)., reichen und prachtvollen Kirchen mit Kunstwerken der Malerei und Bildhauerkunst, überhaupt an Kunstschätzen jeder Art, an Monumenten, Prachtbauten, Gemäldegallerien. Die Stadt hat ferner öffentliche Bibliotheken, darunter die berühmte von St. Marcus im Dogen-Palaste, das reiche Staatsarchiv, viele Privatarchive, Antiken- und Kunstsammlungen, das Institut der Wissenschaften, Athenäum, die Akademie der schönen Künste mit großer Bildergallerie (von Tizian, Rafael, Tintoretto, Palma, Paolo Veronese, und anderen Künstlern), mehrere gelehrte Gesellschaften, 3 Gymnasien, 2 Realschulen und andere Lehranstalten, sowie viele Hnmanitätsanstalten. Hier ist der Sitz des katholischen Patriarchen. Venedig hat bedeutende Industrie in Bijouterien (Goldwaaren), Glasperlen (vorzüglich aus der 97 benachbarten Insel Murano), Mosaikwaaren, Spiegeln, Seife, Posamentirwaaren u. a. Der Handel, bei weitem nicht auf jener Höhe als im Mittelalter, ist ansehnlich, und hebt sich, seitdem Venedig ein Freihafen ist. Auch die Eisenbahnverbindung mit dem Festlande mittelst der großartigen Brücke über die Lagune trägt zur Hebung des Handels bei, sowie die Börse, die Handelskammer und mehrere commerzielle Institute. Consuln der meisten Haudelsvölker residiren in Venedig. Der Lsterr. Lloyd unterhält tägliche Dampsschiffverbinduna mit Triest. Merkenswert!) sind noch das großartige Arsenal; dann die Insel St. Lazzaro, Mechitaristen, deren Abt den Titel Erzbischof führt. 1. Chio ggia (--- Kiodscha, 26.000 E.), auf einer Insel, Fischfang und Gewerbe in den für den Schiffbau erforderlichen Artikeln. — 2. Padua (54.000 8-), alterthüm- liche Stadt, berühmte Universität, schöne Kirchen, vorzüglich jene des h. Anton mit dem prächtigen Grabmale dieses Heiligen, die h. Jusiina-Kirche vom Baumeister Palladio (1530); das Nathhaus mit dem ungeheuren Saale (il snlone). Geburtsort des lüvlns. Etwas Industrie, lebhafter Handel, stark besuchte Messe. In den Euganecu die warmen Bäder von Abano und Battagli a. Das Dörfchen Arqnü, Lieblingssitz und Grab Pctrarca's (ff 1374), und die Stadt Este, von der eine Fürstenfamilie den Namen und jetzt die Tertio-Genitur unseres Kaiserhauses den Titel führt (Oesterreich-Este).— 3. Rovigo (10000 E.), alterthümliches Städtchen; Adria, einst noch am Meere gelegen, dem das Städtchen den Namen gab. — 4. Verona (59.000 E.f, Festung ersten Ranges, sehr unregelmäßig gebaute Stadt, enge Gassen, aber große Plätze und herrliche Gebäude; reich an römischen Alterthümern, darunter die Arena (22.000 Per¬ sonen fassend). Viele alte Kirchen (Domkirche S- Zeno und Sa. Anastasia); das herr¬ liche Grabmal der della Scala. Geburtsort des Oornslius blsxos, ?tiniu8 des Weiteren und Vitrnvius. Mehrere Bildungsanstalteu, reiche wissenschaftliche und Kunstsammlungen. Seidenspinnerei, Lederfabrikation. Salamiwürste; starker Handel, jährlich zwei Messen. Peschiera (— Peskisra), Festung am Ausflusse .des Mincio aus dem Gardasee. (In der Kriegsgeschichte bekannt: Arcvle, Rivoli, Santa Lucia, Custozza, Somma Cam¬ pagna.) Die Veroneser Klause. In der Provinz Verona sind die 13 Gemeinden (trsäiei eomuni), in jener von Vicenza die 7 Gemeinden (sstte eomnrii). Leg nago, Festung. (Festungs-Viereck: Peschiera, Mantua, Verona, Legnago.) — 5. V i c e n z a (34.000 E.), in fruchtbarer Ebene, am Fuße der Colli Berici; Geburtsort des Palladio, der seine Vaterstadt mit herrlichen Kunstbauten schmückte. Vortreffliche Agricultur, Seidenindustrie. — 6. Treviso (22.000 E.), wichtiger Jndustrieplatz für Leinen, Fayence, Papier, Metallwaaren n. a. Am Fuße der Alpen in reizender Gegend das Dorf Pos sagnv, Geburtsort des Bildhauers Canova; es besitzt eine Sammlung von Gysabdrücken seiner sämmtlichen Arbeiten. — 7. Belluno (14.000 E>), schöne Kathedrale, lebhafter Handel mit land-und forstwirthschaftlichen Produkten Agordo, Kupferbergwerk; Tai nächst Pieve di Cadore, Geburtsort des berühmten Malers Tizian (geb. 1477, starb 1576). Auronzo, Bleibergbau, Schiffbauholz. — 8. Udine (28.000 E.), be¬ deutende Seidenspinnerei und Leiuenindnstrie, viele Prachtgcbäude; Palmannova, Festung. Campo Formio, denkwürdig wegen des Friedensschlusses im Jahre 1797. — 9. Man tua (30.000 E.), starke Festung, umflossen vom seenartig erweiterten Mincio und von Sümpfen; ehemals Sitz des Fürstengeschlechtes der Gonzaga (heil. Aloysius von Gonzaga ff 1581), mehrere schöne Plätze und Kunstwerke. (Frcsco-Gemälde von Giulio Romano). Fabrikation von Lederwaaren, Seidenzeug; viel Handel. Geburtsort des Dichters Virxillus. K u l t u r b i t d. Die Ebene zwischen dem Südabhange der Alpen und dem Po hat sehr fruchtbaren Boden, mildes Klima und gute Bewässerung. Im Ganzen sind 394 oMeil. produktiver Boden, wovon etwa 194 ^Meil. auf Aecker, 68 wMeil. auf Wiesen und Gärten, 4 ^Meil. auf Reisfelder, 3 ^Meil. auf Weinland entfallen; den Rest nehmen der Waldstand und die Weiden ein. Der Reichthum an Boden Produkten ist groß; doch findet in mittel¬ mäßigen Jahren ein Import statt. Hauptprodukte sind Mais und Weizen; in den sumpfigen Niederungen Reis. Der Obstbau und die Weinproduktion sind bedeutend; an letzterem werden jährlich an 3'/z Mill. Eim. gewonnen. Sehr erheblich ist die Pflege des Maulbeerbaumes. Maulbeerbäume, an denen sich Reben hinaufranken und von Baum zu Baum schlingen, schließen Klun, Geographie, 7. Aufl. 7 - E^t-- Uecker und Wiesen em nnd geben der Landschaft das Aussehen eines Gar¬ tens. In normalen Jahren war der Ertrag beiläufig 200.000 Ztr. Cocons im Werthe von fast 16 Mill. Gnlden. — Die Bi eh zücht ist nur in den gebirgigeren Theilen erheblich. — Der Bergbau ist verhältnißmäßig ge¬ ring; edle Metalle fehlen gänzlich. Die Industrie ist im Ganzen befrie¬ digend; große Fabriken kommen zwar in geringerer Anzahl vor, dagegen ist das Kleingewerbe gut vertreten. Den ersten Rang nehmen Seide und Sei- denwaaren ein, namentlich in und bei Verona, Udine, Vieenza und Treviso. Die Metallindustrie ist minder belangreich. Papier wird viel erzeugt (Co- droipo, Pordenone). In Webe- nnd Wirkwaaren decken die heimischen Fa¬ briken (Verona, Pordenone, Udine) nicht den Bedarf. Berühmt ist die Fa¬ brikation in Glasperlen in Venedig und Murano, von denen im Jahre 1856 an 42.000 Ztr. erzeugt und über 39.600 Ztr. in das Ausland ab¬ gesetzt wurden. Unter den vielen Buch- und Steindruckereien ist die orien¬ talische Buchdrnckerei der?. U. Mechitaristen auf San Lazzaro (bei Ve¬ nedig) sehr berühmt. Im Handel sind bekannt: die Goldsachen, Glasgespinnste, der Zucker, Tabak, die Kerzen, Seife, künstlichen Blumen und Gesichtsmas¬ ken von Venedig; Bleiwaaren aus Chioggia; — Darmsaiten aus Padua; Seide und Salami aus Verona; — Porzellan aus Vicenza u. a. m. — Der Handel ist sowohl im Innern des Landes als nach Außen lebhaft; zumeist vermittelt der Freihafen Venedig den Zwischenverkehr mit Triest, Dalmatien, den Küstenländern und der Levante. Ausgesührt werden am stärksten Seide und Seidenwaaren, Glasperlen u. a.; eingeführt werden Salz nnd viele Industrie-Erzeugnisse. Das adriatische Meer, ein Netz vor¬ trefflicher Landstraßen und Canäle, die Eisenbahnverbindung, Geld- und Credit-Jnstitute, Handels- und Gewerbekammern fördern den Handelsverkehr. Die geistige Bildung der großen Masse der Bevölkerung steht nicht auf jener Stufe, auf welcher sie vermöge der reichen geistigen Begabung und der übrigen günstigen Verhältnisse stehen könnte; obwohl von Seite der Regierung durch Errichtung von Schulen und Förderung des Schulwesens bereits mehrfach gute Ergebnisse erreicht wurden und Oberitalien hierin höher steht, als die meisten Landestheile der Halbinsel. Sehr zahlreich sind die Volksschulen und Gymnasien; dagegen bestehen erst wenige Anstalten für gewerbliche und kaufmännische Bildung. Der Schulbesuch ist verhältni߬ mäßig geringer als in den deutschen Provinzen, besonders ist der Unter¬ richt des weiblichen Geschlechtes höchst mangelhaft. Für höhere gelehrte Bildung bestehen nebst der Universität Padua mehrere gelehrte Gesellschaf¬ ten nnd Vereine. Die Künste erfreuen sich einer besonderen Pflege; der Kunstsinn des Volkes findet reiche Nahrung in den großartigen Gallerten, in den Sammlungen der öffentlichen und privaten Gebäude, in Denkmälern und prachtvollen Kirchen. Die wechselvollen Schicksale dieses schönen und fruchtbaren Landes waren oftmals von großem Einflüsse aus die geschicht¬ liche Entwickelung der europäischen Völker und Staaten. 8- 53. Das Königreich Böhmen. 944 ^Meilen 4,952.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (au 90.000 Protestanten. 86.000 Israeliten); nach der Nationalität über -st Slaven (Oechen), nahezu 'st Deutsche.— Grenzen? Das Land. — Böhmen ist fast durchgehends Hochland. Das böhmisch-mährische Plateau mit wellenförmigem Charakter (1200 bis 99 2000") erfüllt den größten Theil des Landes, welches von Gebirgen und Höhenzügen eingefaßt ist. Im Westen ist der dichtbewaldete Böhmerwald mit seinem langgezogenen Rücken, durch Längenthäler von einander getrennt; er erstreckt sich vom Egerthale bis zur Südspitze Böhmens und wird durch die Einsattlung von Neumark in einen höheren südlichen (Plöckenstein 4350") und einen niederen nördlichen Theil getrennt. Das Fichtelge¬ birge gehört nur zum geringsten Theile nach Böhmen. Der Fuß dieses Schieferplateau's zieht sich nach Böhmen bis Eger. Durch die Einsenkung im Nordosten von Eger ist davon das Erzgebirge getrennt, welches nach Böhmen steil abfällt, von vielen kleinen Thälern durchschnitten ist und eine mittlere Kammhöhe von 2200" mit einzelnen höheren Kuppen besitzt. Am rechten Elbeufer ist das Lausitzer-Plateau (2000"), bestehend aus einzel¬ nen, unzusammenhängenden Gruppen. Höher erheben sich die parallelen Kämme des Jsergebirges, welches durch die Einsattlung von Neuwelt vom noch höheren Granitrücken desRiesengebirges getrennt ist. (Schnee¬ koppe 5100"). Das Adlergebirge beginnt mit der „hohen Meiste"" und ist durch die Trübauer Einsenkung vom böhmisch - mährischen Plateau ge¬ schieden. — Breite Thäler hat das Land wenige. Böhmen ist sehr wasserreich und gehört säst ganz zum Gebiete der Elb e, welche jedoch sowohl an Wassermenge, als durch die Länge des Laufes und der Schiffbarkeit, sowie die Größe des Gebietes innerhalb Böh¬ mens von ihrem bedeutendsten Nebenstusse, der Moldau, übertroffen wird. Andere Nebenflüsse der Elbe sind: (rechts) die Jser; (links) die Adler, die Moldau, die Eger und die Biela. In die Moldau ergießen sich: (rechts) die LuLnic und Sazawa; (links) die Wotawa und Beraum — Außer einigen kleinen Gebirgsseen im Böhmerwalde hat das Land keine Seen, dagegen im Süden viele, mitunter große Teiche. — Weltberühmt sind die böhmischen Bäder, welche jährlich von Tausenden von Curgästeu aus allen Ländern besucht werden. Besonders sind bekannt: Karlsbad, Fran¬ zensbad, Marienbad, Teplitz. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: Das Königreich Böhmen wird in Landes- augelegenheiten vom Landtage vertreten, welcher ans 241 Mitgliedern besteht, und zwar: dem Fnrsterzbischofe von Prag und den Bischöfen von Leitmeritz, Königgrätz und Bud- Weis, dem liootor Lla^niSens der Prager Universität, 70 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 72 der Städte und Jndustrieorte, 15 der Handelskammern (Prag nnd Reichenberg je 4, Eger 3, Pilsen und Budweis je 2) und 79 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten sendet Böhmen 54 Vertreter. An der Spitze der Verwaltung des Landes, welches in 13 Kreise eingetheilt ist, steht die Statthalterei. Der Sitz der Statthalterei ist die Land^shgyptstadt Prag (Lechisch Praha, 143.0! >0 E.j. Sie besteht aus vier Städten, der Altstadt (mit der Josephs- oder JudensWy und Neustadt, der Kleinseite und dem Hradschin, der kleinen Bergstadt Wysehrad und den als Vorstädte betrachteten Orten Smichow nnd Karolinenthal. Sowohl die herrliche Lage der Stadt an beiden Ufern der Moldau und zum Theile auf den sie begleitenden Anhöhen, als auch die Menge monumentaler Ge¬ bäude zeichnen di- altehrwürdige Residenz der böhmischen Könige vor den meisten änderet! Städten der Monarchie ans. Zahlreiche Paläste, darunter die k- k. Burg, Altstädter Rathhans, am Franzens-Quai, Clementinum und Carolinum, Clam-Gallas, Schwarzen¬ berg, Toskana, Czernin, Lobkowitz, Waldstein, Nostiz, Thun u. a. ; herrliche Kirchen lMetropolitanlirche St. Veit mit dem silbernen Grabmale des h. Johann v. Nepomuk und Grabmälern böhmischer Herzoge und Könige, die Teinkirche u. in. a.), die große Karlsbrllcke ^von welcher der h. Johann von Nepomnk in die Moldau gestürzt wurde) mit vielen Standbildern, die lange Kettenbrücke nnd mehrere historische Monumente (Karl IV.,, Franz I., Radetzky) gehören zu den Sehenswürdigkeiten. Die Stadt ist der Sitz der höchsten Landesbehörden und eines Fürsterzbischofes. An Bildungsanstaltcn be¬ sitzt Prag die älteste Universität in Deutschland (gegründet von Kaiser Karl IV. im I. ? * 100 1348) mit allen nöthigen Hilfsanstalten ; die k. Gesellschaft der Wissenschaften, die Ge¬ sellschaft des vaterländischen Museums seine Abteilung bildet die Matice Lesku für die wissenschaftliche Pflege der Lechischen Sprache und Literatur), die patriotisch-ökonomische Gesellschaft und andere wissenschaftliche Vereine. Eine ständisch-technische Lehranstalt, drei Gymnasien, zwei vollständige Realschulen (öechisch und deutsch y eilte höhere Handelslehr- anstalt, Kunstakademie, Konservatorium der Musik u. s. w. Zahlreich sind die Wohl- ihätigkeits- und Heilanstalten. Sehr bedeutend ist der Gewerbefleiß, die meisten Zweige sind sehr rühmenswert!) vertreten, besonders Kattundruckerei, chemische Produkte, Leder, Handschuhe, Maschinen, mechanische Spielwerke u. v. a. Hier ist der Mittelpunkt des Handels, zu dessen Hebung mehrere Anstalten bestehen. (Anfang des 30jährigen Krieges sam 23. Mai 16l8j; der „weiße Berg," Schlachtfeld vom 8. November 1620, Sieg Kaiser Ferdinand II. über Friedrich von der Pfalz; Friedenscongreß 1813.) 1. Pribram*), Silbervergwerk (40—50.000 Mark jährlich), höhere montanistische Lehranstalt. Am linken Moldaunfer große Eisenwerke (Hobovic, Koruarov) und reiche Kohlengruben tBustshrad, Kladno). Melnik, Weinbau Alt-B nnz lau , am Thore der Kapelle wurde der h. Wenzel ermordet. Brand eis, Ra konic, Schlan, industrielleOrte. 2. Leitmeritz (7500E.), Bisthum, Gymnasium, Realschule; Ruinburg, berühmte Leinwand ; Steinschönau, Haida, Glasindustrie, Glashandel; Schönlinde, Böh¬ misch-Le ipa (Realschule), Warnsdorf, Georgswalde, wichtigeJndustrieorte; Letschen, Schloß und Park, Elbehandel; Theresienstadt, Festung; Teplitz, warme Bäder ; das Teplitzer Kohlenrevier ; B odenbach, Grenzstation, Stationsplatz für Handelsgüter aus dem deutschen Zollverein; Auscha, wichtiger Hopfenhandel; Aussig (Elbe), Handel mit Getreide, Obst, Holz ; Eisenbahn nach Teplitz. 3. Jiüin (5700 E.), Gymnasium, schönes Schloß, Hohenelbe, Papier-, Leinen- und Baumwollindustrie; Starken bach, Leinenindnstrie: Trauten au, Mittelpunkt der Leinenweberei des Riesengebirges; Neuwelt, Glasfabrikation. 4. Jung-Bunzlau (7800 E), Kattundruckerei, Handel; Reichen berg (18.500 E.), berühmte Fabrikation von Tuch und anderen Schafwollwaaren, Baumwollwaaren; nächst Prag die bedeutendste Industriestadt Böhmens; Handelskammer, vollständige Realschule; Gablonz, weltberühmte Erzeugung von Glasschmnckwaaren; Friedland, Industrie, aus dem Schlosse historische Sammlungen; mehre bedeutende Fabriksplätze (Reichstadt, Tannwald, Kosmanos, Hirschberg u. a.). 5. König grätz (5000 E.), Festung, Bischofssitz, Gymnasium; J osefstadt, starke Festung; Königinhof, Dechanleikirche (Königinhoser Handschrift). Mehrere Fabriks¬ plätze l.Braunau, Senftenberg, Nachod, Adersbach, Weckelsdorf, Grulich u. a.) 6. Chrudim (7700 E.), Real-Gymnasium; Pferdehaudel; Par du bi c, Ausgangs¬ punkt der Pardubic-Reichenberger Eisenbahn, Realschule, Pferdezucht (kaiserl. Hofgestüt Kladrub); Leitomischl, Gymnasium; Hohenmauth, Tuchweberei: Landskrvn und Polivka, Leinwandmanufaktur und Leinwandhandel. 7. Oaslau (5400 E.), Schlacht 1742; Kuttcnberg (12.700 E.); Bergban; Realschule. Kolin, Sieg des Generals Daun über die Preußen (am 18. Juni 1757; Maria-Theresien-Orden). 8. Tabor (5200 E.), ursprünglich ein hussitisches Lager; Real-Gyuasium. Patz au und Pilgram, Tuchweberei. 9. Budweis (15.003 E.), Endpunkt der Linz-Budweis-Eisenbahn, Handel mit Ge¬ treide, Salz und Steinkohlen, lebhafte Industrie, Handels-und Gewerbekammer; Bischofs¬ sitz, Gymnasium; Krumau, Holzhandel; Rosenberg undWitti n gnu, viele und große Fischteiche; Neuhaus, Goldenkron, Gratzen, Adolfsthal u. a. Jndustrieorte. 10. Pisek (8200 E.), Gymnasium, Tuchweberei, Handel; Strakonic(Feß), Schü t- tenhofen (Zündhölzchen), Jndustrieorte; El e on orenhai n liebst anderen zahlreichen Glashütten, Glasfabrikation; die Spiegelsabrik Neuhurkenthal. 11. Pilsen (15.000 E.) wichtiger Handelsplatz, Realschule; Eisenbahn nach Furth in Baiern (seit Oktober 1861), zahlreiche Eisen- und Stcinkohlenwerke, dann Vitriol¬ schieferbaue in der Nähe. Eine zweite Gruppe um Rad nie. Klattau (7400 E.), Tuch¬ weberei; Nepomuk, Geburtsort des b. Fohaun von Nepomuk. Neugedein' große Schafwollzeugfabrik; Plas, Eisenwerk, Gußwaarensabrikation; Mies, silberhaltige Bleierzgruben, Schweselhütte, chem. Fabrik, Getreidemärkte. 12. Eger(I1.000E.),lebhasteJndustrie und Handel,Ruinen des vormals festen Schlos- H ses; WallensteinsErmordungam2s. Februar 1634; berühmteHeilquellen in Karlsbad. *) Zur Lechischen Aussprache: e -- s; ö -- tsvk; 8 je; - -°- gelindes s; L — gelindes sek; 8 --- scharfes sek; r --- rL; V --- lv. 101 Marieub ad, Franzerisbad; Joachimsthal, Silberbergwerk (8600Mark); Asch, wichtiger Jndustrieort, Baum-und Schafwollwaaren, Strumpfwirkern; bedeutende Por¬ zellan-nudSteingutiudustrie lin S ch lag geuwald,Pirkenhammer,Dalwitz, Alt- Rohlau u. a.); Elbo gen, lebhafte Industrie; Realschule. Maria-Kulm, berühmter Wallfahrtsort; Plan, Eisenindustrie, Spitzeuklöppelei; Gießhübel, Sauerbrunnen. 13. Saaz (7700 E.), ausgezeichneter Hopfenbau und Hopfenhandel bis nach Amerika; Dux, Brüx und Kaaden. lebhafte Industrie; Mineralquellen in Biliu (Sauer¬ brunnent, Seidlitz, Saidschitz und Pillna (Bitterwässer). Im Erzgebirge viele Ortschaften init Spitzenklöppelei und Erzeugung von Kinderspielwaaren. K u l t u r b i l d. Ueber 96^ der Gesainmtfläche Böhmens sind nutzbarer Boden; fast die Hälfte davon (an 440 ^M.) ist fruchtbares, gut bestelltes Ackerland, und das jährliche Erträgniß ist durchschnittlich größer als der Bedarf so, daß über 1 Mill. Metze» Körnerfrüchte exportirt werden. Auf den Wald¬ stand kommen ungefähr 29, auf das Grasland gegen 20^ der Gesammt¬ fläche. Geringere Sorgfalt, als dem Ackerbau, wird der Wiesenkultur zuge¬ wendet; dagegen ist die Obstkultur vorzüglich und auch Gemüse gelangen zur Ausfuhr. Der Weinbau hat einen beschränkter! Bezirk und daher ge¬ ringes Erträgniß, (etwa 13.000 Eimer), darunter die geschätzten Sorten Melniker und 6ernoseker. Von besonderer Wichtigkeit ist der Hopfenbau im Eger-, Saazer- und Leitmeritzer Kreise. Im Riesengebirge wird Flachs gebaut; die Runkelrübe gewinnt ungeheuer an Ausdehnung. Einen großen Reichthum des Landes bilden endlich die Waldungen. Diese allgemeine Charakteristik erleidet jedoch in dem ausgedehnten Lande mehrfache Abstu¬ fungen; insbesondere deckt die landwirthschaftliche Produktion in den 4 nörd¬ lichen Kreisen (Leitmeritz, Jiöin, Bunzlau und Königgrätz) bei Weitem nicht den Bedarf der sehr dichten Bevölkerung dieser Industriezweige. Die Viehzucht steht noch nicht durchgehends ans der wünschens- werthen Höhe; nur die Schafzucht macht die größten Forschritte, es werden jährlich an 96.000 Ztr. feiner Wolle gewonnen. Im Osten ist die Pferde¬ zucht ansehnlich. Die Zucht des Geflügels (besonders Gänse) ist sehr be¬ deutend; die Bienenzucht wird fleißig und mit gutem Erfolge betrieben, ebenso im Budweiser Kreise und um Pardubic die Teichwirthschaft. Der Wildstand ist gegen ehemals gesunken. Wichtig ist Böhmens Reichthum an Producten des Mineralreiches. Ehemals galt es für das gold- und silberreichste Land in Europa; jetzt wird hauptsächlich Silber (in Pl-ibam und Joachimsthal, jährlich an 50.000 Mark) und Zinn gewonnen; dann wird aufEisen, Blei,Schwefel u. a. gearbeitet. Im Süden sind die Graphitgruben, im Norden die Granatenfunde erwähnens- werth. Die Ausbeute an Steinkohlen ist im Wachsen und beträgt jetzt über 40 Mill. Ztr. im Jahr. Das größte Lager liegt zwischen Kladno, Schlan und der Moldau, und zwischen Komotau, Brüx und der Elbe. Außerhalb dieser Lager sind Kohlenwerke um Radnic und Pilsen, Schatzlar u. a. O. Nur Salz fehlt; dieses wird aus dem oberösterreichischen Salzkammergute bezogen. Der Reichthum an Wäldern, Steinkohlen und Wasserkräften, die Frucht¬ barkeit des Bodens und die Dichte der Bevölkerung sind günstige Vorbe¬ dingungen für die Entwicklung der Industrie; und in der That nimmt Böhmen hierin den ersten Rang in Oesterreich ein. Die Hauptsitze der Fabriks- Industrie befinden sich im Norden Böhmens, obwohl einzelne In dustriezweigc im ganzen Lande vertheilt Vorkommen. Böhmen hat über 1400 Fabriken und Manufakturen, und der Produktionswerth wird auf mehr als 102 200 Millionen Gulden jährlich geschätzt, wovon auf den Bezirk der Reichen¬ berger Handelskammer (die Kreise Leitmeritz, Bunzlau, Jiöin und König- grätz) mehr als die Hälfte entfällt. — Die Hauptindustrien Böhmens sind: die Schafwoll-, die Leinen-, die Baumwoll- und die Glas-Indu¬ strie. Den ersten Rang mit dem verhältnißmäßig höchsten Ertrage nehmen die beiläufig 150 Fabriken für Schafwollw aaren ein; Reichenberg ist der Hauptsitz für Tuch und Wollwaaren. Im Reichenberger Kammerbezirke beschäftigt diese Industrie über 25.000 Arbeiter und der Werth der Fabri¬ kate, welche nicht blos im Jnlande abgesetzt, sondern auch nach Italien, der Levante und Nordamerika cxportirt werden, ist etwa 18 Mill. Gulden. In der L ein en Industrie steht Böhmen allen Kronländern voran, wozu der treff¬ liche Flachs der Sudeten, die bessere Zubereitung des Rohmaterials und die Einführung mechanischer Flachsspinnereien wesentlich beitragen. Im Ganzen finden über 52.000 Arbeiter (darunter über 15.000 Handspinner) bei dieser Industrie ihren Erwerb, und der Productionswerth wird aufmehr als 24 Mill. Gulden geschätzt. Der Hauptsitz ist in Rumburg; für Zwiruwaaren: Schön¬ linde; — die Spitzenklöppelei ist am stärksten im Erzgebirge. — Die B a um- wollindustrie beschäftigt über 80 Fabriken mit mehr als Mill. Spindeln, welche über 90.000 Zt. Garn liefern. Am stärksten ist sie in der Umgebung von Reichenberg, überhaupt aber, gleich den zwei früheren Industrien, vom Fichtelgebirge an längs des nördlichen und nordöstlichen Gebirgssaumes. Be¬ rühmt sind auch die Kattundruckereien von Prag, Kosmanos, Hirschberg u. a. In einigen Artikeln der Glasindustrie nimmt Böhmen den ersten Rang auf der Erde ein und scheut kerne fremde Concurrcnz. DerGesammtwerth der Erzeug¬ nisse beträgt im Jahresdurchschnitt über 10 Mill. Gulden, und über 50000 Ztr. gelangen zum Export. In Nordböhmen bestehen große Fabriken (Haida, Gab¬ lonz, Steinschönau, Neuwelt u. a.), im Böhmerwalde viele Glashütten. Den Mittelpunkt der Raffinirnng des Hohlglases bilden Haida und Stein¬ schönau. Für Ouincailleriewaareu ist berühmt Gablonz; für künstliche Edel¬ steine, Schmucksteine u. dgl. Turnau; für SpiegelBnrgstein und Neuhurkenthal. Außer diesen Hauptzweigen der Industrie sind auch fast alle Zweige gewerblicher Thätigkeit mehr oder minder vertreten. Die Rüb en Zucker¬ fabriken haben den Colonialzucker in Böhmen fast verdrängt. In der Leder¬ fabrikation steht Böhmen am höchsten unter allen Kronl'ändern. Die Por¬ zellan- und Steingu tfabriken um Karlsbad liefern vorzügliche Waare auf den Weltmarkt. Sehr bedeutend sind die Papierfabrikatiou, die In¬ dustrie in Metallwaaren, der chemischen Produkte; über 1000 Bier¬ brauereien erzeugen über 15 Mill. Eim. Bier. In den Städten herrscht große Rührigkeit im Kleingewerbe und überall ist ein Aufschwung bemerkbar. Der erfreuliche Zustand der Landwirthschaft und des Gewerbfleißes hat einen lebhaften Handel zur Folge. Die wichtigsten Artikel der Ein¬ fuhr sind: Salz, Colonialwaaren, Roh- und Hilfsstoffe der Industrie; zur Ausfuhr gelangen Produkte des Ackerbaues und des Gewerbfleißes. Böh¬ mische Jndustrieerzeugnisse (Glas, Schafwollwaren u. a ) finden sogar in außereuropäischen Ländern Absatz und Anerkennung. Der Durchfuhrhandel aus und nach dem Zollvereine ist gleichfalls bedeutend. An Wasserstraßen ist das Land trotz der vielen Flüsse doch arm; dagegen hat es viele und gute Reichs- und Landstraßen. Ferner erleichtern mehrere Eisenbahnen den Verkehr. Für die geistige Kultur wird gleichfalls gut gesorgt. Es bestehen an 3800 Volksschulen, mehrere vollständige Realschulen und Gymnasien 103 zahlreiche Unlerrealschulen, sowie Spezial- und Gewerbeschulen. Böhmen war seit jeher ein wichtiger Sitz für die Pflege der Wissenschaft und die Heimat ausgezeichneter Staatsmänner und Gelehrter; die Geschichte unseres Vaterlandes weiset auf fast jedem Blatte Männer, welche diesem Lande an¬ gehörten und sich in den verschiedensten Kreisen menschlicher Thätigkeit um Oesterreich verdient gemacht haben. 8. 54. Die Mnrkgrasfchast Mähren 404 (^Weilen; 1,055.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (an 53 000 Protestanten, 40.000 Israeliten); nach der Nationalität über Slaven, sonst Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Mähren ist im Allgemeinen ein wellenförmiges Pla¬ teau, welches im Westen, Norden und Osten von größeren Bodenerhebun¬ gen eingeschlossen ist; die Hauptabdachung ist eine südliche. Von Westen her reicht das bö h m i s ch - mä h ri s ch e P l a t e a n bis zum Thale der March, an deren Ursprung (im Nordwcsten des Landes) das Adlergebirge mit dem Gesenke zusammentrifft, welches vom Spieglitzer Schneeberge zum Alt¬ vater (4700ch streicht und an der Nordgrenze Mährens sich bis zur Oder fortsetzt. Das südöstliche Hügelland heißt das Odergebirge. Im Osten des Landes find die mährischen Karpathen, durch das Beowa - Thal in zwei Theile geschieden: a) die kleinen Karpathen zwischen der March und Waag; k) die Bjeskiden, zwischen der Beowa nnd den Zuflüssen der Oder. — Das Innere des Landes ist größtentheils Hügelland, strichweise auch Ebene. Unter den Thälern ist das bedeutendste das der March, dann das Oderthal („Kuhländchen"), die fruchtbare weite Hanua südlich von Olmütz, endlich das Thal der Thaha und ihrer Zuflüsse. Mähren hat weiters gro߬ artige Erdfälle (die „MLcocha") und nächst dem Karstlaude, welchem das „dürre Thal" fast vollkommen gleicht, die meisten Höhlen. Mit Ausnahme der geringen Nebenflüsse der Oder gehören alle Flüsse zum Geäder der Douau. Der wichtigste Fluß ist die March, welche vom Spieglitzer Schneeberge kommt. Ihr bedeutendster Nebenfluß ist die Thaha, welche den ganzen Süden des Landes durchzieht und die (durch die Jglawa und Zwittawa verstärkte) Schwarzawa aufnimmt. — Seen hat das Land keine, dagegen ziemlich viele Teiche. Landesverfassung, Verwaltung und Orte; Die Markgrafschaft Mähren wird in Lan- desangelegenyeiten vom Landtage vertreten, welcher aus 100 Mitgliedern besteht, nämlich: dem Fiirsterzbischofe von Olmütz und dem Bischöfe von Brünn, 30 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 31 der Städte, 6 der Handelskammern (Brünn nnd Olmütz je 3) und 31 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Mähren 22 Vertreter. An der Spitze der Verwaltung steht die Statthalterei, welcher Bezirksämter unterstehen. Der Sitz der Statthalterei ist in der Landeshauptstadt. Briinn (29.000 E.), wichtige Fabriksstadt (vorzüglich Tuch und alle Schafwollwaaren), starker Handel, sehr besuchte Jahrmärkte; Bisthum, schone Kirchen; technische Lehranstalt, vollständiges Gymnasium und Realschule; wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalten. Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde mit dem Franzensmusenm, Werner-Verein. Mnthige Vertheidigung gegen die Schweden im I. 1645. Schöne, an Naturseltenheiten reiche Umgebungen. Bei Brünn der befestigte Spielberg. t. Zwittau, Mährisch -Trüb au, Bosko wie n. m. a. erzeugen Tuch; Rosic und Oslavan, reiche Steinkohlenlager; Blaus ko und Adamsthal, große Eisen¬ werke; Austerlitz, Drei-Kaiser-Schlacht am 2. December 1805; Au spitz, bedeu¬ tender Viehhandel; Ray gern, Benedictiuerabtei aus dem 11. Jahrhunderte. 2. Olmütz (14.000 E.), Festung, Erzbisthum, Gymnasium, Realschule; Handel mit Leder, Schlachtvieh, Flachs und Rohprodukten; schöne Kirchen, erzbischöfliche Residenz; Sternberg (12.000 E.) undSchönberg, wichtige Leinen-und Baumwollindustrie; Proßnitz, (8000 E.), Baumwollindustrie, Hauptgetreidemarkt der Hanna; Preran und Mährisch-Neustadt, gewerbfleißige Städte. 104 3. Neutitschein (S000 E.), Tuch- und Wolleiizeuge, Wage»; Fulnek, im Kuh- ländchen, Tuch und Wollenzeugc. Industrielle Orte sind: We i'ßkirchen (Expvrt nach der Levante), Mistek und Frankstadt; Mährisch-Oslrau, Steinkohlen; Witko- Witz, berühmte Eisenwerke; RoSnau, Molkcnknranstalt; Freiberg, starke Tuch¬ weberei; Leipnik, Tuch- und Wollenzeugwebcrei, bedeutende Biehmävkte. 4. Hradisch (2700 Eh, gegenüber das Dorf Altstadt (Velehrad), einst die Residenz Svatopluks; Kremsier, Gymnasium, erzbischöfliches Schloß; Göding, Bisenz, Weinbau; Holleschau, Leinweberei, Weinbau. 5. Znaim (870V E.), Gymnasium, Ledcrsabrikation, Handel mit Landesproducten; Weinbau. Waffenstillstand am 12. Juli l80g; Nikolsburg, Gymnasium, Handel mit Rohprodukten, Schloß; NamieSt, Tuchfabrik; Frain, Steingutgeschirrfabrik- 6. Jglau (18.000 E.), Gymnasium , bedeutende Tuch-, Wollenzeug- und Leder- fabrikatwn; Groß-MeseriL, Telö und TrebiL, Tuchmanufactnren. K u t t u r d i t d. Der größte Reichthum des Landes liegt in den Produkten der L a n d- wirth schäft. Von der Gesammtfläche sind über 95^ produktiv und mehr als die Hälfte davon ist dem sorgfältig betriebenen Ackerbaue gewidmet, worin es den ersten Rang unter den Kronländern Oesterreichs einnimmt. Die Jahresproduktion übersteigt den Bedarf; bedeutende Mengen von Kör¬ nerfrüchten werden exportirt. Der fruchtbarste Landestheil ist die Hanna, wo nebst den gewöhnlichen Körnerfrüchten auch sehr viel Mohn gebaut wird. Die Wiesenkultur ist verhältnismäßig geringer; auf das Grasland entfallen an I9S, auf den Waldstand ungefähr 26^. Der Obst- (im Knhländchen) und Gemüsebau werden sorgfältiger betrieben. Wein wird wenig, aber von ziemlich guter Qualität in der Gegend von Bisenz, so wie an den Hügeln längs der Thaha gebaut. In der Viehzucht nehmen die hochveredelten Schafe den ersten Rang ein, die mährische Wolle gehört zu den feinsten und gesuchtesten. Ueberdieß hat das Land schönes Rindvieh; die Hanna liefert starke, schöne Pferde und Gänse in großer Menge. Endlich verdient die Bienenzucht Beachtung; das mährische Wachs ist vorzüglich. Mähren besitzt kein Kochsalz und keine edlen Metalle; der Bergbau ist auf Eisen, Steinkohlen, Graphit und Alaun beschäukt. Au Steinkohlen wer¬ den über 5 Mill. Ztr. gewonnen (Rosic, Mährisch-Ostrau, Oslavan, Oejö u. a.); an Roheisen 2'chg, an Gußeisen Mitt., an Graphit bei 20.000 Ctr. Die Industrie steht in Mähren auf einer hohen Stufe. An Man¬ nigfaltigkeit der Produkte steht sie zwar der böhmischen nach, doch ist der Werth der Produktion verhältnißmäßig größer. Die wichtigsten Artikel sind Tuch, Leinen und Rübenzucker. Der Hauptsitz des Gewerbefleißes ist Brünn. In Schafwollwaaren nimmt Mähren sowohl wegen der Menge als Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse, von den ordinärsten bis zu den fein¬ sten Qualitäten, den ersten Rang in Oesterreich ein; der Werth der jähr¬ lichen Erzeugung ist über 25 Mill. Gulden. Die bedeutendsten Orte hiefür sind: Brünn, Jglau, Zwittau, Rannest, Telö, Groß-Meseriö u. a. — Die L e i n e n industrie blüht im „Gesenke" und im „böhmischen Scheidegebirge." Hauptsitz ist Schönberg, dann Groß-Meseriö (mit Flachsspinnschulen), Stern¬ berg , Letowie (Bobbinetfabrik), Brünn u. a. O. — Die Industrie in Baumwoll- und Halbwollstoffen schließt sich an das Gebiet der Lei- neuindnstrie an, ist in rascher Zunahme begriffen und wird nur von Böh¬ men übertroffen. Sie liefert hauptsächlich Barchents, Kanevas, Sack- und Kopftücher („Tüchel"). Am schwunghaftesten ist sie in und um Sternberg, dann in Proßnitz, Zwittau, Trebiö, Mistek u. a. O. - Die Rübenzucker- Erzeugung ist stets steigend, insbesondere find Selowitz, Doloplas, Gruß- 105 bach (nebst einigen andern) bedeutend. — An Eisen waar en liefern Blansko: Gußwaaren und Maschinen; Friedland und Witkcwitz: Maschinenbestand- theile; Zöptau: Eisenbahnschienen. Wichtig sind endlich die Lederfabrikation (Brünn, Trebiö, Jglau, Znaim), die Nosoglio- und Branntweinerzeugung, die Bierbrauerei und Steingutfabrikation ; ininder bedeutend sind die Papier- und Glasfabrikation. Der Handel ist bedeutend, denn es werden sowohl Rohprodukte als auch Manufakturwaaren exportirt; Salz, Colonialwaaren, Roh- und Hilfö- stoffe der Industrie importirt. Besonders wichtig sind die Brünner Märkte, welche zu deu besuchtesten in Oesterreich gehören. Dem Mangel an Wasser¬ straßen helfen gute Landstraßen und die Eisenbahnen ab. — Zahlreiche Volks¬ schulen (gegen 1600), Realschulen und Gymnasien, so wie gewerbliche Spezial¬ schulen sorgen für die Pflege der geistigen Kultur der Bevölkerung, so daß auf allen Gebieten ein erfreulicher Fortschritt bemerkbar ist. Mähren gehört in jeder Beziehung zu den kultivirtesten Ländern des Kaiserstaates. Z. 55. Das Herzogthum Schlesien. 93 ^Meilen; 471.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (an 62.000 Protestanten und 2500 Israeliten) ; nach der Nationalität nahezu die Hälfte Deutsche (im westlichen Theils, die anderen Slaven (Mährer und Polen). — Grenzen? Das Land- — Schlesien, welches aus zwei getrennten Gebietstheilen besteht, ist im Ganzen ein Gebirgsland; insbesondere ist der westliche Theil sehr gebirgig, wo theils der Hauptkamm, theils Auszweigungen des Ge¬ senkes sich erheben. Der kleinere östliche Theil liegt am Nordabhauge der Bjeskiden mit dem Jablunka-Passe, der Schlesien mit Ungarn verbindet (Lissahora 4170"). Die flachen Stellen sind an der Oppa, Oder, Olsa, Weichsel und Mola. Schlesien gehört zum Gebiete der Ostsee, wohin sich die beiden Haupt¬ flüsse Oder und Weichsel ergießen. Die bedeutendsten Nebenflüsse der Oder sind die Oppa nnd Olsa; die Weichsel nimmt die Biela, den Grenzfluß gegen Galizien, arif. Landesverfassung, Verwaltung nnd Orte- Der Landesregierung unterstehen die Be¬ zirksämter. In Landesangelegenheiten wird das Herzogthum Ober- und Niederschlesien vom Landtage vertreten, welcher aus 31 Mitgliedern besteht: dem Fürstbischöfe von Breslau, 9 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 10 der Städte, 2 der Handelskammer in Troppau und 9 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichs- rathes sendet Schlesien 6 Vertreter. Die Landeshauptstadt ist 1. Troppau (14 000 E.), an der Oppa, Gymnasium, Realschule, Museum mit Bi¬ bliothek; bedeutende Tuchweberei; Kongreß im I. 1820. Jägerndors, Zuckmantel, Wiegstadtl, Wiirbenthal, Wagstadt, Odrau, Jndustrieorte; Freudenthal und Freiwaldau, Leinen-, Wollen- und Banmwollindustrie; in der Nähe der letzteren Stadt ist Gräfenberg, berühmte Wasserhelanstalt (Vinzenz Priesnitz). 2. Teschen (8000 E.), zwei Gymnasien, Museum mit Bibliothek, Tuch-, Liqueur- fabrikation; Friedensschluß 177t>; Bielitz, Schafwollzeugfabriken; Polnisch-Ostrau und Hruschau, Steinkohlenwerke; Friede!, Banmwollfabrikation; Sitz des General- Vikars für deu zur Breslauer Diöcese gehörigen Antheil von österreichisch Schlesien; Oderberg, Cisenbahn-AusgangSstation nach Preußen K u l t u r b i 1 d. Bon der Gesammtfläche sind beiläufig 96^ produktiv; davon entfallen an 32 A (über 28 ^Meil.) auf den Waldstaud, 18 auf das Grasland und gegen 47 A (an 42 ^HAil.) auf das Ackerland. Trotz des Fleißes und der rationellen Bebauung deckt wegen des rauhen Klimas der verhältniß- mäßig minder fruchtbare Boden selbst in guten Jahren nicht den Bedarf der dichten Bevölkerung. Besondere Erwähnung verdient nebst dem H afer 106 und Roggen als Hauptfrüchten noch der Flachsbau an der Oder, um Frei- waldau und Freudenthal. Die übrigen Zweige der Landwirthschaft sind nicht vom Belange. — In der V iehz u ch t bildet die musterhaft veredelte Schafzucht den Glanzpunkt; einige Schäfereien (Freistadt, Hennersdorf, Hotzenplotz u. a.) genießen europäischen Ruf. Die hochfeine Wolle wird nach Brünn, Reichen¬ berg und Frankreich ausgeführt; während zur einheimischen Verarbeitung ge¬ ringere Qualitäten der ungarischen und russischen Wolle eingeführt werden. Der Bergbau wird in größerem Umfange nur auf Steinkohlen und Eisen betrieben. In Bezug der Steinkohlenausbeute (ungefähr 10 Mill. Ztr.) wird es nur von Böhmen übertroffen; die größte Menge sehr guter Kohle liefern Polnisch-Ostrau, Karwin u. e. a. In der Gegend von Troppau wird überdieß vorzüglicher Schiefer gebrochen. Die Bevölkerung zeichnet sich durch Gewerbfleiß sowie durch Genüg¬ samkeit aus. Unter den mehrfach geschätzten Produkten schlesischen Gewerb- fleißes nehmen die Leinenwaaren und Zwirnprodukte den ersten Platz ein. Musterbleichen und Flachsspinnschulen tragen zur Hebung dieser Industrie wesentlich bei; die ärmere Gebirgsbevölkerung beschäftigt sich auch mit der wenig lohnenden Handweberei (Freiwaldau, Zuckmantel, Würbenthal, Ben- nisch, Wiegstadt n. a. O.). Für Tuch sind nennenswerth: Bielitz, Jagern- dorf, Troppau, Wagstadt. Baumwollzeuge geringerer Qualität werden um Friedeck von der Landbevölkerung erzeugt und nach Ungarn und Galizien abgesetzt. Die Runkelrübenzucker-Fabrikation gewinnt an Ausdehnung; die Fabrikanten sind meist große Grundbesitzer. Die Eisenindustrie findet sich sowohl in den Thälern des Gesenkes als der Karpathen; die Drahl- und Blecherzeugung, so wie der Maschinenbau (Freudenthal und Bielitz) sind erwähnenswerth. Ueberdies bilden die Branntweinbrennereien, Liqueur- Fabriken, die Käsebereitung und die Ledererzeuguug eine namhafte Erwerbs¬ quelle. Der Handel beschäftigt sich mit dem Import von Getreide und Rohstoffen für die Industrie; zum Export kommen die erwähnten Industrie- Produkte; auch der Speditions- und Commissionshandel ist lebhaft. Eisen¬ bahnen (Wien-Breslau, Oderberg-Krakau und Seitenflügel) und genügende Verbindungsstraßen erleichtern den Verkehr; die Flüsse werden jedoch erst an der Landesgrenze schiffbar. — Die Schlesier sind ein anspruchsloses und genügsames Volk; sür die geistige Ausbildung sorgen über 400 Volksschu¬ len (Schulbesuch 100 : 93), mehrere Realschulen und die Gymnasien in Troppau und Teschen. ß. 56. Das Königreich Galizien und Lodomerien (mit den Hcezogthümern Auschwitz und Zator und dem Großfiirstenthumc Krakau). 1422 ^Meil.; 4.900.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (davon beiläufig die Hälfte römisch-katholisch, und die Halste griechisch-katholisch), K0.000 Protestanten und 450.000 Israeliten. Nach der Nationalität fast ausschließlich Slaven (etwa SOX Ruthenen, 48X Polen, Globalen u. a.), IX Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Galizien ist im südlichen Theile Bergland, im nörd¬ lichen Tiefland. Aus Schlesien treten die Bjeskiden in das Land, breiten sich zwischen der Sola und Skava aus und werden durch das Thal des Dunajec von den Central-Karpathen geschieden, welche Hochgebirgs- Charakter, aber keine Gletscher haben und den ungarischen an Höhe nach¬ stehen. Oestlich von Poprad beginnt das karpathische Waldgebirge (Werchownha), ein steiler, minder hoher, jäh abfallender Gebirgszug mit einigen Pässen (Dukla-Paß) und kurzen Querthälern. Zwischen den Karpathen 107 und der p o do tischen Landhöhe (einem wellenförmigen Plateau um Lem¬ berg) erheben sich die mazurischen Hügel, welche das ganze Land, von den Vorbergen der Bjeskiden bei Bochnia bis an den Dnjestr erfüllen. Die Tarnowitzer (oder polnische) Platte reicht nur in den Umgebungen von Krakau nach Galizien herein. Jenseits des Dnjestr und der podolischen Land¬ höhe dehnt sich die galizische Ebene aus, welche zur großen slavischen Ebene Nordost-Europa's gehört. Galizien ist ein wasserreiches Land. Die Hauptflüsse sind: dieWeich s e l, welche die Flüsse Westgaliziens aufnimmt und sich in die Ostsee ergießt; — der Dnjestr führt die Flüsse Ostgaliziens dem schwarzen Meere zu. Die schiffbare Weichsel bildet auf einer großen Strecke die Reichsgrenze, ihre Nebenflüsse sind die Skawa, Sola, der Dnnajec (mit dem Poprad), W isloka, der San und Bug; — in den Dnjestr münden der Stry, die Lomnica, der Sered und der Grenzfluß Podhorze. Der Pruth, der sich in die Donau ergießt, hat in Galizien wenig Bedeutung. — Seen hat das Land (außer den „Meeraugen" in den Karpathen) keine, aber viele fisch¬ reiche Teiche. San und Dnjestr bilden im Oberlaufe ausgedehnte Sümpfe. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: *) Au der Spitze der Landesverwaltung steht die Statthalterei in Lemberg, welcher die Kreisämter unterstehen, denen die Bezirks¬ ämter untergeordnet sind. Das Königreich Galizien und Lodomerien sammt dem Groß- herzogthume Krakau wird in Landrsangclegenheiten vom Landtage vertreten, der aus 150 Mitgliedern besteht: den 3 Erzbischöfen in Lemberg, den 2 Bischöfen in Przemysl, den Bischöfen in Tarnow und Stanislau, dem liootor LluAnibous der Krakauer und jenem der Lemberger Universität, 44 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 20 der Städte, 3 der Handelskammern (Krakau, Lemberg, Brvdy je 1) und 74 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsraches sendet es 38 Vertreter. Die Landeshaupt¬ stadt ist 1. Lemberg (poln. Lwow, 70.000 E.), Sitz eines lateinisch-katholischen, eines arme¬ nisch-katholischen und eines griechisch-katholischen Erzbischoses, hat schöne Kirchen (Domi¬ nikanerkirche, griech. kathol. Kathedrale) und einige ansehnliche Gebäude (Rathhans, erz- bischöfliche Residenz), Universität, Oss o linski'sches literarisches Institut mit reicher Bibliothek und artistischen Sammlungen, technische Lehranstalt, 2 Gymnasien, Realschule, mehrere andere Bildung«- und WohlthätigkeitSanstalten. Bedeutendster Gewerbe- und Handelsplatz des Landes; alle Arten von Gewerben, namentlich Rosoglio-, Essig- und Seifenfabriken, drei stark besuchte Jahrmärkte. Historisch interessante und schöne Um¬ gebungen. Grobek (2400 E.), Flachshandel; Wiuniki, k. k. Tabakfabrik. (Mehrere deutsche Colonien.) 2. Lotkiew (4SOO E.), einst der Familie Sobieski gehörig (Johann 111 Sobieski befreit Wien von den Türken 1683), gothische Kirche mit historischen Gemälden. Leder¬ verfertigung; Betz, in sehr fruchtbarer Gegend, reich au Bau- und Brennmaterial. In Glinško wird das beste Tafelgeschirr im Lande gemacht. 3. Ztoczäw (5200 E.), ausgedehnte Waldungen, Holzhandel nach Danzig; Brody (23.000 E.), Freihandelsplatz an der russischen Grenze, starker Kommissions- und Spe¬ ditionshandel : Schafwolle ans Rußland, Banmwoll- und Seidenwaaren aus dem Westen und Süden, Sensen aus Oberösterrcich. Historisch bekannter Platz. Realschule, Handels¬ kammer, russisches Consulat. Gerbereien, Leinweberei, lebhafte Messe. 4. Brzer-au (8000 E.s, Gymnasium; starke Gerbereien; Rohatyn (3000 E.), reichhaltige Gypsgruben. 5. Tarnopol (18.000 E.), Gymnasium, lebhafter Handel, bedeutende Pf-rdemärkte und Pferdewettrennen; Mikulince, Mnsterschäferei, Tuchfabrik, Wachs und Honig¬ handel, Branntweinbrennerei. 6. Czortkow (3300 E.), Handelsplatz; Utaszkowee, großer Jahrmarkt für ordi¬ näre Schnittwaaren aus Wien, Brunn und Prag und galizische-Rohprodukte. Zalesz- czyki (5200 E.), Hauptstapelplatz für den Getreide- und Holzhandel auf dem Dnjestr. *) Zur Polnischen Aussprache: 2 sprich sehr gelindes 8; 2 spr. sehr gelindes sob; o spr. r; 02 spr 1-2 spr. I-Sllb (gleich dem öechischen r -- 1-2 ; I spr. hartes polnisch I. 108 7. Kolonie» (15.000 L), mit sehr vielen Töpferwerkstätten; Knty, Saffianfabri¬ kation; Sniatyn (II.09V E.) treffliche Gerbereien, Handel mit Pferden und Horn¬ vieh; Kossdw, Salzsiedereien. ö. Stanislaw ow (oder Stanislav, 13.000 E), in freundlicher Ebene, in der schönen Pfarrkirche Grabmäler mehrerer Glieder der Familie Potozki; Standbild des Kaisers Franz I., Gymnasium, ansehnlicher Handel; Hal icz, feste Stadt amDnjestr; die Burg des ehemaligen Fürsten von Halicz (Galizien). Ttumacz, Runkelriiben- zuckerfabrik; Delatyn, Solenbäder, Molkenkuranstalt; Verfertigung von Holzwaaren. 9. Stryj (9200 E,), ansehnlicher Gewerbefleiß; Zakla, Skole u. a., Eisen¬ industrie-, Bolechow, Hauptsitz der Lederfabrikation. (Mehrere deutsche Colonien.) 10. Sambor (11.000 E.), Gymnasium, Leinenweberei nnd Handel; Drohobycz (11.000 E.), Handel mit Getreide, Leder, Leinwand nnd Töpferwaaren. In der Um¬ gegend reiche Salzgruben, Salinen; Komarno, wichtige Fischerei in den nahen Tei¬ chen, starke Leinenweberei, vorzüglicher Zwillich. 11. Sanok (2800 E.), unregelmäßig gebaut, schönes Schloß; Jwoniez mit einer Mineralquelle. (Mehrere deutsche Colonien.) 12. Przemysi (10.000 E.), eine der ältesten Städte des Landes, Sitz eines lateinisch- katholischen und eines griechisch-katholischen Bischofes, mehrere schöne Kirchen, Gymna¬ sium; Bibliothek des griechisch-unirten Domcapitels, reich an alten Urkunden. Verferti¬ gung von Leder, Leinwand und Holzwaaren; Jaros law (8800 E.), bedeutender Handel mit Garn, Leinwand, Wachs, Honig und Getreide bis Danzig; große Erzeugung von ordinärer Leinwand (für die Militärverwaltung). Ebenso RaLy m no. (Mehrere deutsche Colonien.) 13. Krakau (41 ooo E-), in einer schönen und fruchtbaren Ebene, einst oftmalige Residenz und Krönungsstadt der polnischen Könige, mit prächtigen Gebäuden, darunter das Nesidenzschloß, die damit verbundene Kathedrale mit reicher Schatzkammer und vielen prachtvollen Monumenten (das silberne Grabmal mit den Reliquien des heil. Stanislaus, die Grabmäler mehrerer polnischer Könige vom 1.1163—1733, mehrerer Bischöfe und Generale), die im gothischen Style gebaute Marienkirche, die St. Annenkirche mit dem Denkmal des Kopernikns, die Kapelle des h. Adalbert am Ringplatze u. a.; das Castell, das Universitätsgebäude, Regierungsgebäude am Strodom u. a. Universität mit reicher Bibliothek und Sternwarte, technisches Institut. Gymnasium, mehrere andere Lehranstalten, wissenschaftliche Vereine und Wohlthatigkeitsanstalteu. Unter den Gewerben sind die Tnch- uud Lederfabriken wichtig. Günstige Lage für den Handel, der mit Getreide, Holz, Salz, Wein, Leinwand nnd Borstenvieh schwunghaft betrieben wird. Zwei große Jahrmärkte. Mehrere Steinkohlenwerke (Jaworzno), Gruben mit feuerfestem Thon. Zinkhütten. 14. Bochnia (5500 E.), in der Nähe ein Salzflötz, welches jährlich an300.000 Ztr. Steinsalz liefert. Noch bedeutender sind die Gruben bei Wieliczka (4500 E.), ans welchen jährlich über 1 Mill. Ztr. Salz gewonnen werden. In den unterirdischen Räu¬ men befinden sich eine Kapelle, ein großer Tanzsaal, ein Salzsee, viele Monumente ans Salz. Podgorze, Lederfabrik, Dampfmiihle. 15. Tarnow (8500 E.), Bisthum, Gymnasium; Kathedralkirche mit schönen Grab¬ monumenten ; Leinenmanufaktur, Lederfabrikation, bedeutender Handel. 16. Rzesz üw (6700 E.), Gymnasium, Leinenindustrie, Schmuckwaaren aus unechten Metallen, Pserdemärkte; Lancut, Runkelrübenzuckerfabrik; Przeworsk (3500 E.), prachtvolles Schloß mit Park und Bibliothek; Seidenranpenzncht. 17. Jasio (2400 E.); Dukla, Krosno und Gorlice, Handel mit Leinwand, Getreide, ungarischen Weinen, starker Verkehr mit Ungarn; große Leinwandbleichereien bei Szymbark. 18. Neu-Sandec (7100 E), Gymnasium; Alt-S ander (3000 E), ansehn¬ licher Handelsplatz; altes, berühmtes Frauenkloster; Neumarkt, bedeutender Wein- und Leinwandhandel. 19. Wadowice (3200 E.), in fruchtbarer Gegend: Auschwitz (Oäwiecim) und Zator, einst Hanptorte der gleichnamigen Herzogthümer, gehören zum deutschen Bunde. Biaia (4700 E.). große Tuchsabrikation, sehr wichtiger Speditionsplatz; Andr ich au, bedeutende Fabrikation von Leinwand, Baumwolizeugen, Zwillich und Packleinwand; WegierSka und Obszar, wichtige Eisenwerke (Verarbeitung unga¬ rischer Eisenerze). K u 1 t u r b i l d. Die wichtigste Nahrungs- und Erwerbsquelle für die Bevölkerung dieses Königreiches bildet die Landwir t hschaft. Das Klima ist zwar theilweise 109 rauh; ungefähr 90 A des Bodens (gegen 1200 ^M.) sind produktiv, und davon entfallen über 41^ auf Aecker, etwa 25 A auf den Waldstand und über 21^ auf das Grasland. Der Boden ist dem Ackerbau günstig, ins¬ besondere die Ebene im nödlichen und vorzüglich im nordöstlichen Theile. Das Erträgniß wechselt jedoch derart, daß in schlechten Jahren der Bedarf des Landes an Körnerfrüchten nicht gedeckt wird, während in guten ein großer Ueberflnß sich herausstellt. Wegen Mangels ausreichender Kommunikations¬ mittel und der mitunter großen Entfernung von den Kornmärkten kann aber in letzterem Falle der Ueberschuß nicht entsprechend verwerthet werden und er¬ wirb in die Spiritusbrennereien gebracht, deren es eine große Anzahl im Lande gibt, und bei denen auch die Viehmastung betrieben wird. Private und Vereine arbeiten an der Hebung des Landbaues und der landwirthschaftlichen Industrie. Hauptfrüchte sind Roggen, Gerste und Hafer, auch der Buchweizen wird stark angebaut. Im südöstlichen Theile ist der Anbau von Tabak, Mais und Melonen, in den Karpathen jener von Flachs und Kartoffeln ansehnlich. Der Weinbau fehlt. Die Karpathen sind reich au Holz; hingegen herrscht auf der polnischen Platte und der politischen Landhöhe empfindlicher Holzmaugel. Auf der Weichsel und dem Dnjester wird der Holzhandel nach Danzig und Odessa schwunghaft betrieben. — Die Menge Grasland begünstigt die Vieh- z u ch t, insbesondere jene des Rindviehes. Das in Rußland und der Moldau eingekanfte Jungvieh wird gemästet und nach dem Westen verkauft. — Die Pferdezucht ist iu der Aufnahme. Die Schafzucht, so wie die Zucht der Bienen und des Geflügels erfreuen sich guter Pflege. Unter den Produkten des Bergbaues nimmt das Salz den ersten Rang ein. Das unerschöpflliche Salzflötz dehnt sich von Wieliczka bis in die Bukowina im Halbkreise aus; bergmännisch wird es zu Wieliczka und Boch- nia zu Tage gefördert; in Ost-Galizien bestehen eilf Cocturen, deren jähr¬ liche Salzgewinnung über 2 Mill. Ztr, beträgt. Auch au Steinkohlen wird viel gewonnen (etwa 1^ Mill. Ztr.); die Ausbeute an Ghps, Eisen, Zink, Kreide u. s. f. ist hingegen minder belangreich. In der Industrie ist zumeist nur in jenen Zweigen ein Aufschwung bemerkbar, welche sich auf die Landwirthschaft stützen. Der Reichthum an Flachs und Hanf begünstigt die Leinenindnstrie im westlichen Theile, wo sowohl ordinäre Leinen, als auch Damaste und feinere Maaren erzeugt werden; im östlichen Landestheile werden fast nur ordinäre Leinen fabrizirt. Mit der Weberei beschäftigt sich überwiegend das Landvolk zur Winterszeit; iu den Städten bestehen Weberzünfte. Zunächst steht die Spiritusbren¬ nerei, welche, obwohl in den letzten Jahren abnehmend, noch immer sehr- bedeutend ist. Wichtig ist ferner die Ledererzeugung mit> den vielen Ger¬ bereien in den Kreisen Strhj, ^olkiew, Przemysl, Sanok, Sambor, Sta- uiskawow und Kokomea. Bedeutend ist endlich die Rnnkelrüben-Zncker- fabrikation. Die Fabriken von Tkumacz und Lancut gehören zu den größten in der Monarchie; erstere verarbeitete i. I. 1858 über '/? Mill. Ztr. Rüben. Nebst diesen Hauptindustrien sind noch erwähnenswerth: Tuch (in Mikulince, Brzezany, Zokkiew, Jaroskaw, Biaka); ordinäres Glas in Sokal, Milkow); Papier, Baumwoll-und Galanteriewaaren,; Stearin¬ kerzen, Surrogatkaffee, Zündhölzchen Pottasche, Fayence u. a. m- Die Montanindustrie ist vorherrschend in den Kreisen von Kra¬ kau und Bochnia; in den Städten ist die Metallw a ar en-Jndustrie durch Kleingewerbe vertreten, welche meist ordinäre Waare liefern und bei denen nur ein geringer Fortschritt bemerkbar ist. 110 Der Handel umfaßt in der Ausfuhr zumeist Rohprodukte, als: Getreide, Salz, Rindvieh, Holz, Honig und Wachs, ordinäre Webe- und Seilerwaaren; österreichische Industrie-Erzeugnisse werden nach Rußland durchgeführt; zur Einfuhr kommen Kolvnialwaaren. Manufacte und Kunst- prodnkte. Auf die Verbesserung und Ausdehnung der Kommunikationen wird große Sorgfalt verwendet; die Karl-Ludwigbahn schreitet im Bau vorwärts und wird nebst den Verzweigungen von hohem Werthe für Galizien werden; im Oktober 1861 wurde sie bereits bis Lemberg eröffnet. Auch die Re- gulirung und Schiffbarmachung mehrere Flüsse wird die gejammte Pro¬ duktion und den Verkehr heben. In Hinsicht der geistigen Kultur herrscht noch ein großer Unterschied zwischen der ländlichen Bevölkerung und dem großen Grundbesitze oder den vornehmen Polen. Während das Landvolk in der Aufklärung zurückgeblieben ist, hat sich der vornehme Pole vorzüglich französische Sitten ungeeignet. In neuester Zeit wird im Wege der Schule und gemeinnütziger Vereine auf die Hebung der unteren Bevölkerungsklassen gearbeitet. Es bestehen bereits an 2300 Volksschulen, mehrere Gymnasien und Realschulen; dennoch ist der Schulbesuch verhältnißmäßig noch ein sehr geringer. Von je 100 schulfähigen Kindern besuchen in Galizien nur 15 die Schule. Der Ruth e ne (östlich vom Sanflusse) steht in der Entwickelung dem Polen, dessen ausgebildete Sprache eine reiche Literatur besitzt, sehr zurück. Die Israeliten sind Handels-und Wirthsleute des Landes, auch betreiben sie viele Gewerbe fast ausschließlich. Die Deutschen bilden mehrere Sprachinseln auf dem Lande und bewohnen überdieß gemeinschaft¬ lich mit anderen Nationalitäten Städte und Märkte. Uebrigens herrscht eine große Verschiedenheit im Volkscharakter, in Sitten und Bräuchen, in Wohnung und Tracht in den entlegenen Landestheilen. Z. 57. Das Herzogthum Bukowina. lOO^Meil.; 487.000 Einwohner; überwiegend nicht-unirte Griechen (an 36.000 Katho¬ liken. 10.090 unirte Griechen, 8000 Protestanten, lS.000 Israeliten); nach der Nationa¬ lität 48°/, Ruthenen, 40"/, Romanen, dann Deutsche, Polen, Magyaren. — Grenzen? Das Land. — Die Bukowina ist im Ganzen Hochland; nur am Dnjestr und Pruth ist Tiefland. Zwischen diesen Flüssen befindet sich ein wellenförmiges Plateau, das vom Dnjestr-Ufer rasch aussteigt, dagegen zum Pruth sich allmählich herabsenkt. Am rechten Pruth-Ufer findet wieder eine rasche Stufenerhebung statt. Diese terrassenförmige Erhebung der Flußthäler wiederholt sich noch beim Sereth und bei der goldenen Bistriz. Im Westen des Landes erheben sich die Karpathen, die theils Ausläufer des Waldge¬ birges, theils der Central-Karpathen und des sie begleitenden Systems vulkanischer Gesteinsarten sind, die Schneegrenze zwar nicht erreichen, aber die Waldregion überragen, größtentheils mit dichten Wäldern besetzt sind, ihre höchsten Spitzen jedoch nicht im Lande haben. Größere Ebenen besitzt das Land nicht (die größte bei Radautz an 4 M.), sondern nur mehr oder we¬ niger erweiterte Flußthäler. Einige Jochübergänge führen in die Nachbarländer. Die Flüsse der Bukowina gehören zum Gebiete des schwarzen Meeres; sie fließen untereinander fast parallel von West nach Ost. Sie sind im Sommer meist wasserarm; im Frühlinge und nach starken Regengüssen übersteigen sie häufig ihre Ufer und richten arge Verwüstungen an. Der Dnjestr bildet im Norden die Grenze und ist die hauptsächlich benützte Wasserstraße Der wich¬ tigste Flnß des Landes ist der Pruth, dann der Sereth, welchem außer- lil halb der Monarchie die Suezawa, die Moldawa uud die „goldene" Bi- stritz aus der Bukowina zufließen. Das Land hat keine Seen; einige Teiche liegen zwischen dem Pruth und Dnjestr. — Das Klima ist zwar theilweise rauh aber gesund, mit starken vorherrschenden Sommerregen und Sommer- gewittcrn, worauf ein längerer angenehmer Herbst folgt. Landcsversassilug, Verwaltung und Orte: Die Landesangclegeuheitsn der Bukowina werden vom Landtage vertreten/Dieser besteht ans JO Mitgliedern: dem Bischöfe von Czernowiz, IO Abgeordneten des großen Grundbesitzes, S der Städte, 2 der Handels¬ kammer in Czernowiz und 12 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet er 5 Mitglieder. Der Landesregierung sind die Bezirksämter untergeordnet. Die Landeshauptstadt ist Czernowiz (EzernLuz. 26 000 E.), aus einer Anhöhe am rechten Ufer des Pruth, Sitz der Landesbehörden, eines griechisch-uichtunirten Bischofes; Obergymnasium, Real¬ schule, Landesbibliothek; Handelskammer, Verein für Lanveskuude; lebhafter Gewerbe¬ fleiß und Handel nach der Moldau und Bessarabien. Suezawa (6000 E-), einst Residenz der moldauischen Fürsten ; schöne Stabt; Gym¬ nasium, Grab des gr. u. u. Landespatrous h. Johann von Novi ; bedenkende Safsian- uud Corduanlederfabriken; wichtiger Speditionshandel; Sereth (4500 E.), eine der ältesten Städte der Bukowina; Rada uz (4500 E.) Militärgestüt, Zucht arabisch, Stand bei 2000Pferde; auch in RadauzFürstengräber; Kirlibaba (auch Mariensee genannte vormals Silber- und Bleibergwerk; P osz o rita, reichhaltiges Kupferbergwerk: Jaku- beni, bedeutende Eisenwerke; Nowoseliza, hart an der Grenze, wo sich das tripl«x eontiiunm der drei Kaiserreiche befindet; Eisenau, Freudenthal und andere; Putna, am Saume großer Wälder, mit berühmtem Kloster, in dessen Kirche die Gebeine des moldauischen Fürsten Stephan des Großen ruhen; Sadagura, der wichtigste Platz für den Ochsenhandel mit Bessarabien und der Moldau; Fontina alba (Biela Kiernica), Kloster und Metropolie der Lippowaner, welche daselbst, in Klimouz und in Mittoka ganz abgesondert leben, außerhalb dieser Orte aber hauptsächlich Teich¬ gräberei und Obsthandel treiben. K u i t u r b i l d. Beiläufig 96 A der Gesammtfläche sind produktiver Bodeu, doch entfällt davon fast die Hälfte (an 46 A) aus Waldungen, von denen ein großer Theil noch unbenützt ist. Dem Ackerlande gehören nur etwa 45 (an 24 S), dem Graslande an 49OMeil. (27^) an. Das eigentliche Kulturland liegt zwischen dem Dnjestr und der Suezawa, so wie am Unterlaufe der letzteren, wo viel A ck erbau betrieben wird. Nur die größeren Grundbesitzer und der mit Land- eigenthum dotirte Clerus sowie die fremden Ansiedler haben eine bessere Be- wirthschaftung eingeführt; der Bildungsgrad des Bauers ist meist noch ein geringer. Trotz dieser noch nicht befriedigenden Bearbeitung gibt der fruchtbare Boden doch ein lohnendes Erträgniß. Die Hanptfrucht ist der Mais („Mama¬ liga" -Maiskuchen ist eine sehr verbreitete Nationalspeise), doch wird davon aus Bessarabien und der Moldau noch eingeführt. Zunächst steht der Hafer; die übrigen Produkte des Ackerbaues werden nicht in hinreichender Menge ge¬ wonnen. Auch die Obstbaumzucht entspricht nicht den günstigen klimatischen Verhältnissen. Selbst die Viehzucht, für deren Gedeihen die günstigsten Be- dingnisse vorhanden sind, hat nicht die wünschenswerthe Ausdehnung. Verhält- nißmäßig am stärksten sind die Hornvieh- und Schafzucht; die Pferdezucht im k. k. Militärgestüte zu Radauz nimmt in Oesterreich den ersten Rang ein, Die Bienenzucht deckt kaum den Bedarf an Wachs; Honig wird exportirt. Die Industrie ist kaum im Entstehen, selbst das Kleingewerbe ist nicht in ausreichender Menge vorhanden. Capital und Arbeitskraft sind verhältnißmäßig theuer, die Bildungsstufe der Bewohner eine geringe, die Commuuicationen ungenügend. Am ausgedehntesten sind die Branntwein¬ brennereien; die Bierbrauereien decken eben den Bedarf; die Pottaschen- 112 siederei wird nicht mehr in der früheren Ausdehnung betrieben. In der Eisenindustrie nimmt Iakubeni mit den dazu gehörigen Hammerwerken einen beachtenswerthen Rang ein*). Die Gewinnung des Waschgoldes aus der Bistriz ist unbedeutend; in Poszoritta wird Kupfer gewonnen; eine Saline ist in Kaczka, die zahlreichen Salzquellen sind der Benützung fast ganz entzogen. Fabriksmäßig, werden betrieben zwei Papierfabriken (Radauz nnd Czernowiz), die Maschinen- und Bronzefabrik in Czernowiz, einige Glashütten. Ausgedehnt ist die Saffian- und Corduanerzeuguug in Suczawa. Im Handel ist nur der Grenzverkehr nach Bessarabien und der Moldau wichtig, zunächst der Grenzort Folticzenh (in der Moldau), wohin österreichische Fabrikate exportirt werden. Auch der Transit nach Galizien, Ungarn und Siebenbürgen ist belangreich. In den größeren Orten werden stark besuchte Jahrmärkte abgehalten. Die Bevölkerung ist ziemlich gemischt. Bei der österreichischen Besitz¬ nahme zählte man 50.000 Romanen und etwa 20.000 Ruthenen. Die fünf¬ zigjährige Rekrutirungsfreiheit und förmliche Colonisation führten galizische und Marmaroser Ruthenen, dann Groß-Russen, Deutsche, Magyaren, Ar¬ menier, Israeliten in das Land. Zwischen dem Dnjestr nnd Pruth und im Hochgebirge verschwand selbst ein Theil der romanischen Bevölkerung unter den Ruthenen; doch stammt das Uebergewicht der letzteren erst ans dem jüng¬ sten Decennium. Die Zahl der Magyaren und Deutschen ist geringe; die Zigeuner haben sich größtentheils schon seßhaft gemacht. Im Allgemeinen ist der Stand der geistigen Kultur noch ein geringer; es gibt nur etwas mehr als 40 Volksschulen, der Schulbesuch ist verhältnißmäßig der geringste in der Monarchie (auf 100 schulpflichtige Kinder kommen kaum 10 schul¬ besuchende). Das Land hat nur eine Unterrealschule in Czernowiz und dort auch ein Obergymnasium; ein zweites entsteht auf Laudeskosten in Suczawa. Die rege Thätigkeit für Bildung, welche seit der Abtrennung des Landes von Galizien erwacht ist, läßt die allmälige Behebung vieler Mängel und Gebrechen erwarten. Z. 58. Das Königreich Ungarn. 3897**) ^Meilen, 10,172.000 Einwohner, darunter über 5,050.000 Magyaren, 1,222.000 Deutsche, an 2,600.000 slavischcn Stammes, 1,173.000 Romanen, gegen 394.000 Juden, dann kleinere Stämme. — Stach der Confessio»: gegen 6 Mill. Katholiken (des lateinischen, armenischen und griechischen Ritus), über 1 Mill, nicht unirte Griechen, über 2,150.000 Protestanten, dann Juden. — Grenzen? Das Land. —- Ungarn ist zum Theile Tiefland, zum Theile Gebirgs¬ land. Zum Tieflande gehören die kleine und die große ungarische Ebene; das *) Von großer Wichtigkeit für die technische Kultur des Laudes ist die Thätigkeit des Gcwerksbesitzers Vinzenz Manz von Mariensee. Er unterhält 6 Bergwerks-Colonien mit s Kirchen, 6 Schulen, 56 Werksgebäudeu und 785 Wohnhäusern, welche gegen raten¬ weise Abzahlung der Baukosten Eigenthnm der Arbeiter werden. Die Bevölkerung dieser Bergwerks-Colonien beträgt über 4500 Seelen. **) Nach der Eiiitheilnng vor 1849: u) Ungarn (mit dem Temeser Banat).>. 3689 OMeil. b) Besondere Districte (darunter ungar. Litorale mit 6 OMeil.) 110 „ „ e) Kroatien.... 173 „ „ ä) Slavonien. 171 „ „ 4143 oMeil. Oben sind ausgenommen u und b (mit Ausnahme des Litorale, welches bei Kroatien vorkömmt), dagegen kommen zu Ungarn noch die „re-incorporirtcn Theile"; — Kroatien und Slavouien sind in einem besonderen Paragraph behandelt. 113 Bergland gehört theils den Karpathen an, theils sind es Ausläufer der Alpen, и. z. das Leithagebirge, derBakontzwald, die minder hohe Fünfkirchuer Gruppe zwischen der Drave, Sarviz und dem Plattensee. Der gebirgigste Theil ist Nord- ungarn, während sich im Innern des Landes die größte Tiefebene Oesterreichs ausbreitet. Gewässer. — Ungarn gehört fast ganz zum Gebiete der Donau, welche bei Preßburg in das Land kömmt. Sie strömt durch die kleine ungarische Ebene; unterhalb Gran treten Berghöhen au beide Ufer heran, welche sie am rechten Ufer bis unterhalb Ofen begleiten. Mit geringem Gefälle fließt sie daun zum Theil zwischen morastigen Ufern durch die große Tiefebene bis unter¬ halb Neusatz, wo sie in die Militärgreuze tritt. Sie bildet mehrere Inseln; die große und kleine Schütt (unterhalb Preßburg), die St. Andreas-Insel, Margarita und Csepel in der großen Ebene. Zu den bedeutenden Nebenflüssen gehören: (links): die March (mit der Miava); die Waag, welche bei Frei- stadtl in die Ebene tritt, sich bei Guta im Sumpflande mit der Neuhäusler Donau verbindet und als Vügduua bei Komorn mündet, nachdem sie kurz vor¬ her die Neutra aufgenommen; die Gran (vom Königsbergs, Kirültzhegy) fließt im Unterlaufe durch Sumpfstrecken und mündet, ohne schiffbar zu sein, gegenüber von Gran; die Eipel (Jpoltz) mündet nach einem trägen, zwischen engen Hügelreiheu vielfach gekrümmten Laufe bei Szobb; die Theiß (Tißa) entspringt in der Marmaros (schwarze und weiße Theiß), welche sie mit star¬ kem Gefälle durchfließt, wird bei Szigeth für kleine Fahrzeuge schiffbar, trägt von Tokay an Dampfschiffe. In zahllosen Windungen (Serpentinen) zwischen ausgedehnten Sümpfen fließt sie durch das Tiefland und mündet unterhalb Titel. Für die Reguliruug dieses auch wegen des Fischreichthums bekannten Flusses ist bereits viel geschehen. Die Theiß nimmt (rechts): die Borzova, den Bodrog, den Heruad, die Eger und Zaghva,— (links): die Szamos, Körös und Maros auf. — Die T e m e s durchfließt das Banat und mündet bei Pan- öova.— (Rechts): Die Letzt ha, mehrfach Grenzfluß gegen Niederösterreich, mündet unterhalb Ungarisch-Altenburg. Die Raab kömmt aus Steiermark und wird von Körmend, wo sie in die kleine Ebene tritt, bis zu ihrer Mündung bei Raab befahren. Die Sarviz entsteht aus deu Sümpfen des Bakontz- waldeS, hat vielfach sumpfige Ufer, fließt von Stuhlweißenburg an in einem Canale und nimmt vom Plattensee den Sio und von der Fünfkirchner Hoch¬ ebene den Kapos auf. Die Drau bildet die Grenze gegen Kroatien und Sla- vonien. — Die bedeutendsten Seen sind der Platten- und der Neusiedler- See; erwähueuswerth sind anch die vielen Hochgebirgsseen in den Karpathen- („Meeraugen"). In beiden Tiefebenen gibt es viele Moräste. — Canäle: der Franzens- (oder Baäker-) und der Bega-Canal; der Sarviz Canal; der Albrecht-Karasicza-Canal in der Barantza und einige klei¬ nere. Auch an Mineralquellen ist das Land sehr reich. Verfassung, Verwaltung und Orte: Mittelst kais. Diploms v. 20. October 1860 sind die verfassungsmäßigen Institutionen des Königreichs Ungarn wieder ins Leben gerufen. Die Grundgesetze vom I. 1222 (goldene Bulle K. Andreas II.) und 1687; die pragma¬ tische Sanction Kaiser Carl's VI. vom 1.1713 (in Ungarn einstimmig angenommen durch den Art I. und II des Reichstages vom I. 1722/23); verschiedene Gcsetzartikel der Landtage, insbesondere jene von 1847/48, bilden nebst dem erwähnten Diplom die Grundlagen der Verfassung. Der ungarische Landtag besteht aus 333 Mitgliedern, und soll nach der Verfassung vom 26. Febr. 1861 in das Haus der Abgeordneten des RcichL- rathes 85 Mitglieder entsenden. Er besteht aus dem Hause der Abgeordneten (Unter¬ haus) und der Magnatentafel (Oberbaus). Unmittelbar zur Seite des Königs steht die к. ungar. Ho fka nz l ei <6s.nvkrIIa.rin rsj-is. rrnlien) mit einem Hofkanzler lLoinss o-rn- vsUs.rius) und dem nöthigen Personale. Die vier höchsten Reichsbaronc sind: der Pa- K lu n, Geographie 7. Auflage. 8 114 lat in (Lomes ?alatillus), der Hof-und Landri chter (lluäsx Lurias), der Bauus von Cr oatie n und der kön. S cha tz meister (llkavsruious). DerPalatin ist Statt¬ halter des Königs, Präsident des Landtages, des Statthaltereirathes, Vormund des minder¬ jährigen Königs u. s. w. Die höchste Verwaltungsbehörde ist der k. Statth a lt erei- rath (Lousiiium loomutsusutialo rszium) zu Ofen. Das Land ist in Gespanschastcn (Cvmitate) eingetheilt, an deren Spitze der Obergespan (Lomes) steht (theils erblich, theils mit einer Würde verbunden, theils ernannt); ihm unterstehen gewählte Vicege- späne (Viesaomss) und andere Functionäre. Das Comitat zerfällt in Bezirke (prooessus), au deren Spitze je ein Stnhlrichter (lluilex blobilium, llucliium) nnd Viecestuhlrichtcr. Die Verwaltung der k. Frei stä die führt der innere nnd der äußere Rath. Derllullsx- 6 urino ist Stellvertreter des Palatins. Das oberste Gericht ist die k. Curie (Lurlu rvtzia), welche aus der Septcmviraltafel tDadulassxtsmviralis, höchste Revisions-Instanz) und der k. Gerichtstafel (Appellations-Instanz) besteht. An der Spitze der letzte» steht Der Personal (ksrsonatls prasssntias rozin Looumtsusns). Weitere Gerichtsbehörden sind: die 4 Districtualtafeln zu Tyrnau, Güus, Eperies nnd Dcbreczin, dann Taver- nical-Stühle, Comitatsgerichte u. s. w. Das Königreich Ungarn (ohne Cro atieu und Slavonien) wird in 46 Comi- tate und vier Districte eingetheilt. Bemerkenswerthe Orte sind*): t. Comitat Preßburg. - Preßburg (Posony **), 45.000 E-), k. Freistadt und Krönungsstadt mit dein „Königshügel"; langjähriger Sitz des Landtages; Domkirchc, Landhaus, das k. Schloß; Rechtsakademie, Gymnasium, Realschule; lebhafte Industrie starker Weinbau, Handel initLandcSprodnkten. Tyrnau (Nagy-Szombath), k. Freistadt, großes Jnvalideuhaus; Leinenindustrie; Wein- und Wollhandel. Bö sing (Baziny), Mineralbad, Gold- nnd Schwcfelbergwerk. Modern (Modor), k. Freistadt, viele Tuch¬ macher nnd Töpfer; Weinbau. Theben, Burg-Ruinen. Marienthal, Wallfahrtsort. 2. Com. Neutra. — Neutra (Nyitra, 9500 E.) Bischofssitz; viele Weingärten. Neuhäusel, (Ersek UjvLr), ehemals wichtige Festung. Miava erzeugt Bciiteltuch für die Mühlen. Skalitz (Szakolcza), k. Freistadt, viel Tuch und Wollenzeugc. Pisch- tian (Posteny), warme Mineralbäder. Freistadtl (Gälgocz), Holz- und Biehhan- del; im Schlosse reiche Sammlungen 3. Com. Tre ncsin. — Trencsiu (Trcncsöny), k. Freistadt, warme Miueralbä- der; berühmtes Felfenschloß. Teplitz, Schwefelquellen, großartige Badeanstalt (Treu- csiner Bäder). 4. Com. Thurücz. — St. Martin (Szent-MLrton). 5. Com. Arva. -- Alsö-Kubin; Arva, großes Schloß au der Arva, befestig¬ ter Ort. 6. Com. Liptau. — Szent-Miklos, Hauptort an der Waag. Mazurka, Deutsch-Liptsch(Nämeth Lipcse) und Boöa, Bergbananf Gold, Silbcrund Antimon. 7. Com. Zohl. — Neusohl (Besztcrcze-BLnya, 6000 E.), Bergstadt, Bischofssitz; große Kupfer- und Eisenwerke. Bries, große Viehzucht (besonders Schafe), Brimsen- käsc. Altgcbirg, Bergbau auf silberhaltiges Kupfer. Nhouicz (HLmoz), Mittel¬ punkt der Eiscnverarbeitnng in dicscni Cvmitate. Brezova, großes Rails-Walzwerk. 8. Com. Bars. — Kremnitz (Körmöcz-Bünya, 5000 E.), k. Freistadt, Bergver¬ waltung, berühmtes Gold- und Silberbergwerk, kais. Mnnzamt. Königsberg (llj- BLnya), Bergstadt. Zsarnocz (2arnovic), Silberhütte (11.000 Mark Silber). 9. Com. Gran. — Gran (Eßtergom, t3.000E.), Sitz des Fürst-Erzbischofes nnd Primas von Ungarn; großartiger, prachtvoller Dom. 10. Com. Honth. — Jpoly-Süg (2000 E.), Hauptort des Coinitates; Schem- nitz (Selmecz, 14.0'00 E.), k. Freistadt; Berg- und Forstakabemie, reiche Gold- und Silbcrgrubeu (24.000 Mark Silber, 850 Mark Gold). 11. Com. Ncoarad. — Balassa-Gyarmath (5500 E.), Hanptort. Gacs, Zuckerfabrikation. Losoncz, starke Gewerbs- und Handelsthätigkeit. Fülck, vorzüg¬ liche Obstkultur. Neograd, altes Schloß. 12. Com. Pest-Pilis-Solt. Ofen (Buda, 55.200 E.). Auf dem rechten Donauuser, theils auf einem Berge, (Festung), durch welchen ein Tunnel führt, theils ringsum am Fuße desselben. König!. Resideuzschloß, Schloßkirche mit den Reichskleinodien; Hentzi - Monument, Josephs- *) Zur Aussprache magyarischer Worte: L — lautes gedehntes s.: -r --- oa; L Mittellaut zwischen 6 und r ; es °- tsel>; 0L — 2; üs --- llseli; tz-)' — oj- II — nur vor Vocalen wie K, am Ende fast lautlos; l)- — li; u^ — nj; s --- xeli; sn ss! v — rv; 2 gelindes s; 2s oder 's gelindes soll (— dem franz, f). **)Ju der Klammer sind die OrtsLeuennungcu magyarisch angegeben. 115 Polytechnikum, Gymnasium, Realschule. Am Fuße des Blocksberges warme Schwefel¬ bäder: in den schönen Umgebungen ausgezeichneter Weinbau. Zwei Dampfmühlen; Arsenal und Alt-Ofner Schiffswerfte der Donau-Dampfschissfahrts-Gesellschaft. Mittelst einer Kettenbrücke (>230' Spannung) mit Ofen verbunden, liegt die schönste, reichste nnd bevölkertste Stadt Ungarns: Pest (mag. Pest, 131.700 E.). Schöne Plätze, Straßen und stattliche Gebäude zie¬ ren diese rasch ausblühende Stadt. Wissenschaftliche Anstalten sind: Universität, unga¬ rische Akademie der Wissenschaften, sehr reiches Natioual-Museum, General-Seminar, mehrere wissenschaftliche Vereine, Handelsakademie, Malerakademie, drei Gymnasien, Realschule u. a. Für den Handel nnd die Industrie sind thätig: die Handelskammer, der Lloyd, die ung. Commercialbank, ung. Assecuranz-Gesellschaft, Filialen der Na- tionalbauk und der Creditanstalt. Pest hat ansehnliche Fabriken für Seidcnwaarcu, Tuch, Leder, Oel, Tabak, Bijouterien; besonders wichtig ist die Branntwein-und Mehlerzeugung. Mittelpunkt des ungarischen Handels; vier große Messen; Hauptstation der Dampfschiffe; Eisenbahnverbindung mit den bedeutendsten Städten des Landes. In der Umgebung vortrefflicher Weinbau. Warzen (VLcz), Bisthum, prächtige Dom¬ kirche; Wciubau. Kecskemst (40.000 E.), Kecskemeter Heide, starke Viehzucht, Ta¬ bak- und Weinbau, Seifen- und Lederbereitung. Wissegrad, die Veste einst häufig von den Königen bewohnt. Die Inseln St. Andrä und Csepel. Kalocsa, Erz- bisthum. 13. Com. Bücs ---- Bodrog. — Zombor (22.000 E.), k. Freistadt, bedeutender Korn- nnd Viehhandel. Maria-Theresiopel (Szabotka, 53.000 E.), k. Freistadt, sehr starker Produktenhandel. Baja (19.000 E.), Jahrmärkte. Apatiu, vorzügliche Seidenzucht, Hanfbau, Oelpresseu. Zcuta, Schlacht 1697- Neusatz (10.000 E.), k. Freistadt, sehr lebhafter Handel; gr. u. u. Bisthum. 14. Com. Wieselburg. — Ungarisch-Altenburg, höhere landwirthschastlichc Lehranstalt, Wicselburg (Mosony), der wichtigste Handelsplatz für Getreide (3—4 Mill. Metzen Umsatz). Nensicdl (Neusiedlersee), Getreidemärkte, starker Getreide- nnd Wciubau, Papier. Sze nt-Miklo S, großartige Zucker- nnd Spiritusfabrikation. 15. Com. Oedcuburg. — Oedenbnrg (Soprony, 19-OlX) E.), k. Frcistadt; zwei Gymnasien, Viel Industrie, Obst- nnd Weinbau, ansehnlicher Producten- und Speditionshandel. In der Nähe ausgedehnter Steinkohleubau. Rust, k. Freistadt; Weinbau. St. Magarethen, Sandsteine vorzüglicher Art. Im Comitatc mehrere Zuckerfabriken. Eisenstadt, k. Freistadt. 16. Com. Naab. — Raab (Györ, 18.000 E.), Bisthum, Handels- und Spedi- tiousplatz. Marti» Sberg, berühmte Erzabtei mit bischöflicher Jurisdiction (Lklons saosr Uannoliiao). 17- Com. Komorn. — Komor n (Komstrom, 12.M0 E.), k. Freistadt, starke Fe¬ stung. Babolna, k. Gestüte. Alt-Szöny mit zahlreichen römischen Alterthümeru. 18. Tom. Stuhlweißenburg. — Stuhlwcißenburg (Szskes - FehsrvLr, 24.000 E.), k. Freistadt, Bisthum; langjähriger Kröuuugs- und Begräbnißort der Könige; lebhafte Industrie in Leder und Eisenwaaren. In diesem Comitatc trefflicher Ackerbau, Weinbau. 19. Com. Eisenburg. — S teiu am auger (Szombathely, 5000 E.), Bisthum; Kathedrale; röm. Alterthümer. Güus (Köszegh) , k. Freistadt, Obst- und Weinbau. Pinkafeld, bedeutende Tuchmanufaktur, Verfertigung hölzerner HauSgeräthe. Eisen¬ burg, sehr besuchte Jahrmärkte. Könnend mit prachtvollem Schlosse. St. Gott¬ hard, Abtei; Schlacht 1664. 20. Com. Tolna. — SzekszLrd (10.000 E.) , berühmter Weinbau. Tolna^ Saflorbau und Hausenfaug. 21. Com. Zalad. Zala-Egerszeg, Hauptort. Groß-Kauisza (12.000 E.), ehemals starke Festung, wichtiger Handel "und große Biehmärkte. Bedeutende Tabak¬ pflanzungen. 22. Com. Veszprim. — Veszprim (11.000 E.), Bischofssitz; Tuchfabriken, Gärbercicu, Produktenhandel. Paläta, am Anfänge des Bakouywaldes und des Sumpses SLrrät. Papa (13.000 E.), der größte Ort des Comitates. 23. Com. Sümegh. — Kapos vflr, Hauptort. Grenz-Szigeth (Szigetvar), starke Festung. (Berlheidigung durch Nikolaus Zriny im I. 1566.) 24. Com. Barauya. — Füufkirchcu (PücS, 17.000 E.), k. Freistadt, Bisthum; prachtvolle Kathedrale; Handel; vorzügliche Steinkohle und Marmor; Eisenbahn. Mohstcs, Schlachten in den Jahren 1526 und 1687. VillLny, Weinbau. 25. Com. ZiPs. — Leutschau (Löcse, 6000 E.), k. Freistadt; berühmte Meth- brauereien; Leinwand, Leiueudamast, Schafkäse. Käsmar k, k. Freistadt; Industrie nnd 8* 116 Handel. Neu-Lublau, eine der 16 Zipfer Kronstädte mit bekanntem Sauerbrunnen. Schmölnitz (Szvmolnok), wichtiger Bergbau auf Silber, Kupfer, Eisen und Antimon. Jglä (Neudorf), Bergbau auf Kupfer und Eisen, Hammerwerke; Bad. Göllnitz, sehr wichtige Eisenwerke. Sehr viele Orte in der Zips treiben Bergbau aus Eisen und Kupfer. TLtra-Füred, Schwefelquellen, Sauerbrunnen, Kaltwasser - Heilanstalt. Alt-Lublau, berühmtes Bergschloß. Javorina, großes Eisenwerk. 26. Lom.Gömör und Klein-Honth. — Rima-Szombath(4000 E.), Industrie und Handel. Rosenau (Rosnyo), Bisthum; Bergbau aus Kupfer, Asphalt, Nickel; Gerbereien, Wachslichter-Erzengung. Osg yLn, Töpfereien und großer Geschirrhandcl. Groß-Röcze, Topase und Bergkrystalle. Mehrere Eisenwerke in diesem Comitate. 27. Com. Heves nnd Auß er-Szolnok. — Erlau (19.000 E.), Erzbisthum; schöne Kathedrale; wichtiger Weinbau und Handel; Leinenweberei, Lederbearbeitung. PL-rad, sehr besuchte Heilquellen. Gyöngyös (16.000 E.), Gartenbau. Szolnok 14.000 E.), Maschinenfabrik, wichtiger Speditionsplatz; für die Eisenbahn- und Theiß- dampfschifsfahrt ist hier der Mittelpunkt. 28. Com. Borsod. — Miskolcz (20.000 E-), Wein- nnd Melonenbau; der beste Weizen Ungarns; lebhafter Handel. Diäsgy ör, vortreffliche Eisenwerke; Bad in romantischer Lage. 29. Com. Torna. — Torna, Hauptort. 30. Com. AbanjvLr. — Kafchau (Kassa, 14.000 E.), k. Freistadt, Bisthnm, schöne Kathedrale, Rechtsakademie, Gymnasium, Realschule; viele Weinberge, sehr be¬ deutender Handel. Ober- und Untermetzenseifen, deutsche Bergflecken; Erzeu¬ gung von Eisenwaaren. SzLntü, trefflicher Weinbau, Anfang der Hegyallya. 31. Com. SLros. — Eperies (10.000 E.), k. Freistadt, griech.-kath. Bisthum, Leinwand-und Tuchweberei, Handel. Bartfe ld (Bartfa), k. Freistadt, Badeort, Papier¬ mühlen, Eisenhämmer, Weinhandel. SoovLr, große Saline, Holzflößanstalt. Börös- vLgLs, berühmte Opalgruben. 32. Com. UnghvLr. — UnghvLr (6000 E.), Hanptort; griech.-kath. BiSthnm. F elf ö-Re niete, treffliche Eisenwerke. 33. Com. Zemplin. — Satvr-Allya-Ujhely, Hauptort. Tokay, vortrefflicher Wein- und Obstbau. SLros- PLtak, ref. theol. Collegium mit Bibliothek In die¬ sem Comitate starker Weinbau; mehrere Orte mit Queckstlbergruben. 34. Com. Beregh. — Bereghszäsz, Hauptort. MunkLcs, festes Bergschloß, Staatsgefängniß. In der Umgebung schöne Bergkrystalle und sogenannte ungarische Diamanten. In diesem Comitate sehr viele Alaunsiedereicn. 35. Com. Szabolcs. — Groß-Kallo (5000 E.), Hanptort, zwischen Sümpfen gelegen. Nyir-EgyhLza, Sodafabrikation und starker Handel. Hier und in der Nachbarschaft viele Oelmühlen. 36. Com. Szathmär. — Groß-KLroly (I1.600E.), Hauptort. Nagy-Banya, k. Freistadt, reiches Gold-, Silber- und Bleibergwerk; Verfertigung von Töpserwaa- ren. Felsö-Banya, reiches Gold- und Silberbergwerk, Kupfer- und Bleischmelz¬ hütte. Szath mlir - Nemeti (14.000 E.), k. Freistadt, Bisthnm; Slivovic-Berci- tung; Friede 1711. 37. Com. Marmaros. — Szigeth, Hauptort, Rhönasz^k, große Steinsalz¬ gruben (1 Mill. Ztr.). Bi so, Hauptsitz des Flachsbaues. Mehrere Orte mit Eisenwerken. Borfa, vorzügliche Mineralquelle. 38. Com. Bihar. — Großw a rd ein (Nagy-VLrad, 23.000 E.), latein. und griech.- kath. Bisthum, Rechtsakademie, Gymnasium; starker Getreide- und Weinbau. Viehzucht, Handel mit Landesproduktcn; Eisenbahn. Debreczin (40.000 E-), theologische Aka¬ demie; Getreide-, Melonen- und Tabakbau, zahlreiche Handwerker für wollene Zeuge, Leder, Seife, Tabakspfeifen; vier Messen mit großem Handelsverkehr. R6z-Banya, Bergbau ans Kupfer. Bihar, altes Schloß. Szalo nta, Mittelpunkt der Schweinezucht. Schwarzwald, deutsche Colonie mit Glasfabrikation und Kunstmühle. In diesem Comitate ansehnliche Glasfabrikation, vorzüglicher Tabakbau, Soda-Seen. 39. Com. Ugocsa. — Na gy-Szöll öS, Hauptort. In der Umgegend bedeutende Schweinezucht 40. Com. BLkes. — Gyula (16.000 E.) und Bekes (20.000E-), sehr getreide- reiche Gegend. Csaba, das größte nnd volkreichste Dorf in Ungarn (28.000 E.). 41. Com. Csongrad. - Szegedin (40.000 E.), k. Freistadt, Festung; Tabak¬ fabriken, starke Viehzucht, Seifensiederei, Hauptwerfte für die Theißschiffe. Csongrad (16.000 E ). 42. Com. Csanad. —Makä (26.000E.), Hauptort. MezöhegyeL, große PnSzta. Militärgestütc. 117 43. Com. Arad. — Alt-Arad (27.060 E.), k. Freistadt, Festung; griech.-orieut. Bisthum. In der Umgegend vorzüglicher Getreide-, Wein- und Gemüsebau, Tabak¬ pflanzungen. Menes, berühmter Weinbau. 44. Com. Temes. — TemesvLr (22.500 E.), k. Freistadt, Festung; Bisthum, General-Militärkommando; bedeutende Industrie (Tuch, Seide, Papier, Oel); starker Lommissionshandel. Ber See, Wein- und Seidenbau; griech. n. u. Bisthum mit zwei theologischen Lehranstalten. Römerschanze. 45. Com. Tvrontal. — Groß-BeLkerek (17-000 E.), starker Handel mit Roh¬ produkten. Neu-Bede, Hauptsitz des Getreidehandels. Starker Tabakbau. Groß- Szent-Miklos und Groß-Kikinda, ansehnliche Orte mit vorzüglichem Getreide¬ bau und Viehzucht. 46. Com. Krassov. — Lugos l 10.000 E.), Hauptort; griech. kathol. Bisthum. Oravicza, Bergbau auf Gold, Silber, Kupfer, Eisen nnd Steinkohlen. Steindorf, Hauptsitz des Steinkohlenbaues (1 Mill. Ztr.). In der Umgegend mehrere Bergbau- und Eisenwerke. Dognacska, Gold, Silber, Kupfer und Eisen. Distrikte: Jazygien mit Klein-und Groß-Kumanicn und den Haiduckenflecken haben ihre eigenen Capitäne mit der gleichen Municipal-Organisation wie die Comitate. Bedeu¬ tendere Orte sind: Jü sz-Bereny (19.000 E.), FälegyhLza (19.000 E.), Kardszag- Uj-Szällas (13.000 E.), BöszörmSny, Jäsz-Apathi (8000 E.), Kun-Sz.- Märton (10.000 E.t und andere Marktflecken über weite Räume zerstreut. Re-incorporirtc Thcile. Distrikt Kövär: Kapnik-BLnya, mit bebeuteuden Gold-, Silber- und Bleibergwerken. — Com.Kraszna:SzilLgh-Somlyü (4000 E.), Hauptort. ZovLny, Mineralquellen und Bad. — Com. Mittel-Szolnok: Zilah (4500 E-), Hauptort. Tasnüd, starker Weinbau. Szilägy - S z e g, Stammschloß der Familie Szilägy. — Com. Zar and: Körös-Bänya, Hauptort; Goldbergbau und Goldwäscherei in der ganzen Gegend. K u 1 t u r b i t d. Von der Gesammtfläche Ungarns sind über 85^ produktiver Boden, wovon 35 A (an 1300 ^Meil.) ans Aecker, 23 (an 850 ^Meil.) auf Waldungen, etwa 43 ^Meil. auf Weingärten entfallen, den Rest nehmen Wiesen und Weiden ein. Die Landwirthschaft wird in neuerer Zeit, besonders auf den großen Grundcomplexen, weit rationeller betrieben als ehemals. Die Produktion übersteigt jederzeit den heimischen Bedarf, daher kommen ansehnliche Quan¬ titäten jährlich zum Export. Das eigentliche Getreideland sind die beiden Tief¬ ebenen, vorzüglich die Ebene jenseits der Theiß und die Bacska; der Flugsand an der Donau und Theiß, so wie die häufigen Ueberschwemmungen sind jedoch Hindernisse für den Getreidebau. Das Land erzeugt große Mengen au Hafer, Gerste, Roggen, Mais und Weizen. Der Weizen wird am stärksten in jenen Gegenden angebaut, wo geregeltere Verkehrsverbindungen den Absatz erleichtern (vorzügliche Qualität von Miskolcz und Arad, Arader Mehl). Der Roggen wird zwar überall, aber vorwiegend von den Slaven in den nördlichen Theilen gebaut; das Gleiche gilt vom Buchweizen, Hirse und Hafer. Vorzüglich ist der Mais, dessen Prodnktion insbesondere in dem östlichen und südlichen Theile sehr groß ist. —Unter den Handelspflanzeu nimmt der Tabakden ersten Rang ein; die Jahres-Produktion wird auf mehr als V2 Mikl- ZU- berechnet. Die besten Sorten liefern Oedenburg(Lettinger), Heves, Neograd, Komorn, Eisen¬ burg u. a. Hopfen wird nicht genügend gehaut; dagegen kommt der Hanf in großer Menge und guter Qualität in den südlichen Landestheilen vor. Der An¬ bau von Reps und Runkelrüben ist im Steigen; zudem ist Ungarn reich an Farbpflanzen, Zwiebelgewächsen, Melonen, Kürbissen, Hülsenfrüchten. Die Obstkultur^ obwohl gegenwärtig im erfreulichen Aufschwünge, steht doch nicht auf jener Stufe, zu der sie durch Klima und Boden befähigt ist. In den Handel kömmt das Oedenbnrger Obst, bekannt ist jenes aus Gömör, dann die „Brünner Zwetschke" aus den deutschen Colonien der niederen Karpathen. — Ungarn ist 118 verhältnißmaßig auch das ersteWeinland derErde; denn in Hinsicht der Güte der Weine wird es von keinem Lande, in Hinsicht der Menge nur von Frankreich übertroffen. Den ersten Rang nimmt der aufdcrHegyallya auf 5^M. wachsende ein, worunter der Tokayerdie vorzüglichste Sorte bildet; weiters sind sehr Vortheilhaft bekannt der Mcnescher, Nüster, Ofner, Visontacr, Villa- nher, Schomlancr, Szekszarder u a. m. Die Weinkultur ist übrigens noch einer großen Vervollkommnung fähig. — DieWaldknltnr läßt noch Vieles zu wünschen übrig. Zudem ist die ungleichmäßige Vertheilung von Waldungen nachtheilig, in¬ dem im Innern des Landes, in den Tiefebenen empfindlicher Holzmangel herrscht. Der reiche Bi eh stand, der übrigens noch bedeutend gehoben werden könnte, liefert einen einträglichen Handelsartikel. Das Hornvieh, die mitunter hoch veredelten Schafe, die dauerhaften Pferde werden in den Ebenen gezogen; in den fruchtbareren Gegenden kommt das ungarische Zackelschafvor; in den sumpfigen Landstrichen und den großen Eichenwäldern der Baranya, des Zalaer, Arader, Biharer Comitates, im Bakonywalde u. a. O. in großer Menge das Borsten¬ vieh. Auch die Zucht der Ziegen und des Geflügels ist sehr ansgebreitet; dagegen ist jene der Bienen von untergeordneter Bedeutung und jene der Seidenraupen erst im Entstehen. Jagd und Fischfang bieten reiche Ausbeute; in letzterer Hin¬ sicht sind namentlich die Theiß, die Donau, der Poprad und der Plattensee be¬ kannt. Dieser reiche Segen an Naturprodukten begründete den ungarischen Spruch: Lxtru, IffuuAuriam non sst vita, ot si sst vita, non ost itu. Ungarn istebenso durch die Mannigfaltigkeit an Mineralien überhaupt, als auch durch deren Menge und die Qualität der edlen Metalle ausgezeichnet. Die reichsten Goldgruben sind zu Schemnitz, Kremnitz, NagybLnya, Neüsohl, welche nebst den geringen Goldwäschereien in letzter Zeit über 220 Mark (ä 385 st. öst. W.) lieferten. Silber wird ebenfalls in den erwähnten Berg¬ werken, dann in Schmöllnitz, Kapnik u. a. O. gewonnen (in jüngsterZeit über 66.000 Mark ä 25 st. öst. W.). An Kupfer ist Ungarn die reichste Provinz Oesterreichs, zumeist im Schmölluitzer Distrikte (mehr als 40.000 Ztr.). Ober- Ungarn ist reich an Eis en, welches jedoch in der Qualität dem steirischen nach¬ steht. Am meisten wird im Gömörer Komitat und in derZips gewonnen. Stein¬ salz liefert die Marmaros über I ff, Mill. Ztr.; Sudsalz das Saroser Comitat (an 200.000 Ztr.). Soda, Glaubersalz, Salpeter, Alaun u. a. kommen in er¬ heblicher Menge in den Handel. — An Steinkohlen betrug die Ausbeute im I. 1855 nahezu an 3'^ Mill. Ztr., gegenwärtig über 9 Mill. Ztr.; insbeson¬ dere kommt die Braunkohle sehr häufig und in großer Mächtigkeit vor. Beson¬ ders erwähnenswerth sind die Steinkohlen von Fünfkirchen und Oravieza. Ungarn ist bis jetzt noch kein Industrieland; doch gewann die Industrie in den letzten Jahren sowohl an Umfang als an Ausdehnung. Äm Allgemeinen wird die Verarbeitung der Rohstoffe überwiegend gewerbsmäßig betrieben; die Zahl der Fabriken, sowie der in Verwendung stehenden Dampfmaschinen ist verhältnißmäßig erst geringe, obwohl hierin von Jahr zu Jahr riesige Fortschritte gemacht und die neuen Etablissements größtentheils in großartigem Umfange und nach den neuesten Systemen angelegt werden. Die Hauptsitze gewerblicher Thätigkeit sind im Westen und Norden des Landes. Die Industrie Ungarns deckt gegenwärtig bei Weitem nicht den Bedarf; allein, da die Natur so viele natürliche Grundlagen der Industrie geboten hat und ein Vorwärtöstrebeu in dieser Beziehung thatsächlich sich kuudgibt, so ist an dem Aufschwünge der Be¬ völkerung in der technischen Kultur nicht zu zweifeln. Am ausgedehntesten wird die Lederbereituug betrieben, obwohl überwiegend nur handwerksmäßig. 119 Die L e i n e n i n d ustrie hat den Hauptsitz im slovakischen Ober-Ungarn; fabriks mäßig wird sie nur an der westlichen Grenze betrieben. Von einer Industrie in Schafwollwaaren kann trotz der Menge und Güte des im Lande gewonnenen Rohstoffes noch nicht gesprochen werden; dagegen ist Pest ein sehrwichtiger Handelsplatz sowohl für Wolle als für Wollwaareu. Die Eisenindustrie ist am stärksten in Nord-Ungarn und fortwährend wachsend; hierbei sind in der That erfreuliche Fortschritte bemerkbar. Beachtenswerth sind die vielen Glas¬ hütten und Papiermühlen'(im Norden), die Gerbereien, Tuchwebereien, Runkelrübenzuckerfabriken, Branntweinbrennereien, Bierbrauereien (im Westen). Im mittleren Ungarn ist P e st der wichtigste Platz für das niedere Gewerbe und das Fabrikswesen, für den Handel und die geistigen Interessen des Landes. Die größte Anzahl der Gewerbe entfällt auf den westlichen Theil, zunächst stehtOfen- Pest, dann Preßburg (sammt deren Umgebungen); in der Gegend um Kaschau ist deren Anzahl schon geringer, am schwächsten im Osten der Theiß. Die Aus¬ breitung der technischen Kultur nimmt sonach ihren Weg von Westen nach Osten. — Der Handel ist sowohl im Innern als mit den benachbarten Ländern wegen des Ueberflusseö an Rohprodukten und des Mangels an Jndustrieerzeugnisseu aller Art von Wichtigkeit. Seit dem Auslassen derZo lischrank en gegen¬ über den westlichen Kronläudern (im J. 1851) und der Energie, mit welcher an C o m m u n i c a t i o n s-Verbindungen durch die E rw e i t e r u n g d e r S ch i ff- fahrt, die Regu lirung der Flüsse, den Ban der Eisenbahn en, die Verbesserung derLandstraß en u. s. f. gearbeitet wird, istderVerkehr stets im Wachsen. — Ungarn exportirt Getreide, Mehl, Wein, Thiere und thierische Produkte; es bezieht dagegen Colonialartikel, sowie eine Menge Industrie-Er¬ zeugnisse aus den Nachbarprovinzen. Der Haupthandel couceutrirt sich auf den vielen Jahrmärkten, welche in mehr als 900 Ortschaften gehalten werden. Die bedeutendsten Märkte sind in Pest, Debreczin, Arad und Szegediu. Für einzelne Artikel sind wichtig: die Viehmärkte in Pest, Waizen, Kecskemet, Debreczin, Arad, Oedenburg; die Pferdemärkte in Raab, Debreczin, Stuhlweißenburg; die Woll¬ märkte in Pest und Losoncz; die Tuchmärkte in Thrnau; die Getreidemärkte in Wieselburg, Groß-Kanisza,Miskolcz, Debreczin, Kaschau, Szegediu, Raab u. a. Auch für die Hebung der geistigen Kultur ist durch Errichtung zahl¬ reicher Volksschulen (unter denen die Puszta-Schulen besondere Erwähnung verdienen), von Realschulen, und Gymnasien nach der neuen Organisation un¬ gemein viel geschehen. Diese Thatsache gewinnt um somehr an Werth, wenn man die eigenthümlichen Verhältnisse des Landes mit seinen weiten nnbewohnten Flächen und zerstreuten Ortschaften, die Verschiedenheit der Bevölkerung nach Nationalität, Sitte und Glaubensbekenntnis) hierbei berücksichtigt. Es bleibt nur zu wünschen, daß auf der betretenen Bahn des Fortschrittes auch in dieser Richtung fortgeschritten werde. Z. 59. Das GroMrstenthum Siebenbürgen. 9S8 UMeil.; 2.027.000 Einwohner. Nach der Nationalität: über 1,000.000 Romanen, etwa 518.000 Magyaren, über 200.000 Deutsche, gegen 90.000 kleinere Stämme, an 14.000 Juden; —nach der Confejsion: an 780.000 Katholiken (lat., arm. und griech. Ritus), 625.000 nichtunirte Griechen, ungesähr 470 000 Protestanten, gegen 48.000 sonstige Con¬ sessionen, an 14.000 Juden. — Grenzen? Das Land. — Siebenbürgen ist ein Hochland. Die in Gestalt eines Vier¬ eckes emporgehobene Bergmasse hängt nur im Nord-Osten mit den Hauptketteu der Karpathen zusammen; die Randgebirge erheben sich bis 4 — 600G. Im Osten sind die siebeubürgischen Hoch-Karpathen; im Süden dasFogaraser-Ge- birge; am Nordrande zieht das Nagy-Bäuha - Gebirge; am Westraude das 120 siebenbürgische Erzgebirge (Reußgebirge und Bihar). Im Inneren streichen zahlreiche Berggruppen und Hügelreihen; nirgends kömmt eine ausgedehnte Hochebene vor. Eine der am meisten ebenen Gegenden ist die Klansenburger „Kampia" oder "Mezösog". Für den Verkehr mit den Nachbarländern sind mehrere Pässe wichtig; der Paß Rodna (in die Bukowina); der Gymes- und der Ojtos-Paß (nach der Moldau); der Törzburger-, Rothenthurm-, Vulkan- Paß (nach der Walachei); der Paß des eisernen Thores in die Militärgrenze. Siebenbürgen gehört zum Donaugebiete. Die wasserreiche Maros nimmt die Ar an hos, die Kokel (Kükülö) und den Strehlbach auf. Von Bedeutung sind noch die Szamos und die Aluta (oder Alt). Keine nennens- werthen Seen und Teiche. Viele Heilquellen und einige gut besuchte Badeorte (Borszök Elöpatak, Torda u. a.). Verfassung, Verwaltung und Orte: Die Grundlage der Bcrsassmig bildet das Leo- Poldinische Diplom vom 4. Dezember 1691, welches den Bestand der „drei ständischen Nationen" (Ungarn, Szekler und Sachsen), jetzt auch der vierten Nation — Romanen — und der vier recipirten Religionen (Katholiken, Lutheraner, Reformirte, Unitarier) gewährleistet. Ein Regierungsrath (Guberninm), bestehend ans Mitgliedern der vier Nationen, leitet die Verwaltung des Landes. Der siebenbürgische Landtag zählt folgende Mitglieder: 1. das Guberninm; 2. die kön. Gerichtstasel; 3. die Ober¬ beamten der ungarischen Comitate nnd Districte, sowie der Szeklerstühle; 4. die De- pntirten der vier ständischen Nationen und der kön. Frcistädte und Taxalorte; 5. die Regalisteu, welche der König nach freiem Willen aus dem grundbesitzeudcu Adel wählt. Der Landtag entwirft oder ändert Gesetze, welche jedoch erst nach der Sanction des Königs in Kraft treten. Er erstattet Vorschläge für die Ernennung des Hofkanzlers, Gu¬ bernators, Ständepräsidenten, der Gubernialräthe u. s. w. — Jede der vier Nationen, welche zusammen die Union bilden, hat ihre besonderen Rechte und Privilegien. Jene der Ungarn sind ähnlich denen des Adels in den ungarischen Comitaten; unter den Szeklern genossen nur die Primäres eigentliche Adelsvorrechte, die Grafenwürdc ist eingcgangcn. Au der Spitze der sächsischen Nation steht eine OLerbehördc, die „Uni¬ versität", mit unmittelbarer Unterordnung unter den Fürsten; der Chef der Behörde ist der Graf (Oonaos nutlouls naxouieuo), der von den Sachsen frei gewählt und vom Für¬ sten bestätigt wird; er ist einer der Räthe des Gnberninms. Dem Oomss stehen zur Berathnng nnd Beschlicßung (unter Vorbehalt der landesfürstlichen Genehmigung) in allgemeinen Nationalangelcgeuheiten Dcpntirte zur Seite, welche sich in Hcrmannstadt versammeln. — Nach dem Staatsgrundgesetze vom 26. Februar 1861 soll Siebenbür¬ gen 26 Vertreter in das Haus der Abgeordneten des NeichSrathes entsenden. In der Landtagssitzung vom 10. Oktober 1863 wurden in den Reichsrath gewählt: 6 Ab¬ geordnete für die ungarischen Städte und Szekler-Stühle, 6 Abgeordnete ans den Rega- listcu, 8 der romanischen Städte, 3 der sächsischen Städte und 3 der sächsischen Stühle. Das Land zerfällt in: n) das Land der Sachsen (Untcrabthcilnug: Stühle nnd Districte), b) Land der Szekler (Unterabtheilnng: Stühle), o)Land der Ungarn (Unterabtheilnng: Coinitate und Districte). a) Lund dri' Suchscn: Stuhl Hermannstadt: Hermannstadt (Nagy-Szebcn, 18.000 E.), k. -Freistadt, gr- u. n. Bischof; RechtSakadcmic, zwei Gymnasien, mehrere Lehr- nnd Huiuanitätsanstaltcn nnd gelehrte Vereine; Brnckeuthal'sches Museum. Viel Gcwerbe- fleiß (Luch-, Wolldecken-, Leder-, Töpferwaarcn, Tabakpfeifen und andere Fabrikate); lebhafter Commission«- und Spcditioushandel. — Stuhl Lcschkirch: Lcschkirch, vorzüglicher Feldbau nnd Viehzucht. — S tu hl Mcdiasch: Mcdiasch, Hauplsitz deö Wein- nnd Getreidebaues. — Stuhl Neußmarkt: Rcußmarkt, Feld- und Wein¬ bau. — Stuhl Groß-Schenk: Groß-Schenk, Flachsbau und Leinweberei. Ag- nethlcu, starker Gewerbebetrieb nnd Pfcrdchandcl. — Stuhl Reps: Reps, Schwefel¬ quellen und Bad. — Stuhl Mühlenbach: Mühlenbach (5000 E.), Feld- und Weinbau, Tuchweberei. — St uh l Schäßb urg: S chäßbnrg (8000 E.), Gymnasium, wissenschaftliche Thätigkeit; Obstbau; Banmwoll-, Tuch- und Leiuenwcbcrei. - Stu hl Broos: BrooS (4300 E.), Gymnasium, Bibliothek; starker Melonenbau. Kudsir, Puddlings- nnd Walzwerke. Neu-Sebeshely, Eisenhämmer. — District Bistriz: Bistriz (3500 E.), ein Hanptplatz des Binnenhandels. - District Kronstadt: Kronstadt (Brassä, 27.000 E.), die größte und ineistbevölkerte, zugleich erste Fabriks- uud Handelsstadt des Landes. Eisen- und Kupfcrhammerwerkc, Papiermühlen, Türkisch- roth-Färbcreicn, Fabriken für Tuch, Wollcnzeug, Leinwand, Leder n. a. Sehr bedeu¬ tender Handel mit Landesprodukten nnd österreichischen Fabrikaten. Angenehmes geselliges 12l Leben. Die Umgegend heißt das „Burzenland" (vom Flusse Burzen). Rosenau, Tabak- und Flachsbau. Törzburg, festes Schloß. — District NLszod: NLszod, schön gebauter Markt (1700 E.). R o d na, silberhaltiges Blei, Bäder. — DistrictFogaras: Fogaras, Veste, Tabakbau. b) Land der Szcklcr: Stuhl Arauyos: Felvincz, sehr verfallener Hauptort. — Stuhl HLromszsk: Bereczk, Naphtha-Quellen. K ezdi-VLsär Help: Mastvieh- Handel und Branntweinbrennerei. Kovaszna, Mineralbad. Torja, mit dem vul¬ kanischen Berge Büdös und seinen Schwefellagern. — Stuhl Maros: Maros- V-lsürhely (tl.000 E.), Hauptort der Szekler; Gymnasium, Bibliothek; starker Tabak-, Wein- und Obstbau. — Stuhl Csik: Borszek, berühmter Sauerbrunnen. Szent- Domokos, Kupferwerk. — Stuhl UdvLrhely: Udvärhely (4000 E.), Gymna¬ sium, Tabakbau und Produktenhandel; Lederarbeiten. Oläfahlu, Verarbeitung von Holz und Holzhandel, Sauerbrunnen. Parajd und Süfalva, Salzbergwerke. o) Land der Ungarn: Com. Ob er-Weißenburg: Viz-Akna, Salzgewinnung und Soolenbäder. Elöpatak, stark besuchtes Bad. — Com. N i ed er-W eißen bürg: Karlsburg (Karoly-FehLrvür, 12.9l!0 E.), Festung, kön. Freistadt, BiSthum, in der Kathedrale viele Grabmäler siebenbürgischer Fürsten;'kais. Münze. Zalatna, jährl. an 1000 Mark Gold, 2300 Mark Silber, 140 Ztr. Quecksilber. Blasendors (BalLsfalva, 4000 E.), gricch. kath. Erzbisthnm und Lehranstalten. Maros-Njvar und lljvär Akna, 800.000 Ztr. Steinsalz. Abrnd-BLnya mit Vöröspatak, jährl. an 1400 Mark Gold, 600 Mark Silber; römischer Bergbau. O fsen-BLnya, 200 Mark Gold, 1300 Mark Silber, Kupfer, Blei. — Com. Doboka: Szek, Hanptort. — Com. Hunyad: Deva (3000 E.), Kupsergruben. Nagy-A'g, 500 Mark Gold, 700 Mark Silber, Bergschule. HLtszeg und Lärhcly, mit Resten ans der dako-römischen Zeit (Zarmazigethusa). Vojda-Hunyad, mit der alten Burg der Corviner. Bäbolnai, warme inkrustireude Quellen. KirLly-BLnya, Eisenwerke. Cserteö, 600 Mark Gold, 1100 Mark Silber. GowaSdia, großartiges Eisenwerk. — Com. Kolos: Klausen¬ burg (Kolosvar, 25.000 E.), niehrere Lehranstalten mit ansehnlichen Bibliotheken uud Sammlungen; geringe Industrie, Geburtsort des Mathias CorvinuS im Jahre 1440,— B änsfi-tznnyad, lebhafter Handel. — Com. Kokelburg: Elisabcthstadt, k. Freistadt mit meist armenischer Bevölkerung. — Com. Inn er - Szolnok: D6es (5000 E.), Hauptort. Szamos-Ujvär, k. Freistadt, griech. kath. Bisthum; viel Armenier; Tuchmaunfactnr, bedeutender Handel. Olah-LLpos-Bänya, 120 Mark Gold, 2000 Mark Silber, 600 Ztr. Kupfer. — Com. Tor da: Torda, Steinsalzwerk; der Felsenpaß „Thorenburger Kluft". Sach fisch-R een (5020 E.), sehr industriell. Ku lt u rbi ld. Von der Gesammtfläche Siebenbürgens sind beiläufig 86^ produktiv, wovon über 38 A auf Waldungen entfallen, während die Ackerfläche eine ver- hciltnißmäßig geringe, ungefähr 23 (an 220 l^Meil.) ist. DaS Bergland besitzt herrliche Laubwälder mit sanften Abhängen, welche gut gebaut und mit Rebenanlagen geschmückt find; in den wiesenreichen Thälern stehen Dörfer mit vielen Obstgärten; das Grasland nimmt etwa 26 A der Gesammtfläche ein. In Folge der mangelhaften Bewirthschaftung ist der Ertrag in der Regel zu geringe, um das Bedürfnis) des Landes an Körnerfrüchten zu decke». Wein wird im Szamos-Thale, in den unteren Thälern der Kokel und Maros von guter Qualität und in erheblicher Menge gewonnen. Die Obstkultur ist ziem¬ lich ausgedehnt, desgleichen der Tabak-, Hanf- und Flachsbau. — Der Vieh¬ zucht wird eine größere Pflege zngewendet als der Bodenkultur. In der Pferdezucht steht das Land am höchsten in Oesterreich; auch die Zucht deö Rindviehes, der Schafe und Schweine ist sehr bedeutend. Siebenbürgen ge¬ hört endlich zu den wildreichsteu Ländern der Monarchie; doch bilden haupt¬ sächlich nur Hasen- und Fuchsfelle einen ergiebigen Handel nach der Walachei. — Der Bergbau liefert große Mengen an edlen Metallen und Salz. Voran steht die Goldgewinnung (mit beiläufig 5300 Mark), die stärkste in der Mon¬ archie, dann jene von Silber (nahe an 8000 Mark). Die wichtigsten Fundorte von Golderzen sind: Zalatna, Abrndbnuha, Vöröspatak; die wichtigsten Gold- Wäschereien an der MaroS, Szamos, AranhoS. Auch die Ausbeute an 122 Quecksilber und Kupfer ist erheblich; dagegen jene von Eisen und fossiler Kohle noch geringe. —Die Industrie beschränkt sich größtentheils auf die Befrie¬ digung der geringen Bedürfnisse des Landes und kommt nur vereinzelt in we¬ nigen Zweigen vor. Dem Werthe nach steht am höchsten die Led er erzengung (im Lande der Szekler); unter den Sachsen findet man die Leinen- und Schafwollweberei, doch hauptsächlich als häusliche Nebenbeschäftigung; mit der Eisenverarbeitung beschäftigen sich die Hammerwerke im Lande der Ungarn. Der Süden enthält sehr thätige Glasfabriken. Um Kronstadt, Hermannstadt, Schäßburg, Karlsbnrg n. a.O. kommen auch große industrielle Unternehmungen vor. Die wichtigste Fabriks-und Handelsstadt ist Kronstadt. Zur Ausfuhr gelangen zumeist Rohprodukte; zur Einfuhr Ma- nnfacte; im Ganzen ist jedoch der Handel von geringer Bedeutung. An hinrei¬ chenden und guten Landstraßen ist Mangel; Eisenbahnen hat das Land noch keine. Den überwiegenden Theil der Bevölkerung bilden die Romanen, welche den Nord-Westen und Süden des Landes (mit Ausnahme einiger ma¬ gyarischer und deutscher Sprachinseln) einnehmen. Die Szekler bewohnen den östlichen Theil; in: ganzen Westen durchziehen furchenartig magyarische Niederlassungen die Flußthäler; im Süden und Nordosten leben Deutsche, theils im 13. Jahrhundert eingewauderte Colonisten aus Nieder-Deutschland (Sachsen), theils später eingewanderte Ober-Deutsche (Landler), welche gro- ßentheils Sitte und Sprache bewahrt haben. Nebstdiesen Hauptstämmen leben Armenier, Bulgaren, Zigeuner u. a. im Lande. An 2200 Volksschulen (von 100 schulpflichtigen Kindern besuchen 68 die Schule), mehrere Gymnasien und Vereine sorgen für die geistige Entwickelung; die Handelskammern in Kron¬ stadt und Klausenburg für den materiellen Fortschritt. Z. 60. Die Militärgrenze. 000 tJMeil.; 1,090.000 Einwohner. An 84°/g Slaven, 12°/o Romanen, Deutsche. Nachdem Glaubensbekenntnisse: 45°/„ Katholiken, 52"/o Griechen, 2°/o Protestanten, sehr wenig Israeliten. — Grenzen? Das Land. — Die Militärgrenze ist theils Bergland, theils Tiefland. Das Bergland des westlichen Theiles gehört zum Karstgebiete, in welchem die parallelen Arme der großen und kleineren Ka Pella so wie des Velebiö her¬ vortreten. Jener Theil, welcher südlich der Drave, zwischen Kroatien und Sla- vonicn liegt, wird von Vorbergen der Alpen (Warasdiner Gebirge) erfüllt. In dem äußersten Osten ziehen sich mächtige Ausläufer der siebenbürgischen Karpathen in's Land. -—Das adriatische Meer bespült die kroatische Militärgrenze auf einer Länge von 16 Weil.; die Küste ist steil und hat wenig zugängliche Buchten. Unter den Karstgcwässern mit ihrem periodischen Ver¬ siegen ist die Lika der ansehnlichste Fluß. Das ganze übrige Land gehört zum Gebiete der Donau, welche das Land von Petcrwardein bis Semlin durch¬ fließt. Die Drave scheidet einen Theil des Landes von Ungarn: die Save kommt aus Kroatien, nimmt die (durch die Glina verstärkte) Kulpa und den Grenzfluß Unna auf und bildet bis zu ihrer Mündung bei Semlin -- Belgrad die Reichgrenze. Auch die Temes und Theiß gehören zum Theil der Mi- . litärgrcnze an. Unter den Mineralquellen haben die schwefelhaltigen Herkules¬ bäder von Mehadia verbreiteten Ruf. Landesverfassung, Bcrwaltnng und Orte: Die Einthcilmig und Verwaltung des Landes ist militärischer Natur. Die Militärgreuze ist iu zwei Lau des-Militär- Co mmando's eiugetheilt: das kroatisch-slavouische mit dem Sitze des Kommandanten iu Agram, das bauatisch-serbische mit dem Sitze in Temesvär. Jedes Landcs-Militär- Commaudo-Gebiet wird iu Regimcntsbezirke, jeder derselben, so wie der Titel'er Ba¬ taillons-Bezirk zerfallen iu Compaguiebczirke. Einen Compaguicbezirk bilden eine oder mehrere kleinere Ortsgemeiudcn. Ferner bestehen l2 freie Militär-Kommunitäten, 123 welche von der besonderen Wehrpflicht der Grenzer ausgenommen und nur der allge¬ meinen Wehrpflicht des Reiches unterworfen sind. Sie haben die Bestimmung, Gewerbe und Handel zu treiben und die Produktion wie den Absatz zu erleichtern und zu fördern. (Diese sind: Carlopago, Zengg, Petrinia, Kostaiuica, Bellovsir, JvaniL, Brod, Pcter- wardeiu, Karlovie, Semlin, PanLova, Wcißkircheu.) Diese Stadtbezirke liegen nur geo¬ graphisch innerhalb der RegimentSbezirkc, unterstehen aber den Regimeuts-Comiuaudeu nicht. 1. Kroatisch-sllwouische Militärgrenzc: Likaner Reg.: (die „Lika"): Carlopago (slav Bag), kleine Seestadt mit Freihafen. Go spie', Sitz des Regimeutsstabcs. — Otoöancr Reg.: Otoöac, Stabsort; Zengg (slav. Senj), Freihafen, Bisthnm, Gym- nasimn, furchtbare Bora-Stürme. Ognliner Reg.: Og nli n, Stabsort. — Im Sluincr Reg.: Sluin mit altem festen Schlosse. Sichelbnrg im Nskokcn-Gebirge. Der Stab liegt in Karlstadt. — In der Banalgrenze: Stabsort des t. Regiments: Glina, starker Handel mit Borstenvieh. Zu Topu sko warme Mincralbäder. Petrinja, Stab de« 2. Regimentes; Kostaiuica, Haupteinbruchstation an der Unna für den Verkehr nach Bosnien; Neu-Sissek, wichtiger Handelsort. — BclovLr, Sitz der beiden Rcgimentsstäbe für da« Warasdin-Kreuzcr und Warasdiu-St.-Georger Regiment. — Gradiscaner Reg : Festung Alt-Gradisca an der Save; Neu-GradiSca, Stabs¬ ort. — Broder Reg.: Brod, Festung, lebhafte Handelsstadt; B inkovce, Regiments¬ stab, Gymnasium. 2. Bauatisch-scrbische Militärgrcnze: Peterwardeincr Reg.: Pcterwardein (3700 E.), eine der stärksten Festungen des Reiches am rechten Donaunser; Schlacht 1716. Karlo vic (4400 E.), am Nordabhange der Fruska gora, Sitz des gr. n. u. Patriarchen für die ungarischen Länder; trefflicher Weinbau. Friede 169!): National-Cougreß. — Semlin (3800 E.), wichtiger Stapelplatz des österreichisch-türkischen Handels an der Mündung der Save in die Donau. Stabsort ist Mitrovič an der Save; in der Nähe Ruinen der römischen Stadt, S^rminm (davon die Landschaft „Syrmien"). — Titler Bataillon: Titel, Stabsort, Schiffswcrste. — Deutsch-Banater Reg.«Bezirk: Pan¬ Lova (12.750 E.), starke Seidenzucht, lebhafter Handel mit Serbien. Serbisch-Banater Reg.-Bezirk: Weißkirchen (6600 E.), vortrefflicher Weinbau und Seidcnzucht. — Romanisch - Banater Reg.-Bezirk. Alt-Orsov a, bedeutender Handelsplatz, starke Festung; römische Alterthümer. Stabsort ist Karansebcs. Der Badeort Mchadia RnSkberg (Ruska), eisen- und silberhaltige Bleimiuen, Steinkohlen. In Rn skica und Ferdinand Sthal Eisenwerke. K u l t u r l> i i d. Die eigenthümlichen Einrichtungen und daö patriarchalische Lebendes Grenzvolkes üben ihren unmittelbaren Einfluß auf Ackerbau und Viehzucht, Gewerbe und Handel ans. Alles waffenfähigen Männer sind vom 20. Lebens¬ jahre waffenpflichtig. Die besondere Wehrpflicht der Grenzer besteht in der Bewachung und Vertheidigung der Reichsgrenze, in der Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung im Inneren und der Pflicht, auch außer Landes in's Feld zu rücken. Der Grenzsoldat erhält vom Staate vollständige Bekleidung, Be¬ waffnung und Munition; den Sold jedoch nur im Felddienste. Zur Erfüllung der Zwecke der Grenze besteht der Cordon, der nach Maßgabe der Gefahr 5000, 7000, chei naher Gefahr 11.000 Mann bedarf. Den Cordon bilden Wachhäuser (Oartake) längs der ganzen Grenzlinie, jedes mit 4, 8 oder l2 Mann; in den sumpfigen Niederungen stehen die Wachhäuser auf erhöhtem Mauerwerke und sind durch Dammwege mit einander verbunden. In der Regel ist der Grenzer eine Woche „im Dienste" und zwei Wochen bei seiner Wirthschaft. Im Falle der Noth bilden die Grenzer ein Kriegsheer von 100.000 Mann, 'welche zu den besten Truppen gehören. Die nicht im aktiven Dienste stehenden Grenzer beschäftigen sich mit Ackerbau, Viehzucht, Gewerben und Handel. In häuslicher Beziehung führen die Grenzer ein Patriarchalisches Familienleben und diese Natioualsttte steht unter dem Schutze des Gesetzes. Die Folge dieser Verhältnisse ist, daß Gewerbe und Handel sich größtentheils aus die Militär-Communitäten beschränken, während die Mehrzahl der Bevölkerung sich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigt und die höchst geringen Bedürfnisse an Kleidung durch die Hausfrauen befriedigt werden, welche die Kleider für Mann und Kind spinnen, weben, färben und nähen. — Mehrere verwandte, verschwägerte oder frei in die Hansgesellschast anfgenommcne Personen oder Familien bewohnen Ein Hans nnd bilden zusammen eine H ans-Corn m nn ion. Alle liegenden Güter der Grenzbewohner sind gegen Erfüllung der Grenz-Obliegenheiten 124 vollständiges Eigenthum der Grenz-Communionen. Alle Männer der Haus-Communion haben gleiche Rechte auf das unbewegliche Eigenthum des Hauses; bei dem Austritte aus dem Hause verliert jedoch das Mitglied sein Recht, welches von selbst den übrigen zuwächst. Ist kein Mann mehr im Hause, so geht das Recht in gleicher Weise auf die Weiber über. Der letzte Sprosse einer Haus-Communion kann über das unbewegliche Vermögen letztwillig verfügen; ist kein Testament und keine erbberechtigte Person vor¬ handen, so fällt das Vermögen dem Grenz-Institute anheim. Als Familie eines Hauses werden alle Personen betrachtet, welche bei dem Hause conscribirt und nicht Dienstboten find. Um Ruhe, Ordnung, Eintracht, Religiosität nnd Sittlichkeit unter der Haus-Communion zu erhalten, hat in der Regel der älteste, fähige dienstfreie Mann die Hausvaterstelle zu führen; sein oder ein hiezu geeignetes Werb hat die Hausmutter zu sein. Die Wahl des Hausvaters muß durch die Familie geschehen und der Behörde angezeigt werden. Alle Mitglieder der HauS-Communion nehmen alle Obliegenheiten des Hauses und der Fcldwirthschaft ohne Lohn auf sich; was mit ge¬ meinsamen Kräften erworben wird, ist gemeinsames Hausgut, welches zur Bestreitung der Auslagen des Hauses und des Unterhaltes aller Familiengliedcr dient. Kein Haus¬ genosse darf für sich oder seine Familie eine abgesonderte Wirthschaft treibe», überhaupt nichts unternehmen, was die gemeinsame Hausarbeit stört. Nur wenn an Zeit erübrigt wird, darf er dieselbe für sich verwenden, Geld, Geräthe erwerben und besitzen; doch muß ein Theil davon in die Hauscasse abgegeben werden. Die Theilung der Commu- uion ist nur unter gewissen Bedingungen gestattet. Von der Gesammtfläche sind nur etwa 79-^ produktiv und zwar wegen der vielen Sumpfstrecken in den Ebenen und der steinigen Hochfläche des Karst¬ gebietes. Von der produktiven Fläche entfällt '/« auf das Ackerland, auf Waldungen, 5 ^Meilen aus Weingärten, der Rest auf die übrigen Kulturarten. Die Produktion des Ackerbaues genügt nicht für den Bedarf, es findet daher ein ansehnlicher Import statt. Fntterkränter gedeihen in großer Menge; Wein wird stark gebaut (über '/^Mill. Eimer), der beste wächst um Karlovic, Weißkirchen nnd Mehadia. Unter den Obstsorten nimmt die Zwetschke den ersten Rang ein, die Bereitung von Slivovic (von Sliva — Zwetschke) ist sehr bedeutend. Die Waldungen liefern viel Bau-und Schiffsbauholz Der Vieh¬ stand ist groß, aber, mit Ausnahme der shrmischen Pferde, von geringer Qua¬ lität. Noch bedeutender ist der Bergbau, erst in dem Karpathenlande be¬ ginnt seine lebhaftere Entwickelung. Von höherer Industrie ist kaum die Rede; die Communitäten decken den geringen Bedarf. Verhältnißmäßig am stärksten sind die Arbeiten in Leder, Leinwand und Schafwollwaaren. Die Sei¬ denzucht nimmt zu, da Klima nnd Bodenbeschaffenheit hierzu sehr günstig sind. In Jasenovac(an der Save) und in Zengg ist auch der Schiffbau ziemlich an¬ sehnlich, desgleichen die Verfertigung von Thongeschirren, Holzwaaren, die Branntweinbrennereien u. s. f.— Der Eigenhandel ist geringe; wichtiger der Transithandel, vornehmlich in Semlin, Parmova, Orsova, Brod, Mitrovič und in den Seestädten. Jmportirt werden Getreide und Salz, exportirt Holz nud Vieh; transito gehen die österreichischen Manufacte und Rohprodukte der Donauläuder. Die Landstraßen sind besser und zahlreicher, als in den Nach¬ barländern; wichtiger noch sind die Wasserstraßen. Die Militärgrenze wird nur durch einen Ausläufer der südöstlichen Staatsbahn in das Eisenbahnnetz der Monarchie einbezogen. —In geistiger Beziehung steht sie so ziemlich auf gleicher Stufe mit den benachbarten österreichischen Provinzen. Die Volks¬ schule erfreut sich aus militärischen Rücksichten etwas stärkeren Besuches. Z. 61. Die Königreiche Kroatien und Slawonien. 350 ssWeil., S29.000 Einwohner. — Nach der Nationalität S20.000 Slaven, 25.000 Deutsche, 13.000 Magyaren, 9000 kleinere Stämme; nach der Confessio»: 723.000 Katholiken (lat., arm. und gricch. Ritus), 130.000 nicht-uuirte Griechen, 5500 Protestanten, 5000 Juden. — Grenzen? Das Land. — Es sind zwei getrennte, nur im Süden nahe an einander reichende Theile. In Kroatien ist das Bergland, in Slavonien das Tiefland 125 vorherrschend. Den nördlichen Theil des ersteren durchzieht das Warasdiner- Gebirge, den südlichen das Uskokengebirge. In Slavonien erheben sich die Fruska gora und das Wrdnik--Gebirge als letzte Ausläufer der südlichen Kalk¬ alpen. Das Tiefland ist meist sehr fruchtbar; nur die Draveufer in Slavonien sind stellenweise sumpfig und morastig. Mit Ausnahme der Reöina und einiger anderer Küstenflüsse, die dem Adriatischen Meere zufließen, gehört das Land zum Donaugebiete. Der bedeu¬ tendste Fluß ist die Save (mit der Kulpa); den Grenzfluß gegen Ungarn bildet die Drave; von der Dravemündung an bespült die Donau die Nordgrenze. — Eigentliche Seen hat das Land keine; im Karstlande finden sich deren klei¬ nere, periodische. Mineralquellen sind mehrere bekannt (Krapina, Toplice bei Warasdin, Daruvar u. a. m.). Verfassung und Verwaltung: Für die Verwaltung der Angelegenheiten der König¬ reiche Kroatien und Slavonien besteht der königl. Statthaltereirath in Agram, welcher der Hoskanzlei in Wien untersteht. Der Landtag vertritt die Landesangelcgenheitcn. Jedes der beiden Königreiche wird in 3 Comitate eingetheilt, mit je einem Obergespau an der Spitze. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes soll das vereinigte Königreich 9 Vertreter entsenden. 1. Kroatien: I. Com. Agram. — Agram (16.700 E-), k. Freistadt an der Save; Sitz des Banns, des' Generalcommandos, eines Erzbischofcs, des vereinigten Landtages. Schöne Domkirche; Rechtsakademie, Gymnasium, Realschule, Gesellschaft für südslavische Geschichte, Nationalmuseum; Llatian iiirsica. Handel mit LandeSprodnkten, auch wichtige Commissions- und Speditionsgeschäfte. Karlstadt, (9.500 E.), befestigte k. Frcistadt an der Kulpa, Sitz eines griech. n. u. Bischofes; Gymnasium, Zeughaus, Rosogliobreuuerei; wichtiger Speditionshandcl, große Wochcnmarkte. Sissek (Kulpa-Save; das alte Sisoin), sehr wichtiger Platz für den Gctreidchandel, lebhafte Schifffahrt. Rude, Kupfer- und Eisenwerk. 2. Com. Warasdin. — Warasdin (9000 E.), k. Freistadt an der Drau; Gymnasium ; starker Weinbau; Handel mit Landesproduktcn; Setdenkultur, Tabaksabrikation. Kra¬ pina, warme Mineralbäder. Toplice, Schwefelbäder. Rad oboj, jährl. 2500 Ztr. Schwefel. 3. Com. Kreuz. — Kreuz, Sitz eines g. n. Bischofes, Seidenbau. Koprciuic, mit befestigtem Schlosse. Zu Kroatien gehört auch als Fiumaner Comitat, das „ungarische Küstenland" oder „Litorale" mit Fiume (15.000 E.), k. Freistadt am Golf von Ouarnero, Freihafen, Schiffswerfte, lebhafte Industrie und bedeutender Handel; jährl. besuchen 7000 Schiffe den Hafen. Gymnasium, Handelskammer. — Die Freihafeustädte Buccari und Por¬ to rä. Novi, gewöhnliche Residenz des Bischofes von Zengg. Tersat, Stammschloß der Frangipani. 2. Slavonien: 1. Com. Vervcz. — Essek (14.000 E.), k. Freistadt und Festung an der Dran. Damm und Brücken; Zeughaus; Gymnasium; ansehnliche Industrie, Dampf¬ schifffahrt, lebhafter Handel in LandeSprodnkten. Djakovar, Sitz eines Bischofes. 2. Com. PoLega. — PoLega (271X) E.), k. Freistadt, Tabak- und Seideukultur. PakraL, Sitz eines griech. n. n. Bischofes. Heimat des Pandurenführers Trenk. 3. Com. Syrmicn. — Jllok, Hanptort an der Dran, starker Weinbau. Vukovar (5400 E.). Seidenkultur, Fischerei, Dampfschifffahrt, lebhafter Handel. In diesem Co¬ mitate ausgezeichneter Seidenbau, vortreffliche Weingebirge. K n t t u r b i t d. Von der Gesammtfläche sind beiläufig 87^ produktiv, wovon über 37^ auf Waldungen und an 27 auf das Ackerland entfallen. Kroatien erzeugt nicht genügend Getreide für den Bedarf; dagegen liefert Slavonien einen an¬ sehnlichen Ueberschuß zum Export. Der Weinbau ist sehr ergiebig, eben so der Obstbau, namentlich viel Zwetschken, aus welchen der Slivovic gebrannt wird. Die Wälder liefern treffliches Bauholz und sind auch wegen der Mästung (Ei- cheln) von -^edeutullg. Die Vieh zücht ist unzulänglich und auf niederer Stufe, mit Ausnahme der Schweinezucht, insbesondere in den großen Eichenwäldern Slavoniens. Kroatien üb ertrifft nur in der Zucht des Geflügels und der Schafe 126 (zum Theile schon veredelt) sein Nachbarland. Die Bienen- und Seidenraupen¬ zucht steigt fortwährend. Die Teiche und Sümpfe nm Essek liefern viel Blut¬ egel in den Handel. — Von Produkten des Mineralreiches sind nur der vorzügliche Schwefel von Radoboj, das Kupfer (bei Szamobor), Marmor und Bausteine im Küstenlands erwähnenswerth. Die Industrie beschränkt sich auf die städtischen Gewerbe und die Hausindustrie auf dem Lande; eine selbststän¬ dige, von der Urproduktion des Landes unabhängige Fabriksindustrie ist kaum im Entstehen. — Bedeutendere Etalissements sind in Fiume (Papier, Zucker, Seife, Rosoglio, Tabak, chemische Produkte, Schiffbau, Segeltuch u. a.); Agram liefert Porzellan, Eisenwaaren, Leder; überdieß werden erzeugt: Glas, Steingut, Holz- waaren, Slivovic, ordinäre Leinwand und derlei Tücher. Der Handel ist haupt¬ sächlich Zwischenhandel für Körnerfrüchte und sonstige Naturprodukte, welche aus den östlichen Kornkammern des Reiches nach dem Westen abgesetzt werden; dann Holz- und Weinhandel. Im Küstenlande ist der Export an Nutzholz, wie der gcsammte Verkehr sehr im Wachsen. Slavonien hat bedeutende Ausfuhr in Getreide nach Sissek, in rohen Häuten und Fellen nach Essek; dann Ochsen, Schweinen, Honig und Wachs. Eingeführtwerden alle Arten Manufakte, Lnxus- und Kunstgegenständc. Die wichtigeren Handelsplätze sind: Fiume, Buccari und Portorä, Agram, Sissek, Essek und Karlstadt. Insbesondere nimmt Fiume einen großen Aufschwung, und der jährliche Seeverkehr dieser Stadt übersteigt den Werth über 10 Mill. Gulden. Ander Verbesserung der Straßen, dem Bau der Eisenbahn wird rüstig gearbeitet; dieSchifffahrt ans der Save, Drau und Knlpa ist beachtenswcrth; insbesondere macht Fiume große Fortschritte. Der Stand der gei stigen Kultur ist verhältuißmäßig noch ein niederer. An Volksschulen bestehen über 230; von je 100 schulpflichtigen Kindern besuchen nur 29 die Schule. Mehrere Gymnasien und Realschulen sind in neuester Zeit errichtet worden. Für die Hebung der Sprache und Natioual-Literatur herrscht in den gebildeten Kreisen eine große Thätigkeit. §. 63. Das Königreich Dalmatien. 232 HjMeilen; 437.000 Einwohner; überwiegend Katholiken (an 80.000 Griechen, einige wenige Protestanten und Israeliten). Nach der Nationalität über !)0°/<, Slaven, dann Italiener (an der Küste), Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Dalmatien ist ein Terrassenland, welches (sowie die vor¬ gelagerten Inseln) zum Karstgebiete gehört. Der Hochrand streicht aus der Militärgreuze unter dem Namen V e l e biL auf einer längeren Strecke als Kron¬ landsgrenze ; mehrere parallele Gruppen ziehen in südöstlicher Richtung, erheben sich jedoch nirgends über die Mittelhöhe. Vom Nrlica-Berge bei Kuin zieht sich der eine Zug als Reichsgrenze gegen die Türkei in südöstlicher Richtung (Dinara 5700'); beiSebenico erhebt sich das Tartar o-,südlicherdas Mofsor- Gebirge. Hier beginnt ein eigentliches Bergland mit zahlreichen, fruchtbaren Mulden und Thalfurchen, welches gegen die zerrissene Küste steil abfällt. Gleiche Bodenbildnng haben die Inseln. Das Land besitzt keine größeren offenen Fluß- thäler; sehr reich ist es an Engpässen und Höhlen. Unter den wenigen Flüssen des Landes sind die bedeutendsten; die Zer- magna (spr. Dsermanja)ans der Likka, mündet bei Novigrad: die K e rk a (Krka) bildet den herrlichen Wasserfall bei Skardona und mündet beiSebenico; die Cöttina, prächtiger Wasserfall bei Duare, Mündung bei Almissa; die Na- r enta aus der Herzegowina mündet unterhalb Fort Opus. Die meisten Flüsse haben verhältnißmäßig kurzen Lauf, starkes Gefälle, bilden häufig Wasserfälle, sind daher für die Schifffahrt minder geeignet. Die Landseen Dalmatiens trock- 127 neu, mit Ausnahme des salzigen Sees von Vr an a, im Sommer großentheils aus. — Das Adria tische Meer bespült die dalmatinische Küste auf einer Länge von 153 Meilen. Die Küste ist meist sehr steil, zerrissen und schwer zugäng¬ lich; dagegen bilden die vielen Inseln in ihren Buchten treffliche Ankerplätze. Laiidcsvcrfassiiiig, Verwaltung und Orte: — Der Sitz der Landesregierung und des dalmatinischen Landtages für die Landesangelegenheiten ist Zara. Der Landtag besteht aus 43 Mitgliedern: dem Erzbischöfe von Zara, 10 Abgeordneten der Höchstbcsteucrten, 8 der Städte, 3 der Handelskammern (Zara, Spalato, Ragusa je 1), 20 der Land¬ gemeinden. In das Hans der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Dalmatien 5 Ver¬ treter. Die Hauptstadt des Landes ist 1. Zara (7600 E.), befestigte Seestadt aus öder, steiniger Erdzunge, in venezianischer Bauart mit engen Gassen und steinernen Häusern ohne Kalktünche Die portn marittima besteht aus Resten eines römischen Triumphbogens, das Thor zur tsi-ra korma ist ein Meisterstück venezianischer Baukunst. Sitz eines Erzbischofes und eines gr. u. Bischoses; schöne Domkirche (vom Dogen Heinrich DLndolo zu Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut). Gymnasium, Realschule, öffentliche Bibliothek, Landwirthschaftsgesellschaft, Han¬ delskammer. Sehr bedeutende Rosogliofabriken (Maraschino --- Maraskino), ansehnlicher Handel. In der Nähe das Albaueser-Dörschen Borgo Erizzo. — Sebcnico, Bisthnm, eine der schönsten gothischen Kirchen des Landes; am Abhange eines Hügels stufenartig erbaut, daß man auf Stiegen in die höheren Straßen hinaufsteigt. Weiubau, Fischfang. Nona, römische Alterthümer. Knin, Festung. Bei Scardona der großartigste Wasser¬ fall der Kerka. Obrovazzo, an der Straße über den VellcbiL nach Kroatien und Bosnien. — Hieher gehören auch die Inseln Arbe und Pago. 2. Spälato (11.000 E.). Die Altstadt ist innerhalb des vom Kaiser Diocletian (im I. 304 n. CH.) erbauten Palastes; die Domkirchs (mit den Gebeinen des h. Dri- muS, Schülers des h. Petrus und ersten Bischofes von Salona) war ein heidnischer Tempel; die Taufkapelle wird für Diocletian« Mausoleum gehalten; der Acscnlap-Tcm- pcl steht noch. Ein Museum verwahrt die Ergebnisse der Ausgrabungen in den Um¬ gebungen von Salona. Gymnasium. Die freundlichsten Umgebungen unter allen dal¬ matinischen Städten. Clissa, Bergveste. Berlicca, Tropfsteinhöhle. Trau, mit schöner Collegial-Kirche; die Umgebung ist fruchtbar an Wein, Mandeln, Feigen und Oliven. Sign, ansehnlicher Handel mit den Türken; Alterthümer. — Die Inseln Brazza, die größte und bevölkerteste (>6.000 E.). Große Waldungen, Wein-, Oel-, Feigen- und Getreidebau. Lösina, Bisthnm, RoSmarinöl-Erzengung. Lifsa, vortreff¬ licher Wein; starker Sardcllenfang; militärisch wichtig. 3. Ragusa (5000 E.), alterthümliche großartige Befcstignngswcrke, von Bergen eingeschlosscn. Bisthnm, Gymnasium. Mehre ausgezeichnete Gebäude; der ehemalige Regierungspalast, das Zollhaus, die Domkirche, das Jcsuitcnkloster. Die alten Patrizicr- samilien haben an der Meeresküste schöne Villen. Im 16. und 17. Jahrhundert für die südslavischc Literatur von Bedeutung (Dichter Gnndulic ch 1638). Die Hafenstation ist Gravosa. Staguo, am Anfänge der Halbinsel Sabioucello, in ungesunder sum¬ pfiger Bucht; Salinen; häufig Erdbeben (im I. 1850). — Inseln: Melcda, Cür- zola und La gosta, mit starkem Weinbau. 4. Cättaro (2000 E.) in der Bucht doeckm gerechnet wird. Fast parallel mit dem Rheine zieht der Schwarzwald mit steilem Abfall in die oberrhei¬ nische Tiefebene, mit sanfterem gegen Osten und Norden. Auch das Neckar¬ gebirge, der Odenwald, die Nanhe Alp und die schwäbische Hoch¬ ebene streichen in das Land herein. Das Bergland ist reich an fruchtbaren gut angebauten Thälern. Am Rheine und am Bodensee ist das Klima mild, nur die Höhen des Schwarzwaldes haben rauhes Klima. Der Hauptfluß ist der Rhein, in welchen sich die meisten Gewässer ergießen, darunter der Neckar, die Mnrg und Kinzig. Der Main berührt nur die Nordgrenze. Die Donau hat ihre Hauptquelle (die Brege) am Schwarzwalde, welche sich unter Donaueschingen mit der Brigach vereinigt; von hier an heißen die vereinigten Flüßchen Donau, welche nach einem 16 Meilen langen Laufe nach Württemberg tritt. Unter den Seen ist der Bodensee (Ueberlingersee mit der Insel Mainau) für Baden der bedeutendste. — Sehr reich ist das Land an Mineralquellen, unter denen Baden - Baden, Badenweiler nnd Rippoldsau die bekann¬ testen sind. Politische Verwaltung und Orte: Vaden wird in 4 Kreise eiugetheilt: 1. Mittel-Rhciukrcis. — Karlsruhe (30.300 E.), Haupt- und Residenzstadt, schön ge¬ baut; vom Residenzschlosse laufen neun Straßen fächerartig aus; bedeutende wissen¬ schaftliche und Kunstsammlungen, Lyceuni, berühmtes Polytechnikum, Kriegsschule, Kunst¬ schule u. a.; ansehnliche Industrie (große Maschinenfabrik, Verfertigung vouBijouterie- waarcn, Steinschleifereien, Tabakfabrikation). — Durlach, ehemalige Residenz; — Pforzheim (Enz, 16.300 E.), sehr bedeutende Industrie iu Gold-, Silber- und Bijouteriewaaren, Tuch nnd Leder, Eisen-, Stahlwaareu, mehrereHnmauitätsanstalten; Neuchlin ward hier geboren 145S; — Rastatt (Murg, 7000 E.), Bundesfestnng, ehemals Residenz de« Markgrafen von Baden-Baden, Fabrikation von Stahlwaareu, Waffen; Friede 1714. — Baden (S030 E.), herrliche Lage, berühmte Schwefelbäder; Museum römischer Alterthümer; — Kehl (Mündung der Kinzig), gegenüber von Straßburg; Rheinbrücke. Wichtige Jndustrieorte sind: Lahr (7000 E , Tabak, Leiuen- waareu), EttlingeinBaumwolle, Papier) und Bruchsal. 2. Ober-Rhcinkreis. — Freiburg (im Breisgau, am Dreisam, 13.100 E.), Erzbis- wspU' berühmter Dom, katholische Universität «gegründet 1454); — nördlich davon Öhringen mit den Trümmern der Stammburg der Großherzoge von Baden; — Für tw an gen u. a., bekannt wegen Erzeugung von Schwarzwäldcruhren und Ä7lrohgeflcchtcn; — Lörrach und St. Blasien (ehemals gefürstete Abtei), wichtige Jndustrieorte (Woll- und Baumwollwaaren'. 138 3- Seekrcis. — Lonstanz (oder Kostnih, am Bodensee, 8000 E.), lebhafte Baum« Wollindustrie und Handel, zwei Messen; Kirchenversammlung (1414—1418, Joh. Hust f); — die Inseln Mainau und Reichenau liefern viel Getreide, Obst und Wein; — Billigen, Eisenhammer, Getreidehandel; — Neustadt, hölzerne und metallene Uhren, Strohstechterei. 4. Untcr-Rheinkreis. — Mannheim (Neckar-Rhein, 30.400 E), sehr regelmäßig gebaut, prächtiges Schloß, reiche wissenschaftliche und Kunstsammlungen, Lyceum, Handels¬ akademie; ansehnliche Industrie (Tabak, Tapeten, Liqueur, Spiegel u. a.), erster Han¬ delsplatz am Oberrhein für den Verkehr zwischen der Schweiz, Südwestdeutschland und Holland, Freihafen, lebhafte Schifffahrt;— Heidelberg (Neckar, 17. 700 E-), berühmte Universität (gestiftet 1386), reiche Bibliothek; großartige Ruinen des ehe¬ maligen Residenzschlosscs der Churfürsten von der Pfalz; von hier die Bergstraße nach Darmstadt; — Wertheim (Tauber-Main, 4000 E.', Weinbau, Mainhandel; — Schwetzingen, großherzogl. Schloß mit berühmtem Park. Kulturb itd. Der fruchtbare Boden und das günstige Klima fördern in hohem Grade die Landwirthschaft, welche eine der wichtigsten Nahrungsquellen der Bewohner bildet. Der Ertrag übersteigt weit den Bedarf. Vorzügliches Getreide gedeiht in der Rheinebene; überdieß sind bedeutend die Erträgnisse von Hanf, Flachs, des besten Tabaks in Deutschland und anderer Produkte. Der Wiesenbau ist musterhaft; sehr gutes Obst wächst in Menge an der Bergstraße; der Weinbau ist beträchtlich (etwa 700.000 Eimer: Markgräfler, Affenthaler, Wertheimer, Seewein). Die blühende Landwirthschaft hat eine vortreffliche Viehzucht im Gefolge, insbesondere des Rindviehes, der Pferde und Schafe. Von Produkten des Bergbaues verdienen nur Eisen und Salz besondere Hervorhebung. Ist auch Baden überwiegend ein Agrikulturstaat, so erfreuen sich doch mehrere Fabrikate des Gewerbefleißes eines guten Rufes. Im Klein¬ gewerbe herrscht große Rührigkeit; die nur vereinzelt vorkommenden Fabriken stehen größtentheils in hoher Blüthe. Die Garnspinnerei und Leinenindustrie ist im Breisgau, im Oden- und Schwarzwalde am stärksten in und bei Lahr; in der Baumwollindustrie sind bedeutend St. Blasien, Constanz, Lahr; Papier wird viel und in guter Qualität erzeugt (Ettlingen). Von Bedeutung sind weiters die Lederfabriken (Pforzheim, Karlsruhe, Rastatt, Heidelberg), Strohflechtereien und Holzwaareu, besonders Holzuhren (Schwarz¬ wald), die ausgedehnte Tabakfabrikation, der Maschinenbau in Karlsruhe, endlich Eisenwerke, Bierbrauereien u. a. Die gewerbreichsten Orte sind: Mannheim, Pforzheim, Karlsruhe, Lahr, Heidelberg, St. Blasien. — Der Handel ist sehr lebhaft. Der Bodensee, der Rhein, Neckar und Main werden mit Dampfschiffen befahren; die vielen Straßen befinden sich im besten Zustande und durchschneiden nebst den Eisenbahnen, welche alle wichtigen Städte verbinden, das Land nach allen Richtungen. Besonders wichtig ist der Speditionshandel zwischen Frankreich, der Schweiz, den deut¬ schen Nachbarstaaten und Holland. Die geistige Kultur erfreut sich ganz besonderer Pflege. Die Volks¬ bildung steht im Allgemeinen auf einer sehr achtungSwerthen Stufe; alle Uuterrichtsanstalten sind vortrefflich eingerichtet. Rühmenswerthe Hervor¬ hebung verdienen die beiden Universitäten zu Freiburg und Heidelberg, das Polytechnikum in Karlsruhe und die Handelsakademie in Mannheim. Wissen¬ schaften und Künste blühen in diesem schönen, fruchtbaren und betriebsamen Lande. 139 4. Das Fürstenthum Liechtenstein. Dieses nicht ganz 3 ^Meilen große Fürstenthum ist von Vorarlberg und der Schweiz umgeben, meist von hohen Bergen bedeckt, vom Rheine und einigen Bächen bewässert. Es besteht aus deu Herrschaften Vaduz und Schellenberg. Die Bewohner, 7200 au der Zahl, sind deutschen Stammes, katholischer Religion. Hauptort ist Vaduz (1000 E.). Die vorzüglichste Erwerbsquelle ist die Landwirthschaft; auch die Zucht des Rindviehes wird gut gepflegt. Die gewerbliche Thätigkeit beschränkt sich auf die Baumwollspinnerei für die benachbarten Schweizer Fabriken und auf ordinäre Holzwaaren. Posten, Münzen, Maße und Gewichte sind die österreichischen. II. W e st l i ch e S t a a t e n. 5. Das Kurfürstenthum Hessen- (Hessen-Kassel oder Kurhessen.) 174 ^Meilen; — 745.000 Einwohner, überwiegend Protestanten (an 120.000 Katholiken, — 11.000 Juden). — 3 Bestandlhcile: a) das Hauptland vom Main bis zur Weser; — b) die Grafschaft Schaumburg im Wesergebiete; — o) die Herrschaft Schmalkalden im Thllringerwalde. — Grenzen? Das Land. — Kurhessen ist vorherrschend Bergland; am meisten ge¬ birgig ist Schmalkalden. Das Hauptland wird von Zweigen des Spessart, der Rhön und des Vogelgebirges im Süden, vom Reinhards- und Habichts¬ walde im Norden durchzogen. Schmalkalden ist vom Thüringerwald erfüllt, nach Schaumburg streichen Theile des Süntel. — Der wichtigste Fluß ist die Fulda (mit der Schwalm), welche sich mit der Werra (bei Münden) vereinigt; nach der Vereinigung heißt der Fluß Weser. Der Main ist auf eine kurze Strecke Grenzfluß und nimmt die Kinzig auf. Kulturverhältnisse. — Kurhessen ist vorwiegend ein Ackerbanstaat. Die Fruchtbarkeit des Bodens ist verschieden, am größten in der Main-Ebene und im Werra-Thale; doch deckt die Jahresproduktion nur in guten Jahren den Bedarf. Bedeutend ist der Flachs- und Tabakbau. Sehr ansehnlich ist die Forstkultur. In der Viehzucht ist jene des Rindviehes am meisten befriedigend. Der Bergbau liefert Eisen und Salz; vortrefflicher Thon ist bei Großalmerode. Die Industrie ist minder wichtig; Kassel und Hanau sind Hauptplätze des Gewerbefleißes und des Handels. Es gibt im Lande Leder-, Wollen-, Metall-, Schmelztiegel- und Galauteriewaarenfabriken. — Die geistige Bildung des Volkes ist im Allgemeinen geringer als in den benachbarten Ländern. Landesnniversität ist Marburg; an sonstigen Lehranstalten für gelehrte oder gewerbliche Vorbildung ist kein Mangel, ihre Einrichtung ist zweckmäßig. Politische Verwaltung mW Orte: Das Land ist in 4 Provinzen eingetheilt: A'^lwssen und Schaumburg. Kassel (Fulda, 40.200 E.), schön gebaute Haupt- und .siwenzstadt; Museum, Bibliothek, reiche Kunstsammlungen, Gymnasium, Polytech- l^Üche Schule mit Seminar; lebhafte Industrie ^Baumwolle, Tapeten, Tabak, Maschinen); Lustschloß Wilhelmshöhe, Parkanlagen, vi- a u he u. «.; Geismar, Sauerbrunnen; hier fällte der heil. Bonifacins (724) ; Grohalrnerod e (2200 E.), Verfertigung von Schmelztiegeln, i d I en Gerathen, Tabakspfeifen; Export des Thönes bis nach Amerika; — Allen- 140 dorf, Salzwerk; — Eschwege (6700 E.), bedeutende Industrie in Tuch und Labak. Rinteln (in Schaumburg, 5300 E.), Glasfabrikation. 2. Oberhesscil. — Marburg (Lahn, 7700 E.), Universität, auschuliche Industrie; — Ziegenhain, Schloß mit dem gemeinschaftlichen hessischen Archiv. st. Fulda. — Fulda (Fulda, 10.00t) E-), Sitz des LandeSbischofes, ehemals berühmte Abtei (gestiftet 744Y Gymnasium, Priester und Lehrerseminar, Münster (Grab des heil. Bonifacius ch 755); Leinen-, Woll- und Holzwaareuiudustrie; — HerSfeld, (6500 E.), lebhafte Industrie. Schmalkalden (5400 E.), Eisenbau, sehr wichtige Industrie in Eisen- und Stahlwaareu, besonders in Werkzeugen und Gewehren; Schmalkaldischer Bund und Artikel (IS31). 4 Hanau. — Hanau (Kinzig-Main, 17.20) E.), Schloß, Gymnasium; der wichtigste Jndustrieplatz des Laudes (Handschuhe, Gold- uud Silberwaaren, Galauterieartikel, Seidcnzeuge); Handel mit Wein, Holz u. a , große Messen; «schlacht am 30. Oktober 1813; — Wilhelmsbad, Stahlguelleu und Schlamnibäder; — Saline Nattheim mit dem berühmten Riesensprudel; Bockenheim (4000 E.), zahlreiche und bedeu¬ tende Fabriken. 6- Großherzogthum Hessen. (Hessen-Darmstadt.) 152 oMeileu; — 857-000 Einwohner, über «7- Protestanten, sonst Katholiken (einige christliche Seltner und 29.000 Juden). — Zwei durch Frankfurt und Kurhessen getrennte Gebiete. Das Laad. — Die natürliche Bodenbeschaffenheit der zwei LaudeStheile ist verschieden. Der nördliche ist vorwiegend Hügel- und Bergland: das Vogelsgebirge (im Südwesten desselben die fruchtbare Wetterau), das hessische Hügelland, Zweige des Westerwaldes und des Rothlagergebirges, der Taunus. Der südliche wird durch den Rhein in zwei Parteien getrennt. Am rech¬ ten Rhein-Ufer ist die an Naturschönheiten berühmte Bergstraße mit treff¬ lichem Obst- und Weinbau, und der Odenwald mit herrlichen Thälern; Rheinhessen (am linken Rhein-Ufer), ein schönes Hügelland mit mildem Klima und üppiger Vegetation. — Die Gewässer gehören zumeist dem Geäder des Rhein, welcher das Land von Worms bis Bingen durchfließt und den Neckar und Main aufnimmt. Die Fulda nimmt die Schwalm und Edder auf. Kllltnrvcrhältuisse. — Die wichtigste Nabruugsquelle ist die Land- Wirth schäft, welche namentlich in den fruchtbaren Gegenden der Wetterau, der Bergstraße und in Rheinhessen reichen Ertrag an Getreide, Flachs, Hanf uud Tabak liefert. Obst- und Weinbau sind vortrefflich (ausgezeich¬ nete Rheinweine: Liebfrauenmilch bei Worms, Nierensteiner u. a.). Ober¬ hessen hat ausgezeichneten Waldstand und ansehnlichen Viehstand. Berg¬ werksprodukte sind Eisen und Salz. Die gcwerbli ch e Thätigkeit ist stets zunehmend; Hauptorte der Industrie sind Mainz und Offenbach, wo auch ein sehr schwunghafter Handel betrieben wird. Nebst der Leinen-, Wollen- nnd Baumwollindustrie stud besonders die Papierfabrikation, Leder¬ arbeiten (Portefeuilles in Offenbach), Holz-, Metall- nnd Lackirwaaren, Tabak n. s. w. von Bedeutung. Der Rhein und der Main befördern ins¬ besondere den Durchfuhr- und Speditionshaudel; doch ist auch der Eigeu- handel von Wichtigkeit. — Für die geisti ge Bildung sorgen Volks-, Real- und Industrieschulen; für die gelehrte Richtung sind die Gymnasien und die Landes-Universität in Gießen thätig. Die physische, technische und geistige Kultur steht im Ganzen aus einer achtnugswerthen Stufe. 141 Politische Einthcilling und Orte: Das Großherzogtbum Hessen wird in 3 Pro¬ vinzen cingetheilt: Startcilluirg (Fürsteinhiun); Darmstadt (32.400 E.), Hanpt-und Residenzstadt, am Anfang der Bergstraße, Lehranstalten für gelehrte und technische Bildung; Industrie (Tabak, Tapeten n. a.); komnrerzielle Anstalten (Bank für Süddcntschland, für Handel und Industrie); gut besuchte Messen. —Offenbach (Main, 19.400 E.), erste Fabriks¬ stadt des Landes (Leder, Dosen, Wagen, Galanteriewaareu, Wachstuch, Buntpapiere u. a.). - Getrennt vom Hauptlande (zwischen Baden und Württemberg) Wimpfen, und in der Nahe die Saline Ludwigs hall (über 100.000 Ctr. fährt.). 2. Rheinhessen lauf dein linken Rhein-User); Mainz (Main-Rhein, 42.700 E.), stärkste Baudesfestung, berühmter Dom, das älteste Erzbisthnm in Deutschland (seit der Mitte des 8. Jahrhunderts); wichtiger Wafsenplatz zur Zeit der Römer (üloßmntmoum); Sammlung römischer Alterthümcr; Fabrikation von Leder, Möbeln, Tabak; bedeu¬ tender Handel, Schifffahrt; Gutenberg, Erfinder derBuchdrnckerkuust 1436. - Worms (Rhein, I2.0t)0 C.), Domkirche; Leder- und Tabakfabrikatiou, Schifffahrt; Stadt der alten deutschen Heldensage (Nibelungen), die Residenz ostfränkischer Könige, LicblingS- sitz mehrerer Kaiser; viele Reichstage, besonders wichtige 1493 und 1521. —Bingen (Nahe-Rhein, 6000 E.), Binger Loch (enges Felsenthal, durch welches der Rhein strömt; der Mansclhurm; Weinbau. Wegen des ausgezeichneten Weines sind bekannt: Laubenheim, Bodenheim, Nierenstein, Ingelheim. 3. Obcrhcsscil (Furstenthum): Gießen (Lahn, 9500 E.), Universität, Gymnasium, Forst¬ lehranstalt; — Biedenkopf (Lahn, 4000 E.), Eisenwerk, Gerberei, Wollmannsak- tur; — Friedberg in der Wetteran. 7. Landgrafschaft Heffcn-Hombnrg. 5 ^Meilen; 27.400 Einwohner, überwiegend Protestanten; — zwei getrennte Gebiete: a) Herrschaft Homburg vor der Höhe in der Wetteran, nördlich von Frankfurt; b) Herrschaft Meisenheim an der Nahe. Der Boden ist im Ganzen gebirgig, aber gut angebant, reichlich be¬ wässert; das Klima angenehm. Die Hauptbeschäftigung bilden Ackerbau uud Viehzucht; sehr groß ist der Waldstand; in Meisenheim werden Eisen und Steinkohlen gewonnen. Die gewerbliche Thätigkeit ist auf Webe- und Wirk- waaren gerichtet. Hauptort ist Homburg (7400 E.), Mineralquellen, gro߬ artige Einrichtungen für die Curgäste, berüchtigte Spielbank. Vom Mine¬ ralwasser werden jährlich über 300.000 Krüge versendet. Meisenheim (2600 E.), Eisenwerke, Steinkohlengrnben, Glashütte. 8. Das Herzogih um Nassau. 86 ^Meilen; 468.300 Einwohner; die größere Hälfte Protestanten, die andere katholisch. — Grenzen? Das Land. — Nassau, in dem Rheinwinkel an der Main-Mündung gelegen, ist fast durchgehends bergig und das waldreichste Landin Deutschland. Im südlichen Theile ist der waldige Taunus, gegen Südosten steil ab¬ fallend in die höchst fruchtbare, herrliche Landschaft am Rhein und Main mit mildem Klima („der Nheingau"). Nördlich von der Lahn, welche fast untten durch das Land fließt, ist der rauhe Westerwald. — In die ge- naimten Flüsse: Rhein, Main und Lahn ergießen sich die kleineren Ge- -av »r Landes. Sehr reich ist Nassau an Mineralquellen, unter denen Wiesbaden, Selters und Ems die berühmtesten sind. Kultnroerhultuisse. — Die Land Wirth sch ast mit der Viehzucht bilden die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Der größte Äs»,' "Uwes ist gut kultivirt und gibt ansehnlichen Ertrag an Getreide, Ftachs, Hans, Tabak. 3m schg^n Nheingau und am Main ist der Obst- 142 und Weinbau bedeutend; in Nassau gedeihen die edelsten Rheinweine. Die ausgezeichnetste Wiesenknltnr befördert die Viehzucht, und die ansehnliche Forstkultur bietet viel Holz zur Ausfuhr. Im Westerwalde, namentlich im Lahnthale, sind reiche Eisen- und Braunsteingruben; außerdem werden Zink und Braunkohlen gewonnen. Im Verhältnisse zur Urproduktion ist die ge¬ werbliche Thätigkeit, mit Ausnahme des Hüttenbetriebes, eine nur ge¬ ringe. Erwähnenswerth sind übrigens die Leinen- und Wollweberei, die Gerberei, Töpserwaaren, die Papiererzeugung, Branntweinbrennereien; wich¬ tiger ist die Eisen- und Stahlfabrikation. — Nassau ist kein Handelsstaat; den Handel vermitteln überwiegend Frankfurt, Mainz, Koblenz und Bingen. Für die geistige Kultur der Bevölkerung ist bestens gesorgt. Politische Einthciluug und Orte: Nassau wird in 2S Aemter cingetheilt. Landes¬ hauptstadt ist Wiesbaden (26.600 E ), Residenzschlvß, berühmte warme Bäder, präch¬ tiger Kursal (jährl. au 2S.000 Kurgäste); Gymnasium, römische Alterthümer. — Be¬ rühmter Weinbau: Johannisberg, Rüdcsheim, Geisenheim, Asmannshauseu, Hat¬ tenheim (Markobrunner), Hochheim; — Gesundbrunnen: Wiesbaden, Selters, Ems, Fachingeu, Geilnau, Schmalbach, Schlangenbad, Soden, Weilbach. — Limburg (3700 E.), Sitz eines Bischoses, Priesterseminar; — Biberich (Rhein), Residenz¬ schloß, Freihaseu; — Höchst (Main), Baumwoll- und Tabaksabrikation; — Idstein, Musterwirthfchaft, Gerbereien. 9. Die freie Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt, zu beiden Seiten des Main, ist der natürliche Mittelpunkt für den Handel des gesammten Reichsgebietes. Zum Staatsgebiete gehören außer der Stadt noch mehrere kleine Gebiete, zusammen nahe an 2 ^Meilen groß, mit 91.200 meist protestantischen Einwohnern. Die Stadt selbst, mit der Vorstadt Sachsenhausen, hat an 76.000 Einwohner. Zahlreich sind die Fabriken und Manufakturen; noch wichtiger ist der Handel mit Wein, Wolle, Seide, Leder, Tabak, Bauholz. Sehr bedeutend sind der Geld- und Wechsel¬ handel und das Speditionswesen; berühmte Messen. Frankfurt ist eine der ersten Handelsstädte Deutschlands, überhaupt durch Handel, Gewerbefleiß, Reichthum und schöne Umgebungen eine der bedeutendsten Städte Deutsch¬ lands. Zahlreiche Lehranstalten, städtisches Kunstinstitut, Gemäldegallerie, Stadtbibliothek, Museum, gelehrte und Kunstvereine, Zeitschriften, starker Buch- und Kunsthandel. — Merkwürdige Gebäude sind: der Dom oder die St. Bartholomäuskirche, in der die römisch-deutschen Kaiser gewählt und gekrönt wurden; der „Römer", daS jetzige Rathhaus, bei Krönungsfesten (seit 1558) wurde der „Kaisersaal," jetzt geschmückt mit den Bildnissen der deut¬ schen Kaiser, als Speisesaal benützt. Die Paulskirche (lutherische Haupt¬ kirche), Sitz der deutschen Nationalversammlung im I. 1848; die schönste Straße ist die „Zeil". Das Göthe-Denkmal chier geboren am 28. August 1749, gestorben in Weimar am 22. März 1832). — Ehemals freie Reichs¬ stadt; seit 1815 Sitz des deutschen Bundestages. 10. Das Fiirstenthum Waldeck. 22 oMeilen; - Sg.200 Einw.; —Waldeck 20 oM., Pyrmont über 1>/, OM. Waldeck besteht aus zwei getrennten Gebieten. In dem zwischen Eder und Diemel gelegenen Hauptlande Waldeck (zwischen Westphalen und Niederhessen) sind viele Waldungen und öde Gegenden; doch wird die Land- wirthschaft fleißig betrieben; einigen Erwerb bieten auch die Viehzucht, der 143 Eiseilbergbau und die Leinenweberei. Residenz ist Arolsen. (2000 E.) — In der Grafschaft Pyrmont (zwischen Hannover, Braunschweig, Lippe und Preußen) ist der gleichnamige Hauptort, der berühmteste Stahlbrunnen Deutsch¬ lands,' von welchem jährlich über 400.000 Flaschen versendet werden. 11. Das Großherzogthum Luxemburg und das Hcrzogthum Limburg. (Siehe das Königreich der Niederlande.) III. Mittlere Staaten. 12- Das Königreich Sachsen. 272 ^Meilen; 2,337.200 Einwohner, vorherrschend Protestanten (an 42.000 Katho¬ liken, darunter die regierende Familie); fast ausschließlich Deutsche (gegen 50.000 Wenden, slav. Abkunst); Grenzen? Das Land. — Beiläufig A des Gesammtbodens gehören dem Ge¬ birgslande, ebenso viel dem Hügellande und der Ebene au. Im süd¬ lichen Theile zieht sich das Erzgebirge längs der böhmischen Grenze hin, an welches sich östlich das niedere Elbesandsteingebirge mit seinen Abgründen, romantischen Thälern, Höhlen und Felsenspalten („säch¬ sische Schweiz") anschließt. Noch weiter im Osten erhebt sich das nördlichste Glied der Sudeten, das Lausitzer Gebirge. Das Bergland geht nord¬ wärts allmälig in das 'Hügelland und dieses in das Flachland über. In dieser Stufenfolge ändert sich auch das Klima, welches im Erzgebirge rauh, im fruchtbaren Elbethale milde ist. Das Land ist gut bewässert und gehört fast ganz zum Gebiete der Elbe, welche auf ihrem 16 Meilen langen Laufe durch Sachsen von Dampf¬ schiffen befahren wird, und in welche die wichtigeren Flüsse des Landes (jedoch nicht auf sächsischem Gebiete) münden; u. z. rechts: die schwarze Elster und Spree, links: die Mulde (Zwickauer und Freiberger Mulde) und weiße Elster. Aus der Lausitz fließt die Neisse der Oder zu. Seen hat das Land keine, aber viele Teiche. Politische Eintheilung der Orte: Das Königreich Sachsen wird in 4 Kreis- birekiionen eingetheilt, welchen Amtshauplmannschaflcn und Aemter unterstehen. 1- Kreisdircction Dresden —Dresden. (uskOOE.) Reichshanpt- und Residenzstadt in lieblicher Gegend an der Elbe, ober welche zwei steinerne Brücken führen. Königs. Schloß mit dem „grünen Gewölbe" (Schatzkammer) und sehenswerthc Kostbarkeiten; neues Museum mit berühmter Bildergallcrie („Sixtinische Madonna" von Raphael, „Zinögroschen" von Tizian, „heilige Nacht" von Correggio), Kupferstichkabinet; der Zwinger mit dem historischen Museum, Naturaliensammlung; japanischer Palast, Bibliothek, Antiken-, Münz- und Porzellansammlnng; schöne kath. Pfarrkirche, Frauen- und Kreuzkirche. Akademie der Künste, med. - chirurg. Akademie, polytechnische und Kriegsschule, HandelSlchransialt, 2 Gymnasien, zahlreiche Privatlehranstaltcn In¬ dustrie in Phys, und chirurg. Instrumenten, Bijouterien, Tapeten n. a. Bierbrauerei, Rübenzuckerfabrik, Stückgießerei, künstliche Mineralwasser. Lebhafter Handel und Verkehr auf der Elbe und den Eisenbahnen; sehr starke Fremdensrequenz (das „deutsche Florenz"). — Schlacht am 20. und 27. August 18l3. - In der Nähe das k. Lustschloß Pillnitz (Elbe), Eintritt in die vielbesuchte sächsische Schweiz. — Der Plauu'schx Grund, durch geognostische Merkwürdigkeiten, Steinkohlcngruben und großes Fabrikswesen ausgezeichnet; am Anfänge desselben die Forstakademie und landwirthschaftliche Anstalt Tharand; - Pirna (Elbe, 6üOO E.), große Sandstembrüche; Schandau (Elbe) in der Mitte der sächsischen Schweiz; — Meißen (Elbe 10.400 E.), berühmt durch sein Porzellan (die älteste Fabrikation 144 Europa, seit 1710), die Fürstenschuse und den Dom (Begräbnißstätte der ersten Kur- sürsten aus dem Hause Wcttin), Weinbau, Produktenhandel; — Freiberg (nahe au der Mulde, 18 900 E.), die vorzüglichste Berg-Akademie in Europa, Verarbei¬ tung der Bergwerksproduktc, reiches Silbcrbergwerk seit dem 12. Jahrh. (JahreSans- beute im Freiberger Revier etwa 80.006 Mark.) 2. Kreisdircktioil Leipzig. Leipzig (weiße Elster und Pleiße, 85.400 E.), berühmte Universität (gestiftet 1409), 8 Gymnasien, Conscrvatorinm für Mnsik, Zeichen-Aka¬ demie, polytechnische nnd Handelsschule, zahlreiche Anstalten für Beförderung von Wissenschaft, Kunst, Gewerbe und Handel. Ausgedehnte Industrie (Bijouterie, Leder, Kunstblumen, Messer- und Nadelwaarcn, Wachstuch, Ligueur, musik. Instrumente u. a.); großartig sind die Bnchdrnckercicn in allen Richtungen dieses Kunstzweiges. Mittelpunkt des deutschen Binnen- nnd des norddeutschen Buchhandels , nächst Ham¬ burg die bedeutendste Handelsstadt Deutschlands; großartiger Waarenverkchr auf den Messen (durchschnittlich im Jahre 75 Mill. Thaler) ; — Geburtsort des Leibnitz (geb. 3. Juli 1646, s- 14. Nov. 1716). — Schlachten 1631, 1642, vom 16, —18. Okt. 1313. — Jagdschloß H nbertsburg, Friede im I. 1763; — Grimma, Oschatz, Roßwein, Döbeln u- a. m. bedeutende Industrie; — Hainichen, Gellerts Geburtsort (geb. 4. Juli 1715, ch 13. Dez. 1769). 3. Kreiddirektion Zwickau. — Zwickau (Milde 22.000 E.), GlaL- und Porzellan¬ sabrikation, wichtige Banmwollindnstrie; in der Umgebung Steinkohlengruben, Eisen¬ hütten. — Chemnitz (54.900 E.), erste Fabriksstadt des Landes, großartige Baum- wolliudnstrie in allen Zweigen, Maschinenbau. Wichtige Jndustrieorte sind: Plauen (18.600 E., —Banmwollwaaren), Anna berg (10.600 E., Spitzcnklöppelei), Glauchau (19.300 E., — Wollenzeug), Kirchberg, Krimitschau (12.300 E.), Werdau (10.600 E., Tuch- und Wollzeuge) n. a. m. 5. Kreisdircktioil Bautzen (die „Oberlausitz"). - Bautzen (Spree, 12.500 E.), gro߬ artige Fabrikation von Schafwollwaarcn, Leiuwandhandel; Zittau (Neisse, 14.300 E.), Hauptsitz der Leinenindnstrie, in der Umgebung zahlreicher Weberdörfer. Hirschfeld (Maschinenspinnerei), Groß-Schönau, ausgezeichneter Damast u. v. a. — Kamenz, Tuchweberei; Lessiug's Geburtsort (geboren 22. Januar 1729, ch in Braunschweig 15. Febr. 1781). — Herrnhut (Stammort nnd Hauptsitz der unter dem Namen der „evangelischen Brüder" (Herrnhuter) genannten Religionssekte (gegr. durch Graf Zinzendorf im I 1722). Ku It ur bild. Sachsen gehört in jeder Beziehung zu den kultivirtesten Ländern Europa's. Der große Wohlstand hat in der Thätigkeit seiner intelligenten Bewohner eine feste Grundlage, linier den deutschen Staaten hat Sachsen die relativ stärkste Bevölkerung; am dichtesten ist sie in der Umgegend von Chemnitz nnd Zittau (10—15.000 ans I oM), am dünnsten in den östlichen Gegen¬ den des Erzgebirges. Trotz der sehr rationell betriebenen Landwirth- schaft kann wegen des vielfach ungünstigen Bodens der Ackerbau den Be¬ darf der starken Bevölkerung nicht decken; nur die niederen Gegenden haben fruchtbaren Boden und gesegnete Ernten, auch Obst- nnd thcilweise Wein¬ bau. Handelspflanzen werden ebenfalls sorgsam kultivirt. Die Forstkultnr ist ausgezeichnet und erfreut sich europäischen Rufes. Unter der bedeutenden Viehzucht nimmt die Zucht feinwolliger Schafe den ersten Rang in Deutschland ein (sächsische Elektoralwolle), welche durch die berühmten k. Schäfereien (Nennersdorf, Hohnstein, Lohmen) sehr gefördert wird. Zunächst steht die Nindviehzucht im Voigtlande nnd im Erzgebirge. — Im Berg¬ bau behauptet Sachsen den ersten Rang in Deutschland; der sächsische Bergbau hat in wissenschaftlicher nnd technischer Beziehung eine hohe Stufe der Vollkommenheit erreicht, wozu die Bergakademie in Freiberg wesentlich beigetragen hat. Die jährliche Ausbeute an Silber (80.000 Mark), Eisen (150.000 Ctr.), Zinn (über 700 Ctr.) übersteigt den Werth von 4 Mill. Thlr. Reiche Steinkohlenlager sind im Plauen'schen Grunde, bei Dresden und Zwickau; Braunkohlenlager in der Oberlausitz. Nur Salz fehlt; dieses erhält Sachsen von Preußen zu einem bestimmten Preise. 145 Von größerer Wichtigkeit, als die Urproduktion, ist die gewerbliche Thätigkeit; sie ist die Hanptgrundlage des Nationalreichthums. Seit Jahrhunderten schon genießen manche Fabrikate begründeten Rus, der sich in neuerer Zeit noch gesteigert hat. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung findet in der Industrie ihre wichtigste Nahrungsquelle, und außer Großbri¬ tannien besitzt kein Land verhältnißmäßig so viele Fabriken als Sachsen. Den ersten Rang nimmt die Baumwollindustrie in allen ihren Zweigen ein; der Hauptsitz ist Chemnitz, das ganze Voigtland und ein Theil der Oberlausitz (um Zittau). Von kaum geringerer Wichtigkeit ist die auf das ausgezeichnete sächsische Rohprodukt sich stützende Wollwaarenfabrikation (Tuch, Casimir, Merinos, Thibet, Flanell n. a.), mit dem Hauptsitze um Zwickau, zum Theile auch in der Oberlausitz. Der älteste Industriezweig ist die Fabrikation von Leinenwaaren, zumeist in der Lausitz, mit dem Mittelpunkte Zittau. Ausgezeichnet sind Damaste (in Groß - Schönau), Zwilliche, dann Spitzen, Blonden u. dgl. (aus dem Erzgebirge), welche mit den schweizerischen, belgischen und englischen koukurriren. Die bedeutenden Papierfabriken decken nicht den großen Bedarf der großartigen Leipziger Druckereien. Sehr blühend ist die Industrie in Metallwaareu; vor- theilhaft bekannt sind auch die Lederfabrikate, Chemikalien, Holzwaaren, das Porzellan, die musikalischen Instrumente, Farben, Strohwaaren, der Tabak u. v. a. Mit der ausgebreiteten technischen Kultur steht der lebhafte Handel in Verbindung. Die Elbeschiffahrt, gute Straßen, Eisenbahnen, Geld- und Kredit-Institute, die weltberühmten drei Leipziger Messen (Neu¬ jahr, Ostern, Michaelis), welche von Käufern und Verkäufern fast aller europäischer (auch einiger außer-europäischer) Staaten besucht werden, för¬ dern ungemein den Handel, der Welthandel genannt werden kann. Nebst dem Eigenhandel ist der Speditions- und Commissionshandel, und vorzüglich der Buchhandel bedeutend. Die ansehnlichsten Handelsplätze sind: Leipzig, Chemnitz, Dresden, Plauen, Zwickau, Zittau und Bautzen. Diese hohe Stufe in der materiellen Kultur ist vielfach eine Folge der hohen geistigen Kultur des Volkes. Die zahlreichen Volksschulen, die gelehrten und technischen Mittelschulen, die sehr vielen Specialschulen (Handels-, Buchhändler-, Weber-, Klöppel-, MH-, Stick-, Zeichenschulen u. v. a.) sind trefflich eingerichtet, sie genießen sorgfältige Pflege nnd Unter¬ stützung. Das Polytechnikum in Dresden, die Bergakademie in Freiberg, die Akademie in Tharand, die Anstalten zn Lütscheua, Chemnitz, Zittau, Plauen u. a. sorgen für höhere Ausbildung; die Universität Leipzig gehört zu den berühmtesten Hochschulen. Die allgemeine Bildung des Volkes ist bedeutend; das Land hat einen mächtigen Einfluß auf die Entwickelung Deutschlands jederzeit und in den verschiedensten Richtungen genommen. 13. Das Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach. an ogPetten- 280.000 Einwohner; meist Protestanten (an tO.OOO Katholiken). Das Großherzogthum besteht ans 3 größeren, getrennten. Gebieten und mehreren Enelaven. Das Hauptland (Kreis Weimar) liegt im Thüringer Hügelland, bewässert von der Sale und der Ilm; — Eisenach, den gebirgigsten Theil, durchziehen der Thüringerwald (Wartburg I3I5J und das Nhöngebirge; der ansehnlichste Fluß ist die Werra; — Neustadt (an der Elster nnd Orla) gehört dem Voigtlande an; — Ilmenau (an. Alun, Geographie. 7. Aufl. 10 146 der Quelle der Ilm) liegt im Thüringerwalde; — Altstedt am Nord¬ laufe der Unstrut. Die wichtigste Nahrungsquelle ist die Landwirthschaft mit der Vieh¬ zucht. Der Bergbau ist unbedeutend. Die gewerbliche Thätigkeit ist über¬ wiegend durch das Kleingewerbe (insbesondere in Eisenach und Ruhla) vertreten. Der Durchfuhrhandel ist ansehnlich. In Hinsicht der geistigen Kultur hat das Land seit jeher einen hervorragenden Einfluß auf die Ent¬ wickelung Deutschlands genommen. Bemerkenswerlhe Orte sind: 1. Weimar (Ilm, 14.300 E.), Residenzschloß mit den Dichtersälen, Fürsteugrnft, Anstalten und Sammlungen für Wissenschaft und Kunst (geograph. Institut); Bank, bedeu¬ tende Wollmärkte; goldenes Zeitalter der dentschen Literatur; hier lebten und wirkten Lucas Kranach (P1563), S chiller (s-1805), Herder (1803), Wieland (P 1813), Göthe (ch1832); — Jena (Saale, 7300 E.), berühmte Universität (gegr. 1558), mit trefflichen Sammlungen und Anstalten; Schlacht 14. Qkt. 1806; — Apolda (8700 E.), Ilmenau, Neustadt, sehr gewerbfleißige Orte. 2. Eisenach (Hörsel, 12.100 E.), am Fuße der Wartburg, ehemals Sitz der Landgrafen von Thüringen; zu Anfang des 13. Jahrhunderts Sammelplatz großer Dichter (Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide u. a.); — Rnhla (halb zu Gotha gehörig), Mineralquelle und ansehnliche Industrie. 14. Das Herzogtum Sachseil-Bkeiningen-Hildburghausen. 45 ^Meilen; — 178.000 Einwohner, meist Protestanten. Das Haupt land zieht sich in einem Halbkreise von etwa 20 Meilen Länge und nur 2 Meilen Breite am Südabhange des Thüringerwaldes hin; die Parzelle Kranichfeld liegt zwischen Preußen, Weimar und Schwarzburg; Kam bürg au der Saale zwischen Preußen und Weimar; überdies noch mehrere Enklaven. Das Bergland gehört dem Thüringerwalde und der Rhön an; die Werra durchfließt den größeren Theil, die Saale den kleineren. DaS ge¬ birgige Land hat fruchtbare Thäler mit gutem Ackerbau und ansehnlichem Viehstand. Der Bergbau ist ziemlich bedeutend, desgleichen die gewerbliche Industrie; in letzterer Beziehung ist namentlich Sonnenberg wichtig, welches seine Fabrikate selbst nach Amerika absetzt. Die geistige Kultur wie in den benachbarten Staaten. Meiningen (Werra, 7300 E.), wissenschaftliche Anstalten, lebhafte Industrie, Kre¬ ditbank; — Hildburghausen (Werra, 4200 E.), bibliographisches Institut; — Sonnenberg (5500 E.), die gewerbrelchste Stadt, Holzspielwaaren, Schiefertafeln, Kurzwaaren aller Art; lebhafter Handel nach Amerika und England, beiläufig 2 Mill. Gulden im Werthe; — Saalfeld, lebhafte Industrie. 15. Das Herzogthlim Sachsen-Koburg Gotha. 36 ^Meilen; — 164.600 Einwohner, meist Protestanten. Zwei durch Sachsen-Meiningen und Preußen von einander getrennte Gebiete. Koburg am südlichen, Gotha am nördlichen Abhange des Thüringerwaldes; ersteres ist Hügelland, letzteres gebirgig. Koburg durch¬ fließt die Jtz, — Gotha die Leine, Nesse und Unstrut. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist die Landwirthschaft, zum Theil auch der Bergbau. Die gewerbliche Thätigkeit ist in Gotha lebhafter, wo auch mehrere Geldinstitute bestehen. Reges wissenschaftliches Leben. Koburg (10.700 E.), prächtiges Residenzschloß; starke Bierbrauerei, Kreditanstalt; — Gotha (18.000 E.), Gymnasium, Bibliothek, Münzsammlungen, das älteste 147 Schullehrerseminar in Deutschland; Lebens^ und Feuer-Assekuranz; Buch 'und Land¬ kartenhandlung , geograph. Institut; ans den: Seeberge eine Sternwarte; — Schne¬ pfenthal, berühmte Salzmann'sche Erziehungsanstalt (gestiftet 1785); — Blasieu- zell (oder Zella), Industrie in Eisenwaaren; — Ruhla (halb Weimarisch). 16. Das Herzogthum Sachsen-Altenburg- 24 ^Meilen; — 142.0M Einwohner, meist Protestanten. Zwei getrennte Landestheile zwischen Weimar und dem Königreiche Sachsen. Gute Landwirthschaft, bedeutende Viehzucht, wohlhabender Bauern¬ stand mit eigenthümlicher Tracht. Lebhafter Getreide- und Viehhaudel, auch einige gewerbliche Thätigkeit. Altenburg (Pleiße, 18.000 E.), hochgelegenes Residenzschloß; Prinzenranb (1455); wissenschaftliche Anstalten und Sammlungen; ziemlich viel Industrie; Getreide- und Biehhandel; — Eisenberg, Roda und Kahla, gewerbfleißige Orte. 17. und 18. Die Fürstcnthiimer Schwarzbnrg. 1. Schwarzburg-Nudolstadt (17 ^Meilen, 74.000 Einwohner, lutherisch). — Es besteht aus einer größeren „oberen" Herrschaft am Nordab¬ hange des Thüriugerwaldes, von der Saale und Ilm bewässert — und einer kleineren „unteren" Herrschaft im Thüringer Hügellande (Khffhäuser 1400"). Agrikultur, Forstwirthschaft, zum Theil der Bergbau und einige gewerbliche Thätigkeit bilden die Nahrungsquellen der fleißigen Bewohner. Hauptstadt ist Rudolstadt (Saale, 6500 E.), schön gelegen, init einem fiirstl. Schlosse, Gymnasium; — Fraukeuhauseu (5200 E.), Landesschule, Salzwerk, Soolbad (Schlacht 1525; Thomas Münzer); in der Nähe der Kyfshäufer. 2. Schwarzburg-Sondershauscn (15 ^Meilen, 66.200 Einwohner, lutherisch). — Es besteht ebenfalls aus 2 Gebieten. Hier ist die obere Herrschaft (au der Gera und am Thüringerwalde) kleiner; die größere untere Herrschaft liegt im Thüringer Hügellande von der Wipper be¬ wässert. Produkte wie im anderen Fürstenthnme, mit Ausnahme von Salz, welches hier fehlt. Sondershausen (Wipper, 6000 E.), Gymnasium, thüringische Bank; — Arn¬ stadt (7300 E.) und Breite nbach sind industrielle Orte. 19. und 20- Die Fürsttiithümer Rcnß. Die beiden Fürstenthümer liegen (in mehrere Gebiete zertheilt) im Voigtlande, am Frankenwalde, an der weißen Elster und Saale. Die wich¬ tigste Beschäftigung der Bewohner ist die Landwirthschaft, insbesondere im Elsterthale. Die Viehzucht ist ansehnlich, desgleichen verhältnißmäßig der Bergbau, in der Saalegegend auf Eisen und Kupfer. Auch die Weberei und einige andere Industriezweige sind gut vertreten. 1. Neuß, ältere Linie (oder Renß-Greiz; 7 ^Meilen; 44.000 Einwohner, Protestanten). — Hauptort: Greiz (weiße Elster, 11,000 E-), Woll- und Baumwollindnstrie. — Zeulenroda, wichtige Zeng- nud Strnmpf-Fabrikation. 2. Neuß, jüngere Linie (oder Renß-Schleiz; 15 ^Meilen, 87.500 prot. Einwohner). — Schleiz (6000 E.), Residenz, Tuch- und Mnsselinwebcrei; — Gera (Elster, 15.400 E.), bedeutende Industrie, Handel, Bank; — Lobenstein und Ebersdorf bildeten (bis 1848) einen besonderen Staat; viel Gewerbefleiß. io* l4fi I V. Norddeutsche Staci te ir 21. Das Königreich Preußen. 5123 OMilen; — 19,305.000 Einwohner, darunter 61X Protestanten, 37 X Katholiken, mehrere christliche Sekten und Israeliten. Nach der Nationalität 75X Deutsche, an 4 Mil!. Slaven. — 5 getrennte Gebiete >und mehrere Enklaven): I. östlicher Theil, 4227 M., 13 Mill. Einwohner; — 2. westlicher Theil, 855 OM., 5 Mill. Einw.; — 3. H ohcnzollern, 21 OM, 64.759 E.; — 4. am Jabdeb nsen, V, OM., 1600 Einw.; — 5. Lauenbürg, 19 OM., 49,700 Einwohner. — Grenzen? Das Land. — Der östliche Haupttheil bildet mit geringen Aus¬ nahmen theilS eine ebene, theils eine wellenförmige Fläche, und gehört fast ganz zum norddeutschen Tieflande; nur am südlichen Rande erheben sich die Sudeten, der Harz und der Thüringerwald. Der westliche Haupttheil zu beiden Seiten des Rheins ist größteutheils Hügel- und Bergland, und wird von Verzweigungen des Wesergebirges, des Westerwaldes, des Hunsrück, der Eifel und der hohen Veen durchzogen; nur der nördliche Theil ist eben. Hoheuzolleru ist theils hügellig, theils gebirgig (Rauhe Alp); das Iahdegebiet ist Tiefland. (Siehe auch das „deutsche Bergland".) Preußen wird im Norden von der Ostsee bespült; das Iahdegebiet liegt an der Nordsee. Die Küsten der Ostsee („Baltisches Meer") sind meist nieder und sandig; bessere Häfen finden sich nur an den Flußmün¬ dungen, die jedoch wegen der Winde und des Wellenschlages häufig ver¬ sandet sind. Im östlicheren Theile beginnt die Bildung der Hasse, welche durch schmale Mündungen mit dem Meere verbunden, dagegen durch Neh¬ rungen (schmale, lange Landzungen mit Düuenbildung) vom Meere ge¬ trennt sind. (Das frische und das kurische Haff.) Mit Ausnahme der Gewässer von Hoheuzolleru, welches zum Don au gebiete gehört, ergießen sich alle Flüsse Preußens in die genannten 2 Meere. In die Ostsee fließen: die Memel (Njömeu), der Pregel, die Weichsel und die Oder; — in die Nordsee: die Elbe, die Weser, die Ems, der Rhein. — Die vielen Seen sind Strand- und Landseen; von der Eider und der unteren Elbe zieht sich in der Richtung der Ostküste ein Gürtel zahlloser Seen; die meisten und größten liegen in Ost- und Westpreußen, in Brandenburg und Pommern. Sümpfe und Moore werden immer mehr auSgetrocknet und in Kulturboden verwandelt. Kanäle sind zahlreich, welche zur Schiffahrt, zum Holzflössen oder zur Entwässerung dienen. Endlich gibt es viele Mineralquellen (in Schlesien, der Rheinprovinz und Westphalen). Politische Eintheilnng und Orte. Der preußische Staat wird eingelheilt in 8 Provinzen (Brandenburg, Pommern, Sachsen, Schlesien, Posen, Preußen, Westphalen und Rheinprovinz), dann den Regierungsbezirk der Hohenzollern'schen Lande »nd in das Iahdegebiet*!. Die Provinzen werden in Regierungsbezirke (25), die Bezirke in Kreise eingetheilt. Mit Ausnahme von Preußen und Posen gehören alle übrigen zum deutschen Bunde. *) Brandenburg 734 c>M. 2,6 >7.000 E, Pommern .. 577 „ 1,437.000 „ Sacksen.... 460 „ 2,044.0lX) „ Schlesien... 742 „ 3,511.000 „ Posen. 536 „ 1,524.000 „ Preußen... Il78 „ 3,015.000,, Reg.-Bez.: Potsdam, Frankfurt a. d. O. „ Stettin, Stralsund, Köslin. „ Magdebrg., Mersebg., Ersint. „ Breslau, Liegnitz, Oppeln. „ Posen, Brvmberg. ,, Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Marienwerder. 149 1. Proti. (Mark) Brandenburg. — Berlin (Spree, 633.000 E.), Haupt- und Residenz¬ stadt, Sitz aller hohen Staatsbehörden. Nenerbaute, regelmäßige Stadttheile, sehr schöne Straßen und öffentliche Plätze, unter denen: der Wilhelmsplatz mit Bildsäulen preu¬ ßischer Generale, der Lustgarten, der Pariscrplatz an dem schönen (mit der Quadriga geschmückten) Brandenburger Thore. Die Friedrichsstraße; „unter den Linden"; Overn- Platz, Geusdarinenplatz, das Schloß, Mn>cum, Universität«- und Bibliotheksgebäude, viele Paläste, schöne Kirchen (Hedwigs-, Werder'schc-, Petri-Kirche u. v. a.). Berlin ist der Mittelpunkt für Wissenschaften und Künste in Norddeutschland. Akademie der Wissenschaften und der bildenden Künste, tlniversität (im I. 1810 gestiftet) mit aus¬ gezeichneten Sammlungen und Anstalten, 6 Gymnasien, viele öffentliche und private Spezial- und Mittelschulen. Die erste Industrie- und Manufakturstadt Deutschlands (Seiden-, Banuiwoll-, Gold-, Silber- und Lackwaaren, Möbel, Maschinen, Eisen- gußwaaren, Porzellan u a.); eine der bedeutendsten Städte siir den Binnenhandel Europas, bedeutende Geldinstitute, Börse, wichtiger Geld-, Buch- und Wollhandel. Viele HunianitätS- und Sauätsaustalten. Potsdam* *) (Havel, 42.500 E.), in reizender Gegend, zweite Residenz, Soldaten¬ waisenhaus, in der Garnisonskirche Grab Friedrich II., Gewehrfabrikation; in der Nähe das k. Lustschloß Sanssouci (spr. Sanßnßi), C h arlo t te nburg (Spree, <2.000 E.), k. Lustschloß mit Park, Mausoleum Friedrich Wilhelm des III. und der Königin Luise. Spandau (Havel und Spree, 11.000 E.), Festung, bedeutende Gewehr- jabrik Brandenburg (Havel, 26000 E.), älteste Stadt der Mark Brandenburg, Ritter-Akademie. — Jndustricorte: Neustadt (Dosse), Spiegel; Neustadt-Ebers¬ walde, Eisenwerke. Kupferhämmer, Forst-Akademie; Rathenow, Oranienburg u. a. — Frankfurt (Oder, 40.000 E), wichtige Handelsstadt mit drei großen Messen, bedeutender Schifsahrtsverkehr, lebhafte Industrie; in der Nähe das Schlachtfeld von Kunersdorf (1759); Kiistrin (Warthe und Oder), starke Festung in sumpfiger Gegend. — Ansehnliche Jndustrieorte: Landsberg (Warthe, 18.000 E.), Guben (Neisse, 17.500 E.), Kottbus (Spree, 10.000 E.). 2. Pro». (Hcrzogthnm) Pommcrn. — Stettin (Oder, 71.000 E.), wichtigster Stapel¬ platz für die Oder-Gegenden, bedeutender Handel, Schiffbau, Schiffahrt, Arsenal, Börse, Banken, lebhafte Industrie (Segeltuch, Leder, Cigarren, Zucker u. a.), Naviga¬ tionsschule und andere Lehranstalten; der Seehafen ist Swinemünde, mit vielseitiger Dampfschiffahrtsverbiudung. Stargard (17.000 E.), bedeutender Jndustricort. — Stralsund (Ostsee, 27.000 E.), alte befestigte Seestadt; viel Industrie, Schiffbau, starker Handel; Belagerung durch Wallenstein (1628). Greifswalde (Hafenstadt, >6.600 E.), Universität. Die Insel Rügen (18 ^Meilen, 40.000 E.), reich au Ge¬ treide, mit fruchtbaren, reizenden Landschaften. Hauptort Bergen (3600 E.); im Osten der Insel die Stubenkammer, hohe Ufcr^von Kreidefelsen; der Buchen¬ wald Stubenitz mit Hertha's Burg und schwarzem See. — Köslin (11.000 E.), ge- werbfleißige Stadt am Gollenberge. Kolberg (Persante), starke Festung, Seehandel, Fischerei. Stolpe (12.000 E.), viel Industrie, Handel mit Bernstein. I. Prov. (Heczogthum) Sachsen. — Magdeburg (Elbe, 98.500 E.), ehemals Sitz eines (1648 säcularisirten) ErzbisthumS, herrlicher Dom mit dem Grabmale Otto I., mehrere Lehranstalten; wichtige Industrie (Rübenzucker, Cichorie, Tabak, Webewaarcu, Fayence, gebrannte Flüssigkeiten, Leder u. a.), bedeutender Handel, Elbeschiffahrt; -Zerstörung durch Tilly (1631). — Schönebeck, das reichste Salzwcrk in Preußen (jähr. 800.000 Ctr.). — Bung (15.000 E.), sehr bedeutende Tuchfabrikation. Aschers- leben (Wipper), Fabriksstadt. Halberstadt (24.000 E.), Domkirche, ansehnlicher Jndustrieort. Quedlinburg (17.000 E.), viel Industrie (Rübenzucker, Wcbewaaren), blühende Gärtnerei; Stiftskirche mit großem Kirchenschatz und dem Grabmal Heinrich I , Denkmal Klopstocks, der hier 1725 geboren ward. Wernigerode, in reizender Gegend am Fuße des Brocken. — Erfurt (40.500 E.), alte Hauptstadt von Thürin- gen', Festung; schöner Dom; viel Industrie (Schuhmacher- und Webewaareu); starker Gemüsebau; Congreß 1808- — Langensalza, Nordhausen und Mühlhausen Westphalen . 368 liM. 1,667.000 E., Reg.-Bez.: Münster, Minden, Arnsberg. Rheinprovinz 487 ' 3,346.000 „ „ Köln, Düsseldorf, Koblenz, Trier, Aachen. Hohenzollern 21 „ 65.000 „ Jahdegebiet. '/. „ i.MO „ Lauenburg . 19 „ 49.700 „ „ Lanenburg. *) Die mit fetter Schrift gedruckten Orte find Hauptstädte der gleichnamigen Re¬ gierungs-Bezirke. 150 durch Landbau, Brennereien und Industrie wohlhabende Städte. — Merseburg (Saale, 12.000 E.), schöner Dom, Industrie, in der Nähe Salzwerke. — Halle (Saale, 46.000 E.s, Universität (1694 gestiftet), viele Fabriken, ni der Nähe Salz¬ werke und Brauulohlenlager; die (im I. 1698) von Franke gegründeten Stiftungen mit Waisenhaus, Lateinschule, Pädagogium und andere Lehranstalten, in welchen über 3000Kiuder unterrichtet werden; Buchhandel u. a. in. Wittenberg nnd Torgau, Festungen au der Elbe. Naumburg tSaalc, 14.000 E.), Weinbau, starker Handel, wichtige Messe. In der Nähe Schülp sorta mit berühmter Schule (Klopstock, Wolf, Fichte u. a.). Zeitz (12.000 E.), wichtige Fabriken, starker Obst- und Gartenbau. Bekannte Schlachtfelder bei Lützen (ch Gnstav Adolf, 1622), Keusch berg (Heinrich I. schlägt die Ungar» 933), Roßbach (1757), Auerstädt (1806), Groß-Görschen (1813) n. a. l. Prov. (Hcrzogthnui) Schlesien. — Brcslnu (Oder und Ohlau, 164.000 E.), Uni¬ versität, 4 Gymnasien, Handelsschule nnd andere Lehranstalten, Bibliotheken, wissen¬ schaftliche Sammlungen, kathol. Bisthnm; großer Marktplatz; sehr wichtige Handels¬ stadt, große Wollmärkte, Schiffahrt, Bank, Eisenbahnverbindung mit Wien; zahl¬ reiche Fabriken in verschiedenen Artikeln. Glatz (Neisse, 11.000 C.), starke Festung. Schweidnitz (15.000 E.), Festung, Manufakturen, Getreide- und Wollhandel. In der Umgebung der Fabriksstadt Reichenbach viele und große Weberdörfer. Ausehu. liche Jndustrieorte sind überdies: Ohlau, Oels, Trebnitz, Brieg (13.000 E.), u. a. — Lieguitz sKatzbach, 20.000 E.), starker Gemüsebau, bedeutende Industrie (Sieg der Sachsen über die Schweden 1634; Blüchers Sieg 1813 bei dem Dorfe Wahlstatt). Görlitz (Lausitzer Neisse, 31.000 E.), berühmte Tuchfabrikativn. Grüne- bcrg, Weinbau, Tuchmannfaktur. Bu uz lau, bedeutende Töpfereien. Hirschbcrg, wichtige Leinen- und Schleiermanufaktur. Groß -Gloga» (Oder, 17.000 E-), Gc- treidehandel, viel Industrie. Als industrielle Orte sind noch hervorzuhebeu: Schmiede- bcrg (am Fuße der Schncekoppe), Jauer, Laubau, Goldberg. — Oppeln (Oder, 8009 E.), Viehmärkie, Handel mit Bergwerksprodukteu. Bedeutende Eisen¬ werke: Malapane, Tarnowitz, Gleiwitz. Neisse (48.500 E.), Festung, Pulver- uud Gewehrfabrik. Ratibor (Oder, 10.000 E.), Fabriks- und Handelsstadt. 5. Prov. (Großhcrzogthum) Pose». — Posen iWarthe, 53.500 E.), Festung; Erzbis- ihum, viele Kirchen; Handel mit Landesprodnkten, Wollmärkte. Ansehnliche Judnstrie- orte: Mescritsch (Tuchh Fraustadt (Tuch, Leinen, LaudcSproduktenhandcl), Liss a (lO.OOO E-, Leder, Tabak, Tuch), Krotoschin (Leinen, Tuch, Leder), Kempen (Wolleuzeug, Wachs). — Promberg (Brahc und Bromberger-Kaual, 24.5W E.), starke Fabrikation, lebhafte Schiffahrt, Getreidehandel. Gnesen (7000 E.), Erzbischof, prachtvolle Kathedrale mit den Gebeinen des heil. Adalbert; Handel niitLandesprodukten. — Im östlichen Theile dieser Provinz fast nnr polnische Bevölkerung und viele Juden. 6. Prov. (Königreich) Preußen. — Königsberg (Pregel, 102.000 E.), Universität (gest. 1544), viele Lehranstalten und wissenschaftliche Sammlungen; Festung; schwunghafte Industrie (Woll- und Ledermauufaktur, Liqueur, Tabak), Fluß- und Seeschiffahrt, wichtiger Handel. Eine Zeit ;1466—1525) Residenz des deutschen Ordens. Immanuel Kant (der „Königsberger Philosoph") ward hier am22. April 1724 geboren und starb hier am 12. Februar 1804. Pillau, Vorhafen und wichtige Festung am Eingänge in das srische Haff; Navigationsschule, Schiffbau. Seehaudel, Berusteinfischerei. "Memel (18.000 E.), befestigte See-u. Handelsstadt am Eingänge in das knrische Haff. Brauns¬ berg (lO.OOO E), Ixesum Hosiunum, kath. philos. und theol. Lehranstalt, Priester- und Lehrerseminar. Frauenburg, am frischen Haff, Bisthnm (von Ermeland), im Dome das Grab des Nik. Koperniku s (p 1543). Mohrungen, Geburtsort Herders (1744). — Gumbinnen (in Preußisch.Lithauen), Wollmauusaktur. Tilsit (Memel, 17.000 E.), wichtiger Getreide-, Flachs- und Holzhandel; Friedensschluß (9. Juli 1807). Insterburg, Handelsstadt. — Daiijtg (Weichsel, 91.000 E ), alte Hansestadt, starke Festung; wichtiger Handel, Stapelplatz für polnisches Getreide und Holz; bedeutende Industrie (Zucker, Liqueur, Dampsmühlen, Schiffbau); Navigations¬ schule, Handelsakademie, Gymnasium und andere Lehranstalten. Merkwürdige Bauten in der alterthümlichen Stadt: (Marienkirche, Rathhaus, Zeughaus, der Arthus- oder Junkerhof). Am Ausflusse der Weichsel liegt links der Hasen Neusahrwasser, rechts das Fort Weichselmünbe. Marienburg (Nogat), Schloß der Hochmeister de« deutschen Ritterordens; Handel. Elbing (27.500 E.), wichtige Industriestadt (Tabak, Oel, Lichter, Seife), Fischfang, Seehaudel. — Marienwerder (6500 E.), in sehr fruchtbarer Gegend. Gaudenz, Festung und Handelsstadt. Kulm, alte Hauptstadt von Preußen; Thorn (15.000 E.), Festung „im Kulmerlande»; Nikolaus Koper¬ niku« ward hier am 19. Februar 1473 geboren, er starb am 11. Juni 1543. 151 7- Pro». Westphalen — Münster (unweit der Ems, 27.700 E.), Bisthum, kathol. theol. und philos. und andere Lehranstalten; Handel in landwirthschastlichen Pro¬ dukten. Wiedertäufcrkrieg 1533. Westphälischer Friede 24. Okt. 1648. Warndorf, Baumwoll- und Lciueninbustrie, Leinwandhaudel. — Minden (Weser, 14.009 E.), in der Nähe der kort-a, IVestpIruIion. Fabrikation von Leder, Eisen- und Stahlwaren. Weserschiffahrt. In der Nähe Kohlengruben. Bielefeld (16.500 E.), Hauptsitz des westphälischen Leinwaudhandels; in der Umgebung starke Lcinwandindustrie. Fader- boru (11.000 E.), alte Stadt, Bischofsitz. Zwischen Paderborn und Herfort die berühmte „Hermannsschlacht" tim I. 9 u. CH.). — Arnsberg (Ruhr, 4600 E.), Trümmer des alten Schlosses, ehemals Hauptsreistuhl des Vchmgerichtes. Soest (spr. Sohst, 10.000 E.), ehemals berühmte Handelsstadt. Von Hagen bis Gevels¬ berg die 2 Meilen lange „Emper-Straße" (von der Empe durchflossenes Thal), mit vielen großen Eisenwerken. In diesem Negierungs-Bezirke sehr viele, auch be¬ deutende Jndustrieorte: Iserlohn (14.000 E.) und Altena, wichtige Stahl-, Eisen- und Messingwaaren«, großartige Radelfabrikation. Dortmund (27.400 E.), Berg¬ bau aus Blei und Zink, Metallwaarenfabrikation. Ehemals Freistuhl des Vchmgerichtes, dessen Archiv noch vorhanden ist. 8. Rhcillprovinz (ehemalige Gebiete von Köln, Trier und die Herzogthllmer Jülich, Kleve, Berg). — Köln (Oolouiu LArippiuu, Rhein, 122.500 E-), Festung, durch eine Schiffbrücke mit dem ebenfalls befestigten Deutz verbunden. Ehemal römisches Castrum, dann Hauptort der fränkischen Macht, Metropole für die Ausbreitung des Christen- thums in Nieder-Deutschland, freie Reichsstadt bis 1797. Erzbisthum, berühmter Dom, das herrlichste Denkmal gothischen Styles, aber noch nicht vollendet (begründet im I. 1248), Reichthum an Reliquien; zahlreiche andere Kirchen und sonstige Merk¬ würdigkeiten. Seit alter Zeit sehr blühende Industrie (Webewaaren, Leder, Tabak, Zucker, Oel, Eisengießereien, Maschinenbau, „Kölnisch Wasser" n. a.). Freihafen, Schiffahrt, sehr bedeutender Handel nach Holland und dem übrigen Deutschland. Wichtig für Wissenschaft und Knnst (Peter Paul Rubens ward.hier geboren am 28. Juni 1577, er starb zu Antwerpen am 30. Mai 1640). Bonn (Rhein, 22.000 E.), berühmte Universität; römische Alterthümer. Geburtsort des Ludwig von Beethoven, geboren am 17. Dez. 1770, gestorben zu Wien am 26. März 1827. — Düsseldorf (Rhein, 44.000 E.), schön gebaute Fabrik«- und Handelsstadt, berühmte Kunstakademie. Rhein¬ hafen für die gewerbreichen Städte des „Wupperthales", deren Fabrikate Weltruf genießen. Elberfeld und Barmen (zusammen au 122.000 E.), zahlreiche gro߬ artige Fabriken für alle Zweige der Webeindustrie (Baumwoll« und Seideuwaaren, Bänder, Spitzen, dann Zwirn, Rothfärbereien, Bleichereien). Weiter hinab im Wup- perthal sind Remscheid (18.500 E.), Solingen, Lennep die Hauptsitze der be¬ rühmten rheinischen Eisen- und Stahlwaaren-Judnstrie. Fast gleich industriereich ist das an Steinkohlen reiche Nuhrthal, mit den Fabriksorten Essen (31.400 E), Wer¬ den, Mühlheim, Ruhrort. — Crefeld (Rhein, 54.000 E.), Hauptsitz der Fa¬ brikation von Sammt und Seidenzeugen. Xanten (Vstsro Onstrn), römische Alter¬ thümer. Wesel und Emmerich am Rhein, wichtige Handelsstädte. — Koblenz (Mosel und Rhein, OouSusntss, 29.000 E.), ansehnliche Fabriken, Freihafen, wichti¬ ges Bollwerk des Rheins. Kreuznach (Nahe, 11.000 E.), wichtige Salzwerke, Sool- bad. Minder wichtig sind die Nheinstädte: Andernach, Bacharach, St. Goar (Lorleifelsens. — Trier (Ln^nstn Drsvirorum, Mosel, 21.500 E.)> sehr alte Stadt, U-berreste aus der Römerzeit, längere Zeit Sitz römischer Cäsaren; später mächtige Stadt geistlicher Fürsten. Herrliche Kathedrale (mit dem „heil. Rock"). Weinbau, Schiffahrt. Saarlouis, Festung, undSaarbrück (beide au dersaar), mit Fabri¬ ken und Steinkohlengrubeu. — Aachen (LguisArunum, 64.000 E.), atle berühmte Stadt, Residenz Karl des Große» und späterer Kaiser, Krönnngsstadt der Kaiser. Berühmter Münster (unter Karl d. Gr. 796 begründet). Grabstädte dieses Kaisers mit dessen und vielen anderen Reliquien; Rathhaus mit Krönungssaal. Wichtige Tuch-, Nabel-, Maschinen-, Spiegel- und Lederfabrikation. Berühmte warme Bäder. Frie¬ densschlüsse 1668 und 1748; Congreß 1818. Nahe dabei Burtscheid, wichtig we¬ gen der bedeutenden Industrie und der warmen Quellen. Malmed y , die wichtigsten Lederfabriken in Preußen. Jülich (Festung), Eupen, Düren, Stollberg u. a. ansehnliche Fabriksorte. st. Die Fürstenthiimer Hohenzollern. — Thcils hügelig, theils gebirgig. Spärlicher Ge¬ treidebau, aber ansehnliche Viehzucht; viel Holz und Eisen. Seit 1850 bei Preußen. Der Reg.-Bez. Sigmaringen untersteht (seit 1853) der Rheiuprovinz. — Sigma« 152 ringen (2700 E.); Hechingen (3000 E.), Schwefelbad. Auf einem Bergkegel der schwäbischen Alp (2600') das restaurirtc Stammschloß Les preußischen Königshauses Hohenzollern. 10. Das kleine Gebiet am Jahdelmscn, im I- >853 zur Anlegung eines KriegShascns erworben, hat seine eigene, unter der Admiralität stehende Verwaltung. 11. Lanenbnrg. — Lauenburg (ItOO E.), Hauptort des gleichnamigen Herzogthums, an der Elbe. — Ratzeburg sam gleichnamigcu See, 3800 E.). Die meclleuburgische Grenze geht mitten durch die Stadl. Kulturbild. Die Hauptquelle des Erwerbes bildet in Preußen die Land Wirth- schäft, mit welcher sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung beschäftigt. Ist auch der Boden nicht überall fruchtbar, das Klima zwar gemäßigt und gesund, aber in einzelnen Landstrichen doch ziemlich ranh und feucht; so deckt doch die Getreideernte nicht mir den Bedarf, es kommen Körnerfrüchte noch zum Export. Die getreidereichsleu Provinzen sind Preußen, Posen und Sachsen, dann auch das östliche Schlesien und die Rheiuproviuz. Berhältuiß- mäßig wird am meisten Roggen und Hafer gebaut; aber der Export des Weizens ist doppelt so groß als jener des Roggens. An Hülsenfrüchten und Gemüse werden große Mengen gewonnen; nicht ausreichend sind die Färbe¬ pflanzen vertreten. Die Runkelrüben für die Zuckerbereitung gewinnen stets an Ausdehnung, besonders in Sachsen, Schlesien, Brandenburg und der Rheinprovinz. Besondere Hervorhebung verdienen noch Flachs (Schlesien und Westphalen), Hanf, Tabak (am stärksten in Brandenburg, Gesammt- produktion im Jahre 200.000 Ctr.), Hopfen. Das beste Obst wächst am Rhein und an der Mosel. Der Weinbau ist nur in der Rheinprovinz von Bedeutung, auf welche an 80'/» der Gesammtproduktion (mit etwa Mill. Eimer) entfallen. Beinahe 20°/„ der Gesammtfläche des Reiches nehmen die Waldungen ein (beiläufig '/g Staatswaldungen); der größte Holzreich¬ tum ist in Preußen, dann Schlesien, Brandenburg und in den Berg¬ gegenden der Rheinprovinz. Mit den Fortschritten des Wiesen- und Ackerbaues hat sich auch die Viehzucht gehoben. Rindvieh besonders in den Flußmarschen, Pferde in Ostpreußen uud Westphalen; am blühendsten aber ist die Schafzucht (über 16 Mill.; davon 30°/» Merinos, 50"/„ halbveredelt, die übrigen Land¬ schafe), namentlich in Schlesien, Sachsen und Brandenburg. Die Ziegen¬ zucht findet sich vorzugsweise in den Gebirgsgegenden; die Zucht der Schweine in Westphalen und östlich der Oder; Federvieh in Pommern (Gänse); die Bienenzucht unter der slavischen Bevölkerung. Der Bergbau und das Hüttenwesen stehen auf sehr hoher Stufe; insbesondere haben der Kohlenbergbau und das Eisenhüttenwesen einen bei¬ spiellosen Aufschwung genommen. Der Werth der Erzeugnisse betrug in den letzten Jahren an 100 Mill. Thaler, wovon auf die Rheiuproviuz an 36"/v, auf Westphalen 24"/<> entfielen. Die Goldgewinnung ist unbedeutend, da¬ gegen betrug jene des Silbers an 53.000 Mark (in den Bezirken Oppeln, Merseburg und in der Rheinprovinz). Das meiste Eisen liefert die Rhein¬ provinz und Schlesien (im ganzen Reiche über I 600 Gruben, über 3'/, Mill. Tonnen Eisenerz); Steinkohlen vorzüglich in Westphalen, Rheinprovinz und Schlesien; Braunkohlen in Sachsen (zusammen an 53^ Mill. Tonnen). Großen Reichthum hat Preußen an Salz (23 Salinen, nahezu 77.000 Lasten im Werthe von 1,750.000 Thlrn.), insbesondere in Sachsen. Endlich ist 153 erwähnenswerth die Gewinnung von Zink, Galmei, Kupfer, Blei und Bern¬ stein (an der Ostsee im Königsberger Bezirke). In Hinsicht der gewerblichen Industrie gehört Preußen unter die wichtigsten Manufaktnrstaateu Europas. Die meiste Fabriksthätigkeit finden wir in der Rheinprovinz, in Westphalen, Schlesien, Sachsen nnd in einigen Gegenden oer Mark. Die wichtigsten Erzeugnisse sind Leinen-, Schafwoll-, Banmwoll- und Metallwaaren. Die meisten nnd besten Leinenwaaren (in allen Artikeln) liefern Schlesien (Reg.-Bezirk Liegnitz und Breslau), Westphalen (Neg.-Bez. Münster und Minden) und die Rheinprovinz (das Wupperthal). Die Gesammtproduktion beträgt dermalen im Jahre etwa .300.000 Ctr. (120 Mill. Ellen) und die MehranSfnhr an 50.000 Ctr.—- In der Schafwoll-Jndustrie erzeugen am meisten die Rheinprovinz, Bran¬ denburg, Schlesien nnd Sachsen (insbesondere Tuch, Shawls, Teppiche n. dgl.). Die Jahresproduktion an Wollen- nnd Halbwollengeweben beträgt beiläufig 70 Mill. Ellen (darunter 56 Mill. Ell. Tuch). — Auch die Baumwoll- Industrie macht große Fortschritte; die Produktion (au .320 Mill. Ellen) ist stärker als der inländische Bedarf, mehr als ein Viertheil gelangt zur Aus¬ fuhr. An der Spitze stehen Westphalen und die Nheinprovinz, dann Schlesien nnd Brandenburg. — In der Fabrikation der Metallwaaren nimmt die Eisenindustrie den ersten Rang ein. Am ansgebreitetsten und großartig¬ sten ist diese in Westphalen (Iserlohn, Altena, die Emperstraße) und in der Rhcinprovliiz, (Remscheid, Solingen, Köln, Aachen, Lennep u. a.), in einzelnen Zweigen wohl auch in Schlesien (Gleiwitz, Malapaue, Breslau), Brandenburg (Berlin nebst Umgebung) und Sachsen. Ueberdieß tragen viele ' Fabriken und Manufakturen für einzelne Zweige dieser reichgegliederten Judustrie dazu bei, dieselbe zu einer der wichtigsten in Preußen zu gestalten. Nebst diesen Hauptindustrien sind noch viele andere von Bedeutung. Die Industrie in Seide in der Rheinprovinz (Krefeld, Elberfeld; in Leder gleichfalls in der Rheinprovinz (MalmedH, Köln n. a. O.); die Tabakfabri¬ kation in der Rheinprovinz in Westphalen und Brandenburg; die Runkel- rüben-Zuckerfabrikcn in Sachsen und die Raffinerien für Colonialzncker. Sehr gutes Papier liefern die Fabriken in der Rheinprovinz, in Westphalen und in Berlin; bedeutend ist die Glasfabrikation in Schlesien, Westphalen und in der Rheinprovinz. Endlich verdienen hervorgehoben zn werden: Por¬ zellan, Chemikalien, Oel, Wachstuch, Cichorie, Seife, gebrannte und ge- gohrene Flüssigkeiten u. a. m. Der Handel ist sehr lebhaft. Viele schiffbare Flüsse und Kanäle, gute Landstraßen, ein vielverzweigtes Eisenbahnnetz, treffliche Post- und Tele¬ graphenanstalten, die lange Seeküste, eine ansehnliche Handelsmarine, die Jahrmärkte, Messen, viele Geld- und Kreditgesellschaften u. s. w. wirken fördernd auf denselben ein. Von besonderem Einflüsse sind der „deutsche Zollverein," die Consulate, Zoll-, Handels- und Schiffahrtsverträge und der hohe Stand der geistigen Kultur. Für den Seehandel sind wichtig: Stettin, Danzig, Königsberg, Memel, Stralsund, Greifswalde; — für den Landhandel: Berlins Magdeburg, Frankfurt a. d. Oder, Breslau, Köln, Aachen, Pofen u. v. a. Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind: Getreide, Holz und Fabrikate der Industrie; eingeführt werden Wein, Obst, Kolonialwaaren Roh- und Hilssstoffe der Industrie. Der stärkste Verkehr ist mit Gro߬ britannien, dann mit den Niederlanden, Frankreich und den nordischen Staaten. Die geistige Bildung des preußischen Volkes ist eine höchst be- 154 deutende. Die Elementarkemitnisse sind allgemein verbreitet, besonders unter der deutschen Bevölkerung. Die Lehranstalten sind in der Regel trefflich ein¬ gerichtet, gut geleitet und werden stark besucht. Zahlreich sind die Gym¬ nasien (über 120), Realschulen (etwa 60), Schullehrersemiuarien; die Uni¬ versitäten (protest. Berlin, Königsberg, Halle, Greifswalde, — kathol. und Protest. Breslau, Bonn), — die kathol. theol. Anstalten (in Münster und Braunsberg), — die Kunstakademien, die vielen technischen und Special¬ schulen u. s. w. üben einen mächtigen Einfluß auf die gesammte Entwickelung der Nation, welche an Bildung keiner nachsteht. Preußen gehört somit in jeder Richtung zu den kultivirtesteu Staaten in Europa. 22. Das Königreich Haulioöer. 700 fs) Meilen; — l,924.000 Einwohner, überwiegend Protestanten (an 20.000 Katho¬ liken, 42.000 Israeliten). Zwei durch Braunschweig" getrennte Hanpttheile, einige kleinere Gebiete. — Grenzen? Das Land. — Der größte Theil Hannovers gehört dem norddeutschen Tieflande, nur etwa dem Hügel- uud Berglande au. Gebirgig ist der ganze südliche Theil nnd der Südrand des nördlichen. Das Hauptgebirge ist der Wald- nnd metallreiche Harz; ferner streichen in das Land Theile des Thüringerwaldes und des Wesergebirges (Teutoburger-Wald), Solingerwald, Süntel, Deister). DaS ebene Land ist theils noch wenig kultivirtes Geest-, theils fruchtbares Marschland. Das Tiefland an der Nordsee wird durch Deiche (Dämme) und Siele (Schleußen) vor Ueber- schwemmnngen geschützt. Das Geestland, darunter die „Lüneburger-Haide", wird immer mehr kultivirt. Die vielen Moore sind wegen des Torfstiches von Bedeutung; mehrere sind durch Entwässerung in fruchtbares Land ver¬ wandelt worden. Die Nordsee, welche das Land bespült, bildet mehrere Busen, unter denen der Dollart (Ems-Mündung) der bedeutendste ist. Sämmtliche Flüsse ergießen sich in die Nordsee: die Elbe (mit der Ilmenau), die Weser (mit der Aller), die Ems (mit der Hase); im Osnabrück'schen die Vechta. Unter den Seen sind der Dümmersee und das Llleinhuder-Meer die größten. Zahlreiche Kanäle durchschneiden das Land: der Emskanal (zwischen Lingen nnd Meppen) mündet in die Hase; der Treckschuitenkanal (zwischen Emden nnd Aurich); der Hadeln'sche Kanal führt in die Elbe u. a. Politische Eintheilmig und Orte: Das Königreich Hannover ist in 6. Landdrosteien nnd eine Berghauptmannschast eingctheilt; den Landdrosteien sind die „Aemter" und die Magistrate der selbstständigen Städte untergeordnet.. 1. Landdrostei Hannover. (Fürstenthnm Kahlenberg mit den Grafschaften Hoya und Diepholz): Hannover (Leine, finit den Vorstädten uud dem Vororte Lindens an 80.000 E.), Haupt- nnd Residenzstadt, berühmte technische Lehranstalt, Gymnasium, reiche Sammlungen für Wissenschaft und Kunst; Industrie nnd Handel lebhaft, Bank; Waterloo-Denkmal; Leibuitz ch 1716; Herschel geb. 1738, ch 1822. In der Nähe die Lustschlösser Herrnhausen und Mo »brillant. — Hameln (Weser), mehrere Fa¬ briken, Fischerei, Schiffahrt. — Rehburg, unweit des Steinhuder-Meeres, Bade¬ ort, Steinkohlen. — Nienburg (Weser), Tabakbau, Handel. 2. Landd. Hildesheim. (Fürstenthnm Hildesheim, Göttingen, Grubenhagen und Graf¬ schaft Hohnstein): Hildesheim (18.000 E.), Bisthnm, Dom, Gymnasium und an¬ dere Lehranstalten; Garn- und Leinwandhandel. Göttingen (Leine, (12.700 E.), berühmte Universität (seit 1737), große Bibliothek, Sternwarte, königl. Societät der Wissenschaften, reiche wissenschaftliche Sammlungen. — Münden (Werra-Fulda), ansehnliche Industrie (Wolle, Tabak, Leder, Schifsswerfte u. a.). — Osterode (51,00 E.), wichtigste Fabriksstadt (Chemikalien, Holz- und Wollwaaren). — Elbin¬ gerode, älteste Industrieschule Deutschlands (seit 1771). — Rothehütte, größtes 155 Eisenwerk in Hannover. — Goslar, am Fuße des silberreichen Rammelsberges („Tommmüonharz"), Bergbau; alte Stadt, ost Sitz deutscher Kaiser. g. Becghauptnuuuischast Kliuwthal (oder Oberharz): Klansthal (9090 E.), wichtige Bcrgstadt, Berg- und Forstschule, Blei- und SilbergruLen; Spitzenklbppelei. — In der Nähe Zellerfeld und AndreaSberg mit bedeutendem Bergbau. 1. Lundd. Lüneburg lFiirstenth. Lüneburg, ein Theil von Sachscn-Laueuburg): L iiu c- bnrg (Ilmenau, 15.700 E-), wichtiges Salzwcrk (jährlich 300.000 Ctr.), — Lclle (Aller 15.200 E.), ehemals herzogliche Residenz, Wachsbleichen, Schiffahrt. — H a r- b urg (Elbe, 13.500 E.), gegenüber von Hamburg, starke Industrie, Kautschukfabrikeu, Schiffbau und Handel. 5. Landd. Stube (Herzogih. Bremen und Verden mit dem Lande Hadelu): Stabe (8500 E.), befestigte Handelsstadt, lebhafte Schiffahrt. Verden (Aller), Dom, Gym¬ nasium; Karl d. Gr. lässt (782) 4500 Sachsen hinrichtcn. — Buxtehude, Verkehr mit Hamburg, Seife- und Stärkefabriken, Zwicbackbäckercicn. 6. Lundd. Osnabrück (Fürstenth. Osnabrück, Herzogth. Aremberg-Meppen, Großsürsten- thnm Lingen und Bentheim): Osnabrück (Hase, 18.000 E-). altberühmte Stadt; westphälischer Friede 1648; wichtiger Leinen- und Scgeltuchhandel, Wollenzeug-Manu- sakturcn; Bergbau. — Lingen und Meppen, gewcrbefleißigc Orte. — Pappen¬ burg, bedeutender Schiffbau, Schiffahrt, Torfstechern. 7. Lundd. Aurich (Ostfriesland, Harliuger Land und die Inseln Hannovers): Aurich (5000 E.), Handel mit landwirlhschaftlichen Produkten und Pferden. — Emden (Dollart, 12.000 E.), Freihafen, wichtiger Stapelplatz für Nordwest-Deutschland, bedeutende Fischerei (Häringösang), lebhafte Industrie. — Leer, wachsende See¬ schiffahrt, Häriugsfang. — Norden, Fabriks- undHandelsPlatz. —Inseln: Nor¬ derney, Seebadeanstalt, Borkum, Baltrum n. c. a. Kuiturbikd. Die wichtigsten Nahrnngsquellen der Bevölkerung sind die Landwirth- schaft und der Bergbau. Allerdings liegen noch manche Strecken Landes öde, wenig oder gar nicht kulturfähig; deßungeachtet ist im Ganzen die B od en knltnr ziemlich bedeutend, namentlich sind dieMarschen an derElbe, Weser und Nordsee sehr fruchtbar. Im Flachlande wird Getreide über den Bedarf gewonnen, am Harze jedoch fast keines. Die besten Getreidepro¬ vinzen sind Ostfriesland, Bremen, Hildesheim und Göttingen. Auch die Produktion au Hülscnfrüchtcn, Gemüse, Kartoffeln u. dgl. ist bedeutend. Von besonderer Wichtigkeit ist der Flachs-, zum Theil auch der Hausbau — In Ostfriesland, Lüneburg und am Harze ist die Viehzucht sehr ausge¬ breitet, namentlich die Pferde- und Rindviehzucht. Die Zucht der ver¬ edelten Schafe ist zunehmend; in den Haiden sind eine Eigenthümlichkeit die „Haidschnucken", d. i. kleine Schafe mit Hörnern und grober Wolle. Sehr verbreitet ist die Schweinezucht; in der größtentheils von wohlhabenden Landwirthen bewohnten Lüneburger Haide auch die Bienenzucht. Emden und Qstfrieslaud senden auf den Häringsfang aus; überhaupt ist die Fischerei sehr lebhaft. — Auf dem Harze ist der Bergbau von hoher Wichtigkeit, den Mittelpunkt bildet Klausthal. Im Oberharze wird der Bergbau zum Theile gemeinschaftlich mit Braunschweig betrieben („Communionharz"), wo¬ von ch", auf Hannover, auf Braunschweig entfallen. Bedeutend ist die Ausbeute an Silber (jährlich au 44.000 Mark), Blei, Eisen (300.000 Ctr.) Kupfer, Stein- und Braunkohlen (6V) Fnrstenth. Lübeck (oder Eutin, zerstreute Parzellen in Holstein); — o) Fürstenth. Birkenfeld (im siidl. Theilc der preuß. Rheinprovinz). Das Land. — Das Hauptland (Herzogth. Oldenburg) gehört zum norddeutschen Tieflande. An der Nordsee, Weser und Jahde ist sehr frucht¬ bares Marschland, welches durch kostspielige Deiche gegen das Eindringen des Meeres geschützt wird. Das Innere des Landes ist Geestland, theils Haide oder Sandboden, oder Torfmoor (öO^Meilen). — Lübeck ist eben¬ falls fast durchgehends flach, mehr geest- als marschartig, hat anmuthige Hügel und Seen, welche mit Buchenwäldern umkräuzt sind. — Birken¬ feld ist ein meist steiniges Bergland mit vielen kleinen Thälern; die wald¬ reichen Höhen sind Zweige des Hunsrück. Die Nordsee mit dem Jahdebusen bespült Oldenburg; die Ostsee das Fürstenthum Lübeck. Der wichtigste Fluß in Oldenburg ist die Weser, welche die schiffbare Hunte (bei Elsfleth) aufnimmt. Im Norden ist der Küstenfluß Jahde, im Süden fließt die Hunte. In Lübeck ist die schiffbare Trave, in Birkenfeld die Nahe von Bedeutung. Die meisten Seen hat Lübeck (Plöner-, Eutinersee u. a.); in Oldenburg sind der Zwischeuahn- und der Dümmersee die größten. Die vielen kleinen Kanäle („Sieltiefe") dienen hauptsächlich zur Entwässerung, werden aber auch zur Schiffahrt benützt. Das Klima ist im Ganzen gemäßigt; an den Küsten feucht und nebelig, mit häufigen Winden; in Birkenfeld ist es rauher. Politische Eintheilung und Orte: 1. Herzogth. Oldenburg. — Oldenburg (Hnnie, 11.700 E ), Haupt- und Residenzstadt, Flußschisfahrt, die bedeutendsten Pferdemärkte in Nord. Deutschland. — Elsfleth (Hunte, Weser), Schiffbau. Barel (3500 Eh, unweit des JahdebusenS, Jndustrieert, 157 Schiffahrt. Jever (4500 E.), au einem Kanale, gewerbreiche Handelsstadt. - Insel Wangerode, besuchtes Seebad. 2- Fürstcilth. Lübeck- — Eutin (3000 E-), am fischreichen See gl. St-, schöne Anlagen. l>. Fürstenti)- Birkenfeld. — Birkenfeld (Nahe, 2800 E.), Lteinschlciferei, Bieh- marktc. In der Umgegend von Oberstein (Nahe) AchalLrüche und Steinschleifereien. Kuiturbiid. Die wichtigste Erwerbsquelle der Bewohner bilden der Ackerbau und die Viehzucht, welche sorgfältig betrieben werden. Sehr ergiebig ist der Ackerbau im Marschlande, namentlich im Butjadinger-Lande (zwischen Jahde und Weser) und um Jever. Auch in Lübeck gibt der gute Boden reichen Ertrag; hingegen deckt in Birkenfeld der Ackerbau nicht den Be¬ darf. Der Waldboden nimmt nur an t2"/„ der Gesammtfläche ein, zu¬ meist in Birkenfeld und zum Theil im Geestlandes in den Marschen herrscht Holzmaugel, der aber durch unerschöpfliche Torfmoore ausgewogen wird. In den Marschen von Oldenburg und Lübeck mit den üppigen Wiesen werden vorzüglich Pferde und Rinder gezogen; im Geestlande herrscht die Schafzucht (besonders viel Haidschnucken). Bedeutend ist die Seefischerei. Der Bergbau, vorzüglich auf Eisen, wird in Birkenfeld betrieben. Wichtig ist die Gewinnung von Seesalz. — Die Industrie ist von geringem Be¬ lange. Berhältuißmäßig sind am stärksten die Garuspinnerei, Leinwand¬ weberei, Wollstrumpfstrickerei, danit Gerbereien, die Verfertigung von Holz- waaren, die Steinschleiferei u. a. m. Der wichtigste Jndnstrieort ist Varel. Viele Bewohner aus dem norddeutschen Tieflande (Hannover, Oldenburg) suchen während des Sommers ihren Verdienst in Holland („das Holland¬ gehen"), wo sie Torf stechen, mähen und an Deichen arbeiten. — Schiff¬ bau, Schiffahrt und Fischerei sind nicht bedeutend, dergleichen der Handel, obwohl die Lage hierzu günstig ist. Relativ am thätigsten hierin sind : Olden¬ burg, Varel, Elsfleth, Jever. — Die vereinzelten Wohnungen im Gcest- lande erschweren den Schulbesuch, und die Volksbildung ist daher geringer, als in manchen anderen deutschen Staaten. Uebrigenö wird an der Ver¬ mehrung von Schulen und an der Hebung der geistigen und materiellen Kultur des Volkes eifrig gearbeitet. 24. Das Herzogthum Braunschweig. 67 (^Meilen; — 294.000 Einw. (saft ausschließlich Protestanten). — Drei getrennte Gebiete und einige kleine Parzellen, u) Das nördliche Gebiet: Braunschweig, Wolfen- biittel, Helmstedt; — l>) das mittlere: Holzminden. Gandersheim,- — e) da« süd¬ liche: Blankenburg; — alle von Hannover, Preußen und Auhalt-Bernbnrg eingeschlosfen. Das Land. — Der südliche und der mittlere Theil sind gebirgig; der nördliche ist flach. Blankenburg und Gandersheim durchzieht der Wald- und nietallreiche Harz, mit weiten, gut angebauten Thälern und Höhlen mit Tropssteingebilden (Baumann's- und Bielshöhle). In den Kreis Holz¬ minden streichen Theile des Sollingerwaldes herein; das nördliche Gebiet gehört dem Tieflande an. Die Flüsse gehören zum Geäder der Weser und der Elbe. In die Weser ergießen sich: die Aller, Ocker und Leine; in die Elbe: die Bode und Ohre. Das Land hat sehr viele Teiche und einige Mineralquellen. Braunschweig (Ocker 45.LOO E-), alterthümliche, aber auch neue große Gebäude, wissenschaftliche Lehranstalten und Sammlungen; lebbaste Industrie (Leder, Pfefferkuchen, Bier, Chemikalien, Blechwaaren u. a.), starker Handel nach den Hansestädten und Eng¬ land, Bank- - Wolsenbüttel (Ocker, 9.400 E.), berühmte Bibliothek (einst Lessing 158 Bibliothekar); Garn- und Getreidehaudel. — H elm stedt, Fabriksstadt, Gesundbrunnen. — Holzminden (Weser), Baugewerksschule, Eisengießerei und Stahlwaaren-Fabri- lation, Schiffahrt, wichtiger Handelsplatz. Lutter am Barenberge, Tilly siegt über die Dänen 1626. — Blankenburg (am Harz), die „Teuselsmauer", die Bau¬ manns- und Bielshöhle; Marmorbruch. Kutturbitd. Braunschweig zeichnet sich sowohl durch den Reichthum seiner Ur¬ produktion, als auch durch ansehnliche Industrie und lebhaften Handel aus. Es ist ein reiches Getreideland; der Uebersluß in den nördlichen Lan- destheilen deckt nicht nur den Mangel des gebirgigen Südens, sondern liefert auch für den Export. Sehr bedeutend ist die Viehzucht, namentlich im Harze; bekannt sind das starke Hornvieh, die schönen Pferde, die ver¬ edelten Schafe. —- In Blankenburg, insbesondere im „Commnnionharze" sind der Bergbau und das Hüttenwesen sehr blühend. Die Ausbeute an Eisen, Blei, Silber nnd Kupfer ist relativ bedeutend; die Staatssalinen liefern Salz. — In der gewerblichen Industrie tritt neben der Verar¬ beitung der Landcsprodukte das Kleingewerbe überwiegend hervor; Fabriken bestehen nur in den größeren Städten. Außer der Garnspinuerei und Lein¬ wandweberei sind erwähnenswerth: die Oelmühlen, Branntweinbrennereien, Bierbrauereien, die Fabrikation von Tabak, Papier, Leder, Farben, Glas, Spiegeln, Porzellan, lackirten Maaren. Mittelpunkt für die Fabrikation und den Handel ist Braunschweig, eine der wichtigsten Handelsstädte Nord¬ deutschlands mit 2 stark besuchten Messen und bedeutenden Wollmärkten. Für den Flnßhandel ist Holzminden der Hauptstapelplatz. — Die geistige Kultur ist sehr ansehnlich, wie eö die große Anzahl' gut eingerichteter und stark besuchter Schulen zur Genüge beweiset. 25. u. 26. Die Fürsteiithnmer Lippe. u) Fürstenthlim Lippe (Lippe-Detmold); 20 ^Meilen, 108.500 Ein¬ wohner, Protestanten. — Von den Quellen der Lippe und Ems im Süd¬ westen bis zum linken Weser-Ufer im Nordosteu, durchflossen vom Flüßchen Werre. Größtentheils gebirgig (Fortsetzung des Teutoburger-Waldes), in den Thälern gut angebaut. Die Jahresproduktion der Landwirthschafl ist größer als der Bedarf der Bevölkerung. Ansehnliche Viehzucht (Rinder, veredelte Schafe, „Sennerpferde" in der Senner-Haide). Salz. Starke Leinenweberei nnd andere Industriezweige. Detmold (Werre, 6000 E), Residenz; in der Nähe die Grotenburg mit dem Her¬ mannsdenkmal. — Lemgo (LOOO E.^, lebhafte Industrie (Meerschaumpseifen). In der Nähe von Horn, auf dem Wege nach Paderborn), die merkwürdigen Extersteine, vier hohe Sandsteinselsen mit alten BNdnereien und Höhlen. — Salzquellen in Salzuslen; Badeort Meinberg. 5) Fürstenthlim Schlliimburg-LiPPe; 8 ^Meilen, 30.800 protest. Ein¬ wohner. — Vom Steinhuder-Meere bis in die Nähe der Weser an den Abhängen des Süritel. Thcils hügelig, theilö flach. Gute Landwirthschafl, viel Holz und Steinkohlen. Leinenweberei. Bückeburg (Aue, 4200 E.), Residenz, Gymnasium, niedersächsische Bank. — Stadt¬ hagen, Gesundbrunnen, Steinkohlen. — Ans dieser künstlichen Insel im Steinhuder- Meere die Festung Wilhelmsstein. — Eilsen, Schwefelquellen und Schlammbäder. 159 27. Das Herzogthilin Anhalt. 48 H)M. 193.060 Einwohner, säst ausschließlich Protestanten. (Nach dem Erlöschen der Linie Anhalt-Bernburg am l9. August 1863 bilden gegenwärtig die anhaltinischen Länder nur Einen Staat.) Die zwei getrennten Hanpttheile liegen nordwestlich von Sachsen nnd östlich von Braunschweig, säst ringsum von Preußen eingeschlosscn. Der größere östliche Theil ist flach, von der Elbe, Mulde nnd Saale bewässert; der kleinere westliche ist theilweise von den Vorbergen des Unterharzes durch¬ zogen. Fast gar Unmäßige Bodenkultur auf der linken Seite der Elbe; im Harzlande und in der sandigen Gegend von Zerbst unfruchtbarer Boden. Bergbau und Hüttenwesen nur im Harz; kein Salz. Wollen- und Baum¬ wollen-Industrie; der Handel relativ geringe. Dessau lMulde 16.300 E.), Haupt- und Residenzstadt, gute Lehranstalten; Industrie (Tuch, Leder, Bier), Wollhandel; Bank und Kreditanstalt, Mendelssohn hier geboren 1729. — Zerbst (11.400 E.), Fabrikation von Gold- und Silbergespinnsten, Pferde¬ märkte. — Köthen (12.000 E.), Gerbereien, Wollhandel und Bortenfabrikation. Bernburg (Saale, 12.200 E.), Hauptstadt, Getreidehandel. — Ballenstedt (4ö00 E.), gewöhnliche Residenz; Bierbrauereien, Töpferei. — Koswig, Tuchweberei, starker Tabakbau. Harzgerode, Silber-und Eisenbergbau. Im lieblichen Selketbale ans dem Wolfsberge die Ruinen der Burg Anhalt (Lsoaniu). 28- Das Großherzocsthnm Mecklenburg-Schwerin- 244 sD Meilen; S-,2.700 Einwohner, fast ausschließlich Protestanten; wendischen (slavischen) Ursprunges, aber vollständig gcrmanisirt. — Grenzen? Das Land. — Mecklenburg liegt im norddeutschen Tieflande, hie nnd da durchzogen von einzelnen Hügelketten (bis höchstens 570' hoch). Der größere Theil des Bodens (in Nordwest) ist fruchtbar; im Süden kommen Sandflächen und Torfmoore vor. — Das Land ist sehr wasserreich. Im Norden wird es von der Ostsee bespült, welche mehrere Buchten einschneidet (Wismar, Warnemünde (bei Rostocks u. a). Der bedeutendste Fluß, die Warnow, fließt in die Ostsee; die Elde und einige kleinere ergießen sich in die Elbe. Mehr als 300 größtentheils kleine Seen. Die größten sind der Müritz-, Plauer-, Schweriner-, Malchin-See; zahlreich sind die Schisf- fahrts- und Entwässerungskanäle. Schwerin (am See gl. N., 23.300 E.), Haupt- und Residenzstadt, schönes Restdenz- schloß; Lack-und Tabakfabrikatiou, Branntweinbrennereien, Essigsiedereicn. Dobberan, Seebadeort, Pferderennen. Ludwigslust, frühere Residenz. Güstrow (11.000 E.), Mittelpunkt des Binnenhandels (Landesprodukte, Wolle). Malchin, die Landtage werden abwechselnd hier und in Sternberg gehalten. Boitzenburg (Elbe), Elbehandel. Wismar (13.200 E.), wichtige Handelsstadt an der Ostsee, Schiffbau, Fischerei (von 1648 bis 1803 schwedisch). Jusel Poel. — Rostock (26.400 E.), Universität (seit 1419) und andere Lehranstalten; erste Industrie- nnd Handelsstadt (Gerberei, Tabak, Bier, Branntwein, Zucker, Schiffbau u. a.); Hafen Warnemünde an der Mündung der Warnow; Seebad. — Pachim (Elbe, 7000 E.), Handel mit landwirthschaftlichen Produkten. Basedow, berühmte Perde- und Schafzucht. Kullurbitd. Die wichtigste Nahruugsqnelle der Bewohner ist die sorgfältig be¬ triebene Landwirthschaft; dem Ackerbaue sind fast Z der Gesammt- fläche zugewiesen; der Ertrag übersteigt den Bedarf. Fast die Hälfte des Landes besteht in landesherrlichen Domänen; der unabhängige Bauernstand ist sehr geringe. Ausgezeichnet ist die Viehzucht; den ersten Rang nehmen die kräftigen Mecklenburger Pferde ein, welche auch vom Auslande stark gekauft werden. Die Zucht des Rindviehes, der veredelten Schafe, 160 dcr Schweine und des Federviehes ist bedeutend; der Handel damit ein an¬ sehnlicher. Dagegen besitzt das Land keine Metalle. In der gewerb¬ lichen Industrie ist nur das Kleingewerbe nenneuswerth, das in den Städten für den Lokalbedarf arbeitet. Fabriken gibt es wenige; die meiste industrielle Thätigkeit ist in Rostock. Wichtig sind der Schiffbau und die Fischerei. Bedeutender ist der Schiffahrtsverkehr und Handel auf der Ostsee und Elbe sowie im Inneren; die geographische Lage ist hierzu be¬ sonders günstig. Haupthanbelsplätze sind Wismar und Rostock. In der Volksbildung steht das Land zwar den meisten deutschen Staaten zurück; doch sind in jüngster Zeit hierin erfreuliche Fortschritte gemacht worden. 29. Das Großhcrzogthum Meckleulmrg-Streliy. 50 b^Meile; — 100.000 Einwohner, fast ausschließlich Protestanten. — Zwei durch Mecklenburg-Schwerin getrennte Gebiete; östlich davon: Herrschaft Stargard, - westlich: Herrschaft Ratzeburg. Der Boden ist durchaus flach, mit nur wenig Hügelketten, und jenem des benachbarten Großherzogthums gleich. — Der bedeutendste Fluß ist die Havel, welche mehrere Seen mit einander verbindet und ihren Lauf südwärts (nach Brandenburg) nimmt. Die Trave ist Grenzfluß gegen Lübeck, deß- gleichen deren Nebenfluß, die Wakenitz. Unter den sehr zahlreichen Seen ist der Tollensee der größte. Viele Kanäle. Die Landwirthschaft bildet die Hauptnahrnngsqnelle der Bevölkerung, insbesondere der treffliche Ackerbau und die sehr ansehnliche Viehzucht, welche den inländischen Bedarf vollständig decken und auch für den Export liefern. Metalle hat das Land keine; aber viel Torf und mehrere nutzbare Erdarten. Die Industrie ist unbedeutend; der Handel verhältuißmäßig lebhaft. Auch hinsichtlich der geistigen Kultnr walten die gleichen Verhältnisse vor, wie in Mecklenburg-Schwerin. Nen-Strelitz (Zirker-See, 7800 E.), Haupt- und Residenzstadt, in Form eines acht¬ eckigen Sternes erbaut, so daß die 8 geraden Straßen auf dem Markte Zusammentreffen; ziemlich lebhafte Industrie und Handel (Leder, Tabak, Bier; Pferdcmärkte). — Nen- Brandeubnrg (Tolleusee, 7000 E.), viel Industrie, Wollmärkte. Fürsteuberg (Havel), Getreide- und Butter-Handel nach Berlin und Hamburg. — Natzebnrg, nur der kleinere Theil davon ist mecklenburgisch (Domkirche, die Schul- und Collegiengebände, das Hospital). M Die Herzogthüiner Schleswig-Holstein. Schleswig: 16g ^Meilen, 410.000 Einw. Holstein: 155 ^Meilen, 961.000 Einw. Schleswig. Im Süden der jütischen Halbinsel, zwischen Jütland (N.), dem kleinen Belt und der Ostsee (O.), der Nordsee (W.), Holstein (S.); vom letztern durch die Eider und den Kieler-Kanal geschieden. Das Land besteht beinahe zur Hälfte aus Geestpflnglaud, etwa 30 ^M. nehmen Haiden und der Flugsand ein, auf das Marschland entfallen an 18 l^M., auf Moor- und Wiesengrund i5, auf den Waldstand an 7 ^M. Die Küsten sind sehr zerrissen und haben tief einschneidende Buchten. (Buchten: Kiel, Eckernförde, die Schleh, die Fjorde von Flensburg, Apenrade, Hadersleben, Kolding; —- im Westen: Eidermüudung, Husum). Bor beiden Küsten liegen zahlreiche Inseln. Die Flüsse sind außer der Eider unbedeutende Küsteuflüsse. — Ackerbau, Viehzucht, Fischerei, Schisfahrt und Handel sind die Hauptuah- xungszweige. 161 Orte: — Schleswig (12.200 E.), am Westende des verschlammten Meerbusens Schley, amphitheatralisch gebaut. Kathedrale mit dem Grabmal Friedrich'« I.; Hafen, Schiffahrt, Handel. Im Süden Reste des „Danewerk", des alten Grenzwalles (aus dem IX. Jahrhundert) zwischen Dänen und Deutschen. — Eckernförde, Seefischerei. — Flensburg (20.200 E.), der wichtigste Fabriks- undHandelsPlatz Schleswigs. - Die anmuchige Insel Alsen mit Stadt und Schloß Son der bürg. Holstein. Mitten im Lande zieht ein Höhenrücken, der bei Bornhöved eine Hochebene bildet, auf der die meisten Gewässer Holsteins entspringen) der höchste Punkt ist der Kalkberg bei Segeberg (270"). Ostwärts laufen wellenförmige Hügel aus, durch Wiesen, Moore und Landseen von einander getrennt. Die Westseite ist Marschland. Längs der Westküste (von der Elbe bis zur Eider) liegen Sandbänke („Watten"). An der Südwest- und Westküste gibt es zahlreiche Häfen. — Die wichtigsten Flüsse sind Elbe und Eider; zahlreich sind die Seen (Pläner-, Seelenter-, Gruber-, Westen- See u. a.). — Das Klima, dem des nördlichen Deutschlands ungefähr entsprechend, ist feucht, rauh und stürmisch. — Der Boden ist im Allge¬ meinen sehr fruchtbar, in den Marschen üppig. Nebst der rationellen Bodeu- cultur wird die Viehzucht vorzüglich betrieben. Die Industrie ist verhältniß- mäßig gering; sie reicht kaum für den inländischen Bedarf aus. Der Handel, in neuester Zeit durch Eisenbahnen gehoben, und die Schiffahrt sind ansehnlich Orte: — Glückstadt (au der Elbe, 5100 E.), Hauptstadt mit einem Freihafen. — Kiel (18.000E.), vortrefflicher Hasen, Dampfschiffahrtsverbindungen, Fischerei, lebhafter Handel, berühmte Messe („Kieler Umschlag"); Eisengießerei, Maschinenbau. Die im Jahre 1665 gestiftete Universität ist der Mittelpunkt des geistigen Lebens im Lande. — Rendsburg (9500 E., an der Eider), Festung und Handelsstadt. — Itzehoe (7400 E.), die älteste Stadt Holsteins, bedeutender Getreide- und Viehhandel. — Altona („all' zu nah", 53.000 E.), unmittelbar an Hamburg sich anschließend, sehr bedeutende In¬ dustrie, wichtige Handelsstadt mit lebhaftem Verkehr nach Amerika; Schiffbau, See¬ fischerei (auch Wallfisch- und Häringssang). Beim Dorfe Ottensee berühmter Kirchhof (Klopstock's Grab). — Oberselk und Jagel, Sieg der Oesterreicher über die Dänen (am 3. Febr. 1864), die Oesterreicher erstürmen den Königsberg. — Oeversee, siegreiches Gefecht der Oesterreicher über die Dänen (am 6. Febr. 1864), letztere ziehen sich in die verschanzte Sellung bei Düppel zurück. 31. Die freie und Hansestadt Lübeck. Das Staatsgebiet, etwa 6 ^Meilen groß, liegt sehr zerstreut und ist von beiläufig 55.000 (meist lutherischen) Einwohnern bewohnt. — Die Stadt Lübeck (32.000 E.) liegt an der Trave, 2 Meilen vor deren Mündung in die Ostsee (Travemünde, Hafen und Seebad). Zur Zeit der fränkischen Einfälle unter Ludwig dem Frommen erbaut, breitete die Stadt, das Haupt der mächtigen Hansa, im Mittelalter den Handel und die Schiff¬ fahrt großartig aus. Bon dieser Höhe ist Lübeck allerdings herabgesunken; doch ist der Handel nach den Ostseehäfen noch immer bedeutend, besonders nach Kopenhagen, Stock¬ holm und St. Petersburg, mit welchen Orten es direkte Dampfschiffahrt unterhält. Die wichtigsten Handelsartikel find: russische Produkte, Eisen und Holz (aus Schweden), Getreide (aus Deutschland), Wein (aus Frankreich), verschiedene Mannfakte des deut¬ schen Zollvereines. Die Industrie ist ziemlich ansehnlich (Schiffbau, Tabak, Wollwaaren, Maschinenbau, Oel, Leder, Essig, Branntwein, Lichter, Spielkarten n. a.). — Die Stadt Hal alte Baudenkmäler, namentlich Kirche»; mehrere wissenschaftliche und kommerzielle Anstalten nnd das Ober-AppellationSgericht der vier freien Städte. 32. Die freie und Hansestadt Bremen. Zum Staatsgebiete (3^ ^Meilen, 104.100 meist Protest. Einwohner) gehören außer der Stadt Bremen (Weser, 71.000 E.) die Hafengebiete Vegesack (Weser, Schiffbau und Eisengießerei) und Bremerhafen Kinn, Geographie. 7. Aich. 1, 162 (Nordsee, großes Auswandererhaus, Docks), dann Lilienthal (in Han¬ nover, mit berühmter Sternwarte) nnd andere Dörfer. Bremen bestand schon znr Zeit Karl's d. Gr. Hier konzentrirt sich der gesammte Verkehr des Wesergebietes sowohl für die Ausfuhr deutscher Erzeugnisse und Fabrikate, als für die Einsuhr fremder Produkte. Durch die Begründung von Bremerhafen (im I. 1830) ist die Bedeutung der Stadt ungemein gewachsen. Nächst Hamburg der wichtigste See¬ handelsplatz Deutschlands, große und unternehmende Handelsmarine; wichtiger Verkehr niit Amerika'; Aussendung auf den Härings- nnd Wallfischfang; Haupthafen für die Ueberfahrt der Auswanderer nach Amerika. Großartige Verarbeitung überseeischer Produkte, namentlich Tabak- nnd Zigarren-Fabrikation; wichtiger Schiffbau, Börse, Bremerbank, Norddeutscher Lloyd, See-Äffekuranz-Compagnien. Große und alterthümliche Gebäude, treffliche Lehranstalten für gewerbliche, kommerzielle und gelehrte Bildung. 33. Die freie und Hansestadt Hamburg. Das Gebiet der freien Stadt Hamburg (über 6 ^Meilen, 230.000 Protest. Einwohner) liegt an der unteren Elbe im norddeutschen Tieflande, und besteht aus 2 Städten, Hamburg (176.000 E.) und Bergedorf (2500 E.), 2 Marktflecken (Ritzebüttel und Kuxhafen, Seebad, Loot- senstation, vortrefflicher Hafen), über 50 Dörfern; mit Lübeck gemein¬ schaftlich besitzt es das Amt Bergedorf. Für die Landbevölkerung bildet die Landwirthschaft mit der Viehzucht die wichtigste Nahrungsguelle; in der Stadt herrscht großartiges kommer¬ zielles und industrielles Leben. Hamburg (Elbe und Alster) hat 2 Häsen für die Fluß- und Seeschiffe, großes Alsterbassin in dem schönsten Stadttheile (der „Jungferustieg"), viele Kanäle („Fleeten"), auf denen die Maaren bis vor die Magazine gebracht werden. Seit dem großen Brande (am 5.-8. Mai 1842, über 4200 Gebäude wurden zerstört) ist ein großer Theil der Stadt prächtig aufgebant; große private und öffentliche Gebäude (Michaelis-und Petri kirche, Schulgebäude mit Bibliothek uud Museum, Börsehalle, Zeughäuser, Waisen- und Krankenhäuser u. a.), Lehranstalten für gelehrte, kommerzielle nnd technische Ausbildung, Sammlungen und Vereine. Biele und großartige Fabriken (200 Zuckerrasfinerieu und Zuckersiedereien, Tabak, Zigarren, Eisengießereien, Maschinenbau, Wollen-, Leder- uud Papiersabrikation, Dampsmühlen, Scisen- u. Leimsiedereien, Bereitung von Schreib¬ federn n. a. in ). Hamburg ist der erste Handelsplatz des europäischen Kontinentes; die Stadt steht mit allen bedeutenderen Handelsländern der Erde in Verbindung, und Deutschland bezieht den größten Theil der Colonialwaaren über Hamburg. Den größten Seeverkehr unterhält es mit England, Frankreich, Nord-Amerika, Westindien, Süd- Amerika und Rußland; den Fluß verkehr mit den Elbestaaten. Zahlreich und ausge¬ breitet sind die Dampfschiffahrtsverbindungen, die privaten Assekuranzen und Agen¬ turen fremder Versicherungsgesellschaften nnd sonstigen Förderungsmittel des Handels (Börse, Banken, Handels- und Schiffahrtsverträge, Consularwesen u. a. m.). In allen Richtungen herrscht somit in Hamburg eine großartige Thätigkeit. Nachtrag. In Folge des im I. 1866 erfolgten Ablebens des Landgrafen von Hessen-Homburg fiel das Gebiet der Landgrasschaft an das Großhcrzogthum-Hcffcn. — Der Bogen Nr. 9 war schon gedruckt, und konnte diese Veränderung dort nicht mehr vorge¬ nommen werden. III. Die Schweiz. 740 riMeiw,, - 2,534.000 Einwohner, darunter über 1,420.000 Protestanten und 972.000 Katholiken. — Nach der Nationalität: 1,825.000 Deutsche, gegen 530.000 Franzosen, 143.000 Italiener, etwa 49.000 Romanen (in Granbündten). — Grenzen? Das Land. — Die Schweiz ist das höchste Gebirgsland in Europa. An V« sind Alpenland, der Rest entfällt auf die Hochebene und den Jura; Tiefland kommt gar nicht vor. Von den Alpen durchziehen Zweige der grafischen uud ein großer Theil der Centralalpen das Land, als: die 16.3 Walliser-, Adular-, Berner-, Glarner-, Vierwaldstätter-, Schwyzer-, Thur- und Graubündtner - Alpen (siehe auch S. 24). Große Schneeseloer und Gletscher, zahlreiche Kuppen und Bergspitzen (die höchsten in Europa), viele Alpenthäler mit wildromantischen Naturscenen, prachtvolle Wasserfälle und Seen gestalten dieses Land zum schönsten Gebirgölande Europa's. Leider sind die Thäler auch öfters Überschwemmungen, verheerenden Lawinen und Bergstürzen ausgesetzt. Vom Genfer- bis zum Bodeusee breitet sich im Halbkreise die fruchtbare, seenreiche Hochebene aus, im Westen begrenzt vom Kettengebirge Jura. In den ausgedehnten Schnee- und Gletscherfeldern sind die Quellen zahlreicher Flüsse, doch sind nur wenige schiffbar. Im Quellgebiete sind sie meist Wildbäche, welche, über Felsen herabstürzend, prachtvolle Wasser¬ fälle bilden (Staubbach bei Lauterbrunnen, Gießbach bei Briönz, Rheinfall bei Schaffhausen u. v. a.). Die wichtigsten sind: der Rhein mit den Nebenflüssen Thur und Aar (mit der Reuß aus dem Vierwald¬ stätter-, und der Limmat aus dem Zürcher-See); die Rhone durchfließt den Genfer-See; der Tessin geht durch den iuAo maMors (spr. inaäsoiiore) in den Po; der Inn mündet in die Donau. Unter den vielen Seen, von denen mehrere mit Dampfschiffen befahren werden, sind die größten: der Genfer-, Boden-, Neuenburger-, Vierwaldstätter-, Zürcher-See u. m. a. Auch an Heilquellen ist die Schweiz reich (Pfäffers, St. Moritz, Leuk). - In den südlichen Thäleru ist das Klima milde, auf der Hochebene ge¬ müßigt; in den höheren Alpenthälern folgt auf einen kurzen heißen Sommer ein langer, strenger Winter. Im Ganzen ist die Luft scharf und rein, das Klima gesund. Politische Eintyeilnng und Orte: Die Schweiz ist ein republikanischer Bundesstaat von 22 Kantonen, deren drei (Appenzell, Unterwalden, Basel) wieder in je 2 selbst¬ ständige Staaten getheilt sind. Jeder Kanton har seine eigene Versassung und Verwaltung ; an del- Spitze sämmtlicher vereinigter Kantone („Eidgenossenschaft") steht derBuudes- rarh mit einem Präsidenten. Die gesetzgebende Gewalt übt die Bundesversamm¬ lung aus, welche aus dem Nationalrath (120 Mitglieder) und dem Ständerath (44 Mit¬ glieder) besteht. Die Bundesbehörden haben ihren Sitz in Bern*). 1. Bern. — Bern (Aar, 29.600 E.), Bundesstadt, schöner Münster, Bundespalast, Universität, viele wissenschaftliche Sammlungen und Gesellschaften; Industrie und Han¬ del lebhaft. — Biel (Bieler-See, 4000 E.), getreidereiche Ebene. — Thun (Thuner- See), eidgenössische Militärschule. — Interlaken (zwischen Brienzer- und Thuner- See), Hauptstatiousplatz für Reisende und Molkenkurort. Thäler: Hasli-Thal, mit einem Sanniweg über die „Grimsel" in das obere Rhone-Thal, Zugang zum „Finsteraarhorn". — Lauterbrunnen-Thal, von der „Jungfrau", dem „Finsteraarhorn" und anderen hohen Bergen eingeschlossen, viele Wasserfälle (Stanbbachfall).— Grindelwald-Thal mit tief hcrabreicheuden Glet¬ schern, Weg auf das „Faulhorn". — Simm en-Thal, mit schönen Alpen, vorzügliches *) Den Grund zur „Eidgenossenschaft" legten die „Urkauwne" Uri, Schwyz, Unter¬ walden durch den „Bund der Eidgenossen im I. 1307; — bis 1353 traten dem Bunde bei : Luzern, Zürich, Glarus, Zug, Bern; — von l48i bis 1513: Freiburg, Solothurn, Basel, Schasshausen, Appenzell. Dieß sind die 13 „alten Kantone". Die 9 „neuen" sind erst seit dem Jahre 1803 beigetrcten. In sprachlicher Beziehung: „welsche Schweiz" (Tessin, zum Theil Graubnndten); „französische" (Wallis, Waadt, Gens, Neuenburg, zum Theil Freiburg); die übrigen Kantone die „deutsche Schweiz". — Zum größeren Theil katholisch sind: Solothurn, Luzern, Zug, Schwyz, Uri, Unterwalden, Freiburg, Wallis, Tessin; — überwiegend protestantisch: Glarus, Zürich, Schaff- hausen, Basel, Bern, Neuenburg, Waadt; — gemischt (paritätisch): GraubUndten, St. Gallen, Appenzell, Thurgau, Aargau, Genf. 11* 164 Hornvieh, berühmte Käsereien. — Emmen-Thal, sehr fruchtbar und wohlhabend, Emmenthaler-Käse. — Im Jura: das Erguel (oder St. Jmmer-Thal), gewerb- fleißige wohlhabende französische Bevölkerung, Uhrmacherei, Spitzenfabrikation. Mün¬ ster-Thal mit Eisenhämmern. 2. Zürich. — Zürich (Zürcher-See, Limmat, lllurionm, 20.400 E., mit den „Außen¬ gemeinden" 43.400 E.), geistiger Mittelpunkt der deutschen Schweiz, Universität, Poly¬ technikum, viele wissenschaftliche Sammlungen und Gesellschaften. Sehr wichtige Sei¬ den-, Baumwoll-, Maschinen-Jndnstrie. Z wingli (1520); Salomon Geßner (geb. 1. April 1730,-s- 2. März 1787), Lavater (geb. 15. Nov. 1741, st 2. Jan. 1801). — Winterthur (Vitollurnm, 6600 E.), eine der schönsten Schweizer-Städte; treff¬ liche Lehranstalten; bedeutende Industrie und Handel. Horgen, Wädenschwyl und mehrere andere sehr gewerbfleißige Orte am Zürcher-See. 3. Luzern. — Luzorn (Reuß und Vierwaldstätter-See, 11.600 E.), Handel, Dampf¬ schiffahrt. In der Nähe der „Pilatus"-Berg. — Sempach, Schlacht am 9. Juli 1386. — Das große fruchtbare Thal Entlibuch mit einer heiteren Bevölkerung, bekannt auch durch gymnastische Feste. 4- Uri- — Altdorf (unweit des Einflusses der Reuß in den Vierwaldstätter-See, 2000 E., Hafenort ist Fluelen. — Bürgten im Schächen-Thal, W. Tell's Geburtsort. — Das Urssren-Thal von der Furka zum Urner-Loch (ein durch Felsen gesprengter Stollen, St. Gottharts-Straße); — am Fuße des Axen-Berges hart am See die „Tell's-Platte"; am jenseitigen See-Ufer, am Fuße des Seelis - Berges die Berg¬ wiese „Grütli" (Bundesschwur 1307). 5- Schwyz. — Schwyz (5000 E.), am Fuße des Mythen-Berges. — Maria Ein¬ siedeln, berühmter Wallfahrtsort. — Brunnen, Hafen, Schiffahrt; hier schwuren 1315 die Urkantone den „ewigen Bund". — Bei Kitßnacht (am See) die „hohle Gasse" mit „Tell's Kapelle"; — der Rigi -Berg (5540' hoch), zwischen dem Vier¬ waldstätter-, Zuger- und Lowerzer-See, mit prachtvoller Rundsicht, ungemein stark von Reisenden besucht; — das alte Schloß Neu-Habsburg, Lieblingssitz Ru- dolph's von Habsburg; — das schöne Alpenthal Mnotta-Thal (Frauenkloster). — Am 2. September 1806 wurden 5 Dörfer (Goldau, Busingen u. a.) durch einen gewaltigen Bergsturz des Roßbergcs verschüttet. 6. Unterwalden. — (Obwalden;) Sarnen (8200 E.), Hanptort; das schöne Alpenthal von Engelberg mit Benediktiner-Abtei; das romantische Melchthal. — (Nid¬ walden:) Hauptort Stanz, Standbild Arnold's von Winkelried. 7. Glarus. — Glarus (4800 E.), durch einen furchtbaren Brand im I. 1861 ganz zerstört, dann regelmäßig nen anfgebaut. Enneda und Mollis, sehr bedeutende Industrie. — Näsels, Schlacht 1388. — Der Linthkanal verbindet den Wallen- stätter- mit dem Zürcher-See. 8. Zng. — Zug (3500 E.), freundliche Lage am Zuger-See; — Moorgarten, Schlacht 1315. st. Freiburg. — Freiburg (am hohen Felsenufer der Saane, 10.500 E.), alte Bauart, Kirche mit prächtigem Thurm und großartiger Orgel, Residenz des Titular-Bischofes von Lausanne (spr. Losün); gute Lehranstalten; zwei sehr hohe Drahthäligebriicken. — Greyerz (Grnyär, sp. Grü'jer), berühmte Käsebereitung.— Murten (Murten-See), Schlacht 1476. — Die sumpfige Landschaft zwischen dem Neuenburger-, Bieler- und Murten-See heißt das Uechtland. Ist. Solothurn. — Solothurn (Aar, 5500 E.); — 6astrum Soloäursnss (franz. Loleurs fsp. 8olöb>ss, Residenz des Bischoses von Basel, Zeughaus, ausgezeichnete Naturaliensammlung. — In der Nähe das romantische Vsronu-Thal. 11. Basel. — (Baselstadt:) Basel (Rhein, 38.000 E.), sehr reiche Stadt, Münster, Universität (gest. 1460), prot. Seminar; wichtige Seidenband- und Papiersabrikation; bedeutende Handelsstadt. Mathematiker Euler hier geb. 1707, st in St. Petersburg 1783; die Maler Hans Holbein (der ältere und der jüngere) lebten hier am Schlüsse des 15. und am Anfänge des 16. Jahrhunderts ; Concilinm 1431—1448; Friede 1795. Sieg der Schweizer bei St. Jak ob andcrBirs 1444. — (Baselland:) Liestal (2800 E.), Augst (nahe am Rhein, Luxnstu kaurnoorum). Saline Schweizerhall. 12. Schaffhausen. — Schaffhausen (Rhein, 8700 E.), wichtige Industrie. Beim DorfeLanseuder berühmte „Rheinfall". Geschichtsschreiber Johanne« vonMüller hier geb. 3. Januar 1752, st zu Kassel 29- Mai 1809. 13. Appenzell. — (Inner-Rhoden, kath.) Appenzell (2900 E.), viel Leinenindnstrie. — (Außer-Rhoden, protest.)Trogen (2600 E.) n. Herisau, viel Industrie, besonder« Weißstickerei- 165 14- St. Gallen. — St. Gallen (14.700 E.), ehemals berühmte, gesürstete Benediktiner- Abtei, gegründet vom heil. Gallus (630), wichtiges Archiv und Bibliothek (mittel - hochdeutsche Maunscripte); sehr bedeutende Industrie, ansehnlicher Handel. Rorschach (Bodensee), Haupthafen der Schweiz, Kornhaudeb Bad Psäffers (bei Ragatz) im wilden Tamiua-Thale. Grab des Philosophen Schelling. In der industriereichen Landschaft Toggenburg sind gewerbfleißige Orte Lichtensteig, Wyl, Wattwyl. Rapperschwyl (Zürcher-See), Brücke über den See, alle Burg der Grafen von Habsburg. 15. Granlmndteu. —Chur (Plessur, 7000 E., 6uria lilmstorum) , sehr bedeutender Transithandel. Reichen» n (Rhein); oberhalb Thusis beginnt die Straße via mal» durch eine der schauerlichsten Felsenfchluchten in der Schweiz. Sie führt über den Splügen nach Chiavcnna. Thäler: Das vorderezRheinthal mit vielen großen Scitenthäleru. — Das milde nud fruchtbare Rheinthal zwischen Chur und Maycufeld (in der Nähe der befestigte Engpaß Luziensteig). — Das Prättigau, ein wildromantisches Thal am Fuße der Rhätikonkette, bewässert vom Landquart. — Das Engadin, ein langes, herrliches Hochthal, bas Qncllenland des Inn, mit vielen Seitenthälern, schönen Dörfern, einer wohlhabenden romanischen Bevölkerung und den Badeorten St. Moriz und Tarasp. Der Majola-Paß verbindet das Engadin mit dem Bregblthal, der Bernina- Paß mit dem Puschlav, mehrere Jochübergänge nnd Pässe mit dem Veltljn und dem Rheinthal. — Das Münsierthal, Weg über bas Wormser-Joch in das Veltlin. — Das Misoxer-Thal zum St. Vernhardin-Paß. Bon Misocco an italienischer Himmel, ita- lienische Vegetation und Bevölkerung. — Die Landschaft Puschlav (Poschiavo), Hoch¬ land von Bernina bis zum Veltlin, im Süden italienischer Charakter. 16. Alirgan. — Aarau (Aar, 6000 E,), gute Lehranstalten, rationelle Laudwirthschast, lebhafte Judnstrie. Auf einer Anhöhe in der Nähe des Badeortes Schinznach stehen die Ruinen des Stammschlosses Habsburg. Baden (Limmat), warmeBäder, ehemals wichtige Habsburgische Festung (der „Stein"). Windisch an der Stelle des alten Viiräonissn, Hanptstapclplatz des helvetischen Handels unter den Römern. Königsfelden, ehemals Kloster, jetzt Spital, au der Stelle, wo Kaiser Albrecht im I. 1308 ermordet wurde. Sehr gewerbfleißig sind Zofingen, Aarburg, Zurzach, das Frick-Thal u. a. 17. Thurgau. — Frauenfeld (3500 E.), treffliche Landwirthschaft. Romanshorn, Hasen am Bodensee. 18. Tessi». — Bellinzona (2000 E.), Handel mit Seide und Vieh. — Locarno (See gl. N., 3000 E.) und Lugano (See gl. N., 5000 E.), ansehnlicher Handel nach Italien. Airolo an der St. Gotthards-Straße. 19. Waadt. — Lausanne (sp. Lösten, Genfer-See, 20.S00 E.), herrliche Lage, starker Fremdenbesuch, Mademie, wissenschaftliche Anstalten; Gold-, Silber- und Spitzen- arbeiten. Bei Morges (spr. Morsch) nnd Vevey (spr. WcwL) in reizender Lage ausgezeichneter Weinbau. Uverdon (Neuenburger-See), lebhafte Industrie, Handel; berühmte Erziehungsanstalt von Pestalozzi (1805—1825), dann von Niederer geleitet. Grandson (spr. Granßon, Neuenburger-See), Sieg der Schweizer über Karl den Kühnen 1476. Tabakfabrikation. Im Joux- (spr. Schn-) Thale aus- gebreitetc großartige Jnstnstrie. 20. Wallis. — Sion (oder Sitten, 3000 E.), Hauptort. Martig» y (oder Mar- tinach), Weinbau. Auf dem St. Bernhard ein Hospiz der k. ?. Augustiner zur Ver¬ pflegung der Reisenden. (Benützung der Hunde zum Anssuchen der im Schnee Ver¬ irrten.) Am Fuße der „Gemini", das berühmte heiße Leuk'er Bad. 21-Neuenburg (od. Neufchatel, sp. Nö'schaM). — Neuenburg (See gl. N., 10.400 E.), gute Lehranstalten, viele milde Stiftungen, Industrie und Handel. Großartige Industrie (Uhren, Goldarbeiten, Eisen- und Stahlwaaren, Spitzenklöppelei u. a.) in den Jura- thälcrn; Hauptsitze: I-n 6ünux äs konäs (spr. La schod'fon, 17.000 E.); 4,« I-ools (spr. Lö Lokl', 9400 E.); ValäsNrnvsrs (spr. Wal dö Trawör), eines der reichsten Schweizer-Thäler; Vulsugiu (spr. Walanschän) u. a. 22. Gens oder Otsusvs, (spr. SchnLf). — Genf (Genfer- oder Lemauer-See, 41.700 E.), prachtvolle Lage, Akademie, öffentliche nnd Privat-Lehranstalten, wissenschaftliche Samm¬ lungen und Vereine, reges geistiges Leben; großartige Industrie (Uhren, Bijonterie- waaren, Seide u. v. a.), schwnnghastcr Handel, viel Reichthnm. Das „kleine Paris". Calvin 1541; J. I. Rousseau (spr. Nußö) hier geb. 1712, ch 1794. 166 Kutturbitd. Dieses Hochgebirgsland mit den großen unproduktiven Flächen (Seen, Gletschern u. a.) kann trotz der im Allgemeinen fleißig und verständig be¬ triebenen Laudwirthschaft den Bedarf der dichten Bevölkerung nicht decken, nnd au des beuöthigten Getreides muß es ans Süddeutschlaud beziehen. Der ansehnliche Obstbau befriedigt den starken Cousum, auch wird viel Obstmost erzeugt und Obst in gedörrtem Zustande noch exportirt. Flachs, Hanf und Oelpflanzcn werden zumeist auf der schweizerischen Hoch¬ ebene, der Tabak in den Kantonen Freiburg, Waadt und Tessin gebaut. An¬ sehnlicher ist der Weinbau, besonders am Genfer-See (lu Goto, spr. la Kott, in Waat (Nhfwein), Neuenburg, in Schaffhausen, Thurgau, am Zürcher- See, im Nhciuthal nud in Tessin. — Einen Glanzpunkt bildet die Rind¬ viehzucht, gefördert durch die vortrefflichen Weiden in den Alpeuthälern und au den kräuterreichen Bergabhängen, wo die Alpenwirthschaft musterhaft betrieben wird und wo ans die Veredelung der Racen (Schwyzer-, Frei¬ burger-, Berner-Race) große Sorgfalt verwendet wird. Im Sommer wird der Stand der Rinder auf 900.000, im Winter auf 600.000 geschätzt; der Ab¬ satz geht hauptsächlich nach Italien. Berühmt ist die Butter nnd der Schweizer- Käse, der nach fast allen Theilen der Erde ausgeführt wird (gegenwärtige Produktion an 150.000 Ctr. im Jahre); vorzüglich der Emmenthaler (Bern), Gruyvres (Groyer, aus Freiburg) u. a. Sorten. Der Bergbau ist von geringer Bedeutung, da Metalle, namentlich edle, fast gänzlich fehlen. Die Eisengewinnung (im Jura) deckt kaum den halben Bedarf; an fossiler Kohle ist gleichfalls Mangel; der große Bedarf an Salz (insbesondere für den Käsej wird durch die heimischen Salinen kaum zum vierte« Theile gedeckt. Die Industrie hingegen steht auf sehr hoher Stufe. Die bedeu¬ tendsten Zweige sind die Baumwoll-, Leinen-, Seidenindustrie uud die Uhrenfabrikation. In der Baumwollindnstrie stehen am höchsten die Kantone Zürich (Uster, Winterthur, Wädenschwyl u. a.), Glarus (Glarus, Mollis), die Landschaft Toggenburg in St. Gallen (Will, Wattwyl u. a.), dann Frauenfeld, Schaffhausen u. a. Das Land verarbeitet über 26 Mill. Pfund Baumwolle im Jahre (über Ist, Mill. Spindeln); ausgezeichnet sind die feinen Gewebe und die Türkischroth - Färbereien (Glarus); diese Artikel werden nach der Levante und Indien abgesetzt. Für Leinen bildet St. Gallen den Mittelpunkt, so wie das benachbarte Appenzell, wo feine Stoffe und die berühmten schweizerischen Weißstickereien erzeugt werden. Die Fabrikation von Seidenwaaren ist in Zürich (Seidenstoffe) nnd Basel (Bänder) am großartigsten; der Werth der Schweizer Seiden-Fabrikate wird im Jahre auf mehr als 230 Mill. Francs geschätzt; die Erzeugnisse finden nicht blos in Europa, sondern auch iu Amerika guten Absatz. In der Uhren- fabrikatiou behauptet dieses Land den ersten Platz auf dem Weltmärkte. Der Hauptsitz ist Genf nebst Umgebung; dann sind berühmt die Jurathäler (Locle, La Chaux de fonds, Val Travers). Im Durchschnitte werden jähr¬ lich über 200.000 Taschenuhren, darunter über 80.000 goldene Damen- uhrcn erzeugt, und der Werth der exportirtcn betrug in letzterer Zeit im Jahresdurchschnitte an 100 Mill. Frcs. — Auch Stahlwaaren (in den Jura- thälern), Maschinen (Zürich, Schaffhausen), mathematische Instrumente (Aarau, Genf), Papier, Holzwaaren (Berner Oberland), Strohgeflechte u. s. w. erfreuen sich guten Rufes. IV7 Mit der großartigen Alpenwirthschaft und der sehr schwunghaften In¬ dustrie hält der Handel gleichen Schritt. Ausgezeichnete Land- und Alpen¬ straßen, ein ausgebreitetes Eisenbahnnetz, die Dampsschiffahrt auf den meisten Seen, zahlreiche Geldinstitute, viele Commanditen von Schweizer Häusern auf fast allen Handelsplätzen der Erde fördern den Verkehr im Innern und nach Außen. Der Durchfuhrhandel aus Deutschland nach Italien geht über den kleinen St. Bernhard oder über den Splügen. Die Einfuhr wird nahe au 500, die Ausfuhr an 550 Mill. Frcs. bewerthet. In Hinsicht der geistigen Kultur steht die Schweiz auf gleicher Stufe mit den benachbarten deutschen Staaten. Zürich steht in der deut¬ schen, Genf in der französischen Schweiz auf der höchsten Bildungsstufe. Der Elementarunterricht ist sehr gut bestellt. Zahlreiche Real- und Special- und die Kantonsschulen, sehr viele und gute Privatlehranstalten, Seminarien zur Heranbildung von Lehrern nnd Lehrerinnen sorgen für gewerbliche und gelehrte Bildung. Besondere Erwähnung verdienen die Universitäten in Zürich, Basel und Bern, die Akademien in Genf und Lausanne und das Eidgenössische Polytechnikum in Zürich. Ein erfreulicher Grad allgemeiner Bildung herrscht im ganzen Volke, das sich durch innige Anhänglichkeit und begeisterte Hingebung an die schöne Heimath auszeichnet. In Wissenschaft, Kunst und Industrie hat die Schweiz zu jeder Zeit tüchtige Männer besessen, und dieses Land gehört somit in materieller wie geistiger Beziehung zu den hochkultivirten Staaten unseres Erdtheiles. IV. J t a l i c u. Bestandtheile und Bevölkerung. Italien wird gewöhnlich in drei Theile eingetheilt: Oberitalien, wozu Sardinien, die Po-Ebene nud die Herzogthümer Parma nnd Modena gehören; — Mittelitalien: Toscana, der Kirchenstaat und San Ma¬ rino; — Unteritalien: das Königreich beider Sicilien. *) Nach dcu officiellen Ausweisen und der Eintheilung vom November 1859. **) Durch Decret des Königs von Sardinien vom 18. März 1860 sind Parma, Modena, Toscana und die Romagna (b. i. die päpstlichen Legationen: Forst, Bologna, Ferrara und Ravenna), im Winter 1860/61 das Königreich beider Sicilien mit Sardinien annexirt worden. Diese Annexion ist von einigen Mächten anerkannt worden; die legi¬ timen Souveräne haben dagegen protestirt. Sardinien hat das Herzogthum Savoyen nnd die Grafschaft Nizza an Frankreich abgetreten. In diesem Leitfaden ist in der Topo¬ graphie die alte Politische Eintheilung beibehalten worden. Nahe an der Halbinsel sind Bergland, welches den Alpen und den Apenninen angehört. Die Alpen ziehen westlich vom Bocchetta-Passc (spr. Bokketta) bei Genua längs dem Golfe von Genna (See-Alpen); dann nord¬ wärts als Grenze zwischen Italien und Frankreich (kottische und grajische Alpen); endlich nach Osten als Scheidewand Italiens gegen Frankreich, die Schweiz und Deutschland (penninische, lepontinische, rhätische Alpen). — Im Osten der Bocchetta beginnen die Apenninen, welche sich durch die ganze Halbinsel bis zu den Vorgebirgen Cap di Läuca (Apulien) und Cap Spar- tivento (Calabrien) ziehen, und dann nach ^-icilien übersetzen. Anfänglich bilden sie eine vom Ligurischen zum Adriatischen Meere streichende Kette; — den Apenninen in Mittelitalien sind an der Westseite mehrere niedere Pa¬ rallelketten vorgelagert; — im Hochlande der Abruzzen spalten sie sich in die apulischen und calabrischen. Von den Alpen im Norden und Westen, von den Apenninen im Süden eingeschlossen, breitet sich die fruchtbare Tiefebene des Po ans. Kleinere Ebenen sind: die toscairische am unteren Arno; — die römische (anm- paKrm eil Roma, spr. campanja...) mit den pontiuischeu Sümpfen längs der Küste des tyrrhenischen Meeres; — die campanische zwischen den Golfen von Gaöta und Salerno, aus welcher sich der Vesuv erhebt; — die apulische im Südwesten des Golfes von Manfredoma. Die Inseln sind meist gebirgig. Die Halbinsel wird vom mittelländischen und vom adriatischen Meere bespült. Die West- und Südküste sind mehr gegliedert als die Ostküste; erstere haben gute Ankerplätze und Häfen. — Der größte Fluß ist in Ober- italien der Po (Nebenflüsse: Tessin, Adda, Oglio, Mincio u. a.); in Mittel¬ italien der Arno (Florenz) und die Tiber (Rom); in Unteritalien der Gärig liano (spr. Gariljano) und Volturno; überdieß zahlreiche kleinere Küstenflüsse und einige Seen. — «sumpflandschaften sind der Gesundheit schädlich, so die Sümpfe von Commachio (spr. Kommakio, Po-Mündung), die Maremmen am Ombrone (in Toscana) und die pontinischen Sümpfe (im Südwesten des Kirchenstaates) *). Im Klim a herrschen bedeutende Abstufungen. Die mildeste Luft haben nebst Sicilien und der campauischen Ebene noch Genua und Nizza, wo ein kürzer Schneefall zu den Seltenheiten gehört, während die Apenninen häufig vom October bis Anfangs Mai mit Schnee bedeckt sind. Auch die Po-Ebene und die in diese ausmündenden Alpenthäler haben mildes Klima, großen Pflanzenreichthum, edle Früchte. Gegen Süden nehmen die Sommerregen ab, dagegen die Herbst- und Winterregen zu. Der ermattende warme Wind Sirocco ist vorherrschend. Verfassung, politische Eintheilung und Orlc. — Die Staaten Italiens, haben, mit Ausnahme von San Marino, eine monarchische Staatsform. — Monaco steht (seit 1815) unter dem Schutze Sardiniens. — Der Kirchen¬ staat ist eine geistliche Wahlmonarchie, deren Oberhaupt, der Papst, von *) Römische sztuhnamen: Etsch ---- Po ----I'mtus; Tessin ----wioimis; Adda --- ^ääu»; Oglio --- OIUus; Mincio -°- Llinoiim; ArnoXrnus; Ombrone — Itmdro; Tiber --- wibvris; Garigliano -- INri»; Volturno ---- Voiturmm; Osanto — LuiUriö. — Seen: Gardasee --- 1-aous Leimens; Jseosce--- I,. 8evii>n«; Comosee I-, I-arius; Lago Maggiore — Vsrb-mus; See von Perugia I-. wrrmimoitns. 169 den Katholiken als das sichtbare Oberhaupt der christlichen Kirche, als Nach¬ folger des heil^,Petrus und Statthalter Christi auf Erden anerkannt wird *). t -OsRstiitN. Äs-, besucht- aus : -Füe ste nchn mk Piemont M't dem Le-rzogth- MoMvrratz.—-dem Her-zogthnme Genu«; — e) der Lombardei; — DkklM) dcr.Lnfel Sardinien--p i Äl^Tnrill (ital- Torluo, K05.000 E., Lii8U8tn Hurinorum, am Po), sehr regel¬ mäßig gebaut, schöne Straßen, große Plätze- lange Bogengänge,, prächtige Paläste; viele reiche und herrliche Kirchen (Santa Croce, S. Giovanni u- a-); zahlreiche wissenschaftliche Anstalten, Universität, Akademie der Wissenschaften, k- Museum mit ägyptischen Alterthiimern, Militär- und Marine-Akademie; Arsenal, Bank, Börse, Münze, prachtvolles Theater; bedeutende Industrie in Sammt, Bändern, Tapeten, Fayence, Eisen- und Stahlwaaren u. a.; Industrieschule für Arme. — Alessandria (am Tarno, 56.600 E-), starke Festung, im Jahre 1168 von den lombardischen Städten gegen Friedrich Barbarossa gegründet. Berühmte Messen. In der Nähe Mar eng o, Schlacht am 14. Juni 1800. — Im Gebirge, bei Aosta (L-uZusta l?rastoria) trennen sich die Wege über den kleinen und großen St. Bernhard; Napoleon's Neber- gang über den letzteren im I. 1800. — Vereelli (Vsroolluo, 25.000 E.), Schlacht auf den raudischen Feldern 101 v. CH. — Novara (27.600 E.); Schlacht im I. 1513, und Radetzky's Sieg am 23. März 1849; schöner Dom, blühende Industrie. Asti (30.800 E-), Cnnco (23.000 E.>, Mendovi (17.000 E.), ansehnliche Jn- dustricorte. Im Lago maggiore liegen die reizenden Borromäischeu In sein. 128.000 E-, itäk. Nouöva ----- Dschsnvwa), äiuphitheatralisch am steilen Abhange des ligurischen Apennin gebaut; hat nur wenig fahrbare Straßen, die meisten sind eng, von vielstöckigeu Häusern eingefaßt und führen auf- und ab¬ wärts, sind hie und da durch Treppen verbunden, Felsenspälteu sind überbrückt. Viele Prachtbauten: der Dom, Kirche Auuuziata, Sau Lorenzo; der kgl. Palast (ehemals Dvgen-Palast); Universität, Marine-Akademie, Navigationsschule; die älteste Geldbank (seit 1407), Börse, See-Arsenal. Berühmte Industrie (schwarze Seidenstoffe, Sammt, Korallen-, Alabaster-, Gold- und Silberwaaren, Stickereien, Kunstblumen u. a.). Vor¬ trefflicher Hafeu; regelmäßige Dampfschiffahrt nach allen Häfen des Mittelmeeres. In der Umgebung prachtvolle Landhäuser. — Spezzia hat den größten natürlichen -Hast» M Eypppg. .... ... o) Mailand (Milano, Nackivlnnum, 196.200 E.), in schöner Fruchtebcue zwischen den Flüssen Olona und Lambro au schiffbaren Kanälen, die den Tessin mit der Adda verbinden. Das Aussehen dieser ost zerstörten und wieder anfgcbauten Stadt ist modern und stattlich. Zahlreiche Kirchen und schöne Paläste; unter den ersten der berühmte Dom (begonnen im I. 1386 vom deutschen Baumeister Heinrich Arler von Gmünd), zwar widersprechende Baustyle, aber vorherrschend gothisch, ans weißem Marmor mit 4500 Bildsäulen und durchbrochenen Thürmchen, auch im Innern prachtvoll (Grabmal des heil. Karl Borromäus). Institut der Wissenschaften und Künste in der „Brera", Bibliothek, Gemäldegallerie, Münz- und Medaillenkabinet, Sternwarte, ambrosianische Bibliothek; großes Theater (della Scala); Musik-Con- servatorium; Friedens-Triumphbogen (aroo ckolla paea) uud andere Prachtbauten. Lebhafte Industrie in Seide, Bijouterien, Wagen, Glasmalerei, Zucker, Tabak u. a. Die bedeutendste Handelsstadt in Oberitalieu, insbesondere für Seide, Reis und Käse. Aus der Straße nach Pavia das berühmte Karthäuferkloster La Ccrtüsa mit einer der prachtvollsten Kirchen in Europa.—Monza (Lambro, 22.000 E.h die Domkirche *) Der Papst wirb von den Kardinalen ans ihrer Mitte im Conclave durch eine Mehrheit von chz Stimmen auf Lebenszeit gewählt. Oesterreich, Frankreich, Spanien und Neapel besitzen hierbei eine ausschlicßende Stimme (sententia oxolusiva), d. h. sie haben das Recht, einen der Kardinälc als zur Papstwahl nicht zulässig zu bezeichnen. Der zum Papste Wahlfähige muß ein Italiener sein, keiner großen Familie angehören, keiner frem¬ den Macht den Kardinatshut verdanken, mit keiner regierenden Familie verwandt sein und mindestens das 55. Lebensjahr zurückgelegt haben. Der Nengewähltc nimmt einen anderen Namen au (mit Ausschluß des Namens Petrus) und wird einige Tage nach der Wahl vor der St. Peterskirche in Rom mit der dreifachen Krone „Tiara" gekrönt. Gegenwärtig regiert Sc. Heiligkeit Pius kx., der 2Atz. Papst seit dem heil. Petrus; früher Maria Graf Mastni- Feretti, geb. zu Sinigaglia am 13. Mai 1792, als Papst gekrönt am 21. Jnni 1846. - ° -> o 170 ehemals Aufbewahrungsort der „eiserner Krone", prächtiges Schloß mit Park und ausgezeichnetem botanischen Garten; Handel mit Laudesprodnkten. — Como (6omum, 21.000 E.), reizende Lage am Como-See, reich an Wein, Oel und Südfrüchten; der marmorne Dom eines der prächtigsten Werke lombardischer Baukunst; die Heimath der beiden klinius. — Varäse, sehr schöne und gesunde Gegend, Samin clplatz^eS reichen lombardischen Adels, großartige Seidenspinnereien und Seidenhandel. Landschaft Brianza (an 12 ^Meilen groß mit 160.000 E.>, mit dem lieblichei^U" "Städtchen Canlü, reich an Natur- und Knnstschönheiten, liefert die beste Seide iu großer Menges— Chiavenna oder Cläven (LIuvsunn) am Fuße des Splügen, über welchen Nne Kunststraße in das Rheinthal (nach Chur) in der Schweiz führt (Splügen-Joch 66970- — Von Bärmio oder Worms geht die herrliche Straße über das Wormser- und Stilffer-Joch nach Tirol, die höchste Straße in Europa (Stilffer-Joch 86280, merkwürdig durch den kunstvollen Ban und den Rcichthnm an Naturschönheiteu. — Sondrio (a. d. Adda), Hauptort des bis 1797 zu Grau- bündtcn gehörigen Beltlin (Bal Teglino). — Bärgamo lUsrAniuuiu, 38.800 E-), im Mittelpunkte des Seidenbaues, wichtige Industrie in Seide, Wolle und Eisen; schwunghafter Handel, große Messe; wissenschaftliche und Kunstiustitute; Geburtsort des Dichters Bernardo Tasso. — Brescia (spr. Breschia, Ilrixin, 40.500 E.), be¬ rühmte Fabrikation in Eisen- und Stahlwaaren, besonders Waffen, dann Sciden- kultur; schöne Kathedrale, Bisthum; große Seidenmesse. - Pavia (Divinum, am Tessin, 30.500 E.), alte Hauptstadt des longobardischcn Reiches; berühmte Universität (gest. 1361), reiche wissenschaftliche Sammlungen, lebhafter Handel mit Landespro¬ dukten. König Desiderius von Karl d. Gr. gefangen 774, desgleichen Franz I. von Frankreich von Karl V. im I. 1524. — Lodi (an der Adda, 20.000 E.), Käse- bereitnug und Käsehaudel (Parmesankäse). Crema und Cremona (31.000 E.), ansehnliche Fabriks- und Handelsorte; in letzter Stabt Violinen-Fabrikation (Cremo- neser-Geigm). öl) Cagkiari (Seestadt, Ä.000 E.), Erzbischof, Universität, Salinen, Fischfang, Seehandel. — Sässari (25.000 E.), Erzbischof, Universität, Festung. Die Insel ist gut bewässert, fruchtbar, aber schlecht angebaut; viel Holz, schöne Pferde, viel Seesalz, starke Fischerei. Die Bewohner im Innern der Insel roh (Blutrache); fast keine Industrie, schlechte und. wenige Straßen, geringer Verkehr. 0. Monaco: befestigter Hauptort AN. 4 Menton e, Hafenstadt. A-Puuutu. — Parma (47.500 E.), schöne, reinliche Stadt, wissenschaftliche Samm- lungen und Bildungsanstalten, Universität, Sternwarte; einige Industrie, lebhafter '-Handel. — Piacenza (löluosutin, am Po, 39.400 E.), Festung. In der Nähe Mzronkalische Ebene, auf welcher die deutschen Kaiser Reichstage hielten; und Campo morto an der Trebbia, wo Hannibal im I. 218 v. CH. die Römer schlug. — Mädcna (LIutins., 55.600 E.), schöne Stadt, prächtiges Schloß, be¬ rühmte Sammlungen. -Reggio (spr. Redscho, 50.400 E.), Seidenindustrie, natur¬ historisches Museum. Geburtsort des Dichters Ariosto (geb. 1474). In der Nähe die Trümmer des Schlosses Canossa (Heinrich IV. Buße 1077). — Correggio (spr. Co>redscho), Geburtsort des Malers Aut. Allcgri (Correggio, geb. (494). M-der Enste die Herzogtümer Massa und Carrara mit Kunst-Akademien, berühmte Marmorbrüche (carrarischer Marmor). ftr-VsÄMa. — Florenz (am Arno, ital. Firsnze, lat. bllt-routin, 115.000 E.), die neue Haupt- und Residenzstadt des „Königreich Italien", in fruchtbarer, reizender Gegend, eine der schönsten Städte in Europa (la bslku). Prächtige Kirchen (Kathedrale St. Maria del Fiore, die St. Lorenzkirche mit den Begräbnissen der Medici und dem berühmten Battisterio, die Kirche zum heil. Krenz mit den Grabmälern von Daute, Michel-Angelo, Macchiavelli, Galilöi u. a.); große Paläste, durch architektonische Schönheit und Kunstwerke aller Art ausgezeichnet; IMIasso Dltti, früher großherz. Residenz, mit herrlicher Gemäldegallerie; xul. üo^Ii uktiss. mit einer der ersten Kunst¬ sammlungen der Erde (Medicöische Venns, Gruppe der Niobe, andere Antiken); die IvM--. ilsi kaust, die schönste Hauptwache der Erde. Universität, Loouelemio, äslln " «rusou, Lpceum der Mnsik, Akademie der bildenden Künste; überhaupt vorzügliche Sammlungen für Wissenschaften und Künste. Industrie in Seide, Strohflechterei, Kunst¬ blumen, plastische Arbeiten in Marmor, Alabaster, Mosaik und Korallen. — Liv orno (96.500 E.), Freihafen; Handel mit der Levante, Odessa, in Colonialwaaren, englischen, französischen und schweizer Manufakten; regelmäßige Dampfschifsahrt nach Marseille, Malta, Neapel und der Levante; viel Inden, dann Armenier, Griechen und Türken. Die Industrie stets wachsend. — P i s a (am Arno, 51.000 E.), im Mittelalter Haupt- 17l stadt eines blühenden Freistaates mit 150.000 E.; Universität, schöner Dom, der berühmte schiefe Thurm, der herrliche Gottesacker (uampo sauto) mit alten Fresco- gemälden; Vaterstadt Galilei's. In der Nähe warme Schwefelbäder. — Sisna cknli», 22 WO E.), Erzbischof, Universität, prächtiger Dom, ansehnliche Fabrikation, Siegelerde; ehemals Hauptstadt eines Freistaates mit 100.000 E. — Lucca (05.500 E.), in herrlicher Gegend mit dichter und fleißiger Bevölkerung (die Gypsfigurenhändler aus Lucca in ganz Europa), ehemals Republik (von INO—1805); Erzbisthum; wichtige Vieh- uud Seidenzucht; Seidcnfabrikation, starker Oelhandel. — Pistoja (Oistoiia, 12.000 E.), Eisenwerke, Straße über den Appcuuiu nach Modena. — Arezzo (^rrstinm, 37.000 E.), Geburtsort des Dichter« Petrarca (geb. 1304) und des Noten-Erfindcrs Guido von Arezzo.—Die gebirgige Insel Elba, reich au Eisen und Wein, starker Fischfang. Napoleons Aufenthalt 1814—1815. Hauptort und Festung Porto Ferraio (Eise nhafen), große Salinen. 6. .tr ir.cheustaast — Rom (Koma, an der Tiber, lt>7.loo C-), die „eivlge, einzige" Stadt, eine Weltstadt, wie es in diesem Sinne keine zweite gibt. Hier stand die (753 v. Ehr. gegründete) große Metropole des heidnischen Römerrciches, und hier ist nach Besiegung des Heidenthums der Mittelpunkt der christlichen Welt, denn der Statt¬ halter Christi auf Erden, der Papst, hat hier seinen Sitz. An beiden Ufern der Tiber auf 12 Hügeln erhebt sich die Stadt voll großartiger Bau- und Bilderwerkc des Alterthums', reich au Kirchen (328) uud Palästen mit herrlichen Kunstschätzen. Die St. Peterskirche, die größte und prachtvollste auf der Erde, mit dem Grabe der Apostelfiirsten (h. Petrus und h. Paulus) und der berühmten, auf 4 kolossalen Pfeilern ruhenden Kuppel; vor der Kirche der St. Peters-Platz, der schönste auf Erden, mit kreisförmigem Sänlengaug uud kolossalen Statuen*) — Die eigentliche Haupt- Pfarrkirche des Papstes ist St. Johannes im Lateran (omuium eeolssiurum nrbis et oi-bis luatsr st suput) mit der überaus prächtigen Kapelle Corsini, dem Battisterio (Taufe von Juden und Türken am Charsamstage). Andere berühmte Kirchen sind: die St. Pauls-Kirche, 8t. Llarin all mart^rss (das Pantheon des heidnischen Nom, eine Rotonda), St. Onofrio am Hügel Gianicolo (spr. Dschanäcolo, llnuieulus) mit Tor¬ quato Tasso's Grab; die deutsche Nationalkirchc 8t. Maria cksll' auiwa, deren Pfarrer Oesterreich ernennt, u. v. a. Päpstliche Paläste: der Batican, der größte Palast in Europa (22 Höfe, 220 Treppen, 4422 (nach anderen Angaben über 11.000s Zimmer und Säle, aber in der Regel nnr zur Zeit des Conclave bewohnt) mit der Sixtini¬ schen und Paulinischen Kapelle, den Logen und Sälen mit Raphael's unsterblichen Meisterwerken; die berühmteste Bibliothek mit wichtigen Handschriften; Gemälde¬ sammlung; erste Antikensammlnng der Erde im Belvedere (Laokoon, Apollo vom Belvedere, der Torso n. a. m.); Musenm Chiaramonti, Gregorianum u. a. — Der Lateran, bis 1304 päpstliche Residenz. Der Quirinal (Nouts 6-rvaUv), gewöhn¬ liche Residenz Sr. Heiligkeit. Man zählt überdies; über 60 große Paläste und nicht weniger prächtige Landhäuser (Villen, — vilia kor^llsss) mit Gärten, ausgezeichnet durch Bauart, Pracht- und Kunstwerke. Die Engelsburg (Oastolio cki 8aut ^u^slo), aus dem Grabmal Hadrians (molss Ilüäriaui) entstanden, mit dem Erzengel Michael (aus Bronze) auf der Spitze, dient als Arsenal, Staatsgefäuguiß, Archiv, Aufbe¬ wahrungsort der päpstlichen Kleinodien. Campidoglio an der Stelle des alten Oapi- tolurm mit vielen Kunstwerken. Zahlreiche Ueberreste von Tempel», Amphitheatern, Bädern, Triumphbögen, Säulen, Obelisken, Katakomben u. s. w. Bedeutende wissen- schaftliche Anstalten; Universität; OollsAium , 29.000 E.), Grabmal des Papstes Gregor VII.; ehemals be¬ rühmte mcdieimfche..Schu1e..Bei-Snruo die berühmten Tempelruinen von kusstnm. b) Abruzzo. — Aquila (14.000 E.), befestigte Stadt. Tcramo, Seidenspinnerei. S u lm o n.,a,(8nImstz,..Qv.idL Geburtsort. c) Apulien. — Lecce (19.000 E.), malerische Lage, Oelhandcl. Tarüuto, . Bari und Manfreddnia, ansehnlicher Seehandel. Brindisi (Srunäusinm), ehe¬ mals berühmter, jetzt versandeter Hafen. Foggia (fpr. Fodscha, 34.000 E.), bedeutende Messe. - ----- ü) Calabrieu. — Reggio (spr. Redscho, 30.600 E.), reiche Handelstadt an der Straße von Messina (Scylla und Charybdis). Cosenza (I4.ooo E.), Fabrikation 173 von Eismwaareu, Thonwaarcu. In der Nähe der Fluß Bisenzio (Snssnto) , in welchem der Gochenkönig Alarich begraben wurde. V enosa (Vsnusimn), Geburts¬ ort des Horaz. Catanzaro, Seidenfabrikation, Oelban. s) Insel Sicilien. — PMriltS (200.000 E.), in früMVarer Gegend, regelmäßig gebaut; prachtvolle Kathedrale ; Kapnzinerkloster mit berühmter Gruft; Grabmal Kaiser Friedrich 11. Griechische Denkmäler, großer k. Palast mit berühmter Sternwarte, Uni¬ versität, Navigationsschule. Bedeutende Industrie (Seidenzeug, Leder, Wachs, Korallen), lebhafter Handel. Dampfschiffahrt. Rosaliensest im Juli. — Messina (Llassunu, 103.400 E.), Universität, Seidenindustrie, wichtiger Handel mit Südfrüchten. Catania (Outuusa, 69.000 E.), am stidostl. Fuße des Aetna, Universität, viele römische Alter- thümer, Seidenindustrie, Handel. Siracusa (8)-rLensirs, 19.000 E.), Ruinen der alten berühmten Stadt Syracus; Kathedrale, große Steinbrllche. Girgenti (spr. Dschirdschenti, Lbri^sntum, 19.000 E.), Ruinen des alten Agrigent; Schwefelminen, Wein-, Oel-, Gctreidehandel. Trapani (27.000 E.), Festung, Salzwerke, wichtige Industrie (Korallen-, Elfenbein-, Alabaster-, Marmorarbeiten n. a.). — Marsala (31.400 E.), Marmor, Wein, Seesalz. — Caltanisetta 17-000 E.) und Castro Giovanni, ungemein reiche Schweselgruben. — Die Liparischen Inseln (im Norden von Sicilien) sind vulkanisch; die Aegadischen liegen unweit der Westspitze; die Insel Pautelaria, nur 6 Meilen von Afrika entfernt, resch au Wein, Rosinen, Feigen. Kutturbitd. Der Boden Italiens ist von der Natur reich begünstigt und bringt ohne große Anstrengung in der Bebauung einen Uebersluß der gewöhnlichen Ackerprodukte hervor. Der Norden Italiens ist in Hinsicht derLandwirthschaft, der Industrie und des Handels, sowie des sich daran knüpfenden Wohlstandes und der geistigen Kultur dein Süden überlegen. Weizen, Mais, Maulbeer¬ bäume und Wein gedeihen in großer Menge in ganz Italien. In Ober¬ italien ist der Reis nebst Weizen und Mais charakteristisch, dann der Kastanien- und der Maulbeerbaum; — der Oelbaum, Südfrüchte und Sü߬ weine beginnen erst jenseits der Apenninen in Mittelitalien, doch haben auch Nizza und Genua die gleichen Produkte; Orangen werden erst allgemein von Neapels Nordgrenze; — Tropenprodukte kommen nur im äußersten Süden vor, in Unteritalien, wo die Baumwollstaude, Mandeln, Feigen, Datteln, Granatäpfel u. dgl. gedeihen. Die Wälder in den unteren Regionen der Apenninen sind reich an immergrünen Bäumen (Pinien, Cypressen, Lorbeer, Myrten); im höheren Appennin und in den Alpen stehen Eichen, Buchen und Nadelhölzer. Die Thiere spielen in Hinsicht der Physiognomie des Landes keine so wichtige Rolle als die Pflanzen; mit Ausnahme des Büffels, der als Lastthier viel verwendet wird, kommen die übrigen europäischen HauS- thiere vor; mir der Esel und Maulesel sind viel zahlreicher. Dem Bergbanc wird nicht die wünschenswertheAufmerksamkeit zu¬ gewendet; er bietet keine große Mannigfaltigkeit. Die Ausbeute an edlen Me¬ tallen ist kaum nennenswert!). An Eisen hat Elba den größten Reichthum; auch die Lombardei, Parma und Calabrien liefern einiges; doch ist die Eisengewinnung lange nicht ausreichend für den Bedarf. Für Sicilien und die liparischen Inseln ist der Schwefel ein wichtiger Exportartikel. Reich ist das Land an Marmor (Carrara, Massa, Pisa, Siöna) und einigen nutz¬ baren Erdarten. 3n der Industrie ist Italien von der hohen Stufe, auf der es ehemals gestanden, sehr herabgckommen. Eine Concurrenz mit den übrigen europäischen Staaten, deren Lehrmeisterin diese Halbinsel in manchen Ge¬ werben gewesen ist, vermag sie nicht mehr auszuhalten. Große Jndustriebe-- zirke gibt es gar nicht; nur einzelne Orte liefern in einzelnen Artikeln Aner- 174 kennendes, und hierin haben die Lombardei und Piemont die meisten Fort¬ schritte aufzuweiscn. Die wichtigsten Jndustrieprodukte sind: Seidenwaaren, Korallenarbeiten, Glas- und Thonwaaren, Bijouterien, Seife, Strohhüte, Papier, Kunstblumen, Essenzen u. a. m. Im Handel hat Italien seine welthistorische Bedeutung, die es im Mittelalter inne hatte, eingebüßt, seitdem der Atlantik die Hauptstraße für den Welthandel geworden ist. Deßungeachtet ist er noch ansehnlich nach der Levante und Nordafrika, nach Westeuropa, der Schweiz und Deutschland. Genua, Livorno, Civitavecchia, Neapel, Messina, Palermo, Gallipoli und Ancona vermitteln den Seeverkehr; Turin, Mailand, Florenz, Rom, die Messen zu Sinigalia und Foggio sind für den Binnenverkehr wichtig. Die Bevölkerung ist sehr ungleichmäßig vertheilt. Die dichteste ist in der Umgebung von Lucca (8400 — 1 ^Dt.) „„d Lombardei H7660); die dünnste auf Sardinien (etwa 1240). In nur wenigen Ländern gibt es verhältnißmäßig so viele und so große Städte als in Italien. Einst beherrschte Italien durch Waffengewalt und materielle Macht fast die ganze damals bekannte Erde; später war Italia die Wiege europäischer Kultur, die Wiedererweckerin wissenschaftlichen Lebens, die Heimat der Künste, die Beherrscherin des Welthandels; seit 18 Jahrhunderten ist Rom die Metropole des Christenthums, der Brennpunkt des christlichen Glaubens, dessen Strah¬ len bis in die entferntesten Länder der Erde reichen. Seit jeher war also dieses Land von hoher Bedeutung für die Entwickelung der Völker. Leider steht Italien jetzt nicht mehr auf jener hohen Stufe. Die geistige Bildung dieses reichbegabten Volkes ist eine geringe, der Stand des öffentlichen Un¬ terrichtes nur in Norditalien und Toskana ein theilweise befriedigender. Ver¬ hältnißmäßig ist in den Naturwissenschaften noch am meisten geleistet worden. Daß einzelne strebsame Geister auch in unseren Tagen als würdige Stützen und Träger der Wissenschaft emporragen, ist nicht zu leugnen; aber die große Masse des Volkes wächst vielfach fast ohne allen Unterricht auf. Für gelehrte Bildung bestehen relativ ziemlich viel Anstalten, obwohl von den vielen Uni¬ versitäten mir sehr wenige sich den deutschen Hochschulen nähern. Für die technische und kommerzielle Ausbildung geschieht wenig. Auf dem Gebiete ver¬ schönen Künste behauptet Italien (Nom, Florenz, Venedig) immer noch einen hohen Rang, wozu nebst der glücklichen Begabung des Volkes und nebst ver¬ herrlichen Natur die vielen Kunstanstalten und Schätze, welche in Kirchen, Palästen, Museen und Gallerien von der einstigen Größe des Landes Zeug¬ nis; geben, sehr viel beitragen. Gelehrte und Künstler bereisen dieses schöne, historisch wichtige Land, welches immerdar von Einfluß für die geistige Ent¬ wickelung der Menschheit bleiben wird. Vl Das Königreich Spanien. In Europa: OiWO^MrTkkn : (in den Colonien: 5846 OM, 4,729.000 Eiuw.)*)' fast ausschließlich Spanier (V- Mill. Basken; Reste der Mauren; deutsche Colonistenp — Katholiken. — Grenzen? Düs Land. — Die hesperische Halbinsel ist ein zusammenhängendes Hochland, in welchem vier von Osten nach Westen streichende Gebirgszüge *) In Afrika 24 oMestm 17.000 Einwohner. .... 2507 - „ 2,700.000 ' " Dommgos-SA.4 „ 2,lW,0W ,, 175 besonders hervortreten. Der nördlichste und südlichste Gebirgszug haben Hochgebirgscharakter, die zwei mittleren begrenzen zwei Hochebenen. (Siehe S. 26, Nr. 3.) Die Tiefebenen an den Küsten sind von geringer Aus¬ dehnung; die aragonische am unteren Ebro, die andalusische am unteren Guadalquivir. — Der atlantische Ocean und das Mittelmeer bespülen das Land und schneiden mehrere Golfe ein. (Cadix, Cartagena, Valencia.) — Die Flüsse, welche im Sommer wasserarm sind (die kleinen trocknen ganz aus), ergießen sich in die beiden Meere. Dem Atlantik fließen zn: der Min h o (zum Theil Grenzfluß gegen Portugal), Duero (Spaniens größter Fluß), Tajo, Guadiana und der (wichtigste und wasserreichste) Guadalquivir; in das Mittelmeer der Segura, Xucar, Guadalaviar und der schiff¬ bare Ebro. Größere Landseen gibt es nicht. Unter den wenigen Kanälen ist nur der Kaiserkanal (von Karl V. begonnen) von Bedeutung. — Das Klima ist sehr verschieden. Der nördliche Landestheil ist sehr bewässert, bäum- und wiesenreich und hat mildes Klima; das Innere Spaniens ist dürr, im Winter kalt, im Sommer heiß, ausgebrannt, fast ganz baumlos; die südliche sehr heiße Zone erzeugt Südfrüchte und feurige Weine. Während auf den Hoch¬ ebenen die mittlere Jahreswärme etwa 15" k. beträgt, ist diese an den Küsten nm ein paar Grade höher, in Granäda und Andalusien steigt die Sommer- Wärme fast zur afrikanischen. Die Regenmenge ist eine geringe. Winde sind: im Nordwesten der kalte Galego, im Süden der erstickend heiße Solano. Politische Eittthciluug mW Orte: Dir Gesanmituiouarchie wird administrativ in 49 Provinzen eiugethcilt; gebräuchlicher ist dir historische Eiutheilung in Länder der Kronen von Častili en und Aragonien, die Landschaften Navarra und die baš¬ ki scheu Provinzen; endlich die überseeischen Colonien. 1. Castilieu. f ' 1. Kgr. Nencastilien: Madrid (am Manzanares, E.), Haupt- und Residenzstadt, ans einer wasserarmen Hochebene. Prachtvoller k. Palast; Universität, mehrere Akademien und gelehrte Institute, Kunstsammlungen, Gemäldegallcrieu. Große Cigarrenfabrik, sonst nicht viel Industrie. Schone Spaziergänge (kracko), Amphitheater für Stiergefechte. Kgl. Lustschlösser, darunter El Escoria! mit prachtvollem Kloster (erbaut von Philipp II. nach dem Siege von St. Quentin sspr. Sän Kantäus im I. 1557). Begräbnißort der spanischen Könige; reiche Bibliothek, Gemäldesammlung. Toledo (Tajo, (8.000 E.), ehemalige Residenz der maurischen Könige, Sitz des ersten ErzbischofeS von Spanien. — Almadäu, das reichste Quecksilberbergwerk in Europa. — Alcala (am Henares), Universität, Geburtsort des Cervantes (geb. 1547). 2. Kgr. Alt castilieu: Vnrgo s (26.000 E.), prächtige Kathedrale, Geburtsort des berühmten Cid. — Segovia (am Gnadarama-Gebirge), Fabriken; Trajan's gro߬ artige Wasserleitung. — Santandör (31.000 E.), befestigter Hafen, Export von Mehl und Weizen. 3. Kgr. Leon: Valladolid (spr. Waljadolid, 44.000 E.), ehemalige Residenz; Fabriksstadt. Salamanca (15.000 E.), berühmte Universität; viele Ueberreste römischer nnd maurischer Bauten. Leon, schönste Kirche Spaniens; Eisenindustrie. CiudLd Rodrigo, Grenzfestung gegen Portugal. Wellington's Sieg 1808. 4. Fürsteuth. Asturien: Ovibdo (29.000 E.), Universität; Wiege der spanischen Monarchie. 5. Kgr. Galicien: Corunna (spr. Kornnja, 30.200 E.), und Fer ick, die besten Kriegshäsen Spaniens. Sau Jago de Compostella (27.000 E-), prächtige Kathe¬ drale, Wallfahrten zum Grabe des heiligen Jacobus d. jüug. 6. Landsch. Estremadura: Badajoz (spr. Badachos, 23.000 E.), Kathedrale mit großer Orgel; prachtvolle Brücke; Grenzfestung; Sieg der Engländer I81t. Merida (lümsritu Luj-rnUa), viele römische Alterthümer. — Im Kloster von San Inste verlebte Kaiser Carl V. seine letzten Lebenstage. 7. Andalusien: Sevilla (spr. Sewilja, am Guadalquivir, , be¬ rühmte Kathedrale nut dem hohen Giralda-Thnrme; Alcazar, der Palast der mauri- 176 scheu Könige, arabische Wasserleitung; großes Amphitheater zu Stiergefechten; Börse mit reichen Urkunden über die spanischen Entdeckungsreisen; größte Tabakfabrik in Europa; sehr lebhafte Industrie, bedeutender Handel. — Cadix (spr. KLdis, 72.000 E.), eine der stärksten Festungen in Europa, Kriegshafen, Seehandel, Arsenal, Schiffswerste. — Vom Hafen Palos fuhr Columbus 1492 ans seine erste Ent¬ deckungsreise aus. — Tercs de la Frontera (spr. Heres, 39.000 E.), berühmter Oel- und Weinbau (Sherrh-Wein). — Cürdova (42.000 E.), sehr alte Stadt, war zur Zeit der Mauren seit 756 Sitz eines Kalifen; großartiger Dom mit 16 Thürmen und 100 Kapellen; Prachtvolle Brücke; schwunghafte Leder- (Corduan) und Seidenin¬ dustrie. — Cap Trafalgar, Sieg Nclsou's 1805. — Die Festung Gibraltar gehört den Briten. 8. Kgr. GrauLda: G ranäda (67.400 E.), romantische Lage in äußerst frnckü- --barer Gegend; Ueberreste alter Pracht; Alhambra, Palast der maurischen Könige; Universität; berühmte Kathedrale. — Malaga vortrefflicher Weinbau. '9. Kgr. Murcia: Murcia MLOSNM), Seidenkultur und Seideniudustrie; Car¬ tagena (6knrtu§o NOVA, 22.200 E-), Kriegshafeu; unter den Romern die reichsten Silberbergwerke. ik. Aragonien. 1. Kgr. Arag onien: Zaragoza (oder Saragossa, 67.500 E-), steppenartige Ebene am Ebro; Festung; Universität; Manufakturen, Belagerungen durch die Fran¬ zosen 1808 und 1809. 2. Fürstth. Catalonien: Barcell E.), erste Fabriks- und Han¬ delsstadt Spaniens (Eisen- und Stahlwaaren, Waffen, Baumwollindustrie). Tara- gou a uud Tortosa (25.000 E.), Handelsstädte. — Zwischen Catalonien und Frank¬ reich, in einem Hochthale der Pyrenäen, liegt die Republik Andorra mit 16.000 Einwohnern, welche Viehzucht, Eisenindustrie und Holzhandel treiben. 3. Kgr. Valencia: Valencia (108.000 E.), in sehr fruchtbarer Gegend; stark besuchte Universität; lebhafte Industrie (Seide, Seife, Papier, Tabak), starker Handel. Alicante (31.200 E.), wichtiger Handel, Weinbau. — Murviedro steht au der Stelle des alten 8Aguntum. IN. Navarra: Pamplona (23.000 E.), starke Festung. IV. Baskische Provinzen: Bilbao (18.000 E ), guter Hafen, Wollhandel. — San Sebastian (16.000 E.), Fabrikation in Eisen, Tabak, Leder; Seehaudel, Grenz- sestnng. — Victoria, Waffeufabriken, Wellington'« Sieg 1813. Balearische Inseln: Mallorca, mit der festen Hauptstadt Palma (53.000 E.); Menorca mit der Hauptstadt Port Mahou. Die Pythyuseu-Juseln: Ivica und Formeutcra. Colonien. u) In Afrika: Die Presidios, 4 feste Plätze au der Küste, der größte Cöuta, gegenüber von Gibraltar. Stadt und Provinz Tetuan. — Die Canarischen ^nnd Guiuea-Juseln. b) j In Amerika: Die großen Antillen: Cuba und Portor ico, die spanischen Jungferninseln und St. Domingo. o,s In Asien: Die Philipinen. ä) In Australien: Die Marianen^ Kuiturbitd.' Der Bodenkultur wird in Spanien bei weitem nicht die wünschens- werthe Sorgfalt zugewendct, denn nnr wenig mehr als die Hälfte des Landes ist angebaut. Dürre des Bodens und Wassermangel sind allerdings Hemm¬ nisse, die jedoch durch Bewässernngsaustalten und Kanäle theilweise behoben werden könnten. Ungeachtet des weder rationell noch fleißig betriebenen Acker¬ baues deckt die Produktion iu der Regel den Bedarf an Getreide; in guten Jahren wird davon noch exportirt. Im Norden werden Weizen und Roggen, in den Niederungen Reis, im Süden Südfrüchte, Oel und Wein gebaut; für Safran ist es das wichtigste Land in Europa. In neuester Zeit ist der Landhandel sowie der Bergbau sehr im Aufschwünge begriffen. In der Viehzucht nimmt die veredelte Schafzucht den ersten Rang ein (über 19 M. 177 Schafe); die spanischen Schafe (morinos) gehören zu den vorzüglichsten und deren Wolle ist ausgezeichnet; die Wolle geht stark nach England. Vorzüglich sind ferners die Andalusischen Pferde; ausgebreitet sind die Seidcnraupen- und Bienenzucht. Im Alterthume soll das Land sehr reich an Silber und Gold gewesen sein; nach der Entdeckung von Amerika wurde der Bergbau in Spanien arg vernachlässigt; in neuester Zeit wird ihm abermals mehr Sorgfalt zugewendet. Besonders erheblich ist die Ausbeute an Blei, Queck¬ silber und Eisen, dann an Kupfer, Silber und Steinkohlen. Sehr reich ist das Land an Salz. — In der Industrie nimmt Spanien keine hervor¬ ragende Stelle ein, die einheimische Production deckt noch nicht den Bedarf; doch ist auch hierin ein Fortschritt sichtbar. Die Hauptsitze des eigentlichen Fabrikswesens sind Catalonien und die baskischen Provinzen. Die Baum- woll- und Seidenindnstrie sind in raschem Aufblühen begriffen; die Schaf¬ wollindustrie steht aber noch in keinem Verhältnisse zu der Menge und Qualität des heimischen vortrefflichen Rohstoffes. Ziemlich bedeutend, obwohl nicht ausreichend, ist die Fabrikation von Metallwaaren, zumeist in Biscaha. Berühmt sind die Ledergärbereien (Cordova). Erwähnenswerth sind noch Tabak und Papier. — Der Handel Spaniens hat die Wichtigkeit, welche ihm die Entdeckungen in der neuen Welt und die Geschäftsverbindungen mit beiden Indien verschafft hatten, längst verloren; doch gestaltet sich die Ge¬ genwart auch hierin freundlicher. Der Hauptverkehr ist mit den ameri¬ kanischen und afrikanischen Colonien. Der Binnenhandel ist ob Mangels entsprechender Kommunikationen noch ziemlich beschränkt. — Auch die gei¬ stige Kultur hat jene Wandlungen durchgemacht, die auf dem Gebiete der materiellen Thätigkeit angewendet worden sind. Von der Höhe des 15. und 16. Jahrhundertes herabgesunken, durch äußere und innere Kriege und Kämpfe in dem Fortschritte aufgehalten, begann erst seit 1840 ein reges Streben nach Hebung der geistigen und materiellen Interessen. Doch ist der Bildungs¬ grad im Ganzen ein noch geringer; die Mittelschulen und die 9 Universitäten stehen den deutschen Anstalten weit zurück; für technische und kommerzielle Fachbildung ist noch viel zu wenig geschehen. Bei der geistigen Begabung der Nation und den redlichen Bestrebungen der Regierung in der Gegenwart steht jedoch ein Aufschwung in der materiellen und geistigen Kultur der Nation in sicherer Aussicht. Das Königreich Portugal. In Europa: meist katholische Einwohner (in den Colonien Über 25.000 ^Meilen mit 0,687.000 Einw.*); Portugiesen, dann Gallegos (Gallicier), Engländer, Franzosen, Deutsche u. a.). — Grenzen? Das Land. — Portugal ist der westlichste Abhang des phrenäischen Hochlandes, welches sich von Osten nach Westen neigt. In diese geneigte Hochfläche schneiden die 4 bedeutendsten, aus Spanien kommenden Flüsse Minh o, Douro, Tejo und Guadiana die Hauptthäler ein, aus welchen *) Colonien: u) Inseln (Azoren, Madeira) . 70 0M. 342.000 E. b) in Afrika (Cap-Verdische Inseln, Senegambien, An-- gola, Benguela, Mozambique n. s. w.) 24.839 „ 2,399.000 „ e) in Asien (Goa, Diu, Makao, auf Timor rc.) . 200(?)„ 1,288 000 „ Klun, GMraWe. 7. Aufl. 12 , 178 B r a g a (M.OOO E.), — o Ev or a 7 ^stärkste Festung; Handel mit SpaniemHaro (10.000 E.), Tavira (il.000 E. Prov. Die Gruppe der Azoren (9 Inseln), vulkanischer Natur, mit mildem Klima. Der Ackerbau ist nicht erheblich; dagegen viel Wein, vortreffliche Südfrüchte, lebhafter Handel. Die wichtigsten Hafenplätze sind: aufTerceira: Angra (10.600 E.), auf S. Miguel: Punta Delgado (13.100 E.). Die vulkanische Gebirgsinsel Madeira, mit dem Hauptorte Funchal (17-400 E.), Die Inseln des^grüuen^Vorgebir^es (capverdische) sind ungesund und wenig sich die rauhen Bergmassen erheben. Zwischen Minho und Douro ist die Serra de Montezinho; zwischen Douro und Tejo die Serra Estrella; zwischen Tejo und Guadiana die Serra de Monhique bis zum Cap St. Vincenz. — Größere Landseen kommen nicht vor. — Das Land liegt in der Zone des Oelbaumes und der Südfrüchte; die Küstenstriche werden durch Seewinde abgekühlt, im Inneren herrscht afrikanische Hitze. Schnee und Hagel sind Seltenheiten, aber Regen und Gewitter häufig. Erdbeben haben öfters Verheerungen angerichtet (Lissabon am l. November 1755). Politische Eintheiliing und Orte. — Die Gesammtmonarchie wird in 8 Provinzen eingetheilt, von denen 6 ans das Festland, 2 auf die Inseln entfallen. Bemerkenswerthe L^rre sind: Lissabon (Tejo-Mündung, w" prachtvolle Lage, aber sehr unreinliche Stadt; viele Kirchen und Klöster; mehrere Paläste; seit dem furchtbaren Erdbeben (1755) nicht ganz hergestellt. Königl. Residenz und Sitz eines Patriarchen; Akademie. Zahl¬ reiche prachtvolle Landhäuser (Quinta's). Wichtig für den Handel, der sich fast ganz in den Händen der Engländer befindet. Kriegshafen mit dem Fort Belem, wo die Schifte anlegen. Bank, Börse, Schifsswerftc; große Wasserleitung von Alcantara. — Setuval (14.000 E), Salinen, Wein- und Südsrüchtenhandel. — Santarärn "lFTejo), ehemals Residenz vieler portug. Könige, königl. Grabmäler; Hauptwaftenplatz- E^Cv'tmbra (18.200 E-), Universität/-— Porto oder O portojMouro, 86.3OOE.), . starker Handel mit Wein (Portwein), hauptsächlich nach Englands ' 5 ' 7" """ " ' V/Erzbischof; Fabrikation.^ Bra ganz«, Stammschloß der Königsfamilie. '^(12,000 E.), Erzbischof; Weinhandel; römische Altcrthllmer. — 'ClvaS (4 Algarve), bedeutender Fischfang, lebhafter Handel. Ackerbau ist nicht erheblich; dagegen viel Wein, vortreffliche Südfrüchte, lebhafter Handel. Die wichtigsten Hafenplätze sind: aufTerceira: Angra (10.600 E.), auf S. Miguel: Punta Delgado (13.100 E.). hat ein gleichförmiges, sehr gesundes Klima und ausgezeichneten Weinbau. fruchtbar; Hauptprodukt ist Salz^. Der Boden ist sehr fruchtbar, das Klima günstig; die Bodenkultur jedoch eine höchst geringe. Kaum der Gesammtfläche entfällt auf das Ackerland und die Produktion deckt kaum den Bedarf. Der Reisbau gewinnt an Ausdehnung. Reich ist das Land an edlen Südfrüchten (in Algarve) - und vortrefflichen Weinen (Oporto, Setuval). Besser ist die Viehzucht s bestellt, insbesondere die Zucht der Schafe, des Rindviehes, der Esel und Maulesel. Der Bergbau ist fast ganz vernachlässigt. An Seesalz werden große Mengen gewonnen. Die Industrie beginnt sich zwar zu heben, allein sie befriedigt jetzt weder durch die Quantität noch durch die Qualität der Produkte. Die industriellsten Orte sind Lissabon und Oporto, namentlich in den verschiedenen Zweigen der Webe- und Wirkwaarenindnstrie. Der äußere Handel, ehemals großartiger Welthandel, beschränkt sich gegen¬ wärtig auf die Seeplätze Lissabon, Oporto, Setuval und Faro, und für den Verkehr mit Spanien auf Elvas; er ist beim Import fast ganz in den Hän¬ den der Engländer. Der Verkehr kann sich bei dem schlechten Zustande der ungenügenden Kommunikationsmittel noch nicht entwickeln. Auch in geistiger Beziehung weiset Portugal kein erfreuliches Bild. Mangel an Schulen und der geringe Besuch derselben treten überall hervor. Jetzt beginnt man zwar gn der Errichtung von Mittel- und Spezialschulen zu arbeiten; die Universität 179 zu Coimbra, das Polytechnikum in Oporto, mehrere nautische, Ackerbau- und Handelsschulen beleben die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, welche an den ernstlichen Bestrebungen der Regierung eine Stütze findet. - A— Das-Kaiserthum Frankreich. In Europa: 10.035 ^Meilen, 37,500.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (nahe an V- Mill. Protestanten, 270.000 Israeliten); — Algerien: 7100 ^Meilen, 3 Mill. Einwohner (meist Muhamedaner); — sonstige Colonien in Afrika, Amerika, Asten und Australien: über 8860 ^Meilen, 1,060.000 Einwohner. — Grenzen? Das Land. — Frankreich liegt zwischen 2 Meeren (dem Atlantik und dem Mittelmeere) und 2 Hochgebirgen Europas (den Pyrenäen und den Alpen). Getrennt von den beiden Gebirgssystemen erhebt sich Hochfrankreich (oder das südfranzösische Bergland), welches durch Plateau-Landschaften mit dem nördlichen deutschen Berglande in Verbindung steht. Mehr als die Hälfte des Landes ist theils wellenförmige Ebene, theils Tiefland. Grenzgebirge: Die Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien, reich an Schneefeldern und Gletschern, mit Jochübergängen nnd Kunststraßen. — Im Südosten sind Grenzgebirge die Alpen und der Jura. Zum Alpen¬ gebiete gehören: zwischen dem Mittelmeere und der Durance (spr. Düranß) die Seealpen; — zwischen den Thälern der Durance und der Jsöre die keltischen (mit den Kunststraßen über den Mont Gensvre sspr. Mon Schnövrs und M. Cenis sspr. Sems); — zwischen der Rhone und Jssre die grafischen Alpen (M. Olan, 12.960'). — Zwischen den Thälern der Rhone, Saone (spr. Ssohn) und Doubs (spr. Du) zieht sich das Grenz¬ gebirge Jura. Inneres Bergland: Im Westen des Rhonethales erhebt sich Hoch¬ frankreich (Cantal 5700', Mont L'or 5800'). Die Sevennen ziehen bis zum Kanal von Languedoc; gegen Norden ziehen 3 Bergketten: a) die Gebirge von Lionnais (spr. Lionnä) und Charolais (spr. Scharolä) zwischen der Rhone und der Loire (spr. LoLr); — st) von Forez (spr. Foreh) zwischen Loire und Allier (spr. Aljeh); — o) das Hochland von Auvergne (spr. Owernj). Im Norden von Hochfrankreich ist das Cote d'or, welchem nördlich das Plateau von Langres (spr. Lang'r) nnd nordöstlich jenes von Hochburgund vorgelagert sind. Ersteres geht in das Hügelland von Lothringen über, an welches sich der Ar denn en Wald und das west-rheinische Bergland mit den Vogesen anschließt. — Im äußersten Westen erheben sich die Bergland¬ schaften der Bretagne und Normandie. Zwischen den letzten und den früher genannten Berglandschaften breitet sich das Platean von Orleans aus, welches sich zu den Tieflandschaften der Seine (spr. Ssehn) und der Loire herab¬ senkt. — Der Küstenstrich zwischen den Mündungen der Adour (spr. Aduhr) und der Gironde (spr. Schirond) ist Haideland (st,68 Ianäs8 — spr. leh land'); von der Gironde- bis zur Loire - Mündung sind Sand- und Moor¬ flächen. Am Mittelmeere ist die durch landschaftliche Reize und Fruchtbar¬ keit bekannte provenyalische (spr. provanßalische) Tiefebene. Im Westen der Rhone-Mündung sind jedoch Sumpfgegenden, im Osten das unfruchtbare Kieselfeld Crau (spr. Kroh). 12* 180 In die genannten Meere ergießen sich die Flüsse Frankreichs, von denen über 100 schiffbar, und die bedeutendsten die Loire, Seine, Ga¬ r'on ne und Rhone sind. (Sieh' S. 28.) Der Rhein bildet eine Strecke die Grenze, und nimmt aus Frankreich die Mosel und Maas auf. Auch die Schelde hat hier ihre Quellen. Landseen von Bedeutung gibt es nicht in Frank¬ reich. — Sehr verzweigt ist das Kanalsystem. Die größten Kanäle sind: der Südkanal (Kanal von Languedoc) verbindet die Garonne mit dem Mittel¬ meere; — der Kanal du centre (— Kanal dü ßant'r) zwischen der Loire und Saone; Kanal von Burgund (Seine — Saone — Rhone); — Kanal zwischen Rhone — Saone — Rhein; — zwischen Rhein — Seine; — zwischen Seine — Oise (spr. Oahs) — Schelde u. a. Das Klima ist im Allgemeinen gemäßigt, milde. An den Südküsten ist italienisches Klima mit Oelbau; im Norden etwa wie im nördlichen Deutschland; in den Gebirgsgegenden ist es rauh. Politische Einthcilmig und Orte: Frankreich war ehemals in 36 Provinzen, ge¬ schichtlich in 21 Landschaften, cingctheilt. Jetzt zerfallt es (mit Savoyen und Nizza) in 89 Departements (sp. Döpart'man'), welche meistens nach Flüssen und Gebirgen benannt sind. Uebersichtlicher ist die Eintheilung nach Provinzen. 1. Jslc de France (— Jl de franst'): Paris (I-Ntetia lOarisiorum) an der Seine, 1,900.000 Einw., stark befestigt, Residenz des Kaisers, Sitz der höchsten Staats¬ behörden, eines Erzbischoses. Zwischen der Stadt nnd den Vorstädten sind die Boule¬ vards (Bul'war') mit eleganten HStels, Kaffeehäusern, Kaufladen, zugleich Spazier¬ gänge. Große mit Monumenten gezierte Plätze (Caroussel-Platz, Eintrachtsplatz vor¬ dem Tuileriengarten mit dem Obelisk von Luxor, Vendüme- (Wandvm) Platz u. a.), Gothischer Dom (Notre Dame, aus dem 12. Jahrh.). Jnvaliden-Dom mit Napo- leon's Gruft, Magdalenenkirche; der schönste Kirchhof der Erde kors la Llmios (sp. Per la Schaß'). Kaiser!. Palast der Tuilerien mit dem Louvre (--» Luw'r) mit pracht¬ vollen Kunstsammlungen, Palais Royal Palä Roajal) mit Gallcrien, Palast Bonrbon, das Stadthaus, Börsengebäude. Militärschule in der Nähe des großen Marsfeldes. Großartige wissenschaftliche Anstalten und Sammlungen: das Institut von Frankreich (kais. Akademie), Universität, Polytechnikum, viele höhere Lehranstalten und Spezialschulen; die größte Bibliothek, viele gelehrte Gesellschaften, Mittelpunkt des geistigen, technischen und kommerziellen Lebens in Frankreich. Erste Fabriks- und Handelsstadt des Reiches, große Geldinstitute, wichtiger Wechselplatz; Tonangeberin in Mode nnd Luxus, häufig auch in Kunst und einigen Zweigen der Literatur. Weltstadt in großartigem Sinne. Kaiscrl. Lustschlösser: St. Cloud (sp. Sän Klü) ; Fontainebleau (--- Fon- tänblä), prächtiger Garten; Thronentsagung Napoleons I. am II. April 1814; Ver¬ sailles (— Werßail, 39.000 E.), seit Ludwig XIV. gewöhnliche Residenz der Könige, große Gemäldesammlungen, berühmte Wasserkünste. — St. Denis (— Sän Deni, 18.000 E.), Begräbnißort der Könige. Vincennes (Wänßcnn) befestigt, Residenz¬ schloß der Könige bis Ludwig XIII. Sövres (— Säwr'), berühmte kais. Porzel- lansabrik. Soissons (^- Soaßon), Königssitz der Merowinger; Chlodwig'« Sieg 486. St. Quentin (Sän Kantän, 31.000 E.), große Leinen- und Baumwollindustrie. Schlacht 1557. Compidgne (Kom'pjeu, 10.000 E.), Lustschloß, Artillerieschule; Gefangennahme der Johanna von Orleans am 25. Mai 1430. 2. Picardie mit Artois (— Artoa) und Flandern. Amiens (--° Amjeu an der Somme, 59.000 E.), Festung, wissenschaftliche Lehr¬ anstalten und Sammlungen; Sammt- und Wollwaaren; einst die Haupt- und Königsstadt der Franken; Geburtsort Peter's von Amiens (Kreuzzug); Friede 1802. Arras (— Arrahß, 26.000 E.), Rübenzucker, Baumwolle, Tuch, Spitzen. Robes- piärre hier geboren 1759. Calais (— Kaläh, 13.000 E.), Ueberfabrt nach Dover in England, Seebad, Handel. Boulogne (— Bnlonj. 35.000 E.), Uebersahrt nach England. Lille (132.000 E.), starke Festung, wichtige Fabriks- und Handels¬ stadt (Wolle, Leinen). Cambray (— Kambrä, 21.000 E.), Festung, Erzbischof, große Manufakturstadt (feine Leinen-Spitzen, Baumwollwaarcn); Liga von Cambray 1507; Friede 1529. Valenciennes (—Walanßjen, 24.000 E.), Industrie (Batist- 181 und Spitzenfabrikation). Dünkirchen od. Dunkerque (-- Diiukerk, 80.000 E.s, guter Hafen; Wrllfischfänger. — Diese Provinzen zeichnen sich durch großartige In¬ dustrie und lebhaften Handel aus; auch hier viele Festungen. 3. Normandie. — Rouen (— Ruan', liotoma^us, a. d. Seine, 104.000 E.), Erz¬ bischof, große Kathedrale, viele gelehrte Anstalten, berühmte Tuch-, Wollenzeng- und Baumwollmanufakturen; Denkmal der Jungfrau von Orleans (hier verbrannt 1431s; - Geburtsort von Peter und Thomas Corneille. — Havre-de-Grace (--- Hawr' dö Graß, Seine-Mündung, 74.500 E.), wichtiger Scehandcl, besonders mit Amerika, befestigt. Caen (—Kau', 45.000 E-), Akademie, Seehandel, Fabrikation von Blon- den und Spitzen. Cherbourg (— Scherbur', 38.000 E-), großartig befestigter Kriegshafen, Arsenal, Schifsswerfte. Dieppe (— Djepp, 19.000 EI, Elboeuf (El'bös, 18.000 E.) und Louviers (— Luwje, 10.000 E.s, ansehnliche Industrie, die zwei letzten vorzüglich für Tuch. Alen?on (--- Alanßou, 16.000 E.), lebhafte Industrie; in der Nähe das Kloster la ll'rnpxs lTrappisten, 1662 gestiftet). 4. Bretagne Bretajn). — Nantes (—Nant', a. d. Loire, 114.000 Einw.), viel Fabriken, Schiffbau, schwunghafter Handel, der Hafen ist Paimboeuf (-- Pämbvf); Edikt von Nantes 1598, aufgehoben 1685. Rennes (--- Renn', 46000 E.), alte Hauptstadt der Bretagne; Fabriken und Handel; viel Segeltuch in der Umgebung. St. Malü (11-000 Einw.), auf einer Insel, Sechandel, Austernfang. L'Orient (--- Lorjan', 28.000 E ), großer Kriegshafen. Brest (68.000 E.h erster Kriegshascn Frankreichs, Schiffahrtsschule. 5. Anjou (--- Ansckm), Tonraine (--- Turän) und Maine (--- Man). — Angers Anschv, a. d.Maine, 51.000 E.s, viel Industrie. Tours (—Tur, Laesaroäunum, a. d. Loire, 38.000 E.), herrliche fruchtbare Gegend, der Garten Frankreichs; Erz¬ bischof; große Seidenindustrie; Sieg Karl Martells 732. Amboise (—Amboas), Nesidcnzschloß vieler Könige; Ausbruch der Religionskriege (die Calvinisten erhielten den Namen Hugenotten). Le Mans (Lö Man, an der Sarthe, 35.000 E.) und Laval (21.000 E.) an der Mayenne, ansehnliche Jndnstrieortc. 6. Orlöanais (Orleanähs. — Orleans (—Orlean, Lnrslin, a. d. Loire, 51.000 E.s, schöne Kathedrale; bedeutende Industrie «Wolle, Baumwolle, Zucker); Bildsäule der Jungfrau von Orleans, welche am 8. Mai 1429 die Stadt von der Belagerung der Engländer befreite. Chartres (--- Schart'r, a. d. Eure, 19.000 E.), der Herr- liche Dom, der älteste in Frankreich, und Blois (— Bloa, a. d. Loire, 18.000 E.), Fabriksstädte 7. Bourbonnais (Bourbonnäh), Nivernais Niwernäh) und Berry. — Allier (--- Alljs), Eisen- und Stahlindustrie. In der Nähe mehrere kleine Badeorte. Nevers (— New'r, 18.000 E.), das beste Fayence, Glasperlen, Stückgießerei. In der Umgebung Eisenfabrikativu. Bourges (--- Bursch, ävnrieum, 26.000 E.), Erzbischof, große Kathedrale, Fabriken (Messer, Tuch), besuchte Messen. Chkteau- roux (— Schatäruh) und Monlins (— Mulän), lebhafte Eisenindustrie. 8- Champagne l--- Schampajn). — Rheims (-- Rehms, Ourooortnin, 56.000 E.), Erzbischof, prächtige Kathedrale, einst Krönuugsstadt der Könige; Weinbau, Tuch- fabrikation. Epernay (---Epcrnäh, a. d. Marne, 9000 E.), wichtiger Weinhandel, der beste Champagner. Troyes (--- Troa, a d. Seine, 33.000 E.), Brumwoll- industrie; einst Hauptstadt der Champagne. ChLlons für Marne (Schalon-sür- Marn, O-rtalanni, 17.000 E.), Fabriksstadt; große Hunnenschlacht im Jahre 451. S6dan (15.000 E.), berühmte Fabrikation feiner Tücher, Geburtsort des Mar¬ schalls Turenne (—Türen) 1611. LangreS (—Lang'r) und Umgebung, wichtige Eisenwerke, Eisen- und Stahlindustrie. MäziLres (--- Mesidr), Charlem ont Scharl'mou) u. a., Festungen an der Maas. 9. Lothringen (frz .I^orrains--! Lorrän). — Nancy (---Naufiia. d. Meurthe, 49.5O9E.), eine der schönsten Städte Frankreichs, Akademie, lebhafte Industrie in der Stadt und Umgebung; GrabmalKarl d. Kühnen von Burgund, -f 1477. Luneville (--- Lünewill'), Handschnhfabrikation; Friede 1801. Tonl (Mosel) und Metz (65.000 E.), starke Festung; in letzterer Stadt viel Industrie. Verdun (— Werdön a. d. Maas; Vertrag im I. 843. Barennes (— Warenn), Gefangennahme Ludwig XVI. am 21. Juni 1791. Das Dorf Domremy, Geburtsort der Jungfrau von Orleans (geb. 1411, -s- 1431). Plombisres (^Plombier), stark besuchte Bäder. Bar-le- Duc (— Barlödlick, 14.000 E.), Fabriks- und Handelsstadt. 10- Elsaß. — S^aßbnrg (^.I^entoratum, 82.000 E.), am Rhein- und Jll-Kanal IV2 M- vom Rhein), in einer fruchtbaren, gewerbreicheu Gegend, seit 1681 fran- 182 zösisch, starke Festung. Berühmter Münster (1015—1273 erbaut) mit dem von Er¬ win von Steinbach vollendeten 438' hohen Thurme; Fakultät für Prot. Theologie (ehemals berühmte Universität), bedeutende Unterrichtsanstalten und öffentliche Bi¬ bliotheken. Guttenberg machte 1439 hier den ersten Bersuch mit beweglichen Lettern zu drucken (erste deutsche Bibel 1466 von Mentel gedruckt). Großartige Industrie in Baumwolle, Wolle und Seide, Kutschen, Leder, Handschuhe, Pasteten u. a., starker Eigenhandel, Pferdemärkte; Haupthandels- und Speditionsplatz zwischen Frank¬ reich und Deutschland. Colmar, Baumwollindustrie, Tabak- und Weinhandel. Mühlhausen >38.000 E.), sehr wichtige Fabriksstadt (Baumwollwaaren, Kattun¬ druckerei, Maschinenbau); seit 1797 französisch, ehemals mit der Schweiz verbundene Republik. 11. Franche Comts (--- Fransch' Konteh, die Freigrafschaft Burgund, Hochburgund). — Besannen (am Doubs, 44.000 E.), Festung, Akademie, Uhren und Linnensabrika¬ tion. Dole (--- Döl), Festung und Fabriksstadt am Doubs. 12. Bonrgogne (— Burgoju, Hzgth. Burgund). — Dijon (— Dischon, 34.000 E.> am Kanal von Bnrgund, zwischen dem Cöte d'Or und dem Plateau von Langres; Akademie und andere Bildnngsanstaltcn; Getreide- und Weinhandel. Auxerre (-- Ohßärr, 15.000 E-), a. d. Nonne, Weinhandel, lebhafte Industrie. Chalons für SaSne (---- Schalou-ßür-ßohn, 20.000 E.), wichtige Handelsstadt am Canal du Centre. — In dieser Landschaft hedeuteude Eisenwerke. 13. Dauphillö (— Dofineh). Grenoble (a. d. Jsbre, 33.000 E.), Festung, Akademie, Rechts- und Artillerieschule; sehr wichtige Handschuh- und Liqucnrfabrikation; Bayard hier geboren (dessen Grab in der AudreaSkirche). Vienne (— Wiö», Vinäovona a. d. Rhone, 20.000 E.), bedeutende Industrie in Tuch, Leber, Eisen- und Stahl- waaren, Weinhandel. Bal en ec (— Walanß, an der Rhone) Seidcnfabriken. Brian?on (a. d. Dnrancc), starke Festung mit dem höchst gelegenen Fort in Europa. In der Umgebung die höchst gelegenen bewohnten Orte Frankreichs. 14. Lyonnais (— Lionnäh). — Lyon (Saüne — Rhone, 320.000 E-), nach Paris die größte Stadt Frankreichs; Erzbischof, Akademie, Bibliothek; großartige Sciden- industrie, der bedeutendste Seidenmarkt in Europa (Prodnctionswcrth jährlich über 100 Millionen Frcs.); wichtiger Commiffions- und Speditionshandel. Schon zur Römerzeit sehr bedeutende Stadt; auch in militärischer Beziehung sehr wichtig. St. Etienne (--- Sänt Etibn, 96.000 E.), berühmte Seidenband- und Sammtfabriken; großartige Eisen- und Stahlwaarenfahrikation (das „französische Birmingham"!- 15. Auvergne (-- Owerjn), Limousin (-^Limusän') und March (--- Marsch). — Cler¬ mont (38.00 OE.), in reizender Lage, alte Hauptstadt, schöne Kathedrale, Akademie; Industrie und Handel lebhaft; römische Alterthümer; Kircheuvcrsammlung 1095. Limoges (--- Limosch, a. d. Vienne, 51.000 E.), Porzellan, blühende Industrie. Aurillac (--- Oriljak), Mineralquellen. 16. Poitou (--- Poatuh), Vendöe (-^ Wan'deh), Annis Onih) mit Saintongc (--- Säntonsch) und Angoumois (--- Angumoa). — Poitiers (— Poatjeh, kio- ts-vium, 31.000 E.), Leder, Tuch; Sieg Chlodwigs über die Westgotheu 507; Sieg der Engländer (schwarzer Prinz) über die Franzosen 1356. Napoläon-Vendse, hieß früher Bourbon-Venöse. In der Venöse (ganz Nieder-Poitou) wüthete der Bürgerkrieg in den Religionskämpfen des 16. Jahrhundertes und in der Re¬ volution von 1792; die Bewohner zeichnen sich durch ihre Treue an das legitime Königshaus aus. Niort (20.000E.), Bleigruben, Handschuhe. La Rochelle (--- La Roschell'), Festung, Seehandel. Belagerung 1628. Geburtsort des Röaumur 1683. Rochefort (—Rosch'for, 30.000 E-), Kriegshafen, Schiffswerfte. Einschiffung Na¬ poleons am 15. Jnli 1815 zur Fahrt nach St. Helena. Angouläme (— Angulehm, 23.000 E.i, a. d. Charantc; viele Fabriken. Cognac (--- Konjak), Branntwein. Die Inseln Rd und Oleron mit Festungswerken. 17. Guienne (-- Gü'jen, Lguitanisu), Gascogne (— Gaß'konj, Land der Basken), Na¬ varra und Bvarn. — Bordeaux (Bordoh, 163.000 E., a. d. Garonne), Erzbi¬ schof, Akademie; große Zucker-, Branntwein-, Essigfabriken; wichtiger Handel mit westindischen Produkten und Bordeaux-Wein. Bayonne (-- Bajonn, 20.000 E.), Festung a. d. Mündung des Adour; Seehandel, Schiffbau; Erfindung der Bayonette 1679. Pau, sehr milde Luft, k. Schloß, wo Heinrich IV. geboren ward. Barbges (--- Baresch) und BagnLres de Bigorre (-- Banjer dö Bigorr), berühmte Badeorte. IV 18. Languedoc °° (Langedohk) mit Foix (--Foa) und Roufsilon (--- Rußiljon). — Ton. louse (-- Tnluhs, 114.000 C., a. d. Garonne), Erzbischof, Akademie; bedeutende Industrie in Eisen, Wolle, Leder; Getreide- und Weinhandel; einst Hauptstadt des westgothischen Reiches; Wellington's Sieg über die Franzosen 1814. Alby, Albi¬ genser im 13. Jahrhunderte. Narbonne (blürdo Martins in der OaUia blarbo- ueusis), Seiden-, Oel-und Weinbau; röm-Alterthümer. Montpellier (—Mon'- peljeh, 52.000 E.), berühmte medizinische Fakultät; Spiritus und chemische Produkte. Lette, wichtiger Seehandel für Montpellier. Nimes (--- Nihm, lilsm-rusus, 57.300 E.), wissenschaftliche und Kunstanstalten, röm. Baudenkmäler; Seiden-, Wollcn- undBanmwollenindustrie. Beancair (--- Bokähr), berühmte Messe im Juli. Car- cassone (20.000 E.), Wollindustrie, Weinhandel. Foix (—Foa) Eisen- und Kupferwerke. Perpignan (— Perpinjan, 23.000 E.), Grenzfestung, Kanonen¬ gießerei, Seidenbau, Weinhandel. 1!). Provence (— Provansi', mit Avignon --- Awinjon), Bcnaissin (-- Wneßän) und Orange (---- Oransch' oder Oranien). — Marseille l— Marßelj, 261.000 E.; LIussiliu Kolonie der Phokäer), die größte Seestadt Frankreichs, großartiger Handel nach der Levante und Algier; bedeutende Industrie; viele wissenschaftliche Anstalten; in der Umgebung reizende Landhäuser. Aix (— Ahß, 27.000 E., rlquas Lsxtias), warme Bäder, Oel, Sammt und Baumwolle; Marius schlägt die Teutonen 102 v. CH. Arles (— Art, ^.relatum, 25.000 E-), im Mittelalter Hauptstadt des arela- tischen Reiches, röm. Alterthümer. Frsjus (^- Freschü, b'orum üulii), Haupt¬ station der römischen Flotte in Gallien. Toulon tziolo Llartius, 85.000 E.), Festung und Kriegshafen; Belagerung 1793. Avignon (--- Awinjon, 37 000 E.), a. d. Rohne, in fruchtbarer, schöner Gegend: Erzbischof; Seidenmanufaktur, be¬ rühmter Krappbau und Krappfärbereieu. Residenz der Päpste 1309—1378, Grab¬ mal Petrarca'«. Orange (Oranien), bis 1531 Sitz eigener Fürsten, dann kam es an Nassau, von dem cs Preußen erbte; 1714 an Frankreich abgetreten. Römische Alterthümer. 20. Herzogthnm Savoyen und Grafschaft Nizza. (Im Jahre 1860 von Sardinien an Frankreich abgetreten.) — Chambery (--- Schamberi, 17.000 E.), Bäder, Spitzen- nnd Seidensabrikation. Rechts an der Arve, am Fuße des Mont Blanc, das gro߬ artige Chamonny- (Schamuni) Thal. Unfruchtbarer Boden, höchstes Gebirgsland in Europa. Die Savoyarden ziehen als Kaminfeger, Murmelthierfübrer u. dgl. zahlreich in das Ausland. — Nizza (37.000 E.), am Mittelmeer, sehr mildes und gesundes Klima, daher von Brustkranken stark besucht; Freihafen, Seebäder. 21. Insel Corsica- — Rauhes Klima, hohe Gebirge, schöne Waldungen; in den milderen Thälern fruchtbarer Boden, aber schlecht bebaut. Die Corsen sind meist ungebildet, tapfer, rachsüchtig. Eisen, Holz, an den Küsten Südsrüchte. Schafe (Moufflons) sind die Hauptprodukte. Nach vielfachem Wechsel der Fremdherrschaft seit 1768 französisch. Ajaccio (-^ Ajatscho, 12 000 E.), Festung, Hasen, Geburtsort Napo- leon's (15. August 1769, P 5. Mai 1821 auf St. Helena). Bastia (17.000 E-), an der Ostküste, ansehnlicher Handel. 22- Auswärtige Besitzungen: 1. In Afrika. — Algier, seit 1830. — Die Niederlassungen am Senegal. Reunion und mehrere kleine Inseln an der Nordwest-Küste von Madagaskar, f2. In Asien: Pondichery, Tschandernagore und einige andere Punkte in Ost- Indien. — Nieder- Co uchinch ina (Saigon), ungefähr 500 aM. mit 27, Mill. Einwohnern. 3. In Amerika: Ein Theil von Guyana mit Cayenne (Deportationsort); die kleinen Antillen: Martinique (--- Martinik), Guadeloupe (— Gadelup) u. a.; die Fischerinseln St. Pierre und Miquelon bei Neu-Foundlaud. 4. In Australien: Die Marquesas-Jnscln und die Oberhoheit über die Gescll- schaftsinseln. Knlturbild. Die Bodenbeschaffenheit ist im Allgemeinen für den Ackerbau günstig. Das Land besitzt mannigfaltige Produkte der Laudwirthschaft, welche im Aufschwünge begriffen ist, und mit welcher sich fast der Bewohner be¬ schäftigen. Am sorgfältigsten wird der Ackerbau an der Loire und in den nordwestlichen Laudestheilen betrieben; doch deckt die Produktion nicht den 184 innern Bedarf, welcher durch Zufuhren aus Südrußland (Odessa-Marseille) gedeckt wird. Der Waldstand hat seit der Revolution 1789 wohl um die Hälfte abgenommen, weshalb einige Provinzen schon holzarm geworden sind. Das Hauptprodukt ist der Wein, der mit Ausnahme der 10 nördlichen De¬ partements überall, namentlich um Bordeaux, an der Charaute, an der unteren Loire, in der Champagne n. a. O. gebaut wird. In Bezug auf die Menge des erzeugten Weines ist Frankreich das erste Land der Erde, denn es er¬ zeugt jetzt über 100 Mill. Eimer im Jahre. Die nördlichen Departements erzeugen viel, die südlichen Departements feines Obst. Auch mehrere Handelspflanzen werden in großem Umfange angebaut. Steht schon der Acker¬ bau gegen jenen mehrerer Länder Europas zurück, so ist die Viehzucht noch geringer, welche den großen Bedarf Frankreichs ebenfalls nicht deckt. Der Bergbau ist, obwohl fortschreitend, doch unzureichend; sowohl an Eisen als an Kohlen findet ein erheblicher Import Statt. Der Franzose hat im Allgemeinen mehr Sinn und Geschmack für den Kunstfleiß und die feine, elegante Bearbeitung, als für die mühsame Ge¬ winnung der Rohstoffe. Daher sind die Landwirthschaft und Viehzucht relativ geringer; die Fabriksindustrie ist dagegen nächst England die größte, in manchen Zweigen wird letztere sogar übertroffen. Obwohl in allen Theilen des Landes kleinere oder größere industrielle Unternehmungen bestehen, so bildet doch Paris sammt Umgebung den Hauptsitz. Zunächst hat im Norden und Osten in den letzten 30 Jahren ein außerordentlicher Aufschwung stattge¬ funden. Die wichtigsten Zweige sind: die Seidenindustrie im Rhonethale mit dem Mittelpunkt Lyon und St. Etienne; der Gesammtwerth sämmt- licher Seidenfabrikate, die sich durch Geschmack, Schönheit und Güte aus¬ zeichnen, beläuft sich jährlich auf 450 Mill. Frcs. In Baumwolle steht es zunächst England; Frankreich erzeugt alle Arten von Fabrikaten, u. z. in der Normandie (mit dem Mittelpunkt Rouen) gröbere und billigere Stoffe; im Elsaß (Mühlhausen s. Umgebung) feine und gedruckte Stoffe, die keine Konkurrenz auf dem Weltmärkte scheuen; und in französisch Flandern (St. Oueutiu, Lille u. a.) die feinsten Tülls und Spitzen (Valsnoiermss). Die¬ ser Industriezweig ist sehr blühend; der Verbrauch an Baumwolle betrug vor dem Ausbruche des nordamerikanischen Krieges (1861) 185 Mill. Pfund, der Werth der Fabrikate an 600 Millionen Frcs. im Jahre. Für die 8 e i n e n industrie sind wichtig Flandern, die Normandie, Picardie und Bretagne; doch können die Fabrikate mit den irischen, belgischen und deutschen nicht concurriren. Auch die Wollindustrie ist zumeist in diesen Gegenden verbreitet; sie liefert ausgezeichnete Tücher (Sedan, Louviers, Elboeuf u. a.), Teppiche, Shawls u. s. w., im Gesammtwerthe von etwa 500 Mill. Frcs. — Nächst diesen Zweigen sind von Bedeutung die ele¬ ganten „Pariser Fabrikate", Mode- und Putzwaaren, Lederwaaren, Papier, Metallwaaren, Glas, Spiegel, Porzellan, Chemikalien, Runkelrübenzucker und viele andere. Frankreich ist einer der mächtigsten Handelsstaaten. Die geogra¬ phische Lage, die zahlreichen schiffbaren Flüsse, em vielverzweigtes Netz von Landstraßen, Eisenbahnen und Kanälen, der hohe Stand der Industrie, viele Geld- uud Crcditiustitute, der steigende Associationsgeist sind die Gründe des stets wachsenden Handels. Für den Seeverkehr sind die wichtigsten Plätze: Marseille, Havre, Bordeaux, dann Cette, Rouen und Nantes; für den inneren Handel: Paris, Lyon, St. Etienne, Straßburg und Beaucaire. 185 Der Stand der geistigen Kultur dieses reichbegabten Volkes ist ein vielfach verschiedener. Die unteren Volksklassen, insbesondere im Süden und Westen, sind in der Bildung sehr zurückgeblieben; es fehlen oft die ge¬ wöhnlichsten Elementarkenntnisse, da die Anzahl und die Einrichtung der Volksschulen vielfach ungenügend sind. Unter den im Jahre 1854 militär¬ pflichtigen jungen Männern befand sich fast ein Drittheil, der des Lesens unkundig war. Im Ganzen genommen entbehrt fast die Hälfte der Fran¬ zosen der nothwendigsten Schulkenntnisse; während man in Deutschland, mit nur geringen Ausnahmen, Menschen ohne alle Schulbildung höchst selten antrifft. Dagegen ist es nicht zu läuguen, daß die „große Nation" zu jeder Zeit eine Menge wahrhaft großer Männer besessen hat, auf dem Throne, in der Kirche, im Kabinet und im Felde, sowie in den mannigfaltigsten Kul¬ turzweigen. Die französische Literatur ist eine der reichsten in Europa. In allen Zweigen der exacten Wissenschaften besaß Frankreich eine namhafte Zahl Celebritäteu ersten Ranges. Der Einfluß der Wissenschaft auf indu¬ strielle Technik ist hier ganz besonders bedeutend. Zahlreich sind die An¬ stalten für Wissenschaften und Künste, die Akademien, Collegien (Gymnasien und Lyceen), die kommerziellen und technischen Schulen. Durch Hebung und Vermehrung der VoW- und Mittelschulen werden sich die gegenwärtigen Gegensätze in der geistigen Knltur des Volkes verlieren. Frankreich gehört im Allgemeinen zu den Kulturstaaten ersten Ranges. VIII. Tas Königreich Belgien. 537 sH Meilen, 4,900.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken. Nach der Nationa¬ lität über 6OF vlämischen Stammes (im Tieflande), nahe 40F Wallonen (in den Ar¬ dennen), an 40.000 Deutsche, Engländer u. a. Schrift- und Staatssprache französisch. — Grenzen? Das Land- — Belgien besteht theils aus einem mäßigen Berglande, den Ardennen (bis 1200fl mit dem mittleren Becken der Maas, theils ge¬ hört es dem Tieflaude mit dem Flnßgeäder der Schelde an. Den ArdeUuen ist ein Hügelland vorgelagert, welches sich allmählig zur überaus fruchtbaren Ebene in Flandern und Südbrabant verflacht; während in den Provinzen Antwerpen und Limburg große Haidestrecken und Moore (die Campine um Antwerpen) sich ausbreiten. An den Küsten der Nordsee liegt das Flach¬ land so tief, daß es durch Dämme (Deiche) gegen die Ueberschwemmungen geschützt werden mnß. Die durch Dämme geschützten Landstriche heißen Polder. — Auf 10 Meilen Länge bespült die Nordsee das Land. Die be¬ deutendsten Flüsse sind die Schelde, in deren Gebiet alle großen Städte des Landes (außer Lüttich) liegen, und die Maas. Zahlreiche Kanäle be¬ fördern die Schiffahrt im Inneren. — Das Klima ist gemäßigtes See¬ klima; im Flachlande feucht und veränderlich, in den Poldern ungesund. Politische Einthcilung und Orte- — Belgien ist in 9 Provinzen eingetheilt, L vlä- nnsche und 4 wallonische. dlamische Provinzen: 1. Snd-Brabant. — Brüssel (Bruxelles*) spr. Brüssel?, 300.000 E., an der Senne). Die neue ^)ber- und die alte Unterstadt scheiden sich schars. In der ersten ist die *) In der Klammer sind die häufig französisch gebrauchten Städtenamen. 186 Residenz des König«, der Sitz der höchsten Staatsbehörden, des Adels, mit franz. Sprache und Lebensart; in der schlecht gebauten Altstadt, dem Centrum für Handel und Gewerbe, wird viel deutsch gesprochen. Die Stadt blüht rasch empor. Univer¬ sität (seit 1833), Akademie der Wissenschaften und Künste, Museum, Gemiildegallerie, Bibliotheken, mehrere andere wissenschaftliche und Knnstinstitute und Sammlungen. Schwunghafte Industrie in Spitzen, Webe- und Wirkwaaren, Tapeten, Leder, Papier, Krystallglas, Chemikalien, Maschinen, bedeutende Buchdruckerei n. a. Centralschule für Handel und Gewerbe mit reichen Sammlungen. Börse, Banken, große Geldinstitute, lebhafter Handel. In der Nähe das königl. Schloß L a e k e n (— Lahkcn), und die Dörfer Waterloo, Mont Saint Jean Mon' San Schau) mit dem Vor¬ werke Belle Alliance (— Ball' Aljanß'), Sieg der Preußen und Engländer über Napoleon I. am 18. Juni 1815. — Löwen (Louvain — Luwän', 32.600, einst an 200.000 E.), kalh. Universitär (seit 1426; im löten Jahrhundert die berühmteste in Europa). 2. Antwerpen. — Antwerpen (Anders, 121.000 E., a. d. Schelde), starke Festung; Welthandelsstadt mit der ältesten Börse in Europa; große Messen, Bank, Asseknranz- uud Handelsgesellschaften, Dampfschifsahrt; den Hafen besuchen jährlich über 3000 Schisse. Im löten Jahrhunderte stand sie in der Blüthe. Sehr bedeutende Industrie (Tuch, Seiden- und Baumwollwaaren, Spitzen, Leder, Gold- und Silberwaaren, Diamantschleiferei, Schiffswerften n. a.). Belagerungen in den I. 1576 und 1585; Bombardement durch die Holländer am 4. Nov. 1830, durch die Franzosen im De¬ cember 1832. Mech eln (Malines — Malin, 35.000 E.), im Centrnm des belgischen Eisenbahnnetzes; Sitz des Erzbischoses (Primas von Belgien), herrliche Kathedrale; Handel und Fabrikation (Gerbereien u. a.). 3. Ostflandern. — Gent (Gand, 123.000 E.), ans 25 von der Schelde, der Lys (— Leiß) und vielen Kanälen gebildeten Inseln, die durch mehr als 300 Brücken verbunden sind; Universität, mehrere Spezialschulen; der wichtigste Manufakturplatz für Baum- woll- und Lederwaaren, Maschinenbau, Schiffbau, Blumenzucht. Im Mittelalter un¬ gemein mächtig. Kaiser Karl V. ward am 25. Februar 1500 hier geboren. Empö¬ rung 1539. Vertrag 1576. Friede 1814. 4. Westflandcrn. — Brügge (51.000 E.) am Vereinigungspunkte mehrerer Kanäle. Ehemals die Hauptniederlage der Hansa mit weltberühmten Messen. Die Wichtigkeit als Handelsplatz Hal die Stadt verloren ; aber bedeutend durch Industrie (Leinwand, Damast, Spitzen, Baumwoll- und Schafwollzeuge); ansehnlicher Handel in Leinwand und Landesprodukten. — Ost ende (17 400 E.), Hafenstadt, lebhafter Verkehr mit England (Ostende-Dover). Seebad, Fischerei, Rhcderei und Leinenindustrie. Kortryk (Courtray -- Kurträh, 23.500 E.), Fabrikation der feinsten Leinenwaaren und Spitzen ; großartige Leinenindustrie. 5- Limburg. — Hafselt (10.000 E.), Branntweinbrennerei. Tongern und St. Tron (oder Trusten — Treujen), Käsehandel. L. Wallonische Provinzen: 6. Heiiliegau (Hainolt — Hänol). — Bergen (Mons, 27.200 E.), starker Steinkoh¬ lenball. Dvornik (Tournay Turnäh, 31.500 E ), Festung, zahlreiche Fabriken, besonders Teppichweberei. Charleroy (----Scharl'roa, 13.400 E-), Festung, Fabri¬ kation von Eisenwaaren; in der Umgebung bedeutende Eisenwerke, Glashütten, Stein¬ kohlengruben. Schlachtfelder bei Jcmappes (--Schemapp, im I. 1792), Fleurus (--- Flörüh) in den I. 1622, 1690, 1794, 1815. 7. Namur (---Namühr). — Namur (26.300 E., Maas-Sambre), Festung; Stahl-und Messingwaaren, Gerberei, Steinkohlen- und Eisengruben; wichtige Messe. 8. Lüttich (Mge Lissch'). — Lüttich (Liäge, 102.000 E., a. d. Maas), berühmte Fabrikation von Eisen- und Stahlwaaren, Leinen- und Schafwollwaaren. Jährlich an Mill, ausgezeichneter Gewehre; Geschütze, Maschinen, Lederindustrie; in der Nähe Eisenwerke und Steinkohlengruben. Steinkohlenhandel. Universität, viele Spezial¬ schulen. Bis 1794 deutsches Bisthum, dann bis 1814 französisch. Herstal a. d. Maas, unterhalb Lüttich, ist der Geburtsort Pipin's, Vaters Karl d. Gr. — Seraing --- Serähn, 17.000 E-), berühmt durch großartigen Maschinenbau (begründet durch den Engländer Cockerill) und Eisenwerkstätten, Eisenhütten und Steiukohlengruben. Ber¬ to i e r s (--- Wcrwjeh, 30.000 E.), großartige Tuch - und Kasimirfabrikation. L i m- burg, berühmt durch seine Käse; Spaa (5000 E.), berühmte Eisenquelle, stark be¬ suchter Badeort; Fabrikation von seinen und lackirten Holzwaaren. 9. Luxemburg. Arlon (6000 E.), Lederfabrikation. Bouillon (-- Bnj'ljou) Felsen¬ schloß, Stammort des Kreuzfahrers Gottfried von Bouillon. 187 Kutturbitd. Der Boden ist nur in wenig Provinzen dem Ackerbau günstig; die Bearbeitung ist sehr fleißig und rationell; doch reicht der Ertrag für die dichte Bevölkerung (im Durchschnitt über 8700 auf I ^Meile) nicht aus. Jährlich werden 1—2 Mill. Ctr. Körnerfrüchte eingeführt. Durch Aus¬ trocknung der Sümpfe und Moräste wird jedoch fortwährend neuer Boden für den Feldbau gewonnen. Haudelspflanzen, namentlich Flachs, Hanf, Krapp, Oelpflanzen, werden in erheblicher Menge exportirt. Vorzüglich sind über- dieß die Obstkultur (in den Thälern der Maas und Sambre) und die Blu¬ menzucht (in Brabant und zu Gent), deren Produktionswerth auf 2 M. Gulden geschätzt wird. — In der Viehzucht ist das Hornvieh aus Flan¬ dern, Brabant, Limburg und Luxemburg geschätzt; Brabant und Hennegau liefern gute Pferde, obgleich nicht in ausreichender Menge. Flandern schickt jährlich über 2 Mill, abgehäutete Kaninchen nach England. Die Schweine¬ zucht ist sehr verbreitet; deßgleichen die Bienenzucht in der Campine. Der relativ größte Reichthum liegt im Bergbau. Hennegau, Namur, Luxemburg und Lüttich besitzen einen fast unerschöpflichen Reichthum au Steinkohlen und Eisen (Lüttich, Mons, Namur, Charleroi). Die dermalige Ausbeute an Steinkohlen wird jährlich auf nahezu 190 Mill. Ctr. berech¬ net, wovon weitmehr als '/„ nach Frankreich exportirt wird; die Produktion an Roh-, Guß- und Stabeisen beträgt über 4 Mill. Ctr., wovon fast '/» nach Frankreich und Deutschland ausgeführt wird. Erwähnenswerth sind noch die Gewinnung von Zink, Blei, Schiefer, schwarzem Marmor und Torf. Der reiche Ertrag der Urproduktion wird von jenem des berühmten belgischen Gewerbefleißes noch übertroffen. Flandern und Brabant ver¬ sorgten schon vor Jahrhunderten fast alle europäischen Märkte mit ihren ausgezeichneten Fabrikaten. Nach vielfachen Wechselfällen hat sich Belgien (insbesondere seit der Lostrcnnnng von Holland im I. 1830) auf eine Höhe emporgeschwungen, daß es jetzt eine industrielle Macht ersten Ranges genannt werden kann. Großartige Etablissements, nach den neuesten Methoden und Systemen eingerichtet, mit ungefähr 5000 Dampfmaschinen konkurriren auf dem Weltmärkte mit allen Ländern. Die industriellsten Provinzen sind: Hennegau, Lüttich, Flandern und Brabant. Den Glanzpunkt der Erzeugnisse bilden die Metallwaaren, worin Lüttich nebst Umgebung den Mittel¬ punkt bildet. Der älteste Industriezweig Belgiens, die Leinenmanufaktur von Flandern, Brabant, Antwerpen und im Hennegau ist weltberühmt; auf gleich hoher Stufe stehen die Schafwoll-, Baumwoll- und Leder¬ industrie, welche ihre Fabrikate nach allen Märkten absetzen. Ausgezeichnet sind überdieß: Glaswaaren (Hennegau, Namur, Brabant, Lüttich), Porzel¬ lan, Papier, Zucker u. a. m. Daß bei diesem Stande der Industrie der Handel schwunghaft ist, versteht sich von selbst. Im I. 1861 war der Werth der Einfuhr beiläufig 557, jener der Ausfuhr an 454 Mill. Frcs. Schiffbare Flüsse, Kanäle, treffliche Landstraßen, zahlreiche Eisenbahnen begünstigen den Handel im Innern; der Seeverkehr bedient sich zumeist fremder Schiffe, da die eigene Handelsmarine zu Anfang des Jahres 1862 nur 111 eigene Schiffe zählte. Handelsplätze sind: Antwerpen, Brüssel, Gent, Brügge, Ostende, Mecheln, Löwen und Lüttich. Belgien ist eines der am dichtesten bevölkerten Länder in Europa. Die 188 Volksbildung ist im Ganzen ziemlich befriedigend, obgleich Volksschulen noch nicht in hinreichender Anzahl vorhanden sind. Zahlreich sind die Schu¬ len für gewerbliche und kommerzielle Ausbildung. Jede größere Stadt hat zu¬ dem ein Gymnasium („^tiienasum"); zwei Staats-Universitäten (Gent und Lüttich) und zwei freie Universitäten (Löwen und Brüssel) sorgen für die Pflege der Wissenschaften. Das Land hat bedeutende wissenschaftliche und Kunstanstalten,- insbesondere erfreuen sich seit jeher die schönen Künste einer- sorgsamen Pflege (flandrische Malerschule), und deren Einfluß auf die Ge¬ werbe ist nicht zu verkennen. In Belgien herrscht somit auf dem Felde der materiellen und der geistigen Interessen ein höchst erfreulicher Fortschritt. IX. Das Königreich der Niederlande (Holland) mit -em Herzogch. Llttitullfl UN- -em Grofih. Luemlrnrg. In Europa 641 OMeileu, 3,700.000 Einwohner; in Luxemburg und Limburg Katholiken, sonst meist Protestanten (auch Israeliten). An 2'/, Mill. Holländer, 350.000 Vlamländer, dann Niederdeutsche. — Grenzen? — Colonien: 35.253 e>M., 18,376.000 Einw.*). Das Land. — Mit Ausnahme von Luxeinburg, in welches der Ar¬ dennenwald (bis l500ch hineinstreicht, ist der übrige Landestheil Tiefland. Insbesondere ist das Mündungsgebiet des Rhein, der Maas und Schelde ein Produkt der Anschwemmung dieser Flüsse, welches gegen das Hereindrin¬ gen der höher als das Land liegenden Nordsee künstlich geschützt und be¬ wohnbar gemacht wurde. Eine ähnliche durch Kunst gebildete Oberfläche findet sich sonst nirgends auf der Erde. Der einförmige Boden ist theils Morast, theils Haide- und Sandland ohne Wald und mit wenig Quellen, theils fruchtbares Marschland. Viele Sumpfgegenden sind durch Abzugs¬ gräben („Slooten"), Einfassung mit Dämmen (Deichen) und durch Aus¬ pumpen in Polder mit ergiebigem Acker- und Wiesenboden verwandelt wor¬ den. Vor den Flußmündungen nnd vor der Zuider-See (spr. Seuder) lie¬ gen flache, sehr fruchtbare Inseln. Hohe Fluthen und gewaltige Stürme mit Einbrüchen des Meeres haben nicht selten die Deiche durchbrochen, ganze Landstreckeu mit zahlreichen Ortschaften und Tausenden von Bewohnern durch Ueberschwemmungen verschlungen. Der Biesbosch (spr. Bihsboö'ch), gegenwärtig zum Theil in Polder verwandelt, ist durch eine Ueberschwem- mung gebildet worden, welche 72 Ortschaften verschlang (im I. 1421); das jetzt trockengelegte Harlemer-Meer, die Zuider-See, der Dollart u. a. sind ebenfalls durch große Ueberschwemmungen, deren man seit dem sechsten Jahrhundert an 190 zählte, entstanden. Die Anlage und Unterhaltung der Deiche haben einen besonderen Zweig der Wasserbaukunst hervorgerufen, wovon die ganze Existenz des Landes abhängig ist. — Der Westen und *) In Asim: (Sunda-, Banda-, Molukken-Inseln -c.) 28.923 a>M.; 17,980.000 E. „ Amerika: (Westindien, Surinam). 2.830 „ 86.000 „ „ Afrika (Ober-Guinea). 500 „ 110.900 „ „ Australien (Westtheil von Neuguinea) 3.000 „ 200.000 „ 35.253 cuM.; 18,376.000^ Dazu in Europa 641 „ 3,700.000 „ Gesammtstaat 35.894 0M.; 22,076.000 E. 189 Norden des Landes werden von der 'Nordsee bespült, welche die Zuidcr- See und den Dollart in das Land schneidet. Unter den Flüssen nehmen die Mündungen des Rhein, der Maas und Schelde den ersten Rang ein. (Siehe S. 28.). Die vielen Seen, Sümpfe, Moore und Kanäle geben dem Lande einen insolaren Charakter. Der bedeutendste Kanal in Europa ist der Nordhollandsch-Kanal (Antwerpen-Nordholland), ans welchem jährlich über 5000 Schiffe fahren. Das Klima ist oceanisch, mit ziemlich kühlem Sommer und mildem Winter. Die große Wassermenge bedingt eine sehr feuchte Luft mit dich¬ ten Nebeln (die Herbstnebel heißen „Nicht") und vielen Regentagen. Im südöstlichen Theile ist es weniger feucht und gesünder. Politische EinthcilUIIg NNd Orte: Das Königreich wird in II Provinzen eingetheilt. Als Herzog von Luxenburg und Limburg ist der König Mitglied des deutschen Bundes. 1. Holland (Nord- und Südholland); sehr nieder, wenig Getreide, viel Viehzucht und Gewerbefleiß; stark bevölkert. — Haag (der Haag, oder 's Gravenhage, 86.000 E.), k. Residenz mit vielen Palästen, Kanälen; Gartenban. Scheveuingen (— S'che- veningen), prächtige Seebadeanstalt. Delft (21.800 E ), Akademie zu Heranbildung für den ostindischen Dienst; Wilh. von Oranien, ch 1584. Leyden (I-uxäunum Ln- tuvornm, am Rhein, 37.400 E.), Universität, älteste Stadt Hollands: Wollindustrie. Rotterdam (114.000 E-), Sitz der niederländischen Dampfschifsahrtsgesellschast, be¬ deutender Verkehr mit den europäischen und transatlantischen Häfen, viele Kanäle in der Stadt, auf welchen Seeschiffe bis zu den Magazinen fahren. Wichtige Fabriken für Zucker, Tabak, Papier, Korkpfropfen, Bleiwciß, Seife, Maschinenbau. Große Kirche mit Grabmälern berühmter Niederländer (de Witt, Brakel u. a.); Statue des be¬ rühmten Erasmus (geb. 1467). Dortrecht (24.000 E.), Schiffahrt und Handel auf dem Rhein nach Deutschland, Holzhandel. Kirchenversammlung I6l8. — Amsterdam (264.000 E.), mit einem geräumigen tiefen Hafen, berühmten Schiffswerften, Haupt¬ markt für Getreide, franz. Rolhweine, amerikanische Tabakblätter und alle Colonial- waaren; ferner für Wechselgeschäfte und Staatspapiere. Große Waarenhäuser, mannig¬ faltige Industrie (darunter bedeutende Diamantenschleiferei und Diamantenhandel). Die Stadt ist an der Amstel und den D (spr. Ei) mittelst Psahlwerkes aus 90 moo¬ rigen Inseln, die mit 290 Brücken verbunden sind, in Form eines Halbmondes er¬ baut. König!. Schloß, Stadthaus, Börse, Admiralitätsgebäude; zahlreiche Kirchen, Bcthäuser und Synagogen. K. Institut der Wissenschaften und Künste, Athenäum, Seemannsschnle, Kunst- und Naturaliensammlung, große Hospitäler, Armen- und Waisenhäuser. Broek (spr. Bruk), ein von reichen Rentnern bewohntes Dorf, be¬ rühmt als Muster holländischer Reinlichkeit. Zaandam (unrichtig Sardam, 12.400E.), große Schiffswerften. Aufenthalt Peter d. Großen 1698. Ueber 500 Windmühlen in der Umgebung. Haarlem (29.500 E. nahe dem ausgetrockneten „Haarlemer Meer"), ausgezeichnete Bodenkultur, Blumen (Tulpen), schwunghafte Industrie; große Kathedrale mit berühmter Orgel. Auf der Rhede der Insel Texel versammeln sich die Ostin¬ dienfahrer. 2. Zeeland (Seeland): Mehrere bewohnte, fruchtbare Inseln innerhalb der Schelde- Mündungen: Middelburg (16.000 E.), Hauptort und der Kriegshasen Blies- singen (10.000 E.), beide auf Walcheren. 3- Nord-Brabant, südlich der Maas, zum Theil Haide und Moor (de Peel), mit den Grenzfestungen Her zöge nbu sch (s'Hertogenbos'ch, 23.900 E.), BredL („breite An", 15.300 E.), Bergen op Zoom. 4. Utrecht, zwischen Leck nnd Zuider-See, trefflich angebaut. — Utrecht (Prussetu» nä libsuuin, 57.400 E.), viele Kanäle, befestigter Hasen, Universität; bedeutende In¬ dustrie. Union 1579; Friede 1713. 5. Geldern, zwischen Maas und Zuider-See, großentheils sehr fruchtbar. Land der alten Bataver (insula Lutavoruw) zwischen Maas nnd Rhein. Die alte Assel (Isrüu) gab den salischen Franken den Namen. „Hoch an Muth, klein an Gut, das Schwert in der Hand, ist da« Wappen von Gelderlaud." Arnheim «Rhein, 29.000 E.); Nym- wegen (MviomuAus, 22.400 E.), Friede 1678 und I67S. Zütphen (15.400 E.) an der Ml, 190 6- Ober-Mel (— Ower Eissel). — Zwolle (an der Aa, 20.400 E.), Hafen, Baum¬ wolle. Dsventer (oder Demter a. d. Issel, 17.600 E.), viel Industrie. Die Festung Kämpen. 7- Drcnthe, die ärmste, wenigst bewohnte Provinz, mit Armen-Colonien. — Hauptort Assen. 8 Friesland, fruchtbarer Marschboden. — Leeuwarden (-- Löhwarden, 25.600 E.), am Zusammenfluß mehrerer Kanäle; lebhafte Industrie. 9- GrömüiMN, am Dollart; das Bourtanger Moor an der Ostgrenze. — Grönningen (38.300 E.), llniversität; Papierfabrikation, Schiffahrt. 10. Herzogthum Limburg gehört, mit Ausnahme der Festungen Mastricht (28.600 E., große Gerbereien, Glasfabrikation, Steinbriiche) und Venloo (17.000 E.), zum deutschen Bunde. Es wurde im I. 1839 als Entschädigung für die an Belgien ge- kommens größere Hälfte Luxemburgs an die Niederlande zurückgegeben. 11. Großherzogthum Luxemburg (Lützelburg) an der Mosel und Sure. Alte deutsche Grafschaft, seit 1354 Herzogthum, 1815 für die verlornen Nassan'schen Stammlande als Entschädigung den Niederlanden übergeben, aber im I. 1830 getrennt (zwischen dem neuen Königreiche Belgien und den Niederlanden). Zum deutschen Bunde ge¬ hörig. — Luxemburg (12.000 E.), starke Bundesfestung mit preuß. und nieder¬ ländischer Besatzung. Große Gerbereien; Eisengrubcn. Kulturbitd. Die Einförmigkeit des Bodens bedingt auch Einförmigkeit in der Pflan¬ zenwelt. Von der Gesammtfläche sind etwa kultivirtes Land; die Größe des unkultivirten vermindert sich durch Entwässern fortwährend. Wo es das Terrain gestattet, wird die Bodenkultur musterhaft betrieben. Was Fleiß und Kunst einem dürftigen Boden abzugewinnen vermögen, ist in Holland geschehen, und dieses zum Theil dem Meere abgewonnene Land ist durch die Intelligenz und Ausdauer seiner Bewohner vielfach in einen Garten verwandelt worden. Deßungeachtet kann die Produktion des Laudbaues den Bedarf der dichten Bevölkerung nicht decken. Nebst Weizen und Roggen werden mehrere Handelspflanzen (Tabak, Hanf, Flachs, Krapp) gebaut ; die Blumenzucht ist bedeutend, namentlich um Haarlem. Sehr arm ist das Land an Holz, welches es aus dem Schwarzwalde und den Ostseeländern bezieht. Einen großen Reichthum besitzt das Land in der Viehzucht; Butter und Käse sind die bedeutendsten im Lande gewonnenen Handelsartikel. Die fetten Weiden, der Fleiß und die sprichwörtliche Reinlichkeit der Bewohner fördern ungemein diesen Erwerbszweig. Der Export an Käse wird auf 20 Mill. Gulden bewerthet. Sehr wichtig ist auch die Seefischerei, insbe¬ sondere der Häringsfang an der englischen und schottischen Küste. Die hol¬ ländischen Häringe sind die beliebtesten, da die Holländer die Zubereitung am besten verstehen, das beste Salz (spanisches und portugiesisches) ver¬ wenden, und äußerst pünktlich und sauber dabei zu Werke gehen. Im Jah¬ resdurchschnitt beläuft sich die Menge der gefangenen Häringe auf 60 Mill. Der Sammelplatz der Häringsfänger ist Vlaardingen; die Rückkehr vom Fischfänge ist mit nationalen Festlichkeiten und alten Gebräuchen verbunden. An Mineralien ist das Land arm; selbst Bausteine und gutes Trinkwasser fehlen in vielen Gegenden. — Die Niederlande sind kein Fabriksland, obwohl einige Industriezweige blühen und das Handwerk Fortschritte macht. Ehemals behaupteten holländische Leinen, Niederländer- Tuch und holländisches Papier den ersten Rang. Die Leinen gehören noch immer zu den vorzüglichsten; die Wollindustrie ist stark nach Belgien übersiedelt; im Papier behaupten die 1.10 Fabriken auch jetzt noch hohen Ruf. Ansehnlich sind die Branntweinbrennereien, die Tuchfabriken, die Er- 191 zeugung von Thoupfeifen, wovon bei der großen Liebhaberei des Tabak¬ rauchens enorme Mengen im Lande selbst abgesetzt werden, und die Leder- Fabrikation in Mastricht. Weltberühmt in der Diamantenschleiferei ist Am¬ sterdam. Für den ausgedehnten Schiffbau bestehen über 600 Wersten; aus¬ gezeichnet sind die holländischen Ostindienfahrer (die größten Kauffahrteischiffe). In der Mitte des 17. Jahrhunderts war Holland die erste Handels¬ macht Europas, und der Handel ist noch immer bedeutend, zu welchem Zwecke großartige Gesellschaften bestehen. Amsterdam und Rotterdam ver¬ mitteln einen großen Theil des europäischen Verkehrs mit Amerika, Ost¬ indien, China und Japan; namentlich nehmen die Geschäftsverbindungen mit den Colonien fortwährend an Umfang zn. Im I. 1861 belief sich der Werth der Ausfuhr auf mehr als 400, jener der Einfuhr auf fast 470 Mill. Gulden. Auch der Binnenhandel ist sehr schwunghaft. Die Holländer haben die Vorzüge und Schattenseiten eines echten Kaufmannsvolkes. Der Volkscharakter hat durch den fortwährenden Kampf mit der Natur ein festes Gepräge erhalten. Phlegmatisch, kalt berechnend, sparsam, unternehmend und ausdauernd, liebt der Holländer Ordnung und Reinlichkeit bis in das Kleinliche; er fühlt sich als Herr des Landes, das er mühsam dem Meere abgetrotzt. Er hält auf Zucht und strenge Sitte, hängt am Alten, liebt sein Vaterland, und der Wohlstand gibt ihm das Bewußtsein von Sicherheit und Unabhängigkeit. Dieses kräftige und arbeit¬ same Volk ist in der geistigen Kultur weit vorgeschritten. Die zahlreichen Volksschulen sind gut eingerichtet; treffliche wissenschaftliche und Kunstan¬ stalten und Sammlungen beleben stets den Sinn für das Schöne und Große. Holland hat zu jeder Zeit ausgezeichnete Männer besessen, welche als Künstler, Gelehrte, Staatsmänner und Seehelden den Ruhm des Va¬ terlandes erhöht haben. X. Das Königreich Großbritannien. In Europa: 5764 oMcil., 29,600.000 Eiuw.; V» sind germanischen Stammes, Eng¬ länder, Irländer, Galen u. a.; meist Protestanten, m Irland Katholiken. Viele Dissenters (-- Andersdenkende) und Juden im ganzen Reiche zerstreut. — Grenzen? — In den Colonien beiläufig: 223.382 (^Meilen, 144.371.000 E. *). Das Land. — Großbritannien hat in Hinsicht seiner horizontalen Gestaltung in Europa die meiste Aehnlichkeit mit der südöstlichsten Halb¬ insel, nämlich: bedeutende Küstenentwickelung, tief einschneidende Buchten und hervorragende Halbinseln, isthmische Verengungen und zahlreiche Inseln und Gruppen an der Nord- und Westseite. Der Einfluß dieser Gestaltung auf die gesammten Kulturverhältnisse des Landes, so wie auf die mit ihm in *) In Asien (Indo-britisches Reich nebst den Schutzstaaten). 69.980 geogr. 0M.; 137,675.000 E. „ Amerika (nebstdenHudsonsbai-LLndern) 122.632 „ „ 4,423.000 „ „ Afrika (Capland, Natal u. a.) 6.636 „ „ 915.000 „ „ Australien (Nenholland u. a.) 24.134 „ „ 1,358.000 „ 223.382 geogr. ^M.; M4^37MooE". Dazu in Europa 5.764 „ „ 29,600.00 0 „ Gesammt-Mvnarchie 229.146 geogr. -M.; 173,971.000 E. 192 Verkehr tretenden Staaten ist ein mächtiger. Auch die vertikalen Verhält¬ nisse sind der Kultur günstig. Vom Cap Landeseud (Südwest) erhebt sich steil das kahle Bergland von Cornwall (— Karn'uahl) *), ausge¬ zeichnet durch den Reichthum an Zinn und Kupfer. Fast parallel mit dem St. GeorgScanal streicht das Hochgebirge von Wales (— Uehls), die „britische Schweiz", reich an Steinkohlen und Eisen, im Snowdon (— Snohd'n, 350lll) kahl und baumlos. Fast in der Mitte Englands zieht das Peak- (— Pihk) Gebirge über Manchester (— Männtschester) und Leeds (^ Lihds) bis zur schottischen Grenze, von reichen, gut angebauten Flußthälern durchschnitten, und mit höchst ergiebigen Steinkohlengruben und Eisenminen an seinen Abhängen. Im Nordwesten Englands ist das schroffe Gebirge von Cumberland (— Köminbr'länd) mit Ablagerung von Stein¬ kohlen und Graphit. Als Scheidegebirge zwischen England und Schottland erhebt sich das plateauförmige Cheviot- (— Tschihwiot) Gebirge, an dessen Nordseite sich das schottische Niederland oder die Lowlands (— Loh- länds) ausbreitet. Nördlich davon erhebt sich Hochschottland, bestehend aus dem Grampian- (— Grämpian) Gebirge mit dem Ben Nevis (— Ben Njuhis, 4i0tÜ) und dem uordkale douischen Gebirge; zwischen beiden ist der tiefe Einschnitt bei Inverneß, wo vermittelst des Loch- (— Lock, d. i. See) Neß der Kaledonische Kanal die Ost- und Westküste verbindet. Im westlichen Theile gibt es viele Seen (Loch), der größte Loch Lomond. Auch die langen schmalen Meerbusen, Frith (— Friß) genannt, haben häufig den Charakter von Landseen. — Die Gebirge Irlands lagern sich vorzüglich an der Nord- und Südküste und fallen steil znm Meere ab. Das Flachland im Inneren der Insel hat noch viel unangebaute Gegenden, Mangel an Holz und Salz. Die beiden Inseln (Großbritannien und Irland) werden vom Atlan¬ tischen Ocean und seinen Theilen (der Nordsee, dem Kanal mit der Straße von Dover soder Calais), und der irischen See mit dem St. Georgs- und dem Nordkanal) bespült, welche bedeutende Meerbusen und sehr zahlreiche Buchten und Häfen in das Land schneiden, wodurch Schiff¬ fahrt und Handelsverkehr ungemein begünstigt werden. Die Flüsse der britischen Inseln haben zwar relativ kurzen Lauf; doch geben ihnen das geringe Gefälle, der große Wasserreichthum und die weiten Mündungen eine hohe Bedeutung für die Schiffahrt. Sie ergießen sich theils in die Nordsee, theils in den Ocean. Zu deu ersteren gehören: Die Themse, Großbritanniens wichtigster Fluß, mit ungemein lebhafter Dampf- und Segelschisfahrt; der Humber (—Oembr), gebildet aus der Nord-Ouse (— Aus) und Trent, die Thne (— Tein) und der Tweed (— Tuihd); — zu den letzteren der Severn (— Sewern), in Schottland der Clhde (— Kleid), in Irland der Shannon (— Schauen). Das Land zeichnet sich ferner durch die Menge, Größe und Nutzbarkeit seiner Ka¬ näle vor allen Ländern in Europa aus. Das Jnselklima Großbritanniens ist ziemlich gleichförmig mit nicht sehr großem Temperaturwechsel. Der Winter ist verhältnißmäßig milde, der Sommer nicht gar heiß; der Himmel ist in der Regel trübe, dichte Nebel mit großer Feuchtigkeit und vielem Regen sind häufig. Der Schnee bleibt *) In der Klammer ist die englische Aussprache ammhcrud angegeben. 193 nur in den höheren Berglandschaften länger liegen. Wegen der großen Feuchtigkeit ist die Insel den größten Theil des Jahres mit^astigem Grün bekleidet. Politische Einthcilung und Orte: Bcstandtheile Großbritanniens sind: 1. Könige. England; 2. Fnrstenth. Wales; з. Könige. Schottland; 4. Königr. Irland; 5. die europäischen Neben¬ länder. — Das Reich ist in Shires (— Schihrs) oder Counties (— Kauntis), d. i. Grafschaften eingetheilt. Nebstbei ist noch die alte Eintheilung im Gebrauche. 1. England (7 Königreiche mit 40 Grafschaften) und Wales (mit 12 Grafschaften): 1. Königr. Essex: London, an beiden Ufern der Themse, im Mittelpunkte der reichsten und fruchtbarsten Provinzen, mit 3;02tr6W Einwohnern (im-M IEl). Re¬ sidenz und Hauptstadt des britischen Reiches, der größte und reichste Handelsplatz der Erde. Stadtteile: Westminster und Westcnd, Sitz des Hofes, des hohen Adels, des Parlamentes und der höchsten Staatsbehörden. — City, Handelswelt, Geld- und Kreditinstitute; — Southwark (— Saudswärk), eigentlicher Fabriksbezirk; — East-End ist der erste Seehafen des Landes mit seinen "Docks, Schiffswerften, La¬ gerhäusern u- s. f. Wenig große Privatpaläste, aber viele prachtvolle öffentliche und Staatsgebäude: Pauls-Kirche, Erzbischof von Westminster mit 12 Suffraganen, Westniinsterabtei mit den Monumenten der Könige und berühmter Männer, die k. Paläste St. James (— Dschäms) nnd Buckingham (— Böcking'häm, Residenz), Wcst- minsterhall, der oberste Gerichtshof; die neuen Parlamentshäuser; der Tower (—Tanr), früher Staatsgesängniß, jetzt Zeughaus, Münze, Reichsarchiv, Juwelenkammer u, s. w.; das britische Museum mit Kunstgegenständen, Naturalien, Handschriften und Büchern; das ostindische Haus; über 500 Gebäude für den Gottesdienst. Ueber die Themse führen 7 Brücken nnd unter derselben der Tunnel (t843 vollendet). — Mittelpunkt des geistigen Lebens, viele gelehrte Gesellschaften, Universität, polyt. Institut, über 4000 Erziehungsanstalten, 18 öffentliche Bibliotheken. — Viele Humanitätsanstalten, 107 Armenhäuser, 22 Krankenhäuser, Waisen-, Irren-, Jnvalidenhäuser; über 100 wohlthätige Gesellschaften. — Industrie im großartigsten Maßstabe in Gold- nnd Silberwaaren, Uhren, optischen nnd physikalischen Instrumenten, die kolossalsten Bier¬ brauereien der Erde n. v. a. — Die City, Mittelpunkt des Welthandels. Täglich laufen an 50 Schiffe ein, jährlich über 10.000 Dampfer und Küstenfahrer; der Zoll beträgt jährlich 120 bis 140 Mill. Gulden, der Werth der Ein- und Ausfuhr an 700 Mill. Gulden. Nach allen Richtungen laufen Eisenbahnen und Telegraphen ans. Die großartigsten Institute sür Hebung des Handels. Ostindische Compagnie, Hnd- sonsbai-, Lloyd- nnd viele andere Gesellschaften; die Bank von England ist das größte Institut dieser Art, über 100 Privatbanken, viele Assekuranz- und Aktiengesellschaften; Stockbörse, königl. Börse, Kornoörse, Clcaringhouse (---Klihrmghons', tägliche Ver¬ sammlung der Commis der Banquiers zur Abrechnung; große Docks, Waarcnhäuser и. s. w. Belustigungsorte: >4 Theater, St. James- und Hydepark (--- Heidepark) u. a. — Weltindnstrie-Ausstellungen im I. 1851 und 1862. — Milton (-- Milt'u) geb. 1608, ch 1674 (Dichter des „verlornes Paradies"), Gibbon Gibb'n, Geschichtschreiber, 1737, ch 1704. — Harwich (—Härrilsch, 25.000 E), Ueberfahrt nach Holland, Schweden nnd Hamburg. 2. Königr. Kent: Canterbury (--- Käntcrbri), Sitz des ersten anglikanischen Erzbischofes, prächtige Kathedrale. Dover (22.000 E.), Ueberfahrt nach" Frankreich (nach Calais in 3 Stunden); unterseeischer Telegraph nach Calais. Lhattam (— Tschättäm, 28-OVO E.), Hanptstativn der Kriegsschiffe. Woolwich (--» Wnllitsch), großartiges Arsenal,Kanonengießerei. Greenwich (—Grihnitsch, Themse, 30.000E.), berühmte Sternwarte ; 17" 39' 38" östl. von Ferro, die Briten rechnen nach dieser Länge); Marine-Jnvalidcnhaus, Erziehungsanstalt für Matrosenkinder. 3. Königr. Sussex (—Sösscx): Brighton (—Brcit'u, 78.000 E.), Seebäder, Ueberfahrt nach Dieppe. R i ch M o nt (— Nitschmöud), k. Schloß. 4. Könige. Wessex: Portsmouths--- PordsmödS, 95.000 E ), Festung, Kriegö- hafen, Seearsenal. Gegenüber die fruchtbare, reizende Insel Wight (--- Ueit) und die große Rhede von Spithead (— Spithedd , wo sich große Kriegs- nnd Handels- flotten vor dem Auslaufen versammeln. Southampton Sanßhämmtn, 35.000E), Fabriken, Färbereien, Seehandcl, Hanpthasen sür Frankreich und die Pyrcnäenhalb- rnsel. Londons Hanptstation für die Packetboote nach Westindicn und dem Oriente. Plymouth (--- Plimmöds, 63.000 E.), Kriegshasen Niit dem berühmten Damme Klun Geographie, 7. Ausl. f Z 194 (Vreakwater) vor dem Hafen; südwestlich auf einer Klippe der kühn gebaute Leucht¬ thurm Eddystone (Eddistohn). Exeter (40.000 E.), Fabrikation, Handel. Fal¬ mouth Fahlmöds), befestigter Hafen, Packetbootfahrt nach Spanien, Portugal und Amerika. Bristol (— Brist'l, 154.000 E.),-Feftmtg; Fabrikation in Messtng- waaren, wichtiger Handel mit beiden Indien; dritte Handelsstadt des Reiches. Bath (—Bähds, 75.000 E.), viele Paläste, Schwefelbäder, sehr besuchter Badeort. Salis¬ bury (— Sahlsbri), Bischofssitz, schöne gothische Kathedrale; Fabrikation, Viehzucht. Windsor (a. d. Themse, 10.000 E.), königl. Schloß. — Unweit der französischen Küste liegen die normannischen Inseln, von denen Guernsey (--- Gern'ßi; Hauptort St. Pierre, 15.000 E.), und Jersey (— Dscher'ßi, Hauptort St. HiÜier s— Sänt' Jljeh, 20.000 E.j) die größten sind. 5. Königr. Ost angeln; Norwich (--- Norritsch, 74.000 E.), große Wollindustrie; Schuhmacherei für die Colonien; Korumarkt. Uarmonth (Jarmöds, 30.000 E.), Hafen,Häringsfischerei; Nelson'sDenkmal. Camoridge (— Kämmbritsch,28.000 E.), berühmte Universität (seit dem dreizehnten Jahrhundert). 6. Königr. Mercia (---Mersih): Oxford (— Oakssörd, a. d. Themse, 25.000E.), älteste, schon unter Alfred gegründete Universität, berühmte Bibliothek. Leicester (--Lester, 68.000 E.), großartige Fabrikation von Strumpfwaaren. Nottingham (--- Nvatling'hämm, am Trent, 75.000 E.), die wichtigsten Strumpfwcbereien Eng¬ lands und andere Fabriken. Richard Arkwright (—Aerkreit), Erfinder der Baum- wollmaschiue 1768, geb. 1740, f 1792. — Derby (41.000E.), Seidcuiudustrie,Spin¬ nereien, Porzellan. Etruria, Hanptort des 6 Meilen großen Töpferbezirke«, „rko Uottsriso" (tsi Pott'ris), wo Uber 50.000 Arbeiter mit Erzeugung des Wedgewood- (---Wedschwnhd) Geschirres beschäftigt sind*). Stockport (5.-.000 E-), sehr bedeu¬ tende Baumwollsabriken. Chester (— Tschestr, 25.000 E.), starker Käsebandel; Ueber- fahrt nach Irland. Shrewsbury (— Schruhsbri), große Wollmanufaktnr. Wol¬ verhampton (— Wolwcrhämpt'u, 61.000 E.), Eisen- und Steinkohlenbergwerke; sehr bedeutende Eisenindustrie. Birmingham (— Börming'hämm, 328.000 E.), erste Fabriksstadt Englands im Mittelpunkt eines ausgedehnten Eisenbahn- und Kanalsyftemes, in der Nähe großer Eisen- und Steinkohlenminen. Fabrikation aller Arten von Metallwaaren (Maschinen, Waffen, Messer, Nägel, Nadeln, Kupfer- und Goldwaaren, jede Art Kurzwaaren u. s. f.) In letzterer Zeit berechnete man im Jahre: um 6 Mill. Gulden Knöpfe, 115 Mill. Stahlfedern, monatlich 6000 Flinten¬ röhre, wöchentlich 2000 Millionen Stecknadeln, stündlich 30—40.000 Kupfermünzen u. s. w. Vervollkommnung der Dampfmaschinen durch Watt und Boulten. — Worcester (—Wüster, 30.060 E.), Handschuh- und Porzellaufabrikalion. Strat- fort (am Avon), Geburtsort des Dichters Shakespeare (--- SchehkS'pchr, geb. 23. April 1564, -f 23. April 1616). 7. Königr. N ort hu m b erlaub (— Noards'ömberländ). — Hüll (---- Höll', am Hinüber, 99.000 E), Fischerei, sehr bedeutender Handel, Waltfischfaug; große Docks, viele Fabriken (vierte Handelsstadt Englands). A ork (Lbvravum, 40.000 E ), sehr alle Stabt an der Ouse, herrliche Kathedrale, zweites ErzbiSlhnm. Sunder¬ land (--- Sönderländ, 80.000 E.ssi Fabriken, starke Steinkohlenausfuhr. New¬ castle (-- Rjukaßl, an der Tyne, 109.000 E.), Mittelpunkt des ungeheuren Stein- kohleugebietes (25.000Bergleute, 4600 Schiffe für den Kohlenhandel; an 460Mill Etr. Kohlen Jahresproduktion). Ueberdieß Fabrikation von Danlpfmaschinen, Eisen- und Stahlwaaren, chemischen Produkten n. a. Liverpool (—Liwerpuhl, Münduilg des Mersey, 477.000 E. , zweite Handelsstadt des Reiches, eine Menge der ältesten und schönsten Docks in England; Packetboolsahrtcn nach Nord- und Süd-Amerika, dem Millelmecre, Portugal und vielen anderen Plätzen; Tausende von Auswanderern schissen sich jährlich hier ein. Handel mit Irland in Getreide, Mehl, Vieh; erster Platz für den Baumwollhandel in Europa durch seine Verbindung mit Manchester (— Mäntschestr); Handel mit den Ostseeländcrn, Guinea, China, Ostindien n. s. f.; mehr als 1660 eigene Schiffe, über 14.000 besuchen jährlich den Hasen. Ein- und Ausfuhr im Wcilhe jährlich über 500 Mill. Gulden. Erste größere Eisenbahn (zwischenLiverpool und Manchester) imJ. 1828 beendet. Manchester (---Mäntschestr, über 355.009 E.), Hauptsttz der großartigen englischen Baumwollindustrie und der erste Fabriksplatz der Erde in diesem Zweige (in der Nähe sind viele Orte mit ») Nach Josua Wedgewood, dem Begründer von Etruria, der die Töpferei ver¬ vollkommnet hat, so benannt. (Geboren 1730, s 1785.) 195 diesem Fabrikatiouszweige beschäftigt, darunter 10 Städte mit 40- bis 140.000 E.); überdieß berühmte Schaswoll- und Lcinenwaarensabriken, Färbereien, Maschinenbau u. a. Aus den Steinkohlengruben von Worslei führt nach Manchester der Bridge¬ water- (— Breitschuatr) Kanal über Berge, Thäler, Flüsse, durch Felsen (über den schiffbaren Jrwell und unter der Erde), erbaut 1758— 1761. — Sheffield (— Schesfihld, 185 000 E.), größter Fabriksort für Stahlwaaren, besonders Messcr- schmiedarbeitcn, Sägen, Feilen, Blccharbeiteu, Werkzeuge, landwirthschaftliche Gerathe. — Leeds Lihds, 224.000 E.), Hauptsitz der Tuchsabrikation und der gesammten Wollindustrie; in der Nähe bedeutende Fabriksorte in diesem Zweige (Bradford sIOö.OOO Es, Halifax, Huddersfield sH'öddersfihld, 21.000 E.s, u. v. a.) — Earl iS le (-» Kahrleil', am Eden, 26.000 E.), von hier geht die Pikten-Mauer (von Kaiser Hadrian im I. 120 n. CH. erbaut) nach Newcastle. — Keswik, in der schönsten Gegend Englands, erzeugt die besten Bleistifte. — Insel Man (--- Man) mit 45.000 E., keltischer Abkunft. 8. Fürste nthum Wales. — Sehr gebirgig, großer Reichthum an Eisen; große Städte fehlen. Pembroke, Hauptort, mit dem trefflichen Milfordhafen (zusammen 70.000 E.), starker Handel. — Dem Snowdon gegenüber die flache, kupferreiche Insel An glesea (— Aengl'ßih), mittelst einer Kettenbrücke und der Britannia- Tuunelbrücke mit dem Fcstlande verbunden. II. Schottland (Süd-, Mittel- und Nordschottland mit 33 Grafschaften). Süd-Schottland: Edinburg mit dem Hafen Leith (— Liyß'über 200.000 E.), herrliche Lage auf drei Hügelreihen, welche durch tiefe Schluchten von einander ge¬ trennt und durch große Brücken mit einander verbunden sind; meist enge Gassen mit sehr hohen Häusern (sogar 10—12 Stockwerke). Ausgezeichnet durch Bildung, der Pflege von Wissenschaft und Kunst; Universität, mehrere Bildungsaustalten und gelehrte Gesellschaften; starker Handel. In der Altstadt dec k. Palast > Holyrood — Hal'liruhd, heiliges Kreuz). Der Romaudichter Walter Scott, geboren 1771, 1 auf seinem Landsitze bei Edinburg 1852. — Glasgow (--- Gläsko, 424.000E-, am Clyde), Universität; erste Fabriks- und Handelsstadt Schottlands (Baumwolle, Leinen, Steingut, Glas, Ledern, a.); großer Glasgow-Kanal; unerschöpfliche Stein- kohlengruben. Paisley (--- Pehsli, 60.000 E.), wichtiger Fabriksort (Baumwolle, Seide u. a.), Bleichen, Kohlengruben. Greenock (----Grihuöck, 37.000 E.s, wich¬ tiger Hafen mit Docks, Seehandel, Zuckerrasfinerien. 'Mittel-Schottland: — New-Aberdeen (--- Nju Aebberdihn, 74.000 E.), Universität, Fabrikation (Tuch, Zwirn, Leinen, Eisenwerke), Schiffbau, Hasen, starker Handel. Perth (Perds,25.000E.),bedeutenderJndustricort (Leinen, Baumwolle,Leder, Bleichen); einst Kröuuugsstadt der schottischen Könige. Dundee (Döndi, 91 000 E.), große Fabriken, Hasen mit schönen Docks; merkwürdiger Leuchtthurm auf Bcllrock. Nord-Schottland: —Jnverneß (17.000 E.i, am Nordende des kalebonischen Kanals; viel Fabrikation und Handel; Hauptmarkt der Bergschotten. Hierzu die Hebriden, an 300 Inseln in zwei parallelen Reihen, davon bei¬ läufig 200 bewohnt (von 70,000 E), Viehzucht, Fisch- und Vogelsang. Kaltes, sehr feuchtes Klima. — Von den 67 Orkney's-Jnseln sind 29 bewohnt, die übrigen dienen als Viehweiden. — Die 88 Shetland's-Jnseln (mit 30.000 E.), meist als Viehweiden benutzt. III. Irland; die 4 alten Königreiche zerfallen in 32 Grafschaften (Conntis ----- Kauntis). Leinster (— Linster): — Dublin (318.000 E.), Sitz des Vice-Königs, deSengl. Erzbischvfes und Primas des Reiches, viele Klöster; Protest. Universität, zahlreiche öffentliche Schulen. Handel mit Getreide. Leinwand, Fleisch; Banken. Ulster (---Oelster): — Belsast (Bellsäst, 120«,00 E.s, großartige Spinnereien hier und in der Umgebung, Leinen- und Baumwoll-Fabrikation, Zuckersiedereien u. a.; wichtiger Handelsplatz; kath. Bistbum, kön. Kollegium. Londonderrv (20.000 E.), Handel mit Leinwand nnd laudwirthschafilichen Produkten; starke Fischerei. — Down-Patrick (Daun Patrik), in der Kathedrale die Gebeine des heil. Patrick, des Schutzheiligen von Irland, t 483 (?i. Connaugbt (—Kannaht): — Galway (---- Gallueh, 40.000 E.),'kathol. Bis- thum, königl. Kollegium. Munster (— Möunster): — Waterford (25.000 E.), Zucker- und Salz¬ siedereien, Leinen, Glas, Eisenwaaren; Fleischhandel; Hafen. Cork (79.000 E.), zweite Stadt Irlands, cngl. und kathol. Bisthum, Fabrikation von groben Leinen, Wollwaaren, Papier, Glas; wichtiger Schiffbau; Handel mit Butter und Pöckel- 13*' 196 fleisch („Schlachthaus des britischen Reiches"). L i m m e rik (45.000 E.), Festung, starker Handel. iv. Britische Kolonien: In Europa: Gibraltar, Malta, Helgoland. „ Afrika: Capland, Sierra Leone, Gambia-Küste, Goldküste; die Inseln: Ascen¬ sion, St. Helena, Mauritius, die Sechellen, Sokotora. „ Asien: Aden (in Arabien), Vorder-Indien (bis I8Z8 der englisch-ostindischen Compagnie gehörig), Ceylon, Theile von Hinter-Jndien, Singapore, Insel Hongkong (vor Kanton in Chinas. „ Amerika: Das Festland im Norden der Union (großtentheils), Bermudas- und Bahama-Jnseln, einige der kleinen Antillen, Jamaika, Theile von Ancatan, Mosqnitia und Guyana, Faltlandsinseln. „ Australien : Niederlassungen auf Neu-Holland, Tasmania, Norfolk, Neuseeland. Knlturlüld. Die Landwirthschaft hat in Großbritannien, insbesondere in den östlichen Theilen Englands, die bedeutendsten Erfolge erzielt. Trotz der sorgfältigen Bebauung und der vielfachen Anwendung von landwirthschaft- lichen Maschinen, genügt jedoch die Produktion nicht für den Bedarf der dichten Bevölkerung. Der Ertrag an Körnerfrüchten wird im vereinigten Königreiche jährlich auf 80 Mitt. Quarter (L Wiener-Metzen) berech¬ net. Auch der große Bedarf von Handelspflanzen, sowie an Nutz- und Bau¬ holz muß durch Zufuhren gedeckt werden. — Einen Glanzpunkt bildet die Viehzucht sowohl durch die Anzahl der Heerden, Oekonomiehöfe und Meiereien und deren zweckmäßige Einrichtungen, als durch den wissenschaft¬ lich-praktischen Betrieb, unterstützt durch günstige klimatische Verhältnisse. Großbritannien nimmt hierin den ersten Rang auf der Erde ein. Die Pferdezucht ist ein Gegenstand des Nationalstolzes, die Nace steht der ara¬ bischen zunächst. (Pferderennen.) Ausgezeichnet ist die Zucht des Rindviehes, der Schafe, des Borstenviehes. Sehr umfangreich wird die Seefischerei betrieben, vorzüglich an der schottischen Küste. Auch der Härings- und Wallfischfaug ist wichtig. Von höchster Bedeutung für die Industrie und somit eine der Grund¬ lagen des Nationalreichthums sind die Produkte des Bergbaues. In erster Linie steht die ungeheuere Ausbeute von vorzüglicher Steinkohle (Nort- humberland, Durham u. a. O.); über 3000 Gruben lieferten in letzter Zeit an 1700 Mill. Ctr. iin Jahre, und der Werth der exportirten Kohle übersteigt im Jahre 30 Mill. Gulden. Von nicht geringerer Wichtigkeit sind die Eisenbergwerke, von denen die meisten in der Nähe von Kohlengruben, des Meeres oder schiffbarer Flüsse liegen. Die reichsten Lagerstätten sind im südlichen Wales, in Stafford, Derby, Jork, Schottland n. a. O. Die Roh eisenprodnction ist stets im Wachsen; während vor 100 Jahren nur etwa 1 '/2 Mill. Ctr. an Eisen jährlich gewonnen wurden, gewinnt Großbritannien jetzt nahezu 70 Mill. Ctr., wovon große Mengen zur Ausfuhr gelangen. In den letzten Jahren betrug der Werth des exportirten Eisens und Stahles (ohne Maschinen und Knrzwaaren) über 135 Mill. Gulden, also fast 20 Mill. Gulden mehr als die Goldausbeute Californiens in jenem Jahre. Bedeutend ist ferner die Ausbeute von Zinn (über 90 der Gesammtaus- bente Enropa's, vorzüglicher Qualität), Kupfer (über 7 Mill. Ctr.ch Zink und ausgezeichnetem Graphit. Großen Reichthum hat es an Salz, Por¬ zellan- und Tvpferthon, Mineralwässern und vielen andern mineralischen Produkten. 197 In keinem Lande der Erde hat die Industrie eine solche Höhe und Ausdehnung erreicht, als in Großbritannien. Auf dem Grundsätze der freien Thätigkeit und der Theilung der Arbeit ruhend, — unterstützt durch hohe technische Ausbildung, welche die von der Natur gebotenen Schätze gro߬ artig auszubeuten versteht, — durch ein Maschinenwesen, durch welches fast alle Fabrikate zur möglichsten Vollkommenheit gebracht wurden, — endlich durch den steigenden'Associationsgeist, wodurch große Kapitalien zu verhält- nißmäßig niederem Zinsfüße den industriellen Unternehmungen znlließen; — durch diese Vorbedingungen hat das Reich in manchen Zweigen der tech¬ nischen Kultur eine Ausbildung gewonnen, wie uns die Kulturgeschichte der Völker kein zweites Beispiel liefert. In der Mitte von England, dem Haupt¬ sitze des großen Reichthums an Mineralien, ist seit lange auch der Hauptsitz der Metallwaaren-Fabrikation; das nördliche England ist ausgezeichnet durch die Wollen-, Baumwollen- und Leinenindustrie; >—- im südlichen Theile sind meist jene Gewerbe vertreten, welche mit Handel, Künsten und Wissen¬ schaften in unmittelbarer Berührung stehen. Schottland und Irland stehen nur in einzelnen Zweigen auf gleicher Höhe mit England. Der wichtigste Zweig ist die Banmwollen-Manufaktur, worin England den Weltmarkt beherrscht. Vor etwa 70 Jahren exportirte es Baumwollwaaren im Werthe von beiläufig 3 Mill. Gulden; gegenwärtig verarbeitet es beinahe der auf den Weltmarkt gelangenden Baumwolle, d. i. über 12 Mill. Ctr.; der Werth der Erzeugnisse übersteigt 570 Mill. Gulden, wovon um nahezu 500 Mill. Gulden exportirt werden. Manchester sammt Umgebung ist hie- für der erste Platz auf der Erde; überdieß sind berühmt: Blackburn, Nor¬ wich, Glasgow, Paisley und Belfast nebst vielen andern Orten. Sehr wichtig ist die Fabrikation in Schafwolle, wozu jetzt der Rohstoff aus Australien, Ostindien, Südafrika, dann aus Deutschland, Spanien u. s. w. bezogen wird. Die meisten und größten Fabriken sind in Iorkshire und Lancaster; der Produktionswerth beträgt über 300, der Werth der eppor- lirten Waaren über 135 Mill. Gulden. Bon relativ geringerer Bedeutung sind die Leinenfabrikation (am stärksten im nördlichen Irland, im östlichen Schottland und nördlichen England) und die S eidenindustrie. In Me¬ tal lwa ar en nimmt England den ersten Rang auf der Erde ein. Die Fabrikate zeichnen sich durch höchste Vollendung der Arbeit aus, wenn sie bisweilen auch von minder gefälligem Style sind. Der Werth wird jährlich auf mindestens 220 Mill. Gnlden veranschlagt, wovon um etwa 200 Mill. Gulden zur Ausfuhr kommen. Der Hauptsitz ist Birmingham, dann sind bekannt: Soho und Wolwerhampton (Schlosserwaaren), Sheffield (Schneide¬ werkzeuge), Salisbury (Scheereu), Redditsch (Nadeln), London (Instrumente), Bristol (Messingwaaren), Stafford, Shrop (Eisenbahnschienen), Woolwich (Kanonen), Manchester, Birmingham (Maschinen) u. v. a. — Ausgezeich¬ net sind Leder und Lederfabrikate im Produktionswerthe von 180 Mill. Gulden. Hierbei ist der Einfluß der technischen Chemie von ungeheueren Erfolgen begleitet. Wichtig sind Bermondsey, London, Bristol (Sattler- und Ricmerwaaren); großartig sind die Schuhmacherwaaren (Werth an 100 Mill. Gulden); Lupus- und Galanteriewaaren u. a. Von nicht zu un¬ terschätzender Bedeutung sind fernerö der Schiffbau, dann Papier, Krhstall- glas, Porzellan und Wedgewood, Tabak, die enormen Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Gold- und Silberwaaren, und fast alle Zweige 198 gewerblicher Thätigkeit. Die Intelligenz, Betriebsamkeit und Ausdauer ha¬ ben in diesem Lande hierin unermeßliche Erfolge erzielt. Nicht minder kolossal als die Industrie ist der Handel; Großbri¬ tannien ist die erste Handelsmacht der Erde. Nach allen Ländern der Erde gehen englische Erzeugnisse; auf allen Meeren schwimmen englische Handels¬ schiffe; in allen Theilen der bewohnten Erde haben die Briten Nieder¬ lassungen oder vortheilhafte Handelsverbindungen. Die glückliche Vertheilung und Schiffbarkeit der Flüsse, die vortrefflichen Landstraßen nach fast jedem Dorfe, das ausgedehnte Kanalsystem, die außerordentlich lebhafte Dampf¬ schiffahrt, die große Menge von Eisenbahnen (mit einem Aktienkapital von nahezu 4000 Mill. Gulden) und Telegraphenlinien befördern den inneren Handel. Im auswärtigen Handel umfaßt der Import Roh- und Hilfs¬ stoffe der Industrie und Konsumtionsgegenstände (darunter Getreide um mehr als 190 Mill. Gulden, Wein f40 Mill. Guldens, Spirituosen f30 Mill. Guldens, Zucker, Thee, Kaffee u. s. w.), im deklarirten Gesammtwerthe von über 1650 Mill. Gulden. Zum Exporte gelangen hauptsächlich die Fabrikate des Gewerbefleißes im deklarirten Werthe von 1420 Millionen Gulden (beide im I. 1864). Großartig ist die Rhederei. Die Handels¬ marine (ohne Colonien) zählte zu Anfang 1865: 40.778 Schiffe mit über 7 Mill. Tonnen. Unter den Förderungsmitteln des Handels stehen obenan die Banken (mit den Filialen ungefähr 1500 im I. 1865, darunter beson¬ ders wichtig die Bank von England), Handelsge sellschasten,Geld- und Kredit¬ institute u. v. a. Bei allem Reichthume Englands, neben welchem wir leider auch tief¬ stes Volkselend in Irland finden, sind die Unterri chtsanst alten noch immer unzureichend und mangelhaft; für die Volksbildung ist noch zu wenig gesorgt, Tausende wachsen ohne Unterricht auf und Hunderte von Ortschaf¬ ten sind ohne Schulen. Religiöse und moralische Bildung sind mehr durch Lebensgewohnheiten als durch Unterricht gefördert. In neuerer Zeit sind übrigens durch Privat-Gesellschaften und in Fabriksorten viele Schulen ein¬ gerichtet worden. Dagegen bestehen viele Vereine und Bibliotheken, welche diesem Uebelstande zum Theile abhelfen. Auch die Mittelschulen und Uni¬ versitäten (Oxford, Cambridge, Edinburg, Glasgow, Aberdeen, St. Andrews, Dublin) können mit den deutschen nicht in eine Linie gestellt werden. Die meisten Lehranstalten sind Privatschulen ohne öffentliche Aufsicht; wohlha¬ bende Leute lassen ihre Kinder zumeist zu Hause unterrichten. Deßunge- achtet befördern die Gunst der Großen des Reiches, einflußreiche Gesell¬ schaften, ausgezeichnete Sammlungen, der großartige Weltverkehr u. dgl. ungemein die Wissenschaften und Künste. Keine Nation hat eine so große Menge ausgezeichneter Staatsmänner, Seehelden, denen tiefe Denker, große Gelehrte und Dichter würdig zur Seite stehen. Die englische Literatur ge¬ hört zu den reichsten Europa's, namentlich in physikalischen und technischen Wissenschaften, in der Poesie und Geschichtschreibung. Dagegen besaß Eng¬ land bis jetzt verhältnißmäßig wenig hervorragende Künstler. — Großbritannien ist somit eines der reichsten, kultivirtesten Länder der Erde; überhaupt ist in Wohlstand, Sitte und Kultur überall und fortwährend ein erfreulicher Fortschritt sichtbar. 199 XI. Das Königreich Dänemark. 2596 OMeilen, — 1,824.000 Einwohner*). Das Königreich bewohnen Dänen; fast ausschließlich Protestanten. — Bestandtheile: I. Dänische Inseln in der Ostsee, — 2. Halbinsel Jütland, — 3. Färöer-Inseln, — 4. Island, — 5. die Colonien. Das Land. — Die Halbinsel Jütland (6I16I-80N68N8 Oirnkrion) ge¬ hört dem nordeuropäischen Hochlande an. Längs der Ostküste zieht sich ein niederer Landrücken (200"— 500") bis zur Nordspitze (Cap Skagen); im Inneren ist viel Haideland; im Westen fruchtbares Marschland. Die In¬ seln sind meist flach; an den Südküsten von Seeland, Fünen und Möen erheben sich Kreidefelsen. Die Färöer-Inseln sind kahle, baumlose, bis über 2000" hohe Felseninseln, aus vulkanischen Gesteinen bestehend, von Stür¬ men umbraust, mit rauhem, feuchtem Klima. Häufige und starke Nordlichter. Halbwilde Schafe; Eiderdunen; Fisch- und Seehundsfang. Island ist blos an den buchtenreichen Küsten bewohnbar; uur hier finden sich Weide¬ plätze und von Bäumen die Birke. Das Innere ist eine schauerliche Ein¬ öde. Kahle (bis 6000" hohe) Berge, die von 2500" an mit ewigem Schnee bedeckt sind; Gletscher, die bis zum Meere herabreichen; schroffe Felsen, öde Hochflächen, tiefe Thätzr, reißende Bergströme, gegen 60 Vulkane (im Süden der Hekla, im Norden der Krabla), Schwefelflächen und heiße Quellen (die beiden 80—stOO" hoch aufsteigenden Geisir) geben der Insel ein wildes Aussehen. Jütland wird vom Skagerak und dem Kattegat bespült. Aus dem Letzten führen der Sund (zwischen Schweden und Seeland), der große Belt (Seeland-Fünen) und der kleine Belt (Fünen-Jütland) in die Ostsee. Viele Bäche, kleine Seen, Torfmoore ikhd Sümpfe, wie an der deutschen Ostküste. — Im All¬ gemeinen nebliges, fe^hM Klima ohne große Temperaturunterschiede. Politische EillthcililNM.und Orte: Das eigentliche Dänemark wird in 7 Stifte eingetheilt, von denen 3 auf tste Inseln und 4 auf Jütland kommen. Bemerkens- werthe Orte sind: Auf den Inseln: — Kopenhagen (diin. Kjöbenhavn, 155.000 E.), Haupt- und Residenzstadt, eine der schönsten Städte Europas; der größte Stadttheil auf Seeland, der kleinere (Christianshavni 'auf der Insel Amager Meileu; 5,535.000 Einwohner, germanischen Stammes, fast ausschließlich Lutheraner; im Norden Lappen. Sch weden: 8026 OM., 3,917.000 Einw.; Norwegen: 5800 OM., 1,600.000 Eiuw., Insel Barthelcmy in West-Indien: 1 UM., 18.000 Einw. — Grenzen? Das Land. — Die skandinavische Halbinsel ist überwiegend Hochland, nämlich deren nördlicher nnd westlicher Theil, d. i. Norwegen. Das Ge¬ birge fällt im Westen so steil zum Meere ab, daß nur wenige Küstenstellen anbaufähig sind. Die Küste ist ungemein gegliedert; zahllose Buchten nnd Einschnitte (Fjorde, Fjorden-Küste) bilden zwar geräumige Häfen, doch sind sie wegen der starken Brandung kaum benutzbar. Gegen Osten und Süden, in Schweden, ist der Abfall allmählich, zum Theil terrassenförmig, von zahlreichen Thälern durchschnitten. Die am meisten ebenen Flächen sind im südöstlichen Theile Schwedens. Vor der norwegischen sowohl als der schwedischen Küste liegen zahlreiche Felseninseln und Klippen (in der Ostsee 201 Scheereu - Skären, Skärenküste). Während in Norwegen mehr als die Hälfte des Landes über 2000' Seehöhe hat, übersteigt in Schweden kaum der zwölfte Theil des Landes diese Höhe, und mehr als die Hälfte ist nur 300-900' hoch. Das wellenförmige Hochland zieht sich vom Waranger- Fjord im Nordosten längs der zerrissenen Westküste bis zum Cap Lindes- naes im Südwesten. Im Norden heißt das Bergland: lappländisches Gebirge, dann die Kjölen (— Dschölen, Sulitelma 5800'), gegen Süd¬ westen das Dovrefjeld, gegen Süden das Longfjeld (Snöhättan 7100', Skagastöl 7700'); — dazu kommen viele Lokalbenennungen. Das Gebirge hat alpine Natur. Der größte Theil der Berge ist mit ewigem >Lchnee be¬ deckt, Lawinenstürze sind häufig und Gletschermassen steigen bisweilen tief herab. Nirgends auf der Erde reicht eine so großartige Alpennatur mit Bergmassen, Pässen, Schneefeldern und Gletschern so weit gegen Norden hinauf als auf dieser Halbinsel. Die Halbinsel Skandinavien wird vom nördlichen Eismeere und dem Atlantik nebst dessen Theilen (Nordsee, Skagerrak, Kattegat, Ostsee) bespült. Einige der Fjorde haben wilde Ufer und reichen tief in das Land hinein bis an den Fuß der höchsten Berge. Häufig stürzen Flüsse unmittelbar von der Hochebene in das Meer und bilden viele sehr hohe Wasserfälle. Sehr reich ist die Halbinsel an Flüssen und Seen, doch sind von den Flüssen in Schweden nur wenige schiffbar, in Norwegen wegen der Klippen und Strom- schnellen keiner. Zu den größeren (Elf genannt, die kleineren heißen ü—oa) gehören: die Göta (Abfluß des Wcrnern-Sees in das Kattegat) bildet die schönen Trollhätta-Wasserfälle, neben welchen ein schiffbarer Kanal geht; die Mottala aus dem Wettern-See in die Ostsee; die Dal, Schwe¬ dens größter Fluß; die An-g ermann, Umeä, Pitea, Lulea, Torneä mit dem Mun io, letztere zwei sind Grenzflüsse gegen Rußland. Die Klara durchfließt den Famund - See und ergießt sich in den Wettern-See; der G lomen, Drammen und Louven münden in das Skagerrak. Nebst den genannten Seen sind bedeutend der Hjälmar-Scc, der schönste in Schweden, mittelst eines Kanales mit dem Mälar-See verbunden. — Im Norden breiten sich große Sümpfe und Moräste aus. Das Klima ist im Verhältuiß zur nördlichen Lage nicht übermäßig rauh. In Schweden ist der Sommer sehr warm, der Winter sehr kalt, welche Jahreszeiten fast unmittelbar auf einander folgen. In Norwegen sind Nebel und Regen vorherrschend; die Kulturpflanzen reichen weiter ge¬ gen Norden als in Schweden. Im Norden des Polarkreises herrscht eine sehr strenge Winterkälte, die Nächte dauern von 24 Stunden bis über 2 Monate; furchtbare Stürme wüthen auf den Hochflächen. Politische Eilltheilung und Orte: — Norwegen ist ein eigener Staat in Personal¬ union mit Schweden, d. h. in allen inneren Angelegenheiten ist cs von Schweden unabhängig, steht aber unter gemeinschaftlichem Oberhaupte und der Kronprinz de« vereinigten Königreiches ist Vice-König von Norwegen. Die Eintheilnng Schwe¬ dens ist in 4 Hauptprovinzen, welche in 24 Laue (Laudcshauptmannschast) zerfallen; Norwegen wird in 5 Stifte eingetheilt. L. Schweden. t. Schweden. — (Um den Mälar-See liege» die Provinzen Upland, West- und Südermanuland und Nerike, an der oberen Dal-Elf Delekarlieu): Stockholm (124.700 E ), Haupt- und Residenzstadt, am Ausfluß des Mälarsees in die Ostsee auf Inseln (Holmen) in sehr malerischer Lage erbaut. König!. Schloß, Admiralitäts- Gebäude, Nelchsbauk, schöne Kirchen (in der Ritterholmskirche Grabstätte der Kö- 202 nige aus dem Hause Wasa und großer Männer), Akademie der Wissenschaften, gute Lehranstalten (Central-Institut sttr Gymnastik); erste Fabriks- und Handelsstadt, Schiffswerste, Dampfschifffahrt. Mittelpunkt des geistigen Lebens, sowie der Industrie und des Handels. Stockholmer Blutbad im A. 1520 — In der Umgebung schöne kön. Lustschlösser und Landsitze. Aus einer Insel im Mälar die kön. Sommerresidenz Drottningbolm. — UpsLla (9300 E.), Erzbischof, Primas des Reiches, größte und schönste Domkirche Schwedens mit vielen Grabmälern berühmter Männer; Uni¬ versität (>477 gest.) mit botanischem Garten mit Linno's Denkmal (Linnö, geboren 4. Mai 1707 zu RaShult in Smaland, ff zu Upsala 10. Jan 1778). — Danne¬ mora, das wichtigste Eisenwerk in Schweden; Sala (3000 E.), die ältesten und ergiebigsten Silbergrnben; FLlun, berühmte Kupferminen. Die Landschaft Dale- karlien ist durch ihre treue und tapfere Bevölkerung ausgezeichnet. 2. Goth land. — (Der schönste, fruchtbarste, am dichtesten bevölkerte Lanbestbeil): — Gothenburg (oder Göteborg, 41.600 EI, bedeutende Industrie (Tabak, Bier, Thran, Papier, Zucker u. a.), zweite Handelsstadt: gute Lehranstalten. Karls¬ kron« (16.500 EI, befestigter Kriegshafen, Schiffswerft!, in Granit gehauene Docks; bedeutender Seebandel. Lund (9400 E.), Universität (gest. 1668), älteste Domkirche Schwedens. Kalmar (8700 E.), befestigter Hafen, bedeutender Handel; Union im I. 1397. Helsingborg, befestigter Hafen, Seebad, Ueberfahrt nach Dänemark. Norköping (21.600 E., a. d. Motala), Hauptsitz der Tnchfabrikation, Tabak, Schiffswerft!, Eisen- und Messingverarbeitmig, bedeutender Handel. Malmö (20.000 E.) und Dstadt, Hafenstädte, wichtiger Verkehr mit Deutschland. — Die Inseln Oeland und Gotland, auf letzterer Wisbh (5000 E.), einst (vor dem Emporblühen Riga's) freie, sehr mächtige Handels- und Hansestadt, als Mittelpunkt des deutschen Handels mit Rußland. 3. Nordland. — (Wenig anqebaut, dünnbevölkert): — Gefle (11.700 Einw., Mündung der Dal-Elf), Leinen-Manufaktur; Holz-, Eisen- und Fischhandel. L ule5 Piet?!, ÜlmeH, kleine Hafenorte am bottnischen Busen. Sonst wenige Dörfer und sehr zerstreut liegende Gehöfte. 4. Lappland. — Ein rauher Landstrich von nomadisirenden Lappen bewohnt, ohne Städte, mit wenig kleinen Dörfern, von denen Lockmock an der Lulea am bedeutendsten. s. Norwegen. 1. Christiani» (40.000 EI, Hauptstadt von Norwegen, Sitz des Statthalters, Universität und mehrere Lehranstalten; in der Nähe Eisenwerke; ansehnliche Indu¬ strie, nusgebreiteter Handel. Friedrichshall (7500 E), starke Festung; Eisen- nnd Holzhandel; Karl XII. ff 11. Dezbr. 1718. Kongsberg (4000 EI, wichtiges Silberbergwerk; Drammen (10.000 EI, Hanptplatz für den norwegischen Holz¬ handel: Fabriken. Laurwig, große Hochöfen und Eisenindustrie. 2. Christiansand (10.000 EI, Kriegshafen, lebhafter Handel. Bei Arendal (4000 EI große und reiche Eisengrubcn. 3. Bergen (26.000 EI, wichtigster Handelsplatz in Norwegen, früher Sitz der Regierung: Nationalmuseum; bedeutende Industrie (Tabak, Zucker, Thran, Papier, Pulver), sehr ausgedehnte Fischerei (Kabljau und Häringe), Fischhandel; befestigter Hafen. 4. Drontheim (16.000 EI, alte Kathedrale (Olafskirche), ehemalige Residenz- und Krönungsstadt der norwegischen Könige; Zuckerraffinerie, Handel. Röraasmit den reichsten Kupferminen in einer Seeböbe von über 5000. 5. Nordland und Finnmarken. Kleine Ortschaften, deren Bewohner Fischfang (Dorsche und Kabeljau) treiben, zumeist in der Umgebung der Lofädden-Jnseln. Der nördlichste Handelshafen der alten Welt ist Hammerfcst (auf Qnalö, 1100 Einw.), vorzüalich von russischen Schiffen besucht. —> Die nördliche,.Spitze von Europa ist da« Nordcap (auf der Insel Magcrö) und des europäischen Festlandes ist Nord-Kyn. Das nördlichste Fort von Europa (und der ganzen Erde) ist War- döhnus auf der Insel Wardö. Kulturbiid. Die natürliche Bodenbeschasfenheit und das Klima sind der Land- wirthschaft nicht günstig. Der meist felsige Boden ist nur dünn mit Dammerde bedeckt, daher nicht ergiebig, und trotz mühsamer Bearbeitung ist der Ertrag ein ungenügender. Während kaum der Gesammtfläche 208 auf das Ackerland und 3^ auf Wiesen entfallen, nimmt der Waldboden über 60 A ein; an 30^ aber sind unproduktiv. Nur im südlichen Schwe¬ den wird Getreide hinlänglich für den eigenen Bedarf gewonnen; nördlicher ist der Kartoffelbau; Norwegen bezieht den größten Theil des Bedarfes an Getreide aus dem Auslande*). Reich ist das Land an Beeren aller Art, Haselnüssen, isländisches Moos und vorzüglich an Holz. — Die Vieh¬ zucht wird sorgfältig, auch mit relativ gutem Erfolge betrieben. Pelzthiere kommen in großer Menge vor, deßgleichen Federvieh (Schwäne, Eidergänse); in den Polarländern ist das nützlichste Hausthier das Rennthier. Ungemein ergiebig ist die Seefischerei. — Der größte Reichthum liegt im Berg¬ bau. Kein Land besitzt so viel und so treffliches Eisen als Schweden; Hauptsitz für den wichtigsten Bergbau-Bezirk (zwischen 59 und 61° n. Br.) ist Dannemora. Nächst dem Eisen ist höchst bedeutend die Ausbeute an Kupfer zu Fälun (Schweden) und Röraas (Norwegen); dann an Silber in Kongsberg (Norwegen) und Sala (Schweden); überdieß an Kobalt, Alaun, Schwefel. Die Gewinnung von Seesalz ist geringe und der Salz¬ bedarf muß durch Zufuhren aus dem Auölande gedeckt werden. Ebenso ist nicht ausreichend die Ausbeute an Steinkohlen, welche aus England bezo¬ gen werden. Die gewerbliche Industrie ist noch von geringem Belange. An der Westküste ist das Hauptgeschäft der Bevölkerung die Fischerei; im In¬ nern des Landes der Holzschlag, Bergbau und Hüttenbetrieb; im östlichen und südlichen Theile Schwedens der Ackerbau und die Viehzucht. Die häus¬ liche Gewerbethätigkcit sorgt für die Befriedigung der geringen Bedürfnisse der relativ dünnen Bevölkerung; der Landmann verfertigt im Winter seine Geräthe und Werkzeuge, Wollenzeuge und Leinwand. Trotz der Bestrebungen der Regierung hat eine ausgedehnte Fabriksindustrie noch nicht Wurzel ge¬ schlagen. Der bedeutendste Ort ist in dieser Richtung Stockholm. Diese Stadt liefertmehr als die Hälfte sämmtlicherJndustrieerzeugnisse des Reiches; zunächst stehen im Gewerbefleiße: Gothenburg, Norköping, Karlskrona, Malmö und Gefle; in Norwegen: Bergen, Christiania, Drontheim und Arendal. Am höchsten steht die Fabrikation von Metallwaaren (Anker, Ketten, Stahl, Maschinen sin Motalas, Gewehre u. s. w.). Der größte Theil geht als Guß- und Stabeisen und Stahl in das Ausland. Großartig ist der Schiffbau (in Stockholm, Gothenburg und Bergen), sowie die Verarbeitung von Hvlz. Erwähnenswerth sind überdieß: Zucker, Tabak, Leder, Bier, Branntwein, Tuch, Baumwollstoffe, Leinwand. Im Allgemeinen steht in der Industrie Schweden viel höher als Norwegen. — Einen bedeutenden Rang nehmen der Seehandel und die Schiffahrt ein; insbesondere sind wichtig Stockholm und Bergen, u. z. im Verkehr mit Großbritannien, Rußland, den Ostseeländern, Lübeck und Hamburg. Eingeführt werden: Getreide, Kolonial- waaren, Fabrikate, Steinkohlen; ausgeführt: Eisen, Stahl, Holz, Leder, Pelzthiere und Fische. Der Binnenhandel ist ziemlich lebhaft; im Norden der Hausirhandel. Kanäle, im Süden gute Straßen, Eisenbahnen, Dampf- schifsahrts-Verbindungen, viele Geld- und Kreditinstitute befördern denselben. Die Bevölkerung ist sehr ungleich vertheilt. Im südlichen Schwe¬ den leben an 2000, im südlichen Norwegen an 1700, in den nördlichen *) Angebaut werden: Weizen bis 60° n. Br., Hafer bis 64°, Roggen und Hanf bis 67°, Gerste Lis 70°, Kartoffel bis 71° u. Br. 204 Theilen 20—40 (im höchsten Norden noch weniger) Einwohner auf I ^M., welche theils der germanischen Völkerfamilie angehören (Schweden, Nor¬ weger, Dänen, Isländer), theils Lappen (finnischen Stammes) sind. Allein¬ herrschende Kirche ist die lutherische. Der Zustand der geistigen Kultur ist ein erfreulicher. Die zahlreichen Volksschulen sind trefflich eingerichtet, und Schullehrer besuchen die oft weit auseinander liegenden ländlichen Woh¬ nungen. Fast alle Bauern können lesen; in Norwegen bestehen darauf be¬ zügliche strenge Gesetze. Die Mittelschulen und die Universitäten (Upsala, Lund, Christiauia) sind nach deutschem Systeme organisirt. Ueberdieß be¬ stehen zahlreiche Specialschulen und Kunstanstalten; Schweden hat sich zu¬ nächst in den Naturwissenschaften ausgezeichnet. Auf einer sehr niederen Stufe stehen noch die Lappen; doch besteht für diese ein Seminar zu Dront- heim, wie überhaupt auch auf möglichste Volksbildung dieses Stammes hin¬ gearbeitet wird. XIII. Das Kaiserthum Rußland. An Europa: 90.263 ^Meilen, 67,542.000 Einwohner *); — außereuropäische Besitzungen 295.089 oMeileu, 8.385.000 Einw.**). Beiläufig 62 Mill. Angehörige der griechischen orthodoxen Kirche; dann etwa 3 Mill. röm. Katholiken, 2^/, Mill. Mnhaincdaner, 2 Mill. Lutheraner, IV, Mill. Israeliten, endlich Heiden. — Nach der Nationalität beinahe 53 Mill Slaven, überdieß wohl 100 an Sprache und Sitte verschiedene Volksstammc. — Grenzen? Das Land. — Der größte Thcil des europäischen Rußlands gehört der sarmatischen Tiefebene an. Kaum der zehnte Theil ist Gebirgsland, während sich das einförmige Flachland über 400 Meilen in die Länge und 300 Meilen in die Breite ansdehnt. Das Berglaud tritt vorwiegend an den Grenzen empor. An der Ostgrenze Europa's erhebt sich der Ural; der nördliche (bis zu den Petschora-Quellen) ist wüste und kahl; der mittlere (bis zur Einseukung bei Jekaterinburg) ist reich an Erzen und Hochgipfeln; der südliche, waldreiche, verflacht sich allmählich zu den Steppenlandschaften und der Tiefebene am Caspischen Meere und Aralsee. Vom Schwarzen zum Caspischen Meere zieht sich der Kaukasus mit hohen Terrassen zu beiden Seiten des Hauptkammes. — Im Süden der Krim ist das Jaila- Gebirge, im Norden derselben die wasser- und baumlose politische Steppe. — Jin Westen streichen Verzweigungen der Karpathen in das Land, am Dnjestr das Medoborskische Gebirge (Honigwald) genannt. Zwischen dem bottnischen und finnischen Meere erhebt sich der schmale finnische Landrücken. Das Tiefland im Inneren wird durch zwei breite Landhöhen in ein nördliches, mittleres und südliches Tiefland geschieden. Die uralisch-bal¬ tische Landhöhe zieht sich vom Quellgebiete der Kama bis au die Ostsee; ihre größte Erhebung ist die Waldai-Höhe (oder der Wolchonski-Wald), das Quellenland der Wolga. Im Norden dieser Landhöheu liegen weite Wälder, Sümpfe und Seen, an welche sich eine öde Wilduiß (die „Tundra") s) Europäisches Rußland im Ganzen 90.135 OM., Polen und Finnland. 9.128 **) Kaukasische Statthalterschaft 8.034 Sibirien und Ncbmländer 262.746 " Russisch-Amerika. 24.300 GlMZ-NllßllMd... ( 394.343 M., 61,062.000 Einw. 6,480.000 „ 4,258.000 „ 4,071.000 „ 54.000 „ 75,925.000 Einw. 205 mit Flechten und Moosen ««schließt. Die uralisch-karpathische Land¬ höhe beginnt am Südrande des Ural, zieht sich als dänisches ukrainische, podolische und wolhhnische Landhöhe bis nach Polen. Zwischen den beiden Landhöhen liegt das fruchtbare, gut angebante mittlere Rußland, reich an Ackerprodukten und Wäldern; im Süden der letzten Laudhöhe find Steppen, hie und da unterbrochen von Ackerlandschaften und Grassluren. Das Nördliche Eismeer mit flachen, der Bottnische Busen mit felsigen und steilen Küsten, der Finnische Busen (im Norden mit stei¬ len, im Süden mit flachen Küsten) und das Schwarze Meer bespülen dieses ausgedehnte Reich. Kein Land hat verhältuißmäßig so viele bedeu¬ tende schiffbare Flüsse, welche durch zahlreiche Kanäle unter einander und mit allen genannten Meeren in Verbindung gesetzt siud, wodurch der Wasser¬ verkehr eine ganz besondere Wichtigkeit erlangt. Nach Norden fließen: die Petschora, an deren Lauf durch Wüsteneien kein bedeutender Ort liegt; die Dwina entsteht aus zwei Flüssen, hat im Mesen und der Onega zwei sie begleitende Flüsse und mündet bei Archangel. In den Bottnischen Busen geht der Grenzfluß Toruea; die Newa (der europäische St. Lo¬ renzstrom) ergießt sich aus dem Ladoga-See (der durch Zuflüsse mit meh¬ reren Seen verbunden ist) in den Finnischen Busen. Aus den Sümpfen des Wolchonski-Waldes fließt die Düna in den Busen von Riga; der schiff¬ bare Njem en mündet in das Kurische Hass und die ans Oesterreichisch- Schlesien kommende Weichsel ist der Hauptfluß Polens, wo sie den Bug aufuimmt. Der wichtigste Fluß mit dem größten Gebiete, dem reichsten Ge¬ äder und der verzweigtesten Canalverbindung (wodurch er mit allen ge¬ nannten Meeren in Verbindung steht), ist die Wolga, die mächtigste Ver¬ kehrsader des Reiches, welches sie von der Waldai-Höhe bis zum Caspischen Meere durchfließt. Ihre größten Nebenflüsse sind die Oka mit den vielen Zuflüssen aus dem mittleren Rußland, und die Kama, welche die Gewässer des Ural sammelt. Vom Süd-Ural fließt der Grenzfluß zwischen Europa und Asien, der Ural (oder Jaik) dem Caspischen Meere zu; und vom Kaukasus die Kuma, der Terek und der Kur. In das Schwarze Meer ergießen sich der Dujepr (Lvr^tlmnos), dessen Beschiffung theilweise durch Stromschnellen („Porogen" unterhalb Kiew) erschwert wird; der Don (Vunais) und der Bug fließen in das Azow'sche Meer. Ans den Karpa¬ then kommen der Dnjestr (N/ras) und Pruth. —> Unter den zahllosen Binnenseen sind die bedeutendsten: die finnischen Seen (Paijäne, Sauna, Enara), der Onäga-, Lädoga- (Europa's größter), Ptzipus-, Jlmen-See u. a. m. In Südrußland sind viele Salzseen (Elton-See). Bei der großen horizontalen Ausdehnung des Reiches ist das Klima sehr verschieden und inan unterscheidet dießfalls vier Landstriche: den war¬ men (südlich vom 50" n. Br.), sehr fruchtbaren, mit vorherrschender Wei- zeukultur und großen Lanbholzwäldern; in den südlichen Thälern gedeiht die Rebe, der Oelbaum u. s. f.; der Sommer ist lang, drückend heiß, der Winter kurz (Odessa, Sebastopol, Astrachan); — den mittleren oder ge mäßigten (50-- 57" n. Br.), mit den fruchtbarsten und bestangebauten Thei len des europäischen Reiches; große Wälder wechseln mit Feldern und Wie¬ sen, der rauhe Winter dauert an sieben Monate, der heiße Sommer au fünf Monate (Warschau, Moskau, Nishnij-Nowgorod, Kasan, Jekaterinburg, Orenburg); — den kalten (57—67" u. Gr.) mit langem rauhem Winter, L06 die Flüsse sind gewöhnlich von Mitte Oktober bis Ende Mai zugefroren, der Frühling und Sommer sind kurz, letzterer sehr heiß, Ackerbau bis 60° n. Br.; bei 65° n. Br. hört die Viehzucht auf (St. Petersburg, Abo, Arch- angel; — den arktischen, nördlich vom 67° n. Br., unempfänglich für europäische Kultur, der Boden unwirthbar, theilweise Sumpfland, häufig gefrorne Moräste, die Nächte des kalten, langen Winters werden vom Nord¬ lichte erhellt. Diese traurigen Einöden bewohnen Lappen, Samojeden. Politische Eintheilnug und Orte: In Rücksicht aus die Verwaltung wird das Reich in Gouvernements (— Guwern'ma) und Gebiete (Oblastj) eingctheilt, gegenwärtig in 65. Zehn von diesen sind General- Gouvernements. Erstere werden im europäischen Rußland und in Kaukasien in Kreise (Ujesde), in Sibirien und den Kosakenländern in Bezirke (Okruge) eingctheilt. In geographischer und historischer Beziehung unterscheidet mau: 1. Ostsee-Pro¬ vinzen, 2. Groß-Rußland, 3. Czarthum Kasan, 4. Czarthum Astrachan, 5. Kaukasien, 6. Klein-Rußland, 7. Süd-Rußland, 8. West-Rußland, 9. Königreich Polen. 1. Ostsee-Provinzen- — (Jngermann lan d zwischen dem Pöipus- und Ladoga-See): St. Petersburg (587.000 Einw.), von Peter d. Gr. erbaut (der Bau begann am 15. Mai 1703), zeichnet sich durch die Regelmäßigkeit der Straßen, die moderne Eleganz der Gebäude und den Ucberfluß an Raum, welcher der inneren Entwicke¬ lung der Stadt gewährt ist, vortheilhast aus. Die Stadt hat so viele Paläste und riesige Gebäude mit weiten Höfen und Nebengebäuden, wie vielleicht kerne andere; alles ist jedoch von einer ermüdenden Gleichmäßigkeit. Ein großer Theil der Häuser ist aus Holz, welche in Rußland sehr beliebt sind. (Im I. 1857 waren unter den 8779 Häusern 5010 hölzerne.) Oeffentliche Gebäude: die Admiralität, mit prächtiger Fronte, von der Thurmgallerie die schönste Aussicht über die Stadt; — der Winter¬ palast; die Eremitage mit Gemäldegallerie und Bibliothek; der Marmorpalast. Kir¬ chen: Kathedrale des h. Isaak, eine der prachtvollsten der Erde (im I. 1858 voll¬ endet); das Alcxander-Newsky-Kloster, gleicht einer Stadt, Residenz des Metropoliten mit einem Senuuar. Zahlreiche Slams- und Privatpaläsie. — Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, Universität, 4 Gymnasien, kaiserl. Rechtsschule, technische Schule, Commerz-Schule und mehrere große Spceialschuleu. Kais. Bibliothek (400.000 Bde. und 17.000 Handschriften). Biele WohUhätlgkeüs- und Humanüätsanslalten. Bedeu¬ tende Industrie, namentlich mehrere kais. Fabriken, welche Spiegel, Krystall- und Porzellanwaaren, Gobelins u. a. verfertigen; Privatsabrikcu besonders in Baumwoll- Waarcn. — Sehr umfangreicher Handel, großartige Verbindungen nach allen Lheilen des Reiches; viele Kaushäuser, darunter Gostinor-Dwor, mit geräumigem Hose und zahlreichen Buden. Börse, Bank, Credit-, Assekuranz- und Handelsgesellschaften. — In der Nähe die kais. Lustschlösser: CzarSkoje-Selo, Gatschiua, Oranien¬ baum u. a. — Kronstadt (38.000 E.), ans eiuerInsel im finnischen Meerbusen, starke Festung, großer Kriegs- und Handelshafen, Arsenal, Schiffswerften, Docks, Steiermanusschule. Narwa, ehemals Haupt- und Hansestadt; Festung. Sieg Carl XII. von Schweden über Peter I. im I. 1700. — (E st h land, am Südrand des Fin. Meerbusens; hier wie in den benachbarten Provinzen Lrcfland undKur- lan d meist deutsche Bevölkerung; Protestanten); R eval (28-000 E-), Festung, Kriegs¬ und Handelshafen; Fabriken, lebhafter Handel. Insel Dagö. — Rigas,4.000 E., meist Deutsche, an der Düna, Hafenort ist die Festung Dünamüude), altdeutsche Bauart (im zwölften Jahrhundert von Bremern erbaut); sehr wichtige Handelsstadt, Verkehr in russ. Produkten mit den Ostsecländern. Dorpat (13.000 E.), deutsche Universität, Bibliothek, Sternwarte. Am Eingänge des Rigaischen Meerbusens die Insel Oesel Mietau (30.000 E.), alte Hauptstadt von Kurland. — (In Finn¬ land): Helsingsors (16.000 E.). Hasen, Segeltuch- und Sackleinwanderzengung, starker Handel; Alexanders-Universität. Toruc8, am äußersten Ende de« dort. Meerbusens. Das russische Lappland oder Kemi-Lappmark. — Unter den vielen Alands-Inseln sind an 80 bewohnt, die größte ist Aland mit der Festung Bo« marsuud (zerstört 1854). 2. Groß-Rußland (fast viermal so groß als Oesterreich, mit 21 Mill. E.). — Moskau (russ. Moskwa, 386.000 E.), die zweite Hauplstadt des Reiches, mittelst Eisenbahn mit St. Petersburg verbunden, im Mittelpunkt russischer Macht, das Lentrum der gltrussischen Sympathien, die „heilige Stadt" der Russen, besteht aus concentrischen 207 Kreisen und Halbkreisen. In ihrer Bauart, in dem Contraste dicht bevölkerter Stadt- theile und unbebauter Flächen trägt die Stadt halb europäischen, halb asiatischen Charakter. Die ungeheure Größe, die Tausend vergoldeten oder bunt bemalten Kup¬ peln , die kultivirlen Bodenflächen, welche die Stadtviertel von einander trennen, die Boulevards und herrlichen Promenaden, endlich der Kreml mit seinen 32 Kirchen und vielen Palästen, seinen Thürmen, Zinnen und mittelalterlichen Befestigungen, — dieß alles zusammen gewährt einen großartigen, prachtvollen Anblick. Hier ist der geographische, ethnographische und naturhistorische Mittelpunkt des gleiche«. Prächtiger kais. Palast. Große und reiche Kirchen; der Thurm Ivan Weliki (mit der ungeheuren Glocke von 4000 Centnern Gewicht); Kathedrale des heiligen Michael und noch andere 6 Kathedralen, im Ganzen gegen 300 Kirchen, große Klöster. — Uni¬ versität, 3 Gymnasien, zahlreiche technische, Handels- und Spezialschulen. Hauptsitz der Industrie mit vielen, nach den neuesten Systemen eingerichteten Fabriken für die verschiedenartigsten Richtungen. Mittelpunkt für den inneren, und Hauptstapelplatz für den asiatischen Handel mit vielen Geld-, Assekuranz- und Handelsrnstitutcn. Zer¬ störung durch die Mongolen im I. 1280. Einzug der Franzosen; Brand vom 14. bis 21. Sep. 1812; Abzug der Franzosen. Nishnji-Nowgorod (38.000 E-), an der Mündung der Oka'in die Wolga und an der von Moskau nach Sibirien führenden Handelsstraße. Berühmte Messe jährlich im Juli und August. Die Messe, mit welcher wohl keine andere der Erde verglichen werden kann und wo zwei Welt- theile ihre Maaren tauschen, besuchen jährlich über 300.000 Menschen, darunter Bu- charen, Kirgisen, Hindu und Chinesen. Der Waarenumsatz hat in manchen Jahren den Werth von nahe 150 Millionen Silberrubel erreicht. Russische Pandesprodutte, vorzüglich auch Leder, Pelzwerk, Eisenwaaren, Webewaaren; andererseits Thee, wel¬ chen lange Karawanenzüge auf Tausenden von Kameelen von der chinesischen Grenze über Orenburg und Kasan hieher bringen, türkische und persische Teppiche, ostin¬ dische Shawls n. s. w. bilden die Hauptgegenstände dieses großen Handels. Mehrere tausend Kaufhäuser, Buden und Niederlagen bedecken die ungeheuere Fläche, mellen- lange Reihen von Barken, welche ebenfalls als Buden verwendet werden oder zum Theil auch ihre Maaren am User ausstellen , bedecken die Oka und die Wolga. An die reichen Pelzwerks-, Shawls- und Perlenbuden mit dein ganzen orientalischen Prunk schließen sich die noch einen Urzustand bekundenden Pferchen der Bichhänvler; Gegenstände des höchsten europäischen Luxus und der Mode liegen neben den Ur- provuklen der halbcivilisirten Stämme und den Produkten der asiatischen Berweich- lichung aufgcstapelt Diese Messe ist der eigentliche Centralpunkt für den geminmten Landverkehr zwischen Europa und Asien. — Kaluga (36.000 E ), an der Oka, und Tula (40.000 E., größte Wafsensabrik Rußlands), zwei der wichtigsten Fabriks¬ städte. Smolensk (am Dnjepr, 16.000 E.j, Ueberresie alter Festungswerke; Er¬ stürmung durch die Franzosen und Brand am 17. August 1812. Woronesch (44.000 E., in der Nähe des Don), bedeutender Handel. In diesem Gouvernement die größten Pserdcgestüte. Twer (24.000 E.), an der Wolga und ander Eisen¬ bahn nach St. Petersburg, ansehnliche Handelsstadt. Rybinsk (an der Wolga), wichtiger Handelsplatz wegen der Lage inmitten der Kanalverbindungen zwischen der Wolga und Dwina. Jaroslaw und Kostroma, bedeutende Fabriksplätze. Nördlich vom uralisch-baltischen Landrücken: Weliki - Nowgorod (Groß-Now- gorod, 17.000 E.j, an der Nordspitze des Jlmen-Sees. Alte Hauptstadt, Sitz Rn- rik's, Gründers des russ. Reiches (im I. 862), später mächtige Republik und blü¬ hende Hansestadt (mit 406.000 E.) ; seit 1487 dem Großfürsten von Moskau unter¬ worfen. Wologda, in der Nähe der Suchonaqnelle, sehr gewerbrcich; wichtiger Handel nach Sibnien. Archangelsk (22.000 E., Dwina-Mündung), ältester Hasen Rußlands, bedeutender Seehandel nach Sibirien; Härings-und Wallsiichsang. Kür¬ zester Tag 3 Stunden 12 Minuten. Kola auf der Halbinsel gl. St., Hauplort des russ. Lappland. Inseln: Nowaja-Zemlja, Doppelinscl; viel Rennthiere, Eisbären, Füchse; nur im Sommer von Jägern und Fychern besucht. Aehnlich die von wenigen Sa¬ mojeden bewohnten Waigats ch-, Kalgujew- und andere kleinere Justin. Die Gruppe von Spitzbergen, das nöldlichste bekannte Land; der längste Tag 4 bis 5 Monate. Nur im Sommer von Fischern besucht, welche ihre Buden mitbringcn. 3. Czarlhum Kasan: Kasan (60.000 E., a. d. Wolga), ehemals Hauptstadt des Czar- thums gl. N-, Universität, Fabriken (Leder, Seife, Baumwollwaaien); Stapelplatz, für den russisch-sibirischen Handel. Perm (13.000 E., a. d. Kamast, Eisen- und 208 Kupferbergwerke; diese Provinz hat die reichste Goldgewinnung und die großartigsten Eisenhütten. Jekaterinburg (17.000 Eiuw., viele Deutsche), Oberbergamt für den uralischen und sibirischen Bergbau, Bergwerksschule, Münzhof, Stiickgießerei, Gold- Hütten. In der Umgebung höchst wichtige Hüttenwerke, darunter Werhoturje, wo viel Gold und Platina gewonnen wird. 4- CMthllM Astrachan. Astrachan (50.000 E., im Mündungsgebiete der Wolga); nebst christlichen Kirchen sind hier Moscheen, Hindu-Tempel; sehr gemischte, vorwie¬ gend asiatische Bevölkerung, vor der Stadt wohnen Kalmüken und Kirgisen in ihren Kibitken. Sehr bedeutende Fischerei (nächst Neufundland die stärkste auf der Erdest große Färbereien und Gärbereieu, Maschinenbau, Caviarbereitung, Hausenblase, vor¬ zügliche Weintrauben, Seidenbau, Handel nach Asien, Dampsschifsahrt nach Persien. Orenburg §21.000 E., am Ural), Festung; großer Handelsverkehr mittelst Kara¬ wanen nach Mittel-Asien (Chiwa, Buchara«. In der Umgebung viel Kupferhütten und Steinsalzwerke. Saratow (84.000 E-, Wolga!, ganz von Fruchtgärten um¬ geben, eine der bedeutendsten Fabriks- und Handelsstädte. Längs der Wolga über 100 deutsche Colonien (darunter die Herrnhutter-Colonie Sarepta). Samara (28.000E.) ist der Hauptstapelplatz für den Getreidehandel ans der Wolga. 5. Kaukasien. — Von den Russen nach deni Frieden von Kutschuk-Kainardschi (im I. 1774) in Besitz genommen; seit 1800 Kampf mit den Bergvölkern; im Sept. 185!) Unterwerfung der Bergvölker des Kaukasus (unter Anführung Schamyl's). Im west¬ lichen und nordwestlichen Theile des Kaukasus abchasische Völkerschaften (Ab¬ chasen, Tscherkessen oder Circassier); an der Nordfeite des mittleren Kaukasus die Kistier, Tschetschenzen, Osseten; im östlichen Kaukasus die lesghischen Völkerschaften; auf dem südlichen Kaukasus die georgische und grusische Völker- gruppe (Georgier oder Grusier, Miugrelier u. a.). Transkaukasien wird häufig zu Asien gerechnet. Tiflis (40.000 E., am Kur sO^russ), bis 1800 Residenz der geor¬ gischen Könige; lebhafte Industrie in Webe- und Wirkwaaren; bedeutende Handels¬ stadt, Bazare, warme Bäder; blühende deutsche Colonistendörfcr. Eriwan (15.000 E.), durch das Thal des Aras vom Ararat getrennt, im armenischen Gebirge; in der Nähe das uralte reiche Kloster E t s ch m iasin, Sitz des obersten armenischen Patriarchen. Baku (10.000 E.st viele Ueberrestc alter Pracht und Größe, Festung nnd Kriegs Hasen, Seiden- nnd Safranbau; Naphta-Quellen und Schlammvulkane. In der Nähe das Dorf B a l a chan, Wallfahrtsort für die indischen und persischen Feuer¬ anbeter zu dem berühmten „ewigen Feuer" oder „Ataschga" (entzündetes Wasjerstoff- gas, welches aus Erdritzen emporsteigt). Ueber der Ataschga (— Fenertempel) erhebt sich ein großes viereckiges Gebäude mit Zellen und einem auf Säulen ruhenden Glockenthurm. — Derbent (13.000 E-, am kaspischen Meere), Festung, lebhafter Handel. Anapa, Stawropol, Kisljar und andere Festungen. li. Klein-Rußland (die Ukraine). Kijew (71.000 E., am Dujepr, mit einer der größten Kettenbrücken über denselben), viele berühmte Kirchen nnd Klöster, Wiege des Christenthums in Rußland; ehemals großfürstl. Residenz, dann Hauptstadt von Ru߬ land, hernach unter lithanischcr und polnischer Herrschaft. Universität und mehrere Lehranstalten; Festung; viel Gewerbefleiß und Handel. P n l t L w a (20.000 E-), Festung; Sieg Peter's I. über Karl XII. von Schweden im I. 1709. Charkow (50.400 E.), Universität, viele Fabriken, die größten Salzsiedereien; lebhafter Handel, nächst Nishnji-Nowgorod die bedeutendste Messe. 7. Süd-Rußland- — Odessa (120.000 E.), eine der schönsten Städte, von der Kai¬ serin Katharina II. 1792 aitgelegt; sehr wichtige Handelsstadt, Freihafen, Hauptaus¬ fuhr russ. Produkte, lebhafte Dampfschiffahrt. Cherson (36.000 E., am Dujepr), Kriegshafen, Schifswerften. Taganrog (22.000 E-), Hafen am Azowschen Meere, ansehnlicher Handel; Kaiser Alexander ch I. Decbr. 1825. (Bessarabien, zwischen Dnjestr und Pruth): K i s ch e n ew (94.000 E.), bedeutender Handel, deßgleichen in A k j e r m a n an der Dnjestr-Mündnng. — Halbinsel K r i m (OIrsrsonesus t-ruriorr), im Alterthnm griechische, im Mittelalter genuesische Colonien. Simse rop ol (30.000E.), Hauptort und wichtiger Handelsplatz; viel Tataren. B a k t s ch i-Sarai (12.000 E.), meist tatarische Einwohner, ehemals Sitz des Tataren-Chans; schöne Gärten, Bäder, Bazar; Leder- und Eiscuwaarenerzeuguug. Sebastopol, früher Kriegshascn am Schwarzen Meere; Belagerung 1854 bi« 8. Sept. 1855. Kertsch, am Eingänge in den cimmerischen Bosporus in der Nähe des alten l'untioux-roum (Mithridates d. Große ch 64 v. Ch.); im I. 1855 größtentheils zerstört. Feodvsia (oderKasfa), Freihafen; unter den Genueser» (1262—1475) die wichtigste Handelsstadt. — Das 209 Land der dänischen Kosaken, mit säst ähnlicher Verfassung wie die österr. Militärgrenze. Die Kosaken dienen theils als reguläre, Ihcils als irreguläre Truppen. Auch viele uomadisircudc Kalmiiken. Der Sitz des Kosaken-Hettnaus ist N v w o- T s ch e r k a si. Der Hetman» der tfchernomorskifchen Kosaken (am Schwarzen Meere) hat seine» Sitz in J e k a t a r i n o d a r am Kuba». 8. Wcst-Rußlnnü. (In P o d o l i en): Kaminiez.Podolski (18.000 E.), Fabriken, Handel. )Ju Wolhynien): S h i t v m i r (39.OOV E.), Tuchfabritalio». — Minks (25.0-00 E.), bedeutende Messe. (Rückzug der Franzosen über die Beresina am 20. bis 29. Nov. 1812 bei dem Dorfe S t u d i a n k a.) G r o d » o (20.300 E.), ehemals die wichtigste Stadt in Lilhauen. (Der undurchdringliche Wald Bielowesch mit Auer¬ ochsen.) Wilna (61.000 E.), alte Residenz der Fürsten von Lithaueu; Parovel, viele Lehranstalten, Kirchen; sehr bedeutender Handel mit laudwirthschaftlichen Pro¬ dukten. Deßgletchen in W i t e b S k (31.000 E.) und M o h i lew (31.000 E.). 9. Klintgr. Polen. Warschau (170.000 E., über 40.000 Juden), an der Weichsel in weiter sandiger Ebene. Starke Festung, Sitz des Statthalters, kaijerl. Schloß viele Paläste; Mittelpunkt des geistigen Lebens, der Industrie und des Handels in Polen. Viele Lebraustalteu. Erobert 1794 und 8. Septbr. 1831. Stark bewohnte Vorstadt Praga (Suwarow's Eistürmung 1794). — Lowicz, großer Jahrmarkt, wichtig für den Handel mit Deutschland. Czen stoch au, ein sehr berühmter Wahl- sahrtsvrt. K a l i sch (12.600 E.), eine der schönsten polnischen Städte mit bedeuten¬ der Tuchfabrikation. Radom (10.000 E.), ansehnlicher Handelsplatz; in der Nähe Kupfer-, Eisen-, Steinkohlen- und Bleigruben. — Lublin (19.0WO E.), von Seen und Morästen umgeben; wichtiger Handel. Im Mittelalter Hauplhaudelsptatz von Podolien, Wolhynien und Rothrußland. M o d l i n, Festung am Bug und an der Weichsel. Kulturbild. Die Hauptbeschäftigung des russische» Volkes bilden der Ackerbau und die Viehzucht. Im Verhältnisse zur Gesamnitfläche des Reiches ist zwar die Größe des bebauten Landes (etwa I8A) noch eine geringe; eine doppelt so große Fläche nehmen die Waldungen ein, und fast die Hülste des Reiches ist un¬ benutzt, größtentheils wohl auch völlig unproduktiv. Am ausgedehntesten wird der Ackerbau in den mittleren und südwestlichen Provinzen, in Polen und den Ostseeprovinzen betrieben, obwohl noch viele Hemmnisse (Mangel an Arbeitskräften, Leibeigenschaft, Mangel an Kommunikationsmitteln, geringer Bildungsgrad u. a.) einem gedeihlichen Aufschwünge hinderlich sind. Haupt¬ produkte sind Weizen, Roggen und Gerste, deren jährliche Ernte auf 250 Millionen „Tschetwert" (ü 3.^, Wiener Metzen) gerechnet wird. Außer dem großen eigenen Bedarf und der sehr bedeutenden Verwendung für die Brauutweinerzeugung, kommen Millionen Metzen Getreide über Odessa, Polen, selbst über Archangel zum Export (in letzter Zeit jährlich um bei¬ nahe 60 Mill. Silberrubel, ü 1 fl. 60 kr.) Zunächst steht die enorme Ge¬ winnung von vorzüglichem Flachs und Haus, ebenfalls in den früher ge¬ nannten Landstrichen. In den S-arälow'scheu Kolonien, in Bessarabien und der Ukraine ist der Tabakbau sehr bedeutend. Im Süden gedeiht gutes Obst sowie der Wein. Die größten Waldungen sind im nördlichen Theile, wäh¬ rend in Kleinrußland und den südöstlichen Niederungen Holzarlnuth herrscht. Doch werden Holz und Waldprodukte (Theer, Pottasche) in großen Men¬ gen ausgeführt. — Eine feste Grundlage des Wohlstandes bildet die Vieh¬ zucht, welche im südlichen und südöstlichen Rußland, bei den nomadischen Stämmen, und im Norden (Rennthiere) vorherrscht. Hervorragend ist die Pferdezucht (18Mill.) iu Orenburg, Perm, Tobolsk und unter den Kir¬ gisen. In Westrußlaud (Podolien) ist die Hornviehzucht am ausgebreitetsten (in Rußland überhaupt über 26 Mill. Stück). Die Schafzucht ist so bedeu¬ tend gestiegen, daß die Anzahl der Schafe doppelt so groß ist als jene der Klun, Geographie. 1. Aufl. 14 210 Rinder, und über 15^ sind veredelt. Am stärksten ist sie im Süden (von der Wolga- bis zur Dnjestr-Mündung). Im Südosten werden Kameele, im Norden Rennthiere, im Innern des Reiches die europäischen Hausthiere in großer Menge gehalten. Sehr kostbar ist das Pelzwerk aus dem hohen Norden, und für viele Völkerschaften ist die Fischerei von höchster Bedeu¬ tung. In Südrußland verdienen noch die Bienenzucht und der steigende Seidenbau besondere Hervorhebung. Die Erzeugnisse der Landwirthschaft werden annähernd auf mehr als 2000 Mill. Silberrubel im Jahre ge¬ schätzt. Der Reichthum an Metallen und überhaupt an Mineralien wird von keinem europäischen Staate übertroffen. Die Bergwerke find theils Eigen- thum der Krone („Kronbergwerke"), zum größeren Theile Eigenthum von Privaten (z. B. Gold- und Platinawerke der Fürsten Demidoff). An Gold wurden in letzter Zeit jährlich an 1500, an Silber über 1000 Pud*) ge¬ wonnen, und zwar am meisten in Asien; in Europa in den Provinzen Kasan und Astrachan, desgleichen Platina. Kupfer (400.000 Pud) im Ural, Altai, auch in Polen und Finnland; Eisen (25 Millionen Pud) in allen Gebirgen Rußlands, am meisten im Ural (Perm, Orenberg, Wjatka u. a.), dann in Polen (Radom). Eisen wird auch in ansehnlicher Menge exportirt. Ueber- dieß ist die Ausbeute an Zinn, Zink, Galmei und Blei beträchtlich. Die Salzgewinnung (an 30 Mill. Pud) reicht für den Bedarf nicht aus. Stein¬ salz liefern die Gouvernements Orenburg und Astrachan, — Quellsalz Perm, der Ilmensee u. a. O. Sehr viel Salz gewinnen die Kalmücken ans den Salzseen im Caspischen Tieflande; auch die Salzseen in der Krimm und Bessarabien sind nennenswcrth. Von höchst untergeordneter Bedeutung ist bis jetzt die Ausbeute an Steinkohlen; dagegen verdienen Erwähnung Alaun, Vitriol, Schwefel, Porzellanerde (in -Tannen), Diamanten, Smaragde und Topase (im Ural), die Naphtaquellen u. s. w. Rußland ist vorherrschend ein Agrikulturstaat. Das Fabrikswesen kömmt nur iu einigen Gouvernements vor; das Kleingewerbe und die häus¬ liche Beschäftigung sorgen für die Befriedigung der geringen Bedürfnisse. Mittelpunkt und Hauptsitz der Industrie ist Moskau; diesem schließen sich an die Gouvernements St. Petersburg, Wladimir und Perm, während in den südlichsten und nördlichsten Theilen des Reiches von Industrie fast gar nicht gesprochen werden kann. Am stärksten steigt die Verarbeitung von Baumwolle (im I. 1822 wurden nur 70.000, im I. 1857 schon 2'/z, Mill. Pud roher Baumwolle verarbeitet). Für ordinäre Fabrikate ist wichtig Moskau nebst Umgebung, für feine St. Petersburg. Die Leinenindustrie ist zumeist landwirthschaftliche Nebenbeschäftigung, sie hat den Hauptsitz in Mittelrußland, und erzeugt fast nur ordinäre Waare; in den Seestädten vortreffliche Seilerwaaren und Segeltuch. Aehnliche Verhältnisse kommen bei der Fabrikation in Schafwolle vor; nur ist diese mannigfaltiger in Hinsicht der Fabrikate, von denen große Mengen über Kjachta nach China exportirt werden, während der westliche Theil aus den europäischen Industriestaaten seinen Bedarf bezieht. Der Verbrauch von Seidenwaaren wird durch die einheimische Industrie nicht gedeckt, obwohl diese anhaltend steigt. In der Lederbereitung genießt Rußland seit jeher ausgezeichneten Ruf. Den ersten *) 1 Pud --- 40 russische, oder beiläufig 30 österr. Pfund. 211 Rang nehmen die Juchten ein (im mittleren und nördlichen Rußland), dann Sasian-, Glanzleder u. a. Sorten. Handwerksmäßig wird die Gerberei überall im Reiche betrieben, der Fabriksbetrieb ist am stärksten in den mehr¬ fach erwähnten Jndustriebezirken. Auch die Fabrikation in Metallwaaren ist bedeutend, obwohl sie den Bedarf noch nicht zu decken vermag; insbesondere ist die Einfuhr feiner Waare ansehnlich. Die Handarbeit ist im ganzen Reiche mehr oder minder verbreitet; die Fabriken konzentriren sich in ver¬ einzelten Gruppen. Mehrere hundert Eisen- und Kupferhütten, Hochöfen und Hammerwerke sind hierbei thätig. Nächst diesen Hauptzweigen russischer Industrie sind noch beachtenswerth: Papier, Glas und Porzellan, Zucker, Branntweinbrennerei, Seife, Talglichter u. v. a. Der äußere Handel wird in einen europäischen und einen asia¬ tischen geschieden, welche Eintheilung in den Handelsbeziehungen des Reiches znm Westen und Osten ihren Grund hat. Während Rußland dem Westen gegenüber als Agrikulturstaat erscheint; tritt er dem Osten gegenüber als Manufakturstaat auf. Allein das Uebergewicht des russisch-europäischen Hapdels über den asiatischen beweiset, welches Uebergewicht die Landwirthschaft über die Industrie Rußlands besitzt. Der Verkehr nach dem Westen erreicht fast 80A des Gesammtverkehrs, welcher im I. 186'1 bei der Einfuhr mit 164, bei der Ausfuhr mit 152 Mill. Silberrubel beziffert wurde. Für den See¬ verkehr sind sehr wichtig: Odessa, Riga und Kronstadt, St. Petersburg, ferner Astrachan und Archangel. Im Wachsen sind die Eisenbahnen, Tele¬ graphen, die Errichtung von Banken, Kredit- und Assekuranz-Anstalten und Handelsgesellschaften, welche auch die Entwickelung des inneren Verkehres fördern *). Seit Peter d. Gr. sind auch in der geistigen Kultur überraschende Fortschritte gemacht worden. Allerdings beschränken sich diese Fortschritte nur auf den Adel, die Bewohner der Städte und deren nächste Umgebungen; während die große Masse der Landbevölkerung sich nur wenig über primitive Zustände halbcivilisirter Völker erhebt. Die Anzahl der Lehranstalten und Schüler im europäischen Rußland hat sich in jüngster Zeit zwar vermehrt**); doch ist sie noch immer geringe, der Schulbesuch ein relativ schwacher. Für *) Der russische Handelsstand wird in drei Gilden getheilt. Die Kaufleute der ersten Gilde haben das Recht, im In- und Auslande unbeschränkten Handel, sowie Banquier-, Wechsel- und Assekuranzgeschäfte zu betreiben; —jene der zweiten Gilde können im Jnlande unbeschränkten Handel, mit dem Auslande jedoch nur bis zu dem Be¬ trage von jährlich 90.000 Silberrubel, — und endlich jene der dritten Gilde nur im Jnlande jede Art von Handel, sowohl mit inländischen, als mit den durch Kauflente der beiden ersten Gilden cingcführten, ausländischen Maaren betreiben. Zur Erlangung dieser Handelsrechte ist die Anmeldung der Kapitalien erforderlich, mit welchen sie jährlich Geschäfte machen wollen, und zwar für die erste Gilde mindestens 15.000, fiir die zweite 6000 und für die dritte 2400 Silberrubel im Jahre. Im Lande der donischen Kosaken und in Transkaukasien existiren diese Gilden nicht. Im Jahre 1856 waren angemeldet: Kapitalien erste Gilde 1149, Kapitalien zweiter Gilde 2900, Kapitalien dritter Gilde 51.012, zusammen 55.070, wovon aus die europäischen Gouvernements 53.072 kamen. Diese geringe Zahl von Kaufleuten erklärt die noch herrschende Theuerung vieler Gegenstände ausländischer Fabrikation. **) Im Allgemeinen kommt ans 133 Einwohner 1 Schüler, — in den Städten auf 17 Einwohner 1 Schüler. (In Deutschland auf 5—9 Einwohner 1 Schüler.) Am gün¬ stigsten ist das Verhältniß in St. Petersburg und Moskau; am ungünstigsten in Wol¬ hynien (435 : 1). In Kaukasien und Sibirien ist das Verhältniß noch ungünstiger. 14* 212 technische und kommerzielle Ausbildung sorgen das Finanzministerium und mehrere Korporationen. Verhältnißmäßig am zahlreichsten sind die Militär¬ schulen. Für gelehrte Bildung bestehen mehrere höhere Lehranstalten und Akademien in den großen Städten, überdies; 6 Universitäten (St. Peters¬ burg, Moskau, Charkow, Kasan, Kijew und Dorpat). Etwa ein Drittheil der Schulen wird aus Staatsmitteln erhalten. Mehrere wissenschaftliche Hilfsanstalten und Gelehrtenvereine zählen zu den ausgezeichnetsten Insti¬ tuten dieser Art, namentlich haben sie sich um die Erd- und Völkerkunde, Physik und slavische Philologie große Verdienste erworben. Die Aufhebung der Leibeigenschaft (es gibt noch an kl Mill. Leibeigene) und die ernstli¬ chen Bestrebungen der Regierung werden nach und nach auf die Kultur dieser verschiedenartigen Volksstämme günstig einwirken, und Rußland dürfte in nicht zu ferner Zeit ein neuer Zuwachs in der Reihe jener Staaten werden, in welchen die Intelligenz auf die geistige und materielle Entwickelung der Völker den mächtigsten Einfluß ansübt, und sie ihrem höchsten Ziele, der größtmöglichsten Vervollkommnung, entgegenführt. XIV. Das Königreich Griechenland nebst -en Ionischen Inseln. 9ü2wMeilen; I,3l0.000 Einwohner*); im nördlichen Theile akbancsischer, im Süden nnd ans den Inseln griechischer Abstammung. Staatsreligion die griechisch-nichmnirte; etwa 25.000 römisch-kathol, nnd Angehörige verschiedener Glaubensbekenntnisse. — Grenzen? Das Land. — Das Königreich Griechenland besteht aus zwei Halb¬ inseln: L ivadien (Hellas) und Morea (Peloponnes). Beide Halbinseln, durch den schmalen Isthmus von Korinth mit einander verbunden, sind vor¬ wiegend gebirgig, doch steht das Bergland dieß- nnd jenseits des Isthmus nicht in Verbindung. Die Tieflandschafttzn sind an Zahl und Größe unter¬ geordnet. Die Centralmasse im nördlichen Theile bilden der Schar Dagh (Ilcureins) und die wildeste Masse des Orhelnö (LIrouius). Von: ersteren läuft gegen Nvrdwcst das Argentaro- (ceraunische) Gebirge ans, welches mit den dalmatinischen Karsthöhen in Verbindung steht; gegen Osten bis zum schwarzen Meere (Pontus suxinus) der Balkan (Hämus); gegen Süden der PinduS. Dieser sendet gegen das Aegäische Meer mehrere Qnerketten, als: das Volnzza-Gcbirge (das cambnnische Gebirge mit dem Olymp), eine zweite südlichere den Othrys-Zng (mit dem Peliou nnd dem kegelförmigen Ossa). Zwischen diesen liegt die Landschaft Thessalien. In Mittelgriechen¬ land ist zwischen einen: Ausläufer des Pindus (dem Oeta) und dem Meere der Paß der Terinopylen. Im Süden erheben sich die isolirten Gruppen des Parnaß, Helikon, Hymettus n. a. — Das südliche Bergland ist ein abgesondertes, von Nanogebirgen eingefaßtes Hochland, aus welchem sich jso- lirtc Bergmassen (bis 6000') erheben. Es läuft in 4 Halbinseln aus; unter den il südlichen durchzieht das Malevosgebirge die östliche, derTaygetns diemittlere. Griechenland, bespült vom jonischen und aegäischen Meere, hat eine un- gemein reich gegliederte Küste, nnd die vorgelagerte Inselwelt bildet gleich¬ sam eine Brücke zwischen Europa nnd Asien. Die wichtigsten Meerbusen sind: (im Westen:) von Arta (ambracische), Patras, Lepanto (korinthische); *) 900 WM- mit HMO.OOO Eiaw. siwilcheutanb und sr-kM. nut 250.000 Einw. Pie ehemaligen „Jourschcn Inseln". 213 — (im Süden:) ven Koron (Messenien), Kolokyihia (Lakomen); — (im Osten:) von Nauplia (argolische), Hydra, Aegina (Athen), Zeitnni (mali¬ scher G.) und Bolo (pagasäischer Golf). Die Flüsse sind meist unbedeutende Küstenftüsse. Zn Livadien: der Aspropotamos (^uieslous), Griechenlands größter Fluß; der Mavro- nero (I^sxliissus) ergießt sich in den See Topolias (Hopais), der Helleda (Kpsroliaus) in den Zeitnni. In Morea: der Nuphia (^ststrous) in den arkadischen Golf, der Basili-potamos (Lueotus) in den Busen von Kolokythia. Das Klima ist im Allgemeinen milde und gesund, doch kommen große Temperaturverschiedenheiten vor. Während an den Küsten fast nie Schnee fällt, sind die Gebirgsgegenden monatelang mit Schnee bedeckt. Die Regenzeit ist der Winter; im Sommer ist die Hitze groß, die Flüsse trock¬ nen aus, der Boden ist dürr; Frühling und Herbst sind in der Regel sehr schön. R. Der im I. 1815 gebildete Freistaat der jonischen Inseln, bestehend aus 7 größeren und mehreren kleineren Inseln, ist im I. 1863 an das Königreich Griechenland abgetreten worden. Die ersteren sind: Corfü, Paxo, Santa Manra, Theaki, Cefalonia, Zante, Cerigo. Der Flächenraum beträgt nahezu 52 ^Meilen, die Bevölkerung 250.000 Seelen. Der Boden ist fast durchgehends gebirgig, am höchsten auf Cefalonia und Corfü, mit.wenig Waldungen, doch ziemlich fruchtbar. Die Küsten sind steil, hoch und reich an guten Ankerplätzen. Der Lauf der Gewässer ist kurz; nur der Missongi auf Corfü ist für kleine Schiffe fahrbar. Das Klima ist sehr milde, die Sommerhitze druckend heiß (bisst- 35" 11.), der Winter regnerisch; Stürme und Erdbeben sind häufig. Politische Einthcilnng und Orte. — Griechenland wird in 10 Nomarchien (jede mit einem Nomarch), diese in 49 Eparchien (mit je einem Eparch) eingethcilt, welche 278 Demen (mit je einem Demarch) enthalten. I. Llvtldicn: Athen (mit dem Hafen Piräns, M.000 E.), in einer schönen, bergnm- grenzten Ebene zwischen den kleinen Missen Jlissos und KcphissoS, seit 1835 Haupt- und Residenzstadt. Im Allcrthmne die glanzvollste Stadt, der Wohnort großer Dichter, Hccrsiihrer und Staatsmänner, überhaupt die „Stadt der Weisen" mit prächtigen und großartigen Kunstbauten, Denkmälern und Anlagen, war Athen durch eine Reihe von Unglückssällcn von seiner Hohe herabgesunken. Weder unter byzantinischer, noch wenigcr unter türkischer Herrschaft konnte die Stadt zu einiger Bedeutung gelangen. Die alten Tempel und andere Prachtbauten wurden häufig zu profanen Zwecken verwendet. In unserem Jahrhunderte wurden durch Lord Elgin eine Menge Statuen, Reliefs und andere Antiken für das britische Museum (Elgin Marbles) angekauft. Im griechischen Unabhängigkcitskampfe (1821—1828) hatte Athen ungemein gelitten; am Ende des Krieges war es ein Ruinenhanfen, man zählte noch etwa 300 Häuser. Eine neue Epoche begann, als der vormalige König Otto 1831 seine Residenz von Nauplia nach Athen verlegt hatte. Die verfallene türkische Ringmauer wurde ent¬ fernt der Neubau nach dem Plaue regelmäßiger Städte unternommen. Die Hermes- Straße schneidet die Stadt von Westen nach Osten, am westlichen Ende steht das königl. Schloß; parallel mit ihr läuft die Straße der Athene; andere Straßen sind nach berühmten Männern des AlterthnmS benannt (Demosthenes-, Euripides-, Sophokles-Straße). Schöne Gebäude uud Kirchen entstehen fortwährend; die 1837 gegründete Otto-Universität mit-700 Studenten und meist deutsch gebildeten Pro¬ fessoren, Akademie der Wissenschaften, die Sternwarte ans lem alten Hügel der Nymphen, da« Stadthaus, Theater n. s. w. Die schönste Zierde bilden die Bau¬ werke de« Alterthums: Theseustempel, von Kimon ausgesührt, jetzt ein Museum für Altcrthümcr, Akropolis mit den Trümmern der Propyläen, Tempel der Nike, Ercch- theum und Parthenon, das Odeum u. a. Die Mischung des Antiken nnd Modernen macht einen eigenthümlichen Eindruck; der alte Zauber attischen Bodens nnd griechi- 214 schen Himmels ist geblieben. — Dorf Vrana (M a r a t h on, Sieg der Griechen unter Miltiades 190 v. CH. und 1824 n. CH.); — Insel Salamis mit dem Hauptorte Koluri, Seeschlacht 460 v. CH- Solon geb. 6l)O v. CH., si auf Creta (Kandia) 530. Euripides geb. 480, si in Macedomen 407 v. CH.; — Thivae (Theben, Ge¬ burtsort des Pelopidas, Epaminondas, Pindar); in der Nähe der beste Meerschaum. — Bei Kokla Trümmer des alten P l a t a e a (Sieg der Griechen über die Perser 479 v. CH.); — Leuka (Leuktra, Sieg der Thebaner über die Spartaner, 371 v. CH.); — Dorf Kopraina (L h a e r o n ea, Schlachten 338 und 86 v. CH.). Beim Dorfe Aulis Ruinen von Aulis, Sammelplatz der griechischen Flotte zum Zuge gegen Troja 1194 v CH. —Lamia oder Zeituni (4000 E.), bedeutender Handels. Platz. — K a st r i an der Stelle des alte» Delphi; — Dorf Bodnitza in der Nähe des Passes von Thermopilä (Leonidas P 480 v. CH.). — Missolunghi (4030 E-), heldenmüthige Verlheidigung 1822 bis 1825; Lord Byron (—Beir'n) P 1824; Er¬ stürmung durch die Türken am 22. April 1826. — N a u p a k l o s oder L e p a nto, Seesicg des Don llnnn ä'Austria über die Türken 1571. n. Morca. — N a u p liL (13.000 E.), bis 1834 Sitz des Königs und der Negierung; ansehnlicher Handel. Hydra, Hauptort der unfruchtbaren Insel gl. N.; Wohnort der tüchtigsten und milchigsten Seeleute; großer Schiffbau, Schiffahrtsschule, See¬ handel. Korinth (4000 E.), starker Weinbau (Korinthen!, viele Alterthümer. Im Alterthume (300.000 E.) wichtigster Sechandelsplatz Griechenlands ; korinthische Spiele; Zerstörung durch die Römer 146 v. CH.; furchtbares Erdbeben 1858. — Patras (20.000 E.), Festung, Hafen, Kvriuthenban; Mittelpunkt des Handels von Morea. — Beim Dorfe Miraka die Ruinen von Olympia; olympische Spiele alle 4 Jahre (Olympiade). — Tripolizza (8000 E.), aus einer rauhen Hochebene. Nördlich davon die Ruinen von M a n t i n e a, Sieg (und Tod) des Epaminondas über die Spartaner und Athener 362 v. CH. — K a l a m a t a, in fruchtbarer Ebene, wichtiger Handelsplatz für den Peloponnes. Eröffnung des Unabhängigkeitskampfes 1821. — Navariuo, Kriegshafen; Vernichtung der türkisch-ägyptischen Flotte 1827. — Mi st r a (Sparta, im Alterthume 60.000 E.). — M o n em v a s i a (oder Napoli üi Nlalvnsiu), guter Hasen, ausgezeichneter Weinbau (Malvasia). Am Wcstabhange des Taygetus die Landschaft Maina, wo au 60.000 tapfere Mainotteu leben, die schon zur Zeit der Türkenherrschaft eine gewisse Unabhängigkeit behaupteten. in. Die Inseln. — Negroponte (Euböa) mit der Hauptstadt Euböa, mittelst einer Brücke mit dem Festlandc verbunden. 10.000 E., Festung, ansehnlicher Handel. — Unter den Cycladeu: Syra (Hermopolis) mit der Hauptstadt gl. N. (35.000 E.), der wichtigste Schifssbauplatz und die bedeutendste Handelsstadt Griechenlands. Die Inseln: Tino, Andros, Delos, Naxos, Paros (wichtige Marmorbrüche; berühmte Marmortasel mit Inschriften, die altgriechische Geschichte betreffend, jetzt in Oxford), u. a. mit gleichnamigen Hauptvrten. IV. Ionische Inseln: 1. Corsü (doro^ra, I0V» OMeilen, 85.000 Einwohner), Hauptort Corsu (20.000 E.), hat reiche Salinen, Wein, Oel und viele Feigen; einen geräumigen, sehr sicheren Hafen. Sitz einer griechischen Universität. — Zu Corsu gehören noch 7 kleinere Inseln. 2. Paxa (Uuxos, I V» ^Meilen, — 4800 Einwohner), Hanptort Porto Gai (oder St. Nicolo, 400 Einwohner). Das Hauptprodukt sind die Oliven. — In der Nähe die kleine, baumlose aber fruchtbare Insel Anti-Paxo. 3. Santa-Maura (I-suouäiu, 8V, OMeilen, — 20.400 Einw.), Havptvrt A m ax i chi (oder Amakuki, 4600 Einwohner), hat in neuester Zeit durch Erdbeben ungemein gelitten. Au der Südspitze das Cap Dukato (Uromontorium I-onoLto). 4. Theaki (Itdnon, 2V4 ^Meilen, — 11.600 Einw.; Heimat des Ulysses), durchgehends gebirgig, rauh, nackt. Die kleine Stadt V a t h i (4400 Einwohner) hat einen sehr guten sicheren Hafen. .8. Cefalonia (OspiiaUenin, 16-/z OMeilen, — 72.300 Einwohner), die größte dieser Inseln, ist gebirgig und hat mehrere vortreffliche Häfen. Die Bewohner sind unternehmende geschickte Seefahrer. Hauptort: Argüstoli (9400 E.), dannLixuri. 6. Zanthe (Ankzmtiios, 72/z ^Meilen, — 39.000 Einwohner), wegen der Fruchtbarkeit (namentlich im südlichen Theile) vorzüglich an Wein und Oel die „Blume des Ostens" (Lor äi Inzvnnte) genannt. Hauptort: Zante (14.000 E.). Bei dem Dorse Lhieri wird auf dem Wasserspiegel mehrerer Quellen flüssiges, vor¬ treffliches Erdpech gewonnen. 215 7. C eri g o 5'/, oMeilen, — 13.400 Einwohner), meist kahler Felsen. Der kleine Hauptort KLpsali hat einen guten Hafen. In der Nahe des Forts St. Nicolü sind die Trümmer der alten Hauptstadt Cpthöra. — Südöstlich die kleine Insel Cerigotto. Kulturbild. Der Boden gehört wegen der gebirgigen, felsigen Beschaffenheit und der Wasserarmnth nicht zu den fruchtbaren, und selbst der kulturfähige Boden (etwa der Gesammtfläche) wird nicht vollständig bebaut. Auf den Inseln sind diese Verhältnisse günstiger. Die Getreide-Produktion deckt nicht den Bedarf. Relativ bedeutender ist der Anbau von Tabak, Krapp und Baumwolle (geringer Qualität); wichtig ist der Weinbau und vorzüg¬ lich der Korinthenbau, der wichtigste Zweig des Landbaues. Südfrüchte (Feigen, Mandeln, Limonien, Orangen u. a.) werden in großer Menge ex- portirt; die Pflege des Oliven- und Maulbeerbaumes ist zunehmend. — Die Viehzucht ist noch geringe; erwähnenswerth ist besonders die Bienen¬ zucht wegen des vortrefflichen Honigs. Die Seefischerei ist sehr bedeutend. — Vom Bergbau kann kaum die Rede sein. — Unter einem Jahrhun¬ derte langen Drucke und durch die darauf folgenden Kämpfe in den Grund- vesteu des volkswirthschaftlichen Lebens erschüttert, beginnt sich die gewerb¬ liche Industrie jetzt langsam zu heben, obwohl sie sich erst auf wenige Zweige und wenige Landstriche erstreckt. Am stärksten ist die Verarbeitung von Seide; in allen übrigen Zweigen ist das Land noch auf den englischen und österreichischen Import angewiesen. Bei der großen Vorliebe für die Schiffahrt haben sich der Schiffbau und die damit in Verbindung stehenden Gewerbe sehr gehoben. Für den Handel hat Griechenland eine ungemein günstige Lage und Küstenbilduug. Der Verkehr ist stets wachsend und die Verbindungen mit dem Auslande, sowie die Anstalten für den inneren Verkehr mehren sich fortwährend. Unter den Erzeugnissen der Landwirthschaft auf den jonischen In¬ seln sind Korinthen, Oliven und Wein die wichtigsten. Erstere bilden die ansehnlichste Eiunahmsquelle (vorzüglich Cefalonia und Zante); die Weine sind vorzüglich; Oliven werden jährlich zweimal geerntet. Obstbäume und Süd¬ früchte gedeihen gut, auch die Baumwolle (Cefalonia, Zante) und das Zucker¬ rohr (Corfti). Die Getreideernte deckt kaum den dritten Theil des Bedarfes. Die Viehzucht ist relativ geringe; kein Bergbau; die gewerbliche Industrie von keiner Bedeutung; Fischerei und Seefahrt dagegen erheblich. Sämmt- liche Häfen sind Freihäfen; die meisten Geschäfte macht man mit Triest und England. Die Griechen waren eines der gebildetsten Völker des Alterthums; von hier aus verbreitete sich die Kultur in das Abendland. Seit der Völ¬ kerwanderung und unter der türkischen Herrschaft gingen die Uebcrreste alt¬ griechischer Bildung verloren; erst seit der Selbstständigkeit (1828) begann wieder ein regeres geistiges Leben. Leider ist dieser erfreuliche Fortschritt durch die jüngsten Ereignisse, welche einen Wechsel der regierenden Dynastie zur Folge hatten, neuerdings gestört worden. Gegenwärtig regiert König Georgüos I., em^Lochmwes Königs von Dänemark. ' - 2! 6,- ... XV. Das osmanische Kaiserreich (oder die Türkei). Dem Gebiete des adriatischen Meeres gehört In Europa SM ^Meil., IS»/, Mill. Eiuw.; - 50»^MK>en, au 4'/, Mill. Wallachen und Moldauer, I'/, Mill. Albanesen, .bElk.' Griechen, I'/- Mill. Os¬ mane», dann Angehörige verschiedener Stämme. Der Islam oder der Muhamcda- nismns ist Staatsreligion, zn welehc»r"fiT in Europa beiläufig 4'/z Mill, bekennen; Grieche» uud armenische Christels gibt es über 10 Mill., an 650.000 römische Kath., dann Protestanten, cnhüch'^ndcu. — Außerhalb Europa: 76.410 OM., 21,700.009 Das Land. — Mr-Wi-Vkrr ist größteuhheilö Gebirgslaud. Die Ge¬ birge haben zwei Hauptrichtnngen: im westlichen Theile von Nordwest nach Südost; im östlichen von Westen nach Osten. Das westliche Bergland, die Wasserscheide zwischen dem adriatischen und aegäischen Meere, ist im Nord- Westen eine Fortsetzung der Karsthöhen mit mehreren PlateanS. Die Ceutralmasse bildet der hohe und wilde Schar Dagh. In südöstlicher Richtung zieht der Despoto Dagh (Rhodope-Gebirge) bis an das Meer. Der östliche Grenzwall Albaniens heißt im nördlichen Theile Bora Dagh, im südlichen der Pindus. - Der Richtung von Westen nach Osten folgt der Balkan (oder Hämus), der sich vom Schar Dagh zum schwarzen Meere fast parallel mit der Donau -^4^Mvtkvn ^üdbwh - von ihi- als Scheidewand zwischen Bulgarien und Thracieu zieht. Er fällt gegen Norden ziemlich steil ab, gegen Süden senkt er sich allmählich, und ist durchschnitten von breiten, anmuthigen, sehr fruchtbaren Thäleru. — An der siebenbürgischen Grenze stehen die Karpathen, welche nur kurze, steil abfallende Zweige «/dle-Tü^ci) senden. Von hier bis zum Balkan dehnt sich das Tiefland der unteren Donau (die walachische Tiefebene) aus. Das adriatische Meer mit der Straße von Otranto; das aegäische Meer mit dem Busen von Saloniki und Contessa, der Dardanellen-Straße und dem Marmarameere; der Hellespont und das schwarze Meer bespülen die europäische Türkei. Der Hauptfluß ist die Donau, welche von Belgrad bis Orsowa die Reichsgrenze gegen Oesterreich bildet; sie ergießt sich in drei Mündungen (Kilia-, Sulina- und Kriedle-Mündung) in das schwarze Meer. Ihre Nebenflüsse sind: der Grenzfluß Save (mit der Unna, BoSna, Drina), die Morava in Serbien/dw Aluta aus Siebenbürgen, derSereth in der Moldau uud der Pruth^ Vom Balkan fließen: der Vardar (in den Busen von Salonik), der Karasu (in jenen von Contessa) und die Mar izza (in den Archipel». Dem Gebiete des adriatischen Meeres gehört der Drino. — Zu den be- Neogr. OM., GcsainmbMottarchic^O 86.288 37,430.000 9.878 31.470 44.940 15,730.000 16,050.000 5,650.000 958 1330 1000 1'0 In Aste» . „ Afri^ *) E ur o P a: unmittelbare Besitzungen Moldau (Boghdaw .. Walachei (Jflak) . Serbien (Syr Monte»? Einw., llMeN.. 10,500.000 1,600.000 2,400.000 1,100.000 139. Zusammen. 217 dentendsten Seen sind zu zählen: der See von Skntan (Albanien), von Janina (Epirus) und von Kastoria (Macedonien). Das Klima ist im Allgemeinen^Mgenphm milde, und (mit Aus¬ nahme der Sumpfgegenden) gesund. Rcgicrnnstsform und EutthciliMls. — Das StmMoberhauPt (P a d i s ch a h oder Sultan) ist iu der Ausübung der geistlichen And weltlichen Macht nur an den Koran gebunden. Der Chef in der Verwaltung "der weltlichen Angelegenheiten ist der G r oß v c z i cr, iu geistlichen der M nfti (Scheikh-ül-Jslaui). Die höchste be- rächende Behörde ist der Divan; den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung sind Minister vorgesetzt. Die Provinzial-Verwalinug zerfällt iu E j a l c t S, diese sind in Sandschaks, und letztere in KazaS cingcthcilt. Au der Spitze der ersten steht der Mali, der zweiten der K a i in a k a n und der letzten der Mudi r. Der frühere Sultan lAbdul-Aziz-Khau seit 25. Juni 1861) haben den Staat nach europäischem Muster zu reorganisiren begonnen. L. U n in'b t t« l L Provinzen: 1. Rmuclicn (Nuniili). -Konstantinopel (Stambnl, Jstambul, l,0-s^)60 Einwohner), herrliche Lage, wie vielleicht keine Stadt der Erde, im Süden vom Marniara-Mecr, im Osten vom Bosporus, im Norden vom goldenen Horn bespült. Au der Stelle des alten Byzaulium liegt der Serail, ein eigener mit Manern umgebener Stadt- theil (Residenz des Sultans) mit vielen Palästen, Garten u. s. w. Dicht daneben ist der Palast de» Großveziers, die „hohe Pforte". Eines der prachtvollsten Bau¬ werke ist die vom Kaiser Justinian erbaute Svphicnkirche, jetzt Aja Sofia, das Muster aller Kuppelkirchen. Am goldenen Horn liegt der saft nur von Griechen be¬ wohnte Stadttheil Fan ar (Fauarioten). Galata, mit Mauern umgebeu und mit 12 Thore», ist der von Christen bewohnte Stadttheil, in deren starken Hänscru die Kaufleute von Pera ihre Waarcuniedcrlagen halte». Nach dein Bosporus zu schließt sich daran Top Hana niit seinen engen krummen Gäßchen, Holzhäusern und Krambudcn, iu unmittelbarem Verkehr mit dem Hafen und den ankommenden Schiffen. In ganz Konstantinopel zählt man au 83.000 meist unansehnliche Hänser; jedes lürkifche Hans wird nur von Einer Familie bewohnt. Eö gibt an 403 Moscheen, über 5000 kleinere Tempel, 9 katholische, 25 griechische Kirchen, 37 Synagogen, etwa SOO Lehranstalten, 1200 Elementarschulen, 35 öffentliche Bibliotheken, über 1200 öffentliche Bäder, Karawansereien, Bazare, sehr große Kasernen, Wasserleitungen u. s. w. An der Spitze der Katholiken (an 10.000) steht der in Pera resioirende Patriarch. Boni Meere oder vom asiatischen Ufer gesehen, gewährt die Stadt einen prachtvollen Anblick. Hinter dem Serail breitet sich die ungeheure Hänsermasse ans, überragt von den mit Landhäusern und Gärten besetzten Hügeln, zwischen diesen die Bcgräbuißplätze mit ihren Cypresscnhainen. (Die strenggläubigen Türken haben ihre Begräbnißplätze in dein auf der asiatischen Küste liegende» Skutari.) Ans dem Häuscr- gcwirre ragen die glänzende» Kuppeln der Moscheen empor, und ein ganzer Wald sänlenartigcr Minaretö. Im Hafen schaukelt eine enorme Menge von Schiffen mit den Flaggen aller Nationen. Konstantinopel mit den Vorstädten Galata und Pera (Wohnsitze der „Franken" und der Gesandten der christlichen Mächte) besitzt wenig Industrie; der Handel ist fast gänzlich in den Händen der Europäer und gestaltet sich immer großartiger, wozu die Dampsschiffahrts-Berbindungen mit Triest, Frankreich und ans dem Schwarzen Meere viel beitragen. (Byzantinuui, seit 148 v. CH. römisch, von 330—395 n. CH. Sitz der römischen Kaiser, daun abwechselnd Sitz der griechischen und lateinischen Kaiser; Eroberung durch die Türken 1453.) Adrianopel (150.000 Einw., an der Marizza), in fruchtbarer, gartenreicher Ebene; lebhafte Industrie (Saffian und Rosenöl, Teppiche, Seidenwaarcn, Fär¬ bereien u. a.); sehr bedeutender Handel, der schönste Bazar im Kriente. Ehemals Residenz der Sultane (1366-1453); Friede nick Rußland 1829. -^.P h i l i p p o p el ,99.000 Einw.), bedeutende Industrie, starker Reis- und Weinbau, ansehnlicher ' Handel. Gallipoli (Md Einwohner), Saffiansabrikeu, Kriegshafen. Erste > Laudmijpder Türken in Europa 1356. Ruinen von Sestus. (Schiffbrücke des Lerxcs 480 v. CH. - Die Dardanellenschlösser.) c, 2. Macedonien. — Saloniki (Thessalonike, 78.000 Einw.), zweite Handelsstadt des Reiches, Sitz europäischer Konsulate, wichtig wegen der Erzeugung vorzüglicher Teppiche, Seiden- und Baumwollenzeuge, Safsia», Färbereien. — Ser es (am Strymon, 30.000 Emw.), im Sommer wegen des ungesunden Klima wenig be- S18 wohnt; in der Umgebung großartiger Baumwollen- und Reisbau. Große Messe für Baumwolle. Bei Drama die Ruinen von Philippi, Schlacht 42 v. LH. — Die ch a ll i d i s che Halbinsel mit dem Berge Athos, mit 20 griechischen Klöstern, einer Menge Kapellen und Einsiedeleien. 3. Thessalien. — L arisfä (ober Jenischehr, 25.000 Eiuw.), erste Fabriksstadt der Türkei, berühmt durch Färbereien, Seiden- und Baumwollwaaren, Saffian, Tabak; Mittelpunkt des Handels dieser produkteureicheu Provinz. P h e r s a la (kiiarsalus), .Schlacht .48 .V-. CH. 4. Albanien. — S k utari (80:000 Einw. am See gl. N.), starker Schiffbau, Fischerei, Gärbereien, Waffen-undWolleiizeugverfertiguug. Janina (25.000 Ei), Goldstoffe, s-eidenzeug; Ali Pascha st 1812. (Am Südufcr des Sees Ruinen von Dodona, Orakeh.).—, Preveša, Art aund Durazza (Dyrrachium), ansehnliche Handelsplätze. 5. Bosnien. — S c räj e w o (oder Bosna Serai, 70.000 E.), fast nur von Slaven bewohnt, bedeutende Gewehr- und Säbelfabrikation; Mittelpunkt des bosnischen Handels, hauptsächlich mit Oesterreich. Travnik, Banjaluka und M o st a r viel Weinbau. l>. Bulgarien. — Sofia (30.000 Einw.), bedeutende Fabrikation und Handel. Die Festungen au der Donau mit ansehnlicher Gewerbthätigkeit und lebhaftem Handel; Widdin, Nikopoli (Sieg der Türken über die Ungarn 1396), S i l i st r ia (Belagerung durch die Russen 1854). R u st s ch n k (30.000 GiMv.). — Warna (20.000 Einw.), der beste türkische Hasen am Schwarzen Meere, bedeutender Handel ; Sieg der Türken über die Ungarn und Griechen 1444; Eroberung durch die Russen 1828. — Sch nm la (60.000 Einw.), Festung, der militärisch wichtigste Punkt auf der Straße nach Constantinopel; Belagerung durch die Russen 1774, 1810, 1829. — Der nordöstlichste Theil zwischen der Donau uud dem Schwarzen Meere ist der öde Landstrich Dobrudscha. 7. Inseln (im Archipelagus); — u) Candia (Kreta, 210,000 Einw.), hochgebirgig, sehr mildes Klima, in den Thälern uud Ebenen sehr fruchtbar; viel Holz, Oel, Honig, Johannisbrot; starke Erdbeben (Minos; Labyrinth). — Städte: Candia (15.000 E.), C a n c a (12.000 Einw.), der beste Hafen. —d) Stalimene (Lemnos) erzeugt Getreide, Wein, Feigen, rothe Siegelerde. — o) Thaso (Thasos), im Alter- thume berühmte Marmorbrüche und Goldgruben. — ä) S a m o t h r a k i u. a. —— --Vr-M i t t e-hb-a-v-«-P»ovkist0tk-»»- ..>,»,—»»—<-»,. - 1. K«st» ubh «m Serbien (tributpflichtig; selbstständige innere Verwaltung; erbliches Fürftensthum). — Belgrad (20.000 Einw., Save-Donau), Mittelpunkt des ser¬ bischen Handels, starker Verkehr mit Oesterreich und Konstantinopel; lebhafte In¬ dustrie in Seide, Leder, Waffen, Teppichen und Baumwolle. Die Citadelle ist un¬ mittelbar türkisch. Mehrmalige Belagerung und Eroberung (1717, 1789, 1808); Friede 1739. — S e m e n dr i a (Donau), Handelsplatz; einst Residenz der serbischen Könige. Kragnjevaz, Residenz des Fürsten. Passarowiz, Friede zwischen Oester¬ reich und der Pforte 1718. Walachei. (Walachei und Moldau, „vereinigte Fürstenthümer, bilden eine konstitutionelle Wahlmonarchie; tributpflichtig, innere Verwaltung selbstständig.) — Buch arest (125.000 Einw.), Hauptstapelplatz für den Produktenreichthum der Walachei; sehr bedeutender Verkehr mit Wien, Pest uud Leipzig; geringe Industrie. Biele Kirchen und Kapellen, mehrere Lehranstalten. — Giurgewo, Hafen von Bucharest, Rustschuk gegenüber. — Braila (Jbrahil, 24.000 Einw.), Hauptplatz für den auswärtigen Handel der Walachei. Moldau- — Jassy (70.000 Einw.), große Viehzucht in der Umgebung ; stark besuchte Messen; über 70 griechische Kirchen, Gymnasium, Akademie. Friede 1792. — Galacz (Donau, 40.000 Einw.), der wichtigste Handelsplatz der Moldau und Haupthafen. — F o k s ch a n i, Sitz der Central-Commission der „vereinigten Fürsteu- thümer" (Walachei uud Moldau). — Im Osten des Pruth das von Rußland im Jahre 1857 abgetretene bessarabische Gebiet (205 ^Meilen, bei 180.000 Einw.); darin Reni, an der Mündung des Pruth in die Donau und die starke Festung Jsmail (S.mv«sfsts -Erstürmung 1789). 4, Hürstenthum Montenegro (öcrnagora, SO ^Meilen, 130.000 Einw.). — Im Norden von Albanien, angrenzend an Dalmatien. Durchaus gebirgig; Ackerbau geringe; die Hauptnahrungsquelle bildet die Viehzucht. Von bürgerlichen Gewerben ist keine Rede; der nothdürstige Handel mit Lattaro. Die geistige Kultur äußerst geringe; Hauptort Cettinje; im Ganzen über 110 Dörfer. 219 KuNurbttb. Die Landwirtschaft steht auf sehr niederer Stufe, da der Bauer, mit Ausnahme des arbeitsamen Bulgaren, nur für die Befriedigung der eige¬ nen Bedürfnisse sorgt. Deßungeachtet liefert die Produktion an Weizen, Mais, Hirse und Buchweizen alljährlich um ein paar Hundert Millionen Piaster (ä 9 Neukreuzer) zum Export. Auch die Ernte von Reis, Flachs und Hanf, Tabak uud Baumwolle ist (vorzüglich in Makedonien) bedeutend. Für das Obst, den Wein uud das Oel ist das Klima sehr günstig; er- wähnenswerth sind endlich der Mohnbau und die Rosenzucht. Die Forst¬ kultur liegt dagegen ganz darnieder. — Den Hauptreichthum der Land¬ bewohner bildet die Viehzucht. Schöne Pferde (Moldau, Walachei, Bulgarien), Rinder und Schafe, die ausgebreitete Schweinezucht, die Bienen- und Seidenraupenzucht bringen ansehnlichen Gewinn. Anch die Jagd ist ziemlich einträglich; die Fischerei hingegen arg vernachlässigt. Der Berg¬ bau ist schlecht bestellt und dessen gegenwärtige Ausbeute kaum nennens- werth. Wichtig sind nur das Steinsalz aus den Karpathen, der schöne Marmor auf mehreren Inseln, die rothe Sicgelerde der Insel Stalimene. — Ge¬ werbliche Industrie nach unseren Begriffen ist fast gar nicht vorhanden; nur einzelne Fabrikate und wenige größere Städte machen hiervon eine Ausnahme. Hauptartikel sind Leder, namentlich Korduan und Saffian von rother uud gelber Farbe, und die Lederarbeiten von Konstantinopel. Berühmt sind einige Türkischroth-Färbereien, zum Theil auch Waffen, Teppiche und das Rosenöl. Alle übrigen Fabrikate werden importirt. — Die geographische Lage der Türkei, als Vermittlerin des produktenreichen Asiens mit dem industriellen Abendlande, und die reich gegliederte Küste mit vielen guten Häfen begünstigen den Seehandel, der sich fast gänzlich in den Händen der Ausländer (Griechen und „Franken", d. i. Abendländer) befindet. Im Allgemeinen werden Rohrprodukte exportirt, Manufakte importirt; den Export berechnet man über HO, denJmportüber 100 Mill. Gulden. Der Binnenverkehr ist wegen Mangels an Landstraßen geringe. — Von gei st iger Kultur im Sinne des christlichen Abendlandes ist in der Türkei keine Rede. Die Türken haben im Ganzen ihre asiatischen Sitten und Gebräuche beibe¬ halten und sind als Bekenner des Islam von geistigen Anstrengungen keine Freunde. Die Hof-, Kirchen- und Gelehrtensprache ist die arabische. Der Koran bildet die Grundlage der religiösen und weltlichen Gesetzgebung; die Nicht-Muhamedaner heißen Najah (d. i. weidendes Vieh). Künste und Wissenschaften haben fast keine Fortschritte aufzuweisen; nur die Baukunst, die Gartenkunst und die Musik genießen einige Pflege. Es bestehen zwar auch mancherlei muhamedanische Schulen; allein deren Resultate sind nach den Anforderungen europäischer Kultur höchst unbedeutend. Unter der christlichen Bevölkerung sind die Griechen die intelligentesten, industriellsten und thätig- sten; am meisten befassen sich die Geistlichen mit der Pflege der Wissen¬ schaften. In neuerer Zeit beginnt hie und da die europäische Kultur Wurzel zu schlagen. 220 J s i e n. (883.000 geogr. ^Meilen; 770 Mill. Einwohner.) S t n a t e n K i l d n n g e 11. Nur dir ansässigen Völker sind zn einer festeren Ordnung ihres gesell¬ schaftlichen Zustandes, zur Bildung von Staaten gekommen. Die Regie¬ rungen der gesitteten Völker Asiens sind M v n arch i en (meist despotische), welche unter einander in nur vorübergehender, gewöhnlich feindlicher Be¬ ziehung stehen. Neben der despotischen Form besteht (bei den Hirten-, Jäger- und vegetireudcn Völkern) die patriarchalische. Die Oberhäupter (Scheck, Khan) sind Herrscher einzelner Stämme und häufig höheren Oberhäuptern unterworfen. Auch gibt es noch Nomadenstämme, welche in vereinzelten Familien ohne ein gemeinschaftliches Oberhaupt leben. Ein großer Theil Asiens ist europäischen Nationen unterthan, eö sind Colonialländer der europäischen Staaten. Diese nehmen beiläufig 380.000 ^Meilen mit einer Bevölkerung von etwa 215 Millionen ein. I. Die nsiaklslhe Türkei. 31.470 ^Meilen, 16,050.000 Einwohner); davon über 10 Mill. Türken, über 1 Mill. Griechen, dann Armenier, Inden n. m; in den See- und Handelsstädten viele christ¬ liche Abendländer („Fransen")- — Grenzen? — Eintheilmig in 16 Ejaletc; gebräuch¬ licher in: 1. Kleinasien, 2. Armenien, 3. Mesopotamien, 4. Syrien init Palästina, s. Hcdfchas, 6. die Inseln. l. Kieinusicn (Natvlion. Levante; 9800 ^Meilen, 10,700.000 Ein¬ wohner). — Die Halbinsel besteht aus einer Reihe von Plateanlandschaften, durch Berggruppen und Ketten, die vom armenischen Hochlande hereingrcifeu, voneinander geschieden. DaS centrale Plateau (mit dem Erdschisch oder ^.i-Aucms, 12.001L) fällt am steilsten gegen Süden ab, wo der Taurus nahe der Küste sich hinzieht. Im Westen ist ein durch parallele Gebirgszüge und Tiefthäler rcichgegliedertes Tiefland (die Küstenlandschaft der Levante); im Norden ist das politische Küstengebirge; die Ostbegrenznng bildet der Antitaurns. Die Gebirge gehören meist vulkanischen Bildungen an; furcht¬ bare Erdbeben sind nicht selten (Brussa 1855). — Das Land ist gut be¬ wässert, doch sind wenige Flüsse und nur ans kurze Strecken, schiffbar. Die Binuenslüssc bewässern die Steppen des centralen Plateaus und ergießen sich in Salzseen oder Sümpfe; in das schwarze Meer fließt der bedeutendste Fluß Kizil Irmak (Halys); im Westen sind zahlreiche Küstenflüsse. — An der Küste heißes, in den Berglandschaften rauhes, sonst gemäßigtes ge¬ sundes Klima. Die Steppen im Innern sind Holz- und wasserarm; sonst ist das Land sehr fruchtbar. Mangelhafte Bodenkultur; dennoch viel Getreide; vor¬ züglicher Wein, edles Obst, Südfrüchte (Smhrua's Feigen, Rosinen), Mohn, Oct, ausgezeichneter Tabak und andere Handelspflanzen. Sehr bedeutende Viehzucht, namentlich Schafe, Angora-Ziegen, Büffel, Esel, kleine Pferde, viele Kameele für den Karawanentransport; von hoher Wichtigkeit der Sei¬ denbau. — Der Bergbau unbedeutend. Die Industrie nur in wenig Städ¬ ten und wenig Artikeln: Seiden- und Kameelhaarwaaren, Färbereien und Teppiche, Saffian, Waffen, Noseuessenzen. Der Handel sehr wichtig. 221 Smyrna (160.000 E.), die wichtigste Handelsstadt der Levante, vortrefslicher Hafen; Karawanenhandel und Seehandel; viele europäische Handelshäuser und Con- sulate; ziemlich bedeutende Industrie. S kn tari (80.000 E.), gegenüber von Kon¬ stantinopel, Begräbnißort der Türken jener Stadt. Trebisonde (Trapeznnt, 4l>.000 E.), Stapelplatz für den persisch-europäischen Handel; Leinwanderzeugnug, Färbereien, Schiffbau. 1204—1460 Residenz griech. Kaiser. Brussa (70.06t) E.), ehemals Hauptstadt des osman. Reiches; Fabrikation von herrlichen Tapeten, Seiden- waaren, Gold- und Silberstoffen. In der Nähe berühmte Mecrschaumgrnbcu. Erd¬ beben 1855. Im Innern: Kntahija (30.000 E.), warme Bäder. Angora (50.000 E.), Shawl-Fabrikation; Angora-Ziegeitzucht. Tokat(35.000 E.), einer der bedeutendsten Jn-dnstrieplätze; in der Nähe Knpserbergwerke. — Historisch bcmerkenswerth sind: Jsnik (ktieaeu), Kirchenversammlung 325 (Hauptstadt des Kaiserthums Nicaea 1204—1261 n. Ehr.). -- Kon ich (looniunr), Sieg Friedrich Barbarossa's 1190. Tarsus, alte Hauptstadt von Lüieien, Geburtsort des Apostels Paulus. Aiwaly (lloraele«.), Bergama (korgninus) u. a. (Beim Dorse Bunar-Baschi Itninen von Troja; beim Dorfe Palotscha jene von Miletus, bei Ajasaluk jene von Ephesus.) 2. Armenicil uud Kuidistau (5690 oMfflen, 1,700.000 E.), Hoch¬ land, an das sich im Westen Kleinasien entschließt; znm PontnS steiler Ab¬ fall, im Südosten mit dem persischen Hochlande zusammenhängend. (Ararat, 16.000".) Viele salzhaltige Gebirgsseen (Wan); steppenartige Plateaus; tief eingeschnittene, gut bewässerte, fruchtbare Thäler. — Flüsse: Kizil Irmak (in den Pontns), Kur und Aras (in das caspische Meer), Euphrat und'Tigris (in den persischen Golf). Rauhes Bergland. Eisen, Kupfer, Blei, Getreide, Wein, Seide, Baumwolle sind Hauptprodukte. Bedeutende Viehzucht, vortreffliche Pferde. Geringe Industrie; die Armenier als tüchtige Kaufleute in Vorderasieu uud Osteuropa bekannt; auf den Steppen nomadische, raubsüchtige Kurdeu. Erze rum (40.000 Eimv.), Karawaiieustraße zwischen Trapcznut und Persien, wichtiger Transit- uud Speditionshaudel; vorzügliche Waffen-, Seiden- und Leder¬ fabriken. Armenischer Erzbischof und griechischer Bischof. Die Festung Kars, von den Russen 1855 erobert. Wan, Handelsplatz; altpersische AlteUhümer. — Die Provinz Kurdistan ist zum Theil das alte Assyrien. 3. Mesopotamien, zwischen dem armenischen Hochlande nnd dem per¬ sischen Golfe. Im nördlichen Theile: Al Dschesireh („die Inseln," Assy¬ rien und Mesopotamien), im südlichen Irak Ara bi („Land der Araber", Babylonien und Chaldäa). Im Norden wenig angebaut, aber reizend nnd fruchtbar; in der Mitte (von Mossul bis Bagdad) eine ebene, baumlose, dürre Steppe; der untere Theil ist das ungemein fruchtbare Babylonien; Tausende von Kanälen, zahlreiche Dörfer, prächtige Palmenhaiuc, trefflicher Anbau. Im Mündungsgebiete des Schat el Arab schilfreiche Kanüle, Inseln, Lagnnen und Moräste. Diarbekir (40.000 E.), nahe der Tigris-Quelle, Fabriken für Töpfergcschirr, Baumwoll-, Seiden- uud Lederwaareu, wichtiger Handelsplatz. Kath. uud armen. Bischof; uestoriauischcr Metropolit^ — M o s s u l (20.000 E.), Fabrikation feiner Baumwollstoffe (Mousseliue), Leinwand, Saffian, Teppiche. Nördlich davon das Dorf Lhorsabad an der Stelle des alten Ninive und im Süden das Dorf Nimrud. Die Gegend bekannt durch die Ausgrabungen berühmter babylonischer Bauwerke und Kuustdenkmälcr. Ursa (Edessa), mit Gärbercicu; bekannt aus den Kreuzzügen (Fürstlh.Edessa 1097—1150)'. — Bagdad (40.000 E.), wichtigster Platz für den indischen Handel; blühende Ju- dnsirir in Leinen-, Seiden-, Baumwollen- und Wollcustofsen, Leder, Seife. Sitz dcr Khalisen 763—1258, zur Zeit de« Glanzes 2 Mill. Einw. — Basra (oder Basfora), ungesunde Gegend; bedeutender Handel mit Peilen, Kaffee, indischen Waaren, Pferden; Hafen für Bagdad. — Historisch bemerkenswert!): El Madain, die Trümmer von Selencia am rechten, nnd von Ktesiphon am linken Tigrisnfer; bei Hilch die Ueberrefie von Babylon, 222 4. Syrien (SchLm) mit Palästina (6870 oM., 2,750.000 E.). Ein schmales Gebirgsland, im Norden mit dem kleinasiatischen Hochlande ver¬ bunden. Im Westen der Libanon, im Osten der Antilibanon, zwischen bei¬ den die tiefe Thalspalte mit dem Jordanflusse und dem Tobten Meere. Schmale Küstenebene im Westen des Libanon; shrisch-arabische Wüste im Osten des Antilibanon. Der nördliche Theil Sori st an (Syrien), der süd¬ liche Palästina; — wenig Getreide; vortreffliche Südfrüchte, dann Oel und Wein, auch Tabak, Baumwolle, Seide. iL. Sori st an. Hal cP oder Aleppo (100.000 E-), in schöner, fruchtbarer Ebene, Weinbau; bedeutende Industrie in Seide, Wolle, Baumwolle, Leder; Färbereien; wichtiger Handel mit Europa, Verbindung durch Karawanen mit Bagdad nud Mekka; griech. Patriarch. — Damaskus (120.000, nach Andern 200.000 E.), zwischen herrlichen Wein- und Baumgärten paradiesisch gelegen („das Auge des Osten"), die wichtigste Industrie- und Handelsstadt der asiatischen Türkei; berühmte Fabriken für Stahlwaaren (Damascener- Klingen), Baumwoll-, Gold- und Seidenstoffe (Damast), Lederwaaren, Juwelierarbeiten, Perlmulterarbeiten, Rosenessenzen. Im Mittelalter die Lehrmeisterin von Venedig und Genua in diesen Artikeln. Haupthandelsplatz für den Verkehr nach dem inneren Asien; Karawanen-Verbindungen mit Mekka, Bagdad, Haleb n. a.; Sammelplatz der Pilger- Karawane. Bon 660—753 Residenz der Khalifen; seit 1516 türkisch. — In einer Oase der syrischen Wüste die prächtigen Trümmer von Palmyra. — Zwischen dem Libanon und dem Antilibanon Baal deck mit den Ruinen von Heliopolis (kolossaler Son¬ nentempel). Im Libanon wohnen die einander bekämpfenden Drusen (Mohamedaner) und Ma roniteu (Christen). — An taki eh (Antiochia, ehemals Residenz der Sekunden), treibt Gärtnerei und Seidcnhandel; Sitz des Patriarchen der Nestorianer. (Im ehemaligen Phönicien): Beiruth (12.000 E.), Haupthafen an der syrischen Küste, Dampfschiff- fahrtsverbinduug mit Triest. — Saida (Sidon) und Sur (Tyrus) sind jetzt wenig bedeutend. R. Palästina. Dem Umfange nach klein, aber von unendlicher Wichtigkeit als Wiege des Christen- thnms mit den in der Bibel merkwürdigen, den Christen geheiligten Plätzen. Jerusalem, im Verhältnisse zur einstigen Größe nur eine kleine, mit Mauern um¬ gebene Stadt. Viele Häuser sind fest gebaut; die meisten aber nur von Lehm mit flachen Dächern, ohne Fenster auf die Straße. Fast alle Straßen sind enge, krumm, voll Schutt und Unrath, schlecht gepflastert. Unter den 30.000 Einw. sind etwa 12.000 Chri¬ sten, LOOO Juden und 10.000 Muhamedauer. Die Stadt zerfällt in vier Viertel: das armenische auf dem Berge Zion; — das Christ en viertel, im nordwestlichen Theile, enthält die Kirche des heil." Grabes, den Hiskias-Teich, die Häuser des latein. und griech. Patriarchen, des evang. Bischöfe«, des koptischen Khans und das Franziskaner¬ kloster; — das Juden viertel nimmt den Mitteltheil des Südens ein; — das Muha- medanische ist das größte; hier befinden sich: der alte Tempelplatz, der Schmerzens¬ weg des Heilandes, der Teich Bethesda, die verfallene St. Annakirche und die Woh¬ nung des Pascha. Die verehrungswürdigste Merkwürdigkeit ist die heil. Grabeskirche, eigentlich drei verschiedene Räume unter einem Dache: westlich die Kirche des heil. Grabes mit der Engelskapelle, der Grabeshöhle und dem Sarkophage, in welchen man den gekreuzigten Gottessohn gelegt hatte; — in der Mitte die Kirche des Kalvarienberges mit dem Orte der Kreuzigung; östlich die der Kreuzerfindnng mit der Heleneu-Kapelle, in welcher der Erzherzog Ferdinand Max in jüngster Zeit einen neuen Altar ans Marmor aufstellen ließ. Im geheiligten Andenken sind noch viele andere Plätze. Hier sind ferner« mehrere Klöster und Wohlthätigkeitsanstallen zur Ausnahme von Pilgern. Man unterscheidet 4 Berge: Zion, früher die Burg Davids, jetzt stehen hier Kirche und Kloster der Armenier mit 1000 Zimmern siir Pilgrime; nördlich davon die evan¬ gelische Kirche und das prot. Diakonisscnhaus; — auf dem Mori ah stand Salomons Tempel, jetzt Omars Moschee; — auf der Akra ehemals Salomons Palast nebst Golgatha und dem heil. Grabe; — südlich vom Zion der Berg des „bösen Rath es", Wohnung des Kaiphas (Berathnng der Juden bei ihm); — östlich vom Thale Josaphat der Berg des „Aergernisses" (Salomons Götzendienst), und nördlich von diesem der Velberg mit den geheiligten Erinnerungen. Auch die Umgegend trägt das Gepräge 223 der religiösen und geschichtlichen Denkwürdigkeiten an sich. — B e t h l e h e m (2000E.), 2 Stunden von Jerusalem entsernt, die Geburtsstätte des königlichen Sängers David und des göttlichen Stifters des Christenthums, hat eine malerische Lage aus 2 Hügeln. Die Hauptbeschäftigung der jetzigen, fast nur christlichen Bevölkerung der Stadt besteht nebst dem Ackerbaue in der Verfertigung von Rosenkränzen, Kruzifixen und ähnlichen Gegenständen aus Olivenholz, Dattelkernen und Perlmutter. Hier ist die Höhle der Geburt, zu welcher 52 Stufen hiuabführen, mit einem Altäre und einer Marmortafel mit der Inschrift: „Hier ist von der Jungfrau Maria Jesus Christus geboren worden." In einer abgesonderten Grotte ist der „Altar der Krippe", dann die Kapelle der unschuldigen Kinder und die Grotte des großen Kirchenvaters Hieronymus. — Nazareth liegt am Tabor und zählt 3000 meist christl. Einw. Gro߬ artiges lateinisches Kloster und anstoßend die Kirche der Verkündigung, nach der heil. Grabeskirche die schönste des Landes. Unter dem Hochaltar befindet sich die Grotte der Verkündigung. Das Haus des heil. Joseph, wo Jesus seine Kindheit verlebte, ist eben¬ falls eine hochverehrte Stätte. — Jafa (od. Joppe 7000 E.), Landungsplatz der Pilger. A k ka (oder Ptolomais, 8t. ckenn ck'Lars, 10.000 E.), ehemals Sitz der Johanniter. (Richard Löwenherz 1194.) 5. Hedschas (über 9100 ^M., 900.000 E.). Türkischer Autheil von Arabien, längs dem Rothen Meere; äußerst trocken, tropisches Klima. Mekka (50.600 E.), Muhamed's Geburtsort, religiöse Hauptstadt der Muhamedaner mit der „Kaaba" in der großen Moschee, zu welcher jeder Moslem einmal in seinem Leben wallfahrten muß; jährlich kommen an 100.000 Pilger („Hadschi") mit beiläufig 50.000Kameelen. Dschidda (40.000E.), Hafenstadt von Mekka, wichtiger Handelsplatz. Medina (20.000 E-), Muhamed's Begräbnißplatz in einer prachtvollen Moschee. Zu dieser Provinz gehört auch die Sinai-Halbinsel mit der Gruppe des Sinai (Dschebl Musa — Berg Mosis) und dem Horeb, dazwischen in einem frucht¬ baren Thale das berühmte griech. Katharinenklostcr. — Am Nordende des Busens von Akaba die Stadt gl. N. 6. Die Inseln. - Cyp ern, eine der fruchtbarsten Inseln; vortrefflicher Wein, Baumwolle, Oel, SM7" frischte, die feinste Wolle der Levante./Seit 1480 venezianisch, seit 1571 türkisch.) Haupt¬ ort Nikosia (oder Lcvkosia, 16.000 E.). ^---""Uhodus, Hauptstadt gl".'N7, SchiffZT" Werste für die türkische Flotte;"M"Mkerkhume berühmte Handelsstadt; 1300 bis 1552 in den Händen der Johanniter, — Die gesunde und fruchtbare, besonders an Wein reiche Insel Samos nnt dem Hauptorte Kora. — Die ehemals reichste griechische Insel Chios, Hanptort gl. N., hat sich von der ungeheueren Verwüstung durch die Türken . Nedschcd, das Innere der arabischen Halbinsel, noch wenig bekannt. Die Landschaft bewohnen kriegerische Nomaden, die Wa Habiten (eine rcsormirte mnhamedauische Sekte), eine Geißel der Nachbarn und der durch ihr Gebiet ziehenden Karawanen. Ihr Hauptsitz ist Derajeh (oder Rijad). 2S5 III. Iran. (Persien; Afghanistan; Mudschistan.) 46.000 ^Meilen; 20,500.000 Einwohner. — Persien: 26.000 UM., 10 Mill. Einwohner; — Afghanistan: tO.OOO UM., 6 Mill. Einw.; Beludschislan: 7000 UM., 900.000 Einw. — Grenzen? Das Land. — Iran ist ein von Gebirgen eingeschlossenes Hochplateau, nördlich vom Paropamisus und Elbrus (Vulkan Demavend, über 17.000'), östlich vom Soliman begrenzt. Der westliche Theil heißt Persien, der nördliche Afghanistan (oder Kabulistan), der südöstliche Beludschislan. Die Steppen des innern Plateaus sind sehr wasserarm, salzhaltig- am Nord- und Westrande anmuthige, fruchtbare Thäler; am pers. Golfe Wüsten- land (Ooärosiu). Fast immer wolkenloser Himmel, die Luft sehr trocken, der Pflanzenwuchs ärmlich ; zur Regenzeit üppige Vegetation. Im Sommer versengende Hitze, der Winter wie in Mittel-Deutschland. — Außer dem Grenzflüsse Schat-el-Arab nur kleine, salzige Lachen und Moräste, Steppeuseen und Steppenflüsse. Kutturbitd. Die Land Wirth schäft ist sehr im Verfall, nur durch angestrengten Fleiß kann jetzt der Bedarf an Ackerprodukten gedeckt werden. Relativ bedeutend ist der Ertrag an Reis, Getreide, Wein, Mohn, Tabak, Baum¬ wolle, Seide, Färbepflanzen. Im Innern empfindlicher Holzmangel. Die Viehzucht wird von den Wanderstämmen großartig betrieben; vortreffliche Pferde, Manlthiere, Kameele, Ziegen und Schafe. Der Bergbau liefert Eisen und Kupfer im Elbrus, Schwefel (im Urmia-See), Steinöl, schöne Türkise, Salz. Perlenfischerei im pers. Golf. — Die Industrie steht auf geringer Stufe, obwohl sich die Perser durch technische Fertigkeit, Geschmack und Ausdauer auszeichnen. Schöne Waffen, Leder- und Seidenwaaren, Shawls, Teppiche, Gold- und Silberstoffe, Rosenöl, Töpferwaaren sind die Hauptprodukte. Der Handel ist zumeist Karawanenhandel mit Rußland und Indien. Der Mehrzahl nach sind die Bewohner Perser (Tadschik's) , im Süden auch Parsen (Guebern). Die Perser sind ein feineres, gewandteres und bildungsfähigeres Volk als die Türken. Ihre Sprache hat eine reiche, interessante Literatur, besonders in Werken der Dichtkunst; sie ist in den gebildeten Kreisen der Nachbarvölker so verbreitet, wie in Europa die fran¬ zösische. Afghanen (persisch-medischer Abstammung) sind theils Nomaden, theils Halbuomaden. Die Belud sch en bilden viele vereinzelte nomadische Stämme. Die Parsen sind noch Feueranbeter, die Perser und Afghanen hingegen Muhamedaner (erstere Schiiten, letztere Suniten). 1. Pcisien (Staatsoberhaupt ist der Schah — König). Teheran (180.000 E.; im Sommer kaum halb so viel), die Residenz des Schah auf einer fruchtbaren Hochebene ; Tapeten- und Metallwaarenfabrikanon, ansehnlicher Handel (europ. Handelshäuser). Im Siidosten die Ruinen von Rhages, einst di- größte der mcdischen Städte. Geburtsort des Harun-al-Raschid (ff 809). — Jspahan loder Isfahan, 180.000 E.), prachtvoller k. Palast, schöne Denkmäler der Baukunst, Alleen und Gärten; Industrie in Seide, Baumwolle, Waffen, Bijouterien; Mittel¬ punkt des inneren Handels. Vom Jahre 1585—1722 Residenz der Sofi-Dynastie. Kaswin (60.000 E.) zeichnet sich durch Webereien und Gärbereien aus. Hamadan (Lebataim), Teppiche, Gärbereien, Handel nach dem Mittelmcer und der Türkei. Kt un, Geographie, 7. Anfl. z 5 226 Sommerresidenz der altpers. Könige. Schiras (40.000 E.), in sehr schöner, frucht¬ barer Gegend, berühmter Weinbau, vorzüglicher Tabak, Glas-, Leder-, Seiden-, besonders Roscnessenz-Fabrikation; wichtiger Handel nach Indien. Gräber der persi¬ schen Dichter Sadi (si 1292) und Hafiz (1389). Im Nord-Osten die Ruinen von kersspolis (von Alexander d. Gr. verbrannt 331 v. Chr.). Südöstlich davon,die Ruinen von — Für den europäischen Handel, zunächst für den Handel mit Pelzen und Fellen sind wichtig die Orte am Südrande des Caspischen Meeres: Re scht (40.000 E-), Balfrusch (lOO.OOO E.) und Asterabad (40.000E.), zugleich Hauptsitze der Seideuzucht. J esd (60.000 E.), nahe der großen Salzwüste, Knoten¬ punkt der Karawanenstraßen; Hauptsitz der Parsen; großartige Kameelzncht; Industrie in Seide und Wolle. Mesched (100.000 E.), einer der größten Handelsplätze in Mittelasien und für den Verkehr mit Bochara, Chiwa, Khokand höchst wichtig; sehr umfangreiche Industrie. Berühmter Wallfahrtsort der Schiiten. In der Nähe die Ruinen von Thns, der alten Hauptstadt von Korassan mit dem Grabmal des Dichters Firdusi (si 1030). Nischabur treibt Handel mit Türkisen aus den be--- nachbarteu Türkiseu-Minen. — Der wichtigste Handelsplatz und Mittelpunkt des gesammten Verkehres zwischen Persien und Europa ist Täbris (oder Tauris, 160.000 E.), im Centrum der durch Agrikultur, Gewerbefleiß und Mineralreichthum wichtigsten Provinz Adherbeidschan. Bedeutende Industrie (Weberei, Druckerei, Fär¬ berei), viele Karawansereien und Bazare. 2. AsahanistlM (oder Kabulistan, 10.000 OM., 6,000.000 Einw.). Es zerfällt in mehrere Chanate, unter welchen die Chane von Kabul und Herat die mächtigsten sind. Der Boden ist eine Fortsetzung des persischen Hochlandes und spärlich bewässert. Im Osten fließt der Sind (Indus) mit dem Nebenflüsse Kabul, im Norden der Amu. Sowohl die Natur- als die Kunstprodukte sind im Allgemeinen wie in Persien. Die bedeutendsten Orte sind: Kabul (60.000 E.), auf der fruchtbaren, gut angebauten Hochebene am Kabul, mit lebhaftem Handel und dem größten Pferdemarkte. D s ch e ll a bad, eine relativ wichtige Fabrik«- und Handelsstadt. Kandahar (50.000E.), unterhält den stärksten Handel mit Persien. Herat (100.000 E.), eine der schönsten asiatischen Städte mit ansehnlichem Gewerbefleiß und Handel. Die Umgebung herrlich und ungemein fruchtbar. (Die „Stadt der 100.000 Gärten", auch „der Segensort" genannt.) Eroberung durch die Perser im Oktober 1856; Räumung in Folge des Friedens mit England im März 1857. Pi sch au er (100.000 E.), mit Seiden- und Baum¬ wollfabriken und einer muhamedanischen Hochschule. 3. Bcludschistan (7000 OM., 900.000 E.). Der südöstliche Thcil von Ost-Iran ist zum größten Theile ein wüstes, ödes, vegetationsarmes Land, ohne Flüsse von Be¬ deutung. Die verschiedenen Nomadenstämmc haben ihre eigenen Häuptlinge, welche jedoch die Oberhoheit des Chans von Kel.at anerkennen. Der bedeutendste Ort ist die Residenz Kelat (20.000 E.), welche Handel treibt. Erwähnenswerth sind noch Gundava nnd Bela. IV. Vorder-JnditN. Ungefähr 73.000 o Meilen; 187 Millionen Einwohner. — Grenzen? Das Land. — Vorder-Ändien besteht aus 2 Theilen: dem eigentlichen Hindostan, im Süden das Himalaya, vorherrschend Tiefland, und der Halbinsel Dekan, ein Tafelland mit Nandgebirgen. Im Norden von Hindostan erhebt sich das höchste Gebirge der Erde, der Himalaya, der in stets niedereren, parallelen Zügen nach Süden ab-- fällt, und dessen Fuß mit einem breiten Gürtel dichter Wälder umgeben ist. Die fruchtbare Tiefebene durchströmt der Ganges mit seinem vielver- zwcigten Geäder; — im Westen erstreckt sich längs des Indus bis nahe an dessen Deltaland die hügelige Flugsandwüste Thnrr, welche nur znr Regenzeit einige Vegetation aufweiset. Dekan ist im Innern eine weniger fruchtbare Hochfläche; der Abfall der westlichen Randgebirge ist steil und gut bewaldet, die Küste (Malabar) ist sandig nnd hat gute Häfen; nach 227 Osten fällt die Hochebene sanfter ab, hier münden die meisten größeren Flüsse Dekans. Die Küste (Koromandel) ist flach nnd der Schiffahrt ge¬ fährlich. Den Nordrand des Plateaus bildet das rauhe, fast unzugängliche Vindh Ya-Gebirge; die äußerste südliche Spitze bis zum Cap Co worin füllt die Bdrglandschaft Nil Gerri aus, welche vom Hochplateau durch das Gap-Thal getrennt ist. Das Klima ist bei der großen horizontalen Ausdehnung verschieden, doch liegt der größte Theil in der heißen Zone. Die Himalaha-Thäler haben Alpenklima; die Tiefebene hat heißes, feuchtes Klima; die größte Hitze herrscht am Indus nnd am Mündungsgebiete des Ganges; das Plateau von Dekan hat eine gemäßigtere Temperatur, eine heißere haben die Küstenstriche. Einen großen und regelmäßigen Einfluß üben hier die Winde auf die Witterung aus, da Land- und Seewinde täglich regelmäßig abwechseln. Fast ebenso regelmäßig sind die Passate und Monsune. Auch furchtbare Orkane (Tai- fnng) sind nicht selten. Die Regenmenge ist sehr bedeutend und verur¬ sacht öfters Ueberschwemmungen; anhaltende Trockenheit erzeugt hingegen Hungersnoth, weil dann das Hauptnahrungsmittel, der Reis, nicht gedeiht. Die Staaten Vorder-Indiens werden cingetheilt: 1. Britisch-Judien, u. z. unmittelbare Besitzungen, verbündete und Schutzstaaten; 2. unabhängige Staaten; 3. portugiesische und französische Besitzungen. 1. Die unmittelbaren britischen Besitzungen zerfallen in vier Präsidentschaften: a) Bengalen (10.000 »M., über 55 Mill. E.). — Cal.cutta (die Stadt I Mill., mit den Vorstädten doppelt so viel Einwohner), am westlichen Hauptarme des Gange« (Hugli), der reichste nnd größte Stapelplatz Asiens. Großartige Industrie in Baumwoll- und Seideugewebeu, Gold- nnd Silberwaarcn, Tabak, Arak, Schiffbau u. a.; höchst bedeutender Handel. Viele Volks- und gelehrte Schulen, Missions¬ schulen, berühmte asiatische Gesellschaft, großer botanischer Garten, Sternwarte. Bei der Stadt die Festung Fort William (--° Uil'jämm). — Dacca (200.000 E.), Murschedabad (170.000 E.) und Patna (850.000 E.), wichtige Jndustrieorte für Baumwollgewebe, Opium, Indigo, Zucker und Seide. l>)Agra (oder Allahabad, 4000«., 30 Mill. E.). — Allahabad (200.000 E.), starke Festung, berühmter Wallfahrtsort der Hindus. Benares (über 600.000 E.), Hauptsitz der Brahmincu; Shawlweberei, Seiden-, Baumwoll- nnd Wollindustrie; Handel mit Edelsteinen. Delhi (300.000 E.); einstige Residenz des Großmoguls (mit 2 Mill. E.); zuletzt durch die Briten eingeuommeu im I. 1857; sehr herab¬ gekommen; desgleichen Agra (160.000 E.). Hurdwar, zur Zeit der großen Messen, welche viele Wallfahrer herbeiziehcu, bisweilen von 2 Millionen Hindus besucht. Lukuow (300.000 E.), Hauptort des jetzt unterworfenen Königreichs Oude (Andel, Fabriken in Baumwolle, Seide, Leder nnd Waffen. e) Madras (7000 OM., 22 Mill. E.,. Madras (500.000 E.), Mittelpunkt des Handels auf der Küste Koromandel, Indigo-, Zucker- und Arakfabrikatiou, Opiumbereitung, Baumwollweberei („Madras-Tücher"). Europäische und ameri¬ kanische Häuser sind hier, etablirt; Bank, Assekuranzen, Münze; Industrie und Handel sind minder bedeutend als zn Anfang des Jahrhunderts, da es das „Man¬ chester des Orientes" genannt wurde. Mit der großartigen Einfuhr englischer Fabrikate konnte die heimische Industrie nicht konkurriren. — Seringapatnam (300.000 E.); Cochin, die älteste Besitzung in Indien, Albuquerque eroberte sie im I. 1503, der wichtigste Handelsplatz in der Provinz Malabar; Calicut mit Calico-Fabriken (hier landeten die ersten Portugiesen unter Vasco de Gama im Jahre 14S8); Masulipatnam (80.000 E.), der beste Hafen auf der Küste Koromandel, liefert die durch Farbenpracht berühmten Baumwollstoffe; Trau- quebar (im Jahre I845 von Dänemark abgekauft), Baumwollindnstne, starker Handel. ü) Bombay (3000 LM., 11 Mill. E.). Bombay (250.000 E.), zweiter Handels¬ platz in Ostindien, Hauptstation der britischen Flotte, regelmäßige Dampfschifsahrt 228 nach England, Dampsschiffahrt auf dem Indus (erste Eisenbahn von Bombay nach Patna, 1852 eröffnet); sehr bedeutender Handel. Universität. — Surate 450.000 E.), Hauptort der Provinz Gudscherat, wichtige Fabriksstadt, sehr großer Export von Baumwolle, Seide und Tabak. s) Insel Ceylon (Taxrdbsus, 1181 tOM-, 1'/> Mill. E.). Die Nordküste ist sehr zerrissen, einige Sandbänke sind bei der Ebbe sichtbar (Adams-Brücke). Im Inneren ein schönes, wohlbewässertes Hügel- und Bergland (AdamS-Pik 5700'), große Palmenwälder. Sehr fruchtbar, aber der Anbau noch geringe. Der beste Zimmt, dann Kaffee, Zuckerrohr, Baumwolle, Pfeffer, großer Reichihum an Edelsteinen; Perlenfischerei. Hauptort ist Colombo (70.000 E.); für den europ. Handel ist wichtig Point de Galle. 2. Verbündete und Schutzstaaten. Der Staat der Shikas im Pendschab (über 4000 ^M., 11 Mill. E.) mit den Provinzen Kaschmir und Kohestan. — Kaschmir ist eine der schönsten und ge¬ segnetsten Landschaften der Erde. Der Anbau vortrefflich; in den bewaldeten GebirgS- gegenden vortreffliche Viehzucht. Fleißige, intelligente, aber unkriegerische Bevölkerung. Sehr bedeutende Industrie; namentlich Shawls und viele andere Artikeln. Hauptort Kaschmir (60.000 E.). — K o h e st a n ist der nördliche, gebirgigere Theil des Pendschab. Bedeutender Ackerbau, ausgebreitete Biehzucht; Fabrikation von Shawls, Seiden¬ stoffen, Baumwollgeweben. Hauptort L ah ore(I00.000E.), wichtig sind noch Multan (60.000 E.), und Amretsir (100.000E.) t>) Das kleine Fürstenthum Sikkim am Südabhange des Himalaya. o) Der Staat des Rajah von Panna (Provinz Allahabad) mit Diamantenaruben. ll) Hyderabad oder Golconda im nördlichen Theile von Dekan (10 Mill. Einw.) Hyderabad (200.000 E.), reiche Dianiantengruben; Aurungabad, Fabriks¬ und Handelsstadt. o) Der Mahrattenstaat Nappur (3 Mill. E-), mit dem Hauptort gl. N. 1) Sattara (17, Mill. E.), mit dem Hauptort gl. N. Zsi Der Mahrattenstaat Sciudiah (4Mill. E.), mit Udschein (120.000 E.) und der Felsenfestung Gwalior. I>) Sinde, am unteren Indus (>7, Mill. E.). Hauptort Hyderabad. i) Mysore (an der Malabarküste, 3 Mill. E-). Mysore und Bangalur, Fabriks¬ und Handelsplätze. Seringapatam, Festung; ehemalige Residenz des Hyder Ali (si 1782) und des Tippo Saib (f 1799). k) Travancore (Südspitze von Malabar). Viel Gewürze. l) Die Inselgruppen derLakka-Diven und Male-Diven. Große Mengen von Kauris, d. i. Muscheln, welche als kleine Münze gebraucht werden. 3. Unabhängige Staaten- u) Nepal (3 Mill. Einw.^, am Südabhange des Himalaya. Fruchtbare Thäler, mildes, gesundes Klima. Hauptort Katmandu. b) Bhotan (oder Butan >, durch das Fürstenthum Sikkim von Nepal getrennt. Häupt¬ er te Tassisudon. 4. Portugiesische Besitzungen — Das Gebiet von Goa (Malabarküste); die Insel und Stadt Diu (Südspitze von Gudscherat); Hafenstadt Daman (zwischen Bombay und Surate). Baumwolle, Pfeffer, Reis, Hanf, Seide, Salz, vorzüglicher Arak. Der Gouverneur von Goa verwaltet auch das Gebiet auf der Sunda-Jujel Timor und die bei China liegende Insel Macao. 5. Französische Besitzungen. — Pondichery u. Carical (Koromandelküste); Tschan- dernagur (bei Calcutta); Mach« (Malabarküste V Reis, Indigo, Baumwolle, Zuckerrohr, Seide; Baumwollweberei und Opiumbereitung. Kutturbild. Wenige Länder der Erde sind so reich an schönen und mannigfaltigen Produkten als Hindostau. Der überaus ergiebige, meist sorgfältig von den fleißigen Hindus angcbaute Boden liefert eine Menge köstlicher Produkte. Den ersten Rang nimmt der Reis ein; die 2—4 Ernten blos in den Nie¬ derungen Bengalens decken den großen Bedarf Hindostans; nebst der aus¬ gedehnten Arak-Bereitung werden jährlich noch über I'/. Mill. Centner ex- portirt. Für die europäischen Coloniften ist der Anbau von Weizen in den 229 nordwestlichen Provinzen und im oberen Pendschab sehr wichtig. Zu den wichtigsten Produkten gehört die Baumwolle, welche fast überall gedeiht, am vorzüglichsten in Bengalen. Der eigentliche Baumwollmarkt ist Bombay, der Hauptexport geht nach England: in den letzten Fünfziger-Jahren wechselte er von 166 auf 263 Mill. Gulden im Jahre, und deckte Indien 16ch„ des Bedarfes von Großbritannien au Baumwolle. In den Jahren 1862—k864 sind von Europa aus jährlich an 600 Mill. Gulden an Bombay bezahlt worden. Sehr wichtig ist die Färbepflanze Indigo, hauptsächlich im Norden des Ganges; Hauptstapelplatz dafür ist Calcutta. Zunächst steht die Seide, von welcher jährlich über 20.000 Ctr. ausgeführt werden. Der Anbau von Mohn (zur Opium-Bereitung) ist auf kleinere Distrikte beschränkt. Die Opiumbereitnng (Monopol der Regierung) trägt der Regierung jährlich an 30 Mill. Gulden ein; der Jahresexport hat den Werth von beiläufig 65 Mill. Gulden. In fortwährender Steigerung ist die Kultur des Zuckerrohrs, der Thee- pflanzungen, des Kaffeebaumes, von Zimmt, Pfeffer und anderen Gewürzen, von Flachs und Hanf (am Fuße des Himalaya) und vielen anderen Kultur¬ pflanzen. Die Waldungen enthalten kostbare Hölzer. Nicht minder reich ist das Land an animalischen Produkten jeder Art: Seide, Schafwolle, Elfenbein, Schild- krot, Wachs, Moschus, Ambra, Perlen, prächtige Felle der großen Raubthiere. Der Bergbau steht noch auf niederer Stufe. Die Ausbeute an Gold und Silber ist nicht bedeutend; Eisen wird viel und von sehr guter Qualität gewonnen. Für Edelsteine ist Ostindien das Hauptland; die reich¬ sten Diamantengrvben sind in Golkonda, Bundelkund und auf Ceylon; die schönsten Rubine, Saphire, Smaragde u. a. auf Ceylon und der Koroman- delküste. Indien ist das Vaterland der gewerblichen Industrie. Viel früher als Europa erzeugte es Baumwoll- und Seidenstoffe, Shawls und Teppiche, welche sich durch Feinheit und Farbenpracht auszeichnen; die be¬ rühmten Färbereien lieferten die schönsten Manufacte. Gegenwärtig hat die europäische Industrie in den meisten Artikeln den Vorrang. Den alten Ruf behaupten noch Shawls und Teppiche, Jndigofabriken, Zuckersiedereien, Me- tallwaaren, Schmuckarbeiten, Diamantenschleifereien u. m. a. Der große Reichthum an Naturprodukten aller Art hat seit den ältesten Zeiten alle handeltreibenden Völker gelockt, in Hindostan Geschäftsverbin¬ dungen anzuknüpfen und zu unterhalten; das Land war seit jeher der Mittel¬ punkt eines großartigen Handels. Der Handel im Innern wird vor¬ züglich durch die unter dem Namen Banj an en bekannten Hindu betrieben; der Handel mit den nördlichen Nachbarvölkern istKarawanenhandel, den Perser und Armenier zumeist unterhalten;die Städte Multan, Lahore und Kasch¬ mir sind Hauptplätze dieses Handels. Der Seehandel ist überwiegend in den Händen der Briten; doch betheiligen sich seit der Aufhebung des Mo¬ nopols der ostindischen Handelscompagnie auch Amerikaner, Franzosen, Por¬ tugiesen, Holländer in wachsender Ausdehnung an demselben. Die Bedeutung des äußern ostindischen Handels liegt sowohl in dem Vortheil, den der Ex¬ port der kostbaren indischen Stoffe in Europa gewährt, als auch in dem Absätze, welcher den europäischen Industrie - Erzeugnissen hier eröffnet ist. Dampfschiffahrt auf den größeren Strömen, Anlegung von Eisenbahnen (im I. 1864 wurden an 580 d. Meilen befahren), gute Landstraßen und Ka¬ näle , directe Dampfschiffahrtsverbindungen mit Europa, China und Austra¬ lien befördern den Verkehr. Hauptprodukte der Ausfuhr sind: Baumwolle, 230 Indigo, Reis, Zucker, Pfeffer, Opium, Hanf, Zimmt, Seide, Wolle, Häute, Salpeter u. a. m.; — der Einfuhr: europäische Fabrikate, als: Tuch, Webewaaren, Sammt, Eisen- und Stahlwaaren, Uhren, Spiegel- und Glas- waaren, Papier, kurze und Galanteriewaaren; Thee ans China, Metalle, Weine u. v. a. Vorder-Indien zeigt ein großes Völkergemisch, dessen Bestandtheile nach Abstammung und Sprache sehr verschieden sind. Die Hauptmasse bil¬ den die Hinduvölker; verhältuißmäßig geringe ist die Zahl der Europäer. In der geistigen Kultur finden wir alle Abstufungen von der größten Rohheit mit dein abscheulichsten Götzendienste im Innern von De¬ kan, bis zur Verfeinerung brahmanischer Weisen. Die Hindu haben Sinn für Wissenschaft und Kunst, obwohl nach christlich - europäischen Begriffen kein eigentlicher Fortschritt bemerkbar ist. Christliche Missionen sind fort¬ während thätig, den Samen der Bildung nnd Veredlung unter den Heiden auszusäen, und ihre Bemühungen brachten schon an vielen Orten Indiens segensreiche Früchte. V. Hinter-Jndien. 40.600 ^Meilen; M Millionen Einwohner (auf Malncca und den Inseln Malayeu im Nordwesteu Hindus, sonst größteutheils mongolische Stämme). Meistens Bud- dha'lsten, die Malayen sind Muhamedaner; hie und da Christen. — Grenzen? Die Oberfläche ist noch vielfach unbekannt. Im Norden sind die Fort¬ setzungen des hiuterasiatischen Berglandes, welche in Parallelketten von Nor¬ den nach Süden die Halbinsel durchziehen und von mächtigen Strömen bewässerte Langenthaler einschließen. Dichte Wälder, der Aufenthalt einer Menge der größten und reißendsten Thiere, bedecken die Gebirge. Alle tro¬ pischen Früchte erreichen die größte Vollkommenheit; die meisten Flüsse überschwemmen regelmäßig das Land, wodurch die Fruchtbarkeit unglaublich gesteigert wird. Die Meere nnd Flüsse sind sehr reich an Fischen und Schal- thieren. Meerbusen: von Bengalen, Martaban, Siam und Tonkin; Flüsse: Bnrremputr, Jrawaddh, Menam-Kong oder Cambodja, Menam. Das Land erzeugt die gleichen Produkte wie Vorder-Jndien, nur fehlt hier fast jede Kultur derselben. Hauptprodukte sind: Reis, Palmen, Zimmt, Pfeffer, THee, Zuckerrohr, Seide, treffliches Schiffbauholz, Naphta. Der Bergbau liefert vortreffliches Zinn, dann Eisen, Kupfer, Blei nnd Silber; in einigen Flüssen wird Gold gewaschen. Ausgezeichnet schön sind die bunten Edelsteine. — Die Industrie ist geringe; sie liefert hauptsächlich Seide- und Baumwollwaaren, einige Metallwaaren und gute Schiffe. Der Seehandel ist meist in den Händen der Briten nnd Chinesen. Unter der Bevölkerung wie in politischer Beziehung herrscht im westlichen Theile der malahische, im östlichen der chinesische Charakter vor. 1. Britisches Hintcr-Jndicn. (4000 n>M., 2 Mill. E.). rss Assam (I Mill. E.), der nordwestlichste Theil vom Burremputr bewässert. Sehr fruchtbar; viel Thee; schöne Waldungen; Seidenzucht und Seidenweberei. Die größte Stadt Rangpur; Sitz des Rajah- Gowahatti. Seit 1826 unter brit. Schutze. t>) Aracan, Küstenstrich am bengalischen Meerbusen. Rohe, räuberische Birmauen- stämme (etwa 400.060 E.). Hauptort Aracan. o) Pegü, Mündungsgebiet des Jrawaddy (beiläufig 850.00 E.). Mel Teakholz (— Tihkholz). Städte: Pegü; Rangun. 6) Martaban und Tenasserim ans Malakka. Städte: Martaban; Moul- 231 mein (44.000 E.), Sitz der britischen Behörde; Ainhersttown, neu angelegte Stadt. s) Pulo-Piangod. PrinzWales-Jnsel Hafenstadt Georgetown (— Dschordsch- taun, 25.000 E-). Vortrefflich angebaut. Reis, Pfeffer, Gewürze, feine Holzarten. k) Gebiet von Malakka mit der Stadt gl. N. Seit 1824 britisch. Bedeutender Handel. Singapore (— Singapuhr), rasch aufblühende Stadt (80.000 E.>. Sehr wichtiger Handelsplatz für Indien und China. Viele europäische Handelshäuser; Mittelpunkt für den indischen Goldhandel. Ausgedehnte Industrie. 2. Französisches Hinter-Jndien oder Nieder-Cambodja (500 OM. 2 Mill. Einw.), seit 1862 französische Kolonie, aber für Europäer ungesund. Saigun (Sa'kgong), Haupt¬ stadt. Vor der Mündung des Me-Khong die wichtige Insel Kondorö. 3. Birma oder Awa (Kaiserthnm, 9000 OM., 5—8 Mill. E.). Wenig bekannt. Großer Produktcnreichthum, wie in Vorder-Judien. Tapfere kriegerische Stämme. Despotische Regierung. Hauptstadt Mandelah (90.000 E.), Awa (50.000 E.k am Jrawaddh. 4. Siam (Königreich, 14.000 OM., 5 Mill. E.). Das sruchtbare Thal des Menam. Einer der bedeutendsten Handelsplätze ist Bonkok (400.000 E.). 5. Anam (Kaiserthnm, 10.000 ^M., 10—12 Mill. E.s. - Landschaften: Tonkiu, Cochinchina, Cambodja. Sehr großer Produktenreichthum; Seidenbau; In¬ dustrie in Seide und Baumwolle. Schwunghafter Verkehr mit den Europäern. Haupt¬ stadt, Festung und Kriegshafen ist Hne (100.000 E ). Ketscho (100.000 E.). 6. Unabhängiges Malakka (etwa 3000 OM., 1. Mill. E.). — Reich an Zinn, Reis und anderen Produkten Indiens. Die Bewohner mnhamcdanische Malaheu, kühne Seeräuber, unter despotischen Fürsten stehend. VI. Der indische Archipol. Beiläufig 36.000 ^Meilen; 23 Millionen Einwohner. Meist malayische Stämme. 1. Dir großen Sunda-Jnsekn. n) Sumatra (7474 ^Meilen, Millionen Einwohner; darunter holländisch 2000 ^Meilen mit 2'/- Millionen Einwohnern). Die Westküste ist gebirgig und gesund, die Ostkllste flach und vielfach sumpfig. Die Insel ist reich an Gosd, Diaman¬ ten, tropischen Gewächsen aller Art. In den Küstenstädten beginnt die Industrie in Baumwolle und Seide, Eisen und Gold sich zu entfalten. Padang (12.000 E.), eine blühende Handelsstadt, Sitz des holländischen Gouverneurs; Benkulen (12.000 E.s, ein befestigter Handelsplatz in ungesunder Gegend; Palembang (25.000 E.). — Unabhängige Staaten: der Staat At schin mit der gleich¬ namigen Hauptstadt an der Nordwestspitze der Insel; das Land der Batta im nordöstlichen Theile, von heidnischen Malahen (Menschenfressern) bewohnt. — Bon den in der Nähe liegenden Inseln find Banca und Billiton svor der Ostküste) erwähnenswerth, Banca wegen seines Reichthnms an feinem Zinn, Billiton wegen seiner werthvollen Eisenminen. d) Java (2325 tüMeilen, 10 Millionen Einwohner). Die wichtigste holländische Besitzung in Indien, wegen der ungemeinen Fruchtbarkeit und Mannigfaltigkeit der Produkte „die Perle in der Krone der Niederlande" genannt. Beiläufig 75^ der Gesammtfläche nehmen die holländischen Besitzungen ein, und zwar den ganzen westlichen Theil und die Nordküste; im Süden und Osten herrschen eingeborene Häuptlinge. Die Bewohner sind Malayen, chinesische und arabische Handelsleute, Mischlinge, Negersklaven, welche von einigen Tausend Holländern beherrscht werden. Hauptprodukte der Insel sind: Kaffee, Zucker, Indigo, Baumwolle, Reis und alle Früchte Indiens. An der Küste wird viel Scesalz gewonnen; Metalle hat das Land keine. Der Hauptsitz der holländischen Macht ist Batavia (60.000 E.); in Folge eines Erdbebens ist die Luft so ungesund geworden, daß die Stadt das Grab der Europäer genannt wird. Der General-Gouverneur, die Behörden, die Kaufleute und Wohlhabenden wohnen einige Stunden landeinwärts in den reizen¬ de» und gesunden „Vorstädten Batavias" (Ryswik, Nordwik, Molenvliet, Buiten- zorg u. a.), und kommen in das verödete Batavia nur herab, um ihre Geschäfte abzumachen. Der Handel ist stets im Steigen. o) Bornea die größte der Sunda-Jnseln, an 13.508 OMeilen groß, gehört zu den wenigst bekannten Ländern der alten Welt. Die Küsten sind durchgehends flach, sumpfig, daher ungesund; das Innere soll von vielen Gebirgen und großen 232 Waldungen angesüllt sein. Die Bewohner sind roh und großen Theils noch in vollster Wildheit. Die Naturprodukte sind im Allgemeinen die gleichen, wie aus den übrigen Suuda-Juseln; die wichtigsten sind Gold (vorzüglich an der West¬ küste), Diamanten, viel Psefser, der beste Kamvher. Ans der West- und Südküste sind die holländischen Besitzungen, mit den Orten Bandjermassin und Pon- tianak; der übrige Theil der Insel wird von zahlreichen Häuptlingen beherrscht, ä) Celebes (beiläufig 3316 ^Meilen groß). Gebirgskette» lmit mehreren Vul¬ kanen) bilden das Gerippe der Insel, welche gnt bewässert ist und das Klima so wie die Produkte der benachbarten Insel hat; namentlich sind ergiebige Gold¬ wäschen und bedeutende Kafseepflanzungen hervorzuheben. Der südlichste und nörd¬ lichste Theil gehört den Holländern. Als Handelsplätze find bekannt: Blaar- dingen (sonst Macassar) und das Fort Rotterdam. — Um Celebes liegt eine Unzahl kleiner Inseln. 2. Die kleinen Sund« Inseln. Diese ziehen sich von der Ostipitze Java's Lis gegen Reu - Holland hin. Die meisten sind hochgebirgig, vulkanisch, sehr fruchtbar, von Negerstämmen und Malayen bewohnt, welche unter dem Einflüsse der Holländer stehen. Die wichtigsten sind: Bali (nahe bei Java) und Lombok, wegen der Reisaussuhr nach Australien, guter Baumwolle und geschätzter Pferde beachtenswerth; Sumbava, mit einer holländischen Niederlassung; Tschindana, wegen der vielen Sandelholzwaldungen auch Sandelbos'ch genannt. Auf Flores waren früher portugiesische Nieder¬ lassungen; die großen Theils öde, aber größte Insel Timor mit dem holländischen Hauptort Kupang und dem portugiesischen Hasenorte Dilli. 3- Die Molukken oder Gewürz-Inseln. Zwischen Celebes und Neu-Guinea, den Holländern theils mittelbar, theils unmit- telbar unterworfen und wegen der Hauptprodukte Gewürznelken, Muskat¬ nüsse und Sago berühmt und werthvoll. Sie zerfallen in drei Gruppen: 1. Die südlichen Banda-Inseln (Banda, Timorlant u. a); 2. die Ambokna» Gruppe (Amboina, Ceram u. a.); 3. die eigentlichen Molukken, die nördlichsten (Dfilolo, Tidor u. a.). 4. Die Philippinen. Sie bestehen aus etwa zwölf größeren und über hundert kleinen, sehr gebirgigen, vulkanischen Inseln; nehmen wahrscheinlich über 6000 ^Meilen ein und deren Be¬ wohnerzahl wird auf 6 Millionen geschätzt. Die Einwohner sind theils Papuas, theils Malayen. Der größere Theil gehört den Spaniern. Die größte Insel ist Lnzon oder Manilla (über 2500 c-Meilen), mit dem Hauptorte Manilla (140.000 E.). Eines der Hauptprodukte ist Tabak. Auch Baumwolle, Zucker, Indigo und Hanf werden ansgesührt. Diese Insel ist in Hinsicht auf Klima, Schönheit der Laudschasten und Fruchtbarkeit des Bodens einer der reichsten und schönsten Erd¬ striche. Die südlich von Manilla gelegenen Inseln heißen die bissajisch en Inseln. Die südlichste, gleichfalls sehr fruchtbare Insel ist Magiudanao oder Mindanao (1200 ^Meilen), mit der gleichnamigen Hauptstadt. Die spanischen Besitzungen liegen an der Nord- und Ostküste; die Bewohner der übrigen Gebiete stehen unter muhamedanischen Herrschern und treiben viel Seeräuberei. 5. Die Sitlu-Jnselu. Sie liegen zwischen Borneo und den Philippinnen, liefern im Allgemeinen die¬ selben Erzeugnisse wie die Philippinen, namentlich viel schöne Perlen, Perlmutter, Schilbkrot und Sago. Sie stehen unter muhamedanischen Herrschern. Die bedeutendste Insel ist Palawan. 8. Die Andamanen und Nikobaren. Beide Gruppen liegen im Meere von Bengalen. Sie sind gebirgig, reich an Wäldern, ungesund. Die Neger ans den Andamanen stehen auf der niedersten Kul¬ turstufe und nähren sich meist von Fischen. Auf den Nikobaren leben Malayen in zerstreuten Hütten und Dörfern ohne Oberherrn, und treiben fast ausschließlich Fischerei. 233 VII. Das chinesische Reich. 231.000 Meilen, über 0400 Millionen Einwohner. Das Land. China gehört zum Hochlande Hinter-Asiens. Zwei mächtige Gebirge begrenzen dieses Hochland: im Norden das Gebirgssystem des Altai, im Süden jenes des Himalaya; das dazwischen liegende Hoch¬ plateau durchziehen die Züge des Küen Lün und Thiau Schau. Zwischen dem Hochlande und dem gelben Meere liegt das außerordentlich ,fruchtbare und musterhaft angebaute chinesische Tiefland (an 10.000 ^Meilen groß). (Siehe Z. 21, S. 30 „das Hochland von Hinter-Asien".) China ist reich an großen Flüssen, welche durch unzählige Kanäle mit einander verbunden sind, auf welchen sich ein so reger Verkehr entfaltet, wie vielleicht nirgends auf der Erde. Die wichtigsten sind der Amur, der Ho- ang-Ho hgelber Fluß) und der Dan-tse-Kiang. (Siehe Seite 32.) Bei der großen horinzontalen Ausdehnung und der Verschiedenheit der vertikalen Erhebungen ist das Klima sehr ungleich. Im Osten und Süd¬ westen ist es sehr milde, im Norden und Nordwesten rauh und kälter als in Europa unter gleichen Breitegraden. An der Südküste, wo die Jahres¬ zeiten vielfach von den Monsunen abhängen, stürmen häufig die Teifuns. Kulturverhältnissc. — Die ehrenvollste und vorzüglichste Beschäftigung ist der Landbau. Die Bodenkultur wird musterhaft betrieben; selbst auf Felsen und Abhänge wird Erde getragen, und Flösse ans dem Wasser werden zu Gartenbeeten eingerichtet. In den nördlichen Provinzen sind Hauptprodukte: Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte und Tabak; in den mittleren und südlichen: Reis, Thee, Baumwolle, Zucker, Kampher, Rhabarber, Bambusstöcke u. a. Dem Bodenreichthum entspricht nicht der Viehstand; er ist bei dem Mangel an Weideplätzen geringer, am stärksten ist die Zahl des Borstenviehes. Außer¬ ordentlich stark ist die Seidenzucht in dem Vaterlande der Seide; die chine¬ sische Seide ist die vorzüglichste. Reich ist das Land an Mineralien und vortrefflicher Porzellanerde. In der gewerblichen Industrie sind große Fortschritte gemacht worden; in manchen Zweigen rivalisiren die Chinesen mit den Europäern. Ausgezeichnet sind die Seidenwaaren, Porzellan, lackir- ten und Galanteriewaaren, Papier, Elfenbeinarbeiten, auch Baumwollge¬ webe, Strohgeflechte. Ueberhaupt liefert das Land Alles, was für die Be¬ dürfnisse und die Bequemlichkeit der Chinesen nothwendig und ihrem Ge¬ schmack angepaßt ist, von vorzüglicher Schönheit und Güte. Der Binnen¬ handel soll sehr lebhaft sein; nach den benachbarten Ländern wird ermit¬ telst Karawanen unterhalten. Gegen den auswärtigen Seehandel herrscht große Abneigung; doch sind demselben jetzt 5 Freihäfen geöffnet (Fut-tseu-fu, Ningpo, Amoy, Kanton und Schanghai). Die große Masse der Bewohner besteht aus Chinesen; das herrschende Volk sind die Mandschu, zu welchen auch die kais. Familie gehört. Die Chinesen sind eines der ältesten Kulturvölker. Stolz auf das Alter, die Macht und Kultur ihres Stammes, halten sie zähe an alten Gebräuchen, verachten die Fremden als Barbaren, während sie ihr Land das „himmlische Reich", ihren Kaiser den „Sohn des Himmels" nennen. Nach europäischen Be¬ griffen sind die Fortschritte in den Wissenschaften unbedeutend: für schöne und bildende Künste haben sie wenig Geschmack. Der Volkscharakter wird von allen Reisenden höchst ungünstig geschildert; sie werden als feige, ent- 2.84 sittlicht und verweichlicht, unmenschlich gefühllos, schmutzig eigennützig be¬ zeichnet. Ihre Sprache gehört zu den einsilbigen, flexionslosen (S. 46); für jeden Begriff besteht ein eigenes Schriftzeichen. Die Verfassung des Staates ist unumschränkt monarchisch. Die kais. Statthalter und höchsten Reichsbeamtcn heißen Mandarine. Das Innere des Reiches ist gegen die Fremden abgcsperrt. — Das Gesammtrcich wird eingetheilt: 1. in das eigent¬ liche China; — 2. die unterworfenen Rebenländer; — 3. die unter chine¬ sischem Schutze stehenden Vasallenstaaten. I. Das eigentliche China (beiläufig 72.000 oM. mit 350 Mill. E.) wird in 18 Provinzen eingetheilt. Die Zahl der Städte ist sehr groß, ihre Einwohnerzahl sehr bedeutend. Mehrere haben über eine halbe Mill. Einw., sehr viele zwischen 100.000 und 300.000. Es ist im Nordwcsteu und Westen sehr gebirgig; der mittlere östliche Theil ist eine äußerst fruchtbare, musterhaft angebaute Niederung, von den beiden größten Strömen be¬ wässert, von zahllosen Kanälen durchschnitten. Im Norden steht die berühmte, fast 300 Meilen lange chinesische Mauer, schon vor 2000 Jahren zum Schutze gegen die Einfälle der Barbaren erbaut, jetzt nutzlos und im Verfall. — Das Hanptprodukt ist Thee, wovon jährlich an 90 Millionen Pfund exportirt werden (etwa 50 nach England, 20 nach Nordamerika, 8 nach Rußland), Seide und Baumwolle. Großer Reichthnm an Eisen, Blei, Zinn und Kupfer, sowie an Erdarten, woraus Porzellan (chin. Tski) gemacht wird. Ansehnlich sind noch die Bereitung von Papier und Tusch. — Bedeutende Orte sind: Peking, die Residenz des Kaisers, über 2^2 Mill. E., Universität, kais. Bibliothek (mit 300.000 Bänden); zahlreiche Fabriken, prachtvolle Kaufläden, ungemein lebhafter Handel; — Nanking (1 Mill. Einw.), Hauptsitz der chinesischen Gelehrsamkeit; bedeutende Fabriken in Baumwolle (Nankingstoffe) und Seide; wenige Meilen südlich davon die den Europäern geöffnete Hafenstadt Schanghai (125.000E.). — Kan¬ ton (1 Mill. Einw.), viele Fabriken, Hafen, Mittelpunkt des europäisch-chinesischen Handels. Im Meerbusen Bocca Tigris vor Kanton liegen mehrere Inseln: bei der Insel Wampu legen die europäischen Schiffe au; auf der englischen Insel Hong¬ kong blüht die Stadt Victoria rasch empor; auf der Portugiesischen Insel Macao liegt die gleichnamige Stadt. — Fu-tscheu südlich vou Ningpo, Stapelplatz für den Handel mit schwarzem Thee, große Theeplantagen in der Umgebung; — Nan- tschang-su, Mittelpunkt des PorzellanhandelS;— King-te-schi n, ein Dorf mit 1 Mill. E., Hauptort für die Porzellanfabrikation mit mehr als 3000 Oefeu. Zu China gehört auch die Insel Hainan und die von vulkanischen Gebirgsketten durch¬ zogene Insel Formosa oder Taiwan. ii. Dic unterworfenen Ncbenllindcr. 1. Mandschurei (oder Tungusien, auch Amur-Land). Der nordöstlichste Theil des hiuterasiatischen Hochlandes (mehr als 20.000 llM. groß). Das Klima ist rauh, der Winter dauert von Ende September bis Mitte April, die Flüsse frieren zu tbis —30" R. Winterkälte); dagegen ist der Sommer sehr heiß, die Vegetation in dieser Jahreszeit üppig, der Boden im Ganzen fruchtbar, doch äußerst dünn bevölkert. Herrliche Wälder voll Pelzwild und gute Weiden sind zahlreich. Die Bewohner sind Nomaden, Hirten und Fischer; nur die hieher verbannten Chinesen treiben Ackerbau. Der wichtigste Fluß ist der fischreiche Amur. Einen großen Theil der Mandschurei haben die Russen in'Besitz geuommen. Das Meer ist wegen der häufigen Nebel gefährlich. Städte von einiger Bedeutung sind: Mulden (Schingjang) mit dem Sitze der Regierung; Sachalin-lila (oder Aigun) am Amur, treibt starken Pelz¬ handel. 2. Die Mongolei. Im Westen der Mandschurei (mit unbestimmter Grenze) breitet sich das Hochland der Mongolei aus der Scheitelfläche Hochasiens aus. Die Größe wird zwischen 50.000 und 90.000 OM. angegeben; doch gehört das Land zu den wenigst bekannten Erd¬ strichen. Einen großen Theil des öden unfruchtbaren Landes nimmt die Hochwüste Schamo oder Gobi ein, welche Handelskarawancu zwischen China und Rußland durchziehen; nur einzelne Landstriche sind graSreiche Steppen, manche Thäler haben reiche Vegetation. Die größten Ströme Asiens haben auf dieserHochfläche ihre Quellen (Jrtisch, Jenisei, Selenga, Amur, Hoang-Ho, Ian-tse-Kiang). Außerdem gibt es viele Stcppcnflüsse, welche sich in salzige Binnenseen (Balkasch, Dsaisang, Kuku-noor) er- 285 gießen. Das Klima ist nur in den südlicheren Thälern gemäßigt, sonst äußerst strenge. Die wichtigsten Produkte aus dem Pflanzenreiche sind Ginseng und Rhabarber. Viele unserer Hansthiere kommen hier im wilden Zustande vor. Die Bewohner (etwa 3 Mill.) sind Nomaden, deren Khane unter chinesischer Oberhoheit stehen. Am nördlichen Rande der Mongolei liegt die Hauptstadt Urga (oder Kurzen), der für heilig ge¬ haltene Ort des mongolischen Buddhaismus und nebst Maimatschiu (gegenüber dem russischen Grenzorte Kjachta) der wichtigste Stapelplatz aller Maaren des russisch- chinesischen Tauschhandels. 3. Die hohe Tatar ei. Größtcntheils eine wüste Hochebene (20.000 bis 25.000 etM. groß, mit beiläufig ll Vz Mill. E.); nur au den Flüssen findet sich fruchtbares, gut angebautes Land, welches ausgezeichnete Melonen, Getreide, Obst, Wein und Baumwolle liefert. Da ein großer Theil der Bevölkerung ein nomadisirendes Leben führt, so ist die Vieh¬ zucht von Bedeutung. Die Stammhänptcr find von China abhängig. Bekanntere Orte sind: Kaschgar, der Sitz des chinesischen Statthalters; Jarkand §200.000 E.), der Mittelpunkt des Handels nach den benachbarten Ländern. Die Einwohner arbeiten in Seide, Baumwolle und Leinen; bis hieher gehen die chinesischen Karawanen, und hier treffen Kanflente aus dem fernsten Westen ein, welche Kashmirshawle, Edel¬ steine, Moschus bringen, um sie gegen Thee, lackirte Maaren, Porzellan u. dgl. zu vertauschen. m. Die tributpflichtigen Staaten. 1. Tübet (oder Tibet). — Das großartigste Hoch- nud Gebirgsland der Erde, mit einer Gesammtfläche zwischen 25.000 bis 30.000 ^Meilen und mit Plateau- und Thalflächen von 8000 bis 15.000', wird von beiläufig 5 Millionen Menschen bewohnt; es liegt zwischen dem Himalaya mit den höchsten Schneegipfeln der Erde und dem Küen-Lüu. Die großen Flüsse (Indus, Brahmaputra, Jrawäddy u. a.) haben hier ihre Quellen; zahllose Bäche stürzen in den herrlichsten Wasserfällen aus den Gletschern, viele und große Seen breiten sich in den Hochgebirgtzlandschaften aus Der Boden ist wenig fruchtbar und deckt trotz der fleißi-gen Bebauung nicht den Be¬ darf. Die Hauptbeschäftigung bildet die Viehzucht; Fleisch, Milch, Butter und Käse sind die wichtigsten Nahrungsmittel. Unter den Thiereu sind bemerkenswerth: der Büffel mit dem schön behaarten Pferdeschweife, der zum Putze sehr geschätzt wird; die Schafe mit sehr seiner Wolle; die tübetanische Ziege liefert das Hauptmaterial für die Kashmirshawls, und das Mvschusthicr. Tübet ist der Hauptsitz des Buddhais¬ mus und Lamaismus. Die vielen prachtvollen Tempel und Klöster mit Schulen und Bibliotheken sind die Sitze der Gelehrsamkeit. An der Spitze steht der Dalai-Lama, ihm zunächst der Bogdo-Lama; ersterer residirt in Lhassa (80.000 E.), der zweite in Teschu-Lumbu. 2. Korea. — Die Halbinsel ist ein reich bewässertes Gebirgsland. Die Ostküste schroff und gefährlich; die Westküste hat gute Häsen, viele Inseln liegen vor derselben. Die Bewohner, s bis 8 Millionen, sind fleißige Landbauer, geschickte Handwerker, unternehmende Handelsleute. Korea ist den Fremden (mit Ausnahme der Chinesen und Japanesen) verschlossen. Als Hauptort wird Han-yan angegeben. 3. Likejo (oder Lieu-Khieu-) Inseln. — Zwei Inselgruppen. Produkte: Reis, Thee, Südfrüchte, Zucker, Kaffee und Weiu. Die Bevölkerung, >/- Mill., Chinesen und Japanesen. Hauptort K i n g - s chiug. China betrachtet auch die Staaten: Nepal, Bhotan, Siam und Anam als seine Vasallenländer. VIII. Das japanische Reich. 7300 bis 8000 ^Meilen; 35 bis 40 Mill. Einwohner. Das Kaiserthum Jap an oder Nip on besteht aus vier größeren und vielen kleinen Inseln, welche durch das stürmische japanische Meer vom asia¬ tischen Festlande getrennt sind. Die Inseln sind hochgebirgig, mit vielen Schneebergen und der Hauptherd einer großen Vnlkanreihe. Das gesunde Klima ist wärmer als auf dein Festlande; häufiger 'Regen; heftige Orkane im Juni und Juli. Die Bebauung ist musterhaft, wie nur in sehr wenigen 236 Ländern der Erde. Ungemein verbreitet ist die Kultur von Reis, Thee, Seide, Getreide, Obst und Baumwolle, Tabak, Hanf, Zuckerrohr u. a. Das Land gleicht einem Garten. Die Viehzucht hat im Allgemeinen geringe Ausdehnung, weil die Japaner selten Fleisch genießen, und größtenthei'ls von Begetabilien, Eiern und Fischen leben. Unter den Metallen ist das Kupfer als das feinste bekannt, es findet sich in großer Menge vor, deß- gleichen Gold und Silber, wenig aber sehr feines Zinn, vortreffliches Eisen, woraus die berühmten Klingen und Stahlarbeiten verfertigt werden. — In der gewerblichen Industrie stehen die Japanen unter den Asiaten am höchsten. Ihre Seiden-, Gold- und Silberstoffe, das ausgezeichnete Por¬ zellan, die Stablwaaren u. v. a. beweisen die Betriebsamkeit, die Kunst und den Geschmack dieses Kulturvolkes. Der innere Handel soll lebhaft sein; dem Auslände gegenüber war Japan streng abgesperrt; nur Chinesen und Holländer durften in Nagasaki (auf Kinsiu) Handel treiben. — Die Japaner sind das aufgeklärteste Volk Asiens, welches in allen Zweigen der Kultur (soweit es bei der Abgeschlossenheit möglich war) große Fortschritte gemacht hat. Es bestehen zahlreiche Schalen und höhere Lehranstalten. Leider steht die Sittlichkeit des Volkes auf sehr niederer Stufe. Sie bekennen sich größ- tentheils zum Buddhaismns. Die Staatsverfassung ist despotisch, mit einem geistlichen Oberhaupte (Dairi Sama) und einem weltlichen (Kubo Sama). Bemerkenswerche Orte sind: 1. Insel Ripon. — Jeddo(2 Mill. Einw.), Residenz des Kubo; an einer für den Handel vortrefflichen Bucht; 4 Meilen davon entfernt liegt die Hafenstadt Nukahama (oder Kanagava), mit lebhaftem Verkehr nach Europa, insbesondere England und Holland. Miako (600.000 Einw.), Residenz des Dairi, ausgedehnte Industrie; Hauptsitz der Gelehrsamkeit mit vielen Schulen, Bibliotheken, Buch- druckereien; viele und prachtvolle Tempel. Hafenstadt Osaka (250.000 E.), Sitz der reichsten Kaufleute und geschicktesten japanesischen Künstler. 2. Insel Kinsiu. — Nagasaki (70.000 E.), berühmter Handelsplatz, wichtig für den Verkehr mit den Europäern. Im Hafen die kleine holländische Insel D c s ima. 3. Insel Sikok; noch von keinem Europäer betreten; soll gut angebaut und reich bevölkert sein. 4. Insel Jesso, ebenfalls gänzlich unbekannt; Hauptort Matsmai. 5. Insel Sachalin gehört nur im südlichen Theile zu Japan, im nördlichen zu Rußland. — Von den Kurilen sind Kunaschir und Iturup japanisch. IX. Turan. (30.000 bis 38.000 OMeilen; beiläufig 6 Mill. Einw.) Im Norden von Iran, zwischen dem Caspi-See, Rußland und China liegt Turan (Turkestan, die freie Tatarei). Im Osten und Süden ge¬ birgig; Abstufungen des Thian Shan, des Hindu Kho und Belur Dagh mit anmuthigen Thälern; der größte Theil ist Steppen- und Wüstenland, welches mit Sibirien und den Kirgisen-Steppen zusammenhängt. Das Land senkt sich in Stufen von den Höhen Centralasiens bis in die tiefsten Nie¬ derungen am Aral-See und Caspi-See. Der Caspi-See erhält nur unbe¬ deutende Zuflüsse aus Turan; in den Aral - See münden der Amu oder Gihon (0xus) und der Sir oder Sihon (.luxuriös). — Die hohen Gebirgsregionen sind mit Schnee bedeckt; im Mittelgebirge herrscht ge¬ mäßigtes, in den Ebenen heißes Klima. Der Sommer ist glühend heiß, der Winter sehr strenge und schueereich. 237 Die vorherrschende Beschäftigung bilden der Ackerbau und die Vieh¬ zucht. Der Bergbau, obwohl vernachlässigt, gibt schöne Türkise, Rubinen und Lazursteine. Der Karawanenhandel mit den Nachbarländern ist ziemlich an¬ sehnlich; leider auch der Sklavenhandel bedeutend. Die Einwohner, tatarischer Abstammung, sind theils Heiden, theils Muhamedaner. Die Hauptstämme sind Usbeken und Kirgisen im Osten, die Turkomanen im Westen; die civilisirtesten sind die Bncharen, welche Ackerbau, Gewerbe und Handel treiben und Städte bewohnen. Die verschiedenen Stämme führen theils ein Nomadenleben, theils sind sie in despotischen Monarchien vereinigt. Jeder Stamm hat seinen Khan; doch erkennen die meisten den Khan von Buchara als Oberhaupt. 1. Khanat Bucharat: Buchara (150.000 Einw.), eine der größten Städte im Innern Astens, mit Baumwollen-, Wollen- und Seidenfabrikation, Leder- und Wafsenbcrei- tung, vielen Bazars, und Karawansereien. Mittelpunkt des gefammten Handelsverkehrs. Buchara ist der Markt für alle Erzeugnisse Rußlands und Mittelasiens. Samar¬ kand, einst berühmter Sitz muhamedauischer Gelehrsamkeit; der prachtvolle Sitz Timurs (ch 1405); erzeugte das beste Seidenpapier in Asien. B alk (Lnetrs) treibt wegen der guten Lage noch immer bedeutenden Handel, ist jedoch von seiner einstigen Größe sehr herabgekommen. 2. Khanat Khokand: Khokand (60.000 Einw.), als Handelsplatz bekannt, Taschkend (40.000 E.), mit Seiden- und Baumwollwebereien. 3. Khanat Chiwa: Chiwa (20.000 E.), in einergartenmäßig angebauten, fruchtbaren Gegend mit starkem Karawanenhandel; der größte Sklav-nmarkt in Turkestan. — Zwischen dem Aral- und dem Caspi-See ist eine sandige, meist unfruchtbare Steppe ,) Lstsibirieu. — Irkutsk (25.000 E.; — 800 Meilen von St. Petersburg, 300 von Peking entfernt), Sitz des General-Gonveriieurs. Mittelpunkt und Haupt¬ niederlage für den chinesischen Handel. Ziemlich lebhaftes Gewerbewesen; Schisf- sahrtsschule, Gymnasium, Bibliothek, Naturaliensammlung. Kjachta, durch den Fluß gl. R. von der chinesischen Stadt Maimatschin getrennt. Haupthandels¬ platz Rußlands mit China, mit vielen Agenturen, großer Messe. Directe Ver¬ bindung mit Nishnji-Nvwgorod und Moskau. Jcniseisk und Nertschinsk, wichtige Bergstädte (Gold, Silber, Blei). Jakutsk, Stapelplatz für das sibirische Pelzwerk. Nikolajewsk (Amur-Mündung), Kriegs- und Freihafen, Amurhandel, Damps- schifsahrt. Ajan, am Ochotzkischen Meere, Verkehr mit russisch.Nordamerika. Pe- trvpawlowsk, Hauptstadt von Kamtschatka, einer der schönsten Häfen der Erde. Die Kurilen- und Alöuten-Juseln sind nur von Jägern und Fischern bewohnt. 2. Die Kirgiscilsteppc, eine salzige, steinige Hochebene (beiläufig 25.000 OM., 2—3 Mill. Einw.), auf der nomadisirende Kirgisen mongolischen Stammes leben. Hauptbeschäf¬ tigung ist die Viehzucht; die Kirgisen leisten auch den Karawanen große Dienste. Z. Kaukasien (wurde zusammenhängend beim europäischen Rußland behandelt). 239 Afrika. (545.000 ^Meilen; ungefähr 200 Mill. Einwohner.) Staatenbilduugcn. Die auf beiläufig 200 Millionen Seelen geschätzte Bevölkerung dieses vielfach noch unerforschten, weil schwer zugänglichen Erdtheiles steht in un¬ abhängige Stämme zertheilt, unter einheimischen Herrschern, oder unter der Botmäßigkeit europäischer Nationen. Die unabhängige» Stämme bilden eine sehr große Menge abgeson¬ derter, mehr oder minder geregelter Gemeinden mit den verschiedenartigsten Negierungsformen, die im Allgemeinen entweder patriarchalische Ver¬ bindungen oder rohe Despotien sind. Die unter fremden Herrschern stehenden Länder sind theils Vasallenstaaten der Türkei, theils Be¬ sitzungen europäischer Nationen und des Imam von Maskat. I. Vicekmngreich Aegypten. (Aegypten, Nubien mit Senaar und Kordofan.) — Grenzen. 1. Aegypten. — (Beiläufig 8372 ^Meilen, 3^ Mill. Einw.). Das eigentliche Kulturland ist das im Osten und Westen von öden, wasser- und pflanzenlosen Gebirgen begrenzte Nilthal (siehe S. 34). Das Klima ist im Nilthale sehr warm; Südäghpten mit dem trockenen, fast fortwährenden Sommer gehört zu den heißesten Ländern der Erde; in Uuteräghpten regnet es in der kühlen Jahreszeit (April bis Oktober) häufig. Die wichtigste Nahrungsquelle ist der Ackerbau, durch die Nil-Ueber- schwemmuugeu ungemein befördert. Getreide, Baumwolle, Reis, mehrere Arten der Handelspflanzen und edle Südfrüchte gedeihen in dem fruchtbaren Boden in großer Menge. Metalle hat das Land keine, aber viel Salpeter, Salz und schöne Bausteine. Die künstlich hervorgerufene Industrie nimmt nicht den gehofften Aufschwung, dagegen gewinnt der Handel wegen der günstigen Lage des Landes stets an Bedeutung. Alexandria vermittelt den Verkehr mit Europa; Suez ist Statiousplatz für Indien, und Kosseir für Mekka und Arabien; Kairo ist Hauptplatz für den Binnenhandel, wohin große Karawanen die Produkte der südlichen und westlichen Länder bringen. Exportartikeln sind; Baumwolle, Reis, Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte, In¬ digo, Hanf, Flachs, Datteln, Salpeter n. a.; importirt werden: Bau- und Brennholz, Bergwerksprodukte und Manufakturwaaren. Die Bewohner sind zumeist muhamedanische Araber, größteutheils Ackerbauer (Fellah's), nur zum kleineren Theile nomadifirende Beduinen. Außerdem gibt es Kopten, Nachkommen der alten Aeghpter, dann Türken, christliche Europäer, Juden. Hauptsprache ist arabisch; Landesreligion der Islam; die Kopten sind Christen. — Der Vice-König zahlt an die Pforte einen jährlichen Tribut. Die Statthalterschaft ist erblich in der Familie des Mehemed Ali (p 1840). Politische Cintheilung: ü) Unter-Aegypten. — Alexandria (über 170.000 E., darunter an 15.000 Franken), Hauptstapelplatz Aegyptens für den auswärtigen Handel und einer der wichtigsten Handelsplätze im Oriente. Sitz der fremden Haudels-Consnlate. Dampfschifsahrts- 240 Verbindungen mit den Ländern des Mittelmeeres (Marseille, Triest, Konstantinopel, Smyrna) und Verbindungsglied in der englisch-ostindischen Route. Eisenbahn über Kairo nach Suez. — Damiette (37.000 E.), am östlichen und Rosette (18.000 E.), am westlichen Nilarm. Zwischen diesen beiden Hafenstädten liegt das Nil »Delta, eine unübersehbare, von unzähligen Kanälen durchschnittene, höchst fruchtbare uud gut angebaule Ebene, mit vielen Ortschaften. Weizen, Mais, Reis, Hirse, Hanf, Flachs, Baumwolle, Indigo, Zuckerrrhr, Datteln, Feigen und andere Südfrüchte gedeihen hier in größter Fülle. Jndigofabriken, die Baumwollen- uud Seidenkultur liefern eine starke Ausfuhr. — Zwischen Rosette und Alexandria liegt das historisch merkwürdige Dorf Akubir. d) Mittel Aegypten. — K airo (Kahiro, 300.000 E.), die größte Stadt in Asrika, Re¬ sidenz des Vice-Königs mit großen Plätzen (aber engen, ungepflasterten Straßen), prachtvollen Moscheen (an 300), über 700 öffentlichen Bädern, Lüsternen u. s. w-, einer polytechnischen Schule mit europäischen Lehrern. Mittelpunkt des außerordent¬ lichen Verkehrs mit Laudesprvdukteu und den Jndustrieerzeugnissen dieser fadrikreichen Stadt, sowie des Handels mit den afrikanischen Ländern, mit Arabien und Indien. Fast der gesammte Handelsverkehr bewegt sich in der Vorstadt Bnlak, wo sich nebst großen Kernhäusern auch Seiden- und Kattunfabriken befinden, sowie der Nilhafen und die Magazine für Waaren, die aus den südlichen Ländern kommen und dann nach Aeexandria oder Damiette und Rosette gehen. Gegenüber von Kairo am Nil liegt der gewerbliche Ort Gizeh, in dessen Nahe die drei höchsten der noch vorhan¬ denen Pyramiden und die große Sphinx. Die ganze Umgebung ist ein weites Mumien- seld mir Grotten, in Schunhügeln verfallenen Pyramiden. — Suez, eine kleine Hafen¬ stadt (mir 2000 E.) am rochen Meere, bedeutend wegen der Dampsschifsahrtsverbin- dung der englischen Route Bombai-Alexandria. — Fayum (Lrsinoo, 15.000 E.), in der schönen uud fruchtbaren, durch die Roscnkultur uud das Rosenöl berühmten Landschaft gleichen Namens am linken Nilufer; in der Nähe die Ruinen des La¬ byrinthes uud der Riesenbämme des Sees Morris. o) Oller-Aegypten. — Siut (20.000 E-), Sammelplatz der Karawanen aus Nubien und Sudan; deßgleicheu Esneh am linken Nilufer. Kosseir am rothen Meere, der Einschifsungsvrl für Mekka-Pilger; ansehnlicher Handel mit Arabien. — Assuan, die südlichste Stadt in Aegypten; die letzten Nil-Katarakte, welche indeß bei hohem Wasferslanbe beschisst werden. Bei den Dörfern Luxor und Karnak die gro߬ artigen Ruinen des „hundertthorigm Theben". In der wüsten Ebene von West-Aegypten kommen mehrere Oasen vor, reich an Datteln und Edelfrüchten, und als Slationsplätze für die Karawanen bemerkens- werth. Die seßhaste Bevölkerung lebt hauptsächlich von Datteln, zahlt damit ihren Tribut und treibt auch damit Handel. Die wichtigsten Oasen sind: die große oder Oase von Chardscheh (die südlichste); die kleine oder Oase von Backerieh (nördlicher); die Oase von Siwah (im Alterlhume mit dem Orakel des üuxtter Xmmon), die westlichste. 2. Nubim mit Scmmr und Kordofan. (18.800 ^M.) — Die große Hochebene, welche sich von Ober-Aegypten bis zum Alpenlande Habesch zwischen dem rothen Meere und der lydischen Wüste ausbreitet, und in welche das Nilthal ziemlich tief eingegraben ist, hat im Süden hinreichende Bewässerung, eine reiche Begetation mit dichten Waldungen; Mittel- und Nordnubien dagegen sind eine unermeßliche Sandwüste, mit den heißesten regen¬ losen Landstrichen auf der Erde (monatelang ist die Tageshitze -s- 35 bis 45" k.). Der Nil, welcher das Land durchfließt, ist wegen des starken Ge¬ fälles und der vielen Katarakte zur Schiffahrt wenig geeignet; durch seine Ueberschwemmungen befruchtet er jedoch, wie in Aegypten, das nicht sehr breite Thal. — Die Bevölkerung gehört dem muhamedanischen Nuba-Stamme an; doch gibt es auch andere nomadische, meist eingewanderte Stämme arabischer Abkunft. Bemerkeuswerthe Orte siub: Chartuw (30.000 E.), am Zusammenfluß des Weißen und blauen Nil; Sitz beS Gouverneurs, eines österreichischen Consulates und einer katholischen Mission«- anstatt; der bedeutendste Handelsplatz für Nubien Und den Süden. Koroško, der 241 nördliche Ausgangspunkt der Karawanen durch die große nubische Wüste. — JmSenaar liegt die ehemalige Hauptstadt Senaar am blauen Nil; in Kordofan die bedeutende Handelsstadt El Obeid (20.000 E.). II. Habesch oder Abyssinien. Im Süden von Nubien und westlich vom rothen Meere erhebt sich das Alpenland Habesch, 10—15.000 ^Meilen groß, mit 4—5 Mill. Einw. Das Bergland fällt im Osten zur schmalen heißen Küstenebene Samhara ab; im Westen und Nordwesten ist es von der Sumpf- und Waldregion Kolla begrenzt. Unter den Alpenseen ist der größte der Tsaua-See auf dem Plateau von Dembea. Von den zahlreichen Flüssen ist bemerkenswerth: der blaue Nil, der Takazze und der At bara. — Das Klima ist in den Lhälern und au der Seeküste sehr heiß; im Mittelgebirge und auf den Hochebenen angenehm milde und gesund; im Hochgebirge rauher. Die tropischen Regen, ost von furchtbaren Hagelwettern begleitet, bewirken Ueberschwcmmungen der Flüsse. Der Ackerbau ist vernachlässigt, doch bringt der fruchtbare Boden viel Getreide, Tabak, Baumwolle, Farbhölzer, Kaffee (in der Landschaft Kafa, davon der Name) und Drogucn hervor. Die Viehzucht ist bedeutend, die gewerbliche Industrie nicht nennenswerth. Berhältnißmäßig am stärksten ist der Bergbau auf Eisen und die Verarbeitung von Metallen und Leder. Da« Land hat keine Heerstraßen, keinen schiff¬ baren Fluß, und nur die von Türken besetzten Hafenstädte Arkiko nnd Mas snah (oder Massaua). Im Norden wohnen die braunen Abyssinier, kaukasischer Race; das herrschende Volk sind die Galla-Neger (die wildesten darunter die Schangalla in der Sumpf- und Waldregio» sFetischvieners); am Takazze wohnen seil Jahrtausenden viele Israeliten. Die alten Königreiche Tigrä, Gondar und Schoa wurden in neuester Zeit vereinigt, und der Beherrscher „Kaiser Theodor 1." ist Regent von ganz Habesch. Er befördert den Landbau und ist für die Verbreitung des Christenthumcs nnd der Civilisation sehr thätig. — Orte: (Landschaft Amhara) Gondar (10.000 E.), Residenz de« Abuna („unser Vater"), d. i. des geistlichen Oberhauptes der koptischen Christen. — (Laudsch. Tigrä): Adowa (dOOO E.), die lebhafteste Handelsstadt mit Baumwoll- Webereien. — (Landsch. Schoa): Angollola (4000 E.) und Ankobar. -k Der Küsten¬ strich Ksmhara versorgt Habesch'nm-Saiz. Hasenplätze Arkiko und Mossuah (oder Massaua). III. Die Berberei (oder die Babarkskcn-Staatcn). A. Tripolis. — Im Westen von Aegypten zieht sich längs des Mittelmeeres das unter türkischer Oberherrschaft stehende Tripolis (8000 bis 44.000 ^Meilen groß, mit i Vr bi« 2 Mill. Seelen). Zwischen Aegypten und der großen Syrte ist das wüste Felsenplateau von Barka. Durch die Sulliu-Ebeue von diesem Plateau getrennt ist das eigentliche Tripolis mit einem niederen sandigen Küstensaum und schlechten Hasen; gegen Süden steigt es in mehreren Stufen zum Plateau von HamLda (2000"). Dieses ist fast durchgehends wasserlos, mit steppen- und wüstenartiger Bodenbeschaffenheit. Die tiefen Thäler sind fruchtbarer, besonders reich an Datteln, Safran und Südfrüchten aller Art. Die Einwohner sind unter den Bewohnern der Berbcrci die in der Kultur am meisten vorgeschrittenen. Ihre Hauptbeschäftigungen sind V i e h z ucht und H a n d e I; erstere wird zumeist von den Beduinen, letztere als Karawanenhandel von den Mauren betrieben; der Seehandel liegt in den Händen der Italiener und Franzosen. Die In¬ dustrie ist unbedeutend; doch liefert sie Webe- und Metallwaaren, Waffen. Hauptgegcn- stände des Handels sind europäische Manufakte, dann die aus dem Inneren Afrika? ankommenden und dorthin abgehenden Maaren. Hauptort ist Tripolis (2S.000 E.), mit einem befestigten Hafen, der Mittelpunkt des Waarenverkehrs mit Inner-Afrika. In Barka (6z-rovui-r). Bon den Reichen um den Tsad-Sec ist am bedeutendsten Bvriill mit dem Hauptort Anka (10.000 E.), ein wichtiger Handelsplatz. ^^Düdöstlich vom Tsad-See das Reich Bagirmit mit der Hauptstadt Mašenja. Nordosten vom letzteren das Reich Wadai mit dem Hauptorte War«. Zwischen Wadai und Kordofan liegt das Reich Darsnr mit den Orten Tendeltv und Kobeh*). ') Erforschuugsreisen in Central - Afrika. Die Kenntniß der central-afrikanischen Länder und Völker ist in unserem Jahrhunderte durch englische und deutsche Forscher und christliche Missionäre ungemein bereichert worden. Sind auch mehrere mitten in ihrer edlen Wirksamkeit in fernen Ländern dahiugeschiedeu, so gelang es doch einigen in ihre Heimat zurückzukehren und Kunde von unbekannten Ländern uns zu bringen. Einige derselben sind: Mungo Park (Engländer) bereiste im Jahre 1796 die Länder der Mandiugo am Flusse 245 VI. Länder und Staaten an der Westküste. L. Sencgambieii. In den Flußgebieten des Senegal, Gambia und Rio grande liegt die Landschaft Senegambien. Im Inneren Gebirgsland (Kong-Gebirge) verflacht sich das Land gegen das Meer, ist sumpfig, ungemein heiß und höchst un¬ gesund. Bei der reichen Bewässerung und der großen Wärme entfaltet sich ein ungemein üppiger Pflanzenwuchs, so daß cm künstlicher Ackerbau fast nnnöthig wird. In aus¬ gedehntem Maße wird die Viehzucht betrieben; die Gewinnung von Eisen und Gold ist ziemlich bedeutend. Die gewerbliche Thätigkeit ist sehr beschrankt. Der See- Handel ist in den Händen der Europäer, welche hier Niederlassungen besitzen; den Kara- wanenh audel nach Timbuktu und dem Sudan betreiben zumeist die Mauren; der Sklavenhandel hat fast ganz anfgehört. Dscholiba (Niger), kehrte nach England zurück, veröffentlichte im Jahre 1799 seine Reise¬ berichte, ging im Jahre 1805 neuerdings nach Afrika, erreichte das Reich Haussa und ertrank während einer Verfolgung im Flusse Quorra unweit Bussa im Reiche Borgu. -- Die Brüder Richard und John Lander (Engländer) bereisten die Nigerländer, stellten die Mündung des Niger in die Bai von Benin fest, kehrten 1830 nach England zurück, unternahmen 1832 eine zweite Reise, beschifften den Niger und den Tschadda. Richard starb in Folge einer Schußwunde auf der Insel Fernando Po (1834); John starb in England 1839. — James Richardson ^Engländer) und die Deutschen Heinrich Barth (geb. 16. Februar 1821 zu Hamburg, — gestorben zu Berlin am 25. November 1885) und Adolph Overweg (geb. 1822) reisten 1850 nach den Landern am Tsad-See. Allein Richardson starb am 4. März 1851 in Ungnratua (sechs Tagereisen von Knka in Bornu) und Overweg im Jahre 1852 in Maduari, beide in Folge klimatischer Ein¬ flüsse. vr. Barth durchforschte nun allein die Länder im Gebiete des Tsad-Sees, kam nach Timbuktu, wo er vom 7- September 1853 bis 8. Juli 1854 verbleiben mußte, kehrte nach mancherlei Angst und Noth im Jahre 1854 nach Kuka zurück und gelangte glücklich nach Europa. Am 8. September I85s trat er in Marseille an das Land, nach¬ dem er in fünf Jahren und fünf Monaten über 3000 deutsche Meilen zurückgelegt hatte. — Nach Overweg's Tode ging vr. Vogel (geb. 1829 zu Crefeld) nach Afrika. Er ging über Murzuk und Bilma nach dem Tsad-See, erreichte das Land der Tibbu und Kanem und langte 1854 in Kuka an. Auf der Reise von Kuka nach Kano begegnete er unerwartet in einem Walde dem in Europa todt geglaubten vr. Barth. Nach kurzem Beisammensein trennten sich die deutschen Forscher. Vogel setzte seine Reise im Süden des Tsad-Sees fort, zog daun nordöstlich und erreichte 1856 Wadai, das noch kein Eu¬ ropäer betreten hatte, und wo er vom Sultan in Wara hingerichtet worben ist, wie es die neuesten Nachrichten fast unzweifelhaft nachweisen. Auch Beurmann, der zur Auf¬ suchung Vogel's im 1.1862 nach Jnnerafrika sich begeben hatte, wurde ermordet (1863). Henglin's Expedition zu demselben Zwecke erreichte ebenfalls nicht ihr Ziel. — Der englische Missionär vr. Livingstone erforschte das südliche Central-Afrika. Er lebte 16 Jahre im Inneren Afrika'«, entdeckte den Ngami-See, den Oberlauf des Zambesee, den Quilimanee und andere, bereiste die Ostküste und veröffentlichte höchst werthvvlle Berichte. Jetzt soll er sich in den Ländern am Nyassi-See befinden. Von österreichischen Reisenden find berühmt geworben: Russcgger (geb.zu Salz¬ burg 1802, gest. 1863 in Schemnitz) ging im Jahre 1834 nach Afrika, bereiste die Nil-Länder und veröffentlichte sehr gediegene Berichte. Der katholische Missionär vr. Knoblecher (geb. 1819 zu St. Canzian in Krain) fuhr auf dem weißen Nil bis 4" 10' n. Br. und begründete in Chartnm eine katholische Mission. Er starb in Neapel bei seinem zweiten Aufenthalte in Europa (1858). Der Venezianer Miani bereiste die Länder am weißen Nil (1860 bis 3" 47^ n. Br.). Die Engländer Speke und Grant waren von Zanzibar nach dem Mrewe-See und von da nordwärts, theilweise längs dem Ufer des „weißen Nil" bis uach Gondokoro gekommen, und stellten die Behauptung auf, daß dieser See der Quellensee des (weißen) Nil sei. Diese Behauptung ist von der Wissenschaft als richtig angenommen worden. Miani beabsichtigt eine neuerliche Expedition nach dem Quellenlande des Nil zu unternehmen.— Diechsterreichischen Consulu in Chartnm 1>- . R e i z (gestorben in Chartnm) und Or. von Heu glin. Letzterer hat namentlich Abhssinien bereist lind werthvolle Berichte veröffentlicht. Die katholische Mission von Chartnm dehnt ihre segensreiche Wirksamkeit immer weiter nach Senaar, Kordofan und Darfur aus, und ist auch in wissenschaftlicher Beziehung ungemein thätig. 246 Senegambien ist von Negern bewohnt, welche in viele kleine Stämme und Reiche sich theilen, und größtentheils Fetischdiener sind. (Joloffen, Mandingo und Fulah.) Besitzungen der Europäer: 1. Französische. — Meist am Senegal; wichtig wegen der großen Gummiwälder. St. Louis (10.000 E.), an der Mündung des Senegal, Stapelplatz für den Gummihandel. 2. Englische. — Bathurst (spr. Bäds'örst) an der Gambia-Mündung und einige Faktoreien am Gambia. 3. portugiesische. — Zwischen den Mündungen des Gambia und Rio grande. 43. Ober-Guinea. — Der Küstenstrich von 11° n. Br. bis zum Aequator; nach dem Inneren des Continentes lassen sich keine Grenzen angeben. Die flache Küste ist vielfach sumpfig und bei der tropischen Hitze ungesund; im Inneren streicht das Kong- Gebirge, von dem einige Ausläufer die Küste erreichen tdie Vorgebirge Kap Sierra Leone, Mesurado, Palmas und andere). Der wichtigste Fluß ist der Niger, der sich in die Bai von Benin ergießt. Gebräuchlich ist die Benennung der einzelnen Küsten¬ striche nach ihren bedeutenden Export-Erzeugnissen: Sierra Leone-Küste, Pfeffer¬ nder Körner-), Zahn- (oder Elfenbein-), Gold- und Sklaven-Küste. Der Voden ist sehr fruchtbar und liefert viele Nahrungs- und Handelspflanzen. Die Wälder sind reich an Färb- und Nutzhölzern. Die Gewinnung von Gold ist beträchtlich, deßgleichen von Eisen (Sierra Leone). Die Hauptbeschäftigung bilden Feldbau, Jagd und Fischerei. Seit der Unterdrückung des Sklavenhandels hat sich der Handel mit den Landeserzeugnissen bedeutend gehoben. Unter den Negerstämmen sind die bedeutendsten Reiche: 1. Reich der Aschanti (Goldküste), das größte in Guinea, mit dem Hauptorte Knmassi. ,2. Kie Negerreiche Dahomeh und Benin, mit den gleichnamigen Hauptorten. '3. Das Hochland der Amboser an der Bai von Biafra, mit dem Hauptorte Biafra. 4. Liberia, eine Republik christlicher Neger auf der Pfeffcrküste mit etwa 1400 OMeileu und über 300.000 Einwohnern, welche Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe treiben, auch einen lebhaften Handel unterhalten. Die Republik, im Jahre 1821 von amerikanischen Bürgern begründet, ist der erste und einzige von freien Negern verwaltete christliche Staat in Afrika, welcher sür die^ Ausbreitung des Christenthumes und der Civilisation sehr thätig und durch den Anschluß benachbarter Neaerstämme stets im Wachsen ist. Besitzungen der Europäer: 1. Englische. - Ans-Vrr Sierra-Leonc-Küste: Freetown (spr. Frihtaun, 20.000 E.), sür befreite Negersklaven; Sitz des General-Gouverneurs. 2. Niederländische. — Auf der Goldküste: Elmina, Hollandia und andere. 3. Französische — Auf der Zahuküste mehrere Forts. " - - 0. Niedcr-Guinca und Süd-Afrika. — Nieder-Guiüea ist der Küstenstrich von zo—18" s. Br.; nach dem Innern gänzlich unbekannt. Vom Kap Frio bis zum Kaplandc find die von Hottentottenstämmeu (Buschmännern, Namaqua und anderen) bevölkerten, wüsten, wenig bekannten Landschaften, mit einigen Stations¬ plätzen christlicher Missionäre. Unter den einheimischen Reichen sind die bedeutendsten: 1. Loango, vom Kap Lopez bis znm Zaire-Fluß, mit sehr fruchtbarem Boden; aus vielen kleinen Staaten bestehend, mit den Städten Loango und Mapumba. Exportartikel: Elfenbein, Gummi, Farbhölzer. 2. Congo, reich bewässert, sehr fruchtbar, reich an Kupfer und Eisenerzen im Innern. Hauptort Congo (oder St. Salvador) am unteren Laufe des Congo. Portugiesische Besitzungen: Angola und Benguela, mit beiläufig 600.000 Ein¬ wohnern. Hauptort Laon da (10.000 E.). Exportartikel: Sklaven, Elfenbein, Wachs, Gummi, rothes Sandelholz. VII. Das Kaplcmd. I. Das Kapland, eine britische Besitzung an der Südspitze Afrikas mit 5900 ^Meilen nnd über 300.000 Einwohnern, reicht vom Kaffern- lande im Osten bis zum Atlantik und nördlich bis zum Oranje-Flusse. Das Hochland Süd-Afrikas senkt sich terrassenförmig zur Küstenebene des 247 Kaplandes herab. (S. 34.) Das Land ist wasserarm, das Klima gemäßigt, die Luft außerordentlich trocken und rein. Im Kaplande gibt es zwei durch die herrschenden Winde charakterisirte Jahreszeiten: den durch kalte, trockene Südostwinde gemäßigten Sommer vom September bis April, dann den Winter (April bis September) mit feuchten Nordwestwinden. Ackerbau, Weinbau und Viehzucht bilden die Hauptbeschäftigung der Colonisten; insbesondere ist der Kapwein berühmt. Die Schaf- und Rinderzucht sind sehr bedeutend. Die Hauptprodukte sind: Wolle, Weizen und Wein. An Mi¬ neralprodukten besitzt es: Salz im Neberfluß, Salpeter, trefflichen Kalk, aber wenig Erze und Steinkohlen. Die Gewerbethätigkeit ist eine geringe, desgleichen der Handel nach dem Innern. Die Bevölkerung besteht aus Colonisten und Einheimischen (Hotten¬ totten, Kafsern, Betschuanen und anderen Negerstämmeu). Die Kapcolonie, 2000 Meilen (die in 50 Tagen zurückgelegt werden) vom Mutterlande ent¬ fernt, ist für dieses gleichwie als ein stark consumirender Markt, ebenso auch als Erfrischungsplatz für den Seeverkehr sehr wichtig. Das Kapland besteht aus zwei Provinzen: u) Westprovinz: Kapstadt (25.000 E.), nordwärts vom Kap der guten Hoffnung, an der weiten aber gefährlichen Tafelbai, welche jährlich von S—600 Schiffen be¬ sucht wird. Die Stadt ist schön, regelmäßig gebaut, hat wissenschaftliche und com- merzielle Anstalten mit allem europäischen Comfort. In der Nähe Konstantia, mit berühmtem Weinbau („Kapwein"). b) Ostprovinz: der rasch aufblühende Hafenplatz Port Elisabeth an der Algoa- Bai (SO0O E.) und der Hauptort im britischen Kaffernlaude King Williams Town (spr. King Uilliems Tann). 2. Getrennt vom Kaplande liegt an der Ostküste die britische'Colonie Natal (oder Victoria), mit einem Flächenraume von etwa 900 ^Meilen und 160.000 Ein¬ wohnern (darunter nur an 12.000 Weiße). Das Land hat trefflichen Boden, ein der Gesundheit und der Vegetation sehr zuträgliches Klima, erzeugt ausgezeichneten Tabak, Weizen u. a. und eignet sich ungemein für die Viehzucht. Die zwei Städte sind: Pieter-Maritzburg im Innern des Landes, mit dem Sitz des Vice-Gou¬ verneurs, und die Hafenstadt Port d'Urban (ehemals Port Natal). VIII. Länder und Staaten an der Ostküste. Die Ostküste Afrikas kann in drei Haupttheile geschieden werden: 1. Das Kaffern-Land, vom Kaplande bis zum Liwuma-Flusse und dem Kap Delgada (IO" s. Br.); 2. das Suaheli-Land (oder Waznmba), vom Liwuma- bis zum Dschuba-Fluffe unter dem Aequator; 3. das Somal-Land vom Dschuba-Fluffe längs dem indischen Meere und dem Golf von Aden bis zum abhssinischen Hochlande. it.. Das Kaffern-Laud. — .Die Kafsern, wie überhaupt die Völker der Ostküste, bilden nur Glieder einer einzigen süd-afrikanischen Völkerfamilie. Es sind kriegerische Stämme. Sie treiben Viehzucht und Jagd, auch etwas Ackerbau und Fischerei; verarbeiten Eisen und Knpfer und bringen ihre Erzeugnisse theilweise in den Handel. Christliche Missionäre sind bemüht, den christlichen Glauben und mit diesem Bildung und Gesittung zu verbreiten. Die von Kafsern bewohnten Küstenstriche sind: die Kaffernküste, Sofala nnd Mozambique. Im Kaffernlaude liegen außer der britische» Colonie Natal die beiden holländischen Bauern-RepMiken: Oranien- Republik, jenseits des Oranienflusses mit dem Hauptorte Bloemsontain (spr. Blnmsontän) und die Transvaal-Republik am Vaal-Flnsse mit dem Hauptorte P o t ch e f st r o m (oder Vrijburg). Die Küstenstriche Sofala und Mozambique werden von den Portugiesen als Besitzthum betrachtet. Ihre Macht hat im Innern fast ganz anfgehört und be- 248 schränkt sich auf einige Stationen am Zambesi-Flusse und mehrere Küstenplätze. Die wichtigsten Exportartikel sind: Gold, Elfenbein, Wachs, Cerealien, Vieh. Portu¬ giesisch sind die Städte So sala an der gleichnamigen Bai und der Hafenplatz Mozambique (8500 E.), mit dem Sitze des Generalgouverneurs. L. Das Suaheli-Land (oder SawLhili-Land, die Zanzibar-Küste) hat seinen Namen von dem Kästenvolke Suaheli (—Tieflandsbewohner). Das Volk ist zwar schwarz, aber von kaukasischer Körperbildung, muhamedanischen Glaubens und steht mit de» Arabern seit alten Zeiten in Verbindung. Das Land gehört dem Imam von Maskate. In den Seestädten leben arabische und indische Kaufleute; im Innern Stämme der Gallas. Die Küste und das Innere sind sehr fruchtbar, die Vegetation ist reich, das Klima größtentheils gesund. Aus den Inseln gedeihen tropische Früchte. Die Eingeborneu treiben Ackerbau und Viehzucht. Der Handel ist von Bedeutung. Die größeren Orte liegen auf Gestade-Inseln, als: Zanzibar (60.000 E.), Hauptmarkt für Elfenbein, GÜmmikopal und Gewürznelken; Monikas mit dem besten Hasen; Pemba, mit großem Reisbau. 0. Das Somal-Land. — Das östliche Ende des Contineutes, ein gebirgiges Plateau, von dem kräftigen Stamme der Somalis bewohnt. Sie sind meistens Muhamedaner, leben in einzelnen Horden unter Häuptlingen auf patriarchalische Art; nur die Bewohner der Oase Harrar (fanatische Muhamedaner) haben eine festere Regierung. Durch gesundes Klima, reiche Bewässerung und Vegetation ist Somal einer der schönsten Theile des afrikanischen Contineutes. Viehzucht und Handel, auch Ackerbau bilden die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Die bekanntesten Orte sind: Zeila, am Golf von Aden; Makadschn und Brawah, am indischen Ocean. Im Innern des Landes, mitten unter Kaffeepflanzungen, die größte Stadt de« Lan¬ des Harrar (oder Adar, 10.000 E.). Die östliche Spitze ist das Kap Guardafui. IX. Das südafrikanische Hochland. Das Innere des südafrikanischen Hochlandes ist noch weniger bekannt als dessen Ränder. Im Norden des Kaplandes und im Westen der holländischen Republiken breitet sich die mit dichtem Buschwerk bedeckte Wüste Kalahari aus; die Aufzählung der weiter gegen Norden gelegenen Länder und Orte ist noch vielfach schwankend. — Die Bevölkerung scheint großentheils dem Negervvlke Bunda anzugehören, unter welchen die den Kaffern ähnlichen Betschuanen (im Norden des Garib) die bekann¬ testen sind. Sie haben einen milderen Charakter, leben in größeren Ortschaften, treiben Ackerbau, Viehzucht und auch mancherlei Gewerbe; die Bergvölker gewinnen und verarbeiten Eisen- und Kupfererze. Der Handel mit den Nachbarn ist geringe und beschränkt sich auf Elfenbein, Thierhäute, Sklaven u. dgl. Seit einem Jahrzehent haben die Entdeckungen der deutschen Missionäre Rebmann und Krapfs, des englischen Missionärs Livingstone und des Ungarn Magyar Laßlo in diesen Gegenden große Aufmerksamkeit erregt. X. Die afrikanischen Inseln. Im atlantischen Ocean: 1. Die Azoren, Madeira und die Lapverdischen Inseln; portugiesische Besitzungen. 2. Die Lanarischen Inseln; spanisch. 3. Die Guinea-Inseln, in der Bai von Biafra; Fernando Po und Annabon sind spanisch; — die Prinzeninsel und St. Thomas portugiesisch (auf letzterer ist S. Thoms Hauptort). 4. Die britischen Felseninseln Ascension und St. Helena sind Stationsplätze für Ostindienfahrer und Wallfischfänger im Südpolar-Meere. Hasenplatz auf der ersteren ist Georgetown, auf der letzteren Jamestown. Hier ist auch der Pacht¬ hof Longwood (im Innern der Insel), als Aufenthalt Napoleons vom Jahre 1815 bis 1821 bekannt. — Auf der britischen Insel Tristan da Cunha nehmen die nach Indien und Australien fahrenden Schiffe Wasser und Proviant ein. 8. Im indischen Ocean: I. Madagascar 10.000 ^Meilen, 4 bis 6 Mill. Einw.). — DaS 8000' bi« 120.000' hohe Gebirgsland, welches die Insel durchzieht, fällt zu breiten Küsteuebenen herab. Die flachen sumpfigen Küstenstriche sind ungesund und heiß; auf dem Binnen- 249 Plateau ist das Klima gemäßigt. Die Insel hat großen Reichthum an Flüssen und Seen. Die Flora ist reich an colossalen Ban- und Farbhölzern, Arzneigewächsen, Oelpflanzen, Reis, Tabak u. s. w. Die großen afrikanischen Thierc fehlen zwar; dagegen sind in großer Anzahl vorhanden wilde Schweine, Büffel, Schafe mit Fett¬ schwanzen, Seidenraupen, aber auch Schlangen und Krokodile. Der Bergbau liefert Eisen, Kupfer, Schwefel, Steinsalz, Kohlen. In den gewerblichen Beschäftigungen sind nur seidene und wollene Maaren, sowie Metallwaaren erwähneuswerth. Die Bewohner, Madegassen (Malagas!) genannt, zerfallen in viele Stämme. Die an der Westküste sind afrikanischer Race; im Innern ist bas malayische Gepräge vorwiegend. Der herrschende Stamm sind die kriegerischen Ho was; die Regierung ist äußerst despotisch. Hauptstadt ist Tananarivo (angeblich 25.000, mit den nahen Dörfern 60-80.000 E.), auf einem Hochplateau im Innern. Die Fran¬ zosen behaupten an der Ostküste die Insel St. Marie (6000 E.), mit dem Hafen¬ orte Port Louls. 2. Die vulkanisch-gebirgigen Comoren-Inseln im Canal von Mozambique sind reich an schönen Palmenarten, Bauholz, Zuckerrohr und Mais. 3. Die Mascarenen: a) Mauritius (oder Jsle de France), mit dem Hauptort Port Louis (30.000 E.); l>) RLunion (oder Bourbon), mit dem Hauptort St. Denis (12.000 S.); die erste den Briten, die zweite den Franzosen ge¬ hörig. Beide Inseln sind änßerst fruchtbar an Tropeugewächsen aller Art. 4. Die Sech ekle n und Ami ran t en, den Briten gehörig ; erstere sind reich an tropi¬ schen Produkten; die Amiranten find unbewohnte Koralleninseln. - 5. Im südlichen Theile des indischen Oceans zwischen Afrika und Australien sind meh¬ rere gebirgige, vulkanische Inseln, welche meistens als Stationsplätzc den Wallfisch¬ sängern dienen: die Prinz Edwards-Insel, die Crozet-Inseln, Amsterdam und St. Paul, Kerguclcnsland. Die Staaten van Amerika. (750.000 ^Meilen; 71 Mill. Einwohner.) 7^. N o r d - A M k r l K u. I. Grönland. Grönland, nächst Neu-Holland die größte Insel der Erde (an 20.000 ^Meilen), ist ein arktisches Hochland, das wegen der Schnee- und Eismassen im Inneren und im Norden unzugänglich ist. Die Ostküste steigt in steilen Eis. und Felsmassen ans dem Meere, welches bas ganze Jahr mit Eisfeldern bedeckt ist. Die Westküste ist eiue zerrissene Fjordenküste, aber im südlichen Theile mehrere Monate eisfrei. Die größte unter den zahlreichen vorgelagerten Inseln an dieser Küste ist Disko. Der südlichste Punkt von Grönland ist das Kap Farewell (--- Fahr'uell'); nach Norden erstreckt sich die Insel in unbekannte Ferne. In dem rauhen Klima kommen nur in den südlichen Thcilen ver¬ krüppelte Birken, Erlen und Weiden, beerentragende Sträucher und das Löffelkraut vor. An Thieren hat es wilde Reunthiere, Eisbären, Füchse, viele Seevögel, vorzüglich aber viele Wallfische, Seehunde und Fische, welche den Bewohnern Nahrung und Kleidung geben. An Hausthieren ist außer dem wenigen Hornvieh, welches in der Colonic Julianshaab (--- haab spr. hohb ---- Hoffnung) gehalten wird, nur der Hund allgemein, der zum Schlittenfahren verwendet wird. — An den Küsten (und bis 78" n. Br.) wohnen Eskimos (etwa 20-bis 25.000), welche Seehundssang und Fischerei treiben. Sie haben Aehnlichkeit mit der mongolischen Race, sind klein aber stark, scheinen ein friedliches, lenksames, aber höchst unreinliches Volk zu sein, das ohne gemeinsame Re¬ gierung familienweise friedlich neben einander lebt. Im Winter wohnen sie in geräumigen Erdhütten an geschützten Stellen des Ufers dreißig bis vierzig beisammen; den Sommer bringen sie in Zelten unter Robbenfellen zu. Sie sind Heiden mit allerlei Aberglauben; doch findet das Christenthum schon einige Verbreitung. Dänemark besitzt an der Westküste einige Colonien oder vielmehr Herrnhuter- Missionen mit Handclsstationen. Ans etwa 200 ^Meilen leben über 10.000, meist christlicher Grönländer, welche den Dänen Thran, Häute, Pelzwerk, Federn und dergleichen liefern, und von diesen europäische Produkte erhalten. Solche Colonien sind: G od havn (auf Disko), Christianshaab, Goodhaab, Julianshaab, Frederikshaab u. a. 250 II. Das britische Nord-Amerika. Das britische Nord-Amerika liegt nördlich von den Vereinigten Staaten Lis zum Polarmeer; im Westen grenzt es an den großen Ocean und die russischen Besitzungen, im Osten an den atlantischen Ocean. Der Flächen¬ raum wird auf mindestens 200.000 ^Meilen (mit beiläufig 4,400.000 E.) geschätzt, obwohl nur ein kleiner Theil wirklich colonisirt ist. Das ganze Terri¬ torium zerfällt in zwei größere Gruppen: L.. Canada nebst Akadien und den Inseln; — L. Hudsonsbai-Länder. L. Das eigentliche Coloniclaiid umfaßt etwa ein Achtel des Ge- sammt-Territoriums. , Lj Kanada (beiläufig 12.000 bis 15.000 ^Meilen, 2^ Mill. Einw.j.'Es umfaßt die nörd¬ lichen Ufer der fünf großen Seen und von Montreal an beide Ufer des St. Lorenz bis zu seiner Mündung. Die Hochebene wird von Landrücken und Bergketten durch¬ zogen, die in Labrador mit ewigem Schnee bedeckt sind. Die Flußuser und einige Seitenthäler sind angebaut; im Westen und Norden liegen noch ungeheure Strecken mit Wäldern bedeckt, welche den Haupreichthum des Landes bilden. Gute Straßen fehlen. Das Klima ist rauher als in Europa unter gleicher Breite, der St. Lorenz ist vom Dezember Lis April auf großen Strecken zugefroren; der Sommer ist sehr heiß, die Luft gesund, der Boden äußerst fruchtbar. Canada liefert für den Export: Getreide, Holz, Produkte der Viehzucht, dann Eisen, Steinkohlen, Salz, Gyps und fertige Schiffe. In der Industrie ist bedeutend der Schiffbau nebst den darauf be- züglicheu Gewerben. An dem Fischfang betheiligeu sich die Canadier weniger, als die Bewohner der nahen Inseln. Ober-Canada ist ein vorwiegend englisches Land; Unter-Canada ist halb französisch und katholisch. In britisch Nordamerika bestehen für die Katholiken 2 Erzbisthümer und 16 Bisthümer. In Unter-Canada: Quebec (51.000E.), prachtvoll gelegen theils am Flusse, theils am Abhange des Kap Diamond, mit Festungswerken, lebhafter Industrie (Schiffbau, Sagemühlen) und starkem Handel. Montreal (91.000 E.), an der Grenze der See-Schiffahrt auf dem Strome, die erste Handelsstadt des britischen Amerika, der bedeutendste Pelzhandel auf der nordwestlichen Wasserstraße, mit großem Arsenal, einer Universität, zahlreichen wissenschaftlichen Instituten. In Ober-Canada ist die lebhafteste Handelsstadt (namentlich Mehlhandel) Toronto (45.000 E.) — (ehemals hieß sie Derk). b) Neu-Bramischweig (beiläufig 1300 6M.), im Innern noch wenig bekannt und nur an den Küsten angebaut, durchziehen reichbewaldete Berggruppen von geringer Höhe. Die Bewohner, ungefähr 275.000, sind theils aus der Union, theils aus Großbri¬ tannien eingewandert; die Zahl der eingcbornen Indianer, welche meistens das Christenthum angenommen haben und in Dörfern leben, ist äußerst geringe. Haupt¬ stadt ist Frederickstown am St. John, an dessen Mündung die Stadt St. John (23.000 E.), der ansehnlichste Handelsplatz liegt. o) Neu-Schottland mit der dazu gehörigen Insel Kap Breton etwa 980 OMeilen mit 350.000 Einw. Das Innere von großen Wäldern bedeckt; der Boden ist sehr ergiebig, aber wenig bebaut. Nächst der Landwirthschaft bildet die überaus reiche Fischerei (Häringe und Stockfische) die Hauptnahrungsquelle. Die Hauptstadt Halifax (30.000 E.) ist der wichtigste Kriegshafen im britischen Amerika, hat große Schiffs¬ werften, Dampfschifsahrts-Verbindungen mit Falmouth und Liverpool, überhaupt bedeutenden Seehaudel. ck) In dem St. Lorenzbusen ist die Prinz-Edward's-Jnsel (100 cM., 86.000 E.), sehr fruchtbar, liefert viel Getreide, auch die Viehzucht ist ansehnlich- Hauptort: die be¬ festigte Hafenstadt Charlottetown M00 E.) . k) Die Inseln Neu - Fouiidland (spr. Nju-Faundländ, od. Neufundland, slgoo OM., 138.000 E.) und Anticosti, dann die kleine Gruppe der Magdaleuen-Jnseln, mit dem Hauptorte St. John (auf New-Foundlanb, 24.000 E.). Die große Kälte, Nebel und Stürme verhindern den Ackerbau, desgleichen die Viehzucht. Den Haupt¬ erwerb bildet die ungemein reiche Fischerei, insbesondere auf der „großen Bank" im Südosteu der Insel, wo im Sommer Tansende von Schiffen zu diesem Zwecke hier erscheinen. Der stärkste Fischfang ans der Erde. Die Franzosen besitzen hier die kleinen Inseln St. Pierre, Miquelon und Langlade. 251 Zu England gehören die Bermudas- oder Sommers-Inseln, von denen nur wenige bewohnt sind. Sie dienen als Stationsplätze für Seefahrer nach Westindien. L. Die Hudsonsbai-Länder. — Dieses Territorium wird in drei Theile geschieden: rr) die Halbinsel Labrador vom St. Lorenzbusen bis zur Süd¬ spitze der Hudsonsbai, — k) das eigentliche Hudsonsbai - Territo¬ rium zwischen der Hudsonsbai und dem Felsengebirge, — o) das Nord¬ west-Territorium (oder britisch Columbia) im Westen des Felsen¬ gebirges bis zum großen Ocean. -l- Labrador (etwH 8400 cP. mit kaunmüber 5000 E.), gehört zu den rauhesten und ödesten «LäsiKrn-d?r«ErdH bsfvihdörL'Äe, ItLrdkWe,^l§elchc nur für Eskimo bewohn¬ bar ist. ES NUt^r nr.wr ahn jst ein felsiges Pla¬ teau. Die H IWä*HÄ«-^aHm--ekknye'Mnffim^u'irtze'' (Nain, Okak, Hoffenthal, Hebron), die Hudsonsbai-Compagnie mehrere Handelsstationen; an der Süd¬ ostküste sind einige Fischerposten. Hauptprodukte sind Pelze und Fische. b) Das Hudsousbai - Territorium hat die größte Anzahl Seen auf der Erde, welche durch zahlreiche Flüsse unter einander in Verbindung stehen. Drei Hauptflüsse führen die Wasser der ausgedehnten nordamcrikanischen Seenplatte nach drei Meeren, und zwar: der Athabaska-, der Sklaven- und der großeBäreu-See, geben ihre Wasser an den Mackenzie-Fluß ab, der (an Größe fast der Donau gleich) sich in das Polar¬ meer ergießt; — östlich davon steht eine Reihe von Seen, darunter der Winnipeg- See der größte, durch Flüsse in Verbindung, deren letzter der Nelson, in die Hudsonsbai mündet; der Abfluß der fünf canadifchen Seen ist der St. Lorenz- Fluß mit der Mündung in den gleichnamigen Golf. — Nach der Vegetation unterscheidet man drei Regionen. Der westliche Theil ist die R c g i o n der Prairien, wo auch reiche Kochsalzlagcr und zahlreiche Salzseen Vorkommen; — der Osten, die Region der Wälder, welche nördlich bis etwa zum 61" n. Br. reicht; ver nördliche Theil, jenseits dieser Regionen bis zum Polarmeer, ist nur mit niederem Buschwerk bedeckt, die Wohnstätten arktischer Füchse und Bären. Das un¬ günstige Klima ist der Landwirthschaft überall hinderlich, sie wird nur an einzelnen Misfionssitzen betrieben- Am arktischen Küstenstriche wohnen Eskimos, in den übrigen Theilen ziehen Jndianerstämme herum, welche von Jagd und Fischerei leben. — Früher im Besitze der Hudsonsbai-Compagnie, seit 1859 an die engl. Krone zurück¬ gefallen ; die Niederlassungen sind an eine Gesellschaft (International tinanaial sooistx) im Jahre 1863 übertragen worden, welche lebhaften Pelzhandel mit den Indianer» letwa 360.000 Seelen) unterhält. Sie hat gegen 140 feste Niederlassungen, in deren Umgebungen etwas Landwirthschaft und sehr ergiebige Fischerei betrieben werden. Die Nordpolar - Länder sind fast durchgehends Eiswüsteu mit höchst spärlicher Vegetation (Löffelkraut), nur von wenigen Eskimos bewohnt, welche vom Fischfang und Robbenschlag leben. Die „nordwestliche Durchfahrt" aus der Bassins-Bai in die Behringsstraße ist wohl aufgefunden worben; doch ist sie für den Handels¬ verkehr von keiner Bedeutung, weil diese Straßen nur selteu eisfrei sind*). *) Historische Ucbcrsicht der arktischen Expeditionen. Im Jahre 1616 entdeckte Bassin die nach ihm benannte Bai. Im I. 1743 setzte die englische Admiralität eine Belohnung von 20.000 Pf. St. (--- 200.000 fl.) auf die Entdeckung einer „nordwest¬ lichen Passage", um auf kürzestem Wege aus dem Atlantischen in den Großen Ocean zu gelangen. Bom I. 1743 bis 1818 kamen nur ein paar erfolglose Meer- und Land¬ expeditionen vor. Lord Mulgrave (begleitet vom jungen Nelson) drang von Spitz¬ bergen längs der Ostküste bis 80° 48' n. Br. vor. Capitäu Cook kam MS Ich- (spr. Eis-) Cap (70" 45' n. Br.). Gleichzeitig unternahm Hearne Landreisen gegen das Polarmeer, entdeckte den Kupferminenfluß, und Mackenzie den nach ihm benannten Fluß. Im I. 1818 fuhren Roß und Parry in den Smith's-Sund, kehrten aber ohne wichtige Entdeckungen mit der Ansicht zurück, daß dieser Sund ohne Ausgang sei. Zu gleicher Zeit fuhren Buchau und Franklin nach dem Meere von Spitzbergen, um den Nordpol zu erreichen, und kamen bis 80° 34' n. Br. Im Jahre 1819 machten Parry nnd Liddon neuerlich eine Reise, entdeckten die „Prinz-Regent-Bai", das „Bank's- Land", die „Melville-Insel" u. a., und waren um 3" weiter gegen Westen vorgedrungen, als irgend ein früherer Seefahrer. Auch die beiden folgenden Expeditionen, die eine geführt von Parry, die andere von Franklin, hatten keinen Erfolg in Bezug auf die 252 e) Columbia, 10.000 OM. Nach der Entdeckung de« Goldreichthums am Fraser- und Thompsonflnsse als selbstständige Colonie erklärt. Im Westen des Felsengebirges bis an den grasten Ocean. Die Grenzen gegen das russische Amerika und gegen die Union sind nicht überall festgestellt *). In dem ziemlich milden Klima bilden Getreidebau und Rindviehzucht nächst Jagd und Fischerei die wichtigsten Nährungsquellen; die Colonisation macht Fortschritte. An der Mündung des Fraser liegt die Hanptfactorei Fort Langley. — Die Königin Charlotten-Jnsel ist noch ohne Colonisation; die südliche Quadra oder Vancouver mit dem Hauptorte Victoria (6000 E.) ist Hauptplatz der Colonie. — Im I. 1862 ist Stikin, nördlich von Columbia, als eigene Colonie erklärt worden. Goldwäscherei; am Takoflusse viel Kupfer; sonst -m, 4 III. Der nordwestlichste Theil des Continents, ein kaltes, nebelreiches Gebirgsland mit über 24.300 LM. und beiläufig 54.000 Einw. Von den zahlreichen Schneebergen sind die Vulkane Schönwetterberg (13.800') und der Eliasberg (16.400') die höchsten. Die vulkanische Kette setzt sich dann in der Kette der Meuten fort. Die Nordküste ist ohne Gliederung; die West- und Südküste sind reich an Buchten und Halbinseln, darunter: Aljaska und die Tschugatschen-Halbinsel. In den Norton-Sund ergießt sich der Jukon-Flnß. Der Osten ist Plateanland. Die Bevölkerung besteht aus nornadi- sirenden, heidnischen Ureinwohnern (Eskimo's, Tschuktschen, Indianer) , welche Jagd, Fischerei und Tauschhandel mit der russisch - a m er i k a n i scheu Hand els g escl l- schaft treiben. Die Zahl der russischen Ansiedler wird ans etwa 1000 gerechnet. Die Verwaltung des Landes, der Handel und Verkehr sind der genannten Gesellschaft über¬ lassen, welche den Fang von See- und Pelztbicren sehr gewinnreich ausbeutet. An Mineralien werden Steinkohlen, Eisen und Kupfer gewonnen. Die Lieferungen an Pelzwerk gehen über Sibirien nach Moskau. Neu-Ärchangelsk (1200 E.) auf der Insel Sitka (Baranows, Hauptcomptoir der Compagnie. Von den Alöuten ist Unalaschka am meisten bevölkert. Unimak die größte. Außerdem gehören hieher: der Prinz Wales- und König Georg-Archipel, die Insel Kadjak, die Inseln im Behringsmeere. Das Christenthum findet stets größere Verbreitung und mit ihm schreitet auch die Civilisation vorwärts. beabsichtete Entdeckung der Durchfahrt. Beispiellos in der Geschichte der Entdeckungs¬ reisen sind die Gefahren, welche Roß (1828—1833) und Back (1833—1835) im ark¬ tischen Meere ansgestanden hatten. Am 19. Mai 1845 fuhr Franklin mit den Schiffen „Erebus" und „Terror" abermals aus, nm die Durchfahrt anfzufinden; allein er kehrte nicht wieder zurück! Diese verhängnißvolle Reise war durch 14 Jabre in tiefes Dunkel gehüllt. Zahlreiche Expeditionen wurden ausgerüstet zur Aufsuchung Franklin's. Die Re¬ gierung setzte einen Preis von I Million Gulden ans dessen Auffindung; die Gattin Franklin's und Private betbeiligten sich an neuen Ausrüstungen von Expeditionen, das allgemeine Interesse war für Franklin's Schicksal erwacht; allein so sehr diese Reisen unsere geographischen Kenntnisse vermehrten, über Franklin's Schicksal brachten sie keine sichere Kunde! Im I. 1857 wurde das Schiff „Fox" unter Capitän Mac Clintock von Lady Franklin zur letzten Aufsuchung ihres mutbigen Gatten ausgerüstet. Am 28. Februar 1859 traf Mac Clintock bei Cap Victoria mit Eingebornen zusammen, welche ihm Mil- theiluugen machten, aus denen er auf das Unglück der Franklin'schen Expedition schließen konnte. Eine Durchforschung der King Williams -Insel (durch Clintock und Lieutenant Hobson) führte ans den PointVictory am 6. Mai 1859 zur traurigen Kcnntniß der Expedition. Man fand eine Kapsel ans Zinn und darin eine Schrift über Franklin's Expedition. Nach dieser Auszeichnung ist Franklin am 1 I. Juni 1847 gestorben; am 22. April 1848 sind die Schiffe 5 Meilen NNW. vom Cap Victory preisgegeben worden, und die Ueberlebenden — 105 an der Zahl — waren unter Capitän Crozier hier gelandet. Alle Mitglieder der Franklin'schen Expedition waren nach und nach zu Grunde gegangen. Clintock brachte mit dem aufgefnndenen Nachlasse der unglücklichen Seefahrer die Tranerkunde nach England. Die arktischen Expeditionen haben während der letzten 90 Jahre viele Menschen- nnd Geldopfer gekostet und die geographischen Kenntnisse allerdings bereichert; das prak¬ tische Resultat aber blieb — trotz der Auffindung der nordwestlichen Durchfahrt — hinter den mäßigsten Erwartungen zurück. *) Durch die Verträge von I824sund 1825 wurde als Grenze zwischen den britischen und russischen Besitzungen die Linie des Meridians von 236" ö. L. (vom Eliasberge an der Küste des großen Ocean bis zum Nordende des Felsengebirges am Eismeere) festgesetzt. 253 IV. Die vereinigten Staaten von Nord-Amerika. (Das Anions - Land; United States sspr. Juneited-Stehts)). 132.630 oMeil.; 31,445.000 Einwohner, davon 3,050.000 Neger, über 487.000 In¬ dianer, die übrigen Weiße. Nach dem Glaubensbekenntnisse beiläufig i'/z Mill. Katholiken; über 20 christliche Seelen; Juden, sehr wenige Mnhamedauer, Heiden. Grenzen? Das Land. — Das Unions-Land wird durch zwei Gebirgszüge in drei Hanpttheile geschieden: n) das Ostland zwischen dem Atlantik und dem vielfach von Eisenbahnen und Kanälen durchschnittenen Alleghanh-Gebirge; — b) das Mitt elland, zwischen dem Alleghanh- und dem Felsengebirge; das große Becken des Mississippi und Missouri, theils Hügelland, theils eine von wenigen Waldungen unterbrochene, äußerst fruchtbare, wellenförmige Ebene; — e) das West land; zwischen dem Felsengebirge nnd dem großen Ocean. Von Norden nach Süden trennen die klimatischen Verhältnisse das Land in die Kornregion (Nordland), Baumwollregion (Mittelland), Zuckerregion (Südland). Das Unionsland ist ungemein reich an fließenden und schiffbaren Ge¬ wässern, welche dem Atlantik, dem mexikanischen Busen und dem großen Ocean zufließen. Die Küste des Atlantik ist im nördlichen Theile felsig und sehr gegliedert, gegen Süden wird sie flacher und ist häufig mit Sümpfen bedeckt. Im Norden ist der St. Lorenzstrom ans einer kurzen Strecke Grenz¬ fluß; im Südwesten der Rio grande. Die wichtigsten, in den Atlantik mün¬ denden Flüsse sind: Hudson, Delaware und Susquehanna; dem mexikanischen Golfe führt der mächtigste Fluß Nord-Amerika's der Mississippi mit seinem weit verzweigten Geäder (Missouri, Arkansas, Red-Niver, Illinois, Ohio, Tenessee u. a.) alle Gewässer des Mittellandes zu; — dem Gebiete des großen Oceans gehören: der Fraser, der Columbia oder Oregon, der Sacra- mento. (Siehe die Hydrographie S. 37.) Von den fünf großen kanadischen Seen liegt nur der Michigan-See ganz im Gebiete der Union; die übrigen bilden die Nordgrenze. Die meisten Seen liegen zwischen dem Felsengebirge und den kalifornischen Seealpen (das „große Bassin"), darunter der große Salzsee, der See am Utah u. a. Die vielen nnd großen natürlichen Wasserstraßen gewinnen durch eine umfassende Kanalverbindung noch an Bedeutung. Die Kanäle haben eine Länge von über 1000 deutschen Meilen, die Herstellungskosten beliefen sich über 90 Millionen Dollars. Das Klima ist durchschnittlich kälter als in Europa unter gleichen Breitegraden. In Florida und Süd-Texas nähert es sich dem tropischen; am Orogon ist oceanisches Klima; im Gebiete des Mississippi ist es minder excessiv als im Nord-Osten; an der Westküste milder als an der Ostküste, wo der Temperaturwechsel ein rascher, die Regenmenge eine bedeutende ist. Die Niederungen an der Ost- und Südküste sind ungesund, insbesondere im Mündungsgebiete des Mississippi. Berfassuiig und Orte*): Am b7. September 1787 gründeten 13 Staaten ans dem Congresse zu Philadelphia die Union der vereinigten Staaten. Gegenwärtig sind der BuüdeSdistrikt Columbia, *) Der Umstand, baß die neuen Stabte häufig nach großen Männern, nach Orten der alten Welt u. s. w. benannt werden, macht das ostmalige Wiederkehren desselben Namens erklärlich. Es ist rathsam, bei Brief-Adressen dem Namen der Stadt auch jenen des Staates beizufügen. Den mangelhaften Adressen ist es zuzuschreiben, daß 254 35 Staaten und 8 Gebiete oder Territorien (die noch nicht 60.000 freie Einwohner haben, um als Staat in den Bund ausgenommen zu werden) zu einem Bundesstaat (Union) verbunden. Die gesetzgebende Gewalt ruht in den Händen des Cougresses (Senat und Haus der Repräsentanten); die vollziehende hat ein auf vier Jahre gewählter Präsident. Bundeshauptstadt ist Washington (spr. ULshiugt'n). Jeder Staat hat seine besondere Verfassung. Der Gegensatz zwischen den nördlichen und südlichen Staaten sprach sich in Charakter und Lebensweise, am schärfsten jedoch darin aus, daß in den nördlichen die Sklaverei abgefchafft war, während sie von den süd¬ lichen aufrecht erhalten wurde. In Folge des im November 1860 errungenen Sieges der Anti-Sklaverei-Partei in den Vorwahlen zur Besetzung der Präsidentenwürde im März 1861 traten im Januar 1861 mehrere Staaten aus der Union und constitnirten sich am 19. Februar 1861 zu Montgomery (in Alabama) als „Cvnföderirte Staaten von Amerika." Am 12. April 1861 Ausbruch des Krieges mit den „Unions- Staaten." — Präsident der „Union" war Abraham Lincoln, — der „Lonföde- rirten" Jefferson Davis. Nach Besiegung der „Consöderirten" im März 1865 ist der Präsident A. Lincoln am 14. April 1865 meuchlings ermordet worden, an dessen Stelle der bisherige Vice-Präsident Johnson trat. Die freien Principien des „Nordens" (d. h. die Abschaffung der Sklaverei) gelangen nun im ganzen Ünionslonde zur Geltung. Bilndcsdistrikt Columbia (2 ciM-, 75.000 E.; im I. 1790 von Maryland und Virginien zu diesem Zwecke abgetreten). Washington (ULshingt'n, 61.000 E., am Potomak), Hauptstadt der Union, Re¬ sidenz des Präsidenten. Sitz der Centralbehörden und des Cougresses; das Capitol, Sitzungsgebäude des Cougresses, das Haus des Präsidenten („weißes Haus"); Was- hington's Monument, ein 600' hoher Obelisk; Arsenal, Hafen, Schiffswerfte, Flottenstation. I. Nördliche Staaten. A. Atlantische Staaten. 1. Maine (---Mehn): Portland (26.000 E.), befestigter Hafen; sehr bedeutender Seehandel. Hauptstadt ist Augusta. 2. Ncw-Hampshire (—Nju-Hämmschihr): Concord, Hauptort; Portsmouth t—Porthsmöds), befestigter Hasen; Manchester (20.000 E.), Wollen- und Baum- wollenwaaren. 3. Bermont «durch den Connecticut vom vorigen getrennt, reicht nirgends bis an das Meer): Montpelier, Binnenhandel. 4. Massuchusets (— Mäsfetschuh-setts). In materieller und geistiger Kultur am meisten vorgeschritten. Boston (--Bost'n, (178.000 E.), schöne Lage am Ocean ; viele Kirchen und öffentliche Gebäude; berühmte Unterrichts-und Wohlthätigkeitsanstalten; bedeutende Banmwollindustrie, nach New-Jork die reichste und unternehmendste Han¬ delsstadt; befestigter Hafen, starker Schiffbau und Fischfang. Beujamiu Franklin geb. 17. Januar 1706, si 17. April 1790. Ausbruch der amerikanischen Revolution am 26. Dezember 1773. Cambridge (--- Kehmbridsch, 26.000 E.), älteste, be¬ deutendste und reichste Universität der Union. Lowell (—Loh't 37.000 E.), größte Manufactnrstadt der Union (das „Manchester Amerikas"), großartige Banmwoll¬ industrie. Nach dem Begründer der Cottou-Manufactnr (Lowell) benannt. 5. Rhode Island (— Rhod Eiländ), der kleinste Staat der Union. Providence (Proawidenß, 51.000 E.), viele Fabriken; sehr bedeutender Seehandel. 6. Connecticut (—Kanettikött): New-Haven (—Nju Hew'n, 39.300 E.), die be- sachteste Universität; große Fabriken; Seehandel. — Diese sechs östlichen Staaten heißen Neu-England. 7. Ncw Jersch (—Nju Dscherßi), am linken Ufer des Delaware: N ew ark (Njuark, 72.000 E.), Fabriksstadt, Seehandel. Hauptstadt ist Treu ton (—Trennt'n). 8. Delaware (— Delläwähr): Wilmington (— Uilmmgt'n, 44.000 E.), Handel, Seefischerei. Dover (Dohw'r), Hauptstadt. 9. New-Jork (----Nju-Johrk): New-Jork (über Ark-000 E.), die größte, stark be¬ festigte, regelmäßig gebaute Seehandelsstadt Amerikas, auf einer Insel in der Mün- z. B. im Jahre 1855 über SA Million Briefe ihre Adressaten nicht erreicht haben. Es gibt z. B. 12 Amsterdam, 13 Athen, 16 Berlin, 12 Frankfurt, 19 Hannover, 18 Man¬ chester, LI Richmond, 9 Wien, 25 Jork, 15 Columbus, 82 Franklin, 164 Washington, LI Lafayette, 17 Milton, 71 Jefferson, 8 Napoleon, 24 Fairfield u. s w. 255 duug des Hudson. Viele wissenschaftliche und Humanitätsanstalten; großartiges Fabrikswesen; eine Welthandelsstadt und der Mittelpunkt eines ungeheuren, stets wachsenden Handels mit allen Erdtheilen (an 800 Schiffe liegen stets vor Anker); Hanptspeditionsplatz zwischen Europa und dem Unionslande; Dampfschiffahrt, Eisen¬ bahnen, Banken, Assecuranz- und Handelsgesellschaften; Croton-Wasserwerke (Wasser¬ leitung), viele Kirchen und andere große Bauten. Starke Einwanderung (monatlich an 20.000 langen im Hafen an). Von Holländern 1612 gegründet; erster Longreß der Union 1785; Einsetzung des ersten Präsidenten der Union Washington am 30. April 1789; großer Brand am 15. December 1835. Als Vorstädte von New- Uork find anzusehen: Broklyn (— Burhklin, 274.000 E.), auf der Insel Long Island (— Long Eiland), stark befestigt, großes Seearseual; dann Willi amsburg (50.000 E.), ebenfalls aus Long Island. — Alb an y (---Aelbäni, 62.000 E.), am Hudson; Fabriken, großer Handel. Buffalo (—Böffällo, 84.000 E.), am Eriesee, Hauptstapelplatz für deu Handel nach Nordwesten. 10. Pcilnsylvaitien (Niederlassung des Qnäckers William Penn, 1680; meist deutsche Bevölkerung). Philadelphia (568.000 E.), regelmäßig gebaute, zweitgrößte Stadt der Union ain Delaware. Großartige Wasserleitung; viele wissenschaftliche nndWohl- thätigkeitsanstalten; die erste Fabriks- und eine der wichtigsten Handelsstädte der Union; Rationalbank; Zuchthaus (Zellengefängniß — pennsylvanisches System). Sitz des Congresses von 1787—1800. Pittsburg (60.000 E., am Ohio), große Eisenwerke und reiche Kohlengruben (das „amerikanische Birmingham"); sehr bedeu¬ tende Fabriken, Handel. L. Bmnenstaaten. 11. Ohio (— Ohäio, zwischen dem Eriesee und dem Ohio, das reichste Weizenland der Union). Cincinnati (--SinnßinnLti, 161.000 E.), amOhio; im Jahre 1791 noch ein wüster Fleck, jetzt „die Königin des Westens." Biele Kirchen und Unter- richtsanstalten: sehr viele Fabriken, großartiger Handel, Knotenpunkt für die Schiff¬ fahrt«« und Eisenbahnverbindungen. Im Winter ungemein große Schweineschlächterei. Cleveland (— Kliwländ, 44.000 E.), Verschiffungshafen für die Produkte des Nordwestens. 12. Indiana (zwischen dem Michigansee und dem Ohio). Indianapolis (30.000 E.), HauPIort. 13. Illinois (---Jllineus). Chicago (—Tschikehgo, 110.000E.), Eisenbahnverbindung mit New-Aork (und projektirt nach dem Großen Ocean). Galena, Mittelpunkt der Bleierzregion; Kupfer- und Bleischmelzen (1852 Export 40 Mill. Pfund Blei). Hauptstadt ist Indianapolis. 14. Wisconsin (—Uis'kanßin, zwischen dem Mississippi, dem Obern- und Michigansee). Milwaukee (—Milwahki, erst seit wenigen Jahren bestehend, schon 45.000 E.), bedeutend die Nhederei, Schiffahrt und der Handel. 15. Michigan (— Mitschigänn, zwei große Halbinseln zwischen den kanadischen Seen). Detroit (47.000 E.), wichtiger Handelsplatz. Hauptstadt Lansing. 16. Iowa (---Eiowäh, jenseits des Mississippi zum Missouri). Hauptort Iowa City (--- Eiowäh tzitti). 17- Minncsotta (im Süden des vorigen). Hauptort St. Paul, oberhalb der St. Antony- Wasscrfälle des Mississippi. II. Südliche Staaten^). A. Atlantische Staaten. 18. Maryland (—Mähriland fzu Ehren der Königin von England seit 1634 genannt! zu beiden Seiten der Cesapeake-Bai und ani linken Ufer des Potomak; V, der Bevölkerung sind Neger). Baltimore (214.000 E.), drittgrößte Stadt der Union- mehr als 100 Kirchen, Hauptsitz der katholischen Kirche in der Union mit einem Erzbischöfe; viele wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalten. Haupthasen für die Staaten des Ohio-Beckens; der größte Tabakmarkt der Union und der erste Mehl¬ markt der Erde. Annapolis, Marine-Akademie der Union. *19. u. 20. Virginicn (der Königin Elisabeth von England zu Ehren so benannt). Ein- getheilt m (19.) Ost- und (20.) West- Virgillien; Wcst-Virginien (oder Kanawha) *) Die mit ' bezeichneten Staaten waren „Conföderirte", welche die Auf- rechthaltnng der Sklaverei mit Waffengewalt erzwingen wollten. 256 ist am 31. Dezember 1862 als Staat in die Union ausgenommen worden. Rich- mond(---Ritschmönd,38.000E.),Bun des Hauptstadt der „Consöderirteu;"— Hauptmarkt für Tabak und für Mehl; großer Steinkohlenbergbau. Bei Alexan¬ dria die Ruinen des Hauses, in welchem Washington am 11. Febr. 1732 geboren wurde; dann Mount Vernon, der Landsitz Washingtons, wo er 1789 starb und mit seiner Gemahlin begraben liegt. *21. Nord-Carolina. Wilmington (^ Uil'mingt'n, 12.000E.), der beste Hasen des Staates. Hauptstadt Raleigh (—Rah'li). *22. Siid-Carolina. (Mehr als die Hälfte der Bewohner sind Sklaven). Charleston (—Tscharlst'n, 43.000 E-), sehr großer Handel mit Baumwolle und Reis; bedeu¬ tende Küstenschiffahrt. Hauptstadt Columbia. *23. Georgia (—Dschordschiä, nach dem britischen König Georg II., 1732, so benannt). Savannah (---Sävännäh 22.000 E.) und Milledgeville (—Milledschwill'), wichtige Stapel- und Handelsplätze für Baumwolle. L. Am mexikanischen Golfe. *24. Florida (1821 von Spanien abgetreten). Tallahassee (—Tällähaßi, 3000 E.), Baumwollmarkt. *25. Alabama. Mobile (---Mobihl, 30.000 E.), großer Handel, wichtiger Verkehrs- Platz, insbesondere Bamnwollhandel. Gelbes Fieber. Hauptort ist Montgomery l --- Mauntgammeri, 5000 E.). *26. Mississippi (dieMehrzahl derBewohnerSklaven).Hauptstadt Jackson (—Dschäks'n); der wichtigste Handelsplatz ist Nattchez (— Nattsches) am Mississippi. *27. Louisiana (Mündungs-Delta des Mississippi; nach Ludwig XIV. benannt, von Franzosen colouisirt). New-Orleans (—Nju-Orlihns, 17I.OOOE.), in sumpfiger Ebene am linken Mississippiufer; sehr stark das gelbeFiebcr im August und September. Großes Völkergemisch. Viele Unterrichtsanstalteu; große Fabriken; dritte Handelsstadt der Union, (insbesondere Export von Baumwolle, Reis, Tabak, Zucker), Hauptverkehr auf dem Mississippi nach dem Innern; starke Einwanderung. *28. Texas (--- Techas, größer als Oesterreich, aber höchstens V- Mill. Einwohner; 1836 von Mexiko abgefallen). Austin (—Ahstinn), Sitz der Regierung. Gal- Vest on (10.000 E.), wichtiger Handelsplatz. Neu-Braunfels, deutsche Colouie. 6. Binnenstaaten. *29. Kentucky (— Köntekki). Louis Ville (— Lui'will, 75.000 E., am Ohio). Erste Fabriks- und Handelsstadt dieses Staates. Frankfort, Hauptstadt. *30. Tennessee (—Tenneßi). Nashville (Näschwi'll, 24.000 E.), Hauptstadt, ansehn¬ licher Handel. *31. Missouri (Mündungsgebiet des Missouri). St. Louis (San Lui, 166.000 E.), nahe der Mündung; größte Stadt des Westens; viele Fabriken, höchst wichtiger Handelsplatz; Zwischenhandel zwischen Pittsbnrg, Cincinnati und New-Orleans; starke deutsche Einwanderung; mehrere wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalten. *32. Arkansas. Little Rock (----Littl' Rok, 4000 E.), Hauptstadt; bedeutender Handel. 33. Kansas (als Staat ausgenommen unter Bedingungen, die noch zu erfüllen sind). Leave uworth (—Lihwenwords), im 1.1854 begründet, hat bereits über 10.000 E I). Am grossen Dcean. 34. Californicn. Das wichtigste Goldland; von Mexiko 1848 abgetreten. Im I. 1857 wurde die Minenprodnktion auf 70 Mill. Dollars (b 2 st. 30 kr.) berechnet; von 1849—1857 hat es für beiläufig 400 Mill. Dollars Gold in die Münzstätten von Amerika und Europa geliefert. Quecksilber jährlich an 2400 Ztr. Bevölkerung nnd Wohlstand wachsen in überraschender Weise. (1847 gab es 16.000 weiße Einwohner; Ende 1852 schon über 200.000, jetzt über Million; ferner Chinesen zwischen 30—40.000, Mulatten u. a.) San Francisco (66.000 E-), an der Mündung des Sacramento. Sehr buntes Völkergemisch; wichtiger Handel. Hauptort ist Sacramento (12.000 E.). 35. Oregon. Hauptort Salem; wichtigste Hafenstadt Portland; au der Mündung des Oregon das Fort Astoria. III. Territorien. 1. Nebraska, zwischen dem oberen Missouri und dem Felsengebirge. Meist Indianer, nur etwa 20.000 Weiße. (5738 OM., — 28.800 E.). ' 2, Utah (—Jutäh, bewässert vom oberen Colorado und dem großen Salzsee). Das 257 Land ist von der Secte der Mormonen znm Niederlassnngsorte gewählt worden. Ihre Hauptstadt ist Neu-Jerusalem (große Salzsee-Stadt, Mormonen-Stadt, 14-000 E.). — Gesammtbevölkermig über 40.000 auf 6177 geogr. ONt. 3. Neu Mcxiko, mit dem Hauptorte Santa Fs (8000 E.), im Hochthale des Rio grande del Rorte (10.348 oM., — 93.500 E.). 4. Washington, seit 1854 von Oregon getrennt, mit dem HauptoU Olympia. (8285 OM. — I I.MO E.) Dein Unionslaude gehören auch die Galapagos-Jnselu (Schildkröten, Guauo, Holz) und zwei Inseln nahe der Westküste von Nicaragua. 5. Colorado, seil 1860 Territorium. Goldwäschereien (4977 OM., — 34.3.OE.0 6. Nevada, seit 1860 Territorium. Bergbau auf Silber (2155 cM.,—6900 E.). 7. Jdahü, seit 1862 Territorium; nördlich von Utah und Colorado. Gold. 8. Dakota, seit 1858 Territorium. Pelzhandel (14.963 OM-, — 4840 E.). 9. Arizona, seit 1864 Territorium (6228 UM.). Kulturbil-, Die Mannigfaltigkeit der Boden- und Temparatur-Verhältnisse in dem ausgedehnten Unionslande bedingt eine große Mannigfaltigkeit des Pflanzen¬ wuchses. Mit Ausnahme der felsigen Gegenden des Nordens ist das Land überall sehr fruchtbar und man findet hier alle Stufen der Kultur vom Urwalde bis zur rationellsten Gartenkultur. Einwanderung und Colonisation, Ausrodung der Wälder, Anlegung von Städten, Straßen, Eisenbahnen und Kanälen, die steigende Produktion in allen Richtungen verändern die Phh- siognomie der Landschaften fast unter unseren Augen. Gegenwärtig steht die landwirthschaftlich e Produktion au der Spitze der Erwerbs- und Nahrungsquellen der Union. Das wichtigste Produkt ist der Mais, dessen Anbau gleich dem des Tabaks alle Staateu betreiben; der Ertrag des ersten wird auf 600 Millionen Bushel (— Bösch'l s, 60 Pfund), des zweiten auf 250 Millionen Pfund geschätzt. Die mittleren Staaten erzeugen ungeheure Mengen an Getreide, die südöstlichen an Reis, wovon große Quantitäten zum Export kommen. Das wichtigste Produkt ist die Baumwolle, deren Ber- breitungsbezirk südlich dem 34" n. Br. liegt. Die jährliche Ernte wurde vor dem Ausbruche des Krieges auf 1200 Millionen Pfund im beiläufigen Werthe von 90 Mill. Dollars geschätzt: d. i. fast zwei Drittheile der Quantität, welche auf der ganzen Erde in den uns bekannten Handel kam (ca. 1800 MiÜ. Pfund). Von jener Produktion entfallen 82 A auf die Staaten Alabama (200 Mill. Pfd.), Georgia, Mississippi, Süd-Carolina, Louisiana, Tenessee und Texas. In 20 Jahren ist die Produktion nm 300 M, der eigene Verbrauch um 325 gestiegen. Für Zucker-Plantagen eignen sich mir die süd¬ westlichen Niederungen (bis 32" n. Br.), besonders Louisiana; in den nörd¬ lichen Staaten wird viel Ahorn- und Maiszucker gewonnen. Ungemeinen Reichthum hat die Union an Nutz- und Bauholz. Die Viehzucht, obwohl im Ganzen steigend, hat noch nicht jene Höhe erreicht, die sie im Verhält¬ nisse zum Ackerbaue und den natürlichen Bedingungen einnehmen könnte. In den mittleren und nördlichen Staaten kommen alle europäischen Hausthiere vor, besonders zeichnen sich aus: Virginien durch schöne Pferde; Connecticut, Vermont und New-Jork durch den^größten Hornviehstand; Ohio, Kentnckh, Tenessee durch Schweinzucht; die Schafzucht deckt nicht den heimischen Be¬ darf an Wolle; die Seidenzucht hat keine große Ausdehnung; Jagd und Fischerei gewähren sehr reiche Beute. — Der Bergbau liefert ungemein reichen Ertrag. Obenan steht Californien mit seinem Goldreichthum, welchem gegenüber die Goldgewinnung in den anderen Unionsstaaten fast verschwin- KIun Geographie, 7. Ausl. 17 258 det (siehe Californien) ; Silber kommt in geringerer Menge vor; bedeutend hingegen ist die Ausbeute an Quecksilber, Blei und Kupfer. Ungemeinen Reichthum besitzt die Union an Eisen (Michigan, Wisconsin, Missouri); an Steinkohlen (an der Westseite des Alleghanh-Gebirges) dürfte sie das reichste Land der Erde sein; an Salz ist Ueberfluß. Die gewerbliche Industrie hat in den letzten 25 Jahren außeror¬ dentliche Fortschritte gemacht; auch auf diesem Gebiete, wie in der Landwirth- schaft, stehen New-Jork und Peunsylvanien an der Spitze. Die industrielle Thä- tigkeit herrscht überwiegend in den nordöstlichen Staaten; im Innern der Union die Landwirthschaft. Am höchsten steht der Maschinenbau aller Art. Die wichtigsten Industrien sind: die Baum Wollindustrie, Hanptsitz Lowell, dann Baltimore, Patterson, Philadelphia, Eincinuati n. a.; im I. 1860 verarbeiteten über 11'/^ Mill. Spindeln über 300 Mill. Pfund Baumwolle. (1 Million Arbeiter, über 1000 Fabriken, Prodnktionswerth an 115 Mill. Dollars.) Für die S chafw ollindustrie bestehen an 1500 Fabriken (im I. 1815 nur 10), welche über 70 Mill. Pfund Wolle verarbeiten; Prodnk¬ tionswerth über 43 Mill. Dollars. Jndustrieorte: Lowell, Philadelphia, Boston, New-Jork, Pittsburg. Die Produktion an Leinen- und Seiden- waaren deckt bei weitem nicht den Bedarf. Sehr ausgebrcitet ist die Leder¬ sabrikation, deren Werth man auf 33 Mill. Dollars augibt. New-Jork ist der größte Weltmarkt für Leder. Großartig ist die Metallwaaren-Jndu- strie in allen Zweigen, von einfachen Nägeln bis zu den sinnreichst con- struirten Maschinen. Nebst diesen Hauptzweigen sind noch hervorznheben; Tabak (Virginia, Maryland, Louisiana), Zucierrajfuieneu (Boston, Philadelphia, New-Jork, Baltimore), chemische Fabrikate, Branntweinbrennereien, Bierbrauereien, ausgedehnte Dampsmnhleu (Bal¬ timore, Philadelphia, New-Uork, St. Louis), Papier, Glas, Porzellan, die großen Sage¬ mühlen am Mississippi, u. v. a. Das Unionslaud war eben in dem Stadium des kräftigsten Schassens und Nmgestalteus, als der Bürgerkrieg ausbrach. Die wichtigsten Jndustrieplätze sind: New-Jork, Lowell, Salisbnrh, Boston, Philadelphia, Baltimore, Cincinnati, Patterson, Pittsburg. Deo- Werth der Fabrikate kann auf mehr als 1200 Mill. Dollars angenommen werden. Das Unionsland ist nächst Großbritannien die größte Handelsmacht der Erde. Die günstige geographische Lage, die reiche Küstengliedernng, mächtige schiffbare Seen, Flüsse und Kanäle, Eisenbahnen (über 6000 d. Meil.), eine großartige Handelsmarine (darunter mehr als 2400 Dampfschiffe), der unternehmende Specnlationsgeist und noch andere Faktoren haben diesen colossalen Aufschwung hervorgebracht. Sehr wichtig ist die Berbindnng mit Europa. Die wichtigsten Handelsplätze sind (am Atlantik): New-Jork, Boston, Philadelphia, Baltimore, Charleston; (am mexicanischen Golfe)-. New-Orleans, Galvestou; (am großen Ocean) : San Francisco, Astoria; (für den inneren Verkehr): St. Louis, Pittsburg, Cincinnati, Santa Fs. Im Jahre 1860 hatte die Ausfuhr deu Werth von über 400, die Einfuhr von über 362 Mill. Dollars. Haupt-Exportartikel sind: Baumwolle, Ge¬ treide und Mehl, Tabak; importirt werden: Zucker, Kaffee und die meisten Industrie-Erzeugnisse. Bei der großen Verschiedenheit der Volksstämme, welche das Unionö¬ land bewohnen, läßt sich ein allgemeines Bild der geistigen Kultur kaum entwerfen. Die Bewohner sind theils Weiße, theils Farbige 259 (Neger, Mulatten rc.), theils Indianer. Die Weißen, über 's/» der Gesammtbevölkerung bilden das europäische Element, in welchem die bri¬ tische Nationalität so sehr überwiegt, daß die englische Sprache die herr¬ schende Geschäfts- und Schriftsprache ist. Deutsche, deren sich in jeder größeren Ortschaft vorfinden, dürften 5—6 Millionen im Uniouslande wohnen; an Zahl zunächst stehen die Iren und Franzosen. — Die Farbigen sind etwa der siebente Theil der Bevölkerung; doch sind kaum '/2 Million freie und nahezu 4 Millionen Sklaven in den südlichen Staaten, während die nördlichen die Sklaverei abgeschafft haben. — Die Zahl der Indianer (Ureinwohner) vermindert sich fortwährend; man schätzt sie im Unionslande nur noch auf 400.600. Das unstete Leben, fortwährende Kriege unter einander, Krankheiten und der unmäßige Genuß des Brannt¬ weines führen sie dem Untergänge zu. Manche Stämme wurden zum Chri- steuthume bekehrt, gründeten feste Wohnsitze und schreiten in der christlichen Kultur und Gesittung vorwärts. Mit Rücksicht auf den am 12. April 1861 ausgebrochenen Bürgerkrieg unterschied man „Unions Staaten," welche für die Aufhebung der Sklaverei zu den Waffen gegriffen, und Con- söderirte-Staaten," welche die Ausrechthaltung der Sklaverei erzwin¬ gen wollten. Die ersteren hatten eine Bevölkerung von 22,341.000 Einw. (darunter 432.600 Sklaven); die letzteren 9,103.000 E. (darunter 3,521.000 Sklaven. Der mörderische Bruderkrieg ist im Mürz 1865 für den „Norden" glücklich beendet worden, und ist im Sinne d5r Humanität ein neuerlicher Fortschritt auznhoffen. In kirchlicher Beziehung findet sich eine noch größere Mannigfaltigkeit als in nationaler. Die Mehrzahl der Weißen sind Protestanten von verschiedenen Secten; in Louisiana, Kentucky und Florida sind Katholiken vorherrschend; Israeliten sind minder zahlreich. In den öst¬ lichen Staaten sind Sitten und Lebensweise europäisch; überhaupt schreitet die Civilisatiou von Ost nach West immer vorwärts; Wälder werden ausgerodet, neue Städte angelegt und diesen häufig der Name der lieben alten Heimat gege¬ ben. In intel lectueller Kultur sind die Staaten, in denen die Sklaverei abgeschafft ist, den Sklaveustaaten außerordentlich voraus. In den letzten war nämlich die ganze Sklavenbevölkerung, zum Theil auch die freien Farbi¬ gen, sei cs factisch oder sogar gesetzlich, vom öffentlichen Unterrichte ausge¬ schlossen; galt doch in einigen Sklavenstaaten selbst die Unterweisung der Sklaven im Lesen und Schreiben als „Anstiftung zum Aufruhr". Für die Elementarbildung wirken die Staats- und Nationalschulen (wohl an 100.000 in der Union); das mittlere und höhere Unterrichtswesen ist Sache der frei¬ willigen Thätigkeit und verschiedener Vereine. Unter den etwa IsO^OoIIvAos" (höhere wissenschaftliche Anstalten) führen 18 den Namen „Dnivorsit/", welche jedoch nicht aus der Höhe deutscher Universitäten stehen. Die Zahl der Bibliotheken ist sehr bedeutend, im I. 1859 gab cs deren 40.890 mit 12^/, Mill. Bänden. Trotz der vorherrschenden Richtung des Ameri¬ kaners auf das „Praktische" herrscht in den Städten doch auch auf dem wissenschaftlichen Gebiete große Rührigkeit. Daß bei diesem vielseitigen Vor¬ wärtsdrängen und Stürmen nicht alles den geregelten Gang geht, ist begreif¬ lich; aber neben den empörendsten Barbareien und Rohheiten, neben den schamlosesten Betrügereien und dem ehrlosesten Mißbrauche jedes Vertrauens sehen wir doch die Nation in ihrer Gesammtheit emporkommen und blühen, an Macht und Wohlstand wachsen. Ungeachtet der vielen nnd begründeten 17* 260 Vorwürfe, welche der aus allen Ländern hier zusammenströmenden Bevöl¬ kerung bisweilen gemacht werden, scheint Nord-Amerika providentiell die Ausgabe zu haben, das Christenthum und die Cultur Europa's in der „neuen Welt" zn verbreiten und über den großen Ocean nach den östlichen Staaten Asiens zn tragen. In diesem Sinne kann das Unionsland das „Land der Znknnft" genannt werden. U. Mittei-Amerika. V. Das Kaiserthum Mexiko. 40.300 OM.; 8,206.000 E. (nahezu 3'/^ Mill. Indianer sdie Mehrzahl civilisirt und Christen, die übrige» heidnisch), 1'/^ Mill. Weiße, an Mill. Mischlinge sCreolen, Mestitzens und an 16.000 Neger). — Die römisch-katholische Kirche ist vor¬ herrschend; die fast allgemeine Sprache des Landes ist die spanische. — Grenzen? Das Land. —- Mexiko (spr. Möchiko*), das „Neu-Spanien", ist ein breites Tafelland (5000—9000 hoch), welches nordwärts an der Ein¬ senkung von Tehuantepec beginnt und nach den heißen Küstenebenen der beiden Meere in Terrassen abfällt. Den südlichen Theil des Plateau's, die Hoch¬ fläche von Anachuac, durchziehen vulkanische Bergketten; auf dem Pla¬ teau von Guanaxuato beginnt der Charakter der Gebirgserhebungß die Cordilleren theilen sich in drei Zweige. (Siehe S. 36.) Die Ostküste ist sehr flach, arm au guten Häfen; auch die steile Westküste hat nur wenig bessere Häfen. Das Land besitzt weder viele, noch große Flüsse; namentlich leiden die nördlichen Plateanx an großer Trockenheit. Die bedeutendsten Flüsse sind der Rio del Norte und der Colorado des Westens mit dem Gila. In klim atisch er Beziehung scheidet man das Land in: den heißen Landstrich au der Ostküste mit der höchsten Temperatur des amerikanischen Festlandes; den gemäßigten au den östlichen und westlichen Abhängen und den niederen Plateanx, wo fast ein fortwährender Frühling herrscht, mit der üppigsten Vegetation; —den kalten auf der Hochebene mit relativ strengem Klima. Die Bevölkerung ist eine gemischte, relativ geringe und vielfach moralisch und physisch versunken; daher sowohl in dm Städten als aus dem Lande große Unsicherheit von Leben und Eigenthum herrscht. Politische Eiuthcilung und Orte: Bis zum Jahre 1821 wurde „Neu-Spanieu" von einem Vice-Könige regiert. Die darauf folgenden Wirren und Umwälzungen, die sich stets wiederholenden Kämpfe hatten verschiedene Eintheilungen des Landes zur Folge. Nach der Verfassung von 1857 ward Mexiko in 24 Dcparlimentos eingetheilt. Jni December brachen neue Kämpfe zwischen Len Präsidenten Miramou und Juarez ans. Am 16. April 1862 erklärte Frankreich der Negierung des Präs. Jnarez den Krieg; am 5 Juni 1863 hielten die Franzosen ihren Einzug in der Hauptstadt Mexiko. Es wurde eine Notablen-Versammlnng ein- berufen, welche sich am 10. Juli 1863 für die Einführung der constitutionellen erblichen Monarchie mit dem Titel „Kaiserthum Mexiko" erklärte. Die Kaiserkrone wurde dem österreichischen Erzherzoge Ferdinand Max angeboten, welche dieselbe am 10. April 18Ü4 angenommen, nno den Thron Mexiko's als Kaiser Maximilian I. bestiegen hat; am 10. Juni 1864 hielt er seinen Einzug in Mexico. Mexiko, iu der Mitte des Plateau von Auahuac, mit 205.000 Einwohnern; eine der schönsten Städte Amerika's, mit der schönsten Kathedrale, prachtvollen Gebäuden *) Sprich in allen spanischen (südamerikanischeu) Namen das „x" als „ch" aus. 26 l und zwei großen Wasserleitungen. Universität, Fabriken, wichtiger Handel. La Pnebla (85.000 E.), die älteste Stadt ans dem Platcan von Anahuac; Tampico nnd Vera Trnz (800 E.), Hanpthaiidelsplätze in höchst nngesnnder Lage am Golf; Merida (40.000 E.) ans Dncatan, nahe an der Nordwcstkiiste, treibt Seehandcl über den Hafcu- Platz Sizal; in der Nähe Ruinen von Uxmal, mit Ueberresten von Tempeln, Palästen, Grabmälern n. s. w.; — Oa xaca (25.000 E.), am Rio Verde, starke Coche¬ nille-Zucht, Fabriken und Handel; — Teh nantepec (14.090 E.), am großen Ocean; — Acapulco (4000 E.), mit dem besten Hafen Mexika's am großen Ocean; — Guadalaxara (00.000 E.), in der Nähe des Thapala-Secs; Universität, Bergbau, Fabriken; — Guanaxuato (50.000 E.l, Silberbergwerke, Gewerbe; San Luis Potosi (40.000 E.), Silbergruben, Handel — Die Halbinsel Californien hat sandigen, unfruchtbaren Boden, ist sehr dünn bevölkert (kaum lO.OOO Bewohner, meist Indianer), und hat nur unbedeutende Ortschaften. — An der Südostkiistc der Halbinsel Nucatan liegt die britische C o l onie Hon duras, hauptsächlich wegen der Ausfuhr von Mahagoni- nnd Campecheholz, von Cochenille und Indigo von einiger Bedeutung. Hanptort ist Bali ze. Kulturbild. Es gedeihen sowohl nordische Kulturgewächse, als tropische Nahrungs¬ pflanzen; den fruchtbarsten Boden hat das Plateau von Anahuac; leider wird der Ackerbau ungemein vernachlässigt. Nebst den europäischen Ge¬ treide- und Obstarten werden auch Reis, Zucker, Baumwolle, Tabak, Kaffee, der Oelbaum und der Weinstock sowie mehrere einheimische Pflanzen kultivirt. Unter den Farben- und Nutzhölzern sind hervorzuheben: das Campeche-, das Gelb-, das Brasilien- oder Fernambuc- nnd Cedernholz. Noch geringere Pflege findet die Viehzucht; nur daS mexikanische Pferd wird geschätzt. Mit mehr Sorgfalt wird die Pflege der Cochenille betrieben. — Von höchster Wichtigkeit sind die Minen. Das Hochland ist reich an edlen Me¬ tallen; es ist das erst e Silberla nd der Erde; außerdem gewinnt man Gold, Quecksilber, Kupfer, Eisen; ferner Smaragde, Türkise und auch Dia¬ manten. Seit der Revolution liegt der Bergbau zwar sehr darnieder, dennoch soll die durchschnittliche Jahresansbente etwa 4000 Mark Gold und gegen 2 Mill. Mark Silber betragen. Die meisten Minen sind in Guanaxuato (Gold und Silber), Zacatecas und Catorce. Dem großen Reichthume, welchen die Natur über Mexiko fast ver¬ schwenderisch ausgeschüttet, stehen als Schattenseite des Landes die mensch¬ lichen Verhältnisse entgegen. Die gewerbliche Industrie ist noch mehr vernachlässigt als die Landwirthschaft, in manchen Artikeln wirklich im pri¬ mitiven Zustande; nur in der Cochenille-Produktion, in der Erzeugung von gebrannten Flüssigkeiten ist sie von einiger Bedeutung. Etwas höher stehen die Gold- und Silberarbeiten. Unter den Webewaareu nimmt die Ver¬ arbeitung von Baumwolle, sowohl hinsichtlich der Quantität als der Qua¬ lität, den ersten Rang ein. Der Handel ist ein geringer. Die hauptsächlichsten Hemnisse sind: der Mangel an guten Häfen, die ungesunde Küste, der Mangel an Straßen und schiffbaren Flüssen, die Unsicherheit während der so häufigen politischen Umwälzungen. — Exportartikel: Silber, Mahagonh- und Campecheholz, Vanille, Cochenille, Cacao und Tabak. Der auswärtige Verkehr liegt über¬ wiegend in den Händen deutscher Kaufleute; er geht nach dem UniouSlande, nach England, den Hansestädten und Frankreich. 262 VI. Central-Miltrikaiiische Ntpudliken. 8225 cMeilcn; — 2,247.009 Einwohner. Zwischen den zwei Landengen von Tehuantcpcc nnd von Panama liegen breite Tafelländer, von einzelnen Gebirgsketten durchzogen und an den Rändern von hohen Vnlkangipfcln überragt. (Siehe S. 36.) Die Küsten an beiden Oceanen sind reich gegliedert und bilden mehrere gute Häfen. Central-Amerika ist gut bewässert, zahlreiche Flüsse fallen nach kurzem Lauf in die beiden Meere. Der größte Landsee ist der von Nica¬ ragua (242 oMeilcu), von hohen Vulkanen umgeben. Das Klima ist auf der Hoch¬ ebene gemäßigt, an den Küsten zwar heiß, doch nicht ungesund; in den meisten Land¬ strichen von immerwährender Frühlingsmilde. Während der Regenzeit herrschen Stürme, stngewitter und Erdbeben; in der trockenen Jahreszeit (vom November bis Mai) ist an der Küste starker Thanfall, die Hochebene ist eine ausgebrannte Wüste. — Der Boden ist der Landwirthschast nngcmein günstig. Die Produkte sind die gleichen wie in Mexiko. Auf den Hochebenen wird Ackerbau, an den Abhängen und Küsten Plan¬ tagenbau betrieben. Die wichtigsten Erzeugnisse sind: Kaffee, Cacao, Tabak nnd Nutz¬ hölzer, namentlich Mahagoni- und Campecheholz, Indigo, Cochenille (Guatemala pro- ducirt mehr als die Hälfte des Bedarfes der ganzen Erde), Baumwolle, Zucker, Balsam n. a. m. — Die Viehzucht ist ziemlich erheblich. — An Metallen findet man Gold Silber, Blei, Kupfer (in Honduras) und Eisen (San Salvador); doch ist die Ausbeute bei weitem geringer als in Mexiko. — Die gewerbliche Thätigkeit ist eine geringe; Manufactc werden überwiegend ans Großbritannien importirt. Die dem Welthandel günstige geographische Lage erregt die Aufmerksamkeit der großen Handels¬ staaten, insbesondere Nordamerikas und Englands. Die Bevölkerung ist sehr gemischt, lieber '/2 Million sind Weiße, beiläufig 80.000 Indianer, kaum kO.OOO Neger; der ganze große Rest entfällt auf Mischlinge (Mulatten, Creolen u. s. w.). Die Verfassung der fünf Staaten ist jener im Unions¬ lande nachgebildet. An der Spitze jedes Staates steht ein Präsident. Die Sklaverei ist völlig aufgehoben. Die römisch-katholische Kirche ist die vorherrschende. l. Guatemala (1918 ciM., 1,000.000 E.): Guatemala (60.000 E.), aus einer frucht¬ baren Hochebene; die bedeutendste Cochenille-Zucht; ansehnliche Industrie nnd leb¬ hafter Handel mit Maulthier-Karawanen nach den beiden Oceanen. 2- San Salvador (345 ciM., OVO.OOO E.): Die frühere Hauptstadt San Sal- vadür ist im Jahre 1854 durch ein Erdbeben fast ganz zerstört worden; in deren Nähe ist nun die neue Hauptstadt Cojntepeqne zum Theile schon aufgebaut. Starker Indigo- nnd Tabakbau. Der wichtigste Hasen ist La Union an der Fonseca-Bai. 3. Honduras (2215 lOM., 350.000 E.): Comayagna (20.000 E.), bedeutender Berg¬ bau. Hasenplätze an der Honduras-Bai: Cab allo und Truxillo; Olancho hat die reichsten Goldgruben. 4. Nicaragua (2736 OM., 400.000 E): Leon (25.000 E), in der Nähe des großen Oceans, auf einer gut bebauten Hochebene, treibt lebhaften Handel; Reales 0, der beste Hasen am großen Ocean. Im Osten der Staaten Nicaragua und Honduras ist das unabhängige „König¬ reich der Mosqnito-Küste" (oder Mosquitial mit etwa 10.000 (nach einigen Angaben 200.000) heidnischen Indianern. Fast das ganze Land ist ein großer Wald, von Flüssen durchschnitten; der Boden ist äußerst fruchtbar, das Klima milde und gesund. Besonderen Einfluß übt England aus. Der ansehnlichste Ort ist Blewfield. 5. Costa Rica (ION lOM, I35.OOO Einw.): San JosL (16.000 Einw.); Cartago (20.000 E-); Pnntas Arenas, Hafenplatz am Golf von Nicoya. VIl. WestiliditN. Unter Westiudieil oder den Antillen (beiläufig 4500 ^Meil., ncihezu 4 Mill. Einwohner) versteht man den großen Archjpöl, welcher sich von den Halbinseln Florida nnd Uucatan bis zn den Mündungen des Ori- noco erstreckt nnd das mexikanische nebst dem karaibischen Meere vom atlan¬ tischen Ocean trennt. Der Archipäl bestcht ans 3 Gruppen: den großen 263 Antillen, den ihnen nördlich vorgelagerten Bahama- (oder LucahasZ Inseln, nnd den kleinen Antillen. Die Antillen sind gebirgig, mit Ausnahme von Tabago und Trinidad; die Bahamas nieder nnd flach. Die nordwestlichen sind von mächtigen Bänken umgeben, zwischen welchen schmale, der Schiffahrt gefährliche Ka¬ näle führen. Die meisten Küsten sind steil und haben sichere Häfen. Die großen Inseln sind fruchtbar und wasserreich; die kleinen leiden häufig Wassermangel. Das Klima ist eines der herrlichsten unter den Tropen- klimaten der Erde; die allerdings bedeutende Hitze wird durch Land- und Seewinde etwas abgekühlt. Bon höchst zerstörender Wirkung sind die häu¬ figen Herbstorkane mit furchtbaren Regengüssen und Gewittern gegen das Ende der nassen Jahreszeit (Mai bis November). Kulturveshältiiisse — Westindien ist außerordentlich reich an den mannigfaltigsten einheimischen und hierher verpflanzten Produkten; eS ist (im Verhältniß znr Größe) das erste Plantagenland der Erde. Eigentliche Stapclartikel sind: Kaffee, Zucker, Tabak, Piment und Baum¬ wolle. Beim Plantagenbau werden auf den spanischen nnd niederländi¬ schen Besitzungen Negersklaven verwendet, deren es wohl über '/2 Million gibt. — Die Viehzucht wird am bedeutendsten auf Cuba betrieben; im Innern der großen Insel findet man auf den Savanen große Rindvieh- und Pferdeheerden im halbwilden Zustande. — Der Bergbau ist unbe¬ deutend, die Ausbeute an Metallen eine geringe. Nur Salz wird sowohl aus dem Meere als einigen Salzseen gewonnen. — Die gewerbliche Industrie ist nur in jenen Richtungen vertreten, welche mit dem Plan¬ tagen- und Schiffsbau in Verbindung stehen; alle Fabrikswaaren werden aus Europa eingeführt. — Nächst dem Plantagenbau bildet der Handel die Hauptbeschäftigung. Er gewinnt stets an Ausdehnung. Die Bevölkerung ist gemischt. Etwa 850.000 sind Europäer nnd Ereolen, an 2 Millionen Neger, über 1^300.000 Farbige (Mulatten) nnd beiläufig 9000 Indianer (aus einigen kleinen Inseln). Die Weißen nnd Farbigen in den spanischen nnd fran¬ zösischen Colonien, sowie auf Hakti, sind römische Katholiken, in den übrigen Colonien meist Protestanten. Die Neger sind zum Theil noch Heiden, ans Haiti nnd den spani¬ schen Colonien römische Katholiken Mit Ausnahme von Haiti gehören die Inseln mehreren europäischen Haudelsstaaten. Haiti (vormals Hispaniola oder St. Domingo), 1368 OM., beiläufig 1 Mill. Einwohner; darunter au 30.000 Weiße, über eine halbe Million Neger, der Rest Mulatten. Das Innere ist gebirgig. Die größte Ebene breitet sich im Südosien aus. Nebst mehreren kleinen Flüssen hat die Insel auch einige Salzseen. Das Klima ist im Allgemeinen ungesund (gelbes Fieber). Der ehemals große Prodnktenreichthum hat unter der Negerherrschaft außerordentlich abgenommen. Der Export an Zucker, Kaffee, Baumwolle ist sehr gesunken; am erheblichsten ist er noch in Mahagoni- nnd Werkholz, Tabak- und Baumwolle. Diese Insel bat eine wechselvolle Geschichte. Gegenwärtig ist sie in 2 Staaten geweilt: HE (im Westen) 558 «-M-, ungefähr 606.000 E, ist Re¬ publik; meistens Neger oder Mulatten, welche sich zur römisch-katholischen Kirche be¬ kennen. Hauptort ist Port au Prince (— Portopränß, 21.000 E.), in einer sumpfi¬ gen, ungesunden Gegend, mit bedeutendem Handel; Kap Ha'ltien <15.000 E), gesund und schön, treibt gleichfalls Seehandel. Die frühere Republik San Domingo (im Osten), mit 810 ^M. und etwa 300.000 E., ist seit 1861 spanisch. Ueberwiegend Mulatten, dann Weiße; weniger Neger, fast alle römisch-katholisch. Hanptort: San Domingo (16.000 E.), die älteste, von Europäern in Amerika gegründete Stadt, mit Arsenal, Hafen, ausqebreitetem Seehandcl. Im Innern dcS Landes sind Sant Jago (14000 E.) und Vega (9000 E-). 1. Spanische Colonien. a) Cuba (1966 OM., über 1,450.000 E., worunter saft die Halste Weiße, über 200.000 freie Farbige und 500.000 Negersklaven). Die größte, fruchtbarste nnd -t , 5 264 reichste der Antillen. Im Inneren gebirgig und von vielen Flüssen bewässert, hat sic an den flachen Küsten zahlreiche Buchten und Häfen. Das Klima ist zwar heiß, doch milder als auf den übrigen Antillen; im Innern ist es gesund, aber an den Flachküsten wüthet häufig das gelbe Fieber. Der wirkliche Ertrag dieser äußerst fruchtbaren, aber kaum zum dritten Theile bebauten Insel steht in keinem Verhält- nisse zur ErtragssLhigkeit; dennoch ist sie die Goldquelle Spaniens. Die wichtigsten Produkte sind Zucker, Kaffee und Tabak. Die jährlichen Erträgnisse werden auf 300 Mill. Dollars geschätzt. Die Ausbeute an Kupfer ist bedeutend, wovon um etwa 4 Millionen Dollars exportirt werden. In neuerer Zeit sind in der Laudwirthschast und im Fabrikswesen bedeutende Fortschritte gemacht worden. Auch für den Verkehr ist vieles geschehen, indem alle größeren Plätze mittelst Eisenbahnen Perbunden find und zahlreiche Dampserlinien nach allen Richtungen laufen. Orte: La Havana (200.000 E), stark befestigte Hauptstadt, mit einem der besten Häfen der Erde, reichen Palästen, großem Arsenal, Schiffswerften, Mittelpunkt des spanisch-ameri¬ kanischen Handels; Cigarren- und Chokoladesabriken, Universität, Navigationsschule. — Saut Jago (M., 400.000 E., die Mehrzahl Creolen, an 60.000 Sklaven), die kleinste der großen Antillen, ist gebirgig, gut bewässert, hat ein herrliches, ge¬ sundes Klima und sehr fruchtbaren Boden. Hauptprodukte sind Zucker und Tabak, weniger Kaffee nnd Baumwolle. Die Viehzucht (Rinder und Pferde) ist bedeutend, dcßglcichen der Bergbau. — Hauptort ist: St. Juan de Porto Rico (30.000 E.)> stark befestigt, mit ausgebreitctem Seehaudel. Auch 3 der virginischen Inseln gehören den Spaniern. 2. Britische Colonien. u) Jamaica (270 t^M., 400.000 E-, nur an 35.000 Weiße, die übrigen Farbige und Neger; keine Sklaven, dagegen werden „Kulis" (meist ans China) als „freie Arbeiter" zur Plantagcnarbeit gedungen). Die Insel ist gebirgig; ihre höchsten Berge, die „Klanen Berge", steigen gegen 7000 Fuß an. Das reich bewässerte Land ist an der hafenreichen Küste und in den Thälern sehr gut angebaut. Das Klima ist sehr heiß, nur in den Berggegenden gemäßigter; der Boden minder fruchtbar als auf den andern Inseln. Die bedeutendsten Produkte sind Kaffee, Zucker, Nnm und Piment. Die großen Waldungen find reich an Färb- und Nutzhölzern. Die Vieh¬ zucht ist bedeutend. Der Export umfaßt Zucker, Rum, Kaffee, Piment, Mahagoniholz und Indigo. — Hauptstadt mit dem Sitze des Gouverneurs: S a n J a g o d c la Vega (oder Spanishtown, 6000 E.), unweit der Küste; die wichtigste britische Han¬ delsstadt: Kingston (36.000 E.), mit befestigtem Hafen. l>) Bahama-Jnseln. Meistens niedere, flache Felseninseln. Sie zerfallen in drei Gruppen: die nördlichen (eigentlichen Bahamas) sind unbewohnt; die mitt¬ leren (Lucayischen) mit dem Hauptorte Nassau (6000 E.), auf der Hauptinsel New < Provid ence und die Insel San Salvador oder Guanahani mit Port Howe (spr. Hau, Columbus' erster Landungsplatz am 12. October 1492); — die südlichen (Passage-Inseln), wo Crooked Island (spr. Kruhk'd Eiländ) die Hauptinsel ist. v) Kleine Antillen. Die wichtigsten sind: Santa Lucia, Barbadoes, Tabago, Trinidad u. a. — Am besten angcbaut und dicht bevölkert ist Barbadoes; Hauptprodukt ist Zuckerrohr. Bridgetown (spr. Bridschtann, 15.000 E.), stark befestigt, ist der bedeutendste Handelsplatz der kleinen Antillen. — Trinidad (60.000 E.), mit dem Hanptorte Puerto deEspaua oder Porr Spain (10.000 E.), hat Schwefelquellen und einen Asphaltsee. st- Französische Colonien. Von den kleinen Antillen gehören zu Frankreich: Guadeloupe (mit 3 Neben- inselu), dann zwei Drittel der Insel St. Martin, endlich die reichste französische Besitzung in Westindien Martinique. — Auf Guadeloupe ist Hauptort Basse¬ terre (10.000 E.), der wichtigste Handelsplatz aber Pointe L. Pitre (spr. Poänta Pitr, 15.000 E.). — Auf Martinique ist Fort Royal (7000 E.), die befestigte Hauptstadt; hingegen Saint Pierre (20.000 E.) die größte Stadt der französi¬ schen Antillen mit sehr ansehnlichem Handel. Frankreich bezieht aus diesen Colonien: 265 Zucker, Kaffee, Cacao, Rum, Tabak, Nutz- und Farbhölzer und exportirt dorthin Industrie-Produkte. 4. Niederländische Colonien. Saint Eu stäche mit der gleichnamigen Hauptstadt (6000 E.), mit lebhaftem Handel, einem Freihafen; — die Insel Saba und ein Drittel der Insel St. Martin. — Dann Curayao mit dem befestigtenHauptort Willem stadt (8000E.). Dem dürren Boden der Insel werden durch fleißige Bebauung ansehnliche Mengen Zucker, Tabak, Baumwolle, Kaffee, Cacao u- a. abgewonnen; ein Hauptprodnkt ist Salz. 5- Dänische Colonien. Die virginischen Inseln: St. Croix (spr. San Kroa), mit dem Haupthandels, und Hascnplatze Christians stadt (6000 E.), St. Jean und St. Thomas mit der befestigten Handelsstadt Charlotte Amalie (12.000 E.). Diese Inseln sind sehr fruchtbar; die Hauptprodukte sind Zucker und Rum. 6. Schwedisch ist nur die Insel St. Barthblemy mit dem Hauptort und Freihafen Gustavi« (10.000 E.). Das Eiland ist dicht bevölkert, trefflich kultivirt, gesund, leidet aber Mangel an Quellwasser. Produkte sind: Baumwolle, Zucker, Indigo, Cacao, Tabak und Seesalz. 0. Süd-Amerika. VIII. Der tropische Norden Süd-Amerikas. 1- Guyana (beiläufig 4850 ^Meilen). An der Küste des Atlantik ist es ein aufge¬ schwemmtes Land, berüchtigt wegen seines höchst ungesnndcii Klimas. Das Land steigt nach dem Innern allmählich zum Hochlande empor, welches dicht bewaldete Bergketten der Sierra Parime durchziehen. Guyana ist sehr reich bewässert. Der nicht über¬ schwemmte Boden ist äußerst fruchtbar und liefert Kaffee, Baumwolle, Zucker, Cacao, Tabak, Indigo, Pfeffer n. a. m. Die Wälder sind ungcmeiu reich an Nutz- und Farbhölzern. Das Colonialgebiet der Briten, Niederländer und Franzosen erstreckt sich von der Küste nicht weit in das Land; im Innern leben viele Stämme freier Indianer. u) Britisch - Guyana, mit einer Gesammtsiäche von etwa 1200 ^Meilen und an >50.000 E. Flüsse: Essequibo, Demcrara, Corentyn (Grenzfluß gegen niederländisch-Guyana). Hauptexport: Zucker, Rum, Kaffee, Holz. — Hauptort und bedeutendster Handelsplatz ist Georgetown (25.000 E-), au der Demerara- Mündung. 6) Niederläüdisch-Gnyana (oder Surinam), über 1800 0M. und au 80.000 E. — Grenzflüsse sind: Corentyn (gegen Britisch-Gnyana) und Maroni (gegen fran- zösisch-Guyana), zwischen beiden ist der Hauptfluß des Landes Surinam. Der niederländische Fleiß hat durch Anlegung von Dämmen und Kanälen ein höchst ungesundes Land zu einer der fruchtbarsten Gegenden umgeschaffen. Exportartikel sind: Kaffee, Zucker, Cacao, Baumwolle, Indigo, Tabak, Holz. Die befestigte Hauptstadt Paramaribo (24.000 E.), ist im holländischen Geschmacke gebaut, die breiten Straßen sind mit Alleen von Orangen- »nd Limonicnbäumcn besetzt, zwischen den Alleen nud den vortrefflich eingerichteten Hänsern liegen Gärten. Die Umgebung ist sehr gut angebaut und mit Landhäusern geziert. o) Französisch-Guyana (oder Cayenne), beiläufig 1800 oM. groß, mit 30.000 E. Die Colonie ist in einem vernachlässigten Zustande; nur ein geringer Theil ist augebaut, der größte Theil der Küste steht unter Wasser. Hauptprodulte sind Baumwolle, Pfeffer und Gewürznelken. Die befestigte Hauptstadt Cayenne (3000 E.) liegt auf einer mit Waldern und Sümpfen bedeckten Insel. Aus dem Festlande und einigen Küsteniuseln sind mehrere Detentionsplätze, welche meist ein tödtliches Klima haben. 2. Republik VcueMla (20.097 OM.; — 1,565.000 Einwohner). Im Westen zieht die Ostcvrdillere von Neu-Granada; im Südosten erhebt sich das Bcrgland von Sierra Parime, welches bis an das rechte Ufer des Orinoco heranreicht. Zwischen den beiden Hochlandschasten breitet sich die reichbewässerte Ebene des Orinoco aus, welche zwei Drittel des ganzen Staatsgebietes einnimmt. Der westliche und nördliche Theil der Ebene sind die Llanos des Orinoco; hie Wal- 266 bige Ebene nimmt den südöstlichen Theil ein; diese Urwälder hängen mit jenen am Amazonenstrome zusammen. — Das Land Hal großen Produkt enrcichthum, namentlich an Baumwolle, Tabak (Varinas), Zucker, Kasscc, Cacao, mehrere Droguen; dann Getreidearten, Südfrüchte u. a. m. Die Urwälder liefern vortreffliche Bau- nnd Farbehölzer. In den Llanos sind große Heerden halbwilder Pferde nnd Rinder, deren Zncht nebst dem Ackerbau die Hauptbeschäftigung der Bewohner bildet. Der Bergbau wird nur in geringem Grade betrieben; die industrielle Thätigkeit ist von keinem Belange; dagegen wächst der Handel. VenezuLla, ehemals ein Theil des „colnmbischen Bundesstaates", wird gegenwärtig in dreizehn Provinzen eingctheilt. Die ansehnlichsten Orte sind: Caracas (50.000 E.), Hauptstadt; Universität; mit dem befestigten Hafenplatze La Guari'a (15.000 E.); Puerto Caballo (8.000E.), wichtiger Handelsverkehr niit Hamburg und Bremen; — Ciudad Bolivar (früher Angustora, 5000E.), der bedeutendste Ort am Orinoco ; Aroa mit reichen Kupferminen; — Warin as (12.000 E.), wegen seines Tabaks berühmt. — Maracaibo (25.000 E.), am Kanal, welcher den gleichnamigen See mit dem Meere verbindet, mit Schiffswerfte nnd ansehn¬ lichem Seehandel. 3. Vereinigte Staaten von Columbia oder Ncu-Granüda (13.500 OM.; 2,810.000E.). Die Cordilleren von Neu-GranLda kennzeichnet die Gabelung in 3 Ketten, welche die Langenthaler des Magdalena- und Canca-Flusses einschließen. Im Norden münden diese Thäler in eine heiße Knlturebene, ans welcher sich das Massengebirge der Sierra de Santa Marta (bis 18.000') erhebt. Die Ost-Cordillere senkt sich zu den Ebenen am Orinoco nnd Maranon herab. Die Produkte des Landes find im Allgemeinen die bei den Nachbarstaaten ausgezählten. Groß ist der Reichthnm an Metallen. In den westlichen Anden und im Caucathale ist die Goldausbeute erheblich (jährlich etwa 18.000 Mark), dann Platina nnd Silber; in den östlichen sind reiche Smaragd- nnd Knpsergrnben. Hauptexport: Tabak, Chinarinde, Kaffee, Panamahüte, Cerealien, Hölzer, Gold u. a. m. Seit 1861 bestehen die „Vereinigten Staaten von Columbia" aus 9 Staaten und dem Föderaldistrikt Bogota. Panama, vormals zu Central-Amerika gehörig, hat sich diesem Staate angeschlossen. Die ansehnlichsten Orte sind: Bogota (oder Santa FL de Bogota, 50.000 E.), ans einer 8000' hohen Hochebene, hat rauhes, feuchtes Klima, häufig Erdbeben; Muza und Somon- doco mit den reichsten Smaragdgrnben der Erde; Antioquia (18.000 E.), in goldreicher Gegend, umgeben von Mais-, Zucker- nnd Pisangpflanznngen; — Pam¬ plona nnd Moniquira haben reiche Kupferminen; — am Canca bei Cali uud Jscnande sind Platinaminen; bei Barbacoas bedeutende Goldwäschereien, bei Zipaqnire ein großes Salzbergwerk. Der wichtigste Handelsplatz ist Carta- g e n a (28.000 E.), auf einer sandigen Insel, ist befestigt, hat ein höchst ungesundes Klima. Seestädte: La Hache nnd Sabarilla. Panama (SOOO E ). Im I. 1855 ist eine Eisenbahn über den Isthmus von Panama eröffnet worden. Sie verbindet die Stadt As Pinwall (auf der Kvrallen- insel Manzanillo im Karaibischen Meere) mit der Stadt Panama (am gleichnamigen Golfe); die Fahrt bauert 3—4 Stunden. — Die Perlen-Inseln nn Golf von Panama sind wegen der Perlenfischern von Bedeutung. — Die Küstengegcnden sind sehr ungesund (gelbes Fieber). IX. Der tropische Süden oon Süd-Amerikli. 1. Republik Ecuador (13.421 LIM., au 1,040.000 E., worunter viele Indianer). Der kleinere Westtheil des Landes ist Hochgebirgsland, der viel größere Osttheil gehört zur wasser- und waldreichen Tiefebene des Maranon. Die Cordilleren von Ecnadür oder Quito durchziehen in 2 Ketten, welche Hochthälcr und Platcanx cin- schließcn, das Land. Am berühmtesten ist das durch ein herrliche« Klima, einen fast immerwährenden Frühling, die üppige Begetation nnd dichte Bevölkerung ausge¬ zeichnete, leider aber auch Erdbeben nnd vulkanischen Ausbrüchen ausgesetzte Hoch¬ plateau von Quito (8500'). Die Cordilleren erreichen in Ecuadür die größte 267 Masseilerhebung; hier ragen die Riesenspitzen und Bnlkane in der Westkelte: Aliniza (16.3000, Pichincha (14.950') und Chimborazo (20.150'), — in der Ost- ketle: Cotopaxi (17.7000, Antisana (17.960') und der Cayambe (184200 emvor. Der Maranon bildet ans einer langen Strecke die Grenze zwischen Ecuadür und Peru, und nimmt in der östlichen Tiefebene Eenaddrs zahlreiche Flusse aus, darunter die bedeutendsten Napo und Putu majo. — Die Naturprodukte sind wie in Neu-Granada.^ Ans dem Hochplateau von Quito werden Ackerbau und Viehzucht ausgedehnt betrieben; zudem ist die Cochenille-Zucht von Bedeutung und ein vor¬ zügliches Waldprodukt die Chinarinde. Aus dem Mineralreiche gewinnt mau Gold, Silber, Quecksilber, Schwefel, Smaragde u. a. Die Industrie, besonders in Webewaaren, ist im Steigen; dergleichen der Handel. Zur Ausfuhr kommen Maulthiere und Rinder, getrocknetes Rindfleisch, Bntter und Käse, Wachs, Getreide, Salz, Chinarinde, Cacao, Tabak, Baumwolle u. a. « Die politische Eintheilnng des Landes ist in drei Departimentos; ansehn¬ liche Orte sind: Quito (76.000 E.) am Fuße des Pichincha, an 9000' hoch, mit fortwährendem Frühling (die Temperatur schwankt nur zwischen -s- 11und -s-13" li.); zu beide» Seiten von! riesigen Schneebergcn umgeben, eine der schönsten Aussichten aus der Erde. Die Stadt gehört zu den prachtvollsten; der Palast der Republik, das frühere Jesniten-Colleginm und das Franziskanerkloster gehören zu den größten und schönsten Gebäuden der Erde. Stark besuchte Universität. In dem reizenden Thale wechseln Citronenhaine, Obstgärten, Saatfelder und Weiden. Lebhafte Industrie in Webe¬ waaren und reger Handelsverkehr mit der bedeutendsten Seestadt des Landes, Guayaquil (22.000 E.); Riobamba, in der Nähe des Chimborazo, hat reiche Schweselgrnben; — bei Loxa (10.0)0 E.), große Cinchona-Wälder mit der besten Chinarinde; — Cuenca (25.000 E.), liefert Baumwolle, Panamahüte und Confitnren. 2. Republik Pern (24.000 OMeilen, — über 2V? Millionen Einwohner, darunter fast I Million Indianer). Die Cordilleren von Peru, mit den höchsten über 20.000' emporragenden Berggipfeln, schließen mehrere Hochebenen ein, unter denen jene des Titikaka-Sees die größte ist Die peruanischen Anden (zwischen den Knoten von Cuzco und Loxa) bestehen ans zwei Abtheilungen: der kleinere südliche Theil be¬ grenzt das Quellenland des Ucayali; der nördliche besteht ans drei Parallelketten, von denen die zwei westlichen das Hochthal des Maranon einschließen, die östliche aber das Parallelthal des Huallaga begrenzt. Nnr ein kleiner Theil des Landes gehört zum Tieflande des Maranon. — Unter den Produkten des Landes ist der Reichthum an edlen Metallen sprichwörtlich geworden. Pern war ehemals das erste Goldland der Erde und in Silber nur von Mexiko übertroffen; die Silber¬ minen von Potosi gaben die ausgiebigsten Silbererze, die Goldgruben von Lapaz das feinste Gold in Stufen. Außerdem gibt es Platina, viel Quecksilber, Kupfer und Zinn, Salpeter in außerordentlicher Menge; endlich Steinkohlen und Salz. Die jährliche Goldausbeute wird jetzt nnr auf etwa 1000 Mark und die des Silbers mit 220.000 Mark geschätzt. DaS Pflanzenreich entfaltet sich am reichsten in den fruchtbaren, gut angebanten Hochthälern; gebaut werden liebst Getreide auch Baum¬ wolle, Kaffee, Zucker, Indigo, Arzneipflanzen, Nutz- und Farbchölzer. Unter den Thi cren werden Lama und Alpaca wegen der feinen Wolle ans den Hochebenen in großen Hecrden gehalten; auch die Zucht der Schafe ist im Steigen. Eine wichtige EinnahmSqnelle ist der in ungeheuren Massen ans den Gestade-Inseln verkommende Gnano (Vogeldünger). Die erwähnten Produkte kommen in großer Menge in den Handel, der sich überwiegend in den Händen der Engländer befindet. Wichtigere Städte sind: Lima (IIOOOO E.s, 1'/, Meilen von der Küste entfernt, mittelst Eisenbahn mit der wichtigsten Hafenstadt des Lande«, Callao (10.000 E.l, verbunden. Die be¬ festigte Hauptstadt Lima hat außerordentlich reiche Kirchen, die älteste nnd berühmteste Universität Amerikas, viele wissenschaftliche Anstalten. Wichtige Industrie in Wolle nnd Baumwolle, Gold- nnd Silberwaaren, Leder, GlaS; ansgebreiteter Handel. Bergstädle sind: Hnanca Belica, Gold-, Silber- nnd die reichsten Quecksilber- Gruben der Erbe; — Pasco, Lanricvcha nnd Tarma, Silbergruben (letztere Stabt liefert monatlich für V, Million Dollars Silber). — Arequiba (40.000 E.), die zweitgrößte, industriellste Stadt mit ansgebreitetem Handel. 2. Republik Bolivia (24.000 c M., 1,987.000 Einwohner, darimler 1"/' Mill. Weiße). Im Gebirgsknoten von Potosi spalten sich die Anden in zwei Ketten, deren östliche 268 mit den hohen Schuecgipfeln des Illimani, Nevada de Sorata in a. das Plateau von Bolivia begrenzt. Das Gcbirgsland senkt sich ostwärts zu den Ebenen des Maranou und des Rio de la Plata; an der Küste des Oceans breitet sich die regenlose Wüste Atacama aus. Die zahlreichen Flüsse ergießen sich theils in den Maranon, thcils in den La Plata; der wichtigste Nebenfluß des ersten ist der Madeira, des zweiten der Pulcomajo. — Die Bodeuprodukte sind ziemlich die gleichen wie in Perü; das Nämliche gilt von der Viehzucht und den thierischen Produkten. Am wichtigsten ist der Bergbau, insbesondere die Silberminen zu Potosi und Chuquisaca, die Goldlager von Curabaya; auch die Gewinnung von Kupfer, Zinn, Eisen, Salpeter, Schwefel u. s. w. ist bedeutend. Die Industrie ist von keinem Belange; dagegen ist der Handel zunehmend. Bolivia hat den einzigen schwer zugänglichen Seehafen Cobija und exportirt durch die peruanischen Häfen. Gegen¬ stände des Exportes sind die erwähnten Landcsprodukte. Der auswärtige Verkehr wird zumeist von Engländern, Amerikanern und Franzosen betrieben. Wichtigere Orte sind: Lhuquisaca (24.000 E.), auf einer Hochebene, Hauptstadt; die bedeutendste Industriestadt ist La Paz (76.000 E.), auf dem inneren Titikaka-Plateau; — die wichtigste Bergstadt Potosi (23.000 E.), über 12.000' über der Mcercsfläche ge¬ legen; — Cochabamba (41.000 E.), mit starkem Getreidebau. i - X. Das Kmferchnnl Brasilien. 147.600 ^Meilen. — 8 Millionen Einwohner (über 5 Millionen freie (darunter 1.^ Mill. Weißes, 2'/- Negersklaven, 7- Mill, wilde Indianer). Vorherrschend ist die römisch-katholische Kirche. — Grenzen? Beinahe der Gesammtfläche Brasiliens ist Bergland, über sind Ebenen. Das Bergland, zwischen der Küstenebene und den Ebenen des Maranon und des 8a Plata, besteht aus Plateauflächen, aus welchen sich mehrere der Küste fast parallel ziehende Bergketten erheben, unter denen die Küstenkette (Serra do Mar), die Centralkette (Serra do Villa Rica) und die Wasserscheidekette (Serra dos Verteiltes) die bedeutendsten sind. Diese Ketten sind durch breite Langenthaler von einander geschieden und durch Querketten wieder mehrfach verbunden. Zwischen dem brasilianischen Hoch¬ lande und der Sierra Parime dehnt sich das ungeheure Becken des Maranon aus, dessen Nebenbecken die Tiefebenen des Orinoco und des 8a Plata sind. Die schmale Küsten ebene ist vielfach eingeschnitten und hat mehrere gute Häfen. — Unter den Flüssen nimmt der Maranon den ersten Rang ein (siehe S. 36); er nimmt über 100 schiffbare Flüsse auf, darunter die bedeutendsten (rechts): Ucahali, Purns, Madeira, Ta- pajoz, Xingu, Tocantin; — (links): Japure (oder Caqueta), Rio Negro (mit dem Cassiquiare). — In den atlantischen Ocean ergießen sich ferners: der Paranahhba und San Francisco. — Der Parana, mit seinen Nebenflüssen Paraguay und Uruguay, hat gleichfalls im brasilianischen Berglande seine Quellen. — Unter den vielen Seen sind der Pa tos und Mirim die größten. — Das Klima ist ziemlich gleichmäßig, ein meist gesundes und angenehmes Tropenklima. Charakteristisch sind die zwei Jahres- zeitein die nasse mit der größten Hitze, furchtbaren Gewittern und starkem Regen vom November bis März; die trockene, kühlere vom April bis October (Rio de Janeiro hat eine Mittel-Temperatur von -s- 18" R.). Brasilien wird in 20 Provinzen eingetheilt: 16 davon sind Küstenkandfchasten und 4 Binnenprovinzen. Die wichtigsten Orte sind: ir. In den Kiisteiiprovinzcn. Rio de Janeiro (300'000 E-), Haupt- und Residenzstadt des Kaiserreiches, mit 269 einem der schönsten Häsen der Erbe; befestigt durch mehrere Forts. Die erste In¬ dustrie- und Handelsstadt Brasiliens, und einer der wichtigsten Handelsplätze Amerikas. Die Neustadt ist schön und regelmäßig gebaut. — Universität, Sternwarte, botanischer Garten, viele Spezialschulen, Bank; Diainaiitenschleifcreicn, Juwelierarbeiten, Hücker-, Baumwvll. und Segeltuch-Fabriken, große Siedereien von Wallfischthran. Mittel¬ punkt des siidameritanischen Handels, der besonders von englischen, deutschen und srauzösischeu Kaufleuten betrieben wird. Charakteristisch für das produktenreiche Land ist besonders der Viktualienmarkt zu Rio. — Vielseitige Dampsschiffahrtsverbindungeu. Die Umgebung ist überaus reizend, gut angebaut und mit vielen Landhäusern bedeckt. — Boa Vista ist der gewöhnliche kaiserliche Landsitz. — Bahia (oder San Salvador, 150.000 E.), an der herrlichen Allerheiligen-Bai in gesunder und schöner Lage; die zweite Handelsstadt des Reiches; große Schifsswerfte, Industrie in Zucker, Baumwolle, Tabak; mehrere wissenschaftliche und Humanitäts-Anstalten. — Pernambuco (80.000 E.), dritte Hafen- und Handelsstadt Brasiliens; wichtiger Handel mit Ostindien, Europa und Afrika; viele englische und holländische Handels¬ häuser. Ausfuhr des Brrsilieuholzes. — Park (an der Mündung des ParL); Pa.rauahyba, Hafenplätze mit ansehnlichem Export. In Porto Segnro landete Cabral, der Entdecker der Küste von Brasilien (im I. 1500). San Paulo (30.000E.), in fruchtbarer gesunder Gegend; ansehnliche Industrie. „Die „Paulistcn" zeichnen sich durch Thätigkeit, Unternehmungsgeist und Kühnheit aus. Bei St. Francisco eine aufblühende deutsche Colonie mit dem Hauptort Sau Leo Poldo. U. In den Bimlcitproviuzcn.' Ouro Preto (früher Villa rica, 15.000 Einw.), Hauptstadt des Diamanteu- uud Goldbezirkes. Villa Boa (oder Gohaz) mit reichen Goldwäschereien. Cuyabü (10.000 E-), in dem gleichnamigen berühmten Bergwerksdistrikte. Knlturbitd. Brasilien, eines der größten Reiche, ist durch Fülle und Mannig¬ faltigkeit der Naturprodukte so ausgezeichnet, wie wenige Länder der Erde. Das Tropenklima und der außerordentliche Wasserreichthum bedingen eine Fülle der Pflanzen- und Thierwelt, die nicht leicht anderswo vorkömmt. Allein fast über 100.000 ^Meilen des Landes befinden sich noch im Natur¬ zustände, und höchstens drei Prozent sind wirklich angebautes Land. Hierher gehören zunächst die Küstenlandschaften; im Innern nur die für den Bergbau bedeutenderen Gegenden mit der dichteren Bevölkerung. Brasilien hat die reichste Flora der Erde; es ist gleichwie eines der ersten Plantagen¬ länder auch eines der ersten Minenländer. In größter Menge werden Kaffee, Zucker, Baumwolle, Tabak, Cacao und Reis gebaut. Auch mit Thee- pflanzungen hat man begonnen; ferner gedeihen vorzüglich Palmen, Bananen, Gewürze, Balsame und Arzneipflanzen. Die ausgedehntesten Wälder bieten Bau- und Farbehölzer (Brasil-, Gelbholz u. a.) in unberechenbarer Menge. Die üppigen Weiden und die Menge der Futterkräuter begünstigen die Vieh¬ zucht. Den ersten Rang in der Urproduktion nehmen jedoch Edelsteine und Metalle ein, namentlich ist es das reichste Diamantenland. Außer Diamanten und Gold (jährl. nur an 1500 Mark) findet man auch andere Edelsteine und Metalle. Von Industrie im europäischen Sinne ist kaum die Rede. Mit Ausnahme der bedeutenden Städte fehlen selbst die gewöhn¬ lichsten Handwerke. In neuerer Zeit verarbeitet man Baumwolle, Leder, Zucker u. dgl.; iu Bijouteriewaaren sind erheblichere Fortschritte gemacht wor¬ den. Der Handel im Innern wird zwar durch die vielen schiffbaren Flüsse erleichtert, welche zum Theil mit Dampfschiffen befahren werden (der Mara- non, Rio Negro und Tocantin); allein es herrscht großer Mangel an Fahr¬ straßen, und er wird deßhalb vielfach mittelst Maulthier-Karawanen auf den schlechten Wegen betrieben. Gegenwärtig sind 5 Eisenbahnen theilS voll¬ endet, theils noch im Ban, zwischen Rio und der Provinz Minas Geraes, 270 von Bahia nach Permanbnco u. s. w. Die Ausfuhr ist am stärksten nach der Union, England und Hamburg; der Hauptartikel ist Kaffee. Bei der Einfuhr sind am stärksten England und dessen Colonien vertreten, und der größte Betrag entfiel auf Baumwollwaaren. — Für die geistige Bil¬ dung des Volkes ist leider noch zu wenig geschehen; Volksschulen sind ver- hältnißmäßig Wenige und schwach besucht (1 Schüler auf 100 Einwohner im Jahre 1856, — 1460 Schulen mit 82.500 Schülern). Doch zeigt sich anch in dieser Beziehung in neuester Zeit ein beharrlicher Fortschritt. XI. Der außertropische Süden von Süd-Amerika. 1. Republik Chile (spr. Tschile; 52300 Meil. 1,560.000 E.; nur etwa 150.000 Weiße, Mill. Neger, die übrigen Mischlinge und Indianer). Chile ist ein 20 bis 40 Meilen breiter Küstenstrich, welcher sich längs des großen Oceaus ausdehnt. Die Ostgrenze bildet der Kamm der ein- kettigen Süd-Anden, reich an Schneebergen (Aconcagua über 21.000", der höchste Berg Amerikas), Vulkanen und Metallen. Von den Anden ergießen sich zahlreiche Küsteuslüsse in den Ocean. Im Norden des Flusses Coquimbo ist die Wüste Atacama; der südliche Theil ist malerisch schön, gut ange¬ baut, eines der schönsten Länder der Erde. Das „südamerikanische Italien" bringt Südfrüchte, Oliven, Wein, Obst, Tabak, Hanf und Flachs in vor¬ züglicher Güte und reicher Fülle hervor. Der Getreidebau liefert für den Export. Der Vieh stand ist außerordentlich groß; vorzüglich zahlreich sind Rinder und Pferde. Unter den Metallen kommt Kupfer am meisten vor, dann auch Gold (etwa 4500 Mark) und Silber (an 200.000 Mark), Eisen, Blei, Steinkohlen n. s. w. Die Industrie ist noch geringe; grobes Wollen¬ tuch, kupferne und irdene Maaren sind die namhaftesten Erzeugnisse. Der Seehandel ist verhältnißmäßig bedeutend; er concentrirt sich in Valpa¬ raiso. Zum Export kommen: Mehl, Getreide, Kupfer, Silber, Wolle, Häute, Holz, Talg. Zur Förderung des inneren Verkehrs sind Eisenbahnen von Sautjago aus eröffnet. Chile ist der bcstgeordiiete Staat unter den südamerikanischen Republiken; die Bewohner sind gastfreundlich, von einfachen Sitten, fleißige Landwirthe. Nur im äußersten Süden (Arancania) wohnen unabhängige Indianer (Araucaner), welche Ackerbau und Viehzucht treiben und zum Theil schon civilisirt sind. Die ansehnlichsten Orte sind: Santjagv (100.000 E.), in fruchtbarer wein¬ reicher Ebene, eine freundliche, regelmäßig gebaute Stadt, mit einer Universität und guten Schulen. Nördlich davon liegen das bedeutendste Kupferwcrk Quillotc und die Goldgruben von Pctorca; — Valparaiso (70.000 E.), eine rasch ausblühende Handelsstadt, einer der bedeutendsten Hafcuplätze an der Südsec, befestigt; wichtige Station für die um das Kap Horn fahrenden Schiffe; — Valdivia (10.000 E-), einer der besten Häfen mit starken Festungswerken; in der Provinz Valdivia (und im Territorium von Llanquihue) befinden sich mehrere deutsche Ansiedlungen. Die Insel C h i l v e ist fruchtbar, allein schwach bevölkert. Die Juan-Fer¬ nandez-Inseln sind fruchtbar und genießen ein herrliches Klima. 2- Argentina (oder: „die vereinigten Staaten des Rio de la Plata"; — 25.530 ^Meilen, 1,860.000 Einwohner*). *) Außerdem gehören zum Territorium der Consöderativn der Distrikt Grau Chaco mit 6667 t-M. und beiläufig 100.000 freien Indianern, und die südliche Wüste bis zum Rio negro mit 8967 cM. 271 An der Westgrenze zieht sich die Andenkette von Chile. Am Fuße der Bergland¬ schaft dehnen sich die ungeheueren, baumlosen Grasfluren oder Pampas des Rio de la Plata aus. Im Westen gehen die Pampas in das Plateau der Salzsiimpfe mit Salzseen über. An den Flüssen ist der Boden sehr fruchtbar, aber häufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt. — Der Hauptfluß ist der Parana (an der Mün¬ dung Rio de la Plata genannt), mit Anschwellungen und Ueberschwemmungen im Juni und December. Er nimmt (rechts) den Grenzfluß Paraguay (bei Co- rientes) und (links) den Grenzfluß Uruguay (im Mündungsgebiete) ans. Ferners fließen dem Atlantik der Colorado und der Grenzfluß (gegen Patagonien) Negro zu. Viele Flüsse ergießen sich im Innern in Salzseen. — Der Ackerbau ist noch sehr vernachlässigt; bedeutender ist die Viehzucht, vorzüglich in den Pampas, wo ungeheure Heerde» von Rindvieh und Pferden im halbwilden Zustande weiden, welche den Hauptreichthum des Landes bilden. Der Bergbau ist unbedeutend, desgleichen die gewerbliche Thätigkcit. Dagegen ist der Handel in der Zunahme, welcher nach den überseeischen Ländern über Buenos-Ayres vermittelt wird. Zum Export ge¬ langen Häute, Hörner, Wolle, Talg, gesalzenes Fleisch u. a. m. Die Conföderation besteht aus vierzehn Staaten. Ansehnlichere Orte sind: Pa rank (15.000 E.), Hauptstadt der Couföderation; der bedeutendste Handels¬ platz ist Gualeguaychu (10.000 E.), mit vielen europäischen Kaufleuten. Cor¬ dova als Handelsplatz für Tuch-und Wollenzeugmanufacturen; Salta als bedeu¬ tendster Viehmarkt, Catamarka mit vorzüglichen Baumwollpflanzuugcn, Mendoza mit trefflichem Weinbau (am 20 März 1861 durch ein Erdbeben fast gänzlich zer¬ stört). Nördlich davon liegen die reichen Silberminen von U spal ata. Buenos- Ayres (sammt den Vorstädten über 122.000 E.), am rechten Ufer des hier acht Meilen breiten La Plata. Der LanduugSplatz ist sehr seicht. Der Land- nnd See- Handel ist sehr bedeutend. Die Stadl dient als Stapelplatz für das ganze Innere von SüdamerikaZBrasilien ausgenommen), und führt Thierhänte, Hörner, Talg in ungeheurer Menge ans. Der Hauptverkehr geht nach England, dem Unionslande und den westeuropäischen Staaten. Binnenstraßen verbinden die wichtigeren Städte. 3. Republik Uruguay (oder Banda oriental, auch Montevideo genannt, 4800 ^Meilen, 350.000 E.). Aus Brasilien streichen Gebirge in das Land, zwischen denen sich die weite Ebene des Rio negro ausbreitet; im Westen und Süden ist cs eine flache, baumlose, gewinnbringende Ebene mit vorzüglichen Weideplätzen. Zahlreiche Flüsse bewässern das Land, die bedeutendsten sind jedoch die Grenzflüsse, im Westen der Uruguay (mit dem Rio negro), im Süden der La Plata. — Mit Ausnahme einiger san¬ diger Küstenstriche ist der Boden fruchtbar, wird aber nur zur Viehzucht benutzt, besonders der Pferde und Rinder; rhierische Produkte bilden die wichtigsten Export¬ artikel. In Folge innerer Zerrüttung ist das Land in der Kultur sehr zurück. Ge¬ werbefleiß fehlt fast gänzlich. Die ansehnlichsten Orte sind: Montevideo (46.000 E.), am hohen User des La Plata; der Hasen ist geräumig, aber den West- und Südwestwindeu ausgesetzt, und wegen der geringen Tiefe können nur kleinere Fahrzeuge unmittelbar bei der Stadt anlegen. Der lebhafte Handel liegt vorzüglich in französischen Händen. — Am Ein¬ gänge des La Plata ist die feste Hafenstadt Maldonado (5000 E.); auch die stark befestigte Stadt Colonia del Sacramento hat einen guten Hafen. Uruguay besitzt die drei besten Häfen an der Mündung des La Plata und diesem Umstande verdankt der Staat eine große commerzielle Wichtigkeit. 4. Republik Paraguay (16.577 ^Meilen, 1,337.000 Einwohner, elwa 10 Perc. Weiße, sonst viele Indianer, zum Theil noch Heiden). Dieser Biuneustaat wird im Westen und Osten begrenzt von den Flüssen Paraguay und ParanL bis zu ihrer Vereinigung im Süden; die Nordgrenze ist noch vielfach unbestimmt. Der östliche Theil wird von Verzweigungen des brasilianischen Bcrg- landes durchzogen; der westliche ist Flachland, theilweisc sumpfig, den Ueberschwem- mnngen des Paraguay ausgesetzt. Der wichtigste Nahrungszweig ist der Ackerbau, obwohl er noch wenig für den Export prodncirl. Nebst Nahrungspslanzen werden auch Baumwolle, Zucker und Tabak gebaut; ausgedehnt sind die Pflanzungen von Paraguay-Thec (Mat6). An Nutzhölzern ist bei dem ausgedehnten Waldstande ein Ueberfluß. In der Viehzucht nehmen die Rinder- und Pferdeheerdcn den ersten Rang ein. Die Industrie ist auf sehr geringer Stufe; auch der Handel ist minder umfangreich, als er bei der günstigen Lage des Landes sein könnte. Exportirt werden Holz, Häute, Tabak, Paraguay-Thee. 272 Hauptort ist Asuncion (25.000 E), am Paraguay, der Stapelplatz für den gejammten auswärtigen Handel. In der Umgegend von Villa rica (0000 E.) wird der meiste Paraguay-Thee gesammelt. 5. Patagonien; — die siidaiücrikanischcn Inselgruppen und Siidpvlarläudcr. 1. Im Süden von Chile, Argentina und Buenos-Ayrcs dehn! sich bis zur Süd¬ spitze des Coutiiicutcs Patagonien mit einen,Flächenranme zwischen 16-bi« 18.600 OM. aus. Es zerfällt in zwei 'Theile. Im Westen ziehen sich die patagonischen Cordil- lereu, welche in der unteren Region mit reichen Waldungen (Buchen, Birken u. a.) bedeckt sind. Der Boden ist naß, das Klima milde und gleichförmig; aber fast be¬ ständig herrschen Regen und Nebel und ost brechen furchtbare Stürme aus. Der Küste sind zahlreiche Inselgruppen vorgelagert. — Nach Osten fallen die Anden zum baumlosen, an Seen, Sümpfen und Steppen reichen Tieflande herab. Im Norden sind ausgedehnte Viehweiden; nirgends findet sich ein regelmäßiger Anbau. Im Norden sind zahlreich Pferde und Rinder. Das Land bewohnen wilde und heidnische Jndianerstämme, Patagonier, welche in viele Stämme zerfallen. Sie ernähren sich von der Jagd, einige auch von der Viehzucht. Sie sind gewöhnlich S'/s, bis 6 Fuß hoch, gewandte Reiter und Jäger. An der Magelhaeus-Straße und deu süd¬ licheren Inseln wohnen die auf der niedersten Stufe der Kultur stehenden P es chcräh, die „Eskimos des Südens." Schiffe besuchen bisweilen wegen des Wallfisch- und Robbenfanges die Küsten Patagoniens. See-Elephanten nud Pinguine erscheinen in großer Menge an den Küsten. 2. Im Süden der Magelhaeus-Straße liegt der Feuerlands-Archipel. Die größte Insel ist das Feuerland; von dieser durch die Straße Le Maire getrennt, liegt südlich die Staaten-Jnsel; die Südspitze der südlichsten Fusel Hoorn ist das Kap Hoorn. Die Inseln sind meist bewaldet, vielfach morastig, das Klima kälter als unter gleicher Breite auf der nördlichen Halbkugel. Dieser armen Natur entspricht auch der Mensch. Die zu 2000 geschätzten kulturlosen Pescherähs leben hauptsächlich vom Fischfänge. — An 70 Meilen vom Ostcingange der Mazelhaens-Straße liegen die britischen Falklands-Inseln. Die zwei großen heißen West- und Ostfalkland. Die Inseln find gebirgig, wasserreich mit üppigem Graswuchs, reich an Heerden verwilderter Pferde, Rinder und Schweine. — Die Gruppen der Aurora-Jnselu, Süd-Georgien, das Sandwichland, die südlichen Orkaden, die Süd- Shetlands-Jnselu sind nackte Felseninselu ohne alle Vegetation. 3. Den Südpol scheint ein Continent oder eine Menge größerer und kleinerer Inseln zu umschließen; man bezeichnet die entdeckten Länderstriche mit dem plamen antarktischer Contiuent oder das Siidpolarland. -A u st r a li e 11*). (160.000 tNMeilen; 4 Mill. Einwohner.) i. Das Festland voll Australien und die britischen Colonien. Tlls Festland. Die horizontale Gliederung des Festlandes ist im Norden nnd Süden eine relativ geringe; dagegen ist sie im Südosten ungemein reich, und die große Menge von Buchten und Häfen ist ein Mittel¬ st Historische Itcbcrsicht der EiitdcckiNigcu. Der Anfang zur Entdeckung von Australien (anfänglich Süd-Indien, später Polynesien genannt) ward gemacht, nachdem Amerika und die Südsee den Europäern bekannt wurden. Die Portugiesen beanspruchen die Ehre der Entdeckung dieses Erdtheiles, da sie schon unter Magelhaens im Jahre l52k einen Theil dieser Inselwelt (die Niedrigen Inseln, die Marianen oder Ladronen, wo Magelhaens starb) nntcrsuchtcn. In, Jahre 1526 entdeckte der Portugiese Meneses Nen-Guinea; 1527 der Spanier Saavedra die Marschalls-Inseln; 1567 Mendana die Marquesas-, Salomons- und Königin Charlotten - Inseln. Torres und Quiros entdeckten 1606 Tahiti und die Nenen-Hebriden; auf dieser Reise wurde auch die nach Torres benannte Straße zwischen Neu-Holland und Neu-Guinea aufgefunden. Die 273 punkt für die Schiffahrt der Süd-Hemisphäre und der Colonisation geworden. Ueber die verticale Erhebung läßt sich wenig Bestimmtes sagen, indem über des Kontinents noch gänzlich unbekannt sind, und das von Europäern be¬ suchte Terrain noch nicht genau durchgeforscht ist. Im Allgemeinen scheint das Flachland vorzuherrschen; aus den Küstenlandschaften steigen isolirte Bergketten auf, die sich jedoch weder durch Mannigfaltigkeit noch durch Großartigkeit auszeichnen. -— Das Festland hat wenig beständig flie¬ ßende Gewässer; es ist der wasserärmste Erdtheil, dessen lehmiger Boden die atmosphärischen Niederschläge rasch einsaugt. Alle uns bekannten Flüsse Australiens bieten fast die gleichen Erscheinungen dar. (Siehe Seite 39.) — In Hinsicht des Klima unterscheidet man drei größere Regionen: das nörd¬ liche, ganz tropische Australien (von 11—2ö° s. Br.); — das mittlere subtropische, in der Südhälfte des Continentes; — das südlich gemä¬ ßigte (wozu Tasmania und Neu-Seeland gehören). Im tropischen Austra¬ lien ist die Witterung durch die Monsune bedingt; im subtropischen wech¬ seln die trockene und nasse Jahreszeit ab; oft herrscht große anhaltende Dürre, dabei heißer versengender Wind; nicht ein Grashalm ist zu sehen, erste Entdeckung des australischen Festlandes geschah durch eiu holläudisches Schiff, welches im Jahre 1606 die Ostkiiste des Carpentariagolfes erreichte. Alsbald wurde durch Holländer von Amboina aus eine Entdeckungsreise nach dem Kontinente Australien unternommen, der nun den Namen Reu-Holland erhielt. Der holländische General- Gouverneur Van Diemen sandte von Batavia eine neue Expedition unter Abel Ta sm an aus, welcher im Jahre 1642 Van-Diemensland (jetzt Tasmania), Neu-See¬ land und andere Inseln entdeckte. Auch der Engländer Dampier besuchte (1688 und 1699) Küstenstrecken von Neu-Holland, Neu-Guinea, sowie mehrere Inseln. Zur allge¬ meinen Kenntniß kam jedoch der größte Theil Australiens durch den berühmten englischen Seefahrer des 18. Jahrhunderts James Cook (spr. Dschäms Kuhk), durch dessen Reisen von 1768—1779 unter Mitwirkung seiner Begleiter, der Naturforscher Bauks und der beiden Forster, der große Ocean aus dem Dunkel hervortrat. Seitdem haben nicht nur russische, englische und französische Seefahrer (La Peyrouse 1786, Baudin 1801, Flinders 1802, Krusenstern 1803, Kotzebue 1815, 1818, King 1824, Legoarant 1827 u. a. m.), sondern auch christliche Missionäre und britische Ansiedler unsere Kenntniß von Australien bereichert. Die genauere Erforschung des Innern von Neu-Holland begann i. I. 1810 und wurde namentlich seit 1814 beharrlich fortgesetzt. Der deutsche Reisende Nr. Leichardt ist 1845 weiter als irgend einer seiner Vorgänger (Capitän Sturt nicht ausge¬ nommen) in das Innere vorgedrungen. Von seiner zweiten Expedition kehrte er leider nicht mehr zurück, und seit 1849 ist über ihn nichts mehr bekannt geworden. Die Expe¬ ditionen der letzten Jahre haben zwar wenig erhebliche praktische Resultate gebracht, sind aber höchst interessant und von wissenschaftlichem Wertste, namentlich die seit dem Jahre 1840 durch Ehre, From, besonders Sturt, dann Goyder, Freeling, Gregory, Mac Donell, Babbage, Stuart, Warburton unternommenen, zum Theile noch fortdauernden Entdeckungsreisen. Einer der bedeutendsten dieser Reisenden, Gregory, untersuchte 1855 und 1856 das System des Victoria-River und gelangte bis 20" IW'm das Innere. Goyder und Freeling besuchten 1857 den Torrens-See; Hack drang in dem¬ selben Jahre vom Spencergolf nach Nordwesten und fand jenseits des Mount Strnt im südaustralischen Berglande ein wohlbewässertes, fruchtbares Weideland. Im Oktober 1857 brach von Sydney eine Expedition unter Spence nach dem Darling-River; im Februar 1858 eine andere unter Gregory zur Aufsuchung Leichardts auf. Im Jahre 1860 gelang es dem kühnsten und unermüdlichsten australischen Reisenden I. Mac Donall Stuart, dem Begleiter Sturts auf dessen berühmter, schreckensvoller Reise nach dem Innern (1844 — 1846), fast den ganzen Continent von Süd nach Nord zn durchkreuzen. Im August 1860 ist unter Burke von Melbourne aus eine abermalige große Expedition nach dem Innern anfgebrochen. Die Kenntnisse über Australien wachsen gegenwärtig von Jahr zu Jahr, und bald dürfte ein großer Theil der weißgelasscneu Fläche aus unseren Landkarten nicht mehr bestehen. Klun, Geographie 7. Aust. 18 274 Tausende von Schafen und Rindern gehen zu Grunde; — in Süd-Au¬ stralien ist daS Klima gemäßigt und wird trotz der außerordentlich schnellen Veränderung der Temperatur für sehr gesund gehalten. Der Pflanzcureichthum ist sehr groß. Eigentliche Urwälder findet inan nicht; die Bäume kommen meist in Gruppen vor. Zu den vorherr¬ schenden Pflanzen gehören die Gummi bäume, dann Akazien, Fichten, Cedern, das Mali-Strauchwerk, die Salzpflanze n. s. w. In Ost- und Südanstralien gedeihen die europäischen Obst- und Früchtesorten, Küchen¬ gewächse und Getreide. Der Weinbau wird in einigen Gegenden mit Erfolg betrieben. Mit Tabak, Baumwolle und Zucker sind Versuche gemacht worden; doch fehlt es noch vielfach an Arbeitskräften. Neu-Holland scheint in Bezug auf die Thicrwelt vielfach das „Land des Widerspruches" zu sein. Die Vögel zeichnen sich durch Farbenpracht aus; sehr zahlreich sind die Wasser- und Sumpfvögel. Große Vierfüßer und eigentliche Raubthiere gibt es in Australien nicht. Das merkwürdigste Säugethier ist das Kän¬ guruh und das kleine fliegende Beutelthier Walloby. Ungemein groß sind die Schaf- und Rindviehheerden in den englischen Besitzungen. Landplagen find der wilde australische Hund (Dingo), die Heuschrecken und die vielen Stechfliegen (Moskito's). Von den Sängethieren des Meeres findet sich vielleicht die Hälfte an den Küsten Australiens; dagegen besitzt das Land kaum den zwanzigsten Theil von Säugethieren des Landes. Die llrbcvölkcruug gehört zu den Austral-Negern (Negritos), einer Ver¬ mischung der malayischen mit der äthiopischen Race. Im Urzustände sind sie wild, schmutzig, heimtückisch und boshaft, abschreckend häßlich, mit tätowirtem Körper. Im Zustande äußerster Rohheit ziehen sie ohne feste Wohnsitze in kleinen Horden umher, die Befriedigung ihres Hungers ist fast ihr einziges Lebensziel; sie sind der Zivilisation unzugänglicher als irgend ein Volk der Erde. Die Versuche, sie für Ansässigkeit und Bodenkultur zu gewinnen, sowie die Versuche der christlichen Missionäre sind Lis jetzt vielfach gescheitert; sic verschwinden mehr und mehr aus den colonisirten Küstenländern und gehen in den öden Wüsten des Innern dem Untergange entgegen. — In ihrer Sprache herrscht unter den verschiedenen Stämmen eine große Verschiedenheit. — Desto stärker ist die Einwanderung aus Europa und Amerika, namentlich von Engländern, Deutschen, Franzosen und Chinesen Großbritannien nimmt die Herrschaft über das ganze continentale Australien in Anspruch; die administrativen und gerichtlichen Einrichtungen sind denen des Mut¬ terlandes nachgebildct. k. Die britischen Kolonien. l. Ncn-Snd-Wales (342.000 E.). Die Hauptnahrungszweige sind Ackerbau und Viehzucht, vor Allem Schafzucht. An industriellen Anstalten ist nur Sydney ziemlich reich, es besitzt Eisengießereien, Maschinenfabriken, Schmelzhütten, Bier¬ brauereien, Zuckersiedereien, Gerbereien, viele Mühlen, eine geräumige Werste, drei Docks u. a. m. Der Handel der Kolonie ist stets im Wachsen. Den größten Werth repräsentiren in der Einfuhr: Brod und Mehl, Spirituosen, Zucker, Bier, Thee, Tabak; in der Ausfuhr: Wolle, Schafe, Baumwollwaaren und Gold. Der größte Verkehr ist mit England und den jüngeren Kolonien. Sydney (spr. Sidni, 70.000 E.), auf der kleinen Halbinsel zwischen Port Jack¬ son (spr. Dschäks'n) und Botauy-Bai; die erste australische Handelsstadt, Mittelpunkt der Dampfschifsahrt und des Wallfischfanges im Süden, mit ansehnlicher Gewerbs- thätigkeit, großen Gebäuden, Universität, Sternwarte, botanischem Garten, überhaupt im europäischen Geschmacke gebaut und eingerichtet. Eine Eisenbahn führt nach Paramatta, von da nach Liverpool, Campbell-Towu und Goulbourne, in der Mitte großer Schäfereien gelegen. Eine Telegraphenlinie zwischen Sydney und Mel¬ bourne, und von da nach Adelaide und Tasmania; der Postwagen fährt über Penrith und Bathurst. — Paramatta (12.000 Eo, an der Mündung des gleich¬ namigen Flusses in den Jackson; — Bathurst (spr. Bäds'ört, 6000 E.», am 275 Macguarieflusse, Mittelpunkt reicher Land- und Viehwirthschaft sowie des bedeutendsten Goldbezirkes der Kolonie; — am Hunter im Kohlendistrikte sind die aufblühenden, mittelst Eisenbahn verbundenen Städte Newcastle (spr. Njukass'l) und Maitland tspr. Mehtläud); Ophir im Golddistrikte. 2. Qncen'sland (spr. Kwinsländ) an der Moreton-Bai, mit 26.300 ^M. und an 50.000 Einwohner (darunter an 35.000 Weiße), wurde im April 1859 von Neu- Süd - Wales getrennt nnd zu einer selbstständigen Kolonie mit dem Hauptorte Brisbane (6000 E.) erhoben. Die Stadt ist bedeutend durch den Verkehr mit Sydney in Holz nnd Wolle. Z. Victoria, früher „das glückliche Australien." Bor 20 Jahren war die Be¬ völkerung kaum einige Tausend Köpfe stark, jetzt beträgt sie über V2 Mill. Hier ist das Land der Goldgräber, deren Zahl gegenwärtig über hunderttausend be¬ trägt nnd stets noch wächst. Die Goldgräber haben jedoch auch Ackerbauer, Vieh¬ züchter, Handwerker und Kaufleute nach sich gezogen. Für den Erlaubnisschein zahlt der Goldgräber monatlich IO Schillinge (5 fl.) an die Regierung; dafür kann er Löcher graben, so viele als er will, aber keines größer als 12 sZP. Vom Jahre 1851 bis Ende I8S7 wurden aus Victoria 17,831.334 Unzen Gold, im Werthe von über 175 Mill. Gulden ausgeführt. Nächst Gold ist bedeutend die Ausfuhr an Wolle. Der Handel ist ungemein im Steigen. Fast der Gesammtverkehr findet mit Eng¬ land und den Kolonien statt. Anch die Zahl der industriellen Etablissements mehrt sich fortwährend. Melbourne (sp. Mel'börn, im März 1859 über 89.000 E., jetzt an 125.000 E.), ungemein rasch aufblühende Hauptstadt in sehr fruchtbarer Gegend, wichtiger Handels¬ platz, insbesondere Ausfuhr von Wolle, Gold und Wein; mit allem europäischen Luxus, zahlreichen gelehrten und Handelsanstalteu, großem botanischen und zoolo¬ gischen Garten; Post- und Telegraphenvcrbindung mit Sydney und Adelaide, unter¬ seeischer Telegraph nach Launceston auf Tasmania, Eisenbahn nach den Golddistritten von Sandhurst, Dampfschifsahrt n. s. w. — Williamstown (sp. Niljäms'- tauu, 5000 E.), Hafenplatz von Melbourne am Port Philipp; — Greclong, (an 30.000 E), vom reichsten Ackerbaudistrikte umgeben und Hauptstapelplatz für die zahlreichen Wollenstationen der Kolonie. Im Osten liegen die fruchtbaren Küstenebenen des „Gipslandes" mit dem Hauptorte Alberton; Goldstädte sind: Ballaret (22.000 E.), Bendigo, Sandhurst, Forest Creck. 4. Süd - Australien (über 14.800 deutsche ^Meilen, über 127.000 Einwohner, darunter au 3000 Eingeborne; die Deutschen bilden nahezu V, der Gesammt- bevölkerung). Die Kolonie zeichnet sich besonders durch ihre Bergwerke auf Kupfer und Blei aus. Der Hafen zur Verschiffung der Kupfererze ist Port Henry. Auch die Blei- nnd Silberbergwerke sind von Bedeutung. Der Ackerbau wird sehr stark, namentlich von den Deutschen, betrieben. Weizen bildet die Hauptfruchl, und die Mehlausfuhr belief sich schon im Jahre 1857 über 580.000 Centner. Uuwr den 70 Getreidemühlen werden 63 mit Dampfkraft betrieben. Ohne je gedüngt zu werden, hat der Boden noch nie eine eigentliche Mißernte geliefert; erst jedes dritte Jahr wird der Acker ordentlich umgepflügt und besäet. Die Viehzucht ist in Aufnahme; desgleichen mehren sich die industriellen Unternehmungen. Zum Export gelangen Wolle, Mehl, Kupfer und andere Metalle. Ansehnliche Orte sind: Adelaide (35.000 E.), nahe der Mündung des Torrens in den St. Vincent-Golf, schön gebaut, mit mehreren Schulen (auch eine deutsche höhere Bürgerschule), Haupthandelsplatz der Kolonie. Zum Hafen Port Adelaide führt eine Eisenbahn, wo sich das Zollhaus, eine Schiffswerfte, Waaren- magazine n. s. w. befinden. Ueberdieß noch mehrere Hafenstädte. Am Siidende des Golfes St. Vincent liegt die Insel Känguruh. Viele Känguruhs. 5. West-Australien (2100 ^Meilen, 16.000 Einwohner). Das große westliche Küstenland besteht größtentheils aus sandigem Flachlaube oder steilen Dünen, hat weder gute Häfen noch große Flüsse, nnd ist zur Colonisation minder geeignet. An gutem Weideland fehlt es nicht, auch gibt es einige Striche guten Ackerlandes, sowie mau Spuren von Metallreichthnm findet. Hanptort ist Perth (3000 E.) am Schwanenflug mit einigem Handel, der sich jedoch mehr in der Hafenstadt Fr e e- mantle (sp. Frihmäntl, 3000 E ), an der Mündung des Schwanenflusses, conccutrirt. In den Jahren 1824 und 1826 ist eine Ansiedlung au der äußersten Spitze der Nordwcstküste gegründet worden; allein die Niederlassungen auf den Inseln Mel¬ ville und Bathurst mußten aufgelassen werden. — Im Jahre 1831 wurde östlich 276 von Melville auf der Halbinsel Coburg der Ort Victoria am Port Essington begründet; aber auch diese vereinsamte Station wurde später aufgegeben. 6. Tasmania*), eine britische Insel, durch die Baß-Straße von der Südspitze des australischen Coutinentes getrennt. Die Häfen der Südvstküste gehören zu den besten der Erde. Die Oberfläche zeigt einen Wechsel von rauhen Gebirgslandern und reich bewässerten, fruchtbaren Hochebenen Die Form des Flachlandes fehlt. Das Klima ist ähnlich dem von Süddeutschland, obgleich mehr dem Wechsel unterworfen. Die Vegetation ist viel frischer und üppiger als auf dem Festlande. Die Viehzucht istfsehr im Zunehmen. An Mineralien findet man Eisen, Kupfer, Blei, Silber, Gold und Steinkohlen. Die Ausfuhr umsaßt Bauholz, Schafwolle, Getreide, Wallfisch- thran, Seehundsfelle u. s. w. Im Jahre 1858 war die Bevölkerung schon über 84.(100 E. und hatte wahrscheinlich keine Eiugeboruen mehr. Ansehnlichere Orte sind: Hobarton (oder Hobarttown, 20.000 E.), die modern gebaute Hauptstadt, am Fuße des Tafelberges und am Derwent, nicht weit von dessen Mllduug in die Stnrmbai; der Hafen ist sehr günstig für die Wallfisch- und Seehundsfänger der Südsee. Außer mehreren Thranbrennereien gibt cs hier Bier¬ brauereien, eine große Tuchfabrik n. a.; Launceston (8000 E.), Biunenstadt am Tamar, Stapelplatz für den Nordtheil der Insel. In der Baß-Straße sind die Inseln Stationsplätze für den Walisisch- und Robbenfang. 7. Neu-Seeland, eine Doppelinsel, gehört den Briten. . Die Nordinsel ist durch die Cooks-Straße von der Südinsel getrennt; im Süden der letzten liegt die Stewart- (sp. Stjuh'örd) Insel. Die Gesammt- bevölkerung wird auf etwa 200.000 E., darunter die europäische auf 50.000 E. (im Jahre 1858) angegeben. — Die Nordinsel ist theils niedere Hochebene, theils ein von Flüssen zerschnittenes Längengebirge, mit schneebedeckten Bergrücken. Von den zahlreichen Vulkanen (I)r. Hochstetter fand deren über 60) ist (außer dem Tongariro) keiner thätig; dagegen gibt es eine Menge Solfataren, Dampfhöhlen, Seen mit heißem Wasser und heiße Quellen. Hauptort ist Aukland (10.000 E.) mit dem Sitze der Regierung, sehr gutem Hafen nud lebhaftem Seehaudel. — Die Süd- insel hat fruchtbare Thäler und grasreiche Ebenen bis an das Bergland im Innern, aus welchem sich schneebedeckte Gipfel erheben. Die höchst eigenthümliche VeHetation weiset indische, australische und südamerikanische Pflanzen auf. Der neuseeländische Flachs ist berühmt. Europäische Kulturpflanzen gedeihen vortrefflich. Landthiere sind reich vertreten; der Fischfang ist äußerst ergiebig. Auch an Mineralien ist Ren- Seeland reich. Orte sind: Nelson (9000 E.); Canterbury (7000 E.), an der Ostküste, starke Ausfuhr von Wolle. Auch die Stewartinsel ist bewohnt und reich an Borstenvieh und Geflügel. Englisch sind ferner« mehrere unbewohnte Stations- Plätze für Wallfisch- und Robbenfänger. ii. Die Australischen Inseln. L. Der innere Jnselgürtel. 1. Das französische Gouvernement Ncu-Caledonien mit der gleichnamigen Insel und dem Hafen Balade (Porte de France), dann den Lvyalty- (spr. Leuälti) Inseln, von Menschenfressern (Papuas) bewohnt. Auf den Loyalty-Juseln waren Götzen¬ dienst und Menschenfresserei im Jahre 1855 schon ansgerottet. 2. Die neuen Hebriden sind hohe Gebirgs- und Waldinseln, die Küstenstriche nieder und außerordentlich fruchtbar. Im Innern Vulkane und heiße Quellen. Die Bevölkerung bilden Papuas, wilde Menschenfresser. Die größte Insel ist Espiritu Santo oder „Heiligen-Geist-Jnsel." 3. Archipel von Santa Crnz. Die größten Inseln sind gebirgig mit thätigcu Vulkanen, die kleineren Flachholme, von Korallenriffen umgeben. Die Bewohner find Papuas. Die größten Inseln sind Ritendi und Santa Cruz. 4- Die Salomons-Inseln, noch sehr ungenügend bekannt, sind gebirgig, zum Thcil vulkanisch; die Vegetation ist reich und üppig. Die Schiffahrt ist wegen der zahl¬ reichen Korallenriffe sehr gefährlich. Bewohner Papuas. *) Der seitherige Name „Ban Diemen's-Land" wurde im Jahre 1855 von der britischen Regierung in Tasmania umgeändert, zu Ehren des ersten holländischen Entdeckers Abel Jansen Tasman (1642), und weil auch schon im Norden von Australien ein Van Diemeu's-Laud liegt. 277 5. Neu-Britanuicn; mehrere Inseln, meist gebirgig und waldig, zum Theil vulkanisch. Ueppige Tropenvegetation, zahlreiche Thierwelt. Die Bevölkerung Papuas. 6. Die Admiralitäts-Inseln, eine größere, die Admiralitäts-Insel, und viele kleinere, im Ganzen noch wenig erkundet. Die Bewohner sind Papuas. 7. Die Louisiade, eine Kette bergiger, von Papuas bewohnter Inseln, die sich von Neu-Guinea nach Osten ziehen. Die Gruppe ist die unbekannteste, kein europäisches Schiff hat diese Inseln zum Zwecke einer näheren Durchforschung besucht. 8. Neu-Guinca. Nur einzelne Stellen der Küstenränder sind bekannt. Diese sind überall mit dichten Wäldern bedeckt und zeigen die üppigste Vegetation. Unter der Thierwelt sind bemerkenswerth die prächtigsten Vögel der Erde. Das Innere scheint ein hohes Gebirgsland zu sein. Die Papuas und Alsnrus sind Menschenfresser, kriegerisch. Die Niederländer nehmen den Westtheil der Insel in Anspruch. ö. Der äußere Jnselgürtel. 1. Die Pelew- (Palaos-) Inseln (im Norden von Neu-Guinea, im Osten von den Philippinen). Die Gruppe besteht aus mehreren Attols. 2- Die Marianen oder Ladroncn (spanische Colonie); nur Guahan und Rota (die südlichsten) sind bewohnt. Die Bewohner (Ureinwohner gibt es nicht mehr) treiben Landban. Hauptort ist A g a n a (auf Guahan). 3. Die Carolinen, an 400 größere und kleinere Lagnnen-Jnseln. Auf mehreren erheben sich Vulkane. Das Hauptgewächs ist der Brodfrnchtbaum. Die Einwohner, malayischer Race, stehen unter kleinen Königen, zeichnen sich durch Handelsverkehr und kühne Seefahrten aus und sind friedlicher Natur. 4. Der Lord Mulgraoc's-Archipel (oder auch „Central-Archipel") besteht aus zwei Inselgruppen: t. die Marschalls-Inseln, welche aus zwei parallelen Reihen von Attols bestehen, deren Bewohner als freundlich und milde geschildert werden; — 2. die Gilberts-Inseln sind niedere Ko rallen-Jnselu; die Vegetation ist dürftig; die Bewohner stehen in fast gar keinem Verkehr mit den Europäern. 5. Dir Schiffer-Inseln, alle vulkanischen Ursprunges, hoch und bergig, die Küsten steil und sicher, Korallenriffe selten. Die größte (westliche) ist Sawari; die wichtigste am meisten bevölkerte Insel ist Upolu. Ueberall fruchtbarer Boden, prachtvolle Tropcnwälder. Die Bewohner find (in den letzten 30 Jahren) fast sämmtlich zum Christenthum e bekehrt worden; es bestehen zahlreiche katholische Kirchen und prote¬ stantische Bethänser. „Die Leute verlangen nur Missionäre, Bücher, Federn, Tinte, Schreibtaseln und Papier; es ist vergeblich, Flinten und Pulver zu Markte zu bringen" — lautete der Bericht eines englischen Capitäns. 6. Die Freundschafts-Inseln oder die Tonga-Gruppe, meist niedere Korallen-Inseln. Sie zerfallen in drei Gruppen. In der nördlichen ist Vavao die größte, in der mittleren Namnka, in der südlichen Tongatabu mit dem Hauptorte Niku alofa. Die Bewohner sind in der Kultur bedeutend vorgeschritten. Sie leben in kleinen Staaten, treiben Feldbau, Fischerei, zeichnen sich durch nicht geringe Kunstfertigkeit aus und sind fast sämmtlich Christen, welche zahlreiche Gotteshäuser haben. Auf den nördlichen und mittleren sind überwiegend Protestanten, auf der südlichen Katholiken. 7. Der Fidschi-Archipel; die größeren Inseln sind vulkanisch und gebirgig, die kleineren Koralleninseln. Unter der üppigen Tropenvegetation bildet das Sandelholz den an¬ sehnlichsten Artikel. Die Bewohner treiben Landbau und leben in vielen kleinen Staaten. Das Christenthum gewinnt stets an Ausbreitung und mit ihm Civilisation und Kultur. Die größte Insel ist Witi-Lewu. 8. Die Cooks - (spr. Kuhk's) Inseln sind niedere Koralleuinseln, nur die Hauptinsel Rarotongo ist gebirgig und vulkanisch. Die Bewohner sind zum Christenthume bekehrt und schreiten in der Kultur rasch vorwärts, 9. Die Gesellschllsts- (oder Societäts-) Inseln oder Tahiti-Archipel. Alle Inseln sind hoch und gebirgig, vulkanischer Natur, von Korallenriffen umgeben. Von den fruchtbaren, gut angebauten Küstenebenen steigt das Land in Terrassen bis zu den dichtbewaldeten Gebirgen hinan. Die Vegetation ist ebenso üppig als prachtvoll, das Klima angenehm und gesund, der Reichthum an Kulturpflanzen sehr groß. Das Christenthum hat milde Sitten und Redlichkeit hervorgebracht. Es gibt zahlreiche Kirchen, Schulen, Buchdruckereien für Bücher in der Landessprache, hübsche Häuser und Orte, Fabriken, religiöse, politische und bürgerliche Gesetze, ein regelmäßig ge¬ richtliches Verfahren; es ist ein geordnetes, christliches Königreich. Die bedeutendsten Inseln sind : Tahiti, Maitea nnd Eimeo. Die Hafenstadt Papaiti (oder Papiti) ist Sitz des französischen Gouverneurs, da Frankreich über die östliche Gruppe das 278 Protcctorat ausübt. Die Königin herrscht unumschränkt noch über die westliche Gruppe und residirt zu Utumadro auf der Insel Rajatea. 10. Panmotn-Archipcl (auch „Perlen-Insel." — „Niedrige" oder „Gefährliche Inseln"). Der Archipel besteht aus etwa 80 Attols. Bei der spärlichen Vegetation leben die Bewohner kümmerlich vom Fischfang oder dienen den Schiffen in diesen höchst gefährlichen Gewässern als Lootsen. 11. Die Mnkmnli- oder MlNpncsaÜ-Inseln sind französisches Besitzthnm. Die südliche Gruppe heißt Marquesas- oder Nukahiwa-, die nördliche Washing¬ ton-Archipel. Es sind durchgehends gebirgige, vulkanische Inseln, mit heißem, doch gesundem Klima. Im Innern gibt es gut bewässerte, fruchtbare Thäler mit herr¬ licher Vegetation; die Landschaften sind dicht bevölkert von den schönsten nun kräf¬ tigsten aller Oceanier; sie sind jedoch wild, kriegerisch, der Kultur fast unzugänglich und Menschenfresser. Nur ein geringer Theil ist zum Christenthnme bekehrt und da¬ durch für die Civilisation zugänglich gemacht worden. Der Hanptverkehr ist in Ta- hnata auf Nukahiva concentrirt. 12. Der Sandwich- (spr. Sänduitsch) Archipel (oder Hawaii-Inseln). Diese Gruppe besteht aus 14 Inseln; alle vulkanischer Gebirgsnatur, mit Steilküsten aber wenig guten Häsen. Die größte Insel Hawaihi oder Owaii ist ini Innern Hochland, welches ini Westen steil zur Küste abfällt, gegen die übrigen Küsten aber sich zur fruchtbaren Ebene senkt. Aus der Hochebene erheben sich die mächtigsten thätigen Vulkane der Südsee: Mauna Kea (12.800'), Manna Roa (I2.6Oo') n. a. In dein tropischen Seeklima gedeihen Tropengewächse, sowie eingeführte Pflanzen; auch sinb alle europäischen Hausthiere einheimisch geworden. Die Bevölkerung ist (seit dem Jahre I82U) fast gänzlich zum Christenthnme bekehrt und für die europäische Bildung gewonnen worden, welche ungemeine Fortschritte macht. Die Inseln bilden ein christliches Erbköuigreich mit europäischen Staatseiurichtnngen. Landban, Vieh¬ zucht, mehrere Gewerbe und Handel werden mit Erfolg betrieben; namentlich ist die günstige geographische Lage für den Seeverkehr von Bedeutung. Zahlreiche Schulen, nach europäischem Muster, erfreuen sich eiucs wahrhaften Zndranges von Jung und Alt; christliche Bücher und Zeitungen erscheinen in der Landessprache; der ausge¬ streute Same des ChristenthnmS trägt segensreiche Früchte. Die Haupt- und Residenz¬ stadt Honolulu (12.000 E.), auf der InselOahn, ist ganz europäisch eingerichtet. Das Regierungsgebände, das Repräsentantenhaus, der Königspalast, zahlreiche Kirchen Kaufläden, das "Waisenhaus, die Forts zeichnen sich durch die Bauart aus. Der Handel der Südseeinscln concentrirt sich immer mehr in dieser Stadt. - Lahaina, auf der Insel Maui, 10.000 E., ist nach Honolulu der größte Handelsplatz; in der „Hohen Schule" werden die europäischen Wissenschaften gelehrt. Außerdem gibt es zahlreiche Ortschaften und Missionsstationen. Uj. Völlig isolirt und am weitesten gegen Osten liegen: die Oster-Insel und Salap Gomez. Die erste ist eine gebirgige, vulkanische, schwer zugängliche Insel, deren Bewohner (etwa 2000) ziemlich regelmäßige Wohnungen und Pflanzungen haben, Körbe und Zeuge verfertigen; die zweite „ragt ans den Fluthen - ein Steingestell, ohne alles GraS und Moos" ; nur zahllose Schwärme von Seevögeln haben hier ihren Aufenthalt. — — Inhalt. Einleitung. Z. I. Vorbegriffe . .. I i. Mathematische Geographie ... . 2-10 II.. Die Erde als mathematischer Körper. Z. 2. Gestalt und Abbildungen der Erde. S. 2. — Z. 3. Mathematische Punkte und Linien. S. 2. — §. 4. Größenverhaltnisse. S. 8. — Z. S. Geogra¬ phische Lage. S. 4. L. Die Erde als Welt kör per. A. 6. Die Himmelskörper im Allge¬ meinen. S. S. — ß. 7. Die Sonne. S. 6. — Z. 8. Die Planeten. S. 6. — Z. 9. Der Mond. S. 8. — Z. 10. Bewegung der Erde. S. 8. — tz. II. Tages- und Jahreszeiten. S. 9. ii. Physische Geographie.10—45 L. Die natürliche Beschaffenheit der Erdoberfläche. — 8- 12. Verkeilung und Abgrenzung von Land und Meer. S. 10. — ß. 13. Die Gestalt des Festlandes. S. 12 - §. 14. Die Gestalt und Gliederung des Erdmeeres. S. 14 — 8- 15. Beschaffenheit und Bewegungen des Meeres. S. 16. — Z. 16. Die Erhebungen und Vertiefungen des Festlandes. S. 19. — Z. 17. Borbegriffe der Oro- graphie. S. 19. — ß. 18. Innere Beschaffenheit der Erde S. 21. — 8 19. Vorbegriffe der Hydro grap h ie. S. 22. — §. 20. Oro- hydrographische Uebersicht von Europa. S. 23. — ß. 21. Oro-Hydro- graphische Uebersicht von Asien. S. 30. — K. 22. Oro-Hydrogra- phische Uebersicht von Afrika. — S. 33. — §. 23. Oro-hydrographische Uebersicht von Amerika. S- 36. — Z. 24. Oro-hydrographische Uebersicht von Australien. S. 39. U. Klima und Produkte der Erbe. — Z.25. Wärme-Verhältnisse. S. 40. — §. 26. Winde. S. 41. — tz. 27. Lufterscheinungen. S. 42. — Z. 28. Produkte der Erde. S. 43. III. Politische Geographie. 45—64 Die Völker. — Z. 29. Die Bevölkerung der Erde im Allgemeinen. S. 45. — tz. 30. Die Bevölkerung der Erde nach ihren körperlichen Verschiedenheiten. S. 45. — A. 31 Die Bevölkerung der Erde nach ihren geistigen Verschiedenheiten. S. 46. L. Die Staaten. — 8 32. Die Staatsverhältnisse. S. 48. — «Z. 33.. H» Europäische Staaten. S. 49. — §. 34. StaateiMiMMänder in Asien. S. 57. — 8- 35. Staaten und S. 60. — ß. 36. Staaten und Länder in Amerika. S. 61. — 8. 37. Staaten und Länder in Australien. S. 64. Staaten von Europa. Kaiserthum Oesterreich . . 66—128 8 38. Lage, Grenzen, Größe, Bestandtheile. S. 65. — Mdgland.. S. 66. — Ebenen, Gewässer. S. 67^ — Klima S. 69. — ß. 39 Bevölkerung. S. 70. — ß. 4th Bodenprodukte und Beschäftigung der Bewohner. S. 7l. — 8- 41. Förderungsmittel der materiellen Kultur. S 72. - 8 42. Geistige Kultur S. 74. — §. 43. Ver¬ fassung nn-d?Verwaltuug. S. 75. — 8- 44. Niederosterreich. S. 77. — ß. 45. Oberösterreich. S. 80. — 8- 46. Salzburg. S. 82. — ß. 47. Steiermark. S. 83. — ß. 48. Kärnten. S. 86. — 8- 4lÜ^ Kram. S. 88. — ß. so. Küstenland. S. 90. - Mol und Vorarlberg. S. 92. — 8> 52. Lombardisch-veilözia-msth^s^öiiig- reich. S. 95. — ß. 53. Böhmen. S. 98. — 8- 54. Mahren. S. 103. — 8- 55. Schlesien. S. 105. — 8- 56. Galizien und Lodomerien. S. 106. — ß. 57. Bukowina. S. HO. — 8- 58. Ungarn. S. 112. 280 Seite Z. 59. Siebenbürgen. S. 119. — Z. 60. Militärgrenze. S. 122. — Z. 61. Kroatien nnd Slavonien. S. 124. — Z. 62. Dalmatien. S. 126. Deutschland 129—162 Allgemeines. S. 129. — Baiern. S. 132. — Württemberg. S. 135. — Baden. S. t37. — Liechtenstein. S. 139. — Kurhessen. S. 139. — Großh. Hessen. S. 140. — Hesseu-Homburg. S. 141. — Nassau. S. 141. — Frankfurt a. M. S. 142. — Waldeck. S. 142 — Könige. Sachsen. S. 143. — Sachsen - Weimar - Eisenach. S. .145. — Sachsen-Meiniugen-Hildburghausen. S. 146. — Sachsen-Koburg- Gotha. S. 146. — Sachsen - Altenburg. Fürstenth. Schwarzburg, Fürsteuth. Reuß. S. 147. - Preußen. S. 148. — Hannover. S. 154. — Oldenburg. S. 156. — Braunschweig. S. 157. — Lippe. S 158. — Anhalt. S. 159. — Mecklenburg - Schwerin. S. 159. — Mecklenburg-Strelitz. S. 160. — Herzogthümer Schleßwig-Hol- steiu S. 160. — Lübeck-Bremen. S. 161. Hamburg. S- 16s. Die Schweiz Italien . Spanien Portugal Frankreich . Belgien . Niederlande Seite 162 167 174 177 179 185 188 Großbritannien . . . Dänemark Schweden und Norwegen . Rußland. Griechenland . . . . Türkei . . . . l Seite 191 199 200 204 212 Slb Staatenbildungeu Asiatische Türkei Arabien . Iran . . - Vorder-Jndien . Hiuter-Jndien Asien. . 220 . 220 . 223 . 225 . 226 . 230 Indischer Archipel . China . . . . Japan . . . . Turan . . . . Asiatisches Rußland 231 233 235 236 237 Afrika. Staatenbildungeu Aegypten Habesch . . . Amerika 245 246 247 248 248 Grönland 249 Britisches Nord-Amerika .... 250 Russisches Nord-Amerika .... 252 Vereinigte Staaten von Nord-Amerika 253 Kaiserreich Mexiko '. 260 Central-aniertkaiWsche Republiken . . 262 Westindien Tropischer Norden Süd-AmerikaS Tropischer Süden von Süd-Amerika . Brasilien. Außertropischer Süden von Süd-Ame¬ rika 262 265 266 268 270 A tl st r a l i e n. Festland Australiens 272 Australische Inseln «.'... 276 >