-WKM Dem Ändenken der Flagge SchwarZ-WeiA-Xot Alle Rechte, auch das der ilebersehung Vorbehalten. Copyright dv Albert Bonnler, Stockholm ISA. Ph°I. Trglmcvcr, WirhclniShavc» persönliche Erinnerungen von ^Admiral Scheer Or. pLil. st jur. d o Mit zahlreichen Äildcrn und Karlenbeilagen 7. bis 42. Tausend Äerlin Druck und Verlag von August Scherl G. m. b. H. ^20 i. c:l^ <2 ^ e >< . ocl^. ^ Osu.^se^e 2^n»^k»*o!fts ocl. <» k^Zl.i.sQ^r HtnL^kf'LfLs ^ Knv^Ln.s«:klf^L «K ^ Opo/3s Koo^rsn u-^ol. Le^^.a.e^k.r'LurTl? <^> ^ k^k.Ll.»^L t^L^Lr E^6»a^-LZ^«^Z3un.fa.^vZL 2s^^fe 5 e^» i.^L Inhaltsverzeichnis Borwort Einleitung Erster Abschnitt: Die beiden ersten Kriegsjahre bis zur Skagerrak-Schlacht s. Kriegsausbruch ... Englischer Flottenbesuch in Kiel — Der Thronfolgermord — Kaiser und Flotte nach Norwegen — Taktische Übungen — Probemobilmachunq der englischen Flotte Beschleunigte Rückkehr — Berschärsung der Lage — Aufmarsch in der Nordsee — Stimmung in der Flotte. II. Stärkeverhältnis und strategische Lage .... Zusammensetzung der Hochseeflotte — Neuformationen Befehlsverhältnisse — Aufgaben der Hochseeflotte — Hochseeflotte und Landkrieg — Gründe der Zurückhaltung der Hochseeflotte — Die britische Schlachtflotte — Operationsbefehle. In Erwartung des feindlichen Angriffs . . . Hoffnung auf Englands Neutralität — Englands Kriegserklärung — Sicherung der deutschen Bucht — Verteidigung der Küste — Letzte Vorbereiiungen zum Kampf — Unsere ersten Kriegstaten — Erste U-Boot- Streife — Bedeutung des Ü-Boots — Dis englische Flotte kommt nicht — Aussichten für den Feind — Erst Kleinkrieg, dann Schlacht. Englischer Einbruch in die deutsche Bucht . . . Kreuzerstreisen und Minenlegen — Gefecht bei Helgoland am 28. August 1914 — Unsere Verluste — Der Kampf von V187 — Der Kamps der „Mainz" — Erdrückende-Übermacht— Ariadne gegen Lion — Bessere Sicherung in Zukunst. Inhaltsverzeichnis V. Die Herbst- und Wintermonate des ersten Kriegsjahres Zurückhaltung der Flotte — U-Boot-Erfolge: Wed- digen, Hersing — Offensive in der Ostsee — Die westliche Ostsee als Übungsplatz — Minenkrieg — Die 7. I'-Halbslottille — Ophelia-Fall — Berlin — Au- dacious — Englische U-Boote in der deutschen Bucht — Erste U-Boot-Fahrt um die britischen Inseln — Kanaltransportverhinderung für Hochseeflotte unmöglich — Geplante Ostseeunternehmung — Erste Beschießung der englischen Küste — Englische U-Boote in der Ostsee — Eoronel- und Falklands-Kamps. VI. Beschießung von Scarborough und Hartlepool und das Kreuzergefecht an der Doggerbank . . Die Flotte fordert vergeblich mehr Bewegungsfreiheit — Borhutgefecht — Das Gros tritt Rückmarsch an — Große Kreuzer führen Beschießung durch — Rückmarsch der Kreuzer — Fühlung mit dem Feind — Verpaßte Gelegenheit — Bindung der Flotte vereitelt den Erfolg — OirsctiouLl stations — Wechsel im Geschwaderkommando — Minenkrieg — Verschärfte Bereitschaft gegen Verblockungsgefahr — III. Geschwader geht in die Ostsee — Kreuzeraufgabe — Die Vorhut im Kampf — Das Gefecht am 24. Januar 1915 — Hochseeflotte in verschärfter Bereitschaft, läuft aus — „Blücher" sinkt, englisches Führerschisf fcheert aus, Abbruch des Gefechts. VII. Das Kriegsjahr 1915 Wechsel des Flottenchefs — Geplante Vorstöße — Eröffnung des U-Boot-Handelskrieges — U-Boot und Minenkrieg im Vordergrund — Geringere Bindung der Flotte — Geplantes Ostseeunternehmen — Beschränkung des U-Boot-Handelskrieges — Torpedobootserfolge — Luftschiffangriffe — Neuer Ad> miralftabschef — Flottenoorstöße und Übungen — Luftschlffangriffe — Wechsel des Flottenchefs — Flottenstab. VIII. Vorbereitungen für erhöhte Flottentätigkeit . . Neues Operationsprogramm — Stärkeverhältnis — Absicht weitergehender Offensive — Stärkere Siche- Inhaltsverzeichnis Seite rung gegen überraschende Herausforderung — Reinhaltung der deutschen Bucht — Erhöhung der gesamten Flottenbereitschaft — Pläne für Vermehrung der Streifen und Vorstöße — Ungewißheit über die U-Boot-Verwendung — Luftschiffangriffe — Englands zweierlei Moral — Der U-Boot-Krieg gegen armierte Handelsschiffe — Kailerbesuch — Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg in der Schwebe — Heimkehr der „Möwe" — „Greis" erliegt der Übermacht. IX. Unternehmungen in die Hoofden mit Beschießung von Darmouth und Lowestoft . . . . Operationsplan — Luftschisfangriff auf Hull — Kein Feind in Sicht — Rückfahrt — Tirpijz geht — Aufschub des U-Boot-Krieges — Fliegerangriff auf Tondern — Fünf Luftschiffangriffe hintereinander — Fahrten des 1>11 — Zusammenwirken von Flotte, Luftschiffen und U-Booten — Aenderung des Planes durch feindliche Minen — Englische leichte Streit- kräste halten nicht stand — Beschießung und Rückmarsch — Neue Luftschiffangriffe — Rückruf aller U-Boote vom Handelskrieg. Zweiter Abschnitt: Von der Skagerrak-Schlacht bis zum uneingeschränkten U-Vook-Lrieg X. Die Schlacht vor dem Skagerrak Plan zu neuem Vorstoß — Vorstoß gegen Sunderland soll die englische Flotte herbeiholen — Abgeänderter Plan zum Vorstoß in das Skagerrak — Unsere Flottenstärke — Der Vormarsch — Meldungen vom Feind — Das Kreuzergefecht — Torpedobootsoorstoß — Das Gros greift ein — Die Verfolgung — Torpedobootsvorstoß — Die Schlacht — Der Gegner aus Sicht — Der Rachtmarsch und die Nachtkämpfe — Die Verluste — Die englische Flotte ist aufgelöst — Die Lage am 1. Juni morgens — Einlaufen — Gegenüberstellung der Verluste — Nur der U-Boot-Krieg kann siegen — Das englische Gros in der Schlacht — Das Verhalten des Gegners während der Nacht — Folgerungen daraus. Inhaltsverzeichnis XI. Nach der Schlacht Englischer Angriff bleibt aus — Kmserbesuch — Entstehung der Schlacht und Folgen — Vertagter U-Boot-Krieg — Torpedobootvorstöße — Lustschiffangriffe — U-Boot- und Luftschiff-Verwendung — Neuer Vorstoß der Flotte — Verhalten des Feindes — Rückmarsch — U-Boot-Crsolge — Wiederaufnahme des U-Boot-Handelskrieges — Torpedobootsvorstoß in den Kanal — Nur der U-Boot-Krieg kann helfen — Die Flotte im Dienst des U-Boot-Krieges — Unser überlegener Angriffsgeist — Umgruppierung der Flotte — Geplanter Flottenvorstoß — Uneingeschränkter U-Boot-Krieg — Der Vorstoß wird nicht genehmigt — Die englische Gegenwirkung — Schutz der Minensucher Luftschiffangriffe Luftschiffentwicklung — Nur Krisgsanlagen als Ziel — Angriffsberichte — Große Verluste — Bedeutung des Luftschiffs. Dritter Abschnitt: Der U-Boot-Krieg Die miltärpolitifche Bedeutung des U-Boot- Krieges . . - Englands Ziel — Die Mittel zu Deutschlands Erdrosselung — Rechtlosigkeit der Neutralen — Seerecht von Englands Gnaden — Neue Waffe, neue Kriegsform — Das U-Boot kann retten — Der Ernst der Lage wird verkannt — Die erste Kriegsgebieterklärung — Ein übereiltes Kompromiß — Neutraler Einspruch — Der U-Boot-Krieg wird totgemacht — Neue Befehle — Zwischenfälle — Neue Beschränkungen — Der U-Boot- Krieg ruht im Westen Englands — Nur uneingeschränkter U-Boot-Krieg kann den Frieden bringen — Grundlegende Berechnung — Abschlagszahlung und Aufschub — Unerläßlichkeit uneingeschränkter Führung wird anerkannt — Aufschub, um Amerika aus dem Spiel zu halten — Amerikas Drohung, Abbruch der U-Boot-Kriegs — Entweder ganz oder gar nicht — Unser Zickzack-Kurs — Neuer Versuch und neuer Aufschub — Neue Lage — U-Voot-Kreuzerkrieg reicht nicht Inhaltsverzeichnis Seike aus — Es bleibt uns keine Wahl — Spätester Termin der 1. Februar 1917 — Die Entscheidung — Die Zuversicht war und wurde geschwächt — Der richtige Zeitpunkt war nicht ergriffen. XIV. Unsere U-Boote und ihre Kampfesweise . . . Die U-Boot-Typen — Die U-Boot-Flotte und ihre Leistung — Englische Abwehr — Organisation der U-Boote und Verluste — U 53 nach Amerika — Kreuzerkrieg nach Prisenordnung — Minenlegen — Angriffe auf Geleitzüge — Kampf mit U-Boot-Falle. XV. Tätigkeit der Flotte im Zeichen des U-Boot- krieges Eingriff in den Personalbestand der Flotte — Die Minenoerssuchung wächst — „Möwe" kehrt heim — Kriegstagebuch der Hochseeflotte — 'Der Minensuchdienst — Unsere Minen — U-Voot-Geleitdienst — Minenfreie Wege — Die Minenverseuchung wächst weiter — Meuterei — Unentschlossenheit der Regierung — Kaiserbesuch. XVI. Eroberung der baltischen Inseln und die Einnahme von Helsingfors Die beteiligten Seestreitkräste — Vorbereitungen — Der Vormarsch — Ausschiffung — Vordringen der Seestreitkräfte — Vollendung der Umstellung — Auf den Aalands-Jnseln und an der finnischen Küste. XVII. Gefechte unserer leichten Streitkräfte und Flottenvorstoß an die norwegische Küste Gefecht am 17. November 1917 — Schutz der Minensucher — Überlegene feindliche schnelle Streitkräfte — Verstärkung, feindlicher Rückzug — Stärke des Feindes — Das Ergebnis — Ausheben von Geleitzügen — Vernichtung eines Geleitzuges von Norwegen am 17. Oktober 1917 — Erfolge an der englischen Küste und auf der Straße nach Norwegen am 12. Dezember — Torpedobootsvorstoß gegen die Kanalsperre am 14. Februar 1918 — Erfolgreiche Überraschung — Flottenvorstoß an die norwegische Küste am 24. April — „Moltke"-Havarie — Rückmarsch — Der Flotte letzte Fahrt. Inhaltsverzeichnis XVIII. Die Seekriegsleitung Unzulänglichkeit der Friedensorganisation — Das U-Boot-Amt — Neuer Flottenchef — Übersiedlung ins Hauptquartier — Gegen die Ausdehnung des U-Boot- Kriegsschauplat;es—Die U-Boot-Kreuzer — Das Sinken der Erfolge des U-Boot-Krieges — Der U-Boot- Bau — Me Kräfte für die U-Boote — Die Marine in Flandern — Englische Angriffe — Torpedobau und U-Boot-Schule — Kaiserbesuch — Flanderns Räumung — Das U-Boot-Programm bleibt bestehen — Rückzug aus dem Mittelmeer — Waffen- stillstandsoerhandlungen — U-Boot-Krieg und Waffenstillstand — Aufgeben des U-Boot-Kriegs ohne Gegenleistung — Rückruf der U-Boote — Flottenpläne — Die Kapitulation — Der Zusammenbruch. Schlußwort Namen- und Sachregister Vorwort Der Sieger hat das Vorrecht, die Kriegsgeschichte zu schreiben: denn man mißtraut dem Besiegten, weil er seine Niederlage zu beschönigen und zu entschuldigen trachten wird. Wir aber sind Sieger und Unterlegene zugleich und stehen vor der schwierigen Aufgabe, bei der Schilderung unserer Erfolge nicht zu vergessen, daß unsere Kraft nicht bis zum Ende ausreichte. Von besonderer Tragik ist das Geschick unserer Flotte. Sie verkörperte das aus der Einigung des Reiches hervorgegangene Machtgefühl, das sich der Verantwortung bewußt war, für angemessene Sicherung unserer gewaltig aufblühenden Volkswirtschaft zu sorgen. Daß wir unseren Anspruch auf Seegeltung, ohne welche das Reich verkümmern müßte, durch Schaffung einer Flotte bestärkten, blieb den Briten ein Dorn im Auge, und ihre Mißgunst wurde der ständige Begleiter unseres Wachstums. Die Freiheit der Meere, die wir mit unserer Entwicklung erstrebten, wollte England nimmermehr zugestehen, und wenn es darüber zum Weltkrieg kommen mußte. In dem jahrelangen Kampf, den Deutschland gegen den Vernichtungswillen seiner Feinde geführt hat, hat es die Flotte über alles Erwarten hinaus vermocht, sich zu behaupten, ja, es war unserer Seekriegführung sogar gelungen, den hartnäckigen Gegner bis an den Rand des Verderbens zu drängen. Aber wir haben den Krieg doch verloren, und mit der Auslieferung der deutschen Flotte sind die Aussichten auf eine selbständige Gestaltung unseres Geschickes für lange Zeit dahingeschwunden. Zu der Geschichte des Seekrieges, wie er sich mir darstellte und einige Jahre unter meiner Leitung geführt wurde, soll dies Buch einen Beitrag liefern. Ich möchte aber auch mit der Schilderung meiner Kriegserlebnisse dem deutschen Volke die Gewißheit geben, daß die deutsche Flotte, die sich rühmen durfte, eine Lieblingsschöpfung der Nation zu sein, bemüht war, ihre Schuldigkeit zu tun, und in den Krieg zog, nur von dem Gedanken beseelt, das ihr geschenkte Vertrauen zu rechtfertigen und den Kämpfern zu Lande gleichwertig zur Seite zu stehen. Die Erinnerung an die Ruhmestaten, die zur See vollbracht wurden, wird über das Grab der deutschen Flotte hinaus die Hoffnung erhalten, daß es unserem Volke gelingen muß, sich die Stellung unter den Völkern wieder zu verschaffen, die des Deutschtums würdig ist. Weimar, im September 1919. S ch e e r. Einleitung Der Ursprung des Weltkrieges liegt in dem Gegensatz zwischen angelsächsischer und deutscher Weltanschauung. Drüben der Anspruch auf uneingeschränkte Vormachtstellung zur See, auf Beherrschung der Meere, auf das Vorrecht zum Seehandel und zur Hebung der Schätze aller Erdteile. „Wir sind das erste Volk der Welt" ist Glaubenssatz jeden Engländers, und er begreift nicht, wie andere daran zweifeln können. Die englische Geschichte liefert den Beweis für die ebenso tatkräftige wie rücksichtslose Betätigung dieser Auffassung. Selbst einer der größten Lobredner der englischen Seekriegführung, die ja Englands Geschichte am besten widerspiegelt, der durch sein Buch „Iks inklusucs ok 8espover upon Kistor^" berühmt gewordene amerikanische Captain Mahan kennzeichnet sie in seinen Betrachtungen über den 1783 beendeten nordamerikanischen Freiheitskrieg folgendermaßen: „Die Absicht der Verbündeten1) war, zugefügtes Unrecht zu rächen und der tyrannischen Herrschaft ein Ende zu machen, die England sich auf dem Ozean anmaßte. Sie hatten, wie die damalige Generation annahm, England durch die Befreiung Amerikas geschädigt, aber sie hatten weder in Gibraltar, noch in Jamaika das ihnen widerfahrene Unrecht gutgemacht: die englische Flotte war von ihnen nicht derart mitgenommen, daß sich dadurch ihr hochmütiges Selbstvertrauen vermindert hätte, und die englische Seeherrschaft wurde bald ebenso tyrannisch und noch schrankenloser als je zuvor." Dennoch hat es England verstanden, seinem Anspruch eine mit der Zeit fast allgemeine Anerkennung in der Welt zu verschaffen. Seine ganze Politik, die sich auf das Ansehen seiner Flotte und die günstige Lage der britischen Inseln stützte, ist stets unter der Flagge gesegelt, alles, was aä m^jorem gloriam LritLNlliLL geschähe, gereiche auch dem Fortschritt der Menschheit zum Nutzen. Der Grundzug des englischen Wesens ist ausgesprochen materialistisch und kennzeichnet sich als Streben nach Macht und Gewinn. Von dem Handelsgeist, der den Einzelengländer beseelt, ist das politische und militärische Handeln des ganzen Volkes erfüllt. Seine ihm selbstverständlichen Ansprüche gingen alle Zeit so weit, daß es niemals einem anderen Vorteile gönnte, auch wenn deren Ausnutzung ihm selbst zurzeit nicht möglich war, es aber in späterer Zeit vielleicht werden konnte. Das hat sich auf kolonialem Gebiet am deutlichsten bekundet. Auf dem Ruhm von Trafalgar beruhte seit hundert Jahren das Gebäude englischer Weltgeltung und Macht, und man hat sorgfältig vermieden, ihn aufs Spiel zu setzen. Man hat außerdem mit Geschick und Erfolg kein äußeres Mittel unbenutzt gelassen, den Eindruck von Macht zu erwecken, und dadurch zu wirken. Was wir als prahlerisch empfinden, war dem Briten nur der Ausdruck seiner vollen Überzeugung und ein selbstverständliches Mittel zum Zweck. Denken wir nur an Äußerungen wie: ^e liave tlie skips, ne IiLve tlis men, >ve ksve ilie money ioo, oder auch an Schiffsnamen wie „Irrefi- stible", „Jnvincible", „Jndomitable", „Formidable" und anderes mehr. Diese ganze Art ist uns zwar weltenfern, aber sie ver- fehlt doch nicht, bei vielen Deutschen durch ihre Großartigkeit oder durch die gewohnheitsmäßige Verbrämung mit Gemeinplätzen über Menschheitsbeglückung Eindruck zu hinterlassen. Demgegenüber Preußen-Deutschland! Seine ganze Geschichte erfüllt von Kampf und Not, weil die Kriege Europas vorzugsweise auf seinem Gebiet ausgetragen wurden. Das Volk des kategorischen Imperativs, zu Entbehrungen und Opfern bereit, immer wieder sich aufrichtend, bis es endlich gelungen schien, durch die Einigung des Reichs die Früchte der schwer errungenen Machtstellung ernten zu können. Die Überwindung der harten Zeiten, die es durchzumachen hatte, verdankte es seinem Idealismus und der unter den Drangsalen der Fremdherrschaft bewährten Pflichttreue gegen das Vaterland. Auf der in straffer Zucht angewöhnten Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit beruhte vor allen Dingen die Stärke unserer Wehrmacht. Im Gegensatz zu der Unnahbarkeit der englischen Jnsel- stellung: unsere kontinentale Lage im Herzen Europas, vielfach ohne natürlichen Schutz an den Grenzen. Statt des aus allen Erdteilen zuströmenden Reichtums hatten wir uns im Schweiße unseres Angesichts zu plagen, auf kärglichem, heimischem Boden das Volk zu ernähren. Und doch gelang es allen Schwierigkeiten zum Trotz, mit der politischen Einigung auch die Volkswirtschaft in ungeahnter Weise zu beleben und zu steigern. In solcher Lage und nach solchen Erfahrungen lag dem deutschen Volk Eroberungsabficht völlig fern. Seinem Ausdehnungsbedürfnis suchte es in friedlicher Weise Genüge zu verschaffen, um die errungene Machtstellung nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Daß wir in dem Völkerring, der sich berufen fühlte, die Geschicke Europas und der Welt zu bestimmen, als ein unwillkommener Eindringling angesehen wurden, dafür sorgte neben der tiefverletzten Eitelkeit der Franzosen das britische Mißtrauen, dem unsere Harmlosigkeit bei seiner Denkungsart unglaubhaft erschien. Um unsere Stellung zu behaupten und die Erhaltung des zunehmenden Wohlstandes zu sichern, blieb uns keine andere Wahl als Wehrhaftigkeit nach dem altbewährten Grundsatz der Freiheitskriege: durch Tüchtigkeit zu ersetzen, was an Zahl fehlte. Wie konnten wir je daran denken, Heere aufzustellen, die denjenigen unserer Nachbarn anders als an Leistungsfähigkeit überlegen waren! Und mit derselben Grundauffassung wandten wir uns dem Ausbau einer Seemacht zu, als mit dem Anwachsen der Abhängigkeit unserer Wirtschaft vom Auslande und der Anlage gewaltiger Werte in deutschem Besitz auf und über See diese Entwicklung unbedingt einen Schutz erheischte. Die uns unterstellte Absicht, an die Stelle der englischen Weltmacht treten zu wollen, hat nie bestanden: unsere Ziele waren vielmehr durch die in den Flottengesetzen festgelegte Tatsache einer beschränkten Schiffszahl, die an die englische nicht heranreichte, offen klargelegt. Dennoch fühlte sich Eng- land bedroht und sah in uns einen Nebenbuhler, der um jeden Preis vernichtet werden mußte. Daß diese Gesinnung drüben herrschte, lag wohl weniger in der Tatsache des Entstehens einer Seemacht zweiten Ranges in einem vom Weltmeer weit zurückliegenden Winkel der Nordsee, als in der Einschätzung ihres Wertes. Man vermutete in ihr denselben Geist des Fortschritts und Aufschwungs, der das deutsche Wesen kennzeichnete und durch den sich England beengt und beeinträchtigt fühlte. Daß durch unseren Flottenausbau eine schärfere Note in das Verhältnis zu England hineingebracht wurde, als sich aus dem friedlichen Wettbewerb allein ergeben hätte, soll nicht bestritten werden, aber eine gerechte und dem deutschenglischen Verhältnis auf den Grund gehende Beurteilung ist es nicht, wenn das Unheil des Weltkriegs oder gar des unglücklichen Kriegsausganges einfach dem Bau einer deutschen Flotte zugeschrieben wird. Dazu wird man vielmehr die Be- rechtigung unseres Flottenbaus und die Ursachen festzustellen haben, warum der Krieg verloren ging und welche Aussichten für uns bestanden, ihn zu gewinnen. Dabei wird die ausschlaggebende Rolle ersichtlich werden, welche der Seekriegführung zufiel, nachdem durch Englands Beitritt auf die Seite Rußlands und Frankreichs dieser Völkerkampf sich zum Weltkrieg auswuchs. Die Besorgnis allein, es mit England zu verderben, konnte und durfte kein Grund sein, einem so erheblichen Teil unseres Volksvermögens, wie er sich in den mit der Seefahrt zusammenhängenden Unternehmungen angesammelt hatte, den notwendigen Schutz durch eine Flotte zu versagen, den der auf binnenländische Tätigkeit angewiesene Staatsbürger in Gestalt unseres Heeres genoß und auch als ganz selbstverständlich hinnahm. Ganz die gleiche Pflicht bestand für das Reich, die Schiff- fahrts- und Handelskreise, die es unternahmen, den Überschuß unserer Volkswirtschaft im Ausland abzusetzen und dort neue, für Deutschland Vorteil bringende Unternehmungen anzulegen, in ihrem Vorhaben zu unterstützen und sicherzustellen. Denn diese Verbindung mit Übersee kam der Allgemeinheit schon insofern zugute, als die Heimat erst dadurch befähigt wurde, alle Bewohner zu beschäftigen und zu ernähren, so daß trotz der starken Bevölkerungszunahme die Auswanderung kein Sicherheitsventil mehr zu sein brauchte für die überschüssige Volkskraft. Was aber die Erhaltung der Volkskraft im Lande in Arbeit umgesetzt bedeutet, haben uns die letzten Jahrzehnte und die Kriegsjahre ganz besonders bewiesen. Schon von jedem kleinen Staat wird erwartet, daß er, um Anspruch auf Achtung seiner Selbständigkeit zu erheben, die in seinen Kräften liegenden Anstrengungen macht. Hierauf gründet sich die im internationalen Völkerleben mit dem Fortschreiten der Kultur gewonnene Sicherheit, daß der Schwächere nicht ohne weiteres vom Stärkeren überfallen wird. 2 DoutschlLNk- Hochirejloik im WslÄri»»« Das Verhalten einer Großmacht, die ihre Seeinteressen schutzlos preisgegeben hätte, wäre ebenso unwürdig und verächtlich gewesen wie die entehrende Feigheit einer Einzelperson, aber auch noch höchst unpolitisch dazu, weil sie in völlige Abhängigkeit von seemächtigeren Staaten geraten mußte. Das beste Heer verlor an Wert, wenn Deutschland mit der Achillesferse eines ungeschützten nach Milliardenwerten zählenden Außenhandels behaftet blieb. Obgleich schon aus der Bescheidenheit in unseren kolonialen Ansprüchen die Absicht des Wettbewerbs auf friedlichem Wege hervorging, ist es unserer Politik nicht gelungen, den Argwohn Englands zu beseitigen; aber bei der Verschiedenheit der Ansprüche beider Völker, die in ihren Weltanschauungen wurzelt, wäre es wohl auch einer größeren, als der aufgewendeten diplomatischen Kunst nicht gelungen, die Gegensätze so weit zu überbrücken, daß uns ihre Austragung mit den Waffen erspart blieb. Gab es etwa noch eine andere Möglichkeit, uns den notwendigen Schutz gegen Angriffe zur See zu verschaffen, die nicht den herausfordernden Charakter trug, wie er in England dem Bau unserer Hochseeflotte beigelegt wurde? So volkstümlich der Wunsch nach einer deutschen Flotte seit langen Zeiten gewesen ist, so wenig Vorstellung hat doch der Durchschnittsdeutsche vom Wesen der Seemacht und ihrer Betätigung, was bei dem gänzlichen Mangel einer eigenen See- kriegsgeschichte nicht zu verwundern ist. Es wird daher nötig sein, zur Beantwortung der Frage, ob wir uns nach Lage der Verhältnisse, in die sich das neue Deutschland gestellt sah, die passende Seerüstung gewählt haben, auf die Eigenart des Seekrieges etwas näher einzugehen. Es galt als ein anerkannter, aus der Kriegsgeschichte bewiesener Grundsatz, daß der Kampf zur See darauf gerichtet sein muß, die Seeherrschaft zu erringen, d. H. alle Widerstände zu beseitigen, die ihrer freien und ungehinderten Betätigung entgegenstehen. Die Hauptwiderstandskraft liegt in der feindlichen Flotte, deren erfolgreiche Bekämpfung erst die Ausnutzung der Seeherrschaft ermöglicht. Nächstdem kann die eigene Flotte darauf ausgehen, die feindlichen Küsten oder überseeischen Besitzungen anzugreifen, Landungen auszuführen oder solche in großem Maßstabe (Invasion) vorzubereiten und zu deckend Schließlich kann sie ferner den Gegner durch Blockade von jeder Zufuhr über See abschließen und seine Kauffahrteischiffe mit ihren wertvollen Ladungen aufbringen, bis diese sich nicht mehr auf See blicken lassen. Entgegen dem internationalen Gebrauch im Landkrieg, das private Eigentum zu schonen, besteht noch immer der Grundsatz des Seebeuterechts, das nichts anderes ist als ein Überbleibsel des Seeraubs, der durch die Kaperei der Freibeuter in der Periode der großen Seekriege vor hundert Jahren so lebhaft betrieben wurde. Die Beseitigung des Seebeuterechts ist bisher noch immer an dem Widerstand Englands gescheitert, obgleich es selbst die ausgebreitetste Handelsschiffahrt besitzt. Denn es erwartet die. Hauptwirkung seiner Seemacht von der Schädigung des feindlichen Seehandels. Im Laufe der Zeit hat England, dem Drängen der Mehrheit anderer Seestaaten scheinbar nachgebend, Einschränkungen des Blockade- und Seebeuterechts, zugestanden, die dem vorwiegend kontinentalen Interesse jener Staaten entsprachen, mit dem Gedankenvorbehalt, sich darüber nach Gefallen hinwegzusetzen. Es verdient ganz besonders Beachtung, daß England an diesem Recht zur Schädigung des feindlichen (und auch des neutralen) Handels eisern festgehalten hat, weil es von seiner Überlegenheit zur See überzeugt war. Als unser Handelskrieg anfing, in ungeahnter Weise unheilvoll für das Inselvolk zu werden, setzte es alle Hebel in Bewegung, um unser Vorgehen in Mißachtung zu bringen. Für minder starke Seestaaten ist es je nach Lage, Küsten- bildung und Seeverkehr unter Umständen möglich, sich an der empfindlichen und angreifbaren Stelle zu sichern durch Küstenschutz. Auch bei uns hat diese Richtung ihre eifrigen Vertreter gefunden, einmal der Billigkeit wegen, teils auch aus der Vorsicht, den Mächtigeren nicht zu reizen und schließlich auch auf Grund strategischer Überlegungen, die sich in derselben Richtung bewegten, wie die der äcole in Frankreich. Sie wollte mit den Mitteln des Kleinkrieges und durch direkten Angriff auf den feindlichen Handel den Gegner mürbe machen. Die Hsunk seole in Frankreich hat nur erreicht, daß die französische Marine zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken ist. Ein Kleinkrieg bleibt ein Kampf mit unzulänglichen Mitteln, der einen Erfolg nicht verbürgt. Den unmittelbaren Kreuzerkrieg gegen seine Schiffahrt fürchtete England mit Recht überhaupt nicht, sonst hätte es nur in der Frage des Seebeuterechts nachzugeben brauchen. Mit der Küstenverteidigung war es für uns nicht getan. Sie konnte den Engländer nicht abhalten, uns zu schädigen, während sie ihm in keiner Weise wehetat, denn sie lag hinter ihm, abgelegen von den Weltverkehrsstraßen, so daß er gar nicht in den Bereich ihrer Wirksamkeit zu kommen brauchte. Nimmt aber der Schaden, der dem eigenen Seehandel (einschließlich der Kolonien) zugefügt werden kann, einen unerträglichen Umfang an, wie bei uns, dann ist der Küstenschutz dagegen überhaupt keine Deckung mehr. Kommt es dazu, die Gegensätze mit den Waffen austragen zu müssen, so steht außerdem nicht mehr die Überlegung im Vordergrund, wie kann ich mich schützen, sondern wie kann ich den Gegner am empfindlichsten treffen. Angriff, nicht Verteidigung führt am ehesten zum Ziel. Das beste Abschreckungsmittel vom Kriege ist außerdem, dem Gegner die Gewißheit zu bieten, dabei erheblich bluten zu müssen. Der von uns eingeschlagene Weg, eine kampfkräftige Flotte zu schaffen, mit der sich zu schlagen für England ein Risiko bedeutete, bot nicht allein die größte Aussicht auf Verhütung eines Krieges, sondern auch, wenn er nicht zu oermeiden war, die beste Möglichkeit, den Gegner wirksam zu treffen. Von dem Ausgang eines Flottenkampfes konnte mit Sicherheit angenommen werden, daß die damit verbundene Einbuße der englischen Vormachtstellung zur See eine unseren Verlusten entsprechend große sein würde. Während wir zur Not ein solches Opfer verschmerzen konnten, mußte es auf das allein auf seine Seemacht gestellte England eine unerträgliche Wirkung ausüben. Wie sehr auch englischerseits diese Überlegungen, auf die sich der Ausbau unserer Flotte gründete, als richtig erkannt waren, geht aus dem Verhalten der Flotte Englands im Weltkriege hervor, das die ganzen Jahre hindurch von dem ängstlichen Bemühen getragen war, jede eigene Schädigung sorgfältig zu vermeiden. Wie sich demgegenüber unsere Flotte verhielt und den Seekrieg zu einer wirksamen Bedrohung Englands zu gestalten verstand, wird aus der nachstehenden Schilderung des Kriegsverlaufs ersichtlich werden. Erster Abschnitt: Die beiden ersten Kriegsjahre bis zur Skagerrak-Schlacht i. Kriegsausbruch Der Besuch eines englischen Geschwaders zur Kieler Woche im Juni 1914 schien auf den Willen zu deuten, der Entspannung des politischen Verhältnisses einen sichtbaren Ausdruck zu verleihen. Obgleich sich gewisse Zweifel an der Aufrichtigkeit der Absicht nicht unterdrücken ließen, herrschte auf unserer Seite die größte Bereitwilligkeit, die fremden Gäste zuvorkommend und kameradschaftlich aufzunehmen. Die Gelegenheit, englische Grohkampffchiffe und ihre Besatzungen näher kennen zu lernen, war ein so seltenes Ereignis geworden, daß schon aus diesem Grunde dem Besuch mit lebhafter Teilnahme entgegengesehen wurde. Alle Vorkehrungen, um den Engländern das Einlaufen in den Kieler Hafen, das Einnehmen der Liegeplätze und den Verkehr mit dem Lande zu erleichtern, waren getroffen, ebenso wie ihnen selbstverständlich die besten Plätze in der Nähe der kaiserlichen Jacht zugeteilt wurden. Von früher her gewohnt, in den englischen Schiffen Vorbilder zu erblicken, die schon durch ihre äußere Erscheinung einen vollendeten Eindruck machten, durften wir jetzt mit einem Gefühl berechtigten Stolzes Vergleiche an- stellen, die nicht zu unserem Nachteile ausfielen. Der englische Verband bestand aus einer Division von vier Linienschiffen unter Führung des Vizeadmirals Sir George Warrender, der seine Flagge auf dem Linienschiff „King George V." wehen hatte, dazu gehörten ferner „Audacious", „Ajax" und „Centurion", begleitet von einer Gruppe leichter Kreuzer: „Southampton", Birmingham", „Nottingham" unter Kommodore Goodenough. Während die älteren Seeoffiziere durch die offiziellen Besuche und' Veranstaltungen vollauf in Anspruch genommen waren, zogen es die jüngeren vielfach vor, die ihnen gebotene freie Benutzung der Bahn zu Besuchen von Hamburg und Berlin zu verwenden. Zwischen den Mannschaften bahnte sich nach Seemannsart bald ein vertrauliches Verhältnis an, gefördert durch Wettspiele und ihrem Geschmack zusagende Mannschaftsfeste. Die Selbstverständlichkeit, mit der nach meinen Erfahrungen bis etwa zum Jahre 1895 deutsche und englische Seeoffiziere im Auslande als Männer gleichartiger Gesinnung und Tüchtigkeit in Verkehr traten, war durch die besonders in den letzten Jahren von den Leitern der englischen Politik betriebene Anfeindung unseres Emporkommens jetzt ausgeschlossen, und jeder Versuch, ein Verhältnis zu heucheln, gegen das sich das innere Empfinden auflehnte, hätte unsere Würde verletzt und uns vor den Engländern nur herabgesetzt. Verständigerweise war es auch unterblieben, eine „Flottenschau" durch Ansammlung möglichst vieler Schiffe zu veranstalten, um Eindruck zu machen, vielmehr waren nur diejenigen unserer Schiffe in Kiel versammelt, die dort ihren Hauptliegehafen hatten. Mit dem Anwachsen der Flotte war es nötig geworden, die einzelnen Geschwader auf die beiden Haupthäfen Kiel und Wilhelmshaven zu verteilen, um die an beiden Plätzen vorhandenen Werftmittel gleichmäßig ausnutzen zu können und oie Schisfsbesatzungen mit ihren Stamm-Marineteilen am Lande in Fühlung zu halten. Am Orte dieser Stamm-Marine- teile, zu denen die langdienenden Leute, besonders die Unteroffiziere, nach einem Bordkommändo wieder zurücktraten, bis eine neue Verwendung erfolgte, hatten auch die Familien ihren Wohnsitz. Die leider immer nur kurzen Pausen, die der Ausbildungsdienst im Jahre gestattet, ließ man die Schiffe in ihren Hauptliegehäfen zubringen. Als einzigste Störung allerdings gewaltigster und folgenschwerster Art fuhr in dies farbenprächtige friedliche Bild, dessen Treiben nur einem Wettbewerb in der Geschicklichkeit auf sportlichem Gebiet zu gelten schien, die Nachricht von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Erzherzogs Franz Ferdinand. Am nächsten Tage schon verließ der Kaiser Kiel, um sich nach Berlin zu begeben. Die englischen Schiffe fuhren am 29. Juni ab, wozu die Kleinen Kreuzer den Kaiser-Wilhelm- Kanal benutzten. Sie hatten auf diese Weise Gelegenheit, die erst wenige Wochen vorher fertiggestellte Fahrstraße in ihrer neuen Gestalt kennen zu lernen. Ob sie auch schon durch unsere Großkampfschiffe benutzbar sei, war eine ihrer Fragen, die man ihrer Wißbegier zugute halten durfte. Die Vertiefung und Verbreiterung des Kanals und die Fertigstellung der neuen Schleusen bei den Kanalmündungen kam gerade noch zur rechten Zeit. Sie war erforderlich geworden, um den großen Schiffen, deren Bau auch uns durch Einführung des Dreadnought-Typs auferlegt war, die Durchfahrt zu ermöglichen. Die Unbenutzbarkeit dieser Fahrstraße für die großen Kreuzer von „Blücher" und für die Linienschiffe von der Nassauklasse ab, war seit 1909 ein Gegenstand schwerer Sorge für das Flottenkommando wegen ihres nachteiligen Einflusses auf die strategische Lage; sie zwang auch zu einer übermäßigen Belastung unseres Hauptkriegshafens in der Nordsee, der den Anforderungen nicht so schnell nachkommen konnte, wie das Anwachsen der auf ihn angewiesenen Schiffe vor sich ging. Nach etwa acht Tagen kehrte der Kaiser wieder nach Kiel zurück, um am 5. Juli von hier aus die gewohnte Nordlandreise anzutreten. Da die Lage noch keineswegs als beruhigt gelten konnte, fanden eingehende Besprechungen zwischen den Marinebehörden in Berlin und der Flotte über die verschiedenen Kriegsmöglichkeiten statt. Aus ihnen ist für uns nachträglich das Beachtenswerteste die Annahme, daß England sich in dem uns drohenden Zusammenstoß mit Rußland und dem höchstwahrscheinlich ihm verbündeten Frankreich neutral verhalten werde. Deshalb ließ man auch die Flotte die Symmer- reise zu dem im Jahresplan vorgesehenen Zeitpunkt mit dem Ziel Norwegen antreten. Aus dieser Entschließung, ebenso wie derjenigen des Kaisers, mußte man eine Unbekümmertheit oder die Absicht, keine Nervosität zu zeigen, folgern, für welche die feste Überzeugung von Englands Neutralität allein die Voraussetzung sein konnte. Die Sommerreise stellte im Jahresplan der Flotte den Höhepunkt der erreichten Ausbildung dar. Als Belohnung für' alle im täglichen Dienst, in der inneren Ausbildung der Schiffe, im Einfahren der Einzelgeschwader und des Flottenverbandes aufgewendete Mühe endete sie mit einem Anlaufen fremder Höfen, statt der gewohnten Marinegarnison. Dieser Abstecher ins Ausland diente nicht allein der Erhaltung der Dienstfreudigkeit, sondern das Zeigen der Flagge kam unserem politischen Ansehen zunutze, besonders wenn dabei eine beachtenswerte Macht entfaltet wurde. Wenn sich ein einzelnes Kanonenboot an ferner Küste einfand, um die deutsche Flagge zu zeigen, so war damit dem Ausländer nicht ohne weiteres klar, daß dies Schiff der Sendbote eines Reiches war, das daheim noch über eine ansehnliche Flotte und auch über ein großes Heer verfügte, die unsere Machtstellung in Europa sicher stellten. Die Entfaltung der entsprechenden Macht an Ort und Stelle wirkte viel über- zeugender und zeigte zugleich die Leistungsfähigkeit unserer Schiffsbauindustrie, wie es auch die weit verbreitete Meinung, die Engländer seien allein im Besitz der besten und größten Schiffe, widerlegen konnte. Die Entsendung der ganzen Flotte oder wesentlicher Bestandteile derselben auf größere Entfernung, etwa ins Mittel- meer, oder die Wiederholung eines Besuches von spanischen oder portugiesischen Häfen, Kap Verden und Azoren, war seit Sommer 1909 mit Rücksicht auf die unsichere politische Lage unterblieben. So blieb das Hauptbesuchsland für unsere Zwecke Norwegen, dessen Küste in ihren zahlreichen Fjorden eine angenehme Verteilung der Schiffe ermöglichte, statt die Bewohner durch die Masse von Marineurlaubern zu überlaufen. Der Erholungsmöglichkeit der eigenen Seeleute kam diese Verteilung, wo jedes Schiff seinen besonderen Bereich hatte, auch nur zu statten. In unseren jährlichen Besuchen der norwegischen Küste hatte von 1910 ab nur der Sommer 1912 eine Ausnahme gebildet. In diesem Jahre 1914 war für Kaiser und Flotte schon aus der allgemeinen politischen Lage das gleiche Reiseziel geboten. Ein Besuch der Küsten an der östlichen Ostsee, selbst das Anlaufen unserer eigenen dortigen Häfen scheint nicht in der Richtung unserer während der kritischen Zeit eingeschlagenen Politik gelegen zu haben. Die Möglichkeit, mit der Flotte durch ihr Verschieben nach dem Osten einen Druck auf Rußland zur Einstellung seiner Kriegsvorbereitungen auszuüben, war mit der Norwegenreife aus der Hand gegeben. Gerade für solche Zwecke liegt die Ausnutzung schwimmender Streitkräfte, die keiner besonderen Mobilmachung bedürfen, sehr nahe. Die Danziger Bucht hätte in diesem Fall einen ausgezeichneten Liegeplatz geboten, da sich größere Flottenteile aus ihr heraus sehr leicht entwickeln können, im Gegensatz zu dem schwierigen Herauskommen aus den Nordseeflußmündungen der Elbe, Weser, Jade und Ems, und die leichten zur Flotte gehörigen Streitkräfte fanden geschützte Liegeplätze im Hafen von Neufahrwasser. Wie man in dieser Weltlage Norwegen als Reiseziel wählen konnte, erschien unbegreiflich und erweckte den Eindruck, als ob man vor der Gefahr die Augen absichtlich schließen wolle. Der Möglichkeit, vorbeugend und später aktiv mit einer starken Streitmacht in den östlichen Gewässern aufzutreten, ist von vornherein nicht der ihr zukommende Wert beigelegt worden. Am 14. Juli verließ das II. Geschwader, dessen Führung ich im Anfang Februar des vorhergehenden Jahres von dem zum Flottenchef ernannten Vizeadmiral von Jngenohl übernommen hatte, den Kieler Hafen, um bei Skagen mit den von Wilhelmshaven kommenden Schiffen zusammen zu treffen und danach im Flottenverband weitere Übungen vorzunehmen, die sich vornehmlich mit der Lösung taktischer Aufgaben befaßten. Durch das Hinzutreten eines dritten Geschwaders in den Verband der Hochseeflotte waren die Übungen gerade auf dieser Reise von besonderem Wert, denn das neuformierte dritte Geschwader hatte in seiner jetzigen Zusammensetzung überhaupt noch keine Gelegenheit gehabt, an den Übungen teilzunehmen. Die praktische Anwendung der formalen Taktik aus die im Gefecht eintretenden Möglichkeiten ist unerschöpflich und bietet von Jahr zu Jahr immer wieder neuen Stoff. Dem neu hinzutretenden Geschwader fehlte hierin die Schulung. Im Kriegsspiel lassen sich wohl sehr nützliche Vorarbeiten auf diesem Gebiete erledigen, aber der taktische Blick zur Ausnutzung einer vorteilhaften Lage wird erst auf der weiten Wasserfläche selbst geschärft, und schließlich ist es die Summe der gewonnenen Eindrücke, die erst den Führer befähigt, in der ihm zu Gebote stehenden, manchmal nur nach Sekunden zählenden, kurzen Zeit den richtigen Entschluß zu finden, für den es eine Regel nicht geben kann, so beachtens- wert gewisse takische Erfahrungsgrundsätze auch sind. In der Segelschiffszeit, bei der langsamen Entwicklung zum Gefecht und der kleinen Kanonenschußweite lagen die Verhältnisse noch einfach. Heute machen die große Geschwindigkeit und die ungeheure Reichweite des Geschützes die Verhältnisse zu ganz anderen. Beim Sichten fällt meist schon der erste Schuh, wir haben es sogar erlebt, daß als erstes der Aufschlag feindlicher Geschosse wahrgenommen wurde, dem erst die Umschau nach dem Gegner folgte. Wir hatten zudem England gegenüber ein besonders schwieriges, meist sogar aussichtsloses Problem zu lösen. Wir mußten trachten, dem Gegner nahe auf den Leib zu rücken, um das kleinere Kaliber zur stärkeren Wirkung auf nahe Entfernung zu bringen und womöglich den Torpedo verwenden zu können, und vom Engländer mußten wir erwarten, daß er mit der bei allen Schiffstypen größeren Geschwindigkeit und mit der schwereren Artillerie die Gefechts- entfernung nach seinem Gefallen wählen und das Gefecht hinhaltend führen würde, wie sich das ja im Kriege durchaus bestätigt hat. Aus der Notwendigkeit der praktischen Schulung für diese Verhältnisse leuchtet die Wichtigkeit des Hinzutritts eines dritten Geschwaders ohne weiteres ein. Das III. Geschwader, unsere neuesten Linienschiffe umfassend, war außerdem noch nicht vollzählig, sondern hatte erst die Stärke einer Division, die sich aus „Prinzregent Luitpold" als Flaggschiff und den Linienschiffen „Kaiser", „Kaiserin" und „König Albert" zusammensetzte. „Kaiser" und „König Albert" hatten im Lauf des Winters, Ende Dezember auslaufend, eine längere Reife ins Ausland unternommen. Die Schiffe hatten unsere Kolonien Kamerun, Südwestafrika, dann brasilianische und argentinische Häfen aufgesucht, sogar die Magelhaensstraße durchfahren und der Westküste Südamerikas und Chiles einen Besuch abgestattet. Auf der weiten und wegen des langen Tropenaufenthaltes auch recht beschwerlichen Reise hatten sich die Schiffe gut bewährt. Namentlich das Maschinenpersonal hatte Gelegenheit gehabt, sich gründlich mit allen Einrichtungen vertraut zu machen. Die Gefechtsausbildung konnte dagegen nicht in der Weise gefördert werden, wie es in derselben Zeit zu Hause möglich gewesen wäre, wo keinerlei Ablenkungen eintreten. Zu derselben Zeit, als wir uns auf die Nordlandreise begaben, versammelte sich auch die englische Flotte zu einer großen Probemobilmachungsübung auf der Reede von Spithead, und diesen Zustand der Bereitschaft hat sie nicht mehr aufgegeben. Auf unserer Fahrt nach Norden erinnerten uns zwei französische Torpedoboote, denen wir am 16. Juli aus so nahe Entfernung begegneten, daß wir ihre Namen „Stilette" und „Trombeau" ausmachen konnten, daran, daß sich der Präsident der französischen Republik PoincarS auf dem Linienschiff „France", begleitet von dem Kreuzer „Jean Bart", aus der Reise von Dünkirchen nach St. Petersburg befand und uns jederzeit begegnen konnte. Es verlockte uns nicht, ihm die nach internationalem Gebrauch üblichen Ehrenbezeigungen in Gestalt von Salut auf hoher See zu erweisen, so daß wir es vorzogen, der Begegnungsmöglichkeit aus dem Wege zu gehen. Unsere Übungen wurden bis zum 24. Juli fortgesetzt, wobei die hohe norwegische Küste bei schönem, klarem Wetter meist in Sicht war. Den 60. Breitengrad, der die Grenze der heimischen Gewässer bezeichnete, überschritten wir am 22. Juli, aber nicht für lange Zeit. Der Aufenthalt in den norwegischen Häfen war nur von kurzer Dauer und ermöglichte gerade die Wiederauffüllung des Kohlenvorrates aus den nach den einzelnen Ankerplätzen bestellten Kohlendampfern. Mein Flaggschiff „Preußen" und das mit ihm ein Treffen bildende Linienschiff „Schlesien" wurden von dem holländischen Dampfer „Willi" versorgt. Das erste Treffen lag in dem Nordfjord bei Olde, das zweite, aus „Hessen" und „Lothringen" bestehend, ebenfalls im Nordfjord bei Sandene, während die andere Hälfte des Geschwaders, die vierte Division, den Moldesund aufgesucht hatte. In ähnlicher Weise waren die großen und kleinen Kreuzer der Flotte sowie die Linienschiffe des I. und III. Geschwaders auf andere Buchten, vorzugsweise den Sogne- und Hardangerfjord verteilt. Am Tage des Anlaufens, am Sonnabend, dem 25. Juli, erreichte uns die Nachricht von dem Ultimatum Österreichs an Serbien. Danach überraschte uns der Befehl nicht, zum sofortigen Auslaufen bereit zu sein. Schon am nächsten Tage, Sonntag nachmittag, liefen wir auf einen für die Flotte bestimmten Sammelpunkt, etwa 250 Seemeilen südlich vom Eingang des Nordfjords. Nach der Vereinigung der Flotte fanden sich die Geschwaderchefs auf dem Flottenflaggschiff „Friedrich der Große" ein, wo Admiral von Jngenohl Eröffnungen über die politische Lage machte, über die Notwendigkeit, uns auf den Kriegsausbruch vorzubereiten und auch der Annahme Ausdruck gab, daß England sich wahrscheinlich neutral verhalten würde. Hierüber lag auch eine Nachricht vor, daß König Georg von England sich dem Prinzen Heinrich von Preußen gegenüber in diesem Sinne geäußert habe. Trotzdem wurde unter Anwendung aller kriegsmäßigen Vorsichtsmaßregeln der Weitermarsch fortgesetzt: jedoch teilte sich die Flotte derart, daß das I. Geschwader unter Führung von Vizeadmiral von Lans, bestehend aus den vier Schiffen der Ostfrieslandklasse und den vier Schiffen der Nassauklasse, sowie die großen Kreuzer durch die Nordsee nach Wilhelmshaven dampfte, während das II. und III. Geschwader sich mit dem Flottenflaggschiff durch das Katte- gatt nach Kiel begaben. Diese Teilung der Flotte ist der offenkundigste Beweis für die Zuversicht, daß uns kein Überfall von englischer Seite drohen könne; vielmehr wurde die Gefahr lediglich im Osten gesehen, und es erschien daher angezeigt, chie Ostsee nicht ganz von großen Schiffen zu entblößen. Am 29. Juli lagen die Schiffe im Kieler Hafen und betrieben die planmäßig vorgesehenen Arbeiten, die zu dem einer 3t Mobilmachung in der Regel vorausgehenden Sicherungszustand gehören, der wegen der zunehmenden Verschärfung der politischen Lage angeordnet war. Alle unsere Vorbereitungen standen unter dem Eindruck, daß es sich um einen Krieg mit Rußland und Frankreich handeln würde. Der 29. Juli verging mit dem Auffüllen der Kohlen- und Proviantvorräte. Beurlaubte wurden noch nicht zurückberufen, da die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens noch keineswegs aufgegeben war. Am folgenden Tage schon wurden die Nachrichten bedrohlicher und Englands Auftreten feindseliger. Dementsprechend bereitete sich das III. Geschwader vor, durch den Kanal nach der Nordsee zu gehen, und es wurden nun auch die letzten Vorbereitungen getroffen, um die Schiffe für den jederzeitigen Übergang in den Gefechtszustand bereit zu machen. Am Juli begab sich auch der Flottenchef vormittags auf „Friedrich der Große" durch den Kanal nach der Nordsee. Aus diesem Entschluß ging hervor, daß der Schwerpunkt des Seekrieges für uns nunmehr nach dem Westen verlegt war. Kurz vor der Abfahrt hatte ich eine Unterredung mit Admiral von Jngenohl, wobei er mir noch einmal als Aufgabe für das II. Geschwader im Kriegsfall das Vorgehen gegen Rußland stellte. Begreiflicherweise hatte dieser Auftrag, der es mir ermöglichen sollte, die erste Kriegsunternehmung selbständig leiten und durchführen zu können, einen großen Reiz. Die Einsetzung eines neuen Oberbefehlshabers für die Ostsee in der Person des Prinzen Heinrich von Preußen änderte an der Freiheit des Handelns auf dem Wasser, wenn der Marsch in die feindlichen Gewässer erst angetreten war, nichts Wesentliches, und das Sachverständnis des Prinzen, seine ganze Denkungsart und Auffassung von Verantwortlichkeit boten die Gewähr, daß diese Ernennung der Sache nur zum Vorteil dienen könne. Es möge schon hier vorausgeschickt sein, daß die schwierige und entsagungsvolle Aufgabe des Verteidigungskrieges in der Ostsee, wofür wir, nachdem England als Haupt- gegner aufgetreten war, nur die beschränktesten Mittel, sowohl der Zahl als auch der Leistungsfähigkeit nach, erübrigen konnten, von dem prinzlichen Oberbefehlshaber in vorbildlicher Weise angefaßt und durchgeführt ist: Ein Russeneinbruch wie in Ostpreußen, der ebensowohl zu Wasser hätte erfolgen können, mit völliger Verwüstung der zahlreichen wertvollen und schönen Plätze an der Ostseeküste endend, blieb uns erspart. Die Hoffnung auf eine selbständige Ostseeunternehmung wurde aber schon an demselben Tage zerstört durch den Befehl an das II. Geschwader, sich ebenfalls sofort nach der Nordsee zu begeben. Die Hochseeflotte war damit am 1. August auf der Jade versammelt, wo abends um acht Uhr der Mobilmachungsbefehl eintraf, der überall von den Besatzungen der Schiffe mit freudigem Hurra begrüßt wurde. Uber die vermutliche Haltung Englands war die Meinung inzwischen völlig umgeschlagen, und es wurde bestimmt in der Flotte damit gerechnet, daß es sich den beiden Gegnern, an die wir anfänglich allein gedacht hatten, anschließen würde. Dieser Auffassung entsprach auch die Stimmung in der Flotte. Wir waren uns des Ernstes der Lage völlig bewußt, daß es uns nunmehr einen Kampf kosten würde, in dem ein ehrenvoller Untergang vielleicht die einzige Aussicht war. Aber nirgendwo war ein Zeichen von Entmutigung wegen der Aussichtslosigkeit gegen die Übermacht, sondern Helle Begeisterung und Kampfesfreudigkeit auch unter den Mannschaften, gesteigert durch das Gefühl der Erbitterung gegen die Vergewaltigung durch solche Übermacht und das Gefühl, daß es nun erst recht darauf ankäme, alles einzusetzen, um das Vaterland nicht im Stich zu lassen. Es bedurfte keiner besonderen Ermahnungen an die Besatzungen, ihren Mann zu stellen, denn aus ihren Mienen strahlte die Freudigkeit, in den Kamps zu ziehen. Die mit kühler Vernunft die Aussichten des Kampfes 3 Deutschlands Hochseesk'ite im WeMrie-e abwägenden Führer konnten durch die Siegeszuversicht der Leute sich nur bestärkt fühlen, das Äußerste wagen zu können. Durch die ganze Marine zog sich das Gefühl der Verpflichtung, die Erwartungen zu erfüllen, die schon im Frieden vielfach einen Ausdruck gefunden hatten, der vielleicht mehr der Marine als Lieblingsschöpfung der Nation galt als den wirklich großartigen Leistungen. Während ihrer kaum mehr als 50 Jahre alten Geschichte war es der preußischen und deutschen Kriegsflotte nicht be- schieden gewesen, in einer ernsthaften Kriegführung mit gleichartigen europäischen Gegnern sich auszuzeichnen, abgesehen von einzelnen Unternehmungen, die zu den besten Hoffnungen berechtigten. Die Tätigkeit unserer Schiffe hatte vorzugsweise darin bestanden, bei dem Erwerb unseres Kolonialbesitzes mitzuwirken, oder im Auslande gegen Übergriffe halbzivilisierter oder wilder Völkerschaften der deutschen Flagge Achtung und Ansehen zu verschaffen. Eigene Erfahrungen über das Verhalten und die Führung der neu entstandenen großen Kampfschiffe im Gefecht fehlten uns ebenso wie auch unserem bedeutendsten Gegner zur See — England. Die englische Flotte hatte den Vorteil, auf eine Jahrhunderte alte und stolze Tradition zurückblicken zu können, die jedem einzelnen Angehörigen ein Gefühl der Überlegenheit auf Grund der früheren Leistungen einflößen mußte. Dieses konnte sich naturgemäß nur noch verstärken beim Anblick ihrer ungeheuren Flotte, deren einzelne Bestandteile in jeder Klasse das Vollkommenste darstellen sollten, was jeweilig die Schiffsbaukunst heroorzubringen vermochte. Unterstützt wurde dieses Selbstgefühl durch die dem britischen Seemann eigene Vertrautheit mit der See und die Gewöhnung an die Lebensbedingungen an Bord, die die Hinnahme aller mit dem rauhen Beruf ver- bundenen Beschwerden als selbstverständlich ansah. In unserer Flotte herrschte ein stürmischer Betätigungsdrang, nicht hinter den Kameraden des Heeres zurückzustehen, und der Wunsch, den Grundstein zu einer ruhmreichen Trci- dition zu legen. Wir hatten den Vorteil, uns die Anerkennung der Nation erkämpfen zu sollen, der Gegner mußte die seinige verteidigen: auf unserer Seite lebte der Drang, alles zu wagen; er dagegen mußte sorgen, den früher erworbenen Ruhm nicht einzubüßen. über das Verhalten der englischen Flotte herrschte bei uns vom Führer bis zum jüngsten Mann nur die eine Meinung, daß sie darauf ausgehen werde, unsere Flotte, sobald sie sich zeigen würde, anzugreifen, wo auch immer es sei. Nach allen Erfahrungen aus der englischen Seekriegsgeschichte war dies als sicher anzunehmen. Diese Annahme wurde verstärkt durch die von englischer Seite so oft wiederholte Behauptung, die Grenze für die Operationen der eigenen Flotte läge an der feindlichen Küste, oder Bemerkungen, wie die des früheren Zivillords Lee: Wenn Deutschland es zum Kriege kommen ließe, so würden die Bewohner eines Morgens beim Erwachen hören, daß sie eine Flotte gehabt hätten. Alles dies schien auf die Absicht rascher und gründlicher Arbeit hinzudeuten. Bis zur letzten Stunde, in der die entfernteste Möglichkeit bestand, England aus dem Kriege fernzuhalten, war alles vermieden worden, was äußeren Anlaß zum Entstehen einer Spannung hätte bieten können. Die Helgoländer Bucht konnte, soweit sie nicht von den Kanonen auf der Insel bestrichen wurde — anderswo standen keine, die dorthin reichten — überall ohne Hinderung befahren werden. Daß die englische Flotte sich vom Kampf zurückhalten und nur als ,FIeet in being" nur durch die Tatsache ihres Vorhandenseins und einer Absperrwirkung aus der Ferne wirken würde, ohne sich dabei selbst Gefahren auszusetzen, hatten wir nicht als wahrscheinlich ins Auge gefaßt. Die schon erwähnte Probemobilmachung der englischen Flotte und ihre dadurch erreichte hohe Bereitschaft schien ebenfalls darauf hinzudeuten, daß offensive Operationen sofort zu erwarten wären. Durch diese Mobilmachung hatte 8* gleichzeitig die englische Politik wiederum einen Beweis ihrer Entschlossenheit gegeben, die sich nicht scheute, die entstandene Spannung zu verstärken, indem sie den russischen Heeresansammlungen das Gewicht ihrer schlagfertigen Flotte hin- zufügte. SLärkeverhältnis und strategische Lage Unsere Hochseeflotte war in der Nordsee versammelt; sie stand seit Februar 1913 unter dem Befehl des Admirals von Jngenohl, der seine Flagge auf dem Linienschiff „Friedrich der Große" führte. Die Hochseeflotte setzte sich zusammen aus drei Geschwadern, den Aufklürungsfchiffen und Torpedobooten: Geschwader. Chef: Vizeadmiral von Lans, zweiter Admiral: Konteradmiral Gädecke. Linienschiffe: „Ostfriesland". „Posen". „Thüringen". „Rheinland". „Helgoland". „Nassau". „Oldenburg". „Westfalen". Geschwader. Chef: Vizeadmiral Scheer, zweiter Admiral: Kommodore Mauve. Linienschiffe: „Hannover". „Schleswig-Holstein". „Pommern". „Deutschland" III. Geschwader. Chef: Konteradmiral Funke. Linienschiffe: König Albert". ,Prinzregent Luitpold". Aufklärungsschiffe. Befehlshaber: Konteradmiral Hipper, zweiter Admiral: Konteradmiral Maaß, dritter Admiral: Konteradmiral Tapken. Große Kreuzer: „Moltke". „von der Tann". Kleine Kreuzer: „Kolberg". Rostock". Straßburg". 7 Torpedoboots fl ottillen (sie waren im Frieden der Hochseeflotte nur zeitweise unterstellt). Tender: „Hela" (Kleiner Kreuzer ohne Gefechtswert). (Avisos, über 40 Jahre alt). Uber die Organisation der Flotte wird folgendes zunächst einzuschalten sein, um sich von ihrem Gefechtswert ein Bild machen zu können: Das Flottengesetz hatte bekanntlich einen Bestand von 41 Linienschiffen, 20 Großen Kreuzern und 40 Kleinen Kreuzern, ferner 12 Torpedobootsflottillen und 4 U-Bootflottillen vorgesehen. Diese Flotte gliederte sich in die heimische Flotte und die Auslandschiffe. Der Kern der heimischen Flotte in der Heimat war die Hochseeflotte, die sich lediglich mit der Aufgabe beschäftigte, sich für den Flottenkampf im Kriege vorzubereiten. Um sie hierfür völlig frei zu halten und jederzeit da einsetzen zu können, wo es nötig werden konnte, sie also ständig mobil zu halten, waren ihr alle sonstigen Aufgaben abgenominen und besonderen Schiffen (Schul-, Versuchs- und Spezialschiffen) übertragen. Dennoch war ein dauernder hoher Vereitschaftszustand in der Gefechtsausbildung infolge unseres Wehrsystems nicht zu erreichen, da alljährlich ein Teil der Besatzung zur Reserve übertrat und durch Rekruten ersetzt werden mußte, die dem Seedienst meist als völlige Neulinge gegenüberstanden. Die verschiedensten Bemühungen, über den im Herbst eintretenden Schwächezustand hinwegzukommen, hatten noch zu keinem abschließenden Ergebnis geführt. Daß der Ausbruch dieses Krieges in die Sommerzeit fiel, war für unsere Verhältnisse daher besonders günstig. Die Schul-, Versuchs- und Spezialschiffe dienten zur Ausbildung des Offizier- und Unteroffiziernachwuchses (Kadetten- und Schiffsjungenschulschiffe) und der Ausbildung von Spezialisten für die Artillerie, die Torpedowaffe, das Minenwesen, ferner zu Küstenvermessungen, Fischereischutz u. a. m. In der Regel wurden mit diesen Aufgaben ältere Schiffe betraut, die sich für die erste Kampflinie nicht mehr eigneten. So fanden z. B. als Schulschiffe die älteren Großen Kreuzer „Hertha", „Hansa", „Freya", „Vineta" und „Viktoria Luise" Verwendung. Für besondere Zwecke des Artillerie-, Torpedoausbildungs- und Versuchsdienstes hatte es sich nicht vermeiden lassen, auch auf moderne Schiffe zurückzugreifen, die das Flottenkommando zwar nur ungern dafür entbehrte, weil sich die Ausbildung dieser Schiffe für kriegsmäßige Aufgaben dadurch nur auf spärliche Zeit im Jahr erstrecken konnte. Der geringe Stand an Kreuzern bei der Hochseeflotte, denn die Auslandsbedürfnisse mußten auch befriedigt werden, war allerdings beklagenswert. Im Auslande befanden sich außer einigen stationären älteren Kanonenbooten ein Kreuzergeschwader in Ostasien und zwei Kreuzer („Soeben" und „Breslau") im Mittelmeer. Das Kreuzergeschwader unter dem Grafen Spee setzte sich zu- sammen aus den beiden Großen Kreuzern „Scharnhorst" und „Gneifenau", den Kleinen Kreuzern „Nürnberg", „Emden", „Dresden", „Leipzig". Hier war Wert darauf gelegt, an Kleinen Kreuzern das beste Schiffsmaterial ins Ausland zu schicken. Bei den Großen Kreuzern hatte man sich mit „Scharnhorst" und „Gneisenau" begnügen müssen, die es mit jedem Bordreadnoughtkreuzer aufnehmen konnten, während wir an ebenbürtigen Schlachtkreuzern, da „Soeben" im Mittelmeer, „Derfflinger" und „Lützow" noch nicht fertig waren, in der Heimat selbst nur über drei verfügten; ein weiterer Großer Kreuzer „Blücher" stand im Artillerieversuchsdienst. Mit seinen zwölf 21-cm-Geschützen und einer Geschwindigkeit von 25 Knoten blieb er hinter den zuerst fertig gewordenen englischen Schlachtkreuzern der Jnvincibleklasse, die zwei Jahre jüngeren Datums waren und acht 30,5-em-Geschütze führten, an Gesechtswert erheblich zurück. Außer den für Schul- und Versuchszwecke in Dienst gestellten Schiffen befanden sich noch eine weitere Anzahl von Schissen in der Heimat, welche die im Flottengesetz vorgesehene Neserveflotte zu bilden berufen waren. Da die Entwicklung des Flottengefetzes noch nicht abgeschlossen war, konnte von diesen Formationen nur ein Stammschiff in Gestalt des Linienschiffes „Wittelsbach" in Dienst gehalten werden. Ein anderes Schiss derselben Klasse: „Wettin" diente als Artillerieschulschiff: die übrigen lagen auf der Werft und wurden dort so weit in Stand gehalten, wie es die Konservierung von Maschinen, Schiffskörper und Armierung erheischte. Mit Ausbruch der Mobilmachung brachen alle Schul- und Versuchsschiffe ihre Tätigkeit ab und traten in den Befehlsverband der Hochseeflotte ein. Aus den in Reserve auf der Werft befindlichen Schiffen wurde ein viertes, fünftes und sechstes Geschwader gebildet, und zwar formierten die Linien schiffe der „Wittelsbach"-Klafse das vierte Geschwader unter dem bisherigen Inspekteur der Schiffsartillerie, Vizeadmiral Ehrhard Schmidt, die Schisse der älteren „Kaiser"-Klasse das fünfte, Geschwader, Vizeadmiral Grapow: die alten Küstenpanzer der „Siegsried"-Klasse das sechste Geschwader, Konteradmiral Eckermann. Der Übergang der Flotte in den Kriegszustand vollzog sich dank der so.gsamen Vorbereitung ohne jede Reibung in mustergültiger Weise. Es bedurfte aber natürlich noch einer längeren Zeit, bis die Besatzungen des IV., V. und VI. Geschwaders im Schiffsdienst sowohl als auch im Verbände so weit ausgebildet waren, daß ihnen kriegsmäßige Aufgaben gestellt werden konnten. Die Schiffsbesatzungen der Hochseeflotte erhielten, um den Friedensetat zu erhöhen, einen Mobilmachungszuschlag an Mannschaften, die schon in den ersten Mobilmachungstagen eintrafen und eine sehr willkommene Verstärkung boten. Während im Frieden der Kohlenersparnis zuliebe und zur Schonung der Maschinen nur selten mit voller Dampfkraft gefahren wird, muß zu kriegerischen Unternehmungen ein Schiff imstande sein, sobald es sich in See befindet, die höchste Maschinenleistung zu entwickeln und dazu stets alle Kessel in Betrieb halten. Bei einer Besatzungsstärke von rund tausend Mann, wie sie die Linienschiffe und Großen Kreuzer aufweisen, ist auch immer mit einem gewissen Prozentsatz von Kranken und sonstigem Personalausfall zu rechnen. Er wird durch diesen Mobilmachungszuschlag gedeckt, der etwa zehn Prozent des Friedensetats beträgt. Im weiteren Verlaufe des Krieges zeigte sich seine Nützlichkeit auch darin, daß man imstande war, Beurlaubungen eintreten zu lassen, ohne die Gefechtsbereitschaft in nachteiliger Weise herabzusetzen. Be- sonders wichtig war die Verstärkung für die Großen Kreuzer, die bei ihrem starken Kohlenverbrauch zur Erzielung der Höchstleistung mit dem etatmäßigen Maschinenpersonal allein nicht in der Lage waren, die Kohlen aus den weiter entfernt liegenden Bunkern während des Marsches an die Feuerungen der Heizräume heranzuschaffen, so daß Aushilfe von dem Matrosenpersonal gestellt werden mußte. Die Gefechtsbunker in unmittelbarer Nähe des Heizraumes wurden nach Möglichkeit unangetastet gelassen, für den Fall einer Aktion, wo jedermann an Bord auf seiner Gefechtsstation unentbehrlich ist. Für die Organisation einer Marine ist die Regelung des Befehlsverhältnisses eine Frage von besonderer Bedeutung. Der größte Teil der Schiffe in der Heimat war einem Befehlshaber, dem Chef der Hochseestreitkräfte, unterstellt. Die auf entfernt liegenden Stationen im Auslande befindlichen Schiffe konnten naturgemäß von ihm aus nicht geleitet werden; auch diejenigen Schiffe in der Heimat, die in einem Gebiet zu operieren hatten, das mit der Hauptkriegführung der Flotte keinen unbedingten Zusammenhang hatte, mußten ihren eigenen Oberbefehlshaber haben. Die Zahl der in einem Verband unterzubringenden Schiffe darf nicht größer sein, als daß sie der Führer selbst im Gefecht noch übersehen und leiten kann, denn ein sehr wesentlicher Unterschied in der Kriegführung am Lande und zur See liegt darin, daß die Leitung sich mit in die Feuerlinie begeben muß. Mit der Leitung in enger Beziehung steht aber auch die Verantwortung für die Durchführung aller Unternehmungen, und es hat daher sein Mißliches, über den Flottenchef, der die wichtigsten Streitkräfte unter seinem Befehl vereinigt, eine höhere Instanz einzuschalten, die bei den Eigentümlichkeiten der Seekriegführung doch nicht imstande sein kann, Zeitpunkt und Art einer für notwendig gehaltenen Unternehmung so bis ins einzelne voraus zu bestimmen, wie dies bei der Leitung von Operationen am Lande möglich und not- wendig ist. Die Anforderungen auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen, auf welchen in diesem Weltkriege gekämpft wurde, machten aber eine Stelle nötig, welche die für jeden Zweck erforderliche Zahl der Streitkräfte zu verteilen hatte, womit sie auch einen starken Einfluß auf die Kriegführung in den einzelnen Gebieten ausüben konnte. Das Organ für diese Tätigkeit war der Admiralstab, in welchem auch im Frieden die Vorarbeiten für die Operationspläne hergestellt wurden. Der Chef des Admiralstabes hatte die Befugnis, dem Obersten Kriegsherrn, welchem verfassungsgemäß der Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht zu Lande wie zu Wasser zustand, die Befehle für die Kriegsaufgaben vorzulegen und sie, nachdem sie die kaiserliche Zustimmung gefunden hatten, an die Flotte weiter zu leiten. In diesem Kriege, wo ein enges Zusammenwirken von Heer und Flotte auf das gemeinsame Kriegsziel hin besonders notwendig war, mußte die Tätigkeit des Admiralstabes besondere Bedeutung gewinnen. Die Entwickelung der Marine, die sich erst in den letzten Jahrzehnten immer mehr zu einem starken Kriegswerkzeug auswuchs, hatte aber eine gleichzeitige Förderung der personellen Bedürfnisse, die an allen Stellen auftraten, nicht ermöglicht. Darunter hatte auch die Friedenstätigkeit des Admiralstabes gelitten, und das machte sich im Kriege fühlbar. Im Frieden war für die Entwicklung der Marine der Einfluß des Staatssekretärs des Reichsmarineamts der überwiegende, besonders da sich in dieser Stellung eine Persönlichkeit befand, wie der Großadmiral von Tirpitz, der sich durch seine überragende Befähigung einen so großen Einfluß gesichert hatte, wie er in der Geschichte der Marine noch niemals einem Seeoffizier eingeräumt gewesen war. Im Kriege dagegen hatte er auf die Leitung der Operationen keinen unmittelbaren Einfluß. Die Entwicklung der Marine war nicht ohne mancherlei Meinungsverschiedenheiten über die zweckmäßige Art des Ausbaues abgegangen. An der Front und beim Admiralstab herrschte das Bedürfnis vor, die jeweilig vorhandene Flotte in allen Einzelheiten so komplett und damit für den Kriegsfall bereit zu haben, daß alle Bedürfnisse erfüllt waren. Da dem Staatssekretär, der ein großes Programm zielbewußt im Auge behielt, mehr daran gelegen war, das Wichtigere zuerst fertig zu stellen und es für die Nebenbedürfnisse, falls es vor dem endgültigen Ausbau der Flotte doch zum Kriege kommen sollte, mehr oder weniger auf Improvisation ankommen zu lassen, wurden in erster Linie der Linienschiffs- und Torpedobootsbau gefördert, um dem Grundsätze Rechnung zu tragen, auf dem unser Flottengesetz sich aufbaute, mit der Flotte eine Waffe zu schaffen, die zum Kampfe gegen eine überlegene feindliche Flotte eine ausreichende Stärke besaß. Der Verlauf des Krieges hat die Richtigkeit dieses Grundsatzes erwiesen. Nur in einem wesentlichen Punkte waren unsere strategischen Überlegungen auf einer unzutreffenden Voraussetzung aufgebaut gewesen, nämlich der Annahme, daß die englische Flotte, die sich in ihrem Ausbau uns dauernd überlegen gehalten hatte, den Kampf in der deutschen Bucht in der Nordsee suchen oder dahin Vordringen würde, wo sie die deutsche Flotte zu finden hoffte. Wir hatten deshalb besonderen Wert auf starke Widerstandsfähigkeit und Angriffskraft gelegt und die Geschwindigkeit und den Aktionsradius dagegen zurückstellen zu können geglaubt. Die Verschiedenheit unserer Schiffstypen von den englischen zeigt, daß in beiden Flotten der strategische Gedanke ihrer Bauart zu Grunde gelegt worden ist. Die Engländer begnügten sich mit geringerem Panzerschutz, legten Wert auf höhere Geschwindigkeit und ein möglichst großes Kaliber, um dadurch dem Gegner die Wahl des Kampfplatzes vorschreiben zu können. Neben dem Kommando der Hochseeflotte war ein besonderes Oberkommando für die Ostseestreitkräfte eingerichtet. Di« im Auslande befindlichen Befehlshaber waren ebenfalls selbständig und erhielten ihre Weisungen durch den Chef des Admiralstabes, dessen Mitwirkung bei der Führung des Kreuzerkrieges für die Vorbereitungen der Kohlen- und Nachrichtenversorgung gar nicht zu entbehren war. In dem großen Verteidigungskampf, in den sich unser Volk gestellt sah. sollte jetzt zum ersten Male in der deutschen Geschichte auch die Seemacht eine wichtige Rolle übernehmen. Für das Verhalten unserer Flotte kam nicht allein in Betracht, wie sie sich die günstigste Gelegenheit verschaffen konnte, Erfolge zu erringen, sondern welche Aufgaben ihr im Rahmen der gesamten Kriegsführung zufielen: Der strategische Feldzugsplan des Heeres wurde mitbestimmend für das Verhalten der Flotte. Die Marine hatte die Pflicht, das Heer in seiner schwierigen Aufgabe, an zwei Landfronten gegen Übermacht kämpfen zu müssen, dadurch zu unterstützen, daß sie ihm den Rücken gegen etwaige von Norden her drohende Gefahr unbedingt sicherte. Solange es sich nur um den Kampf gegen den Zweibund handelte, brauchte die Armee nach dieser Richtung keine Besorgnisse zu haben, da die Flotte der Aufgabe gewachsen war. Das Heer hatte seinen Plan für den Zwei-Fronten-Krieg derart aufgestellt, daß man den Erfolg von einer Offensive erwartete und die volle Wucht des Angriffes zuerst auf eine Stelle richten wollte. Daraus folgte, daß an der anderen Front zunächst Zurückhaltung geübt werden, und man sich dort auf die Verteidigung einrichten mußte. Mit dem Beitritt Englands auf Seite der Gegner gewann die Seefront, als dritte, eine besondere Bedeutung. An den Grundzügen unseres strategischen Verhaltens zu Lande änderte sich aber, soweit man aus dem Verlauf des Krieges ersehen kann, nichts Wesentliches. Auch ist mir in meiner damaligen Stellung als Geschwaderchef nichts darüber bekannt geworden, ob mit der zunehmenden Feindseligkeit Englands der Gedanke erwogen wurde, einen neuen gemeinschaftlichen Kriegsplan für Heer und Flotte aufzustellen, etwa von dem Gedanken ausgehend, unsere Abwehraussichten gegen England zu verbessern. Dies war zu erreichen durch eine möglichst schleunige Eroberung der französischen Küstenstrecke, welche die Linie Dover—Calais beherrschte. Sowohl der englische Truppentransport über den Kanal, wie der Handelsverkehr nach der Themse wären erst dadurch in gefährlicher Weise bedroht worden. Wenn man den Einfluß der Seemacht Englands auf den Verlauf des Krieges von vornherein so hoch eingeschätzt hätte, wie er sich zu unserem Nachteil später herausgestellt hat, so hätte dieser Frage von vornherein große Bedeutung beigemessen werden müssen Statt dessen sahen wir uns erst durch den Verlaus des Feldzugs in Frankreich in eine Position gedrängt, die zur Anlehnung an die Küste, als Flankendeckung des rechten Flügels unserer Armee zwang und dadurch von der flandrischen Küste aus eine wenn auch nicht so vollwertige Ausfallstellung gegen England brachte. Für die Abwehr der englischen Seemacht mußte die Marine in die Bresche springen. Dieser Gedanke erschien so selbstverständlich, daß aus dem Hinzutritt Englands zu den Gegnern neue Aufgaben für das Heer nicht abgeleitet wurden. Es glaubte vielmehr eine Unterstützung von der Marine in der Verhinderung der Truppentransporte über den Kanal als selbstverständlich er- warten zu können. Der Schutz dieser Truppentransporte galt der englischen Flotte als eine ihrer Hauptaufgaben. Seine Störung war nur um den Preis eines Entscheidungskampfes mit der englischen Flotte möglich, und selbst bei günstigem Verlauf war für Erreichung des Ziels keine Gewähr geboten, namentlich nicht für eine dauernd wirksame Unterbrechung des Nachschubs über See. Wir werden später noch auf die Ausführbarkeit solcher Pläne einzugehen haben. Auch ohne daß ein ins einzelne gehender Kriegsplan für Heer und Marine vereinbart war, verlangte die Kriegslage, daß das Vorgehen der Marine sich dem Fortschritt der Operationen des Heeres anzupassen hatte, um dieses nicht bei einem Fehl- schlagen etwaiger Flottenunternehmungen in die Verlegenheit zu bringen, seine eigene Offensive schwächen oder ganz abbrechen zu müssen. Die Bedeutung der deutschen Flotte für eine günstige Entwicklung des Landkrieges kann auch der Gegenpartei nicht entgangen sein. Sobald es dem Gegner gelang, die Seeherrschaft in der Ostsee zu erringen und russische Truppen an der poin- merschen Küste zu landen, mußte unsere Ostfront zusammenbrechen, und unser Feldzugsplan, der auf hinhaltende Kriegführung im Osten und rasches Niederschlagen der französischen Armee ausging, brach zusammen. Die Beherrschung der Ostsee ruhte auf der Stärke der deutschen Flotte. Mit der Vernichtung der russischen Flotte wäre die Gefahr für die Ostsee noch keineswegs beseitigt gewesen, da eine Landung ebensogut unter dem Schutz von englischen Seestreitkräften erfolgen konnte, wenn die deutsche Flotte sie nicht mehr verhinderte. Die Auseinandersetzung darüber brauchte die englische Flotte keineswegs in der Ostsee selbst zu suchen. Sie hatte es in der Hand, uns zu zwingen, ihr in der Nordsee entgegenzutreten, sobald sie einen Angriff auf unsere Küste unternahm. Für diesen Fall durften wir uns nicht vorher schwächen, wie es nicht zu vermeiden war, wenn wir danach strebten, die der Ostsee durch die russische Flotte drohende Gefahr in erster Linie zu beseitigen. Mit einem Angriff der englischen Flotte war um so mehr zu rechnen, als die vereinigte Flotte der Feinde dann freie Hand gegen unsere Küste erhielt. Daß England den Kampf mit der deutschen Flotte, der ihr als oberstes Kriegsziel gelten mußte, in der Ostsee suchen würde, wo alle Borteile auf unserer Seite lagen, war unwahrscheinlich. Die gegebene Aufmarsch st ellung für unsere Flotte war daher die Nordsee. Von dort aus konnten wir auch die englische Ostküste bedrohen und hielten dadurch die englische Flotte in der Nordsee fest. Einem etwaigen Versuch der Engländer, doch in die Ostsee einzudringen, konnten wir durch den Kaiser-Wilhelm- Kanal immer noch rechtzeitig entgegentreten. Gegen die Russen mußten zunächst schwächere Beobachtungsstreitkräfte genügen, die durch möglichst offensives Vorgehen zu versuchen hatten, die Russen von dem gleichen Verhalten abzuschrecken. Dafür konnte auch der Minenkrieg gute Dienste leisten. Diese Abschreckungsversuche konnten aber nur so lange wirksam bleiben, als wir noch eine überlegene Streitmacht gegen die Russen einzusetzen hatten. Diese Überlegenheit gaben wir aus der Hand, wenn wir versuchten, den Kampf mit der englischen Flotte unter ungünstigen Verhältnissen aufzusuchen, weil der Ausgang zum mindesten zweifelhaft war. Bei der Bereitschaft der englischen Flotte und ihrer überlegenen Stärke sprach die Wahrscheinlichkeit eher für einen Mißerfolg, der für den Ausgang des Krieges verhängnisvoll werden konnte. War schon aus diesem Grunde Zurückhaltung geboten, so fehlten uns im Anfang des Krieges auch alle sicheren Anhaltspunkte über den Aufenthalt der englischen Flotte, die wir für unser Vorgehen erst aus dem Verhalten der Engländer gewinnen konnten. Einem Angriff galt es um so mehr mit möglichster Stärke entgegenzutreten, als die Ungunst unserer Lage, die sich aus den geographischen Verhältnissen des Nordfee- Kriegsschauplatzes ergab, uns ohnehin schon in Nachteil setzte. Unsere Nordsee-Stellung litt darunter, daß wir zum Ausgang für alle Unternehmungen nur den einen Punkt im äußersten Winkel der Nordsee nehmen konnten, der vor der Elbe- und Wesermündung liegt. Von ihm aus allein konnte die Flotte vorstoßen, und zu ihm mußte sie auch wieder zurückkehren, um ihre Stützpunkte in den Mündungen der Jade und Elbe aufzusuchen. Der Weg um Skagen und durch die Belte war uns verschlossen, da die Dänen diese Fahrstraße durch Minen gesperrt hatten. Die Schenkel des „nassen Dreiecks", dessen Spitze man sich bei Helgoland denken kann, enden im Norden bei Sylt, im Westen bei der Emsmündung. Das Fahrwasser der Ems grenzt mit seinem linken Ufer an neutrales, holländisches Gebiet. Alle Schiffsbewegungen dort können also eingesehen und die Beobachtungen in kürzester Zeit zur Kenntnis des Feindes gebracht werden. Das Fahrwasser bei Sylt ist nur für Torpedoboote und leichte Kreuzer bei günstigem Wasserstand und guten Windverhältnissen passierbar. Dagegen bietet die englische Ostküste eine Reihe von gesicherten Ankerplätzen für große Schiffe, ja auch zur Aufnahme der ganzen Flotte. Die englische Küste weicht, je mehr man ihr nach Norden folgt, um so weiter nach Westen zurück, vergrößert dadurch beim Borgehen gegen nördliche Stützpunkte die zurückzulegende Entfernung immer mehr und begünstigt den Feind, wie die Karte das erläutert. Während wir uns bei einem Vorgehen gegen die im Norden vermutete englische Flotte Vorstößen aus der Flanke von Süden her aussetzen und umgekehrt, ist der Engländer in der günstigen Lage, wenn er sich unserer Küste nähert, alle Gefahr nur aus der einen Richtung, von vorn, aus der deutschen Bucht, erwarten zu brauchen. Er kann gegen den einen Stützpunkt, aus dem wir herauskommen müssen, U-Boote vorschieben, um uns beim Aus- und Wiedereinlaufen zu schädigen, und braucht seine Beobachtung nur auf diesen einen Punkt zu richten. Das enthebt ihn der Abzweigung von Beobachtungsstreitkräften. Die britische Schlachtflotte (Lsttle kleet).2) Flottenflaggschiff: „Jron Duke". I. Schlachtgeschwader: Linienschiffe: „Marlborough". „St. Vincent". „Colossus". „Hercules". Schlachtgeschwader: Linienschiffe: „King George V". „Centurion". „Orion". „Conqueror". „Ajax". „Monarch". „Audacious". „Thunderer". Schlachtgeschwader: Linienschiffe: „King Edward Vll". „Dominion". „Hibernia". „Africa". „Commonwealth". „Britannia". „Zealandia". „Hinduftan". Schlachkgeschwader: Linienschiffe: „Dreadnought". „Erin". „Temeraire". „Queen Elizabeth". „Bellerophon". „Warspite". „Agincourt". „Valiant". „Barham". I. Schlachkkreuzergeschwader: Schlachtkreuzer: „Lion". „Jnvincible". „Princeß Royal". „Inflexible". „Queen Mary". „Jndomitable". „New Zealand". „Jndefatigable". II. Kreuzergeschwader: Panzerkreuzer: „Shannon". „Cochrcme". „Achilles". „Natal". Deutschlands Lochseeslottr Im W«A>lrirge III. Kreuzergeschwader: Panzerkreuzer: i". „Devonfhire". „Noxburgh". I. Leichtes Kreuzergeschwader: Leichte Kreuzer: „Southampton". „Nottingham". Birmingham". Zerstörerflottillen: Nach Zahl und Zusammensetzung uns unbekannt. Die vorgenannten Schiffe bildeten die Grand Fleet unter dem Befehl des Admirals Sir John Jellicoe. Die zweite britische Flotte: Alotkenflaggschiff: „Lord Nelson". Schlachlgeschwader: Linienschiffe: „Prince of ^ales". „Jmplacable". „Agamemnon". „Irresistible". „Bulwark". „London". „Formidable". „Venerable". „Queen". Schlachlgeschwader: Linienschiffe: „Rüssel". „Duncan". „Cornwallis". ,,Exmouth". „Albemarle". „Nengeance". V. Kreuzergeschwader: Leichte Kreuzer: „Carnaroon". „Falmouth". Liverpool". SO vi. Kreuzergeschwader: Panzerkreuzer: „Drake". „King Alfred". „Good Hope". „Leviathan". Die dritte britische Flotte: Schlachtgeschwader. 7.. Schlachtgeschwader. 9.. 8 Schiffe der Majestic-Klasse. . Kreuzergeschwader. 6 Schiffe der Canopus-Klaffe. . Kreuzergeschwader. 12. Kreuzergeschwader. Sie umfaßten ältere Kreuzer, z. V.: „Cressy". „Crescent". „Aboukir". „Edgard". „Hogue". „Endymion". „Hawke". „Gibraltar". „Theseus". „Grafton". „Royal Arthur". Die zweite und dritte Flotte waren zur Kanalflotte unter einem besonderen Oberbefehlshaber zusammengefaßt. Mit dieser gewaltigen Streitmacht war England wohl in der Lage, uns den Druck seiner Seemacht fühlen zu lassen. Am wirksamsten konnte das erreicht werden durch Vernichtung unserer Flotte. Das war auch die Ansicht des damaligen englischen Flottenchefs, die er mit den Worten aussprach: „Der genannte Zweck kann am sichersten und schnellsten durch Vernichtung der feindlichen Seestreitkräfte erreicht werden, diese ist darum das oberste Ziel unserer Flotte. Die Flotte ist da, um den Sieg zu erringen".3 Nach diesen stolzen Worten hat aber die englische Flotte nicht gehandelt, trotz der Vorteile ihrer Stärke und der geographischen Verhältnisse. Wohl aber war unsere Annahme, daß sie so vorgehen würde, durchaus berechtigt. Danach hatten mir unser Handeln zu richten. Die Aufgabe, welche dem deutschen Hochseechef gestellt wurde, lautete nach dem ihm vom Admiralstab übersandten Operationsbefehl folgendermaßen: Das Ziel der Operationen soll sein, die englische Flotte durch offensive Vorstöße gegen die Bewachungs- und Blockadestreitkräfte der deutschen Bucht, sowie durch eine bis an die britische Küste getragene Minen- und, wenn möglich, U-Boots-Offensioe zu schädigen. Nachdem durch diese Kriegführung ein Kräfteausgleich geschaffen sei, solle nach Bereitschaft und Zusammenfassung aller Kräfte versucht werden, unsere Flotte unter günstigen Umständen zur Schlacht einzusetzen. Wenn sich schon vorher günstige Gelegenheit zum Schlagen böte, so müsse diese ausgenutzt werden. Ferner solle Handelskrieg nach Prisenordnung geführt und die dafür nach außerheimischen Gewässern bestimmte Schiffe so früh als möglich hinausgebracht werden. Dieser Operationsplan spricht die Weisung aus: Die Flotte soll schlagen, wenn die Verhältnisse günstig sind, sie soll den Kampf mit der englischen Flotte erst suchen, nachdem ein Kräfteausgleich mit den Mitteln des Kleinkriegs herbeigeführt ist. Er hinderte also den Flottenchef keineswegs an der Ausnutzung guter Gelegenheiten und ließ ihm die dazu nötige Bewegungsfreiheit, aber er verlangte von ihm solange Zurückhaltung des Einsetzens der ganzen Flotte zur Schlacht, bis eine Wahrscheinlichkeit für den Erfolg gegeben war. Er ging ferner ungehinderte Benutzung der See zu sichern als Lebensfrage für ein Insel- reich, das auf Nahrungszufuhr von Übersee angewiesen ist: 2. Ausübung dauern' » wirtschaftlichen Druckes auf den Gegner durch seinen Ausschluß von der Benutzung der See; 3. Sicherung der Überfahrt des britischen Expeditionsheeres und 4. Schutz des Landes vor Invasion. von der Annahme aus, daß sich Gelegenheit finden würde, dem Feind Abbruch zu tun, wenn dieser, wie zu erwarten war, eine Blockade der deutschen Bucht einleiten würde, die sich an die Bestimmungen des internationalen Seerechts hielt. Hervorzuheben ist auch, daß eine U-Boots-Osfensive nur verlangt wird „wenn möglich". Die Kriegsleistungen der U-Boote übertrafen die Erwartungen ganz bedeutend, dank der Energie, mit der die Führung vor schwierigen Aufgaben nicht zurückschreckte, und dem bei Kommandanten und Besatzungen herrschenden Tatendrang, die Anforderungen noch aus eigenem Antrieb zu überbieten. Für die Ostseekriegführung enthielt der Operationsbefehl an den Hochseechef keine Weisungen, da für dieses Gebiet ein besonderer Oberbefehlshaber eingesetzt war. Wollte die englische Flotte den Krieg in die Ostsee tragen, so erfüllten sich die im Operationsbefehl der Hochseeflotte gestellten Vorbedingungen (günstige Gelegenheit zum Angriff) auf die einfachste Weise. III. Zn Erwartung des feindlichen Angriffs Am 2. August hatte der Flottenchef seinen sämtlichen auf dem Flottenflaggschiff versammelten Unterbcfehlshabern der drei dort versammelten Linienschiffsgeschwader, der Kreuzer, Torpedoboote und U-Boote die in dem Operationsbefehl gestellte Aufgabe und seine Absichten auseinandergesetzt. Vom Admiralstab war Weisung eingetroffen, daß gegen englische Kriegs- und Handelsschiffe auf ausdrücklichen Wunsch des Auswärtigen Amtes keine feindseligen Handlungen unternommen werden dürften, da dort wohl immer noch die Hoffnung auf S3 Englands Neutralität nicht aufgegeben war. In dem Wunsche, England aus dem Kriege fernzuhalten, war der Reichskanzler sogar so weit gegangen, durch unseren Botschafter in London die Verpflichtung anbieten zu lassen, nichts im Kanal oder gegen die französische Nordküste zu unternehmen, falls England sich neutral verhielte, um es auf diese Weise von der vertraglichen Verpflichtung, durch die englische Flotte den Schutz der französischen Nordküste zu übernehmen, zu befreien. Es folgte aber noch am selben Tage die Mitteilung, daß der enlische Telegraphenverkehr nach dem Festland eingestellt und mit feindseligen Handlungen Englands zu rechnen sei. Wie allgemein der Glaube war, die englische Flotte würde sofort zum Angriff vorgehen, geht daraus hervor, daß nach der Sitzung beim Flottenchef der Führer des ersten Geschwaders mir dringend riet, noch in der Nacht die Überfahrt mit dem zweiten Geschwader nach der Elbe auszuführen, statt erst, wie geplant, am anderen Morgen, weil es dann schon zu spät dafür sein könnte. Es blieb aber bei dem Beschluß, den uns angewiesenen Liegeplatz auf der Elbe am nächsten Tag (3. August) einzunehmen, was auch ohne Zwischenfall unter Beachtung der nötigen Vorsichtsmaßregeln durch vorgeschickte Minensuch- divisionen bewerkstelligt wurde. tzum Einnehmen der Ankerplätze auf Altenbruch-Reede Zwischen Cuxhaven und Brunsbüttel hatte das II. Geschwader die inzwischen schon ausgelegten Schutzsperren auf der Elbe zu passieren, an denen sich noch ein reger Verkehr von Dampfern entwickelte, die es sehr eilig hatten, aus der Elbe herauszu- kommen. Darunter waren auch verschiedene englische, die sich an die Warnungen der Lotsendampfer nicht kehren wollten, sodaß in dem ohnehin schwierigen und engen Fahrwasser ein gefährliches Gedränge entstand. Der englische Dampfer „Wilfried" büßte dabei seine Dreistigkeit dadurch, daß er auf die Sperre lief und von zwei kurz hintereinander erfolgenden Minenexplosionen zum Sinken gebracht wurde. So hatten wir S4 gleich Gelegenheit, uns von der Minenwirkung eine praktische Vorstellung zu machen. Nach diesem Vorkommnis gab der Festungskommandant von Cuxhaven, dem die Sicherung der Flußmündung oblag, Auftrag, alle Dampfer wieder nach Hamburg hinauszujchicken, damit sie ihre Kenntnis von der Lage der Sperre nicht zum Vorteil des Feindes verwerten konnten. Der nächste Tag brachte uns die englische Kriegserklärung. Schon wenige Stunden nachher wurde in der deutschen Bucht das erste englische U-Boot gemeldet. Die Sicherung der Helgoländer Bucht erstrebte rechtzeitiges Erkennen feindlicher Absichten, um ihnen mit unseren Streit- kräften wirksam begegnen zu können, ohne selbst beim Auslaufen unter der feindlichen Gegenwirkung zu leiden. Diese konnte von U-Booten oder Minensahrzeugen ausgehen, von denen sich die letzteren unter dein Schutz der Dunkelheit heran- schleichen und die Fahrwässer vor den Flußmündungen verseuchen konnten. Auch mußte damit gerechnet werden, daß Treibminen in die Flußmündungen geworfen wurden, um mit der Flut stromaufwärts zu treiben und den dort vor Anker liegenden Schiffen Gefahr zu bringen. Es war uns eine englische Minenkonstruktion bekannt geworden, die nur das steigende Wasser der Flut zum Weitertreiben benutzte und für die Zeit der Ebbe auf dem Grund liegen blieb, um danach wieder hochzusteigen und weiter stromaufwärts zu treiben. Solche Minen hätten erheblich weiter, sogar bis zu den Ankerplätzen der Schiffe, Vordringen können, anstatt durch die Wechselwirkung von Ebbe und Flut nur auf einer beschränkten Strecke hin und her zu treiben und dabei wohl bald zu stranden. Auch mit dem Eindringen von feindlichen U-Booten in die Flußmündungen mußte gerechnet werden. Wenn dis Wassertiefen auch mäßig waren, so schlossen sie ein Fahren der U-Boote im getauchten Zustand doch keineswegs aus. Erst später, als die Wasserbombe entwickelt war, brauchten die U-Boote größere Tiefen, um sich deren Wirkung zu entziehen. Wenn aber der Feind vor so gewagten Unternehmungen etwa zurückscheute, so genügte auch schon der Aufenthalt in den Gewässern vor den Flußmündungen, um Wirkung gegen unsere großen Schiffe zu erzielen, sobald sie in die freie See aus- lausen wollten. Jedenfalls war allen diesen Angriffsmöglichkeiten gegenüber ein doppelter Schutz geboten; einmal in der Anbringung technischer Abwehrmittel, wie Sperren, Schutznetze und dergleichen, dann aber auch durch angespannteste Aufmerksamkeit der Bewachungsstreitkräfte. Wenn der Feind eine Schlacht in der Nähe Helgolands anstrebte, wie wir es annahmen, so waren wir von vornherein benachteiligt, wenn wir uns dazu erst aus den Flußmündungen heraus entwickeln sollten. Die engen Ausläufe aus Elbe und Jade schreiben die Kursrichtung genau vor und nötigen die Schiffe, in Kiellinie zu folgen, woraus sich eine vorzügliche Schußgelegenheit für U-Boote in Lauerstellung ergibt. Deshalb war das rechtzeitige Erkennen eines feindlichen Anmarsches sowie seiner Stärke von besonderer Wichtigkeit, um ihm in freier See mit den nötigen Streitkräften entgegentreten zu können. In den ersten Augusttagen war der Bereitschaftszustand derart, daß alle großen Schiffe tagsüber zum sofortigen Ankerlichten Dampf hatten. Eine Ansammlung auf den Außenreeden verbot sich aber, weil erst noch die Schutzsperren ausgelegt werden mußten. Die Zeit, die vom Einlaufen einer Meldung über den Feind bis zum Erlaß eines Befehls zum Handeln, dem Beginn seiner Ausführung und dem Erreichen der angestrebten Stellung in See verstrich, war nicht unbeträchtlich. Sie konnte sich je nach dem Bereitschaftszustand der Schiffe und der Wahl ihrer Ankerplätze auf Stunden belaufen, in denen sich der Anmarsch des Gegners ungehindert weiter vollzog. Daraus ergab sich die Notwendigkeit, die Aufklärung möglichst weit vorzuschieben. Je weiter aber sich der Kreisbogen, auf dem sich die Aufklärungs- und Bewachungsstreitkräfte bewegten, von Helgoland entfernte, um so weniger dicht wurde auch die Besetzung. Das weite Vorschieben erforderte entweder mehr Schiffe oder ging auf Kosten der Zuverlässigkeit, wenn die Linie zu dünn besetzt war. Die Nutzbarmachung der Funkentelegraphie (F. T.)4) kam dem Meldewesen außerordentlich zustatten. Aber eine große Zahl der älteren Torpedoboote, die jetzt in die Minensuch- divifion eingestellt waren, hatten diese für ein Torpedoboot immerhin recht kunstvolle Ausrüstung noch nicht erhalten. Dadurch konnte unter Umständen auch kostbare Zeit verlorengehen. Dem Befehlshaber der Aufklärungsschiffe5), Vizeadmiral Hipper, war die Einrichtung des Sicherungsdienstes übertragen worden und ihm dazu außer seinen Kreuzern noch sämtliche Torpedobootsflottillen, die U-Boote, Minensuchdivifionen, Flieger und Luftschiffe unterstellt. Aus diesen Streitkräften wurde ein Sicherungsgürtel gebildet, der bei Tage aus mehreren Reihen bestand, die sich auf Kreisbögen in verschiedenen Abständen vom Feuerschiff „Elbe I" bewegten. Die äußere Linie in 35 sin (Seemeilen zu 1852 Meter) Abstand von „Elbe I" war von Torpedobooten besetzt. Sechs sm weiter rückwärts standen U-Boote und nachmals 6 sin weiter dahinter auf dem innersten Bogen Minensuchdivifionen. Hinter den beiden Flügeln dieses Sicherungsgürtels, östlich und südlich von Helgoland, waren zwei bis vier Kleine Kreuzer verteilt. Bei Nacht wurden die U-Boote eingezogen, ebenso der äußere Torpedobootsgürtel, und nur die innere Linie besetzt geholten. Dafür blieben um so mehr Torpedoboote in Bereitschaft für nächtliche Unternehmungen. Dieses ganze System diente aber mehr der Sicherung als der Aufklärung. Für letzteren Zweck reichte es nicht weit genug. Selbst wenn aus der äußersten Linie aus 15 sm Entfernung das Herannahen stärkerer feindlicher Streitkräfte gemeldet wurde, so konnten diese bei, hoher Fahrt schon in etwa 1^ Stunden im Feuerbereich der Festung Helgoland sein. In dieser Zeit hätten nur die auf der Außenjade liegenden Schiffe freies Wasser gewinnen können. Die auf der Elbe bei Cuxhaven oder in der Jade auf Wilhelmshaven Reede liegenden Schiffe brauchten längere Zeit. Auf diese Sicherung allein angewiesen, befanden wir uns in dem Zustand, entweder vom Feind überrumpelt zu werden und ihm mit unzulänglichen Mitteln entgegenzutreten, oder die ganze Flotte dauernd in Bereitschaft halten zu müssen. Dieser letztere Zustand war auf die Dauer nicht durchzuführen. Die Einbeziehung der Torpedoboote und Kreuzer in den Sicherungsgürtel und die Notwendigkeit, sie schon nach wenigen Tagen ablösen zu lassen, da die Aufmerksamkeit des Personals bei dem anstrengenden Dienst in See sonst erlahmen mußte, nahmen so viele leichte Streitkräfte in Anspruch, daß ihre Hauptaufgabe, den Feind in weiterer Entfernung in der Nordsee aufzusuchen und anzugreifen, ehe er uns dicht auf den Leib gerückt war, sehr beeinträchtigt wurde. Die Leitung stand vor dem vielseitigen und mit den vorhandenen Mitteln schwer zu lösenden Problem: Überraschungen auszuschließen, die Sicherheit der Bucht nicht durch Minen oder U-Boote beeinträchtigen zu lassen, um der Flotte die nötige Bewegungsfreiheit, aus dem Hafen herauszukommen, zu erhalten und schließlich den Feind selbst in der Nordsee aufzusuchen und durch Kleinkrieg zu schädigen. Es war daher ein sehr richtiger Entschluß, einem Führer diese ganze Aufgabe zu übertragen, der seine Dispositionen so zu treffen hatte, daß er außer der Vielseitigkeit der Ansprüche noch Wind und Wetter, vorkommende Havarien oder Schäden und dadurch bedingte Ausfälle sowie die Kohlenversorgung berücksichtigte. Die Kohlenversorgung erforderte bei dem verhältnismäßig geringen Vorrat der kleinen Fahrzeuge eine häufige Ergänzung. Auch litten deren Besatzungen unter dem schlechten Wetter erheblich mehr als auf großen Schiffen, und bedurften daher eher einer Ausspannung. Nicht einfach war auch die Regelung des Befehls- und Meldedienstes durch den Funkspruch, um Sicherheit für richtigen und rechtzeitigen Empfang zu erlangen und Störungen durch den Verkehr anderer Stationen, besonders auch solcher, die nicht zu dem gleichen Befehlsbereich gehörten, auszuschließen. In unserer Lage kam den Fliegern und Luftschiffen ein besonders großer Wert zu. Leider war ihre Zahl anfangs sehr gering. Als Flugzeugstation war Helgoland eingerichtet, das zunächst nur über fünf Flugzeuge verfügte. Später wurden sie aus acht vermehrt. Von Luftschiffen besorgte in der ersten Zeit allein „L. 3" die Fernaufklärung. Es war eifrig bemüht, bei jedem Wetter Fahrten zu unternehmen, die es in anerkennenswerter Ausdauer bis in Sicht der norwegischen Küste ausdehnte. Neben der Einrichtung des Sicherungsdienstes vollzog sich unter der Leitung des Marinestationskommandos der Nordsee, Vizeadmiral von Krosigk in Wilhelmshaven, die Einrichtung der Verteidigung der Nordseeinseln, an erster Stelle die der Insel Helgoland. Dazu gehörte auch die planmäßig vorgesehene Entfernung der eingeborenen Bevölkerung, welche sich nur schwer von ihrer Insel trennen konnte, um aufs Festland verpflanzt zu werden, obwohl sie auf diese Notwendigkeit vorbereitet war und der Ausschiffung auch keine weiteren Schwierigkeiten entgegensetzte. Das Auslegen der Sperren und die Kriegsbezeichnung der Fahrwasser, die an Stelle der Friedensseezeichen trat, war auch Sache des Statiouskommandos. Es gehörte dazu auch die Beseitigung weit nach See hin sichtbarer Landmarken, die dem Feinde bekannt sein und ihm das Zurechtfinden erleichtern konnten. Dieser bitteren Notwendigkeit mußte auch der ehrwürdige, alte Kirchturm von Wangeroog, der dem Jade-Fahrwasser zunächstliegenden Insel, weichen, der seit urdenklichen Zeiten dem Seefahrer wert und vertraut geworden. Er stand schon so lange, daß die ganze Insel allmählich unter seinen Füßen durchgewandert war, infolge des den Sünden der Nordsee eigentümlichen Verschiebens von West nach Ost, und war so hart an das Westende der Insel gerückt, daß seine Grundmauern von den Wellen umspült wurden. Für die Bewachung der Sperren und zur Sicherung der eigentlichen Flußmündungen waren Hafenflottillen gebildet, die zum Festungsbereich gehörten und daher auch unter dem Befehl des Stationskommandos standen. Die Befreiung der Flotte von diesen Aufgaben hat sich entschieden bewährt, und bei dem verständnisvollen Zusammenarbeiten aller Dienststellen wurde allen weiteren Bedürfnissen, die sich mit der Zeit herausstellten, bereitwillig entsprochen. Von großer Wichtigkeit war die Regelung des Leuchtfeuerdienstes. Schon bei drohender Kriegsgefahr wurden alle Leuchtfeuer gelöscht, die Feuerschiffe eingezogen, Leuchtbojen entfernt, so daß die ganze Küste im Dunkeln lag. Für die Seefahrt an der schwierigen Nordseeküste und das Fahren in den stark strömenden Mündungsgebieten der Elbe, Weser und Ems sind aber Leuchtfeuer bei Nacht nicht zu entbehren. Auch für das sichere Auffinden der Sperren und das Durchfahren der Sperrlücken müssen besonders gut kenntliche Lichter gezeigt werden. Trotz der Erschwerung der Seefahrt bot aber die Dunkelheit den großen Vorteil des unbemerkten und daher ungefährdeten Auslaufens, so daß die Nacht hierfür bevorzugt wurde. Das Zeigen der Lichter durfte natürlich nicht länger dauern, als es für den Navigierungszweck gerade erforderlich war. Auch mußte es aus See kommenden Schiffen möglich sein, das Anzünden zu bestellen, und Sicherheit gegen Mißbrauch durch den Feind bestehen. Die Zuverlässigkeit, daß eine Bestellung dieses oder jenes Feuers auch auf die Minute richtig ausgeführt wurde, war die Hauptsache. Die Außenfeuerschiffe vor Jade und Elbe, die gleichzeitig als Beobachtungsstationen dienten und militärische Besatzung hatten, haben wahrlich keinen leichten Dienst in den langen und stürmischen Nächten der viereinhalb Kriegsjahre gehabt, und ebenso wie auf ihre Zuverlässigkeit war auf die aller übrigen Stellen zu bauen, die unserer Flotte für ihre Seefahrt zu Diensten standen, gleichgültig ob es sich um ein einzelnes kleines Fahrzeug oder uni ganze Geschwader handelte. Besondere Anerkennung verdient die Bewährung der unter dem Lotsenkommandeur Krause stehenden Kaiserlichen Lotsen, die den Verbandskommandos und Schiffen stets zuverlässige Ratgeber waren. Nach unserer Auffassung der Lage und in Befolgung des der Flotte erteilten Befehls war es nötig, zuerst Anhaltspunkte über das Verhalten des Gegners zu gewinnen. Während der Herstellung des Verteidigungszustandes aus den Nordseeinseln und in den Flußmündungen stand die Sicherung gegen Überfall im Vordergrund. Diese Tage nutzten auch die Linienschiffsgeschwader und Großen Kreuzer aus ihren Liegeplätzen zur Herstellung der Gefechtsbereitschaft aus. Besonders aus dem zweiten Geschwader, wo bei dem Bau der Schiffe noch nicht so viel Wert auf Verwendung von feuersicherem Material gelegt war wie bei den neueren Schiffen, galt es, alles in dieser Beziehung Schädliche und irgend Entbehrliche zu beseitigen. Die Wohnlichkeit der Messen und Kammern sowie der Mannschaftsräume, in denen alle Holzverschalungen von den dünnen Eisenblechwänden und der Schiffswand herabgerissen wurden, wurde sehr beeinträchtigt. Das Entfernen von hölzernen Stühlen, Tischen, der Vorhänge, Tischdecken, Sessel und ähnlichen Geräts, Abkratzen zu dick aufgetragener Ölfarbe, das Umstauen von Kleidern und Vorräten aller Art in Räume unter dem Panzerdeck, an die nicht jederzeit herangegangen werden konnte, schufen viel Arbeit, Lärm und Unruhe. Aber mit wahrer Inbrunst wurde das Zerstörungswerk betrieben, als ob auf den Feind selbst losgeschlagen würde, in der sicheren Erwartung, daß der Zusammenstoß nicht mehr lange auf sich warten lassen würde. Wenn auch im Frieden schon alles reichlich durchdacht schien, was im Ernstfälle für das Gefecht nützlich und nötig sein könne, so stellten sich doch immer weitere Bervollkomm- nungsmöglichkeiten heraus, mit Hängematten, Stahlnetzen, Anterketten, Schwimmwesten und allen möglichen anderen Dingen irgend welchen nur denkbaren Vorkommnissen Rechnung zu tragen. Und was auf dem einen Schiffe erfunden und für zweckmäßig gehalten wurde, brachte das Geschwaderkommando, indem es von Schiff zu Schiff zog, um sich über die getroffenen Einrichtungen zu unterrichten, und selbst auch neue Anregungen zu geben, auf die übrigen ihm unterstellten Schiffe weiter. Zu dieser Arbeit gesellte sich die Einstellung der neu eingetroffenen Mannschaften, meistens Reservisten, die noch vor nicht langer Zeit auf donselben Schiffen gedient hatten und unter denen viele alte Bekannte wieder auftauchten, da ich seit 1907 mit nur einjähriger Unterbrechung selbst immer auf der Flotte eingeschifft gewesen war. Mit der Freude des Wiederkennens vermischte sich auch ein Gefühl des Stolzes beim Anblick dieser mannhaften, gesunden und kernigen Männergestalten, die sich aus den ehemaligen Rekruten oder Leichtmatrosen entwickelt hatten, und es griff ans Herz, mit welcher Selbstverständlichkeit diese Männer, denen man das Selbstbewußtem ansah, durch Fleiß und Tüchtigkeit auf eigenen Füßen zu stehen, doch alles, was ihnen lieb und wert war, daheim zurückgelassen hatten, uin mit dabei zu sein, wenn es gegen den Feind ging. Die Spannung und Erwartung der ersten Tage löste sich in dieser wohltuenden Tätigkeit. Vielerlei Nachrichten von heimkehrenden Dampfern oder den Vorposten, häufiger falscher Alarm über Flieger und U-Boote, nächtliches Schießen oder Lichterzeigen und Scheinwerferleuchten in unwahrscheinlicher Richtung, Minenexplosionen auf der Elbe im seichten Fahrwasser, die später eine natürliche Aufklärung fanden, zunächst aber auf eine feindliche Ursache geschoben wurden, die Ab- geschnittenheit von allem Verkehr, obgleich man auf 300 Schritt Entfernung die Kühe am Elbdeich friedlich weiden sah, die Einrichtung des Kriegswachdienstes, dies alles gab den ersten Kriegslagen ihren eigenartigen Reiz. In der äußeren Umgebung keine sichtbare Veränderung gegen das gewohnte Friedensbild, denn selbst der Verkehr auf der Elbe war noch rege, und jeder einkommende deutsche Dampfer wurde mit besonderer Freude begrüßt, daß es ihm gelungen war, noch die Heimat erreicht zu haben; aber die hin und her schwingenden Funksprüche konnten in jeder Minute den Ruf bringen, dem Feind entgegenzueilen. Die Vorbereitung der Offensive war in d^n Tagen, in denen sich die Stellungnahme Englands zum Krieg entscheiden sollte, nicht müßig geblieben, und mit der am 4. August abends 7 Uhr 47 eingetroffenen Mitteilung „Kriegszustand mit England" hörten wir auch den Befehl an den Hilfskreuzer „Kronprinz Friedrich Wilhelm", sofort auszulaufen. Um 9 Uhr 30 abends begab sich ferner der Hilfstreuminendampfer „Königin Luise" von der Ems aus auf eine Fahrt gegen die Themsemündung. So waren die ersten Unternehmungen zum Kreuzerkrieg und zur Führung des Kleinkrieges an der englischen Küste in Gang gebracht. Mit hoffnungsvoller Erwartung lauschte man in der Funkenbude des Flaggschiffes auf weitere Zeichen von dem Ergehen dieser beiden ersten Unternehmungen gegen den Feind. Würde der große Schnelldampfer abgedrängt werden, oder gelang es ihm, den Weg in den Ozean unbehelligt zu finden? Er blieb stumm, und das konnte mit Recht als günstiges Zeichen gedeutet werden. Der Funkspruch an „Königin Luise" hatte gelautet: „Mit höchster Fahrt auslaufen in Richtung auf Themse. Minen möglichst nahe englischer Küste bringen, nicht in Nähe neutraler Küste werfen und nicht nördlicher als 53 Erad Breite." Die der „Königin Luise" gestellte Aufgabe ließ kaum erwarten, daß sie der Wachsamkeit der Engländer entgehen könne. Aber mit Todesverachtung trat das wackere Schiff unter Führung des Korvettenkapitäns Biermann seine Fahrt an. Der Dampfer, welcher sonst in der Sommerzeit den Bäderverkehr nach den Nordseeinseln vermittelte, geriet am nächsten Morgen gegen 11 Uhr in ein Gefecht mit feindlichen Kreuzern und Zerstörern und sank infolge eines Torpedoschusses. Seine Minen hatte er vorher noch werfen können, mit dem Erfolg, daß der ihn verfolgende Kreuzer „Amphion" (3500 Tonnen groß, 1911 von Stapel gelaufen) ihm zum Opfer fiel und mit einem Verlust von 131 Mann der „Königin Luise" in die Tiefe folgte. So hatte schon der erste Kriegstag (5. August) auf beiden Seiten Verluste gebracht, und der erste Angriff auf die englische Küste war von unserer Seite erfolgt. Aber das damit verbundene Opfer war nicht umsonst gebracht. Nicht allein, daß es dem Feind einen neuen Kreuzer kostete, noch viel höher war der Eindruck anzuschlagen, den der hiermit bewiesene kühne Unternehmungsgeist bei Freund und Feind hervorrufen mußte. So klärte sich von vornherein die Lage derart, daß der Gegner sich vor dieser aggressiven Art unserer Kriegfühung dadurch am besten zu schützen glaubte, daß er sich ihr durch Ausweichen nach den nördlichen Gewässern entzog, nicht aber den anderen Weg beschritt, seinerseits unsere Ausfalltore zu verschließen In unsere Flußmündungen ist während des ganzen Krieges keine englische Mine gelegt worden, trotz der vielen Tausende, die in der freien Nordsee Verwendung gefunden haben. Als die weiteren Tage dann ereignislos verstrichen waren, auch Flieger und Luftschiffe nichts entdeckt hatten, während einkommende Fischdampfer englische Kriegsschiffe nur in weiter Entfernung von der deutschen Bucht (bei Aberdeen) meldeten, galt es, den Aufenthaltsort des Feindes ausfindig zu machen und an ihn heranzukommen, um den verlangten Kräfteausgleich herbeizuführen. Es kamen dafür die beim Sicherungsdienst der Helgoländer Bucht entbehrlichen Torpedoboote und U-Boote in Betracht. Der Führer der U-Boote, Korvettenkapitän Bauer, hatte den Eindruck gewonnen, daß die defensive Verwendung der U-Boote in einem engen Kreisbogen um Helgoland keinen Wert habe, da nur geringe Wahrscheinlichkeit bestand, daß der Gegner so nahe herankäme, und es dann auch noch zweifelhaft blieb, ob die Boote zum Schuß gelangten. Das häufige Ein- und Auslaufen unter schwierigen Verhältnissen in den Hafen von Helgoland bei der jetzigen Art des Sicherungsdienstes führte zu überflüssiger Abnutzung des Materials und zu Beschädigungen der Boote. Er vertrat daher dem Flottenkommando gegenüber die Ansicht, daß nur eine offensive U-Bootsverwendung Wandel schaffen könne. Der Einsatz würde zwar größer werden, aber in noch höherem Maße die Aussicht auf Erfolg wachsen. Dieser Standpunkt wurde anerkannt, und damit eine für den weiteren Kriegsverlauf äußerst wichtige Entschließung gefaßt. Es wurde auch nicht lange gezögert, zur Ausführung zu schreiten, und den U-Booten der Befehl erteilt, am 6. August gegen ein in der Nordsee vermutetes englisches Gros vorzugehen. Dies wurde etwa 200 Seemeilen von Helgoland entfernt angenommen, mit dem Auftrag, Großkampfschiffe von uns abzufangen, die etwa auf dem Weg um Skagen von Kiel nach der Nordsee gegangen wären, weil sie im Kaiser-Wilhelm- Kanal Schwierigkeiten haben könnten. Zu dem Unternehmen 8 Dmtlchlaii'dS Hochi'ecslott« Im WEricy« wurden zehn Unterseeboote bestimmt, und die Dauer auf sechs Tage bemessen. Die Streife sollte sich über die ganze Nordsee bis zur Höhe der Orkneyinseln erstrecken. Die Boote waren dabei auf sich allein angewiesen, da die der U-Flottille zugeteilten Geleitkreuzer „Hamburg" und „Stettin" sich an der Fahrt in ihrer ganzen Ausdehnung naturgemäß nicht beteiligen konnten. Sie sollten nur das erste Auslaufen der Boote, etwa 100 Seemeilen weit, decken und versuchen, etwaige leichte Streitkräfte des Gegners von den Booten ab in der Richtung auf Helgoland zu ziehen. Die U-Boote selbst sollten sich mit diesen nicht weiter befassen, da ihr Ziel die feindlichen Linienschiffe waren. Erst auf dem Rückweg war den Booten freie Hand gelassen, dem Gegner nach Möglichkeit Abbruch zu tun. Das Wetter war dem Unternehmen nicht günstig, trübe, regnerisch und wenig sichtig, und die Aussichten deuteten auf weitere Verschlechterung. Da diese aber nicht eintrat, gab der Führer den Befehl zum Beginn. Für ein Seegebiet von solcher Ausdehnung und besonders bei den erfahrungsgemäß rasch wechselnden Verhältnissen in der Nordsee ist die Wettervorhersage schwierig. Der Entschluß stellte dem Tatendrang der Waffe, die im Frieden noch nie vor Aufgaben solchen Umfanges gestellt war, ein glänzendes Zeugnis aus. Der Marsch sollte in der Weise ausgeführt werden, daß die U-Boote, die in einer Linie mit sieben Seemeilen Abstand fuhren, zunächst eine Strecke von 300 Seemeilen in nordnordwestlicher Richtung zurücklegten, dann kehrtmachten, zurück bis in die Verbindungslinie von Scapa. Flow—Stavanger gingen, wo sie etwa 72 Stunden nach dem Abmarsch eintresfen konnten. Auf dieser Linie sollten sie bis zum nächsten Tage nachmittags sechs Uhr, im ganzen etwa 39 Stunden, warten und dann den Rückmarsch nach Helgoland antreten. Ein Boot mußte wegen Störung an den Ölmotoren in einer Entfernung von 225 Seemeilen von Helgoland um- kehren. Zwei Boote, geführt von den Kapitänleutnants Graf Schweinitz und Pohle, sind verlorengegangen. Alle übrigen Boote führten die Aufgabe planmäßig durch und waren bis zum 11. August zurückgekehrt. Vom Feind war nichts gesehen, mit Ausnahme eines Vier-Schornstein-Kreuzers, der einmal für kurze Zeit aus dem Nebel auftauchte. Von den verlorenen Booten wußte man nur, daß eins derselben am 8. August früh noch Funkspruchverkehr gehabt hatte. Am 9. August herrschte in der Gegend, wo die U-Boote sich aufhielten, Nebel bei Windstärke 6. Erst am 15. August erfuhren wir, daß ein großer Teil der englischen Flotte sich in derselben Gegend aufgehalten hat und dabei sechs deutsche Heringslogger, nachdem ihre Besatzungen an Bord genommen waren, vernichtete. Nebel bei einem der Windstärke sechs entsprechenden Seegang ist für die geringe Augeshöhe auf dem Turm eines U-Boots das denkbar Ungünstigste. Es war anzunehmen, daß die Vermißten bei dieser Wetterlage von englischen Kreuzern überrascht und, ehe sie Zeit zum Tauchen fanden, gerammt wurden. Man kann es bedauern, daß gerade in dem Zeitpunkte des Zusammentreffens die englische Flotte von Nebel geschützt blieb, dem zwei unserer Boote zum Opfer fallen mußten, und daß diese erste so schneidig unternommene Fahrt nicht von dem verdienten Erfolg gekrönt war. Auf den Geist der Besatzungen hatte dieser Verlust von zwei Booten nicht im mindesten abschreckend gewirkt, im Gegenteil nur die Entschlossenheit gesteigert, ihre Leistungen zu verbessern. Der Verlauf dieser sechstägigen Fahrt war bahnbrechend für die weitere Verwendung der U-Bootswaffe, deren hohe Bedeutung in ihrer Ausdauer und ihrer Selbständigkeit lag, Eigenschaften, die erst durch diese Dauerfahrt unter Kriegs- verhältnissen ins rechte Licht traten. Hierin waren sie allen ändern Überwasserschiffen und Fahrzeugen der Flotte überlegen. Besonders die Torpedoboote konnten sich hinsichtlich ihrer Seeausdauer nicht im entferntesten mit den U-Booten b* messen. Dazu war ihr Kohlenvorrat zu gering, und der Verbrauch steigerte sich ganz unverhältnismäßig bei hoher Ge- schwindigkeit. Und da die großen Schiffe die Mitwirkung kleiner Fahrzeuge als U-Bootsicherung und zum Minensuchen brauchen, sind auch sie in ihrer Seeausdauer von den kleinen Begleitfahrzeugen abhängig, wenn sie sich in Gebieten aufhallen, wo sie auf die unterseeischen Gefahren Rücksicht zu nehmen haben. Die Kriegführung zur See hat durch diese Fahrt eine entscheidende Wendung erhalten, die zwar erst allmählich eintrat. aber doch von diesem Unternehmen ihren Anfang nimmt. Deshalb ist der Verlauf etwas eingehender geschildert, als es sonst, beim Ausbleiben eines greifbaren militärischen Erfolges, gerechtfertigt wäre. Der erste Beweis der Seeausdauer war geliefert, und mit äußerster Beharrlichkeit wurde auf dem hier erkannten Wege fortgeschritten, so daß das U-Boot aus einem Küstenverteidigungswerkzeug, als das es ursprünglich gedacht war, zu der leistungsfähigsten Waffe für Fernwirkung erhoben wurde. Die andere hervorragende Eigenschaft des U-Boots ist seine Selbständigkeit, das heißt die Unabhängigkeit von der Unterstützung und dem Zusammenwirken mit Schiffen oder Fahrzeugen anderen Typs. Während eine Streitmacht aus Überwasserschiffen sich, je nach der mutmaßlichen Stärke des Gegners, aus verschiedenen Klassen zusammensetzt, braucht das U-Boot keine Hilfe zum Angriff und ist auch für die Abwehr nicht so auf Geschwindigkeit angewiesen wie liberwasserschiffe, da seine Tauchfähigkeit den sichersten Schutz bietet. Dies steigert wiederum den Aktionsradius, denn während einem Uberwassersahrzeug vor überlegenem Gegner zunächst nichts anderes übrig bleibt, als seine Geschwindigkeit auszunutzen, was ohne hohen Brennstoffverbrauch nicht abgeht, ermöglicht die Tauchfähigkeit eine sehr große Ökonomie im Maschinenbetrieb. Die Frage des Forcierens tritt an die Maschine eines U-Bootes in solcher Lage nicht heran, da sich das Boot dem Gegner durch Tauchen entziehen kann. Die Maschinenkonstruktion braucht daher auch nicht auf dauernden Wechsel der Gangarten eingerichtet zu werden. Daß die Erkenntnis von der besonderen Bedeutung dieser technischen Vorzüge sich erst im Kriege einstellte, ist kein Wunder, denn sie traten erst zutage durch die Tatkraft des Personals, welches keine Schwierigkeiten zu kennen schien, obwohl die Seefahrt auf diesen kleinen Fahrzeugen die unglaublichsten persönlichen Beschränkungen jeder Art mit sich brachte. Die Vorteile des Unterwasserfahrens gewannen ihren praktischen Wert erst dadurch, daß die menschliche Willenskraft den freiwilligen Entschluß zu solcher Ausdauer erzeugte, wie es auf unseren Booten geschah. Die Triebfeder dazu war die Vaterlandsliebe der Besatzungen. Das Ausbleiben des englischen Angriffs in der ersten Kriegswoche gab zu denken, denn mit jedem Tage, den uns der Gegner Zeit ließ, gab er von seinem Vorteil der früheren Mobilmachung auf, während sich unsere Küstenverteidigung verbessern konnte. Die Vorstöße von Kleinen Kreuzern und Torpedobooten, die, strahlenförmig von Helgoland ausgehend, einen Umkreis von etwa lOO Seemeilen absuchten, hatten nichts ergeben. Noch während die vorerwähnte U-Bootsstreife nach Norden im Gange war, unternahmen vier andere U-Boote eine Erkundungsfahrt nach Westen, etwa 200 Seemeilen weit bis zur Höhe der Themsemündung. Sie stellten mehrere Zerstörerlinien als Bewachung auf etwa 52 Grad Breite fest, von größeren Schiffen wurde nichts gesehen. Dem Flottenkommando wie uns allen mußte sich der Gedanke aufdrängen, daß die englische Flotte einen anderen strategischen Plan verfolge, als wir anzunehmen geneigt waren. Es erschien wahrscheinlich, daß die zweite und dritte Flotte zum Schutz der Truppentransporte im inneren englischen Kanal ge- Kunden waren; der Hauptteil der ersten englischen Flotte mußte im nördlichen Teil der Nordsee vermutet werden, wohin unsere leichten Streitkräfte noch nicht vorgedrungen waren. Auch hatten die dorthin entsandten zehn U-Boote noch nichts von sich hören lassen, anscheinend also auch nichts bemerkt. Sollte man da nicht versuchen, die erste englische Flotte zur Schlacht zu stellen? Verfügbar waren auf unserer Seite 13 Großkampfschiffe, 8 ältere Linienschiffe, 4 Große Kreuzer („Blücher" mitgerechnet), einige Kleine Kreuzer und 7 Torpedobootsflottillen. Mit diesen wollte der Flottenchef in vollem Vertrauen auf Erfolg den Kampf aufnehmen. Was ihn abhielt, war die Überlegung, daß der Aufenthalt der ersten Flotte gänzlich unbekannt, und es daher fraglich war, ob die Flotte in der zur Verfügung stehenden Zeit, die wegen des Brennstoffvorrats der Torpedoboote nicht über zwei Tage und zwei Nächte ausgedehnt werden konnte, angetroffen würde. Es würde inzwischen an jeglichem Schutz der deutschen Bucht gegen Minen und sonstige Unternehmungen oder zur Flankendeckung nach Westen fehlen. Andererseits könnten durch feindliche U-Boote Verluste auf unseren Kampfschissen eintreten, denen kein Erfolg gegenüberstand, wenn die englische Flotte nicht gefunden wurde. Daß mit englischen U-Booten zu rechnen war, hatten verschiedene Feststellungen ergeben. So unterblieb ein solcher Vorstoß, und statt dessen wurde eine Reihe von Ausklärungs- und Minenunternehmungen ins Auge gefaßt, die in den folgenden Wochen bis an die englische Küste herangetragen wurden. Mit diesem Entschluß begann für dieLinienschisssgeschwader die entsagungsvolle Periode des Abwartens, und der Kleinkrieg zum Kräfteausgleich wurde begonnen, der abgesehen von Minenerfolgen auf der Erwartung beruhte, daß unsere Torpedoboote in ihren nächtlichen Streifzügen Gelegenheit zum Angriff finden würden. Der Mangel an Aufklärungsschiffen, denn die neuen Großen Kreuzer „Seydlitz", „Moltke" und „Von der Tann" mußten geschont werden, um für die Schlacht bereit zu sein, nötigte wiederum dazu, U-Boote zum Aufklärungsdienst heranzuziehen. Die am 11. August von ihrem Vorstoß nach Westen zurückgekehrten Boote erhielten bereits am 14. neue Aufgaben, und zwar sollten die von den Kapitänleutnants Gayer und Hersing geführten Boote von der norwegischen Küste bei Egersund in der Richtung auf Peterhead die Nordsee absahren, ein drittes U-Boot (Hoppe) vor dem Humber die englische Bewachung auskundschaften, um daraus Anhaltspunkte für Minenunternehmungen zu gewinnen. Sie brachten wertvolle Nachrichten über die feindliche Sicherung, große Schiffe hatten sie nicht gesehen. Bemerkenswert waren die erreichten langen Zeiten des Unterwasserfahrens. So war das Boot Gayer, durch Zerstörer genötigt, am 16, August 6^ Stunden, am 17. 11^ Stunden und am 18. 11^ Stunden unter Wasser gewesen. Werfen wir noch einen Blick auf die Möglichkeiten, die sich dem Feind für einen Angriff boten. Daß die deutsche Flotte sich in der Nordsee versammelt hatte, konnte ihm keinesfalls unbekannt geblieben sein. Das war durch Agentennachrichten über Holland und Dänemark zweifelsfrei festzustellen. Wenn die englische Flotte eine Demonstration gegen Sylt oder die ostfriesischen Inseln unternahm, so nötigte sie unsere Flotte, aus den Flußmündungen herauszukommen, falls wir eine Beschießung nicht unerwidert einstecken wollten, und sie fand dabei Gelegenheit, ihre U-Boote, die vor der Jade- und Elbemündung aufgestellt werden konnten, zum Ansatz zu bringen, mit deren Erfolg allein sie schon zufrieden sein konnte, falls wir ihr nicht weiter nach See folgten. Sie konnte ihren Anmarsch so einrichten, daß sie in den Morgenstunden eine günstige Stellung eingenommen hatte, um unserer herannahenden Flotte die Schlacht anzubieten, oder wenn sie nur mit Teilen ihrer Streitkräfte erschien, sich vor überlegenen deutschen Streitkräften rechtzeitig zurückziehen und sich auf die Wirkung ihrer U-Boote beschränken. Die einzige Gefahr solches Vor- gehens lag in der Möglichkeit nächtlichen Zusammentreffens mit unseren Torpedobootsstreitkräften. Diese Besorgnis aber war nicht übermäßig hoch einzuschätzen, da die Engländer ihr Eintreffen in der deutschen Bucht so einrichten konnten, daß unsere Torpedoboote, die auf die Dunkelheit angewiesen waren, sich zur Zeit des feindlichen Anmarsches bereits wieder auf dem Rückmarsch nach der deutschen Bucht befanden. Auch von unseren U-Booten drohte ihnen keine sehr erhebliche Gefahr, da sich der größte Teil derselben auf Fernunternehmung befand. Die englische Flottenleitung muß aber wohl die von unseren Torpedobooten und U-Booten drohende Schädigung sehr viel höher eingeschätzt haben, als sie tatsächlich war. Auch scheint das Vertrauen in die Leistungen ihrer eigenen U-Boote, das die Voraussetzung für die Ausführung eines solchen Plans bildete, kein sehr großes gewesen zu sein. Auf beiden Seiten überwogen also in der ersten Zeit Überlegungen, die den eigentlichen Kampfflotten Zurückhaltung auferlegten. Die Überschätzung der unterseeischen Gefahren spielte dabei sehr wesentlich mit. Den Gesamteindruck der Lage gab der deutsche Flottenchef, Admiral von Jngenohl, am 14. August in folgendem Tagesbefehl kund: „Alle Nachrichten, die wir über die englischen Seestreitkräfte erhalten haben, laufen darauf hinaus, daß die englische Schlachtflotte die Nordsee ganz meidet und sich weit außerhalb Reichweite unserer Streitkräfte aufhält. Die Unternehmungen unserer braven Unterseeboote bis nach Norden über den 60. Breitengrad hinaus und nach Süden in den Eingang des Englischen Kanals hinein bis vor die Themse, und die Vorstöße unserer Torpedoboote und Flugzeuge haben diese Nachrichten dahin bestätigt, daß nur zwischen der norwegischen und schottischen Küste und vor dem Eingang des Englischen Kanals englische Bewachungsstreitkräfte patrouillieren, daß aber in dem übrigen Teil der Nordsee bis jetzt kein Engländer zu finden ist. Dies Verhalten unserer Feinde läßt auf die Absicht schließen, sich selbst jedem Verlust, den sie durch uns befürchten, zu entziehen, uns jedoch zu veranlassen, mit unseren Schlachtschiffen an ihre Küste zu kommen, um ihren Minen und Unterseebooten zum Opfer zu fallen. Diesen Gefallen dürfen wirunserenFein- den nicht tun. Kommen müssen und werden sie schließlich doch, und dann wird Abrechnung gehalten. Und zu dieser Abrechnung müssen wir mit allen unseren Schlachtschiffen zur Stelle sein. Unsere nächste Aufgabe ist daher, dem Feinde an allen Stellen, wo wir seiner habhaft werden können, mit allen möglichen Mitteln des Kleinkrieges Verluste beizubringen und ihn dadurch zu veranlassen, sich uns zur Schlacht zu stellen. Diese Aufgabe wird zunächst in erster Linie den leichten Streitkräften (U-Booten, Torpedobooten, Minenschiffen, Kreuzern) zufallen müssen, deren Aussichten wachsen, je dunkler und. länger die Nächte werden. Die schneidige Tat unseres Minendampfers „Königin Luise", die mit ihrem ruhmvollen Untergang unter wesentlicher Schädigung des Feindes endete, und die kühnen Vorstöße unserer U-Boote haben bereits den Anfang gemacht. Weitere Unternehmungen werden folgen. UnferePflicht aufden Schlachtschiffen der Flotte ist es, diese unsere Hauptwaffe schneidig und scharf zu erhalten für die Entfchei- dungsschlacht, die wir zu schlagen haben werden. Dafür müssen wir mit aller Hingabe unentwegt an uns selbst und an der Vervollkommnung der Gefechtsbereitschaft der Schiffe auf allen Gebieten weiter arbeiten, alles bis ins kleinste kriegsmäßig durchdenken und üben und auf den Tag vorbereiten, an dem es der Hochseeflotte vergönnt sein wird, für unseren geliebten Kaiser, der diese stolze Wehr zur See als Schutz für unser teures Vaterland geschaffen hat, den Kampf mit dem an Zahl überlegenen Gegner, in vollem Vertrauen auf unsere in fleißiger Friedensarbeit erworbene Kriegstüchtigkeit, aufzunehmen. Bei dem kriegerischen Geist, der ebenso wie in unserem Heer auch in den Besatzungen aller Schiffe steckt und der auf baldige Betätigung brennt, ist es eine harte Geduldprobe, auf die das Verhalten unserer Gegner uns stellt. Sobald der Feind sich in Reichweite befindet, soll er uns auf dem Plan finden. — Doch wir wollen uns Ort und Zeitpunkt nicht von ihm vorschreiben lassen, sondern beide uns selbst so wählen, wie es für einen vollen Erfolg günstig ist. Darum gilt es, die Geduld nicht zu verlieren, jederzeit aber b e r e i t z u s e i n , den günstigen Augenblick zu benutzen." IV. Englischer Einbruch in die deutsche Bucht. Die nächtlichen Streifzüge aus der Vorpostenlinie bei Helgoland wurden fortgesetzt und weiter ausgedehnt. Am 12. August waren die Kleinen Kreuzer „Köln", Flaggschiff des ersten Führers der Torpedoboote, Konteradmirals Maaß, mit ..Hamburg" und der VI. Torpedobootsflottille, am 15. wiederum „Köln" mit „Stuttgart" und der I. und II. Torpedoboots- flottille, am 16. August Kleiner Kreuzer „Mainz" mit der VIII. Torpedobootsflottille vorgegangen. Als bei allen diesen Fahrten kein Feind angetroffen war, wurden die Kleinen Kreuzer „Stralsund", Kapitän zur See Harder, und „Straß- bürg", Fregattenkapitän Retzmann, in die Hoofden gegen die von den U-Booten festgestellte Zerstörerbewachungslinie vorgeschickt. Sie traten am 17. August vormittags den Vormarsch an mit zwei U-Booten, welche eine Wartestellung bei Vlieland einnahmen, während die Kreuzer weiter nach Süden bis in die Linie Lowestoft—Scheveningen dampften. Dort angelangt, wurde am 18. früh kehrtgemacht. Bald darauf sichtete „Straßburg" drei feindliche U-Boote auf 100 biu6), die unter Feuer genommen wurden. Eins derselben schien getroffen zu sein. Bald darauf wurden in nördlicher Richtung acht Zerstörer und in östlicher Richtung ein Kleiner Kreuzer mit noch acht Zerstörern gesichtet, die in der Lage waren, unseren Kreuzern den Rückweg abzuschneiden. Sie ließen aber die Entfernung, auf welche sich das Feuergefecht hinzog, nicht unter 100 lim herabgehen, so daß auf beiden Seiten kein Erfolg erzielt wurde. Die Möglichkeit, daß noch weitere englische Streitkräfte in der Nähe standen, ließ es unseren Schiffen geboten erscheinen, ihrerseits keine Zeit mit besonderen Manövern zum Angriff zu verlieren, denn die sechzehn Zerstörer auf feindlicher Seite stellten unseren nur mit 10,5 ew armierten Kreuzern ohnehin ein sehr großes artilleristisches Übergewicht entgegen. Beide Kreuzer kehrten unbehelligt zurück. In der zweiten Augusthälfte mehrten sich die Meldungen vom Sichten feindlicher U-Boote vor der Ems und in der deutschen Bucht, zu deren Vertreibung unsere Torpedoboote stark in Anspruch genommen wurden. Ein am 21. August ausgeführter Vorstoß der Kleinen Kreuzer „Rostock" und „Straßburg" mit der VI. Torpedobootsflottille in der Richtung nach der Doggerbank, um die Fischgründe nach englischen Hochseefischern abzusuchen, stieß auch auf feindliche U-Boote, von denen eines zwei Torpedoschüsse auf „Rostock" feuerte, die aber fehlgingen. Die Unternehmung brachte die Zerstörung von sechs Fischdampfern, die vereinzelt im Umkreis um Helgoland gestanden hatten und verdächtig waren, mit den englischen U-Booten zusammenzuarbeiten. Da aus all diesen Fahrten geschlossen werden konnte, daß stärkere feindliche Streitkräfte im südlichen Teil der Nordsee nicht zu erwarten waren, erhielten unsere beiden Minenkreuzer „Albatros", Kommandant Korvettenkapitän West, und „Nautilus", Korvettenkapitän Wilh. Schultz, den Auftrag, Minensperren vor der Mündung des Humber und Tyne zu legen. Ihr Versuch wurde während des Tages gedeckt durch je einen Kleinen Kreuzer und eine Halbflottille Torpedoboote, da sich die Minendampfer auf ein Feuergefecht möglichst nicht einlassen durften. Beide Minendampfer konnten ihren Auftrag ungestört ausführen und legten ihre Sperren genau an den befohlenen Stellen. Das Auslegen erfolgte um Mitternacht und wurde durch dunkles Wetter begünstigt. Auf dem Rückmarsch konnten noch sechs Fischdampfer versenkt werden. Die bisherigen Vorstöße waren insofern vom Glück begünstigt gewesen, als sie bei der geringen Stärke der vorgeschickten Gruppen nicht von stärkeren Streitkräften gestellt und abgeschnitten wurden, denn ihr Heil lag allein in der Geschwindigkeit. Bis Unterstützung von den in den Flußmündungen bereit liegenden Streitkräften sie erreichte, konnte es leicht zu spät werden. Für diese wurde aber ein Auf- und Abstehen in der Helgoländer Bucht als Unterstützunggruppen wegen der dort gemeldeten U-Boote für bedenklich gehalten. Der 28. August brachte uns den ersten ernsthaften Zusammenstoß mit englischen Kreuzern. Die Beobachtungen der englischen U-Boote über die Zurückhaltung unseres Bewachungsdienstes in der Helgoländer Bucht werden auf englischer Seite zu dem Entschluß geführt haben, unsere Vorpostenlinie aufzurollen. Da auch die englischen Gefechtsberichte über diesen Tag bekanntgeworden sind, hat sich ein klares Bild über den Verlauf des Gefechtes gewinnen lassen. (Siehe Skizze.) Meine eigenen Beobachtungen am Tage selbst vom II. Geschwader aus, welches auf der Elbe lag, beschränkten sich auf die aufgenommenen Funksprüche. Gegen 9 Uhr vormittags wurde der erste überbracht: In den Quadraten: 142 und 1317), das ist 20 sm nord- westlich von Helgoland, jagen feindliche Kreuzer und Zerstörer die V. Flottille. „Stettin" und „Frauenlob" (Kleine Kreuzer) werden zur Hilfe geschickt. Zweite U-Bootsflottille nimmt Angriffsstellung ein. Die weiteren von 9 Uhr vormittags bis 5 Uhr nachmittags aufgenommenen Funksprüche ergeben folgendes: Es beteiligten sich an dem Kampfe noch I. und V. Torpedobootsflottille, die Kleinen Kreuzer „Mainz", „Straßburg", „Köln", „Stralsund", „Ariadne", „Kolberg" und „Danzig" und die 2. Minensuchdivision. Auf feindlicher Seite standen mehrere Kreuzer der Städte- Klasse, Panzerkreuzer vom „Shannon"-Typ, vier Schlachtkreuzer unter Führung von Admiral Beatty auf „Lion", etwa 30 Zerstörer und 8 U-Boote. Von diesen U-Booten hatte eins um 6 Uhr vormittags ein Boot der ersten Torpedobootsflottille, die mit Hellwerden in die Tagstellung der Vorposten eingerückt war, erfolglos mit zwei Torpedos beschossen. Über das weitere Verhalten der englischen U-Boote an diesem Tage sind von unserer Seite keine Beobachtungen gemacht worden, und es ist nicht festgestellt, ob sie das Herauskommen unserer Schiffe aus den Flußmündungen ausnutzen sollten. Erfolge waren ihnen nicht beschicken, was aber bei der herrschenden Unsichtigkeit erklärlich ist. In dem Gefecht der Kreuzer und Torpedoboote sind auf unserer Seite gesunken Kleiner Kreuzer „Ariadne" und Torpedoboot „V 187", Führerboot der ersten Flottille. Besatzung „Ariadne" zum größten Teil durch „Stralsund" und „Danzig" gerettet. Hälfte der Besatzung von „V 187" durch andere Boote der ersten Flottille ausgenommen. Mit „Köln" und „Mainz" besteht keine Funkspruchverbindung mehr. Sie sind beide gesunken. Einige Kreuzer („Straßburg" und „Stettin") sind beschädigt, ebenfalls die Torpedoboote „O 8", „V 1" und „I 33". Mehrere Tote und Verwundete. Von englischen Verlusten ist nichts bekannt. Für den Fall, daß Linienschiffe zur Unterstützung auslau- fen sollten, nachdem die ersten Nachrichten eingetroffen waren, hielt ich das II. Geschwader zum sofortigen Ankerlichten bereit, ein Befehl zum Eingreifen blieb aus. Die Überraschung unserer Vorpostenlinie durch die beiden englischen Kreuzer „Arethusa" und „Fearleß", die von 17 Zerstörern der I-Klasse und 14 Zerstörern der I.-Klasse begleitet waren (englischen Berichten zufolge), ist dem Feind gelungen. Das Eingreifen unserer beiden Kleinen Kreuzer „Stettin" und „Frauenlob" beschränkte den Verlust auf unserer Seite auf ein Torpedoboot „V 187". Auf die Nachricht von dem Einbruch leichter Streitkräfte wurden alle anderen verfügbaren Kleinen Kreuzer ihnen entgegengesandt. „Arethusa" und „Fearleß" erhielten im Gefecht mit ihnen, das sich nun entwickelte, schwere Beschädigungen, so daß sie die Hilfe der in großer Stärke bereitstehenden und noch zurückgehaltenen englischen Unterstützungsgruppe anriefen. Ihr Eingreifen brachte unsere Kreuzer in eine üble Lage. Die Übersicht war erschwert durch sehr diesiges Wetter. Während es in den Flußmündungen vollkommen klar und fast windstill war, betrug die Dichtigkeit in der Nähe von Helgoland nur 3 bis 4 sia. Das Oberland von Helgoland lag völlig im Dunst. Die Geschützbedienungen auf der Insel haben von dem Gefecht, das vormittags bis auf Kanonenschußweite an die Insel herankam, nichts gesehen. Ein Auslaufen unserer Panzerkreuzer war wegen des Wasserstandes aus der Barre der Außenjade nicht vor ein Uhr nachmittags möglich. Ihr Eingreifen kam zu spät. Die Anordnungen, welche von dem deutschen Kreuzeradmiral gegeben wurden, erfolgten unter dem Eindruck, daß draußen dieselben Wetterverhältnisse herrschten wie auf der Jade und die Kreuzer die Lage so übersähen, daß sie sich vor überlegenen Streitkräften rechtzeitig zurückziehen könnten. Dies war leider nicht der Fall. So stießen „Mainz" und „Köln" unvermutet auf englische Schlachtkreuzer, deren Artillerie sie zum Opfer fielen. Der Plan, die eingedrungenen englischen Streitkräfte einzukreisen, denen „Mainz", welche auf der Ems lag, den Rückzug nach Westen abschneiden sollte, während andere Kleine Kreuzer den Weg nach Norden verlegten, war in der Tat ausgeführt, ohne daß eine Übersicht über die Gesamtlage dies ermöglicht hatte. An die Entschlußfähigkeit der Kommandanten wurden ganz besonders hohe Anforderungen gestellt, als sie sich so unerwartet starken Schiffen gegenüber sahen. Die Gefechtsausbildung unserer Kleinen Kreuzer zeigte sich auf hoher Stufe: Trotz schwerer Beschädigungen der ungeschützten Schiffe und starker Personalausfälle arbeiteten die Besatzungen bei der Bedienung der Geschütze und Beseitigung der Gefechtsstörungen mit ausgezeichneter Ruhe und Genauigkeit. Das schneidige Eingreifen der Schiffe, der Drang, nach dem Kanonendonner zu eilen und Hilfe zu bringen, kostete auf unserer Seite außer den bereits erwähnten „Köln" und „Mainz" noch den Untergang des Kleinen Kreuzers „Ariadne", welcher zuvor durch Brandwirkung so zerstört war, daß die Besatzung über Bord gehen mußte. Man hat geglaubt, die Art des Einzelvorgehens der Kleinen Kreuzer als unüberlegt tadeln zu müssen. Mit dem gesicherten Rückzug der I. und V. Flottille und dem Abdrängen der die englischen Zerstörer begleitenden Kreuzer „Arethusa" und „Fearleß", infolge des rechtzeitigen und energischen Eingreifens von „Stettin" und „Frauenlob" war der englische Ueberfall als solcher abgetan, und der mit großem Aufwand von Kräften angelegte Plan hätte mit der Versenkung von „V 187" nur mäßigen Erfolg gehabt. Sollte aber etwa ein abgeschlagener Feind sich um die Mittagszeit unversolgt aus der deutschen Bucht zurückziehen dürfen? Vier Wochen hatte es gedauert, bis sich die erste Gelegenheit bot, mit dem Gegner zusammenzukommen. Nun sollten die Unsrigen bei dem ersten Erscheinen leichter Streitkräfte sich darauf beschränken, in die Flußmündungen einzulaufen und die dort klar liegenden keinen Versuch unternehmen, den Gegner, der durch seine Beschädigungen vielleicht in unsere Hände fallen konnte, zu fassen? Es wäre hinterher den Führern und Kommandanten ein schwerer Vorwurf gemacht worden, wenn sie es unterlassen hätten, alles zu versuchen, dem Feind entgegenzutreten. Auf den Geist der Besatzungen und den weiteren Verlauf der Kriegführung hätte es unheilvoll gewirkt, wenn als Eindruck vom ersten Zusammentreffen das Gefühl der Schwäche zurückgeblieben wäre, ohne weiteres vor dem Engländer weichen zu müssen. Jetzt war gerade das Gegenteil erreicht, und man brannte darauf, die erlittene Schlappe auszugleichen. Die Auflösung des Gefechten in viele Einzelkämpfe, die wegen der geringen Sichtigkeit auf nahe Entfernungen aus- gefochten wurden, hat so wundervolle Beispiele von der Kaltblütigkeit md Todesverachtung unserer Leute gegeben, daß sie verdienen, nicht der Vergessenheit anheimzufallen. Es seien daher einige Auszüge aus den Kriegstagebüchern hier wiedergegeben. Gefechtsbericht des Alokkillenbookes der 1. Torpedoboolsfloklille Wallis »V 187" (Ausgestellt von Oberleutnant zur See Jasper.) Das Flottillenboot „V 187" stand ungefähr 24 sm NW zu W von Helgoland auf Vorposten, mit Kurs WNW 16 sm Fahrt. Kurz nach 8 Uhr wurde vom rechten Nebenmann, Kapitänleutnant Buß, „O 194", gemeldet: „Werde gejagt von feindlichem Panzerkreuzer." Wir liefen zunächst in Richtung auf „O 194" zu. 8 Uhr 20 Minuten kamen bei diesigem Wetter in NW etwa 3 sm ab zwei Zerstörer in Sicht und wurden durch Funk- 6 DsutschkrirdS Hochsecflotte im WMlrik^ spruch an „S. M. S. Köln" gemeldet. Das Boot ging auf Kurs SO zu O und höhere Fahrt. Die Zerstörer wurden in Sicht behalten. Nach kurzer Zeit kamen noch weitere vier Zerstörer oder Kreuzer in Sicht. Genaues konnte bei Abnehmen der Sichtigkeit nicht ausgemacht werden. „V 187" ging nun auf „äußerste Kraft" und nahm Kurs auf Helgoland. Es war inzwischen Befehl von „Köln" an I. und V. Flottille gekommen: „Unter Schutz von Helgoland zurückziehen." Gleich darauf kamen Backbord voraus in der diesigen Luft auf ungefähr 40 bis 50 lim noch vier Zerstörer in Sicht, die uns den Weg nach Helgoland verlegten. Sie erössneten auf ungefähr 40 Km ein ungeregeltes Feuer. „V 187" drehte auf Süd und erwiderte mit dem Hinteren 8,8-cm-Geschütz das Feuer. Die Schüsse der Zerstörer lagen größtenteils der Seite nach sehr schlecht. Nur ein einziges Geschütz erzielte in regelmäßigen Abständen Weitschüsse, die dicht über die Brücke gingen. Der Kommandant hatte die Absicht, mit wechselndem Kurse, um das Einschießen zu erschweren, und höchster Fahrt die Jade oder Ems zu erreichen. Das Boot lief 28 bis 29 Meilen. Die Zerstörer waren nur wenig aufgekommen und feuerten jetzt auf ungefähr 30 km. Plötzlich kam steuerbord vier Strich voraus ein feindlicher Kreuzer mit vier Schornsteinen in Sicht. Er machte anscheinend mit dem Scheinwerfer ein Erkennungssignal an „V 187" oder an seine eigenen Zerstörer. Gleich darauf erösfnete er ein Salvenfeuer auf ungefähr 35 bis 40 Km. Die Schüsse lagen nach der dritten Salve gut. Da ein Entweichen nicht mehr möglch war, entschloß sich der Kommandant, zum Nahgefecht überzugehen. Sämtliche Leute, mit Ausnahme des Personals vor den Feuern, legten Handwaffen und Schwimmwesten an. „V 187" ging mit Backbordruder zum Passiergefecht über. Das Passiergefecht wurde auf 12 bis 8 km geführt. Die Zerstörer stellten zunächst, anscheinend überrascht, das Feuer ein. Danach nahmen sie uns unter ein außerordentlich wirk- sames Schnellfeuer und drehten bootsweise hinter uns her. Eine Granats schlug unter dem 8,8-om-Geschütz ein und setzte die Munitionsmanner bis auf einen leichtverwundeten Unteroffizier außer Gefecht. Das vordere Geschütz schoß von da ab nur noch wenige Schüsse. Eine weitere Granate schlug in Kesselraum 4, durchschlug den Kohlenbunker, Sprengstücke verletzten das Heizerpersonal, das Licht ging aus, der Dampf fiel weg, der Kessel bekam kein Wasser mehr. Gleichzeitig schlugen mehrere Treffer und Sprengstücke aus der Brücke ein. Ich drehte nach Steuerbord auf, um den hintersten Zerstörer zu rammen, bzw. hinter ihm durchzubrechen. Die Treffer mehrten sich in unabsehbarer Folge: unaufhörlich schlugen Granaten und Sprengstücke ein, das Boot war vollständig in Rauch und Qualm gehüllt. Der Slkessel erhielt einen Treffer in die Ventilationsmaschine, gleich darauf einen zweiten Treffer in die Dampfleitung. Die vordere Turbine erhielt zwei Treffer und stoppte. Dampf, mit schwarzem Rauch gemischt, strömte aus dem Niedergang und dem Deckslicht. Kessel 2 war beschädigt, Kessel 1 hatte ebenfalls Treffer erhalten. Das Brückenpersonal war zum Teil ausgefallen, das Boot machte nur noch wenig Fahrt und drehte ohne ersichtlichen Grund nach Backbord weg. Jetzt befahl der schwerverwundete Kommandant, das Boot zu versenken. Ich nahm eine der vier auf der Brücke befindlichen Sprengpatronen, schlug sie an und warf sie in den vorderen Turbinenraum. Das Brückenpersonal brachte zwei weitere Patronen im Vorschiff an. Inzwischen hatten noch einige weitere Zerstörer, von Nordwest kommend, in das Gefecht eingegriffen. Nach Anbringung der Sprengpatronen befahl ich, das Boot zu verlassen. Der größte Teil der Besatzung sprang nach Feuerlee außenbords. s* Kurz bevor nach meiner Rechnung die angebrachten Sprengpatronen detonieren mußten, bin ich außenbords gesprungen. Der Rest der Bedienung des Hinteren Geschützes, der bis zuletzt gefeuert hatte, darunter Oberleutnant zur Sec Braune, sprang ebenfalls ins Wasser. Die Zerstörer stellten nun das Feuer ein und setzten einige Ruderboote aus. Mehrere Leute wurden von den Zerstörern mit Leinen und Bojen ausgenommen. Ich selbst wurde, nachdem ich wenige Minuten geschwommen hatte, von einem englischen Ruderboot aufge- nommen. Als ich dort an Bord war, ging „V 187" mit dem Bug zuerst unter. Es war niemand mehr an Deck zu sehen. Das Ruderboot hatte noch drei weitere Mann der Besatzung von „V 187" an Bord. In diesem Augenblick erössnete ein deutscher Kleiner Kreuzer („Stettin") das Feuer auf die Zerstörer. Die englische Besatzung des Ruderbootes ging bei seinem Zerstörer an Bord. Ich weigerte mich mit meinen drei Leuten an Bord zu gehen, um nicht in Kriegsgefangenschaft zu geraten. Der englische Zerstörer ging mit hoher Fahrt an. Ein englischer Matrose löste, anscheinend irrtümlich, die Schleppleine. Ich fischte mit meinem englischen Ruderboot dann noch 16 Überlebende. Ein weiteres englisches Ruderboot, unter Führung eines englischen Offiziers, war abends von den Zerstörern zurückgelassen worden, in ihm befand sich Oberleutnant zur See Braune mit mehreren Überlebenden. Nach längerer Zeit kam von Osten ein halbausgetauchtes englisches Unterseeboot in unsere Nähe. Es tauchte vollends auf und nahm die englische Besatzung des einen Ruderbootes und den Oberleutnant zur See Braune an Bord. Ich hielt mich zunächst von dem Unterseeboot entfernt und legte meine Jacke ab, um nicht als Offizier erkannt und gefangengenommen zu werden. Das Unterseeboot, welches vorne am Bug die Bezeichnung „L 4" und am Turm die Nr. 84 (wohl auch „L 4") trug, tauchte und verschwand untergetaucht nach Westen. Jetzt stieß noch ein kleineres englisches Boot zu mir, in dem sich noch fünf überlebende von „V 187" befanden. Die drei Boote sind dann längere Zeit mit Kurs OSO auf die deutsche Sicherungslinie zugsrudert. Sie wurden später von „O 4" und „V 11" gefischt. Die zum Teil schwerverletzten Leute wurden an Bord der Torpedoboote verbunden, die Ruderboote wurden versenkt. Nachdem die Torpedoboote noch sechs Tote aufgefischt hatten und die Untergangsstelle „V 187" nach Resten von Seekarten und Büchern abgesucht hatten, gingen sie nach Helgoland. Von dort wurden die 6 Toten und 44 überlebenden, darunter 7 Schwer- und ungefähr 20 Leichtverwundete mit dem Werftdampfer „Arngast" nach Wilhelmshaven gebracht." Der Kleine Kreuzer „Mainz", Kommandant Kapitän z. S. Wilhelm Paschen, ist an diesem Tage untergegangen. Nach dem Bericht des geretteten Ersten Offiziers, Kapitänleutnants Tholens, der in englische Gefangenschaft geriet, hat sich das Gefecht folgendermaßen entwickelt: „Der Befehl: ,„Mainz' sofort auslaufen und den gemeldeten englischen Streitkräften in den Rücken fallen" traf das Schiff auf Grund der vorherigen Funksprüche der Flottille Wallis seeklar mit Dampf in allen Kesseln gegen /10 Uhr vorm. auf der Ems. „Mainz" konnte daher sofort auslaufen und sehr bald höchste Fahrt aufnehmen. Kurs war zunächst nördlich, um feindlichen Fahrzeugen den Rückzug zu verlegen. Das dem Schiff in Borkum zur Verfügung stehende Flugzeug wurde in gleicher Richtung vorgeschickt. Das Wetter war beim Auslaufen aus der Ems ruhig, die Luft klar und sichtig. Die Aufklärungsbedingungen schienen daher für das Flugzeug denkbar günstig zu sein. Das Flugzeug kehrte aber schon nach kurzem Flug ohne Ergebnis zurück. „Mainz" war inzwischen in diesiges Wetter hineinge- 8b kommen. Dies machte eigene Überraschungen durch feindliche Streitkräfte möglich. Um 12.30 Uhr mittags kam „Arethusa" mit acht Zerstörern in NO auf etwa 70 dm mit westlichem Kurs in Sicht. So weit war die Dichtigkeit inzwischen gesunken. Um den Feind mit Steuerbordgeschützen unter Feuer zu nehmen, wurde etwas nach Backbord auf NNW-Kurs gegangen. Kurz nach den ersten Salven, die die feindlichen Fahrzeuge mit Einzelfeuer erwiderten, ging der Gegner auf nördlichen Kurs. Die Schießbedingungen waren äußerst ungünstig, da die feindlichen Fahrzeuge sich in der diesigen Luft nur sehr unklar abhoben. Trotzdem wurden mehrere gut liegende Salven und auf zwei Zerstörern auch mit Sicherheit Treffer beobachtet, von denen einer auf der Brücke des einen, wie nachher festgestellt wurde, sämtliches Personal einschließlich Kommandanten außer Gefecht setzte. „Mainz" ging allmählich, um den Feind nicht aus Sicht zu bekommen, auf Nordkurs. Um 12.45 Uhr mittags wurden dann plötzlich Rauchmassen in NW gemeldet, und wenige Minuten später drei Kreuzer der „Birmingham"-Klasse in ihnen ausgemacht. „Mainz" hatte sofort hart steuerbord gedreht. Noch im Drehen schlugen aber schon die Salven dieser Gegner in der Nähe ein, und wenige Minuten später erhielt „Mainz" die ersten Treffer auf der Hütte und im Mitteldeck. Das Feuer der „Arethusa" und der Zerstörer, die jetzt ziemlich außer Sicht gekommen waren, war ohne jedes Ergebnis gewesen. Das eigene Feuer wurde jetzt ausschließlich auf die neuen Gegner gerichtet; gleichzeitig wurden diese mit Funkspruch gemeldet. Um 12.55 Uhr nachmittags waren aber die feindlichen Kreuzer nur noch am Aufblitzen der Geschütze zu erkennen. Kurz darauf hörte auch dieses auf und mit ihm das Aufschlagen der feindlichen Geschosse. „Mainz" lief 25 Seemeilen Kurs, ungefähr SSW auf die Osterems und entwickelte stark Rauch. Inzwischen waren backbord, etwa querab, ein weiterer Kreuzer der „Birmingham"-Klasse („Fearleß") und etwas mehr vorlich sechs geschlossen fahrende und mehrere vereinzelte Zerstörer in Sicht gekommen. In dem sich nun mit diesen entwickelnden Gefecht, in dem auch verschiedene Torpedos auf die „Mainz" geschossen wurden, klemmte plötzlich das Ruder auf 10 Grad Steuerbord? Der Befehl: „Steuern aus dem Ruderraum!" kam richtig durch, ebenso das Signal mit dem Rudergeber: „Ruder backbord!" Trotzdem blieb das Ruder geklemmt infolge einer Explosion, die unter dem Ruderraum eingetreten war. Die hierauf dort getroffenen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Steuerfähigkeit blieben, trotzdem die gesamte Ruderanlage im Schiff in Ordnung befunden wurde, ohne Erfolg. Es ist daher anzunehmen, daß durch einen Unterwassertreffer eine Verbiegung des ganzen Ruders nach Steuerbord eingetreten ist. Die Backbordmaschine wurde gestoppt. „Mainz" drehte langsam weiter nach Steuerbord und kani so wieder in Gefechtsentfernung der ersten drei Kreuzer der „Birmingham"-Klasse und der „Llrethusa" mit ihren acht Zerstörern. Zu gleicher Zeit kam die Meldung aus die Brücke, daß drei Geschütze mit Bedienung völlig ausgefallen seien. In dem nun folgenden Gefechtsabschnitt, in dem „Mainz" mit geklemmtem Ruder, nach Steuerbord einen Kreis schlagend, vier Kreu- zern der „Birmingham"-Klasse und einigen 20 Zerstörern gegenüberstand, wurde das eigene Feuer allein auf die feinvuchen Zerstörer gerichtet. Nur gegen letztere war jetzt noch ein nennenswerter Erfolg zu erwarten. Da die Zerstörer z. T. recht nahe herankamen, konnten auch noch eine Zahl Treffer auf ihnen beobachtet werden. Auf „Mainz" folgte währenddessen Ausfall auf Ausfall. Ungefähr 1.20 Uhr nachmittags war der größte Teil der Geschütze mit Bedienungsmannschaften bereits außer Gefecht. Das Oberdeck glich einem Trümmerhaufen. Die Munitionszufuhr stockte, und verschiedentlich hatten Räume unter dem Panzerdeck wegen Rauch- und Gasgefahr geräumt werden müssen. Die Steuerbordmaschine machte nur noch Umdrehungen für halbe Fahrt. In diesem Zustand, gegen 1.20 Uhr nachmittags, erhielt das Schiff einen Torpedotreffer an Backbord mittschiffs. Im Kommandoturm fielen hierdurch sämtliche Apparate für Be- fehlsübermittlung, mit Ausnahme der Schall- und Sprachrohre nach Zentrale und Torpedoraum, aus. Der Kommandant befahl hierauf: „Schiff aufgeben, Besatzung klar bei Schwimmwesten!" und verließ den Kommandoturm. Dieser Befehl kam aber nur bis an die nächsten Gefechtsstationen und wurde dementsprechend auch nur teilweise durchgefllhrt. Infolge des Torpedotreffers war in dem Geschützfeuer überall eine Stockung eingetreten. Im Kommandoturm waren zu dieser Zeit nur noch der Erste Artillerieoffizier und der Torpedooffizier. Der Erste Offizier, welcher annahm, daß der Kommandant gefallen sei, und keine Kenntnis von dessen letztem Befehl hatte, ließ das Feuer wieder aufnehmen und versuchte, noch Torpedotreffer zu erzielen. Die abgeschossenen Torpedos, einer nach Backbord auf einen Kleinen Kreuzer und zwei nach Steuerbord auf Zerstörer, blieben ohne Erfolg, da sich die feindlichen Schiffe an der Grenze der Torpedoreichweite hielten. Beim Gegner hatten nun noch zwei Schlachtkreuzer in das Gefecht eingegriffen. Ob sie noch Treffer erzielten, ist nicht einwandfrei festgestellt. Auf „Mainz" war schließlich nur an Steuerbord das erste und fünfte Geschütz in Gefecht." Das Bild, das das Unterschisf nach dem Torpedotreffer bot, wird durch folgende Beobachtung des ältesten überlebenden Ingenieurs, dessen Gefechtsstation bei der Lecksicherung war, vervollständigt: „Gegen 1.15 Uhr nachm. Torpedotreffer. Schiff bäumte sich auf, bog sich stark fühlbar durch und schwang noch längere Zeit nach. Notbeleuchtung erlosch. Alle Gläser, soweit sie nicht schon bei den Gefchoßaufschlägen erledigt waren, zersprangen. Das elektrische Licht wurde dunkler und erlosch allmählich ganz: elektrische Taschenlampen waren schließlich die einzige Beleuchtung. Die Maschinen machten keine Umdrehungen mehr. Das Leckpendel zeigte jetzt an, daß sich das Schiff langsam vorn senkte. Die Bemühungen, festzustellen, wo das Leck war, blieben erfolglos, da kein Naum mehr antwortete. Nach einer kurzen Pause hörte man, daß das Feuer wieder ausgenommen wurde. Auch als dann das Feuer und einige Zeit später die Aufschläge der feindlichen Granaten aufhörten, war keine Verbindung mit den anderen Räumen zu bekommen. Auch der Kommandoturm antwortete nicht mehr. Wasser, das aus den Sprachrohren hervorquoll, zeigte an, daß das Wasser bis über das Panzerdeck gestiegen war, das Schiff also bei den leckenden Abteilungen ebensoweit untergetaucht sein mußte. Da das Schiff sehr bald sinken mußte, wurde die Zentrale jetzt geräumt. Das Zwischendeck über dem Panzerdeck war mit Rauch so gefüllt, daß man kaum einen Meter weit sehen konnte. Beide von dort nach oben führenden Treppen waren zerschossen. Über die Trümmer der Treppen und Spinde allein konnte man nur durch die Schußlöcher nach oben gelangen. Der Raum unter der Back war ebenfalls von vorn bis über die zweiten Geschütze mit Rauch angefüllt. — Sobald das Feuer auf allen Seiten eingestellt war, machten sich die englischen Fahrzeuge mit großer Energie daran, die Überlebenden aus dem Wasser zu fischen. Ein Zerstörer legte sogar auf Zuruf von „Mainz", die bis gegen 2 Uhr nachmittags noch keine Schlagseite hatte, am Heck an, um Verwundete an Bord zu nehmen. Sämtliche Verwundete, deren Fall nicht völlig aussichtslos erschien, sind auf diese Weise noch, unterstützt von Leuten des Hinterschiffes, die noch nicht über Bord gegangen waren, auf den Zerstörer geschafft. Um 2.10 Uhr nachm. ist dann „Mainz", nachdem sie sich kurz vorher nach Backbord übergelegt hatte, gesunken." Schließlich sei noch der Gefechtsbericht des Kommandanten des Kleinen Kreuzers „Ariadne", Kapitäns z. S. Seebohm, hier wiedergegeben: „S. M. S. „Ariadne" stand als Flaggschiff der Hasenflottille der Jade und Weser am 28. August in der Außenjade. Auf den Kanonendonner gegen 9 Uhr, und namentlich auf den Funkspruch von „Stettin", daß um Kreuzerhilfe gebeten würde, stieß „Ariadne" in der Richtung auf Helgoland vor. Beim Außenjade-Feuerschiff traf sie den Kreuzer „Köln", Flaggschiff des Konteradmirals Maaß, der mit hoher Fahrt nach Westen auslief. „Ariadne" lief etwa mit dem gleichen Kurse wie die „Köln", die bald im Nebel verschwunden war, nach Westen. Es kamen noch Funksprüche von „Mainz" und „Straßburg", daß sie sich mit feindlichen Zerstörern im Gefecht befänden. Unter Vermeidung eines als minenverdächtig gemeldeten Ortes wurde auf die Stellung der genannten Schiffe zugesteuert. „Köln" schien nach ihren Funkenmeldungen denselben Kurs zu verfolgen. Gegen 10 Uhr wurde backbord querab ein feindliches U-Boot gesichtet, das sofort tauchte und anfänglich versuchte, auf „Ariadne" zu manövrieren, dann aber ganz verschwand, so daß es zu einer Beschießung nicht kam. Bald darauf wurde an Backbord voraus Geschützfeuer gehört und darauf zugehalten. Kurz vor 2 Uhr tauchten aus dem Nebel zwei Schiffe auf, von denen das eine recht voraus befindliche unsere Erkennungssignale nicht erwiderte. Es wurde als Panzerkreuzer ausgemacht und sofort auf Gegenkurs gedreht. Das zweite Schiff war „Köln", die vom Feinde gejagt und zweifellos nur durch das Eintreffen von „Ariadne" losgelassen wurde. Der Gegner wandte sofort sein Feuer von „Köln" auf „Ariadne". „Ariadne" erhielt sehr bald einen Treffer in dem vorderen Schiffsraum, der einen Bunkerbrand SO verursachte, jo daß der Kesselraum wegen Rauchgefahr verlassen werden mußte. Damit fielen fünf Kessel aus, und „Ariadne" wurde auf 15 Seemeilen Geschwindigkeit herabgesetzt. Der Gegner, der nach seinem Schattenriß das englische Flaggschiff „Lion" war, hinter dem bald ein zweiter englischer Panzerkreuzer derselben Klasse aufgetaucht war und am Kampf teilnahm, beschoß „Ariadne" ungefähr eins halbe Stunde lang auf Entfernungen von 55—40 dm bzw. 30 km. Letztere Entfernungen sind nur geschätzt, da zuletzt alle Meßinstrumente ausgefallen waren. „Ariadne" erhielt viele Treffer von schweren Geschützen, darunter eine Reihe von Treffern im Achterschiff, das ganz in Flammen aufging. Was von dem dort befindlichen Personal gerettet ist, hat diese Rettung nur einem Zufall zu verdanken. Auch das Vorschiff erhielt eine Reihe von schweren Treffern, von denen einer, das Panzerdeck durchschlagend, den Torpedoraum außer Gefecht setzte, ein zweiter den Verbandplatz mit dem dort befindlichen Personal vernichtete. Das Mittelschiff und die Kommandobrücke blieben merkwürdigerweise von Treffern fast verschont. Wie viele Treffer im ganzen eingeschlagen sind, entzieht sich jeder Schätzung. Viele haben anscheinend die Takelage zerschlagen und sind dabei krepiert. Andere Granaten wurden beobachtet, die beim Aufschlagen auf das Wasser nicht krepierten. Viele Geschosse gingen rechts und links vorbei, da „Ariadne" vom Gegner ablief und nur ein schmales Ziel bot. Das Schießen der Engländer erfolgte salvenweise mit ziemlich großen Zwischenpausen. Die Wirkung der Geschosse war hauptsächlich Brandwirkung. Alle Wohnräume des Vor- und Achterschiffes standen sofort in Hellen Flammen. Ein Löschen des Feuers im Entstehen war bei der gewaltigen Brandwirkung unmöglich. Zudem wurden die Feuerlöscheinrichtungen über dem Panzerdeck durchweg zerstört. Gegen M Uhr drehte der Gegner plötzlich nach Westen ab. Ich nehme an, daß er „Ariadne" die durch den Brand in Rauch gehüllt war, nicht mehr hat ausmachen können. Aus „Ariadne" war bis dahin das Feuer mit den brauchbaren Geschützen fortgesetzt, zuletzt selbständig von den Geschützführern, da jegliche Befehlsübermittlung versagte; auch konnte aus dem Kommandostand wegen des Qualms im Schiff nichts mehr beobachtet werden. Trotz des vernichtenden Feuers des Gegners arbeitete die Besatzung mit der größten Ruhe, wie bei Friedensübungen. Die Verwundeten wurden von den Krankenträgern beseitigt. Alle Stellen suchten Reparaturen nach Möglichkeit selbständig auszuführen. Der Erste Offizier mit der Reparaturgruppe wurde im Zwischendeck von einem Treffer hinweggefegt. Nach dem Abdrehen des Gegners befahl ich zunächst, mit „alle Mann" das Feuer zu löschen. Dies erwies sich aber als unmöglich, das Achterschiff war nicht mehr zu betreten, und das Vorschiff mußte alsbald geräumt werden. Auf den Befehl: „Fluten der Munitionskammern!" wurde noch nach der vorderen Kammer vorgedrungen. Es erwies sich, daß diese schon unter Wasser stand. Nach der achteren Kammer vorzudringen, war unmöglich: auch hatte sich vorher schon ein Versuch, im Panzerdeck noch Abteilung 1 und 2, wo sich noch Leute be- fanden, zu öffnen, als unmöglich erwiesen, da der Deckel durch Geschoßtresfer verbogen war. Die Maschine und der achtere Kesselraum blieben während des ganzen Gefechts vollkommen unversehrt, desgleichen das Ruder. Der Maschinentelegraph versagte; offenbar war sein Kabel bei einer Explosion unter dem Komrnandoturm abgerissen. Der Aufenthalt auf dem Schiffe wurde immer unerträglicher durch Hitze und Rauch, als die noch an den Geschützen befindliche Bereitschaftsmunition zu explodieren begann. Viel Schaden haben diese Explosionen aber nicht mehr angerichtet, es wurden nur viele kleine Spritzer umhergeschleudert, die beispielsweise von unten her die Brücke durchschlugen. Die Besatzung versammelte sich in größter Ruhe auf der S2 Back, wohin auch die Verwundeten gebracht wurden. Ich brachte drei Hurras auf Se. Majestät aus, wonach das Flaggenlied und „Deutschland, Deutschland über alles" gesungen wurden. Auch die Verwundeten stimmten mit ein. Ein Mann brachte drei Hurras auf den Kommandanten aus. Kurz vor 3 Uhr näherte sich S. M. S. „Danzig", Kommandant Fregattenkapitän Reiß und schickte Boote herüber. Auch von der „Ariadne" konnten beide Kutter, da das Mittelschiff, wie bereits gesagt, nicht so hart gelitten hatte, noch zu Wasser gebracht werden. Es wurden zuerst die Verwundeten in die Boote gebracht, die von der Back mit Leinen herunter- gesiert wurden. Als der Aufenthalt auf der Back allmählich unmöglich wurde, sprang der Rest der Besatzung auf Befehl über Bord. Die Freischwimmer schwammen zum Teil selbst auf „Danzig" und „Stralsund", Kommandant Kapitän z. S. Harder, die ebenfalls in die Nähe gekommen war, herüber; die Nichtschwimmer, die sich an Schwimmwesten und Hängematten hielten, wurden von den Booten ausgenommen. Mittlerweile wurde das Feuer in dem ausgebrannten Schiff schwächer: auch die Explosionen wurden weniger häufig. Ich begab mich daher auf „Stralsund" mit einigen Leuten, die mit einem „Ariadne"-Boot wieder an Bord zurückgekehrt waren, um den Kommandanten „Stralsund" zu bitten, die „Ariadne" in Schlepp zu nehmen. „Ariadne" legte sich aber um diese Zeit plötzlich erst stark nach Backbord über und kenterte dann nach Steuerbord. Der Kiel war noch einige Zeit über der Wasseroberfläche zu sehen." War schon früher die Sicherung der deutschen Bucht als unzulänglich bekannt, weil die Aufklärung nicht weit genug reichte, so hat uns dieser Tag die Erkenntnis gebracht, daß ein geschlossenes Vorgehen des Gegners gegen unsere schwache Vorpostenlinie bei jedem Angriff uns schädigen mußte. Sie konnte durch Wiederholung ähnlicher Überfälle allmählich auf- gerieben werden, während der Flotte durch ihren Bewachungs- dienst ein wesentlicher Nutzen nicht erwuchs. Die häufige Heranziehung zum Patrouillieren in den immer länger werdenden Nächten schwächte Personal und Material und beeinträchtigte dadurch die Leistungsfähigkeit der Boote für ihre Hauptaufgabe, den Angriff auf die feindliche Flotte. Das unbehelligte Eindringen und die völlige Bewegungsfreiheit der feindlichen Kreuzer und Zerstörer, die sie in der deutschen Bucht gefunden hatten, mußte erschwert, ebenso die dauernde Belästigung durch englische U-Boote verhindert werden, die allerdings bisher keine große Fertigkeit im Torpedoschießen bewiesen hatten. Nach beiden Richtungen hin wurde grundsätzlich Wandel geschaffen. Für den Vorpostendienst wurde Einstellung einer größeren Zahl armierter Fischdampfer beantragt und diese mit möglichster Beschleunigung bereitgestellt. Bisher hatten sie nur in den Hafenflottillen zur Sicherung der eigentlichen Flußmündungen Dienst getan. Ferner wurden Mitte September zwei ausgedehnte Minensperren westlich von Helgoland ausgelegt, welche die Gefahr für den Gegner vermehrten und unseren Vorposten eine Sicherung bei etwaiger Verfolgung bieten sollten. Am 13. September gelang es noch einem englischen U-Boot „L 9", dem Flottentender „Hela" südlich von Helgoland einen Torpedotreffer beizubringen, der das Schiff nach 20 Minuten zum Sinken brachte, so daß Zeit blieb, die gesamte Besatzung zu retten und der Verlust sich nur auf drei Tote in dem Raum der Torpedodetonation beschränkte. D!e Minensperren vor Helgoland haben ihre Wirkung nicht verfehlt und im Verein mit der sich später noch steigernden Sicherung durch Flugzeuge und Ausstattung der Vorpostendampfer mit Angriffswaffen gegen getauchte U-Boote, die anfänglich noch gänzlich fehlten, den inneren Teil so frei gehalten, daß die U-Bootsgefahr schließlich ein seltener Ausnahmezustand wurde. S4 V. Die Lerbft^ und Wintermonate des ersten Kriegsjahres Der Überfall vom 28. August konnte als ein Vorversuch für eine Unternehmung größeren Umfangs angesehen werden, bei welcher unsere Flotte von vornherein im Nachteil war, wenn die Initiative vom Feind ausging. Er konnte dann seine ganze Überlegenheit zur Geltung bringen, während wir Ne schwierige Entwicklung der Gefechtslinie aus den Flußmündungen heraus vornehmen mußten. Der Angreifer hatte bei der Wahl des Zeitpunktes den Vorteil, seine U-Boote in großer Zahl geeignete Stellungen vorher einnehmen zu lassen. Aus ihrem öfteren Aufenthalt in der deutschen Bucht sowie den Erfahrungen des August-Gefechtes mußten sie genügend Anhaltspunkte für zweckmäßigen Ansatz gewonnen haben. Die unserer Flotte anbefohlene Zurückhaltung forderte zu einem solchen Plan direkt heraus. Um ihm zuvorzukommen, war es daher erklärlich, daß das Flottenkommando größere Bewegungsfreiheit wünschte, um Gelegenheit zu finden, Teile des Feindes zu stellen. Dies war nur zu erwarten, wenn die vorgeschickten leichten Streitkräfte auf zeitiges Eingreifen der ganzen Hochseeflotte rechnen konnten. Es lag dagegen nicht in der Absicht der Flotte, den Kamps mit der englischen Flotte unter der feindlichen Küste zu suchen. Das Stärkeverhältnis sprach zu sehr gegen die Wahrscheinlichkeit des Erfolges, wie sich aus der Gegenüberstellung der beiden Gefechtslinien ergibt. Danach betrug bei den Linienschiffen die Überlegenheit auf englischer Seite 7 Großkampfschiffe gegen unsere Gesamtzahl von 13, also über 50 Prozent. Unseren älteren Schiffen des II. Geschwaders, welche aus der Vor-Dreadnought- Zeit stammten, stand dann außerdem ein gleichwertiges eng- lisches Geschwader aus Schiffen der „King Edward VII."-Klafse gegenüber. Der Schutz der Seefront, den die Flotte ausübte, wurde in dieser ersten Kriegszeit von der Obersten Kriegsleitung höher bewertet als der Schaden, den sie möglicherweise der feindlichen Flotte zufügen konnte. Es blieb daher bei der den Linienschiffen auferlegten Beschränkung. Die Versuche, den Feind durch Kleinkrieg zu schädigen, wurden fortgesetzt, und dazu auch Vorstöße der Kreuzer gegen die englische Küste und das Skagerrak geplant. Die U-Boote dehnten ihre Unternehmungen immer weiter aus, und am 8. September war ihnen endlich der erste Erfolg befchieden, indem „II 21", Hersing, vor dem Eingang zum Firth os Forth den Kleinen Kreuzer „Pathfinder" versenkte, dem bald darauf der große Schlag von Weddigens „II 9" folgte, als er am 22. September die drei Geschützten Kreuzer „Eressy", „Aboukir" und „Hogue", 20 siu nordwestlich Hoek van Holland, zur Strecke brachte. Weddigens Name war in aller Mund, und besonders für die Marine war seine Tat eine Erlösung aus dem bedrückenden Gefühl, in diesem Kriege noch so wenig geleistet zu haben im Vergleich mit den Heldentaten des Heeres. Eines solchen Erfolges hatte es noch bedurft, um den Wert des U-Boots für unsere Kriegsführung voll zu würdigen, nachdem es schon so unerwartete Proben von seiner Seeausdauer abgelegt hatte. Auch vom Ausland kamen günstige Nachrichten: Die „Emden" hatte ihre erfolgreiche Tätigkeit gegen die englische Handelsschiffahrt im Golf von Bengalen ausgenommen und der Kleine Kreuzer „Königsberg" in Ostafrika den englischen Kreuzer „Pegasus" vor Sansibar versenkt und dadurch Vergeltung geübt für die Beschießung von Daressalam. Um die Mitte des Monats September hatten die bei Kriegsbeginn neu gebildeten Geschwader aus älteren Schiffen (das IV., V. und VI.) ihre Ausbildung so weit gefördert, daß sie zum Dienst in der Nordsee mit herangezogen werden konnten. Zum Flottenkampf selbst waren sie ungeeignet. Wohl aber konnten sie eine Entlastung in dem Bewachungsdienst der Flußmündungen bringen und diese gegen Störungsversuche offenhalten, wenn die Flotte sich in See befand. Aber zu solcher Betätigung sind sie nicht gekommen, denn ihre Jndienst- haltungszeit war nicht von langer Dauer, da ihre Besatzungen später an anderen Stellen dringlicher gebraucht wurden. Dennoch war ihre Bereitstellung nicht umsonst gewesen, weil sie an die Flotte gutausgebildete Besatzungen für Neubauten abgeben konnten und ihre Anwesenheit in der Ostsee in den ersten Kriegswochen jedenfalls dahin gewirkt hat, unseren Ostseestreitkräften in den Augen der Russen ein sehr viel größeres Gewicht beizulegen, als ihnen tatsächlich zukam. Dies und vielleicht das geringe Zutrauen in die eigene Leistungsfähigkeit mag dazu beigetragen haben, die Russen von einer Offensive abzuhalten. Allerdings hatte auch der Oberbefehlshaber der Ostsee sofort selbst die Offensive ausgenommen, da er sich nur davon eine Einschüchterung der russischen Seekriegführung in der Ostsee versprechen konnte. Obgleich er anfänglich nur über zwei Kleine Kreuzer, „Augsburg" und „Magdeburg", einige Torpedoboote und als Streuminendampfer eingerichtete Handelsschiffe verfügte, wurde ein Vorgehen der Russen nicht erst abgewartet, sondern gleich nach der Kriegserklärung eine Beschießung von Libau vorgenommen, die zwar nicht viel Schaden anrichtete, die Russen aber veranlaßte, das Zerstörungswerk selbst in die Hand zu nehmen. Außerdem wurden Minen in den Eingang des Finnischen Meerbusens geworfen. Der beabsichtigte Zweck wurde völlig erreicht, und der Schaden, den wir durch den Verlust des Kleinen Kreuzers „Magdeburg" erlitten, der am 27. August im Neber auf Strand lief und verlorengegeben werden mußte, aufgewogen. Am 11. Oktober siel der Panzerkreuzer „Pallada", der sich bei 7 DsurichllmdS Hochlicllotte im WüUritg« S7 der Beschießung der festsitzenden „Magdeburg" hervorgetan hatte, unserem „17 26", Freherr von Berckheim, zum Opfer. Dieser Erfolg hat seinen lähmenden Einfluß auf die russische Unternehmungslust nicht verfehlt. Ohne daß auf die Ostsee-Kriegführung im einzelnen weiter einzugehen wäre, kann ihre Wirkung für die Gesamtlage in der Heimat als äußerst wertvoll bezeichnet werden. Sie hat es, ohne der Flotte wichtige Kräfte zu entziehen und sie dadurch zu schwächen oder ganz lahm zu legen, mit ihren bescheidenen Mitteln erreicht, die russische Flotte in Schach zu halten, so daß kein Schuß von See aus auf die deutsche Küste fiel und die für den Kriegsbedarf unentbehrliche Handelsschiffahrt in der Ostsee aufrechterhalten blieb. Die Überwachung und Sicherung der Südausgänge der Belte und des Sundes ermöglichte die Ausnutzung des westlichen Beckens der Ostsee für Ausbildungszwecks der Flotte. Ohne ein solches Übungsgebiet wäre das Einfahren der bei Kriegsbeginn neu zusammengestellten Verbände sehr erschwert gewesen. Ebenso wäre die Erledigung von Probefahrten und die erste Schießausbildung neu in Dienst gestellter Schiffe in Frage gestellt worden. Im weiteren Kriegsverlaus wuchs die Bedeutung der westlichen Ostsee für die Erhaltung der Schlagfertigkeit der Flotte zu einer Lebensfrage. Ohne Wiederholung gefechtsmäßiger Übungen mußte sowohl die Schießfertigkeit wie die Sicherheit im Fahren bedenklich heruntergehen. Bei Fahrten in der Nordsee zu Unternehmungen war die Aufmerksamkeit der Schisssleitung völlig in Anspruch genommen durch die Möglichkeit feindlicher Gegenwirkung, allein schon zur Abwehr von Unterwasserangriffen. Die Hälfte der Mannschaft war als Kriegswache auf den Gefechtsstationen und das Maschinenpersonal bis auf die Freiwache, die unbedingt Ruhe brauchte, im Dienst, so daß an die Abhaltung nutzbringender Übungen der gesamten Besatzung unter Leitung des Kommandanten gar nicht zu denken war. Einen Erfolg in der Schlacht hatten wir aber nur zu erwarten, wenn es gelang, die Ausbildung auf der Höhe zu halten, in der wir unsere einzige und ausschlaggebende Möglichkeit erblicken konnten, den Gegner zu übertreffen. Ein geeignetes Übungsfeld, dies zu erreichen, war die Ostsee mit dem Kieler Hafen als Rückhalt. Ohne dieses Gebiet wäre die Entwicklung, welche unsere Unterseebootswaffe nehmen sollte, gar nicht denkbar gewesen. Bei der Bedeutung dieses llbungsfeldes für unsere Kriegführung und bei den wertvollen Anlagen der Kieler Werft und besonders der Torpedowerkstatt in Friedrichsort, auf deren Leistungsfähigkeit später der ganze U-Bootkrieg beruhte, erscheint es unbegreiflich, daß der Gegner nicht irgend welche Anstrengungen gemacht hat, diese Lebensader zu unterbinden. Die von dänischer Seite erfolgte Absperrung des Großen Beltes durch Minen im nördlichen und mittleren Teil kam bei Kriegsbeginn den Wünschen unseres Admiralstabes zur Vermehrung der Sicherheit der Ostsee entgegen. Ob die Dänen das Recht zu dieser Sperrung für sich in Anspruch nehmen konnten, denn es handelte sich um eine internationale Fahrstraße, mag dahingestellt bleiben. Auch von englischer Seite ist die Sperrung geduldet, jedenfalls weil es den Kriegsplänen entsprach, nicht in die Ostsee einzudringen. Unsere Flotte empfand die Absperrung als einen großen Nachteil für ihre Bewegungsfreiheit, weil sie ihr die Möglichkeit nahm, mit großen Schiffen von einem in der Nordsee weiter ausgedehnten Vorstoß, wenn zweckmäßig, um Skagen herum nach der Ostsee auszuweichen, statt auf die einzige Rückmarschlinie nach Helgoland angewiesen zu sein. Das Verlangen, die Öffnung des Großen Beltes von Dänemark zu erwirken, wurde voni Admiralstab aus politischen Gründen als unausführbar bezeichnet. Von den in den Herbstmonaten 191-4 ausgeführten verschiedenen Minenunternehmungen der Hochseeflotte verdient eine Fahrt besondere Crwährung, die am 17. Oktober von der 7' Emsmündung aus nach der Südostküste Englands angesetzt wurde. Es waren dazu vier Boote der 7. Halbflottille, Chef: Korvettenkapitän Thiele, „8 115", „116", „117", „119" ausersehen. Man hatte diese älteren Boote gewählt im Hinblick auf die Möglichkeit eines Verlustes, weil sie für andere Aufgaben nicht mehr vollwertig waren. Die Besatzungen hatten sich sämtlich freiwillig erboten, diesen gefahrvollen Vorstoß mitzumachen. Die Aufgabe bestand im Legen von Minen im Eingang zu den Downs, dem um die Südostecke Englands von Dover nach der Themsemündung führenden Schiffahrtsweg. Die englische Admiralität hatte bekanntgegeben, daß das Passieren des Seegebiets zwischen 51", 15' N. und 61° 40' N. Breite und 1" 35' O. und 3° 0' O. Länge, das heißt in einem von der englischen bis zur holländischen Küste reichenden 25 sin breiten Streifen wegen Minen gefährlich sei. Auf diese Weise war die Schiffahrt gezwungen, die dicht unter Land offen gelassenen Wege zu benutzen: sie geriet so unter die englische Kontrolle, und der englischen Bewachung wurde ihr Dienst erleichtert. Von der Sperrung des nach der Themse führenden Weges war eine starke Verkehrsstockung für die nach London bestimmte Zufuhr zu erwarten. Do-; Vorgehen Englands, Minen in freier See zu legen, wie es durch diese Bekanntmachung angekündigt war, enthob auch uns für die Zukunft der bisher geübten Beschränkung, die Minen nur in die feindlichen Küstengewässer zu bringen, was natürlich immererheblichen Gefahren für die Minenleger verbunden war, je mehr sie sich dem Bereich derüsten bewachung näherten. Die Halbfloktille hatte die Ems in aller Frühe noch bei Dunkelheit verlassen. Bei Haaks Feuerschiff, 15 sin westlich von der Südspitze der Insel Texel, traf sie auf den englischen Kreuzer „Undaunted" und vier Zerstörer neuester Bauart, vor denen ein Entkommen unmöglich war. Sie gingen, als dies erkannt war, deshalb zum Angriff über und wurden nach tapferer Gegenwehr im Nahgesecht auf wenige 100 Meter Entfernung zum Sinken gebracht, die überlebenden Mann- schäften von den Engländern nach Möglichkeit gerettet. Ms nach dem zuerst abgegebenen Funkspruch von dem Beginn eines Gefechts weitere Nachrichten von den Torpedobooten nicht einkamen und daher mit ihrem Verlust gerechnet werden mußte, wurde das Lazarettschiff „Ophelia" zur Aufnahme etwaiger Überlebender entsandt, aber von den Engländern aufgebracht und unter der Beschuldigung, es habe sich zu Erkundungszwecken dorthin begeben, trotz seiner zweifelsfreien Einrichtung und Kennzeichnung als Lazarettschiff, beschlagnahmt. In der gleichen Nacht wurde auch der Hilfskreuzer „Berlin" in die Nordsee hinausgebracht. Er hatte den Auftrag, westlich von der Nordspitze Schottlands Minen zu legen, da dort ein reger Verkehr von Kriegsschiffen vermutet werden konnte. Die Fahrt der „Berlin" war von mehr Glück begünstigt. Ihren Minen ist etwa eine Woche später das Linienschiff „Audacious" zum Opfer gefallen. Es wurde so beschädigt, daß es in sinkendem Zustand verlassen werden mußte. Den Engländern ist es gelungen, den Verlust dieses Großkampfschiffes, der einen wesentlichen Erfolg unseres Strebens nach Kräfteausgleich bedeutete, geraume Zeit geheim zu halten. Als die Kunde schließlich doch durchsickerte, wurde ihre Richtigkeit aufs Entschiedenste abgeleugnet. Von diesen beiden Unternehmungen sind folgende Punkte wert, festgehalten zu werden: Erstens das Auslegen von Minensperren in freier See, zweitens die Beschlagnahme eines Lazarettschiffes, das aus einem einwandfreien Anlaß unter Beachtung aller Vorschriften seinem Rettungswerk obliegen sollte, drittens die Unterdrückung der Bekanntgabe eines wichtigen Schiffsverlustes im Fall „Audacious". Das englische Verhalten richtete sich in allen Punkten lediglich nach der Zweckmäßigkeit für den Kriegszweck, un- bekümmert um die Beachtung internationaler Vorschriften. Das hielt England aber nicht ab, später große Beschwerde zu erheben, als auch wir uns nicht mehr gebunden fühlten und mit sehr viel mehr Berechtigung gegen solche Lazarettschiffe vorgingen, mit denen unter Deckung durch die Rote-Kreuz- Flagge offenbarer Mißbrauch für Truppentransportzwecke getrieben wurde. Im „Audacious"-Fall kann man das Verhalten, dem Gegner eine Schwäche nicht zu offenbaren, nur billigen, weil die richtige Kenntnis der feindlichen Stärke für die Entschließungen des Feindes wichtig ist. Der völlige Verlust der 7. Halbflottille wurde sehr schmerzlich empfunden, und es hat dem Flottenkommando gegenüber deshalb nicht an herber Kritik gefehlt, daß es nicht die nötige Bedeckung gesandt habe. Dem ist entgegengehalten worden, daß dann die Grenze für die Bemessung eines ausreichenden Schutzes schwer zu finden sei. Beurteile man solche einzelnen Fälle rückwärtsschließend, wie z. B. in diesem Falle derart, daß schon zwei Kreuzer uns eine Überlegenheit gesichert hätten, so führe solche Betrachtungsweise doch auf einen Irrweg, denn man könne nicht vorher wissen, wie stark der Feind sein wird, und müsse folgerichtig dann jedesmal die gesamte Flotte aufbieten, wenn man sicher gehen wollte. Außerdem bedingt das Wesen des Krieges „Wagen". Auch in dem Moltkeschen Wort „Erst wägen" kommt das zum Ausdruck. Der Fehlschlag beleuchtete andererseits den Wert, der für unsere Kriegführung später in dem Stützpunkt an der flandrischen Küste lag, von wo aus solche Unternehmungen sehr viel leichter auszuführen waren und auch tatsächlich zu einer dauernden Beunruhigung der englischen Hauptverkehrsstraße im Kanal geführt haben. Im Oktober waren die feindlichen U-Boote vor der Ems und in der inneren deutschen Bucht sehr rege. Es verging kaum ein Tag, an welchem nicht Meldungen vom Sichten feindlicher U-Boote Vorlagen. Wenn dabei auch manchmal Täuschung Vorgelegen haben mag, so wurde ihre Anwesenheit doch mehrfach durch Abgabe von Torpedoschüssen bestätigt. Außer der schon erwähnten „Hela" am 13. September wurde das Torpedoboot „O 116" am 6. Oktober durch Torpedotreffer nördlich von Schiermonnikoog versenkt. Der größte Teil der Mannschaft konnte geborgen werden. Dagegen hatten das Torpedoboot „6 7" und ein aus See zurückkehrender Hilfskreuzer, der in der Nähe von Amrum angegriffen wurde, mehr Glück, indem alle auf sie abgefeuerten Torpedos fehlgingen. Diese U-Bootsbeläftigung steigerte auch unsere Bemühungen, ihrer Herr zu werden. Nachdem im Oktober das englische U-Boot „8 3" vor der Emsmündung dem beharrlichen Bemühen eines unserer U-Boote erlegen war, das tagelang diesem entschieden sehr gut geführten feindlichen Boot nachgestellt hatte, und andere englische Boote wohl auch unliebsame Erfahrungen mit unserer Sperre bei Helgoland gemacht hatten, wurde die Bucht innerhalb Helgolands mehr gemieden. In weiterem Umkreis von dieser Insel aber hatten wir ständig mit der Beobachtung durch englische U-Boote zu rechnen. Die Nähe der Küste war auch in der Zeit der Herbststürme für die Navigierung besonders ungünstig. Unsere eigenen U-Bootsfahrten dehnten sich mit zunehmender Kriegserfahrung der Kommandanten, die auch durch den Austausch ihrer Erlebnisse sehr gefördert wurde, immer weiter aus. Am 15. Oktober war „17 16" nach fünfzehntägiger Fahrt in Helgoland eingelaufen und meldete bei feiner Rückkehr, daß es voll verwendungsfähig sei. Die erste Fahrt um die britischen Inseln fiel auch in diesen Monat: „v 20", Kommandant Kapitänleutnant Droescher, welches im Kanal auf englische Truppentransportdampfer angesetzt war, sah sich durch Behinderung seiner Tauchfähigkeit genötigt, die starke Bewachung am Kanal zu meiden, und trat deshalb den Rückweg um Irland und Schottland an. Es war im ganzen achtzehn Tage unterwegs. Von den U-Booten, welche das Uebersetzen englischer Truppen über den Kanal nach den französischen Häfen hindern sollten, wurde am 1. November der englische Kreuzer „Hermes" vor Dünkirchen versenkt. Andere Erfolge blieben ihnen leider versagt. Der Flotte diese Aufgabe zu stellen, war ein ganz unmögliches Verlangen, denn die damit verbundene ganz unvermeidliche Schädigung konnte in keinem Verhältnis stehen zu dem Erfolg, den durch eine solche Flottenaktion das Heer in Gestalt einer Störung der englischen Truppenzufuhr gewinnen konnte. Wenn es überhaupt gelang, einen oder mehrere Dampfer bei Anwesenheit unserer Flotte in den dortigen Gewässern abzufassen, so war mit dem Abrücken unserer Flotte der Weg wieder frei, und es war nichts einfacher, als das Auslaufen bei der Nachricht vom Heranrücksn des Feindes einzustellen. Bedeutete die englische Unterstützung einen so beachtenswerten Faktor im Landkrieg, so wäre das beste Mittel, sie auszuschalten, die Besetzung der französischen Kanalküste gewesen. Die taktische Lage für unsere Flotte wurde einfach hoffnungslos, wenn sie über die Linie Dover—Calais hinaus in den englischen Kanal vorging. Zum Ausweichen vor Torpedo- und Minenangriffen hatte sie keinen Seeraum. Die eigenen Torpedoboote hätten nicht mehr genügend Kohlen gehabt, da ihr Aktionsradius gerade nur bis dorthin reichte und sie genötigt waren, dann gleich wieder kehrtzumachen. Die Flotte hätte sich dann ohne sie behelfen oder mit ihnen umkehren müssen. Das erstere konnte sowohl wegen der U-Bootgefahr, deren Abwehr dem Torpedoboote zufiel, überhaupt nicht in Frage kommen, als auch wegen der Unentbehrlichkeit der Torpedo- ' boote für die Schlacht. Somit war die Flotte abhängig von der Dampfstrecke der Torpedoboote. Die Marschsicherung einer Flotte durch Torpedoboote ist eine mit dem Erscheinen des U-Boots als Angriffswaffe neu auftretende Notwendigkeit. Die Verstärkung der Angriffskraft einer Flotte durch Torpedo- boote bildet für eine an Schiffszahl unterlegene eine so wichtige Ausgleichsmöglichkeit, daß sie keinesfalls darauf verzichten darf. Vergleicht man noch rein schematisch8) die Lage einer Flotte, die von der Helgoländer Bucht in den Kanal eindringt, mit der einer Flotte, die von der englischen Ostküste, z. B. dem Firth os Forth, aus nach der Helgoländer Bucht vorstößt, so sind die Vor- und Nachteile beider Angriffsmöglichkeiten in die Augen springend. Die eine Flotte fitzt wie in einer Flasche verkorkt, die andere hat Bewegungsfreiheit über den ganzen hinter ihr liegenden Quadranten. Das II. Geschwader hatte Ende Oktober die Kieler Werft aufgesucht, um einige wichtige Verbesserungen an der Artilleriearmierung anzubringen und die Wohnlichkeit der Schiffe, die durch das Herausreißen aller feuergefährlichen Gegenstände sehr gelitten hatte, im Interesse der Gesundheit der Besatzungen für den Winter wiederherzustellen. Die Schiffswände wurden in derselben Weise isoliert, wie es auf neueren Schiffen von vornherein durchAnwendung von brandsicheremMaterial geschah. Der Aufenthalt in den Schiffen, die so hellhörig geworden waren, daß jedes Geräusch von einem Ende bis zum ändern als Störung empfunden wurde, stellte die Nerven mit der Zeit auf eine zu harte Probe und bei dem anstrengenden Kriegswachdienst durften die wenigen Ruhestunden nicht unnütz verkümmert werden. Die Erinnerung an jene ersten Kriegswochen, wo auf allen Schiffen des II. Geschwaders das Picken der Hämmer und Kratzen der Meißel vom frühen Morgen bis zum späten Abend wider- hallte und Berge von Holz und überflüssiger Farbe aus den Schiffen verschwanden, wird den Teilnehmern unvergeßlich bleiben. Diese erste Entsendung eines Geschwaders in die Ostsee sollte außerdemzuverschiedenenllbungen ausgenutzt werden, an denen sich auch Kreuzer und Torpedoboote beteiligten, und es erschien vorteilhaft, im Anschluß daran die Anwesenheit der Schiffe zu einer großen Unternehmung gegen Libau auszunutzen, welches gerade für denWinter ein unangenehmerU-Bootsstützpunkt werden konnte, da es der einzige eisfreie russische Hafen war. Während die Befehle für diese Unternehmung mit dem Oberbefehlshaber der Ostsee vereinbart wurden, und alle auf die Gelegenheit brannten, nun endlich den ersten Schuß aus ihren Kanonen lösen zu können, kam vom Nordsee-Schauplatz die Nachricht, daß dort am 3. November die erste Beschießung von englischen Küstenplätzen erfolgreich durchgeführt fei.9) Am 3. November früh waren unsere Großen Kreuzer vor Darmouth erschienen, um den Hafen und seine Befestigungen zu beschießen, während gleichzeitig unter ihrem Schutze Mienen gelegt wurden. Die Abwesenheit des II. Geschwaders hatte den Flottenchef nicht abgehalten, die günstigen Wetterverhältnisse und die langen Nächte zu einem solchen Vorstoß auszunutzen, von dem außer der unmittelbaren Wirkung, die in der Schädigung eines feindlichen Stützpunktes für die Seekriegführung lag, ein Einfluß auf die Zurückhaltung des Gegners zu erwarten war. Für den kurzen Vorstoß nach Darmouth war eine weiter vorgeschobene Ausnahmestellung der Flotte in See nicht für nötig befunden, weil der Plan ganz auf Überraschung unter dem Schutz der Dunkelheit beruhen sollte. Nach der Rückkehr von der Unternehmung lief im Nebel der ältere Panzerkreuzer „Uorck" auf eine Schutzsperre in der Jade und kenterte durch die Minenexplosion. Der größte Teil der Besatzung konnte gerettet werden. Der Vorstoß gegen Libau unterblieb in letzter Stunde auf Grund eines vom Admiralstab eingegangenen Befehls, den das zweite Geschwader erhielt, als es sich schon auf dem Marsch dorthin befand. Die in letzter Zeit mehrfach eingeaufenen Nachrichten von der Rührigkeit englischer U-Boote in der Ostsee ließen es richtiger erscheinen, von dem Unternehmen Abstand zu nehmen, da gerade die Durchführung einer Beschießung von Landzielen für U-Boote eine besonders gute Angriffsgelegenheit geboten hätte. Man überschätzte in den ersten Kriegsmonaten die U-Bootgefahr noch sehr erheblich, weil man auch in der Abwehr noch nicht genügend Erfahrung und Übung besaß. Am 6. November erhielten wir die Nachricht von dem siegreichen Gefecht unseres Kreuzergeschwaders am 1. November bei Coronet an der chilenischen Küste. Vizeadmiral Graf Spee hatte mit seinen Schiffen „Scharnhorst" und „Gneisenau" und den Kleinen Kreuzern „Leipzig" und „Dresden" die englischen Kreuzer „Good Hope", „Monmouth", „Glasgow" und den Hilfskreuzer „Otranto" in offenem Seekampf geschlagen. Die beiden feindlichen Großen Kreuzer waren durch unser überlegenes Artilleriefeuer vernichtet, „Glasgow ' und „Otranto" hatten unter dem Schutz der hereinbrechenden Nacht flüchten können. Groß war die Begeisterung, daß es dem tapferen Admiral gelungen war, allen Nachstellungen zum Trotz, seine Schiffe zu diesem Erfolg zu führen, der dem Ansehen der englischen Überlegenheit zur See einen schweren Schlag versetzte. Mit Stolz und Zuversicht erfüllte diese Nachricht die Gemüter in der Flotte, und mit Dankbarkeit gedachten wir der auf dem weiten Ozean ganz auf sich allein gestellten Männer, die der Ehre unserer Flagge unvergänglichen Ruhm erworben hatten. Aber es sollte ihnen vom Schicksal nicht vergönnt sein, die Heimat wiederzusehen. Sie, die dort bei den Falklandsinseln mit ihrem Führer auf dem Meeresgrund ruhen, gaben uns ein leuchtendes Beispiel, von Heldenmut und Pflichtgefühl. VI. Beschießung von Scarborough und Lartlepool*) und das Kreuzergefecht an der Doggerbank. Es war vergebliches Bemühen gewesen, in den ersten Kriegsmonaten durch die Art unseres Vorgehens dem Feind *> Siehe Karte Nr. 3. solche Verluste zuzufügen, daß von einem merklichen Kräfte- ausgleich die Rede sein konnte. Die Erfolge des Minenkriegs wurden nicht bekannt, diejenigen der U-Boote fielen nicht schwer in die Wagschale, denn die torpedierten Schiffe hatten keinen großen Gefechtswert. Dagegen waren Vorstöße der Kreuzer eher geeignet, größere Teile der englischen Flotte aus den Häfen herauszulocken, wobei sich dann für das Eingreifen unserer Flotte günstige Gelegenheit bieten konnte, wenn sie in enger Fühlung mit den eigenen Kreuzern blieb. Dazu hätte sie allerdings die bisher inne gehaltene Grenze, nicht über 100 sm Abstand von Helgoland hinauszugehen, erheblich überschreiten müssen. Dann erst bekamen unsere Kreuzer einen wirklichen Rückhalt. Innerhalb der ihm gezogenen Grenze hatte sich der Flottenchef die erdenklichste Mühe gegeben: Hilfskreuzer waren ausgelaufen, die Minenvorstöße wurden trotz der erlittenen Rückschläge wiederholt, die U-Boote hatten die Erwartungen bei weitem übertroffen und waren unermüdlich in Tätigkeit, selbst bis an englische Küstenwerke waren unsere Schiffe vorgedrungen, aber für die Flotte selbst bot diese Art der Kriegführung eine Enttäuschung. Das aus strategischen Gründen erklärliche Verhalten mußte auf den Geist der Schiffsbesatzungen als Mangel an Zutrauen wirken und die Zuversicht in die eigene Leistungsfähigkeit allmählich in bedenklicher Weise herabsetzen. Eine eindringliche Vorstellung dieser Verhältnisse mit der Bitte um größere Bewegungsfreiheit für das Flottenkommando wurde abschlägig beschicken. Die Begründung, welche der Admiralstab hierfür übermittelte, lautete etwa folgendermaßen: „Das Vorhandensein der Flotte, bereit zum Schlagen, hat bisher die Küste der Nord- und Ostsee frei vom Feinde gehalten und es ermöglicht, daß der Handel mit den neutralen Ländern im Bereich der Ostsee wieder ausgenommen werden konnte. Die Flotte erspart dadurch der Armee den Schutz der Küsten und ermöglicht die Verwendung der dazu notwendigen Truppen im Felde. Nach einer Schlacht, selbst wenn sie mit Erfolg durchgekämpft ist, wird der Einfluß der Flotte bei der numerischen Übermacht des Feindes zurückgehen und unter dem Druck der feindlichen Flotte die Haltung der Neutralen nachteilig beeinflußt werden. Die Flotte muß sich daher zurückhalten und Aktionen vermeiden, die zu größeren Verlusten führen können. Dies soll aber nicht ausschließen, daß günstige Gelegenheiten ausgenutzt werden müssen, den Feind zu schädigen. Eine Verwendung der Flotte außerhalb der deutschen Bucht, die der Feind z. B. durch seine Bewegungen im Skagerrak anstrebt, liegt außerhalb der im Operationsbefehl erwähnten günstigen Gelegenheiten. Gegen ein Vorgehen der Großen Kreuzer in der Nordsee zur Schädigung des Gegners ist nichts einzuwenden." Diesen Weisungen entsprachen die weiteren Unternehmungen, die gegen die englische Küste gerichtet wurden. Am 15. Dezember gingen die Großen Kreuzer unter Führung des Vizeadmiral Hipper mit dem Auftrag vor, die befestigten Küstenplätze Scarborough und Hartlepool zu beschießen und Minen an der Küste zu legen, da ein reger Verkehr zwischen den Plätzen der englischen Ostküste unter Land stattfand. Die beiden Orte liegen den Haupthäfen der englischen Flotte im Norden der britischen Inseln um 150 sw näher als Uarmouth. Die dort liegenden oder in See kreuzenden Schiffe hatten es daher sehr viel leichter, einen solchen Angriff abzuwehren, und die Unternehmung stellte deshalb ein sehr viel größeres Nisiro dar, so daß eine Unterstützung durch die Flotte geboten erschien. Der I. Aufklärungsgruppe der Großen Kreuzer waren die II. Aufklärungsgruppe Kleiner Kreuzer und zwei Torpedobootsflottillen zugeteilt. Sie liefen am 15. morgens um 3 Uhr 20 Min. aus der Jade aus. Die Linienschiffsgeschwader folgten ihnen am Spätnachmittag desselben Tages. Die Auslauf- 16S zeiten für beide Gruppen waren so gewählt, daß die Dunkel- heit dazu benutzt wurde, um möglichst unbemerkt in See zu kommen. Dies scheint auch, wie sich aus dem weiteren Verlauf ergiebt, gelungen zu sein. Für die aus der Jade und Elbe kommenden Linienschiffsgeschwader war für 9 Uhr abends ein Treffpunkt in See auf 54° 30" N.Br. und 7" 42,5" O.Lg. bestimmt. Um ihn zu erreichen, hatte ich mit dem II. Geschwader um 4 Uhr nachmittags den Ankerplatz bei Cuxhaven verlassen. Von dem Treffpunkt aus nahm das II. Geschwader den vom Flottenchef befohlenen Kurs W.N.W. ^ W. und Fahrt 15 sm auf. Da alle Schiffe sorgfältig abgeblendet waren, konnte man von den anderen Geschwadern nichts sehen. Die Navigierung muhte also sicher funktionieren, damit die Geschwader am nächsten Morgen auch richtig zusammenstanden. Als Geschwaderabstand von Flaggschiff zu Flaggschiff waren 7,5 8m vorgesehen. Die Reihenfolge der Verbände war erstes, drittes, zweites Geschwader. Als Marschsicherung des Gros waren eingestellt voraus die beiden älteren Panzerkreuzer „Prinz Heinrich" und „Roon" der dritten Aufklärungsgruppe mit einer Torpedobootsflottille. Als Seitendeckungen zwei kleine Kreuzer mit je einer Flottille. Als Rückendeckung folgte der Kleine Kreuzer „Stettin" mit zwei Flottillen. Im Laufe des Nachtmarsches wurden verschiedentlich Fischdampfer von den Torpedobooten der Sicherung angehalten, aber als unverdächtig festgestellt. Um 5 Uhr 20 vormittags meldete ein Torpedoboot der Vorhut vier feindliche Zerstörer im Quadrat 105. Dies lag auf 54° 55' N.Br. und 2° 10" O.Lg. Dieser Punkt lag noch etwa 20 sm nordwestlich von der mit den Kreuzern verabredeten Ausnahmestellung, bis zu welcher der Flottenchef den Kreuzern entgegendampfen wollte. Da wir noch einen mehrstündigen Marsch bis dorthin hatten und der ersten Meldung keine weiteren folgten, wurde der Marsch fortgesetzt. Eine Stunde später kam wieder eine Meldung von einem Torpedo- boot der Vorhut, daß zehn feindliche Torpedoboote gesichtet seien, und man sah voraus das Aufblitzen von Schüssen. Eine Viertelstunde später meldete dasselbe Boot, daß es gejagt würde. Darauf gab der Flottenchef 6 Uhr 45 Signal für eine Schwenkung aller Geschwader auf Kurs S.O., da es noch eineinhalb Stunden Zeit bis zum Hellwerden war. Er verfolgte mit diesem Befehl jedenfalls den Zweck, einer Begegnung mit den feindlichen Torpedobooten auszuweichen, um ihnen nicht noch bei Dunkelheit Angriffsgelegenheit zu geben. Unsere Vorhut war inzwischen mit den feindlichen Zerstörern in ein Gefecht geraten. Um 6 Uhr 58 meldete der Kleine Kreuzer „Hamburg" (Korvettenkapitän v. Gaudecker), daß er einen feindlichen Zerstörer vernichtet habe. Um 7 Uhr 10 schwenkte die Flotte weiter auf O.S.O. ^ O. Kurs und trat damit den Rückmarsch an. Sie hatte den die deutsche Bucht abschließenden Kreisbogen von Terschelling nach Hornsriff allerdings bereits erheblich überschritten. Wenn sie aber einmal ausgelaufen war, um unseren Kreuzern einen Rückhalt zu bieten, so konnte bei der großen Entfernung, die jetzt zwischen beiden Teilen lag, von einem solchen kaum die Rede sein. Das Gelingen des Kreuzerunternehmens blieb daher auch in diesem Falle völlig davon abhängig, ob die Überraschung gelang und der Feind sie nicht mit überlegenen Streitkrästen verhinderte. Gegen Tagesanbruch, als unsere Kreuzer sich der Küste näherten, nahmen Wind und Seegang an Stärke so erheblich zu, daß, wie der Kleine Kreuzer „Straßburg" 7 Uhr vormittags meldete, wegen der unter Land stehenden schweren steilen See der Gebrauch der Artillerie nicht mehr möglich war und das Schiff deshalb auf Ostkurs habe abdrehen müssen. Da die Kleinen Kreuzer und Torpedoboote unter diesen Verhältnissen nur ein Hindernis für die Großen Kreuzer werden konnten, entschloß sich der Führer, diese Fahrzeuge in der Richtung auf das Gros zu entsenden, mit Ausnahme des Kleinen Kreuzers „Kolberg", der die mitgenommenen Minen an der dafür vorgesehenen Stelle auslegen sollte. Die Großen Kreuzer teilten sich dann zur Beschießung der Küstenplätze in zwei Gruppen. Die nördliche, „Seydlitz", „Moltke" und „Blücher", steuerte auf Hartlepool zu. Für die Ortsbestimmung leistete ein Offizier von einem U-Boot, welches das Operationsgebiet vorher aufgeklärt hatte, gute Dienste. Kurz vor Hartlepool wurde die Kreuzergruppe durch vier von See aus anlaufende Torpedobootszerstörer der River-Klasse angegriffen, die auf Entfernung von etwa 50 lim unter Feuer genommen wurden. Das Sinken eines Zerstörers und schwere Beschädigung auf einem anderen Boote wurden beobachtet. Nachdem sie noch erfolglos Torpedoschüsse gefeuert hatten, drehten sie ab. Von ihrer Verfolgung wurde abgesehen, um keine Zeit mehr für die Beschießung zu verlieren. „Seydlitz" richtete sein Feuer gegen die Cementary-Batterie, die nach kurzer Zeit das Feuer einstellte. Der Kreuzer erhielt drei Treffer und hatte einen Leichtverwundeten. „Moltke" beschoß eine andere Strandbatterie und erzielte mehrfach Treffer, so daß das Feuer zum Schluß nur noch von einem 15-em- und einem leichten Geschütz dieser Landbatterie erwidert wurde. Auch „Moltke" erhielt einen Überwassertreffer, der im Zwischendeck allerhand Zerstörungen verursachte, aber keine Menschenverluste zur Folge hatte. „Blücher" wurde von vornherein von den Landbatterien lebhaft unter Feuer genommen; er hatte durch einen schweren Treffer neun Tote und drei Verwundete. 15-om-Haubitzen und leichte Artillerie feuerten von Land aus. Im ganzen erhielt „Blücher" sechs Treffer. Die südliche Gruppe, „Von der Tann" und „Dersflinger", hielt auf Scarborough zu, das leicht auszumachen war. Die Küstenwachstation von Scarborough, die Signalstation und Küstenwachstation Whitby wurden zerstört. Bei letzterer verschwand mit der zweiten Salve der Signalmast mit der eng- lischen Kriegsflagge sowie das ganze Stationsgebäude. „Derff- linger" beschoß außerdem die Schanzen und die Baracken bei Scarborough. Da jede Gegenwirkung fehlte, muß angenommen werden, daß die in Scarborough verzeichnete Batterie entweder nicht rechtzeitig besetzt werden konnte oder von Bedienungsmannschaften entblößt war. Der Kleine Kreuzer „Kolberg" legte seine Minen an der ihm bezeichneten Stelle ohne größere Schwierigkeiten, obgleich das Schiff bis zu 12 Grad dabei überholte und die Kippbühnen (mit denen die Minen über Bord gesetzt werden) Wasser schöpften. Um 9 Uhr 45 sammelten die Kreuzer auf „Seydlitz" und traten in der Richtung auf den mit dem Gros verabredeten Treffpunkt den Rückmarsch an. Eine Stunde später, um 10 Uhr 45, kam vom B. d. A. bei der Flotte der Funkspruch an, daß die Aufgabe erledigt sei und sein Standort in 54° 45' N.Br., 0° 30' W.Lg. Um 1/2I Uhr mittags sichtete „Stralsund" von der zweiten Aufklärungsgruppe, bei der sich auch die II. Torpedobootsflottille befand, eine Anzahl feindlicher Kreuzer, vor denen sie in südwestlicher Richtung auswich, um Anschluß an die großen Kreuzer zu finden. Die englischen Kreuzer kamen wieder aus Sicht, da das Wetter erheblich diesig war. Dafür stieß „Stralsund" bald daraus auf sechs große feindliche Schiffe, die als Linienschiffe der Orion-Klasse ausgemacht wurde, also das II. britische Schlachtgeschwader. An diesem hielt „Stralsund" Fühlung und machte weitere Meldung über Kurs und Fahrt des Gegners. Der Standort dieser Gruppen war um 1 Uhr mittags 54° 20' N. Br., 2° 0', O. Lg. Diese Meldung veranlaßte unsere Großen Kreuzer, in nordöstlicher Richtung auszubiegen, da sie bei der geringen Dichtigkeit ein unvermutetes Zusammenprallen mit den ihnen an Gefechtskraft erheblich überlegenen Linienschiffen vermeiden mußten. Die Stellung der einzelnen Parteien zueinander war um diese Zeit etwa folgende: 8 DvutschlamdS Hochs-kjlort« lm WMrie«« Auf meinem Flaggschiff erweckte diese Meldung große Enttäuschung. Wenn unsere Großen Kreuzer in die Klemme gerieten zwischen dem feindlichen Schlachtgeschwader und den anderen bereits gemeldeten und jedenfalls sonst noch in der Nähe befindlichen Kreuzern, so wäre unsere Hilfe zu spät gekommen. Es war auch keine Möglichkeit mehr vorhanden, noch bei Tage an das feindliche Linienschiffsgeschwader, das jetzt um 1 Uhr 130 sm von uns entfernt war, heranzukommen. Unser frühzeitiges Abschwenken auf O. S. O. Kurs hatte uns um die Gelegenheit gebracht, Teile des Feindes zu treffen, wie es schon seit langem in dem Plane gelegen hatte, dessen Richtigkeit sich hiermit erwiesen hätte. Die dem Flottenchef auferlegte Bindung war jedenfalls die Veranlassung gewesen, daß der an und für sich Erfolg versprechende und kühne Plan mangels seiner folgerichtigen Durchführung kein Ergebnis er- zielen konnte. Da wir aus englischer Quelle jetzt wissen, daß die von „Hamburg" beschossenen Zerstörer etwa 10 sm vor dem II. Schlachtgeschwader standen, welches in der Nacht mit südlichem Kurs heruntergesteuert war, dessen Vorhut also mit der unsrigen zwischen 6 und 7 Uhr vormittags in Berührung gekommen war, und daß der von „Stralsund" gemeldete Standort von 1 Uhr mittags genau übereinstimmt mit der englischen Angabe, so waren die beiden feindlichen Gros um 7 Uhr vormittags nur etwa 50 siu auseinander. Es bestand eine große Wahrscheinlichkeit, daß sich beim Fortsctzen unserer ursprünglichen Marschrichtung die Kurse im Laufe des Vormittags in Sichtweite voneinander gekreuzt hätten. Für eine sich daraus entwickelnde Schlacht lag der Vorteil entschieden auf unserer Seite. Die Engländer verfügten an Ort und Stelle über das II. Schlachtgeschwader aus sechs Schiffen, in greifbarer Nähe stand das erste Schlachtkreuzergeschwader mit vier Schiffen, dazu kamen noch einige leichte Kreuzer und das mit dem II. Geschwader marschierende III. englische K.euzergeschwader. Der englische Flottenchef lief nach seiner Angabe erst mittags um 12 Uhr mit den übrigen Schiffen aus Scapa Flow aus, nachdem er morgens 9 Uhr die Nachricht von der Beschießung erhalten hatte. Er konnte keinesfalls mehr zur Zeit kommen, während das III. englische Geschwader, das sich um 10 Uhr schon dem Platze näherte, wo unsere Streitkräste gesichtet waren, der feindlichen Seite keine Überlegenheit über unsere Flotte mehr gebracht hätte. Auf englischer Seite wurde die Enttäuschung darin gesehen, daß wiederum Küstenplätze von unseren Kreuzern beschossen waren, und cs nicht gelungen war, sie abzufassen, obgleich sich die nötigen Streitkräfte dazu zufällig in See befanden und sogar Fühlung mit unseren Kleinen Kreuzern bekommen hatten. Es mag dieses mit daran gelegen haben, daß nach der Schilderung des Admirals Jellicoe die in See befindlichen Geschwader sowohl von ihm Anweisungen erhielten über ihr Verhalten, wie der Feind abgcschnitlen werden könne, als auch direkte Befehle von der englischen Admiralität, die anders lauteten und von den, Chef des zweiten Schlachtgeschwaders Sir George War- render befolgt wurden. 8* Bemerkenswert waren auch die Wetterverhältnisse an diesem Tage. Im östlichen Teil der Nordsee, dem Gebiet, welches unsere Flotte durchfahren hatte, bei leichtem östlichen Wind kein Seegang, größte Sichtigkeit. Beim dritten Grad Ost Länge bildete sich eine scharfe Wetterscheide aus. Unter der englischen Küste wehte stürmischer Nordwest, mit ent- sprechendem Seegang, der selbst den Großen Kreuzern in der Geschützbedienung Schwierigkeiten machte. Auf dem Rückmarsch unserer Flotte wurde zwischen 9 Uhr vormittags und 2 Uhr nachmittags eine auffallend große Zahl treibender Minen beobachtet, über 70, und zum Teil abgeschossen. Es wird sich jedenfalls um abgerissene Minen aus dem großen Minenfeld vor dem Eingang zum Kanal gehandelt haben. Daß sie uns in der vorausgegangenen Nacht, wo die Schiffe dieselbe Gegend durchfuhren. ohne sie bemerken zu können, keinen Schaden taten, war ein günstiger Zufall. Um 8 Uhr nachmittags am 16. Dezember lief das H. Geschwader wieder in die Elbe ein, die übrigen kehlten auf die Jade zurück. Der Eindruck, eine selten günstige Gelegenheit versäumt zu haben, blieb haften, und die Wiederkehr einer solchen war nach diesem Vorkommnis wohl schwerlich zu erwarten. Aus dem Verhalten der englischen Flotte geht hervor, daß sie von unserem Norstoß völlig überascht wurde und mit einem Vordringen unseres Gros bis an die Dogger Bank wohl auch nicht gerechnet hatte. Sonst wäre der englische Streifzug wohl stärker zusammengesetzt gewesen als nur aus einem Schlachtgeschwader, dem Schlachtkreuzergeschwader und leichteren Streitkräften. Damit waren sie zwar jedem Kreuzervorstoß von uns überlegen, aber nicht dem Zugriff unserer Flotte. Daß sich außer den an der englischen Küste auftretenden deutschen Schiffen noch eine größere Anzahl in See befand, erfuhr der englische Flottenchef nachmittags um 2 Uhr durch die englische Admiralität. Diese Kenntnis hatten die Engländer durch ihre „äirec- l16 tioval statiovs" erhalten, über welche sie damals schon ver fügten, während wir diese Einrichtung erst sehr viel später erhalten haben. Es sind dies Funkenstationen zum Peilen de» Richtung, die imstande sind, die Richtung, aus der ein aufge^ fangener Funkspruch kommt, anzugeben und somit den Schiffsort des Sprechers einzupeilen. Wenn dies gleichzeitig von mehreren weit auseinanderliegenden Stationen erfolgt, ergibt der Schnittpunkt dieser Funkenpeilungen den genauen Standort des Schiffes, von dem die Funksprüche ausgehen. Die Ausdehnung der englischen Ostküste ermöglicht eine günstige Aufstellung solcher Richtungsstationen. In ihnen besaßen die Engländer einen erheblichen Vorteil für die Kriegsführung, da sic dadurch ganz bestimmte Angaben über den Aufenthalt des Gegners erhalten konnten, sobald dieser irgend welche F.-T.- Zeichen von sich gab. Bei einer größeren Flotte, deren einzelne Verbände getrennt voneinander stehen und auf Mitteilungen voneinander angewiesen sind, ist ein völliges Schweigen des F.-T.-Verkehrs schwer durchzuführen. Gegen Ende des Monats Dezember fand ein Wechsel in den Geschwaderkommandos statt. Das III. Geschwader, hatte seit der Kriegserklärung einen Zuwachs von drei Schiffen erhalten „König", „Großer Kurfürst" und „Markgraf" hatten ihre Probefahrten erledigt, „Kronprinz" war als letzter dicht vor seinem Abschluß und trat am 2. Januar als achtes Schiff in den Verband des Geschwaders ein. Seine Führung wurde mir übertragen. Die Trennung vom zweiten Geschwader, das ich fast zwei volle Jahre geführt hatte, wurde mir nicht leicht, da ich den vortrefflichen Geist seiner Besatzungen besonders schätzengelernt hatte, die trotz der geringeren Gefechtskraft der Schiffe eine Ehre darin setzten, hinter niemand zurückzustehen. Aber die persönlichen Gefühle mußten zurücktreten, und ich hatte es als eine Auszeichnung zu betrachten, daß mir die Führung unseres kampfkräftigsten Geschwaders anvertraut wurde. Die Übergabe des Kommandos des II. Geschwaders an Konter- admiral Funke fand am 26. Dezember statt, worauf ich mich nach Wilhelmshaven begab, um mich auf „Prinzregent Luitpold" einzuschiffen. Die folgende Zeit war sehr dadurch in Anspruch genommen, die Eigentümlichkeiten der neuen Schiffsklasse und den Stand der Gefechtsausbildung der einzelnen Schiffe kennenzulernen und ein Urteil über die Persönlichkeiten der Kommandanten und ihrer Offizierskorps zu gewinnen. Die Kriegsverhältnisse erschwerten es, die Beziehungen zu ihnen so gründlich zu pflegen, wie es bei einer längeren Fri^ens- tätigkeit der Fall sein konnte. Vor allem war mir daran gelegen, den Verband selbst so einzufahren, daß er mit völliger Sicherheit der Führung folgte. Ich erbat mir dazu vom Flottenchef Gelegenheit zu einer Ausbildungszeit in der Ostsee, die gegen Ende Januar gewährt werden sollte. Diese Übung war um so notwendiger, weil die vier Schiffe der König-Klasse seit ihrer Indienststellung noch nicht zu Torpedoschießübungen gekommen waren. Auch das Linienschiff „Kaiser" hatte mit den jetzt an Bord befindlichen neuen Torpedos noch kein Übungsschießen abgehalten. Militärisch sind Torpedoschießübungen zur Aus- oder Weiterbildung der Torpedooffiziere, Rohrmeister und Ersatzschützen dringend geboten, um den erhofften entscheidenden Erfolg mit der Torpedowaffe zu gewährleisten. In besonderem Maße muß der Weit- und Winkelschuß, der sehr hohe Anforderungen an die praktische Schießfertigkeit des Schützen stellt, geübt werden. Auch in technischer Hinsicht sind Torpedoschießübungen überaus notwendig. Mehrere Schiffe erhielten erst während des Krieges Torpedos mit den neuesten Verbesserungen, ohne daß das Personal bisher die Möglichkeit gehabt hatte, mit diesen Torpedos zu schießen und sich mit ihrer schwierigen Bedienung vertraut zu machen. Erfahrungsgemäß war es notwendig, jedem Torpedo, der länger als fünf Monate nicht geschossen war, einen Prüfungsschuß zu geben, um seines Funktionierens im Ernstfälle sicher zu sein. Auch für Artillerie-Schießübungen war die innere Bucht der Nordsee, solange sich feindliche U-Boote dort aufhielten, kein geeigneter Platz. Eine bessere Gelegenheit, zum Schuß heranzukommen, hätten sie nicht finden können. Die Flußmündungen selber gaben zwar Gelegenheit, die Schießfertigkeit der Schützen auf dem laufenden zu erhalten, für gefechtsmäßige Schießübungen auf große Entfernungen aber boten sie keinen Spielraum. Die Notwendigkeit, die Übungszeiten mit den auf die Dauer auch unentbehrlichen Instandsetzungszeiten und diese wiederum mit der kriegerischen Betätigung der Flotte in Einklang zu bringen, für die eine möglichst zahlreiche Beteiligung aller Schiffe und Fahrzeuge notwendig war, machte die Disposition sehr schwierig. Ehe das III. Geschwader den Marsch nach der Ostsee an- treten durfte, sollte noch eine Flottenunternehmung in der Nordsee stattfinden, die sich aber des schlechten Wetters wegen von Tag zu Tag verschob. Der Januar des Jahres 1915 hatte sich mit sehr ungünstiger Witterung eingeführt, und ein heftiger Sturm löste mit geringen Pausen den ändern ab. Als sich dann auch noch beim Absuchen der Auslaufkurse für die Flotte durch Sperrbrecher, welche die beabsichtigte Strecke vorher der Sicherheit halber absuhren, herausstellte, daß zahlreiche Minenfelder neu gelegt waren, und zwar sowohl im Norden bei Amrum, wie im Westen bei Borkum und auch in der Sperr- lücke zwischen Norderney und der von uns gelegten Sicherheitssperre, wurde der Plan eines Flottenvorstoßes aufgegeben. Erst mußte an die Aufräumung dieser Minen gegangen werden, die durch das schlechte Wetter nicht so schnell vonstatten ging. Statt des Flottenunternehmens führten zwei Kleine Kreuzer einen Vorstoß zum Minenlegen aus, indem sie 50 »m von der englischen Küste in der Nähe der Humber-Mündung eine Sperre in die vermutlichen Anmarschkurse des Gegners legten Um die Mitte des Monats hielt sich die Flotte in verschärfter Bereitschaft, da Anlaß zu der Vermutung vorlag, die Engländer planten eine Verblockung unserer Flußmündungen. Der Gedanke hatte viel Wahrscheinlichkeit für sich und hätte gerade bei den unsichtigen Wetterverhältnissen der Wintermonate die günstigsten Bedingungen für die Ausführung angetroffen. Besonders in der Jade war die Fahrrinne für große Schiffe so schmal und wenig tief, daß schon wenige zweckmäßig hergerichtete Dampfer ein erhebliches Verkehrshindernis geboten hätten. Eine Abwehr solchen Angriffs durch Küstenbatterien konnte nicht erfolgen, da Wangeroog noch keine Armierung hatte. Die Schwierigkeiten für die Ausführung solchen Unternehmens dürfen allerdings auch nicht unterschätzt werden. Bei dem großen Material, das England hierfür zu Gebote stand, war ein Gelingen aber keineswegs ausgeschlossen. Die Flotte mußte allerdings das Unternehmen bis vor unsere Flußmündungen selbst heranbringen, und das war wohl der Hauptgrund, der sie abhielt, einen Versuch zu unternehmen, der der Durchführung unseres U-Boots- und Minenkrieges sonst sehr nachteilig hätte werden können. Nachdem am 19. Januar vormittags von einem Flugzeug 60 sin nordwestlich von Helgoland zahlreiche englische Schiffe mit östlichem Kurse gesichtet waren, darunter auch mehrere Schlachtkreuzer und an die hundert Dampfer, so glaubten wir nun bestimmt an die Ausführung eines solchen Planes. Es ist nicht unmöglich, daß über die Zahl und Art der Schiffe dem Flugzeug ein Irrtum unterlaufen ist, obgleich dieselbe Meldung auch noch von anderer Seite, nämlich von zwei aus See kommenden U-Booten, bestätigt wurde. Die zum Fühlunghalten und zu Nachtangriffen vorgesandten Torpedoboote haben aber von der feindlichen Flottenmacht nichts gefunden, so daß sie wahrscheinlich schon frühzeitig den Rückmarsch angetreten hat. Welchen Zweck die Engländer mit diesem Erscheinen verfolgten, haben wir nicht ergründen können, jeden- falls konnte aber die Verblockungsgefahr zunächst als beseitigt gelten. Am 21. Januar trat das III. Geschwader den Marsch nach der Elbe an. Bei der Überfahrt herrschte starkes Schneetreiben und erschwerte das Auffinden der Elbemündung. Wegen der schnell abnehmenden Wassertiefen, die das Lot meldete, mußte geankert werden, ein Manöver, welches von den schweren Schiffen trotz einlaufenden Stromes und des unsichtigen Wetters tadellos ausgeführt wurde, aber auch den Unterschied in der Schiffsführung eines Geschwaders so großer Schiffe gegenüber denjenigen des zweiten Geschwaders, die nur halb soviel Wasserverdrängung hatten, deutlich vor Augen führte. Am nächsten Morgen war stilles und klares Wetter eingetreten, so daß die Fahrt durch den Kaiser Wilhelm-Kanal ohne Zwischenfall ausgeführt wurde. Für die 100 Kilometer lange Strecke wurden vom Einschleusen in Brunnsbüttel bis zum Einlaufen in die Schleuse von Holtenau am Kieler Hafen nur zehn Stunden Zeit gebraucht. Während der nun folgenden Übungszeit des III. Geschwaders in der Ostsee ereignete sich in der Nordsee der erste regelrechte Geschwaderkampf: das Kreuzergefecht an der Doggerbank. Da das Wetter nach langer Zeit endlich günstig schien, hatte der Befehlshaber der Aufklärungsschiffe am 23. Januar den Auftrag erhalten, mit den Kreuzern der I. und II. Aufklärungsgruppe, dem 1. Führer der Torpedobootsstreitkräfte und der II. Flottille die Doggerbank aufzuklären und etwa dort befindliche leichte Streitkräfte des Feindes zu vernichten. Das Auslaufen sollte abends in der Dunkelheit erfolgen, die Rückkehr wurde am nächsten Abend in der Dunkelheit erwartet. Die Geschwindigkeit bei dem Vormarsch war so eingerichtet, daß die Kreuzer bei Tagesanbruch am 24. an der Südostkante der Doggerbank stehen konnten. Noch bei Dunkelheit weiter auf die Bank zu gehen, war nicht beabsichtigt, weil sonst feindliche Streitkräfte ungesehen zwischen Helgoland und die Kreuzer gelangen konnten. Auf dem Hinmarsch sollte von der Untersuchung von Handels- und Fischerei-Fahrzeugen möglichst abgesehen werden, um keine von unseren Torpedobooten dabei zurückzulassen: aus dem Rückmarsch dagegen war beabsichtigt, alle angetroffenen Fischdampfer untersuchen und erforderlichenfalls aufbringen zu lassen. In den beiden Kreuzergruppen fehlten der Große Kreuzer „Von der Tann", der zu dringenden Jnstandsetzungsarbeiten auf der Werft lag, und aus dem gleichen Grunde auch der Kleine Kreuzer „Straßburg". Die Streitmacht setzte sich daher zusammen aus den Großen Kreuzern „Seydlitz", Flaggschiff des Vize-Admirals Hipper, „Dersflinger", „Moltke" und „Blücher", den Kleinen Kreuzern „Graudenz", „Stralsund", -Kolberg" und „Rostock", der fünften Torpedobootsflotille und der zweiten und achtzehnten Halbflotille. „Graudenz" und „Stralsund" bildeten während des Vormarsches die Vorhut, „Rostock" an Steuerbord, „Kolberg" an Backbord die Seitendeckung. Jedem Kleinen Kreuzer war eine Halbflottille zugeteilt. Am 24. morgens ^ nach 8 Uhr traf „Kolberg" mit einem feindlichen Kleinen Kreuzer und Zerstörer zusammen. Die Er- kennungssignale der Feinde beantwortete „Kolberg" mit Scheinwerfer und eröffnete kurz darauf Feuer, das wenige Minuten später erwidert wurde. Dabei erhielt „Kolberg" zwei Treffer, durch die zwei Leute getötet wurden. Gleichzeitig sichtete „Kolberg" in westsüdwestlicher Richtung starke ^mich- wolken, und puch von „Stralsund" wurden in nordnordw-stlicher Richtung mehrere Rauchwolken gemeldet. Es war demnach Das Kreuzergefecht an der Doggerbank anzunehmen, daß zahlreichere Streitkräfte auf der Doggerbank standen. Nachdem Admiral Hipper die „Kolberg" ausgenommen hatte, sammelte er seine Gruppe auf Südostkurs, da es noch nicht genügend hell war, um die Art und Zahl der feindlichen Streitkräfte zu erkennen. Während des Sammelns wurden nördlich von unseren Panzerkreuzern auf etwa parallelem Kurs, aber außerhalb Schußweite vier Kreuzer der Städte-Klasse, drei Kreuzer der „Arethusa"-Klasse und eine größere Anzahl Zerstörer gesichtet. Von „Blücher" wurden deren über zwanzig gezählt. Hinter diesen Streitkräften waren weitere Rauchwolken zu sehen, und „Stralsund" meldete» daß mindestens acht große Schiffe in nordnordwestlicher Richtung zu sehen seien. Der Kreuzeradmiral mußte daher annehmen, daß hinter diesen zahlreichen leichten Streitkräften noch weitere, stärkere Schiffsgruppen standen, und da er zunächst auf keine Unterstützung durch das eigene Gros rechnen konme, entschloß er sich, in südöstlicher Richtung mit hoher Fahrt weiterzulaufen. Die Torpedoboote wurden nach vorn geschickt. „Blücher" erhielt als letztes Schiff die Erlaubnis, nach eigenem Ermessen Feuer zu eröffnen, da von den nördlich stehenden Zerstörern einzelne sehr stark näher kamen, während sich die bei ihnen stehenden Kleinen Kreuzer in nördlicher Richtung weiter abhielten. Inzwischen waren um 9 Uhr 35 vormittags an Steuerbord achteraus in Richtung W bis WNW fünf starke Rauchwolken in Sicht gekommen, die bald als das erste englische Schlachtkreuzergeschwader erkannt wurden. Sie kamen mit hoher Fahrt schnell auf und eröffneten das Feuer auf sehr große Entfernung, etwa 200 dm, allerdings zunächst, ohne unsere Kreuzer zu erreichen. Beim Flottenkommando in Wilhelmshaven waren die ersten Meldungen von einem Zusammenstoß unserer Kreuzer mit dem Feinde morgens um 8 Uhr 50 eingetroffen, wobei „Seydlitz" seinen Standort um 8 Uhr 45 in 54" 53' N.Br. und 3° 30" O.Lg. gemeldet hatte mit Kurs SO 26 sm und: acht große Schiffe, ein Kleiner Kreuzer und zwölf Zerstörer „gesichtet". Das Flottenkommando ordnete darauf sofort verschärfte Bereitschaft für alle Schiffe und Torpedobootsflottillen an und ließ sie auf Schillig-Reede sammeln. Da unseren Kreuzern der Weg nach der deutschen Bucht offen stand, und die feindlichen Streitkräfte achteraus von ihnen Fühlung hielten, wurde angenommen, daß eine Gefahr für unsere Schiffe vorläufig nicht bestünde. Gegen 1/2H Uhr vormittags hatten sich die Linienschiffsgeschwader auf Schillig-Reede versammelt und liefen um 11 Uhr 10 nach See hin aus, als der Kreuzeradmiral um 11 Uhr den Funkspruch gemacht hatte, daß er dringend Unterstützung brauche. Sein Standort war zu der Zeit 54° 30" N.Br. und 4° 35" O.Lg. Zu einem wirksamendieser Streitkräfte ist es aber nicht mehr gekommen, und ein solches war auch nach dem Verlauf des Gefechtes um die Zeit, zu der die Aufnahme erfolgen konnte, nicht mehr nötig. Bei den Kreuzern hatte sich die Lage inzwischen folgender- maßen entwickelt: Unsere Großen Kreuzer lagen um 10 Uhr vormittags auf südöstlichem Kurs in Linienpeilung Süd, sc» daß sämtliche Schiffe das Feuer auf die an Steuerbord achteraus englischen Großen Kreuzer eröffnen konnten. Unsere Kleinen Kreuzer und die beiden Flottillen standen vorlich vor unseren Großen Kreuzern etwas nach Steuer- bord herausgesetzt. Die feindlichen Panzerkreuzer kamen sehr schnell auf und müssen mindestens 26 8m gelaufen sein.10) Unsere erste Aufklärungsgruppe befand sich bei dem Herr- schenden Ostnordostwind in der Luv-Stellung, also nicht in günstiger Lage. Aber es blieb keine andere Möglichkeit, als den auf die deutsche Bucht führenden Südostkurs als Hauptgefechtsrichtung beizubehalten. Hier war die Wahrscheinlichkeit einer Unterstützung durch eigene Streitkräfte immer noch am größten, und je weiter es gelang, den Feind in die deutsche Bucht hineinzuziehen, um so mehr wuchs die Aussicht, ihm dann in der kommenden Nacht noch Torpedoboote anheften zu können. Jeder andere Kurs, der weiter südlich oder noch weiter westlich geführt hätte, hätte die Rauchverhältnisse nicht erheblich gebessert, die feindlichen Panzerkreuzer aber von vornherein in eine vorliche Stellung gebracht. Nordöstliche Kurse dagegen, um den Wind von vorn zu bekommen, führten unsere Streitkräfte direkt den feindlichen Zerstörern entgegen, womit ihnen die Schußgelegenheit angeboten worden wäre. Bald nach 10 Uhr erösfneten unsere Panzerkreuzer das Feuer auf 180 bw. Der Gegner lag bereits auf 200 bis 180 km am Ziel und machte dann gelegentlich Wendungen, um unserem Feuer auszuweichen. In gleicher Weise machten auch unsere Panzerkreuzer, je nachdem der Gegner sich eingeschossen hatte, gelegentliche Wendungen zwischen OSO und SO z. S-Kursen. Die Schußentfernung für das Führerschiff „Seydlitz" wechselte zwischen 180 bis 145 dm. Die Gegner hatten sich in zwei Gruppen geteilt, eine vordere zu drei und eine weiter zurück stehende zu zwei Schiffen 11) Sie waren bestrebt, sich auf größter Schußentfernung zu halten. Bald nach Be- ginn des Gefechtes wurden auf „Seydlitz" durch einen schweren Treffer die beiden Hinteren Geschütztürme mit je zwei 28-cm- Geschützen außer Gefecht gesetzt und schwere Brände in beiden Türmen durch Abbrennen von Munition erzeugt. Dabei fielen die Besatzungen beider Türme aus, die Türme selbst standen fest und konnten nicht mehr gebraucht werden. Die Hinteren Munitionskammern mußten infolge des Brandes ge- flutet werden. Die Löschung des Brandes nahm längere Zeit in Anspruch Inzwischen waren auch an der Backbordseite die Kleinen Kreuzer und Zerstörer teilweise aufgedampft, so daß die Hinteren Schiffe zeitweise auf sie feuern konnten. Dabei hat das Schlußschiff „Blücher" einem Zerstörer einen schweren Treffer beigebracht. Um 11 Uhr 30 schien der Gegner aus nähere Entfernung heranzugehen. „Blücher" meldete zur selben Zeit Maschinenhavarie und sackte langsam achteraus. Der Führer kreuzer folgten ihm in unregelmäßigen Abständen. Um 12 Uhr wendeten unsere Kreuzer um einige Striche an den Gegner heran, und die Torpedoboote erhielten Befehl zum Angriff. Gleich darauf drehten die feindlichen Panzerkreuzer auf nördlichen Kurs, um sich den Torpedobooten zu entziehen und sich gegen den zurückgebliebenen „Blücher" zu wenden. Die Torpedoboote wurden nach diesem Manöver vom Angriff zurückgerufen. Unsere Kreuzer schwenkten nun in die Kielwasser-Linie ein und nahmen südlichen Kurs auf in der Absicht, mit dem Gegner ein Kreisgefecht zu führen und dadurch womöglich „Blücher" Unterstützung zu bringen. Da aber auf „Seydlitz" die beiden Türme und damit zwei Fünftel der schweren Artillerie endgültig ausgefallen waren und sich im Hinterschiff viel Wasser befand, das beim Fluten der Munitionskammern noch in andere Abteilungen übergetreten war, entschloß sich der Kreuzeradmiral, die Vergrößerung der Entfernung, die durch das Manöver des Gegners verursacht war, zu benutzen, um wieder auf SO zu drehen und das Gefecht abzubrechen. Um 1 Uhr 45 kam der Feind aus Sicht, als „Seydlitz" 25 sm nördlich der Emsmündung stand. Die aus der Jade ausgelaufenen Streitkräfte trafen um 3 Uhr 30 nachmittags mit den zurückkehrenden Kreuzern zusammen und kehrten mit ihnen in die Flußmündungen zurück. Auf den Schiffen des Gegners wurden außer der Detonation und Schlagseite beim Führerschiff noch zahlreiche Treffer und ein großer Brand auf dem zweiten Schiff beobachtet. Mehrere Offiziere wollen einwandfrei das Sinken eines feindlichen Großen Kreuzers beobachtet haben, so daß daraus die Meinung entstand, der Panzerkreuzer „Tiger" sei auf der Gegenseite gesunken. Hierüber drangen auch später von englischer Seite sich widersprechende Nachrichten in die Össent- lichkeit und bestärkten den Eindruck, daß die Engländer diese Tatsache verheimlichen wollten. Auch hatte das Luftschiff „L 5", welches auf die Gefechtsstelle gefahren war, dort das Abziehen von nur vier großen Schiffen auf dem Rückweg gesehen. Das Torpedoboot „V 5", Kommandant Kapitänleutnant v. Eichhorn, welches zwischen den beiden kämpfenden Linien nach dem widerrufenen Ansatz zum Torpedobootsangriff achteraus gesackt war, feuerte auf 70 km zwei Torpedoschüsse und hatte im Anschluß daran das Ausscheren eines Schlachtkreuzers beobachtet. Ein Grund, warum die englischen Kreuzer, nachdem ihr Führerschiff ausgefallen war, das Gefecht auch sehr bald abbrachen, wo die Zahl unserer Kreuzer durch das Zurückbleiben des „Blücher" sich bereits auf drei Schiffe vermindert hatte, ist nicht ersichtlich, es sei denn, daß sie sich durch die Artilleriewirkung unserer Schiffe schon zu sehr mitgenommen fühlten. Auf unserer Seite hatten wir den Verlust des „Blücher" zu beklagen. Sehr bald nach der eingetretenen Maschinenhavarie wurden durch einen Treffer eine schwere Detonation und ein Brand mittschiffs verursacht, wobei es sich anscheinend um das große Munitionsdepot handelte, das auf „Blücher" mittschiffs lag. Bis zum Schluß konnte beobachtet werden, daß das Schiff aus allen Geschützen nach beiden Seiten gegen die Schlachtkreuzer feuerte, die ihr Feuer auf dieses eine Schiff vereinigten, sowie gegen die zahlreichen feindlichen Kleinen Kreuzer und Zerstörer, denen dies havarierte Schiff eine willkommene Zielscheibe wurde, bis es um 1 Uhr 7 nachmittags kenterte. Der Rest der Besatzung wurde von englischen Zerstörern und in der Nähe befindlichen Schiffen ausgenommen, darunter auch der tapfere Kommandant, Fregattenkapitän Erdmann, der später leider in englischer Gefangenschaft an den Folgen einer Lungenentzündung gestorben ist, die er sich beim Schwimmen im kalten Wasser nach dem Untergang des Schiffes zugezogen hatte. Von den übrigen Schiffen hatten nur „Derff- ü' linger" und „Kolberg" noch geringe Beschädigungen erhalten. Während „Seydlitz" noch einen schweren Treffer gegen den Gürtelpanzer erhielt, welcher nicht durchdrang, sondern nur die Platte etwas ins Schiff hineindrückte und dadurch eine Leckage erzeugte, war der erste Treffer von sehr großer Wir- kung gewesen. Der Schuß ist recht von hinten durch das Oberdeck gegangen, hat den Barbette-Panzer des achtersten Turms durchschlagen und ist hierbei zur Detonation gekommen. Die Räume des Achterschiffs, Offizierkammern, Messen usw. in der Nähe der Detonationsstelle waren vollkommen zerstört. In der Umladekammer, in welche die Granate eindrang, ist ein Teil der in der Förderung begriffenen Kartuschen zur Entzündung gebracht worden. Die entwickelte Flamme schlug nach oben in den Geschützturm und nach unten in den Munitionsraum des Turmes und aus letzterem durch eine für gewöhnlich geschlossene Verbindungstür, durch welche sich die Leute aus dem Munitionsraum haben retten wollen, in die benachbarte Munitionskammer des davor liegenden Geschützturmes. Die Flamme griff damit auch in den Nachbarraum über und nahm ihren Weg von dem Munitionsraum des zweiten Turmes nach oben, so daß die gesamten Bedienungsmannschaften beider Türme in kürzester Frist vernichtet wurden. Die Flamme ist dann noch haushoch über die Türme hinausgeschlagen. Für die Torpedobootsslotillen hatten sich bis gegen 12 Uhr mittags keine Aussichten für den Ansatz eines erfolgreichen Angriffs geboten. Dazu waren die Gefechtsentfernungen zu groß. Die Torpedoboote hätten etwa 100 lim an den Feind heranlaufen müssen, um Schußgelegenheit zu erhalten. Als sich dann die Entfernungen verringert hatten, und diese Gelegenheit zum Ansetzen der Boote ausgenutzt wurde, drehte der Feind ab und gab das Gefecht auf. Um diese Zeit hatte der Führer der englischen Schlachtkreuzer Admiral Beatty nicht die Leitung. Er war, wie später in Erfahrung gebracht wurde, auf „Lion" zurückgeblieben, hatte sich dann auf ein Torpedoboot über- geschifft, um seinen Schiffen nachzueilen, und erreichte sie erst auf dem Rückweg.12) Die Stelle, wo „Blücher" gesunken ist, liegt auf 54° 25' N.Br., 5° 25' O.Lg. Als sich Admiral Hipper entschloß, das Gefecht abzubrechen, war nach seinem darüber erstatteten Bericht für ihn die Überlegung maßgebend, daß eine Unterstützung dem bereits sehr bedrängten „Blücher" kaum noch etwas helfen konnte, bei der Überlegenheit des Gegners aber voraussichtlich noch zu weiteren schweren Verlusten geführt hätte. Das Gefecht hatte auch schon über drei Stunden gedauert, und auf „Seydlitz" waren nur noch 200 Schuß Munition für die schwere Artillerie vorhanden. Das Flottenkommando hat die Führung der Streitkräfte in dem Gefecht und die angestellten taktischen Überlegungen als durchaus einwandfrei anerkannt, auch den schweren Entschluß, den havarierten „Blücher" seinem Schicksal zu überlassen, unter den gegebenen Umständen vollkommen gebilligt. Hätten sich unsere Großen Kreuzer durch eine Kehrtbewegung und vollen Einsatz der drei übrig gebliebenen Panzerkreuzer dem manövrierunfähigen „Blücher" genähert, so wären sie taktisch in die denkbar ungünstigste Lage gekommen, da ihre eigenen Torpedoboote dann hinter ihnen standen, während die feindlichen Kleinen Kreuzer und Zerstörer beim Gegner vorne unmittelbar zum Torpedoangriff angesetzt werden konnten. Der Erfolg war daher mehr als zweifelhaft, schwere Verluste ohne entsprechende Gegenleistung wahrscheinlich und d,ie Rettung des „Blücher" doch nicht möglich. Das Verhalten des Gegners zeigt die offenkundige Absicht, das Gefecht wohl im Vertrauen auf sein stärkeres Kaliber auf größte Entfernung zu führen, damit die Mittelartillerie unserer Schiffe (15 cm) auszuschalten und sich vor allem außerhalb Reichweite unserer Torpedowaffe zu halten. Es wäre ihm ein leichtes gewesen, auf nähere Entfernung heranzukommen, wie sich ja auch schon aus dem schnellen Aufdampfen ergeben hatte. Seine überlegene Geschwindigkeit setzte ihn in den Stand, die Größe der Gefechtsentfernung nach seinein Gefallen wählen zu können. Trotz der stark überlegenen Artillerie und der günstigeren Stellung der englischen Linie ist ihr artilleristischer Erfolg in dem lang andauernden laufenden Gefecht kein sehr großer gewesen, wenn man bedenkt, daß drei von ihren Schiffen mit je acht 34 cra, die beiden ändern mit je acht 30,5 cm bestückt waren. Auf unserer Seite standen ihnen gegenüber zwei Schiffe mit je zehn 28-cw-, „Blücher" mit zwölf 21-cm-Geschützen und „Dersflinger" mit acht 30,5-cm-Geschützen. Bei der schwachen Panzerung des „Blücher", auf welchen als Schlußschiff unserer Linie, sich das meiste Feuer des Feindes vereinigte, ist seine Vernichtung durch die Artilleriewirkung nicht zu verwundern. So bedauerlich der große Menschenverlust auf „Seydlitz" durch das Umsichgreifen des Feuers in die Munitionskammern zweier Türme auch war, so sind daraus für die Zukunft hinsichtlich der Bereitstellung von Reservemunition wertvolle Lehren gezogen worden, die uns in künftigen Gefechten zugute kamen. Die unerwartete Anwesenheit des Schlachtkreuzergeschwaders am Morgen des 24. mit mehreren Gruppen leichter Kreuzer und einer großen Zahl von Zerstörern läßt darauf schließen, daß das Zusammentreffen doch wohl kein zufälliges gewesen ist, sondern unser Vorhaben auf irgendeine Weise zur Kenntnis der Engländer gekommen ist. Daß weitere Streitkräfte noch dahinter standen, mußte der Führer unserer Kreuzer bei einer so zahlreichen Ansammlung als sehr wahrscheinlich annehmen. Ob irgendeine andere Veranlassung zu einer solchen Konzentration von Streitkräften Vorgelegen hat, kann natürlich mit Sicherheit nicht festgestellt werden. Es ist möglich, daß sie noch mit dem Vorgehen der Engländer vom 19. Januar zusammenhing oder mit der Vorbereitung einer neuen Aktion, die nun durch den Ausfall des „Lion" vereitelt war. Wie wir aus den englischen Berichten wissen, konnte „Lion" nicht mit eigener Kraft den Hafen erreichen, sondern wurde im Laufe des Nachmittags von „Jndomitable" ins Schlepp genommen, da seine sämtlichen Maschinen außer Betrieb waren, und nach dem Firth of Forth geschleppt. Die Frage, ob unsere Flottillen, die bei den Kreuzern gestanden hatten, am Gegner Fühlung halten konnten, als er um die Mittagszeit abdrehte, um ihn während der Nacht noch anzugreifen, muß verneint werden, da es ihnen dazu an dem nötigen Brennstoff gefehlt hätte. Für die bei Eintreffen der Nachricht des Zusammenstoßes auf der Jade versammelten Flottillen war der Vorsprung, den der Gegner gewonnen hatte, zu groß, als daß sie noch Aussicht für einen erfolgreichen Nachtangriff gehabt hätten. Dies erste ernstliche Gefecht großer Schiffe, welches die Flotte zu führen Gelegenheit hatte, hatte gezeigt, daß die Gefechtsbereitschaft der Schiffe, was die Ausbildung des Personals betraf, vollkommen auf der Höhe stand, daß die Schiffe richtig und sicher geführt wurden und neben der Bedienung der Waffen auch der Signaldienst, die Befehlsübermittlung im Gefecht von Schiff zu Schiff, sowie der Lecksicherungsdienst ausgezeichnet gearbeitet hatten. Die Haltung der Besatzungen war an allen Stellen mustergültig. Dies ist besonders für „Seydlitz" (Kommandant Kapitän z. S. von Egidy) hervorzuheben, von dem aus die Leitung des ganzen Verbandes trotz des gewaltigen Brandes, der auf diesem Schiff lange Zeit herrschte, ruhig weitergeführt wurde. VII. Das Kriegsjahr 1915 Unternehmungen auf See sind wohl in noch höherem Maße von Zufälligkeiten abhängig als solche auf dem Lande durch den Mangel an verläßlichen Nachrichten vom Feinde und die Schnelligkeit, mit der sich Veränderungen in der Lage vollziehen. Darum muß dem mit der Durchführung der Operation beauftragten Befehlshaber innerhalb des allgemein bezeichne- ten Operationszieles volle Handlungsfreiheit gelassen werden. Das allgemeine Ziel lautete für die Flotte kurz umschrieben immer noch etwa folgendermaßen: Keine Entscheidungsschlacht mit der gesamten englischen Flotte suchen, sondern erst Kräfteausgleich durch Erfolge gegen einzelne Teile derselben anstreben. Wenn aber die Übernahme der Verantwortung belastet ist durch Rücksichtnahme auf Anregungen und Weisungen, die der Ausführung der Pläne des Flottenchefs Schranken ziehen, so muß die Entschlußfähigkeit dadurch beeinträchtigt werden. Diesem Umstand war auch das Ausbleiben äußerer Erfolge bei den verschiedenen Flottenunternehmungen zuzuschreiben, ohne daß man dem Führer einen Vorwurf daraus machen kann, dessen ganze Charakteranlage die Gewähr bot, in voller Zuversicht auf die Leistungsfähigkeit der ihm anvertrauten Waffe diese rück- sichtslos einzusetzen. Bei dem Anfang Februar 1915 erfolgten Wechsel im Flot- tenkommando folgte dem scheidenden Flottenchef Admiral von Ingenohl, der sich der höchsten Achtung und Wertschätzung seiner Persönlichkeit im Offizierkorps erfreuen durfte, das Be- dauern der ganzen Flotte, daß ihm keine größeren Erfolge be- fchieden waren. Die Führung der Flotte wurde dem bisherigen Chef des Admiralstabes Admiral von Pohl übertragen. In dieser seiner letzten Stellung hatte der Admiral von Pohl die Eröffnung des U-Boot-Handelskrieges gegen England durchgesetzt, welcher am 4. Februar in der Form angekündigt wurde, daß die Gewässer um England als Kriegsgebiet erklärt wurden. Die Verwendung des U-Bootes zum Handelskrieg eröffnete der Seekriegführung ein neues Gebiet und konnte von größter Bedeutung für den Ausgang des Krieges werden Die Notwendigkeit, zu'diesem Mittel zu greifen, ergab sich aus der Art der englischen Seekriegführung und wird in einem späteren Abschnitt eingehender gewürdigt werden. Die Betätigung der Flotte unter Pohls Führung entsprach der von ihm als Chef des Admiralstabes vertretenen Auffassung, daß die Erhaltung der Flotte im gegenwärtigen Sta- dium des Krieges eine Notwendigkeit sei. Er verfolgte den Plan, den Gegner durch möglichst häufige Vorstöße der gesamten Hochseeflotte in die Nordsee hinein zu Bewegungen zu veranlassen, die uns entweder zu Teilerfolgen verhalfen oder zur Entscheidungsschlacht unter für uns brauchbaren Verhältnissen in der Nähe unserer Gewässer führen sollten, wo selbst bei unentschiedenem Ausgang des eigentlichen Kampfes die Totalverluste des Gegners wegen des längeren Rückmarsches seiner havarierten Schiffe größer werden mußten als die unsrigen. Dazu wollte er jeden Vorstoß mit möglichst starken Kräften ausführen. Wichtige Kampfmittel wie die Torpedoboote oder wesentliche Kampfeinheiten (große Linienschiffe oder Schlachtkreuzer) durften nicht fehlen. Die Vorstöße sollten nicht weiter vorgetrieben werden, als mit der Absicht vereinbar war, näher an unseren als den feindlichen Gewässern zu schlagen; daher nicht länger als eine Nacht oder einen Tag in Anspruch nehmen. Bei unserer der Zahl unserer Kreuzer wegen unzulänglichen Aufklärung mußte Luftschiffaufklärung sichergestellt sein. Vor dem Zusammentreffen mit dem Feind und während des Marsches mußte mit allen Mitteln verhindert werden, daß wir irgendwelchen unterseeischen Beschädigungen ausgesetzt wurden, also waren gründliches Absuchen auf Minen, Vertreiben feindlicher U-Boote aus unseren Küstengewässern, Marschsicherung durch Torpedoboote, gegen U-Boot-Angrisfe und auf dem Marsche selbst höchste Geschwindigkeit erforderlich. Zur Erfüllung dieser Vorbedingungen war außer der Bereitschaft der mitzunehmenden Streitkräfte auch gutes Wetter nötig, so daß die Möglichkeit von Vorstößen nicht jederzeit gegeben war. In den Monaten Februar und März kam daher nur einerzur Ausführung, in den günstigeren Monaten April und Mai deren vier.*) Zu einemZusammenstoßmit dem Gegner kam es bei allen diesen Unternehmungen nicht. Sie bewegten sich in westlicher bis nordwestlicher Richtung von Helgoland bis auf 100 und 120 sm Entfernung, wobei die mitgenommenenLuftschisfe noch ein erheblich weiteres Gebiet übersahen, aber auch dort nichts vom Feinde feststellen konnten. Am 18. Mai lief bei einem solchen Vorstoß der Kleine Kreuzer „Danzig", 45 sin von Helgoland entfernt, auf eine Minensperre, konnte jedoch mit eigener Kraft die Werft erreichen- Auf die Nachricht von unserem Jnseegehen hatte sich der Gegner, wie aus der Beobachtung seines F.-T.-Verkehrs geschlossen werden konnte und durch andere Nachrichten Bestätigung fand, jedesmal auch in Bewegung gesetzt, ohne aber aus dem nördlichen Teil der Nordsee herauszugehen. Der Feind überließ uns also das Seegebiet, in dem sich unsere Bewegungen abspielten, und beobachtete ein ähnliches Verfahren, so daß ein Zusammentreffen beider Flotten unwahrscheinlich war. Wenn der Gegner damit die Absicht verfolgte, uns näher an seine *> Siehe Karte Nr. 4. Küsten zu locken, um die Schlacht in seinen Gewässern zu suchen, so hat er sie nicht erreicht, wir haben ihm nicht den Gefallen getan, unsere Handlungsweise nach seinem Willen zu bestimmen. Für eine derartige große Offensive hielt Admiral von Pohl einen Kräfteüberschuß für erforderlich, der wohl dem Feind, aber nicht uns zur Verfügung stand. Wenn demnach unsere Flottenvorstöße wenig Aussicht boten, so ließ der Flottenchef, trotz der immerhin damit verbundenen unterseeischen Gefahren, nicht davon ab, weil ohne sie eine Erhaltung der Sicherheit im Fahren der Schiffe, der Vertrautheit mit den Gefahren des U-Boots- und Minenkrieges nicht zu erwarten war. Die Hauptschädigung des Feindes glaubte der Flottenchef vom U-Boots- und Minenkrieg erwarten zu müssen. Da aber der U-Boots-Handelskrieg eingeleitet war, so konnten zum Aufsuchen der englischen Orsnä?Ieet nur wenige U-Boote abgezweigt werden. Ein Vorgehen von Minendampfern bis vor die im Norden gelegenen englischen Flottenstützpunkte konnte nur unter jedesmaliger Preisgabe der Schiffe erfolgen. Zwar hatte der Hilfskreuzer „Meteor" unter Führung seines Kommandanten, Korvettenkapitäns von Knorr, zwei erfolgreiche Fahrten unternommen, aber der Kommandant hatte auf der letzten doch sein Schiff eingebüßt. Es trug den Namen des von seinem Vater, dem langjährigen Kommandierenden Admiral von Knorr, im Jahre 1870 geführten Kanonenboots, das sich im Kampfe mit dem französischen Kreuzer „Bouvet" vor Havanna ausgezeichnet hatte. Am 30. Mai hatte dieser neue „Meteor" eine Fahrt ins Weiße Meer nach der Halbinsel Kola unternommen, von der er am 20. Juni unter Einbringung mehrerer Prisen nach Kiel zurückgekehrt war. Im August führte ihn ein neuer Auftrag nach dem Moray Firth, um vor diesem Aufenthaltsorte der englischen Flotte Minen zu legen. Als er den größten Teil seiner Aufgabe erledigt hatte, wurde ein englischer Bewachungsdampfer „Ramsay" auf ihn aufmerksam, den Knorr alsbald durch einen Torpedoschuß zum Sinken brachte. Er rettete vier Offiziere und 39 Mann der Besatzung und begab sich dann auf den Rückmarsch. Dem sinkenden Schiffe war es noch möglich gewesen, Hilfe herbeizurufen, so daß sich der „Meteor "im Laufe des nächsten Tages von englischen Kreuzern umstellt sah. Der Kommandant begab sich mit seiner Besatzung und den Gefangenen noch rechtzeitig auf ein schwedisches Segelfahrzeug und versenkte sein Schiff. Der herangekommene Feind kümmerte sich nicht um den schwedischen Segler. Als dann ein norwegisches Fahrzeug herankam, gab Knorr die Gefangenen an dieses ab, da ein längeres Verbleiben so vieler Menschen auf dem schwedischen Schiff unmöglich war. Die Besatzung des „Meteor" wurde von ihm entgegengesandten Schiffen in der Nähe von Sylt ausgenommen. Die verschiedenen Vorstöße im Sommerhalbjahr hatten auf der Flotte nicht den Eindruck hervorrufen können, daß ein ernsthaftes Streben vorlag, an den Feind heranzukommen und ihn durch eine Seeschlacht zu schädigen, obwohl der Kräftezuwachs bei dem nun vollzähligen dritten Geschwader uns mehr als je befähigte, es darauf ankommen zu lassen. Auch im Admiralstab, der unter Leitung des Admirals Bachmann stand, herrschte die Ansicht vor, daß die Zurückhaltung der Flotte zu weit getrieben sei. Aber man wollte von dort aus nicht befehlen, ein größeres Risiko zu laufen, als der Flottenchef aus eigenem Antrieb und selbst gewonnener Überzeugung einzugehen gewillt war. Die dem früheren Flottenkommando noch gemachten Einschränkungen, die Flotte keinen größeren Verlusten bei Er- langung des ihr gesteckten Operationszieles auszusetzen, waren inzwischen beseitigt. Dem Flottenkommando gegenüber war lediglich betont, daß bei allen Unternehmungen hinsichtlich der Aufklärung und rechtzeitigen Abbrechens bei Eintritt ungünstiger Verhältnisse die nötige Vorsicht zu beobachten sei. Die allgemeine Kriegslage, soweit die Flotte darauf Rücksicht zu nehmen hatte, war durch die Erfolge der Armee auf dem östlichen Kriegsschauplatz sehr wesentlich zu unseren Gunsten verändert. Die Flotte hatte jetzt als ihren einzigen Kriegszweck die Bekämpfung der englischen Seemacht zu betrachten, denn eine russische Landungsgefahr an unserer Ostseeküste bestand nicht mehr. Die Lage hatte sich hier in ihr Gegenteil verkehrt, und es kam in Frage, unsererseits die Russen durch eine Landung zu bedrohen. Deshalb wurde unser IV. Geschwader im Anfang Juli nach der Ostsee detachiert. Es bestand aus den Schiffen der „Wittelsbach"-Klasse unter Führung des Vizeadmirals Schmidt. Ferner wurden von der Flotte noch die IV. Aufklärungsgruppe und die VIII. Torpedobootsflottille nach der Ostsee abgezweigt und dem dortigen Oberbefehlshaber zur Verfügung gestellt. Eine größere Flottenaktion zur Nieder- kämpfung Rußlands hatte, wie schon eingangs hervorgehoben worden ist, keinen Zweck. Bei der riesigen Landausdehnung dieses Reiches wurde ihm durch das Abschneiden der Seezufuhr kein tödlicher Schaden zugefügt. Es konnte sich für maritime Unternehmungen nur darum handeln, die Operationen der Armee zu unterstützen in der Weise z. B., daß die Benutzung des bequemeren Seewegs gesichert wurde, um Truppen und Kriegsmaterial nach dem Rigaischen Meerbusen zu bringen oder Riga, wenn es einmal von der Armee genommen war, gegen Angriffe von See aus zu schützen. Die Russen, die immer eine große Fertigkeit in der Anwendung von Minen besaßen, hatten den Rigaischen Meerbusen sehr stark verseucht. Für den Flottenteil, der dort eindringen sollte, war es eine schwierige Aufgabe, dies durch Wegrüumen der Minensperren zu ermöglichen. Die inzwischen erfolgte Einnahme von Libau gab der Unternehmung einen sehr erwünschten Stützpunkt. Die eigentliche Forcierung des Rigaischen Meerbusens begann im Anfang August. Bei dieser Gelegenheit mußte sich zeigen, ob England ge- willt war, jetzt einen Einbruch in die Ostsee vorzunehmen, um seinem Bundesgenossen zu Hilfe zu kommen. Dann wären wir genötigt worden, die im Osten angesetzten Streitkräfte nach dem westlichen Teil der Ostsee zurückzuziehen. Für den Fall, daß es aus diesem Anlaß nötig werden sollte, größere Teile der Flotte schnell nach der Ostsee zu verschieben, wurde das III. Geschwader auf die Elbe verlegt, wohin sich auch der Flottenchef auf „Friedrich der Große" begeben hatte, um gegebenenfalls selbst das Kommando in der Ostsee zu führen. Aber die Engländer dachten nicht daran, in ihrem Verhol- tcn eine Änderung eintreten zu lassen, sondern verließen sich weiter auf die Wirkung ihrer Seesperre. Die Bewachungs- linien zum Eingang in die Nordsee von Norden her hatten sie in Richtung der Faröer Inseln zurückgenommen, weil ihnen ein dauerndes Abpatrouillieren der Linie von den Shetlandinseln nach der norwegischen Küste durch unsere U-Boote zu gefährdet erschien. Der Verlust des Kreuzers „Hawke" und der Angriff auf „Thefeus", beide von „V 29" ausgeführt, welches von dem leider später gefallenen Kapitänleutnant Weddigen geführt wurde, hatte sie bewogen, ihr Bewachungssystem zu ändern und hauptsächlich auf Hilfskreuzer einzurichten. Es war ihnen auch gelungen, die neutrale Schiffahrt zu zwingen, sich der Untersuchung in ihrem Flottenstützpunkt auf den Orkney-Inseln zu unterwerfen. Der als wirksamstes Gegenmittel gegen diese Absperrung unseres Handels gedachte U-Boot-Handelskrieg war leider nach kühnem Anfang sehr bald vor dem Einspruch Amerikas zu sehr bescheidenen Formen gelangt. Die den U-Booten auferlegte Verpflichtung, erst festzustellen, ob sie es mit neutralen Dampfern zu tun hatten, mußte bei dem von den Engländern betriebenen Flaggenmißbrauch unweigerlich zu großen Verlusten führen. Mitte Juli wurden wiederum zwei wertvolle Boote, „v 23" und „36", vermißt. Von letzterem war ein Unteroffizier, der Steuermannsmaat Lamm, der einzig überlebende, da er den Auftrag erhalten hatte, das bei der Fahrt um Schottland aufgebrachte amerikanische Vollschiff „Paß of Balmaha" mit Baumwolle nach Archangelsk bestimmt, als Prise nach der Elbe zu bringen. Es ist diesem einen Mann auch gelungen, das Ziel zu erreichen, obgleich sich bei der Ankunft in Cuxhaven zu unserem Erstaunen herausstellte, daß sich ein englisches Kommando von einem Offizier und vier Mann an Bord befand, das sich während der Schiffsführung durch den einen deutschen Unteroffizier versteckt gehalten hatte und nun in Gefangenschaft genommen wurde. Wenn es in diesem einen Fall auch gelungen war, die Prise glücklich einzubringen, so bestand doch für U-Boote keine Möglichkeit, genügend Personal aus ihrer Besatzung abzugeben, um größere Schiffe mit Sicherheit nach der Heimat zu bringen. An der Westküste der britischen Inseln ruhte der U-Boot-Han- delskrieg von Mitte September 1915 ab völlig. Die Torpedoboote der Flotte hatten im August einen Erfolg im Nachtangriff zu verzeichnen. Am 18. August traf die II. Flottille, Korvettenkapitän Schuur, von einer Erkundungsfahrt zurückkommend, nördlich von Hornsriff auf eine englische Flottille, aus einem Kleinen Kreuzer und acht Zerstörern bestehend. Die Sichtigkeitsverhältnisse waren für die Unseren so günstig, daß sie anscheinend unbeobachtet auf 3000 Meter Enr- fernung herankamen. Durch drei vom Führerboot aus gefeuerte Torpedoschüsse wurden der englische Führerkreuzer und der ihm folgende nächste Zerstörer getroffen und zum Sinken gebracht. Die übrigen Zerstörer suchten das Weite, wohl in dem Glauben, auf eine Minensperre geraten zu sein. Ein in derselben Nacht erfolgter Angriff neuer Luftschiffe 10, 11 und 14 auf London und die vom Ostfeekriegs- schauplätz eingetroffenen günstigen Nachrichten von der wirkungsvollen Beschießung der „Slawa" im Rigaischen Meerbusen und der Vernichtung mehrerer Kanonenboote und Torpedoboote vermehrten die Erfolge des Tages. Die Ostseeunternehmung der Flotte wurde Eude August abgebrochen, da die Armee zu diesem Zeitpunkt keine Truppen für die weitere Ausnutzung des Eindringens unserer Flotte in den Rigaischen Meerbusen zur Verfügung hatte, und auf die Besitzergreifung Rigas zu diesem Zeitpunkt noch kein Wert gelegt wurde. Außer der erwünschten Gelegenheit, die Flottenmannschaften an den Feind zu bringen, waren die gemachten Beobachtungen über die Verhältnisse, mit denen die dortige Seekriegsführung zu rechnen hatte, für die zwei Jahre später erfolgende Eroberung der Baltischen Inseln von Wert. Auf unserer Seite war außer dem Verlust von leichteren Fahrzeugen beim Minensuchen nur der Panzerkreuzer „Moltke" durch einen Torpedotreffer am Bug beschädigt. Das Schiff erlitt dadurch einen Wassereinbruch von 450 Tonnen, konnte aber den Kaiser-Wilhelm-Kanal passieren und eine Reparaturwerft in Hamburg aufsuchen, die den Schaden nach wenigen Wochen beseitigt hatte. Anfang September erfolgte ein Wechsel in der Besetzung der Stelle des Chefs des Admiralstabs auf Grund von Meinungsverschiedenheiten über die U-Boots-Kriegführung zwi- fchen der Marine- und der Reichsleitung. Admiral Vachmann trat wieder in seine bis zur Ablösung des Admirals von Pohl innegehabte Stellung als Stationschef in Kiel zurück und wurde durch Admiral von Holtzendorff ersetzt. Dieser war seit Januar 1913 verabschiedet, nachdem er zuletzt die Flotte über drei Jahre geführt hatte. Ein glänzender Offizier, sehr regen Geistes, von großer Beredsamkeit und persönlicher Liebenswürdigkeit, dabei ein vorzüglicher Seemann, der bei seinen sehr vielseitigen Kommandos auch auf eine unge- wöhnlich große Fahrzeit im Ausland zurückblicken konnte. Seiner ritterlichen und verbindlichen Natur lag schroffes Auftreten nicht. Es war offenkundig, daß sein persönliches Verhältnis zum Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral von Tirpitz, kein freundschaftliches war. Der Sache konnte ein gespanntes Verhältnis zwischen den beiden Persönlichkeiten, die zur Leitung der Marine im Kriege berufen waren, trotz bester Vorsätze auf beiden Seiten, die man billigerweise annehmen muß, nicht dienlich sein. In der grundsätzlichen Auffassung über die Kriegsaufgabe der Flotte trat keine Änderung ein. Im September erfolgte wiederum ein Flottenvorstoß in Richtung aus die Hoofden, verbunden mit Minenlegen durch Kleine Kreuzer. Es wurden neue Minenfelder gefunden, die sich teilweise auch durch Oberflächenständer13) bemerklich machten. Diese neuen Minen lagen aus der Mitte des Kreisbogens von Hornsriff nach Borkum. Im Zusammenhang mit früher entdeckten Sperren näher an Land, bei den nord- wie ostfriesischen Inseln, konnte man auf die Absicht der Engländer schließen, diesen Teil der Deutschen Bucht ganz durch Minen einzukreisen. Nach Dampfermeldungen waren am Tage zuvor in der Gegend eine größere Zahl englischer Schiffe, darunter fünf große, angetroffen. Mit dem Einsetzen der großen englisch-französischen Herbstoffensive an der Westfront wurde auch die Flotte durch Nachrichten über englische Flottenbeteiligung daran dauernd in Spannung gehalten, ohne daß sich dabei aber Gelegenheit zur Betätigung fand, weil die Gerüchte nicht der Wahrheit entsprachen. Unsere Luftschiffe 11, 13, 14, 15 und 16 konnten im September einen sehr wirksamen Angriff unternehmen, bei dem alle Schiffe London erreichten und trotz de^ starken Gegenwirkung sämtlich wieder zurückkehrten. Eine größere Tätigkeit der Flotte wurde in den Herbstmonaten dadurch verhindert, daß die Schiffe des III. Ge- schwaders längere Liegezeiten auf den Werften nötig hatten, um die für die Artillerieleitung äußerst wertvollen Richtungsweiser zu erhalten, und weil auf den meisten Schiffen die Pockholzlager der Schraubenwellen erneuert werden mußten. Sie waren durch das dauernde Liegen der Schiffe in dem sandhaltigen Jadewasser sehr viel mehr angegriffen, als man früher in Friedenszeiten beobachtet hatte, wo sich die Schiffe entweder in freier See bewegten, oder in ruhigem und reinem Wasser der Hafenbecken lagen. Auch im Oktober versuchte die Flotte in der gewohnten Weise einen Vorstoß in nördlicher Richtung, gelangte aber nur bis zur Breite von Hornsriff, wo wegen des stark zunehmenden Windes, der die Luftfchiffaufklärung und die Mitnahme der Torpedoboote in Frage stellte, das Unternehmen abgebrochen wurde. In den Monaten November und Dezember erhielten die einzelnen Verbände der Reihe nach Gelegenheit zu Schießübungen in der Ostsee. Diese Unterbrechung in dem eintönigen Vorpostendienst auf der Jade war den Schiffsbesatzungen sehr willkommen, obgleich sie keineswegs eine Erleichterung in dem täglichen Dienst bedeutete, da die verfügbare Zeit aufs äußerste ausgenutzt werden mußte, um die Abwesenheit aus der Nordsee nicht unnütz in die Länge zu ziehen. Während um die Weihnachtstage kurzer Frost einsetzte und Aussicht erweckte, die vom Flottenchef geplanten Vorstöße nach Terschelling und in die Mitte der Nordsee auszuführen, schlug das Wetter bald wieder um, und es setzte bis in den Januar hinein eine Schlechtwetterperiode ein, die Unternehmungen jeglicher Art, auch das Minensuchen, verhinderte. Am 9, Januar wurde Admiral von Pohl von einer schweren Erkrankung befallen, die seine Ausschiffung auf ein Lazarettschiff und später seine Überführung nach Berlin zur Vornahme einer Operation nötig machten. Er ist von seinem Leiden nicht wieder genesen und verschied bereits am 23. Fe- bruar. Mit ihm verlor die Marine einen Offizier von seltener Pflichtreue und Ausdauer, der die höchsten Anforderungen an seine eigene Person stellte und völlig in seinem Dienst aufging. Als Kommandant und Geschwaderchef zeichnete er sich durch seemännische Sicherheit seiner Manöver und richtiges Erfassen der taktischen Lage aus, so daß von seiner Führung in der Schlacht der beste Erfolg erwartet werden durfte. Ihn zu erleben, war sein höchster Ehrgeiz, dessen Erfüllung ihm nicht befchieden sein sollte. Durch das Vertrauen des Allerhöchsten Kriegsherrn wurde ich zum Nachfolger des Admirals von Pohl bestimmt und übernahm seine Vertretung, bis meine Ernennung zum Chef der Hochseestreitkräfte am 15. Januar erfolgte. Ich unterrichtete mich zunächst über die im Gang befindlichen und beabsichtigten Unternehmungen. Das schlechte Wetter schloß ihre Ausführung vorerst aus, bis auf das Auslaufen eines nach Ostafrika bestimmten Dampfers, der es unternahm, unter Verzicht auf das vorgesehene Geleit, seine Reise anzutreten, da er unter diesen Verhältnissen gerade am besten durchzukommen hoffen durfte. Vor kurzem war auch der Hilfskreuzer „Möwe" unter Führung des Grafen Dohna mit U-Bootsgeleit glücklich nach dem Nordatlantik gebracht und hatte dann nichts weiter verlauten lassen. Als Stabschef erbat ich mir den Kommandanten des Linienschiffs „Kaiser", Kapitän zur See von Trotha, und als Chef der Operationsabteilung den Kommandanten des Großen Kreuzers „Moltke", Kapitän zur See von Levetzow. Mit beiden Offizieren hatte ich früher längere Zeit in gemeinsamer Dienststellung verbracht, und beide Offiziere hatten sich zur Übernahme der neuen Stellung bereiterklärt. Der Flotte gegenüber erschien es mir von Wichtigkeit, mit einem Wechsel in diesen Stellungen auch meine völlige Unabhängigkeit für die künftigen Entschließungen darzutun. Alle übrigen Mitglieder des früheren Flottenstabes behielten ihre Funktionen bei. Zu ihm gehörten 10' noch: Fregattenkapitän Hans Quaet-Faslem, Korvettenkapitän Dietrich Meyer, Kapitänleutnant Heusinger von Waldegg als Admiralstabsoffiziere der Operationsabteilung, Korvettenkapitän Paul Reymann, Admiralstabsoffizier für Torpedo- und U-Bootangelegenheiten; Korvettenkapitän Walther Franz, Admiralstabsoffizier für Artillerie und Personalien: Korvettenkapitän Wilke als Flotten-Navigationsoffizier; Korvettenkapitän Bindseil, Flaggleutnant für F. T.-Dienst, Kapitänleutnant Weizsäcker, Flaggleutnant, Marine-Chefingenieur Schützler, Flotteningenieur: Marine-Generalarzt I>r. Gudden, Flotten- arzt; evangelischer Marine-Oberpfarrer Klein, katholischer Marinepfarrer Stollhof: Marine-Oberkriegsgerichtsrat Cöster; Marine-Stabszahlmeister Paul Wulff als Flottensekretär. . Allen Herren fühle ich mich auf tiefste verpflichtet für ihre treue und unermüdliche Hilfe, die sie in ihren Stellungen der Flotte und mir gewährt haben. Ganz besonders dankbar bin ich meinem Chef des Stabes, Konteradmiral von Trotha, auf dessen besonnenes und umsichtiges Urteil ich mich stets verlassen konnte. Er ergänzte sich in der glücklichsten Weise mit dem tatenfreudigen Leiter der Operationsabteilung Kapitän z. S. v. Levetzow. Durchweg aufrechte Männer mit selbständigen, auf reiches Wissen gegründeten Ansichten, die für ihre Meinung eintraten, waren sie in treuer Kameradschaft geeint und bildeten einen Kreis, auf den ich mit Stolz und Dankbarkeit zurückblicke. VIII. Vorbereitungen für erhöhte Flottentätigkeit Nach Übernahme des Flottenkommandos war unsere erste und wichtigste Aufgabe, den Plan für das künftige Verhalten der Hochseeflotte aufzustellen und ein Operationsprogramm auszuarbeiten. Die bisherige Seekriegführung sah ihren Erfolg in der Wirkung, die die Flotte durch ihr Vorhandensein ausübte: dem Küstenschutz, dem Einfluß auf die Neutralen, der Entlastung also, welche der Armee gebracht wurde. Die Überzeugung, daß die englische Seemacht unsere Widerstandsfähigkeit in gefährlichster Weise bedrohte, ließ es geboten erscheinen, die Kriegführung gegen diesen Gegner sehr viel energischer zu betreiben, wenn auf einen glücklichen Kriegsausgang gerechnet werden sollte. An Nachgiebigkeit Englands war nicht zu denken, ohne daß ihm der Kriegsdruck auch im eigenen Lande in ganz anderer Weise fühlbar gemacht wurde, als es bisher geschehen war. Nachdem es seinen Expeditionen mit Landtruppen über See sehr viel größerem Umfang gegeben hatte, als man je geglaubt, und dem Lande damit große Opfer an Geld und auch an Menschen auferlegt waren, mußte seine Kriegsentschlossenheit eher noch wachsen, um den Erfolg der gemachten Anstrengungen zu ernten und die dabei erlittenen Fehlschläge (Preisgabe von Antwerpen und Abbrechen des Dardanell:nunternehmens) auszugleichen. Bislang war der Krieg für England nur eine Geld- und Menschenfrage. Hieran fehlte es nicht, dank der Unterstützung durch die Kolonien mit Hilfstruppen, der zielbewußten Art, in der die Freiwilligen zur Kitchener-Armee gepreßt wurden und der rücksichtslosen Ausnutzung farbiger Hilfsvölker. Auf diese Weise konnte es den Krieg jedenfalls länger mitansehen als wir, wenn auf unserem Lande die Hungerblockade weiter lastete. Es fiel der öffentlichen Meinung nicht ein, die englische Flotte zu aktiverer Kriegführung anzutreiben, denn ihr Verhalten erfüllte seinen Zweck, ohne daß die Flotte dabei geschwächt wurde oder es ihr besondere Opfer kostete. Dafür fand sich im englischen Volk leicht Verständnis, zumal wenn ihm klar gemacht wurde, daß es seiner Flotte gelungen war, die überseeischen Verbindungen nach allen Richtungen über das Weltmeer hin, aus die das Land so sehr angewiesen war, offen zu halten. Diese Tatsache war außerdem noch durch Vernichtung unseres Kreuzergeschwaders bei den Falklandinseln besonders hervorgehoben. Die Gefahr des U-Boots-Krieges, die anfänglich so bedenklich erschienen war, hatte sich durch die Interessengemeinschaft mit Amerika zur Bedeutungslosigkeit Herabdrücken lassen. Aber da die Gefahr erkannt war, rüstete sich England dennoch auf ihre Abwehr und leistete darin großzügige Arbeit. Unsere Seekriegführung vom Jahre 1915 konnte dagegen weniger befriedigen. Wenn es auch gelungen war, die Neutralen vom Übertritt auf die Gegenseite abzuhalten, so blieb es immerhin fraglich, welchem Umstand dieses Verdienst zukam. Wenn der Nutzen unserer Hochseeflotte nicht deutlicher in die Erscheinung trat, war ihre Leistung nicht ausreichend, um ihre Existenz zu rechtfertigen und weiterhin so große Mittel von unserem Volk dafür zu verlangen. Ihre Hauptaufgabe war klar vorgezeichnet, nämlich England so zu schädigen, daß es die Neigung, den Krieg fortzusetzen, möglichst bald und gründlich verlor. Das war zu erwarten, wenn es gelang, in zwei Richtungen Erfolge zu erzielen, England in seiner Machtstellung, die auf seiner Flotte beruhte, oder in seinem Wirtschaftsleben, am besten an beiden Stellen, zu treffen. Die Überlegenheit der englischen Flotte hatte sich seit Kriegsbeginn zahlenmäßig weiter zu unserem Nachteil verändert; aber, rein taktisch betrachtet, besaß unsere Schlachtflotte nun durch den Zuwachs von vier Schiffen der „König"-Klasse eine ganz andere Struktur wie früher, als das zweite Geschwader einen notwendigen Bestandteil der Gefechtslinie bildete und als Gegner in der Schlacht mit Dreadnought- Schiffen rechnen mußte, denen es nicht gewachsen war. Seit Anfang 1915 hatten auch wir für den Flottenkampf ein Doppelgeschwader aus^ Dreadnought-Schiffen zur Verfügung (das I. und III. Geschwader) und konnten es daher eher vermeiden, in einer Schlacht die Schiffe des II. Geschwaders in eine Lage zu bringen, wo sie sicherem Verlust ausgesetzt waren. ISO Allerdings hatte auch der Engländer in den Schiffen der „Queen Elizabeth"-Klasse, welche seit Anfang 1915 fertiggestellt sein mußten, einen großen Zuwachs an Kampfkraft erhalten. Sie führten Geschütze von 38-oin-Kaliber, hatten starken Panzerschutz und eine Geschwindigkeit von 25 Knoten, - worin sie also unseren Panzerkreuzern gleichkamen, während sie in ihrer Angriffskraft allen unseren Schiffen erheblich überlegen schienen. Dieses zur Zeit bestehende Kräfteverhältnis verbot uns zunächst noch, die Entscheidungsschlacht gegen die versammelte englische Flotte zu suchen, Unsere Seekriegführung mußte aber auch verhindern, daß diese Entscheidungsschlacht uns vom Gegner aufgezwungen wurde. Dieser letztere Fall konnte eintreten, wenn unsere Kriegführung anfing, ihm so lästig zu werden, daß er sich der deutschen Flotte unbedingt entledigen mußte. Das konnte z. B. infolge des U-Boot-Krieges notwendig werden, sobald es wieder gelang, ihn in bedrohlicher Weise dem englischen Wirtschaftsleben fühlbar zu machen. Suchte der Engländer eine solche Entscheidungsschlacht, so konnte er sich den Zeitpunkt so legen, daß er seine Überlegenheit zu vollster Geltung brachte, während von unseren Schiffen ein Teil durch Reparaturen oder Jnstandsetzungsarbeiten nicht verwendungsfähig oder auch zu Übungen in der Ostsee abwesend war, worüber der Gegner genaue Kunde haben konnte. Um unsererseits an die englische Flotte heranzukommen, mußte eine ständige planmäßige Einwirkung auf den Feind stattfinden, mit dem Ziel, ihn zu zwingen, aus der abwartenden Stellring heraus Streitkräfte vorzuschieben, die uns günstige Angriffsmöglichkeiten boten. Die früher angewandten Methoden hatten ihren Zweck nicht erfüllt. Sie waren entweder mit zu geringen Kräften unternommen — bei den Kreuzervorstößen derart, daß der Hauptteil der Flotte nicht rechtzeitig eingreifen konnte, um die Gelegenheit auszunutzen — oder sie waren, wie bei den meisten Unter- nehmungen des Jahres 1915, nicht weit genug gegangen, um Aussicht zu haben, wertvolle Teile der feindlichen Flotte zu treffen. Wenn wir selbst eine weitergehende Offensive ergreifen wollten, mußten wir Herr im eigenen Hause sein, das heißt, das Seegebiet vor unseren Küsten so unter Druck halten, daß wir uns dort frei entwickeln konnten und nicht zu befürchten brauchten, gegen unseren Willen in überraschender Weise herausgefordert zu werden. Außer der Flotte boten wir den: Feind keine Angriffsfläche mehr, da unser Seehandel leider bereits von Anfang an erledigt war. Wohl aber war er selbst noch an so vielen Stellen verwundbar, daß wir reichlich Gelegenheit finden mußten, ihm den Ernst des Krieges fühlbar zu machen. Die Wege, die sich dafür boten, waren der U-Boots- Handelskrieg, der Minenkrieg, der Handelskrieg im Norden und im freien Ozean, der Luftkrieg und lebhafte Betätigung der Hochseestreitkräfte in der Nordsee. U-Boot-Krieg und Luftkrieg waren bereits eingeleitet, die drei anderen Möglichkeiten ließen sich in operativen Zusammenhang bringen. Die Tätigkeit für die nächste Zeit wurde in einem Operationsprogramm niedergelegt, dieses zur Kenntnis des Admiralstabes gebracht und sein grundsätzliches Einverständnis mit dem beabsichtigten Vorgehen erzielt. Vor allen Dingen wurden sämtliche Führer, einschließlich der Kommandanten, in die Aufgaben eingeweiht, um ihr selbständiges Handeln im Sinne des Gesamtplans zu ermöglichen und anzuregen. Die Sicherung der deutschen Bucht war die erste und wichtigste Aufgabe. Die Tätigkeit der Flotte für das Verhalten in der deutschen Bucht wurde durch Anweisungen über den Sicherungs- und Vorpostendienst neu geregelt. Ebenso wurden über das Verhalten bei einem feindlichen Angriff Anordnungen erlassen, die eine umständliche Befehlserteilung im plötzlichen Bedarfsfall ersparten und es sämtlichen Unter- befehlshabern ermöglichten, darüber im Bilde zu sein, was von ihnen in solchem Fall verlangt wurde. Die getroffene Organisation bezweckte, durch Luftfahrzeuge, Vorpostenflottillen, Minenfuchformationen und Sperrbrecher für das Reinhalten der deutschen Bucht zu sorgen, indem ein ständiger Aufklärungs-, Bewachungs- und Minensuchdienst eingerichtet wurde. Der Vorpostendienst sollte den Rückhalt für die in der Nordsee tätigen Sicherungsfahrzeuge bilden, genügend stark sein, um überraschenden feindlichen Angriffen entgegenzutreten und jederzeit bereit, von Sonderunternehmungen zurückkehrende Streitkräfte in See aufzunehmen. Die Leitung des Sicherungsdienstes behielt wie bisher der B. d. A.14) bei. Die eigentliche Luftnahaufklärung durch Flugzeuge und Luftschiffe wurde von den Stationen List auf Sylt, Helgoland, Norderney und Borkum aus versehen. Zum Bewachungsdienst standen die Nordsee-Vorpostenflottille, die Küstenschutz- Flottille der Ems und Boote der Hasenflottillen bereit, und ihre Aufgabe war hauptsächlich das Vertreiben feindlicher U-Boote. Für gewöhnlich wurden folgende Stellungen besetzt: Li st gruppe: Das Seegebiet vor List (hält neutrale Fischerfahrzeuge aus den deutschen Küstengewässern fern). Nordgruppe: Die Amrum-Bank Durchfahrt. Linie 1: Die Linie Helgoland—Hever. Linie 2: Die Linie Helgoland—Außenjade. Außengruppe. Die Linie Jade—Norderney und die Sperrlücke von Norderney. Helgoland - Boote: Im Norden und im Westen der Insel. Jade-Boote: Vor der Jade. 8. - Gruppe: Drei Boote ((in erster Linie zum Bekämpfen feindlicher U-Boote bestimmt oder für besondere Aufgaben, z. B. Kabelschneiden). Hauptzweck dieser Vorpostenboote war das Absuchen der inneren deutschen Bucht nach feindlichen U-Booten, wozu sie aus den ihnen zugewiesenen Linien heraus täglich in Gruppen Vorstöße machen sollten. Der Dienst der Vorpostenboote, für welchen einige achtzig Fischdampfer zur Verfügung standen, war so geregelt, daß die Hälfte drei Tage lang den Bewachungsdienst ausübte und dann drei Tage Ruhe hatte. Die Küstenschutz-Flottille der Ems hatte das Seegebiet vor der Oster- und Westerems und nach Westen hin bis etwa 6 Grad östlicher Länge zu überwachen. Die Hafenflottillenboote wurden mit herangezogen, wenn es galt, Jagd auf U-Boote zu machen, die sich vor den Flußmündungen gezeigt hatten. Eine auf der Ems stationierte Torpedoboots-Halbflottille diente nach Bedarf mit zur Verstärkung der Sicherung des Seegebiets vorder Ems. Der regelmäßige Minensuchdienst wurde von zwei Minensuchdivisionen und einer Hilssminensuchslottille versehen. Letztere bestand aus Fahrzeugen, die erst bei Kriegsausbruch für diesen Zweck als Hilfsschiffe requiriert waren, meistens Fischdampfern. Sie waren ihrer Seefähigkeit wegen zwar für das Fahren in der Nordsee besonders geeignet, hatten aber den Nachteil eines reichlich großen Tiefgangs, so daß wir infolgedessen viele Verluste bei diesen Fahrzeugen zu beklagen hatten. Eine dienstfreie Minenfuchdivision hatte Ruhe in Cuxhaven, während die dienstfreien Halbflottillen der Hilssminen- suchflottille dafür Wilhelmshaven aufsuchten. Außer zum Minensuchdienst waren alle diese Fahrzeuge für U-Boots- bekämpfung ausgerüstet und bestimmt. Sie hatten, sobald feindliche U-Boote in ihrem Bereich gesichtet wurden, ihre Minensucharbeit abzubrechen, um sich an der Jagd auf die U-Boote zu beteiligen. Der Sperrbrecherdienst wurde von drei Sperrbrecher- Gruppen zu je vier Dampfern versehen, deren innere Einrichtung sie möglichst schwimmfähig erhielt, wenn sie auf Minen gerieten. Bei Kriegsausbruch besaßen wir noch kein geeignetes Gerät, um Minen abzuweisen und die Dampfer selbst zu schützen. Es wurde aber mit allen Kräften an die Entwicklung eines solchen Minenabweisergeräts herangegangen, mit dem in erster Linie, nachdem es gebrauchsfähig geworden, diese Sperrbrecher und die Minensuchdivisionen ausgerüstet wurden. Ein besonderes Verdienst dabei hat sich Korvettenkapitän Walter Krah, Chef der Hilfsminenfuchflottille, erworben, dem die meisten praktischen Erfahrungen zu Gebote standen und der erfolgreich bemüht war, seine Fahrzeuge vor unnötigen Verlusten zu bewahren. Aufgabe der Sperrbrechergruppen war es, die Befahrbarkeit gewisser Fahrstraßen festzustellen, namentlich solcher, in denen unsere Minensuchdivisionen vorher tätig gewesen waren, und nachzuprüfen, daß dort nicht inzwischen neue Minen vom Feinde gelegt waren. Die Tätigkeit unserer Minenboote konnte der Beobachtung des Feindes nicht völlig entzogen werden. Solange sie sich noch in der inneren deutschen Bucht bewegten, hatten die feindlichen U-Boote Gelegenheit dazu, je weiter dann später der Minengürtel sich in die Nordsee hinausschob, um so näher rückte er auch der Reichweite englischer Beobachtungs-Flugzeuge. In dem Eurtis- Flugzeug besaßen die Engländer früher als wir ein Wasserflugzeug, das sich auch bei ziemlich erheblichem Seegang auf dem Wasser halten und dadurch seine Kräfte sparen konnte. Das Suchen und Jagen von feindlichen U-Booten war hauptsächlich Sache der Torpedoboote. Die Vorpostenboote hatten wohl ihr Augenmerk darauf zu richten, ob und wo sich feindliche U-Boote zeigten, und sollten jede sich bietende Gelegenheit, sie zu bekämpfen, natürlich sofort ausnutzen: es fehlte ihnen aber an Geschwindigkeit, und auch ihre Zahl genügte nicht, um ein systematisches Absuchen und Vertreiben durchzuführen. Zu diesem Zweck lagen Torpedoboote des Vorpostendienstes bereit. Dieselben Flottillen mußten auch mit herangezogen werden, wenn es sich darum handelte, einzelnen Schiffen oder Verbänden für bestimmte Unternehmungen oder Märsche U-Boot-Sicherung zu stellen. Die Sicherung der deutschen Bucht bei Nacht, für die weit auseinandergezogene Bewachungslinien doch keine genügende Gewähr geboten hätten, wurde verstärkt durch Torpedobootspatrouillen vom Vorpostendienst, die außerhalb der Bewachungslinie der Sicherungsfahrzeuge das Grenzgebiet der deutschen Bucht abpatrouillierten. Um nicht die ganze Flotte andauernd unter Dampf zu halten und dadurch das Personal wie die Maschinen zu über- anstrengen und unnütz Material zu verbrauchen, dennoch aber bereit zu sein, mit nennenswerten Streitkräften etwaigen Unternehmungen des Gegners entgegentreten zu können, war ein Vorpostendienst eingerichtet. Es lag stets ein Linienschiffsgeschwader, zwei Panzerkreuzer, ein Torpedoboots- Führerkreuzer und eine Torpedobootsflottille auf der Jade bereit, eine Aufklärungsgruppe Kleiner Kreuzer auf Jade oder Weser, eine Torpedobootsslottille im Helgoländer Hafen, die Hälfte der Schiffe des II. Geschwaders auf Cuxhaven Reede (bei Altenbruch und, wenn genügend Torpedoboote verfügbar waren, noch eine Torpedobootshalbflottille auf der Ems oder im Lister Tief (bei Sylt), also etwa die Hälfte der gesamten Streitkräfte der Hochseeflotte. Diese Schiffe mußten sich so klar halten, daß sie drei Viertelstunden nach erhaltenem Befehl von ihrem Ankerplatz aus in See gehen konnten. Die Helgoländer Torpedobootsflottille war bereit zum sofortigen Auslaufen, die Flottille auf der Jade drei Viertelstunden nach erhaltenem Befehl. Die Vorpostenstreitkräfte waren dem ältesten auf der Jade befindlichen Seebefehlshaber unterstellt. Er hatte die Pflicht, im Falle eines plötzlichen feindlichen Angriffs sofort die zur Abwehr nötigen Maßnahmen selbständig anzuordnen und die Führung zu übernehmen. Wenn das Hochseekommando seinerseits ihm Aufgaben zu stellen hatte, konnte es sich darauf beschränken, diese in einer allgemeinen Direktive anzudeuten, wie z. B. bei Hellwerden Torpedoboote an der und der Stelle aufnehmen, und das Weitere dann dem Chef der Vorpostenstreitkräfte überlassen. Die übrigen Schiffe, die nicht zu den Vorposten gehörten, lagen zur Hälfte — also etwa der vierte Teil der Flotte — im Hafen, die andere Hälfte blieb auf den Innenreeden Wilhelmshaven oder Brunsbüttel. Den vorposteii- freien Torpedobooten war stets das Einlaufen in den Hafen gestattet. Die in Ruhe befindlichen Schiffe mußten die Gelegenheit benutzen, die nötigen Jnstandsetzungsarbeiten ausführen zu lassen, die mit dem eigenen Personal gemacht werden konnten, auch wurden auf die Zahl dieser Schiffe diejenigen angerechnet, die zu längeren Jnstandsetzungsarbeiten oder Reparaturen auf der Werft zu tun hatten. Die gewöhnliche Bereitschaft der auf den Jnnenreeden und im Hafen liegenden Schiffe war auf drei Stunden festgesetzt. Sobald aber irgendwelche Nachrichten Vorlagen, die ein Heranziehen auch dieser Schiffe erforderlich erscheinen lassen konnten, wurde verschärfte Bereitschaft befohlen, woraufhin sich die ganze Besatzung an Bord zu halten hatte und die Schiffe klar sein mußten, in Erwartung weiterer Befehle sofort Anker zu lichten. Durch eine weitgehende Sicherung der deutschen Bucht sollte vor allen Dingen auch erreicht werden, daß die Flotte eine Aufmarschstellung einnehmen konnte, wenn sie es für geboten hielt, in Erwartung eines feindlichen Angriffes schon draußen bereit zu stehen. Für die beiden Möglichkeiten, für den Fall, daß Anzeichen oder rechtzeitige Meldungen von einem feindlichen Angriff Vorlagen, sowie den anderen Fall, daß der Feind gänzlich überraschend kam, waren allgemeine Verhaltungsmaßregeln ausgegeben, und es fand sich auch bald Gelegenheit, sie praktisch zu erproben. Schließlich wurde noch die Verteidigungsstellung in der deutschen Bucht durch Ausbau der schon vorhandenen Minensperren verbessert, teilweise auch unter Anlehnung an die vom Feind gelegten, die er zu umgehen gezwungen war. Die Absicht, innerhalb der Linie Terschelling bis Hornsriff ein gesichertes Aufmarschgebiet zu erhalten, wurde bald erreicht, da auch der Gegner seine Minensperren in immer weiteren konzentrischen Ringen von außen her an diesen Bogen heranlegte. Innerhalb dieses Gebiets wurden häufig Fahr- und Schießübungen einzelner Verbände sowie der gesamten Flotte vorgenommen, die nur in äußerst seltenen Fällen durch U-Boot-Alarm gestört wurden. Die Entsendung von Verbänden zu Uebungszwecken nach der Ostsee wurde dadurch weniger dringlich und die Verwendungsbereitschaft der Flotte gesteigert. Die Insel Helgoland, die bei Kriegsbeginn unser vorgeschobener Außenposten war, hatte damit den Charakter eines rückwärtig gelegenen Stützpunktes angenommen, vor dem sich ein freies Gebiet mit einem Radius von 120 sm ausbreitete. So hat denn auch die Insel leider keine Gelegenheit gefunden, ihre ausgezeichnete Armierung dem Feind gegenüber zur Geltung zu bringen. Den leichten Streitkräften der Flotte aber hat sie durch ihre neuen Hafenanlagen große Dienste geleistet, außerdem war der Besitz der Insel die unerläßliche Voraussetzung, um überhaupt eine Flotte von unseren Flußmündungen aus vorgehen lassen zu können. Wenn auch die Sicherung gegen feindliche Angriffe besonders dringlich und daher sofort einzuleiten war, so war die bei weitem wichtigere Aufgabe doch die, den Feind zu schädigen und anzugreisen. Hierzu wurden verschiedenartige Unternehmungen eingeleitet. Erstens: nächtliche Vorstöße der leichten Streitkräfte in die Grenzgebiete der deutschen Bucht, um dort sich aufhaltende feindliche Streitkräfte zu vernichten, verdächtige Fahrzeuge aufzubringen und auch bei etwaigen gleichzeitigen Luftangriffen gegen England, die ja stets in der Nacht stattfanden, zur Hilfeleistung für die Luftschiffe bereit zu sein. Solche Vorstöße wurden von mehreren Flottillen unter Führung eines Geleitkreuzers ausgeführt. Als Rückhalt diente ihnen eine Aufklärungsgruppe Kleiner Kreuzer, die entweder nach der Ems oder einem bestimmten Quadrat15) der Nordsee vorgeschoben wurde. Die Panzerkreuzer hatten sich auf Schillig-Reede oder ebenfalls in See in eine Ausnahmestellung zu begeben, alle übrigen Vorpostenschiffe waren in verschärfter Bereitschaft, und für die auf Reede befindlichen Schiffe wurden Anordnungen getroffen, die ihr baldiges Eingreifen ermöglichten. Auf diese Weise wurde die ganze Flotte in den Zustand einer gewissen Spannung versetzt und die Aufmerksamkeit aller auf die Vorgänge gerichtet, die sich draußen in See abspielen konnten, um sich gegebenenfalls sofort daran beteiligen zu können. Eine weitere Art von Unternehmungen war die Ausdehnung dieser nächtlichen Vorstöße über Tagesanbruch hinaus, um ein weiteres Seegebiet abstreifen zu können, wobei sich die ganze Flotte gewissermaßen als Stützpunkt mit in See zu begeben hatte. Die am weitesten vorgeschobenen Flottillen fanden hierbei zunächst einen Rückhalt an der I. und II. Aufklärungsgruppe, die, durch ein bis zwei Flottillen verstärkt, ihnen in angemessenem Abstand folgten. Die Ausdehnung solcher Unternehmungen war bis in das Skagerrak und die Hoosden hinein gedacht. Schließlich sollte durch Hauptunternehmungen, wie Beschießung von Küstenplätzen, noch ein weiterer Druck auf den Feind ausgeübt werden, um ihn zu Gegenmaßregeln zu veranlassen, die uns die Möglichkeit bringen sollten, Teile seiner Flotte oder auch seine ganze Flotte unter günstigen Verhältnissen zum Kampf zu stellen. Bei allen diesen Unternehmungen war die Mitwirkung des Marinekorps in Flandern erwünscht, derart, daß es die ihm zunächstliegende Küstenstrecke mit seinen U-Booten besetzte und die Unternehmungen der Flotte dadurch unterstützte. Dies hat es auch regelmäßig in der bereitwilligsten Weise getan. Für unsere Kriegführung gegen England war die U- Boots-Verwendung von grundsätzlicher Bedeutung. Sie konnte direkt gegen den englischen Handel oder gegen die englischen Seestreitkräfte gerichtet werden. Die Entscheidung hierüber beeinflußte die Operationen ganz wesentlich. Beide Wege gleichzeitig zu beschreiten, empfahl sich nicht, weil dann wohl auf keinem genügende Erfolge erzielt wurden. Ohnehin hatten die geringen Ergebnisse, welche in der Nordsee gegen englische Kriegsschiffe von unseren U-Booten erzielt wa^n, darauf hingewiesen, daß der Handelskrieg entschieden zu bevorzugen sei. Auf militärischer Seite herrschte kein Zweifel, daß ein Erfolg im Handelskrieg nur zu erwarten war, wenn das U-Boot die Ermächtigung hatte, seiner Eigenart entsprechend zu verfahren; jede Beschränkung minderte die Erfolgsaussichten erheblich. Die Entscheidung darüber lag auf politischem Gebiet. Darum mußte bei der politischen Leitung die Erkenntnis vorhanden sein, was wir zur Erreichung unseres Kriegsziels notgedrungenerweise tun mußten. Unsere Politik hatte sich zu einem energischen Vorgehen gegen England im Seekriege bisher nicht entschließen können, sei es aus Besorgnis vor Amerika oder um England nicht aufs äußerste zu reizen. Das Flottenkommando aber mußte wissen, womit es zu rechnen hatte, um den Widerstand Englands besiegen zu können. Es hatte auch die Pflicht, Einspruch zu erheben gegen Anordnungen, die sich mit der Eigenart der U-Boot-Wasfe nicht vertrugen und nur zu nutzlosen Opfern führen muhten. Die eingeschränkte Form, welche der U-Boot-Krieg gegen ' - ' - > ^ ^ ^ ' - '"> - - . . den englischen Handel im Laufe des Jahres 1915 angenommen hatte, war völlig unbefriedigend. Die dadurch bewirkte Schädigung des Handels konnte England zur Not verschmerzen. Auf der ändern Seite entstand nichts als Verärgerung, und unsere eigene Flotte hatte für ihre eigenen Unternehmungen keine Unterstützung durch die U-Boot-Waffe, so daß das Zusammenarbeiten einzelner Teile oder des gesamten Flottenverbandes noch nicht so ausgebildet war, daß man darauf bestimmte Operationen aufbauen konnte. Zunächst war nur an ein zeitliches Zusammenwirken von Flottenunternehmungen und U- Boot-Angrisfen zu denken, wobei jeder Einzelteil seine bestimmten Aufgaben hatte, die sich gegenseitig ergänzten, aber kein taktisches Zusammengehen erforderten. Wenn beispielsweise die Absicht vorlag, einen bestimmten Küstenplatz zu beschießen, so war anzunehmen, daß alsbald aus den verschiedenen Liegehäfen englische Streitkräfte auslaufen würden, um die Störenfriede zu vertreiben oder abzufangen. Waren vorher vor solchen Plätzen, an denen feindliche Schiffe vermutet wurden, U-Boote aufgestellt, so bot sich ihnen vielleicht Angriffsgelegenheit. Unter taktischem Zusammenarbeiten wäre zu verstehen gewesen, daß bei einem Ausmarsch der Flotte, bei vem mit der Möglichkeit gerechnet wurde, auf den Feind zu stoßen, oder bei welchem die Absicht bestand, ein solches Zusammentreffen herbeizuführen, U-Boote in größerer Zahl von vornherein sich beteiligten, um in die Schlacht selbst mit eingreisen zu können. Ebenso wie sich für die Kreuzer- und Torpedobootsverwendung in der Tagschlacht bestimmte Regeln herausgebildet hatten, um die Tätigkeit der Linienschiffsflotte zu unterstützen, so hätte sich wohl auch für eine taktische Verwendung der U-Boote Gelegenheit finden lassen. Dazu aber fehlte es noch an jeder Vorarbeit, und es war mindestens ein sehr gewagtes Experiment, ohne gründliche Erprobung U- Boote in die Schlacht mitzunehmen. Die beiden Haupthinder- 11 DoatschkuidS Hochsekslott« im WrMvieq« xisse waren ihre unzulängliche Geschwindigkeit und die Möglichkeit von Verwechselungen zwischen Freund und Feind. Aber auch die zuerst erwähnte Methode bot schon die mannigfachsten Aussichten, die darauf zu prüfen blieben, in welcher Weise U-Boote am zweckmäßigsten vor den feindlichen Häfen aufzustellen waren und wie sie sonst etwa in der Form von beweglichen Minensperren als Flankenschutz oder in anderer Weise angesetzt werden konnten. Um über die U-Boot-Verwendung Gewißheit zu erhalten und damit die Grundlage für die Tätigkeit der Flotte zu ge- winnen, begab ich mich am 1. Februar nach Berlin zu einer Besprechung beim Chef des Admiralstabs, an welcher auch der Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte, Prinz Heinrich von Preußen, teilnahm. Das Ergebnis dieser Zusammenkunft war die Feststellung, daß es sich jetzt darum handele, mit England zum Endkampf zu kommen. Unser maritimes Schwergewicht mußte durchaus in die Nordsee verlegt werden, so daß für die Ostsee äußerste Beschränkung aller Mittel geboten war. Der U-Boots-Handels- krieg sollte in kurzer Zeit in uneingeschränkter Form ausgenommen werden und das Flottenkommando die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Mit dem Beginn war bis zum 1. März zu rechnen, da auch der Chef des Generalstabs, General von Falken- hayn, seine früheren Bedenken gegen den uneingeschränkten U-Boots-Krieg in der Erkenntnis von der Bedeutung Englands für die Stärke des feindlichen Widerstandes fallen gelassen hatte Am 31. Januar waren neun Luftschiffe zum Angriff gegen England aufgestiegen: „I, 11, 13,14, 15, 16, 17, 19,20 und 21". Bei diesem Angriff wurde zum ersten Male Liverpool erreicht, wo größere Massen des aus Amerika herübergeschafften Kriegsmaterials lagern mußten. Auch mehrere andere große Fabrikstädte im Innern Englands waren beworfen, die sich solcher Angriffe schwerlich versehen hatten, aber für die Herstellung von Munition und Kriegsmaterial von großer Bedeutung waren. Auf dem Humber wurde ein Kreuzer getroffen und schwer beschädigt, er erwies sich nach später erhaltenen Auskünften als der neue Kleine Kreuzer „Caroline" (3810 Tonnen). Je weiter solche Luftangriffe sich über das Land ausdehnten, um so größere Aufwendungen mußten zur Verteidigung der wichtigsten Orte gemacht werden, wodurch dem Hauptkriegsschauplatz die in England zur Bekämpfung der Luftgefahr benutzten Geschütze, Flieger, Artilleristen und die Munition entzogen wurden. Wenn auch als Hauptziel für jeden Luftangriff London gelten mußte, weil sich hier die Admiralität befand, von der aus die Leitung des gesamten Seekriegs erfolgte, und in den Londoner Docks und an der Themsemündung viele andere wichtige Objekte vorhanden waren, deren Zerstörung für die Fortsetzung des Krieges von höchster Bedeutung war, so konnte dieses Ziel der Windverhältnisse wegen nicht immer erreicht werden. Noch während der Fahrt der aufgestiegenen Luftschiffe konnten Abweichungen von dem Angriffsplan durch Antreffen anderer als der anfänglich erwarteten Wind- und Wetterverhältnisse nötig werden. Den aufsteigenden Luftschiffen wurde daher nur die allgemeine Anweisung gegeben; Angriff England Süd, England Mitte, England Nord. Unter Süd war die Themse zu verstehen, unter Mitte der Humber, unter Nord der Firth of Forth. Diese drei Mündungsgebiete waren Hauptstützpunkte für die englische Flotte und reichlich ausgestattet mit Werken aller Art für den Kriegs- und Handelsschiffbau. Die Angriffsrichtung, ob Süd, Mitte oder Nord, ergab sich aus der Windrichtung, da die Angriffe meistens so gefahren wurden, daß sie auf der Hinfahrt gegen den Wind gingen, um ihn auf dem Rückweg, wo die Schiffe mit Beschädigungen oder Ausfall von Motoren zu rechnen hatten, als Schiebewind benutzen zu können. Von dem in der Nacht vom 31. Januar zum 1. Februar ausgeführten Angriff ist „1^ 19", Kommandant Kapitänleutnant Odo Löwe, nicht zurückgekehrt. Das Luftschiff war auf ii* dem Rückweg in unsichtigem Wetter über holländisches Gebiet geraten und von dort bei nicht sehr großer Flughöhe beschossen worden. Infolge der erhaltenen Verletzungen konnte es, nachdem es wieder auf See abgehalten hatte, gegen den starken Nordwind nicht mehr aufkommen und mußte etwa 100 sin von der englischen Küste auf der Höhe von Grimsby auf das Wasser niedergehen. Dort wurde es in sinkendem Zustand von dem Fischdampfer „King Stephen" angetroffen, der, obgleich auf Rufweite herangekommen, der wehrlosen Besatzung seine Hilfe versagte und sie in den Wellen untergehen ließ. Dies schmachvolle Verhalten fand öffentliche Billigung durch einen englischen Bischof, der damit seine christliche Gesinnung in ein eigentümliches Licht gestellt hat. Dies bischöfliche Verhalten ist so bezeichnend für englische Art, daß es verlohnt, eine kurze Bemerkung daran zu knüpfen, weil zwei Dinge immer wieder in der englischen Auffassung vollständig fehlen: nämlich das Zugeständnis der Kriegsnotwendigkeiten auch für den Gegner und die Erkenntnis des Unterschiedes zwischen unvermeidlichen Härten und gewallten Grausamkeiten. Der Engländer findet es durchaus in der Ordnung, eine Seeabsperrung in der Nordsee einzurichten, die seinen Seestreitkräften ein Minimum von Gefahr bringt und sich an die geltenden Völkerrechtsbestimmungen nicht kehrt. Daß die Folge davon die Heraufbeschwörung der Hungersnot über die gesamte deutsche Bevölkerung sein muß, ja daß seine Maßnahme in der bewußten Absicht, sie herbeizuführen, getroffen ist, stört sein Gefühl für Menschlichkeit nicht im min- besten. Er nutzt die Mittel aus, die seinen Kriegszielen dienen, und dagegen ließe sich nichts einwenden, wenn er dasselbe auch beim Feinde gelten ließe. Aber dann, ob in bewußter oder unbewußter Heuchelei, lasse ich dahingestellt, erhebt er wider Gegenmaßregeln entrüsteten Widerspruch. Unsere Luftangriffe schädigten auch Zivilpersonen. Das war unvermeidlich, wenn Einrichtungen, die Kriegszwecken dienen, mit den Wohnstätten zahlreicher Menschen in so enge Verbindung gebracht, ja viel- leicht gerade dadurch geschützt werden sollten. Daß die Luftschiffsbesatzungen sich selbst der höchsten persönlichen Gefahr aussetzten, um für ihr bedrängtes Vaterland zu kämpfen, gilt dem Engländer nichts. Gewohnt, den Krieg durch seine Söldner, meist im Ausland, führen zu lassen, betrachtet er jede persönliche Beeinträchtigung seines Behagens als Verstoß gegen die Menschlichkeit und erhebt einen ungeheuren Lärm, um Stimmung für seine Sache zu machen. Ein Beispiel hierfür bietet auch das englische Verhalten im Minenkrieg. Auf der zweiten Haager Friedenskonferenz erhob der englische Delegierte Satow lebhaften Widerspruch gegen Aufnahme einer Bestimmung, die das Legen von Minen in freier See zugestand, wegen der Gefahren, die für die neutrale Schiffahrt geschaffen würden. Trotzdem verseuchten die Engländer ein weites Seegebiet vor dem Ostausgang des Englischen Kanals. Hier stand ihnen der Kriegszweck höher als ihr früherer Grundsatz und die Rücksicht auf die Neutralen. Unser Minenkr^eg an der englischen Küste wurde als höchstes Verbrechen verschrien, obwohl er sogar in den Haager Abmachungen ausdrücklich zugelassen war. Dieselbe Heuchelei über das, was die Kriegs- raison dem einen oder dem ändern zubilligt, finden wir leider auch in der englischen Fachliteratur. Wenn die englische Flotte es nicht für nötig hält, trotz ihrer unzweifelhaften Überlegenheit an Zahl an die deutsche Küste heranzugehen, so ist dies nach englischer Auffassung gut und recht. Wenn die schwächere deutsche es aber unterläßt, offenbare militärische Fehler zu begehen, so ist dies Mangel an Mut. Wenn die englische Flotte, wie wir später sehen, in der Schlacht trotz doppelter Überlegenheit doppelt so große Verluste erleidet wie der schwächere Gegner, so erklärt man das doch für einen englischen Sieg. Wo bleibt da schließlich die Vernunft? Doch nach dieser Abschweifung zurück zur Sache. Eine der ersten Unternehmungen des neu aufgestellten Operationsprogramms hatte den Erfolg, in der Nacht vom 10. zum 11. Februar einen Zusammenstoß mit englischen Be- wachungsfahrzeugen auf der Doggerbank herbeizuführen, deren Anwesenheit wohl im Zusammenhang mit unseren Luftschiffangriffen stand, sei es, um vor ihrer Ankunft zu warnen, oder sie auf dem Rückweg zu verfolgen. Die II., VI. und IX. TorpedobooLsflottille, geleitet von dem ersten Führer der Torpedoboote Kapitän zur See Hartog, stießen auf ihrer nächtlichen Streife auf einen neuen Typ englischer Fahrzeuge, die sie zunächst für Kreuzer hielten, dann aber als eine neue Schiffsart, die Arabis-Kinffe, fcstslelllen. Nach kurzem Feuergefecht wurde die „Arabis" durch Torpedoschuß versenkt, der Kommandant, einige Offiziere und 28 Mann gerettet und als Gefangene eingebracht. Ein zweites Fahrzeug wurde ebenfalls durch Torpedos getroffen und sein Sinken beobachtet. Die Schiffe waren erst vor kurzem fertig geworden, 1600 Tons groß, hatten 78 Mann Besatzung, geringen Tiefgang und 16 Knoten Geschwindigkeit. Am 11. Februar erhielt das Flottenkommando vom Chef des Admiralstabs einen Befehl für das Vorgehen gegen armierte feindliche Handelsschiffe. Gleichzeitig wurde eine „Denkschrift der Kaiserlich Deutschen Regierung über die Behandlung bewaffneter Kauffahrteischiffe" in der Presse veröffentlicht. Diese Denkschrift führte an der Hand der von der englischen Regierung erlassenen Instruktionen und zahlreicher Vorkommnisse den unwiderleglichen Beweis, daß die bewaffneten englischen Kauffahrteischiffe amtlichen Auftrag hatten, die deutschen Unterseeboote überall, wo sie in ihre Nähe gelangten, heimtückisch zu überfallen, also rücksichtslos gegen sie Krieg zu führen. Sie schloß mit folgender Ankündigung: Berlin, den 8. Februar 1916. 1. Unter den vorstehend dargelegten Umständen haben feindliche Kauffahrteischiffe, die mit Geschützen bewaffnet sind, kein Recht mehr darauf, als feindliche Handelsschiffe angesehen zu werden. Die deutschen Seestreitkräfte wer- den daher nach einer kurzen, den Interessen der Neutralen Rechnung tragenden Frist solche Schiffe als Kriegführende behandeln. * 2. Die deutsche Regierung gibt den neutralen Mächten von dieser Sachlage Kenntnis, damit sie ihre Angehörigen warnen können, weiterhin ihre Person oder ihr Vermögen bewaffneten Kauffahrteischiffen der mit dem Deutschen Reich im Kriege befindlichen Mächte anzuvertrauen." Der Befehl für die Seestreitkräfte, welcher mit Rücksicht auf die Warnung der Neutralen erst am 29. Februar in Kraft treten sollte, lautete: „Feindliche Kauffahrteischiffe, die mit Geschützen bewaffnet sind, sind Kriegsschiffen gleichzuachten und mit allen Mitteln zu vernichten. Die Kommandanten müssen sich dabei vor Augen halten, daß Verwechslungen zum Bruch mit neutralen Mächten führen werden, daß also zur Vernichtung eines Kauffahrteischiffes der Armierung wegen nur dann geschritten werden darf, wenn die Armierung erkannt ist." Diese mir überraschend kommende neue Erklärung unserer Regierung, an deren Zustandekommen der Chef des Admiralstabes, wie aus seinem Befehl an die Flotte hervorging, mitgewirkt hatte, erschien mir als eine Abschlagszahlung auf den am 1. Februar innerhalb Monatsfrist in sichere Aussicht gestellten uneingeschränkten U-Boot-Krieg, und sein Zustande- kommen deshalb zweifelhaft. Die Vorschrift, welche den Kommandanten das Erkennen der Armierung auferlegte, machte das Vorgehen für U-Boote — und auf diese kam es hauptsächlich an — sehr bedenklich. Denn auf die Entfernung, wo sich die Geschützaufstellung einwandfrei feststellen ließ, konnte der Gegner, wenn er heimtückisch sein Feuer eröffnete, kaum noch vorbeischießen. Wenn aber ein U-Boot untergetaucht in Angriffsstellung an einen Dampfer heranging und seinen Torpedoschuß erst feuern durfte, wenn es die Armierung des Dampfers zweifelsfrei erkannt hatte, so war es mit der Schußgelegenheit meist schon vorbei. Meine Bedenken brachte ich schriftlich und mündlich zur Sprache, da ich noch im Laufe des Monats Gelegenheit erhielt, nach Berlin zu fahren. Ein heftiger Nordweststurm, der am 16., 17. Februar eingesetzt hatte, vereitelte alle Operationen der Flotte. Ich erhielt die Auskunft, an der Absicht, den uneingeschränkten U-Boot-Krieg demnächst zu eröffnen, habe sich nichts geändert. Ein entsprechender Befehl, der die kaiserliche Zustimmung erhalten habe, sei bereits aufgestellt und nur das Datum des Beginns noch auszufüllen. Dies letztere erschien mir allerdings das wichtigste. Aber da inzwischen der Kaiser seinen Besuch auf der Flotte zum 23. Februar hatte anfagen lassen, glaubte ich dabei Gelegenheit zu finden, alle noch bestehenden Zweifel zu beheben. Am genannten Tage, vormittags 10 Uhr, kam Se. Majestät in Wilhelmshaven an Bord des in der Schleuse klar zum Auslaufen liegenden Flottenflaggschiffes „Friedrich der Große". Außer seiner persönlichen Umgebung befanden sich in der Begleitung: Der Großadmiral Prinz Heinrich von Preußen, der Staatssekretär des Reichsmarineamts Großadmiral von Tirpitz und der Chef des Admiralstabes Admiral von Holtzenüorss. Es war der zweite Kaiserbesuch, den die Flotte während des Krieges erhielt. Vor etwas über Jahresfrist hatte der Kaiser meinen Vorgänger im Flottenkommando auf der Flotte eingeführt. Ich erhielt Gelegenheit, in längerem Vortrag die Kriegslage in der Nordsee und meine Absichten über die Kriegführung schildern zu können, für welche ich als Grundlage die gleichzeitige Führung des uneingeschränkten U-Boot-Handels- krieges hinstellte. Der Kaiser stimmte meinen Ausführungen zu und begab sich dann zu einer Versammlung der Admirale und Kommandanten, in der er sich über die Tätigkeit und Leistungen der Marine im letzten Jahre anerkennend aussprach und Erklärungen gab für die Befehle, welche die bisherige Zurückhaltung der Flotte bestimmt hatten. Se. Majestät nahm dann Gelegenheit, hervorzuheben, daß er nunmehr die ihm vom Flottenchef vorgetragene Art des Vorgehens vollkommen billige. Diese Bekundung hatte für mich den großen Wert, daß ich auf diese Weise vor der Versammlung der Führer eine Vollmacht erhalten hatte, die mir Freiheit des Handelns in dem von mir selbst bezeichneten Umfange einräumte. Über die Absichten des Flottenkommandos herrschte in diesem Kreise völlige Gewißheit, da ich das Operationsprogramm eingehend durchgesprochen und auch schriftlich in die Hände der Beteiligten gegeben hatte. Der Zeitpunkt des Beginns des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs aber blieb noch ungewiß. Auf meine Frage äußerte der Kaiser, daß er nicht nur nach den militärischen Vorschlägen, deren Berechtigung er durchaus anerkenne, entscheiden dürfe, da er neben seiner Stellung als oberster Kriegsherr auch noch die Verantwortung als Staatsoberhaupt zu tragen habe. Wenn er jetzt den uneingeschränkten U-Boot-Krieg befehlen würde, fände er wahrscheinlich in den weitesten Kreisen vollkommene Zustimmung. Er habe Sorge zu tragen, daß nicht durch den Beitritt Amerikas auf Seite unserer Gegner Folgen entstünden, die die Vorteile des uneingeschränkten U-Boot-Krieges überwiegen könnten. Da ich die Überzeugung gewann, daß zunächst an dieser Entschließung nichts zu ändern sei, die politischen Gegengründe mir auch nicht bekannt waren, und es Sache des Admiralstabes sein mußte, sich darüber mit der Reichsleitung äus- einanderzusetzen, wurden zwei U-Boote- ausersehen, die Wirksamkeit der Kriegführung unter den neuen Bedingungen im Kriegsgebiet an der Westküste Englands zu erproben, um damit weitergehende Vorschläge begründen zu können. Die beiden Boote „17 32", Freiherr von Spiegel, und „II 22", Hoppe, erstatteten mir nach ihrer Rückkehr am 18. März mündlichen Bericht. „II 32" hatte vier Dampfer mit zirka 10 000 Tonnen Gehalt versenkt, das Dreifache an neutralen Schiffen und zwei Passagierdampfer aber durchlassen müssen. „II 22" hatte wegen Havarie und schlechten Wetters keinen Anlauf gehabt. Inzwischen waren weitere U-Boote unterwegs, um nach demselben Verfahren zu arbeiten. Der Erfolg ihrer Tätigkeit mußte noch abgewartet werden. Eine überraschende und erfreuliche Kunde brachte am 3. März ein Funkspruch des Hilfskreuzers „Möwe", der seinen Standort südwestlich der norwegischen Küste meldete und um Aufnahme durch Hochsee- streitkrüfte bar. Diese Gelegenheit zur praktischen Erprobung des neueingerichteten Vorpostendienstes konnte keinen willkommeneren Anlaß finden. Es war eine Ehrensache für die Flotte, zu verhindern, daß die kühne und erfolgreiche Fahrt nicht noch ein klägliches Ende vor dem heimischen Hafen fand. Aber die Besorgnis war groß, da die „Möwe" gemeldet hatte, es seien bei sehr klarem Wetter mehrere Rauchwolken in Sicht, die ihrer ganzen Art nach zu einer Gruppe Kriegsschiffe gehören mußten, und die Entfernung zurzeit noch zu groß war, um ihr rechtzeitig Hilfe bringen zu können. Aber der Feind richtete sein Augenmerk nicht auf unseren Kreuzer, der sich bemühte, eine möglichst unscheinbare Rauchentwicklung von sich zu geben. Er blieb bis zum Einbruch der Nacht unbehelligt. Auch die weitere Gefahr, auf die ihm noch unbekannten zahlreichen englischen Minen zu laufen, die in der Gegend zwischen Hornsriff und Amrum-Bank lagen, wurde durch Warnung glücklich vermieden. Ja, der Schutz, den ihm die Witterung in Gestalt eines dichten Nebels bis zuletzt zugedacht hatte, war so ausgiebig, daß er ungesehen an unseren ersten Vorposten vorbeikam. Doch lichtete sich dieser Schleier noch so rechtzeitig, daß die ausgesandten Schiffe den Heimkehrenden im Triumph in die Jade einbringen konnten, wo er freudigste Begrüßung fand. Die besonnene und zuversichtliche Art des Kommandanten Graf zu Dohna, sein festes Vertrauen auf das Gelingen seines Unternehmens, das leichthin mit Glück bezeichnet wird, doch seinen wahren Untergrund findet in einem unerschütterlichen Mannesmut, der ansteckend auf den Geist der ganzen Besatzung wirkte, verfehlten nicht, auf uns alle, die am ersten Abend nach seiner Heimkehr der Schilderung seiner Erlebnisse zuhörten, tiefen Eindruck zu machen. In der Zeit vom 1. Januar bis 25. Februar 1916 hatte die „Möwe" fünfzehn Dampfer von insgesamt 57 835 Tonnen aufgebracht. Die erste Nachricht von ihrem Wirken kam mit dem Einbringen der Prise „Llppam", die unter Führung des Leutnants zur See der Seewehr Berg Ende Januar in Norfolk (Virginia) eingebracht war mit den Besatzungen der bisher versenkten sieben Dampfer. Eine weitere Nachricht, daß die „Möwe" noch in Tätigkeit geblieben, brachte die Kunde von dem Einbringen des Dampfers „Westburn" auf Teneriffa unter dem Kommando des Offizierstellvertreters Badewitz. Nachdem er zweihundert Gefangene in den Hafen gebracht hatte, versenkte er des anderen Tages sein Schiff vor den Augen des ihm auflauernden englischen Panzerkreuzers „Sutlej", um es nicht in seine Hände fallen zu lassen. Und nun war die „Möwe" selbst glücklich zurückgekehrt. Als wichtigsten Erfolg aber betrachteten wir die Versenkung des englischen Linienschiffes und Flaggschiffes des dritten Schlachtgeschwaders „King Edward VII.", das am 6. Januar auf eine der von der „Möwe" gelegten Minen geraten und durch die dabei erlittenen Beschädigungen zwischen Kap Wrath und dem Westeingang zum Pentland Firth gesunken war. Damit wuchs auch unsere Hoffnung, daß ein vor wenigen Tagen hinausgegangener Hilfskreuzer „Greis", unter Führung des Fregattenkapitäns Tietze, eine ebenso erfolgreiche Fahrt haben könne. Leider lief nach wenigen Wochen die Nachricht ein, daß er in der englischen Bewachungslinie zwischen den Shetlands und Norwegen festgehalten und nach heftigem Kampf unterlegen sei, nicht ohne daß er den ersten Gegner, Hilfskreuzer „Alcantara", ein ihm an Größe dreimal überlegenes Schiff, durch Torpedoschuß versenkt hatte. Dieses erste Gefecht, bei dem auch „Greif" schon erheblich gelitten hatte, da es auf nächste Entfernung geführt wurde, zog einen anderen Hilfskreuzer „Andes" heran und den Geschützten Kreuzer „Eomus" mit zwei Zerstörern, die sofort in das Gefecht mit- eingriffen. Dieser Übermacht gegenüber verließ Tietze nach zweistündigem harten Kamps mit dem überlebenden Teil der Besatzung das Schiff, das er hinter sich versenkte. Während die Engländer sich anfangs alle an dem Rettungswerk der Besatzung beteiligten, eröffnete der Kreuzer „Eomus", wie aus den Berichten der später in die Heimat gelangten Gefangenen hervorging, noch einmal das Feuer auf die im Wasser treibenden Rettungsboote und Flöße; wie behauptet wird, weil er ein U-Boot zu sichten geglaubt hatte. Dadurch wurden noch mehrere Leute, darunter auch der Kommandant, getötet. Im Gefecht gefallen waren bereits der Erste Offizier Kapitänleutnant Nebcsky, Oberleutnant zur See Weddigen und Leutnant zur See Tiemann. Etwa zwei Drittel der Besatzung geriet in englische Gefangenschaft. IX. Unternehmungen in die Loosden mit Beschießung von Varmuch und Lowestost An dem auf die Heimkehr der „Möwe" folgenden Tage, dem 5. März, wurde das erste größere Unternehmen der Hochseeflotte unter meinem Befehl ausgeführt, das zu der Art der weiter ausgedehnten Vorstöße gehörte. Die damit verbundene Absicht war, die schon wiederholt in den Hoosden gemeldeten feindlichen leichten Streitkräfte anzugreifen, dadurch aus den südlich gelegenen Häfen englische Unterstützung herauszulocken, und diese dann womöglich in die Zange zwischen unsere vorgeschobenen Kreuzer und das weiter rückwärts folgende Gros zu bringen. Der Abstand zwischen den Linienschiffen und den Kreuzern betrug bei Tagesanbruch etwa 30 sm. Zu dieser Zeit sollten die Kreuzer aus einer Stellung: Terschelling-Bank- Feuerschiff in SSO 15 sm ab, in die Hoosden bis an die Nordgrenze des englischen Minengebiets vorstoßen. Die Linienschiffe folgten dann weiter dem Kurs der Kreuzer bis gegen 10 Uhr vormittags, wo sie die Breite 53° 30" erreicht haben mußten, falls nicht inzwischen die angetroffenen Verhältnisse unsere Handlungsweise vorschrieben. Das II. Geschwader (die älteren Linienschiffe) war zu dieser Fahrt nicht mitgenommen, sondern hielt sich zur Sicherung der deutschen Bucht mit einer Minensuch- division bereit, um der Flotte den Rückweg offenzuhalten. Bei den Kreuzern befanden sich zwei Flottillen, die übrigen beim Gros. Zur Sicherung des Marsches war dem B. d. A. ein Luftschiff mitgegeben, andere Luftschiffe sollten in der Frühe des auf den Anmarsch folgenden Tages in dem Sektor nordwestlich von Helgoland bis auf 200 sw von dort aufklären, um die Flotte nach der Seite und dem Rücken hin zu sichern. Falls Angriffs- weiter für Luftschiffe in der vorhergehenden Nacht war, sollte dies aber jedenfalls ausgenutzt werden. Das ist auch geschehen und führte zu einem wirkungsvollen Bombenangriff auf die wichtigen Marineanlagen von Hull am Humber. Über die Ausführung eines solchen Angriffs gibt die Schilderung eines der beteiligten Luftschiffkommandanten, Korvettenkapitäns Victor Schulze, welcher hierbei „L, 11" führte und leider inzwischen auch den Heldentod gefunden hat, ein anschauliches Bild.§§§§) Er schreibt: „Unser Befehl lautete: Am 5. März vormittags greift „I. 11" mit „1^ 13" und „I, 14" England Nord an. Um 12 Uhr mittags (am 4.) wurde aufgestiegen mit der Absicht, die Marineanlagen in Rosyth anzugreifen. Infolge des immer mehr auffrischenden Nordnordwestwindes, der verschiedentlich schwere Schnee- und Hagelböen brachte, wurde jedoch unterwegs beschlossen, statt Rosyth die Munitionsfabriken bei Middleborough aufzusuchen. Der beobachtete Schiffsverkehr beschränkte sich auf wenige Fischer auf der Doggerbank. Gelegentlich des Abwerfens von Benzinfässern erhielt das Schiff gegen 10 Uhr nachmittags von Seestreitkräften durch eine dünne Wolkendecke hindurch erfolgloses Feuer, auf das zu manövrieren sich nicht lohnte. 10 Uhr 45 nachmittags wurde die englische Küste überschritten, und zwar zwischen Flamborough Head und Spurn Pt. bei Hornfea, was auf weiter aufgefrischte Nordwinde schließen ließ. Das Schiff steuerte nun über der oft deutlich sichtbaren beschneiten Küste nach Norden. Soweit die Landschaft nicht durch dicke Schneewolken verdeckt war, herrschte gute Sichtig- keit. Die obere Wolkengrenze lag auf 2000 bis 3000 m. Darüber klarer Sternenhimmel. Inzwischen setzten wieder heftige Hagelböen ein, das Schiff vereiste stark und kam, trotzdem alles Wasser abgegeben war und die Lufttemperatur — 16° betrug, nicht über 2000 ra Höhe. Erst vor Beginn des Angriffs wurde es nach nochmaliger Abgabe von Benzin auf ziemlich ausgewogen 2300 m gebracht. In den Schnee- und Hagelböen erstrahlten Antennen und die Spitze der Metallstreben in Gondeln und Laufgang in Hellem Elmsfeuer. Gondeln und Plattform verschneiten stark. Als es um 1 Uhr vormittags aufklarte, ergab sich, daß das Schiff bisher auf der Stelle getreten hatte, und daß bei der Windgeschwindigkeit von 12 äoms (äoms — 2 Metersekunden) ein weiteres Nörd- lich-Steuern zwecklos war. Indes trat jetzt im Süden aus der verschneiten Landschaft der Humberlauf hervor, so daß sich hier eine sehr lohnende Angriffsmöglichkeit bot. Die Stadt Hull war gut abgeblendet, konnte aber vom Standort des „I, 11" durch die Bombenaufschläge von „I. 14" ausgemacht werden. Darauf verschlechterten neue Schneewolken die Aussicht. Ich hatte aber Zeit und trat auf der Stelle, bis sich nach einer Stunde die Wolken wieder aufhellten. Um 2 Uhr vormittags lief „L 11" zum Angriff an und warf zunächst auf Hull einige Bomben, um die Abwehrbatterien und Scheinwerfer zu verleiten, ihre Lage zu verraten, denn nach einem verfehlten Anlaufen hätte das Schiff gegen den starken Wind keinen Angriff fahren können. Die Stadt blieb zwar still und dunkel, aber die Wolken teilten sich in diesem Augenblick völlig, und es bot sich folgendes Bild. 'Stadt und Umgebung waren frisch verschneit. Zwar sehr gut abgeblendet, lag die Stadt bei dem sternenklaren Himmel scharf wie auf einer Zeichnung mit Straßen, Häuser- blocks, Kais und Hafenbecken unter dem Schiff. In den Straßen irrten einige Lichter umher. Das Schiff wurde mit Nordkurs und allen Motoren L.*****) voraus über die Ziele gelegt und stand hier nahezu auf der Stelle. Zwanzig Minuten lang wurden nun in aller Ruhe nach meiner Anweisung Bomben auf Hafen- und Dockanlagen gelegt und die Wirkung bei jedem einzelnen Wurf genau beobachtet. Die erste Sprengbombe traf den Kai, von dem ein großes Stück abflog, ein weiterer Treffer mitten in das Schleusentor eines Hafenbeckens. Der Sprengpunkt lag so genau auf dem Tor, daß er für ein dort abgefeuertes Geschütz hätte gehalten werden können. Gebäude klappten wie Kartenhäuser zusammen. Ein Treffer hatte besonders gewaltige Wirkung. Es stürzten strahlenförmig vom Sprengpunkt immer neue Gebäude zusammen, schließlich ein in der verschneiten Hafengegend schwarz sich abhebendes riesiges Loch bildend. Ein ähnlicher großer dunkler Fleck in der Nachbarschaft schien vom „1^ 14" herzurühren. Eine Bombe verursachte unten weitere Detonationen. Mit dem Doppelglas sah man im Scheine der Brände Leute hin und herrennen. In dem Hafen, dessen Schleusen getroffen waren, entwickelte sich Schiffsverkehr. In und um Hull beschränkte sich die Gegenwirkung auf einige schwächliche Scheinwerfer, die das Schiff nicht fanden, und auf verfchiedentliches Einzelfeuer. Im Verlauf der Bombenabgabe wurde das Schiff auf ziemlich abgewogen 2700 ra gebracht. Nachdem ich mich von der vorzüglichen Wirkung der Bomben auf Hull überzeugt hatte, beschloß ich, den Rest auf die Befestigungen von Jm- mingham zu legen, welche, wie ich vorher gesehen hatte, „1^ 14" heftig beschossen hatten. Das Schiff steuerte mit den letzten fünf Sprengbomben Jmmingham an, wo es sofort von vier starken Scheinwerfern und äußerst lebhaftem Geschützfeuer empfangen wurde. Die Scheinwerfer suchten das Schiff durch die gerade vorüberziehende dünne Wolkendecke vergeblich, denn obwohl sie es hell erleuchteten, schwenkten sie doch immer wieder weiter. Südlich dieser am Ufer aufgestellten Scheinwerfer feuerten die Batterien mit großem Munitionsaufwand. Vierzig bis fünfzig feurige Brand- oder Leuchtgeschosse lagen gut um das Schiff herum an allen Seiten, oben und unten. Die Steighöhe dieser Geschosse wurde auf 3000 m oder mehr geschätzt. Bei der ersten Sprengbombe, die zwischen die Scheinwerfer fiel, erlosch erst einer davon, gleich darauf der Rest. Sonstige Wirkung ließ sich nicht beobachten. Gegen Ende des Angriffs aus Hull fiel der vordere Motor durch Festsetzen des Schwimmers mit folgendem Einfrieren der L>l- und Kühlwasserleitungen bei 19° Kälte für dauernd aus, über Jmmingham auch der achtereMotor für eine halbeStunde. Um 2 Uhr 40 Min. vormittags wurde auf der Rückfahrt die Küste überschritten. Schwere Schnee- und Hagelböen mit elektrischen Erscheinungen traten auch jetzt wieder auf. Eine Böe riß das Schiff innerhalb drei Minuten von 2400 auf 3200 m, 250 m über die letzte Prallhöhe. Als es kurz darauf wieder herunterkam, klemmte das Höhenruder in Lage oben. Das Schiff wurde, so gut es ging, mit Leuten getrimmt, bis die Störung beseitigt war. Doch ließ sich nicht vermeiden, daß es nun auf 3200 m stieg. Um 5 Uhr vormittags setzte der Hintere Motor nochmals aus und fiel infolge Einfrierens von Wasser und Öl bis kurz vor der Landung aus. Um 7 Uhr vormittags begegneten wir der I. Aufklärungsgruppe und dem I. und III. Geschwader 30 sm nordnordwestlich von Terschelling-Bank- Feuerschiff. Um 2 Uhr nachmittags erfolgte glatte Landung in Nordholz. Das Schiff war fahrbereit geblieben. Das Luftschiff ist zu dieser Fahrt also 26 Stunden unterwegs gewesen, wobei zu beachten ist, daß die Besatzung bei Angriffsfahrten nur so stark bemessen wird, daß sämtliche Leute dauernd in Funktion bleiben müssen. Das Marinekorps in Flandern unterstützte das Vorhaben der Flotte durch Auslegen von zwölf U-Booten vor der englischen Südostküste. Zu einem Zusammentreffen mit dem Feind ist es trotz großer Sichtigkeit nicht gekommen. Die Fahrt erfüllte daher nur den Zweck der Einübung der Gesamtleitung und der Einzelschiffsführung auf all die Vorkommnisse, die sich bei dem kriegsmäßigen Marsch eines großen Verbandes ereignen können. Die Rückfahrt wurde zur Vornahme verschiedener Übungen in der Entwicklung der Flotte zur Gefechtslinie ausgenutzt, bis wir durch Alarm vom Sichten feindlicher U-Boote, denen die Flotte an der Terfchelling-Ecke eine gute Zielscheibe geboten hätte, zu Ausweichmanövern veranlaßt wurden. Nach der Rückkehr machte schlechtes Wetter mit stürmischen Ost- und nordöstlichen Winden, vor deren Einsetzen unsere Luftschiffe gerade noch rechtzeitig zurückgekommen waren, allen weiteren Operationsmöglichkeiten für einige Zeit ein Ende. Die Verabschiedung des Großadmirals von Tirpitz als Staatssekretär des Reichsmarineamts, welche dem Flottenkommando am 18. März mitgeteilt wurde, erweckte in der Flotte große Anteilnahme, nicht allein wegen seiner Verdienste, die er sich durch die langjährige Leitung der Entwicklung unserer Flotte auf allen Gebieten des Marinedienstes erworben hatte, sondern weil es in dieser ernsten Lage unseres Vaterlandes Besorgnis erregte, auf die Dienste eines Mannes verzichten zu müssen, der sich als Persönlichkeit von genialem Weitblick und unbeugsamer Energie, mit der er seine Ziele verfolgte, erwiesen 12 Doutschland- Hochjttsloilk im Weltlnkgr hatte. Insbesondere eröffnete dieser Wechsel in der Leitung des Reichsmarineamts auch ernste Befürchtungen hinsichtlich der baldigen Aufnahme einer entschiedenen und sachgemäßen U-Boot-Kriegführung. Die Entschließung darüber war Anfang März wiederum um vier Wochen hinausgeschoben worden. Um so mehr mußte die Flotte sich bemühen, ihre eigene Tätigkeit gegen den Feind zur Wirkung zu bringen. Hierauf hatte das neue Flottenkommando jetzt am meisten Bedacht zu nehmen. Inzwischen gaben uns auch die Engländer Gelegenheit, durch einen unerwarteten Angriff unsere dagegen getroffenen Vorkehrungen zu prüfen. Die wiederholten Luftangriffe, besonders wohl der mit starken Kräften und entsprechendem Erfolg auf London ausgeführte vom 1. Februar, hatten bei ihnen das Bestreben gefördert, diese lästigen Angreifer in ihren Hallen heimzusuchen und zu zerstören. Die Luftschiffhallen bei Ton- dern boten das nächstgelegene Ziel. Dem ersten mißglückten Flugzeugangriff vom Weihnachtstag des Jahres 1914 waren bisher noch keine weiteren gefolgt. Am 25. März morgens, bei sehr ungünstigem Flugwetter, so daß unsere eigene Luftaufklärung wegen heftiger Schneeböen und Nebel an diesem Morgen ausgesetzt hatte, erfolgte gegen ^10 Uhr vormittags ein Angriff von einigen Torpedobootszerstörern auf unsere Vorpostengruppe bei List. Sie schossen zwei der Fischdampfer, die noch Meldung von dem Überfall erstatten konnten, ab, zogen sich dann aber vor unseren von List aufgestiegenen Flugzeugen zurück, die den Feind mit Bomben bewarfen, wobei auf dem Zerstörer „Medusa" Treffer erzielt wurden. Die „Medusa" ist später sinkend von der Besatzung verlassen worden, nach englischer Angabe infolge einer Kollision mit dem Zerstörer „Lave- rock". Von unseren Flugzeugen liefen zahlreiche Meldungen ein, aus denen sich erkennen ließ, daß ein Fliegerangriff von zwei Flugzeug-Mutterschiffen ausgegangen war, die durch Panzerkreuzer, Kleine Kreuzer und Zerstörer gedeckt wurden. Was dahinterstand und ob etwa mit einem gleichzeitigen Angriff auf die Hallen in Hage (südlich Norderney) von Westen her oder mit umfassenden Bewegungen des Gegners gegen unsere nach Norden entsandten Streitkräfte zu rechnen sei, die auf diese Weise herausgelockt werden sollten, ließ sich zunächst nicht feststellen. Durch die Gegenwirkung unserer Flugzeuge und das schlechte Wetter wurden alle fünf aufgestiegenen englischen Flieger zum Landen gezwungen. Zwei davon konnten von den eigenen Torpedobooten noch ausgenommen werden, die anderen drei wurden von unseren Flugzeugen gefangen eingebracht. Einen Schaden haben sie nicht anzurichten vermocht. Der englische Angriff setzte zunächst die Vorpostenstreitkräfte und alle übrigen Schiffe der Flotte, die sich sofort zum Jnsee- gehen bereit machten, in Bewegung, bis die weiteren Absichten des Gegners erkannt waren. Dem abziehenden Feind, der anscheinend auf die Wiederaufnahme der aufgestiegenen Flieger keinen besonderen Wert legte, setzten unsere Kreuzer und mehrere Flottillen nach, wurden aber durch das sich immer weiter verschlechternde Wetter verhindert, an die großen Schiffe heranzukommen. Es kam in der Nacht noch zu einem Zusammenstoß zwischen unseren Torpedobooten und englischen Kleinen Kreuzern, bei dem es dem englischen Kreuzer „Cleopatra" gelang, ein ihm unversehens vor den Bug kommendes Torpedoboot der Unsrigen „O 194" durch Rammen zu ver- senken. Während des Nachtvormarsches war ein anderes Torpedoboot „8 22", Kommandant Kapitänleutnant Karl Galster, in 55" 45" nördlicher Breite und 5° 10" östlicher Länge auf eine Mine gelaufen. Das Boot brach sofort in zwei Teile. Das Vorschiff versank schnell, das Achterschiff schwamm noch etwa fünf Minuten und ging dann plötzlich, wohl infolge Nachgebens eines Schottes, in die Tiefe. Drei Hurras der Besatzung, von dem Kommandanten ausgebracht, bewiesen, daß die Besatzung bis zum letzten Augenblick fest auf ihrem Posten war. Das Torpedoboot „8 18" hatte sofort versucht, zur Hilfe längsseit zu gehen. Wind und Seegang machten das Manöver unmöglich, und trotz aller Anstrengungen gelang es nur, zehn Unteroffiziere und sechs Mann der Besatzung zu retten. Aus dem englischen Bericht wissen wir, daß auch die „Cleopatra" in dieser Nacht von dem englischen Kreuzer „Undaunted" angerannt wurde, wobei letzterer so schwere Beschädigungen erlitt, daß er in den Hafen geschleppt werden mußte. Da im Laufe der Nacht ein englischer Funkspruch aufgefangen war, daß sich ein Kriegsschiff mit Zerstörern vergeblich bemüht habe, einen havarierten englischen Zerstörer in Schlepp zu nehmen, und es deshalb anzunehmen war, daß die Schiffe während der Nacht nach Norden gehen und mit Hellwerden zurückkehren würden, ergab sich die Möglichkeit, hierzu herankommende Teile des Gegners noch anzutreffen und abzufangen. Das III. Geschwader, die I. und IV. Aufklärungsgruppe erhielten Befehl, nach dem Quadrat 55° 10' nördlicher Breite 6" 0" östlicher Länge vorzugehen, wohin ihnen auch das I. und II. Geschwader folgen sollten. Das Flottenflaggschiff hatte sich dem III. Geschwader angeschlossen.. Um 6 Uhr 30 Min. vormittags meldeten die Kreuzer, daß der Seegang derartig zugenommen habe, daß ein Waffengebrauch nicht mehr möglich sei. Der Vorstoß wurde deshalb als aussichtslos abgebrochen. Aus demselben Grunde haben auch, wie wir später erfuhren, die Engländer den Zerstörer „Medusa" im Stich gelassen und sind unter schweren Sturmschäden nach Hause zurückgekehrt. Als Erwiderung auf den Versuch, unsere Luftflotte zu belästigen, setzte Ende März eine sehr ergiebige Angriffsperiode unserer Luftschiffe ein, die durch Zusammentreffen von günstigem Wetter mit dunklen Nächten zu fünf aufeinanderfolgenden Angriffen ausgenutzt werden konnte. Für die Luftschiffe ist es bei der großen Höhe, in der sie sich wegen der feindlichen Abwehr halten müssen, bei der Dunkelheit und bei der Gegenwehr, der sie ausgesetzt sind, schwierig, genaue Angaben über ihre Erfolge mitzubringen, über den Umfang der angerichteten Zerstörung ist man daher auf die Berichte angewiesen, die der amtlichen Zensur entgangen sind. Diese war bestrebt, zur Beruhigung der Bevölkerung das Ergebnis als ziemlich belanglos hinzustellen. Es steht aber fest, daß die in dieser Zeit sich ununterbrochen wiederholenden Angriffe eine große Panik erzeugt haben, da die Verheerungen, die in London selbst angerichtet wurden, wohl alles Bisherige übertroffen haben. Auf unserer Seite hatten wir bei förmlichen fünf Angriffen durch die feindliche Gegenwirkung zum erstenmal den Verlust eines Luftschiffs zu beklagen. 15", Kommandant Kapitänleutnant Breithaupt, mußte vor der Themsemündung aufs Wasser niedergehen, nachdem der Tragkörper des Luftschiffs mehrfach von Granaten getroffen war. Die Besatzung, zwei Offiziere und sechzehn Mann, wurden von englischen Booten geborgen und gefangengenommen. Das Einfchl.eppen des Luftschiffs, dessen Zerstörung vorher vorbereitet war, ist ihnen aber nicht gelungen. Bemerkenswert ist, daß in der Nacht vom 2. zum 3. zum erstenmal auch der Firth of Forth erreicht wurde und dort liegende Schiffe sowie die Anlagen an der Bucht angegriffen werden konnten. Am 6. April setzte wieder ungünstiges Wetter ein und machte dieser in selten günstiger Weise verlaufenen Periode ein Ende. Bei diesem Angriff war auch der „1^ 11" mehrfach beteiligt und gibt darüber folgende Schilderung: „Befehl: „Am 1. April vormittags greift „I, 11" mit „1^ 17" England Süd oder Mitte an." Um 12 Uhr mittags wurde aufgestiegen mit der Absicht, Südengland anzugreifen. Wegen des auf Nordwest drehenden Windes wurde jedoch bald Mittelengland ins Auge gefaßt. Auf der Doggerbank fand sich sehr reger Fischdampferverkehr vor, und starker englischer FT-Verkehr war deutlich zu hören. Die Lufttemperaturen ließen das Schiff trotz Abgabe von zwei Fässern Benzin zunächst nur auf 2200 m Höhe steigen. Um 10 Uhr abends erreichte das Schiff die englische Küste südlich des Tyne. Bei dem Versuch, die Werftanlagen am Tyne anzugreifen und dazu die Küste zu überschreiten, wurde das Schiff von heftigem Feuer empfangen, das sich auf den ganzen Küstenstrich nördlich und südlich des Flusses verteilte. Ein Ausholen, um die zum Angriff erforderliche Luv-Stellung zu gewinnen, hätte bei dem herrschenden Winde (WNW 5—7 äoms) mehrere Stunden beansprucht. Vom Überschreiten der Batterien nahm ich bei der geringen Feuerhöhe, der langsamen Fahrt gegen den Wind und der nach oben vollkommen klaren Luft Abstand und beschloß, die Stadt Sunderland mit ihren ausgedehnten Hafenanlagen sowie Hochöfen nordwestlich der Stadt zum Angriffsziel zu nehmen. Nach Luv aufholend, belegte das Schiff eine Hochofenanlage mit Sprengbomben, die einen Hochofen unter schwerer Detonation und mächtiger Flammen- und Rauchentwicklung zur Explosion brachten. Nun wurden auf die zum Teil erleuchteten Industriewerke und Hafenanlagen der Stadt Sunderland sehr ausgiebig Bomben abgeworfen. Die Wirkung war ganz ausgezeichnet. Häuserblocks und Straßenreihen stürzten zusammen, einige große Schadenfeuer brachen aus, und eine Bombe verursachte dichte, schwarze Rauchentwicklung unter heftigem Funkensprühen. Hier wurde gleich noch eine Sprengbombe mit gleicher Wirkung angebracht. Der Lage nach mag dies ein Bahnhof gewesen sein, über Sunderland wurde das Schiff von einem starken Scheinwerfer eine Zeitlang gefaßt und mit Schrapnells und Brandgeschossen vergeblich beschossen. Die Erschütterung einer in der Nähe des Schiffes platzenden Granate wurde wie ein Treffer gespürt. Nach dem Verlassen der Stadt versuchten zwei andere Scheinwerfer mit vorübergehendem Erfolge, das Schiff festzuhalten. Dabei erfolgte eine schwache Beschießung anscheinend mit Maschinenkanonen. Die letzten Sprengbomben wurden auf zwei in der Nähe von Middleborough sich zeigende Hoch- öfenwerke verwendet, wobei die Treffer gut in die Anlagen fielen. Beim Rückmarsch standen auf der Doggerbank wieder zahlreiche Fischdampfer. Um 10 Uhr vormittags am 2. April erfolgte die Landung in Nordholz." Bereits am folgenden Tage stieg 11" wieder zu einem Angriff auf England gemeinsam mit „I, 1?" auf und berichtete darüber folgendes: „Wegen der zu erwartenden warmen Lufttemperaturen wurden nur fünf Mann Motorenpersonal und 45 Bomben mitgenommen, die Reserveteile eingeschränkt, zwei Maschinengewehre, ein Landungstau blieben zu Hause, und der Benzinvorrat wurde knapp bemessen, da nach der Wetterlage zum An- wie Rückmarsch achterliche Winde zu erwarten standen. Der Aufstieg erfolgte nachmittags um ^3 Uhr. Der Anmarsch vollzog sich so schnell, daß nach der letzten Peilung†††††) vor der englischen Küste diese gegen ZH11 Uhr nachmittags in der Gegend von Sheringham erreicht werden mußte. Infolge immer dunstiger werdender Luft war außer einigen schwach durchschimmernden Lichtern nichts auszumachen. Als die Küste zur erwarteten Zeit nicht festgestellt wurde, drehte ich allmählich vom bisherigen Kurse WZ4S aus SW z. S in der Annahme, daß über Land der Wind weiter südlich gegangen sei. Schließlich ergab aber eine um 1 Uhr 10 Min. vormittags eingeholte Peilung die überraschende Tatsache, daß der bis dahin schwach wehende Westsüdwestwind auf 8—10 äows aufgefrischt hatte. Als das Schiff daher endlich um 2 Uhr 45 Min. vormittags über Land kam, war der Weitermarsch nach London aussichtslos geworden. Zu einem Abdrehen nach der Humbermündung war es, als der genaue Schiffsort ausgemacht war, mit Rücksicht auf Windrichtung und Stärke auch zu spät geworden. Ich wollte daher in der Grafschaft Norfolk Ziele suchen, solange wie die Dunkelheit anhielt. Norwich, das gut abgeblendet war, ließ sich nicht ausmachen. Ich suchte daher Zarmouth oder Lowestoft anzugreifen. Erst als „1^ 11" die Küste nahe bei Uarmouth westwärts überschritten hatte, zeigte sich um 3 Uhr 55 Min. vormittags achteraus lebhaftes Mündungsfeuer in dem dichten Dunste. Es wurde Kehrt gemacht und der Ort, von wo das Feuer kam, mit drei gut liegenden Salven von insgesamt 13 Bomben belegt. Von längerem Verweilen an der Küste mußte abgesehen werden, weil es in der Höhe, in der das Schiff stand, bereits zu dämmern begann. Die Rückfahrt war, wie erwartet, in größeren Höhen von frischen Westsüdwestwinden begünstigt. Um 10 Uhr vormittags wurde in Nordholz gelandet. Am 5. April war der „1^ 11" wiederum mit 13 und 16" zu einem Angriff auf England Mitte aufgestiegen, über dessen Verlauf noch folgende Angaben dem Leser einen Begriff geben mögen von der Anspannung und den Anstrengungen, welchen unsere Luftschiffbesatzungen bei solchen Fahrten ausgesetzt waren: 9 Uhr 45 Min. nachmittags überschritt das Luftschiff die sehr deutlich zu erkennende Küste südlich FlamboroughHead und nahm Kurs aus Sheffield. Nördlich Hull geriet das Luftschiff über mehrere dort neu aufgestellte Batterien, die mit vier sehr starken Scheinwerfern das Schiff bei der sichtigen Luft sofort faßten, worauf von 10 Uhr 10 Min. bis 10 Uhr 30 Min. eine ungewöhnlich schwere Beschießung mit Granaten und Schrapnells einsetzte. Die Batterien lagen durchweg gut. Viele Schrapnells platzten in nächster Nähe des Schiffes unter heftigen Erschütterungen des Gerippes. Die nächst liegende Batterie wurde sofort angesteuert und mit Sprengbomben zum Schweigen gebracht. Bei der geringen Höhe von 2300 Meter in der klaren Luft hielt es das Luftschiff nicht für geraten, über die anderen zahlreichen Batterien hinwegzufahren und kehrte um, in der Absicht, außerhalb der Küste südlich zu steuern, um nach Monduntergang mit einer besseren Höhe ins Innere zu gehen. Im Ablaufen fiel der Achtermotor mit einem ausgelaufenen Kurbellager aus. Der Kommandant entschloß sich daher, gegen den mäßigen Nordnordostwind Luv zu gewinnen und Hartlepool aufzusuchen. Die Küstenlinie lag ebenso wie die Flußläufe übersichtlich wie auf der Karte da. Bei Flam- borough Head nördlich und südlich herrschte sehr lebhafter Schiffsverkehr. Verschiedene neutrale Schiffe waren dabei durch Helle Lichter über ihren Neutralitätsabzeichen zu unterscheiden. Auch einige abgeblendete Fahrzeuge konnte man an dem Hellen Kielwasserstreifen erkennen. Um 2 Uhr vormittags dicht vor Hartlepool fiel der vordere Motor aus. Von einem Angriff auf diesen Platz wurde daher abgesehen und beschlossen, auf dem Rückmarsch ein großes Eisenwerk, das bei Whitby zu sehen war, zu zerstören. Dieses Eisenwerk stellte sich selbst in der Fahrhöhe des Luftschiffes als eine sehr umfangreiche Anlage dar, mit vielen hell erleuchteten Schmelzbetrieben und zahlreichen Gebäuden. Es lag unmittelbar am Strande und hatte Dampferlöschstellen. Über diesem Werk wurde so lange gekreuzt, bis alle Bomben unter sorgfältigem Zielen angebracht waren. Die deutlich zu erkennende Wirkung bestand nicht nur in verheerender Zerstörung der Schmelzanlagen und Gebäude, durch Sprengung und Brände, sondern auch in den dunkleren Teilen des Werkes fanden einige schwere Explosionen statt, die auf völlige Vernichtung der gesamten Anlage schließen ließen. Um 10 Uhr 30 Min. vormittags geriet das Schiff auf dem Rückmarsch in dichten Nebel und ging zur sicheren Navigierung über Land, wo es in 50 Meter Fahrhöhe gut weiter fand. Nachmittags um 3 Uhr erfolgte bei klarem Wetter Landung in Nordholz." Am 6. April ließ Korvettenkapitän Straffer, der Befehls- Haber der Luftschiffe, keine Schiffe mehr aufsteigen. Er hatte sich in der Beurteilung der Wetterlage auch nicht geirrt, denn noch im Laufe des Nachmittags ging der anfänglich schwache Nordost auf Ost über und frischte so auf, daß er im Laufe der Nacht auf Sturmstärke anwuchs. Während der Luftangriffe der letzten Nächte wurden von Hornsriff aus mehrere Torpedobootsvorstöße in nordwest- und westlicher Richtung unternommen, die auch die Borpostenstreitkräfte dauernd in Bewegung hielten. Sie führten aber zu keinem Zusammentreffen mit dem Feind. Vom 15. bis 19. April hielt sich die Flotte in Erwartung eines englischen Angriffes bereit, da verschiedene Nachrichten auf einen solchen hindeuteten. Der Feind ließ sich aber nicht sehen. Beschießung von Zarmouth und Lowestoft*) Am 24. April, Ostermontag, konnte die Flotte zu einer Hauptunternehmung auslausen, die sich wieder wie Anfang März in der Richtung nach den Hoofden bewegte, diesmal aber weiter ausgedehnt werden sollte und den Feind veranlassen mußte, aus dem Hafen herauszukommen. Ich glaubte dies dadurch zu erreichen, daß Küstenplätze beschossen wurden und gleichzeitig auch Luftschiffangriffe auf England in der Nacht des Vormarsches erfolgten. Von beiden Handlungen ließ sich erhoffen, daß der Feind Gegenmaßnahmen ergreifen würde, die unseren Streitkräften Gelegenheit zum Angriff geben konnten. Bei dem Vorstoß am 5. und 6. März hatte es der Gegner vorgezogen, wie nachher durch entzifferte Funksprüche festgestellt worden ist, alle Streitkräfte vor den unfrigen in die Häfen zurückzuziehen, sobald er, sei es durch Agenten oder durch in der Nordsee stehende Bewachungssahrzegue (U-Boote), Kenntnis von unserem Vormarsch erhalten hatte. Die vom Feinde vorliegenden Nachrichten hatten wiederholt starke feind- *) Siehe Karte Nr. 6. liche Streitkräfte in der nördlichen Nordsee unter der norwegischen Küste gemeldet, desgleichen waren auch Streitkräfte in den Hoosden und in Häfen der Südostküste Englands gesichtet worden, so daß sich wohl Gelegenheit bieten konnte, unsere Flotte zwischen beide Flottenteile zu schieben und einen Teil derselben, der sich zuerst stellen würde, mit mindestens gleichwertigen Kräften anzugreifen. Hieraus ergab sich, daß die geeignetste Angriffsrichtung die Küste der südöstlichen Grafschaften Englands sein würde. Wollte uns der Gegner dann den Rückweg verlegen, so mußte er in der Richtung auf Ter- fchelling-Bank vorstoßen. Diese Gewässer waren für die Annahme einer Schlacht nicht unvorteilhaft. Im günstigen Fall konnte es sogar gelingen, etwa aus den Hoofden vorstoßende feindliche Verbände von zwei Seiten zu fassen, nämlich von Süden mit den zur Küstenbeschießung detachierten Streitkräften, von Norden her mit dem Gros. Die einzigen Küstenplätze, die für eine Beschießung in Frage kamen, waren Lowe- stoft und Great Darmouth. Beide waren befestigte und militärisch wichtige Stützpunkte des Gegners: Loweftoft für Minenunternehmungen, zum Minenlegen und Minensuchen, Uar- mouth als Stützpunkt für Unterseeboote, die von dort aus ihre Unternehmungen gegen die deutsche Bucht richteten. Die Zerstörung der Hafen- und sonstigen militärisch wichtigen Anlagen beider Küstenplätze war daher an und für sich von besonderem militärischen Wert, ganz abgesehen von dem mit der Beschießung verfolgten Zweck, den Gegner herauszufordern. Mit dem gleichzeitig erfolgenden Luftangriff auf Südengland sollte der Vorteil verbunden werden, daß Luftschiffe und Seestreit- kräfte sich gegenseitig deckten. Die Luftschiffe klärten auf Hin- und Rückmarsch für die schwimmenden Streitkräfte auf, während diese den Luftschiffen im Fall von Havarie den erforderlichen Schutz zukommen lassen konnten. Auch war zu hoffen, daß sich bei der Unternehmung Gelegenheit zum Handelskrieg nach Prisenordnung bieten würde. Es wurden alle verfügbaren Hochseestreitkräfte, auch das II. Geschwader, mit herangezogen und das Generalkommando des Marinekorps in Flandern ersucht, seine verfügbaren U-Boote in Angriffs-Wartestellung auszulegen. Das Marinekorps erbot sich ferner, zur Erleichterung der Ansteuerung zwei Unterseeboote östlich von Lowestoft auszulegen, die für die Durchführung der Beschießung sehr gute Dienste geleistet haben. Die beim Hochseekommando verfügbaren U-Boote wurden in Angriffsstellung von den Firth of Forth gelegt und der Südausgang dieser Bucht durch ein U-Minenboot verseucht. Für den Luftangriff wurden acht der neueren Luftschiffe bestimmt, drei ältere Luftschiffe erhielten Befehl, am zweiten Tage im Rücken der Flotte zur Aufklärung zu stehen. Die Beschießung mußte, wenn irgend möglich, überraschend mit Tagesanbruch erfolgen, um Gegenmaßregeln des Gegners, z. B. Heranzieh.en von Unterseebooten aus Darmouth zum Schutz der Küste zu verhindern. Die Streitkräfte, welche zur Aufnahme der Kreuzer bestimmt waren, mußten bestrebt sein, nicht in den Hoofden selbst, sondern in dem freien Seeraum westlich und nördlich von Terfchelling-Bank zu stehen, wenn es zum Schlagen kommen sollte, weil nur aus dieser Stellung heraus die nötige Freiheit des Handelns gegen alle Entwicklungsmöglichkeiten gesichert war. Die Beschießung der beiden Küstenplätze wurde den Panzerkreuzern übertragen. Sie erhielten als Sicherung die II. Aufklärungsgruppe und zwei schnelle Torpedobootsflottillen (VI. und IX.). Das Gros, bestehend aus I., II. und III. Geschwader der IV. Aufklärungsgruppe und dein Rest der T-Flottillen, sollte den Panzerkreuzern bis zur Erledigung der Beschießung in die Hoofden hinein folgen, u mfie nötigenfalls gegen überlegene Streitkräfte zu decken. Am 24, mittags erfolgte der Ausmarsch aller Streitkräfte einschließlich der Luftschiffe. Der Marsch sollte zunächst durch die südliche Sperrlücke bei Norderney führen und dann nördlich um eine von den Engländern dort ausgelegte Sperre herum aus Sicht der holländischen Küste in die Hoofden hinein, wo mit Tagesanbruch die Beschießung erfolgen und etwa 30 Min. dauern sollte. Um 4 Uhr nachmittags erlitt die Unternehmung eine unliebsame Störung durch die Meldung des Führers der Aufklärungsschiffe, Konteradmiral Bödicker, daß sein Flaggschiff, der Panzerkreuzer „Seydlitz", auf Minen gestoßen und der vordere Torpedo-Breitseitraum getroffen sei. Das Schiff fiel für die Unternehmung aus. Es konnte noch 15 sm laufen, daher selbständig in den Hafen zurückkehren. Für den Führer war eine Umschiffung auf einen ändern Kreuzer erforderlich. Der Auslaufkurs, auf dem das Schiff auf Minen lief, war zuletzt noch in der Nacht vom 22. zum 23. durch eine Sperrbrechergruppe abgesucht und auch wiederholt von leichten Streitkräften bei nächtlichen Patrouillenfahrten benutzt worden. Die hinter „Seydlitz" stehenden Panzerkreuzer hatten auf den Minentreffer hin verabredungsgemäß Kehrt gemacht, um weitere Befehle abzuwarten, damit sie nicht auch in Minen gerieten. Als „Seydlitz" ihnen folgen wollte, um dem Befehlshaber Gelegenheit zu geben, sich auf „Lützow" umzuschiffen, wurden gleichzeitig von zwei Schiffen die Laufbahn eines Torpedos und Unterseeboote gemeldet, in deren Nähe eine Umschiffung wegen des dazu erforderlichen Anhaltens der Schiffe nicht ratsam war. Besonders erschien es für den schon havarierten Kreuzer gefährlich, ihn noch einer weiteren Verletzung durch U-Boote auszusetzen. „Seydlitz" setzte daher zunächst den westlichen Kurs fort, der B. d. A. ging auf ein Torpedoboot, mit dem er später den Panzerkreuzer „Lützow" erreichte und die Führung wieder übernahm, „Seydlitz" wurde auf dem Rückmarsch durch zwei Torpedoboote und „1^ 7" gesichert und erreichte ohne weiteren Zwischenfall den Hafen. Das Flottenkommando sah sich durch dieses Vorkommnis genötigt, den beabsichtigten Auslaufkurs aufzugeben, und es blieb nichts anderes übrig, als nun den Weg unter der ostfriefi- schen Küste einzuschlagen. Es mußte allerdings bei dem sehr sichtigen Wetter damit gerechnet werden, daß auf diesein Wege von den Inseln Rottum und Schiermonnikoog aus das Auslaufen der Schiffe beobachtet und vielleicht weiter gemeldet wurde. Die Aussichten, den Angriff aus Lowestost und Dar- mouth überraschend ausführen zu können, wurden dadurchleider vermindert, aber es lag kein Grund vor, die Beschießung deswegen schon jetzt aufzugeben. Die weitere Entwicklung konnte im Vertrauen auf die Luftschiffaufklärung abgewartet und das Unternehmen fortgesetzt werden. Gegen 8 Uhr abends wurde durch einen Funkspruch vom Admiralstab bestätigt, was das Marinekorps aus Flandern bereits mittags mitgeteilt hatte, daß an der belgischen Küste und vor der Scheldemündung seit 6 Uhr vormittags zahlreiche feindliche Streitkräfte zusammengezogen waren, deren Absicht einstweilen nicht zu erkennen sei, wahrscheinlich aber mit einer Beschießung der flandrischen Küste in Verbindung stünde. Für das Vorgehen unserer Flotte konnte diese Ansammlung nur willkommen sein. Ein weiterer Funkspruch meldete, daß am 23. morgens große Geschwader englischer Kriegsschiffe aller Schiffsarten bei Lindesnaes (Südwest- spitze Norwegens) gesichtet seien. Ich konnte also damit rechnen, daß meine Vermutung, die englische Flotte in zwei Teilen vorzufinden, zuträfe. Um ^10 Uhr abends wurde uns aus Brügge mitgeteilt, daß nach einem dort aufgefangenen englischen Funkspruch alle Patrouillenfahrzeuge in den Hafen zurückgerufen wurden. Demnach hatte das Zusammentreffen unserer Panzerkreuzer mit den englischen U-Booten im Laufe des Nachmittags doch zur Folge gehabt, daß diese von dem Ausmarsch unserer Flotte Nachricht gegeben hatten. Kurz vor Hellwerden gingen die Meldungen der Luftschiffe über den Erfolg ihrer Angriffe ein. Sie hatten mit ungünstigen Windverhältnissen zu kämpfen gehabt und schlechte Sichtverhältnisse über Land angetroffen. Auch waren sie auf kräftige Gegenwirkung gestoßen. Die sechs beteiligten Luftschiffe hatten Norwich, Lincoln, Har- wich, Ipswich angegriffen und verschiedentlich mit Vorposten- schiffen zu tun gehabt. Alle waren aber unbeschädigt geblieben und jetzt auf dem Rückmarsch. Um 5 Uhr vormittags näherten sich unsere Großen Kreuzer der Küste von Lowestost. Sie hatten an den vom Marinekorps ausgelegten Unterseebooten einen guten Anhalt gehabt. Der Kleine Kreuzer „Rostock", welcher an Backbord Seitendeckung für die Panzerkreuzer bildete, meldete in west-südwestlicher Richtung feindliche Schisse und Zerstörer. Da die Beleuchtung aber für ein Gefecht mit diesen noch zu ungünstig war, ging Admiral Bödicker zunächst an die Beschießung der Küstenplätze. Diese wurde auf Entfernung von 100—130 Lm durchgeführt. Es konnte gute Wirkung gegen die Hafenanlagen beobachtet werden, von Land aus wurde das Feuer nur schwach erwidert. Danach wurde auf nordwestlichen Kurs geschwenkt, um die Beschießung von Great Uarmouth fortzusetzen und gegen die von „Rostock" gemeldeten Schiffe vorzugehen. „Rostock", unterstützt vom Kleinen Kreuzer „Elbing", hatte inzwischen an den feindlichen Streitkräften Fühlung gehalten und versucht, sie auf die Panzerkreuzer zu ziehen. Es handelte sich um vier moderne Kleine Kreuzer und etwa zwölf Zerstörer. Sobald sie aber unsere Panzerkreuzer in Sicht bekamen, drehten sie mit hoher Fahrt nach Süden ab. Sie wurden auf Entfernung von 130 lim beschossen, bis sie aus dem Bereich unserer Geschütze gelaufen waren. Mehrere Treffer konnten beobachtet werden, von denen einer starke Brandwirkung auf einem Kreuzer erzeugte. Bei der großen Geschwindigkeit des Feindes war eine Verfolgung aussichtslos. Die Kreuzer nahmen daher Kurs in der Richtung auf unser Gros auf und meldeten, daß die Aufgabe erledigt sei. Während der Beschießung der Küstenplätze hatte der Kleine Kreuzer „Frankfurt" einen bewaffneten Patrouillen- dampfer durch Artillerie versenkt. Ein zweiter wurde von dem Führerboot der VI. T-Flottille „6 41" versenkt, die Besatzung gefangen genommen. Es stellte sich nach Aussage der Leute heraus, daß es der berüchtigte „King Stephen" gewesen war, der seinerzeit vor seinen Augen die Besatzung des Luftschiffes „1^ 9" hatte untergehen lassen. Die Leute bestritten allerdings auf das entschiedenste, zu der Zeit bereits an Bord des Schiffes gewesen zu sein und schoben die Schuld einer anderen Besatzung zu. Die Widersprüche, in die sie sich dabei verwickelten, machten aber den Schiffsführer und Maschinisten sehr verdächtig. Da der Dampfer jetzt Kriegsdienste geleistet hatte, wurde die Besatzung kriegsgefangen abgeführt. Um M Uhr vormittags meldete „I, 9", der in südwestlicher Richtung stand, daß er von Fliegern verfolgt würde. Ms er bald darauf in Sicht der Flotte kam, ließen die Flieger von ihm ab, vermutlich um Meldung vom Anmarsch unserer Schiffe zu machen, die zu dieser Zeit noch mit südwestlichem Kurse den Kreuzern entgegendampften. Gleichzeitig kamen auch „1^ 11" und „1^ 23" in Sicht, die aber nichts vom Feinde hatten entdecken können. So wurde um 6 Uhr vormittags, als auch die Meldung der Kreuzer vorlag, daß die Beschießung erledigt sei, planmäßig Kurs auf Terschelling-Bank genommen. Gegen ^8 Uhr vormittags kam eine Meldung vom Marinekorps in Flandern, daß die englischen Schiffe, die sich dort zusammengezogen hatten, einem aufgefangenen englischen Funkspruch zufolge Befehl erhalten hatten, zurückzukehren. Die englischen Zerstörer sollten Kohlen ergänzen und sich dann westlich Dünkirchen begeben. Von dieser Seite aus war also auf ein Heran- kommen von Streitkröften nicht mehr zu rechnen. Es war nun höchstens noch zu erwarten, daß bei Terfchelling feindliche Streitkräfte getroffen würden. Als wir uns diesem Seegebiet näherten, wurde die Flotte genötigt, mehrfach Unterseebootsangriffen auszuweichen. Andere feindliche Streitkräfte zeigten sich nicht. Der Rückmarsch verlief dann ohne weitere Zwischenfälle. Zwei neutrale Dampfer wurden zur Untersuchung auf Bannware eingebracht, desgleichen mehrere kleinere Fahrzeuge. Auf die Nachricht vom Anmarsch unserer Streikräste hat der Feind alle Schiffe und Fahrzeuge von der belgischen Küste zurückgezogen und auch selbst keinen Versuch gemacht, unsere Streitkräfte zu stellen. Aus späteren englischen Veröffentlichungen geht hervor, daß die englische Flotte sich tags vorher zu einer ihrer gewohnten Streifen durch die Nordsee in See befand, und es wäre interessant, nachzuprüfen, ob sie Gelegenheit gehabt hätte, in der deutschen Bucht unserer Flotte in den Weg zu treten. Die von uns gesteuerten Kurse nebst Zeichnungen sind aus der Skizze ersichtlich. Die beschädigte „Seyd- litz" zeigte, als sie eingedockt war, ein Loch von zirka 90 qiu Größe, durch welches etwa 1400 t Wasser ins Schiff getreten waren. Elf Mann hatten auf ihrer Gefechtsstation im Torpedoraum ihr Leben eingebüßt. Trotz der dort lagernden erheblichen Masse von Sprengmunition war keine weitere Detonation durch den Treffer eingetreten, der sonst sehr viel größeres Unheil hätte hervorrufen können. Anfang Mai erlaubten die Witterungsverhältnisse die Wiederaufnahme der Luftschiffsangriffe auf England. Doch war ihnen eine so lang andauernde günstige Wetterperiode wie im vorigen Monat, die ja auch eine seltene Ausnahme bildete, nicht beschieden. Es kam zu zwei Angriffen, an denen sich bis zu acht Luftschiffe beteiligten. Beim zweiten Angriff ging „1^ 20" verloren, da starker Südwestwind aufgekommen war und das Luftschiff infolge von Motorenausfall die heimische Küste nicht mehr erreichen konnte. Der Kommandant, Kapitänleutnant Stabbert, steuerte deshalb die norwegische Küste an, wo er mit seinem havarierten Schiff in der Nähe von Jäderen niederging und die Besatzung ausschiffen konnte, die dort interniert wurde. Für die Luftschiffe kam nun die Zeit der kurzen Nächte, die ihrer Betätigung zu Angriffen eine Pause auszwangen, da die Nächte nicht dunkel genug wurden, um den nötigen Schutz zu gewähren und es sich herausgestellt hatte, daß die Abwehr in der letzten Zeit erheblich stärker ausgebildet worden war. Aber die Flotte konnte sie auch sehr notwendig 13 Deutschlands Hochsiellotk im WelÄrieg« zur Aufklärung gebrauchen für die weiter geplanten Haupt- Unternehmungen, die durch die Mitbeteiligung der U-Boote noch an Wert gewinnen konnten und um so energischer betrieben werden mußten, als der Handelskrieg durch U-Boote seit Ende April eingestellt worden war. Gerade während wir auf dem Marsche nach Lowestoft waren, kam eine Anweisung vom Chef des Admiralstabs durch Funkspruch an, daß der U-Boot-Handelskrieg von jetzt ab nur nach Prisenordnung geführt werden dürfe. Es war dies die Folge des amerikanischen Einspruches anläßlich des „Sussex"- Zwischenfalles. Da ich den U-Hooten eine derartige Kriegführung wegen der zu erwartenden schweren Verluste nicht zumuten konnte, hatte ich sämtliche U-Boote, die sich zum Handelskrieg in See befanden, durch Funkspruch zurückrufen lassen und nachträglich auch höheren Orts Zustimmung zu dieser Anordnung gefunden. Es war mir überlassen worden, bis auf weiteres die U-Boote zu rein militärischen Unternehmungen zu verwenden. Dies kam auch dem Schutz der deutschen Bucht zugute, da nun bestimmte Bezirke dauernd besetzt gehalten werden konnten, von denen aus wir auf eine frühzeitige Meldung feindlicher Bewegungen rechnen konnten und Gelegenheit zu finden hofften, gegen die feindlichen BewachungsU-Boote vorzugehen. Die Erfahrungen unserer U-Boote hatten auf die Gefährlichkeit der feindlichen hingewiesen, welche ihnen durch ihr unvermutetes Erscheinen sehr unangenehme Gegner geworden waren, so daß auch wir die U-Boote zur Gegenwehr mit benutzen wollten. Zweiter Abschnitt: Von der Skagerrak-Schlacht bis zum uneingeschränkten Ll-Boot-Krieg X. Die Schlacht vor dem Skagerrak Die Beschießung vom 25. April hatte auf die Stimmung in England ihren Eindruck nicht verfehlt. Die Erwartung, daß es der Flotte gelingen müsse, deutsche Belästigungen von dem britischen Gestade fernzuhalten, war nun schon wiederholt getäuscht. Die Hauptflotte war noch jedesmal zu spät gekommen, sowohl im Dezember 1914 wie im Januar 1915 und nun wieder in diesem Frühjahr, so daß die deutschen „Raiders" zum großen Verdruß der Engländer jedesmal ungestraft entkommen waren. Deshalb sah sich der erste Lord der Admiralität Mr. Balfour zu einer öffentlichen Erklärung veranlaßt, daß, wenn die deutschen Schiffe es sich wieder herausnehmen würden, an der britischen Küste zu erscheinen, Vorkehrungen getroffen seien, sie streng zu bestrafen (to de xuvisdeä). Darauf wollten wir es ankommen lassen. Es war die Frage, ob es sich empfehlen würde, zu einem Vorstoß, der uns mit großer Wahrscheinlichkeit ein ernstes Gefecht eintragen würde, das II. Geschwader mitzunehmen. Ich ließ es Anfang Mai vorübergehend auf die Jade kommen, um mit dem Geschwaderchef das Verhalten in der Schlacht unter den verschiedensten Lagen zu besprechen. Für Zurücklassung oder Mitnahme dieses Verbandes sprachen sowohl 13* militärische Gründe wie Rücksichten auf das Ehrgefühl und die Stimmung der Besatzungen mit, die nichts davon wissen wollten, mit ihren Schiffen in die zweite Klasse herabgesetzt zu werden. Die ausschließliche Beschränkung der Tätigkeit eines Linienschiffsverbandes auf den Bewachungsdienst der deutschen Bucht, ohne Aussicht, an den Feind zu kommen, trotzdem sich die Erwartung schon seit eineinhalb Jahren hierauf richtete, mußte unzweifelhaft bittere Enttäuschung hervorrufen: noch größer aber war die Verantwortung, die Schiffe in einen ungleichen Kampf zu führen, zu dem der Gegner nur sein bestes Schiffsmaterial aufbieten würde. Ich will nicht in Abrede stellen, daß außer dem beredten Eintreten des Geschwaderchefs Konteradmiral Mauve meine frühere Zugehörigkeit zum II. Geschwader mich auch bewog, den Schiffen die Enttäuschung nicht zu bereiten, sie zurückzulassen. So kam es, daß sie am kommenden 31. Mai mit dabei gewesen sind. Ich hatte diesen Entschluß durch den Nutzen, den das II. Geschwader gebracht hat, nicht zu bereuen. Die Fertigstellung der am 24. April beschädigten „Seyd- litz" zog sich bis gegen Ende Mai hin, weil die Reparatur der Torpedoarmierung in dem durch die Minen getroffenen Raum schwierige Arbeiten nötig machte. Auf die Mitnahme dieses Panzerkreuzers wollte ich aber keinesfalls verzichten, obgleich der B. d. A. Vizeadmiral Hipper, seine Flagge inzwischen auf dem neu fertiggestellten Panzerkreuzer „Lützow", Kommandant Kapitän zur See Harder (früher auf „Stralsund"), gesetzt hatte. Auch hatten die Schiffe des III. Geschwaders noch mit Klmdeiisalorreparaturen zu tun, da auf der letzten Fahrt allein sieben Ausfälle von Maschinen bei diesem Geschwader eingelreten waren. Dabei Halle sich zwar der Vorteil der drei Maschinen, die jedes dieser Schiffe hat, darin gezeigt, daß sie den vorhandenen Dampf in den beiden ändern Maschinen fast bis zur Höchstgeschwindigkeit ausnutzen konnten, aber auch cin konstruktiver Nachteil der Maschinenanlage war 1S6 dabei sehr in Erscheinung getreten, der leider der engen Raumverhältnisse wegen nicht abzustellen war. Bei solchen Vorkommnissen war es nicht möglich, den aus der Maschine mit leckem Kondensator kommenden Dampf einem der beiden anderen Kondensatoren zuzuführen und dadurch die Maschine selbst in Betrieb zu halten. Cs war ein unbehagliches Gefühl, mit dieser Schwäche auf unseren stärksten Einheiten, über welche die Flotte verfügte, rechnen zu müssen. Wie leicht konnte ein schlimmer Zufall auch zwei Leckagen in verschiedenen Kondensatoren hervorrufen, und dann hatte man ein lahmes Schiff im Verbände. Die Absicht für die nächste Unternehmung war eine Beschießung der Befestigungen und Werke des Hafens von Sunderland, dessen Lage etwa auf der Mitte der englischen Ostküste ein Erscheinen von englischen Streitkräften, das von Mr. Balfour verheißen war, wohl sicher nach sich ziehen mußte. Der darüber am 18. Mai ausgegebene Befehl besagte: „Die Beschießung von Sunderland durch unsere Kreuzer soll den Feind zum Vorschieben von Streitkräften gegen uns nötigen. Zum Angriff auf den vorstoßenden Gegner stehen die Hochseestreitkräfte südlich der Doggerbank, und U-Boote in Angriffsstellung an der englischen Ostküste. Die feindlichen Ausfallhäfen werden durch Minen verseucht werden. Das Marinekorps unterstützt die Unternehmungen mit seinen U-Booten. Auf der Fahrt ist, soweit Zeit und Umstände es gestatten, Handelskrieg zu führen." Den T-Flottillen waren von den Linienfchiffsgeschwadern Prisenkommandos gegeben, weil zur Untersuchung von Fahrzeugen die Torpedoboote in erster Linie in Betracht kamen, aber selbst nicht genügend Personal abgeben konnten, um angetroffene Schiffe nach unseren Häfen einbringen zu lassem Dem B. d. A. wurde die I. und II. Aufklärungsgruppe zur Verfügung gestellt, der 2. Führer der Torpedoboote mit der II., VI. und IX. Flottille. Beim Gros befand sich die IV. Aufklärungsgruppe und der Rest der Flottillen.‡‡‡‡‡) Zur Einnahme der Angriffsstellungen waren von unseren U-Booten sechzehn, von den Flandern-Booten sechs bis acht vorgesehen. Sie hatten am 15. Mai eine Streife durch die Nordsee angetreten und sollten vom 23. ab bis einschließlich 1. Juni in den angewiesenen Stellungen bleiben, um Beobachtungen über die Bewegungen englischer Streitkräfte zu machen, die der Flotte bei ihrem Vorstoß von Wert sein konnten, sonst aber jede Gelegenheit zum Angriff benutzen. Es war ferner für die Unternehmung auf Luftaufklärung durch eine möglichst große Zahl unserer Luftschiffe gerechnet. Das Auslegen der U-Boote bis zu einem bestimmten Zeitpunkt setzte der Ausführung des Plans seine Grenze. Wurde die Luftaufklärung unmöglich, so mußte zur Ausnutzung der U-Boote ein neuer Plan ausgestellt werden, bei dem auf die Luftaufklärung verzichtet werden konnte. Als von Tag zu Tag das ungünstige Wetter anhielt, und der Befehlshaber der Luftschiffe immer wieder melden mußte, er könne kein Luftschiff aufsteigen lassen, wurde unter Beibehaltung aller übrigen Vorbereitungen die eigene Absicht dahin geändert, einen Kreuzer- und Handelskriegszug vor und im Skagerrak auszuführen, in der Erwartung, daß der Feind vom Erscheinen unserer Kreuzer in den dortigen Gewässern Kenntnis erhalten würde. Sie hatten zu diesem Zweck noch Auftrag erhalten, sich in Sicht der norwegischen Küste zu zeigen, um dem Feind diese Kunde zukommen zu lassen. Bei der weiteren Darstellung des Verlaufs dieser Unternehmung, die zu der Schlacht vor dem Skagerrak führte, halte ich mich streng an meinen darüber erstatteten dienstlichen Bericht. Bei der Beurteilung des Verhaltens möge man sich vergegenwärtigen, daß einFührer zurSee seineHandlungs- weise nach den Eindrücken richtet, die durch die Vorgänge bei ihm entstehen. Diese können Jrrtümer enthalten, die erst später durch Meldungen der eigenen Schiffe oder wertvolle Ergänzungen durch die Darstellung derGegenpartei aufgeklärt werden können. Die Kunst des Führens besteht darin, sich aus den momentan erhaltenen Eindrücken ein annähernd richtiges Bild zu machen und danach zu handeln. Der Historiker kann dann die taktischen Folgerungen ziehen, wo offenbare Fehler gemacht sind oder eine bessere Erkenntnis der Lage einen Entschluß geboten hätte, der größere Vorteile verspracht. Auch hierbei wird eine gewisse Zurückhaltung am Platze sein, wenn man behaupten will, daß eine andere Bewegung „unbedingt" erfolgreicher gewesen wäre, denn beim Erfolg spielt die Waffenwirkung die Hauptrolle, und die läßt sich nicht mathematisch bestimmen. Ich erinnere an den einen Treffer, der am 24. Januar 1915 unserem Panzerkreuzer „Seydlitz" so großen Schaden zufügte, daß man daraus glaubte folgern zu müssen, diese Schiffe könnten nur wenig Treffer schweren Kalibers vertragen, und doch bewies die kommende Schlacht das Gegenteil. Ein guter Treffer kann allerdings das Schicksal eines Schiffes, selbst des stärksten, besiegeln. Eine Seeschlacht kann wohl der Kritik unterzogen werden, warum es so kam, aber wenn man behaupten will, wie es hätte anders kommen können, so steht das auf schwachen Füßen. 1. Der Vormarsch§§§§§) Als am 30. Mai nachmittags die Möglichkeit einer weit vorgeschobenen Luftschiffaufklärung noch immer als unsicher angesehen wurde, entschloß ich mich zum Vorgehen in der Richtung nach dem Skagerrak, weil die Nähe der jütischen Küste hierbei eine gewisse Deckung gegen Überraschungen bot. Für den Vorstoß nach Nordwesten gegen Sunderland war weitgehende Luftaufklärung unerläßlich, da er in ein Seegebiet führte, in dem wir uns gegen unseren Willen nicht zur Schlacht stellen lassen durften. Da auf dem jetzt eingeschlagenen Kurse die Entfernung von den feindlichen Stützpunkten erheblich größer war, blieb die Luftschiffaufklärung zwar erwünscht, war aber nicht unbedingt notwendig. Wie schon erwähnt, waren unsere U-Boote in Stellung, und zwar einige vor Scapa Flow, ein Boot vor dem Moray Firth, eine größere Anzahl vor dem Firth of Forth, mehrere vor dem Humber und der Rest nördlich von der Terschelling-Bank, um gegen etwaige, aus südwestlicher Richtung herankommende Streitkräfte in Tätigkeit treten zu können. Die Zusammensetzung unserer gesamten irgendwie beteiligten Streitkräfte war folgende: m ° ^ - Lerzelchnis der Kriegsschiffe usw., die am 31. Mai bis 1. Juni 1916 an der Skagerrak-Schlacht und den damit zusammenhängenden Operationen teilgenommen haben. Flottenchef: Vizeadmiral Scheer auf S.M.S. „Friedrich der Große". Chef des Stabes: Kapitän zur See v. Trotha (Adolf). Chef der Operationsabteilung: Kapitän zur See v. Levetzow. 1. Admiral st absoffizier: Freg.-Kapt. Quaet-Faslem (Hans). „Friedrich der G r o ß e" - K o m m a n d a n t: Kapitän zur See Fuchs (Theodor). I. Geschwader. Chef des I. Ge sch waders: Vizeadmiral Ehrhard Schmidt, S.M.S. „Ostfriesland". 1. Admiral st absoffizier: Korv.-Kapt. Wegener (Wolfgang). 2. Admiral: Konteradmiral Engelhardt, S.M.S. „Posen". S.M.S. „Ostfriesland" Kommandant: Kapitän zur See von Natzmer. S.M.S. „Thüringen" Kommandant: Kapitän zur See Küsel (Hans). S.M.S. „Helgoland" Kommandant: Kapitän zur See von Kameke. S.M.S. „Oldenburg" Kommandant: Kapitän zur See Höpfner. S.M.S. „Posen" Kommandant: Kapitän zur See Lange. S.M.S. „Rheinland" Kommandant: Kapitän zur See Rohardt. S.M.S. „Nassau" Kommandant: Kapitän zur See Klappenbach (Hans). S.M.S. „Westfalen" Kommandant: Kapitän zur See Redlich. II. Geschwader. Chef des II. Geschwaders: Konteradmiral Mauve, S.M.S. „Deutschland". Admiral st absoffizier: Korv.-Kap. Kahlert. Admiral: Kontreadmiral Freiherr von Dalwigk zu Lichtenfels, S.M.S. „Hannover". S.M.S. „Deutschland" Kommandant:än zur See Meurer (Hugo). S.M.S. „Pommern" Kommandant: Kapitän zur See Bölken. S.M.S. „Schlesien" Kommandant:än zur See Vehncke (Fr.). S.M.S. „Schleswig Holstein" Kommandant: Kapitän zur See Varrentrapp. S.M.S. „Hannover" Kommandant: Kapitän zur See Heine (Wilh.) S.M.S. „Hessen" Kommandant: Kapitän zur See Bartels (Rudolf). 2N1 III. Geschwader. Chefdes III. Geschwaders: Konteradmiral Behncke S.M.S. „König". 1. Admiral st absoffizier: Korv.-Kapt. Freiherr von Gagern. 2. Admiral: Konteradmiral Nordmann S.M.S. „Kaiser". S.M.S. „König" Kommandant: Kapitän zur See Brüninghaus. S.M.S. „Großer Kurfürst" Kommandant: Kapitän zur See Eoette (Ernst). S.M.S. „Markgraf" Kommandant: Kapitän zur See Seiserling. S.M.S. „Kronprinz" Kommandant: Kapitän zur See Feldt (Constanz). S.M.S. „Kaiser" Kommandant: Kapitän zur See Freiherr von Kayserling. S.M.S. „Prinzregent Luitpold" Kommandant: Kapitän zur See Heuser (Karl). S.M.S. „Kaiserin" Kommandant: Kapitän zur See Sievers. Befehlshaber der Ausklärungsstreitkräfte: Vizeadmiral Hipper, S.M.S. „Lützow". Admiral st absoffizier: Korv.-Kapt. Raeder (Erich). I. Aufklärungsgruppe: S.M.S. „Seydlitz" Kommandant: Kapitän zur See von Egidy (Moritz). S.M.S. „Moltke" Kommandant: Kapitän zur See von Karpf. S.M.S. „Derfflinger" Kommandant: Kapitän zur See Hartog. S.M.S. „Lützow" Kommandant: Kapitän zur See Harder. S.M.S. „von der Tann" Kommandant: Kapitän zur See Zenker. Führer der II. Aufklärungsgruppe: Kontreadmiral Boedicker, S.M.S. „Frankfurt". Admiral st absoffizier: Kapitänleutnant Stapenhorst. II. Aufklärungsgruppe: S.M.S. „Pillau" Kommandant: Fregattenkapitän Mommsen. S.M.S. „Elbing" Kommandant: Fregattenkapitän Madlung. S.M.S „Frankfurt" Kommandant: Kapitän zur See von Trotha (Thilo). S.M.S. „Wiesbaden" Kommandant: Kapitän zur See Reiß. S.M.S. „Rostock" Kommandant: Fregattenkapitän Feldmann (Otto). S.M.S. „Regensburg" Kommandant:än Heuberer. Führer der IV. Aufklärungsgruppe: Kommodore Kapitän zur See von Reuter, S.M.S. „Stettin". Admiral st absosfizier: Korv.-Kapt. Weber (Heinrich). IV. Aufklärungsgruppe: S.M.S. „Stettin" Kommandant: Fregattenkapitän Rebens- burg (Friedr.). S.M.S. „München" Kommandant: Korvettenkapitän Böcker (Oskar). S.M.S. „Frauenlob" Kommandant: Fregattenkapitän Hoff- mann (Georg). S.M.S. „Stuttgart" Kommandcmt:Fregattenkapitän Hagedorn S.M.S. „Hamburg" Kommandant: Korvettenkapitän v. Gaudecker. Torpedobootsflottillen: Führer der Torpedoboots st reitkräfte: Kommodore Kapt. z. S. Michelfen, S.M.S. „Rostock". Admiral st absoffizier: Korv. - Kapt. Junkermann Führer der Torpedoboots st reitkräfte: Kommodore Kapt. z. S. Heinrich, S.M.S. „Regensburg". Chef der I. Flottille: I. V. Kapitänleutnant Conrad Albrecht, S.M.T. „6 39". Chef der 1. Halbflottille: Kapitänleutnant Conrad Mbrecht, S.M.T. „6 39". Chef der II. Flottille: Fregattenkapitän Schuur, S.M.T. „L 98". Chef der 3. Halbflott.: Korvettenkapitän Boest, S.M.T. „0101". Chef der 4. Halbflott.: Korvettenkapitän Dithmar (Adolf), SMT. „L 109". Chef der 1II.F l o t t i l l e: Korvettenkapitän Hollmanw S.M.T. „8 53". Chef der 5. Halbflott.:änleutnant Gautier, S.M.T. „V 71". Chef der 6. Halbflott.:änleutnant Karlowa, S.M.T. „8 54". Chef der V. Flottille: Korvettenkapitän Heinecke, S.M.T. „v 11". Chef der 9. Halbflott.: I. V. Kapitänleutn. Hoefer, S.M.T. „V 2". Chef der 10. Halbflott.:änleutnant Klein (Friedr.), S.M.T. „O 8". Chef der VI. Flottille: Korvettenkapitän Max Schultz, S.M.T. „O 41". Chef der 11. Halbflott.: Kapitänleutnant Rümann (Wilhelm), S.M.T. „V 44". Chef der 12. Halbflott.: Kapitänleutnant Lahs, S.M.T. „V 69". Chef der VII. Flottille: Korvettenkapitän v. Koch, S.M.T. „8 24". Chef der 13. Halbflott.: Kapitänleutnant v. Zitzewitz (Gerhard), S.M.T. „8 15". Chef der 14. Halbflott.: Korvettenkapitän Cordes (Hermann), S.M.T. „8 19". Chef der IX. Flottille: Korvettenkapitän Goehle, S.M.T. „V 28". Chef der 17. Halbflott.: Kapitänleutnant Ehrhardt, S.M.T. „V 27". Chef der 18. Halbflott.: Korvettenkapitän Tilleßen (Werner), S.M.T. „V 30". Unterseeboote: Führer der Unterseeboote: Fregattenkapitän Bauer, S.M.S. „Hamburg". Admiral st absoffizier: Korvettenkapitän Lützow (Friedrich). „II 24" Kommandant: Kapitänleutnant Schneider (Rudolf). „II 32" Kommandant: Kapitänleutnant Freih. Spiegel von und zu Peckelsheim. „H 63" Kommandant: Kapitänleutnant Schultze (Otto). „v 66" Kommandant: Kapitänleutnant von Bothmer. „II 70" Kommandant: Kapitänleutnant Wünsche. „H 43" Kommandant: Kapitänleutnant Jürst. „H 44" Kommandant: Kapitänleutnant Wagenführ. „II 52" Kommandant: Kapitänleutnant Walther (Hans). „H 47" Kommandant: Kapitänleutnant Metzger. „H 46" Kommandant: Kapitänleutnant Hillebrand (Leo). „II 22" Kommandant: Kapitänleutnant Hoppe. „H 19" Kommandant: Kapitänleutnant Weißbach (Raimund). „I11> 22" Kommandant: Oberleutnant z. S. Putzier. „IIL 21" Kommandant: Kapitänleutnant Hashagen (Ernst). „II 53" Kommandant: Kapitänleutnant Rose. „H 64" Kommandant: Kapitänleutnant Morath (Robert). Luftschiffe: „1^ 11" Kommandant: Korvettenkapitän Schütze (Viktor). „1^ 17" Kommandant: Kapitänleutnant Ehrlich (Herbert). 14" Kommandant: Kapitänleutnant d. R. Böcker. „L 21" Kommandant:änleutnant d. R. Dietrich (Max). „I, 23" Kommandant:änleutnant v. Schubert. „L, 16" Kommandant: Kapitänleutnant Sommerfeldt. „L, 13" Kommandant:änleutnant d. R. Prölß. „L, 9" Kommandant:z. D. Stelling. „I- 22" Kommandant: Kapitänleutnant Dietrich (Martin). „L 24" Kommandant Kapitänleutnant Koch (Robert). Der B. d. A. Vizeadmiral Hipper erhielt Befehl, mit seinen Streitkräften am 31. Mai morgens 4 Uhr die Jade zu verlassen und aus Sicht von Hornsriff unv der dänischen Küste nach dem Skagerrak vorzustoßen, sich vor Dunkelwerden an der norwegischen Küste zu zeigen, in der Nacht im Skagerrak zu kreuzen und am ändern Tage mittags wieder mit dem Gros zusammenzutreffen. Die ihm unterstellten Schiffe und Fahrzeuge bestanden aus der I. und II. Aufklärungsgruppe. Zugeteilt war der letzteren der Kleine Kreuzer „Regensburg", Flaggschiff des zweiten Führers der Torpedoboote. Diesem unterstanden: die II. Flottille, VI. Flottille und IX. Flottille. Das Gros, bestehend aus dem I., II. und III. Geschwader der IV. Aufklärungsgruppe, dem 1. F. d. T. auf „Rostock" und der I., II., V. und VII. Torpedoflottille, sollte 4 Uhr 30 Min. vormittags folgen, die Aufklärungsstreitkräfte während der Unternehmung decken und am 1. Juni aufnehmen. Die Marsch- vrdnung der Linienschiffe war: III. Geschwader vorn, dahinter folgend I. und am Schluß II. Geschwader. Beim III. Geschwader fehlte „König Albert", der venige Tage vorher wieder mit einer Kondensatorhavarie zu- ,ammengebrochen war. Trotz Ausfalls dnser wichtigen Einheit hatte ich mich aber nicht entschließen können, die Unternehmung weiter ZU'verschieben/'Und wollte lieber auf dieses Schiff verzichten. Beim II. Geschwader fehlte „Preußen", welche dem O. d. O.******) zur Verfügung gestellt war als Wacht- schiff für den Südausgang des Sundes. „Lothringen" war bereits außer Dienst gestellt. Zu den Linienschiffen gehörte die IV. Aufklärungsgruppe und der Führer der Torpedoboote auf dem Kleinen Kreuzer „Rostock" mit der I., II., V. und .VII. Torpedobootsflottille. Westlich der Amrumbank war durch die Minensuch- formationen ein Weg durch die feindlichen Minenfelder abgesucht, der die Hochseestreitkräfte sicher in die freie See führte. Das Wetter war sichtig, leichter nordwestlicher Wind, kein Seegang. Um ^8 vormittags meldete „II 32" etwa 70 Meilen östlich des Firth of ^'orth zwei Großkampffchiffe, zwei Kreuzer und mehrere Torpedoboote mit südöstlichem Kurs. Um 8 Uhr 30 kam ein weiterer Funkspruch, daß nach Wahrnehmung des englischen F.T.-Verkehrs zwei große Kriegsschiffe oder Verbände mit Zerstörern aus Scapa Flow ausgelaufen seien. Um 8 Uhr 48 vormittags kam noch eine dritte Meldung von „II 66", daß es etwa 60 sm östlich Kinnairel acht feindliche Großkampfschiffe, Kleine Kreuzer und Torpedoboote mit nordöstlichem Kurs gesichtet habe. Diese Meldungen gaben kein Bild von den Absichten des Feindes. Die verschiedenartige Stärke der einzelnen Flottenteile und ihre auseinander führenden Kurse ließen einstweilen weder auf ein operatives Zusammenarbeiten noch aus ein Vorgehen gegen die deutsche Bucht noch auf irgendwelche Beziehung zu unserer Unternehmung schließen, wohl aber gaben sie die Mög- lichkeit, daß unser Plan, einzelne Teile des Gegners zu treffen gelingen könne. Sie konnten uns daher nur bestärken, m. unserem Vorhaben festzuhalten. Zwischen 2 und 3 Uhr nach mittags stiegen nacheinander „I, 9", „1^ 14", „L, 16", „I. 21" und „1^ 23" zur Fernaufklärung im Sektor Nord bis West von Helgoland auf. Zur Mitwirkung bei der sich bald darauf entwickelnden Schlacht sind sie nicht gekommen, haben auch nichts vom eigenen Gros und vom Feinde gesehen und nichts von der Schlacht gehört. > 2. Der erste Gefechksabschnikt: Das kreuzergefechl 4 Uhr 28 nachmittags meldete das Führerboot der 4. Tpbt.-Halbflottille B. 109, das von „Elbing", dem westlichen Flügelkreuzer der Marschsicherung des B. d. A. zur Untersuchung eines Dampfers entsandt war, etwa 90 sw westlich Bovbjerg einzelne feindliche Streitkräfte. Diesem Dampfer ist das Zusammentreffen zu verdanken; unsere Marschsicherung wäre vielleicht an den englischen Kreuzern vorbeigestoßen, wenn sich das Torpedoboot nicht zu dem Dampfer begeben hätte, wobei es auf die Rauchsäulen des Feindes im Westen aufmerksam wurde. V» " ^ Marschsicherung des B. d. A. Der Feind, acht Kleine Kreuzer der „Caroline"-Klaffe, bog, als er unserer Streitkräfte ansichtig wurde, sofort nach Norden ab. Admiral Bödicker nahm mit seinen Kreuzern die Verfolgung auf. Hierbei sichtete der B. d. A. 5 Uhr 20 nachmittags m westlicher Richtung zwei Kolonnen großer Schiffe mit östlichem Kurs. Sie stellten sich bald heraus als sechs Schlachtkreuzer, davon drei vom Typ „Lion", ein „Tiger", zwei „Jndefatigables" und zahlreiche leichte Streitkräfte. Der B. d. A. rief die nördlich von ihm jagende II. Aufklärungs- gruppe zurück und ging zum Angriff vor. Der Feind entwickelte sich nach Süden zur Gefechtslinie. Es war Vizeadmiral Beatty mit dem ersten und zweiten englischen Schlacht- Kreuzergeschwader, den Schiffen „Lion", „Princeß Royal", „Queen Mary", „Tiger", „New Zealand" und „Indefatigable". Die Entwicklung des Gegners in südlicher Richtung war außerordentlich willkommen, da sie die Möglichkeit bot, den Feind auf das eigene Gros zu ziehen. Der B. d. A. folgte daher der Bewegung, staffelte auf wirkungsvolle Schußentfernung hinan und eröffnete 5 Uhr 49 nachmittags auf etwa 130 Km das Feuer. Das Gefecht wurde auf südöstlichem Kurse geführt. Der B. d. A. hielt den Feind auf wirkungsvoller Entfernung. Die Batterien lagen gut am Ziel. Auf allen feindlichen Schiffen wurden Treffer beobachtet. Bereits 6 Uhr 13 Min. nachmittags sank der in der Linie der feindlichen Kreuzer an letzter Stelle stehende Panzerkreuzer („Jndefatigable") im Feuer von „Von der Tann" unter gewaltiger Detonationserscheinung. Feuerüberlegenheit und taktischer Stellungsvorteil waren entschieden auf unserer Seite, bis 6 Uhr 19 Min. nachmittags aus nordwestlicher Richtung ein neuer Verband von vier oder fünf Schiffen der Queen Elizabeth"-Klasse mit beträchtlichem Geschwindigkeitsüberschuß auflief und auf etwa 200 lim beginnend in das Gefecht eingriff. Es war dies das V. englische Schlachtgeschwader.††††††) Hierdurch wurde die Lage unserer Kreuzer kritisch. Der neue Gegner schoß bemerkenswert schnell und gut. Letzteres um so mehr, als er fast keine Gegenwirkung fand und finden konnte. Denn unsere Panzerkreuzer waren vollauf durch die Schiffe des Admiral Beatty in Anspruch genommen. 6 Uhr 26 Min. nachmittags betrug die Gefechtsentfernung zwischen den beiderseitigen Panzerkreuzern etwa 120 Inn, zwischen unseren Panzerkreuzern und den Queen Elizabeths etwa 180 km. Von den Flottillen des B. d. A. befand sich zu dieser Zeit nur die IX. T-.-Flottille in Angriffsstellung. Der zweite F. d. T. Kommodore Heinrich auf „Regensburg" und einige Boote der II. T.-Flottille standen, mit äußerster Kraft aufdampfend, etwa querab von der Spitze des B. d. A. Die Kreuzer der II. Aufklärungsgruppe mit dem Rest der T.-Flottillen waren von den Queen Elizabeths zum Ausholen nach Osten gezwungen, um sich ihrem Feuer zu entziehen, und hatten deshalb trotz äußerster Bean- spruchung der Maschinen ihre Posten an der Spitze der Panzerkreuzer noch nicht erreichen können. Der zweite F. d. T. befahl, der Lage entsprechend, der IX. T.-Flottille, deren Chef Korvettenkapitän Goehle bereits aus eigener Entschließung zum Angriff ansetzte, zur Entlastung der Panzerkreuzer vorzugehen. Die IX. T.-Flottille lief gegen 6 Uhr 30 Min. nachmittags in schwerem feindlichen Feuer zum Angriff an. Es fielen zwölf Torpedoschüsse auf die feindliche Linie auf Entfernungen zwischen 95—80 km. Den Angriff näher an den Feind heranzutragen, war unmöglich, da gleichzeitig mit der IX. T.-Flottille 15—20 englische Zerstörer, gedeckt durch Kleine Kreuzer, zum Gegenangriff und zur Abwehr unserer Torpedoboote anliefen. Es kam zum Torpedoboot-Kampf auf nächste Entfernung (1000—1500 m). „Regensburg" mit den bei ihr befindlichen Booten der II. T.-Flottille und die Mittelartillerie der Panzerkreuzer griffen in den Kampf ein. Der Feind drehte nach etwa 10 Minuten ab. Auf unserer Seite sanken durch Tres- IL* fer schweren Kalibers „V 27" und „V 29". Die Besatzungen beider Boote wurden von „V 26" und „8 35" im feindlichen Feuer geborgen. Auf feindlicher Seite wurden zwei, vielleicht auch drei Zerstörer zum Sinken gebracht, zwei weitere so schwer beschädigt, daß sie liegen blieben und später unserem herannahen Gros zum Opfer fielen. Der Feind machte keinen Versuch, die Besatzung seiner Boote zu bergen. Während des Torpedobootsangriffs hielt die erste Aufklärungsgruppe mit der schweren Artillerie die englischen Panzerkreuzer wirkungsvoll fest und staffelte gleichzeitig vor den in großer Zahl von der IX. T.-Flottille bemerkten feindliche Torpedos ab, so daß keiner sein Ziel erreichte. Gegen 6 Uhr 30 Min. nachmittags wurde auf dem dritten feindlichen Panzerkreuzer („Queen Mary") eine gewaltige Detonation beobachtet. Als die Spreng- wolke in sich zusammensank, war der Kreuzer verschwunden. Ob die Vernichtung durch die Artillerie oder einen Torpedo der Panzerkreuzer oder einen Torpedo der IX. T.-Flottille erfolgte, muß dahingestellt bleiben, wahrscheinlich ist sie das Werk der Artillerie, die auf dem feindlichen Schiff eine Explosion von Munition oder Öl hervorgerufen hat. — Die Vernichtung dieser beiden Panzerkreuzer wurde mir erst im i!aufe der Nacht bekannt. — Der Angriff der IX. Flottille hatte jedenfalls den Erfolg gehabt, daß das Feuer des Feindes zeitweilig aussetzte. Dies benutzte Admiral Hipper dazu, die Panzerkreuzer durch Schwenkung auf nordwestlichen Kurs zu führen und sich so die Führung an der Spitze der Kreuzer in dem neuen Eefechtsabschnitt zu sichern. Unmittelbar nach dem Torpedobootsangriff war nämlich das deutsche Gros auf dem Kampsplatz erschienen, gerade rechtzeitig, um den Auf- klärungsstreitkräften im Kampfe gegen erhebliche Übermacht Hilfe bringen zu können. 3. Der zweite Gesechlsabschnilt: Die Verfolgung Das Gros in Flottenkiellinie in der Reihenfolge III., I., II. Geschwader, Flottenflaggschiff an der Spitze des I. Ge- schwaders, auf Nordkurs mit 14 sm Fahrt marschierend — Schiffsabstand 7 bw, Geschwaderabstand 35 lim, die Torpedoboote als U-Boot-Sicherung um die Geschwader, die Kleinen Kreuzer der IV. Aufklärungsgruppe als Marschsicherung um das Gros verteilt — erhielt 4 Uhr 28 Min. nachmittags‡‡‡‡‡‡), etwa 50 sin westlich Lyngoig, an der jütischen Küste, die erste Nachricht über das Sichten feindlicher leichter Streitkräfte und 5 Uhr 35 Min. die erste Meldung, daß schwere Streitkräfte gesichtet seien. Der Abstand zwischen B. d. A. und dem Gros betrug zu dieser Zeit etwa 50 sm. Auf diese Meldung hin wurde zur Gefechtslinie aufgeschlossen (d. H. die Geschwaderabstände auf 1000 m, die Schiffsabstände auf 500 w verringert) und klar Schiff zum Gefecht befohlen. Der Flottenchef ist in der Gefechtslinie an keinen bestimmten Platz gebunden. Wenn es sich um die Führung mehrerer Geschwader handelt, empfiehlt es sich nicht, den Platz an der Spitze der Linie einzunehmen, weil sich nicht übersehen läßt, nach welcher Richtung die Gefechtsentwicklung stattfinden wird, da dies von den Bewegungen des Feindes abhängt. Bei Bindung an einen jolchen Platz könnte es Vorkommen, daß der Flottenchef, statt an die Spitze seiner gesamten Linie, an ihren Schluß kommt. Ein Platz in der Mitte oder auf einem Drittel der Linie (je nach der Zahl der Verbände) ist vorteilhafter. Für den Gang der Ereignisse hat sich der von dem Flottenflagg- Richtung eingenommene Platz des achten Schiffs der Linie jedenfalls sehr bewährt. Ich konnte während der ganzen Zeit der Gefechtsführung die volle Übersicht über die Linie behalten und die Signale von dieser Stelle aus schnell nach beiden Richtungen hin durch die Linie durchbringen. Da die Gefechtslinie der Linienschiffe über 10 kw lang war, hätte ich von einem Flügel aus, namentlich unter schwerem feindlichem Feuer, meine ganze Linie nicht übersehen können. Die 5 Uhr 45 Min. nachmittags eingehende Meldung des B. d. A., daß er auf südöstlichem Kurs im Gefecht mit sechs feindlichen Panzerkreuzern stünde, zeigte, daß es gelungen war, einen Teil des Feindes zu stellen und kämpfend auf unser Gros zu ziehen. Aufgabe des Gros war es nunmehr, den materiell schwächeren Panzerkreuzern so schnell wie möglich Entlastung zu bringen und zu versuchen, dem Gegner einen vorzeitigen Rückzug zu verlegen. Ich ging deshalb 6 Uhr Minuten auf Kurs NW und 15 sm Fahrt und eine Viertelstunde später auf Kurs W, um den Feind, der sich mit seinem südlichen Kurse zwischen unsere Linie und die der Panzerkreuzer hineinschieben sollte, zwischen zwei Feuer zu bringen. Während das Gros noch in der Kursänderung war, meldete die II. Aufklärungsgruppe das Eingreifen eines englischen Linienschiffsverbandes von fünf Schiffen (nicht vier!). Die Lage der 1. Aufklärungsgruppe, die nunmehr sechs Panzerkreuzern und fünf Linienschiffen gegenüberstand, konnte kritisch werden. Es kam folglich alles darauf an, sobald wie möglich die Vereinigung mit ihr herzustellen. Es wurde deshalb auf N- Kurs zurückgeschwenkt. Das Wetter war außerordentlich sichtig, klarer Himmel, leichte Briese aus NW, die See ruhig, Uhr 32 Min. nachmittags kamen die kämpfenden Linien in Sicht. 6 Uhr 45 Min. nachm. konnte das III. und I. Geschwader Feuer eröffnen, während der B. d. A. mit den ihm zugeteilten Streitkräften sich an die Spitze des Gros setzte. Die leichten feindlichen Streitkräfte drehten sofort nach Westen und, sobald sie außer Schußbereich waren, nach Norden ab. Ob das Feuer unserer Linienschiffe ihnen in der kurzen Zeit der Beschießung Abbruch getan hat, ist fraglich. Durch ihr planloses Durcheinanderfahren wurde der Eindruck hervorgerufen, daß unsere Geschosse sie erreichten und ihnen das Auftreten unserer Linienschiffe höchst überraschend kam, so daß sie nicht wußten, wohin sie sich wenden sollten. Die englischen Panzerkreuzer schwenkten auf NW-Kurs. Die Queen Elizabeths folgten in ihrem Kielwasser und übernahmen dadurch die Deckung dieser hart mitgenommenen Kreuzer. Aber sie näherten sich auf diese Weise auch ganz erheblich unserem Gros, so daß wir auf brauchbare Schußentfernung von 17 km und darunter herankamen. Während die beiden Verbände der Engländer sich aneinander vorüberzogen und dadurch gegenseitig überdeckten, griff 6 Uhr 49 Min. nachmittags der Chef der VI. T-Flottille, Korvettenkapitän Max Schultz, mit der 11. T.-Halbslottille an. Der Erfolg konnte nicht beobachtet werden. Der nun folgende Gefechtsabschnitt gestaltete sich zu einem Verfolgungsgefecht: Unsere Aufklärungsstreitkräfte suchten den feindlichen Schlachtkreuzern, unser Gros den Queen Elizabeths auf den Fersen zu bleiben. Hierzu wurde divisionsweise bis auf NW-Kurs mit höchster Fahrt auf den Feind zugestaffelt. Unsere Linienschiffe des III. Geschwaders entwickelten dabei über 20 Knoten Geschwindigkeit, die auch von der vor mir stehenden „Kaiserin" gut eingehalten wurde. Sie hatte gerade noch vor Eröffnen des Feuers eine Kondensatorhavarie beseitigen können. Auf „Friedrich der Große" (dem Flottenflaggschiff) wurden andauernd Umdrehungen für 20 Knoten gemacht. Den feindlichen Panzerkreuzern gelang es trotzdem bald nach 7 Uhr, sich dem Feuer der I. Aufklärungsgruppe zu entziehen. Auch die Queen Elizabeths gewannen derart an vorlicher Stellung, daß sie nur noch von den Schiffen der I. Aufklärungsgruppe und der 5. Division (1. Hälfte des tH. Geschwaders) unter Feuer gehalten werden konnten. Die Hoffnung, daß eins der gejagten Schiffe, lahm geschossen, Zurückbleiben und dem Gros zum Opfer fallen würde, erfüllte sich nicht, obgleich gute Feuerwirkung erzielt und 7 Uhr 30 Min. nachmittags beobachtet wurde, daß ein L16 Schiff der „Queen Elizabeth"-Klaffe nach mehreren Treffern abdrehte und sich mit geringer Fahrt und starker Schlagseite nach Feuerlee aus dem Gefecht zog. Den Schiffen des Gros war es einstweilen nur beschieden, zwei moderne Zerstörer („Nestor" und „Nomad"), die beim Angriff der IX. T.-Flottille lahmgeschossen waren und überholt wurden, zu versenken. Die Besatzungen wurden zu Gefangenen gemacht. Als 7 Uhr 20 Min. nachmittags auch das Feuer der I. Aufklärungsgruppe dnd der Schiffe der 5. Division schwächer zu werden schien, stand die Flottenführung unter dem Eindruck, daß dem Feind das Entkommen gelinge, und gab deshalb an den B. d. A. den Befehl, und damit auch für alle Streitkräfte die Parole: „Die Verfolgung aufnehmen." Das anfangs klare Wetter war inzwischen weniger sichtig geworden. Der Wind war von NW über W nach SW herumgegangen. Der Pulver- und Schornsteinrauch klebte auf dem Wasser und benahm von Norden bis Osten die Aussicht. Die eigenen Aufklärungsstreitkräfte waren nur für Augenblicke auszumachen. Durch die überlegene Geschwindigkeit der Kreuzer Beattys waren die unsrigen, als sie den Befehl zur Verfolgung erhielten, von den feindlichen Schlachtkreuzern und leichten Streitkräften bereits überflügelt und mußten ihnen, um die Fühlung nicht zu verlieren, auf dem inneren Bogen folgen und auf die vom Feinde eingeschlagene Kursrichtung eingehen. Die beiden Kreuzerlinien schwenkten auf konzentrischen Bögen allmählich über Norden in nordöstliche Richtung. Eine Meldung, die der B. d. A. hierüber abgeben wollte, wurde durch den Ausfall der Haupt- und Reservefunkenstation seines Flaggschiffs infolge eines schweren Treffers verhindert. Das Nachlassen des Feuers an der Spitze war nur darauf zurückzuführen, daß die Entfernungsmeß- und Beobachtungsmöglichkeit gegen die niedrigstehende Sonne immer schwieriger und schließlich so gut wie unmöglich geworden ist. Als daher 7 Uhr 40 Min. nachmittags feindliche leichte Streitkräfte zum Torpedoangriff gegen unsere Panzerkreuzer ansetzten, blieb dem B. d. A. nichts anderes übrig, als abzustaffeln und schließlich den Verband nach SW herumzuwerfen, um wieder engeren Anschluß an das Gros zu suchen, weil eine wirksame Erwiderung des feindlichen Feuers unmöglich war. 4. Der dritte Gefechlsabschnitt: Die Schlacht Etwa gleichzeitig bemerkte ich, daß auch der Admiral an der Spitze der Linienschiffsgeschwader anfing, nach Steuerbord in östlicher Rich^mg abzubiegen. Dies entsprach auch der signalisierten Weisung, an der Verfolgung festzuhalten. Da die Flotte noch in Divisionskolonnen stand, die den befohlenen NW-Kurs steuerten, wurde 7 Uhr 48 Min. nachmittags auf Signalbefehl „Führung vorne" zur Linie eingeschwenkt und vorübergehend Fahrt auf 15 sw. verringert, um den bis dahin mit äußerster Kraft vorgetriebenen Divisionen, von denen die schnellste an der Spitze stand, die Möglichkeit zu geben, den gelockerten Zusammenhalt wiederherzustellen. Solange die Verfolgung aufrechterhalten wurde, gab der Engländer ihr durch seine Bewegung auch die Richtung, und unsere Linie wurde infolgedessen allmählich nach Osten abgebogen. Während dieser Vorgänge beim Gros war die II. Aufklärungsgruppe, unter Konteradmiral Bödicker, im Kampf mit einem Kleinen Kreuzer der ,,Calliope"-Klasse§§§§§§), der in Brand geschossen wurde, vor 8 Uhr nachmittags auf mehrere Kleine Kreuzer der Städte-Klasse und mehrere große Schiffe, welche sie für Linienschiffe hielt, darunter „Agincourt", gestoßen. Die ganze Stärke des Feindes war in dem Dunst, der auf dem Wasser lagerte, nicht auszumachen. Die Gruppe erhielt sofort schweres Feuer, erwiderte das Feuer, schoß Torpedos und drehte in Richtung auf das eigene Gros ab. Ein Erfolg konnte nicht beobachtet werden, da zum Schutze der Kreuzer sofort Nebel*******) entwickelt werden mußte. Trotz des Nebels erhielten „Wiesbaden" und „Pillau" schwere Treffer. „Wiesbaden", Kommandant Kapitän zur See Reiß, blieb bewegungsunfähig iin feindlichen Feuer liegen. Der Chef der 12. T.-Halbflottille und der Chef der 9. T.-Halbflottille, die hinter den Kreuzern gestanden halten, erkannten den Ernst der Lage und griffen an. Beide wurden von einer Linie zahlreicher großer Schiffe mit NW-Kurs unter Feuer genommen und trugen ihre Torpedos bis auf 60 dm an den Feind heran. Auch hier war eine Beobachtung des Erfolges nicht möglich, da dichte Rauchschwaden den Feind sofort nach dem Abdrehen der Sicht entzogen. Beide Führer glauben aber einen solchen für sich in Anspruch nehmen zu dürfen, da sie unter günstigen Bedingungen angegriffen haben. Während dieser Zusammenstoß mit der Vorhut der englischen Hauptflotte schon erfolgte, hatten wir uns auf dem Flottenflaggschiff mit dem Gedanken beschäftigt, wie lange in Anbetracht der vorrückenden Zeit das Verfolgungsgefecht noch fortzusetzen sei. Ein Kreuzerkrieg gegen Handelsschiffe im Skagerrak kam nun nicht mehr in Frage, denn das davon erwünschte Zusammentreffen mit englischen Streitkräften war bereits erfolgt. Wohl aber mußte damit gerechnet werden, daß die englische Flotte, wenn sie irgendwo in See stand, und darauf ließ die Anwesenheit der angetroffenen Schiffe schließen, am anderen Morgen uns die Schlacht anbieten würde. Auch mußte ein Abschütteln der englischen leichten Streitkräfte noch vor Einbruch der Dunkelheit ins Auge gefaßt werden, um Verluste bei unserem Gros durch nächtliche Torpedobootsangriffe zu vermeiden. Da kam vom Führer der II. Aufklärungsgruppe die Meldung, daß er Feuer von neuhinzuge- kommenen großen Schiffen erhalten habe. Um 8 Uhr 2 Min. wurde der Funkspruch ausgenommen: „Wiesbaden" ist bewegungsunfähig." Auf diese Meldung hin wendete ich mit der Flotte zwei Strich nach Backbord, um näher an die Gruppe heranzukommen und der „Wiesbaden" Unterstützung zu bringen. Von 8 Uhr 10 Min. an entwickelten sich um die havarierte „Wiesbaden" schwere Kämpfe, in denen auch die Schiffstorpedowaffe zur Geltung kam. Aus nordnordwestlicher Richtung griffen die Queen Elizabeths und vielleicht auch die Schlachtkreuzer Beattys ein (nach Gefangenenaus- sagen scheint es allerdings, als ob sie nach 7 Uhr abends nicht inehr mn Kampfe teilgenommen haben), von Norden her ein neuer Verband von Panzerkreuzern (drei Jnvicibles und vier Warriors) nebst Kleinen Kreuzern und Zerstörern. Eine weitere Meldung von den T.-Flottillen, welche zur Entlastung der II. Aufklärungsgruppe vorgegangen waren, besagte, daß sie auf über zwanzig feindliche Linienschiffe getroffen seien mit südöstlichem Kurs, deren Spitze O z. S peile. Nun war klar, daß wir einen großen Teil der englischen Flotte vor uns hatten, die wenige Minuten später ihre Anwesenheit dadurch bekundete, daß auf dem vor uns liegenden Teil des Horizonts ringsum das Feuer von Salven schweren Kalibers aufblitzte. Der ganze Bogen, von Norden bis Osten reichend, war plötzlich ein Feuermeer. Deutlich hob sich das Mündungsfeuer der Geschütze aus dem auf dem Horizont lagernden Dunst und Qualm ab, indie Schiffe selbst zunächst nicht erkennbar waren. Damit begann der Hauptabschnitt der eigentlichen Schlacht. Der Gedanke, unsere Linie durch eine Kehrtwendung herumzuwerfen, um ihr auszuweichen, kam nicht auf. Der Entschluß, es auch mit diesem Gegner aufzunehmen, stand von vornherein fest. Die Spitze unserer Linienschiffsgeschwader (5. Division) schwenkte sofort zum laufenden Gefecht ein, das auf etwa 13 000 in geführt wurde. Die anderen Divisionen folgten dieser Bewegung auf Signalbefehl vom Flottenflaggschiff. Auf feindlicher Seite hatten nun über hundert schwere Geschütze mit ins Gefecht eingegriffen, deren Feuer hauptsächlich auf unseren Panzerkreuzern und den Schiffen der 5. Division (König-Klasse). Die Stellung der englischen Linie, auf deren Mitte wir etwa gestoßen sein mußten, zu unserer Spitze, brachte Feuer von drei Seiten. Von Backbord querab schossen die Queen Elizabeths, von vorn und von Steuerbordseite die Schiffe der Hauptflotte, welche Jellicoe herangeführt hatte. Auch um „Friedrich der Große" herum lagen zahlreiche Aufschläge, ohne jedoch das Schiff selbst zu treffen. In diesem Gefechtsabschnitt liefen von Norden her die Panzerkreuzer "Defence", „Blackprince" und „Warrior" an, die sämtlich von dem Feuer unserer Linienschiffe und Großen Kreuzer vernichtet wurden. Auf einen derselben richtete auch „Friedrich der Große" sein Feuer, bis er in einer mächtigen weißen Dampfwolke auf etwa 3000 m Abstand in die Luft flog. Auf den Schiffen an unserer Spitze konnte ich verschiedentlich feindliche Treffer und ihre Explofionswirkung beobachten. Die Spitze hatte, der Bewegung des Feindes folgend, eine Krümmung angenommen, die unserer dort stehenden II. T-Flottille die Möglichkeit nahm, sich frei zu entwickeln. Von unseren Kreuzern, die noch weiter vorlich stehen muhten, konnte ich nichts sehen. Sie waren bei dem Abbiegen, das mit der größeren Annäherung unvermeidlich wurde, zwischen das Feuer der beiden Linien geraten. Aus diesem Grunde entschloß ich mich, unsere Linie durch eine Kehrtwendung auf Gegenkurs zu bringen. Es hätte sich sonst an dem Schwenkungspunkt, vor dem sich die feindliche^Linie allmählich vorüberzog, eine üble Lage entwickeln können, da die feindlichen Weitschüsse hier auf unseren rückwärts stehenden Schiffen Treffer erzielen mußten. Für die Artilleriewirkung befand sich der Gegner auch dadurch in der günstigeren Lage, daß unsere Schiffe sich gegen den Hellen westlichen Horizont abhoben, während die seinigen durch den Qualm und Rauch der Schlacht verdeckt waren. Ein laufendes Artilleriegefecht auf südlichem Kurs konnte uns daher nicht zum Vorteil gereichen. Die Kehrtwendung wurde in ausgezeichneter Weise ausgeführt. Bei unseren Friedensübungen war großer Wert darauf gelegt, sie auch in einer gekrümmten Linie ausführen zu können und die Durchdringung des Signals mit allen vorhandenen Mitteln sicherzustellen. Die aufgewandte Mühe belohnte sich hier. Die Kreuzer wurden aus ihrer bedrängten Lage befreit. Sie erhielten Luft, nach Süden aufzudampfen und erschienen, sobald sich die beiden Linien getrennt hatten, in Sicht des Flottenflaggschiffs. Auch die in Feuerlee aufgestellten Torpedoboote bekamen Raum zum Angriff und stießen vor. Während des Umlegens der Linie hatten schon zwei Boote der III. T.-Flottille („O 88" und „V 73") und das Führerschiff der I. T.-Flottille („8 32") angegriffen. Der Rest der Boote der III. T.-Flottille hatte, einem Rückrufbefehl des ersten F. d. T. folgend, den Angriff abgebrochen. Den ersten F. d. T. hatte zu dem Befehl das Nachlassen des feindlichen Feuers und damit die Überzeugung veranlaßt, daß der Feind abgedreht sei, und daß die Flottille, die bei der weiteren Entwicklung der Schlacht notwendig gebraucht werden würde, ins Leere stoßen würde. Die Boote der übrigen T.-Flottillen waren infolge der Stauchung der Spitze nicht imstande, anzugreifen. Ein Teil (IX. und VI. T.-Flottille) kehrte gerade von dem 8-Uhr-An- griff zurück. Die feindliche Linie folgte unserer Kehrtwendung nicht.†††††††) Sie hätte in der Lage, in der sie sich zu unserer Spitze befunden hatte, bleiben und sie weiter umfaßt halten können, wenn sie sofort durch eine gleichzeitige Wendung auf westlichenKurs an unserer Linie festgehalten hätte. Möglich, daß der Führer drüben die Lage nicht erkannt hat oder sich aus Besorgnis vor Torpedoangriffen scheute, näher heranzukommen. Auch keiner der Unterbefehlshaber der Gegenseite fand den Entschluß an unserer Linie festzuhalten, wodurch uns die freie Beweglichkeit und ein neuer Angriff auf die feindliche Linie sehr erschwert worden wäre. Unmittelbar nach dem Umlegen der Linie verstummte das feindliche Feuer vorübergehend, zum Teil, weil der von den Torpedobooten zum Schutz der Linie, insbesondere der Panzer- kreuzer, entwickelte Rauch dem Gegner die Sicht benahm, hauptsächlich aber wohl wegen der empfindlichen Verluste, die der Feind erlitten hatte. An sicheren Verlusten (gesunken) wurden beobachtet: ein Schiff der Queen Elizabeth-Klasse (Name un- bekannt), ein Schlachtkreuzer („Jnvincible"), zwei Panzerkreu- zer („Blackprince" und „Desence"), ein Kleiner Kreuzer „Shark" (und einer gezeichnet „O 4"). Schwer beschädigt, zum Teil in Brand geschossen, wurden ein Panzerkreuzer („War- rior", später gesunken), drei Kleine Kreuzer, drei Zerstörer (darunter „Acasta"). Auf unserer Seite war nur „V 48" gesunken, „Wiesbaden" manövrierunfähig und „Lützow" so schwer beschädigt, daß der B. d. A. sich später gezwungen sah. etwa 9 Uhr abends das Schiff im feindlichen Feuer zu verlassen und auf „Moltke" umzusteigen. Die Führung der I. Aus- klärungsgruppe ging damit bis 11 Uhr abends auf den Kommandanten „Dersslinger" (Kapitän zur See Hartog) über. Auch die übrigen Panzerkreuzer und die Spitzenschiffe des III. Geschwaders hatten gelitten, hielten aber ihren Platz in der Linie. Keiner derselben machte Meldung, daß er dies nicht mehr könne. Ich konnte daher auf ihre volle Gefechtsbereitschaft rechnen. Nachdem der Feind das Feuer gegen unsere SW steuernde Linie hatte abbrechen müssen, warf er sich auf die bereits schwer be- schädigte „Wiesbaden". Das Schiff wehrte sich, wie deutlich zu beobachten war, denn es war inzwischen aus dem auf diesem Teil des Gefechtsfeldes lagernden Qualm in Sicht gekommen, tapfer gegen die erdrückende Übermacht. Den Nachtmarsch anzutreten, war es noch zu früh. Wenn der Feind uns folgte, mußte unser Verhalten bei Beibehalten der nach dem Umlegen der Linie eingenommenen Richtung den Charakter des Rückzugs annehmen, und die Flotte mußte bei etwaiger Beschädigung unserer Schlußschiffe sie entweder preisgeben oder sich zu einer Handlungsweise entschließen, die unter 18 DoutMand- HochscrsloÄ« im WeMri!?« 22S dem Druck der feindlichen Wirkung, also nicht aus freiem Entschluß, erfolgte und uns daher von vornherein benachteiligte. Ebenso wenig war es angebracht, schon jetzt eine Loslösung vom Feinde anzustreben und es ihm zu überlassen, wo er sich uns am anderen Morgen zu stellen beliebte. Dem vorzubeugen, gab es nur ein Mittel: dem Gegner durch einen nochmaligen rücksichtslosen Vorstoß einen zweiten Schlag zu versetzen und die Torpedoboote mit Gewalt zum Angriff zu bringen. Das gute Gelingen der Gefechts-Kehrtwendung bestärkte mich in diesem Vorhaben und führte zu dem Entschluß, von dieser Beweglichkeit weiteren Gebrauch zu machen. Das Manöver mußte den Feind überraschen, seine Pläne für den Rest des Tages über den Haufen werfen und, wenn der Stoß wuchtig ausfiel, das Loslösen für die Nacht erleichtern. Auch der Anblick der „Wiesbaden" bewog mich, einen Versuch zu machen, ihr Hilfe zu bringen und wenigstens die Besatzung zu bergen. Dementsprechend wurde, als wir etwa eine Viertelstunde auf dem neuen Kurs gelegen hatten, 8 Uhr 55 Min. nachmittags die Linie abermalsnachSteuerbordaufO-Kursherum- geworfen, den Panzerkreuzern befohlen, unter vollem Einsatz auf die Spitze des Feindes zu operieren, allen T.-Flottillen Befehl zum Angriff gegeben und dem ersten F. d. T., Kommodore Michelfen, Weisung erteilt, die „Wiesbaden"-Besatzung durch Torpedoboote bergen zu lassen. Die zur „Wiesbaden" entsandten Boote mußten den Versuch, die Besatzung zu retten, aufgeben. „Wiesbaden" und die vorgehenden Boote lagen in so schwerem Feuer, daß der Führer der Torpedoboote den Einsatz seiner Boote für aussichtslos hielt. Im Abdrehen feuerten „V 73" und „6 88" insgesamt vier Torpedos gegen die Queen Elizabeths. Die sich nach der zweiten Kehrtwendung entwickelnde Schlacht, die den beabsichtigten Erfolg herbeiführte, brachte sehr bald wieder die Aufnahme des vollen Feuergefechts an der Spitze, die, wie nicht anders zu erwarten war, in derselben Weise wie vorher zum laufenden Gefecht abschwenken mußte, um ihre gesamte Artillerie ins Feuer zu bringen. Aber diesmal war es die bewußte Absicht, trotz des „Crossing the T." einen Stoß gegen die Mitte der feindlichen Linie zu führen. Das gegen unsere Linie gerichtete Feuer des Feindes vereinigte sich vornehmlich auf die Panzerkreuzer und die 5. Division. Die Schiffe litten um so schwerer, als sie vom Feinde wenig mehr als das Aufblitzen der Salven sehen konnten, selbst aber anscheinend gute Ziele boten. Ganz besonders verdient das Verhalten der Panzerkreuzer höchste Anerkennung: Selbst in dem Gebrauch ihrer Waffen durch Verluste erheblich herabgesetzt, zum Teil schwer havariert, gingen sie rücksichtslos, dem erhaltenen Signal: „Ran an den Feind" entsprechend, gegen den Feind vor. Ebenso anerkennenswert ist die Führung des III. Geschwaders (Chef Konteradmiral Behncke) und das Verhalten der Schiffe der 5. Division gewesen. Sie und die Panzerkreuzer trugen die Last des Kampfes und ermöglichten dadurch den wirkungsvollen Einsatz der T.-Flottillen. Das planmäßige Vorgehen der Linienschiffe erleichterte den an ihrer Steuerbordseite ord- nungsgemäß aufgestellten Flottillen das Ansetzen ihres Angriffs. Als erste griffen die vorn bei den Kreuzern stehenden Boote der VI. und IX. T.-Flottillen an. Ihnen folgte vom Gros aus die III. und V. T.-Flottille. Die II. T.-Flottille hielt der zweite F. d. T. zunächst zurück, um sie nicht hinter der VI. und IX. ins Leere stoßen zu lassen. Der Verlauf hat die Maßnahme gerechtfertigt. Die 1. T.-Halbflottille und einzelne Boote der VI. und IX. T.-Flottille waren mit der Deckung der havarierten „Lützow" beschäftigt. Zum Ansatz der aufmarschierenden VII. T.-Flottille, welche am Schluß unserer Gefechtslinie gestanden hatte, fand sich keine Gelegenheit mehr. Die VI. und IX. T.-Flottille nahmen im Anlauf das bis dahin auf die Panzerkreuzer gerichtete schwere feindliche Feuer auf sich, trugen den Angriff bis auf 70 bin gegen die Mitte einer im 15* Kreisbogen OSO bis S steuernden, mehr als 20 Großkampf, schiffe umfassenden Linie, heran und kamen unter günstigen Bedingungen zum Schuß. Im Angriff erhielt „8 35" einen schweren Treffer mittschiffs und sank sofort. Alle übrigen Boote kehrten zurück und legten im Ablaufen einen dichten Rauchschleier zwischen Feind und eigenes Gros. Der Feind muß auf den Angriff der VI. und IX. T.-Flottille hin abgedreht sein. Die nachstoßende III. und V. T-Flottille fand nur noch leichte Streitkräfte und keine Gelegenheit zum Angriff auf Linienschiffe. Mit dem Ansatz der T.-Flottillen war der Zweck des Stoßes erreicht. Die Linie wurde deshalb 9 Uhr 17 Min. abends durch Gefechts-Kehrtwendung zum dritten Mal, auf W-Kurs, umgelegt, und zwar wurde die Ausführung aus den Zeitpunkt verlegt. als das Flottenflaggschiff „Friedrich der Große" dicht vor dem Drehpunkt auf südlichen Kurs angekommen war. Obgleich das Signal Kehrtwendung nach Steuerbord wehte und von den Nachbarschiffen ausgenommen war, ließ ich den Kommandanten von „Friedrich dem Großen" die Wendung nach der Backbordseite ausführen. Dies hätte die nachfolgenden Schiffe an die Möglichkeit eines Signalirrtums glauben lassen können. Aber meine Absicht, Luft zu schaffen und eine schwierige Lage im auszusllhren- den Manöver für die vor „Friedrich dem Großen" fahrenden Schiffe zu vermeiden, wurde von dem hinter „Friedrich dem Großen" auf „Ostfriesland" folgenden Admiral, dem Führer des I. Geschwaders (Vizeadmiral Ehrhard Schmidt), richtig erkannt. Er wartete daher auch nicht das Durchlaufen der Bewegung von hinten her ab — wie es zur Vermeidung von Kollisionsgefahr die Regel sein soll —, sondern gab der Wendung seines Geschwaders selbst den Anstoß, indem er mit „Ostfriesland" die Drehung nach Steuerbord begann und seine Schiffe mit herumdrückte. Für die sichere Führung der Schiffe und das verständnisvolle Eingehen der Führer auf die Lage war dieses Verhalten ein höchst befriedigender Beweis. Nach dem Umlegen auf W-Kurs wurde die Flotte dann durch Schwenkung auf südwestlichen, südlichen und schließlich südöstlichen Kurs herumgeholt, um der umfassenden Bewegung des Feindes, dessen Spitze bereits SO peilte, zu begegnen und uns den Rückweg offen zu halten. Das feindliche Feuer verstummte sehr bald nach der Kehrtwendung, und der Gegner kam aus Sicht. Die Verluste des Gegners können für diesen Gefechtsabschnitt nicht angegeben werden. Außer der Wirkung der Artillerietreffer, deren Aufschläge von uns beobachtet wurden durch das Aufflammen von Explosionen, hat der Feind nur die schwere Beschädigung des Linienschiffes „Marlborough" durch Torpedotreffer zuge- geben‡‡‡‡‡‡‡). Auf unserer Seite waren alle Schiffe in der Lage, die für die Nachtfahrt erforderliche hohe Geschwindigkeit (16 8m) und damit ihren Platz in der Linie zu halten. 5. Der Nachtmarsch und die Machtkämpfe§§§§§§§) Die Dämmerung machte sich jetzt sehr fühlbar, und es gelang gerade noch, durch persönlichen Augenschein mich von der Anwesenheit und dem äußeren Zustand der hauptsächlich im Feuergefecht gewesenen Schiffe zu überzeugen, insbesondere auch davon, daß „Lützow" dem Verband folgen konnte. Der Kreuzer wurde 9 Uhr 30 Min. an Backbordseite querab vom Flottenflaggschiff gesehen und hatte gemeldet, daß er noch 15 sin laufen könne. Durch die Meldung der T.-Flottille über die Stärke des gesichteten Feindes und die Ausbreitung der feindlichen Feuerlinie war es zur Gewißheit geworden, daß wir uns im Kampfe mit der ganzen englischen Flotte befunden hatten. Es war mit Sicherheit zu erwarten, daß der Feind versuchen würde, uns während der Dämmerungsstunden mit starken Streitkräften und während der Nacht durch Zerstörerangriffe nach Westen abzudrängen, um uns bei Hellwerden zur Schlacht zu stellen. Die Macht dazu besaß er. Gelang es, die feindliche Umfassung abzuwehren und Hornsriff vor dem Feinde zu erreichen, so blieb uns die Freiheit des Entschlusses für den nächsten Morgen gesichert. Dies zu ermöglichen, mußten alle Flottillen für die Nacht zum Angriff angesetzt werden, auch auf die Gefahr hin, daß sie bei Tagesanbruch bei den zu erwartenden neuen Kämpfen fehlen sollten. Das Gros selbst mußte in geschlossenem Verbände auf dem nächsten Wege Hornsriff ansteuern und diesen Kurs, allen Angriffen des Feindes trotzend, durchhalten. Dementsprechend wurden die Anordnungen für die Nacht getroffen. Die Führer der Torpedoboote erhielten Auftrag, die Flottillen zum Nachtangriff anzusetzen. Um 9 Uhr 50 Min. wurde Kurs Süd befohlen.das Herumschwenken auf diesen Kurs war das II. Geschwader nach Steuerbordseite herausgekommen, da das des I. Geschwaders diesen neuen Kurs sofort aufnahm, weil es die Stellung des II. Geschwaders nicht erkennen konnte. Dieses war infolge seiner geringeren Geschwindigkeit hinter den Schiffen des III. und I. Geschwaders im letzten Teil der Tagesschlacht zurückgeblieben. Das II. Geschwader versuchte nun mit höchster Fahrt und Herüberstaffeln nach Backbord, sich wieder an seinen Platz vor dem I. Geschwader zu setzen, wo es nach der Kehrtwendung der Flotte hingehörte. Hierdurch kam es gerade zur rechten Zeit, um bei einem kurzen, aber ernsthaften Zusammenstoß mit dem Feind, der kurz vor Einbruch völliger Dunkelheit erfolgte, unseren Panzerkreuzern Entlastung zu bringen. Während nämlich die I. und II. Aufklärungsgruppe sich vor die Spitze unserer Linienschiffe zu setzen versuchte, erhielten sie 10 Uhr 20 Min. abends aus südöstlicher Richtung schweres Feuer. Vom Feinde war nur das Aufblitzen der Salven zu sehen. Die bereits stark havarierten Schiffe erhielten neue Treffer, ohne das Feuer ernstlich erwidern zu können. Eie drehten daher ab und schoben sich zwischen dem II. und I. Geschwader hindurch nach Feuerlee. Die Spitze des I. Geschwaders folgte der Bewegung der Kreuzer, während das II. Geschwader (Chef Konteradmiral Mauve) durchhielt und so das Feuer des Feindes auf sich nahm. Als das II. Geschwader erkannte, daß die Beleuchtungsverhältnisse ein Erwidern wirkungslos machten, staffelte es ab, um den Feind näher an das erste Geschwader heranzuziehen. Der Feind folgte nicht, sondern stellte das Feuer ein. Etwa gleichzeitig hatte die IV. Aufklärungsgruppe, Führer Kommodore von Reuter, unter ganz gleichen Verhältnissen ein kurzes Gefecht mit vier bis fünf Kreuzern, dar- unter Schiffen der Hampshire- Klasse. Nach diesem Angriff wurde auf SO-Kurs geschwenkt, der wiederum vom I. Geschwader in richtiger Erkenntnis der Notwendigkeit sofort ausgenommen wurde und das II. Geschwader nochmals an die Steuerbordseite der Flotte brachte. Mit Rücksicht darauf, daß hauptsächlich die Spitze des Gros die Angriffe des Feindes abzuwehren haben würde und um mit Tagesanbruch vorn starke Schiffe zu haben, wurde das II. Geschwader nach hinten genommen. Die Spitze der Linie stand um 11 Uhr abends in 56' 37" N Breite und 5' 30" O Länge. Um 11 Uhr 6 wurde für den Nachtmarsch befohlen: „Kurs SSO^O 16 Seemeilen Fahrt. Durchhalten." Der I. Aufklärungsgruppe wurde mit Rücksicht auf ihren beschädigten Zustand die Rückendeckung, der II. Aufklärungsgruppe die Vorhut und der IV. Aufklärungsgruppe die Steuerbordseitendeckung übertragen. Die Führer der Torpedobootsstreitkräfte setzten die T.-Flottillen in Richtung ONO bis SSW an, das heißt dorthin, wo das feindliche Gros erwartet werden mußte. Eine große Zahl von Booten hatte ihre Torpedos bereits in der Tagschlacht verschossen. Einige waren zum Schutz der schwer havarierten „Lützow" zurückgelassen, einige behielten die F. d. T's bei sich, um im Bedarfsfalls etwas zur Verfügung zu haben. Diesem Entschluß war späterhin die Bergung der Besatzung „Elbing" und „Rostock" zu danken. Zum Angriff gingen somit nur die II., V. und VII. und Teile der VI. und IX. T.-Flottillen vor. DieBoote haben verschiedentlich Nachtgefechte mit leichten feindlichen Streitkräften gehabt. Vom Gros haben sie nichts gefunden. 24" hat am Morgen des 1. Juni 5 Uhr bei Hellwerden einen Teil des Gros in der Jammerbucht gesichtet. Der Feind hatte sich also nach der Schlacht, wie wir glaubten, nach Norden entfernt. Die II. T.-Flottille, der der nördlichste Teil des Sektors zugewiesen war, wurde von Kreuzern und Zerstörern abgedrängt und kehrte um Skagen herum zurück, die übrigen T.-Flottillen sammelten mit Hellwerden 4 Uhr morgens auf das Gros. Die Linienschiffsgeschwader marschierten in der Nacht in der Reihenfolge I. Geschwader, Flottenflaggschiff, III. Geschwa- der, II. Geschwader. Das I. und III. Geschwader standen im Kehrt (das heißt, die früheren Schlußschiffe an der Spitze). Vom Umrangieren, um die Admirale nach vorn zu bringen, wurde wegen der Dunkelheit und Mangels an Zeit Abstand genommen. Die Führung der Linie hatte das Linienschiff „Westfalen" (Kommandant Kapitän zur See Redlich). Während der Nacht griff der Feind in fast ununterbrochener Folge von Osten her mit leichten und zum Teil auch schweren Streit- krästen an. II. und IV. Aufklärungsgruppe und vor allein die Schiffe des I. Geschwaders hatten die Angriffe abzuwehren. Der Erfolg war ausgezeichnet. Diese Angriffe rechtzeitig zu erkennen, den Feind unter Feuer zu nehmen und seinen Torpedoschüssen durch geeignete Manöver auszuweichen, stellte an die Aufmerksamkeit der Schiffe hohe Anforderungen. Die Linie war infolgedessen in dauernder Bewegung, und es erforderte große Geschicklichkeit der Schiffsführung, den Platz in der Linie wieder einzunehmen, und dauernde Rücksichtnahme der Hintermänner auf die Ausweichmanöver der vor ihnen fahrenden Schiffe. Von den Scheinwerfern wurde sehr sparsamer Gebrauch gemacht. Es hatte sich gezeigt, daß diese Hellen Zielpunkte das Artilleriefeuer der angreifenden Boote hauptsächlich auf sich zogen. Da die Leitung der eigenen leichten Artillerie und die Schiffsführung in der Nähe der Scheinwerfer war, weil sie der besseren Übersicht halber den Panzerschutz nicht benutzen wollte, wurden durch einzelne Treffer empfindliche Personalausfälle verursacht. So hatte auf „Oldenburg" eine Granate auch den Kommandanten (Kapitän zur See Höpfner) schwer verwundet und mehrere Offiziere und Mannschaften getötet. In gänzlicher Verkennung der Lage näherte sich 2 Uhr vormittags ein Panzerkreuzer mit vier Schornsteinen, anscheinend Eressy-Klafse, den Schlachtschiffen des I. Geschwaders „Thüringen" und „Ostfriesland" und dem Flottenflaggschiff auf etwa 1500 Meter. Er wurde in wenigen Sekunden in Brand geschossen und sank vier Minuten nach dem Feuereröffnen unter gewaltigen Detonationen. Die Ver- nichtung dieses Schiffes auf so nahe Entfernung, daß man die Mannschaften in ihrer Bestürzung auf dem brennenden Schiffe hin und her rennen sah, während im Scheinwerferlicht die Flugbahnen der schweren Geschosse deutlich zu verfolgen waren, die in schnellster Salvenfolge drüben einschlugen und explodierten, bot ein Bild von schauriger Großartigkeit. Im Lauf der Nacht kam vom I. Geschwader die Meldung, daß das Linien- schiff „Nassau" nach einem Ausweichmanöver nicht wieder auf seinen Platz eingeschoren sei, und es bestand die Befürchtung, daß es einen Torpedotreffer erhalten habe, da es sich auf Anruf nicht meldete. Endlich gegen Morgen kamen schwache F.-T.-Zeichen von ihm und dann die Meldung, daß es bei Vyl-Feuerschisf (bei Hornsriff) stand und in der Nacht einen Zerstörer auf den Sporn genommen und durchschnitten hatte. Nach diesem Manöver hatte das Schiff vorgezogen, sich der abgeblendeten Linie unserer Linienschiffe nicht zu nähern, sondern selbständig nach dem Treffpunkt für den Morgen zu dampfen. Nach vorsichtiger Schätzung sind während der Nacht ein Panzerkreuzer, ein Kleiner Kreuzer und sieben Zerstörer des Gegners vernichtet, mehrere Große Kreuzer und Zerstörer schwer beschädigt. Besonders erfolgreich erwehrte sich die an der Spitze der Linie stehende 2. Div. des I. Geschwaders der feindlichen Torpedobootsangriffe, indem sie allein sechs Zerstörer vernichtete. Auf unserer Seite sanken der ältere Kleine Kreuzer „Frauenlob", das Linienschiff „Pommern" und „V 4"; „Rostock" und Elbing" mußten aufgegeben und gesprengt werden. „Frauenlob" (Kommandant Fregattenkapitän Georg Hoffmann) erhielt 12 Uhr 45 nachts im Laufe eines Gefechts der IV. Aufklärungsgruppe mit vier Kreuzern der Städte- Klaffe einen Torpedotreffer und nach Aussage einiger weniger überlebender ist sie bald darauf, bis zum Untergang kämpfend, gesunken. „Pommern" (Kommandant Kapitän zur See Bölken) wurde 4 Uhr 20 vormittags torpediert und ging nach gewaltiger Detonation unter. Leider konnte niemand von der Besatzung gerettet werden, da die Schiffstrümmer so schnell von den Fluten verschlungen wurden, daß schon der in 500 m Abstand folgende Hintermann nichts mehr auf dem Wasser schwimmen sah. „V 4" lief 4 Uhr 50 vormittags auf eine feindliche Mine. Die Besatzung konnte geborgen werden, „Rostock" und „Elbing" gerieten 1 Uhr 30 vormittags backbord querab von der Spitze des I. Geschwaders in ein Gefecht mit Zerstörern, mußten schließlich vor den Torpedos des Feindes abwenden und durch die Linie des I. Geschwaders durchbrechen, um das Feuer der Linienschiffe nicht zu behindern. Hierbei erhielt „Rostock" einen Torpedotreffer, während „Elbing" mit „Posen" kollidierte. Beide Kreuzer wurden manövrierunfähig. „Rostock" hielt sich noch bis 5 Uhr 45 vormittags und wurde dann beim Jnsichtkommen feindlicher Kreuzer gesprengt, nachdem die ganze Besatzung einschließlich der Verwundeten von Booten der III. T.-Flottille geborgen war. Auch die „Elbing"-Besatzung wurde von einem Boot der III. T-Flottille übernommen. Der Kommandant, Fregattenkapitän Madlung, der Erste Offizier und der Torpedooffizier mit einer Kutterbesatzung blieben an Bord, um das Schiff so lange wie möglich zu halten. Als 4 Uhr vormittags feindliche Streitkräfte in Sicht kamen, mußte auch „Elbing" gesprengt werden. Der Rest der Besatzung rettete sich im Kutter, wurde später von einem holländischen Fischdampfer ausgenommen und ist über Holland zurückgekehrt. „Lützow" wurde bis 3 Uhr 45 vormittags über Wasser gehalten. Er war dem Schlußschiff der Flotte „König" um 11 Uhr 15 abends aus Sicht gekommen. Das Schiff wurde zuletzt über den Achtersteven gesteuert. Alle Versuche, das eindringende Wasser zum Stehen zu bringen, waren vergeblich. Das Vorschiff hatte zu stark gelitten. Schließlich waren etwa 7000 t Wasser im Schiff. Die Back war bis zum Knopf des Göschstockes überspült. Die Schrauben schlugen aus dem Wasser. Das Schiss mußte aufgegeben werden. Die Besatzung einschließlich aller Verwundeten wurde von den Booten „O 40", „O 37", „6 38" und „V 45" übernommen und „Lützow" durch einen Torpedoschuß vollends versenkt. Die vier Boote hatten insgesamt 1250 Mann von „Lützow" an Bord. Cie stießen zweimal auf feindliche Kreuzer und Zerstörer, griffen beide Male unter Führung des ältesten Kommandanten Kapitänleutnants Beitzen (Richard) an und bahnten sich mit Erfolg den Weg in die deutsche Bucht. Bei dem letzten Gefecht erhielt „O 40" einen Treffer in die Maschine und mußte geschleppt werden. Als Meldung hierüber beim Gros einging, machte der 2. F. d. T. mit „Regensburg" ohne weiteres kehrt, unbekümmert ob er noch auf überlegene englische Streitkräfte stoßen würde, und nahm den Schleppzug auf. „8 32", Führerboot der I. T-Flottille, Kommandant Kapitänleutnant Fröhlich, erhielt 1 Uhr vormittags einen schweren Treffer in den Kesselraum und war vorübergehend manövrierunfähig. Es gelang dem Kommandanten jedoch, die Kessel mit Seewasser speisend, das Boot bis in die dänischen Hoheitsgewässer zu bringen. Von dort wurde es dann von entsandten Torpedobooten durch das Nordmannstief eingeschleppt. Diese Vorkommnisse sind ein Beweis dafür, daß die englischen Seestreitkräfte das Gebiet zwischen dem Schauplatz der Schlacht und Hornsriff nicht zu beherrschen gesucht haben. Im Laufe der Nacht erst bot sich den Schiffen Gelegenheit, Meldungen abzugeben über die Gefangenen, die sich an Bord befanden, aus deren Aussagen sich ein Überblick über die Verluste beim Feind gewinnen ließ. Von diesen wurde auch angegeben, daß das englische Linienschiff „Warfpite", dessen schwere Beschädigung in der Schlacht beobachtet war, gesunken sei. Daß unter den versenkten Schiffen auch die Panzerkreuzer „Queen Mary", „Indefatigable" und „Jnvincible" waren, erfuhr ich erst jetzt und gewann somit die Überzeugung, daß die englischen Verluste die unsrigen bei weitem übertrafen. Um 5 Uhr morgens bei Hornsriff angelangt, beschloß ich, hier zu warten, um die zurückgebliebene „Lützow" aufzunehmen, deren Untergang bis dahin noch nicht gemeldet war. Von 11 Uhr 30 abends ab hatte das Schiff noch 13 sm laufen können. Die letzte Meldung von ihm war 1 Uhr 55 morgens von einem Begleitboot, „6 40", aufgegeben und be- sagte, daß „Lützow" nur noch langsame Fahrt laufen könne^ die Navigationsmittel beschränkt seien, Artillerie auf ein Fünftel herabgesetzt, Kurs Süd, Standort O 16. Gegen V26 Uhr vormittags traf die Meldung ein, daß „Lützow" bereits vor 4 Uhr morgens aufgegeben sei. Demnach konnte ich meine weiteren Entschließungen ohne Rücksicht auf sie treffen. Daß der Feind von Norden her auch mit leichten Streitkräften nicht weiter nachdrängte, also im Abziehen sein mußte, ging daraus hervor, daß trotz des Fühlunghaltens seiner Torpedoboote bis in die Morgendämmerung hinein nun nichts mehr von ihm zu sehen war. 6. Die Lage am 1. Juni morgens Während der Nacht waren „L> 11", „13", „17", „22" und „24" zur Frühaufklärung aufgestiegen. „1^ 11" meldete 5 Uhr 10 Min. vormittags einen Verband von zwölf englischen Linienschiffen, zahlreichen leichten Streitkräften und Zerstörern mit nördlichem Kurs etwa auf der Mitte der Linie Terfchelling— Hornsriff und gleich darauf wieder feindliche Großkampfschiffe und drei Schlachtkreuzer nördlich von diesem Verband. Das Luftschiff wurde stark beschossen, hielt aber zunächst Fühlung, bis es abgedrängt wurde und den Feind in unsichtigem Wetter aus Sicht verlor. Die Angaben des Luftschiffs aus seinem Kriegstagebuch lauten folgendermaßen: Aufklarungsfahrl des „I- 11" am 1. Juni 1916********) Am 1. Juni 1 Uhr 30 Min. früh (nach Mitteracht) stieg „1. 11" in Nordholz auf mit folgendem Befehl: Als viertes Luftschiff der Seitendeckung der Hochseestreitkräfte Kurs NW 2. W. ab Helgoland. An Bord befanden sich volle Besatzung, auffrischender Südwestwind, die Dichtigkeit wurde durch Bodennebel und späterhin durch nebelartigen, hoch hinaus- reichenden Dunst auf 2 bis höchstens 4 sra eingeschränkt. Helgoland wurde im Nebel nicht ausgemacht. Um 5 Uhr vormittags zeigten sich in Quadrat O 33 lZ nördlich des Schiffes Rauchwolken, auf die zugehalten wurde. Um 5 Uhr 10 Min. konnte ein starker seindlicherVerband von zwölsGroßkampflinienschiffen mit zahlreichen leichten Streitkräften ausgemacht werden, welcher mit hoher Fahrt nordnordöstlich steuerte. „1^ 11" hängte sich zum Fühlunghalten unter Abgabe der F.-T.-Meldung hinten an, gelegentlich Kreise nach Osten schlagend. Hierbei stieß das Luftschiff um 5 Uhr 40 Min. vormittags östlich des ersten Verbandes auf ein zweites Geschwader von sechs englischen Großkampflinienschiffen mit leichten Streitkräften auf nördlichem Kurs, welche beim Jnsichtkommen divisionsweise nach West schwenkten, vermutlich, um Anschluß an den ersten Verband zu suchen. Da diese Gruppe dem eigenen Gros näher stand als die erste, so hängte sich 11" nun an diese an, bekam aber um 5 Uhr 50 Min. eine Gruppe von drei eng> lischen Schlachtkreuzern mit etwa vier leichten Schiffen in Sicht, welche von Nordost kamen, südlich des Luftschiffes herumschwenkten und sich zwischen feindliches Gros und „I. 11" schoben. Die Unsichtigkeit war so stark, daß das Fühlunghalten mit großer Schwierigkeit verbunden war. Meist war nur einer der Verbände zur Zeit zu sehen, während augenscheinlich der Feind das 1100—1900 Meter hochstehende Schiff gegen die aufgehende Sonne dauernd im Visier hatte. Um 5 Uhr 15 Min., kurz nach dem Zusammenstoß mit der ersten Linienschiffsgruppe, eröffnete der Feind das Feuer mit allen Schiffen und Fahrzeugen auf das Luftschiff aus Ballon-Abwehr- Kanonen (Schrapnells) und Geschützen allen Kalibers. Die schweren Türme feuerten Breitseiten. Der Seite nach lagen die Aufschläge gut. Die Aufschläge der Salven lagen stets dicht beieinander. An dem Mündungsfeuer konnte die Linienpeilung auch dann noch erkannt werden, wenn der Verband selbst schon im Dunst untergetaucht war. Alle in Sicht kommenden Schiffe nahmen das Feuer sofort mit Energie auf. so daß „1^ 11" zeitweise im Feuer von 21 großen und vielen kleinen Schiffen stand. Wenn das Feuer auch ergebnislos war, so verursachten die großen Geschosse und die nahebei krepierenden Schrapnells doch so schwere Erschütterungen im Schiffsgerippe, daß es ratsam schien, die Entfernung durch entsprechende Maßnahmen zu vergrößern. Das Feuer dauerte bis 6 Uhr 20 Min. vormittags. Um diese Zeit zwangen die von SW in nächster Entfernung gegen „1^ 11" vorstoßenden Schlachtkreuzer das Schiff, unter Ausnutzung der Lee-Ge- schwindigkeit ihrem heftigen Feuer nach NO hin auszuweichen. Gleichzeitig verringerte sich hier die Sichtigkeit erheblich, und der Feind kam aus Sicht. „1^ 11" ging wieder auf Nordkurs und versuchte in Höhenschichten bis zu 500 Meter hinunter bessere Sichtigkeitsverhältnisse vorzufinden. Doch war nicht weiter als 1 bis 2 sm zu sehen, so daß, da planmäßiges Fühlunggewinnen unter diesen Umständen ausgeschlossen war, auf und 8-Kurjen weiter gefahren wurde, um zwischen Feind und eigenem Gros zu bleiben. Der Feind kam nicht wieder in Sicht. Um 8 Uhr vormittags wurden die Luftschiffe vom Hochseechef entlassen, und „L, 11" lief ein. Auf dem Rückwege traf das Schiff eine Anzahl eigener Torpedoboote, mit denen Standort ausgetauscht wurde und welche F.-T.-Meldungen zur Weitergabe übermittelten. Bis Sylt hielt sich das Luftschiff in der Nähe dieser Boote. Landung in Nordholz erfolgte nachmittag 2 Uhr." „I, 24" sichtete 4 Uhr vormittags 50 sm westlich Bovbjerg eine Flottille feindlicher Zerstörer, wurde beschossen und erwiderte das Feuer mit Bombenangriffen, klärte alsdann weiter nach Norden auf und fand 5 Uhr vormittags in der Jammerbucht einen Verband von zwölf Schiffen, die mit hoher Fahrt Süd steuerten. Fühlung halten und weiteres Aufklären waren nicht möglich, da die Wolkendecke bis auf 800 m hinabreichte. Beim Gros selbst war bei Tagesanbruch nichts vom Feinde zu sehen. Das Wetter war so unsichtig, daß keine volle Geschwaderlänge zu übersehen war. Die in südwestlicher Richtung von 11" gemeldeten Schiffe konnten unseres Erachtens nur aus dem Kanal neu herangekommen sein, um auf die Nachricht von der Schlacht zu versuchen, sich mit ihrem Gros zu vereinigen und uns entgcgcnzutreten. Eine Begegnung mit dieser Gruppe brauchten wir nicht zu scheuen, aber ihr nachzufolgen, lohnte sich bei der geringen Wahrscheinlichkeit, sie unter diesen Sichtigkeitsverhältnissen zu treffen, nicht. Es kam hinzu, daß die von den Panzerkreuzern eingegangenen Meldungen zeigten, daß die erste Aufklärungsgruppe ein ernstliches Gefecht nicht mehr führen konnte. Auch die Spitzenschiffe des III. Geschwaders hätten mit Rücksicht auf ihren Munitionsbestand, der durch das lang andauernde Feuergefecht dieser Schiffe stark heruntergegangen sein mußte, ein längeres Gefecht nicht mehr gut führen können. Von den schnellen Klei- nen Kreuzern standen nur noch „Frankfurt", „Pillau" und „Ne- gensburg" zur Verfügung, und auf die Luftschiffaufklärung war bei dem unsichtigen Wetter gar kein Verlaß. Es war somit aussichtslos, den im Süden gemeldeten Feind regelrecht zu stellen. Der Zusammenstoß und seine Folgen wären dem Zufall überlassen gewesen. Ich sah deshalb von weiteren Operationen ab und gab den Befehl zum Einlaufen. Auf dem Rückmarsch stieß „Ostfriesland" 7 Uhr 30 vormittags westlich List auf eine Mine, die zu einer bis dahin unbekannten, offenbar erst unlängst ausgelegten feindlichen Sperre gehörte. Die Beschädigung war unbedeutend, es drangen nur 400 t Wasser ins Schiff, das Schiff wurde in seiner Manövrierfähigkeit in keiner Weise behindert und lief unter eigenem Dampf in den Hafen. Ich gab das Signal: Durchhalten: die Hinteren Schiffe passierten die Sperre, ohne auf weitere Minen zu treffen. Mehrere U-Bootsangriffe auf unser einlaufendes Eros blieben erfolglos, zum Teil dank der Aufmerksamkeit der Flieger, die das Gros in Höhe von List 16 DouIlchlairdL HoHslcslo«« Im aufnahmen und bis zu den Flußmündungen geleiteten. Me Schiffe und Boote liefen im Lauf des Tages in die Flußmündungen ein. Besonderer Erwähnung bedarf das Einbringen der namentlich im Vorschiff schwer havarierten „Seydlitz", Kommandant Kapitän zur See von Egidy. Der Kreuzer hatte noch im Laufe der Nacht eine Begegnung mit englischen Panzerkreuzern gehabt, welche Erkennungs- fignale machten, die er mit denselben Zeichen erwiderte, woraufhin die Engländer, obgleich „Seydlitz" hinter ihnen herfeuerte, von einem weiteren Fühlunghalten Abstand nahmen. Daß das Schiff den Hafen erreicht hat, ist eine hervorragende seemännische Leistung des Kommandanten und der Besatzung. Es lief schließlich über den Achtersteven in die Wilhelmshavener Schleuse ein. Die aus der Ems ausgelaufenen U-Boote erhielten Befehl. „Elbing" und havarierte Schiffe des Feindes zu suchen. Den vor den englischen Häfen ausliegenden U-Booten wurde aufgegeben, wenn irgend möglich, noch einen Tag länger auf Station zu bleiben. „17 46" traf 6 Uhr 20 Min. nachmittags, etwa 60 km nördlich von Terschelling, auf ein havariertes Schiff der Jron- Duke-Klasse („Marlborough"), das sehr stark gesichert war, so daß ein Herankommen auf gute Schußentfernung dem U-Boot unmöglich gemacht wurde. Bei einem dennoch unternommenen Angriffsversuch verfehlte der gefeuerte Torpedo das Ziel. Von den vor den feindlichen Häfen ausliegenden U-Booten haben „II 21" am 31. Mai und „17 52" am 1. Juni je einen Treffer gegen einen Zerstörer erzielt. Das Sinken konnte in beiden Fällen wegen der feindlichen Gegenwirkung nicht beobachtet werden. Außerdem hatte eines unserer Minenboote, welches zu derselben Zeit Minen westlich der Orkney-Inseln gelegt hatte, einen besonders wichtigen Erfolg errungen. Der englische Panzerkreuzer „Hampshire" (11 000 1) wurde am 5. Juni durch diese Minen versenkt; auf ihm hat auch der Feldmarschall Lord Kitchener mit seinem Stabe den Untergang gefunden. Die beiderseitigen Verluste: Der Feind hat bei vorsichtiger Bewertung der von uns gemachten Beobachtungen verloren: Großkampfschiff der Queen Elizabeth-Klasse . . 28 500 t Schlachtkreuzer („Queen Mary", „Jndefatigable", „Invincible") 63 t Panzerkreuzer („Blackprince", „Defence", „War- rior" und einer der Cressy-Klasse) . . . . 53 700 t Kleine Kreuzer 9 t 13 Zerstörer 15 t Im ganzen 169 200 Wir haben verloren: 1 Schlachtkreuzer („Lützow")*) 26 700 t 1 älteres Linienschiff (Pommern") 13 200 t Kleine Kreuzer („Wiesbaden", „Elbing", „Rostock", „Frauenlob") 150 t Torpedoboote Z ggO Im ganzen 60 730 Die Verluste des Feindes sind fast durchweg Totalverluste, während mir die Besatzungen von „Lützow", „Elbing", „Rostock" und die Hälfte der Torpedobootsbesatzungen bergen konnten. ) In meiner ersten dem Admiralstab nach Berlin gerichteten Meldung von dem Verlauf der Schlacht war auch der Untergang der „Lützow" mlterwahnt. Die Bekanntgabe dieses Verlustes wurde zunächst noch vom Admiralstab zurückgehalten, ohne daß von mir das Verlangen danach ausgesprochen war. Der Feind konnte den Untergang dieses Schiffes leibst nicht beobachtet haben. Im Interesse der Seekriegführung war es daher begreiflich, dem Gegner die Kenntnis davon vorzuenthalten. Leider aber erweckte die Verheimlichung den Anschein, als ob wir es nötig hätten, auf diese Weise unseren Erfolg zu vergrößern 16* Die Skagerrak-Schlacht Unsere Personalverluste betrugen: 2400 Mann tot 400 „. Beim Gegner sind sie auf etwa 7000 Tote zu schätzen. Admiral Jellicoe hat versucht, unsere Verluste folgendermaßen zu vergrößern nach einer Liste, die er seinem Bericht vom 18. Juni 16 beifügte: Schlachtschiffe oder Schlachtkreuzer: richtig ist: Schlachtschiffe Dreadnought-Typ keins 1 Schlachtschiff „Deutschland"-Typ „ eins 1 Schlachtschiff od. Schlachtkreuzer wahrscheinlich einer 1 Schlachtschiff Dreadnought-Typ „ keins Leichte Kreuzer: 4 Leichte Kreuzer sicher 1 schweres Schiff oder Leichter Kreuzer „ keins Torpedobootszerstörer: 6 Torpedobootszerstörer fünf Torpedobootszerstörer nein Submarines: 1 Submarine sicher 3 Submarines möglich „ Hinsichtlich der „Submarines" hat er sich völlig getäuscht, da in der Schlacht überhaupt keine beteiligt waren. Den Gesamteindruck aus der Schlacht habe ich in meinem schriftlichen Bericht an Seine Majestät den Kaiser vom 4. 7. 1916 folgendermaßen niedergelegt: „Der errungene Erfolg ist der angriffsfreudigen, zielbewußten Führung durch die Unterführer und den vortrefflichen, von hervorragendem kriegerischen Geist getragenen Leistungen der Besatzungen zu danken. Er ist nur möglich gewesen dank der Güte unserer Schiffe und ihrer Waffen, dank der zielbewußten Friedensschulung der Verbände und dank der gewissenhaften Einzelschiffsausbildung. Die reichen Erfahrungen werden sorgfältig verwertet werden. Die Schlacht Hab bewiesen, daß wir uns in dem Ausbau unserer Flotte, in der Entwicklung der einzelnen Schiffstypen von richtigen strategischen und taktischen Anschauungen haben leiten lassen, daß wir deshalb die eingeschlagene Bahn weiter verfolgen müssen. An dem Erfolg haben alle Waffen ihren Anteil. Den Ausschlag hat aber unmittelbar und mittelbar die weittragende schwere Artillerie der Großkampffchiffe gegeben: sie hat den größten Teil der dem Gegner zugefügten, bisher bekannten Verluste herbeigeführt und die T-Flottillen zu erfolgreichem Angriff an das Linienschiffs-Gros herangebracht. Das Verdienst der T-Flotillen, durch ihren Angriff den Großkampfschiffen schließlich eine glatte Loslösung vom Feinde ermöglicht zu haben, wird durch diese Feststellung nicht geschmälert. Das Großkampfschiff — Linienschiff und Kreuzer — ist und bleibt deshalb der Grundpfeiler der Seemacht. Cs wird sich weiter entwickeln müssen durch Verstärkung des Geschützkalibers, Erhöhung der Geschwindigkeit und Vervollkommnung des Panzer- und Unterwasserschutzes. Eurer Majestät melde ich zum Schluß alleruntertänigst, daß die Hochseeflotte Mitte August bis auf „Derfflinger" und „Seydlitz" zu neuem Schlage bereit sein wird. Bei günstigem Verlauf der dann einsetzenden Operationen wird der Gegner zwar empfindlich geschädigt werden können, trotzdem kann kein Zweifel bestehen, daß selbst der glücklichste Ausgang einer Hochseeschlacht England in diesem Kriege nicht zum Frieden zwingen wird: die Nachteile unserer militärgeographischen Lage gegenüber der des Jnselreichs und die große materielle Übermacht des Feindes werden durch die Flotte nicht in dem Maße ausgeglichen werden können, daß wir der gegen uns gerichteten Blockade oder des Inselreichs selber Herr werden, auch nicht wenn die Unterseeboote für militärische Zwecke voll verfügbar sind. Ein sieghaftes Ende des Krieges in absehbarer Zeit kann nur durch Niederringen des englischen Wirtschaftslebens erreicht werden, also durch Ansetzen des Unterseeboots gegen den englischen Handel. Hierzu eine abgeschwächte Form zu wählen, muß ich nach pflichtmäßiger Überzeugung nach wie vor Eurer Majestät dringend abraten, nicht nur, weil es dem Wesen der Waffe widerspricht und der Einsatz der Boote nicht im Verhältnis zu dem zu erwartenden Gewinn steht, sondern weil es trotz größter Gewissenhaftigkeit der Kommandanten nicht möglich ist, in Englands Gewässern, in denen die amerikanischen Interessen lebendig sind, Zwischenfälle zu vermeiden, die uns zu demütigendem Nachgeben zwingen, wenn wir nicht bis zur vollen Schärfe durchhalten können." Meinem Schlachtbericht habe ich am 16. Juli 1916 eine Ergänzungsmeldung folgen lassen, nachdem die englische Presse den Bericht des Admirals Jellicoe veröffentlicht hatte, die ich hier im Wortlaut wiedergebe: „Der von der englischen Presse veröffentlichte Bericht des Admirals Jellicoe ergänzt die von nns gemachten Beobachtungen wie folgt: 1. Die Gruppierung der englischen Skreilkräfke Dem Vizeadmiral Beatty unterstanden: I. und II. Battle Eruiser Squadron. V. Battle Squadron (Queen Elizabeths). II. und III. Light Eruiser Squadron. IX., X. und XIII. Zerstörerflottille. Admiral Jellicoe führte: II. und IV. Battle Squadron (Flottenflaggschiff an der Spitze des IV. Battle Squadron). Battle Eruiser Squadron (Jnvincibles). I. und II. Eruiser Squadron. Light Eruiser Squadron. IV., XI. und XII. Zerstörer-Flottille. Die Formierung dieser Streitkräfte im letzten Teil der Tagschlacht geht aus nebenstehender Skizze, die dem Buche des Admirals Iellicoe entnommen ist, hervor. 2. Das Eingreifen des englischen Gros in die Schlacht Admiral Jellicoe hat, als er die erste Nachricht vom Sichten des Feindes erhielt, nordwestlich von Admiral Beattys Streitkräften gestanden. Er ist darauf in Kolonnenformation mit SO-Kurs und höchster Fahrt vorgestoßen, hat das I. und II. Cruiser Squadron zur Aufklärung vor die Spitze seiner Formation genommen und das III. Battle Cruiser Squadron (anscheinend verstärkt durch „Agincourt"††††††††) zur Unterstützung des Admirals Beatty vorausgeschickt. Das III. Battle Cruiser Squadron ist östlich vor der Spitze Admirals Beattys vorbeigestoßen, hat 7 Uhr 30 nachmittags in SW Kanonendonner gehört und das Aufblitzen der Schüsse gesehen, hat darauf den Kleinen Kreuzer „Chester" zur Aufklärung ausgesandt und ist selbst auf NW-Kurs gegangen. „Chester" ist kurz vor 8 Uhr auf unsere II. Aufklärungsgruppe gestoßen und von ihr in Brand geschossen. Auf der Verfolgung der „Chester" ist die II. Aufklärungsgruppe alsdann auf das III. Battle Cruiser Squadron gestoßen und von ihm unter Feuer genommen. Die Angriffe unserer IX. T-Flottille und 12. T-Halbflottille um 8 Uhr nachmittags sind gegen dieses III. Battle Cruiser Squa- dron gerichtet gewesen. Admiral Beatty hat das III. Battle Cruiser Squadron 8 Uhr 10 nachmittags gesichtet und 8 Uhr 21 nachmittags vor das von ihm geführte I. und II. Battle Cruiser Squadron genommen. Admiral Jellicoe hat 7 Uhr 55 nachmittags das Geschützfeuer gesichtet. Es war ihm nicht möglich, die Stellung unserer Flotte auszumachen. Der Besteck-Unterschied zwischen ihm und Admiral Beatty erhöhte die Unsicherheit in der Be- urteilung der Lage. Der Bericht sagt, daß es schwer war, Freund und Feind zu unterscheiden. 8 Uhr 14 schwenkten die Linienschiffsgefchwader zwischen dem l. und II. Battle Cruiser Squadron und dem V. Battle Squadron nach Osten zur Linie ein. 8 Uhr 17 nachmittags eröffnet? das I. Battle Squadron Feuer gegen die Spitze unserer Linienschiffe. Die Linienschiffsgeschwader haben dann mit Unterbrechung bis 10 Uhr 20 nachmittags am Kampfe teilgenommen. Kurz vor den Linienschiffsgeschwadern griffen das I. Cruiser Squadron und leichte Streitkräfte des Gros in das Gefecht ein. 8 Uhr 50 nachmittags, also zwischen unserem ersten und zweiten Stoß, nahm Admiral Beatty das 111. Battle Cruiser Squadron hinter das II. Battle Cruiser Squadron. 9 Uhr 6 nachmittags steuerte die Spitze der Linienschiffsgeschwader Süd. Das von uns- gewonnene Gesamtbild der Schlacht wird durch die englischen Angaben nur ergänzt, nicht geändert. 3. Das Verhallen des Gegners während der Nacht 9 Uhr 45 nachmittags hatte Admiral Beatty unsere Streitkräfte aus Sicht verloren. Er ließ darauf das 1. und Light Cruiser Squadron nach Westen aufklären und ging 10 Uhr 20 abends zu ihrer Unterstützung mit dem I. und II. Battle Cruiser Sqadron auch auf Westkurs. Unmittelbar darauf kam es zu dem in meinem Gefechtsbericht geschilderten Zusammenstoß mit der Spitze unseres Gros, bestehend aus Aufklärungsgruppe, I. Aufklärungsgruppe und li. Geschwader. Daraus, daß unsere Streitkräfte nach Westen abwendeten, muß der englischeAdmiral angenommen haben, daßunser Gros westlichen Kurs ausgenommen habe, und folgte dieser Richtung. Der Umstand, daß wir gleichzeitig das II. Geschwader nach hinten nahmen, und mit der neuen Spitze (dem I. Geschwader) sofort wieder auf SO-Kurs gingen, führte dazu, daß die Streitkräfte Admiral Beattys an unserer Spitze vorbei nach Westen stießen und die Fühlung endgültig verloren. Das englische Gros hat sich offenbar nach der Schlacht in zwei Teile geteilt. Der Bericht des Admirals Jellicoe ver- schweigt das. Der eine Teil, bestehend aus Großkampfschiffen und leichten Streitkräften, hat anscheinend nördliche und östliche Kurse gesteuert, da eine Schiffsgruppe 5 Uhr vormittags am 1. Juni von „1^ 24" in der Iammerbucht dicht unter Land gesichtet ist. Vielleicht sind es die hinten stehenden beiden Geschwader gewesen, die vor dem Angriff unserer VI. und IX. T-Flottille 9 Uhr 25 abgestaffelt haben und dann anscheinend den Anschluß an das Gros verloren.‡‡‡‡‡‡‡‡) Der andere Teil unter Führung des Admirals Jellicoe — nach den Beobachtungen von „1^ 11" aus 18 Großkampfschiffen, 3 Schlacht- keruzern (wahrscheinlich 111. Battle Cruiser Sqadron) und zahlreichen leichten Streitkräften bestehend — hat bis 10 Uhr 46 nachmittags Süd, dann Südwest gesteuert. Aus aufgenommenen englischen Funksprüchen scheint hervorzugehen, daß er 15 «in gelaufen hat. Er muß unter Zugrundelegung dieser Kurse und Fahrten gegen 12 Uhr nachts unsere Kursrichtung 10—15 sin vor unserer Spitze gekreuzt und später Kurs auf die Mitte der Linie Hornsriff-Terschelling genommen haben, und dort ist er 5 Uhr vormittags von „1^ 11" mit nordnordöstlichem Kurse gesichtet. 4. Folgerung aus dem Verhallen des Gegners während der Ttachk Admiral Jellicoe will die Absicht gehabt haben, uns mit Tagesanbruch erneut zur Schlacht zu stellen. Unerklärlich bleibt dann zunächst, weshalb ein Teil des Gros während der Nacht die Jammerbucht angesteuert hat. Unverständlich bleibt ferner, daß die leichten Streitkräfte des Gegners, die bis 4 Uhr 30 vormittags im Gefecht mit unserem Gros standen, und somit während der ganzen Nacht Fühlung an unserem Gros hatten, keine Möglichkeit gefunden haben sollten, den Admiral Jellicoe und den Admiral Beatty über unseren Standort, unseren Kurs und unsere Fahrt zu unterrichten. Aber selbst davon abgesehen, muß man annehmen, daß allein schon das Feuer unserer Geschütze und die brennenden Kreuzer und Zerstörer des Feindes dem englischen Gros unseren Weg hätten zeigen müssen. Tatsache ist jedenfalls, daß die schweren Streitkräfte des Gegners am 1. Juni morgens in wenigstens drei Gruppen zersplittert waren: die eine nördlich, die andere mit Admiral Beatty nordwestlich und die dritte unter Admiral Jellicoe südwestlich von Hornsriff. Offenbar hat diese Zersplitterung der Streitkräfte, die nur damit zu erklären ist, daß die allgemeine Führung ncich der Tagschlacht dem Admiral Iellicoe verlorenging, den Führer bewogen, einem neuen Kampfe auszuweichen. ^ XI. Nach der Schlacht Am 1. Juni 3 Uhr nachmittags hatte „Friedrich der Große" auf Wilhelmshaven-Reede geankert. Die Größe unseres Erfolges gegen die feindliche Übermacht war inzwischen den Besatzungen aller unserer Schiffe zu vollem Bewußtsein gekommen, und mit freudigen Hurras begrüßten sie beim Vorbeifahren das Flaggschiff ihres Führers. Äußerlich war den im heftigsten Feuer gewesenen Linienschiffen kaum etwas anzumerken, da sie weder Schlagseite noch nennenswerte Tiefgangsvermehrung aufwiesen. Bei näherer Besichtigung zeigte es sich jedoch, daß erhebliche Zerstörungen eingetreten waren. Aber der Panzerschutz hatte seinen Zweck, die lebenswichtigen Teile der Schiffe zu schützen, so vollkommen erfüllt, daß die Bewegungsfähigkeit nicht gelitten hatte. „König" und „Großer Kurfürst" liefen in die Werft ein, da ihr Ankergeschirr zerschossen war. Die Panzerkreuzer wurden ebenfalls zunächst sämtlich auf die Werft genommen, um den Umfang der notwendigen Reparaturen festzustellen. Hier waren die Zerstörungen auch äußerlich sehr viel bedeutender. Es war erstaunlich. daß die Schiffe in diesem Zustand verwendungs- und manövrierfähig geblieben waren. Dies war besonders der mangelhaften Wirkung der englischen Geschosse schweren Kalibers zu verdanken, deren Sprengwirkung nicht im Verhältnis zu ihrer Größe stand. An einer großen Anzahl aufgefundener Sprengstücke war deutlich ersichtlich, daß als Sprengladung nur Pulver verwendet sein konnte. Manche Granaten van 34 und 38 cw Kaliber waren nur in so große Stücke zerbrochen, daß sie sich aus den aufgefundenen Stücken wieder vollkommen zusammensetzen ließen. Andererseits aber zeigte die Färbung der Schiffswände durch Geschoßtresser, daß bei den Sprengladungen anderer Geschosse auch Pikrinsäure verwendet sein mußte. Eine technische Kommission des Reichsmarineamts nahm eine gründliche Besichtigung der Trefferwirkung vor, um daraus die Nutzanwendung zu ziehen. Zu dem einen Entschluß gelangten wir sofort, die so viel umstrittene Frage der Torpedoschutznetze für die Flotte endgültig dahin zu entscheiden, daß die Netze von Bord gegeben werden sollten. Sie waren auf den meisten Schiffen doch so beschädigt, daß ein Ausbringen unmittelbar nach dem Gefecht ausgeschlossen gewesen wäre, vielfach aber hingen sie in gefährlicher Weise aus den Netzkästen heraus, und waren nur wie durch ein Wunder nicht in die Schrauben gekommen, wodurch sie im Gefecht oder auf dem Marsche die Flotte in große Verlegenheit hätten bringen können. Der Gesamteindruck von allen Beschädigungen war der, daß unsere Schiffe durch ihre vorzügliche Konstruktion eine außerordentliche Widerstandsfähigkeit bewiesen hatten. Es galt zunächst, die Dispositionen für die Instandsetzung der Schiffe zu treffen, da die Wilhelmshavener Werft allein nicht imstande war, alle Reparaturen zu bewältigen, und es vor allen Dingen darauf ankam, die Flotte möglichst schnell wieder in gefechtsbereiten Zustand zu bringen. Die Wilhelmshavener Werst behielt die Reparatur des Großen Kreuzers „Seydlitz" und der Schiffe des I. Geschwaders, von denen „Ostfriesland" wegen der Minenexplosion und „Helgoland" wegen eines Treffers über der Wasserlinie ins Dock mußten. Die Linienschiffe „Großer Kurfürst" und „Markgraf" sowie der Große Kreuzer „Moltke" gingen nach Hamburg auf die Werften von Blohm K Boß und des Vulkan zur Reparatur, Linienschiff „König" und der Große Kreuzer „Derfflinger", letzterer nach einer vorläufigen Reparatur im Schwimmdock zu Wilhelmshaven, durch den Kaiser-Wilhelm-Kanal auf die Kaiserliche Werft und Howaldts Werft in Kiel. Die Kaiserlichen Werften zu Kiel unter Leitung des Bize- admirals v. Henkel-Gebhardi und zu Wilhelmshaven unter Konteradmiral Engel, ebenso auch die an den Reparaturen beteiligten Privatwerften haben sich durch ihre vorzügliche Arbeitsleistung ein großes Verdienst um die Kriegsbereitschaft der Flotte erworben. Wenn die englische Flotte so gut davongekommen war, wie es nach den Pressemitteilungen den Anschein erwecken sollte, war damit zu rechnen, daß sie unverzüglich die Gelegenheit ergreifen würde, zu einem großen Angriff auszuholen. Aber dieser blieb aus. Unser Bestreben war darauf gerichtet, sobald wie möglich wieder in See zu gehen, um einen neuen Vorstoß zu unternehmen. Mitte August war die Flotte wieder dazu bereit, die beiden Panzerkreuzer „Seydlitz" und „Derff- linger" ausgenommen. Dafür hatte die Flotte einen Zuwachs in dem neuen Linienschiff „Bayern" erhalten, dem ersten Schiff, welches mit 38-em-Gefchützen bestückt war. Unmittelbar nach der Schlacht häuften sich die freudigen Kundgebungen von Führern und Truppenteilen des Feldheeres über den Erfolg der Flotte sowie aus allen Teilen des Landes und den verschiedensten Kreisen der Bevölkerung. Besonders dankbar begrüßte ich die in großer Zahl einlaufenden Spenden zur Unterstützung der Hinterbliebenen von Gefallenen und der Verwundeten, die vielfach in rührender Weise die Anteilnahme der Geber bekundeten und in kurzer Zeit die Höhe von einer Million Mark erreichten§§§§§§§§). Die erste Ehrung, welche der Flotte zuteil wurde, war ein Besuch Seiner Majestät des Kaisers am 5. Juni, welcher vom Flottenflaggschiff „Fried- rich der Große" aus, das am Bollwerk in der Werft lag, den dort angetretenen Abordnungen der Besatzungen aller Schiffe in einer warmen Begrüßungsrede den Dank des Vaterlandes für die Leistung der Flotte aussprach. Am Nachmittag seiner Anwesenheit besuchte der Kaiser sämtliche Lazarette, in denen Verwundete lagen, und das Lazarettschiff „Sierra Ventana", auf welchem auch der in der Schlacht verwundete Führer des III. Geschwaders, Konteradmiral Behncke, lag, der dem Kaiser über seine Eindrücke, die er an der Spitze der Linienschiffe gewonnen hatte, längere Auskunft geben konnte. Auch verschiedene deutsche Fürsten zeichneten die Flotte durch ihre Besuche aus, um ihren Landesangehörigen die Grüße der Heimat zu bringen und ihre Teilnahme an den Taten der Flotte und den Erlebnissen ihrer Besatzungen zu bekunden. So kamen unmittelbar nach der Schlacht die Großherzöge von Mecklen- burg-Schwerin und Oldenburg, denen bald auch die Könige von Sachsen und Bayern folgten. Hierbei wurde offenkundig, daß keine andere Einrichtung des Reiches so geeignet ist, seine Einheitlichkeit zu verkörpern wie die Marine, in der die Angehörigen aller Stämme unseres Vaterlandes aufs engste zusammengeführt und miteinander zu gemeinschaftlichem Handeln auf Gedeih und Verderb verbunden sind. Bei diesen Besuchen fand sich auch Gelegenheit, neben der Besichtigung der Schiffe über die allgemeinen Aufgaben der Flotte und ihre Absichten in dem noch bevorstehenden weiteren Kampf Auskunft zu erteilen, denn die Aufmerksamkeit des Landes war, wie diese Besuche zeigten, erst durch die Schlacht in erhöhtem Maße auf die Tätigkeit der Flotte gelenkt worden. Die Entstehung der Schlacht und ihre Folgen ließen sich in folgendem Gedankengang ausdrücken: „Die Schlacht ist herbeigeführt durch die planmäßige Arbeit, den Feind durch immer schärfer angesetzte Operationen (schließlich Beschießung der englischen Küste) aus seiner Zurück- Haltung herauszuziehen. Es sollte die englische Absicht durch, brochen werden, Deutschland wirtschaftlich zu erwürgen, ohne die eigene Flotte den deutschen Geschützen ernstlich auszusetzen. Gesteigert wurde dieses operative Bestreben bei uns dadurch, daß die Einstellung des U-Boot-Handelskrieges es unmöglich machte, den Lebensnerv Englands direkt anzufassen. Wir mußten daher mit allen Mitteln versuchen, zu beweisen, daß die deutsche Hochseeflotte willens und fähig wäre, mit England den Kampf zur See aufzunehmen, um Deutschlands Anspruch auf selbständige überseeische Entwicklung durchsetzen zu helfen. Der deutsche Gedanke, der in der Gründung der Flotte verkörpert liegt, mußte sich im Kampf Geltung verschaffen, um nicht zu verkümmern. Die Durchführung der Schlacht ist aus- gebaut auf dem Grundgedanken, daß auch der numerisch Schwächere sich nicht scheuen darf, die überlegene Masse anzufassen, wenn nur der Wille dazu gegründet ist auf hingebendes Personal, Vertrauen iu das Material und auf die Überzeugung von der Vollkommenheit der Ausbildung. Aus einem einleitenden Kreuzergefecht von etwa zweistündiger Dauer, das schon die Überlegenheit unserer Artillerie bewiesen hatte, entwickelte sich der Zusammenstoß mit dem stark überlegenen feindlichen Gros. Die geschickten Versuche der Engländer, uns in eine Umfassung durch ihre Hauptflottenmacht hineinzuführen und vom Heimweg abzuschneiden, sind in eine englische Niederlage verwandelt worden dadurch, daß es uns gelungen ist, zweimal mitten in die feindliche Masse mit aller Gewalt hineinzustoßen, uns dann der beabsichtigten Umklammerung zu entziehen und, der weiteren Umfassung entgegentretend, trotz aller während der Nacht erfolgenden Angriffe uns den Weg nach dem für den nächsten Morgen wichtigen strategischen Punkt Hornsriff zu erzwingen. Dabei erlitt der Feind mindestens doppelt so große materielle und dreimal so große personelle Verluste wie wir. Die englische Überlegenheit ist daran gescheitert, daß die Flotte es nicht vermocht hat, an uns festzuhalten, und daß sie nach Beendigung der Tagschlacht die gemeinsame Führung verlor. Die eng- lischen Panzerkreuzer haben nach einem Zusammenstoß mit unserer Spitze zu Beginn der Dunkelheit die Fühlung mit uns unbegreiflicherweise verloren. Sie haben in die leere Nordsee gestoßen. Das englische Gros hat am Schluß der Schlacht den Zusammenhalt verloren und sich erst am nächsten Tage nachmittags 6 Uhr wieder zusammengefunden. Iellicoe hat nach ständigen, für die Engländer sehr verlustreichen Nachtkämpfen uns am nächsten Morgen nicht mehr angenommen, obwohl er die materielle Macht und die dazu nötige Geschwindigkeit besaß. Wir haben vor der Welt beweisen können, daß die englische Flotte nicht die Unwiderstehlichkeit besitzt, deren sie sich rühmte. Das Recht des deutschen Volkes auf das freie Meer haben wir im Kampfe durchfechten dürfen. Der Kampf hat aber auch bewiesen, daß der Aufbau unserer Marine als Hoch- seeflotte richtig war. Der deutschnationale Gedanke kann nur durch eine Hochseeflotte gegen England in die Welt getragen werden. Als Kriegsmittel muß daneben allerdings das U-Boot voll angewandt werden, um den englischen Lebensnerv zu fassen, wenn wir in unserer jetzigen Lage nicht doch schließlich materiell verbluten sollen." Auch dem Reichskanzler gegenüber, der die Flotte am 30. Juni in Begleitung des Unterstaatssekretärs von Stumm aufsuchte, habe ich diese Auffassung vertreten und sie auch in meinem Immediatbericht vom 4. Juli deshalb besonders hervorgehoben, weil ich aus Mitteilungen des Chefs des Admiralstabs und des Marinekabinetts ersehen hatte, daß Bestrebungen im Gange waren, den U-Boot-Krieg in seiner unzulänglichen Form wieder aufzunehmen. Der Reichskanzler gab mir ein ausführliches, sehr düster gehaltenes Bild der Lage, die ihn nötige, Deutschland weiiere Gegner zurzeit fernzuhalten, die durch die Erklärung des uneingeschränkten U-Boot-Krieges seiner Überzeugung nach erstehen würden. Ich führte ihm die militärischen Gründe an, welche die Führung des U-Boot- Krieges nach Kreuzerart unwirksam machen würden. Wann die politischen Verhältnisse die Aufnahme der wirkungsvollsten Kriegführung gegen England zuließen, müsse die Reichsleitung entscheiden, und ich maße als Flottenchef mir darauf keinen Einfluß an, weil dies Sache des Admiralstabs sei. Aber ich könne mich nicht damit einverstanden erklären, den U-Boot- Krieg in der abgeschwächten Form zu führen, die nach jeder Richtung hin unbefriedigend sei. Auch der Reichskanzler war einer solchen Art abgeneigt und erklärte, allerdings aus einem anderen Grunde, sich nicht darauf einlassen zu wollen, weil gerade bei dieser Art der Kriegführung Zwischenfälle, die zu Verwicklungen führen könnten, nicht ausgeschlossen seien, und es darauf hinauskäme, das Schicksal des deutschen Volkes in die Hand eines U-Boot-Kommandanten zu legen. Vor seinem Abschied aus Wilhelmshaven war er mit den dort anwesenden Admiralen zu einem Mahl versammelt, bei dem er die Hoffnung aussprach, daß es gelingen würde, alle Waffen der Marine in diesem Kriege noch zur Geltung zu bringen. Daß der U-Boot-Krieg fürs erste wohl schwerlich wieder gegen den englischen Handel angesetzt werden würde, war mir nach diesem Besuche allerdings völlig klar geworden, ebenso wie ich aus den Äußerungen des Reichskanzlers im Laufe der längeren Nachmittagsunterhaltung den Eindruck gewonnen hatte, daß es ihm sehr darauf ankam, England nicht weiter zu reizen und es mit diesem Lande nicht auf einen „Kampf bis aufs Blut" ankommen zu lassen. An diesen Besuch knüpften sich sehr bald allerlei Legenden: Der Kanzler habe bezweckt, das Flottenkommando zu bewegen, die Angriffe gegen England einzuschränken, insbesondere habe er sich gegen die Luftschiffangriffe ausgesprochen. Sie sind völlig unzutreffend, da diese Gegenstände überhaupt nicht berührt wurden und ich den Reichskanzler auch nicht für zuständig hätte halten können, mir für die Art der Kriegführung solche Ratschläge zu erteilen. Bis zur Wiederaufnahme der Flottentätigkeit setzten die Torpedoboote ihre Bemühungen fort, an den Feind zu kom- 17 DoutMan'dS Hvchslrflvttr im WMlrie-e men. Da der flandrische Stützpunkt dafür bessere Aussichten bot, so lange die Flotte in ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt war, wurde eine Flottille dorthin detachiert. An dieser Einrichtung wurde aber auch später festgehalten, zunächst in der Weise, daß abwechselnd Teile der verschiedenen Flottillen dorthin entsandt wurden, um möglichst allen Booten Gelegenheit zu geben, die Kriegführung von dort aus kennenzulernen. Später aber stellte es sich als vorteilhafter heraus, eine Flottille ganz zu diesem Zweck dem Marinekorps zu unterstellen, um die einmal erlangte Vertrautheit mit den dortigen Verhältnissen besser auszunutzen. Anfang August konnten auch die Luftschiffsangriffe wieder ausgenommen werden, da die Nächte dunkler geworden waren. Der erste Angriff erfolgte in der Nacht vom 2. zum 3. und richtete sich gegen die südwestlichen Grafschaften: Norfolk, Suffolk und Essex. Auch London selbst wurde ausgiebig beworfen. In der Nacht vom 8. zum 9. August erfolgte wieder ein Angriff, diesmal auf die Mitte Englands, und am Ende des Monats noch ein dritter in der Nacht vom 24. zum 25. August auf die City und den südwestlichen Teil von London sowie Harwich, Folkestone und die Reede von Dover. Dabei wirkte auch ein Armeeluftschiff mit. Von allen diesen Unternehmungen kehrten unsere Luftschiffe trotz heftiger Gegenwirkung wohlbehalten zurück. Es hatte sich gezeigt, daß die englische Abwehr entschieden verbessert worden war und unsere Angriffe erschwerte. Je größere Anstrengungen England machte, sein Landheer auf dem Festland und anderen Kriegsschauplätzen zu verstärken, um die Entscheidung auf dem Lande gegen uns mit zu erzwingen, desto unangenehmer mußte es empfunden werden, noch eine starke Abwehr gegen die Luft- ' schiffe aufzubieten. Zwischen diesen beiden Angriffsperioden des Monats August wurden die Luftschiffe in den Aufklärungsdienst für den ersten Flottenvorstoß eingestellt, der nach Fertigstellung der Schiffe geplant war und wieder in der Richtung auf Sun- deriand angesetzt wurds. In dem strategischen Verhalten der englischen Flotte hatte sich keine Änderung beobachten lassen. Der U-Boots-Handelskrieg im Kriegsgebiet um England ruhte noch, die U-Boote der Flotte waren zur militärischen Verwendung bereit. In diesen beiden Hilfsmitteln, Luftschiffen und U-Booten, erblickte ich einen Ausgleich für die sonstige Überlegenheit der englischen Flotte. Die Ausstellung von U-Booten vor den englischen Häfen hatte in der von uns gewählten Form am 31. Mai keine nennenswerte Erfolge gebracht, und sie muhte auch versagen, wenn sich die englische Flotte zur Zeit ihres Auslaufens schon in See befand. Auch hatte die Art des Ansetzens der Boote nicht befriedigt. Vor dem Firth of Forth waren damals den sieben U-Booten, die dort Wartestellung eingenommen hatten, Sektoren angewiesen, die von einem Scheitelpunkte an der Mündung der Bucht ausstrahlten. Je mehr sich die Boote der Bucht näherten, um so enger kamen sie an diesem Scheitelpunkt zusammen und konnten sich dadurch gegenseitig behindern oder mit feindlichen Booten verwechseln. Standen sie weiter nach See hinaus, so vergrößerte sich der Abstand, und die Stellung der einzelnenBoote zueinander wurde ganz unregelmäßig, wodurch dem Feind das Durchkommen erleichtert werden konnte. Es waren daher andere Überlegungen angestellt, deren Ausführung mehr Erfolg versprach. Es sollte zunächst die Methode beweglicher Standlinien, welche die U-Boote in der wahrscheinlichen Anmarschrichtung des Feindes einzunehmen hatten, erprobt werden. Die Mitte August verfügbaren Boote waren in drei Gruppen geteilt, von denen zwei aus Booten der Flotte, die dritte aus den U-Booten des Marinelorps in Flandern gebildet waren. Die beiden Gruppen der Flotten-U-Boote sollten zunächst die in der Karte*********) mit I und IH bezeichnten Standlinien einnehmen. Auf diese Weise boten sie der Flotte bei ihrem Vorstoß eine Deckung nach beiden Seiten. Die Flotten-Boote hatten eine Aufstellung für Seiten- und Rückendeckung gegen Streitkräfte, die etwa aus dem Kanal herauskommen würden. Außer denLinienI undIII waren noch andereStel- lungen vorgesehen, welche nach einergewissenZeitoder aufkurzen, verabredeten Signalbefehl einzunehmen waren. Damit die Lei- tung der Boote im Zusammenhang mit den Absichten und Bewegungen der Flotte erfolgen konnte, war der Führer der U-Boote während des Flottenoorstoßes auf einem Linienschiff eingeschisft. Der Plan der Flotte war, bei Nacht auszulaufen, den Vormarsch gegen die englische Küste durch die Nordsee bei Tage auszuführen, damit die U-Bootslinien zur Wirkung kommen konnten, und wenn es dabei nicht zu einem Zusammenstoß mit dem Feinde kam oder sonst Beobachtungen gemacht wurden, daß die englische Flotte von See aus uns den Rückweg verlegen wolle, so sollte bis unter die englische Küste vormarschiert und mit Sonnenuntergang Sunderland beschossen werden. Während die Flotte dann nach der Beschießung nachts in die deutsche Bucht zurückmarschierte, nahmen die U-Boote die zweiten Stellungen ein in den wahrscheinlichen Anmarschrichtungen des Feindes, falls er, wie erwartet, auf die Beschießung hin herankommen würde. Am 18. August, 10 Uhr abends, lief die Flotte aus der Jade aus und schlug den in der ^rtenskizze bezeichneten Weg ein†††††††††). Das III. und I. Geschwader - iren vollzählig daran beteiligt, dem II. Geschwader war der >. chutz der deutschen Bucht übertragen worden. Die Kreuzer standen 20 sw vor der Flotte und sollten in diesem Abstand u-ährend des ganzen Vormarsches verbleiben. Sie waren verstärkt durch das nach der Skagerrak-Schlacht neu zur Flotte gxtretene Linienschiff „Bayern" sowie die Linienschiffe „Gro- ßer Kurfürst" und „Markgraf", weil der I. Aufklärungsgruppe zwei Panzerkreuzer, deren Reparatur noch nicht beendet war, fehlten. Die Verstärkung war aber auch im Hinblick darauf getroffen worden, daß auf englischer Seite den Panzerkreuzern wieder das schnelle Geschwader aus „Queen-Elizabeth"-Schiffen beigegeben sein konnte. Der Abstand von 20 sm zwischen unseren Kreuzern und dem Gros sollte ein sofortiges taktisches Zusammenwirken beim Antreffen des Feindes ermöglichen und verhüten, daß die Kreuzergruppe mit den drei wertvollen Kampfeinheiten von Linienschiffen, die ihr zugeteilt waren, den Anschluß an die beiden Geschwader verpassen könnte. Bei dem klaren Wetter, welches am nächsten Tage, dem 19. August, während des Vormarsches herrschte, blieben die Rauchwolken der Kreuzergruppe dauernd in Sicht. Acht Luftschiffe, darunter drei einer neuverbesserten Serie, hatten ihre Stellungen rings um die Flotte eingenommen. Ich hoffte, dadurch von dem Eindringen stärkerer englischer Flottenabteilungen in das von den Luftschiffen eingeschlossene Seegebiet rechtzeitig Kunde erhalten zu können. Der Vormarsch der Flotte vollzog sich planmäßig auf dem in der Skizze bezeichneten Wege bis 2 Uhr 23 Min. nachmittags. Vormittags um 5 Uhr 30 Min. hatte unsere Vorhut eine Begegnung mit einem U-Boot, welche mich veranlaßte, mit der Flotte ein Ausweichemanöver vorzunehmen. Es gelang dem U-Boot aber, auf das Schlußschiff unserer Linie doch noch zum Schuß zu kommen. Um 7 Uhr 5 Min. vormittags meldete „Westfalen", daß sie einen Treffer an Steuerbord mittschn , erhalten habe. Wenn auch die Verletzung des Schiffes ke?^ erhebliche war, so mußte ich doch besorgen, daß im Fck ^ weiterer Kämpfe das Schiff durch einen zweiten Unterwasser- treffer zum Sinken gebracht werden könnte, und verzichtÄe deshalb lieber auf seine Mitnahme. „Westfalen" konnte rM eigener Maschinenkraft nach der Jade zurückfahren und wurde aus dem Rückweg noch einmal angegriffen, wobei der Torpedo- schuß fehlging. Im Laufe des Vormittags waren über den Gegner verschiedene Meldungen von Luftschiffen und U-Booten eingetroffen. Die Stellungen der gemeldeten einzelnen Streitkräfte oder Verbände des Gegners sind in der Skizze angegeben. So sichtete „1^ 13" um 8 Uhr 30 Min. vormittags zwei Zerstörer- Flottillen und ein dahinterstehendes Kreuzergeschwader in hoher Fahrt mit südwestlichem Kurs, um 10 Uhr 40 Min. einige Kleine Kreuzer mit drei Flottillen mit nordöstlichem Kurs. Unsere Hauptfunkenstation Neumünster konnte aus zahlreichen aufgenommenen Funksprüchen den Schluß ziehen, daß sich die englische Flotte in See befand, und teilte uns dies mit. „II 53", Kapitänleutnant Rose, sichtete um 10 Uhr 10 Min. vormittags drei Großkampfschiffe und vier Kleine Kreuzer mit nördlichem Kurs. „1^ 21" meldete gegen Mittag feindliche Streitkräfte mit nordöstlichem Kurs. „II 52" meldete mittags 1 Uhr 40 Min., daß es 9 Uhr vormittags vier feindliche Kleine Kreuzer mit Nordkurs gesehen und einen von ihnen vernichtet habe. Die Standlinie hatte also bereits gewirkt. Aus allen den eingelaufenen Meldungen ließ sich aber noch kein einheitliches Bild der Gegenmaßnahmen des Feindes gewinnen. Daß er von unserem Auslaufen unterrichtet war, konnten wir annehmen, denn das U-Boot, welches „Westfalen" beschossen hatte, mußte seit 7 Uhr vormittags längst eine Meldung nach England abgegeben haben. Von den übrigen Luftschiffen waren keine Bewegungen von größeren Flottenteilen bisher gemeldet, und die Sichtigkeit am Standort der Flotte ließ erwarten, daß auch unsere Luftschiffe einen guten überblick über das gesamte Seegebiet hatten. Als ich um 2 Uhr 22 Min. von „1^ 13" die Nachricht erhielt, daß es im Süden starke feindliche Streitkräfte, etwa 30 Einheiten, mit nördlichem Kurs um 1 Uhr 30 Min. im Quadrat 156 gesichtet habe, beschloß ich, gegen diese Streitkräfte vorzugehen. Die Kreuzergruppe wurde herangeholt, und, nachdem die Vereinigung mit ihr hergestellt war, in Divisionskolonnen in südöstlicher Richtung vorgestoßen. 2 Uhr 30 Min. nachmittags kam bereits wieder eine Meldung von 13", die feindlichen Streitkräfte stünden im Quadrat 144 mit N z. O-Kurs, sie beständen aus 16 Zerstörern, Kleinen und Großen Kreuzern und Linienschiffen. Unter Beibehaltung der beiderseitigen Kurse konnte ein Zusammentreffen schon nach zwei Stunden erwartet werden. Die zweite Aufklärungsgruppe und die II. T-Flottille wurden zur taktischen Aufklärung vorgeschickt. Um 3 Uhr 50 Min. nachm. meldete „I, 13", daß es die Fühlung an den feindlichen Streitkräften durch notwendige Ausweichebewegungen vor Gewittern verloren habe. Das Luftschiff konnte die Fühlung leider nicht wiedergewinnen. Aber ich hoffte, von unseren schwimmenden Streitkräften bald Nachrichten über den Feind zu erhalten, da die Zeit des Zusammenstoßes jetzt herangekommen war. Auch von ihnen blieb eine Meldung aus. Entweder hatte der Feind inzwischen eine andere Richtung eingeschlagen, weil er sich durch die Anwesenheit des Luftschiffs, das zweifellos Aufklärungszwecken der Flotte dienen mußte, beunruhigt fühlte, oder die Standortangabe des Luftschiffes war bei seiner unsicheren Navigierung nicht zutreffend gewesen. Der Vorstoß des Gros wurde so lange fortgesetzt, als es die im Süden liegenden Minenfelder gestatteten. Dann wurde, es war inzwischen 4 Uhr 35 geworden, auf OSO-Kurs gehalten und der Rückmarsch angetreten. Die Aussichten, den im Süden stehenden Feind noch zu treffen, waren geschwunden, und für eine Beschießung von Sunderland noch im Laufe des Tages war es nun zu spät geworden. Während sich die Flotte nach südöstlicher Richtung bewegte, waren von „v 53" und zwei anderen Luftschiffen, „I, 11" und „L, 31", verschiedene Meldungen über feindliche Flottenteile eingegangen, die darauf schließen ließen, daß sich stärkere feindliche Streitkräfte in den etwa 60 sm von unserer Kursrichtung nördlich gelegenen Gebieten gesammelt hatten und auf die ehemalige Anmarschrichtung unseres Gros im Vormarsch begriffen waren. „17 53" war der feindlichen Flotte bis 4 Uhr 30 Min. nachmittags gefolgt, dann kam sie dem U-Boot mit südlichem Kurs aus Sicht. Später, um 9 Uhr abends, begegnete es dem jetzt nordwestlich steuernden feindlichen Gros zufällig wieder. Es passierte um 10 Uhr 45 Min. in Schußweite von „17 65", so daß dies Boot Gelegenheit zum Angriff bekam und ein Großkampfschiff durch Treffer beschädigte. Dann verschwand die englische Flotte mit hoher Fahrt in nördlicher Richtung. Ein anderes unserer U-Boote, „17 66" (Kapitänleutnant v. Bothmer) traf mit sechs Panzerkreuzern und vielen schnellen Kleinen Kreuzern, die erst südöstlichen und dann nordwestlichen Kurs steuerten, gegen 6 Uhr nachmittags zusammen. Es gelang ihm, einen Zerstörer durch Torpedoschuß zu vernichten und einen Kleinen Kreuzer der „Chatham"-Klasse durch zwei Treffer schwer zu beschädigen. Dieselbe Gruppe ist auch von 31" gesichtet worden. Aus diesen 6-Uhr-Meldungen von „17 53" und „1^ 31" ergab sich, daß das englische Gros seinen Vorstoß nach dem Süden gegen Uhr nachmittags aufgegeben hatte und nach NW zurückgelaufen war. Über den Verbleib der im Süden gemeldeten Streitkräfte, die „I, 13" um 2 Uhr 23 Min. gemeldet hatte, hat sich nichts weiter nachweisen lassen, ausgenommen, daß von Uhr 40 Min. ab sechs Kleine Kreuzer und zwei Zerstörer- Flottillen mit östlichem Kurs das deutsche Gros bis zum Anbruch der Dunkelheit begleiteten. Sie wurden zuerst von dem Luftschiff „1^ 11" gemeldet, dann auch von unseren Schiffen aus gesichtet, indem ihre Schornsteine und Masten eben über den Horizont herauskamen. Um so mehr müssen auch diese englischen leichten Streitkräfte unsere großen Schiffe mit ihrer starken Rauchentwicklung erkannt haben, und aus der Jnnehaltung des gleichen Kurses war anzunehmen, daß sie die Fühlung an uns behalten würden, bis sich Gelegenheit zum Nachtangriff bieten würde. Ich stand vor der Frage, ob ich unsere leichten Kreuzer und Torpedoboote gegen sie vorschicken sollte, um sie zu vertreiben, gab diesen Gedanken aber auf, weil ich doch mit einer Geschwindigkeitsüberlegenheit der Engländer rechnete: auch glaubte ich nach den günstigen Ersahrun- gen, die wir in der Nacht zum 1. Juni gemacht hatten, es auf den Nachtangriff ankommen lassen zu können. Um aber durch Torpedobootsangriffe nicht überrascht zu werden, wurde für den Rückmarsch in der Nacht eine starke Vorhut von Torpedobooten vor unsere eigene Spitze gestellt. Die günstige Gelegenheit, die sich hier den englischen Torpedobooten bot, auf unsere ganze Flotte einen Nachtangriff anzusetzen, wurde von ihnen nicht ausgenutzt. Zu unserem größten Erstaunen meldete 11" um 8 Uhr 10 Min. abends, daß der Feind sich in südöstlicher Richtung entfernt habe und um 10 Uhr 10 Min. ganz abgedreht und aus Sicht gekommen sei. Wahrscheinlich hat es sich bei dieser Gruppe um die leichten Fahrzeuge gehandelt, die der von „I, 13" zuerst gemeldeten Gruppe zugeteilt waren und sich von ihren Linienschiffen getrennt hatten. Besondere Vorkommnisse sind dann auf dem Rückmarsch weiter nicht eingetreten. Der von „v 66" angeschossene Kreuzer ist am nächsten Tage von „v 63" wieder angetroffen worden, als er nach einem Hafen eingeschleppt werden sollte. „17 63" griff den Schleppzug, der stark gesichert war, an und erzielte zwei Torpedotreffer, die den Kreuzer zum Sinken gebracht haben. Die sichernden Zerstörer nahmen sofort auf „II 63" die Jagd auf, einer überfuhr das Boot und rammte es leicht, ohne daß das Boot besonderen Schaden erlitt. „17 66" meldete über sein Zusammentreffen mit dem Feinde folgendes: 5 Uhr nachmittags hat es Kleine Kreuzer und zwei Flottillen Zerstörer, dahinter sechs Schlachtkreuzer auf südöstlichem Kurse gesichtet und ist auf einen Zerstörer mit vier Schornsteinen, dem Aussehen nach Mohawk-Klasse, zu Schuß ge- kommen. Der Zerstörer stand kurz nach dem Treffer mit dem Heck hoch aus dem Wasser, das Vorderschiff war bis zum dritten Schornstein gesunken. Gleich darauf machte der ganze Kreuzerverband Kehrt. „17 66" versuchte nun einen Angriff auf die jetzt hinten stehenden Kleinen Kreuzer, die 25 sm liefen. Es kam auf einen Kreuzer vom Typ der Chatham-Klasse zu Schuß, erzielte einen Treffer unter der Back, einen im Turbinenraum. Das Schiff blieb sofort mit starker Schlagseite gestoppt liegen. Von den feindlichen Zerstörern unter Wasser gedrückt, konnte „II 66" erst nach zweieinhalb Stunden noch, einmal zum Angriff kommen. Kurz vor dem Schuß sichtete unser U-Boot einen Zerstörer 300 m ab, der mit äußerster Kraft auf es zukam. Das U-Boot ging schnell auf Tiefe. Gleich darauf erfolgte eine starke Detonation über dem Boot, das Licht ging aus, von zwei Luken sprangen die Verreiber ab, die Lukendeckel federten auf, so daß im Bug- und Heckraum Wassereinbruch stattfand, aber glücklicherweise wurden die Luken durch den Wasserdruck von selbst wieder zugeschlagen. Das Boot blieb bis zur Dunkelheit von Zerstörern verfolgt und war dann außer Sicht des Kreuzers. „17 65", welches gegen Abend die Begegnung mit der englischen Flotte hatte, berichtete darüber folgendes: Es sah in der Abenddämmerung die englische Flotte mit Westkurs auf sich zukommen. Sie stand in Geschwader-Dwars-Linie von drei Geschwadern, davon zählten zwei je sieben bis acht Großkampfschiffe, eines fünf Schiffe der Jron-Duke- und Centurion- Klasse und eine Gruppe von drei Panzerkreuzern, davon einer der Jndesatigable-Klasse. Das erste Geschwader ging auf NW-Kurs, die anderen hängten sich an, die Panzerkreuzer standen am Schluß, etwa 500 m nach Backbord herausgesetzt. Mit äußerster Kraft heranlaufend, schoß „II 65" bei etwa 3000 m geschätzter Schußentfernung eine Salve von vier Torpedos mit Salvenstreuung auf den vordersten Panzerkreuzer. Das U-Boot war halb überflutet, die Beobachter auf dem Turm. Nach etwa drei Minuten, entsprechend einer Laufstrecke von 2500—3000 m, erhob sich hinter dem Hinteren Schornstein des letzten Linienschiffes eine etwa 20 m breite und 40 w hohe Feuersäule, in der der Hintere Schornstein weißglühend erkennbar war, die etwa eine Minute stehen blieb. Gleichzeitig erfolgte ein heftiger Ausbruch von Kesseldampf Nach einer Minute hörte die Feuererscheinung auf. Ms das Schiff wieder sichtbar wurde, war nur noch der Rumpf zu sehen, ohne Schornstein und Masten, während von den Nachbarschiffen noch die volle Silhouette mit Schornsteinen und Masten zu erkennen war. Der Schuß fiel 10 Uhr 45 Min. nachmittags in 55° 25' nördlicher Breite und 0° 30' westlicher Länge. Die genannten Erscheinungen sind übereinstimmend beobachtet vom Kommandanten, dem Wachoffizier und dem U-Bootslotsen. Nach dem Schuß mußte auf großer Tiefe abgelaufen werden, da das Gros von einer größeren Zahl, etwa 40, Zerstörern umgeben war. Zwischen den Beobachtern bestand nur eine Meinungsverschiedenheit, ob es sich bei dem getroffenen Schiff um das letzte Linienschiff des dritten Geschwaders oder den vordersten Schlachtkreuzer gehandelt hat. . Die Verwendung unserer U-Boote in beweglichen Standlinien hatte den beabsichtigten Erfolg gehabt und verdiente jedenfalls den Vorzug gegenüber den Wartestellungen vor den feindlichen Ausfallhäfen, die außerdem wertlos sein mußten, wenn die Schiffe bereits in See waren. Auch für die Aufklärung hatten diesmal die U-Boote gute Dienste geleistet, und besonders anerkennenswert war das zähe Festhalten von „II 53" am Feind. Leider genügte seine Geschwindigkeit nicht, um dem Gegner dauernd folgen zu können. Die Zuverlässigkeit der Luftschiffmeldungen war bei der Zahl von acht Schiffen und dem großen Gebiet, das sie überblicken sollten, keine vollkommene. Die Luftschiffaufklärung trägt auch leider den Charakter des Negativen, insofern die Flotte nur darüber unterrichtet wird, daß innerhalb der Siche- rungslinie das feindliche Gros nicht steht, während es mehr darauf ankommt, zu wissen, wo es steht. Mit der weiteren Steigung der Leistungsfähigkeit unserer Luftschiffe ist zu erwarten, daß einige von ihnen auf größere Entfernungen detachiert werden können, um den Aufenthaltsort der feindlichen Haupt- macht von vornherein festzustellen. Jedenfalls müssen in den Sicherungsgürtel so viel Luftschiffe eingestellt sein, daß der Feind nicht ungesehen durch eine Lücke durchkommt. Wenn es zu dem erwarteten Zusammenstoß mit dem Feinde bei diesem Vorgehen auch nicht gekommen ist, und wir uns mit dem bescheidenen Erfolg, zwei Kleine Kreuzer vernichtet und ein Großkampfschiff beschädigt zu haben, begnügen mußten, während auf unserer Seite die „Westfalen" verletzt war, so war dem Gegner doch vor Augen geführt worden, daß er vor Angriffen unserer Flotte auf der Hut sein mußte. Aus späteren Meldungen von englischer Seite wissen wir, daß sich der englische Admiral, als er an unsere U-Boots-Standlinie geriet, wie in einem Hexenkessel von Unterseebooten (Hotbeä ol submarines) fühlte und es daher vorzog, sich schleunigst nach Norden zurückzuziehen. Ein Zusammenwirken unserer Flotte mit U-Booten in der hier zum erstenmal angewendeten Form versprach großen Erfolg. Die englische Flotte hatte zwar bereitgestanden, in diesem Falle den Angriff auf ihre Küste zurückzuweisen, und es bestand Aussicht, daß es 4 Uhr nachmittags zum Flottenkampf gekommen wäre, wenn die Meldung von 13" mich nicht bewogen hätte, nach Süden zu gehen, um die dort befindlichen Schiffe zu stellen. Die Hauptabsicht unserer Unternehmung war, Teile der englischen Flotte zu schlagen. Die Beschießung von Sunderland stand erst in zweiter Linie und sollte nur ein Mittel zu diesem Zweck sein. Als sich mir daher Gelegenheit bot, im Süden auf feindliche Schiffe zu treffen, mußte ich zugreifen, um sie nicht ungenutzt vorübergehen zu lassen. Für Anfang September wurde ein ähnliches Unternehmen geplant. Die U-Bootsverwendung war diesmal wieder aus der Überlegung aufgebaut, durch sie eine Flankendeckung zu schaffen. Sie sollte aber diesmal in anderer Weise ausgeführt werden, weil die einreihigen Standlinien doch nicht die nötige Gewähr boten, daß die darin aufgestellten U-Boote mit Sicherheit auch zum Schuß kamen, wenn der Gegner auf die Standlinie stieß. Seme Sicherungsfahrzeuge waren dann in der Lage, dasjenige U-Boot, das den Feind zuerst sichtete, vom Angriff abzuhalten, und die anderen danebenstehenden U-Boote der Standlinie waren zu weit entfernt, um mit einzugreifen. Es wurde deshalb eine neue Art der Aufstellung gewählt, die nur auf eine Anmarschrichtung des Gegners rechnete, aber sich über ein größeres Gebiet ausdehnte und in diesem unsere U-Boote so zueinander stellte, daß sie in drei Reihen auf den Lücken der Vordermänner standen und im ganzen eine Strecke von etwa 100 sm deckten. An der Ausführung des Planes wurden wir leider gehindert, weil ungünstiges Wetter die Luftaufklärung unmöglich machte. Als dann Anfang Oktober der Operationsbefehl für die Wiederaufnahme desselben Plans bereits erlassen war, trar ein neues Hindernis für seine Durchführung ein durch den Erlaß einer Verfügung der Obersten Kriegsleitung, den U-Boots-Handelskrieg sofort wiederaufzunehmen. Durch den Ausfall der U-Boote sah ich mich genötigt, der Unternehmung eine ganz andere Gestalt zu geben, sie nicht gegen die englische Küste zu richten und kein Herausziehen des Gegners über unsere U-Bootslinien, ehe es zum eigentlichen Zusammenstoß kam, zu versuchen, sondern einen weit ausgedehnten Tor- pedobootsvorstoß zu machen, um den Handelsverkehr in der Nordsee zu kontrollieren und Prisen aufzubringen. Dabei sollte die Flotte als Stützpunkt der vorgesandten leichten Streitkräfte dienen. Wenn ich nicht imstande war, die Kampfkraft der Flotte durch U-Boote zu erhöhen, so mußte ich bemüht sein, den Gefechtsplatz so zu wählen, daß uns die Möglichkeit erhalten blieb, die Schlacht nur unter günstigen Bedingungen anzunehmen. Nach den Erfahrungen der Skagerrak- Schlacht spielte dabei die Stellung zu Wind und Sonne für den Ausgang des Artilleriekampfes eine große Rolle, ebenso auch die Zeitdauer bis zum Eintritt der Dunkelheit, da der Gegner über, starke Reserven verfügte, die noch unversehrt in den Kampf eingreifen konnten, wenn unsere Schiffe schon ge- litten hatten. Der Untergang der „Pommern" hatte die Sinksicherheit dieser Schiffsklasse leider als nicht genügend groß gezeigt, um sie in ein schweres Gefecht zu verwickeln. Die Taktik der Engländer lieh erwarten, daß unser II. Geschwader weder mit seiner Artillerie noch dem an Bord befindlichen älteren Torpedo» Modell, dessen Reichweite unter 6000 m lag, zur Waffenwirkung kommen würde. Ich verzichtete daher künftig auf die Mitnahme dieser Schiffe und übertrug ihnen die Bewachung der deutschen Bucht während der Abwesenheit der Flotte. Um bei unseren Vorstößen vorzeitigen Meldungen durch englische U-Boote zu entgehen, war Vorsorge getroffen, die Gegend, in welcher unsere Flotte die mutmaßliche Bewachungslinie der englischen U-Boote bei ihrem Passieren antreffen konnte, vorher durch eine T-Flottille unter Druck zu halten. Am 19. Oktober führte die Flotte den beabsichtigten Vorstoß in die Mitte der Nordsee aus,‡‡‡‡‡‡‡‡‡) bei dem aber infolge schlechten Wetters die Torpedoboote nicht so weit ausholen konnten, wie es in unserer Absicht gelegen hatte. Zu einem Zusammenstoß mit dem Feind ist es dabei nicht gekommen. Die Wiederaufnahme des U-Boot-Handelskrieges nach Prisenordnung, welche Anfang Oktober angeordnet war, mußte, wenn sie auch nicht dem Geschmack der Flotte entsprach und ebenso ablehnend vom Chef des Marinekorps in Flandern, Admiral von Schröder, beurteilt wurde, dennoch nach Möglichkeit unterstützt werden. Nach Ausführung des Flottenvorstoßes vom 19. Oktober wurden zwei T-Flottillen nach Flandern entsandt, um von dem dortigen Stützpunkt aus die Bewachung an der Kanalsperre anzugreifen und dadurch die Durchfahrt für unsere U-Boote zu erleichtern. Der erste Führer der Torpedoboote, Kommodore Michelsen, wurde für diese Unter- nehmung ebenfalls nach Flandern geschickt, um sich über die dortigen Verhältnisse zu unterrichten. Am 23. Oktober 1916 traten III. und IX. T-Flottille den Marsch nach Zeebrügge an, das sie ohne besondere Ereignisse am 24. Oktober früh vor Hellwerden erreichten. Die Ausführung dieser Hin- und Rückmärsche zwischen Zeebrügge und Helgoland zeigt den Unterschied in der Entwicklung der Verhältnisse, seitdem im Oktober 1914 die 7. Halbflottille von der Ems ausgeschickt und aus- gerieben worden war. Jetzt fand ein sehr häufiger Verkehr, schon durch den Austausch der Flottillen und den Nachschub neuer Boote für Flandern, statt, der sich in der Regel ohne Störung vollzog, so daß jedenfalls die Ausführung dieser Fahrt nicht mehr als besondere Kriegshandlung betrachtet wurde. In der Nacht vom 26. zum 27. Oktober führten die beiden Flottillen, verstärkt durch die zu dem Marinekorps gehörige Halbflottille, einen Angriff gegen die feindlichen Bewachungsfahrzeuge an der Kanalsperre und die militärischen Transporte westlich dieser Linie aus. Die Bewachung dieser Sperre bestand nach allen Beobachtungen hauptsächlich aus kleinen Fahrzeugen und Fischdampfern, die teilweise mit Netzen ausgerüstet waren, außerdem aus einzelnen Zerstörern. Sie war stets eine äußerst lästige Behinderung für die Durchfahrt unserer U-Boote, weil sie diese nötigte, unter Wasser zu gehen, und damit in Gefahr brachte, in die ausgestellten Netze zu geraten. Der Vorstoß weiter nach Westen über die Bewachungslinie hinaus war ein Unternehmen, bei dem mit starker Gegenwirkung zu rechnen war. Wenn es auch den Booten gelang, ungemeldet bis an die Bewachungslinie heranzukommen, so mußte doch von diesem Augenblick an, wo der Befehlshaber der Doverstraße Kenntnis von dem Anmarsch unserer Boote erhielt, damit gerechnet werden, daß nach kurzer Zeit sich stärkere Streitkräfte in der Straße von Dover—Calais sammelten. Ein Blick auf die Karte zeigt, daß sowohl von Dünkirchen wie von Dover aus weiter nach Westen vnrdringende Streit- kräfte von ihrem Stützpunkt in Zeebrügge abgeschnitten werden konnten, ebenso wenn sie nach dem Südausgang der Downs zur Belästigung der Themsemündung vorgingen. Die Halbflottille Flandern war deshalb für sich allein nicht stark genug, derartige Unternehmungen auszusühren. Für die Behandlung der Dampfer, die bei dem Vorstoß angetroffen werden konnten, war der Befehl ausgegeben, daß abgeblendete Fahrzeuge auf der Fahrt quer über den Kanal als militärische Transporte anzusehen und ohneWarnung abzuschießen seien, Fahrzeuge mit vorgeschriebenen Lichtern dagegen nach Prisenordnung zu behandeln, es sei denn, daß sie von Kriegsschiffen begleitet würden :^ir durch eigene Schuld ins Gefecht hineingerieten. Die III. und IX. T-Flottille und die Flandern-Halbflottille liefen um 6 Uhr 30 Min. nachmittags aus Zeebrügge aus, Kommodore Michelfen hatte sich auf dem Führerboot der 5. Halbflottille mit- eingeschisst. Es war eine sichtige, sternklare Nacht bei Neumond. Die Überraschung des Gegners gelang vollkommen. Das Ergebnis des Unternehmens bestand in der Versenkung von elf feindlichen Bewachungs- und Vorpostendampfern und in der schweren Beschädigung einiger anderer Bewachungs- dampfec, von deren einem zehn Mann als Gefangene eingebracht wurden. Außerdem wurden zwei feindliche Zerstörer vernichtet und ein englischer Dampfer „The Queen" wurde 8 sin südlich Folkestone versenkt. Dieser Dampfer war nach englischen Nachrichten ein Transporter, er selbst gab sich als Postdampfer aus. Das Schiff konnte 25 Knoten laufen. Auf unserer Seite waren keine Verluste. Die einzige Beschädigung erhielt ein Torpedoboot durch einen brennenden steuerlosen Bewachungsdampfer, dessen Maschine noch lief und der dadurch mit dem Boot zusammengeriet. Wie gewöhnlich wirkte diese Überraschung zur Anspannung erhöhter Aufmerksamkeit beim Feind. Der Handelsverkehr aus dem Kanal nach dem Osten wurde abgestoppt, die Fliegertätigkeit zur Beobachtung der Vorgänge im Zeebrügger Hafen nahm erheblich zu, und als unsere Boote am 1. November nachmittags einen ähnlichen Vorstoß wiederholen wollten, deuteten alle Anzeichen vom Feind darauf hin, daß er von dem Vorhaben Kenntnis hatte, der Stoß also entweder erfolglos sein würde oder zu einem Rückschlag ausarten könnte. Die Flottillen wurden daher, nachdem sie einige Stunden in See waren und englische Funksprüche die Aufmerksamkeit des Feindes hatten erkennen lassen, wieder zurückgerufen. Unter diesen Umständen empfahl es sich nicht, zwei Flottillen noch längere Zeit in Flandern liegen zu lassen, zumal die Heller werdenden Nächte für Torpedoboots- Unternehmungen ungünstig wurden. Die III. Flottille wurde daher am 2. November wieder nach Wilhelmshaven zurückgeschickt. Wohl aber würde ein in größeren Zwischenräumen erfolgeudes überraschendes Auftreten von ein oder zwei Torpedobootsflottillen im Kanal und an der Südostküste Englands günstige Erfolge herbeiführen können, so daß beschlossen wurde, darauf auch weiterhin Bedacht zu nehmen. Erschwerend für die Entwicklung größerer Torpedobootsmassen von Zee- brügge aus war der Umstand, daß man die Boote, um sie 1>er Fliegergefahr zu entziehen, nicht gern unter dem Schutz der Seemole liegen lassen wollte, sondern in den Hafen von Brügge hinaufschickte. Das verursachte aber durch das Passieren der Schleuse ziemlich erheblichen Aufenthalt, da ein einmaliges Schleusen für vier Torpedoboote etwa 2^ Stunden in Anspruch nahm. Sobald die Boote den Hafen von Brügge verließen, um nach Zeebrügge zu verholen, konnte dies in der Regel dem Feind nicht unbekannt bleiben. Das Verhalten des Gegners seit der Schlacht hat den deutlichen Beweis geliefert, daß er an der Absicht festhielt, sich ganz auf die Wirkung des Wirtschaftskrieges zu verlassen und seine Flotte weiterhin in den nördlichen Gewässern der britischen Inseln zurückzuhalten. Nur die energische Schädigung seines Wirtschaftslebens konnte auch diesen Gegner, von dem die Hauptwiderstandskraft der feindlichen Koalition aus- 18 Dkutlchlands Hvchlteilot!« im Wkll'Irieg« ging, zur Nachgiebigkeit zwingen. Der Weg, um an die englische Wirtschaft heranzukommen, die auf dem Seehandel beruhte, führte über die englische Flotte oder an ihr vorbei. Der Weg über die englische Flotte bedeutete ihre Vernichtung, die bei dem bestehenden Stärkeverhältnis nicht möglich war. Ohne das konnten wir keinen Kreuzerkrieg im großen Stil betreiben, der dem englischen Handel wirklich gefährlich werden konnte. Der Weg an der englischen Flotte vorbei stand dem U-Boot offen. Für dieses war der freie Ausgang zum Meer durch den Flottenkampf vom 31. Mai endgültig erstritten, denn die englische Flotte blieb im hohen Norden und wagte es nicht, unsere Küste anzugreifen, um das U-Bootsübel an der Wurzel nuszurotten Mit der Erkenntnis von der Notwendigkeit, das englische Wirtschaftsleben zu bekämpfen, weil sonst eine Bezwingung Englands nicht zu erwarten war, wurde der enge Zusammenhang zwischen Land- und Seekriegführung besonders deutlich Der Glaube, England auf dem Lande erschlagen zu können, war ein Irrtum gewesen. Wir mußten uns entschließen, zu dem U-Bootskrieg als aussichtsvollstem Mittel zu greifen, das wir gegen Englands Kraft zur Anwendung bringen konnten. Die Entscheidung darüber wurde der Obersten Heeresleitung überlassen, welche am 30. 8. 1916 vom Feld- marschall von Hindenburg übernommen war. Die Auseinandersetzung mit Rumänien ließ es der Obersten Heeres- leitung nicht zweckmäßig erscheinen, den uneingeschränkten II-Bootskrieg schon jetzt zu eröffnen, weil sie keine weiteren Truppen entbehren konnte für den Fall, daß noch andere Neutrale, wie Holland oder Dänemark, zur Gegenpartei übertraten. Am 7. Oktober hatte das Flottenkommando den Befehl erhalten, den Kreuzerkrieg mit U-Booten in den englischen Gewässern wiederaufzunehmen und vier U-Boote ins Mittelmeer abzugeben, in welchem der U-Bootskrieg auch während der Sommermonate fortgesetzt war und immerhin beachtens- werte Erfolge gebracht hatte. Noch im September war der Chef des Admiralstabs der Meinung gewesen, daß die allgemeine Lage spätestens Mitte Oktober die volle Entfaltung des U-Bootskriege? gestatten würde. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mit der militärischen Verwendung der U-Boote bei der Flotte gerechnet. Als nun doch der Wirtschaftskrieg gegen England wieder angeordnet wurde, wenn auch in der meiner Ansicht nach unzulänglichen Form, hatte diesem bestimmten Befehl gegenüber und bei der grundsätzlichen Stellungnahme der Obersten Heeresleitung ein Widerspruch keine Aussicht, durchzudringen. Bedeutende militärische Erfolge der Flotte in Verbindung mit den U-Booten konnte ich leider auch nicht aufweisen, und eine längere Unterbrechung in der Schädigung des englischen Wirtschaftslebens, wie sie seit Ende April eingesetzt hatte, war schwer zu verantworten. Die Unterstützung, welche die Flotte dieser Kriegführung zu gewähren hatte, trat von jetzt ab immer mehr in den Vordergrund der Flottentätigkeit, da auch der Feind die U-Bootsgefahr erkannt hatte und alle Kräfte anspannte, um ihrer Herr zu werden. Ein eigenartiger Zwischenfall im Anfang November beleuchtete die Notwendigkeit der Betätigung der Flotte bei solchen Gelegenheiten. Am 3. .November, 8 Uhr vormittags, meldete „v 30", welches auf dem Heimweg etwa 25 8m nordwestlich Udsire stand (einer Insel vor der Südwest- küste Norwegens), daß beide Ölmaschinen ausgefallen seien. Die Flotte stand vor der Frage, mit welchen Mitteln diesem Boot Hilfe zu bringen sei, die zu einem Vorstoß bis an die norwegische Küste führen mußte. Wenige Stunden später ging die Meldung von „H 20", Kommandant Kapitänleutnant Schwieger, ein, der von dreiwöchiger Fernfahrt von der Westküste Englands zurückkehrte, daß er „v 30" zu Hilfe geeilt sei. Beide Boote setzten nun die Fahrt gemeinschaftlich fort, zunächst bis zur Höhe von Lindesnaes, und steuerten dann vom 3. November, 10 Uhr abends, ab auf Bovbjerg an der 18* jütischen Küste zu, wo „17 30" von Seeschleppern in Empfang genommen werden konnte. Die dauernd miteinander verglichenen und übereinstimmenden Bestecks beider Boote besagten, daß sie am nächsten Tage abends 10 Uhr etwa 15 sm von Bovbjerg ab stehen mußten. Gegen 7 Uhr abends, am 4. November, kam Nebel auf, und um 8 Uhr 20 Min. stießen beide Boote auf Grund. Sie saßen, wie sich später herausstellte, 5 km nördlich von Bovbjerg, hatten erheblich weiter östlich gestanden, als sie nach ihren Beobachtungen glaubten und das Land in dem Nebel nicht richtig erkennen können. „II 30" gelang es nach etwa zwei Stunden, dadurch, daß es sich um etwa 30 t erleichterte, freizukommen. Es war aber nur noch bedingt tauchklar und konnte nicht mehr unter Wasser steuern. Der Kommandant, Kapitänleutnant Grunert, blieb an der Unfallstelle von „v 20". Dieses Boot war leider durch die herrschende Dünung über eine Barre hinausgeraten, und es war ihm trotz aller die ganze Nacht hindurch fortgesetzten Anstrengungen nicht gelungen, freizukommen. Hilfe konnte nur von außen kommen. Die Meldung von der Strandung war kurz nach 10 Uhr abends beim Flottenkommando. Da in der Nähe von Bovbjerg wiederholt feindliche Patrouillenstreitkräfte, Kreuzer und Zerstörer gemeldet waren, schien es mir erforderlich, den dorthin zu entsendenden leichten Streitkräften eine größere Bedeckung beizugeben. Die Strandung mußte spätestens mit Hellwerden von den Dänen beobachtet werden, und es war anzunehmen, daß die Nachricht ihren Weg sehr schnell nach England finden und als Folge die in See befindlichen Streitkräfte an den Ort des Unfalls ziehen würde. Wenn auch nicht damit zu rechnen war, daß die gesamte englische Flotte gerade in See stand, so konnten doch einzelne Verbände in der Nähe kreuzen. Unsere Hilfsunternehmung mußte daher so schnell und so stark als möglich erfolgen. Der Befehlshaber der Aufklärungsschiffe erhielt Befehl, sofort die 4. Torpedobootshalbflottille vorauszuschicken und sie mit den Vorpostenstreitkräften „Moltke" und dem III. Geschwader zu decken. Wenn es nicht gelang, „II 20" bald abzuschleppen, so war zu befürchten, daß die dänische Regierung sich einmischen und das Boot internieren würde. Am 5. November, 7 Uhr 20 Min., morgens traf Korvettenkapitän Dithmar mit der 4. Halbflottille an der Unfallstelle ein. Das Führerboot ankerte 500 Meter von „17 20". Es lief starke Dünung aus SW, die im Laufe des Vormittags beträchtlich zunahm und Grundsee auf der Barre hervorrief. Bei dreimaligen Abschleppungsversuchen brachen die Leinen und auch Ankerketten. „17 20" bewegte sich trotzdem bei allen Versuchen, auch beim günstigsten Wasserstand — um 11 Uhr vormittags war Hochwasser — nicht von der Stelle. Es lag zu hoch auf dem Strande. Als weitere Versuche als aussichtlos erkannt waren, wurde „17 20" gesprengt, die Besatzung geborgen und der Rückweg angetreten. Die Kreuzer und das III. Geschwader waren inzwischen zur Unfallstelle nachgefolgt und standen dort an und ab, bis die Bergungsversuche zum Abschluß gekommen waren. Dabei erhielt 1 Uhr 5 Min. nachmittags „Großer Kurfürst" und gleich darauf „Kronprinz", als das Geschwader gerade in einer Kehrtwendung begriffen war, je einen Torpedotreffer. Beide Treffer rührten offenbar von einem U-Boot her. Das U-Boot selbst wurde nicht gesichtet, die Torpedolaufbahn des Seegangs wegen erst, als es zum Ausweichen zu spät war. „Großer Kurfürst" wurde im Ruderraum getroffen, das Backbordruder wurde unbenutzbar. „Kronprinz" wurde etwa unter der Kommandobrücke getroffen und hatte nur unbeträchtliche Beschädigungen im Schutzbunker und Wallgang. „Großer Kurfürst", der wegen seines Ruderversagers erst hatte ausscheren müssen, konnte dem Geschwader später mit 19 sm Fahrt folgen, ebenso hielt auch „Kronprinz" seinen Platz in der Linie ein und dampfte mit 17 Meilen Fahrt mit. Auf die Meldung von diesem Vorfall hin hatte Se. Maje- stät der Kaiser die Ansicht geäußert, der Einsatz eines Geschwaders, um ein U-Boot zu retten und dabei fast zwei Panzer zu verlieren, stünde nicht im richtigen Verhältnis und müsse in Zukunft unterbleiben. Diese Beurteilung konnte dazu führen, daß aus Besorgnis vor der U-Bootgesahr der Flotte zu große Zurückhaltung auferlegt würde. Das Vertrauen zur Beherrschung der deutschen Bucht wäre wieder verloren gegangen, das wir als Folge der Seeschlacht gewonnen hatten und das sich in der Entsendung dieser Vorpostenstreitkräfte auf 120 sw Abstand von Helgoland bekundet hatte, eine Entfernung, die früher als Grenze unserer Flottenvorstöße angesehen wurde. Ich erhielt am 22. November durch eine Berufung ins Große Hauptquartier nach Pleß Gelegenheit, mich vor Sr. Majestät über den Fall zu äußern und erlangte volle Zustimmung zu meiner Auffassung: Bei der Ungewißheit des Seekriegs läßt sich nicht vorher abwägen, ob das Verhältnis des Einsatzes ein angemessenes sein wird. Für England, das von neuem durch den U-Bootkrieg bedroht ist, was sich in der Steigerung der Schiffsverluste im Oktober deutlich gezeigt hat, kommt es sehr darauf an, die Bevölkerung über die neue Gefahr zu beruhigen. Kein besseres Mittel kann es dafür geben als die Nachricht, daß es gelungen ist, ein deutsches U-Boot auf dem Heimweg dicht vor der heimischen Küste zu vernichten. Wenn noch dazu die Nummer des Bootes als „II 20" in diesem Falle festgestellt worden wäre, das seinerzeit die „Lusitania" versenkt hatte, so wäre das zweifellos der englischen Regierung eine höchst erfreuliche Botschaft gewesen. Die Gefahren, die unseren U-Booten während ihrer Unternehmungen drohen, sind aber andererseits schon so beträchtlich, daß sie berechtigten Anspruch erheben dürfen, die weitgehendste Unterstützung zu erhalten, die ihnen in solchen Notfällen von unserer Flotte geleistet werden kann. Sie dürfen unter keinen Umständen das Gefühl gewinnen, daß man sie in mißlicher Lage ihrem Schicksal überläßt. Das würde auf ihren Unternehmungsgeist, auf dem allein der Erfolg im U-Boot- krieg beruht, abschwächend einwirken können. Ferner hat sich die Wirkung der englischen Torpedotreffer für unsere großen Schiffe noch nie als lebensgefährlich erwiesen, was sich auch hier wieder bestätigt hatte. Der Ausfall zweier Schiffe durch die Reparatur ist allerdings störend, da die Flotte verhindert wird, während dieser Zeit größere Unternehmungen auszuführen. Sonst aber bieten gerade solche Vorkommnisse, wie die bei dieser Strandung vorliegenden, den Unterführern Gelegenheit, ihre Selbständigkeit zu fördern. In diesem Falle hätten zwar zur Abschleppung und Einbringung der havarierten U-Boote einige Torpedoboote genügt. Wurden diese aber bei ihrer Arbeit durch eine zufällig passierende oder aufmerksam gemachte stärkere englische Truppe überrascht, so waren weitere Verluste möglich und der Zweck verfehlt. Man kann also jeden Vorstoß nur so stark wie irgend möglich machen, soweit gerade Kräfte dazu verfügbar sind. Die Besorgnis vor Beschädigung darf auch nicht dazu führen, daß wir die Initiative im Seekrieg, die bisher vorzugsweise auf unserer Seite gelegen hat, einschränken. Küstenbeschießungen, Luftschiffangriffe, der U-Bootkrieg und die Seeschlacht selbst sind Beweise dafür, daß der Angriffsgeist unserer Flotte bisher den der englischen erheblich übertroffen hat, die sich ganz auf Abwehr einstellen mußte. Abgesehen von einigen mißlungenen Fliegerangriffen — der letzte war am 21. Oktober dieses Jahres erfolgt und hatte keinerlei Eindruck hinterlassen —, kann sich die englische Flotte ihres Vorgehens nicht besonders rühmen. Die ganze Organisation der Flottenbereitschaft ist darauf gerichtet, jedem Unternehmen einen möglichst hohen Grad von Sicherheit zu verleihen und die zur notwendigen Ruhe eingelaufenen Schiffe auch unbeteiligt zu lassen. Die Aufrechterhaltung dieses Grundsatzes ist auch deshalb wertvoll, weil in dem weiteren Verlauf des U-Bootkriegs, auf den sich meines Erachtens unsere ganze Seekriegführung über kurz oder lang einstellen muß, die Flotte sich ganz in den Dienst der einen Aufgabe zu stellen hat, die U-Boote heil hinaus- und wieder hereinzubringen. Diese Tätigkeit aber würde sich ganz auf derselben Linie bewegen, wie das jetzt zur Bergung von „II 20" eingeschlagene Verfahren. Für uns hat jedes U-Boot eine solche Bedeutung, daß es den Einsatz der ganzen verfügbaren Flotte wert ist, ihm Unterstützung zu leihen. Meine Anwesenheit in Pleß benutzte ich, mich dem Gene- ralseldmarschall von Hindenburg vorzustellen und auch mit General Ludendorff Rücksprache zu nehmen. Mit beiden Herren wurde die Frage des U-Bootkrieges besprochen und festgestellt, daß, wenn der Krieg sich noch weiter in die Länge zöge, der 1. Februar 1917 der späteste Termin sei, den U-Boot- krieg in vollem Umfange aufzunehmen, bevor England sich wieder verproviantieren könne. Jetzt aber, meinte der Feldmarschall, wo die Operationen in Rumänien einen günstigen Verlauf nähmen, könne er, so sehr er auch von der Richtigkeit überzeugt sei, daß die U-Boote nur in der uneingeschränkten Form vorgehen sollten, die durch die Erklärung solcher Kriegführung möglichen Komplikationen nicht gebrauchen. So habe er z. B. von unserem Gesandten im Haag, v. Kühlmann, den er auf Ehre und Pflicht um seine Ansicht über Hollands Verhalten gefragt habe, die bestimmte Antwort erhalten, der Gesandte sei überzeugt, daß der verschärfte U-Bootkrieg Holland zwingen würde, gegen uns zu gehen. Für mich war es von hohem Wert, bei der Obersten Heeresleitung vollstes Verständnis für die Verhältnisse unserer Seekriegführung gefunden zu haben und bei ihr auch des festen Entschlusses sicher zu sein, den geeigneten Zeitpunkt nicht verstreichen zu lassen, um alle Mittel anzuwenden, die zur baldigen Beendigung des Krieges führen konnten. Zur Wiederaufnahme des Kreuzerkrieges im freien Ozean wurden Ende November die Hilfskreuzer „Möwe" und „Wolf", der erste unter Führung seines alten Kommandanten von der ersten Kreuzfahrt, der letzte unter Fregattenkapitän Nerger, in See gebracht und gelangten ohne feindliche Behinderung auf die hohe See. Das Friedensangebot Deutschlands und seiner Verbündeten vom 12. Dezember hatte wenig Aussicht, bei unseren Feinden Entgegenkommen zu finden; aber es mußte dazu beitragen, die Lage zu klären, und im Falle seiner Ablehnung den Willen erzeugen, alle Kraft zum Endkampf anzuspannen. Von den in England gerade neu ans Ruder gelangten Männern Lloyd George mit Earson als Marineminister war auf Nachgiebigkeit nicht zu hoffen. So fiel auch bei uns die Entscheidung für Anwendung der äußersten Mittel, welche die Bethmannsche Politik bisher noch immer vermeiden wollte. Gegen das Jahresende hatte ich bei der Hochseeflotte eine Umgruppierung vorgenommen und das II. Geschwader aus dem taktischen Flottenverband entfernt. Ein Schiff „Lothringen" war bereits außer Dienst gestellt, und ein zweites Schiff des II. Geschwaders wurde dauernd für die Sundbewachung in der Ostsee gebraucht und hatte zeitweise Ablösung nötig, so daß der Verband vielfach (z. B. wegen Jnstandsetzungsarbeiten) nur noch fünf oder auch weniger Schiffe stark war. Der Gefechtswert der Schiffe war ihrem Alter entsprechend gesunken. Ihre Mitnahme in die Schlacht hätte, wie der Verlust der „Pommern" schon gezeigt hatte, nur nutzlose Menschenopfer gekoster. Die Schaffung einer neuen U-Bootflotte beanspruchte zahlreiches, leistungsfähiges und junges Personal mit besonderen Fachkenntnissen. Dieses konnte nur aus der Flotte genommen werden. Die Reduzierung des II. Geschwaders, da das IV., V. und Vl.bereits aus den gleichen Gründen aufgelöst waren, blieb nur eine Frage kurzer Zeit, da auf fein Personal zurückgegriffen werden mußte. Schon jetzt hatte die U-Booiflottille einen höheren Bestand an Offizieren als die gesamten Großkampf- schiffe der Flotte. Der Zutritt der neuen Linienschiffe „Baden" und „Bayern" (mit 38-em-Geschützen) ermöglichte folgende Gliederung der Linienschiffe der Hochseeflotte: „Baden", Flottenflaggschiff. I. Geschwader, III. Geschwader, IV. Geschwader, Vizeadmiral Konteradmiral Ehrhard Schmidt. Behncke.. „Ostfriesland" „König" „Friedrich der Große" „Thüringen" „Bayern" „König Albert" „Helgoland" „Großer Kurfürst" „Kaiserin" „Oldenburg" „Kronprinz,, „PrinzregentLuitpold" „Posen" „Markgraf" „Kaiser" „Rheinland" „Nassau" „Westfalen" Bei der Aufstellung in Divisionskolonnen galten III. und IV. Geschwader als Division und nur das I. Geschwader brach in zwei Divisionen ab. Diese drei Geschwader hatten ihren Hauptliegeplatz auf der Jade Das II. Geschwader lag auf der Elbe, wenn es nicht, was sehr häufig der Fall war, nach der Ostsee detachiert wurde, um dort übenden Torpedoflottillen und U-Booten Zielschiffe zu stellen und gemeinschaftliche Übungen mit ihnen vorzunehmen. Seine Hauptkriegsaufgabe blieb der Sicherungsdienst der Deutschen Bucht, sobald die Flotte in See ging. Der Kräftezuwachs der englischen Flotte an Groß- kampfschifsen war im Winterhalbjahr beträchtlich. Wir hatten im Frühjahr 1917 zu rechnen mit 38 Großkampfschiffen (davon 14 mit 38-em-Gefchützen) und 10 Schlachtkreuzern (davon drei mit 38-em-Geschützen). Auf unserer Seite standen 19 Groß- kampslinienschisfe (davon zwei mit 38-om-Geschützen) und fünf Schlachtkreuzer, deren stärkstes Kaliber 30,5 em war. Für den verlorengegangenen „Lützow" war der Panzerkreuzer „Hindenburg" hinzugekommen. Dieses Stärkeverhältnis wies uns vom taktischen Standpunkt darauf hin, die Vorteile der kurzen Tage und langen Nächte in diesem Winter noch so sehr wie möglich auszunutzen. Die langen Nächte boten unseren Torpedobooten gute Aussichten, sie verlängerten für die Flotte die Zeit der unbemerkten Annäherung, die kurzen Tage wiederum hatten den Vorteil für uns, eine Schlacht so einrichten zu können, daß die Munition nicht verschossen wurde und der Feind seine Reserven nicht mehr zum Ansatz gegen unsere beschädigten Schiffe bringen konnte. Am Schluß des Jahres 1916 herrschte beim Flottenkommando die Auffassung, daß England aus Sorge um seine Zukunft und gedrängt von seinen Bundesgenossen eine kraftvollere Betätigung zur See beabsichtige. Der Sturz des alten Ministeriums und der Wechsel im Oberkommando der „Großen Flotte" konnten als einleitende Schritte hierfür angesehen werden. Von den U-Booten, die jetzt im Winter Handelskrieg nach Prisenordnung zu führen halten, war eine Anzahl für Aufgaben an der englischen Ostküste vorgesehen. Es ließ sich einrichten, diese mit einem Flottenvorstoß in Verbindung zu bringen, wenn gerade eine nennenswerte Zahl von U-Booten klar zum Auslaufen oder seit kurzer Zeit in See war. Mitte Januar hatten wir deren zehn hierzu bereit. Sie erhielten außer "irer Handelskriegsaufgabe den Auftrag, zu einem bestimmten Zeitpunkt in zwei Standlinien westlich der Doggerbank zu gehen, während die Flotte einen Vorstoß südlich der Doggerbank nach Westen unternehmen sollte. Eine Unterstützung dieses Planes durch U-Boote des Marinekorps war in gewohnter Weise verabredet. Das im Januar herrschende schlechte Wetter verhinderte die Ausführung, die wieder auf Luftschiffaufklärung angewiesen war. Da mit dem Ausfall der Luftaufklärung innerhalb der für eine solche Unternehmung verfügbaren Zeit immer zu rechnen war — Kesselreinigung bei den Flottillen, Jnstandsetzungsarbeiten auf den Werften und die Bereitschas, der U-Boote spielten auch in die Disposition mit hinein —, so wurde ein anderer Plan aufgestellt, bei welchem der Ausfall der Luftschiffe nicht von solcher Bedeutung war, daß er deshalb hätte aufgegeben werden müssen. Die Ausführung zog sich bis zum März hin und sollte in der Zeit der Hellen Nächte (der Periode um Vollmond), die bis zum 12. März dauerte, geschehen. Es handelte sich um einen Vorstoß in die Hoofden, um den Konvoi-Verkehr zwischen Holland und England — von Rotterdam nach der Themse — zu stören. Inzwischen war zwar am 1. Februar der uneingeschränkte U-Bootkrieg eröffnet, aber an diesen Verkehr konnten unsere U-Boote nicht recht herankommen. Bei Nacht war es schwer für sie, zum Schuß zu kommen, besonders wenn die Dampfer gesichert waren, und bei Tage hinderten die geringen Wassertiefen beim Unterwasserangriff, namentlich wenn die Begleitschiffe von Wasserbomben Gebrauch machten. Bei der kurzen Überfahrtszeit, die noch dazu in die Nacht gelegt werden konnte, bestand für diesen Handelsverkehr kaum noch eine nennenswerte Gefahr. Dies halte sich auch in dem Wiederaufleben des Verkehrs bemerklich gemacht. Unsere leichten Streitkräfte sollten bis zur Linie Schouwenbank—Gal- loper Vordringen, eine Nachtstreife durch die Hoofden machen und dann von 6 Uhr morgens ab in nördlicher Richtung dem nachfolgenden Gros entgegenfahren. Das eigene Gros, aus I., III. und IV. Geschwader bestehend, würde um 6 Uhr bei Braune Bank stehen und mußte dazu um 2 Uhr 30 Min. nachmittags des vorhergehenden Tages die Jade verlassen. Daß in den Nachmitagsstunden bis zur Dunkelheit unser Ausmarsch von feindlicher Seite beobachtet werden würde, war nicht anzunehmen. Überraschung war in diesem Falle Voraussetzung für den Erfolg, weil sonst die Dampfer ihre Abfahrt einfach aufschoben. Die Nachtstreife über die Hoofden mußte das ganze Gebiet überdecken. Der B. d. A. erhielt dazu I., II., und IV. Aufklärungsgruppe bis auf zwei Kleine Kreuzer, die als Vorhut beim Gros bleiben mußten, und 22 Torpedoboote. Bei der großen Zahl der beteiligten Schiffe und Fahrzeuge war es nötig, für die Unternehmung eine Helle Nacht auszusuchen, damit die Schiffe sich nicht gegenseitig störten und überhaupt eine Tätigkeit zum Anhalten von Dampfern ausüben konnten. Das Flottenkommando war bei aller Selbständigkeit in der Aufstellung seiner Operationsabsichten gehalten, dem Admiralstab davon Kenntnis zu geben. Dies war schon um deswillen nötig, damit von dieser Hauptsammelstelle aller Nachrichten uns wichtige Fingerzeige noch rechtzeitig gegeben werden konnten. So war es gerade in diesem Falle wichtig, ob und welche Kunde wir von dem holländisch-englischen Verkehr noch erhalten würden. Die Bemerkung in meinem Operationsbesehl, daß das Unternehmen auch auszuführen sei, wenn die vorgesehene Luftaufklärung ausfiel, gab Anlaß zu einem unmittelbaren Einspruch von Allerhöchster Stelle, auf Luftaufklärung keinesfalls zu verzichten. Die stürmische Jahreszeit im Frühjahr stellte dadurch die Ausführbarkeit sehr in Frage und hatte uns, als die in Aussicht genommene Zeit verstrichen war, tatsächlich auch kein Luftschiffwetter gebracht, so daß der Plan ins Wasser fiel. Obgleich ich dann in einer Eingabe an den Kaiser die militärischen Gründe für die Durchführbarkeit meines Vorhabens klarlegte und die dringende Bitte aussprach, die Einschränkung aufzuheben, weil die Bindung, auch nur nach einer Richtung hin, den Willen des Führers zur Durchführung eines einmal gefaßten Entschlusses, der sich innerhalb der Leistungsfähigkeit der Flotte hielt, lähmen würde, wurde mir der Bescheid, daß es bei dem reiflich erwogenen Befehl sein Bewenden haben solle. Ich habe leider nicht den Eindruck gewinnen können, daß bei der Herbeiführung dieser Entscheidung der Chef des Admiralstabs den Standpunkt der Flotte so nachdrücklich vertreten hat, daß die Besorgnisse des Obersten Kriegsherrn zerstreut wurden. Sie entsprangen wohl hauptsächlich der Empfindung, daß nun, da der Enderfolg ganz von dem Ausgang des U-Boot-Krieges abhängig gemacht war, kein Abweichen von der eingeschlagenen Richtung stattfinden dürfe, wodurch die Flotte in Gefahr gebracht werden konnte, vor Erreichung des gesteckten Zieles die Unterstützung der U-Boote aufgeben zu müssen. Grundsätzlich wird man diese Überlegung als berechtigt anerkennen müssen, denn es konnten immer noch Fälle eintreten, z. B. daß der U-Boot-Stützpunkt in Flandern ausfiel, wodurch Aufgaben an die Flotte herantraten, für die sie in voller Stärke bereit sein mußte. Demgegenüber stand aber auch die Rücksicht auf die belebende Wirkung, die jede erfolgreiche Kampfhandlung auf das Selbstgefühl der beteiligten Personen ausübt. Gerade in der Flotte ist ein Teil der Mannschaft in gewissem Sinne Zuschauer, ohne in derselben Weise in jedem Gefecht mit der Waffe als Einzelperson ein- greifen zu können, wie es im Landkrieg geschieht und den Stolz ausbildet, „seinen Mann gestanden zu haben". Dafür kann andererseits gerade bei einem Seegefecht mehr als irgendwo anders das Eingreifen eines einzelnen Mannes entscheidend wirken, der die Geistesgegenwart besitzt, im richtigen Augenblicke durch entschlossenes und geschicktes Handeln einer großen Gefahr vorzubeugen, womit er das ganze Schiff und seine Besatzung erhalten und den Sieg auf unsere Seite bringen kann. Solange es nicht zu Kampfhandlungen kommt, regt sich gerade bei allen diesen zunächst unbeteiligten Mannschaften die Neigung, die Führer der Flotte und der einzelnen Schiffe hinsichtlich ihrer Entschlußfähigkeit der Kritik zu unterziehen. Die Leute wollen an ihrer Spitze keine Memmen sehen, weil sie wissen, daß Verzagtheit an der Spitze auch ihnen das Verhängnis bringen muß, und weil sich jeder an der Leistung des Schiffes als solchem mitbeteiligt fühlt. Denn wenn es einmal zum Kampf Schiff gegen Schiff kommt, muß die Kraft des einzelnen bis auf das Äußerste herhalten, sei er nun Nichtnummer am Geschütz oder Heizer vor den Feuern, Munitionsmanner oder Ausguckposten, der rechtzeitig vor einer Torpedolaufbahn warnt. Das Zusammenwirken aller dieser Kräfte, von denen keine einzelne entbehrt werden kann^ ist beim Schiffskampf zur Erzielung der Leistung unerläßlich. Zur Ruhe ist die Flotte im Jahre 1917 wenig gekommen, wenn auch die äußeren Erfolge ihrer Tätigkeit nicht so sehr in die Erscheinung getreten sind. Ihren Ausdruck fanden sie nur in der Wirkung des U-Boot-Krieges, denn auf seine Unterstützung war das Wirken der Flotte nunmehr hauptsächlich eingestellt. Der Einfluß des U-Bootskrieges auf die englische Wirtschaft konnte nur eintreten, wenn es den Booten gelang, in ihr Tätigkeitsgebiet unversehrt hin und zurück zu gelangen. Dazu war eine starke Gegenwirkung des Feindes in der Nordsee zu überwinden. Diese war in großzügigster Weise angelegt. Wir wissen aus Lord Jellicoes Munde, daß er zur Einschließung der deutschen Bucht Anfang 1917 allein 100 000 Minen in Bestellung gegeben hat, deren Wirkung wir auch sehr bald gewahr werden sollten. Immer dichter wurde der Minengürtel, der sich um den Bogen von Terschelling nach Hornsriff zog. Gleichzeitig unterlag auch unsere Such- und Räumtätigkeit einer verschärften Beobachtung von feindlicher Seite, um unsere Bemühungen vergeblich zu machen, und die Arbeit von Tagen wurde sehr oft in einer Nacht wieder durch Werfen neuer Minen vor der von uns geschaffenen Durchfahrtslücke zunichte gemacht. Da der Feind die neuen Sperren in konzentrischen Ringen westlich vor den früher ausgelegten Linien vorlegte, schob sich auch das Arbeitsgebiet der Minensucher immer weiter hinaus. Cs ist uns leider nie geglückt, die feindlichen Minenleger selbst bei ihrem Werke abzufassen, das sie wohl in der Regel im Schutz der Dunkelheit Vornahmen, soweit nicht U-Boote zum Minenlegen benutzt wurden. Zur Erklärung dieses auffallenden Unvermögens möge der Hinweis dienen, daß auch die Bemühungen des Gegners nach derselben Richtung hin. 2§7 soweit uns bekannt, wenig geglückt sind. Ich erinnere mich, daß nach der Rückkehr eines unserer U-Minenboote mir einmal gesagt wurde, auf dieser Fahrt habe das Boot seine zweitausendste Mine gelegt. Wieviel Hindernisse hat es überwinden müssen, bis diese Arbeit geleistet war. Die Fahrt des Kreuzers „Hampshire", auf der Lord Kitchener unterging, wurde bei schwerem Sturm im Vertrauen darauf ausgeführt, daß bei solchem Wetter westlich von den Orkney-Inseln schwerlich mit Minen oder sonstiger U-Bootsgesahr zu rechnen sei, und dennoch war eins unserer Boote (Kapitänleutnant Eurt Beitzen) am Werke gewesen und hatte gerade die Gelegenheit des schlechten Wetters ausgenutzt, um die Minen zu legen, denen dieses Schiff zum Opfer fallen sollte. Auch wir haben verschiedentlich die Beobachtung machen müssen, daß nach stürmischen Tagen, an denen die Tätigkeit der Minensucher unterbrochen werden mußte, neue Minen gelegt waren an Stellen, die vor Eintritt des schlechten Wetters gerade geräumt waren. Erschwerend für unsere Minenleger war noch, daß sie ihre Minen dicht an die englische Küste oder die Hafeneingänge heranbringen sollten, wo Bewachung und Gegenwehr natürlich sehr viel wirksamer waren als in der freien Nordsee. Dort sollten wir in einem Abstand von 100 sin von Helgoland aufpassen, was sich auf der weiten Strecke des Grenzbogens von der ostfriesischen Küste bis nach Jütland hinauf nächtlicherweile ereignete. Die große Entfernung, auf welche die Minenfuchtätigkeit hinausgerückt war, machte es nötig, ihr eine starke Sicherung beizugeben, um nicht durch eine überraschend auftretende feindliche Zerstörergruppe, denen die Minensuchboote sowohl an Geschwindigkeit wie an Armierung erheblich unterlegen waren, aufgerieben zu werden. Einige überrumpelungsversuche der Engländer hatten stattgefunden, waren aber mit so geringer Energie durchgeführt worden, daß bisher unsere Boote noch mit gering- fügigen Beschädigungen und Verlusten davongekommen waren. Die feindlichen Boote hatten auf das erhaltene Feuer hin stets sehr bald von einer Verfolgung abgelassen. Aber man durfte es nicht darauf ankommen lassen, daß die Minensucher bei jeder Gelegenheit so gut davonkommen würden. Je unangenehmer die U-Bootswirkung in England empfunden wurde, desto größere Anstrengungen waren auch von dort zu erwarten, die U-Bootsgefahr in ihrer Gesamtheit, wo sie nur zu fassen war, zu bekämpfen. Einen wirksamen Schutz für die Minensuchboote konnten nur unsere Kleinen Kreuzer bieten, die an Artilleriewirkung den englischen Zerstörern überlegen waren. Torpedoboote wurden ihnen nur in solcher Zahl zugeteilt, als es für ihre U-Bootsicherung nötig erschien. Wollte man den Schutz der Minensucher den Torpedobooten übertragen, so war es nötig, sie in größerer Zahl aufzubieten, als mit den sonstigen Aufgaben der Torpedoboote vereinbar war. Auf den Ausbau der Minensuchverbände und ihre Ausstattung mit besserem Bootsmaterial war in richtiger Erkenntnis der Bedeutung von Kriegsbeginn an sehr viel Mühe verwandt worden. An Stelle der alten, aus dem Torpedobootsdienst abgestoßenen Boote, die in unseren ersten Minensuchslottillen untergebracht waren, und der provisorisch zum Hilfsminensuchdienst verwendeten Fischdampfer, waren neue nur für das Minensuchen bestimmte Fahrzeuge konstruiert und in so großer Zahl gebaut worden, daß fast sämtliche Minensuchdivisionen im Laufe des Jahres 1917 damit versehen werden konnten. Auch in der Ostsee war ein großer Bedarf an solchen Fahrzeugen zu decken, um die Handelsschisfahrt in Gang halten zu können, um so mehr, als die einzige Offensivtätigkeit der Russen sich ganz auf den Minenkrieg verlegt hatte. Eine gute Unterstützung zur Sicherung des Minensuchens bot die Entwicklung der Seefliegerei der Nordsee. Von leistungsfähigen Seeflugzeugen war bei Kriegsbeginn noch kaum die Rede gewesen, denn die einzige Seeflugstation Helgo- Doutschlands Hvchieeilott« im WclÄrieg« land, die damals eingerichtet war, verfügte nur über fünf Apparate, denen sich nach einiger Zeit noch drei weitere zugesellten. Auch das Flieger- und Beobachterpersonal mußte erst geschaffen werden. Der Tatkraft der mit der Leitung des Flugwesens beauftragten Personen (Konteradmiral Philipp als Befehlshaber des Marineflugwesens und Korvettenkapitän Brehmer als Kommandeur der Seefliegerabteilung der Nordsee) ist die große Entwicklung zu danken, welche dieser Dienstzweig genommen hat, der uns für den Aufklärungs- und Sicherungsdienst ganz unschätzbare Dienste geleistet und den Überwasserstreitkräften dadurch eine außerordentliche Entlastung gebracht hat. An der Nordsee wurden Stützpunkte für Flugzeuge errichtet in List (Sylt), Helgoland, Norderney, Borkum, außerdem in Zeebrügge und Ostende. Ferner wurde der Kleine Kreuzer „Stuttgart" als Flugzeugkreuzer eingerichtet, nachdem auf einem Hilfskreuzer „Santa Elena" die nötigen Erfahrungen gesammelt waren und es mit der Vervollkommnung der Flugzeuge zweckmäßig erschien, den Dienst derselben nicht auf die Küstenstationen zu beschränken, sondern sich ihrer auch in See zu bedienen. Diese Entwicklung des Flugwesens wurde nötig und derart gefördert, weil der Minensuchdienst dringend danach verlangte. So stellten die Bedürfnisse des U-Bootskrieges an die Flotte die vielseitigsten Anforderungen, besonders auch in personeller Beziehung, denn es kam darauf hinaus, neben der vorhandenen Flotte eine zweite für den Unterwasserkrieg ins Leben zu rufen, die aus der alten Überwasserflotte herauswachsen mußte, in jeder Hinsicht auf sie angewiesen war und doch ein völlig neues Gebilde darstellte. XU. Lustschiff-Angriffe Bei Kriegsausbruch verfügte die Marine nur über die drei Luftschiffe I, 3, 4 und 5 von 15 000 cbm Inhalt. Das letzte im Kriege gebaute Zeppelin-Luftschiff trug die Nummer L, 71 und hatte 62 000 cbm Inhalt. In diesen Zahlen spricht sich die gewaltige Entwicklung aus, welche die Luftschiffe durchgemacht haben. Die dem Flottenkommando zur Verfügung gestellten Luftschiffe waren fast sämtlich vom Typ der Zeppelinschiffe. Auch die Firma Schütte-Lanz hat einige Schiffe gebaut, dis zunächst versuchsweise Verwendung und später auch praktische Betätigung fanden. Keine Waffe hat wohl so schwere Verluste erlitten — die U-Boote ausgenommen — wie unsere Luftschiffe. Von 61 Zeppelin-Luftschiffen, welche der Flotte im Laufe des Krieges zugeteilt waren, sind 17 mit voller Besatzung durch feindliche Gegenwirkung zugrunde gegangen, nämlich L 7, 10, 19, 21, 22, 23, 31, 32, 34, 39, 43, 44, 48, 53, 59, 62, 70. — 28 Luftschiffe büßten wir durch Strandung oder sonstige Unglücksfälle, wie z. B. Hallenbrand oder Explosion, ein: von ihnen konnten die Besatzungen durchweg gerettet werden, von 6 Schiffen gerieten sie in Gefangenschaft. 6 Schiffe mußten wegen Unbrauchbarkeit außer Dienst gestellt werden: 10 waren am Schluß noch verwendungsfähig vorhanden. Die Frontluftschiffe hatten sich, genötigt durch die immer zunehmenden Abwehrmaßregeln des Feindes, zu zwei Größen entwickelt, dem Typ 1^ 50 und dem Typ ^ 70. Die Hauptmerkmale des ersten waren folgende: 5 Motore zu je 260 I>8, Höhenleistungsmotore (d. H. solche, die auch in der stark verdünnten Luft der Höhenluftschichten noch genügend Geschwindigkeit entwickeln konnten), 4 Propeller, alle direkt auf die Wellen gekuppelt (die beiden Hinteren Motore sind is* auf einen Propeller gekuppelt), der innere Laufgang hat eine Länge von 196,5 iu, Breite der Schiffe 23,9 in, Gasinhalt 55 000 odm, Geschwindigkeit 30 msec, das sind etwa 110 lim pro Stunde, Nutzlast 38 Tonnen. Typ I- 70: 7 Motore zu je 260 Höhenleiftungs- motore, 6 Propeller, innere Laufganglänge 211,5 m, größter Durchmesser 23,9 w, Gasinhalt 62 000 cbm, Geschwindigkeit 35 gleich 130 km pro Stunde, Nutzlast 43 Tonnen. Die Besatzung bestand aus 21 Köpfen, von 70 ab 25. und zwar: 1 Kommandant, 1 Wachoffizier, 1 Steuermann, 1 leitender Maschinist, 2 Höhensteurer (Signalmaate), 2 Seitensteurer (Boolsmannsmaate), 2 Motorenmaate (Maschinistenmaate) für jeden Motor, 1 Segelmachersmaat, 1 F T.-Maat, 1 F.T.-Gast zur Bedienung der Funksprucheinrichtung. Als Armierung führten sie 2 Maschinengewehre, später kam noch eine 2 om-Kanone hinzu. Die Bombenausrüstung bestand in Brandbomben von 11,4 Kilo Gewicht und Sprengbomben zu 50, 100 und 300 Kilo. Um die Schwierigkeiten der Luftschiffahrt ermessen zu können, dürfte es angebracht sein, einige allgemeine Angaben über die Navigierung dieser Schiffe zu machen. Ihre Hauptaufgabe war die Aufklärung. Dadurch haben sie sich auch für die Marine als Waffe erhalten, während die Armee im Kriege für das Luftschiff keine Verwendung mehr fand. Durch die Entwicklung der Flugzeuge ist den Luftschiffen ein starker Konkurrent und auch ein gefährlicher Gegner entstanden. Die großen Entfernungen, welche für die Aufklärung auf See zu überbrücken waren, konnte die Fliegerei zunächst nicht bewältigen. Es handelte sich hier darum, größere Seegebiete, wie die Nordsee, zu überfliegen und der Flotte zuverlässige Meldungen und Beobachtungen zu liefern. Es mußte mit Fahrzeiten von 24 Stunden und darüber gerechnet werden, eine Zeitdauer, die die Flieger nicht aushalten konnten Die große Nutzlast, die das Luftschiff mitführen konnte, in Verbindung mit seiner hohen Geschwindigkeit, befähigte es auch in ausgezeichneter Weise zu Angriffszwecken. Die Gefahren, denen die Luftschiffahrt an und für sich ausgesetzt ist, wurden am besten dadurch überwunden, daß die Besatzungen der Schiffe Kriegsaufgaben erhielten, für welche sie bereit waren, sich freudig einzusetzen. Eine Tätigkeit, die sie nicht an den Feind gebracht hätte, konnte für so lange Kriegsdauer nicht befriedigen und hätte der Entwicklung der Waffe hindernd im Wege gestanden. Während für die Ncwigierung auf dem Wasser es sich darum handelt, ein Ziel zu erreichen, das in einer horizontalen Ebene auf der Wasseroberfläche anzusteuern ist, muß das Luftschiff auch noch die zweite Dimension, die Höhenunterschiede, mit bewältigen; und gerade dies stellt an die Luft- navigierung besonders schwierige Anforderungen. Sobald keine Anhaltspunkte, wie Land, Feuerschiffe oder eigene Seestreitkräfte, in Sicht sind, die den Schiffsort angeben können, gestaltet sich die Navigation wegen der großen Abtrift, wenn der Wind nicht gerade in der Kursrichtung steht, schwierig. Die Funkentelegraphie kommt dann zu Hilfe dadurch, daß die Schiffe auf Anruf von Richtungsstationen eingepeilt werden, der Schiffsort ermittelt und durch Funkspruch an die Schiffe gegeben wird. Im Gegensatz zum Flugzeug werden die Lasten, die vom Luftschiff, einschließlich des Eigengewichts, mitgeschleppt werden, nicht allein durch die Kraft der Motoren, die dynamische Hubkraft, getragen, sondern dadurch, daß gasdichte Zellen mit einem Gase, leichter als die Luft, gefüllt sind. Das Wasserstoffgas mit einem spezifischen Gewicht von 0,07, welches zur Füllung Verwendung fand, ergab bei einem Schiff von 55 000 cbm Inhalt einen Auftrieb von 64 000 Kilo. Davon gingen rund 26 000 Kilo auf das Leergewicht des Schiffes, so daß eine Nutzlast von 38 000 Kilo übrigblieb. d. H. 38 000 Kilo können in das Schiff gepackt werden, bis es in der Luft schwebt, also weder leicht noch schwer ist. Etwa 10 000 Kilo wurden aufgebraucht durch das Gewicht der Besatzung, Benzin- und Ölvorrat, Reserveteile, Sauerstoffausrüstung für die Fahrt in großen Höhen und Bomben: der Rest ist für Wasserballast verfügbar, etwa 26 000 Kilo. Dieser wird sehr notwendig gebraucht, um die Einflüsse unschädlich zu machen, die auf die Tragkraft des Schiffes ungünstig einwirken. Zunächst läßt beim Steigen der Druck der atmosphärischen Luft nach oben hin nach: der Gasdruck in den Zellen wird also verhältnismäßig stärker. Zum Druckausgleich ist jede Zelle mit einem Überdruckventil versehen, durch welches das Zuviel an Gas ausströmt. Hierdurch muß die Tragkraft entsprechend abnehmen, das Schiff wird also schwer. Für das Schwerwerden muß ein entsprechendes Gewicht an Wasser abgeworfen werden, damit das Schiff wieder ausgewogen ist. Ms Anhalt kann dienen, daß das Schiff für je 100 m Steigen 1 Prozent seiner Tragkraft verliert, also 640 Kilo. Einen weiteren Einfluß übt die Temperatur aus, sowohl die der Luft als auch die des Gases. Kalte Luft trägt besser als warme, während umgekehrt beim Gas die Tragkraft durch Wärme erhöht und beim Kälterwerden herabgesetzt wird. Als Regel dient: 1 Grad Temperaturänderung verbessert oder verschlechtert die Tragkraft um etwa 240 Kilo. Der Kommandant muß also dauernd die Temperatur im Auge behalten und aus den Temperaturänderungen das Verhalten seines Schiffes beurteilen. Weiter wirkt auf die Schwere ein das Maß von Feuchtigkeit, das sich während der Fahrt an der Schiffshülle festsetzt beim Durchfahren von Wolken: auch tritt leicht Vereisung ein, wenn die Temperatur entsprechend niedrig wird. Die Erschwerung durch 'Regenbelastung kann 3000 Kilo ausmachen, die durch Vereisung sogar 5—6000 Kilo. Starke Sonnenbestrahlung und der starke Luftzug bei der Fahrt lassen die Regenbelastung schnell wieder verschwinden. Ver- eisung hat noch den Nachteil, daß durch den laufenden Pro- peller Eisstücke durch die Hülle geschleudert werden und die Zellen durchschlagen können, wodurch wieder Gasverlust entsteht. Las Wasserstoffgas ist aber auch hoch explosiv, denn es stellt in einer bestimmten Mischung mit Luft das gefährliche Knallgas dar. Es muß also vermieden werden, daß Feuer oder elektrische Funken in das ausströmende Gas gelangen können. Das Gas strömt aber selbsttätig aus, einmal beim Abblasen der Zellen, beim Steigen über die Prallhöhe hinaus und bei Verletzung der Zellen durch Eisstücke oder feindliche Artilleriewirkung. Ist die feindliche Wirkung mit Feuererscheinung, wie beim Schießen mit Brandmunition, ver- bunden, so brennt das Schiff mit Sicherheit ab. Vorsicht ist auch bei Gewittern geboten. Am besten ist es, elektrisch geladenen Wolken aus dem Wege zu gehen. Lassen sie sich nicht umfahren, dann muß man darunter hinweg oder über die Wolken hinaus. Beim Heraufsteuern zum Überfahren muß unter allen Umständen vermieden werden, über die Prallhöhe zu gehen: das ist diejenige Höhe, in dei- der Gasinhalt die Zellen ganz füllt; denn darüber hinaus muß infolge des verminderten Luftdruckes das überflüssige Gas abblasen, und ein Blitz in dieses Gasgemisch führt gleich zum Abbrennen des Schiffes. Wird kein Gas abgeblasen, so ist bei intaktem Gerippe ein in das Schiff schlagender Blitz nicht gefährlich. Das in allen Teilen miteinander verbundene Gerippe (aus Aluminium) leitet den Blitz durch das ganze Schiff und läßt ihn am Heck wieder austreten. Derartige Fälle sind häufig vorgekommen, werden natürlich besser zu vermeiden gesucht. Über die Prallhöhe ist noch zu bemerken: Wenn ein Schiff darüber hinaus gegangen war, Gas abgeblasen hat und dann wieder heruntergeht, so kann das verbliebene Gas die Zellen nicht mehr ganz ausfüllen: das Gas füllt nur den oberen Teil der Zellen, der andere Teil ist leer. Das Schiff ist dann unprall. Je höher das Schiff war, desto geringer ist bei seiner Rückkehr sein Füllungsgrad, wenn es genötigt wird, zur Landung sich dem Erdboden allmählich wieder zu nähern. In diesem Falle muß mehr Ballast, Wasser, abgeworfen werden. Das Wasser ist über die ganze Schiffslänge verteilt in Ballastsäcken untergebracht. Die Ventile dazu sind durch Drahtzüge mit der Führergondel verbunden. Jeder Sack faßt 1000 Kilo. Der Kommandant ist in der Lage, an den von ihm zu bestimmenden Stellen des Schiffes beliebige Mengen von Wasser auslausen zu lassen. Vorn und hinten im Schiff sind noch je vier Ballasthosen, je 250 Kilo fassend, die auch von der Führergondel aus geöffnet werden. Diese Hosen unterscheiden sich von den Säcken dadurch, daß ihr Inhalt sich beim Öffnen augenblicklich leert, während die Säcke nur langsam auslaufen. Man wird die Hosen verwenden, wenn eine plötzliche Erleichterung eines Schiffsendes bewirkt werden muß, z. B. zum plötzlichen Steigen bei Fliegergefahr, oder wenn durch Auslaufen einer Zelle, durch Anschießen oder sonstige Ursachen ein Schiffsende plötzlich schwer wird, oder auch beim Landen mit schwerem Schiff. Unten am Schiff und seitlich sind die Gondeln angehängt, deren vorderste, die größte, vorn den Führerstand enthält, anschließend die Funkenstation und in ihrem Hinteren Teil noch einen Motor trägt. Die Hintere Gondel, auch in der Mittellinie hängend, trägt zwei Motoren, die beide auf einem Propeller arbeiten, die Seitengondeln je einen Motor. Die Luftschiffplätze waren so angelegt, daß sie in der Nähe der Küste lagen, genügend ebenen Raum für Aufstieg und Landung boten und gegen Angriffe von See aus doch genügend weit landwärts lagen, um nicht unversehens überfallen zu werden. Die Marine besaß an der Nordsee Luftschiffhäsen in: Nordholz bei Cuxhaven, Ahlhorn bei Oldenburg. Wittmundshaven (Ostfriesland). Tondern (Schleswig- Holstein), Hage, südlich von Norderney, wurde aufgegeben. Das Ideal für die Luftschiffhalle ist die drehbare Halle, die in die jeweilige Windrichtung eingestellt werden kann. Von diesen besaßen wir leider nur eine in Nordholz, da der Bau solcher Hallen sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und ungewöhnlich hohe Kosten verursacht. Auch die Baumaterialienfrage spielte im Laufe des Krieges eine Rolle. Die meisten Hallen waren so gestellt, daß ihre Lage der am Ort herrschenden Windrichtung entsprach. Ein Ein- und Ausbringen der Schiffe bei mehr als 8 mseo Windstärke quer zur Halle ist nicht möglich. Daran und an der Beschränkung auf die Neumondperiode hat es gelegen, daß in den Luftschiffangriffen so große Pausen eingetreten sind, die wohl vielfach den Anschein erweckt haben, als hätten andere Einflüsse zur Aufgabe dieser Betätigung geführt. Das ist nicht zutreffend. Seit dem ersten Luftschiffangriff auf England, der am 15. Januar 1915 erfolgte, sind keine einschränkenden Bestimmungen über die Angriffsbetätigung der Luftschiffe mehr erfolgt. Für London war in der allerersten Zeit noch die Einschränkung gegeben, nur diejenigen Anlagen anzugreifen, die unmittelbar der Kriegführung dienten, wie Arsenale, Docks, Batterien und ähnliches. Die Schwierigkeit, diese Stellen herauszufinden, in Verbindung mit der gerade um London ganz besonders gesteigerten Abwehr, machte diese Rücksichtnahme auf die Dauer unmöglich. Es ist aber nie der Zweck eines Luftschiffsangriffes gewesen, ungeschützte Wohnstätten von Menschen ihrer selbst wegen anzugreisen. Stets wurde als Ziel verfolgt, nur solche Anlagen zu zerstören, die der Kriegführung mittelbar oder unmittelbar dienten, wie Munitionsfabriken, Arsenale, Proviantlager, Hafeneinrichtungen, Werften, Docks u. dergl. Oft sind Luftschiffe mit ihrer vollen Bombenausrüstung von ihren Fahrten zurückgekehrt, weil sie keine entsprechenden Ziele mit genügender Sicherheit auszumachen vermochten. Es wäre ihnen sonst ein Leichtes gewesen, vor der Rückkehr sich ihrer Bombenlast zu entledigen und sie auf irgendwelche Ortschaften, die sie überflogen, zu werfen, wenn ihnen an der Vernichtung des Lebens harmloser Bewohner gelegen gewesen wäre. War das Luftschiff erst einmal in der Luft, so fand es, außer durch Gewitter oder sehr heftige Winde, keine Schwierigkeiten mehr, ähnlich wie ja auch in der Seefahrt den Schiffen bei schlechtem Wetter schließlich Grenzen in ihrer Verwendung gezogen sind. Für die Zukunft der Luftschiffahrt ist die Drehbarkeit der Halle ein wichtiger Faktor. Während die U-Boote ihr Zerstörungswerk gegen den englischen Seehandel in vollem Umfang aufnahmen, bemühten sich die Luftschiffe mit zäher Beharrlichkeit, ihre Angriffe auf die Insel selbst fortzusetzen. Im März 1917 erfolgte ein Angriff von fünf Luftschiffen. Zwei davon erreichten London. Infolge stark auffrischenden Windes gestaltete sich die Rück- fahrt sehr schwierig. „I. 42" wu.de gezwungen, in Jüterbog, „I. 35" in Dresden zu landen, „1^ 40" und „1^ 41" kamen in ihren Luftschiffhafen Ahlhorn zurück. 39" (Kommandant Kapitänleutnant Rob. Koch) ist durch den Sturm nach Südwesten abgetrieben, kam über die feindlichen Linien in Frankreich und ist, nach einer Eiffelturm-Meldung, bei Compie-gne abgeschossen worden. Seine Besatzung ist verbrannt. Ein im April unternommener Angriff mußte, weil die Wetterlage schon auf der Hinfahrt anfing, ungünstig zu werden, abgebrochen worden. Die Maiperiode brachte wiederum Gelegenheit zu einem erfolgreichen Angriff, der in der Nacht vom 23. zum 24. Mai ausgeführt wurde. Es waren daran beteiligt „1^ 40", „1^ 42", „1^ 43", „7^ 44" und „1^ 45". Auf „I. 44" fuhr der Führer der Luftschiffe Fregattenkapitän Straffer mit. Das Luftschiffkommando berichtet über seine Fahrt: „Gegen 1 Uhr 45 Min. nachts wurde die Küste bei Har- wich passiert: durchbrochene Wolkendecke. Mehrere Schein- 2S8 werfer suchten vergebens das Schiff zu erreichen. Ganz geringe Beschießung, keine Flieger. Infolge Ausfall von gleichzeitig drei Motoren Angriff auf London nicht durchgeführt, da Schiff stark durchfiel, sondern Harwich mit insgesamt 2000 Kilo Bomben belegt. Kurz nach Angriff Ausfall sämtlicher Motoren. Schiff fuhr ^ Stunde über feindlichen Gebiet als Freiballon und fiel von 5700 m Höhe bis 3900 m durch. Darauf bis 10 Uhr vormittags Fahrt mit nur einem Motor, von 10 Uhr ab mtt teilweise 2—3 Motoren, Landung Nordholz 7 Uhr 20 Min. nachm. 43" mußte auf dem Rückmarsch durch starkes Gewitter hindurch mit außerordentlich heftigen Hagelböen. Ein Blitz vorn in das Schiff geschlagen und dann am First entlang gelaufen, ohne das Schiff weiter zu beschädigen." Der nächste Angriff fand am 17. Juni statt. Beteiligt waren 1^ 42, 43, 44, 45. Da mehrfachen Gewittern ausgewichen werden mußte, so war auch der Angriff auf London bei der kurzen Nachtzeit in Frage gestellt. „1^ 42" konnte London deshalb nicht mehr erreichen. Es belegte 3 Uhr vorm. Dover mit der gesamten Munition. Das Schiff wurde beim Angriff äußerst heftig beschossen, jedoch konnten die Scheinwerfer infolge des starken Dunstes das Schiff nur auf ganz kurze Zeit fefthalten. Die Bomben lagen gut im Ziel. Einer Detonation folgten starke Explosionen im Abstande von zehn Minuten. Ganze Häuserviertel schienen in die Luft zu fliegen: Brände konnten noch sehr lange beobachtet werden. Kurz nach dem Angriff wurde das Schiff von leichten Fahrzeugen, anscheinend Torpedobooten, oder Kleinen Kreuzern, verfolgt und sehr heftig beschossen. Von 42" aus wurde beobachtet, daß eines unserer Luftschiffe von einem Flieger angegriffen wurde. Das Luftschiff stand 4500—5000 m hoch, der Flieger 300—500 m darüber. Da „1^ 43" (Kommandant Kapitänleutnant Kraushaar) von dieser Fahrt nicht zurückgekehrt ist, mußte ange- nommen werden, daß es von dem Flieger vernichtet ist. Spätere Nachrichten aus England haben dies bestätigt. Am 30. August wurde Fregattenkapitän Straffer der Orden ?our Is Aisrite verliehen. Ich nahm Gelegenheit, ihm diese Auszeichnung selbst zu überreichen und begab mich dazu nach dem neuen Luftschiffhafen Ahlhorn, der 20 km südlich von Oldenburg während des Krieges neu gebaut war und jetzt als Hauptstützpunkt der Luftschiffe verwendet wurde. Kapitän Strasser gebührt das Verdienst, die geniale Erfindung des Grafen Zeppelin zu militärischer Vollkommenheit entwickelt und die Luftschiffwaffe zu großer Leistungsfähigkeit gebracht zu haben, sowie die Luftschiffbesatzungen durch sein Beispiel aufs höchste anzufeuern. Er war die Seele des Ganzen und übertrug die Überzeugung, daß die Luftschiffe einer bedeutungsvollen Zukunft zugingen, auf alle, die ihm unterstellt waren. Ganz besonders begabt war er für die Einschätzung der meteorologischen Verhältnisse. Er hatte eine geradezu divinatorische Gabe, die Wetterverhältnisse zu beurteilen. Wie oft haben wir ihm in Gedanken abbitten müssen, wenn wir uns wunderten, daß bei einer günstig erscheinenden Witterung die Luftschiffe nicht aufgestiegen waren; denn er behielt immer recht, weil sich nach kurzer Zeit der Umschlag zeigte, der die Schiffe in Gefahr gebracht und ihre Rückkehr unmöglich gemacht hätte. Aber er kannte auch andererseits keine Schwierigkeiten: je stärker die Abwehr vom Gegner entwickelt wurde, um so energischer verfolgte er die Gegenmaßregeln. So trieb er die Luftschiffe in immer größere Höhen hinauf, und die zu Anfang des Krieges für ganz unmöglich gehaltene Betätigung in 6000 m Höhe hat er durchgesetzt. Dazu brauchte er Ellenbogenfreiheit und Eingehen auf seine technischen Vorschläge. Die Organisation des Luftschiffwesens hatte ihm zunächst nicht solche Stellung eingeräumt, daß seinen Vorschlägen schnell genug entsprochen wurde. Auch wurde seine Initiative durch allerlei Schwierig- keiten verwaltungstechnischer Art gehemmt. Das Flottenkommando ruhte nicht eher, bis die Organisation so geändert war, daß seine Person in der Führung und Entwicklung der Luftschiffwaffe freie Bahn erhielt. An den meisten Luftschiffangriffen hat Fregattenkapitän Straffer teilgenommen, obgleich ich ihm nicht immer gern die Erlaubnis dazu gegeben habe: denn bei den recht erheblichen Luftschiffsverlusten mußte ich besorgen, daß auch er einmal nicht zurückkäme, und seine Persönlichkeit war für die Luftschiffwaffe zu wertvoll. Aber gerade wegen der sich immer steigernden Schwierigkeiten mußte ich anerkennen, daß er es für nötig hielt, sich selbst zu überzeugen, wie es drüben aussähe, um danach zu beurteilen, was er seinen Luftschiffbesatzungen zumuten konnte und wie die Leistungsfähigkeit der Schiffe zu steigern war. Ein Angriff im Oktober 1917 brachte uns den Verlust von fünf Luftschiffen der elf aufgestiegenen ein, weil während des Angriffes derartig starker Gegenwind einsetzte, daß vier Schiffe bis weit nach Frankreich hinunter verschlagen wurden, eins noch Mitteldeutschland erreichte, aber hei der Landung verloren ging. Die sechs übrigen waren in rechtzeitiger Erkenntnis der geänderten Wetterlage nach Hause gekommen. Erschwert wurde den einzelnen Schiffen die richtige Beurteilung ihrer Standorte dadurch, daß von den Nichtungsftationen aus die Winkel sehr spitz wurden, wenn die Schiffe über dem Süden Englands standen, wodurch die Genauigkeit der Ortsbestimmung leiden mußte. Ein anderer, sehr schmerzlicher Rückschlag für die Luftschiffahrt trat im Januar 1918 ein, als durch Selbstentzündung eines Luftschiffes in Ahlhorn der Brand sich explosionsartig auf die übrigen Hallen weiterverpflanzte, wobei vier Zeppelin- Luftschiffe und ein Schütte-Lanz-Luftfchiff vernichtet wurden. Auch die Hallen wurden bis auf eine Anlage unbrauchbar. Die Flotte verfügte danach zunächst nur noch über neun Luftschiffe. Seit dem Herbst 1917 war der Luftschiffbau ein- geschränkt worden, weil das Material notwendig zur Beschaf- fung von Flugzeugen für die Armee gebraucht wurde. Seit dieser Zeit wurde monatlich nur ein Schiff in Auftrag gegeben. Auch dieses Vorkommnis hat uns nicht abgeschreckt, die Angriffe auf England gelegentlich noch zu wiederholen, obgleich, wir darauf bedacht sein mußten, keine weiteren Verluste zu erleiden, um die für die sonstige Flottentätigkeit so notwendige Luftschiffaufklärung nicht zu verlieren. Am 5. August 1918 griffen die Marine-Luftschiffe England zum letztenmal an. Fregattenkapitän Straffer fuhr auf „1^ 70", dem neuesten Schiffe, mit, das von Kapitänleutnant v. Loßnitzer geführt wurde. Er ist von dieser Fahrt nicht zurückgekehrt: sein Schiff, als das einzige der mitfahrenden, wurde über England abgeschossen. So folgte dieser Führer den vor ihm gefallenen Kameraden, denen er stets mit leuchtendem Beispiele vorangegangen war. Der Wert der Luftschiffwaffe ist stark angezweifelt worden. Für uns war sie in diesem Kriege, da die Seefliegerei anfangs noch ganz unentwickelt war, nicht zu entbehren. Der weite Überblick, die hohe Geschwindigkeit und große Sicherheit im Vergleich zur Aufklärungsmöglichkeit durch Seeschiffe, gab uns in den Luftschiffen ein wichtiges Hilfsmittel. Doch nur für Schönwetter. Die Flotte mußte sich also nach den Luftschiffen richten oder auf sie verzichten. Eine schwächere Flotte braucht möglichst weit vorgeschobene Aufklärung, die Einblick erhält, ohne verjagt weiden zu können. Das war bei den Luftschiffen der Fall. Die Fliegergefahr für sie kam erst später und war auch dann noch auf See gering: über dem Lande dagegen höchst unangenehm. Obgleich ein Luftschiff im allgemeinen schneller steigen kann als ein Flugzeug, war der Kampf beider zu ungleich in bezug auf Treffaussichten. Die Luftschiffe wurden schließlich zum Aufsuchen so großer Höhen genötigt, daß es über die menschliche Leiftungs- fähigkeit hinausging. (Höhen von mehr als 6000 m.) Damit war das Ende ihrer Angriffstätigkeit gekommen. Für eine weitreichende Aufklärung behielten sie ihre Bedeutung und Überlegenheit gegenüber den Flugzeugen, denn sie können sich viel länger in der Luft halten und sind unabhängig von Hilfsschiffen. Aber je größer sie wurden, um so seltener wurde wieder ihre Fahrgelegenheit wegen des Herauskommens aus den Hallen und der späteren Landung. Über den Erfolg ihrer Angriffe fehlen uns zuverlässige Angaben. Sie waren die ersten Kriegsfahrzeuge, die die Engländer aus ihrer Sicherheit auf der Insel aufschreckten und sie nötigten, eine gewaltige Abwehr einzurichten. Demnach müssen die Störungen doch als sehr bedrohlich empfunden worden sein. Unsere Aufgabe war es, die Überlegenheit, die wir in dieser Waffe besaßen, auszunutzen und ihre Leistungsfähigkeit so zu steigern, daß der Schrecken vor ihr England mitveranlassen konnte, Frieden zu schließen. Eine solche Vervollkommnung war nur erreichbar, wenn das Streben danach nicht aufgegeben wurde, trotz aller Rückschläge, die eintraten, und obgleich immer größerer Widerstand zu überwinden war. Das gerade ist der richtige kriegerische Geist, dann nicht zu erlahmen, sondern die Anstrengungen zu verdoppeln, wie es unsere Lustschiffer in vorbildlicher Weise getan haben. Die militärische Laufbahn des Luftschiffs wird man wohl als abgeschlossen ansehen können. Die Technik der Luftschiffahrt ist durch die Kriegserfahrungen so gesteigert worden, daß der Luftschiffverkehr im Frieden daraus große Vorteile ziehen wird und die Erfindung des Grasen Zeppelin als Kulturfortschritt erhalten bleibt. Dritter Abschnitt: Der A-Boot-Krieg XIII. Die militär-politische Bedeutung des A-Boot-Krieges Unsere Flotte war gebaut zum Schutze der deutschen Seeinteressen, sie hatte ausgesprochenen Verteidigungszweck. Das kam in ihrer Zusammensetzung zum Ausdruck: Linienschiffe und Torpedoboote bildeten die Hauptmacht, die ausschließlich für den Flottcnkampf berechnet war. Kreuzer waren nur in so geringer Zahl vorhanden, daß sie gerade für die taktische Aufklärung einer marschierenden Flotte genügten. Zu einer Bedrohung des feindlichen Handels waren sie weder ihrer Zahl noch ihrer Bauart nach geeignet; an den englischen Welthandel konnten sie wegen der vorgelagerten britischen Inseln in der Nordsee nicht herankommen. An Stützpunkten im Ozean fehlte es. Das Risiko, das unsere Flotte gegen den Angriff einer- überlegenen Seemacht bilden sollte, war durch die englische Politik für diesen Krieg bedeutungslos geworden. Sie hatte sich die Koalition der nächststärksten Land- und Seemächte gesichert und durfte sich der wohlwollenden Neutralität der Vereinigten Staaten Nordamerikas erfreuen, bis auch diese noch auf die Seite unserer Gegner traten. Dennoch vermied es England, das Übergewicht seiner Flotte irgendwie im Kampfe aufs Spiel zu setzen, sondern hatte sich zum Ziele seiner Seekriegführung gesetzt: Deutschland von jeglicher Zufuhr über See abzuschneiden und es durch Vorenthaltung von Lebensmitteln und Rohstoffen auszuhungern. 20 Deutschlands Hochsecslott« im WeMriege Am 2. Oktober 1914 veröffentlichte die englische Admiralität die Warnung, daß es notwendig geworden sei, vor dem Ausgang des Kanals nach der Nordsee ein großes Minenfeld zu legen. Dieses war 1365 Quadrat-Seemeilen groß. Es ließ einen schmalen Streifen an der englischen Küste frei, dessen Befahren nur innerhalb der englischen Hoheitsgrenze möglich war. Am 2. November 1914 folgte die Erklärung der gesamten Nordsee als Kriegsgebiet. Alle Schiffe, die versuchen würden, dieses Kriegsgebiet auf anderen als den von der Admiralität vorgeschriebenen Wegen zu befahren, sollten dies auf eigene Gefahr tun, sollten schwersten Gefahren ausgesetzt sein durch die in diesem Gebiet geworfenen Minen und durch die Kriegsfahrzeuge, die dort nach verdächtigen Fahrzeugen wachsam suchen würden. So lautete die Ankündigung der englischen Regierung. Die Bestimmungen der Londoner Deklaration von 1909 waren von England seinerzeit nicht ratifiziert worden, und so hielt es sich an keine völkerrechtlichen Regeln gebunden, die es ermöglicht hätten, dem blockierten Deutschland über die neutralen Länder Handelsgüter über See zuzuführen. Das Ergebnis der von der englischen Regierung getroffenen Maßnahmen war folgender Zustand: Jeder direkte oder indirekte Einfuhrhandel nach Deutschland über Land und über See war unterbunden, insbesondere war die Zufuhr von Lebensmitteln unmöglich gemacht dadurch, daß der Unterschied zwischen absoluter und relativer Konterbande beseitigt worden war. Sogar die Einfuhr von Gütern, die keine Konterbande waren, wurde dadurch verhindert, daß man sie von den Schiffen, unter der Begründung, es könnte Konterbande darunter verborgen sein, an Land brachte, sie dort entweder requirierte oder unter Berufung auf Ausfuhrverbote festhielt und dadurch ihren Verkauf erzwang. Die neutralen Staaten hatten sich, um selbst überhaupt noch irgendwelche Zufuhr von Übersee zu erhalten, auf das Verlangen Englands hin gezwungen gesehen, gegen Deutschland Ausfuhrverbote in größtem Umfange zu erlassen. Die englische Regierung verlangte sogar die Einstellung des Handels dieser Länder mit freien Gütern und eigenen Produkten nach Deutschland mit der Drohung, sonst das neutrale Land wie feindliches Land zu behandeln. In neutralen Ländern, besonders in den Vereinigten Staaten von Amerika, wurden ganze Industrien genötigt, jeden Verkehr mit Deutschland abzubrechen. In den neutralen europäischen Ländern war außerdem die Gründung von Organisationen erzwungen worden, die den gesamten Handel unter ihre Kontrolle und damit unter diejenige Englands stellten. Personen und Firmen, die den Anweisungen nicht folgten, waren vom Seehandel ausgeschlossen, weil alle Ladungen an sie, als feindlicher Bestimmung verdächtig, festgehalten wurden. Der freie Verkehr neutraler Handelsschiffe durch die Nordsee war durch die Kriegsgebietserklärung unmöglich gemacht, weil jedes Schiff, das die Bestimmungen dieses Erlasses nicht achtete, sich der Gefahr der Vernichtung aussetzte. Dadurch wurde die gesamte Schiffahrt gezwungen, britische Gewässer anzulaufen, um sich dort der britischen Kontrolle zu unterwerfen. Die Absicht der englischen Regierung hat der damalige Marineminister Winston Churchill am 9. November 1914 in seiner in der Guild Hall gehaltenen Rede unumwunden mit folgenden Worten ausgesprochen: „Das britische Volk hat sich den Wahlspruch gesetzt: Geschäft wie gewöhnlich während der Veränderungen auf der Landkarte Europas/ Es erwartet von der Flotte, auf die es soviel Sorgfalt und Geld verwendet hat, daß sie dafür aufkommt, und wir sind jetzt im Begriff, das tatsächlich zu vollbringen. Es ist sehr schwer, in der ersten Kriegszeit die volle Wirkung des Drucks der Seemacht zu ermessen. Der Schaden, den wir erleiden, ist klar und genau zu bestimmen. Der Schaden, den wir zufügen, ist sehr oft entweder gar nicht zu sehen, oder, wenn er zu sehen ist, läßt sich seine Größe nicht feststellen. 20* Die wirtschaftliche Erdrosselung§§§§§§§§§) durch die Seeblockade braucht Zeit, bis sie zu voller Wirkung kommt. Wir sehen sie jetzt erst im dritten Monat. Nur Geduld! Betrachten Sie sie im sechsten, im neunten, im zwölften Monat, dann werden Sie den Erfolg sehen, der nur allmählich und in der Stille zustande kommt, der aber das Verderben Deutschlands so sicher bedeutet, wie das Herannahen des Winters den Fall der Blätter von den Bäumen." Das Verhalten der englischen Flotte stand mit dieser Bekundung in vollkommener Übereinstimmung. Sie vermied es, den Kampf zu suchen, um die deutsche Flotte zu vernichten. Man glaubte Deutschlands Unterwerfung erzwingen zu können, ohne befürchten zu müssen, die Überlegenheit der englischen Flotte über die anderen Kriegsflotten der Welt einzubüßen. Ihr strategisches Verhalten bot der Flotte auch taktische Vorteile, wenn der Kampf von uns in den Gewässern gesucht wurde, die sie sich zu ihrem Standorte erwählt hatte. Von dort aus war die englische Flotte in der Lage, das Bewachungssystem, das sie über die Zugänge zur Nordsee und die nach Skandinavien führenden Fahrstraßen eingerichtet hatte, durchzuführen und es gleichzeitig am wirksamsten gegen Angriffe aus der Deutschen Bucht zu verteidigen. Der englische Plan ging aber noch von der weiteren Voraussetzung aus, daß es Englands Flotte hierbei auch gelingen würde, den eigenen Handel in ausreichender Weise zu schützen. Sie rechnete wohl damit, daß die Lebensfähigkeit unserer Auslandskreuzer nur eine beschränkte sein konnte und das Durch- bringen von Hilfskreuzern durch die Bewachung der Nordsee voraussichtlich zu den Ausnahmefällen gehören würde. Diese konnten vorübergehend Störungen Hervorbringen, aber niemals von entscheidender Wirkung werden. In dieser Annahme haben sich die Engländer auch nicht getäuscht, und in dem Sicherheitsgefühl, das Meer zu beherrschen, trafen sie ihre Maßnahmen, ohne jede Rücksicht auf die Rechte der neutralen Mächte, von denen sie doch keinen ernsthaften Widerstand zu befürchten brauchten, so, wie es für die völlige Abschließung Deutschlands am zweckmäßigsten war. Mit der Kriegsgebietserklärung ließen sie den alten Begriff der Blockade fallen, weil Minen und Unterseeboote die reguläre Durchführung einer effektiven Blockade unmöglich machten. Damit war für den Engländer die Blockade abgetan, und er führte eine seiner Ansicht nach zeitgemäße und deshalb berechtigte Neuerung ein, ohne sich um den Einspruch der Neutralen im geringsten zu kümmern. Daß das Wesen des Seekrieges darauf gerichtet ist, den feindlichen Seehandel zu zerstören, ist für englische Begriffe so selbstverständlich, daß auch alle Mittel, die dazu dienen können, recht sind. Ihre Durchführbarkeit fußte auf der Macht der englischen Flotte, an welcher die neutralen Proteste unbeachtet abprallten. Durch diesen Krieg ist offenkundig geworden, daß es eine Täuschung war, wenn die Neutralen glaubten, dem seemächtigen England gegenüber für ihre Schiffahrt im Kriegsgebiet dieselben Rechte beanspruchen zu können, welche England sich für den Fall seiner eigenen Neutralität durch die seerechtlichen Verträge gesichert hatte. Diese Rechte der Neutralen sind nichts anderes als Ansprüche, die ein seemächtiger Staat für den Fall ausnutzen möchte, daß er einmal nicht zu den Kriegführenden gehört und seine Geschäfte auch im Kriegsgebiet weiter betreiben will, unbekümmert darum, ob eine der kriegführenden Parteien darunter zu leiden hat. So lagen die Verhältnisse zwischen uns und Amerika. Natürlich mußte für solche Ansprüche der äußere Schein des Rechts gewahrt werden. Dazu muß dann dieses oder jenes Schlagwort herhalten, das gerade die meiste Zugkraft auszuüben verspricht. In diesem Kriege waren es die „Gebote der Menschlichkeit", welche die amerikanischen Geschäftsinteressen hochhalten mußten. Kein Staat, auch Amerika nicht, hat es mit den Geboten der Menschlichkeit für unvereinbar gehalten, Unterseeboote für Kriegszwecke zu bauen, deren Aufgabe es sein sollte, feindliche Kriegsschiffe unversehens anzugreifen und sie mit Mann und Maus zu versenken. Macht es vom rein menschlichen Standpunkt aus irgendwelchen Unterschied, ob die Tausende Ertrinkende Marineuniform tragen oder Angehörige eines Kauffahrteischiffes sind, die dem Feind Munition und Nahrung zuführen, wodurch sie den Krieg verlängern und die Kriegsleiden über ungezählte Frauen und Kinder mitverbreiten helfen? Was sich England unter Seerecht vorstellte, geht auch für den Laien am einfachsten aus der Behandlung der Londoner Deklaration hervor. Die auf Einladung der englischen Regierung im Anschluß an die zweite Haager Friedenskonferenz geführten Verhandlungen hatten im Jahre 1909 zu einer Aufstellung von Regeln geführt, über welche die Signatarmächte — darunter England, Frankreich, Rußland, Vereinigte Staaten, Deutschland u. a. — „einig waren in der Fe st- stellung, daß die in der Erklärung ent- Haltens Regelung im wesentlichen den allgemein anerkannten Grundsätzen des internationalen Rechts entspräche". England hatte diesen Vertrag auf Einspruch des Oberhauses nicht ratifiziert, weil er den englischen Interessen nicht genügend Rechnung trug. Es hatte damit wohl das formale Recht, sich nicht an diese Regelung halten zu müssen, aber es verletzte damit auch die von allen Staaten als Völkerrecht anerkannten Grundsätze. Die englische Regierung erklärte am 20. August 1914, sie habe sich entschieden, „die Londoner Erklärung im allgemeinen annehmen zu wollen, jedoch mit gewissen Abänderungen und Zusätzen, die sie unbe- dingt für notwendig erachte, um die Operationen zur See wirksam d u r ch z u f ü h r e n". Hier ist mit rührender Offenheit ausgesprochen, daß der Engländer das Recht nur insoweit als für ihn verbindlich hält, als es seine Operationen nicht stört, und daß er sich die Abweichungen erlauben wird, die ihm eine wirksame Durchführung seiner Operationen gewährleisten. Dazu gehörte, daß er auch das Recht der Neutralen, irgendwelche Güter nach Deutschland zu befördern, verhinderte und diesem Verkehr mit allen Mitteln in den Weg trat. Die neutralen Staaten mußten sich sogar verpflichten, über See eingeführte Lebensmittel im Lande selbst zu verbrauchen und die überseeische Einfuhr nicht etwa dazu zu benutzen, eine gleiche Menge Lebensmittel für den Transport nach Deutschland freizugeben. Gegen diese brutale Machtpolitik war derjenige, der sichdurch Proteste und Rechtsverwahrungen verteidigen wollte, von vornherein zur Niederlage verdammt; aber es war leider der Weg, den unsere Politik eingeschlagen hat. Dabei fanden wir nicht einmal Gegenliebe bei den Neutralen. Amerika erklärte, wenn England das Völkerrecht nicht beachte, gäbe uns das noch kein Recht, auch völkerrechtswidrige Handlungen zu begehen, denen Amerika sich fügen solle. Es beanspruche vielmehr für seine Bürger das Recht, sich auf See überallhin ungehindert begeben zu können. Wenn wir die angekündigten Vergeltungsmaßregeln nicht unterließen, die ihrer Ansicht nach gegen die Gebote der Menschlichkeit verstießen, so würde es uns dafür zur Verantwortung ziehen. England gegenüber wurden solche schroffen Töne nicht angeschlagen. Und warum auch? Dem Engländer war der Besuch amerikanischer Schiffe höchst willkommen; denn sie brachten ihm alles, was er so dringend benötigte. Von seiner Seite waren daher für den Verkehr keinerlei Störungen zu erwarten: denn er hätte seine eigenen Interessen damit geschädigt und konnte dadurch gar nicht in die Verlegenheit kommen, gegen die Gebote der Menschlichkeit, wie Amerika sie verstand, zu verstoßen. Wie sich die Bemühungen der Amerikaner, gegen unser Volk die Hungerschraube immer stärker anziehen zu helfen, mit der Menschlichkeit vertrugen, ist eine Frage, die sich nur mit der eigenartigen angelsächsischen Moral, daß das „busilless" damit gar nichts zu tun habe, erklären läßt. Als die Aushungerung Deutschlands als Ziel der englischen Regierung erkannt war, mußten wir uns darüber klar werden, welche Möglichkeiten bestanden, um uns der Gefahr zu erwehren. Es war ein gewaltiger Druck, den England auszuüben imstande war. Auf Hilfe von den Neutralen hatten wir nicht zu rechnen. Sie hatten sich ausnahmslos der englischen Willkür gefügt, wenn nicht gar, wie Norwegen und Amerika, ihren Vorteil dabei gesucht. Dem englischen Verhalten gegenüber konnte unsere Flotte, wie wir in den vorhergehenden Kapiteln gesehen haben, mit ihrer bei Kriegsbeginn vorhandenen Stärke und Zusammensetzung keinen durchschlagenden Erfolg erzielen, derart, daß der deutsche Handel wieder auflebte und der englische unseren Kreuzern zur Beute wurde. Solche Annahme gehört in das Gebiet der Utopie und verkennt die großen Hilfsmittel, welche England außer der eigentlichen Schlachtflotte, selbst wenn diese schwer geschädigt war, noch zur Beherrschung des Seeverkehrs übrig behielt. Die Hilfe der Neutralen, welche in diesem Weltkrieg übriggeblieben waren, hätte uns nicht die nötige Sicherheit geboten, unsere Volkswirtschaft lebensfähig zu erhalten, wenn die Zufuhr über See ausblieb, auch wenn sie in der Lage gewesen wären, ihr Verhalten uns gegenüber freundlicher zu gestalten, nachdem eine schwere englische Niederlage zur See ihnen das Rückgrat mehr gestärkt hätte. Rettung aus der Zwangslage konnte uns nur werden, wenn wir imstande waren, noch einen empfindlicheren Druck auf das englische Wirtschaftsleben auszuüben, der England zum Nachgeben nötigte. Der Retter konnte das U-Boot sein, weil gegen diese Waffe der in der englischen Flotte liegende Handelsschutz unwirksam wurde. Eine militär-politische Frage von höchster Wichtigkeit tat sich daher auf: Deutschland im Besitze eines Mittels, das die englische Flotte zur Wirkungslosigkeit herabdrückt und den ganzen englischen Aushungerungsplan umzuwerfen imstande war! Daß das U-Boot eine solche Bedeutung als Seekriegswaffe gewinnen konnte, hatte sich erst herausgestellt, als die Leistungsfähigkeit der Boote unter dem Kriegsdruck alle Erwartungen weit übertroffen hatte. Politik und Seekriegführung mußten bei Anwendung der Waffe im engsten Einvernehmen handeln. Die ersten Bedenken waren natürlich seerechtlicher Art. Es würde zu weit führen, alle die juristischen Überlegungen, die über diese Frage angestellt sind, hier nochmals zu erörtern. Die Neuartigkeit der Waffe machte neue Formen nötig, deren Berechtigung von der Gegenpartei, weil sie sich gegen ihre Interessen richtete, natürlich nicht anerkannt und aufs heftigste angegriffen wurde. Zweifellos hatte uns aber die britische Kriegführung das Recht zu Vergeltungsmaßregeln gegeben, besonders aber auch das Vorbild, daß es ein einfaches Gebot der Kriegsnotwendigkeit sei, die vorhanDenen Machtmittel so anzuwenden, „um die Operationen zur See wirksam durchzuführen". Das Unterseeboot war ein von allen Staaten eingeführtes Kriegsmittel. Damit hatten auch wir das Recht, es seiner Eigenart entsprechend zu verwenden. Jede Verwendung, die dieser Eigenart nicht entsprach, war widersinnig und unmilitärisch. Die Fähigkeit des U-Bootes, zu tauchen, machte es ganz besonders geeignet zum Handelskrieg, weil es überraschend austreten und dadurch Schrecken und Furcht verbreiten und den Handel verscheuchen, den Nachstellungen des Gegners aber sich entziehen konnte. In der Fähigkeit des Unterwasserfahrens lag die vielversprechende Nutzbarkeit der neuen Waffe. Wenn es Kauffahrteischiffe versenkte und mit ihnen Besatzung und etwaige Passagiere, so traf die Schuld dafür diejenigen, die die Warungen mißachtet hatten und bewußt die Gefahr liefen, sich der Torpedierung auszusetzen, genau wie die Besatzungen der Dampfer, die sich dem englischen Zwang nicht fügen wollten und der englischen Ankündigung zum Trotz es riskierten, das durch die Minen gesperrte Gebiet zu durchfahren. Sollte etwa die Dreistigkeit der Kauffahrteifahrer uns abhalten dürfen, eine Waffe in die Hand zu nehmen, von deren Anwendung unser Schicksal abhing? Rechtsgründe waren es keinesfalls, die uns verhindern konnten, sondern nur solche politischer Art, ob wir uns die Macht zutrauten, die unberechtigten Einsprüche abzuweisen. Von den Vorteilen, welche die Tauchfähigkeit des Bootes bot, durfte nicht im geringsten abgewichen werden, sonst war die Waffe von vornherein stumpf und zur Wirkungslosigkeit verurteilt. Sie mußte eine Gefahr bilden, vor der es kein Entrinnen gab. Weder Aufmerksamkeit noch Schnelligkeit konnten den Schiffen genügenden Schutz bieten. Darauf gründete sich die Wirkung, daß mit den zunehmenden Schiffsverlusten der Handel nach den britischen Inseln mit der Zeit eingestellt werden mußte. Die Tauchfähigkeit der Boote trug auch dazu bei, daß der Feind völlig im Ungewissen bleiben mußte, wie groß die Zahl der Boote war, die er zu bekämpfen hatte; denn es war keine Übersicht darüber zu gewinnen, wo der Gegner stand. Ein einzelnes erfolgreiches U-Boot, das eine Fahrstraße unsicher gemacht hatte, konnte den Anschein erwecken, als ob die doppelte oder mehrfache Zahl dort tätig gewesen sei. Denn es liegt in der menschlichen Natur, die unbekannten Gefahren zu überschätzen. Die Angriffsfläche, die der englische Handel den U-Booten darbot, breitete sich rings um die britischen Inseln und war an jeder Stelle der Küste zu treffen. Darin lag ein großer Vorteil gegenüber dem Verhalten von Kreuzern, die den Handelskrieg betreiben sollten. Sie mußten das freie Meer mit geringem Verkehr aufsuchen, um sich den Nachstellungen zu entziehen, das U-Boot dagegen konnte sich gerade in die Küstengebiete begeben, wo der ganze Verkehr zusammenströmte, und der Verfolgung entzog es sich sehr einfach durch Untertauchen. Alle diese Erwägungen Hutten an den verschiedensten Stellen der Marine gleichzeitig zu demselben Vorschlag geführt: Unsere Seekriegführung muß dem Beispiel der englischen folgen und auf die Vernichtung des Handelsverkehrs gerichtet werden, weil wir damit den englischen Lebensnerv unmittelbar zu treffen vermögen. Das U-Boot kann als geeignetes Mittel dazu dienen. Mit diesem Vorschlag trat im November 1914 das Flottenkommando an den damaligen Chef des Admiralstabes, Admiral v. Pohl, heran mit folgender Begründung: „Da unsere Küste nicht blockiert ist, könnte an und für sich unser Handel mit den Neutralen, soweit nicht Konterbande in Frage kommt, ruhig weitergehen. Gleichwohl hat aller Handel der Nordseeküste aufgehört. England übt sogar auf die uns benachbarten Länder einen starken Druck aus, um auch jeden Handel von dort mit Waren, die für unsere Kriegführung wichtig sind, zu unterbinden. Besonders lebhaft sind seine Bemühungen, die Lebensmittelzufuhr über neutrale Länder zu verhindern. Es handelt sich hierbei nicht nur um Lebensmittelzufuhren für unsere Truppen, sondern England will unser ganzes Volk aushungern. Es setzt sich hierbei über jede Bestimmung des Völkerrechtes hinweg, da Lebensmittel nur relative Konterbande sind, also nur der Beschlagnahme unterliegen, wenn sie für die Kriegführung bestimmt sind. Nach den Bestimmungen der Londoner Konferenz kann relative Konterbande nur beschlagnahmt werden, wenn sie mit dem Schiff unmittelbar nach dem feindlichen Lande befördert wird. Wird sie über ein neutrales Land, z. B. Holland, befördert, so ist ihre Beschlagnahme unzulässig. Trotzdem ist eine große Anzahl von Dampfern, die mit Lebensmitteln, Öl, Erzen usw. nach neutralen Ländern unterwegs waren, obgleich ihre weitere Bestimmung nach Deutschland keineswegs feststand, beschlagnahmt worden. Da also England versucht, unseren Handel zu vernichten, üben wir nur gerechte Vergeltung, wenn auch wir den Handelskrieg mit allen Mitteln betreiben. Da ferner England hierbei ohne jede Rücksicht auf das Völkerrecht verfährt, so haben wir nicht die geringste Veranlassung, uns eine Beschränkung in der Kriegführung aufzuerlegen. Wir treffen England am empfindlichsten durch Schädigung seines Handels. Durch das U-Boot ist uns ein Mittel in die Hand gegeben, diese Schädigung in weitgehendstem Maße zu erreichen. Wir müssen uns daher dieses Mittels, und zwar seiner Eigenart entsprechend, bedienen. Je energischer der Krieg geführt wird, um so eher wird er zu Ende gebracht und unzählige Menschenleben und Güter bei kürzerer Kriegsdauer weniger geopfert. Ein Unterseeboot kann daher die Besatzung der Dampfer nicht schonen, sondern wird diese mit dem Dampfer zugrundegehen lassen müssen. Man kann die Schiffahrt auf diese Folgen aufmerksam machen und verwarnen, daß ihre Schiffe, die versuchen, englische Häfen anzulaufen, sich der Gefahr aussetzen, mit ihrer Besatzung vernichtet zu werden. Gerade dieser Hinweis, daß das Leben der Besatzung der Dampfer gefährdet ist, wird dazu beitragen, daß nach kurzer Zeit aller Schiffsverkehr nach England aufhören wird. Man wird also die ganze englische Küste oder einen Teil derselben für blockiert erklären und gleichzeitig die obenerwähnte Ankündigung hiermit verbinden müssen. Die Verhängung der Blockade ist zur Warnung vor den Folgen den Neutralen gegenüber erforderlich. Der Ernst der Lage erfordert, daß wir uns von Rücksichten freimachen, die jetzt keine Berechtigung mehr haben. Auch im Hinblick auf die Zukunft ist es von Bedeutung, den Feind schon jetzt empfinden zu lassen, welches Machtmittel uns mit dem U-Boot gegeben ist, um seinen Handel zu treffen, und daß davon auch der schonungsloseste Gebrauch gemacht werden soll." Die Rückwirkung solchen Vorgehens, wie es von mili- tärischer Seite gefordert wurde, auf die Neutralen, erweckte naturgemäß bei der politischen Leitung große Bedenken. Der Reichskanzler faßte seine Erwägungen darüber in einer dem Admiralstab am 27. Dezember 1914 erteilten Antwort dahin zusammen, daß gegen die geplante U-Boot-Blockade vom rechtlichen Standpunkte zwar nichts vorzubringen sei, wohl aber seien es Erwägungen. militär-politischer Opportunität, von denen die Entscheidung abhinge. Es frage sich nicht, ob, sondern wann die Maßregel ohne Schädigung unserer Lage ergriffen werden dürfe. Eine Maßregel wie die U-Boot-Blockade, die auf die Haltung der Neutralen und auf unsere Zufuhr abträglich wirken müsse, lasse sich erst dann ohne gefährliche Folgen zur Anwendung bringen, wenn unsere militärische Lage auf dem Kontinent so gesichert sei, daß die Entscheidung hier als zweifellos angesehen werden und die Gefahr des Übertritts der Neutralen zu unseren Gegnern als ausgeschlossen gelten könne. Dieser Moment sei heute noch nicht gekommen. Diese Antwort läßt erkennen, daß die Bedeutung der Frage nicht in ihrem vollen Umfange erkannt und gewürdigt worden ist. Es handelte sich nicht etwa darum, ob die Marine, um ihre Seekriegführung vielseitiger und effektvoller zu gestalten, ein neues, eigenartiges Mittel anwenden durfte, sondern ob der Ernst der Lage richtig erkannt war. Die Erwiderung des Reichskanzlers gipfelte in der Vertröstung: er st muß derLandkriegErsolghaben, dann kann an die Bekämpfung Englands gedacht werden. Feinde ringsum! So war die Lage. Konnte der Landkrieg uns allein aus ihr befreien oder der Seekrieg in der bisher geführten Weise? Wie konnten wir unsere Anstrengungen steigern, um nicht zu unterliegen? Aus dieser einfachen und natürlichen Überlegung entstand der Hinweis auf den U-Boot- Handelskrieg. Reifliche Überlegung seiner politischen Folgen, sei- ner militärischen Durchführbarkeit und seiner Ersolgaussichten unter richtiger Bewertung der englischen Wirtschaftsverhältnisse war selbstverständliche Pflicht. Dieses Studium hätte dem Krieg vorausgehen müssen: es ist aber nicht betrieben worden, weil niemand voraussah, daß der Kampf mit England einen Kampf gegen seinen Seeverkehr mit allen daraus entspringenden Folgen bedeuten würde. Denn wer dachte an die Möglichkeit, daß wir imstande sein sollten, eine so intensive Schädigung des englischen Handels zu bewirken, wie wir sie für den unsrigen von der Wirkung der englischen Blockade erwarten mußten? Dies nicht vorausgesehen zu haben, braucht für niemand einen Borwurf zu bedeuten. Im Gegenteil, solche aggressiven Gedanken lagen unserer Flottenpolitik vollkommen fern. Erst unter den Verhältnissen des Weltkrieges, dem Zwang, uns der gegen uns aufgebrachten Völkermassen zu erwehren, eröffnete sich mit der Erkenntnis von der Größe des Unheils, das England uns zugedacht hatte, auch die Perspektive für eine Möglichkeit unserer Befreiung. Es war ein Glück, daß unsere Flottenpolitik die Durchführung eines solchen Planes überhaupt ermöglichte, daß wir aus dem Zustande der Verteidigung, in welchem uns der Feind ruhig hätte schmoren lassen, zum Angriff übergehen konnten, daß wir unter unseren maritimen Machtmitteln nicht nur diese besondere Waffe besaßen, sondern auch Menschen dafür, mit genügenden technischen Vorkenntnissen und der nötigen Unerschrockenheit; daß weiterhin diese Waffe sich auf die Unversehrtheit ihrer Stützpunkte verlassen konnte, für welche die Flotte einzutreten berufen und stets bereit war. Das war eine Aussicht von überwältigender Größe, denn sie verhieß nichts Geringeres als die Verwirklichung des deutschen Anspruchs auf Freiheit der Meere. Betrachtet man an der Bedeutung dieser Aufgabe ihre Durchführung, so geschieht es mit dem Gefühl bitterer Enttäuschung über den Mangel an Weitblick und Entschlußfähigkeit bei den Stellen, wo die oberste Entscheidung lag, und voll tiefer Trauer für die großen, heldenmütig und doch umsonst gebrachten Opfer. Der U-Boot-Krieg entwickelte sich somit zu einer Frage von vorwiegend politischer Bedeutung. Die Anregung dazu war aus Überlegungen militärischer Art in der Marine entstanden; denn diese hatte den englischen Druck zur See auszuhalten und mußte bestrebt sein, seine Wirkungen aufzuheben, die sich in ausgesprochenster Weise gegen unser Wirtschaftsleben richteten. Eine unmittelbare Beseitigung dieses Druckes war bei der Stärke der englischen Flotte und ihrem strategischen Verhalten nicht erreichbar, wohl aber hatte sich das U-Boot als eine geeignete Waffe erwiesen, trotz des Schutzes der englischen Flotte auch unsererseits das englische Wirtschaftsleben unmittelbar treffen zu können. Bei der großen Abhängigkeit der englischen Wirtschaft von der Seefahrt bestand Aussicht, den Inselstaat so empfindlich zu treffen, daß ihm die Fortsetzung des Krieges unmöglich gemacht wurde,- denn vier Fünftel seiner Ernährung und alle Rohstoffe, mit Ausnahme von Kohle und der Hälfte seines Elsenerzbedarfes, mußte England über See einführen. An dieser Einfuhr war auch die neutrale Schiffahrt mitbeteiligt. Dadurch gewann der Seekrieg gegen den englischen Handelsverkehr politischen Einschlag, weil er die Interessen bisher noch nicht in den Krieg eingetretener Staaten erheblich stören konnte. Über diese Verhältnisse wirtschaftlicher wie rechtlicher Art ist eine so umfangreiche Literatur vorhanden, daß ich mich auf eine Darstellung der politischen Entwicklung des U-Bo.ot- Krieges und seiner militärischen Durchführung beschränken will, wie sie sich für uns, die wir in der Flotte standen, vollzogen hat. Den vom Flottenkommando gemachten Vorschlag, Handelskrieg mit U-Booten zu führen, nahm der Chef des Admiralstabes, v. Pohl, auf in der Form einer Kriegsgebiet- Erklärung, die am 4. Februar 1915 veröffentlicht wurde und folgenden Wortlaut hatte: Die militär-politische Bedeutung des U-Boot-Krieges Bekanntmachung im Reichsanzeiger. Die Gewässer rings um Groß-Britannien und Irland, einschließlich des gesamten englischen Kanals, werden hiermit als Kriegsgebiet erklärt. Vom 18. Februar 1915 an wird jedes in diesem Kriegsgebiet betroffene feindliche Kauffahrteischiff zerstört werden, ohne daß es immer möglich sein wird, die dabei der Besatzung und den Passagieren drohenden Gefahren abzuwenden. Auch neutrale Schiffe laufen im Kriegsgebiet Gefahr, da es, angesichts des von der britischen Regierung am 31. Januar angeordneten Mißbrauches neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Seekrieges nicht immer vermieden werden kann, daß die auf feindliche Schiffe berechneten Angriffe auch neutrale Schiffe treffen. Die Schiffahrt nördlich um die Shetland-Inseln in dem östlichen Gebiet der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen Breite, entlang der niederländischen Küste, ist nicht gefährdet. Der Chef des Admiralstabes der Marine. (gez.) v. Pohl. Diese Erklärung war mit Einverständnis der Regierung abgefaßt, die an die beteiligten Mächte eine Denkschrift herausgab, aus welcher die Absicht deutlich hervorging, daß diese Erklärung aus die Verwendung des U-Bootes ausging. Der Gedanke, eine Blockade der ganzen englischen Küste oder einzelner Häfen derselben zu verhängen, war fallen gelassen. Mit der Erklärung eines „Kriegsgebietes" folgte man dem englischen Vorgänge. An die Blockade knüpfte sich von früher her das Merkmal der Effektivität. Dafür aber konnte die Zahl der Boote, über welche wir damals verfügten, nicht für ausreichend gehalten werden. Die Blockade einzelner Häfen hätte den beabsichtigten Zweck der Beunruhigung des gesamten englischen Handels nicht erreicht und dem Feinde die Gegenwirkung erleich- tert, wenn er sich nur auf ein bestimmtes, ihm genau bekanntes Gebiet einzurichten brauchte. Leider hatte man bei der Kriegsgebietserklärung nicht den Entschluß gefunden, in bestimmter Form auszusprechen, daß jegliche Schiffahrt dort verboten sei. Ein solches Verbot entsprach nicht der Auffassung des Kanzlers, wie er sie Ende Dezember in seinen politischen Bedenken geäußert hatte. Die neue Erklärung stellte also ein Kompromiß dar. Dom Staatssekretär des Reichsmarineamts, Großadmiral v. Tirpitz, wissen wir, daß ihm keine Gelegenheit geboten worden war, bei dieser Entschließung mitzuwirken. Das ist um so unbegreiflicher, als gerade von ihm die nötigen materiellen Mittel bereitzustellen waren, er also über die Ausführbarkeit des Planes die entscheidende Stimme haben mußte. Ein besonders triftiger Grund, die Bekanntmachung so zu beschleunigen, ist nicht ersichtlich, es sei denn, daß Admiral v. Pohl die mit dem Auswärtigen Amte geführten Verhandlungen durch die Veröffentlichung zum Abschluß bringen wollte, ehe er seine neue Stellung als Flottenchef, für die er bereits bestimmt war, Anfang Februar antrat. Diese Übereilung hat sich für ihn gerade in der neuen Stellung besonders fühlbar gemacht, als er erkennen mußte, daß die U-Boote auf den neutralen Einspruch hin nicht in der von ihm gedachten Weise vorgehen durften. Gegen die aus diesem Grund getroffenen Anordnungen, die das Lebensinteresse der Waffe gefährdeten, sah er sich genötigt, vorstellig zu werden. Der Erfolg der Kriegsgebietserklärung beruhte daraus, daß die Neutralen unserer Warnung folgten und sich abfchrecken ließen, das Kriegsgebiet zu befahren. Wollten sie aber der Vorteile ihres Seeverkehrs mit England nicht verlustig werden, so mußten sie die ihnen angedrohten Gefahren hinnehmen. Die Denkschrift der Regierung hatte unser Vorgehen als eine Vergeltung gegen Groß-Britannien bezeichnet, weil dieses den Handelskrieg gegen Deutschland in einer Weise führte, der 21 DoutMmrvS HoMeeflstk im WoMrieg« allen völkerrechtlichen Grundsätzen Hohn sprach, und dann weiter ausgeführt: „Wie England das Gebiet zwischen Schottland und Norwegen als Kriegsschauplatz bezeichnet hat, so bezeichnet Deutschland die Gewässer rings um Groß-Britannien und Irland, mit Einschluß des gesamten englischen Kanals, als Kriegsschauplatz und wird mit allen ihm zu Gebote stehenden Kriegsmitteln der feindlichen Schiffahrt daselbst entgegentreten. Zu diesem Zwecke wird es vom 18. Februar 1915 an jedes feindliche Kauffahrteischiff, das sich auf den Kriegsschauplatz begibt, zu zerstören suchen, ohne daß es immer möglich sein wird, die dabei den Personen und Gütern drohenden Gefahren abzuwenden. Die Neutralen werden daher gewarnt, solchen Schiffen weiterhin Mannschaften, Passagiere und Waren anzuvertrauen. Sodann aber werden sie darauf aufmerksam gemacht, daß es sich auch für ihre eigenen Schiffe dringend empfiehlt, das Einlaufen in dieses Gebiet zu vermeiden. Denn wenn auch die deutschen Seestreitkräfte Anweisung haben, Gewalttaten gegen neutrale Schiffe, soweit sie als solche erkennbar sind, zu unterlassen. so kann es doch, angesichts des von der britischen Regierung angeordneten Mißbrauchs neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Krieges, nicht immer verhütet werden, daß auch sie einem auf feindliche Schiffe berechnetem Angriffe zum Opfer fallen." Unseren U-Booten war die Anweisung erteilt, bei Durchführung des Handelskrieges fich nach folgenden Anhaltspunkten zu richten: „Die Sicherheit des U-Bootes steht in erster Linie. Das Auftauchen zum Untersuchen von Schiffen wird dabei der eigenen Sicherheit wegen zu vermeiden sein, da, abgesehen von der Gefahr etwaiger Überraschung durch seind- liche Schiffe, auch bei neutralen Abzeichen keine Gewähr besteht, daß man nicht ein feindliches Schiff vor sich hat. Das Führen einer neutralen Flagge, selbst das Anbringen neutraler Abzeichen, bieten also noch keine Gewähr dafür, daß ein Dampfer tatsächlich neutral ist. Seine Vernichtung ist daher gerechtfertigt, wenn nicht noch weitere Begleitumstände für seine Neutralität sprechen." Dieses Verhalten war um so mehr gerechtfertigt, als der Zweck des ganzen Vorgehens ja gerade die Verwendung des U-Bootes war als Ausgleich für die Unmöglichkeit, mit Uberwasserschiffen an den englischen Welthandel heranzukommen, die aus unserer geographischen Lage entsprang. Eine empfindliche Wirkung des Handelskrieges war nur zu erwarten, wenn der Eigenart der Boote Rechnung getragen wurde, wie es in der ihnen erteilten Instruktion zum Ausdruck kam. Das U-Boot, das als militärische Spezialwaffe im Seehandelskrieg die Durchführung der Handelssperre im Kriegsgebiet übernehmen sollte, hat seine Stärke in dem schwer zu erkennenden Unterwasserangriff, von dem es im Interesse seiner Selbsterhaltung Gebrauch machen muß. Man verlangt ja auch von einem Flugzeug nicht, daß es auf seinen Ablaufrädern gegen den Feind geht. Die Gefahr, die für die Neutralen entstand, war die Folge ihres ungleichen Verhaltens gegenüber den beiden Kriegsgebietserklärungen Englands und Deutschlands. Niemals hat ein Schiff, auch kein amerikanisches, dem englischen Befehl getrotzt und so die Probe gemacht, ob England unter Gewaltanwendung äußerstenfalls seine Kriegsgebieterklärung durchsetzen würde; vielmehr sind die neutralen Schiffe freiwillig auf den von der englischen Admiralität vorgeschriebenen Wegen in die englischen Häfen eingelaufen. Wir dagegen, deren Erklärungen die Neutralen trotz aller Warnungen immer wieder durchbrechen wollten, mußten sie praktisch bis zur Verwirklichung dieser Gefahr durchführen. 21* Die Annahme, daß die Neutralen unser Verhalten widerspruchslos hinnehmen würden, erfüllte sich nicht. Namentlich die Vereinigten Staaten erhoben alsbald in entschiedenster, ja drohender Form Einspruch. Sie konnten zwar nach ihrem England gegenüber beobachteten Verhalten nichts dagegen einwenden, daß neue Verhältnisse des Seekrieges auch neues Recht begründen: aber sie bedienten sich des Satzes, daß dem Schaffen neuen Rechtes eine Grenze gesetzt sei in den Vorschriften der Menschlichkeit. Das sollte besagen, daß das menschliche Leben auf alle Fälle geschützt sein müsse, eine Forderung, die das U-Boot seiner Natur nach gar nicht immer erfüllen kann. Es ist ein seltsames Zeichen für angelsächsische Denkungsart: Man darf Greise, Frauen und Kinder verhungern lassen und versteift sich gleichzeitig darauf, daß man sie aber nicht direkt töten dürfe, weil die englische Nordseesperre, angesichts der Fügsamkeit der neutralen Schiffe, so ausgeführt werden konnte, daß die Schiffe nur eingebracht und nicht versenkt zu werden brauchten. Es erscheint heute höchst seltsam, daß die Möglichkeit solchen Einspruchs nicht vorausgesehen und in ihren Folgen aufs eingehendste geprüft ist. Denn ein solcher Einspruch stellte unsere Regierung vor die Frage, ihre Erklärung zurückzuziehen oder in der Handhabung des Vorgehens im Kriegsgebiet Rücksicht auf die Neutralen zu nehmen, die den Erfolg schwer beeinträchtigen, wenn nicht gar in Frage stellen mußte. Hatte man unser moralisches Recht auf den U-Bootkrieg auf die amerikanische Humanitätsforderung hin einmal zurückgestellt, dann war die Wiederaufnahme eines verschärften Verfahrens, wenn sie sich später als nötig erweisen sollte, aufs äußerste erschwert; denn gerade, wenn man eine Aufbesserung der militärischen Lage brauchte, die der U-Bootkrieg hätte bringen können, war von der politischen Leitung der Einwurf zu erwarten, daß die allgemeine Lage durch Anwendung dieses Hilfsmittels sich verschlechtern mußte. Darin liegt der Schlüssel für den dauernden Widerstand des Reichskanzlers gegen die Aufnahme einer Kriegsweise, die England wirkungsvoll schädigen konnte. Er hatte die Möglichkeit dazu gleich von Anbeginn verschüttet: denn in der Antwort auf den amerikanischen Protest sprach unsere Regierung davon, daß sie lediglich die Vernichtung der feindlichen, innerhalb des Seekriegsgebietes betroffenen Handelsschiffe bekundet habe, nicht aber die Vernichtung aller Handelsschiffe, wie die amerikanische Regierung irrtümlich verstanden zu haben schiene, und sie erklärte sich weiterhin bereit, jede Maßnahme in ernsteste Erwägung zu ziehen, die geeignet sein könnte, die legitime Schiffahrt der Neutralen im Kriegsgebiet sicherzustellen. Diese Anerkennung der legitimen Schiffahrt stand in vollkommenem Widerspruch zu der vom Admiralstab verfolgten Absicht. Es ist nicht ersichtlich, warum die Ankündigung des U-Bootkrieges so eilig sein mußte, wenn bei der politischen Leitung der Wille zum Durchhalten gar nicht vorhanden war. über diesen aber mußte Klarheit bestehen, wenn man das Mittel des U-Bootkrieges überhaupt anzuwenden gedachte. Man könnte fast annehmen, daß es sich zunächst nur um einen Fühler handeln sollte, ob sich die Neutralen unser Vorgehen gefallen lassen würden. Dafür waren aber die Folgen, die eine Zurückweisung bringen mußte, viel zu ernst. Die Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar ermöglichte es unserer Diplomatie, ihre Erklärung aufrechtzuerhalten und doch bei der Ausführung die von den Neutralen geforderte Rücksichtnahme walten zu lassen. Dieser Zwang wurde den U-Booten auferlegt, und der U-Bootkrieg damit tatsächlich totgemacht. Die Note hätte mit keinem größeren diplomatischen Geschick abgefaßt werden können, wenn es gegolten hätte, nicht den Willen unserer Kriegsleitung durchzusetzen, sondern das Interesse der Feinde, welches sich hier mit dem der Neutralen deckte, wahrzunehmen. Noch ehe der Termin zum Beginn der Eröffnung der Feindseligkeiten herangerückt war, trafen bei der Flotte am 14. und 15. Februar zwei Telegramme folgenden Inhalts ein: „Aus zwingenden politischen Gründen den entsandten U-Booten funkentelegraphisch Befehl geben, vorläufig Schiffe unter neutraler Flagge nicht anzugreifen, sofern nicht sicher als feindlich erkannt": und „S. M. der Kaiser befehlen, den Handelskrieg durch Unterseeboote gegen Neutrale im Sinne der Bekanntmachung vom 4. Februar nicht am 18. Februar, sondern nur auf Allerhöchsten Ausführungsbefehl beginnen." Hierauf telegraphierte der Flottenchef an den Admiralstab zurück: „U. 30" bereits in der Nähe der Irischen See. Wird kaum von dem Befehle, nur sicher als feindlich erkannte Schiffe zu zerstören, erreicht werden. Mit diesem Befehl ist jeder Erfolg ausgeschlossen, da es den U-Booten ohne eigene Gefährdung nicht möglich ist, die Nationalität der Schiffe festzustellen. Ansehen der Marine wird nach meiner Ansicht ungeheuer leiden, wenn laut verkündete und mit großer Hoffnung vom Volke begleitete Unternehmung ergebnislos verläuft. Bitte meine Auffassung S. M. vorzutragen." Das Telegramm gibt den Eindruck wieder, den Admiral v. Pohl als Flottenchef durch die beiden Befehle erhalten hatte, die so gänzlich den Erwartungen widersprachen, die er in seine Kriegsgebietserklärung gesetzt hatte. Und es liefert auch den Beweis, wie wenig der Admiral selbst den U-Booten ein solches Verfahren zumuten wollte. Aber die einmal bei der politischen Leitung entstandenen Bedenken, es auf die Verwirklichung der amerikanischen Drohungen nicht ankommen zu lassen, setzten sich weiter durch. Daß die Einschätzung der allgemeinen Lage, in Verbindung mit der materiellen Fähigkeit, einen energischen U-Bootkrieg führen zu können, sie rechtfertigte, soll nicht bezweifelt werden: dann war es aber ein schwerer Fehler, eine solche Lage entstehen zu lassen, die uns für die Zukunft den Weg zum uneingeschränkten U-Bootkrieg verblockte. Am 18. Februar erging eine den neuen Verhältnissen entsprechende Instruktion über das Vorgehen der U-Boote, die folgenden Wortlaut hatte: U-Handelskrieg ist mit allem Nachdruck zu führen. Feindliche Handelsschiffe sind zu vernichten. Neutrale Schiffe sollen geschont werden. Das Führen einer neutralen Flagge oder von Schornstein- abzeichen neutraler Dampferlinien ist allein jedoch nicht als Gewähr für neutrale Nationalität anzusehen. Auch das Führen weiterer neutraler Abzeichen bietet keine volle Sicherheit: der Kommandant hat alle begleitenden Umstände, die zur Erkennung der Nationalität des Schiffes dienen können, zur Beurteilung heranzuziehen, z. B. Bauart, Ort, Kurs, allgemeines Verhalten. Handelsschiffe neutraler Flagge, die im Konvoi fahren, sind dadurch als neutral ausgewiesen. Lazarettschiffe sind zu schonen. Sie dürfen nur dann angegriffen werden, wenn sie offenkundig zum Transport von Truppen von England nach Frankreich benutzt werden. Die Schiffe der Unterstützungskommission für Belgien sind ebenfalls zu schonen. Sollten trotz der Heranziehung größter Umsicht Verwechselungen Vorkommen, wird der Kommandant gedeckt werden. Am 22. Februar sollten in dieser Form die U-Boote ihre Tätigkeit aufnehmen. Mit dieser Anweisung hatte sich der Admiralsstab den Erklärungen anpassen müssen, welche die Reichsleitung der amerikanischen Regierung gegenüber als ihre grundsätzliche Auffassung über die Führung des Handelskrieges im Kriegsgebiet abgegeben hatte, ohne daß ihm Gelegenheit geboten war, seine Bedenken gegen die praktische Durchführbarkeit vorzubringen. Die erhebliche Erschwerung für die Tätigkeit der U-Boote lag darin, daß zunächst alle aus neutralen Schiffen beförderte Fracht dem Feinde ohne weiteres zugute kam und der Gesamtertrag des Erfolges dadurch mindestens aus ein Drittel herabgesetzt wurde; denn in diesem Umfange war die neutrale Schiffahrt an dem Handelsverkehr nach England beteiligt. Ferner fiel die Abschreckung der Neutralen völlig aus, da sie nun wußten, daß das Vorgehen im Kriegsgebiet auf Grund der Amerika gegebenen Erklärung nicht so gefährlich werden würde, wie es angedroht war. Holland gegenüber wurde die Absicht unseres milden Vorgehens bestätigt, als sich nach Versenkung des Dampfers „Katwyk" die holländische Volksstimmung sehr erregt zeigte und unser Auswärtiges Amt der holländischen Regierung versicherte, daß uns der Angriff auf ein holländisches Kauffahrteischiff völlig ferngelegen habe: „Sollte die Torpedierung der „Katwyk" tatsächlich durch ein deutsches U-Boot erfolgt sein, so wird die deutsche Regierung nicht anstehen, der niederländischen Regierung wegen dieses Vorfalles ihr lebhaftes Bedauern auszusprechen und vollen Schadenersatz zu leisten." Außer den neutralen Schiffen konnten aber auch viele feindliche Schiffe unter Vortäuschung neutraler Abzeichen mit ihrer Ladung heil durchkommen, wenn das U-Boot nicht in der Lage war, seine Zweifel zu beseitigen. Dies machte sich sehr bemerkbar, als der Flaggenmißbrauch mit der inzwischen durchgeführten Armierung der Dampfer Hand in Hand arbeitete und die Feststellung der Nationalität die U-Boote in große Gefahren brachte. Alle diese Umstände wirkten zusammen, das Ergebnis zu schmälern. Die Skrupellosigkeit, mit der die Feinde vorgingen, steigerte sich immer mehr, zumal als den englischen Handelsschiffen noch Prämien für die Vernichtung von U-Booten ausgesetzt wurden. Ein besonders krasser Fall war der des englischen Hilfsschiffes „Baralong", von welchem die ganze Besatzung von „v 27", Kommandant Kapt.-Leutnant Wegener, die wehrlos im Wasser schwamm und sich z. T. auf einen amerikanischen Dampfer gerettet hatte, ausnahmslos niedergeschossen wurde. Aller Erschwerungen ungeachtet, gaben sich unsere U-Bootbesatzungen ihrer Aufgabe hin. Bestrebt, den Höchstertrag herauszuholen, vermieden sie doch, Zwischenfälle herbeizuführen, welche Klagen nach sich ziehen konnten, bis am 7. Mai die Versenkung des 31 000 T. großen englischen Schnelldampfers „Lusitania" ungeheures Aufsehen erregte. Die England durch unsere U-Boote drohende Gefahr wurde dadurch in hellstes Licht gesetzt. Bestürzung und Empörung machten sich in der englischen Presse Luft. Besonders auffällig war die von der englischen Presse verfolgte Taktik, den Untergang der „Lusitania" nicht als ein englisches, sondern amerikanisches Unglück hinzustellen. Man muß den Artikel der „Times", welcher unmittelbar nach dem Untergang der „Lusitania" erschien (am 8. 5. 1915) gelesen haben, um das Maß von Heuchelei zu begreifen, dessen die Engländer fähig sind, wenn es ihre Handelsinteressen gilt. Kein Wort des Mitgefühls für den Verlust von Menschenleben, sondern nur das unverblümte Verlangen, diesen Fall mit einer gewissen Genugtuung auszuschlachten, um die Amerikaner zur Parteinahme gegen Deutschland aufzubringen. In ihrer Erwartung sollten sie sich nicht getäuscht sehen. Ein sich bis in den Juli hinziehender Notenwechsel verlangte von unserer Regierung die Einstellung des U-Bootkrieges, weil unser Verfahren, diese Waffe zur Vernichtung des Handels zu benutzen, praktisch unvereinbar sei mit dem von Amerika beanspruchten Recht, daß seine Bürger über See sich überall dahin begeben könnten, wohin sie rechtmäßige Geschäfte führten, ohne ihr Leben dabei in Gefahr zu bringen. Unsere Bereitwilligkeit, auf das Mittel des U-Bootes zu verzichten, wenn es Amerika gelänge, auch England zur Einhaltung des Völkerrechts zu bewegen, hatte keinen Erfolg. Dem U-Bootkrieg wurde aber eine neue Beschränkung auferlegt durch das Verbot, keine großen Passagierdampfer, auch nicht feindliche, zu versenken. Als am 19. August 1915 noch ein weiterer Zwischenfall dadurch hinzukam, daß der Dampfer „Arabic" durch „v 24" versenkt wurde, obgleich das Boot in der berechtigten Abwehr eines von dem Dampfer beabsichtigten Angriffes gehandelt hatte, wurde das Verbot, gegen Passagierdampfer vorzugehen, noch dahin verschärft, daß nicht nur die großen, sondern sämtliche Passagierdampfer nur nach Warnung und Rettung der Passagiere versenkt werden dürften. Auch in diesem Falle war bei Beantwortung der von Amerika erhobenen Einsprüche der Chef des Admiralstabes, Admiral Bachmann, nicht gehört worden und bat S. M. infolgedessen um Enthebung von seiner Stellung, die auch angenommen wurde. An seine Stelle wurde Admiral v. Holtzendorss berufen. Mit Rücksicht auf den zu erwartenden geringen Erfolg wurde der U-Bootkrieg an der Westküste der britischen Inseln eingestellt. Auch der Flottenchef, Admiral v. Pohl, hatte um Enthebung von seiner Stellung gebeten, wenn der letzte Befehl betr. Schonung aller Passagier dampfer, aufrechterhalten würde, da er eine solche Anweisung, die nur mit äußerster Gefährdung der U-Boote durchführbar sei, im Hinblick auf die seit Erlaß der einschränkenden Befehle bereits eingetretenen Der U-Boot-Krieg ruht im Westen Englands Verluste nicht vertreten könne, es aber für unmöglich halte, den U-Bootkrieg aufzugeben, der die einzig wirksame Waffe der Marine gegen England sei. Seine Einwände gegen die Einschränkung des U-Bootkrieges wurden dahin zurückgewiesen, daß ihm die volle Kenntnis der politischen Sachlage fehle. Mit der Aufgabe des U-Bootkrieges im Westen von England war jedoch seine völlige Einstellung nicht verbunden, da seit März 1915 der U-Bootstützpunkt in Zeebrügge eingerichtet und eine neue U-Bootbasis im Mittelmeer entstanden war. Die Entsendung von „v 21" unter Hersings Führung im April 1915 zur Unterstützung unserer bei der Dardanellenverteidigung beteiligten Streitkräfte hatte den sicheren Beweis für die große Aktionsfähigkeit unserer U-Boote geliefert. Es wurden deshalb vom August ab die neuesten Boote „v 33" bis „v 39" nach dem Mittelmeer entsandt, um von Pola aus, dem österreichischen Kriegshafen, den U-Bootkrieg im Mittelmeer aufzunehmen. Der Übertritt Italiens (27. Mai 1915) auf die Seite unserer Feinde gab unseren Booten dort ein neues Feld der Tätigkeit, weil nun der gesamte Dampferverkehr in diesen Gewässern vorzugsweise unter feindlicher Flagge erfolgte und Verwicklungen mit Neutralen kaum zu befürchten waren. So schleppte sich der U-Bootkrieg bis zum Jahresschluß, wenn auch mit mäßigem Erfolge, weiter fort, doch nicht ohne dem englischen Seeverkehr Wunden zu schlagen, die auch in diesem Umfang niemals von dem Inselreich für möglich gehalten waren. Der Gesamtdurchschnitt der monatlichen Versenkungsziffer für Februar bis August hatte immerhin 120 000 t betragen. Die Ergebnisse betrugen im: September 136 000 t, Oktober 108 000 t, November 158 000 i, Dezember 121000 t.*) *) Unter t sind Bruttoregistertonnen verstanden. Vor Eröffnung des U-Bootkrieges war der Überseeverkehr von und nach England noch nicht ernstlich beeinträchtigt gewesen. So störend auch der Kreuzerkrieg durch „Emden", „Karlsruhe", „Kronprinz Friedrich Wilhelm", „Prinz Eitel- Friedrich" sich fühlbar machte, hatte er doch infolge des Mangels überseeischer Stützpunkte eine durchgreifende Wirkung nicht auszuüben vermocht. Die Frachtenteuerung hielt sich noch in mäßigen Grenzen, und der Engländer litt im großen und ganzen noch kaum. Von Mangel war nirgends die Rede, und auch die Erhöhung der Preise blieb erträglich. Der U-Boot-Krieg änderte die wirtschaftlichen Verhältnisse Englands von Grund aus. Die Frachten stiegen bedeutend. Im Mai 1915 erreichten sie etwa das Doppelte der Januarsätze: im Januar 1916 waren sie durchschnittlich fast auf das Zehnfache der Frachtsätze in der Zeit vor dem Kriege (Januar 1914) gestiegen. Die Großhandelspreise folgten natürlich der Bewegung, und wenn auch die Zufuhren nicht so gelitten hatten, daß von einer Not gesprochen werden konnte, so hatte der U-Bootkrieg doch zu einer Knappheit geführt, weil die durch den Heeresbedarf stark vermehrte Nachfrage nicht befriedigt werden konnte. Gegen Ende des Jahres machte sich der Ausfall an Frachtraum stark fühlbar, und es war klar geworden, daß in der Frachtraumnot das Hauptproblem des U-Bootkrieges lag. Im Januar 1916 reichte der neue Chef des Admiralstabes eine umfangreiche Denkschrift ein, worin er die englischen Wirtschaftsverhältnisse einer genauen Prüfung unterzogen hatte und auf Grund seiner Untersuchungen zu folgenden .Schlüffen gelangte: 1. Der vorjährige U-Bootkrieg traf mit allmählich wachsenden Mitteln und unter zunehmenden Einschränkungen nichtmilitärischer Natur auf einen vom Kriege noch wenig beeinträchtigten, voll widerstandsfähigen Wirtschaftskörper. Im Wege einer Knappheit, die sich vorzugsweise in erheblicher Verteuerung wichtiger Nah- rungsmittel, auch von Fabrikaten und Rohstoffen äußerte, hat er Verkehr und Handel Englands so beeinträchtigt, daß, nach allen Richtungen ausstrahlend, schwere wirtschaftliche und finanzielle Schädigungen eintreten. Die Schädigungen haben in England, das sich an gefährdeter Stelle bedroht fühlte, erhebliche Beunruhigung erzeugt, und waren geeignet, England mit der Zeit zum Frieden geneigt zu machen. Die Wirkung verlor sich, sobald England sicher war, daß der U-Bootkrieg aus Gründen, die auf anderen Gebieten lagen, nicht durchgeführt werden würde. Die vom U-Bootkrieg in Bewegung gesetzte wirtschaftliche Entwicklung hat sich, wenn auch meist unter Abschwächungen, erhalten. Gegen Ende 1915 hat ein Mangel an Frachtraum den englischen Seeverkehr in einem Grade beengt, daß sich die Störungen des englischen Außenhandels durch fortschreitende erhebliche Verteuerung der Zufuhren verschärft haben. Die Marktpreise sind dem Anstoß gefolgt. Auch die Finanzlage hat inzwischen infolge der Anforderungen der für England ge- gegebenen militärischen und politischen Lage eine bedrohliche Gestalt angenommen. Ein neuer U-Bootkrieg findet demnach gegenüber dem Februar 1915 unvergleichlich günstigere Voraussetzungen vor, insofern der der englischen Ein- und Ausfuhr noch zur Verfügung stehende Schiffsraum erhebliche Abgänge nicht mehr verträgt, ohne daß die Transportmöglichkeiten für unentbehrliche Ein- und Ausfuhr betroffen werden, und insofern England jetzt durch Knappheit, Teuerung und finanzielle Überanstrengung des besten Teiles seiner Widerstandskraft beraubt ist. Der neue U-Bootkrieg verfügt ferner gegenwärtig über derartige Streitkräfte, daß er unter Berücksichtigung der vermehrten Abwehrmittel des Gegners einerseits, der in- zwischen sonst geschaffenen technischen Hilfsmittel andererseits, in der Lage ist, eAe im Vergleich zur vorjährigen wesentlich gesteigerte militärische Leistung zu sichern. Wird auf solcher Grundlage der U-Bootkrieg wiederum unter den vorjährigen Einschränkungen nicht militärischer Natur geführt, so würde eine weitere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen und damit finanziellen Lage Englands zwar erreicht werden, jedoch läßt sich angesichts der zahlreichen technischen Schwierigkeiten der Durchführung eines in seiner spezifischen Wirkung beschränkten U-Bootkrieges und der alsdann beträchtlich vermehrten Möglichkeiten der Abwehr, besonders auch, weil in bezug auf solchen Fall auf Grund der vorjährigen Erfahrungen die Wirkung der Abschreckung auf die Schiffahrt in der Hauptsache wegfällt, nicht mit Sicherheit annehmen, daß auf diese Weise England zum Frieden würde genötigt werden können. Wird ein neuer U-Bootkrieg uneingeschränkt, d. H. mit der Maßgabe geführt, daß im Kriegsgebiet jeder Schiffsverkehr vernichtet werden darf, dann steht in sicherer Aussicht, daß England sich infolge unerträglicher Beengung des Frachtraumes und damit der Zu- und Ausfuhren und folgeweise gesteigerter Teuerung, unterstützt durch schwerste finanzielle Bedrohung, in absehbarer Zeit, längstens in sechs Monaten, zum Friedensschluß gezwungen sehen wird. Eine andere Art der Beendigung des Krieges erschiene noch unter dem Gesichtspunkte des gegen Deutschland geplanten Handelskrieges, an dem England nur in dem Fall einer solchen Niederlage gehindert werden kann, als gefährliche Bedrohung der Zukunft des deutschen Wirtschaftslebens. Die Vereinigten Staaten sind nicht in der Lage, England dadurch, daß sie Frachtraum zur Verfügung stellen, wesentliche Hilfe gegen einen neuen U-Bootkrieg zu leisten. Angesichts der Höhe der bereits entstandenen und noch entstehenden Kriegslasten ist auch eine nachhaltige finanzielle Unterstützung Englands durch die, Ve» einigten Staaten nicht anzunehmen. Sie würde übrigens gegen die Einflüsse des uneingeschränkten U-Bootkrieges auf die englische Zu- und Ausfuhr wirkungslos bleiben, da sie weder einer Knappheit an unentbehrlichen Waren abhelfen noch zur Aufrechterhaltung der Ausfuhr beitragen könnte. Der im Januar 1916 vom Chef des Admiralstabes gemachte Vorschlag, den uneingeschränkten U-Boot-Krieg aufzunehmen, gründete sich auf folgende Berechnungen über den zu erwartenden Erfolg: a) Von Anbeginn des U-Boots-Krieges 1915 bis Ende Oktober desselben Jahres sind im Kriegsgebiet um England pro Tag und U-Boot 1,2 Dampfer zu durchschnittlich 4085 Tonnen vernichtet worden, Dampfer unter 1000 Tonnen nicht mitgezählt. Es war daher mit Sicherheit anzunehmen, daß auch in Zukunft pro U-Boot und Tag mindestens 4000 Tonnen Schiffsraum versenkt würden. Rechnet man, daß im Monat nur vier Stationen dauernd besetzt sind, eine Zahl, die bei dem im Laufe des Jahres 1915 entstandenen Zuwachs an U-Booten als niedrig gegriffen gelten konnte, so erhielt man eine Leistung von 16 000 Tonnen pro Tag oder 480 000 Tonnen im Monat im Kriegsgebiet um England. JmMittelmeer waren bisher durchschnittlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1915 monatlich 125 000 Tonnen Schiffsraum vernichtet. Unter der Annahme, daß der Schiffsverkehr unter der Wirkung des U-Boot-Krieges nicht wesentlich abnähme und im Laufe des Sommers 1916 die Zahl der Stationen im Mittelmeer noch weiter vermehrt würde, könnte mindestens mit der gleichen Leistung gerechnet werden: demnach 125 000 Tonnen pro Monat. Die durch Minen vernichtete Tonnage hatte im Monat durchschnittlich 26 640 Tonnen betragen. Die gleiche Zahl konnte auch für die Zukunft in Ansatz gebracht werden. Daraus errechnete sich eine Gesamtmonatsleistung von 631 640 Tonnen. Dies würde in einem halben Jahre einen dauernden Verlust an Tonnage von 3 789 840 Tonnen ergeben. Die Wirkung dieses Ausfalls auf Englands Verkehrs- und Lebensverhältnisse war aber auf ein Vielfaches dieser Zahl zu bemessen, insofern jeder verlorene Dampfer für Aus- und Einfuhr in Betracht kam und seinen Frachtraum während eines halben Jahres für mehrere Male zur Verfügung stellte. Die Gesamttonnage der englischen Handelsflotte bei Kriegsbeginn betrug rund 20 Millionen Tonnen. Die Hälfte dieses Tonnengehalts war für Kriegszwecke mit Beschlag belegt. Der bürgerliche Bedarf des Landes mußte mit 10 Millionen Tonnen gedeckt werden. Die Preissteigerung, die sich schon in wenigen Wochen nach Eröffnung des U-Bootkriegs geltend gemacht hatte, ließ den Schluß darauf zu, was es bedeuten würde, wenn tatsächlich über ein Drittel des gesamten englischen Frachtraumes, der die Bedürfnisse Englands in seinen weit verzweigten Verbindungen befriedigen sollte, dauernd ausfallen würde. An ein „busillesZ LS usual" wäre dann wahrlich nicht mehr zu denken gewesen. Die Reichsleitung verhielt sich dem Vorschlag des Admiralstabes gegenüber aber ablehnend. Daher entschloß sich der Chef des Admiralstabes, sich mit einer Art Abschlagszahlung zufrieden zu geben, die darin bestehen sollte, daß die armierten feindlichen Handelsdampfer wie Kriegsschiffe zu behandeln seien. Die Hoffnung, den U-Bootkrieg in voller Schärfe bald aufnehmen zu können, gab er jedoch nicht auf. Als ich im Januar 1916 die Führung der Flotte übernommen hatte, betrachtete ich es als meine erste Aufgabe, festzustellen, welche Kriegsmittel gegenüber England mir zur Verfügung standen, und namentlich darüber Gewißheit zu erhalten, ob und in welcher Weise den U-Bootkrieg gegen den eng- lifchen Handel zu führen beabsichtigt sei. Am 1. Februar hatte mir der Chef des Admiralstabes in bestimmte Aussicht gestellt, daß der uneingeschränkte U-Boot-Krieg am 1. März eröffnet werden würde. Unter dieser Annahme wurden denn auch die weiteren operativen Vorarbeiten des Flottenkommandos aufgestellt. Bereits am 11. Februar erhielt das Flottenkommando den Befehl übermittelt über das Vorgehen gegen armierte feindliche Handelsschiffe. Danach waren feindliche Kauffahrteischiffe, die mit Geschützen bewaffnet waren, Kriegsschiffen gleich zu achten und mit allen Mitteln zu vernichten. Die Kommandanten sollten sich dabei vor Augen halten, daß Verwechslungen zum Bruch mit neutralen Mächten führen würden, daß also zur Vernichtung eines Kauffahrteischiffes der Armierung wegen nur dann geschritten werden dürfe, wenn die Armierung erkannt war. Dieser Befehl sollte mit Rücksicht auf die auf diplomatischem Wege erfolgende Warnung der Neutralen erst am 29. Februar in Kraft treten. Die Regierung hatte wiederum eine Denkschrift dazu her- ausgegeben über die Behandlung bewaffneter Kauffahrteischiffe, in der sie auf Grund der von der englischen Regierung gegebenen Verhaltungsmaßregeln und des dementsprechend eingerichteten Auftretens englischer Kauffahrteischiffe es näher begründete, daß unter diesen Umständen feindliche Kauffahrteischiffe, die mit Geschützen bewaffnet seien, kein Recht mehr darauf haben könnten, als friedliche Handelsschiffe angesehen zu werden. Von dieser Sachlage gab die deutsche Regierung den neutralen Mächten Kenntnis, damit sie ihre Angehörigen warnen könnten, weiterhin ihre Personen oder ihr Vermögen bewaffneten Kauffahrteischiffen der mit dem Deutschen Reiche im Kriege befindlichen Mächte anzuvertrauen. Auf Grund dieser Erklärung konnte kein neutraler Staat mehr Anspruch darauf erheben, daß seine Landesangehörigen Anspruch auf Schutz hatten, wenn sie auf feindlichen bewaffneten Dampfern im Kriegsgebiet fuhren. 22 DoutschlairdS tzschsnllrtt« im WÄttrirq» Es war zu erwarten, daß sich unter diesen Umständen geringere Schwierigkeiten bei der Durchführung des U-Boot- Krieges, der auf die neutrale Schiffahrt Rücksicht nahm, Herausstellen würden. Wenn aber einmal, wie mir der Chef des Admiralstabes angekündigt hatte, der Beschluß feststand, am 1. März den uneingeschränkten U-Boot-Krieg zu eröffnen, so war nicht einzusehen, warum jetzt diese Erklärung über die Behandlung der armierten Dampfer vorher noch abgegeben werden sollte. Meine Vermutung, daß der Zeitpunkt des 1. März nicht innegehalten werden würde, bestätigte sich bei dem Besuche S. M. des Kaisers am 23. Februar, über den ich an anderer Stelle schon berichtet habe. Danach teilte der Kaiser die politischen Bedenken, die die Reichsleitung geltend gemacht hatte, um es nicht zum Bruch mit Amerika kommen zu lassen. Die von der Regierung gemachte Ankündigung, mit der sich der Admiralstab als die für die Seekriegführung verantwortliche Stelle einverstanden erklärt hatte, machte es selbstverständlich, daß sich das Flottenkommando der Weisung, mit einigen U-Booten den Handelskrieg um England wieder aufzunehmen, zu fügen hatte. Es sollte zunächst der Erfolg eines Versuchs abgewqrtet werden. Nach den mir gemachten Versicherungen mußte ich außerdem annehmen, daß die Regierung aus den Vorkommnissen vom Jahre 1915 die Lehre gezogen hatte, vor Einsprüchen nicht wieder zurückzuweichen, sondern im Gegenteil dann zu der verschärften Form des U-Boot-Krieges überzugehen. Es standen uns ja jetzt auch ganz andere Mittel zur Verfügung, um unserer Drohung Nachdruck zu verleihen. Hierbei möchte ich noch bemerken, daß das Flottenkommando keinen maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung des Krieges auszuüben berechtigt war, wohl aber konnte der Flottenchef, als der für die Ausführung verantwortliche Befehlshaber Vorstellungen erheben, wenn er dabei auf zu große Unzuträglichkeiten stieß. Es kam hinzu, daß dem Flottenkommando nur ein Teil der U-Boote, etwa die Hälfte, unterstellt war; die übrigen Boote waren zum Teil dem Marinekorps oder dem Oberbefehlshaber der Ostsee unterstellt: die im Mittelmeer stationierten erhielten ihre Aufträge unmittelbar vom Admiralstabe. Die Frage des U-Boot-Krieges hing aber so eng mit der Bekämpfung der englischen Flotte, der Hauptaufgabe der unferigen, zusammen, daß sie für die Entschlüsse der Flotte von der größten Bedeutung wurde. Ich hielt mich daher auch für verpflichtet, auf die Bedenken hinzuweisen, die unserer Gesamtkriegführung entstehen mußten, wenn der U-Boot- Krieg nicht nach militärisch richtigen Grundsätzen geführt würde, um so mehr, als ich es der mir unterstellten Waffe gegenüber zu verantworten hatte, wenn ihr Aufgaben gestellt wurden, an denen sie im Laufe der Zeit zugrunde gehen mußte, ohne den Erfolg zu erreichen, den man sich von ihrer richtigen Anwendung versprechen konnte. Von diesem Standpunkt aus bemühte ich mich, gegen die Nachgiebigkeit anzukämpfen, welche der Chef des Admiralstabes gegen die politischen Einwände an den Tag legte, obgleich er als der berufene Vertreter der Seestreitmacht in einer längeren, wohlüberlegten Denkschrift ausgeführt hatte, daß der uneingeschränkte U-Boot-Handelskrieg das beste und sicherste Mittel sei, das wir besäßen, um England zu zwingen und überhaupt den Krieg zum guten Ende zu führen. Am 4. März fand im Großen Hauptquartier die entscheidende Sitzung statt, als deren Ergebnis mir vom Chef des Admiralstabes mitgeteilt wurde: Aus militärischen Gründen wird die Aufnahme des allein vollen Erfolg verbürgenden uneingeschränkten U-Boot-Krieges gegen England vom 1. April an unerläßlich. Bis dahin soll der Reichskanzler alle politischen und diplomatischen Hilfsmittel in Bewegung setzen, um Amerika vollen Einblick in unsere Lage zu gewähren, mit dem Ziel und Zweck, uns freie Hand zu schaffen. Bis 22* 33S dahin wird der U-Boot-Krieg gemäß den zum 1. März erlassenen Befehlen so wirkungsvoll wie möglich gegen England fortgeführt. Als maßgebend für diese Entscheidung war bei der Besprechung am 4. März folgende Auffassung festgestellt worden: „Die militärische Gesamtlage ist gut. Wir behaupten in Ost und West siegreich das gewonnene Gebiet. Von Amerika her droht keine ernsthafte Gefahr, solange U-Boote und Flotte schwimmen. Österreich weist Italiens Angriffsversuche wirksam zurück: Bulgarien hält das serbische Gebiet fest in der Hand; das Saloniki-Unternehmen ist zum Stillstand verurteilt: die russische Offensive nach der Türkei hat bei Erzerum— Trapezunt haltgemacht: das englische Unternehmen in Mesopotamien hat mit einer schweren Niederlage geendet: Ägypten steht unter Bedrohung von Syrien und den Senussis her, wodurch ein ansehnliches englisches Verteidigungsheer feft- gelegt wird. Neuerdings zieht auch Irland militärische Kräfte Englands auf sich. Eine wesentliche Änderung der militärisch günstigen Gesamtlage ist nicht zu erwarten, aber ebensowenig ein entscheidender Gesamtsieg. Wirtschaftlich macht sich die Abschnürung von aller Zufuhr von See und den Neutralen her zunehmend geltend: auch eine gute Ernte kann keine solche Sicherung der Zukunft bringen, wenn Englands gewaltsame Handelspolitik zum Zwecke der Aushungerung nicht außer Kraft gefetzt wird. So liegt wirtschaftlich das Verhältnis anders wie militärisch. Unsere Gegner halten länger aus als wir. Ein Kriegsende muß somit von uns ins Auge gefaßt werden. Man wird mit Berechtigung voraussetzen können, daß eine Schädigung Englands, die dieses dahin führt, den Frieden als besseres Geschäft zu suchen, auch die anderen Gegner zum Frieden zwingen kann. England ist allein im Handelskrieg zu treffen. Das einzige Mittel dazu bietet sich im rücksichtslos geführten U-Boot-Krieg, dessen Wirkungen über 6 bis 8 Monate hinaus England nicht ertragen wird, wenn es allem auf seine jetzigen Bundesgenossen angewiesen bleibl. Der rücksichtslos geführte U-Boot-Krieg trifft nicht England allein, sondern mit voller Wucht auch die neutrale Schiffahrt an Gut und Leben. Die kleinen Neutralen müssen und wollen der Gewalt weichen, also den Handel mit England einstellen. Amerika widersetzt sich dieser U-Boot-Kriegführung und bedroht uns mit Krieg. Militärisch würde dieser, zumal seitens der Marine, wohl oder übel in Kauf zu nehmen sein. Wirtschaftlich verschlimmert er unsere Lage in verhängnisvoller Weise. Das reiche, unnahbare Land kann an sich den Kriegszustand ein Jahrzehnt ertragen. Es bietet aber auch unseren ermattenden Gegnern eine erhebliche moralische und materielle Stütze, die diese jedenfalls zu längerem Widerstand befähigen und benutzen würden — auch England. Unser Ziel, das Kriegsende in absehbarer Zeit herbeizuführen, wird entrückt, Deutschland der Erschöpfung ausgesetzt. Da die gegenwärtige Kriegslage nicht dazu angetan ist, uns ein Vabanquefpiel aufzunötigen, muß der militärische Plusstand behauptet werden und unter Mitwirkung diplomatischen Einsatzes dafür, daß uns zunächst weitere ernsthafte Feinde vom Halse gehalten werden, andererseits Wege gesucht und beschritten werden, die der Einigkeit unserer Gegner unter sich Abbruch tun und damit Separatfriedensaussichten eröffnen. Gelingt es, Amerika in Frieden mit uns zu erhalten und durch Zugeständnisse in der Art der U-Boot-Kriegführung es zu einem wirkungsvollen Druck auf England zu veranlassen, so daß der legale Handel der Neutralen mit den Kriegführenden wiederhergestellt wird, so erhalten wir die wirtschaftliche Stärkung, die uns instand setzt, unsere günstige militärische Lage auf die Dauer zu behaupten und damit den Krieg zu gewinnen. Ein Bruch mit Amerika gibt uns zwar die taktischen Chancen der rücksichtslosen U-Boot-Kriegführung gegen England, aber nur unter Bedingungen, die eine Verlängerung des Krieges, sicherlich keinerlei wirtschaftliche Erleichterung und Erlösung brin- gen. Solche Bedingungen auf uns zu nehmen, bleibt immer noch unser Los, wenn der Versuch, Amerika aus dem Spiele zu halten, scheitern sollte. Diesen Versuch, um einiger hunderttausend Tonnen feindlichen Frachtraumes wegen, die wir innerhalb der Versuchszeit vernichten könnten, zu unterlassen, ist nicht zu verantworten." Ein Erfolg dieser Versuche ist gänzlich ausgeblieben, geschweige denn innerhalb der gesetzten Zeit bis zum 1. April erreicht worden. Auch die Annahme, daß wir durch Vermittlung von Amerika einen Druck auf England ausüben könnten, um den legalen Handel mit den Neutralen wiederherzustellen und damit die wirtschaftliche Stärkung zu erhalten, die uns in den Stand setzen könnte, unsere günstige militärische Lage auf die Dauer zu behaupten, hat sich nicht erfüllt. Sobald diese Erkenntnis gewonnen war, stand man vor der großen Frage, die entsprechenden Folgerungen zu ziehen und den Wirtschaftskrieg gegen England in voller Schärfe zu eröffnen, weil sonst ja der in der Sitzung vom 4. März befürchtete Zustand ein- treten mußte, daß unsere Gegner länger aushalten könnten als wir, wenn keine Änderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen einträten. Die Erkenntnis hierfür mußte spätestens aufdämmern, als Amerika im „Sussex"-Zwischenfall, uns am 20. April seine drohende Note zustellte. Auch der Termin vom 1. April war verstrichen, ohne daß der uneingeschränkte U-Boot-Krieg eröffnet war. Das Flottenkommando aber hatte keinen Anlaß, auf den baldigen Beginn zu drängen, da noch nicht genügend Erfahrungen bei den in See befindlichen U-Booten Vorlagen, um darauf Gegenvorschläge zu gründen. Am 24. März 1916 wurde im Kanal der Dampfer „Sussex", der an 300 Passagiere an Bord hatte, darunter eine Anzahl amerikanischer Bürger, auf der Überfahrt von Folkestone nach Dieppe torpediert. Nach den deutschen Feststellungen war es zunächst nicht erwiesen, ob der Dampfer von einem U-Boot beschossen oder auf Mine gelaufen war. Wohl hatte an demselben Tage und in derselben Gegend die Versenkung eines Schiffes stattgefunden, welches aber der deutsche Kommandant nach allen äußeren Umständen und dem Aussehen des Schiffes für einen Minenleger der neugebauten englischen „Arabis"-Klasse hielt. Die amerikanische Regierung leitete aus diesem Fall den Anlaß her, der deutschen Regierung noch einmal in schroffster Form die Unrechtmäßigkeit des Unterseeboot-Handelskrieges vorzuhalten. Sie drohte, die diplomatischen Beziehungen mit der deutschen Regierung ganz zu lösen, wenn die deutsche Regierung jetzt nicht unverzüglich ein Aufgeben ihrer gegenwärtigen Methoden des Unterseebootskrieges gegen Passagier- und Frachtschiffe erklären und bewirken würde. Diese am 20. April 1916 überreichte Note hatte zur Folge, daß unsere Regierung sich zur Nachgiebigkeit entschloß und der Admiralstab daraufhin den Befehl übermittelte, den Krieg durch Unterseeboote von jetzt an nach Prisenordnung zu führen. Dieser Befehl erreichte die Flotte auf funkentelegraphischem Wege, während sie auf der Unternehmung zur Beschießung von Lowestoft begriffen war. Da eine Kriegführung nach Prisenordnung für U-Boote in den Gewässern um England keinen Erfolg bringen konnte, die Boote aber den größten Gefahren aussetzen mußte, rief ich sämtliche U-Boote funkentelegraphisch von ihren Stationen ab und meldete, daß der U-Boots-Handelskrieg damit gegen England aufhöre. Am 30. April erhielt ich die Bestätigung vom Admiralstab, daß Se. Majestät mit der vom Flottenkommando angeordneten Unterbrechung des U-Boot-Handelskrieges einverstanden sei und befehle, die U-Boot-Waffe so lange nachdrücklich auf militärische Ziele anzusetzen. Die Wiederaufnahme des U-Boot- handelskrieges würde nach der politischen und militärischen Gesamtlage befohlen werden. Die Verfügung über die U-Boote zu militärischen Zwecken gab mir erwünschte Gelegenheit, die Operationen der Flotte weiter auszudehnen, und diesem Umstand ist es zu verdanken, daß die Flotte Gelegenheit erhielt, am 31. Mai vor dem Skagerrak die Schlacht gegen die englische Flotte zu schlagen. Der moralische Eindruck, den die Schlacht bei den Neutralen hinterlassen hatte, schuf m. E. die günstigste Atmosphäre, um unsere Kriegführung gegen England mit allen Mitteln zu betreiben und den Wirtschaftskrieg in vollster Schärfe wiederaufzunehmen. Ich nahm Gelegenheit, dies S. M. dem Kaiser bei seinem Besuch der Flotte am 5. Juni in Wilhelmshaven vorzutragen. Schon im Mai hatten seitens des Admiralstabes wieder die Bemühungen eingesetzt, das Flottenkommando umzustimmen, den U-Boot-Krieg nach Prisenordnung aufzunehmen, um wenigstens einige Schädigung Englands zu ermöglichen. Da aber dabei sogar das Vorgehen gegen armierte Dampfer wieder fallen gelassen war, hatte ich mich darauf nicht eingelassen. Bald nach der Schlacht im Juni regte der Admiralstab denselben Gedanken nochmals an, forderte mich am 20. Juni auf, meine Stellungnahme darzulegen, um sie zu einem Jm- mediatvortrag mitverwenden zu können. Meine Antwort lautete, daß ich angesichts der Lage für den uneingeschränkten U-Boot-Handelskrieg in der Form der Blockade der britischen Küste eintrete, Einspruch gegen jede abgeschwächte Form erhöbe und vorschlagen müsse, daß, wenn trotzdem aus politischen Gründen nicht zu dieser schärfsten Waffe gegriffen werden könne, nichts anderes übrigbleibe als die militärische Verwendung der U-Boote. Wenige Tage später glaubte der Chef des Marinekabinetts auf mich einwirken zu sollen, um mich zu einer Änderung meiner Stellungnahme zu veranlassen. Er schrieb mir darüber folgenden Brief aus dem Großen Hauptquartier vom 23. Juni: Der Chef des Admiralstabes hat mich Ihr Schreiben in dieser Angelegenheit lesen lassen, dessen Tendenz sich zusammenfassen läßt in die Worte: entweder ganz oder gar nicht. Ich kann Ihnen diesen Standpunkt völlig nachempfinden, aber leider liegen die Dinge nicht so einfach. Wir haben, wenn auch zähneknirschend, Zugeständnisse an Amerika, und damit an die Neutralen überhaupt, machen müssen, und wir können andererseits nicht ganz auf den Rest von Handelsstörungen verzichten, der uns bei diesen Zugeständnissen übriggeblieben ist und der sich im Mittelmeer ja auch als wertvoll erweist. Es ist die undankbare Aufgabe des Chefs des Admiralstabes, einen Weg zu vermitteln, der solche oder ähnliche Handelsstörungen auch in den englischen Gewässern ermöglicht. Und ich meine, daß der Flottenchef ihm darin helfen sollte, was nur möglich ist, indem er eine Verständigung zwischen der schroffen Zunftauffassung der U-Bootwaffe und den vom Chef des Admiralstabes zu vertretenden allgemeinen militärischen politischen Forderungen herbeiführt. Dazu ist freilich notwendig, daß der Flottenchef die Allerhöchsten Entschließungen hinsichtlich der Einschränkung des U-Boot- krieges rückhaltslos anerkennt als Ergebnis sehr ernster Erwägungen militärischer, politischer und wirtschaftlicher Natur, etwas, was man von ihm als Soldaten ja ohne weiteres verlangen kann, und daß er sich dflnn dafür einsetzt, die U-Bootwaffe trotz der gegebenen Beschränkung nutzbar zu verwenden, in dem vorliegenden Teile zur Schädigung oder doch dauernden Bedrohung der Zufuhren nach England. Ich maße mir nicht an, Vorschläge für eine solche Verwendung zu machen, zumal mir bewußt ist, daß diese Verwendung an den englischen Küsten sehr viel schwieriger ist als im Mittelmeer. Um was ich Sie bitte, ist nur, daß Sie sich persönlich für eine Positives schaffende Verständigung mit dem Chef des Admiralstabes einsetzen und damit eine Situation ausschalten, in der Se. Majestät vor die Aufgabe gestellt Würde, statt nur genehmigend befehlend einzugreifen, etwa indem er anordnet, daß so und so viele U-Boote mehr in das Mittelmeer als lohnenderes Gebiet für den U-Boot-Handelskrieg abzugeben sind. Ich möchte zum Schluß noch bemerken, daß ich selbst noch durchaus an die Möglichkeit eines rücksichtslosen U-Bootkrieges glaube. Der Konflikt Amerikas mit Mexiko, die wachsende Erbitterung der Neutralen gegen Englands Blockade, wachsende gute Ernteaussichten und nicht zuletzt Erfolge an beiden Fronten sind Stufen auf der Treppe, die zu solcher Verwendung unserer U-Boote führen, ohne daß diese Verwendung ein unsicheres politisches Abenteuer bedeutet. (gez.) v. Müller. Ich erwiderte darauf, daß von mir nichts anderes erwartet werden könne, als meine pflichtgemäße Überzeugung auszusprechen, besonders wenn es sich um neue Entschließungen des Kaisers von großer Tragweite handele, für welche meine Stellungnahme gewünscht worden war. Aus dem Besuch des Reichskanzlers am 30. Juni hatte ich dann ferner den Einderuck, daß er nicht daran dachte, gegen England alle uns zur Verfügung stehenden Mittel anzuwenden, daß von ihm aber auch keine Zustimmung zu einer eingeschränkten Verwendung der U-Bootwasfe zu erwarten war, um nicht neue Zwischenfälle heraufzubeschwören. Der bisherige Verlauf der Dinge hatte erwiesen, daß Amerika zugunsten Englands eingriff, sobald der U-Boot-Krieg anfing, fühlbar zu werden. Amerika verhinderte planmäßig und bewußt seit Jahr und Tag die erfolgreiche Anwendung unserer stärksten Waffe. Unser Verhalten führte dazu, dem Volke das falsche Bild vorzumalen, als ob wir trotz aller Einsprüche Amerikas unsere U-Bootwaffe mit Kraft weiter anwendeten. Das Volk wußte nicht, daß wir, durch unsere großen Worte der Nation verpflichtet, einen Schein-U-Bootkrieg führten, und Amerika lachte, weil es ja genau in der Hand hatte, wie weit wir uns damit die Zeit vertreiben konnten. Siegen ließ es uns damit nie. Wir führten also den U-Boot- krieg nicht als eine selbstbewußt zum Sieg gezogene Waffe, sondern wie mein Chef des Stabes, Konteradmiral v. Trotha, es ausdrückte, zur Einschläferung unseres nationalen Volksempfindens, mit stumpfer Schneide gegen den Feind. Gerard hatte recht, daß er für Amerika nie einen Krieg mit Deutschland gewollt hat, aber er wollte unsere Niederlage. Er hatte es ja so sehr viel bequemer. Wenn man noch einmal im Geiste den Entwicklungsgang seit Januar 1916 verfolgt, so hatte unsere Politik folgenden Zickzack-Kurs gesteuert: Am 13. Januar 1916 erklärt Admiralstab: Wenn der U-Bootkrieg den nötigen Erfolg haben soll, so muß er rücksichtslos geführt werden. Am 7. März 1916: Vom Admiralstab übermittelte Entscheidung Se. Majestät: Aus militärischen Gründen wird die Aufnahme des allein vollen Erfolg versprechenden uneingeschränkten U-Bootkrieges gegen England vom 1. April ab unerläßlich. Am 25. April 1916: Wir sollen den Handelskrieg rein nach Prisenordnung führen, also Schiffe über Wasser anhalten, Papiere prüfen, Personen vor Versenkung aussteigen lassen. Am 30. Juni 1916: Der Reichskanzler spricht sich dem Flottenkommando gegenüber persönlich gegen jede abgeschwächte Form des U-Bootkrieges aus, „die die Geschicke des Deutschen Reiches in die Hand eines U-Bootkommandanten legt". Im gleichen Moment Vorschlag des Chefs des Admiralstabes: Handelskrieg über Wasser, auch gegen bewaffnete Dampfer, zu führen in der Weise, daß sie zunächst unter Wasser angesteuert werden, um zu sehen, ob sie bewaffnet sind; wenn nicht bewaffnet, auftauchen in sicherer Entfernung, anhalten, Papiere prüfen und versenken, wenn Besatzung gesichert ist. Alle diese Eindrücke bewogen mich, in meinem Jmmediat- bericht über den Verlauf der Skagerrakschlacht zum Schluß die Notwendigkeit, den U-Bootkrieg sofort in uneingeschränkter Form aufzunehmen, noch einmal ganz besonders zu betonen, wenn wir die Hoffnung, England zu besiegen, nicht aufgeben wollten. Während aus dem Brief des Admirals v. Müller hervorzugehen schien, daß der Kaiser mein Sträuben mißbillige, habe ich später feststellen können, daß Se. Majestät auch diesen Schlußsatz meines Berichtes mit keiner ablehnenden Bemerkung versehen, ihn im Gegenteil besonders gekennzeichnet und der Bericht als Ganzes seine Zustimmung gefunden hat. Daß wir den U-Bootkrieg nicht im Januar 1916 begonnen haben, wie der Chef des Admiralstabes vorgeschlagen hat, oder spätestens unmittelbar nach unserer Skagerrakschlacht, wo sich meinem Empfinden nach eine besonders günstige Situation dafür ergeben hatte, ist für den Kriegsausgang von verhängvoller Bedeutung geworden. Die Zahl der U-Boote war durch die Bautätigkeit im Jahre 1915 vollkommen ausreichend. Wir haben damit ein kostbares Jahr verloren, in welchem die Widerstandskraft unseres Volkes noch eine sehr viel stärkere war als später im Jahre 1917, da uns das Wasser allmählich bis zur Kehle stieg und wir dann schließlich doch genötigt wurden, zu der Waffe zu greifen, die unsere Rettung zu werden versprach. Und England konnte in diesem Jahr planmäßig seine Abwehr ausbauen. Der Rest des Jahres 1916 ist weiter angefüllt mit ähnlichen Verhandlungen zwischen Admiralstab, Flotte und Reichsleitung, worin der Admiralstabschef die Reichsleitung zur Aufnahme des uneingeschränkten U-Bootkrieges zu bewegen versucht, die Flotte dagegen zur Zustimmung, die Boote auch in abgeschwächter Form den Handelskrieg wiederaufnehmen zu lassen. Ich war überzeugt, daß, wenn in dieser Frage das Flottenkommando von sich aus nachgegeben hätte, gerade das Schlimmste erreicht worden wäre, was wir zu vermeiden suchen mußten, nämlich eine Art Schein-U-Bootkrieg, die wirklich zur Einschläferung unseres nationalen Volksempfindens gedient und die Waffe mit stumpfer Schneide gegen den Feind verwendet hätte. Im Anfang des Jahres 1916 war auch der Chef des Generalstabes des Feldheeres, v. Falkenhayn, sehr für die Eröffnung des uneingeschränkten U-Bootkrieges eingetreten, weil er erkannt hatte, daß in der Bezwingung des englischen Widerstandes allein das Heil unserer Zukunft zu erblicken war. Als im Herbst 1916 die Oberste Heeresleitung dem Generalfeldmarschall v. Hindenburg anvertraut wurde, um unsere schwierige Lage, die im Landkrieg eingetreten war, zu retten, lag ein Ende August erneut gestellter Antrag des Chefs des Admiralstabes vor, den U-Bootkrieg nunmehr in voller Schärfe aufzunehmen. An der Sitzung, die am 3. September in Pleß im Großen Hauptquartier darüber stattfand, hatten teilgenommen der Reichskanzler, der Feldmarschall, General Ludendorff, Admiral v. Holtzendorsf, Admiral v. Capelle als Staatssekretär des Reichsmarineamts, der Staatssekretär des Äußern v. Jagow, Staatssekretär Helfferich, Kriegsminister Wild v. Hohenborn. Das Ergebnis der Sitzung gipfelte in der Erklärung, daß unter Hinzuziehung aller beteiligten Stellen in der Frage des U-Bootkrieges Übereinstimmung erzielt sei, daß bei der ungeklärten Gesamtlage, besonders der militärischen, die Entscheidung vorläufig hinausgeschoben werden müsse und beim Generalfeldmarschall v. Hindenburg liegen solle. Ich nahm Gelegenheit, danach den Chef des Stabes der Hochsee-Streitkräfte zu einer Besprechung mit General Ludendorff ins Große Hauptquartier zu schicken, bei welcher nachstehende Auffassung Zustimmung fand: S49 Ohne rücksichtslosen U-Bootkrieg besteht keine Möglichkeit, den Krieg zum guten Ende zu führen; keinesfalls ein halber U-Bootkrieg, der nichts Ganzes erreicht, aber dieselben militärischen Gefahren bringt und dazu noch die Wahrscheinlichkeit einer neuen nationalen Demütigung: Anfang des U-Bootkrieges so früh wie irgendmöglich. Die Marine ist bereit; schleunigste Loslösung von den Sonderverträgen mit den Norüstaaten, denen sehr erhebliche Zugeständnisse in ihren Zufuhren nach England gemacht waren, um lückenlos wirken zu könen; unter keinen Umständen zurückweichen. Der Chef des Stabes kehrte von dieser Besprechung mit dem Eindrücke zurück, daß die Frage des U-Bootkrieges beim Chef des Generalstabes des Feldheeres in guten Händen lag. Diese Auffassung konnte ich persönlich später bestätigen, als ich am 22. November Gelegenheit hatte, im Großen Hauptquartier selbst über diese Frage mit dem Feldmarschall und General Ludendorff zu sprechen. Die militärische Lage hatte im Herbst zu einem Aufschub geführt, um Verwicklungen im Kriegsgebiet um England zu vermeiden: der allgemeinen Kriegführung kam jetzt nur noch die Handelsschädigung im Mittelmeer zugute. Deshalb wurvr der U-Bootkrieg in die nordischen Gewässer ausgedehnt, um die Zufuhren, die über Archangelsk nach dem russischen Kriegsschauplätze führten, zu schädigen. Die im Dezember erfolgte Ablehnung unseres Friedensangebotes schuf auch im U-Bootkrieg eine neue Lage. Der deutlich kundgegebene Wille unserer Feinde, keinen Verständigungsfrieden anzunehmen, ließ den Entschluß reifen, am 1. Februar 1917 den uneingeschränkten U-Bootkrieg zu eröffnen. Die Entscheidung darüber wurde am 9. Januar durch den Chef des Admiralstabes im Einverständnis mit dem Ge- neralfeldmarschall herbeigeführt, der sich auch der Reichskanzler fügte. So nahm denn endlich am 1. Februar der wirkungsvollste Abschnitt unserer Kriegführung gegen England seinen Anfang. Am 22. Dezember 1916 hatte der Chef des Admiralstabes nochmals in einer ausführlichen Denkschrift die Aussichten dieser Kriegführung näher begründet. Er faßte seine Ausführungen wie folgt zusammen: Der Krieg verlangt eine Entscheidung vor Herbst 1917, wenn er nicht mit einer allgemeinen Erschöpfung aller Parteien und damit für uns verhängnisvoll enden solle. Von unseren Gegnern sind Italien und Frankreich in ihrem Wirtschaftsgefüge so stark erschüttert, daß sie nur noch durch die Energie und Tatkraft Englands aufrechterhalten werden. Gelingt es, England dgs Rückgrat zu brechen, so ist der Krieg sofort zu unseren Gunsten entschieden. Englands Rückgrat ist aber der Schiffsraum, der den großbritannischen Inseln die notwendige Zufuhr für die Erhaltung des Lebens und der Kriegsindustrie bringt und die Zahlungsfähigkeit im Auslande sichert. Der augenblickliche Stand der früher ausführlich behandelten Schiffsraumfrage ist kurz folgender: Die Frachten sind auf einer großen Reihe wichtiger Gebiete ins Ungeheuerliche, z. T. auf das Zehnfache und noch darüber hinaus, gestiegen. Auch aus zahlreichen anderen Zeugnissen wissen wir mit Bestimmtheit, daß es überall an Frachtraum fehlt. Die augenblicklich noch vorhandene englische Tonnage wird mit etwa 20 Millionen Brutto-Registertonnen zutreffend anzunehmen sein. Von diesen sind mindestens 8,6 Millionen Tonnen requiriert für militärische Zwecke und Million Tonnen in der Küstenschiffahrt beschäftigt, schätzungsweise eine Million in Reparatur oder vorübergehend unbenutzbar, etwa 2 Millionen Tonnen müssen im Interesse der Verbündeten fahren, so daß für die englische Versorgung höchstens noch 8 Millionen Ton- nen zur Verfügung stehen. Eine Zusammenrechnung der Statistik des Seeverkehrs in den englischen Häfen ergibt noch weniger. In den Monaten Juli bis September 1916 fuhren danach nur rund 6^ Millionen Br.-Reg.-T. englischen Schiffsraumes auf England. Daneben läßt sich der sonstige nach England fahrende Schiffsraum auf 900 000 t feindlicher — nicht englischer — und reichlich 3 Millionen Tonnen neutraler Tonnage berechnen. Insgesamt wird England also nur noch von rund 10?L Millionen Br.-Reg.-Tons versorgt. Läßt schon die bisherige geleistete Arbeit im Kampf gegen den Schiffsraum ein weiteres Vorgehen auf diesem Wege für uns aussichtsreich erscheinen, so hat der ungewöhnlich schlechte Ausfall der diesjährigen Welternte in Brotfrucht und Futtermitteln uns eine ganz einzigartige Gelegenheit in den Schoß geworfen, die nicht auszunützen niemand verantworten kann. Nordamerika und Kanada werden voraussichtlich schon von Februar an so gut wie kein Getreide mehr an England abgeben können, so muß dieses seine Versorgung aus dem weiten Wege von Argentinien, und da Argentinien infolge seiner schlechten Ernte nur sehr wenig liefern kann, aus Indien und in der Hauptsache aus Australien beziehen. Eine solche Verlängerung des Weges der Zufuhr für unsere Gegner beansprucht ein Mehr an Schiffsraum von 720 000 t für die Getreidefahrt. Praktisch genommen, heißt das, daß hier zum August 1917 von den verfügbaren IlM Millionen Tonnen ^ Millionen für eine Leistung in Anspruch genommen werden, die bisher gar nicht notwendig war. Unter so günstigen Vorbedingungen verspricht ein energischer und mit aller Kraft geführter Schlag gegen den englischen Schiffsraum unbedingt sicheren Erfolg, so daß ich meine Äußerung vom 27. August: „Unsere klar erkennbare Kriegsaufgabe ist, dauernd jetzt durch Vernichten von Transportraum die Entscheidung zu unseren Gunsten herbeizuführen", und weiter: „Vom militärischen Standpunkte läßt sich nicht verant- Worten, von der Waffe des U-Bootes noch keinen Gebrauch zu machen", nur wiederholen und stark unterstreichen kann. Ich stehe nicht an zu erklären, daß wir, wie die Verhältnisse jetzt liegen, mit dem uneingeschränkten U-Bootkrieg in fünf Monaten England zum Frieden zwingen können. Das gilt jedoch nur vom uneingeschränkten U-Bootkrieg; von dem seinerzeit geführten U-Boot-Kreuzerkrieg gilt das nicht, wenn alle bewaffneten Schiffe zum Abschuß freigegeben werden. 5. Ausgehend von der früher bereits als Monatsleistung genannten Vernichtung von 600 000 t Schiffsraum durch den uneingeschränkten U-Bootkrieg und der Erwartung, daß durch ihn mindestens zwei Fünftel des neutralen Schiffsverkehrs von der Fahrt nach England von vornherein abgeschreckt werden, läßt sich errechnen, daß der englische Seeverkehr nach fünf Monaten um etwa 39 Prozent des heutigen zurückgegangen sein wird. Das würde England nicht ertragen können, weder im Hinblick auf die Verhältnisse nach dem Kriege noch auch bezüglich der Möglichkeit, den Krieg fortzusetzen. Es steht heute schon vor einer Lebensmittelnot, die es zwingt, den Versuch zu machen, dieselben Streckungsmaßnahmen einzuführen, zu denen wir im Laufe des Krieges als blockiertes Land haben greifen müssen. Die Voraussetzungen für eine derartige Organisation sind von vornherein in England völlig anders, und zwar unvergleichlich viel ungünstiger als bei uns. Es fehlt an Behörden, und es fehlt an der Erziehung des Volkes in England zur Einordnung in solchen Zwang. Noch aus einem anderen Grunde würde die gleichmäßige Herabsetzung der Brotrationen für die ganze Bevölkerung sich in England jetzt nicht mehr durchführen lassen. Sie war in Deutschland zu einer Zeit möglich, als vorübergehend andere Lebensmittel die plötzliche Verringerung der Brotration aus- gleichen konnten. Dieser Augenblick ist in England verpaßt und kann durch nichts zurückgebracht werden. Mit etwa drei Fünfteln des Seeverkehrs läßt sich aber die Lebensmittelver- 23 DouischlandS Hvchic«jloit« im WMriog« sorgung ohne gleichmäßige kräftige Rationierung des Brotgetreideverbrauches bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Kriegsindustrie nicht durchführen. Der Einwand, daß England genügend Brotgetreide und Rohstoffe im Lande haben könnte, um über die Gefahrzeit bis zur nächsten Ernte hinwegzukommen, ist in der beigefügten Denkschrift ausführlich widerlegt. Dazu kommt, daß der uneingeschränkte U-Bootkrieg für England, der Wegfall der Versorgung aus Dänemark und Holland, sofort die Fettnot bedeuten würde, da ein Drittel der ganzen englischen Buttereinfuhr aus Dänemark kommt und die gesamte Margarineeinfuhr aus Holland. Ferner bedeutet es Verschärfung des Erz- und Holzmangels durch Bedrohung der Erz- und Holzzufuhr aus Skandinavien, bei gleichzeitigem schärferen Erfassen der spanischen Erzzufuhr. Damit wird unmittelbar die Kohlenförderung verringert, da das dazu nötige Holz nicht mehr aufzubringen sein wird, ferner die Eisen- und Stahl- sowie die von beiden abhängige Munitionserzeugung. Schließlich gewährt er uns die so lange ersehnte Gelegenheit, wirksam gegen die neutrale Munitionszufuhr vorzugehen und damit der Armee eine Erleichterung zu verschaffen. Demgegenüber würde der U-Bootkreuzerkrieg, auch nach allgemeiner Freigabe der bewaffneten Dampfer, nur eine Verringerung der nach England fahrenden Tonnage um 5 mal 400 000 Tonnen, etwa 18 Prozent des gegenwärtigen monatlichen Seeverkehrs, also weniger als die Hälfte des uneinge- schränkten U-Bootkrieges, ergeben. Nach den bisherigen Erfahrungen darf keinesfalls darauf gerechnet werden, daß die Freigabe der bewaffneten Dampfer ein erhebliches Mehr an versenktem Frachtraum gegenüber den in den letzten beiden Monaten erreichten rund 400 000 Tonnen bringen wird. Das wird vielmehr voraussichtlich nur den sonst infolge fortschreitender Bewaffnung zu erwartenden Ausfall ausgleichen. Ich bin mir darüber klar, daß der Fortfall von rund ein Fünftel des englischen Seeverkehrs sehr störend auf die englische Versorgung einwirken wird. Ich halte aber für ausgeschlossen, daß das jetzt unter Lloyd George zum Äußersten entschlossener Leitung stehende England dadurch zum Frieden gezwungen werden könnte, zumal die oben erwähnten Wirkungen der Fett-, Holz- und Erznot und die nachhaltige Einwirkung auf die Munitionszufuhr fortfallen. Dazu kommt der Fortfall der psychologischen Wirkungen der Panik und des Schreckens. Diese nur vom uneingeschränkten U-Bootkrieg zu erwartenden Wirkungen schätze ich als eine unentbehrliche Voraussetzung des Erfolges ein. Wie schwer sie wiegen, beweisen die Erfahrungen, die wir im Anfang des U-Bootkrieges vom Frühjahr 1915, als die Engländer noch an seinen vollen Ernst glaubten, und sogar in dem kurzen U-Bootkriege vom März und April 1916 gemacht haben. Voraussetzung ist ferner, daß Beginn und Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges derart zusammenfallen, daß zu Verhandlungen, insbesondere zwischen England und den Neutralen, keine Zeit bleibt. Nur in diesem Falle wird der „heilige" Schrecken in den Feind und die Neutralen fahren. 6. Die Ankündigung des uneingeschränkten U-Bootkrieges wird die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika erneut vor die Frage stellen, ob sie die Folgerungen aus der von ihr bisher eingenommenen Haltung gegenüber der U-Boots- verwendung ziehen will oder nicht. Ich bin durchaus der Ansicht, daß der Krieg mit Amerika eine so ernste Angelegenheit ist, daß alles geschehen muß, um ihn zu vermeiden. Die Scheu vor dem Bruch darf aber m. E. nicht dazu führen, im entscheidenden Augenblick vor dem Gebrauch der Waffe zurückzuschrecken, die uns den Sieg verheißt. Auf jeden Fall ist es zweckmäßig, die für uns ungünstigere Lösung als wahrscheinlich anzunehmen und sich klar zu machen, welchen Einfluß auf den Gang des Krieges der Zutritt Amerikas zu unseren Gegnern haben würde. In bezug auf den Schiffsraum könnte der Einfluß nur sehr gering sein. Es ist nicht zu erwarten, daß mehr als ein geringer Bruchteil der in amerikanischen und vielleicht auch in neutralen 23' Häfen liegenden Tonnage der Mittelmächte alsbald in die Fahrt nach England eingestellt werden könnte. Bei weitem der größte Teil läßt sich so beschädigen, daß er in der entscheidenden Zeit der ersten Monate nicht würde fahren können. Die Vorbereitungen sind dazu getroffen. Es würden auch zunächst keine Besatzungen dafür zu haben sein. Ebensowenig ausschlaggebende Wirkungen wird man amerikanischen Truppen, die schon wegen Mangels an Schiffsraum nicht in erheblichem Umfange herbeigebracht werden können, und amerikanischem Gelde zuschreiben dürfen, die das Fehlen der Zufuhr und Schiffsraum nicht ersetzen können. Es bleibt nur die Frage, wie Amerika sich angesichts eines Friedensschlusses, zu dem England genötigt wird, verhalten würde. Es ist nicht anzunehmen, daß es sich dann entschließen würde, den Krieg allein gegen uns sortzusetzen, da ihm keine Mittel zur Verfügung stehen, entscheidend gegen uns vorzugehen, während sein Seeverkehr durch unsere U-Boote geschädigt würde. Im Gegenteil ist zu erwarten, daß es dem englischen Friedensschluß beitreten wird, um möglichst schnell wieder in gesunde Wirtschaftsverhältnisse zu gelangen. Ich komme daher zu dem Schluß, daß ein uneingeschränkter U-Bootkrieg, der so rechtzeitig eröffnet wird, daß er den Frieden vor der Welternte des Sommers 1917, also vor dem 1. August herbeiführt, selbst einen Bruch mit Amerika in Kauf nehmen muß, weil uns keine andere Wahl bleibt. Ein bald einsetzender uneingeschränkter U-Bootkrieg ist also trotz der Gefahr eines Bruches mit Amerika das richtige Mittel, den Krieg siegreich zu beenden. Er ist auch der einzige Weg zu diesem Ziele. 7. Seitdem ich im Herbst 1916 den Augenblick zum Zuschlägen gegen England für gekommen erklärte, hat die Lage sich noch wesentlich für uns verbessert. Der Ausfall der Welternte, verbunden mit der bisherigen Wirkung des Krieges auf England, gibt uns auch noch einmal die Möglichkeit, vor dem Einbringen der neuen Ernte die Entscheidung zu unseren Gunsten herbeizuführen. Nutzen wir diese nach menschlichem Ermessen letzte Gelegenheit nicht aus, so sehe ich keine andere Möglichkeit als die gegenseitige Erschöpfung, ohne daß es uns dabei gelingen kann, den Krieg so zu beenden, daß unsere Zukunft als Weltmacht gesichert wird. Um rechtzeitig die nötigen Wirkungen erzielen zu können, muß der uneingeschränkte U-Bootkrieg spätestens am 1. Februar beginnen. Ich bitte Ew. Exzellenz um Äußerung, ob die militärische Lage auf dem Kontinent, insbesondere gegenüber den noch verbleibenden Neutralen diesen Zeitpunkt gestatten wird. Zum Treffen der nötigen Vorbereitungen bedarf ich eines Zeitraumes von drei Wochen. (gez.) v. Holtzendorff. Dieselbe Auffassung, die der Chef des Admiralstabes in seinem Schreiben an den Generalfeldmarschall v. Hindenburg vom 22. Dezember in so ausführlicher Weise vertrat, daß nun der äußerste Termin zur Eröffnung des uneingeschränkten U-Bootkrieges herangekommen sei, hat er jedenfalls auch der Reichsleitung gegenüber vertreten, obgleich dem Flottenkommando nähere Mitteilungen darüber nicht zugegangen sind. Hier scheint er aber auf größere Schwierigkeiten gestoßen zu sein, so daß er sich wiederum geneigt zeigte, einen vermittelnden Weg einzuschlagen. Als die von der Flotte erwarteten Befehle über den Zeitpunkt der Eröffnung, die bereits Mitte Dezember von dem Admiral angekündigt waren, ausblieben und ich auf meine dringliche Anfrage eine ausweichende Antwort erhalten hatte, fürchtete ich, daß wieder eine neue Stockung eingetreten sei, und schickte deshalb den Chef der Operationsabteilung, Kapitän zur See v. Levetzow, nach Berlin, um nähere Erkundigungen einzuziehen. Diesem wurde in einer Besprechung mit Admiral v. Holtzendorff, die am 4. Januar stattfand, bedeutet, daß zurzeit nichts weiter zu erreichen möglich sei als das Vorgehen gegen armierte Dampfer. Eine entsprechende Note an Amerika wäre bereits fertiggestellt und würde abgesandt. Es bestand somit die Gefahr, daß wir genau denselben Weg noch einmal einschlagen würden, der vor Jahresfrist beschritten war und zu einem so kläglichen Ende geführt hatte. Ich hatte meinen Vertreter beauftragt, davor aufs dringendste zu warnen. Er hatte am 8. Januar Gelegenheit, vom Reichskanzler empfangen zu werden und ihm die Unzulänglichkeit des Verfahrens vorzutragen, wenn wiederum ein Mittelweg eingeschlagen würde, der doch bald Anstoß erregen und bei einem Widerspruch Amerikas scheitern müsse. Die Schwierigkeiten der Feststellung, ob ein Dampfer armiert sei oder nicht, würden den Erfolg ganz erheblich beeinträchtigen. Der Kanzler begab sich noch an demselben Abend nach Pleß, wo am nächsten Tag der entscheidende Vortrag stattfand, bei welchem sich der Chef des Admiralstabes doch auf den Standpunkt der Notwendigkeit, wie er ihn dem Feldmarschall gegenüber begründet hatte, gestellt und auch Se. Majestät davon überzeugt hat. Am 9. Januar erhielt das Flottenkommando kurz hintereinander zwei Mitteilungen. Die erste besagte, daß vom 1. Februar ab alle Handelsschiffe, die einwandfrei als bewaffnet erkannt sind, ohne weiteres anzugreifen seien. Bis zu diesem Termin sollten nur bewaffnete Frachtschiffe ungewarnt angegriffen werden. Dies bedeutete also, daß vom 1. Februar an auch armierte Passagierdampfer unter Wasser angegriffen werden dürften. Das zweite Telegramm enthielt einen dem Admiralsstabschef erteilten AllerhöchftenBefehl folgendenJnhalts: „Ich befehle, daß der uneingeschränkte U-Bootkrieg am 1. Februar mit voller Energie einsetzt. Sie haben unverzüglich alle nötigen Vorbereitungen zu treffen, jedoch so, daß diese Absicht dem Feind und den Neutralen nicht vorzeitig erkennbar wird. Die grundlegenden Operationspläne sind mir vorzulegen." Es erschien mir auffällig, daß am 1. Februar noch ein Befehl zum Vorgehen gegen armierte Dampfer verausgabt werden sollte, wenn gleichzeitig am selben Tage bereits der uneingeschränkte U-Bootkrieg einsetzen sollte. Die einzige Erklärung fand ich darin, daß die erwähnte Note über das Vorgehen gegen armierte Dampfer vom 1. Februar ab bereits an die amerikanische Regierung abgegangen und ihre Absendung oder Überreichung nicht mehr zu verhindern war. Auf die amerikanische Regierung mußte es jedenfalls befremdend wirken, wenn sie in der ersten Januarhälfte eine solche Ankündigung erhielt, der wenige Wochen später (1. Februar) eine weitere Mitteilung von der Verschärfung der U-Bootkriegsüh- rung folgte. Amerika gegenüber mußte es aber einen großen Unterschied bedeuten, ob der neutralen Schiffahrt ein grundsätzliches Recht, im Sperrgebiet zu verkehren, zugestanden wurde, oder die gesamte Schiffahrt, wie es die uneingeschränkte U-Bootkriegführung verlangte, dort der Vernichtung unterlag. Wenn etwa, wie aus späteren Mitteilungen hervorzugehen scheint, noch Absichten Vorlagen, die Vermittlung der amerikanischen Regierung in Anspruch zu nehmen, so konnte die Aufeinanderfolge zweier so verschiedener Stellungnahmen in der U-Bootfrage nur verstimmend wirken. Den militärischen Stellen, d. H. dem Admiralstab und dem allerdings nicht unmittelbar beteiligten Flottenkommando, ist nichts davon bekannt geworden, daß zu dieser Zeit neue Verhandlungen im Gange wären, die durch die Erklärung des uneingeschränkten U-Bootkrieges eine unliebsame Störung erfahren mußten. Auch in den Akten des Admiralstabes habe ich später, nach Übernahme dieser Behörde, nichts darüber feststellen können, daß vor dem tatsächlichen Beginn des uneingeschränkten U-Bootkrieges am 1. Februar ein Ersuchen des Reichskanzlers um Aufschub abgegangen sein soll, um den letzten Versuch zu machen, diese äußerste Maßregel zu vermeiden. Ich bin auch überzeugt, daß Admiral v. Holtzendorff mir spätestens bei der Übergabe der Geschäfte beim Wechsel unserer Stellung Mitteilung davon gemacht hätte, wenn ihm persönlich etwas von solchem Vorgehen bekannt geworden wäre. Er hat durch seine im Sommer 1918 erlittene schwere Erkrankung keine Gelegenheit mehr gefunden, sich zu dieser Frage äußern zu können. Mit dem uneingeschränkten U-Bootkrieg hatten wir wohl das gewaltigste Unternehmen in Angriff genommen, das der Weltkrieg gebracht hat. Es galt, die Kraft des seemächtigen England in seinem Seehandel zu brechen, trotz des Schutzes, den seine mächtige Flotte auszuüben vermochte. 2^ Jahre Weltkrieg waren vergangen, ehe wir uns an diese Ausgabe machten, und hatten die Kräfte der Mittelmächte schon aufs äußerste be- ansprucht. Wenn es aber nicht gelang, den Vernichtungswillen Englands zu überwinden, so mußte der Erschöpfungskrieg mit einer sicheren Niederlage Deutschlands enden. Einen solchen Ausgang auf dem Lande abzuwehren, erschien aussichtslos; es war auch nicht anzunehmen, daß jetzt noch auf eine Änderung der ausgesprochen unneutralen Haltung Amerikas uns gegenüber zu rechnen sei und daß eine von ihm unternommene Friedensvermittlung für uns wirklich brauchbare Erfolge haben könne, nachdem der Vorschlag Wilsons auf die Vermittlung eines Friedens, in dem es keine Sieger und keine Besiegte geben sollte, eine so brüske Ablehnung seitens unserer Feinde erfahren hatte. In solcher Lage durfte man die Entscheidung über die Zukunft des Deutschen Reiches nicht abwartend dem Walten unberechenbarer Zufälle überlassen. Die verantwortlichen Stellen fühlten sich verpflichtet, diejenigen Mittel vorzuschlagen, die Aussicht boten, das drohende Unheil abzuwenden. Ein militärisches Urteil über die Erfolgaussichten im Kampfe gegen den feindlichen Seehandel lag vor; es gründete sich auf die in den Vorjahren bereits erzielten Versenkungsziffern. In dieser Hinsicht wurden die gehegten Erwartungen im kommenden Jahre noch weit übertroffen. Die Wirkungen dieser dem englischen Handel geschlagenen Wunden ließen sich aber nicht in gleicher Weise rechnungsmäßig Voraussagen. Es leuchtete ohne weiteres ein, daß eine Verminderung der englischen Handels- flotte um ein Drittel oder gar die Hälfte ihres Bestandes eine katastrophale Wirkung auf das englische Wirtschaftsleben ausüben und England zum Frieden geneigt machen müsse. Der Admiralstab hatte es sich angelegen sein lassen, eine sorgfältige Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse unter Hinzuziehung von Sachverständigen vorzunehmen, die er in ausführlichen Denkschriften niedergelegt und den obersten Reichsstellen übermittelt hatte. Bei diesen Untersuchungen handelte es sich um die verwickelten Probleme des Verkehrswesens für militärische Zwecke sowohl wie für die Befriedigung der bürgerlichen Bedürfnisse zu Wasser und zu Lande, der gesamten Versorgung des Landes und der kämpfenden Truppen auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen, der Volksernährung, der Warenverteilung, der inländischen Erzeugungskraft, der staatlichen Vorrats- und Zwangswirtschaft, und zwar mußten alle diese Erhebungen und Überlegungen angestellt werden unter den ungewöhnlichen und unübersichtlichenVerhältnissen des Krieges. Ferner waren noch die unmittelbaren und mittelbaren Einwirkungen zu beurteilen, die durch alle diese Verhältnisse auf die Psyche des Volkes erwartet wurden. Die überschlägigen Rechnungen, welche über alle diese Wirkungen angestellt wurden, um wenigstens ein Bild des zu erwartenden Verlaufes zu erhalten, bestätigten den allgemeinen Eindruck, der sich aus dem ersten Anfang unseres Handelskrieges herausgebildet hatte, daß aus dem eingeschlagenen Wege der Erfolg in sicherer Aussicht stand. Es blieb uns ja auch kein anderer Ausweg, als dem Feinde, der feine ganzen Anstrengungen darauf richtete, unsere Wirtschaftskraft niederzuringen, auf dieselbe Weise entgegenzutreten. Jetzt kam es, wie nie zuvor, darauf an, wer in diesem Ringen am längsten durchhalten würde. Für jede Kraftanstrengung ist es notwendig, um sie zu äußerster Entfaltung bringen zu können, daß man die Überzeugung hat, den Gegner niederringen zu können. Deshalb bedurfte der U-Bootkrieg der Unterstützung aller Elemente, die den Sieg unseres Vaterlandes erwarteten. Jeder Zweifel an seinem Erfolge mußte den Feind in der Auffassung bestärken, daß wir vorzeitig erlahmen würden. Aber die politische Leitung hatte schon vorher das ihrige getan, die Zuversicht zu beeinträchtigen, und ihre Besorgnis, diese Art der Kriegführung könne Formen annehmen, welche uns noch weitere Feinde zuziehen würden, hatte ängstliche Gemüter mit ergriffen und mußte verstimmend und enttäuschend wirken, wenn die Nichterfüllung der vom Admiralstab angegebenen Fristen Zweifel an dem Enderfolg aufkommen ließ. Die hieraus entstehende verzagte Stimmung, das Endziel doch nicht erreichen zu können, hat der Feind ausgenutzt: sein Mut zum Durchhalten hat sich erst recht daran gekräftigt. Es ist bedauerlich, daß es nicht verhindert wurde, die vom Admiralstab ausgeführte Berechnung, die für einen engeren Kreis bestimmt war und den Erfolg des U-Bootkrieges innerhalb einer bestimmten Zeit mit Sicherheit angenommen hatte, in das ganze Land hinauszutragen. Auf diese Weise sind viele mutlos gemacht worden, die ohne diese Enttäuschung durchgehalten hätten, in der Einsicht, daß uns gar keine andere Wahl blieb, als Entbehrungen so lange zu ertragen, bis der Erfolg, der nicht ausbleiben konnte, auch wirklich erstritten war. Selbst wenn die Schätzungen des Admiralstabes das Ergebnis gezeitigt hätten, daß es einer sehr viel längeren Zeit bedürfen würde, bis England eine weitere Vernichtung der Kauffahrteischiffe nicht mehr ansehen konnte, so wäre uns gar keine andere Wahl geblieben, als auch zu diesem Mittel zu greifen. Die Ablehnung unseres Friedensangebotes hatte den Vernichtungswillen der Feinde mit so großer Deutlichkeit bekundet, daß wohl niemand bereit gewesen wäre, angesichts unserer Gesamtlage am Schluß des Jahres 1916 demütigende Friedensbedingungen anzunehmen. Die strategische Offensive ging vom 1. Februar 1917 ab in ausgesprochener Weise auf die Seekriegführung über. U-Boote und Flotte ergänzten sich jetzt zu einer Waffe, die sich mit voller Schärfe gegen die englische Machtstellung richten sollte. Unsere Flotte wurde zum Heft der Waffe, deren scharfe Klinge das U-Boot darstellte. Damit rückte die Flotte in ihre Haupttätigkeit während des Krieges ein, die neue Kriegführung gegen die englische Flotte durchzusetzen und zu verteidigen. Die englischen Abwehrmittel konnten sich auf eine unmittelbare Bekämpfung der U-Boote in den eigenen Gewässern erstrecken, denen wir nichts anderes entgegensetzen konnten als die Geschicklichkeit der U-Boote, ihnen zu entgehen. Diese Geschicklichkeit hat bis zuletzt nie versagt, wenn auch die Verluste schwer wurden. Die Engländer mußten weiter gehen, um sich des Übels zu erwehren, und versuchen, es an der Wurzel zu fassen. Solche Versuche vereiteln konnte nur unsere Flotte. Sie mußte sich dazu zum Kampf mit der englischen Flotte bereit halten, ein anderes Mittel gab es nicht. Sie erwartete diesen Kampf und mußte ihm in möglichster Stärke gewachsen bleiben. Deshalb durfte unsere Flotte sich nicht vor dieser letzten erwarteten Beanspruchung vorzeitig schwächen. In der Bekämpfung der Abwehrmittel, die England gegen das Auslaufen der U-Boote ersonnen hatte, fand sie dauernde und anstrengende Beschäftigung genug. Die militärische Durchführung des U-Bootkrieges war weniger eine Frage der Zahl der Fahrzeuge als der ihrer besonderen Eigenschaften, der Unsichtbarkeit und der Tauchfähigkeit. Erftere kommt dem unvermuteten Angriff zustatten, letztere befähigt sie, sich den Nachstellungen des Feindes zu entziehen. Es ist selbstverständlich, daß man mit etwa 100 Booten mehr erreichen kann als mit 20. Aber für die Überlegung, die der Admiralstab über die Aussicht eines U-Boot- krieges anzustellen hatte, kam es in erster Linie darauf an, >zu prüfen, welche Mindestzahl von Booten dafür ausreichen konnte. Der U-Bootkrieg wirkte außerdem nicht allein durch die tatsächlichen Versenkungen, sondern auch durch die erzeugte Handelsbeunruhigung und Abschreckung. Seine Folgen machten sich schon bemerklich durch die Notwendigkeit, den Verkehr nach der jeweiligen U-Bootbedrohung einzelner Gebiete oder Häfen zu regeln. Dadurch mußten erhebliche Störungen in der Belieferung hervorgerufen werden, wenn es plötzlich notwendig wurde, die Anordnungen für das ganze Verkehrswesen umzuändern, z. B. die Eisenbahntransporte umzulegen, wenn Häfen an der Süd- oder Westküste Englands keine Zufuhr erhielten, weil die Schiffe nach Häfen der Nord- oder der Westküste geleitet werden mußten. Die Zahl der Boote, die wir im Anfang des Jahres 1915 im Handelskrieg verwenden konnten, betrug etwa 24; der Zuwachs an Neubauten hatte sich in den ersten Kriegsmonaten mit dem Verlust ungefähr ausgeglichen. Auch war es notwendig geworden, der U-Bootschule mehrere Fahrzeuge »zur Verfügung zu stellen zur Ausbildung der Besatzungen für die in Bau gegebenen zahlreichen Neubauten. Mit dieser Anzahl von 24 Booten war es nur möglich, etwa drei bis vier Stationen im Hauptverkehrsstrom des englischen Handels dauernd besetzt zu halten. Die Versenkungsziffern erreichten im ganzen Jahre 1915 nur eine Höhe, die beim uneingeschränkten U-Bootkrieg in sechs Wochen erreicht wurde. Bei der Nachgiebigkeit gegen die Beanstandungen der Neutralen war der Beginn des U-Bootkrieges im Jahre 1915 ver- früht. Es wäre richtiger gewesen, zu warten, bis die vermehrte Zahl der Boote durch eifrigen Bau im Jahre 1915 die Gewähr für den günstigen Ausgang bot, dann aber auch gegen alle Einsprüche fest zu bleiben. Das Zurück weichen im Jahre 1915 war schuld daran, daß der richtige Zeitpunkt Anfang 1916 nicht ergriffen wurde. XIV. Llnsere Ll-Boote und ihre Kampfesweise Im Jahre 1916 bis zur Skagerrakschlacht hatte sich die Zahl der Boote vermehrt um 38 große U-Boote, 7 große Minen- U-Boote, 34 U-L-Boote, 8 U-O-Boote. Im Probefahrtsverhältnis befanden sich noch 6 große U-Boote, 2 große Minen- U-Boote, 3 U-L-Boote, 3 U-O-Boote; im Bau begriffen waren 53 große U-Boote, 10 große Minen-U-Boote, 27 U-L-Boote, 61 U-O-Boote. Seit Ausbruch des Krieges waren bereits verlorengegangen 21 große U-Boote, 1 großes Minen-U-Boot, 6 U-L-Boote, 7 U-O-Boote, und 2 U-L-Boote waren an die bulgarische Regierung abgegeben. Die Verteilung sämtlicher U-Boote war so geregelt, daß die Hälfte dem Flottenkommando unterstand, von dem anderen Teil die Hälfte im Mittelmeer stationiert, die andere Hälfte (das letzte Viertel) dem Marinekorps in Flandern zugeteilt wurde. Der schnellen Fertigstellung zuliebe hatte man außer dem Haupttyp des großen U-Bootes, für welches „II 19", das erste mit Dieselmotoren ausgerüstete, das Muster abgab, die neuen Typen der sogen. U-L- und U-O-Boote eingeführt. Die Haupteigenschaften der verschiedenen Typen waren folgende: „17 19", 650 Tonnen Überwasserdeplacement, Höchstgeschwindigkeit über Wasser 12 Knoten, unter Wasser 9 Knoten, Zahl der Torpedos 9 Stück von 50-ow-Kaliber. Durch Verbesserung des Typs war das Deplacement der Boote von „17 40" ab zunächst auf 700 Tonnen, von „v 80" ab auf 800 t gesteigert und die Geschwindigkeit erhöht auf 17 Meilen Überwasserfahrt, die Zahl der Torpedos auf 12 vermehrt, von „II 90" ab auf 16. Der Torpedo von 50-ew-Kaliber hatte eine Sprengladung von 200 Kilo. Die ersten großen Minenboote hatten keine Torpedoarmierung, 760 Tonnen Deplacement, Geschwindigkeit über Wasser 9,5, unter Wasser 7,5 Knoten: sie führten 34 bis 36 Minen mit. Von U-L-Booten wurde zunächst eine geringe Zahl von 125 Tonnen Deplacement gebaut und zur Verwendung in Flandern bestimmt, mit 4 Torpedos, 8,5 Meilen Geschwindigkeit über Wasser und 5,5 unter Wasser. Das U-L-Boot wurde dann auf 500 Tonnen vergrößert mit 12,5 Meilen Geschwindigkeit über Wasser und 7 Knoten unter Wasser. Die U-6-Boote stellten einen Typ dar, der sowohl für Minenlegen wie zum Torpedoschießen eingerichtet war. Zunächst wurde auch von ihnen nur eine kleine Zahl von 150 Tonnen Deplacement gebaut, schließlich wurden daraus Boote von 400 Tonnen Deplacement, 11 Seemeilen über Wasser, 6,5 unter Wasser. Sie führten 18 Minen mit und konnten 4 Torpedos an Bord nehmen. Die artilleristische Bewaffnung der U-Boote bestand anfänglich aus einem 5-oin-Geschütz zur Bekämpfung feindlicher U-Boote. Die Verwendung der Boote im Kriege stellte so vielseitige Anforderungen, daß die Verstärkung der Artillerie nötig wurde. Auf den U-Booten, U-L-Booten und den U-O-Booten wurden ein bis zwei Geschütze von 8,8-em- und 10,5-om-Kaliber aufgestellt: die U-Kreuzer erhielten teilweise auch 15-cm-Kaliber. Die großen U-Boote waren vorzugsweise der Flotte zugeteilt, um im Sperrgebiet westlich von England Verwendung zu finden. Die Dauer der Unternehmung erstreckte sich auf 21 bis 28 Tage und war natürlich auch vom Munitionsverbrauch mit abhängig, wenn die Boote günstige Gelegenheit gefunden hatten, gleich in der ersten Zeit ihre Torpedoschüsse anzubringen. Die großen Minenboote unterstanden ebenfalls dem Flottenkommando und konnten auf weitreichende Unternehmungen bis in das Weiße Meer oder auch in das Mittelmeer entsandt werden. Der Typ des U-L-Bootes hatte sich bei seiner etwas ge- ringeren Größe als ein sehr handlicher, jchnelltauchender bewährt, wenn auch von geringerer Seeausdauer, und wurde daher vorzugsweise dem Stützpunkt in Flandern zugeteilt, ebenso die U-O-Boote, von denen auch eine geringere Zahl beim Flottenkommando blieb und von diesem für die Minenverseuchung an der Ostküste Englands verwendet wurde. Die Zuteilung der Boote zu den einzelnen Stützpunkten richtete sich nach deren Leistungsfähigkeit für die Wiederinstandsetzung der Boote nach Rückkehr von ihren Unternehmungen. Die zahlreichen technischen Einrichtungen eines U-Bootes erforderten nach Rückkehr von einer Fahrt sehr sorgfältige Überholung und Wiederinstandsetzung: dazu kam noch die Reparatur der Schäden, die entweder durch Seegang oder feindliche Einwirkung verursacht waren. Im allgemeinen war damit zu rechnen, daß ein Boot nach vierwöchiger Seefahrt eine ebenso lange Jn- standsetzungsdauer auf der Werft beanspruchte. Ms Hauptinstandsetzungswerft für die U-Boote der Flotte war die Kaiserliche Werft in Wilhelmshaven ausgebaut. Die Werften in Kiel und in Danzig waren zu anderen Zwecken in Anspruch genommen, die Stützpunkte in Zeebrügge und Pola dienten anfänglich hauptsächlich zu Überholungszwecken. Bis auch diese Werften zur Ausführung größerer Arbeiten befähigt waren, mußten die dorthin gehörigen Boote zur Ausführung von Grundreparaturen nach der Heimat. Als der U-Bootkrieg am 1. Februar 1917 eröffnet wurde, waren in der Nordsee bereits 57 Boote. Dem Oftsee-Befehls- haber waren zugeteilt 8, das Marinekorps in Flandern verfügte über 38, die Mittelmeerstationen über 31 U-Boote der verschiedenen Typen. Die günstigen Erfahrungen mit dem Handels-U-Boot „V-Deutschland" hatten zum Bau von U-Kreuzern geführt, deren erste Serie ein Deplacement von 1200 Tonnen erhielt, das später auf 2000 und darüber gesteigert wurde. Die Handels-U-Boote wurden, als sie für Handelszwecke nicht mehr in Frage kommen konnten, von der Marine übernommen und fiir Kriegsverwendung umgebaut. Sie erhielten zwei Geschütze von 15-crn-Kaliber, zwei Torpedorohre und konnten etwa 30 Torpedos mitnehmen, entsprechend der langen Verwendungszeit auf Kreuzerfahrten im Ozean, die bis zu den Azoren ausgedehnt wurden und bis zu drei Monaten dauerten. Mit dieser U-Bootsflotte war die Marine noch durchaus in der Lage, der gestellten Aufgabe gerecht zu werden, obgleich England das ganze Jahr 1916 zum Ausbau der Abwehr benutzt hatte. Die Versenkungsziffern des Jahres 1917 beweisen das. Sie betrugen im Die feindliche Abwehr bestand einmal in der unmittelbaren Bekämpfung der U-Boote und zweitens in besonderen Maßnahmen, die England ergriff, um den erlittenen Verlust an Schiffsraum auszugleichen. Das erste Hindernis, das unsere U-Boote zu überwinden hatten — ich spreche jetzt im wesentlichen von der Tätigkeit der dem Flottenkommando unterstellten Boote, (für die Flandern-Boote gilt dasselbe), während die Mittelmeer-Boote meist unter weniger schwierigen Verhältnissen zu arbeiten hatten —, bestand in der Minenabsperrung der Nordsee. Zu ihrer Beseitigung hatte die Flotte eine besondere Organisation ins Leben rufen müssen. Außer der eigentlichen Minensuchtätigkeit, der es oblag, bestimmte Wege durch den Minengürtel hindurch offen zu halten, waren besondere Geleitflottillen, mitMinensuchgeräten ausgestattet, gebildet worden, welche die U-Boote auf den abgesuchten Wegen in die freie See hinausbrachten und ihnen bei ihrer Rückkehr von dem Operationsgebiet dorthin entgegenkamen, um sie sicher wieder zurückzubringen. Bei dem Angriff auf Dampfer hatten die Boote mit deren Armierung zu rechnen, die trotz der großen Zahl von Geschützen und Bedienungsmannschaften, die dazu beansprucht wurde, auf den größten Teil der englischen Kauffahrteiflotte, jedenfalls aber auf alle wertvolleren Dampfer ausgedehnt worden war. Als weiteres Abwehrmittel war außer den dafür sehr geeigneten Zerstörern, die mit Wasserbomben ausgerüstet waren, eine große Zahl neuartiger, eigens für die U-Boot- bekämpfung eingerichteter, flachgehender Fahrzeuge gebaut. Netze und Drahthindernisse aller Art erschwerten den U-Booten ihre Tätigkeit in der Nähe der englischen Küste. Besonders ausgerüstet waren die sogen. H-Fahrzeuge, die als U-Boots- fallen wirken sollten, indem sie neutrale Fahrzeuge vortäuschten, die beim Näherkommen des U-Bootes die Maske fallen ließen, um es mit Geschützen und Sprengmitteln zu vernichten. Eine große Erschwerung für den Erfolg der U-Boote bildete auch das Zusammenfassen der englischen Schiffahrt in Geleitzüge, die je nach Größe und Wert der Schiffe durch leichte Fahrzeuge oder auch größere Kriegsschiffe gesichert waren. 24 DmiIWlMd- Hochsceslollk im WeMriesc In den ersten Monaten des U-Bootkrieges versäumte ich kaum eine Gelegenheit, mir von den zurückkehrenden U-Bootkommandanten ihre Erlebnisse und Erfahrungen persönlich schildern zu lassen, und fand dadurch Gelegenheit, einen Eindruck zu gewinnen von der Ausdauer, dem Mut und der Entschlossenheit dieser jungen Offiziere, die mir höchste Bewunderung abnötigten für ihre seemännische Geschicklichkeit und die große Unerschrockenheit, die sie in gleicher Weise auf ihre Besatzungen zu übertragen verstanden. Es ist ein glänzendes Zeugnis für den Geist, der in der Flotte herrschte, daß alle, Offiziere wie Mannschaften, die irgendwie für den U-Boot- dienft in Betracht kommen konnten, sich nach dieser Waffe drängten. Selbst ältere Stabsoffiziere baten, unbeschadet ihres Dienstaltersverhältnisses, zur Führung eines U-Bootes, selbst unter jüngeren Flottillenchefs, angenommen zu werden. Die drei Halbflottillen, in welche die U-Boote der Flotte bei Kriegsbeginn formiert waren, wuchsen sich im Laufe der Zeit zu 4 Flottillen aus. Ihre Führer waren: 1. U-Flottille: Korvettenkapitän Pasquay, 2. U-Flottille: Korvettenkapitän v. Rosenberg, 3. U-Flottille: Kapitänleutnant Forstmann (Walter), 4. U-Flottille: Korvettenkapitän Prause. Mit ihnen zusammen möchte ich auch des Korvettenkapitäns Bartenbach als Führers der U-Flottille in Flandern gedenken, der die Unternehmungen der Flotte mit seinen Booten so häufig unterstützt hat und den schweren Dienst der Flandern-Boote, gegen die sich die englische Abwehr ganz besonders scharf richtete, allen Hindernissen zum Trotz, in mustergültiger Weise handhabte. Bei seinem Korps herrschte ein Geist der Kameradschaft und Kampfbereitschaft, der beim Aufenthalt in seinem Kreise eine höchst erfrischende und wohltuende Wirkung ausübte. Der erste Führer der U-Boote unter dem Flottenkommando war Fregattenkapitän Bauer. Er hat auch selbst an kriegsmäßigen Unternehmen der U-Boote im Sperrgebiet um England mit teilgenommen, um sich über alle die Verhältnisse, denen die ihm unterstellten Boote ausgesetzt waren, ein eigenes Urteil zu bilden. Ihm gebührt das große Verdienst, die Leistungsfähigkeit des U-Bootes erkannt und auf die hohe Stufe gebracht zu haben, der es die späteren Erfolge verdankt. Ms der Verband später, dank der zunehmenden Bautätigkeit, sich derartig auswuchs, daß die Organisation den Umfang eines Geschwaderbetriebes bei weitem überschritten hatte und auch entsprechende Befugnisse verlangte, wurde Kommodore Michelsen zum Befehlshaber der U-Boote ernannt, der bis dahin erster Führer der Torpedoboote gewesen war. Seine großen Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiete des Torpedowesens ließen ihn für diese Stellung besonders geeignet erscheinen, in der er auch die auf ihn gesetzten Erwartungen voll erfüllt hat. In der Marine hat die U-Bootwaffe die schwersten Verluste zu ertragen gehabt; die Zahl der auf kriegsmäßigen Unternehmungen verlorengegangenen Boote hat 50 Prozent erreicht. Im ganzen sind 360 U-Boote und U-Kreuzer im U-Bootkrieg zur Verwendung gekommen, von denen Boote auf ihren Kriegsfahrten verlorengingen. Wenn die hohe Verlustziffer zum großen Teil auch der immer mehr verschärften Abwehr des Gegners zuzuschreiben ist, der mit immer neuen Listen und Mitteln versuchte, der U-Bootgefahr Herr zu werden, so bleibt ein großer Teil der Verluste auch darauf zurückzuführen, daß unsere U-Bootkommandanten es sich nicht versagen konnten, bei der Versenkung der Dampfer das Leben der Mitfahrenden nach Möglichkeit in Sicherheit zu bringen, selbst wenn sie noch so oft enttäuscht worden waren. Die Schwierigkeiten, denen die Boote bei ihren Angriffen zu begegnen hatten, möchte ich an einigen Beispielen an Hand der darüber dienstlich eingereichten Berichte erläutern. Es wäre aber unmöglich, allen Kommandanten dabei in gleicher Weise gerecht zu werden: denn sie versuchten sich gegenseitig zu übertreffen in der Hinnahme aller Gefahren, die ihr 24* schwieriges Handwerk mit sich brachte und von denen die Öffentlichkeit auch schon durch manche volkstümlich gehaltene Schriften Kenntnis erhalten hat. Für die Ausdauer des Personals und die Güte des Materials legt die Fahrt des von Kapitänleutnant Rose geführten „v 53" nach Amerika ein glänzendes Zeugnis ab. Das U-Boot erhielt am 11. September den Auftrag, sich zu der Zeit, als das Eintreffen des U-Handelsbootes „Bremen" in New London (Nordamerika) zu erwarten war, an der amerikanischen Küste einzufinden, um feindliche Streitkräfte, die die Ankunft des Handels-U-Bootes dort voraussichtlich erwarten würden, aufzusuchen und anzugreifen. Nach Erledigung dieser Aufgabe sollte das Boot für kurze Zeit New Port auf Rhode Island anlaufen, aber spätestens nach einigen Stunden wieder auslausen, um den amerikanischen Behörden keinen Anlaß zu bieten, das Boot festzuhalten. Die Ergänzung von Vorräten sollte, vielleicht Frischproviant ausgenommen, wenn irgend möglich, unterbleiben. Falls keine feindlichen Streitkräfte ang^roffen würden, sollte es an der amerikanischen Küste Handelskrieg nach Prisenordnung führen. Am 17. September trat das Boot die Ausreise von Helgoland an. In der Nordsee traf es sehr schweres Wetter an. Es herrschte SSW-Sturm und derartiger Seegang, daß das Wachtpersonal auf dem Turm des Bootes dauernd bis an die Brust im Wasser stand. Die Vorräte des Bootes hatten, um die Reise durchführen zu können, vermehrt werden müssen, vier Tauchtanks waren in Brennstoffbunker umgebaut, wodurch der Ölvorrat von 90 ebm auf 150 cbm vermehrt worden war; der Schmierölvorrat von 14z4 ebm war als ausreichend für die Fahrt erachtet worden. Die Steigerung des Trinkwasservorrats und der Proviantvorräte kam hinzu, so daß das Boot eine Tiefgangvermehrung von 40 cm erhalten hatte. Über die Seeeigen- schäften berichtete der Kommandant, daß das Boot im allgemeinen zwar fast ganz ruhig lag, aber jede See ging über das Oberdeck hinweg, schon bei Windstärke 4; fast aus jeder Richtung schlugen Spritzer über die Brücke. Für das Brückenpersonal war die Fahrt daher, besonders bei Beginn, eine ganz ungeheure Anstrengung. Er glaubte nicht, daß Offiziere und seemännische Unteroffiziere (auch die Gummianzüge, die in den ersten 14 Tagen fast täglich getragen werden mußten, hielten nicht dicht) aushalten würden, und er hätte das Unternehmen deswegen abgebrochen, wenn das Wetter nicht bald nach dem 24. September günstiger geworden wäre. Der Seeweg für die Hinfahrt war so gewählt worden, daß er von der Nordspitze der Shetlandinseln aus, die am 20. September passiert wurde, auf dem größten Kreise geradeswegs nach der Neufundlandbank führte, um an der Nordseite der gewöhnlichen Zugstraße barometrischer Tiefs zu bleiben. Die Wetterlage war unsicher und wechselnd. Es stand häufig eine sehr hohe und oft steile Dünung, in die das Boot schwer hineinstampfte. Das Boot traf aber fast stets achterliche Winde an, die die Durchführung der Fahrt begünstigten. Nach der Ankunft an der Neufundlandbank wurde das Boot durch den Labradorstrom kräftig nach West gesetzt. Der Gesundheitszustand der Besatzung war im allgemeinen gut, bis es sich der Neufundlandbank näherte. Dort wurde eine große Anzahl von Leuten von Kopfschmerzen, mit Erbrechen, befallen, was in dieser Gegend häufig auftreten soll. Am 7. Oktober stand das Boot vor dem Long Islands-Sund. Kriegsschiffe wurden nicht angetroffen. Um 3 Uhr nachmittags lief der Kommandant in den Hafen von New Port auf Rhode Island ein, geleitet von einem amerikanischen U-Boot, das sich ihm unterwegs angeschlossen hatte, und machte dort seine offiziellen Besuche bei dem Stationschef, Admiral Knight, und dem Chef der Torpedobootsstreitkräfte, Admiral Gleaves. Er schreibt darüber in seinem Tagebuche: „Ersterer verhielt sich recht kühl und sagte, daß „Bremen" vor etwa 10 Tagen, soviel er gehört hätte, zwischen Neufundland und Newyork gesichtet worden sei. (Das war aber nicht zutreffend, da die „Bremen" Amerika nicht erreicht hat.) Daß „II 53" gleich abends wieder auslaufen wollte, wurde von Admiral Knight offenbar als sehr wünschenswert empfunden. Man hätte es mir, glaube ich, nahe gelegt, wenn ich nicht selbst sofort diesen Entschluß erklärt hatte. Admiral Gleaves war sehr interessiert und freundlich und erkundigte sich nach den Einzelheiten der Reise. Beide Herren ließen die Besuche durch ihre Adjutanten erwidern. Um 4,30 Uhr nachm. kam Admiral Gleaves persönlich mit seinen Damen zur Besichtigung des Bootes. Ich habe ihn, wie auch vorher mehrere jüngere Offiziere, durch das Boot hindurchgeführt. Neidvolle Begeisterung erweckten vor allem die Dieselmaschinen. Es kamen sehr viele Offiziere mit ihren Damen, Zivilisten, Berichterstatter und ein Photograph an Bord. Die Mannschaften erhielten allerhand kleine Geschenke. 5,30 nachm. Anker gelichtet. Ausgelaufen 6,30 nachm. Prüfungstauchen, Kurs Nantucket-Feuerfchiff, 270 Umdrehungen gleich 9 Seemeilen Fahrt." Nantucket-Feuerfchiff wurde am 8. Oktober morgens um 1/26 Uhr erreicht. Sehr sichtiges ruhiges Wetter. Der Kommandant beschloß hier außerhalb der Hoheitsgrenze den Handelsverkehr zu untersuchen und Kreuzerkrieg zu betreiben. An diesem Kreuzungspunkte zahlreicher Verkehrsstraßen konnte das Boot im Laufe des Tages 7 Dampfer anhalten und versenkte, nachdem die Besatzungen durchweg vorher ihre Schiffe verlassen hatten, den britischen Dampfer „Strathdene" aus Glasgow (4321 Tonnen), den norwegischen Dampfer „Chr. Knutfen" (3378 Tonnen), mit Gasöl nach London bestimmt, den englischen Dampfer „Westpoint" (3847 Tonnen). den holländischen Dampfer „Blommersdyk" (4850 Tonnen), dessen Ladung durchweg aus absoluter oder relativer Konterbande bestand. Aus einem amerikanischen Zertifikat war zu erkennen, daß „Blomersdyk" vor Erreichung seines Zieles den Hafen Kirkwall (auf den Orkneyinseln, englische Untersuchungsstation des Handelsverkehrs für Dampfer) anlaufen sollte. In seinem Kriegstagebuche berichtete der Kommandant dazu folgendes: „Inzwischen hatten sich auf dem engen Seeraum außer den beiden Dampfern (es handelte sich noch um den britischen Passagierdampfer „Stefano" aus Liverpool, 3449 t, der bereits angehalten war und seine Besatzung ausschiffte) und „II 53" 16 amerikanische Zerstörer angefunden, so daß mit großer Vorsicht manövriert werden mußte. Ms das Boot des „Blommersdyk", das den Offizier mit den Papieren gebracht hatte, von mir zum Dampfer zurückgeschleppt wurde, kam „II 53" einem amerikanischen Zerstörer so nahe, daß mit beiden Maschinen zurückgegangen werden mußte, um Zusammenstoß zu vermeiden. Wir gingen etwa 50 m voneinander klar. Beim Rückwärtsgehen warf ich das Schleppboot los, dessen Besatzung gar nicht erst auf „Blommersdyk", sondern gleich auf den Zerstörer ging. Ich hatte dem Offizier gesagt, daß der Besatzung 25 Minuten Zeit zum Aussteigen gegeben würde, bis 6 Uhr 30 Min. nachm. Damit aber niemand zu Schaden käme, sollte er zum Zeichen, daß alle Leute von Bord seien, die Flagge niederholen lassen. Nun fuhr ich zu dem Passagierdampfer, um dessen Papiere einzusehen, oder auch um ihn, falls er noch kein Boot ausgesetzt hatte, ohne weiteres in Rücksicht auf die Passagiere zu entlassen. Ich hatte bereits Befehl zu dem Signal „you can proceeä" gegeben, als ich erkannte, vaß der Dampfer bereits verlassen war und alle Insassen von den amerikanischen Zerstörern ausgenommen waren, lief dann zum „Blommersdyk" zurück. Durch Sirnengeheul und Anruf durch Sprachrohr wurde festgestellt, daß sich tatsächlich kein Mensch mehr an Bord befand. Ein Zerstörer, der in großer Nähe des Dampfers lag, wurde durch Morsespruch gebeten, sich etwas zu entfernen, damit das Schiff versenkt werden könne. Er kam dieser Bitte sofort nach. Torpedotreffer mit 4 m Tiefenstellung im Lagerraum 4. Der Dampfer wurde dann durch einen zweiten Torpedotreffer zum Sinken gebracht." Der Passagierdampfer „Stefano" wurde danach ebenfalls versenkt. Um 10 Uhr 30 Min. abends trat das Boot den Rückmarsch an. So wünschenswert es gewesen wäre, die Wirksamkeit an der amerikanischen Küste möglichst lange auszudehnen, so machte die Rücksicht auf den Brennstoffvorrat jeden weiteren Aufenthalt zu einem den Ausgang des ganzen Unternehmens gefährdenden Entschluß: denn bei dem kurzen Aufenthalt in New Port hatte das Boot, mit Rücksicht auf die ihm erteilte allgemeine Anweisung, darauf verzichtet, irgendwelche Vorräte einzunehmen. Für die Rückfahrt wurde mit einem Brennstoffverbrauch von etwa 60 ebm gerechnet, eine gewisse Reserve mußte für Gegenwind und Sturmtage zurückbehalten werden. Wie begründet diese Maßnahme war, ergibt sich aus der Tatsache, daß das Boot, obwohl vom Wetter bis zu den Shetlandsinseln in hohem Maße begünstigt, doch nur mit einem Brennstoffbestand von 14,5 cbm in Helgoland eingetroffen ist. Für die Rückfahrt wurde der Umweg über Fastnet Rock gewählt. Damit wurde die unsichere Wetterlage in höheren Breiten, die auf dem Hinweg angetroffen worden war, vermieden, auch war an dieser Südseite der Zugstraße barometrischer Tiefs das Auftreten von Gegenwind weniger zu besorgen als im Norden. Nachdem an der SO-Ecke der Neufundlandsbank ein Sturm in 20stündigem Warten abgeritten war, lief das Boot in einem Gebiet hohen Drucks (770 ww), von stetigem Westwind begleitet, bei geringem Aufenthalt bis in die Nähe der Hebriden. Der Rückweg erfolgte wiederum um die Shetlandsinseln. Am 28. Oktober, 3 Uhr nachm., lief das Boot in den Helgoländer Hafen ein. Es hatte eine Entfernung von 7550 Seemeilen zurückgelegt und dabei nur einen kurzen 2^stündigen Aufenthalt in New Port gehabt. Beim Eintreffen des Bootes in Wilhelmshaven am nächsten Tage konnte ich mich persönlich davon überzeugen, daß die Besatzung sich durchweg in einem ausgezeichneten Zustand befand. Sie durfte mit Recht stolz sein auf ihre hervorragende seemännische und technische Leistung. Begleiten wir denselben Kapitänleutnant Rose auf seinem „17 53" auf einer Fahrt zum Kreuzerkrieg nach Prisenordnung, wie er vor Einführung des uneingeschränkten U-Bootkrieges, den Bestimmungen entsprechend, im Januar noch gehandhabt werden mußte. Ich gebe hier sein Kriegstagebuch, mit Weglassung der nicht weiter interessierenden Angaben: 20. Januar 1917. Helgoland ausgelaufen. Wind Ost, Stärke 8, wolkenlos, sichtig. Marsch über Terschelling-Feuerschiff nach Nordhinder- Feuerschiff. Januar. Auf Grund gelegt, 38 m, 17^-Verkehr (mit Unterwasser- Schallapparat) mit „II 55". 6 Uhr 30 Min. nachm. tiefdunkle, lichtlose Nacht, Wind Ost 3—4, Normalfahrt angetreten. Januar. 11 Uhr vorm. französischen Segler „Anna" (150Br.-T.)durch 13Schuß (Artillerie) versenkt,LadungSchottersteine.Mhr nachm. südlich Lizard Head. „17 55" meldet Standort. Da somit das Vorhandensein von U-Booten im Ärmelkanal verraten ist, selbst Standort und weitere Absicht (für „17 55" wertvoll) zu melden versucht. Im unmittelbaren Anschluß daran wurden sehr laut britische Konvoisignale gehört und sofort hinterher die Warnung „OermLü 8ubmsriire 37 miles soutli ok Hsrä". Damit kann nur „17 53" gemeint sein. 11 Uhr 40 Min. nachm. südlich Wolfsrock zwei mit vielen Lichtern versehene Fahrzeuge mit wenig Fahrt und wechselnden Kursen in etwa 6 Seemeilen Abstand voneinander. Anscheinend sind es Markschiffe zum Ansteuern des Kanals. Nach längerem Beobachten zwischen ihnen hindurch westwärts gesteuert. 23. Januar 1917, 12 Uhr 5 Min. Mit Kurs 90 Grad nähert sich ein großer Frachtdampfer. In einigem Abstand dahinter mehrere Lichter: es scheint sich um einen der angekündigten Konvois zu handeln. Die beiden an Bord befindlichen Offiziere der Handelsmarine halten das Schiff für einen Briten von etwa 4500 Br.-T. Er ist vollbeladen. Überwasserangriff angesetzt. Beim ersten Anlaufen Fehlschuß, beim zweiten Treffer Backbord Mittschiffs. Der Dampfer stoppt, sackt tiefer, bekommt Schlagseite, brennt dauernd Blaufeuer ab, setzt später Boote aus. Schauplatz verlassen, da weitere Betätigung nicht möglich. Sinken des schwerverletzten Dampfers nicht beobachtet. Mehrere Bewacher mit verschiedener Lichterführung passiert. Einer von ihnen hat Kurs auf die Unfallstelle, leuchtet dort kurz mit dem Scheinwerfer. Die Markschiffe sind fort oder haben Lichter gelöscht. 6 Uhr 40 Min. nachm. Ein durch Helle Lichterführung und Schornsteinbeleuchtung auffallender Dampfer steuert mit wechselnder Fahrt Zickzack. Er scheint zu warten. Dampfer in britischer Sprache angemorst. Es ist ein Holländer mit Ölkuchen nach Rotterdam. Dampfer noch vor Hellwerden entlassen. 2 Uhr nachm. Einem Fox-Glove (neuer Typ englischer U-Bootjäger) und dazugehörigem Dampfer ausgewichen. 11 Uhr nachm. einem Bewacher ausgewichen. Er führte, um größer zu erscheinen, Dampferlaternen am Fockstag. 24. Januar. 12 Uhr Mitternacht. Ein kleinerer Dampfer, für Mitnahme von Passagieren eingerichtet, steuert 200 Grad. Flagge ist beleuchtet, aber nicht erkennbar. Offenbar neutraler; ab- gedreht. 7 Uhr vorm. Ein Dampfer, Kurs 250 Grad, angesteuert unter dem Vorgeben, ein französisches Vorpostenfahrzeug zu sein. Es ist ein neutraler Tankdampfer: abgedreht. 8 Uhr 30 Min. vorm. Wind Ost, aber Dünung, teilweise bedeckt, sichtig. Vor einem von Osten herannahenden Luftschiff getaucht: es kann sich auch um einen losgerissenen Fesselballon handeln. Unterwassermarsch in die Gegend von Ouessant (französische Insel am Westausgang des Kanals). 2 Uhr nachm. Wind Ost, Stärke 7—8; aufgetaucht. 3 Uhr 15 Min. nachm. Kleiner Segler in Sicht in südlicher Richtung. Wegen Seeganges keine Angriffsgelegenheit. 10 Uhr vorm. Wind Ost 6—7, Dünung. Waffenverwendung in der Nacht ausgeschlossen: es kommt viel Wasser über; getaucht. Marsch zum mutmaßlichen Sammelplatz bei Ouessant. 25. Januar 1917. 6 Uhr 30 Min. vorm. Wind 80, 7—8, Standort Ouessant in Ost 50sm: aufgetaucht: beigedreht. Wartestellung bei Oue- sant. Ein kleiner Segler etwa 30 Seemeilen westlich Ouessant. Wegen schwerer See unbehelligt gelassen. Waffenverwendung nachts wegen Seegangs nicht möglich. Sichtweite ist sehr beschränkt, daher getaucht zum Nachtmarsch. 26. Januar. Wetter unverändert. Zur Nachtfahrt getaucht. 27. Januar 1917. 3 Uhr vorm. Wind Ost, Stärke 8. Unsichtig. Von 11 Uhr vorm. ab Schneetreiben. Das Boot rollt zunehmend. 34 m Tiefe. Kein Besteck (Feststellung des Ortes). Mit geringer Fahrt in die See gehalten. 5 Uhr nachm.: Nördlich Ouessant. Wind, Seegang, Dünung, Stärke 1037). Etwa 2000 t großer Dampfer, soviel erkennbar, an Bug und Heck bewaffnet, in Sicht. Ausgewichen, weil Waffenverwendung zurzeit nicht möglich und Besserung des Wetters in den nächsten Stunden nicht zu erwarten. Dampfer lief wenig Fahrt, war grau bemalt, anscheinend größerer Bewacher. Zur Nachtfahrt getaucht. Januar. 8 Uhr vorm. Nördlich Ouessant aufgetaucht. Wind OSO, Stärke 6. 6 Uhr 30 Min. nachm. spanischen Dampfer „Nueva Montana, Santander", 2000 Br.-T., unter Wasser angesehen, dann durch Artillerie angehalten. Ladung Eisenerz nach Newcastle. Besatzung an Bord, Boote in Schlepp genommen. Drei Sprengpatronen im Maschinenraum gezündet. Dampfer sackt langsam immer tiefer. Da alle Auftriebräume untereinander verbunden, ist sein Sinken nur eine Frage der Zeit. Beim letzten Sichten schlug die Dünung bereits über das Achterschiff hinweg. Besatzung bis auf 12 Seemeilen westlich von Ouessant gebracht, dort Boote entlassen. Januar. 7 Uhr vorm. Dänischer Dampfer „Copenhagen", Ladung Kohle, von Newcastle nach Huelva. Untersucht und entlassen. 6 Uhr nachm. Dampfer „Algorta", 2100 Br.-T., von Sagund mit Eisenerz nach Stockton. Unter Wasser angesehen, dann durch Geschützfeuer angehalten. Besatzung in Schlepp genommen, Dampfer durch 4 Sprengpatronen versenkt. 10 Uhr 15 Min. nachm. Boote in Nähe eines mittelgroßen Dampfers, der etwa 240 Grad steuerte, losgeworfen. Durch Sternsignale Dampfer herangerufen. Januar. Kurs 340 Grad. Während der folgenden beiden Tage ist Tätigkeit in der Nähe der Scillyinseln beabsichtigt. Nichts in Sicht. Mit Einbruch der Dunkelheit südlich der Scillyinseln entlang nach Lizard, Abstand 8 Seemeilen, gelaufen. Kein Handelsverkehr, nur Bewachungslinien südwestlich und südlich der Scillys angetroffen. 31. Januar 1917. 9 Uhr vorm. Holländischen Dampfer „Boomberg", etwa 1600 Br.-T., angehalten. Ladung Kohle von Cardiff nach Las Palmas, Dampfer entlassen. 10 Uhr vorm. Spanischen Dampfer „Lorida", etwa 1600 Br.-T., angehalten. Ladung Kohle von Cardiff nach Cadiz. Dampfer entlassen. 2 Uhr 30 Min. nachm. Norwegischen Dampfer „Hickla", 524 Br.-T., angehalten. Ladung Grubenholz nach Cardiff. Dampfer angezündet. Besatzung segelt nach den Scillyinseln. 5 Uhr 30 Min. Bon achtern ankommend, einen kleineren 175 Grad steuernden Dampfer angehalten. Dampfer erwidert das Feuer auf 80 Hektometer aus mindestens 8-cw-Geschütz. Seine Schüsse liegen kurz, seitlich aber gut. 6 Uhr nachm. Feuergefecht nach Verbrauch von etwa 40 Schuß abgebrochen. Abstand bis zur Sichtgrenze vergrößert, dann mit A.-K. (Äußerste Kraft) Fühlung zu halten versucht. Dampfer kommt in der Dämmerung aus Sicht und wird nicht wieder gefunden. 11 Uhr 50 Min. nachm. Wetter stiller, mondhell, sichtig. Dänisches Motorschiff „Falstria", etwa 4000 Br.-T., von Ostasien über Dartmouth. Angehalten. Dampfer in Ordnung: Dampfer entlassen. Februar 1917. Westlich Ouessant. Den ganzen Tag über Suchkurse gesteuert: nichts in Sicht. Februar 1917. 5 Uhr vorm. Einen etwa 2000 t großen, vollbeladenen Dampfer, 170 Grad steuernd, ohne Neutralitätsabzeichen, mit Bronzetorpedo angegriffen. Treffer Mitte. Der Dampser stoppt; sein Licht geht aus. An Deck keinerlei Bewegung oder Arbeit bemerkbar. Nach einer halben Stunde schwimmt der Dampfer noch. Bei der Schwere der Verletzung ist sein Sinken sehr wahrscheinlich. 2. Februar. 4 Uhr nachm. Bei Bishop-Rock französischen alten Raa- schooner „Anna Maria" aus St. Malo, etwa 150 B.-T., durch Signal: „Verlassen Sie das Schiff", angehalten. Nach einiger Zeit kommt der Steuermann in kleinem, kiellosem Ruderboot an Bord. Die Besatzung versucht, das Boot mit Stiefeln und Müllen einigermaßen lenz zu halten. In Anbetracht der Unmöglichkeit, die Besatzung in diesem Beiboot zu retten, wurde dem Schiff die Weiterfahrt gestattet. Der Steuermann gab im Namen der Besatzung das schriftliche Versprechen, in diesem Kriege nicht mehr zur See zu fahren. Die Ladung des Seglers bestand aus Salz und Wein. 3. Februar. Westlich der Scillys. Wind Ost, Stärke 2. 8 Uhr vorm. Norwegischen Dampfer „Rio de Janeiro", 2800 Br.-T., angehalten. Weizen, Leinsaat, Ölkuchen, Gerbstoff nach Kopenhagen und Christiania. Dampfer entlassen. 11 Uhr vorm. Unterwasserangriff auf amerikanischen Dampfer „Housalonic", 2143 t. Dann ausgetaucht und Dampfer angehalten. Ladung 3862 t Weizen von New Dork nach London. Schuß aus erstem Rohr, Bronzetorpedo, zur Versenkung des Dampfers. Der Torpedo rutscht im Rohr etwas raus, ohne es zu verlassen. Er springt dabei mit Voreinströmung an, und man hört ihn langsam laufen. Boot wird zum Stehen gebracht. Schotten dicht. Nach einiger Zeit Detonation unter dem Boot, ohne Wasserschwall und Rauchsäule. Der Torpedo ist aus dem Rohr ganz herausgeglitten, offenbar versackt und auf dem Grunde explodiert: in Waffertiefe 110 m. Einige aufsteigende Luftblasen deuten darauf hin, daß Tunnelstück und Schwimmkammer mit zunehmender Wassertiefe auseinandergedrückt worden sind. Dampfer durch Bronzetorpedo aus 4. Rohr versenkt. Boote in Schlepp genommen und an einen Bewacher abgegeben, der mit zwei Schüssen herangeholt wurde. Beim Weglaufen vor dem sofort auftretenden Bewacher „v 60" getroffen. 60" taucht. Ich beabsichtige, den Bewacher an „v 60" vorbeizuziehen. Bewacher dreht ab, birgt, von „v 53" mit F T. dazu aufgefordert, die Besatzung der amerikanischen Boote. „17 60" taucht. Nachrichtenaustausch mit „II 60". Februar. 12 Uhr 5 Min. vorm. Französische Schonerbark „Aimse Marie" aus St. Servant, 327 Br.-T., Ladung Salz und Wein nach dem Heimatshafen, durch Geschützfeuer und Sprengpatronen versenkt. Besatzung rudert nach den Scillyinseln. Wegen der Größe der ungewöhnlichen Nachthelle abgeblendeten Bewachern ausgewichen. Zusammentreffen und Nachrichtenaustausch mit „II 83". 10 Uhr vorm. Schoner „Bangpuhtis" aus Windau, 259 Br.-T., und Ballast von St. Nazaire nach Cardiff mit zwei Sprengpatronen versenkt. Besatzung segelt nach den Scillyinseln. 4 Uhr nachm. Norwegischen Dreimaster „Manicia", 1800 Br.-To., von Rosario mit Leinsaat nach Rotterdam, untersucht und entlassen. Schiff ist seit 1. Dezember in See. Februar. 12 Uhr 30 Min. vorm. Wind Ost, Stärke 5—6. Heller Mondschein. Überwasserangriff auf einen Dampfer, der bis auf Fahrtlaternen abgeblendet ist, keine Abzeichenbeleuchtung trägt und auf etwa 3000 Br.-T. geschätzt wird. Bewaffnung ist nicht zu erkennen. Beim Angriff Überzeugung gewonnen, daß Dampfergröße bedeutend zu hoch gegriffen ist. Beim Abdrehen werden schwedische Abzeichen erkannt. Dampfer mit weißem Stern und Morselampe zum Stehen gebracht. Dampfer beantwortet kein Signal, veranlaßt auch sonst nichts. Nach einiger Zeit geht er mit höchster Fahrt gegen die See an. Durch zwei Schüsse von neuem festgehalten. Dampfer bleibt nun gestoppt liegen. Morseanruf beantwortet er nicht. Bis zum Hellwerden in seiner Nähe Kreise geschlagen. Beim Tagesanbruch festgestellt, daß es sich um Dampfer „Bravalla", 1519 Br.-T., handelt. Er meldet durch Flagge Liverpool und Nüsse als Ladung. Bei Versenkung des Dampfers an Ort und Stelle wäre die Besatzung des Dampfers verloren gewesen. Schleppen der Boote wegen Seeganges nicht möglich. Daher Signalbefehl an Dampfer: „Folgen!" Weiteres Signal über genaue Verhaltungsmaßregeln für die spätere Versenkung wurde dadurch abgeschnitten, daß der Dampfer, nachdem er die ersten drei Worte: „Ich versenke Sie!" verstanden hatte, das Gegen- singnal niederholte und nichts mehr abnahm. Unterwegs mußte der Dampfer noch einmal zum Gehorsam gebracht werden, als er abzudrehen versuchte. Der Seegang läßt allmählich nach. Landschutz macht sich fühlbar. Ein Bewacher kommt in Sicht. Signal an „Bravalla": „Verlassen Sie das Schiff!" Er veranlaßt nichts. Erst als nach etwa 4 Minuten das Geschütz auf ihn gerichtet wird, hißt er den Antwortwimpel. Schuß vor den Bug, dann ein Schuß in die Back. Dampfer setzt Boote aus. Feuer eingestellt. Als die Boote beigelegt haben, Feuer wieder eröffnet. Abkommen sehr erschwert durch Schlingern von Boot und Ziel. Dann eine sehr heftige Hagelböe. Dampfer wird mehrfach getroffen, sinkt aber nicht. Die Maschine läuft, obwohl niemand mehr an Bord ist, mit geringer Umdrehungszahl weiter. Bewacher kommt bis auf 40 Hektometer heran, eröffnet Feuer; getaucht. Dampfer durch Torpedo versenkt. Bewacher rettete inzwischen die schwedische Besatzung. U. s. w. Dieser Auszug dürfte genügen, um die Schwierigkeiten erkennen zu lassen, unter welchen die Boote arbeiteten, solange sie Rücksicht auf die Neutralität der Dampfer zu nehmen hatten, sowie den großen Ausfall an Versenkungsmöglichkeiten im Sperrgebiet. Um andere Arten der U-Bootbetätigung im unbeschränkten U-Bootkrieg zu kennzeichnen, seien hier noch weitere Auszüge aus Kriegstagebüchern wiedergegeben, zunächst von einem U-6-Boot, welches den Auftrag hatte, Minen an der englischen Ostküste zu legen. 13. Dezember 1916. Mehrere Fahrzeuge voraus in Sicht, darunter ein abgeblende- tes gestoppt liegend, welches für Zerstörer gehalten wurde. Alarmtauchen. Bewachungslinie unter Wasser durchbrochen. 9 Uhr 25 Min. vorm. Aufgetaucht, über Wasser weitergefahren. Mehrere Dampfer gesichtet, welche, von Süden kommend, denselben Punkt anzusteuern schienen wie ich. Es wurde allmählich sehr diesig, wodurch Orientierung unmöglich. Nähe von Land wurde vermutet infolge Ruhigwerden der See, schmutziggelber Färbung des Wassers und starkem Geruch nach Kohlendunst. Nach mehrmaligem Schnelltauchen vor Dampfern, unter Wasser mit rws. 270 Grad (Kurs West) weitergefahren. Uhr nachm. Steuerbord voraus starke Brandungswellen gesichtet. Darüber war ziemlich unsicher Mauer und darauf eine große Fabrik mit mehreren Schornsteinen zu erkennen. Gleichzeitig berührte das Boot, auf 10 m fahrend, Grund. Auf Gegenkurs gedreht, und da völlig im unklaren über Schiffsort, beschlossen, aufzutauchen, um mich von oben zu orientieren. Kaum Turmluck geöffnet, sehe ich an Backbord, etwa 600 m ab. 2 Uhr 14 Min. nachm. einen großen Zerstörer mit drei Schornsteinen und zwei Masten mit etwa 20 Seemeilen Fahrt Kurs NNW vorüberfahren. Er schien ganz plötzlich aus dem Dunst aufgetaucht zu sein und mich noch nicht gesehen zu haben. Alarm auf 16 m gegangen. Uhr 20 Min. nachm. Auf 11 m gegangen. Zerstörer läuft ab mit altem Kurs; bald darauf aus Sicht. Uhr 12 Min. nachm. Da wiederum viele Dampfer in Sicht, Unsichtigkeit dieselbe. Orientierungsabsicht aufgegeben. Auf Grund gelegt 23 M Wasser. Boot lag sehr unruhig, über mir wiederholt starke Schraubengeräusche. 5 Uhr nachm. Dämmerlicht. Nördliche Dünung. Auf 10 w gegangen. Da es stark dämmerte und kein Fahrzeug zu sehen, aufgetaucht, um zunächst zu laden und Luft zu pumpen, etwas in See zu gehalten. 5 Uhr 42 nachm. Von Land her mehrere Dampfer in Sicht, kommen auf mich zu. Alarmtauchen. 25 DoutschlandS HoMeefloltl im WrMrie^r 6 Uhr ncichm. Stockfinstere Nacht. Auftauchen, da es inzwischen ganz dunkel geworden. Die Dampfer kamen etwa aus rws. West zu Süd. Ich schloß daraus, daß dort, wo sie herkamen. die Hafeneinfahrt liegen müßte. Der Kurs führte auf ein abgeblendetes Feuer, welches ab und zu senkrecht nach oben wischte. Näher her angekommen, sehe ich den Molenkopf. Der Lotse glaubte mit Sicherheit die Einfahrt in den Tyne zu erkennen. Da die Nacht sehr finster war. beschloß ich, ganz an die Mole heranzugehen. Ich steuerte zunächst die Nordmole an. drehte kurz vor ihr nach Steuerbord ab, um etwas nach Norden auszuholen. Hierbei kam das Boot nördlich der Nordmole fest. Beide Maschinen äußerste Kraft zurück. Boot kam wieder frei. 6 Uhr 42 Min nachm. Hart Steuerbord gedreht auf 160. Dicht bei dem Nordmolenkopf fiel die erste Mine. Dann langsam noch Steuerbord gedreht, um möglichst nahe an den Südmolenkopf heranzukommen. Als dieser auf zirka 80—100 m in Sicht kam, hart abgedreht. Die letzte Mine geworfen und mit rws. 90 Grad (Kurs Ost) auf die offene See zu gehalten. Die Erschwerung der Angriffe durch unsere U-Boote durch das Zusammenfassen des Dampferverkehrs in Geleitzüge geht aus nachstehendem Kriegstagebuch-Auszug des von Kapitän- lcutnant Hans Adam geführten U-Bootes „17 82" hervor: 19. September 1917. 12 Uhr 40 Min. nachm. Wind SSW 4, Seegang 5. Bedeckt. Regenböen. Geleitzug mit östlichen Kursen ausgemacht. Borgesetzt. 1 Uhr 15 Min. nachm. Zum Angriff getaucht. Der Geleitzug besteht aus ungefähr 15—20 Dampfern, die in 3 Dwarslinien hintereinander fahren. Die Formation ist nicht regelmäßig und gibt ungefähr folgendes Bild: Etwa 10—14 Zerstörer kreuzen vor, seitlich, zwischen und hinter den Dampfern. Ich steuere, den Zerstörern ausweichend, Z86 mit 270 Grad in die Hauptlücke hinein. Versuch, auf die zweite Linie zum Angriff zu kommen, mißlingt, da ein Zerstörer den Angriff stört. In der dritten Linie greife ich an, und zwar 3 Uhr 16 Min. nachm. den südlichen Dampfer mit einem Hecktorpedo; 3—4 Sekunden später schieße ich auf Dampfer 3 einen Bugtorpedo. Beide Torpedos Treffer. Beim Heckangriff auf Dampfer 1 war ich an Dampfer 2 sehr nahe herangekommen: deshalb schoß ich am Heck dieses Dampfers vorbei auf Dampfer 3, Dampfer 3 war ein Viermaster von mindestens 8000 t. Dampfer blieb liegen. Uhr 19 Min. Ich schoß noch am Bug dieses Dampfers vorbei auf Dampfer 4 und 5. Dampfer 4 erhielt einen Treffer. Dampfer 2 hatte eine rote Flagge gesetzt, die wahrscheinlich die Nähe des Bootes anzeigen sollte; denn einige Zerstörer dampfen jetzt auf den Dampfer zu. Da für das einzige noch schußklare Rohr (Heckrohr) keine Schußmöglichkeit vorhanden, auf Tiefe gegangen. Von den Zerstörern wurden etwa 10 Wasserbomben geworfen, eine detonierte in ziemlicher Nähe des Hecks. Ich schätzte Größe von Dampfer 1 und 4 je 5000 t. Der Angriff wurde durch das schlechte Wetter, Dünung, Seegang 5 und Regenböen sehr erschwert. Nur der hervorragend durchgeführten Tiefensteuerung ist die erfolgreiche Durchführung des Angriffs zu danken. Unter Wasser mit geräuschloser Fahrt nach SO abgelaufen. Uhr 45 Min. nachm. Aufgetaucht. Versuche, dem Geleitzuge, der noch auszumachen ist, aufzulaufen. Ein Zerstörer drückt mich jedoch wieder unter Wasser. 6 Uhr 37 Min nachm. Aufgetaucht. 2 Zerstörer verhindern mich, aufzudampfen. Wegen der hohen See aus SO ist es unmöglich, nach Süden vorzustoßen, um mich dann vorzusetzen. See und Dünung nahmen außerdem derartig zu, daß ein Waffengebrauch nicht mehr möglich war. Aus diesen Gründen Verfolgung aufgegeben. Am 19. und 20. Juli 1918 trafen zwei unserer U-Boote 2ö* auf einen neuen, sehr wertvollen Dampfer „Justitia" von 32 120 t, der, seinem Wert entsprechend, sehr stark gesichert war und dessen Versenkung daher auf große Schwierigkeiten stieß. Die Schilderung der Angriffe der beiden Boote „v L 64" und „II 54", von denen das erste Boot den Dampfer am 19. Juli traf und ihm schwere Verletzungen beibrachte, während das zweite Boot „17 54" ihn am nächsten Tage, als er eingeschleppt werden sollte, antraf und ihm den Rest gab, sei nachstehend wiedergegeben: Da der Dampfer „Justitia", seiner Neuheit wegen, nicht in dem an Bord der U-Boote befindlichen Verzeichnisse enthalten war, die Zahl der derartig großen Dampfer aber nur gering ist. glaubten sie den deutschen Dampfer „Vaterland", den die Amerikaner in „Leviathan" umgetauft hatten, vor sich zu haben. 19. Juli 1918. Uhr 50 Min. nachm. Zwei Zerstörer in Sicht, Kurs 320 Grad (NW). Hinter den Zerstörern Konvoi. Boot steht gerade davor. Angriff zum Doppelschuß (3 Schornsteine, 2 Masten angesetzt). Dampfer steht in der Mitte des Konvois, der ungefähr 12 Dampfer stark ist. Sicherung durch Zerstörer, U-Boot- jäger in großen Mengen. Konvoi fährt Zickzack. Kurz vor dem Schuß dreht der Dampfer auf Boot zu, daher nur noch Heckschuß möglich. Abstand 350 Treffer hinter der Brücke, Backbordseite. Uhr 33 Min. nachm. Englischer Dampfer „Justitia", 32 120 Tons und Ballast. Auf Tiefe gegangen. Es folgen 35 Wasserbomben, die gut deckend liegen. Uhr 20 Min. nachm. 11 m: Dampfer liegt gestoppt, bläst viel Dampf ab, anscheinend Schuß in Kessel oder Maschinenanlage. Viele Zerstörer sichern. Auf Gegenkurs zum Angriff. Zerstörer fahren des öfteren über das Boot hinweg. Uhr 15 Min. nachm. Doppelschuß aus Rohr 1 und 2, Abstand 2000 m. Treffer Mitte und achtern, Backbordseite, auf gestoppt liegenden Dampfer. Aus Tiefe gegangen. 23 Wasserbomben, die sofort nach Schuß fallen. 7 Uhr 3 Min. nachm. Auf 11 m:38) Dampfer hat Backbord Schlagseite, liegt achtern tief drin. Neuen Angriff angesetzt. Da Zerstörer dauernd in der Nähe, kann Sehrohr nur selten gezeigt werden. In der Zwischenzeit ist Dampfer durch größere Seeschlepper auf südlichen Kurs geschleppt worden. Dampfer wird ungefähr 3—4 Seemeilen Fahrt geschleppt. Mit Kurs 180 Grad (Süd) unter Wasser vorgesetzt. Uhr 48 Min. Schuß aus Rohr 4, Abstand 900 m. Treffer auf Backbordseite. Auf Tiefe gegangen. 11 Wasserbomben auf 0 Grad (Kurs Nord). Abgelaufen, da Batterie erschöpft. Uhr 38 Min. nachm. 11 m: Dampfer befindet sich im Schlepp. Schlagseite hat zugenommen, ebenfalls Tiefertauchen. Uhr 28 Min. nachm. Aufgetaucht. Aufgeladen.39) 2 Torpedos in vorderen Rohren nachgeladen. 11 Uhr 50 Min. nachm. Nach den 4 Treffern war an dem Untergang des Dampfers nicht mehr zu zweifeln. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die letzten Schotten brechen würden. Das Schleppen gegen die See mußte zum baldigen Kentern beitragen. 20. Juli 1918. Vor Nordkanal (Irische See). Während der Nacht Fühlung gehalten, um unter allen Umständen Sinken zu beobachten. Da sich Zustand des Dampfers dauernd verschlimmert hatte, ist Schleppzug gegen Morgen auf Kurs Süd nach Lough Swilly gedreht. Uberwasser-Nachtangriff wegen zu großer Helligkeit unmöglich. 4 Uhr vorm. Bei der ziemlichen Dunkelheit und dem Wirrwarr von Fahrzeugen war es besonders schwer, in richtige Angriffsposition zu kommen. Bevor „II L 64" auf Schuß heran war, wurde Dampfer angeschleppt. Sehr achterliche Position. Dampfer lag bedeutend tiefer. Batteriestand reicht nicht aus, um unter Wasser mitzulaufen. Uhr 37 Min. vorm. Schuß aus Rohr 4, Abstand 900 m. Keine Detonation gehört wegen Wasserbomben. Unter Wasser abgelaufen. Uhr 20 Min. vorm. Auf 11 m: Dampfer liegt quer und treibt mit erheblich stärkerer Schlagseite. 8 Uhr 40 Min. vorm. Aufgetaucht. Es konnte jetzt festgestellt werden, daß die Wasserbomben die Ölbunker schwer mitgenommen hatten, so daß Boot breite Ölspur. Dampfer zurzeit aus Sicht. F.-T. an die in der Nähe befindlichen Boote. 11 Uhr vorm. Dampfer auf Kurs 180 Grad an Backbord in Sicht. An ein Erreichen der Küste ist kaum mehr zu denken, Dampfer wird mit schwerer Schlagseite kaum von der Stelle gebracht. 11 Uhr 30 Min. vorm. Zwei hohe klare Wassersäulen, die dicht aufeinander folgen, hinter Dampfer beobachtet, mußten von 2 Torpedos herrühren. Im BootDetonation von 35 Wasserbomben gehört. 2 Uhr 15 Min. nachm. Dampfer treibt mit Backbordschlagseite, Steuerbordbrücke Nock hoch in der Luft. 2 Uhr 34 Min. nachm. Dampfer gesunken. Bei weiterem Umblick wird festgestellt, daß viele Sicherungsfahrzeuge mit Rettungsbooten des Dampfers im Schlepp nach Land zusteuern. Die übrigen Fahrzeuge haben sich auf die umhertreibenden Trümmer gestürzt. Abgelaufen. Viele Zerstörer sind hinter mir her. „II 54", das am 20. Juli um 11 Uhr 20 Min. zwei Torpedos auf den Dampfer „Justitia" noch gefeuert hatte, berichtet dann weiter: 11 Uhr 32 Min. In dem Wasserbombenhagel, der sich vor allen Dingen nach der Detonation des ersten Torpedos sehr erhöhte, konnten im Boot natürlich keine weiteren Detonationen wahrgenommen werden. Nach 122 Sekunden nahm der F.-T.-Maat durch U.-T.-Empfänger den zweiten Treffer wahr. Da ich nur noch 2200 Ampöre in der Batterie hatte, war es ausgeschlossen für mich, einen weiteren Angriff anzusetzen. Ich lief eine halbe Stunde ab und erhielt dann auf 59 m Grund. 20 Minuten nach dem Schuß hörte englische Wasserbombenschießerei auf. 12 Uhr 30 Min. nachm. Vom Grunde gelöst, auf Sehrohrtiefe gegangen mit Nordkurs. Um mich herum im nächsten Abstande vier Bewacher. Ich ging sofort wieder auf Tiefe. Da ich annahm, daß sie mich mit Geräuschempfang verfolgten, mich unter Wasser gehalten, also bis das große Schiff in Sicherheit. Ich fuhr weiter nach Norden, änderte dann Kurs nach NW und dann nach Westen. 3 Uhr 51 Min. nachm. Aufgetaucht. Das Boot hatte 50 wm Überdruck. Da das Abblasen aber zu lange dauerte, befahl ich dem Steuermann, das Turmluck aufzumachen. Der Steuermann flog raus und mir flog die Zentralleiter, die unten mit einem Segel versehen ist, gegen den Arm und quetschte ihn gegen die Turmdecke. Der Schmerz war so groß, daß ich einen Moment ohnmächtig wurde. Als ich hörte, daß der Steuermann mehrere Fahrzeuge oben bemerkte, kroch ich auf den Turm und sah im Süden und achteraus alles voller Fahrzeuge. Ich bezog die Sache auf mich und tauchte wieder fort, da ich ein Gesehenwerden nicht mehr riskieren konnte. 6 Uhr nachm. Aufgetaucht. Im Süden weitab Rauchwolke. Ich lief weiter ab nach Westen und gab, sobald meine Batterie einigermaßen aufgefüllt war, F.-T. an alle U-Boote ab über Kurs und Angriffsmöglichkeit auf „Vaterland". Für mich hatte es keinen Zweck mehr, hinterherzufahren, da ich sie vor dem Nordkanal nicht mehr hätte einholen können. 21. Juli 1918. 10 Uhr 45 Min. vorm. U-Boot in Sicht; als „VL 64" festgestellt. Auf Rufweite herangefahren. Durch Austausch der Ergebnisse stellte ich fest, daß „17 8 64" am Tage vorher um 2 Uhr 30 Min. 4^ Sekunden von meinem Schuß die „Vaterland" hat sinken gesehen, kenternd nach Backbordseite. Schließlich noch die Schilderung eines Gefechtes von „v 84", geführt von Kapitänleutnant Röhr, mit einem Dampfer, der seine Armierung verborgen hielt und glaubte, das U-Boot durch Täuschung überraschen und vernichten zu können: 22. Februar 1917. Uhr 50 Min. Tankdampfer, ca. 3000 t, mit Kurs 250 Grad in Sicht. Getaucht. Torpedoschuß zweites Rohr 700 w vorbei. Fahrt unterschätzt. Dampfer dreht auf Gegenkurs. Abgelaufen. Aufgetaucht; mit Artillerie angehalten. Dampfer stoppt, bläst ab, Besatzung verläßt in 2 Booten das Schiff. Uhr 30 Min. nachm. Getaucht herangegangen. Keine Bewaffnung, Boote sind etwa 8—10 bm von Dampfer entfernt. 2 Uhr 47 Min. nachm. Bei den Booten aufgetaucht, die immer noch bestrebt sind, vom U-Boot weg zu pullen. 2 Uhr 49 Min. nachm. Dampfer eröffnet aus vier Geschützen Feuer. Tauchen. Turm erhält fünf Treffer, einen durch die Brücke, einen anderen oberhalb der Luftmasten, der dritte (4,7 om) durchschlägt den Turm, krepiert innerhalb, fast alle Apparate zerstört. Zweiter Wachoffizier leicht verwundet; 4. Treffer Druck-Wasserleitung zerschossen, 5. Treffer gegen einen Minenabweiser. Turm geräumt. Zentralluck und Sprachrohr dicht40). Auf 20 m Tiefe werfen die Rettungsboote zwei Wasserbomben. Schalter und Hauptschaltbrett mit der Hand festgehalten. Glühlampe des Magnetkompasses verlöscht. Boot ist topslastig und pendelt stark um die Querachse (weil der Turm^ mit Wasser gefüllt war). Verschiedene Durchführungen vom Turm nach unten halten nicht dicht. Durch Kurzschluß fallen aus in kurzer Aufeinanderfolge Kreiselkompaß, ein Lichtkreis (für Beleuchtung), Hauptruder, Kommandoelemente, vorderes Tiefenruder klemmt. Boot sackt trotz 14 Grad Achterlastigkeit und Maschinen A. K. voraus tiefer bis auf 40 m: Preßluft. Um das letzte Wasser zu entfernen, auf 20 m Schnellentlüftung auf 16 Grad Achterlast. Tank 1 bekommt keine Preßluft. Alle Mann voraus, um Oberflächendurchbrechung zu vermeiden. Torpedomaat und Nr. 1 (Unteroffizier) fluten sogar vorn gegen. Boot fällt 8 Grad vorlastig und fällt auf 35 ra Tiefe. Preßluft auf vordere Tanks. Inzwischen wird das Spritzwasser (aus den Undichtigkeiten des Turms) durch Segeltuch, Regenzeug, Flaggen usw. von den elektrischen Apparaten frei gehalten. Das wasserdichte Hilfsschaltbrett ist die Rettung des Bootes. Boot fällt wieder stark achterlastig und droht die Oberfläche zu durchbrechen. Steuerung unter Wasser nicht mehr möglich. 3 Uhr 10 Min. nachm. Preßluft auf alle Tanks, Steuerbord elektrische Maschine fällt aus, Kombüsenleck. „An die Geschütze, Ölmotoren klar und A.-K. voraus!" (Der Kommandant entschloß sich jetzt, da das Boot unter Wasser nicht zu halten war, aufzutauchen und es auf ein Gefecht mit dem Dampfer ankommen zu lassen.) Der Dampfer ist 35 bin ab und eröffnet sogleich das Feuer. Aufschläge ringtz um das Boot. Eine 7,5-em- und eine 4,7-em- Granate treffen das Oberdeck vor dem 8,8-era-Geschütz des U-Bootes. Zweiter W.-O. noch einige leichte Verwundungen. Feuer erwidert, leider ohne Sehrohr visiert, da der Turm noch voll Wasser ist. Entfernung nimmt schnell zu bis auf 50 bin. Dann folgt der Dampfer langsam. An Steuerbord ein Zerstörer, der auf 80 bra Feuer eröffnet, das kurz liegt. Schwimmwesten umlegen. Es wird beabsichtigt, ein Artilleriegefecht zu führen, bis das Boot in der Nähe eines etwa 8 Seemeilen entfernten Seglers versenkt werden kann, um die Besatzung vor einem „Baralong"-Schicksal zu bewahren. 3 Uhr 17 Min. nachm. Der Zerstörer ist ein Fox Glove, kann also nicht schneller als das Boot laufen. Auf ca. 75 lim Feuer erwidert. Der Fox Glove beginnt bald, den Aufschlägen auszuweichen, erhält zwei Treffer und vergrößert die Entfernung. Seine Artillerie schießt nur etwa 70 Lm weit. 3 Uhr 20 Min. nachm. Turm kann gedichtet werden, Boot aufgeklärt, Artilleriemunition klar gelegt: abgesehen vom Turm können alle Störungen allmählich beseitigt werden. Kurs 165 Grad. Der Fox Glove folgt im Kielwasser. Dampfer kommt aus Sicht. Das Boot kann zur Not tauchen, hinterläßt aber eine starke Ölspur. Wenn bis zur Dunkelheit Hein Zerstörer kommt, kann das Boot gerettet werden. 6 Uhr 50 Min. nachmittags. Der Fox Glove ist bis auf 70 iE herangekommen und eröffnet nochmals das Feuer. Feuer erwidert; 1 Treffer erzielt. Feind dreht ab und läßt sich sacken bis auf über 100 lim. 8 Uhr nachm. Leichte Dämmerung. Verfolger aus Sicht. Wegen der Ölspur Zickzack-Kurse. In einer fremden Ölspur gefahren, nach Backbord abgedreht und allmählich auf 240 Grad gegangen. Das Boot hat dann die Rückfahrt angetreten und ist ohne Zwischenfall nach Hause zurückgekehrt. Ich hatte selbst Gelegenheit, das Boot „II 84" nach der Rückkehr von dieser Fahrt zu besichtigen und mich davon zu überzeugen, daß es trotz der erhaltenen Verletzungen wie durch ein Wunder nach Hause gelangt ist, vor allem aber dank der Sicherheit, mit der der Kommandant sein Boot zu handhaben verstand, des tadellosen Zusammenarbeitens der ganzen Besatzung unter den schwierigen Umständen und der guten Treffleistung der Artillerie, wobei man zu berücksichtigen hat, daß die Höhe der Plattform eines U-Bootes für die Geschützauf- stellung kaum 2 m über Wasser beträgt und das Schießen dadurch ungemein erschwert wird. Kapitünleutnant N-.ihr gehört leider auch zn den vielen, die von ihren Fahrten nicht wieder zurückgekehrt sind. Es würde zu weit führen, nach mehr Beispiele aus anderen U-Booterlebniffen oder die Namen aller derer hier anzuführen, die sich besonders ausgezeichnet haben. Wo in diesem Kriege von Heldenmut gesprochen werden kann, da trifft es auf unsere U-Bootkommandanten und ihre Besatzungen ausnahmslos zu. XV. Tätigkeit der Flotte im Zeichen des Ll - Bootkrieges Neben der direkten Unterstützung der von der Heimat aus operierenden U-Boote wurde aus der Flotte der bei weitem größte Teil des Personals entnommen, das dis neuen Indienststellungen erforderten. Für die U-Boote war besonders gut ausgebildetes seemännisches und technisches Personal erforderlich. Dis Kommandanten mußten Offiziere sein, die genügend Erfahrung besaßen, um das Boot unter den schwierigen Verhältnissen selbständig navigieren und führen zu können. Das erforderte einen starken Eingriff in den Bestand von Wachoffizieren der Flotte, weil diese ihrem Dienst- und Lebensalter nach die geeignetsten Persönlichkeiten waren. Einen Ersatz für sie mußte sich die Flotte selbst heranbilden, indem jüngere Offiziere in die Stelle als Wachoffiziere einrückten und die Ausbildung der Fähnriche beschleunigt wurde. Auch für diese wurde der Ersatz direkt auf der Flotte eingeschifft und erhielt dort seine erste Ausbildung als Seekadetten. Es war damit ein ziemlich umfangreicher Wechsel in allen Dienststellungen verknüpft, der auf die Leistungsfähigkeit der Schiffe ungünstig einwirken mußte. Der im März 1917 geplante Flottenvorstoß in die Hoof- den, um den Konvoiverkehr zwischen Holland und England zu stören, kam nicht zur Ausführung. Bis zum 11. März hatte andauernd schlechtes Wetter geherrscht. Damit war aber auch die Zeit der Hellen Nächte vorüber, welche Vorbedingung für die Ausführung war. Die Wetteraussichten hatten sich noch weiter verschlechtert, so daß mit Luftschiffaufklärung nicht gerechnet werden konnte. Auch ein Kreuzer-Nachtvorstoß mußte unterbleiben, da Helgoland Wind OSO Stärke 7—9 meldete und eine weitere Zunahme wahrscheinlich war. Der 2. Führer der Torpedoboote wurde mit der VII. und IX. Flottille zur Ausbildung im Minensuchen nach der Ostsee entsandt, da die Minensuchverbände allein nicht genügten, um neben der Tätigkeit des Minenräumens auf den Auslaufwegen auch noch das Geleit der Boote selbst zu übernehmen. Die Torpedobootsflottillen mußten dazu mit herangezogen werden. Auch für die Flotte hielt ich eine Übung im Flottenverband für nötig, damit die neuen Kommandanten sich mit der Handhabung der Schiffe im Flottenverbande vertraut machen konnten. Den Schutz der Nordsee konnte ich vorübergehend den Kreuzern überlassen, da das Verhalten des Feindes einen Angriff gegen die Deutsche Bucht unwahrscheinlich gemacht hatte. Inzwischen war auch das Linienschiff „Baden" als Flotten- flaggfchiff bereitgestellt, und das Flottenkommando hatte sich auf diesem Schiff eingeschifft. Die III. und VI. Flottille konnten in der Nordsee entbehrt werden, während sich die Flotte zu Übungen in der Ostsee aufhielt, und wurden zur besseren Ausnutzung nach Flandern geschickt, um von Zeebrügge aus die Kriegführung im Kanal zu betreiben. Die Minenverseuchung der Nordsee durch den Feind nahm dauernd zu; fast täglich erlitten wir Verluste bei den Minen- fuchfahrzeugen. Auch unter den Sperrbrechern, die zum Schutze der auslaufenden U-Boote mit in Anspruch genommen werden mußten, waren so viele Ausfälle eingetreten, daß die Flotte im März nur noch über vier derartige Dampfer verfügte. Der Staatssekretär des Reichsmarineamts wurde gebeten, die Zahl der Schiffe wieder auf zwölf zu bringen, damit sie in vier Gruppen, zu dreien, den Bedürfnissen der Flotte genügten. Bei einem Exerzieren der Linienschiffsgeschwader am 5. März in der Helgoländer Bucht hatten „Kronprinz" und „Großer Kurfürst" Kollision gehabt und Beschädigungen erlitten, deren Reparatur bei beiden Schiffen mehrere Wochen in Anspruch nahm; an größere Flottenunternehmungen war vor deren Beendigung nicht zu denken. Während der Übungszeit der Flotte in der Ostsee meldete sich der Kreuzer „Möwe" am 21. März auf der Rückkehr im Kattegatt und lief am 22. wieder in Kiel ein. In seiner vier- monatigen Tätigkeit hatte das Schiff 27 Schiffe mit insgesamt 123 444 Brutto-Register-Tonnen vernichtet oder aufgebracht. Eine der Prisen, „Darrowdale", war bereits am 31. Dezember 1916 nach Swinemünde eingebracht worden und hatte Kunde von der erfolgreichen Tätigkeit der „Möwe" gelx cht, von der wir seit ihrem Auslaufen, Ende November 1916, nichts mehr vernommen hatten. Die glückliche Rückkehr des erfolgreichen Schiffes wurde mit großer Freude begrüßt. Am 29. März war das Vorpostenboot „Bismarck", Führerboot der Sondergruppe, welche Oberleutnant z. S. Schlieder führte, auf Mine gelaufen und gefunken; von der Besatzung konnten nur drei Mann gerettet werden. Auch ihr schneidiger Führer hatte dabei den Tod gefunden. Er hatte sich große Verdienste erworben durch die Vertreibung der U-Boote aus der Deutschen Bucht. Über die Inanspruchnahme der Flotte zum U-Bootkrieg gebe ich nachstehend einen Abschnitt aus dem Kriegstagebuch der Hochseeflotte wieder, beginnend mit dem 9. Mai 1917: 9. Mai 1917. Wind und Wetter in der Deutschen Bucht O bis NNO, Stärke 3—4, Wetter klar und sichtig. Flugzeugaufklärung in der inneren Deutschen Bucht ohne Ergebnis. Minensuchen und -räumen nach Plan. IV. Aufklärungsgruppe deckt die Arbeiten im Westen. Bei den Sucharbeiten der „Ems"-Vorpostenflot- tille stößt Vorpostenboot „Mettelkamp" nördlich Borkum auf Mine und sinkt. U-Bootkrieg. Von Fernunternehmungen zurück: „17 82", „II L 22", „V L 21" und „1793". „17 93" ausgelaufen am 13. 4., versenkte bis zum 30. 4. 27 400 t, kommt am 30. 4. mit einer U-Bootsfalle (eiserner Dreimastschoner) ins Gefecht, in dessen Verlauf der Kommandant, Kapitänleutnant Frhr. v. Spiegel, der Steuermann und ein Unteroffizier über Bord geschleudert und drei Mann schwer verletzt werden. Das schwer beschädigte, tauchunklare und seiner F. T. beraubte Boot wird von Oberleutnant z. S. Ziegler nach List gebracht. „17 46" geht unter Geleit nach Norden, „17 58" meldet Standort und Minenaufgabe ausgeführt: 2 Dampfer versenkt, 3 beschädigt, in 1 Grad Westlänge dauernd starker Ksnvoiverkehr. 10. Mai. Flugzeugaufklärung ohne Ergebnis: keine Luftschiffsicherung. Minensuchen und -räumen nach Plan. IV. Aufklärungsgruppe deckt die Minenaufräumungsarbeiten im Westen. S. M. S. „Hindenburg" mit Flaggenparade in Dienst gestellt. U - B o o t k r i e g. „17 0 76" bei Minenübernahme im Helgoländer Hafen durch Minendetonation schwer beschädigt und gesunken. Unter den Vermißten befindet sich der Kommandant, Kapitänleutnant Barten. Hebeschiff „Oberelbe" geht zur Hilfeleistung von der Ems nach Helgoland. „17 0 77" von Fernunternehmung zu- 3S8 rück, „II 46" Gefahrzone passiert, „v 30" über Terschelling nach Norden ausgelaufen. Mai. Wind O, Stärke 4—5. Flugzeugaufklärung nichts Verdächtiges. Keine Luftschisfsicherung wegen östlichen Windes. Minensuchen und -räumen nach Plan. Die den Durchbruch im Westen betreibende Minenfuch-Halbflottille ist über den ihr aufgegebenen Weg in Verfolgung einer Sperre nach Norden hinausgekommen. Es werden dabei neue Minen festgestellt, und das Halbflottillenboot der 5. M. S. Halbflottille stößt dabei aus Mine und sinkt. Vier Mann werden vermißt. Unter diesen befindet sich der Halbflottillenchef Kapitänleutnant Beste. Nachdem nunmehr festgestellt ist, daß die Engländer die Ansteuerung von Hornsriff her von NW her durch Minen gesperrt haben, erhält B. d. A. Befehl, eine Sperre zu legen, die auch die Ansteuerung von Nordost und von West her sperrt, um den Engländern dieses Ansteuerungsmark, auf das wir verzichten können, zu nehmen. Eine weitere Sperre nördlich von Vyl-Feuer- fchiff soll Minenunternehmung gegen das Nordmannstief ab- wehren. Nachts fährt eine Sperrbrechergruppe den U-Boots- weg unter der holländischen Küste nach Westen, eine zweite Sperrbrechergruppe den nach Norden. U-Bootkrieg. „v 30" Gefahrzone passiert, „v 58" von Fernfahrt zurück, „17 93" läuft im Schlepp von „V 163" in Wilhelmshaven ein. Mai. Wind O, Stärke 6. Flugzeugaufklärung ohne Ergebnis. Luftschiffsicherung infolge Wetterlage unmöglich. Minensuchen und -räumen bei grober See nur beschränkt durchführbar. Die Deckung der Arbeiten im Westen übernimmt die IV. Aufklärungsgruppe. Im Laufe des Vormittags kehren die beiden Sperrbrechergruppen von den Nachtfahrten zurück. Keine Vorkommnisse. Ein Boot der Nordsee-Vorpostenflottille meldet ein feindliches U-Boot, die verfügbaren Torpedoboots-Halbflottillen angesetzt zum Suchen, dabei detoniert U-Bootdrachen. Erfolg fraglich. Mai. Wind NW, Stärke 2. Minensuchen und -räumen nach Plan. IV. Aufklärungsgruppe zur Deckung im Westen. Nachts legt B. d. A. mit Hilfs-Streuminendampfer „Senta" die befohlene Schutzsperre bei Hornsriff und nördlich Vyl-Feuerschiff. U - B o o t k r i e g. Zur Fernunternehmung laufen aus: „II 0 33" nach Westen, „17 0 41" nach Bell Rock. Mai. Wind O bis NNO, Stärke 3. Zur Sicherung steigen auf „1^ 22" nach Westen, „I, 23" nach Norden. Minensuchen und -räumen nach Plan. H. Aufklärungsgruppe geht zur Deckung der Arbeiten im Westen nach der Osterems. Gewitterentladung. 6 Uhr nachm. schifft sich Flottenstab aus S. M. S. „Baden" ein, Hochseestreitkräfte klar. II. Aufklärungsgruppe mit 2. F. d. T. sammeln im Laufe des Abends auf Schillig-Neede für die für den 15. Mai in Aussicht genommenen Übungen in der Deutschen Bucht. Von „I. 22" fehlt seit der Aufsteigmeldung jede Nachricht. Im Westen stehen Gewitter. Fs ist möglich, daß es deswegen die Antenne eingenommen hat (und keine Meldungen machen kann). In der ganzen Deutschen Bucht ist am Spätnachmittag dichter Nebel; Suchen mit Fliegern und Überwasserstreitkräften daher nicht möglich. Flugzeug Nr. 859 hat um 9 Uhr 50 Min. vorm. eine Explosion und eine schwarze Rauchwolke beobachtet. 7 Uhr 40 Min. abends meldet Führer der Luftschiffe, daß nach telephonischer Auskunft von Borkum diese Beobachtung sehr wahrscheinlich mit dem Verlust von 22" in Verbindung zu bringen sei. Ein nachts vom Admiralstab eingehendes Telegramm bestätigt diese Vermutung. Danach ist „1^ 22", das des Gewitters wegen wahrscheinlich 8"»'' Iß' I 7S U ^ unter Prallhöhe hat gehen müssen, durch englische Streitkräfte abgeschossen. (Weil es sich nicht hoch genug über Wasser befand.) U-Bootkrieg. 11 Uhr 40 Min. nachts meldet „Orion", Boot der 3. Mi- nensuchhalbslottille, daß das auf der Ausfahrt befindliche und geleitete „II 59" und Minensuchboot „Fulda" auf Mine gelaufen und gesunken sei. Zur Aufnahme des „Orion" werden Vorpostenboote der „Lift"-Gruppe, die Minensuchboote der Flottille Krah und die 17. Torpedo-Halbflottille entsandt. Die Boote erhalten gleichzeitig Befehl, „II 6 51" und „II 0 42", die auf der Heimreise westlich Hornsriff stehen, aufzunehmen. „II 0 44" und „II 0 50" gehen zu Fernunternehmungen nach Westen. „II 0 51", heimkehrend, meldet Standort. Minenaufgabe erfüllt; etwa 4000 Tonnen versenkt, fährt 5 Seemeilen. (Die Art der Havarie bei verstümmeltem Funkspruch nicht klar zu erkennen.) 15. Mai. Wind NNW, Stärke 2—3. „I. 16" und „37" steigen zur Luftsicherung auf. Dichter Nebel zwingt zur Umkehr. Nur zeitweise geringe Dichtigkeit. Die beabsichtigten taktischen Übungen in der Helgoländer Bucht werden daher auf den 16. verschoben. Der 1. Führer der Torpedoboote meldet, daß ein Teil der Boote der 1. Torpedoflottille mit Hilfsmaschinen zusammengebrochen sei, daß der Rest außerhalb der Deutschen Bucht nicht mehr verwendungsfähig sei. Die 1. Torpedoflottille wird daher sofort zur Instandsetzung zur Werft Kiel detachiert. B. d. A. hat zur Feststellung der Unfallstelle „II 59" und zur Hilfeleistung für „Orion" die „Lift"-Gruppe der Nord- see-Vorpostenslottille. einen Pumpendampfer und Schlepper, und zur Kontrolle des U-Boot-Auslaufsweges eine Torpedo- Halbflottille entsandt. Die von den zur Hilfeleistung entsandten Booten eingehenden Meldungen ergeben kein einwandfreies 26 DvutschkmdS Hochs«slo1t« im WMri»z« Bild von dem Grade der feindlichen Minenverseuchung im Norden. Das Vorpostenboot „Heinrich Rathjen" läuft bei dem Versuch, Klopfverständigung mit „17 59" zu bekommen, auf Mine und sinkt. Ein Unteroffizier, 3 Mann vermißt. B. d. A. erhält Befehl, die Durchbruchsarbeiten durch den Minengürtel im Westen einstweilen einzustellen und mit allen Arbeitskräften den U-Boot-Auslaussweg im Norden wieder freizumachen bzw. nachzuprüfen. Mit der Unterbrechung der Durchbruchsarbeiten im Westen rücken auch größere Flottenunternehmungen in weitere Ferne. Ich entschließe mich daher, zur Ausnutzung der Zeit, kurz nach dem Evolutionieren das III. Geschwader und, nach Rückkehr der II. Torpedoflottille, die V. Torpedoflottille zu Übungen nach der Ostsee zu detachieren. Beide Verbände haben Übungen dringend nötig. U-Bootkrieg. „17 0 42" und „17 0 51" von Fernunternehmung zurück. „II 0 41", ausgelaufen am 11. Mai nach der Westküste, muß Unternehmung wegen Maschinenhavarie abbrechen. 16. Mai. Wind NO bis NNW, Stärke 3—6. Flugzeugaufklärung ohne Ergebnis. Wegen frischen Nordostwindes Luftschiffaufklärung nicht möglich. Taktische Übungen der Hochseestreitkräfte in der Helgoländer Bucht. Nach Beendigung III. Geschwader detachiert in die Ostsee. Während der Abwesenheit des III. Geschwaders I. und IV. Geschwader abwechselnd Vorpostendienst. S. M. S. „Kaiser" zur Instandsetzung nach der Werft Kiel entlassen. B. d. A. hat zur Feststellung der Ursache, die zum Verlust von „17 59" geführt hat, angeordnet: 1. M- S-Flottille prüft nach bzw. säubert die Quadrate 132, 117, 133, 116. Eine Torpedohalbflottille sucht mit Gerät ab Quadrat 134 bis 84. Die Hilss-M-S-Flottille stellt die Unfallstelle „II 59" fest und sucht mit „17 59" durch Klopfzeichen in Verbindung zu treten. Bei den befohlenen Arbeiten stößt „Ll 14" auf Mine, und bei dem Versuch, „Ll 14" zu bergen, auch das Torpedoboot Nr. 78. Beide Boote sinken. Die Versuche, mit „II 59" in Verbindung zu treten, müssen deshalb aufgegeben werden. U - Bootkrieg ^ Nachts stößt „8 27" von der Ems-Vorpostenflottille, das „17 86" zur Fernunternehmung nach Westen geleitet, auf Mine und sinkt. „II 86" kehrt darauf mit dem Rest des Geleitzuges zurück nach Borkum Reede. Eingehende F-T-Meldungen: „II 62", ausgelaufen am 21. April, Standort. Im April 10 000 t, im Mai 13 000 t versenkt. Am 30. April U-Boot- Falle „Q 12", Kommandanten gefangengenommen; „II 6 55", ausgelaufen 28. April nach Westküste, Standort: „II 40", ausgelaufen 5. Mai, Minenaufgabe erfüllt, zwei Detonationen gehört, nichts versenkt; „II 21", ausgelaufen 19. April, Standort, 13 500 t versenkt: „V0 49", ausgelaufen 2. Mai, Standort, Minen gelegt, 3365 t versenkt. 17. Mai. Wind O bis ONO, Stärke 3—6. Keine Luftschiffsicherung. Flugzeugaufklärung ohne Ergebnis. Die bisher vorliegenden Meldungen über den Stand der feindlichen Minenverseuchung südlich Hornsriff geben noch kein einwandfreies Bild. Es scheint, als ob neue feindliche Minen südlich der Sentasperre in Richtung Ost bis West liegen. Es werden deshalb weiterhin alle Arbeitskräfte zur Klärung der Lage wie zum Offenhalten dieses wichtigen Weges gebraucht. Es zeigt sich wieder, wie unzulänglich die verfügbaren Minenfuch- und -räumkräfte sind. Es wird deshalb nochmals versucht werden, an die Kriegsleitung mit der Forderung heranzutreten, die dem Oberbefehlshaber der Ostsee zugeteilten M-Boote (neue Minensuchboote) den Hochseestreitkräften zuzuteilen. Als Ersatz werden Boote der Nordsee-Vorpostenflottille oder Fischdampfer der Hilfs- Minensuchflottille angeboten werden. Um das Auslegen des 2S* Feuerschiffes bei List navigatorisch leichter und zuverlässiger zu gestalten, wird eine Positionsboje ausgelegt und die Stellung nachts durch ein Vorpostenboot besetzt gehalten. Ferner wird zur navigatorischen Unterstützung auslaufender U-Boote stets eine Rotte Vorpostenboote westlich der Stellung der Position des Feuerschiffes kreuzen. Während der Nacht fahren zwei Sperrbrechergruppen, eine im Norden, eine von der Ems nach Westen. U - B o o t k r i e g. „17 6 49" und „17 0 41" von Fernunternehmung zurück; „17 86" läuft unter Geleit aus nach Westen: „17 8 41" läuft unter Geleit aus nach Flamborough Head; über Brügge kommt F-T-Meldung vom Standort „17 0 75", hat 3500 t und das englische Kriegsschiff „Lavender" versenkt. Die 17. Torpedohalbflottille läuft aus, um das beschädigte „17 6 40" aufzunehmen und durch das Nebenfahrwasser des Nordmannstief einzuholen. In ähnlicher Weise ging es Tag für Tag. Während des Krieges hat sich unter dem Druck der Anforderungen, die an die Minensuchverbände gestellt wurden, ihre Organisation folgendermaßen entwickelt: Be! Beginn des Krieges bestanden drei Minensuch-Divi- fionen und hatten als Standort Cuxhaven. Hiervon trat die 1. und 3. Minensuch-Divifion in der Nordsee, die zweite in der Ostsee in Tätigkeit. Jede Division bestand aus einem Führerboot, 8 Suchbooten und 2, später 4 Bojenbooten. (Die Bojenboote bezeichnen die von den Minensuchbooten abgestreifte minenfreie Strecke für die ihnen nachfolgenden Verbände größerer Schiffe.) Das Bootmaterial bestand durchweg aus den alten kleinen Torpedobooten Nr. 30—80. Sie hatten eine Geschwindigkeit von 17—18 Seemeilen bei einem Tiefgang von 2,7 m, als Armierung je eine 5-em-Kanone. Führer der Flottillen waren Korvettenkapitän Bobsien und Wolfram; später trat die Hilfs-Minensuchslottille der Nordsee, unter Führung des Korvettenkapitäns Walther Krah, hinzu. Sie bestand aus Fischdampfern und kleinen Torpedobooten. Ende 1915 und Anfang 1916 wurde mit dem Ersatz der alten kleinen Torpedoboote durch A-Boote und M-Boote, die im Kriege neugebaut waren, begonnen. Die A-Boote hatten eine Geschwindigkeit von 23—25 Seemeilen bei einem Tiefgang von 1,9 bis 2 in, Wasserverdrängung von 210 bis 345 t, Armierung zwei 8,8-em-Geschütze. Die M-Boote hatten eine Geschwindigkeit von 16 Seemeilen bei einem Tiefgang von 2 bis 2,2 m, Wasserverdrängung 450 bis 520 t, Armierung drei 8,8-em- bzw. zwei 10,5-em-Geschlltze. Am 1. September 1916 wurde aus der 1. und 3. Minen- such-Division die I. und III. Minensuch-Flottille mit 1. und bzw. 5. und 6. Halbflottille gebildet. Am 6. Oktober 1916 erhielt die bisherige 2. Minenfuch-Division die Bezeichnung: und 4. Minensuch-Halbflottille, das Ganze die Bezeichnung II. Minenfuchflottille. Im Mai 1917 erhielten die I. und III. Minenfuchflottille je eine dritte Halbflottille, bestehend aus M-Booten. Im Juni 1917 ist die 2. Minenräum-Division mit Mutterschiff „Ammon" und 12 Motorbooten aus der Ostsee ausgeschieden und zu den Nordseestreitkräften getreten. Diese Boote (Bezeichnung F-Boote) laufen 11 Seemeilen, haben einen Tiefgang von 1 Länge 17,5 w, Deplacement 19 t, Artillerie ein Maschinengewehr. Später wurde dann im Januar 1918 aus der 3. und 4. Minenräum-Division die III. Minenräum- Flottille gebildet. Die II. Minenfuchflottille erhielt ebenfalls noch eine dritte Halbflottille (Nr. 9). Die Hilfs-Minensuch- flottille der Nordsee (Krah) wurde von Anfang 1918 ab als IV. Minenfuchflottille bezeichnet und die Fischdampfer, aus denen sie anfänglich bestanden hatte, größtenteils durch neuere Minenboote ersetzt. Sämtliche Minensuch- und Räumverbände wurden dann 40k einem besonderen Führer unterstellt, wozu Fregattenkapitän Nerger, bekannt als Kommandant des Hilfskreuzers „Wolf", nach seiner Rückkehr von dieser Kreuzfahrt ausersehen wurde. Es waren ferner gebildet die 2. Minenräum-Divifion, bestehend aus dem Mutterschiff „Ammon" und 12 F-Booten, und die VI. Minenräumflottille, ein Führerboot und 2 Halbflottillen, bestehend aus einem M-Boot als Mutterschiff, 6 F-Booten, 11 U-Z-Booten (kleine schnelle Motorboote) und 3 großen Motorbooten. Die F-M-Boote (flachgehende M-Boote) liefen 14 Seemeilen bei einem Tiefgang von 1,3 w, Deplacemenr 170 t, Länge 40 w, Armierung eine 8,8-ew-Kanone. Die U-Z-Boote konnten mit geschlepptem Gerät 18 Seemeilen laufen bei einem Tiefgang von 1,5 m, Deplacement 20 t, Länge 26—30 w, Armierung eine 5-ew-Schnelladekanone. Bei Abschluß des Waffenstillstandes wären für den Minensuchdienst in der Nordsee verfügbar: 17 Torpedoboote, 27 A-Boote, 71 M-Boote, 4 F-M-Boote, 23 Fischdampfer, 58 Motorboote und 22 U-Z-Boote, 4 Mutterschiffe und ein Werkstattschiff, während bei Beginn des Krieges im ganzen 33 alte kleine Trpedoboote zur Verfügung standen. Unser eigenes Minenmaterial Lei Beginn des Krieges umfaßte 3 Minenkonstruktionen mit Ladung von 70 bis 150 Kilo bei einer Verwendungsmöglichkeit in Wassertiefen von 90 bis 115 w. Die Verwendungsmöglichkeit der neuesten Minenkonstruktion dieser drei vorhandenen wurde während des Krieges bis auf 345 w Wassertiefe gesteigert. Während des Krieges kamen noch folgende neuen Minenarten hinzu: 1. Eine Mine als Abwehrmine gegen U-Boote mit 20 Kilo Ladung und Verwendungsmöglichkeit bis 95 w; 2. eine Mine mit Torpedoform, die aus dem Ausstoßrohr eines getaucht fahrenden V-Bootes geschossen werden konnte, mit 95 Kilo Ladung, Verwendungsmöglichkeit bis 200 w; 3. eine Mine für die Verwendung von U-C-Booten aus mit Ladung von 120 bis 200 Kilo, Verwendungsmöglichkeit bis 365 w Wassertiefe. Die U-C-Boote konnten 12 bis 18 Minen fassen; 4. eine Mine für die ersten großen Minenboote, die aber nicht weiter gebaut wurde, nachdem das U-C-Boot konstruiert war. Das Minensuchgerät wurde derart verbessert, daß die Suchbreite von 45 auf 300 m ausgedehnt werden konnte, die Raumtiefe bis auf 30 m und die Suchgefchwindigkeit durch Einstellung der neuen Fahrzeuge bis auf 15 Seemeilen gesteigert wurde. Als Minenschutz, besonders zunächst für die Fahrzeuge der Minensuchdivision, später für alle Schiffsklaffen in Aussicht genommen, waren besondere Apparate hergestellt, die vom Bug des Schiffes ausgingen und die Minenankertaue abschneiden sollten, ehe das Schiff an die Mine stieß. Sie haben den Schiffen großen Nutzen gebracht. Als U-Boot-Bekämpfungsmittel war eine Wasserbombe hergestellt, die von Fahrzeugen aus auf getauchte U-Boote geworfen werden konnte. Die Ladung hatte ein Gewicht von etwa 50 Kilo, die Zündung erfolgte unter Wasser durch eine einstellbare Zeitzündung. Außerdem war ein U-Bootdrachen hergestellt mit Sprengladung von 12 Kilo. Er wurde von Fahrzeugen an einer gleichzeitig als Kabel für die Stromführung dienenden Leine mitgeschleppt. Die Entzündung erfolgte elektrisch, sobald der Drachen beim Schleppen gegen ein U-Boot stieß. Zur Abwehr von U-Booten waren Netze verschiedener Art hergestellt worden, die an Bojen verankert wurden, um U-Booten den Weg zu versperren, und leichtere Netze, mit Leuchtbojen versehen, die den Weg des Bootes und die Stelle des Durchbruches angaben, wenn ein U-Boot dagegenfuhr. Große Anforderungen von leichten Fahrzeugen stellte der U - B o o t - G e l e i t d i e n st, für welchen etwa 100 Torpedoboote und kleinere Dampfer gebraucht wurden. Sie waren eingeteilt in zwei Geleitflottillen. Die I., Chef Korvettenkapitän Faulborn, setzte sich zusammen aus: 3 Halbflottillen zu je 2 Gruppen von 5 Torpedobooten. Die II. Geleitflottille, Chef Kapitänleutnant Hoppenstedt, bestand aus 6 Halbflottillen zu je 10 bis 12 Dampfern. Den Minensuch- und Geleitfahrzeugen gebührt ein großes Verdienst an derMöglichkeit derDurchführung desU-Bootkriegs. Sie haben viele Verluste auf sich genommen, die sonst die U-Boote erlitten hätten. Das hat sie nicht gehindert, ihrem gefahrvollen Dienst mit gleicher Zuverlässigkeit jahraus jahrein und allen Unbilden der Witterung trotzend obzuliegen. Unerschrockenheit und seemännisches Geschick zeichneten Offiziere und Mannschaften dieser Waffe vor allen anderen der Marine aus. Den U-Booten fiel bei der Kriegführung der erfolgbringende Teil der Tätigkeit zu: den Linienschiffen, im Verein mit Kreuzern und Torpedobooten und besonders den Minen- suchverbänden, die Hilfsleistung zur Bewältigung der feindlichen Abwehr, die sich in erster Linie in Überwindung des Minengürtels betätigte, den England als erstes Hindernis für das Herauskommen unserer Boote aus der Nordsee gezogen hatte. Über die Verseuchung der deutschen Bucht durch Minen gibt die Karte einen Überblick.41) Es war unmöglich, das ganze Gebiet bei seiner großen Ausdehnung zu säubern. Die Kräfte genügten kaum, um festzustellen, wo überhaupt Minen lagen. Unsere Bemühungen waren darauf gerichtet, zwei oder mehrere Wege, die mit Sicherheit offengehalten werden konnten, zu besitzen: einen nach Westen der Küste folgend, einen in der Mitte zwischen Terfchelling und Hornsriff, einen nach Norden führend unter der dänischen Küste entlang. Dieser letzte Weg hatte den Vorteil, daß er den U-Booten bei der Rückkehr die Ansteuerung erleichterte, indem sie sich schon außerhalb des englischen Sperrgebietes an die Küste von Jütland heranfühlten und an ihr entlang den minenfreien Weg in die Deutsche Bucht aufsuche» konnten. Der Weg unter der holländischen Küste bildete den kürzesten Anmarschweg für die Boote, welche die Kanalpassage wählten, um auf ihre Station im Westen der britischen Inseln zu gelangen. Das war zwar der kürzeste Weg, er bot aber durch die im Kanal besonders stark ausgebildete Verteidigung und die dort ausgelegten Hindernisse in Gestalt von Netzen und Minen größere Gefahren. Die freigehaltenen Wege mußten so breit sein, daß sie auch bei nicht ganz sicherem Besteck der Boote unter ungünstigen Wetterverhältnissen aufgefunden wurden, und den Unterstützungsstreitkräften, welche die arbeitenden Minensucher begleiteten, die nötige Bewegungsfreiheit gaben; denn die Minenfuchtätigkeit lag aller Wahrscheinlichkeit nach unter der Beobachtung englischer U-Boote, die an den Kreuzern der Unterstützungsgruppen ein willkommenes Angriffsobjekt gefunden hätten, wenn diese sich auf einem begrenzten Gebiet nur langsam hin und her bewegten. Es wurde daher, etwa in der Mitte hinter dem Minengürtel, ein größeres Becken minenfrei zu halten versucht, welches zentral zu allen Ausfahrwegen gelegen war. Eine absolute Sicherheit bestand auch auf diesen Wegen nicht, so daß die Boote stets unter Geleit fuhren, welches imstande war, etwa doch vorhandene Minen noch zu beseitigen. Die Engländer hatten das von ihnen angesagte Sperrgebiet im Juli 1917 noch weiter ausgedehnt, und zwar im Norden bis zur Breite von Hanftholm (Nordwestküste Jütlands), im Westen bis zu 4 Grad Ostlänge, im Süden bis 53 Grad Nordbreite. Dadurch verlängerte sich die vom Hochseekommando zu schaffende minenfreie Durchbruchsstelle an der schmälsten Stelle um 20 bis 25 Seemeilen. Bis Ende Juni 1917 war es mit den verfügbaren Minen- räumkräften trotz monatelanger Arbeit noch nicht gelungen, bis zur alten Gefahrgrenze durchzudringen. Die Anforderungen an das U-Bootgeleit, welche damit verbunden waren, die U-Boote in jedem einzelnen Falle bis über das Sperrgebiet hinaus in freies Wasser zu bringen, beeinträchtigten natürlich wiederum die Arbeiten zum eigentlichen Minensuchen und -räumen. Es konnte zwar im Notfall auf die Torpedobootflottillen zurückgegriffen werden, die aber schließlich ein ebenso kostbares Material darstellten wie das von ihnen zu schützende: besonders hatten aber auch die neueren Boote einen zu großen Tiefgang, um selbst ungefährdet durch minenverseuchte Gebiete fahren zu können. (Je geringer der Tiefgang, um so geringer auch die Gefahr für die Minensucher, deren Konstruktion dieser Anforderung besonders Rechnung tragen mußte.) Der Zuwachs an Neubauten hatte in den letzten Monaten kaum die Verluste gedeckt, und die vom Flottenkommando verlangte Zahl, die als Sollbestand anerkannt war, konnte noch nicht aufgefüllt werden. Die minenfreien Wege brauchten wir aber nicht allein den U-Booten zuliebe, sondern auch um den Verkehr zwischen Rotterdam und der Elbe bzw. Ems aufrechterhalten zu können. So lagen Mitte Juli in Rotterdam 15—20 Dampfer, die auf Nachricht warteten, daß sie ungefährdet herüberkommen könnten. Aufgabe der Flotte war es, ihnen die Garantie zu geben, daß die Fahrstraße unter der Küste entlang benutzbar war, und sie mit den Vorpostenstreitkräften einzuholen und sicher hindurchzubringen. Aller Schwierigkeiten ungeachtet, konnte aber doch vermieden werden, daß eine Stockung im Herausbringen der U-Boote eintrat. Es sind nur sehr wenige Tage im ganzen gewesen, an denen wir der Sicherheit halber darauf verzichteten, den Weg unmittelbar in die Nordsee zu wählen und den Umweg durch den Nord-Ostsee-Kanal und durch das Kattegatt einzuschlagen. Der geringe Zeitverlust spielte keine Rolle gegenüber der erhöhten Sicherheit, die für denAusmarfch gewonnen wurde. Da die Boote in Kiel noch einmal ihren Brennstoffvorrat ergänzen konnten, wurde die Zeit, die sie im Operationsgebiet zubringen konnten, dadurch auch kaum verkürzt. Es war aber schließlich auf englischer Seite nicht unbekannt geblieben, daß dieser Ausmarschweg durch das Kattegatt von unseren Booten benutzt wurde, namentlich später, als die U-Kreuzerflottille in Kiel gebildet war, deren Boote meist den Weg durch das Kattegatt zur Aus- und Rückfahrt benutzten. Das nötigte die Flotte, ihre Unternehmungen zum Minensuchen bis ins Katte- gatt auszudehnen und Gegenmaßregeln zu treffen, als die Engländer von Skagen bis zur schwedischen Küste hinüber Minen gelegt hatten. In welch großem Stil die englische Minenverseuchung betrieben wurde, geht daraus hervor, daß man sich auch daran machte, das ganze Meeresgebiet von den Shetlandsinseln nach Norwegen herüber durch Minen abzusperren. Wie wir später erfahren haben, sollen hierbei hauptsächlich amerikanische Fahrzeuge und Minen beteiligt gewesen sein. Wenn es wirklich gelungen wäre, dies letztere Gebiet in genügender Dichtigkeit mit Minen abzusperren, so stand die Flotte vor der äußerst schwierigen Aufgabe, dort die nötigen Lücken zu schaffen. Die großen Wassertiefen ermöglichten aber in diesem Meeresgebiet das Vermeiden der Sperre durch Unterwasserfahren in ausreichender Tiefe. Soweit wir feststellen konnten, haben wir den dort gelegten Minen keine Verluste an U-Booten zuzuschreiben. Da die Boote bei der Ausfahrt und vor der Rückkehr ihren * Standort meldeten, damit Flottenkommando und Befehlshaber der U-Boote Gewißheit hatten, daß die ersten Schwierigkeiten überwunden waren und das Boot in das eigentliche Operationsgebiet einrückte bzw. nach vollbrachter Tat sich auf dem Heimwege befand, so war mit großer Genauigkeit festzustellen, in welchem Zeitabschnitt etwa in Verlust geratenen Booten der Unfall zugestoßen sein mußte. Die Flotte sah es als ihre wichtigste Aufgabe an, alle ihre Kräfte in den Dienst des sicheren Geleites zu stellen, um den U-Booten die Gefahren, die sie auf dem Hin- und Rückmarsch bedrohten, abzunehmen. Es standen ihnen noch genug bevor. deren sie sich allein zu erwehren hatten, während sie im Operationsgebiet tätig waren. Diese Auffassung herrschte ganz besonders bei den Minensuchverbänden, die immer wieder neue Verluste erlitten und doch alles aufböten, die Hauptgefahr von den U-Booten auf sich zu ziehen. Im August ließ S. M. der Kaiser der Flotte seinen Besuch ansagen. Kurz vor seinem Eintreffen am 2. August hatten sich auf einzelnen Schiffen des IV. Geschwaders („Prinzregent Luitpold" und „Friedrich der Große") Anzeichen von Unbot- mäßigkeit unter der Besatzung gezeigt, die den Charakter einer Meuterei annahmen, durch geeignete Maßnahmen der Vorgesetzten aber als verhältnismäßig geringfügig im Keime unterdrückt werden konnten, ehe sie nachteilige Wirkungen auf die Schlagfertigkeit der Schiffe auszuüben vermochten. Die Untersuchung der Vorfälle ergab, daß hinter diesen verhältnismäßig geringfügigen Ausbrüchen eine sehr ernst aufzufassende Bewegung stand, die sich zum Ziel gesetzt hatte, eine gewaltsame Lahmlegung der Flotte herbeizuführen, sobald der geeignete Zeitpunkt den politischen Drahtziehern gekommen schien. Der Zusammenhang zwischen Mitgliedern der Unabhängigen sozialdemokratischen Partei und den Führern der Bewegung auf der Flotte wurde durch die gerichtliche Untersuchung festgestellt. Die Rädelsführer hatten es zunächst darauf abgesehen, eine größere Zahl von Mannschaften zu gewinnen, sich in Listen eintragen zu lassen, die auf dem bevorstehenden Sozialistenkongreß in Stockholm den Beweis liefern sollten, daß auch die Mannschaften in der Front die Lust zum Weiterkämpfen verloren hätten und bereit seien, die politische Bewegung mitzumachen. Diese zielte darauf ab, durch den Umsturz der bestehendenStaats- ordnung in allen am Krieg beteiligten Ländern das Ende des Krieges herbeizuführen. In geschickter Weise hatten die Rädelsführer es verstanden, Unzufriedenheit und Verstimmung an Bord einzelner Schiffe und vermeintliche Mißstände, namentlich in der Verpflegung, auszunutzen, und scheuten auch nicht davor zurück, durch Androhung von Gewaltmaßregeln auf ihre Kameraden einzuwirken. Es gelang, die Fäden des ganzen Unternehmens aufzudecken und die Anstifter des Aufruhrs der verdienten Strafe zuzuführen. In einzelnen Fällen war das Kriegsgericht zur Verhängung der Todesstrafe gekommen, die auch an den hauptsächlich Belasteten vollzogen wurde. Die meisten der Mitläufer waren sich aber über die Folgen ihrer Zustimmung, der Organisation beizutreten, nicht klar geworden, vielfach auch nicht einmal darüber aufgeklärt gewesen. Im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Flottenmannschaften handelte es sich nur um einen kleinen Bruchteil von Personen, die sich auf das Unternehmen eingelassen hatten. Die große Gefahr, die in dieser Wühlerei lag, welche gewissenlose Hetzer in die Flotte getragen hatten, war nicht zu verkennen. Die Bordverhältnisse boten besonders auf den großen Schiffen leider einen günstigen Nährboden für solches Treiben, da die Mannschaften dauernd in enger Berührung mit der Heimat standen und von dem Niedergang der dort herrschenden Stimmung nicht freigehalten werden konnten. Bei Leuten, die jahraus, jahrein auf den großen Schiffen denselben Dienst taten und nicht die anregende Auffrischung erhielten, sich im Kampfe mit dem Feind betätigen zu können und die andererseits täglich eine geistige Nahrung in Zeitungen und Flugblättern vorgesetzt bekamen, welche von Kriegsmüdigkeit und der Verurteilung unserer Kriegführung strotzte, war es leider möglich, ihre Gesinnung zu beeinflussen und sie zur Pflichtvergessenheit zu verführen. Dem Staatssekretär des Reichsmarine-Amts, der am 17. August in Wilhelmshaven eingetroffen war, dem Tage vor der Einschiffung des Kaisers, stellte ich in eindringlichster Weise vor, daß die Regierung die ernsteste Pflicht hätte, die Flotte vor dieser Organisation zu schützen, da die Bemühungen der Vorgesetzten, die Leute vor den unheilvollen Einflüssen zu bewahren, sonst keinen Erfolg haben könnten. Admiral v. Capelle hegte zwar starke Zweifel, ob es möglich sei, bei der im Reichstag herrschenden Stimmung die Führer einer Parteisür ihre politischen Bestrebungen, die, soweit sie auf einen Umsturz hinausliefen, mit äußerster Borsicht betrieben wurden, zur Verantwortung zu ziehen, verschloß sich aber doch dem Ernst der Lage nicht. Cr versprach, bei der Reichsregierung die erforderlichen Schutzmaßregeln durchzusetzen. In diesem Sinne hielt er auch am nächsten Tage Sr. Majestät Vortrag, nachdem ich dem Kaiser über die Vorkommnisse auf der Flotte Bericht erstattet hatte. Bei den bald darauffolgenden Reichstagsverhandlungen ergab sich leider, daß die Regierung nicht die nötige Entschlossenheit finden konnte, ernstlich durchzugreifen und dazu die Zustimmung der Mehrheit der Volksvertretung zu gewinnen. Die Flotte blieb aus ihre eigenen Bemühungen angewiesen, Geist und Stimmung der Besatzung vor den verheerenden Einflüssen, die auf die Mannschaften eindrangen, zu schützen. Die beste Ablenkung bot auf jeden Fall die kriegerische Betätigung. Ihrer Notwendigkeit hatten sich die Besatzungen noch nie verschlossen: Mut und Kampfesfreudigkeit lebten noch in alter, ursprünglicher Form. Sie waren auch zu tief gegründet in dem deutschen Volkscharakter, um auf den ersten Ansturm von außen hin nachzulassen. Die dauernde Einwirkung der feindlichen Propaganda, welche sich die U. S P.42) zunutze machte, um ihre Sonderziele zu erreichen, konnte wohl abgeschwächt, aber doch nicht gänzlich ferngehalten werden und hat später ihren unheilvollen Einfluß gezeigt. Die vielfach verbreitete Ansicht, daß die Mannschaften einen berechtigten Anlaß zu Klagen in der unterschiedlichen Behandlung der Offiziere hätten erblicken können, ist völlig unbegründet. Gerade der Dienst an Bord stellt an die Offiziere mindestens die gleichen, meist aber erheblich größere Ansorde- rungen als an den größten Teil der übrigen Besatzung. Im Wachdienst und jeder anderen Art des Schiffsdienstes ist mit jeder Mannschastsgruppe auch die entsprechende Zahl von Offizieren beschäftigt, die dabei keinerlei Erleichterungen den Mannschaften gegenüber haben; im Gegenteil find sie den Unbilden der Witterung meist sehr viel stärker ausgesetzt, und an ihre Aufmerksamkeit beim Fahren in See werden viel höhere Anforderungen gestellt. Selbst bei dem unangenehmen Dienst des Kohlennehmens wirken die Offiziere in voller Zahl mit und gleichen dabei in ihrem Aufzug und der unvermeidlichen Verschmutzung völlig den Mannschaften. Diese schon im Frieden geübte Praxis, um möglichst hohe Leistungen bei der Kohlenübernahme zu erzielen, wurde im Kriege erst recht beibehalten, wo die anstrengende Arbeit des Auffüllens der Kohlenbunker sehr viel häufiger vorgenommen werden mußte. Die Fahrt des Kaisers, zu welcher Se. Majestät sich auf dem Flottenflaggschiff „Baden" eingeschifft hatte, führte ihn zum ersten Male während des Krieges auf die hohe See hinaus und wurde zu einem Besuch der Insel Helgoland benutzt, um die dortigen Befestigungen und Hafeneinrichtungen zu besichtigen. Die Fahrt endigte in Cuxhaven, wo Se. Majestät die Besatzungen der Minensuchflottillen begrüßte und an einzelne Führer und Mannschaften von Minenbooten Auszeichnungen verleihen konnte, die gerade einige Tage vorher einen Zusammenstoß mit feindlichen Zerstörern gehabt hatten, deren Überfall von ihnen erfolgreich abgewiesen war, ohne daß wir dabei einen Verlust von Fahrzeugen zu beklagen hatten. XVI. Eroberung der baltischen Inseln43) und die Einnahme von Lelsingfors. Eine willkommene Gelegenheit, die Einförmigkeit des Nordseekrieges zu unterbrechen, bot sich für die Flotte, als von der Obersten Heeresleitung ihre Mitwirkung zur Eroberung der baltischen Inseln nach der Einnahme von Riga im September 1917 verlangt wurde. Den Seestreitkräften war die Aufgabe gestellt, ein Landungskorps, bestehend aus einer verstärkten Infanterie-Division unter dem Befehl des General- kommandos23.R.-K.nachOesel zu überführen unddort zulanden. Durch baldiges Eingreifen der Flottenteile in dem Rigaischen Meerbusen mußte die rechte Flanke des Landungskorps gegen See gesichert und der Angriff gegen den Brückenkopf von Orissa auf der Insel Oesel zum Übergang auf die Insel Moon mit allen verfügbaren Kräften unterstützt werden. Die Buchten der Insel Oesel am Rigaischen Meerbusen kamen für eine Landung nicht in Frage, solange die Irbenstraße von den schweren Geschützen auf Zerel beherrscht wurde. Als Ausschiffungsort für das Landungstorps wurde daher die Taggabucht gewählt. Sie ist die einzige Bucht im Norden und Westen Oesels, die eine große Transportflotte fassen und ihr gegen die im Herbst vorherrschenden westlichen Winde Schutz gewähren kann. Der Versuch, den Landkrieg mit Hilfe der Flotte über See zu tragen, mußte nach dem warnenden Beispiel, das die Landung der französisch-englischen Armee auf Gallipoli im Frühjahr 1915 gegeben hatte, mit größter Umsicht und unter Heranziehung so starker Kräfte ausgeführt werden, daß ein Rückschlag ausgeschlossen erschien. Es handelte sich um die Bereitstellung einer Transportflotte für die Überführung von 23 000 Mann, 5000 Pferden und vielem Gerät. Den Seestreitkräften lag es ob, die Anmarschwege von Minen zu befreien, damit keiner der Transportdampfer mit der eingeschifften Truppe verlorengehen konnte, und vorher die feindlichen Stellungen auf der Insel durch Flieger zu erkunden, um die günstigsten Verhältnisse für die Landung, die überraschend erfolgen mußte, festzustellen. Die Russen hatten die ihnen drohende Gefahr wohl erkannt und versucht, sie durch Batterien auf Kap Hundsort und Ninnast an den beiden Eingängen der Taggabucht abzuwehren. Auf der Halbinsel Sworbe, die, im Süden von Oesel vorspringend, den Eingang zum Rigaischen Meerbusen abschließt, waren Batterien mit schweren Geschützen schon seit geraumer Zeit fest eingebaut. Die für das Unternehmen zur Verfügung gestellten Seestreitkräfte standen unter dem Befehl des Vizeadmirals Schmidt (Chrhard), des Chefs des I. Geschwaders. Er hatte einen besonderen Stab erhalten, der sich aus Offizieren des Flottenstabes und des Admiralstabes zusammensetzte. Zum Chef des Stabes war Kapitän z. S. v. Levetzow ernannt, als Flaggschiffe diente der Große Kreuzer „Moltke". Unter dem Befehl des Admirals Schmidt stand das Geschwader, Vizeadmiral Behncke: Linienschiffe „König", „Bayern", Großer Kurfürst", „Kronprinz", „Markgraf": das Geschwader,Chef Vizeadmiral Souchon: Linienschiffe „Friedrich der Große", „König Albert", „Kaiserin", „Prinzregent Luitpold", „Kaiser": die II. Aufklärungsgruppe unter Konteradmiral v. Reuter: Kleine Kreuzer „Königsberg", „Karlsruhe". „Nürnberg", „Frankfurt", „Danzig", dazu die Kleinen Kreuzer der Ostseestreitkräfte: „Colberg", „Straßburg", „Augsburg" unter Vizeadmiral Hopman. An Torpedobooten waren zugeteilt unter Führung des Kommodore Heinrich, der auf dem Kleiner Kreuzer „Emden" eingeschifft war: die II. Torpedobootsflottille (Chef Korvettenkapitän Heinecke) mit 10 Booten, die VI. Torpedobootsflottille (Chef Korvettenkapitän Tillefen) mit einer Halbflottille, die VIII. Torpedobootsflottille 27 Deutschlands Hochseejlott« im WMric»e (Chef Korvettenkapitän Nieden) mit 11 Booten, ferner die 7. Torpedoboots-Halbflottille, die 13. Torpedoboots-Halb- flottille, die IX. Torpedobootsflottille (Chef Korvettenkapitän Hundertmark), letzterer mit 11 Booten, außerdem 6 U-Boote der U-Flottille Kurland (Chef Kapitänleutnant Heinrich Schött), die 2. Minenfuchflottille (Chef Kapitänleutnant Doflein), 4 Minenräum-Divifionen und eine Such-Halbflottille, die etwas über 60 Motorboote zählte. Dazu kam noch die Flottille des Fregattenkapitäns v. Rosenberg, der über 72 Fahrzeuge verfügte: Fischdampfer und andere Fahrzeuge ähnlicher Größe. Für die Transportflotte waren 19 Dampfer requiriert, die insgesamt 153 664 t groß waren. Der erste Anstoß zu dem Unternehmen wurde am 12. September gegeben. Am 9. Oktober wurden die Truppen eingeschifft. am 11. Oktober lief die Transportflotte unter dem Schutze der Linienschiffe und Kleinen Kreuzer aus. Die vorbereitenden Minenfucharbeiten hatten sich durch die ungünstige Witterung, welche Ende September und Anfang Oktober herrschte, in die Länge gezogen, so daß die Leitung mit Ungeduld dem Beginn der Gesamtoperation entgegensah. Der Aufschub war der Transportflotte zugute gekommen, weil sich Gelegenheit bot, mit den Truppen Aus- und Einschiffungsübungen vorzunehmen, die der glatten Abwicklung der Landung später sehr zunutze kamen. Die Zahl der Dampfer genügte nickt, das Landungskorps mit voller Bagage in einer Fahrt überzuführen; es mußten zwei Staffeln gebildet werden. Auch dieser-Umstand sprach dafür, die Unternehmung erst zu beginnen, wenn sick die Minenräumarbeiten in der Jrbenstraße absehen liehen, damit die zweite Staffel bestimmt nach Arensburg gebracht und so der Unterseebootsgefährdung entzogen werden konnte Die unifangreichen Borarbeiten zur Regelung der Einschiffung. der Durchführung der Operationen auf dem Lande und des dazu gehörigen Zusammenwirkens mit der Flotte waren in vorbildlicher Übereinstimmung zwischen den Führern der Armee und Marineteile vollendet worden. Ihnen war es zu verdanken, daß die Eroberung der Inseln Oesel, Moon und Dagö den planmäßigen Verlauf nahm und zu einem vollen Erfolge führte. Am 10. Oktober war alles eingeschifft; die Transportflotte lag klar zum Auslaufen im Kriegshafen von Libau. „Moltke mit dem III. und IV. Geschwader lag in der Danziger Bucht unter dem Schutze der Halbinsel Hela, die Kleinen Kreuzer und Torpedoboote befanden sich in Libau. Die Aufgabe der Linienschiffe bestand darin, vor der Landung die Batterien am Eingang zur Taggabucht niederzukämpfen, desgleichen auch die Befestigungen an der Straße zwischen der Insel Dagö und Oesel und dem Soelo Sund zu forcieren, der in das Kasfar Wiek führte. Die Beherrschung des Kassar Wiek, welches nach seinen Wassertiefen nur von Torpedo» booten befahren werden konnte, war notwendig, um den Übergang nach Moon von Norden her zu sichern und das Ausweichen russischer Streitkräfte aus dem Rigaischen Meerbusen nach Norden hin zu verhindern. Die Bekämpfung der Batterien der Taggabucht erfolgte durch das 3. Geschwader und „Moltke": dem 4. Geschwader war die Zerstörung der Batterien auf Sworbe übertragen worden. Es kam darauf an, möglichst bald nach Niederkämpfung der Batterien im Norden einen Vortrupp in der Tagga-Bucht zu landen, um die Küstenlinie zu besetzen und dadurch die Ausschiffung der Haupt-Transportflotte sicher zu stellen. Das Auslaufen der Seestreitkräfte und der Transportflotte ging am 11. Oktober morgens vor sich. Der daran sich anschließende Nachtmarsch durch das Minenfeld verlief ohne Zwischenfall. Die von der Flottille Rosenberg ausgelegten Feuerschiffe bezeich- neten den Weg, den die vorausgesandte Suchflottille als minenfrei festgestellt hatte. Erst gegen Mitternacht trat eine Stockung des Vormarsches ein, die kritisch zu werden drohte, da das Spitzengeschwader der Suchflottille dicht aufgekommen war und 27* genötigt wurde, Fahrt zu mäßigen. Diese Verzögerung wurde zunächst hingenommen. Als schließlich aber erkannt wurde, daß durch weitere Beschränkung der Fahrt die rechtzeitige Ausschiffung des Vortrupps und damit das die Grundlage des Unternehmens bildende Element der Überraschung in Frage gestellt zu werden drohte, erteilte Admiral Schmidt den Suchverbänden den Befehl, das Gerät aufzunehmen und Raum zu geben für die Flotte, weil er das Risiko, den Rest des Weges ohne die Sicherung durch die Suchverbände zurückzulegen, in den Kauf nehmen mußte, um nicht das Gelingen des Ganzen zu gefährden. Dieser Entschluß war im höchsten Maße vom Glück begünstigt: denn es gelang der Flotte, ohne Zwischenfall in die Bom- barüementstellung zu gelangen. Sie passierte dabei die Lücke einer Minensperre, die quer vor der Taggabucht lag und deren Vorhandensein erst später festgestellt wurde. Beim Einnehmen der Bombardementstellung, um die Batterien am Soelofund zu beschießen, liefen „Bayern" und „Großer Kurfürst" auf Minen, was sie aber nicht hinderte, ihre Aufgabe durchzuführen. Um 5 Uhr 30 Min. vorm. konnte die Landung beginnen. Sie erfolgte vollkommen überraschend und stieß nur auf geringen Widerstand, der, von den Truppen unterstützt, durch das Feuer der Torpedoboote schnell gebrochen wurde. Die Ausschiffung des Vortrupps, der sich auf den Schiffen des III. Geschwaders befand, wurde durch die Motorbarkassen der Schiffe und drei kleinere Dampfer, darunter „Corfica" ausgeführt, denen der Chef der II. Torpedobootsflottille mit seinen Torpedobooten vorausdampfte. Die Batterien bei Hundsfort und Ninnast warcn schnell zum Schweigen gebracht und um 8 Uhr vorm. in der Hand unserer Truppen. Die Batterie Toffri an der Südspitze von Dagö war von „Bayern" und dem Flaggschiff des Kommodore Heinrich, „Emden", niedergekämpft. Um 6 Uhr 45 Min. vorm. konnte die Transportflotte bereits Befehl erhalten, einzulausen. um 10 Uhr vorm. war die Ausschiffung in vollem Gange. Beim Einlaufen stieß der Dampfer „Corfica" auf eine Mine. Er wurde auf Strand gesetzt, seine Besatzung von Torpedobooten übergenommen und gelandet. An diesem Vorkommnis wurde erkannt, daß der Hauptteil der Flotte unversehrt durch eine Minensperre gelangt war. Der zweite Abschnitt der Flottentätigkeit bestand in dem schnellsten Eindringen in das Kassar Wiek und dem Einbruch in den Rigaischen Meerbusen. Bereits am Landungstage war Fregattenkapitän v. Rosenberg mit seiner Flottille durch die Soelosundpassage vorgedrüngen und hatte ihre Passierbarkeit für Torpedoboote festgestellt. Unter Führung des Kommodore Heinrich haben dann die Boote der II. Flottille und der 12. und 13. Halbflottille, unterstützt und gedeckt durch das Feuer der vor dem Soelesund liegenden Schiffe „Kaiser" und „Emden", den Feind bis in den Moonsund zurückgeworfen. Hierbei wurde am ?4. Oktober der Zerstörer „Groin' g.-nommeii und ein Kanonenboot vernichtet. Wir selbst haben in dem Gefecht keine Verluste gehabt, dagegen sind drei Boote durch Minentreffer beschädigt und eins gesunken. Vielfach gerieten Boote in den schlecht vermessenen Gewässern auf Grund und beschädigten dabei die Schraubenflügel. Die Verbindung mit dem Brückenköpfe bei Orissa wurde durch die Boote der Flottille Rosenberg hergestellt und bis zum Übergang der Truppen aufrechterhalten. Die Flottille führte auf dem Wasserwege den Pionieren Brot und Munition zu und übernahm später auch ihre Übersetzung nach Moon. Ein Eindringen in den Moonsund vom Kassar Wiek aus war den leichten Fahrzeugen durch die schweren Schiffsgeschütze des russischen Linienschiffs „Slawa", die sie von Süden her abwiesen, verwehrt: der Moonsund mußte deshalb von Süden her genommen werden. Dazu mußten die Befestigungen von Zerel fallen. Diese Aufgabe wurde am 14. Oktober nachm. dem Chef des IV. Geschwaders mit den Linienschiffen „Friedrich der Große", „König Albert" und „Kaiserin" übertragen. Die russischen Batterien erössneten gegen sie das Feuer, das von unseren Schiffen bis Dunkelwerden erwidert wurde. Am anderen Morgen hatten die Russen die Stellung geräumt und die Batterien zerstört. Das Landungskorps hatte inzwischen den Marsch in der Richtung auf Sworbe und nach Orissa fortgesetzt. Ein schnelles Eindringen unserer Schiffe in den Rigaischen Meerbusen war notwendig, um die Russen auf der Insel Oesel festzuhalten und am Übergang nach Moon zu verhindern. Die Minenräumarbeiten in der Jrbenftraße hatten bis zum 13. Oktober, obgleich sie noch unter dem Feuer der Batterie Zerel lagen und Sperre auf Sperre folgte, unter dem Befehl des Vizeadmirals Hopman gute Fortschritte erzielt. Als nun aber besorgt werden mußte, daß die Russen sich vorzeitig nach Moon und von dort weiter aufs Festland zurück- zi.hen würden, mußte die Durchfahrt nach Arensburg forciert werden. Der Chef des III. Geschwaders, Vizeadmiral Behncke, erhielt den Auftrag, die leichten Streitkräfte des Admirals Hopman dabei zu unterstützen. Dem Befehl ist dank der Energie der Führer mit einer Schnelligkeit entsprochen, die alle Erwartungen übertraf. Als Sworbe am 16. morgens fiel, standen die Seestreitkräfte bereits vor Arensburg und am Abend des gleichen Tages vor dem Südausgang des Moonsundes. Damit war die Insel Oesel von unseren Seestreitkräften umstellt, dem von unseren Truppen nach Südosten der Insel gedrängten Feind das Ausweichen über See unmöglich gemacht. Am 17. Oktober morgens war der Moonsund erreicht: die dort vorhandenen Batterien wurden niedergekämpft, die russischen Seestreitkräfte nach Norden vertrieben, dabei das russische Linienschiff „Slawa" vernichtet. Dieser unter schwierigen navigatorischen Verhältnissen und im minenverseuchten Gebiet errungene Erfolg verdient höchste Anerkennung. Besonders rühmte der Chef des III. Geschwaders das Verhalten der Minensuchverbände, die im schweren Feuer musterhaft arbeiteten. Während der Chef des III. Geschwaders den Moonsund von Osten her forcierte, drang von Westen Admiral Hopman mit „Kolberg" und „Straßburg" in den Kleinen Sund ein, bereit, der Armee die für den Übergang geforderte Hilfe zu leisten. In der Nacht vom 17. zum 18. Oktober setzten unsere Truppen nach Moon über, und auch diese Insel war von Osten. Süden und Nordwesten von unseren Seestreitkräften umfaßt. Ein Entkommen des Feindes nach dem Festlande war nicht mehr möglich. Bei dem günstigen Verlauf der Operationen wurde auch die Einnahme von Dagö, die zuerst nicht beabsichtigt war, in Angriff genommen. Die Flottille Rosenberg landete auf der Südspitze Dagös 300 Mann und besetzte dort einen Brückenkopf für die spätere Landung eines Infanterie-Regiments. Sie hat sich dort bis zum Eintreffen desselben gegen Übermacht gehalten. Für die Eroberung Dagös wurden 3700 Mann, 500 Pferde, 1-10 Fahrzeuge und eine Feldbatterie mit Munition gelandet, das Landungskorps der Flottille dagegen zurückgezogen. Nach der Räumung der Minen vor der Taggabucht, die / als notwendigste Arbeit vorweggenommen werden mußte, bestand noch die Aufgabe, den Russen den Rückzug aus dem Nord-Moonsund durch die Flotte zu verlegen. Bisher war diese Aufgabe Unterseebooten übertragen. Sie erhielten gleich- , zeitig mit dem Einbruch des III. Geschwaders in den Rigabusen Befehl, vor dem Moonsund zusammenzuschließen, um ausbrechende Russen anzugreifen, „v 6 58" erzielte dabei einen Treffer gegen den Panzerkreuzer „Bogatyr", „17 0 60" vernichtete einen Transportdampfer. Erst am 18. Oktober konnten die für die Sicherung der zu entsendenden großen Schiffe erforderlichen Torpedoboote aus der Kassar Wiek zurückgezogen und die notwendigen Minenräumer frei gemacht werden. Am 17. Oktber sollte das IV. Geschwader mit der II. Aufklärungsgruppe, 2 Torpedo-Halbflottillen und den nötigen Minenfuchverbänden nach dem Nordausgang des Moonsundes vorstoßen. Das Wetter gestattete aber kein Minensuchen. Der Marsch durch die Minenfelder nördlich Dagös war deshalb unmöglich. Nachdem von fünf Fahrzeugen gleichzeitig gemeldet wurde, daß der Feind nach Norden abzuziehen im Begriffe sei. war der ganze Moonsund vom Feinde geräumt; die Unternehmung wurde aufgegeben. Die bei den großen Schiffen zu erwartenden Minenbeschädigungen hätten nicht im Verhältnis zu dem Erfolg gestanden, den ein weiteres Vordringen versprechen konnte. Die Operationen der Flotte waren damit abgeschlossen. Die Eroberung der Inseln stellt in dem Zusammenwirken größerer Heeres- und Flottenteile eine ebenso eigenartige wie wohlgelungene Kriegshandlung dar, auf welche die Marine besonders stolz ist, weil sie ihr Gelegenheit brachte, der Armee eine wertvolle Hilfe zu leisten. Die Abzweigung so starker Flottenteile weit nach dem Osten und ihr wochenlanges Verbleiben dort mußte uns eine entscheidende Aufklärung bringen, ob sich die englische Flotte veranlaßt fühlen würde, diese Unternehmung zu stören oder die Abwesenheit der Schiffe zu einem starken Vorstoß in der Nordsee zu benutzen. Im letzteren Falle hätten wir es darauf ankommen lassen können, mit den in der Nordsee verbliebenen Streitkräften einen Angriff abzuwehren, der es etwa auf eine Vernichtung des U-Vootsstützpunktes in Wilhelmshaven oder der Luftschiffhallen an der Küste abgesehen haben konnte. Wollte die englische Flotte dagegen versuchen, ihrerseits eine Demonstration gegen die Ostsee zu unternehmen und starke Kräfte dafür aufbieten, so hätte sie uns vor die Entscheidung gestellt, die Unternehmung im Osten abzubrechen oder ihr mit nur schwachen Kräften im westlichen Teile der Ostsee entgegenzutreten. Die englische Flotte hielt es aber nicht für angebracht, nach der einen oder anderen Richtung einzugreifen und uns von der Eroberung der Inseln abzulenken. Die Inanspruchnahme unserer Flotte bot günstige Gelegen- heit, unsererseits mit leichten Streitkräften einen Vorstoß in die nördlichen Gewässer der Nordsee zu machen, der unter diesen Verhältnissen vom Feinde wohl am wenigsten vermutet wurde. Sie führte zur Entsendung der Kleinen Kreuzer „Brummer" und „Bremse", um den Handelsverkehr zwischen Norwegen und England zu stören oder, falls dort nichts angetroffen würde, den Vorstoß weiter bis an die Westküste der britischen Inseln auszudehnen. Von ihm wird später noch die Rede sein. Einnahme von helsingfors. Noch einmal bot sich für unsere Flotte Gelegenheit, das Vorgehen der Armee im Osten zu unterstützen, als nach dem Frieden von Brest-Litowsk dringende Rufe um Hilfe vor den russischen Roten Garden von der finnischen Regierung ergingen. Es wurde ein Sonderverband unter dem Befehl des Konteradmirals Meurer gebildet, der aus den Linienschiffen „Westfalen" und „Rheinland", denen später noch „Posen" zugeteilt wurde, einer Anzahl Kleiner Kreuzer, Minensuch- und -räum- verbände sowie aus Sperrbrechern, Eisbrechern und Vorpostenbooten bestand. Sie sollten einer Transportflotte von 17 Dampfern das Geleit nach der finnischen Küste geben und zunächst einen Etappenplatz auf den Aalandsinseln errichten. Die Hauptschwierigkeit für die Unternehmung lag in den Eis- verhältniffen. Am 28. Februar wurde die Fahrt nach Norden angetreten und am 5. März bei Eckerö auf den Aalandsinseln geankert. Ein Eisbrecher ging durch Minenexplosion verloren. Es stellte sich heraus, daß das Anlaufen der finnischen Küste von den Aalandsinseln aus durch das Eis um diese Jahreszeit nicht ausführbar war und der Zugang von Süden her direkt unternommen werden mußte. Am 3. April erschienen unsere Schiffe vor Rufsarö, der stark befestigten Insel vor dem Hafen Hangö an der Südwest- küfte Finnlands. Die Russen verzichteten darauf, Widerstand zu leisten, so daß sich eine Niederkämpfung der Befestigungen erübrigte. Die Ausladung der Ostsee-Division konnte ohne weitere Schwierigkeiten vorgenommen werden. Sie setzte sich von hier aus in Marsch, um nach Helsingfors vorzudringen. Die Flottenabteilung hatte die Aufgabe, von See her in den Hafen von Helsingfors einzudringen, der stark befestigter Stützpunkt der russischen Flotte gewesen war. Am 12. April liefen die Schiffe in Helsingfors ein, landeten unter dem Schutz der Geschütze ihre Landungskorps, wobei sich in der Stadt schwere Straßenkämpfe mit der Roten Garde entwickelten. Auf die Drohung eines Bombardements stellte diese ihren Widerstand ein und kapitulierte, wobei der Marine ungefähr 2000 Mann Gefangene in die Hände fielen. Die Einnahme der Stadt hatte einem bereits eingerückten Vortrupp der Ostsee-Division rechtzeitig Befreiung aus arger Bedrängnis bringen können. Als dann die Ostsee-Division selbst einrückte, fiel der Marine die Aufgabe zu, den Etoppenweg zwischen Helsingfors und Reval zu sichern. Der vertragsmäßige Abzug aller russischen Schiffe in das Innere des Finnischen Meerbusens nach Kronstadt machte das längere Verbleiben unserer Linienschiffe überflüssig, so daß für die weiteren Unternehmungen der Ostsee- Division zur Befreiung Finnlands die Beteiligung der leichten Streitkräfte aus der Ostsee genügend erschien. Am 11, April war das bei den Aalandsinseln stationiert gebliebene Linienschiff „Rheinland", als es sich zur Kohlen- ergänzung nach Danzig begeben wollte, im Nebel auf Klippen geraten, so daß seine Lage zunächst sehr bedenklich erschien. Es gelang aber, das schwere Leck zu dichten, das Schiff abzubringen und zur Kieler Werft überzuführen. Die Reparatur war so umfangreich, daß „Rheinland" für weitere Kriegsverwendung ausfiel. Da den Finnen in ihrer Bedrängnis nur über See her Hilfe gebracht werden konnte, diese aber keinen Aufschub duldete, wenn sie nicht zu spät kommen sollte, so war die Befreiung Finnlands nur möglich, wenn es gelang, die Eismassen zu bewältigen, die sonst um diese Jahreszeit noch alle Seeoperationen ausschlossen. Eine weitere Erschwerung bestand darin, daß die Linienschiffe sich selbst den Weg brechen mußten und ein vorheriges Absuchen auf Minen nicht stattfinden konnte. Ler Tatkraft des Admirals Meurer gelang es. alle Hemmnisse. die in den Eisverhältnissen und in der an sich schwierigen Navigation in den klippenreichen Gewässern lagen, zu überwinden, und die Marine hat es als eine besonders schöne und erhebende Aufgabe angesehen, dem Seefahrervolk der Finnen rechtzeitig Hilfe bringen zu können. XVII. Gefechte unserer leichten Streitkräfte und Flotten- vorstofi an die norwegische Küste Kreuzergefecht am 17. November 1917. Zur Aufklärung des englischen Sperrgebietes außerhalb der Linie Hornsriff—Terfchelling auf Minen- und Netzverseuchung waren sogenannte Stichfahrten angeordnet. Der Zweck der Stichfahrten war, eigentliche Sperren festzustellen und alsdann Wege zu suchen, auf denen eine festgestellte Sperre umgangen werden konnte. Nach dem sich aus den Stichfahrten über die Lage der Sperre ergebenden Bilde sollte alsdann später entschieden werden, welche Sperren zu räumen seien. Eine jede Stichfahrtgruppe umfaßte Minenfuchverbände mit ausgebrachtem Gerät zum Suchen von Minen, dahinter Torpedobootsverbände mit ausgebrachten U-Bootsdrachen zum Feststellen von Netzen, ihnen folgend Sperrbrecher und Kleine Kreuzer mit Flugzeugen zur Sicherung. Schwere Streitkräfte deckten auf den als minensicher erkannten Wegen die Stichfahrtsgruppen. Eine solche Stichfahrt war auch für den 17. November angeordnet. Unter Führung des Konteradmirals v. Reuter sollten die 6. Minensuch-Halbslottille, die 2. und 6. Hilfs-Minensuch- Halbflottille, die 12. und 14. Torpedobootshalbflottille, die 4. Sperrbrechergruppe und die Kreuzer der II. Aufklärungsgruppe etwa von dem Mittelpunkt der Linie Hornsriff—Ter- fchelling in Richtung Nord zu West suchen. Ein Linienschiffs- treffen nach Wahl des Chefs des IV. Geschwaders, welches Vorpostendienst hatte, sollte die Stichfahrtgruppe decken. Der Geschwaderchef, Vizeadmiral Souchon, bestimmte für diese Aufgabe das Treffen „Kaiserin" und „Kaiser" unter Führung des Kommandanten der „Kaiserin", Kapitän z. S. Graßhoff. Konteradmiral o. Reuter befahl seiner Gruppe, 7 Uhr vorm. auf dem befohlenen Ausgangspunkt zu sammeln. Der Kommandant „Kaiserin" meldete, daß er 7 Uhr vorm. westlich Helgoland stehen würde. Luftschiffsaufklärung war nicht möglich, Flugzeuge hatten die Kreuzer des unsichtigen Wetters wegen nicht rechtzeitig an Bord nehmen können. Von den Landflugstationen war zunächst nur Borkum in der Lage, aufzuklären. Gegen 8 Uhr vorm. war die Stichfahrtgruppe am Ausgangspunkt versammelt, bis auf die 2. und 6. Hilfs- Minensuch-Halbflottille. Da diese nur wenige tausend Meter zurückstehen konnte, entschloß sich der Führer der II. Aufklärungsgruppe, sie mit „Königsberg", seinem Flaggschiff, heranzuholen. Er hatte sich eben vn seiner Gruppe entfernt, als diese von NW her mit Geschützen schweren und mittleren Kalibers angegriffen wurde. Der westliche Horizont war sehr diesig. Schiffstypen waren zunächst nur unklar zu erkennen. Im Osten war es klarer. Die eigenen Schiffe hoben sich daher vermutlich gut ab, Wind wehte in Stärke 2—3 aus WNW, die See war leicht bewegt. Der Führer der II. Aufklärungsgruppe hielt mit „Königsberg" sofort mit höchster Fahrt wieder auf seine Gruppe zu. Die II. Aufklärungsgruppe unter Führung des ältesten Kommandanten, Kapitän z. S. Hildebrand auf „Nürnberg", stieß bis zum Eintreffen der „Königsberg" zur Sicherung der Minensuchverbände mit NW-Kurs gegen den Feind vor. Die Torpedoboote holten nach W und NW aus und legten eine Nebelwand zwischen den Feind und die Minensuchverbände. „V 45", Kapitänleutnant Laßmann, griff, seine günstige An- griffsftellung ausnutzend, die feindliche Linie auf 40—60 brv an. Die Minensuchverbände schlippten ihr Gerät und dampften unter Nebelentwicklung nach Osten ab. Nachdem so die notwendigste Deckung sichergestellt war, gingen die Kreuzer und Torpedoboote in schwerem feindlichen Feuer, Schußentfernung etwa 130 km, auf südöstlichen Kurs und entwickelten Nebel und Qualm, der die Wand zwischen Feind und Minensuchverbänden weiter verdichtete. Die Absicht des Führers gelang. Der Feind ließ bis auf geringe Torpedobootsstreitkräfte von den nach Osten steuernden Minensuchverbänden ab und folgte den wertvolleren Kreuzern. Durch den von diesen entwickelten Rauch und Nebelschleier war er genötigt, nach dem Südflügel unserer Kreuzer, also auf den Luvflügel, zu halten, um bessere Beobachtungsmöglichkeit für seine Artillerie zu gewinnen. Diese Bewegung, die nach einwandfreien Messungen und Peilungen von den feindlichen Kreuzern der „Concord"-Klasse mit 33 Seemeilen Geschwindigkeit ausgeführt wurde, entfernte den Gegner noch mehr von den Minensuchverbänden. Die Sicht nach achtern war für unsere Kreuzer naturgemäß sehr beeinträchtigt. Die schweren Streitkräfte des Feindes gingen in dem Bestreben, der Minengefahr wegen innerhalb des von uns befahrenen Streifens zu bleiben, nicht über die Luvkante des Nebelschleiers hinaus. Sie waren daher nur für kurze Augenblicke zu sehen; eine einigermaßen zuverlässige Beobachtung über ihre Zusammensetzung und Stärke war nicht möglich. Auf dem Luvflügel der schweren feindlichen Streit- kräfts waren mit Sicherheit leichte Streitkräfte vorgeschoben, anscheinend auch auf dem Leeflügel. Alle nahmen an dem Artilleriekampf teil. Unsere Kreuzer lagen inmitten gut liegender Salven mittleren und schweren Kalibers. Sie entzogen sich mit Geschick durch Zickzackbewegungen feindlichen Treffern, ohne die eigene Artilleriewirkung darunter leiden zu lassen. Unsere Batterien erwiderten kräftig und mit gutem Erfolg. Um 9 Uhr 25 Min. erfolgten auf zwei feindlichen Panzerkreuzern Explosionen infolge von Geschoßtreffern. Ein Panzerkreuzer drehte daraufhin ab. Etwa gleichzeitig nötigte unser kleiner Kreuzer „Pillau" einen feindlichen Zerstörer durch Treffer zur Aufgabe des Gefechts. Die Hoffnung des Führers der II. Aufklärungsgruppe, durch Laufen der Höchstgeschwindigkeit die feindlichen leichten Streitkräfte von den schweren zu trennen und dadurch Gelegenheit zu einem Stoß auf die leichten Streitkräfte zu gewinnen, erfüllte sich nicht: die schweren Streitkräfte konnten Schritt halten. Die A-Boote der Hilfsminenfuchflottille waren inzwischen in Richtung OSO weiter abgedampft. Um 8 Uhr 50 Min. vorm. hatten sie ein Gefecht mit der nördlichen Gruppe der feindlichen Zerstörer auf 90 dm. Nachdem drei Treffer auf den Zerstörern beobachtet waren, drehte der Gegner ab. Unsere A-Boote wurden dann nochmals von 9 Uhr 5 Min. bis 9 Uhr 30 Min. unter Feuer genommen, anscheinend von einem Zerstörer-Führerschiff, wurden dann nicht weiter belästigt und konnten einlaufen. Von verschiedenen A-Booten ist beobachtet, daß ein englischer Zerstörer liegen blieb und ein anderer bei ihm längsseit ging. Die Beobachtung ist später durch eine Flugzeugmeldung bestätigt, die einen Zerstörer im Schlepp eines anderen meldete. Die 6. Minensuch-Halbflottille war nach Osten abgedampft. Auch sie kam mit der nördlichen Zerstörergruppe auf Entfernung von 70 bis 75 Km ins Gefecht: ein Vorstoß von 3 Zerstörern führte diese sogar bis aus 10 dm heran. Die englischen Zerstörer erzielten keinen Treffer, unsere beanspruchen einen solchen als einwandfrei. 9 Uhr 40 Min. zogen sich die feindlichen Zerstörer zurück. Die 6. Minensuch-Halbflottille, ist dann ohne weitere Belästigung durch den Feind eingelaufen. Warum die feindlichen Zerstörer von ihrer überlegenen Armierung und hohen Geschwindigkeit keinen besseren Gebrauch gemacht haben, um unsere schwachen Minenboote gänzlich zu vernichten, ist nicht ersichtlich. Das Gefecht der Kreuzer, in loser Staffelform auf südöstlichem Kurse geführt, näherte sich 9 Uhr 50 Min. vorm. den Fischdampfern der 2. und 6. Minensuch-Halbslottille, die zu Beginn des Gefechtes mit höchster Fahrt nach Südosten abgelaufen waren. Die ihnen am nächsten stehenden Kreuzer „Nürnberg" und „Pillau" warfen zu ihrem Schutz Nebelbomben, und auch die 14. Torpedoboots-Halbflottille nebelte die Minensuchboote mit ein. Die feindlichen Zerstörer, die bereits auf nahe Entfernungen herangekommen waren, drehten vor dem Nebel ab. Die Minensuchboote dampften in OSO-Richtung davon und blieben vom Feinde unbelästigt. Es ist möglich, daß der Feind giftige Gase in dem Nebel vermutet hat. 9 Uhr 50 Min. liefen feindliche Zerstörer zum Torpedoangriff auf die II. Aufklärungsgruppe an. Der Angriff schien von vornherein nach Peilung und Entfernung aussichtslos. Der Feind erzielte keinen Treffer. Gleichzeitig erteilte Admiral v. Reuter den eigenen Torpedobooten Angriffsbefehl. Die Boote gingen so zerstreut, wie sie standen, zum Angriff im laufenden Gefecht vor. Ein Sammeln zu geschlossenem Angriff mar bei der hohen Gefechtsfahrt nicht möglich. Es wurden im ganzen 6 Torpedos gefeuert; Treffer sind nicht mit Sicherheit festgestellt. Immerhin drehten die feindlichen Kreuzer vorübergehend hart ab und gewährten dadurch gezwungenerweise unseren Kleinen Kreuzern eine wohlempfundene Entlastung. Auch von „Königsberg" und „Frankfurt" wurden Torpedos geschossen: ein Erfolg ist nicht beobachtet. 10 Uhr 30 Min. vorm. kam das Linienschiffstreffen „Kaiserin" und „Kaiser" in Sicht. Admiral v. Reuter versuchte, mit östlichem Kurs den Feind durch die englische und deutsche Minensperre hindurch hinter sich herzuziehen, um ihn zwischen die eigenen Kreuzer und die Linienschiffe zu bekommen. Nach Norden und Nordwesten konnte er alsdann nur über die Minensperre hinweg ausweichen. Zog er diese Bewegung einem Rückzug nach Westen vor, so erlitt er mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit Verluste durch Minentreffer. Das Linienschiffstreffen, welches bei der starken Rauch- und Nebelentwicklung die Lage nicht vollkommen übersehen konnte und die von „Königsberg" gemachten Signale nicht richtig abnahm, hielt in Richtung NW auf die sich heranwälzende Gefechtsgruppe, von welcher zunächst Freund und Feind nicht näher auszumachen war, zu. Die II. Aufklärungsgruppe entschloß sich dann, Anschluß bei unseren Linienschiffen zu suchen. Diese hatten inzwischen 10 Uhr 46 Min. das Feuer gegen die Kleinen Kreuzer der „Concord"-Klasse eröffnet. „Kaiserin" war schnell eingeschossen: ein Treffer auf dem Spitzenschiff der Kreuzer wurde beobachtet. Die feindlichen Kreuzer drehten daraufhin ab. Als Admiral v. Reuter nun mit „Königsberg" kehrtmachen und auf nordwestlichem Kurs zur Verfolgung herumdrehen wollte, lag er noch unter feindlichem Feuer und erhielt einen 38-em-Treffer auf seinem Führerschiff „Königsberg", der einen schweren Bunkerbrand hervorrief. Mit dem Treffer hörte das Feuer wie mit einem Schlage auf. Das Gefecht war beendet. Der Feind lief mit höchster Fahrt nach NW weg. Inzwischen waren „Hindenburg" und „Moltke", die auf die Nachricht, daß ein Gefecht sich entwickelt hatte, dem Linienschiffstreffen gefolgt waren, auf dem Kampfplatz eingetroffen, deren Erscheinen den Gegner wahrscheinlich mit dazu veranlaßt hat, seinerseits das Gefecht abzubrechen. Es gelang unseren nachstoßenden Streitkrästen nicht, mit dem Feind wieder in Gefechtsfühlung zu kommen. Auch ein für die Nacht angesetzter Vorstoß der VII. Torpedobootsflottille Hai nichts mehr gefunden. Die II. Torpedobootsflottille, die nachts zuvor in die Hoofden vorgestoßen war und davon gerade in die Deutsche Bucht zurückkehrte, konnte wegen Brennstoffmangels nicht mehr angesetzt werden. Soweit sich bei der großen Entfernung und dem entwickelten Qualm eine Übersicht gewinnen ließ, waren an dem Gefecht auf feindlicher Seite 4 Panzerkreuzer (2 Lion und 2 Courageous) und 6—8 Kleine Kreuzer der „Concord"-, „Caroline"» und „Arethufa"-Klafse sowie 16—18 Zerstörer beteiligt. Hinter diesen Kreuzerstreitkräften haben außerhalb der Linie Hornsriff—Terschelling nach Flugzeugbeobachtung, die durch andere Nachrichten bestätigt wurde, weitere schwere Streitkräfte gestanden, wenigstens ein Linienschiffsgeschwader, die sich aber nicht in den Minengürtel vorzugehen getrauten, während die feindlichen Kreuzer bei ihrer Verfolgung sich in einem Streifen hielten, der von unseren Schiffen befahren war, und damit einige Sicherheit vor Minensperre hatten. An Treffern sind von unseren Streitkräften beobachtet: fünf auf den feindlichen Panzerkreuzern, sechs auf den Kleinen Kreuzern und sieben auf denZerstörern. UnsereKreuzer erhielten zwei schwere Treffer, davn einen 38 en> und drei 15 cm. Bemerkenswert war die geringe Beschädigung, die der 38-cm- Treffer auf „Königsberg" hervorrief. Die Granate durchschlug alle drei Schornsteine des Schiffes, ging dann durch das Oberdeck in einen Kohlenbunker, dessen Innenwand sie herausdrückte, explodierte dort und rief einen Bunkerbrand hervor. Die Bruchstücke der Granate wurden aufgefunden und an ihnen die Bezeichnung des Kalibers festgestellt. Aus diesem Treffer geht auch hervor, daß eine neue Schiffsklasse von Kreuzern bei den Engländern eingestellt war, welche das 38-cm-Kaliber führte. Die hohe Geschwindigkeit der Schiffe war ungewöhnlich. Soweit die nicht ganz sichere Beobachtung von unseren Kreuzern aus erkennen ließ, hatten sie nur zwei Türme, je einen vorn und hinten. Daß einer der Panzerkreuzer auf einen Treffer unserer Kleinen Kreuzer hin sich zum Abdrehen bewogen fühlte, läßt darauf schließen, daß ihre Panzerung nicht sehr stark gewesen sein kann, wohl mit Rücksicht auf die bevorzugte hohe Ge. fchwindigkeit. Die Verluste auf unserer Seite betrugen: 21 Tote, 10 Schwerverwundete und 30 Leichtverwundete. Die einzige Schiffseinheit, die dem Feinde zum Opfer gefallen ist, war der Vorpostendampfer „Kehdingen", der als Markschiff auf dem Anfangspunkt der Stichfahrt ausgelegt war. Auf dieses kleine Schiff lenkten die Engländer das Feuer ihrer 38-coi-Geschütze, so daß die Besatzung über Bord gehen mußte. Sie wurde, soweit nicht verletzt, von den Engländern ausgenommen und in Gefangenschaft gebracht. Unsere Kleinen Kreuzer haben ihrer Aufgabe, den Minen- fuchverbänden Deckung zu gewähren und sich selbst einzusetzen, voll entsprochen. Größere Erfolge zu erzielen, war ihnen bei dem Stärkeverhältnis leider nicht möglich, zumal auch die Unterstützung durch das Linienschiffstreffen recht spät einsetzte. Dies gab Veranlassung, für künftige Unternehmungen ähnlicher Art die Unterstützungsgruppen stärker zu bemessen und sie, so- weit es die Minenverseuchung irgend erlaubte, vorzuschieben. Die Beanspruchung, der unsere Vorpostcnstreitkräste von Linienschiffen dadurch ausgesetzt wurden, nahm erheblich zu. Die Arbeitsgebiete der Minensuchverbände lagen im Norden bis zu 180 Seemeilen, im Westen bis zu 140 Seemeilen von der Jade. Ohne kampfkräftige Deckung war ein Arbeiten auf so weit vorgeschobenem Posten nicht möglich. Von den Deckungsstreitkräften stand in der Regel die eine Hälfte unmittelbar hinter den Minenfuchverbänden, die andere etwa 50 Seemeilen weiter rückwärts. An Tagen, an denen ausreichende Luftaufklärung gewährleistet war, wurde die Hälfte der Vorpostenstreitkräfte zur Deckung beansprucht: sobald aber die Luftaufklärung eingeschränkt war, beteiligten sich alle Vorpostenstreitkräfte daran. Um die Rllckmarschwege der Deckungsstreitkräfte nach den Arbeitsgebieten im Norden abzukürzen und zu vermeiden, daß die Schiffe nachts wieder nach der Jade einliefen oder in See kreuzten und unnütz Brennstoff verbrauchten, wurde in der Nähe der Amrum-Bank ein ubootssicherer Ankerplatz, mit Netzen umzäunt, geschaffen, der aber erst im Sommer 1918 benutzbar wurde. Aufheben von Geleiizügen Um den Handelsverkehr nach England auch mit Überwasserstreitkräften zu schädigen, hatten die Kleinen Kreuzer „Brummer" und „Bremse", während die Flotte durch die Eroberung der baltischen Inseln in Anspruch genommen war, den Auftrag erhalten, eine Streife nach der Verkehrsstraße zwischen Lerwick auf den Shetlandsinseln und Bergen auszuführen und, falls dort nichts angetroffen würde, das Unternehmen nach eigenem Ermessen auf die Westseite der britischen Inseln in den Atlantik auszudehnen, soweit der Brennstoffvorrat reichte. Die beiden Kreuzer waren im Dezember 1916 zur Flotte gekommen und ursprünglich als Minenleger von der russischen Regierung auf deutschen Werften in Bau gegeben; sie zeichneten sich durch hohe Geschwindigkeit aus. Ihre Maschinenanlage war für Kohlen- und Ölfeuerung eingerichtet. Die Geschützarmierung bestand aus 15 cm. Die Minenausrüstung war, um den Schiffen für die Kreuzerverwendung nicht hinderlich zu sein, bis auf die Wurfeinrichtung von Bord gegeben. Während unsere anderen Kleinen Kreuzer 120 Minen an Deck aufstellen konnten, wenn sie für eine Sonderunternehmung damit ausgerüstet wurden, waren „Brummer" und „Bremse" imstande, die dreifache Zahl unterzubringen. Der mit diesen beiden Kreuzern erhaltene Zuwachs war eine sehr willkommene Verstärkung und hat es ermöglicht, die beiden Aufklärungsgruppen leichter Kreuzer (II. und IV.) mit annähernd gleich schnellen und modernen Schiffen zu besetzen, nachdem auch der Umbau un- 28» serer ändern Kleinen Kreuzer, die statt der zu schwachen 10,5- cm-Armierung das 15-cm-Kaliber erhalten hatten, ausgeführt war. Es war bekannt, daß die neutralen Handelsdampfer sich unter Bedeckung von englischen Kriegsschiffen zu Geleitzügen zusammenstellen ließen und deshalb als feindliche anzusehen waren, weil sie damit offenkundig den englischen Schutz in Anspruch nahmen, um dem Feind Nutzen zu bringen und uns entsprechenden Schaden. Die Störung dieses Verkehrs sollte die Wirkung des Handelskrieges der U-Boote erhöhen und brachte, abgesehen von der Entziehung der vom Feind erwarteten Zufuhr ihn in die Zwangslage, die neutrale Schiffahrt, die sich in seinen Dienst stellte, besser zu schützen und dafür mehr Kräfte aufzuwenden, die wiederum der U-Bootabwehr entzogen wurden. Es durfte auch erwartet werden, daß das Gelingen solcher Angriffe eine abschreckende Wirkung ausüben werde. Es gelang den beiden Kreuzern, nachdem sie beim Auslaufen in die Nordsee zunächst einen Tag aufgehalten worden waren, weil auf dem Auslaufweg von der ihnen mitgegebenen Minen- suchdivision Minen gefunden waren, am 17. Oktober 1917 mit Tagesanbruch auf der Mitte der Strecke Lerwick—Bergen zu stehen und dort bei Tagesgrauen einen Geleitzug von zehn Dampfern unter dem Schutze von zwei bis drei Begleitbooten anzutreffen. Der an der Spitze der doppelreihigen Formation fahrende Zerstörer („Strongbow") ging, als er unsere Kreuzer als feindliche erkannte, in schneidiger Weise zum Angriff vor und wurde nach kurzem Feuergefecht zum Sinken gebracht. Die Dampfer hatten, als sie die Lage, in welche sie geraten waren, erkannten, gestoppt und setzten Boote aus, um die Mannschaft in Sicherheit zu bringen. Ein zweiter englischer Zerstörer („Mary Rose") war zunächst nach Norden aus- gewichen, als das Gefecht eröffnet wurde, besann sich aber und kam nach etwa 20 Minuten zur Unterstützung der seinem Schutz anvertrauten Schiffe wieder heran, um ebenfalls unsere Kreuzer anzugreifen. Auch er erlag nach kurzem Feuergefecht. Die Dampfer wurden dann im Vorbeifahren auf kurze Entfernung, die das Anbringen der Schüsse in der Wasserlinie ermöglichte, zum Sinken gebracht. Da zwei der Dampfer sich noch rechtzeitig hatten entfernen können, als sie des Überfalls gewahr wurden, konnte man ihnen die weitere Sorge um die in den Booten befindlichen Besatzungen überlassen, da unsere Kreuzer bei dem noch bevorstehenden langen Rückweg auf ihre eigene Sicherheit bedacht sein mußten. Eine weitere Ausdehnung der Kreuzerfahrt versprach nach diesem Vorkommnis keinen Erfolg mehr. Daß dieses Vorgehen einen lebhaften Entrüstungssturm der Betroffenen hervorrufen würde, war vorauszusehen, schon allein, um damit den wunden Punkt des Auftretens deutscher Kreuzer in den nördlichen Gewässern, die eigentlich ganz unter der Beherrschung der englischen Flotte liegen sollten, am besten zu vertuschen. Wenn sich Neutrale in diesem von englischer Seite eingeführten Aushungerungskampf gegen das deutsche Volk so offenkundig bemühten, den Feind zu unterstützen, daß sie sich sogar unter den Schutz seiner Kriegsschiffe begaben, so mußten sie die Folgen dieser Handlungsweise auf sich nehmen. Wie sehr sie sich sogar als auf feindlicher Seite stehend betrachteten, geht daraus hervor, daß einige dieser neutralen Dampfer mit Geschützen auf der Back bewaffnet waren und sich auch nicht scheuten, sie zu gebrauchen. Wollte England für sich das Recht in Anspruch nehmen, sich ungestörter Zufuhr durch die Bereitwilligkeit der Neutralen oder durch den auf sie ausgeübten Zwang zu erfreuen, dann konnte niemand verlangen, daß wir ruhig zufehen sollten, bis die englische Seemacht ihr Werk vollendet hatte, unser Volk durch den Hunger umzubringen. Die unter solchem Zwang ausgeübten Gegenmaßregeln fallen auf England als den Urheber solcher Kriegführung zurück. Die Wirksamkeit solchen Vorgehens mußte durch baldige Wiederholung eines ähnlichen Angriffes gesteigert werden. Beim nächsten Mal wurde dazu die II. T.-Flottille, die unsere größten und schnellsten Torpedoboote umfaßte, ausersehen, und zwar sollte eine Halbflottille den Geleitzugverkehr aufsuchen, der unter der englischen Ostküste in dem sogenanten War^ Channel entlang ging, während gleichzeitig die andere Halbflottille gegen die Linie Bergen — Lerwick vorging. Die II. Flottille, Chef Koro.-Kapitän Heinecke, begleitet von dem Kleinen Kreuzer „Emden" (dem Ersatzschiff für den von Kapitän von Müller geführten Kreuzer gleichen Namens), lief am 11. Dezember frühmorgens mit 19 sm Fahrt aus. Das Wetter war sichtig, Seegang gering. Nachmittags 4 Uhr trennten sich die Halbflottillen an dem Nordostzipfel der Doggerbank und „Emden" blieb zurück. Die 3. Halbflottille zog nach Norden, die 4. steuerte die englische Küste, 25 sw nördlich von Newcastle, an. 6 Uhr nachmittags wurde eine F.T.-Meldung ausgenommen, daß eine Zerstörer-Geleitgruppe den Firth os Forth zwischen 8 und 11 Uhr nachmittags nach Süden verlassen würde. Auf Grund dieser Meldung entschloß sich der Führer, den War Channel von Süden nach Norden entlang zu laufen etwa bis Berwick, um auf dieser Strecke den Geleitzug zwischen 3 und 6 Uhr vormittags zu treffen. Nach weiteren aufgenommenen englischen Funksprüchen hielten sich am Firth os Forth acht englische Kreuzer, einige Zerstörer am Tyne, am Humber ebenfalls zwei Zerstörer mit Wachfahrzeugen auf. Das konnte den Flottillenchef aber nicht abhalten, seinen Vorsatz auszusühren. Gegen ^3 Uhr vormittags (am 12. Dezember 1917) kam in etwa 25 sin Abstand von der Küste, bevor also noch die Flottille in den War Channel eingeschwenkt war, ein Dampfer von etwa 3000 Registertonnen Größe in Sicht, der durch Torpedoschuß versenkt wurde. Die Besatzung des Dampfers hatte sich in die Boote begeben. Bei weiterer Annäherung an Land kamen die erwarteten Leuchtfeuer nicht in Sicht, so daß die Durch- fahrt zwischen Farn Insel und dem Lande unausführbar wurde und mit der Umgehung dieser Insel nach See zu auch dem Geleitverkehr ausgewichen wäre. Der Marsch der Halbflottille wurde deshalb in südlicher Richtung auf die Mündung des Tyne fortgesetzt. Obgleich die Kurslinie nur 3 bis 4 sm von der Küste entfernt verlief, war vom Lande oder irgend welchen Ortschaften nichts zu sehen. Unter der Küste war es stark dunstig. Um ^5 Uhr vormittags kam an Backbord voraus ein sehr tiefgehender Dampfer in Sicht, dessen Größe auf 5000 Registertonnen geschätzt wurde. Er steuerte im War Channel südlichen Kurs. Der Dampfer wurde durch Torpedoschuß versenkt, die Besatzung ging ins Boot. Eine Viertelstunde später kamen voraus vier kleine Dampfer in Sicht, offenbar die Ge- lcitfahrzeuge, die sich schon durch Funkspruch bemerklich gemacht hatten und nun im Begriffe waren, nach Tynemouth einzulaufen. Zwei von ihnen wurden durch Artilleriefeuer vernichtet, die beiden anderen entkamen, weil unsere Torpedoboote nach etwa noch in der Nähe befindlichen großen Dampfern oder Zerstörern suchten. Da aber nichts weiter gefunden wurde, traten die Boote um 6 Uhr morgens den Rückmarsch an. Nachmittags um 5 Uhr 15 Min. trafen sie wieder mit der „Emden" zusammen, welche in See auf die Flottille gewartet hatte. Die 3. Halbflottille, unter der Führung des Kapitänleutnants Hans Kolbe, war nach der Trennung am vorhergehen-, den Tage mit nördlichem Kurs weitergefahren. Je weiter sie nach Norden vordrang, um so mehr verschlechterte sich das Wetter. Gegen 10 Uhr abends war hohe Dünung aufgekommen und stark auffrischender Wind aus südlicher Richtung. Am ändern Morgen um 4 Uhr mußte die Fahrt zunächst auf 15, bald darauf auf 12 sm herabgesetzt werden, weil schwere See aus nordwestlicher Richtung aufkam. Eine Waffenverwendung war unmöglich. Der Halbflottillenchef mußte seinen Plan aufgeben und steuerte zunächst nach Udsire an der nor- wegischen Küste, um eine Besteckkontrolle vorzunehmen, und dann in dortiger Gegend auf einen aus Drammen gemeldeten Geleitzug zu fahnden. Um 7 Uhr vormittags bekam er Udsire rn Sicht. Da das Barometer nicht weiter fiel und der Seegang anscheinend im Abnehmen begriffen war, wurde wieder nördlicher Kurs ausgenommen, mußte aber um 11 Uhr be- reits wieder aufgegeben werden, weil des Seeganges wegen nur eine Fahrt von 9 sm durchgehalten werden konnte. Die Boote gingen daher wieder auf südlichen Kurs in der Absicht, bei Tage aus Sicht von Land zu bleiben und nachts näher an die Küste heranzugehen, in der Erwartung, dort irgendwelche Handelsschiffe anzutreffen. Im Laufe des Vormittags hatte ein Boot eine Kondensatorleckage. Der Halbflottillenchef aber entschloß sich, es lieber bei sich zu behalten und damit die Fahrt aller seiner Boote auf 25 sm herabsetzen zu lassen, als auf die große Entfernung hin das Boot allein nach Hause zurückzuschicken. Während er mit südlichem Kurse herunterdampfte, kam mittags um i/^1 Uhr ein Geleitzug von sechs Dampfern, der durch zwei Zerstörer und vier Fischdampfer geschützt war, auf der Fahrt von Lerwick nach Norwegen zu mit östlichem Kurse voraus in Sicht. Der an Backbord vorn von der Formation stehende Zerstörer „Partridge" dampfte unserer Halbflottille entgegen und wurde um 1 Uhr unter Feuer genommen. Der an Steuerbord der Formation stehende Zerstörer („Pellew") war mit hoher Fahrt vorausgedampft, und „Partridge" schloß sich ihm an. Den Geleitzug mit den vier Fischdampfern überließen die englischen Zerstörer ihrem Schicksal, wohl in der richtigen Erwägung, zunächst unsere Boote von ihm abzuziehen und sie zu bekämpfen. Das Feuer der englischen Zerstörer war wenig wirk- sam. Das Gefecht wurde auf 50 Lm Entfernung geführt, bis „Partridge" nach einem Schuß in die Hauptdampfrohrleitung liegenblieb. Er versuchte, sich noch mit seinen Torpedorohren zu wehren. Ein Torpedo blieb im Rohr hängen, weil dieses durch einen Artillerietreffer beschädigt war, ein zweiter Torpedo, auf nahe Entfernung gegen unser Boot „V 100" ge- feuert, traf, so daß die Erschütterung im Boot deutlich zu merken war, aber kam nicht zur Detonation. Während drei von den Booten der Halbflottille den Kamps mit den beiden Zerstörern aufnahmen, wurde das vierte Boot, (dessen Geschwindigkeit nur 25 sin. betrug), mit der Vernichtung des Geleitzuges beauftragt. Dem Zerstörer „Pellew", der von dem Führerboot der Halbflottille verfolgt wurde, gelang es, mit seiner höheren Geschwindigkeit in einer Regenbö aus Sicht zu kommen und nach Land hin zu entkommen. Von dem versenkten „Partridge" und den Fischdampfern, die ebenfalls versenkt wurden, wurden vier Offiziere und 48 Mann zu Kriegsgefangenen gemacht, außerdem noch 23 Zivilgefangene an Bord genommen. Der eigene Verlust betrug drei Verwundete. Der Geleitzug bestand aus einem englischen, zwei schwedischen, zwei norwegischen und einem dänischen Handelsdampfer. Von dem letzteren weigerten sich die Schiffbrüchigen, an Bord unserer Boote zu kommen, von den ändern wurde teilweise davon Gebrauch gemacht und die Dampfer dann sämtlich versenkt. Der ganze Vorgang war in drei Viertel-Stunden er- ledigt. Das Herausholen der im Wasser treibenden Engländer, die sich auf Flöße gerettet hatten, kostete bei dem starken Seegang große Mühe. Die Halbflottille trat dann den Rückmarsch um Skagen herum an, da eine Wettermeldung stürmisches Wetter in der Nordsee ansagte und lief nach Kiel ein. Diese wiederholte Störung des Handelsverkehrs, welche die Unzulänglichkeit des englischen Geleitschutzes dargetan hatte, erreichte den beabsichtigten Zweck, noch stärkere Kräfte dafür zu binden. Eine U-Boot-Erkundungsfahrt ergab, daß zur Sicherung auch amerikanische Schiffe herangezogen wurden, die an ihren Gittermasten erkennbar waren. Damit bestätigte sich auch die von anderer'Seite erhaltene Nachricht der Unterstützung der englischen Flotte durch die amerikanische auf dem Nordsee- Kriegsschauplatz. Für unsere leichten Streitkräfte bestand nun nur noch geringe Aussicht, weitere Geleitzüge zu vernichten. Es mußten stärkere Kräfte dafür angesetzt werden. Dies führte zu einer Flottenunternehmung im April 1918. Vorstoß der Torpedobootsflotkille Heinecke Der II. Flottille wurde im Februar 1S18 eine neue Aufgabe gestellt, die sie hervorragend gelöst hat. Vom Marinekorps Flandern war an das Flottenkommando die Bitte ergangen, die in der Straße Dover-Calais neu ausgelegte englische Lichtsperre zu zerstören. Der Gegner hatte in den letzten Monaten unter Aufwand erheblicher Mittel versucht, diese Straße für unsere U-Boote unpassierbar zu machen. Nach den Meldungen der Boote lagen Netzsperren zwischen Kap Gris Nez und Folkestone und weiter südlich zwischen Boulogne und Dungeneß. Diese Sperren wurden durch eine große Anzahl von Fahrzeugen bewacht, die nachts durch dauernd leuchtende Scheinwerfer und Magnesiumlichter eine sehr wirksame Lichtsperre herstellten. Damit war auch die Möglichkeit, bei Nacht unbehelligt durchzukommen, für unsere U-Boote außerordentlich erschwert und die Strecke tatsächlich fast un- passierbar. Einen Schlag gegen die englisch-französische Kanalsperre zu führen, der von genügender Wirkung war, konnte mit den flandrischen Kräften allein nicht unternommen werden. Das Flottenkommando wählte dazu die kampfkräftigen Boote der Flottille Heinecke, die direkt von der deutschen Bucht aus ohne vorheriges Anlaufen der flandrischen Küste angesetzt wurden, um die Überraschung des Gegners sicher zu stellen. Die II. Flottille sollte am Tage der Unternehmung um 5 Uhr 30 Min. nachmittags auf der Höhe von Haaks Feuerschiff stehen, dann geschlossen bis zum Nordausgang des Kanals — bei der Sandettie-Bank — marschieren, dort sollten sich die beiden Halbflottillen trennen, die eine unter Führung des Flottillenchefs die Sperre westlich von der Varne-Bank, die 3. Halbflottille die Sperre östlich davon angreifen. Nach erfolgtem Angriff sollten die Boote nach Zeebrügge einlausen, dort Brennstoff ergänzen und am selben Abend den Rückmarsch nach der deutschen Bucht antreten. Die Ausführung der Aufgabe verzögerte sich vom 7. bis 13. Februar durch schlechtes Wetter. Inzwischen war der in Aussicht genommene Weg durch neue englische Minenfelder unbenutzbar gemacht worden, und es mußte ein dicht unter den friesischen Inseln entlang führender Weg benutzt werden, auf die Gefahr hin, vom holländischen Gebiet aus frühzeitig gesehen und gemeldet zu werden. Deshalb war es nicht unwillkommen, daß am 13. Februar unsichtiges Wetter herrschte. Nachdem die II. Flottille die minenfreie Durchfahrt bei Ter- schelling, ohne Landmarken gesehen zu haben, mit Hilfe des Lotes überwunden hatte, mußte sie, in Höhe von Haaks Feuerschiff angekommen, wegen Nebels die Unternehmung abbrechen, da sie die hohe Geschwindigkeit, um rechtzeitig an ihrem Ziel einzutreffen, unter diesen Verhältnissen nicht einhalten konnte. Sie ankerte im Laufe der Nacht nördlich von Norderney. Am nächsten Tage, am 14. Februar, wurde bei sehr sichtigem Wetter der Marsch abermals angetreten. Um sein Ziel zu verschleiern, lief der Flottillenchef von Helder aus zunächst mit Westkurs ab; er steuerte erst aus Sicht von Land nach Süden, dann nach Dunkelwerden unter der holländischen Küste entlang bis Schouven-Bank. Bei Hook van Holland mußte ein Boot wegen Kondensatorhavarie in die deutsche Bucht zurückgeschickt werden. Nachts 12 Uhr 30 Min., am 15., trennten sich die beiden Halbflottillen planmäßig nordöstlich der San- dettie-Bank. Die vom Kapitän Heinecke geführte Gruppe sollte die erste nördliche Sperre unter der englischen Küste umgehen, um die bei Dungeneß vermutete südliche Sperre zunächst anzugreifen und auf dem Rückmarsch dann die nördliche Sperre von Varne-Bank nach Folkestone aufzurollen. Diese letztere war als Lichtsperre bereits auf weite Entfernung zu sehen. Beim Näherkommen war zu erkennen, daß sie von einer größeren Anzahl verankerter oder an Bojen fest gemachter Fahrzeuge gebildet wurde, die quer über die Fahrstraße nicht in einer Linie, sondern gestaffelt in einem breiten Streifen ausgelegt waren. Diese Fahrzeuge suchten teils mit Scheinwerfern das Fahrwasser dauernd ab, teils setzten sie von Zeit zu Zeit, etwa alle Biertelstunden, brennende Magnesiumkörper über Bord, die, im Strome abtreibend, die Umgegend auf 2 bis 3 Seemeilen für mehrere Minuten fast taghell erleuchteten. Dazwischen fuhren zahlreiche abgeblendete Fahrzeuge, bewaffnete Fischdampfer, U-Bootjäger, Motorboote herum, um etwa ankommende U-Boote sofort anzugreifen. Am Nordwestende der Sperre legte ein anscheinend an Land zwischen Dover und Folkestone ausgestellter Scheinwerfer eine feste Lichtsperre in der Richtung quer über den Kanal. Ein Umgehen der ersten Sperre war unter diesen Umständen unmöglich, und der Flottillenchef entschloß sich, sie sofort anzugreifen. Er hielt zunächst auf ein etwa in der Mitte der Sperre liegendes großes Fahrzeug mit besonders Hellem, rotierendem Scheinwerfer zu, näherte sich ihm auf 300 m und versenkte es dann in kürzester Zeit durch Artilleriefeuer und Torpedo. Es war ein älterer Kreuzer oder ein Spezialschiff vom Arabis-Typ. Danach holte die Gruppe zunächst nach Nordwesten aus und fuhr dann mit verminderter Fahrt in durchschnittlich südöstlicher Richtung an der Sperre entlang. In kurzer Zeit waren 13 Bewachungsfahrzeuge, darunter ein U-Bootsjäger, der die Nr. 1113 trug, ferner ein kleines Torpedoboot und zwei Motorboote, von denen eines zum Torpedoangriff angelaufen kam, auf nächste Entfernung durch Artilleriefeuer versenkt. Der Gegner wurde vollständig überrascht. Mehrere Fahrzeuge heulten mit der Sirene, offenbar, weil sie sich von eigenen Streitkräften irrtümlich beschossen glaubten. Daß keinerlei Warnung erfolgte und erst längere Zeit nach Eröffnung des Feuers alle Lichter gelöscht wurden, ist vielleicht dem Umstand zuzuschreiben, daß das zuerst vernichtete große Fahrzeug die Leitung des ganzen Sperrgebietes gehabt hatte; auch mögen die Wachfahrzeuge durch häufige U-Bootsbekämpfung an Geschützfeuer gewöhnt ge wesen sein. Der Versuch, Gefangene zu machen, mußte auf- gegeben werden, weil sich das Längsfeitgehen bei den sinkenden Fahrzeugen, die zum Teil an der Boje lagen, bei dem stark laufenden Strom und infolge des auf dem Wasser liegenden Qualms als zu gefährlich für die eigenen Fahrzeuge erwies. Der ganze Vorgang hatte etwa 1 Uhr 30 Min. vormittags bis 2 Uhr 30 Min. vormittags gedauert. Wegen der vorgeschrittenen Zeit kam ein Angriff auf die weiter südlich angenommene Sperre, von der jedoch keinerlei leuchtend ge sehen worden waren, nicht mehr in Frage, und es wurde daher der Rückmarsch angetreten. Inzwischen hatte sich die 3. Halbflottille der südlichen Sperre zugewandt und zunächst auf Kap Gris Nez gehalten. Wiederum hatte ein Boot mit Kondensatorleckage zu tun; aber der Halbflottillenchef konnte jetzt das Boot nicht mehr entlassen, mußte sich vielmehr mit der Geschwindigkeit der übrigen Boote nach dem havarierten richten. In der Höhe von Calais traf die Gruppe bereits auf das erste, dicht unter der Küste liegende Bewachungs- fahrzeug, einen großen, bewaffneten Fischdcimpfer, und versenkte ihn in überraschendem Angriff durch Artilleriefeuer. Auf westlichem Kurse wurde weiterhin eine Anzahl von Fahrzeugen angetroffen, die auch hier mit Scheinwerfern und Magnesiumfeuer arbeiteten. Es kam mehrfach vor, daß der auf den Wachfahrzeugen vorhandene Vorrat an Magnesiumfeuer durch die Beschießung in Brand geriet. Auch auf diesem Teil der Sperre begann die Bewachung erst sehr spät zu erkennen, daß sie den Feind vor sich hatte, um nach Westen abzuziehen. Im ganzen wurden durch die 3. . Torpedoboots-Halbflottille zwölf bewaffnete Bewachungsfahrzeuge und zwei Motorboote vernichtet. Um 2 Uhr 40 Min. vorm. trat die Halbflottille den Rückmarsch an. Um Z44 Uhr vorm. kamen voraus die Hecklaternen von sechs englischen Zerstörern in Sicht. Wegen der ungünstigen Stellung zum Feind und der herabgesetzten Geschwindigkeit des einen Bootes, so daß der Halbflottillenchef nur über zwei voll verwendungsfähigeBoote verfügte, sah er sich gezwungen, einem Gefechte aus dem Wege zu gehen. Er drehte ab und beantwortete das Erkennungssignal des Gegners nicht. Dieser schor zunächst in das Kielwasser der Halbflottille ein, kam aber nach einigen Kursänderungen aus Sicht. Beim Einlaufen nach Zee- brügge kam das Torpedoboot „O 102", etwa 12 Seemeilen von der Hafeneinfahrt, auf eine Mine; zwei Abteilungen liefen voll Wasser: das Boot konnte aber mit eigener Kraft den Hafen erreichen. Durch den Minentreffer hatte das Boot drei Tote. Diese bildeten den einzigen Verlust, den die Flottille bei dem Unternehmen zu beklagen hatte. Nach Ergänzung des Ölvorrates in Zeebrügge trat die Flottille noch am Abend desselben Tages den Rückmarsch an, der ohne Zwischenfall verlief. Das havarierte Boot wurde in Flandern provisorisch repariert und folgte einige Tage später. Der Erfolg der Flottille beruhte auf der völligen Überraschung. Außer der unmittelbaren Schädigung des Gegners durch die Versenkung zahlreicher, für ihn wertvoller Bewachungsfahrzeuge, wurde der Zweck, die Sperrung der Straße Dover—Calais zu stören, erreicht und diese Straße für unsere U-Boote zunächst wieder passierbar gemacht. Eine am Tage nach der Unternehmung angesetzte Erkundungsfahrt von Torpedobooten des Marinekorps ergab, daß die Bewachung vollkommen zurückgezogen war. Die Führung der Boote stellte große Anforderungen an die Geschicklichkeit der Kommandanten, da die Übersicht durch das Geschützfeuer in dem besonders auch von den Magnesiumlichtern ausgehenden, auf dem Wasser lagernden Qualm erschwert war. Vortrefflich haben sich die Geschützführer bewährt im Abschießen der schnellen Motorboote, die mit ihrer hohen Geschwindigkeit erst im letzten Augenblick erkannt, aber auch schon mit dem ersten Schuß sofort erledigt waren. Die Möglichkeit, den Rückmarsch durch das Anlaufen von Zeebrügge zu unterbrechen, kam der Unternehmung außerordentlich zustatten, weil sonst auf dem langen Rückweg, der bei Tageslicht auszuführen war, aller Wahrscheinlichkeit nach englische Streitkräfte den Versuch gemacht hätten, unsere Boote abzuschneiden. Flottenvorsiotz an die norwegische Küste.*) Nach Rückkehr des Sonderverbandes aus dem Osten, von der Eroberung der baltischen Inseln, vergingen einige Wochen, bis die Schiffe und Torpedoboote die Beschädigungen, die sie durch Minen und Grundberührung erlitten haben, wieder ausgebessert hatten. Die dann folgenden Wintermonate änderten nichts in dem Verhalten der Flotte, an ihrer Hauptaufgabe, den U-Bootkrieg zu unterstützen, festzuhalten. Als dann im Frühjahr 1918 der Angriff unserer Armee im Westen erfolgte, mußte der Kanal zum Brennpunkt des eng- lischen Interesses werden. Durch Agenten, durch unsere Lust- streitkräfte in Flandern und durch die Beobachtung des feindlichen Funkspruchverkehrs war festgesetzt, daß der Feind die Seestreitkräfte dort zum Schutze seiner Transporte erheblich verstärkt hatte, daß auch schwere Streitkräfte nach dem Kanal *) Siehe Karte Nr. 13. 4.17 verlegt seien und Besatzungsteile der großen Flotte zur Verstär- kung der leichten Kanalstreitkräfte verwandt würden. Auf der anderen Seite hatte der Feind den Konvoiverkehr England— Norwegen nach den erfolgreichen Vorstößen von „Brummer" und „Bremse" und den Booten der II. Torpedobootsflottille sorgfältig ausgebaut. Unsere U-Boote hatten festgestellt, daß die Dampfer dort in große Geleitzüge zusammengefaßt und durch Großkampfschiffe, Kreuzer und Zerstörer stark gesichert waren. Ein erfolgreicher Angriff auf einen solchen Geleitzug versprach neben der Frachtraumbeute einen eindrucksvollen militärischen Erfolg und damit eine wirksame Entlastung der im Kanal und um England operierenden U-Boote; denn er zwang, die Engländer, noch mehr Streitkräfte in der nördlichen Nordsee zusammenzuziehen. Mit leichten Streitkräften war den Geleitzügen nicht mehr beizukommen. Die Panzerkreuzer da. gegen konnten nach den vorliegenden Nachrichten allen Mög- lichkeiten gewachsen sein, sofern die Linienschiffsgeschwader ihnen den erforderlichen Rückhalt gaben. Nach den vorliegenden Nachrichten schien der Geleitzugverkehr vornehmlich Wochenanfang oder Wochenmitte vor sich zu gehen. Mittwoch, der 24. April, wurde daher als Angriffstag gewählt. Vorbedingung für das Gelingen war vollkommene Geheimhaltung der Absicht. Den unterstellten Verbandskommandos war äußerste Einschränkung des Funkspruchgebrauches während der Unternehmung, die über das Skagerrak hinaus an die norwegische Küste ausgedehnt werden sollte, zur Pflicht gemacht. Alle verfügbaren Streitkräfte wurden unter dem Vorwand von Gefechts- und Evolutionsübungen in der Helgoländer Bucht am 22. abends auf Schillig-Reede versammelt. Erst hier wurden die Verbandschefs und Führer mit den Absichten und Befehlen bekannt gemacht. Die Absicht war, mit den Panzerkreuzern, den Kleinen Kreuzern der II. Aufklärungsgruppe und der II. Torpedobootsflottille unter Führung des B. d. A, Vizeadmiral v. Hipper, den Geleitzug anzugreifen und mit dem Rest der Streitkräfte eine Ausnahmestellung einzunehmen, aus der heraus nötigenfalls eine wirksame Unterstützung der Kreuzer möglich war; alle übrigen Flottillen verblieben beim Gros. Die V. Torpedobootsflottille konnte wegen unzulänglichen Aktionsradius nicht mitgenommen werden. Dem Chef dieser Flottille, Korvettenkapitän v. Tyszka, wurde die Leitung und der Schutz des Geleitdienstes durch die Minenfelder südwestlich und westlich Hornsriff übertragen. Zur Sicherung des Marsches durch die Minenfelder waren als Vorbereitung für die Unternehmung etwa 70 Seemeilen westlich Hornsriff Minenschutzsperren in Richtung Nord-Süd ausgelegt. Das Seegebiet zwischen diesen Schutzsperren und Hornsriff bezeichnete damit den Ausgangspunkt der Unternehmung. Die in den letzten Tagen auslaufenden U-Boote hatten Befehl erhalten, vor dem Firth of Forth Angriffsgelegenheit zu suchen und alle gesichteten Streitkräfte und Geleitzüge zu melden. Am 23., früh 6 Uhr, liefen die Verbände aus, voran der V. d. A. mit der I. und II. Aufklärungsgruppe, dem zweiten Führer der Torpedoboote und der II. Torpedobootsflottille, ihni folgend dasGros in derReihenfolge: IV.Aufklärungsgruppe,III. Geschwader, Flottenflaggschiff, Erster Führer der Torpedoboote, I. Geschwader, IV. Geschwader, mit dem Gros die I.,VI.,VII.und IX. Torpedoflottille. Gleich nach Verlassen der Jade setzte dichter Nebel ein. Bis List hinaus war der Weg frei, von da an ging es etwa 80 Seemeilen durch feindliche Minenfelder; durch diese hindurch war Minensuchbootsgeleit und damit eine gewisse Sichtigkeit, wenigstens 2 Seemeilen, erforderlich. Zunächst konnte mit 14 Seemeilen Fahrt durchgehalten werden. Als aber 11 Uhr 30 Min. vorm. der Eintritt in das Minenfeld erreicht war und die Sichtweite nur 100 Meter betrug, mußte geankert werden. Eine halbe Stunde später klarte es auf, Sichtweite 3—4 Seemeilen, und der Marsch konnte fortgesetzt werden. Die Fahrt durch die Minenfelder verlief glatt. Mit 2ö DvuüchkndZ Hochjeeslolt! im Wcbtlriege Dunkelwerden war die Grenze erreicht, und die Minensuchver- bände konnten entlassen werden. Die geringe Sichtigkeit war bisher dem Unternehmen günstig gewesen. Die feindliche U-Bootsbowachungslinie um die Deutsche Bucht herum war anscheinend durchbrochen, falls sie überhaupt besetzt war. Während der Nacht klarte es auf; der beginnende Tag brachte klares, sehr sichtiges Wetter. 8 Uhr vorm. ging Meldung von „Moltke" an Hochseechef ein: „Schwere Havarie, Fahrt beträgt 4 Seemeilen, Standort etwa 40 Seemeilen WSW von Stavanger." Es wurde sofort mit höchster Fahrt auf die Unfallstelle zugehalten, „Straßburg", die in der Marschrichtung vorn stand, zu „Moltke" detachiert und das Linienschiff „Oldenburg" klargemacht zum Schleppen. 10 Uhr 40 Min. vorm. war „Moltke" in Sicht; bald darauf erschien von NW heranschließend auch der B. d. A. mit seinen beiden Aufklärungsgruppen. Der B. d. A. hatte „Moltke" 6 Uhr vorm. zum Gros detachiert. Das Schiff konnte zu der Zeit noch 13 Seemeilen laufen. Die Meldung, daß es auf 4 Seemeilen herabgesetzt sei, hatte er nicht aufgefangen. Ms er gegen 9 Uhr vorm. die Meldung erhielt, das Schiff sei bewegungsunfähig, und das Flottenflaggschiff habe diese Meldung nicht abgenommen — was aber auf einem Irrtum beruhte — entschloß er sich, selbst Hilfe zu bringen. Von einer Meldung an das Gros sah er der gebotenen Funksprucheinschränkung wegen ab. Dies um so mehr, als er zur Zeit des Kehrtmachens bereits im nördlichen Teil der Geleitzugsstraße stand und bei dem überaus sichtigen Wetter übersehen konnte, daß einstweilen nichts in Sicht war und daß ihm in Anmarsch befindliche Geleitzüge bei erneutem Vorstoß nicht entgehen konnten. Da „Moltke" nunmehr vom Gros ausgenommen war, erhielt der B. d. A. Befehl, von neuem nach Norden vorzugehen. Er hat die Geleitzugsstraße beim zweiten Vorstoß bis zum 60. Breitengrad abgesucht, aber nichts in Sicht bekommen. Etwa 11 Uhr 45 Min. vorm. war „Moltke" von „Olden- bürg" ins Schlepp genommen. Das Manöver war in kürzester Zeit anstandslos ausgeführt. Das Gros trat mit dem Schleppzug den Rückmarsch an; die Fahrt betrug 10 Seemeilen. Zwei Wege standen offen; der eine führte durch das Kattegatt, der andere unmittelbar in die Deutsche Bucht. Auf dem ersteren Wege hätte sich die Flotte voraussichtlich einer Begegnung mit der englischen entzogen, die genügend Zeit hatte, uns entgegenzutreten, da das Gros, um die „Moltke" nicht im Stich zu lassen, nur mit geringer Fahrt vorwärts kam. Der Marsch durch das Kattegatt bedingte aber einen erheblichen Umweg. Die Beltpassage für das havarierte Schiff war schwierig, und zum Schutze des Schleppzuges hätten alle Streitkräfte durch den Kleinen Belt zurückkehren müssen. Dies war aus zwei Gründen unerwünscht: einmal der Dänen wegen, sodann, weil es die Engländer reizen mußte, Minen im Kattegatt zu legen. Letzteres konnte vor allem unseren U-Booten sehr unangenehm werden. Trotz der Möglichkeit, hier von überlegenen Streitkräften gestellt zu werden, entschloß ich mich doch für den Rückweg durch die Nordsee in die Deutsche Bucht. Auf „Moltke" war inzwischen folgendes festgestellt: Die Steuerbord innere Schraube war abgeflogen (das Schiff hat vier Schraubenwellen), die Turbine war durchgegangen; ehe der Schnellschluß wirkte, war das Rad der Maschinen-Drehvor- richtung auseinandergeslogen. Teile des Rades hatten den Ausfluß des Hilfskondensators, mehrere Abdampfleitungen und das Deck zur Hauptschaltstelle durchschlagen. Durch den Hilfskondensator war sofort die Mittelmaschine und die Hauptschaltstelle vollgelaufen, während die Seitenmaschinen stark Wasser machten. Alle Kessel waren versalzen und dadurch sämtliche Maschinen allmählich ausgefallen. Durch eine eigenartige Verkettung von Zufällen hatte die an sich belanglose Havarie einer Schiffsschraube das Schiff zu vollkommener Bewegungsunfähigkeit gebracht. Es waren 2000 t Wasser in das Schiff gelaufen, bis es schließlich durch einen Taucher gelang, die See- 29* 4SI ventile und Schieber des Hilfskondensators für Wafferaus- und -eintritt zu schließen. Erst daraus wurde man des Wassers Herr. Am Nachmittag waren die Backbordmaschinen wieder klar für halbe Fahrt: Gewähr für Sicherheit des Betriebes war aber einstweilen nicht vorhanden. Das Schiff mußte bis in die Deutsche Bucht geschleppt werden; die Höchstfahrt des Schleppzuges betrug 11 Seemeilen. Durch diese Marschgeschwindigkeit gebunden, konnte der Minengürtel westlich Hornsriff erst om folgenden Tage mit Hellwerden erreicht werden. Eine 2 Uhr nachm. vom Admiralstab eingehende Nachricht über Ankunsts- und Abfahrtszeiten von Geleitzügen ließ erkennen, daß wir in der Wahl des Angriffstages kein Glück gehob: hatten. Die Geleitzüge England—Norwegen hatten anscheinend schon am 23. die Nordsee durchquert. 6 Uhr 30 Min. nachmittags wurde der Funkspruch eines U-Bootes aufgenommen, daß 11 feindliche Kreuzer etwa 80 Seemeilen hinter uns ständen. Wahrscheinlich hatte aber das U-Boot die Kreuzer des B d. A., die hinter uns folgten, mit feindlichen verwechselt. Abends um 8 Uhr 50 Min. brach die Schlepptroß dkr „Oldenburg", wodurch ein Aufenthalt von einer Stunde entstand. Für die Nacht wurde der Schleppzug alsdann an das Ende der Linie genommen. 11 Uhr nachmittags hatte der B d. A. bis auf 30 Seemeilen an das Gros herangeschlossen. Mit Hellwerden waren alle Streitkräfte zusammen. Vom Feinde war nichts zu sehen. Der Marsch durch den Minengürtel verlief planmäßig. Minensuchverbände holten die Flotte ebenso ein, wie sie sie herausgebracht hatten. Dabei lief ein Minensuchboot 67" auf Mine und sank: der größte Teil der Besatzung wurde geborgen. Auf der Höhe von List konnte „Moltke" losgeworfen werden und mit 15 Seemeilen Fahrt einlaufen. Etwa eine Stunde nach dem Loswersen, 7 Uhr 50 Min. abends, wurde sie 40 Seemeilen nördlich Helgoland von einem U-Boot angegriffen und Backbord mittschiffs getroffen. Sie konnte der Torpedolaufbahn nicht mehr ausweichen, aber doch so weit entgegendrehen, daß der Torpedo unter sehr spitzem Winkel auftras. Die Beschädigung hat das Schiff nicht gehindert, mit eigener Kraft in die Jade einzulaufen. Der angestrebte Erfolg war dem Unternehmen leider versagt geblieben. Die Gelegenheit, einen Zusammenstoß mit unserer Flotte herbeizuführen, wurde vom Feind nicht benutzt, obwohl der durch die Havarie der „Moltke" verursachte F.-T.- Berkehr, ihm von der Anwesenheit unserer Schiffe Kenntnis gegeben haben muß. Das Einbringen der schwer havarierten „Moltke" stellte unter den ungünstigen Seeverhältnissen, die sich im Laufe der Nacht auf dem Rückmarsch entwickelten, eine hervorragende militärische Leistung, besonders seitens des schleppenden Schiffes „Oldenburg", Kommandant Kapitän z. S. Löhlein, dar, ebenso wie auch die Handhabung des Lecksicherungsdienstes auf „Moltke" alle Anerkennung verdiente. Diese weit ausgedehnte Fahrt ist leider die letzte geblieben, zu welcher die Flotte hinausgeführt werden konnte. XVIll Die Seekriegsleitung Ende Juni 1918 teilte mir der Chef des Marinekabinetts, Admiral von Müller, mit, daß der Gesundheitszustand des Admirals von Holtzendorff sein Verbleiben in der Stellung als Chef des Admiralstabs unwahrscheinlich mache. In diesem Falle habe Seine Majestät mich als Nachfolger in Aussicht genommen. Durch diese Eröffnung wurde ich der Gebundenheit ledig, die mich bisher abgehalten hatte, einen Wechsel in der Organisation der Leitung der Seekriegführung selbst vorzuschlagen. Sie war verfehlt, erfreute sich keines unbedingten Ansehens in der Marine, und der Erfolg blieb hinter den Erwartungen zurück. Mich selbst für die oberste Leitung in Empfehlung zu bringen, war nicht gut angängig, um so weniger, als mit der Flottenführung auch persönliche Gefahr verbunden ist, und es mich nicht reizte, ihr in einer Landstellung aus dem Wege zu gehen. Die offenherzigsten Aussprachen zwischen dem Ches des Admiralstabs und mir hatten die Forderungen des Flottenkommandos nicht völlig befriedigen können. Mein persönliches Verhältnis zu Admiral von Holtzendorff gestattete mir, vor ihm kein Blatt vor dem Mund nehmen zu brauchen. Durch mehrfache gemeinsame Bordkommandos standen wir uns nahe. Wir waren in den Jahren 1884—86 auf der Reise der Kreuzerfregatte „Bismarck", Flaggschiff des Konteradmirals von Knorr, nach Westafrika, Ostafrika und der Südsee zum Besuch unserer dortigen Kolonien zum erstenmal zusammen gefahren. Danach war ich in den Jahren 1895—96 Navigationsoffizier des Kreuzers „Prinzeß Wilhelm", den Holtzendorff als Korvettenkapitän auf einer Reise nach Ostasien kommandierte. Später trug er mir die Stelle als Chef des Stabes der Hochseeflotte an, die ich zwei Jahre von 1909—1911 unter seinem Kommando als Flottenchef innehatte. Bei all diesen Gelegenheiten hatte ich seine Persönlichkeit und seine Führereigenschaften schätzengelernt. Deshalb bedauerte ich auch den äußeren Anlaß zu dem Wechsel, den ich nunmehr, nachdem einmal der Bann gebrochen, dem Kabinettchef auf jeden Fall dringend empfahl. Ich hatte zwar keinen Anlaß gehabt, über unberechtigte Beeinflussung oder Beschränkung der Flotte selbst durch den Admiralstabschef zu klagen. Aber seine Stellung war unklar, der politischen Leitung gegenüber schien sie uns zu nachgiebig. Die Durchführung des U-Bootkrieges war bezeichnend dafür. Auch jetzt noch bestanden ernste Meinungsverschiedenheiten über seine praktische Handhabung. Die Kräfte der Marine waren auf den verschiedensten Kriegsschauplätzen zersplittert, ohne daß das Flottenkommando die Notwendigkeit dafür erkennen konnte. Die Flotte bildete aber das große Sammelbecken, aus dem alle personellen Bedürfnisse befriedigt werden sollten. Deshalb entstand naturgemäß ein Sträuben gegen jede Personalentziehung, die nicht einwandfrei dem Hauptkriegsziel zum Vorteil gereichte. Dies war nur durch Flotte und U-Boote zu erreichen, und dafür fühlte sich der Flottenchef verantwortlich. Eine ihm übergeordnete Kommandostelle, auf der die volle Verantwortung für den Erfolg der Seekriegführung gelegen hätte, gab es nicht. Denn der Admiralstab war kein Oberkommando, sondern ein Organ des Kaisers, als des Obersten Kriegsherrn, der mit Einzelheiten der Kriegführung nicht behelligt werden sollte. Die Stellung des Admiralstabs in der Marine deckte sich nicht mit derjenigen der Obersten Heeres- leitung zum Feldheer. Ob ein Feldzugsplan, zum Beispiel in Rumänien, glücklich verläuft, bleibt im wesentlichen das Verdienst der Obersten Heeresleitung, welche Stärke und Leistungsfähigkeit von Truppen und Führern richtig bemessen und eingeschätzt, und die Aufgaben entsprechend gestellt hat. In der Seekriegführung verteilte der Admiralstab die vorhandenen Schiffe und Fahrzeuge auf die einzelnen Operationsgebiete: Ostsee, Nordsee, Flandern, Mittelmeer, Ausland, und mußte die dort eingesetzten Befehlshaber ihrer allgemein bezeichneten Aufgabe entsprechend selbständig handeln lassen. Eine dauernde Leitung der Kriegshandlungen, wie es zu Lande durch die Oberste Heeresleitung geschah, kam auf dem Wasser nicht vor. Wenn die Flotte eine Schlacht verlor, würde niemand daran gedacht haben, den Admiralstabschef dafür verantwortlich zu machen, sondern nur den Flottenchef. Dennoch mußte eine Stelle vorhanden sein, welche mit der Regelung der Kräfteverteilung auch auf ein bestimmtes strategisches Ziel hin arbeitete, statt den Erfolg der Leistungen den auf den einzelnen Kriegsgebieten kommandierenden Admiralen zu überlassen. Der U-Bootkrieg hatte die Verhältnisse noch weiter verwickelt, weil allen selbständigen Befehlshabern U-Boote zugeteilt waren und auch der Chef des Admiralstabs sich einzelne Gruppen, zum Beispiel die U-Kreuzer, unmittelbar unterstellt hatte. Zwischen den einzelnen Gruppen war ein Austausch und Ersatz nötig. Die Ausbildung mußte nach einheitlichen Gesichtspunkten geregelt, die Erfahrungen der einzelnen Kommandanten mit ihren Booten, auch auf technischem Gebiet, für- alle nutzbar gemacht werden. Schließlich mußte auch das Personal für alle neuhinzukommenden Boote meist aus der Flotte, wenigstens die Offiziere und Unteroffiziere, entnommen werden. Damit trat der Chef des Admiralstabs mit in den Kreis der an der Kriegführung direkt beteiligten Befehlshaber ein. Eine oberste Kommandostelle, deren Weisungen unbedingte Folge zu leisten war, wurde vermißt. Unsere Friedensorganisation hatte dies nicht vorgesehen. Im Jahre 1899 war das Oberkommando der Marine beseitigt worden, weil für dis damalige Entwicklung und den Aufbau der Marine zwei starke, meist nicht am selben Strang ziehende Behörden zu viel waren. Der Staatssekretär von Tirpitz glaubte die für eine stetige Entwicklung des Flottenaufbaus nötige Politik nur dann erfolgreich vertreten zu können, wenn sie auch völlig seiner Überzeugung entsprach. Die Folge davon war aber, daß der Admiralstab, der nach Auflösung des Oberkommandos von ihm übriggeblieben war, im Schatten gestanden hatte, seine Chefs meist nicht so ausgewählt waren, daß ihnen ohne weiteres die Autorität des gegebenen Führers für den Kriegsfall zur Seite stand, wie zum Beispiel durch die Bewährung als Flottenchef. Mit dem Fortfall des Oberkommandos wuchs der Anspruch des Flottenkommandos auf Selbständigkeit. Mit strategischen Fragen beschäftigte es sich im Frieden nicht; Taktik und Ausbildung füllten seine Tätigkeit völlig aus. Die Zuteilung der wichtigsten Einheiten der schwimmenden Seestreitkräfte legte dem Flottenchef im Kriege die Hauptverantwortung auf, denn der Seekrieg geht darauf aus, einen vernichtenden Schlag gegen die feindliche Flotte zu führen. Der Erfolg hängt in hohem Grade von der Geschicklichkeit des Führers ab. Er muß mit Leistungsfähigkeit und Handhabung seiner Waffe, der Flotte, völlig verrraut sein. Wie er das Zusammentreffen mit der feindlichen Flotte herbeiführt, muß ihm überlassen bleiben. Es läßt sich nicht auf Ort und Stunde anbefehlen. Denn Stellung. und Stärke des Gegners sind im Gegensatz zum Landkrieg nicht bekannt. So glaubte man wohl mit allgemeinen Direktiven aus- kommen zu können, die der Admiralstab als kaiserliches Befehlsorgan aus Grund seiner strategischen Überlegungen vorzuschlagen und der Flotte zu übermitteln hatte. Dies war ein Irrtum gewesen. Die für den Flottenaufbau im Frieden nützlich erschienene Organisation wurde der Flottenausnutzung im Kriege zum Nachteil. Der Seekrieg gestaltete sich viel umfangreicher, als daß er unter der persönlichen Leitung des Kaisers, wie es nach den Verhältnissen unserer obersten Marinebehörden zueinander erforderlich war, geführt werden konnte. Politik, Technik und Kriegführung traten in engsten Zusammenhang. Der Wirtschaftskrieg, den auch wir aufzunehmen hatten, beeinflußte unser Verhältnis zu den Neutralen; die Technik mußte sich für Über- oder Unterwasserschiffbau entscheiden, und diese hing wieder von der beabsich tigten Kriegführung ab. Mit der Erkenntnis, daß England es nicht auf die Schlacht ablegte, war der Zeitpunkt für die Einrichtung einer Obersten Seekriegsleitung gekommen, um so mehr, als nun gegen Schluß des Jahres 1914 die Anschauungen über unser Vorgehen bei Flottenkommando, Admiralstab und Staatssekretär auseinander- gingen. An diesem kritischen Punkte mußte mit Entschiedenheit durchgegriffen werden, der Marine die Leitung zu geben, deren sie bedurfte. Großadmiral von Tirpitz selbst war die geeignetste Persönlichkeit dafür, dem auch die Flotte sich willig untergeordnet hätte, obgleich ihm die Praxis der eigentlichen Flottenführung abging. Darauf aber kam es nicht so sehr an, weil dafür ja immer noch der Flottenchef da war, sondern aus zielbewußtes Zusammenfassen und Ausnutzen aller Kräfte, die für die Marine in Betracht kamen. Die Berufung des Großadmirals zur Obersten Leitung der Marine wurde sicherlich auch verhindert durch die zwischen ihm und dem Kanzler bestehenden Gegensätze. Sie verschärften sich noch mehr durch die schwankende Haltung unserer Politik im U-Bootkrieg. Als Tirpitz auch der zugesicherte Einfluß auf alle wichtigen Fragen der Kriegführung nicht mehr eingeräumt wurde und seine Heranziehung zu der Entscheidung über den U-Bootkrieg im März 1916 unterblieben war, sah sich der verdiente Organisator unserer Flotte genötigt, den Abschied zu nehmen. Je schwieriger es bei der Verlängerung des Krieges wurde, Material und Personal für alle neu hinzukommenden Erfordernisse zu schaffen, während sich die Kriegsaufgaben aus weit entlegene Gebiete ausdehnten, und damit die Gefahr einer Verwässerung der in der Flotte gesammelten Kräfte entstand, um so häufiger traten Beschwerden auf. Jnstandsetzungs- arbeiten der Schiffe und U-Boote, Ablieferung von Neubauten, Erfüllung dringender Bedürfnisse und Verbesserungen verzögerten sich. Das Hilfsdienstgesetz erwies sich nicht als das geeignete Mittel, die Leistungsfähigkeit der Arbeiter zu steigern, die außerdem auch unter der Verschlechterung der Verpflegung * litt. Große Mühe machte es, von der Heresverwaltung dringend benötigte technische Arbeiter zu erlangen. Dringender Heeres- beoars hatte naturgemäß den Vorzug. Aber eine überzeugende Vertretung der Marineforderungen hätte in vielen Fällen doch Erfolg haben können, denn am guten Willen und Einsicht fehlte es zweifellos bei der Schwesterwaffe nicht Zwischen dem Kommandierenden Admiral des Marinekorps, dem Oberbefehlshaber in der Ostsee und der Flotte, herrschte völliges Einvernehmen und Entgegenkommen bei jeder verlangten Aushilfe. Es war aber ein umständlicher und ungenügender Ersatz für eine alle Verhältnisse übersehende und danach entscheidende Leitung. Mit Sorge betrachtete ich das allmähliche Heruntergeh m der Monatserfolge des U-Bootkrieges. So manches U-Boot mit trefflichem, erprobtem Führer kehrte nicht zurück. Die neuen Kommandanten mußten sich ihre Kriegserfahrungen unter erheblich ungünstigeren Verhältnissen erwerben. Tag für Tag wurden beim Flottenkommando die Stellungen jedes einzelnen U-Boots eingetragen, Ausfahrt und Rückkehr mit Sorgfalt und Spannung verfolgt. So war unser ganzes Sinnen darauf gerichtet, Mittel und Wege zu finden, die Leistungen hochzuhalten und zu steigern. Beim Flottenkommando, dem der Befehlshaber der U-Boote mit feinem Stab ausgesuchtester Fachleute zur Verfügung stand, verging wohl kaum ein Tag, an dem wir nicht in See waren, ohne daß eingehende Besprechungen darüber stattfanden. Wir fühlten uns der Verantwortung bewußt, mit diesem Kriegsmittel das dem deutschen Volk verheißene Kriegsziel zu erreichen. Die Flotte lebte ganz in dem Gefühl: Es soll und wird gelingen. Jedes einzelne Fahrzeug, ob Linienschiff, Torpedoboot, Minensucher, Luftschiff oder Kreuzer mit seiner ganzen Besatzung war durchdrungen von dem Ernst und der Bedeutung der Aufgabe, die ich bei jeder Gelegenheit Offizieren und Mannschaften ans Herz legte. Neue Kräfte mußten heran, die das zu vollenden unternahmen, was Admiralstab und Marineamt auf die bisherige Weise zu mißlingen drohte. Auch ein Wechsel des Staatssekretärs (Admiral von Capelle) erschien angebracht, da nicht erwartet werden konnte, daß jemand, der selbst der Überzeugung sein mußte, das Höchstmögliche getan und erreicht zu haben, sich rückhaltlos für die Durchführung neuer Vorschläge einsetzen würde, was ihn mit seiner bisherigen Geschäftsführung in Widerspruch brachte. Es hatte eines halbjährigen Drängens vom Juli 1917 bis Dezember desselben Jahres bedurft, bis eine vom Flottenkommando vorgeschlagene Zentralstelle für alle U-Boot- angelegenheiten, das U-Boot-Amt, geschaffen wurde. Solange verliefen sich die Forderungen und Vorschläge, je nach ihrer Art, ob Personal, Waffen- oder Schiffbautechnisches usw. betreffend, in den verschiedenen Departements, deren Geschäftsbetriebe dem Drang der Zeit nicht folgten. So sehr ich mich mit der Flotte verknüpft fühlte, war ich doch zur Übernahme der Stellung als Chef des Admiralstabes bereit unter der Voraussetzung, daß er ausgesprochene Befehlsbefugnisse erhielt. Das Bedenken des Chefs des Marinekabinetts, der Kaiser würde niemals dareinwilligen, die Oberste Leitung aus der Hand zu geben, was von mir auch gar nicht verlangt wurde, rechtfertigte sich nicht. Denn der Kaiser willigte bei meinem Vortrag anstandslos ein. Es war selbstverständlich, daß über die allgemeine Richtung und wichtige Absichten der Oberste Kriegsherr unterrichtet und seine Genehmigung herbeigeführt wurde. Eher war der bisherige Gebrauch eine Herabwürdigung des Kaiserlichen Oberbefehls, wenn unter seinem Namen Anordnungen getroffen wurden, die außerhalb des Interesses Sr. Majestät liegen mußten. Wie wenig aus solche Ansicht von der vermeintlichen Auffassung des Kaisers zu geben war, die sich in seiner näheren Umgebung ausbildete und leicht dazu führen konnte, unbequeme Entscheidungen von Sr. Majestät fernzuhalten, zeigt dieser Vorgang. Ein Seitenstück dazu war eine Erfahrung, die ich als Flottenchef im Januar 1917 gemacht hatte. Es handelte sich um den Entwurf zu einem neuen Großkampfschiff. Ich befand mich gerade zu einer Besprechung im Admiralstab in Berlin, und der Kaiser hatte meine Anwesenheit bei dem vom Staatssekretär zu haltenden Vortrag, zu dem auch der Chef des Admiralstabs zugezogen war, befohlen. Der Entwurf des Staatssekretärs brachte zwei Projekte für einen sogenannten Linienschiffskreuzer. d. H. einen Einheitstyp, bei welchem die wesentlichen Eigenschaften der bisher vorhandenen beiden Schiffsarten vertreten waren, nämlich Kampfkraft, Widerstands- fähigkeit und Geschwindigkeit. Soll ein solches Schiff nicht Riesendimensionen annehmen, so kommt keine der Haupteigenschaften zu ihrem vollen Recht. Dies war der natürliche Grund, daß die bisherige Entwicklung sich in zwei Typen gegabelt hatte: Den Kreuzer mit starken Nngriffswaffen und hoher Geschwindigkeit auf Kosten der Widerstandsfähigkeit, und das Linienschiff mit stärkster Angriffs- und Wider standsfähigkeit auf Kosten der Geschwindigkeit. Der Kaiser hatte sich wiederholt sehr entschieden sür die Notwendigkeit der Verschmelzung beider Typen ausgesprochen. Demgemäß waren die Entwürfe ausgefallen. Die Wahl sollte nur noch zwischen zwei Arten der Ausführungsmöglichkeit erfolgen, der Grundsatz des Einheitstyps feststehen. Chef des Admiralstabs und Staatssekretär waren der Meinung, daß an dieser vermeintlichen Auffassung des Kaisers nicht zu rütteln sei, und mir wurde nahegelegt, mich dem zu fügen. Ich hatte mich aber schon vorher in anderem Sinn ausgesprochen und brachte meine Gründe wiederum vor. Der Kaiser überzeugte sich, daß wir nach unseren Kriegserfahrungen zwei Arten von Großkampfschiffen mit verschiedener Geschwindigkeit beibehalten müßten, woraufhin der Staatssekretär den Auftrag erhielt — sehr zur Befriedigung seines Chefkonstrukteurs — neue Entwürfe nach dem bewährten Grundsatz auszuarbeiten. Ebensowenig habe ich die Erfahrung gemacht, daß unangenehme Meldungen vom Kaiser abgelehnt wurden. In den beiden Monaten September und Oktober 1918 überwogen die ungünstigen Berichte: sie wurden von Sr. Majestät stets in völliger Ruhe und Sachlichkeit ausgenommen. Wenn ich die rapide Entwicklung der Verhältnisse vorausgesehen hätte, so würde ich es vorgezogen haben, bei der Flotte geblieben zu sein, statt die Seekriegsleitung einzurichten, deren Pläne doch nicht mehr zur Ausführung kamen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß es mir gelungen wäre, die Flotte zur Folgsamkeit zu bringen, um ihre ganze Kraft in letzter Stunde herauszuholen. Für den Mangel an Voraussicht kann ich nur anführen, daß meine Beobachtungen über den Geist der Marinemannschaften, sich auf ihre ungeminderte Bereitwilligkeit zu jeder kriegerischen Unternehmung gründeten, die sie bisher stets bewiesen hatten, und daß auch von keiner maßgebenden politischen Stelle irgendein Hinweis auf die so weit fortgeschrittene Zerrüttung unserer inneren Verhältnisse an die Flottensührung und ebensowenig auch später an die Seekriegsleitung gelangte. Am 28. Juli wurde ich in das Große Hauptquartier nach Spaa befohlen: Admiral v. Holtzendorf hatte von neuem auf ärztliches Anraten Sr. Majestät die Bitte um Enthebung von seiner Stellung vorgelegt, der nun entsprochen wurde. Gleichzeitig stand die Frage der Ausdehnung des U-Bootkrieges nach Amerika zur Entscheidung. Der Admiralstab war sehr stark für die Erklärung eines Sperrgebietes an der amerikanischen Küste eingetreten, weil dies Vorbedingung für die erfolgreiche Durchführung des U-Bootkrieges war. Da die hauptsächlich in Frage kommenden Ausfuhrhäfen alle auf einer etwa 300 Seemeilen langen Strecke lagen, glaubte man den Verkehr dort leichter fassen zu können. Die Truppentransporte, die umfangreiche Zufuhr von Amerika nach dem westlichen Kriegsschauplatz und der sehr lebhafte Küstenverkehr von Südamerika nach Nordamerika sollten im amerikanischen Sperrgebiet durch die U-Boote angegriffen werden. Der Staatssekretär des Auswärtigen hatte gegen die Er- klärung des Sperrgebietes starke Bedenken. Wenn Chile und Argentinien dadurch veranlaßt würden, noch zur Entente über- zugehen, so würde Spanien folgen, und das war das einzige Land, welches noch die Interessen der Deutschen im Auslande wahrnahm. Ganz abgesehen von den politischen Gründen, die der Staatssekretär des Auswärtigen vorgebracht hatte, versprach ich mir keinen Nutzen davon, den Krieg an die amerikanische Küste zu tragen: denn eine Sperrgebietserklärung verpflichtete auch zu starker, durchschlagender Kriegführung. Wir konnten aber nicht darauf rechnen, mehr als drei Boote bis Ende des Jahres dort dauernd zu stationieren. Damit war kein großer Erfolg zu erwarten, zumal noch die lange überfahrt der Boote hinzukam. Das Hinübertragen des Krieges nach Amerika selbst erösfnete außerdem Aussichten aus eine Erweiterung des Krieges, die nicht im Verhältnis zu unseren Kräften ftand. Unser Kamps war ein Verteidigungskampf in Europa. Die Einmischung Amerikas in diesen Streit stand mit den besten amerikanischen Überlieferungen im Widerspruch. Es gab sicherlich eine große Menge urteilsfähiger Amerikaner, die bei nüchterner und gerechter Beurteilung aller Verhältnisse, die zum Weltkrieg geführt hatten, die Beteiligung Amerikas daran nicht billigten. Vielleicht erinnerten sie sich auch ihrer eigenen Unterdrückung und Freiheitsberaubung durch das englische Mutterland und an den Kampf um ihre Unabhängig, keit, den sie mit deutscher Unterstützung zum siegreichen Ende geführt hatten. Wenn an den französischen und englischen Küsten amerikanische Truppen zu Schaden kamen, so war das die unvermeidliche Folge der amerikanischen Einmischung in dle europäischen Streitigkeiten. Ganz anders aber mußte die Stimmung im Lande gegen uns aufgebracht werden, wenn wir ein Unternehmen be- gannen, für dessen erfolgreiche Durchführung uns doch die Kräfte fehlten und das dabei nur eine unnütz aufreizende Wirkung haben mußte. Die drei U-Boote an der amerikanischen Küste konnten keine wesentliche Verbesserung unserer U-Boots- Ersolge bringen. Die Entscheidung im U-Bootkrieg fiel einzig und allein durch die Frachtraumnot, und mußte im Haupt- sperrgebiet um England gesucht werden. Der Befehlshaber der U-Boote stimmte mit mir darin überein, daß jede Möglichkeit der Leistungssteigerung in diesein Gebiet ausgenutzt werden müsse. Aus allen Meeren strömte der Verkehr bei den britischen Inseln zusammen. Hier konnte er empfindlicher getroffen werden, als wenn man, den weitverzweigten Straßen nachgehend, ihn an den Ausgangspunkten zu fassen suchte. Auch wurde die durch amerikanische Transporte drohende Gefahr nicht abgewehrt, wenn ein Transport gelegentlich einem U-Boot bereits an der amerikanischen Küste zum Opfer fiel. Die Transporte konnten durch den gefährdeten Küstenstreifen doch leicht die freie See, unter Bedeckung oder bei Nacht, gewinnen. Die Schwierigkeit, aus dem ganzen Schiffsverkehr gerade die Transportdampfer herauszuschießen, hatte sich schon im englisch-französischen Sperrgebiet, wo alle Berkehrsstraßen aus dem Ozean zusammenmündeten, gezeigt. Hatte man dazu die französischen Südhäfen stärker besetzt, wie es oft versucht war, dann wurde der Verkehr von dort einfach umgeleitet, sobald sich U-Vootgesahr zeigte, und die Boote standen umsonst auf Station, ohne Ertrag im Handelskrieg zu erzielen. Nur die Tätigkeit im Hauptgebiet um England konnte die immer stärker anwachsende Frachtraumnot, die ihre Wirkungen nach den verschiedensten Richtungen hin ausstrahlte, so steigern, daß uns der Erfolg sicher war. Deshalb blieben aber die französischen Häfen nicht gänzlich unbewacht, namentlich die Minenboote waren vor ihnen tätig. Der Zuwachs an seetüchtigen und leistungsfähigen U - Kreuzern, die monatelang auf Station bleiben konnten, sollte uns eine Verbesserung unseres Verfahrens gegen den englischen Geleitzugsverkehr bringen. Sie waren imstande, die Geleitzüge schon weit in See aufzusuchen, an ihnen Fühlung zu halten und eine größere Zahl von U-Booten heranzuholen, sobald man sich deren Tätigkeitsgebiet näherte. Die Versuche eines gemeinschaftlichen Zusam- menwirkens der kleineren U-Boote ohne U-Kreuzer waren bisher daran gescheitert, daß es an geeigneten Booten für die Leitung gefehlt hatte. Das Prinzip des Ausklärungs- und Fühlunghaltens, das auch die Überwasserstreitkräfte anwenden, hatte uns schon lange als das Ideal für den U-Bootkrieg vorgeschwebt. Jetzt bot sich die Möglichkeit dazu, die wir nicht durch Abzweigung der geeigneten Fahrzeuge auf ein entlegenes Operationsgebiet versäumen durften. Das war für mich der ausschlaggebende militärische Grund, von einer Sperrgebietserklärung gegen die amerikanische Küste abzuraten, die infolgedessen auch unter- blieb. Der Obersten Heeresleitung war es an und für sich gleichgültig, welche Methode die Marine anwandte, wenn sie nur Erfolg dabei erzielte. Ihrem Verlangen, mehr Transportdampfer zur Strecke zu bringen, konnte nur dadurch entsprochen werden, daß die Versenkungen im ganzen gesteigert wurden. Das U-Boot muß annehmen, was ihm vors Rohr kommt. Natürlich sicherte der Feind die Transportdampfer auch ganz besonders stark und ließ sie die Gefahrzone zu einer für den U-Bootangriff möglichst ungelegenen Zeit passieren. Je mehr Dampfer im ganzen ausfielen, um so größer war die Wahrscheinlichkeit, auch Transportdampfer mitzutreffen. Wir näherten uns dem Kriegsziel mit dem U-Bootkrieg schneller, wenn das Sperrgebiet um England und an der französischen Küste unter möglichst starkem Druck gehalten werden konnte, als wenn eine Erweiterung des Sperrgebiets durch Einbeziehung der amerikanischen Küsten vorgenommen wurde. Für die Übernahme der Geschäfte des Admiralstabes war der 11. August vereinbart. Vorher hatte ich mich noch von der Flotte zu verabschieden. Das Kommando war meinem Nachfolger zu übergeben und die Vorbereitungen für die Organisation der Seekriegsleitung zu treffen. Die Wahl des Flottenchefs war auf Admiral v. Hipper gefallen. Seine große Flottenerfahrung und Bewährung in allen taktischen Lagen, 80 Deutschlands Hochseeflotte >m WMrles« 46S denen er mit seinen Kreuzern ausgesetzt gewesen war, ließen ihn als die geeignetste Persönlichkeit erscheinen, dem ich vertrauensvoll die Waffe in die Hand drücken konnte, mit der ich mich für immer verbunden glaubte. Die Trennung von der Flotte wurde mir durch Bekundung treuer Anhänglichkeit erschwert, aber ich hoffte ihr in meiner neuen Stellung weiterdienen zu können. Die Loslösung von meinem Stabe ging mir besonders nahe. Die Uneigennützigkeit des Chefs des Stabes, Konteradmiral v. Trotha, bewies sich auch hierbei, als er zugunsten der Seekriegsleitung auf einige seiner wichtigsten Mitarbeiter verzichtete. Der frühere Chef der Operationsabteilung beim Flottenkommando, Kommodore v. Levetzow, der inzwischen zum Führer der II. Aufklärungsgruppe aufgerückt war, hatte sich mir als Chef des Stabes zur Verfügung gestellt. Den zur Leitung des Seekrieges erforderlichen Befehlsapparat unter Leitung eines besonderen Chefs des Stabes nahm ich aus dem Admiralstab heraus und verlegte ihn in das Große Hauptquartier, wo ständige Fühlung mit dem Kaiser und der Obersten Heeresleitung möglich war, wie sie mir bei der zur Entscheidung drängenden Lage geboten erschien. Für die Leitung der Geschäfte in Berlin — im wesentlichen den Nachrichtendienst, Personal- und Materialbeschaffung und politische Angelegenheiten betreffend — wurde ein Stellvertretender Chef des Admiralstabes in der Person des Konteradmirals Friedrich v. Bülow ernannt. Damit war keine eigentliche organisatorische Änderung, sondern lediglich eine für den Krieg notwendige Umgruppierung des Admiralstabes erfolgt. Die grundsätzliche Verbesserung bestand in der Einräumung von Befehlsbefugnissen an die vom Chef des Admiralstabes auszuübende „Seekriegsleitung". Am 12. August begab ich mich in das Hauptquartier des Generalfeldmarschalls, um mich ihm in meiner neuen Stellung vorzustellen und mit ihm und General Ludendorff die Lage und die Absichten der weiteren Kriegführung zu besprechen. Beide Herren standen unter dem Eindruck des Ernstes der Ereignisse, die am 8. August eingetreten waren und unsere Landkriegführung in ausgesprochene Defensive gedrängt hatten. Sie erkannten beide an, daß die Hoffnung auf einen günstigen Kriegsausgang jetzt hauptsächlich auf die erfolgreiche Offensive der U-Boote gestellt sei, und auch General Ludendorff versprach, trotz der großen Personalnot, unter der die Armee litt, sein Möglichstes zu tun, um sie weiter ausbauen zu helfen. Bis für die Übersiedelung des Stabes der Seekriegsleitung die nötige Unterkunft in Spaa geschaffen war, wurde der Geschäftsbetrieb des Admiralstabes auf die neue Umgruppierung eingerichtet und die einleitenden Schritte für die geplante Förderung des U-Bootkrieges getan. Die Ergebnisse der letzten Monate des U-Bootkrieges hatten gezeigt, daß die Einzelerfolge der U-Boote ständig abnahmen. Hervorgerufen war das Sinken der Erfolgziffer hauptsächlich durch vervoll- kommnete und verstärkte feindliche Abwehrmaßnahmen sowie durch den Verlust alter und bewährter Kommandanten. Bei dem jetzigen Stande des U-Bootbaues war trotz des in Aussicht stehenden Zuwachses an U-Booten zu erwarten, daß die monatlichen Versenkungsziffern, die bereits auf 500 000 T. zurückgegangen waren, weiter sinken würden. Infolge der nach allen Nachrichten stetig steigenden Schiffsneubauten war zu befürchten, daß diese in absehbarer Zeit die Versenkungen übersteigen würden. Der Erfolg des U-Bootkrieges konnte dadurch ganz erheblich gemindert werden. Mit der Defensive allein konnten wir nicht zu einem brauchbaren Frieden kommen. Es war daher eine unerläßliche Notwendigkeit, unser einziges Offensivmittel mit aller Deutschland zur Verfügung stehenden Kraft so auszubauen, um zu unserm Ziel, einem brauchbaren Frieden, zu kommen. Auch für die Friedensverhandlungen erschien es vorteilhaft, daß wir in Gestalt einer starken U-Boot- waffe unseren Feinden gegenüber ein Druckmittel in der Hand hatten. ÜU' Großes im U-Bootkrieg konnte aber nur geleistet werden, wenn sich die ganze Industrie Deutschlands in den Dienst der Aufgabe stellte. Ich hatte mich mit den führenden Persönlich, keiten der Industrie in Verbindung gesetzt und in einer gemeinsamen Besprechung mit ihnen und dem Reichsmarineamt folgende Monatsleistung als Zuwachs an U-Booten als not- wendige Forderung ausgestellt: Im letzten Vierteljahr .... je 16, im ersten Vierteljahr 1919 .... je 20, im zweiten Vierteljahr .... je 25, im dritten Vierteljahr .... je 30. Vom U-Bootamt hatte ich auf meine Frage, warum im Januar 1917, als der uneingeschränkte U-Bootkrieg beschlossen war, nicht mehr Boote, als tatsächlich geschehen, in Bau gegeben worden seien, die Antwort erhalten: Auf Grund des Beschlusses des verschärften U-Bootkrieges ist eine großzügige U-Bootbestellung zunächst nicht erfolgt. Im Februar 1917 sind lediglich 6 U-Boote des Normaltyps, 45 U.-B.-Boote und 3 Handelsboote bestellt worden. Eine größere Bestellung von 95 U-Booten erfolgte erst im Juni 1917. Eine bestimmte Auskunft über den Grund dieser Baupolitik war nicht zu erhalten, jedenfalls war fie stark beeinflußt worden durch die vom Chef des Admiralstabes vertretene Auffassung, daß der U-Bootkrieg innerhalb einer bestimmten Frist seine Wirkungen erzielen würde und die vorhandenen Boote dazu ausreichten. Auch herrschte im Reichsmarineamt die Auffassung, daß man der Leistungsfähigkeit der Industrie nicht mehr zutrauen könne. Nach Gründung des U-Bootamts am 5. Dezember 1917 wurden noch in demselben Monat vom U-Amt 120 Boote vergeben und im Januar 1918 220 weitere Boote. In den einzelnen Monaten des Jahres 1918 waren die Lieferungszahlen noch bedingt durch die bisherige Baupolitik: Januar Februar März April Mai Juni Juli August . September Mit diesen Zahlen wurde zwar der Abgang gedeckt, aber kein erheblicher Zuwachs am Bestand erzielt. Um die Leistung wieder auf über 500 000 t monatlich zu steigern, brauchten wir eine höhere Ablieferungsziffer, als durchschnittlich etwa 8 Boote im Monat. Auf eine weitere Frage, ob es dem U-Amt möglich gewesen wäre, die Zahl der Boote zu steigern, und, falls ja, welche Widerstände dem entgegengewirkt hätten, erhielt ich Ausschluß: Das U-Amt war unablässig bestrebt, die Zahl der Boote zu steigern und hatte lediglich durch Arbeiterzuweisung eine Steigerung der monatlichen Belieferungen bis auf 23 Boote bis Ende 1919 vorgesehen Der Hinderungsgrund lag in der Arbeiterzuweisung. Obwohl das Kriegsamt alles nur Mögliche tat und das U-Amt unablässig drängte, war es nicht möglich, von der O. H. L. die erforderlichen Arbeiter nach Zahl und Qualität zu erlangen. Ein Telegramm der Obersten Heeresleitung vom Juni 1918 begründete die Ablehnung wie folgt: „Durch das Kriegsamt erfahre ich, daß das Reichsmarineamt für Kaiserl. Werften Danzig, Wilhelmshaven und Reiherstiegwerft Hamburg sofortige Bereitstellung von 2200 Facharbeitern und zum 1 Oktober weitere fast 900 Facharbeiter gefordert hat Dem Heere können Arbeitskräfte nicht mehr entzogen werden, die Heimat muß dem Heere in erhöhtem Maße Ersatz zuführen, ist aber bei weitem nicht imstande, damit die Verluste zu ersetzen. Die Ersatzgestellung für das Heer ist zur Zeit das dringendste Gebot der Stunde. Infolgedessen wird eine Abgabe von Facharbeitern aus der Heimat kaum möglich sein. Daher bitte ich erneut, die Arbeiterverhältnisse eingehend zu prüfen und sich nach Möglichkeit aus den eigenen Beständen selbst zu helfen. Auch bitte ich die Verwendung von Fachpersonal aus neutralen Staaten und besetzten Gebieten (Neval, Libau usw.) in Betracht zu ziehen." Ich war schon als Flottenchef mit verschiedenen Anträgen auf Besserstellung der Kaiserl. Werften mit Arbeitskräften mit der Entgegnung abgewiesen worden, daß die nötigen Arbeiter nicht aufzubringen wären und hatte daraus den Eindruck gewonnen, daß zwischen den obersten Marinestellen in Berlin und der Obersten Heeresleitung nicht die notwendige enge Verbindung bestand, um die beiderseitigen Bedürfnisse so abzuwägen, daß das gemeinschaftliche große Ziel mit Sicherheit erreicht werden konnte. Das war für mich auch der ausschlaggebende Grund gewesen, durch dauernde Verbindung im Großen Hauptquartier mit der Obersten Heeresleitung die personellen und materiellen Kräfte des Landes da anzulegen, wo ihnen die größte Ausnutzungsmöglichkeit blühte. Als durch die Kriegsereignisse im Jahre 1918 der Schwerpunkt des Krieges ganz nach dem Westen gerückt war, lag auch für die Seekriegsleitung kein Grund mehr vor, sich an der Zentralstelle in Berlin aufzuhalten und dadurch die Möglichkeit eines engen Zufammenarbeitens preiszugeben. Die Auswertung der Seekriegführung mußte in die Pläne der Obersten Heeresleitung mit einbezogen und für sie ausgenutzt werden. Wenn dem Erfolge der U-Bootoffensive eine Entscheidung zugesprochen wurde, so konnte der Landkrieg einige Kräfte sparen und für die Zwecke der Marine abgeben. In dieses Stadium waren mir jetzt durch den Zwang der Verhältnisse geraten. Die Marine selbst mußte natürlich in erster Linie alles entbehrliche Personal für U-Bootbau und U-Boot- Jndienststellungen hergeben. Das ließ sich nur erreichen, wenn die Seekriegsleitung rücksichtslos durchgriff. Trotz der bedrängten Lage unserer Westfront zog der Erste Generalquartiermeister die nötigen Konsequenzen, als ihm die materielle Durchführbarkeit des neuen U-Boot- programms nachgewiesen worden war, dessen Ausführbarkeit von der Zuweisung von etwa 40—60 000 Arbeitern abhängig blieb. Für die nächsten Monate genügte eine wesentlich geringere Zahl, um eine schnellere Ablieferung der noch im Bau befindlichen Boote zu erreichen. Für die Bereitstellung des militärischen Personals der neuen U-Boote war es notwendig, im erhöhten Maße auf den Personalbestand der Flotte zurückzugreifen und die nötigen Maßregeln sofort zu treffen, weil die Ausbildung der Kommandanten und Wachoffiziere für den U-Bootsdienst, um sie mit den technischen Einrichtungen der Boote vertraut zu machen und ihnen die nötige Schießfertigkeit zu geben, mehrere Monate Zeit erforderte. Sämtliche in der Heimat befindlichen U-Bote, auch die U-Kreuzer, wurden dem Flottenkommando unterstellt. Auf diese Weise gewann der Befehlshaber der U-Boote den nötigen Einfluß auf die Ausbildung des gesamten U-Boot-Personals, und die Flotte unterstützte ihn dabei, das geeignete Personal auszusuchen. Denn sie trug selbst die Hauptverantwortung für die Durchführung und damit den Erfolg des U-Bootkrieges. Für den von seinem Amt zurückgetretenen Staatssekretär, Admiral v. Capelle, wurde der bisherige Leiter des U-Boots- amtes, Vizeadmiral Ritter v. Mann-Tiechler, zum Staatssekretär des Reichsmarineamts ernannt, weil die Hauptaufgabe dieses Amtes nun Förderung des U-Bootbaues war, und alle übrigen Ersatzbauten an Überwasserstreitkräften, die auf den Kriegserfolg doch keinen Einfluß mehr ausüben konnten, auf- gegeben oder zurückgestellt wurden, um auch die schiffbauliche Leistungsfähigkeit nur für die eine Aufgabe auszunutzen. Unmittelbar nach der am 10. September erfolgten Übersiedelung der Seekriegsleitung ins Große Hauptquartier bot sich Gelegenheit, die Vorteile des engen persönlichen Gedankenaustausches zu erkennen, als über die Behandlung der spanischen Frage Beschluß zu fassen war. Unter der Beeinflussung der Entente zeigte sich die jetzt am Ruder befindliche spanische Regierung geneigt, von der bisher beobachteten korrekten Hol- tung in der Aufrechterhaltung ihrer Neutralität abzuweichen, indem sie Forderungen stellte, die sich aus dem U-Bootkrieg ergaben und auf eine offensichtliche Unterstützung der Entente hinausliefen. Die spanische Regierung erhob den Anspruch, von den in ihren Häfen befindlichen deutschen Handelsschiffen für jedes im Sperrgebiet versenkte spanische Schiff eine entsprechende Tonnage mit Beschlag zu belegen. Wir waren bereit, für solche Schiffe, die außerhalb des Sperrgebietes versenkt wurden, Ersatz in natura zu leisten, und, um die spanische Zufuhr nicht in Bedrängnis zu bringen, die Ersatzleistung nicht erst von der Untersuchung, ob die Versenkung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt sei, abhängig zu machen, sondern das später dem Schiedsgerichtsverfahren zu überlassen. Für die im Sperrgebiet versenkten Handelsschiffe mußten wir dagegen den Ersatz- Anspruch auf das entschiedenste zurückweisen, weil sonst dieselbe Forderung mit Recht von den übrigen Neutralen erhoben wäre und den Erfolg des U-Bootkrieges illusorisch gemacht hätte. Es wäre ein Widersinn gewesen, wenn wir für die von uns rechtmäßig versenkten Schiffe den Ersatz aus unfern eigenen Beständen geliefert hätten. Es handelte sich im ganzen um 875 000 Tonnen deutscher Tonnage, die auf diese Weise automatisch dem neutralenHandel, der oufEngland fuhr, zugeführt worden wäre, ohne daß wir selbst davon den geringsten Nutzen hatten. Es bestand im Gegenteil noch die Gefahr, daß auch diese Schiffe unfern eigenen U-Booten zum Opfer fielen. Ebensowenig war ein anderer Vorschlag des Auswärtigen Amtes ausführbar, daß Spanien seinen Handelsverkehr durch das Sperrgebiet zu Geleitzügen zusammenstelle, die dem Zugriff unserer U-Boote entzogen sein sollten. Die mündlichen Verhandlungen zwischen der Obersten Heeresleitung, dem Auswärtigen Amt und der Seekriegsleitung ergaben in kürzester Zeit Übereinstimmung über das Spanien gegenüber einzuschlagende Entgegenkommen, ohne unseren grundsätzlichen Standpunkt der Aufrechterhaltung des Sperrgebietes zu verlassen und die Gefahr, auch Spanien aus die Seite unserer Gegner zu drängen, zu beseitigen. Die vorher wochenlang zwischen den Behörden in Berlin darüber gepflogenen Verhandlungen hatten zu keinem Ergebnis geführt. Die hier erhobenen Ansprüche waren aber auch nur eine bedauerliche Folge des früher auf diesem Gebiete bezeugten Entgegenkommens, das nur dazu führen konnte, die Begehrlichkeit immer weiter zu steigern, so daß es schwer wurde, sie zurückzuweisen, ohne die Gefahr ernster Konflikte heraufzubeschwören. Am 16. und 17. September besuchte ich die flandrische Seefront und überzeugte mich von den unter Leitung des Kommandierenden Admirals v. Schröder getroffenen, in jeder Hinsicht vorbildlichen Vorkehrungen zur Abwehr einer feindlichen Landung und lernte die Einrichtungen des U-Bootftützpunktes in Brügge kennen. Der Wert der Stellung beruhte in dem Flankenschutz, der durch Anlehnung der Heeresfront an die Küste notwendig geworden war. Um diese Stellung nicht vom Rücken her durch eine Landung von Truppen anfassen zu können, war eine starke Befestigung der ganzen Strecke von Nieuw- port an der Usermündung bis zur holländischen Grenze eingerichtet worden. Zeebrügge, das mit dem weiter zurückgelegenen Brügge durch einen tiefen Seekanal verbunden war, diente als U-Boot-Stützpunkt. Da zu erwarten war, daß diese starke Stellung hauptsächlich von See aus angegriffen werden würde, war die Besetzung der Küftenwerke der Marine zugefallen. Die Landverteidigung am äußersten rechten Flügel der Front, die in enger Verbindung mit der Küstenverteidigung stand, hatten ebenfalls Marinemannschaften, die in Matrosenregimentern zusammengefaßt waren, übernommen. Die Stellung war auch von den Engländern als so widerstandsfähig erkannt worden, daß sie sich bisher gescheut hatten, zur Beschießung von Werft und Schleusen Schlachtschiffe aufs Spiel zu setzen. Sie hatten eigens dafür geeignete Fahrzeuge gebaut, Monitore, mit geringem Tiefgang und mit einem starken Kaliber bestückt, denen cs aber bei ihren vielfachen Versuchen nicht gelungen war, ernstlichen Schaden anzurichten. Der Marinestützpunkt, zu dem sich Brügge mit der Zeit ausgebildet hatte, war den Engländern doch so lästig geworden, daß sie die ungeheuren Opfer in den verschiedenen Flandernschlachten nicht gescheut haben, um unsere Front an dieser Stelle von vorn her zu durchbrechen. Der einzige Versuch, den sie am 22. und 23. April 1918 unternommen hatten, um den Seekanal bei Zeebrügge und den Hafen von Ostende zu verblocken und damit unseren U-Booten das Auslaufen unmöglich zu machen, war mißlungen. Der mit großem Schneid ausgeführte Angriff unter dem Schutze von künstlichem Nebel hatte unsere Bewachung aus dem Posten gefunden. Zwei ältere Kleine Kreuzer, die bis in die Kanalmündung vorgedrungen waren, wurden versenkt, ehe sie ihr Ziel, die Schleusentore, erreicht hatten, die unbeschädigt blieben. Die Sperrung, welche die im Fahrwasser liegenden beiden Kreuzer für unsere U-Boote bilden sollten, konnte umgangen werden, so daß die Verbindung zwischen dem Hafen Zeebrügge und der Werft Brügge keinen Tag unterbrochen gewesen ist. Ein anderer Kreuzer, „Vindictive", dessen Kommandant es mit großem Schneid und seemännischem Geschick fertigbekommen hat, an der Mole anzulegen, um dort ein Detachement von 400 Seesoldaten, die sich an Deck befanden, mit Sturmleitern entern zu lassen, erreichte seinen Zweck ebenfalls nicht. Nach schweren Verlusten sah er sich genötigt, wieder abzulegen, und nur etwa 40 Mann war es gelungen, auf die Mole zu kommen, wo sie bis auf einen Hauptmann und 12 Mann in hartem Kampfe niedergemacht wurden. Die gleichzeitig gegen Ostende vorgesandten Schiffe „Brillant" und „Sirius" erreichten ihr Ziel nicht und strandeten brennend östlich der Mole. Einem englischen U-Boot war es gelungen, die Gitterbrücke der Mole Zeebrügge zu erreichen und das Gerüst zu sprengen, so daß die Verbindung des äußeren Teiles der Mole mit dem Lande zeitweise unterbrochen war. Die Absicht, damit eine Hilfeleistung für die Molenbesatzung vom Lande her abzuschneiden, um sie leichter über- ^ wältigen zu können, war an der Tapferkeit des Wachtkomman- dos gescheitert. Gegen solche Überrumpelung gibt es keine völlige Sicherheit, denn für die weiter rückwärts gelegenenen Küstenwerke ist es schwer, bei Nacht und Nebel herankommende Sperrsahr- zeuge rechtzeitig niederzukämpfen. Mit der Wiederholung eines derartigen Versuchs mußte aber doch gerechnet werden. Dafür war die Molenverteidigung noch starker ausgebaut worden, so daß ein neuer Versuch wohl ebensowenig Glück gehabt hätte. Herannahende Fahrzeuge schon weiter in See durch Minen abzuweisen, hatte man aber unterlassen, weil unsere eigenen U-Boote dadurch mitgefährdet werden konnten. Obgleich sich zurzeit keine Anzeichen bemerklich machten, daß ein Angriff an der Landfront nahe bevorstände, mußte doch angesichts der Gesamtlage mit der Möglichkeit gerechnet werden, daß der Schutz, den die Landfront für den U-Boot-Stützpunkt bot, bei den geringen Reserven, die uns zur Verfügung standen, durchbrochen werden konnte. Dies um so mehr, sobald der Feind erkannt haben würde, daß wir uns im bevorstehenden Kriegsabschnitt hauptsächlich auf die U-Bootoffensive einzustellen gedachten. Der Verlust von Brügge wäre für die Durchführung des U-Bootkrieges ein sehr unangenehmer Ausfall gewesen, namentlich deshalb, weil die Hilfsmittel der dortigen Werft, die etwa 7000 Arbeiter beschäftigte, dann nicht mehr zur Verfügung standen. Die U-Boote selbst aber hätten von der Nordsee aus angesetzt werden können, so daß der Ausfall immerhin zu verschmerzen war. An dem bisherigen Erfolge des U-Bootkrieges waren die Flandernboote mit 23 Prozent des Gesamtergebnisses beteiligt. Sie hatten insgesamt 3 342 000 t versenkt, worin die Minen- ersolge nicht mitenthalten sind. Nach meiner Rückkehr hatte ich am 18. September eine Besprechung mit General Ludendorff über die Gefahr, welche der Flandern-Stellung drohte. Ich erhielt die Auskunft, daß die Kriegslage wohl eine Räumung der flandrischen Stellung notwendig machen könne. Diese würde bei den Vorkehrungen, die vom Marinekorps getroffen waren, 8—14 Tage erfordern, um die dort vorhandenen wertvollen Bestände an Kriegsmaterial und Werfteinrichtungen in Sicherheit zu bringen. Da die rechtzeitige Ankündigung dieser Frist von der Obersten Heeresleitung nicht bestimmt zugesagt werden konnte, eine unmittelbare Gefahr jedoch nicht vorlag, wurde im Interesse der möglichst langen Fortführung des U-Bootkrieges von Flandern aus das Risiko des Verlustes, falls doch eine schnellere Räumung erfolgen mußte, von der Seekriegführung in den Kauf genommen. Die Oberste Heeresleitung übernahm es aber, uns rechtzeitig von allen Anzeichen zu unterrichten, die auf die Notwendigkeit der Räumung hindeuten würden. Es wurde dafür Sorge getragen, die dort vorhandenen Bestände nicht weiter zu vermehren, sondern nur auf der unbedingt erforderlichen Höhe zu halten. Im Laufe des September nahmen die Verhandlungen mit der Industrie und den Schiffsbauwerften ihren Fortgang, um die Möglichkeit des erweiterten U-Boot-Bauprogramms festzustellen. Am 24. September konnte das Reichsmarineamt der Seekriegsleitung Mitteilen, daß die Durchführbarkeit im großen und ganzen feststehe. Ich hatte im Hinblick auf die erhöhte Bedeutung, die den U-Booten nun zufiel, um dem Ausgang des Krieges noch eine günstige Wendung zu geben, Sr. Majestät vorgeschlagen, die U-Bootschule in Kiel zu besuchen. Se. Majestät begab sich dazu am 23. September vom Großen Hauptquartier aus nach Kiel und besichtigte am 24. zunächst die Torpedowerkstatt und die für die Zwecke des U-Bootkrieges bedeutend erweiterte Anlage der Kaiserlichen Werft. Bei Kriegsbeginn war die Torpedowerkstatt in Friedrichsort die einzige Stelle für unsere Torpedoerzeugung: während des Krieges waren noch die Maschinenfabrik vorm. L. Schwartz- lopff in Berlin, die sich in weiter zurückliegenden Jahren auch mit Torpedofabrikation beschäftigt hatte, und andere Fabriken zum Bau mit herangezogen worden. Unter Leitung des Direktors der Torpedowerkstatt, Konteradmirals Hering, war es gelungen, den außerordentlich gesteigertenAnforderungen an die Herstellung von Torpedos voll zu entsprechen und die Bestände der Flotte und der Torpedoboote selbst dabei auf der nötigen Höhe zu halten, vor allem aber die Konstruktion der Waffe ganz erheblich zu verbessern. Während die Schiffe des II. Geschwaders (,,Deutschland"-Klasse) und die gleichzeitig gebauten älteren Torpedoboote noch mit Torpedos ausgerüstet waren, die eine Ladung von 120 Kilo Schießbaumwolle und eine Laufstrecke von 2200 ra bei 24 Knoten Torpedogeschwindigkeit hatten, führten die meisten Schiffe jetzt einen Torpedo von 50 om Kaliber mit einer Laufstrecke von 10 300 m bei 28 Knoten Geschwindigkeit. Bei den neuesten Schiffen, von „Baden" und „Bayern" an, war die Laufstrecke noch weiter, auf 16 500 n» bei 251/2 Knoten Geschwindigkeit, gesteigert, das Kaliber aus 60 cm gewachsen. Die Sprengladung dieser neuesten Torpedos war erhöht auf 250 Kilo und bestand aus einem Sprengstoff, der die dreifache Sprengkraft der Schießbaumwolle besaß. Die U-Bootschule hatte ihren Standort in Eckernförde erhalten. Sie sollte die neuen U-Bootbesatzungen mit der Hand- habung der Boote und ihrer Armierung vertraut machen, besonders aber die Schießausbildung betreiben. Alle neu fertiggestellten Boote traten zunächst noch für einige Zeit auch zur U-Bootschule, um für die militärischen Aufgaben, die ihnen nun gestellt werden sollten, Vorübungen durchzumachen. Die Bucht von Eckernförde war wegen ihrer gleichmäßigen und großen Wassertiefe besonders für Tauchübungen geeignet. Sie hatte außerdem infolge ihrer Abgelegeuheit nur geringen Verkehr und war nicht wie der Kieler Hafen durch Sperren abgeschlossen, deren Durchfahren immer Zeitverlust mit sich brachte. In dem vor ihr liegenden weiten Becken der Kieler Bucht konnten Angriffsübungen in großem Stile unter kriegsmäßigen Verhältnissen ausgeführt werden. Hierfür wurden sogar besondere Ge- leitzüge zusammengestellt, die nach dem englischen Vorbilde von Bewachungsfahrzeugen umgeben waren; auch der Anstrich der Dampfer war so gewählt worden, wie er mit der Zeit von englischen Schiffen ausgebildet worden war, um den Schützen am Sehrohr irre zu führen. Diese in den seltsamsten Farbenzusammenstellungen ausgeführten Anstriche waren gegeignet, sowohl über die Größe der Dampfer als auch ihre Fahrtrichtung zu täuschen, um zu Fehlschüssen zu verleiten. Es befanden sich zur Zeit über 200 Offiziere, die als Kommandanten oder Wachoffiziere auf U-Booten Verwendung finden sollten, in der Ausbildung. Die Leitung der Schule stand unter dem Befehl des Korvettenkapitäns Eschenburg, der es verstanden hat, den U-Bootschülern eine ausgezeichnete Ausbildung zu geben und dadurch Verluste der für uns so kostbaren U-Boote zu vermeiden, sowie auch mit den mitgenommenen Torpedos eine möglichst hohe Trefferzahl zu erzielen. Er hat dies erreicht, trotzdem die Zahl der U-Boote, die ihm zur Verfügung stand, sehr gering war, weil naturgemäß alles dahin drängte, wirklich fahrbereite Boote in der Front zu verwenden. Der Eindruck, den Se. Majestät von der Besichtigung am 25. September erhalten hatte, spiegelte sich in der Ansprache wider, die er vor seiner Abreise an Bord des Schulschiffes an die versammelten Kommandanten hielt. Er war sichtlich von dem tiefen Ernst der Aufgabe durchdrungen, die er dieser tatenfrohen und opferbereiten Schar zu stellen hatte, als er der Überzeugung Ausdruck verlieh, daß das Vaterland sich in den Erwartungen, die es auf die U-Bootkommandanten setzen müsse, nicht getäuscht sehen würde. Unwillkürlich drängte sich der Gedanke auf: morlturi tk sLlutaot. Niemand von uns ahnte, daß die Lage im Landkrieg auf möglichst baldige Einstellung aller Kampfhandlungen hindrängte und der U-Bootkrieg in wenigen Wochen preisgegeben werden würde. Bei der Rückreise in das Große Hauptquartier über Berlin traf am nächsten Tage die Nachricht von dem Zusammenbruch der bulgarischen Front ein, die ernsteste Befürchtungen für das weitere Festbleiben unserer anderen Bundesgenossen hervorrief und die Gefährdung unserer Südostfront bedeutete. Diese Nachricht hatte auch Se. Majestät veranlaßt, am 29. September vormittags wieder in Spaa einzutreffen, nachdem er vorher kurzen Aufenthalt in Kassel genommen hatte. Als ich auf der Fahrt nach Spaa mit dem Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, v. Hintze, zusammentraf, teilte er mir mit, daß die Lage äußerst ernst geworden sei und noch an diesem Vormittag ein entscheidender Vortrag über die weiteren Maßnahmen bei Sr. Majestät stattfinden würde. Trotzdem ich ihm den Wunsch aussprach, daran beteiligt zu werden, geschah dies nicht, und ich erfuhr erst am Nachmittag, was sich zugetragen hatte. General Ludendorff teilte mir mit, daß die Oberste Heeresleitung Sr. Majestät gemeldet habe, die Kriegslage erfordere die unverzügliche Einleitung von Waffenstillstands- und Frie- densverhandlungen. Den innerpolitischen Folgen, die sich daraus ergäben, werde der Kanzler Rechnung tragen. Eine nähere Aussprache darüber unterblieb. Ich konnte mich in die Seele des Generals versetzen, nach jahrelangen, ruhmreichen Kämpfen jetzt auf dies Ergebnis als Abschluß seiner mit unvergleichlicher Willensstärke durchgeführten Tätigkeit sehen zu müssen, und beschränkte mich deshalb auf die für die Marine zunächst in Betracht kommenden Feststellungen. Es handelte sich um die Räumung Flanderns und die Durchführung des großen U-Bootprogramms. An die Erhaltung Brügges für den U-Bootkrieg war nicht zu denken. Dagegen befürwortete General Ludendorff das Festhalten an dem Plan der Verstärkung der U-Bootwaffe. Die darin liegende Drohung könne ebenso nützlich für die Erlangung des von der Armee gewünschten Waffenstillstands sein, wie es nötig sein würde, alle Kräfte für den Fall der Ablehnung anzuspannen. Hiernach begab ich mich sofort zu Sr. Majestät, um seine Zustimmung zur Räumung des flandrischen U-Boot-Stütz- Punktes und dem Festhalten an unseren U-Bootbau-Bau- absichten einzuholen, die auch erteilt wurde. In Anbetracht der schwerwiegenden Entscheidungen, die der heutige Tag dem Kaiser gebracht hatte, war die Haltung Sr. Majestät bewunderswert ruhig und fest. Er äußerte sich nach Erledigung der die Marine betreffenden Fragen etwa noch folgendermaßen: Wir hätten den Krieg verloren. Er habe gehofft, daß Goti es anders lenken würde, und er hoffe, daß das deutsche Volk treu zu ihm stehen würde. Heer und Volk hätten sich glänzend verhalten, die Politiker aber leider nicht. Der Reichskanzler habe ihm gemeldet, daß er gehen müsse. Se. Majestät habe daher den Grafen Roedern und den Kabinettschef v. Berg beauftragt, einen neuen Kanzler vorzuschlagen. Es werde schwer sein, den richtigen zu finden. Das neue Kabinett müsse auf breiterer Grundlage gebildet und auch Vertreter der linksstehenden Parteien darin ausgenommen werden. Noch an demselben Abend wurde dem Marinekorps der Befehl übermittelt, Flandern als U-Boot-Stützpunkt aufzugeben und planmäßig zu räumen; die Oberste Heeresleitung rechne mit der schrittweisen Räumung Flanderns; die Preisgabe von Antwerpen sei vorläufig nicht beabsichtigt. Die zum 1. Oktober anberaumte Sitzung in Köln mit Vertretern der Industrie und der Schiffswerften, zu der sich auch der Staatssekretär des Reichsmarineamts, Ritter v. Mann, und als Vertreter der Obersten Heeresleitung Oberst Bauer eingefunden hatten, ergab allgemeine Übereinstimmung, daß das erweiterte U-Bootprogramm bei Gestellung der erforderlichen Arbeiter, die namentlich auf den Schiffswerften gebraucht wurden und sich aus insgesamt 69 000 Köpfe beliefen, durchführbar sei. Im Jahre 1918 wurden davon zunächst nur 15—20 000 Mann beansprucht. An dem nötigen Rohmaterial fehlte es der Industrie nicht; die bisher für andere Zwecke, z. B. Brückenbau in Rumänien, beanspruchten Werke müßten allerdings von allen diesen Arbeiten befreit werden. Der Vertreter der Obersten Heeresleitung erklärte die Bereitwilligkeit der Armee, das Vorhaben mit allen Mitteln zu unterstützen. Über die veränderte Lage an der Heeresfront fühlte ich mich nicht befugt, Aufklärungen zu geben, wies aber darauf hin, daß das Festhalten an diesem Plan der einmütige Wille der Kriegsleitung sei, welche Ereignisse auch immer an der Heeresfront eintreten könnten, da der Zusammenbruch im Südosten ernste Folgen für uns nach sich ziehen könne. Infolge der am 5. Oktober an den Präsidenten der Vereinigten Staaten von dem neuen Reichskanzler, Prinz Max von Baden, gerichteten Friedensnole wurde bei der Seekriegsleitung für die erwarteten Verhandlungen eine Waffenstillstandskommission gebildet, die in Gemeinschaft mit der von der Obersten Heeresleitung unter dem Vorsitz des Generals v. Gündell errichteten Kommission ihre Beratungen aufnehmen sollte. Als Vorsitzender der Marinekommission war Konteradmiral Meurer ernannt und ihr ferner noch die Kapitäne z. S. Vanfelow, Raeder und Kapitänleutnant Kiep zugeteilt. 81. DoutMaiidZ Hechsieslollc im WMrie,« In einer Besprechung, die ich am 6. Oktober mit General Ludendorff hatte, um gemeinschaftliche Richtlinien für die Verhandlungen aufstellen zu können, stellte ich die Frage, zu welchen Zugeständnissen zur Erlangung des Waffenstillstandes die Oberste Heeresleitung bereit sei; ich nähme an, daß diese nur so weit gingen, um uns nötigenfalls die Wiederaufnahme der Waffen mit Aussicht auf Erfolg zu ermöglichen. Diesen Grundsatz bestätigte General Ludendorff. Die Oberste Heeresleitung würde einer abschnittsweisen Räumung des im Westen besetzten Gebietes zustimmen und als ersten Abschnitt etwa die Linie Brügge—Valenciennes, als zweite die von Antwerpen—westlich Namur zur Maas annehmen. Einer Forderung, Metz dem Gegner einzuräumen, würde die O. H. L. nicht zustimmen können. Der Reichskanzler habe zwar weiteres Entgegenkommen gewünscht, sich aber auch wegen der technischen Schwierigkeiten dem Vorschlag der O. H. L. angeschlossen. Für die Marine war dis wichtige Frage, ob während des Waffenstillstandes der U-Bootkrieg ruhen sollte. Da das Auswärtige Amt erklärt harte, ohne dieses Zugeständnis einen Waffenstillstand unmöglich erreichen zu können, erklärte ich mich zur Einstellung des U-Bootkriegs für die Dauer des Waffenstillstandes bereit, betonte aber, daß dafür andere Zugeständnisse in Gestalt von Zuführung wertvoller, in neutralen Häfen liegender Schiffe sowie von Rohstoffen und Lebensmitteln einzuhandeln seien. Die Fortführung der Blockade war unbillig, wenn wir den U-Bootkrieg einstellten. Bezüglich der Verwendung des Marinekorps wurde festgesetzt, daß die im Felde verwendungsfähigen Teile desselben, wie die Matrosen- und Marineinfanterie-Regimenter, sowie die beweglichen Batterien der Matrofenartillerie-Regimenter der Armee zur Verfügung gestellt wurden, alles übrige Personal zur Marine zurücktreten solle. Das Marinekorps in Flandern hatte damit zu bestehen aufgohört. Es war am 3. September 1914 als Marine-Division unter Führung des Admirals v. Schröder gegründet und hatte sich an der Einnahme Antwerpens am 10. Oktober 1914 ehrenvoll beteiligt. Am 8. No- vember 1914 wurde die Marine-Division zum Marinekorps erweitert. Das Generalkommando hatte sein Hauptquartier in Brügge erhalten. Die Jnfanterietruppen des Marinekorps bestanden aus den drei Matrosen-Regimentern und der Marine- Infanterie. Namentlich die letztere hatte an den großen Flandernschlachten im Jahre 1916 und 1917 rühmenswerten Anteil gehabt. Die Seefront war von Matrosen-Artillene-Regimentern besetzt gewesen. Es waren dort 30 Kanonen schwersten Kalibers aufgestellt worden, darunter fünf 38-cm-, vier 30,5-cm-Geschütze und außerdem eine große Zahl Schnelladekanonen von 21- bis 10,5 cm Kaliber herunter. Sie hatten bisher jeden Angriff von See her abgeschlagen. Die U-Bootflottille Flandern war am 29. März 1915 gegründet. Ihr hatten bis zu 37 U-Boote gleichzeitig angehört. Das hohe Gesamtergebnis der von dieser Flottille gelieferten U-Bootbeute ist unter schweren Verlusten erzielt worden, die keine Flottille so hart betroffen haben wie die Flandern-Boote, gegen die sich die schärfste Abwehr des Gegners richtete. In Flandern waren außerdem noch zwei Flottillen großer Torpedoboote und zahlreiche Minenräumboote tätig gewesen. In zahlreichen Nachtvorstößen in den englischen Kanal und an die englische Küste, durch Beschießung befestigter Plätze, wie Margate, Dover und Dünkirchen, haben sie sich hervorgetan, außerdem waren sie dauernd in Anspruch genommen bei der Räumung der gegen das Herauskommen unserer U-Boote ausgelegten Sperren. Auch bei den Torpedobooten war die Zahl der durch Minen und Bombentreffern von Fliegern erhaltenen Beschädigungen und Verlusten wesentlich höher als auf den anderen Kriegsschauplätzen. Die Räumung der Werft in Brügge und der Einrichtungen von Zeebrügge war planmäßig und ohne Störung durchgeführt worden. Die schwimmenden Streitkräste waren durch die Nord- 31' sec nach Wilhelmshaven zurückgekehrt: 11 große, 13 kleine Toi- pedoboote, alle U-Boote bis auf vier waren bereits nach der Nordsee entlassen und dort ohne Zwischenfälle eingetroffen. Nur vier Torpedoboote, die zur Fahrbereitschaft noch einiger Jnstand- setzungsarbeiten bedurften, sollten in den nächsten Tagen folgen. Als nichtüberführungsbereit mußten vier U-Boote und zwei große Torpedoboote vernichtet werden. Auf der Werft in Gent lagen noch drei große Torpedoboote, deren Zustand eine Überführung nach der Nordsee nicht möglich machte. Sie sollten nach Antwerpen geschafft und entweder gesprengt oder in Holland interniert werden. Die schnellen Torpedo-Motorboote, die sich noch im August durch einen erfolgreichen Vorstoß nach Dünkirchen hervorgetan hatten, waren nachAntwerpen gegangen und wurden von dort mit der Bahn nach Kiel verfrachtet. Die Seeflugzeuge des Marinekorps hatten sich auf dem Luftwege nach der Nordsee zurückbegeben. Die Landflugzeuge und Jagdstaffeln traten ebenso unter das Armee-Oberkommando 4 wie die übrigen feldverwendungsfähigen Marineteile. Von den schweren Geschützen der Seefront konnten nur zehn 28 cm Eisen- bahngeschütze abtransportiert, alle übrigen Geschütze mußten mit der Räumung der Batterien gesprengt werden. Ebenso wie das Zurückverlegen unserer Westfront die Preisgabe des Stützpunktes in Flandern zur Folge hatte, mußten die Ereignisse auf dem Balkan zu einer Zurückziehung unserer dortigen Streitkräfte führen, sobald die Türken einen Sonderfrieden schlossen und die Adriastützpunkte für U-Boote ausfielen. Der Panzerkreuzer „Soeben" bot den letzten Rückhalt für die Dardanellenverteidigung. Die Türkei hatte unsere Zusage, daß ihr das Schiff nach dem Kriege überlassen werden solle. Eine Zurückziehung des Schiffes von Konstantinopel konnte daher erst in Frage kommen, wenn Gefahr bestand, daß es in englische Hände fallen würde. Daß dies aus Gründen unseres militärischen Ansehens vermieden werden müsse, hatte auch der Reichskanzler anerkannt. Dementsprechend hatte der Befehlshaber im Mittelmeer, Vize-Admiral v. Rebeur-Paschwitz, Befehl erhalten, „Soeben" nach Sebastopol zu schicken, wenn das weitere Verbleiben des Panzerkreuzers in Konstantinopel keinen Nutzen mehr haben könne. In Sebastopol war eine Abteilung Marinemannschaften stationiert, die am 2. Oktober die uns vertragsgemäß von den Russen überlassenen Kriegsschiffe in Dienst zu stellen versucht hatte, was aber bei dem sehr verwahrlosten Zustande der Schiffe auf Schwierigkeiten gestoßen war. Es gehörten dazu das Linienschiff „Wolja" und mehrere Torpedoboote und Minenräumboote, die zunächst dienstbar gemacht werden sollten, um die zahlreichen Truppentransporte zu unterstützen, die über das Schwarze Meer vom Kaukasus und Südrußland aus nach den rumänischen Häfen übergeführt werden sollten. Die Entwicklung in der Türkei hat dann aber doch dazu geführt, daß an der Absicht, die „Soeben" zu erhalten, nicht festgehalten wurde. Um günstigere Waffenstillstandsbedingungen für den Abtransport unserer in Syrien kämpfenden Truppen zu erhalten, entschloß sich unsere Regierung, die „Soeben" der Türkei zu überlassen. Die Engländer hatten dies zu einer Hauptbedingung gemacht, um sich auf diese Weise des Schiffes bemächtigen zu können. Im Mitttlmeer waren unsere U-Boote bis in den Oktober hinein in Tätigkeit geblieben, dabei aber alle Vorbereitungen getroffen, um Pola und Cattaro rechtzeitig räumen zu können. Dem dortigen Befehlshaber, Kapitän zur See Püllen, war anheimgestellt, selbständig die Entscheidung darüber zu treffen. Am 28. Oktober traten die fahrtbereiten Boote den Rückmarsch nach Deutschland an. Es handelte sich im ganzen um 26 Boote, von denen 10 gesprengt werden mußten, da sie nicht mehr fertiggestellt werden konnten. Die weitere Fortführung des U-Bootkrieges, wenn sie noch erforderlich werden sollte, war somit ganz auf die heimischen Stützpunkte in der Nord- und Ostsee angewiesen und hätte sich erforderlichenfalls von hier aus auf den Schiffsverkehr an der französischen Küste und um die britischen Inseln richten lassen, womit die ganze in den U-Booten angesammelte Kraft auf das eine Hauptziel zusammengefaßt werden konnte. Die Anfang Oktober neugebildete Regierung, unter dem Prinzen Max von Baden als Reichskanzler, hatte mit dem Ersuchen an den Präsidenten Wilson um Herstellung des Friedens die Aufgabe übernommen, eine möglichst baldige Einstellung der Feindseligkeiten herbeizuführen und annehmbare Friedensbedingungen durchzusetzen. Der von ihr bs- schrittene Weg und ihr Verhalten bei den Verhandlungen hat jedoch nicht zu dem erhofften Ziele geführt. Das immer weitergehende Verlangen unserer Feinde, unsere Widerstandskraft bis zur Wehrlosigkeit herabzudrücken, kennzeichnet sich deutlich in drei Abschnitten. Sie konnten bedeutende Wendepunkte für unser Schicksal werden, wenn die Regierung sich entschloß, den unmäßig gesteigerten Forderungen rechtzeitig Halt zu gebieten, wie es in der Eröffnungsrede des Reichskanzlers vom 5. Oktober verheißen worden war. Darin hatte er zum Schluß ausgeführt: „Ich weiß, daß das Ergebnis des Friedensangebots Deutschland fest entschlossen und einig finden wird, sowohl zu einem redlichen Frieden, der jede eigensüchtige Verletzung fremder Rechte von sich weist, als auch zudemEnd- kampseausLebenundTod.zudemunserVolk ohne eigenes Verschulden gezwungen würde, wenn die Antwort der mit uns im Kriege stehenden Mächte auf unser Angebot von dem Willen, uns zu vernichten, diktiert werden sollte." Die von der Negierung getroffenen Entschließungen und die von den dazu berufenen militärischen Stellen erteilten Auskünfte und Ratschläge lassen sich folgendermaßen charakterisieren: Auf unser erstes Ersuchen um Friedensvermittlung vom 5. Oktober erging am 8. Oktober die Antwort: Keine Waffenstillstandsverhandlungen, solange die deutschen Heere auf feindlichem Boden stehen. Am 12. Oktober Erwiderung unserer Regierung: Wir sind bereit, zur Herbeiführung eines Waffenstillstandes den Räumungsvorschlägen des Präsidenten zu entsprechen. Die nächste Note Wilsons vom 14. Oktober enthält die Forderung: Einstellung des U-Bootkrieges gegen Passagierschiffe und Abänderung der Regierungsform in Deutschland. Antwort der deutschen Regierung vom 21. Oktober: U-Boote haben Befehle erhalten, welche Torpedierung von Passagierschiffen ausfchließen, und bezüglich der Regierungsform: Verantwortung des Reichskanzlers gegenüber der Volksvertretung wird gesetzlich ausgebaut und sichergestellt. Darauf Erwiderung Wilsons vom 23. Oktober: Nur die Erwägung eines solchen Waffenstillstandes wird für gerechtfertigt gehalten, der die Vereinigten Staaten und die mit ihnen verbündeten Mächte in einer solchen Lage läßt, daß die Möglichkeit besteht, jede Anordnung, die getroffen werden soll, zu erzwingen und die Aufnahme der Feindseligkeiten durch Deutschland unmöglich zu machen. — Ferner wird unverhüllt das Verlangen nach Beseitigung der Monarchie ausgesprochen: „sonst könnten nicht Friedensverhandlungen in Betracht kommen, sondern es müsse völlige Übergabe gefordert werden". Für die Zustimmung auf die erste Forderung nach Räumung des besetzten Gebietes gab die Stellungnahme der Obersten Heeresleitung den Ausschlag. Sie hatte sich mit dem Antworttext unserer Note vom 12. Oktober einverstanden erklärt. Die Bedenken der Marine über die Gefahr, die dem deutschen Industriegebiet und auch unserem U-Boot-Stützpunkte in Emden beim Rückverlegen der Front drohte, konnten dagegen nicht ausschlaggebend sein, nachdem die Armee ein weiteres Halten der Westfront in der vorgeschobenen Stellung nicht mehr zu gewährleisten imstande war. Daraus hatte sich ja gerade das Bedürfnis nach dem Waffenstillstand ergeben. Zur Befriedigung dieses Bedürfnisses hatte die Marine auch der Einstellung des U-Bootkrieges während des Waffenstillstandes zugestimmt, obwohl der Hauptvorteil dabei dem Feinde zufallen mußte, wenn nicht gleichzeitig die englische Blockade aufgehoben oder erheblich gelockert würde. Die neue Forderung von Wilson vom 14. Oktober ging aber noch viel weiter; denn mit dem Verlangen aus Schonung der Passagierdampfer war praktisch die Einstellung des U-Boot- krieges die unausbleibliche Folge. Wilson bot aber dafür nicht auch die gleichzeitige Einstellung der Feindseligkeiten, sondern hatte erklärt, sich erst auf Verhandlungen einlassen zu wollen, wenn diese Vorbedingung von uns erfüllt sei. Damit hätten wir die Hauptwaffe aus der Hand legen sollen, während die Feinde ihre Kampfhandlungen fortsetzen und den Gang der Verhandlungen beliebig lange hinziehen konnten. Es war anzunehmen, daß die Regierung sich zu einem solchen Zugeständnis der Schonung der Passagierdampfer bereitfinden würde, da es unscheinbar aussah. In seinen Folgen aber konnte es von größter Bedeutung werden; denn das Zurückgehen des U-Bootverfahrens auf die Form des Kreuzerkrieges hob seine Wirkung nach den früheren Erfahrungen auf und mußte es uns aller Voraussicht nach unmöglich machen, beim Fortgang der Kampfhandlungen die uneingeschränkte Form wiederaufzunehmen. Der Standpunkt,, den die Marine der neuen Note gegenüber einnehmen konnte, war daher: den U-Bootkrieg als Opfer zu bringen, wenn — als Gegenleistung hierfür — unsere Armee den Waffenstillstand erhielte, sonst aber dringend von jedem Entgegenkommen abzuraten. Ich hatte am 16. Oktober in Berlin Gelegenheit, dem neuen Reichskanzler meinen Besuch zu machen und ihm meine Auffassung vorzutragen, sür die ich bei ihm verständnisvolles Entgegenkommen zu findeu schien. Er lud mich zu der am nächsten Bonnittag im Neichskanzlerpalais angesetzten Besprechung des Kriegskabinetts ein, in welcher General Ludendorff über die militärische Lage Bericht erstatten würde, auf Grund deren sich die Regierung über ihre Stellungnahme zur Wilson- Note schlüssig werden wollte. Die in dieser Sitzung abgegebenen Erklärungen über unsere weitere Widerstandsfähigkeit waren geeignet, den ersten ungünstigen Eindruck vom 29. September erheblich abzuschwächen. Die abzusendende Antwortnote wurde in großen Zügen besprochen. Es herrschte Einmütigkeit darüber, daß die Borwürfe der Unmenschlichkeit usw. zurückzuweisen seien, Verwüstung der zu räumenden Gebiete sei eine Folge des Krieges, ebenso die Tötung von solchen Nichtkombattanten, die sich auf Schiffen ins Sperrgebiet begeben. Dem Präsidenten solle vorgeschlagen werden, durch Herbeiführung sofortigen Waffenstillstandes, den Greueln des Krieges zu Lande und zu Wasser Einhalt zu tun, und seine Bedingungen unverhüllt zu nennen. Deutschland sei nicht gewillt, sich entehrenden Bedingungen zu fügen. Es wurde auch hervorgehoben, daß der Ton unserer Antwort auf die Stimmung in Volk und Heer großen Einfluß ausüben müsse. Es mußte sich jetzt Herausstellen, ob der Präsident die Absicht hatte, in ehrlicher Weise auf der Grundlage seiner vierzehn Punkte zu verhandeln, oder ob er bestrebt war, durch das Hinausziehen der Verhandlungen und die weitergetriebenen Forderungen unsere militärische Lage über das zulässige Maß hinaus zu verschlechtern. Das deutsche Volk mußte dann bereit sein, den nationalen Verteidigungskampf bis zum Äußersten aufzunehmen. Das war die gehobene Stimmung, in welcher die Regierungsmitglieder und die dazu herangezogenen militärischen Berater sich am Schluß der Sitzung befanden. Am nächsten Tage hatte ich Gelegenheit, Sr. Majestät in Potsdam Bortrag zu halten, der über den Verlauf der Sitzung bereits vom General Ludendorff unterrichtet worden war. Im Vertrauen darauf, daß die Regierung ihren Beschluß vom 17. nicht ändern würde, war General Ludendorff wieder ins Hauptquartier zurückgereist. Ich hielt es für notwendig, das Einverständnis des Kaisers über das weitere Verhalten der Flotte einzuholen, für den Fall, daß wir aus irgendwelchen Gründen doch genötigt werden könnten, den U-Bootkrieg vorübergehend oder ganz einzustellen. In diesem Falle fiel für die Flotte die Bindung weg, welche ihr sonst zum Schutze des U-Bootkrieges auferlegt war. Nahmen die Kampfhandlungen an der Front ihren Fortgang, so konnte und durfte die Flotte nicht tatenlos zufehen, sondern mußte versuchen, der Armee nach Möglichkeit Entlastung zu bringen. Ich fand die Zustimmung Sr. Majestät, daß in solchem Falle die Flotte Freiheit des Handelns erlangte. Am Schlüsse des Vortrages hatte mich eine Bemerkung des Vertreters des Auswärtigen Amtes, Legationsrats v. Grü- nau, befremdet. Dieser hatte meinem Chef des Stabes, Kapitän v. Levetzow, der mich begleitete, die Frage gestellt, ob nicht in der Antwortnote zum Ausdruck gebracht werden könne, daß der U-Bootkrieg künftig nach Kreuzerart geführt werden würve. Demnach hatte das Auswärtige Amt den Eintausch der Einstellung des U-Bootkrieges gegen das Zugeständnis des Waffenstillstandes nicht zu seiner eigenen Auffassung gemacht. Ich beschloß daher in Berlin zu bleiben, um Gewißheit zu erlangen, daß der Text der Antwortnote dem Beschluß vom 17. Oktober entsprach. Am 19. Oktober fand im Kriegskabinett die Beratung über die vom Staatssekretär des Auswärtigen Amts Dr. Solf vorgelegte Antwortnote statt. Sie enthielt, entgegen der Abrede vom 17. Oktober, den Satz: „Der U-Bootkrieg wird jetzt nach den Grundsätzen des Kreuzerkrieges geführt unter Sicherstellung des Lebens der Nichtkombattanten." Der Vizekanzler v. Payer trat diesem Entwürfe auf das entschiedenste entgegen, da er eine vollkommene Schcimade sei und unser bisheriges Verfahren als rechtswidrig hinstelle. Eine Preisgabe des U-Bootkrieges dürfe nicht stattfinden, die Marine dürfe nicht eher aufhören zu kämpfen wie die Armee. Auch entspreche der ganze Ton der Note nicht der Stimmung im Lande. Im gleichen Sinne äußerten sich die Staatssekretäre Gröber und Erzberger. Der von mir gemachte Gegenvorschlag, der daran festhielt, daß der U-Bootkrieg nur für den Waffenstillstand als Gegenleistung geopfert werden dürfe, lautete: „Die deutsche Regierung hat sich damit einverstanden erklärt, die besetzten Gebiete zu räumen. Sie erklärt sich ferner bereit, gleichzeitig den U-Bootkrieg einzustellen. Sie geht dabei von der Annahme aus, daß die Einzelheiten dieser Vorgänge und die Bedingungen des Waffenstillstandes von militärischen Sachverständigen beurteilt und beraten werden müssen." Die Mehrzahl der Regierungsvertreter stellte sich auf den vom Vizekanzler v. Payer und mir vertretenen Standpunkt, und Staatssekretär Solf erhielt den Auftrag, einen neuen Entwurf in diesem Sinne für die Nachmittagssitzung vorzulegen. Vor dem Eintritt in dieselbe waren die Gesandten Graf Wolsf Metternich, Graf v. Brockdorff-Rantzau und Dr. Rosen herangezogen worden, um ihre Ansicht zu äußern, wobei die Vertreter der Marine zunächst nicht beteiligt wurden. Ihre Ausführungen riefen sehr bald eine völlige Wandlung in den Anschauungen des Kriegskabinetts hervor. Es drängte jetzt vorauf, den U-Bootkrieg ohne Gegenleistung zum Opfer zu bringen. Die neu entworfene Note sagte die Schonung der Passagierschiffe bedingungslos zu. Ich betonte meine ernsten Bedenken gegen dieses gefährliche Zugeständnis nochmals, indem ich hervorhob, daß der Mangel an Befristung es Wilson ermöglichen würde, die Verhandlungen hinzuziehen, während der U-Bootkrieg tatsächlich ruhen müsse und der Druck auf die Armee fortdauere. Wir gäben damit zu, bisher unrecht gehandelt zu haben, und machten in England Hunderttausende von Leuten frei, die bisher vom U-Bootkrieg gebunden waren. Ich drang jedoch mit meiner Anschauung nicht durch; auch die von der Obersten Heeresleitung telegraphisch an den Reichskanzler abgegebene ausdrückliche Erklärung, daß sie keinesfalls auf den U-Bootkrieg zur Erzielung des Waffenstillstands verzichten könne, vermochte nichts an der Entschließung des Kabinetts zu ändern. Es hatte sich bei ihm die Meinung durchgesetzt, daß ein Abbruch der Verhandlungen mit Wilson vor dem deutschen Volke nicht verantwortet werden könne, und daß er die unausbleibliche Folge fei, wenn das von Wilson verlangte bedingungslose Zugeständnis nicht gemacht würde. Die in einer Abendsitzung festgestellte Fassung der Note enthielt nun den Satz: „Um alles zu verhüten, was das Friedenswerk erschweren könnte, ist auf Veranlassung der deutschen Negierung sämtlichen U-Bootkommandanten die Torpedierung von Passagier- fchissen unbedingt untersagt worden." Ich erklärte dem Kriegskabinett, daß die loyale Befolgung dieses Zugeständnisses es notwendig machen würde, die zum Handelskrieg entsandten U-Boote sofort zurückzurufen. Um diesen Befehl zu erlassen, bedurfte ich der kaiserlichen Zustimmung. Da Se. Majestät von den schwerwiegenden militärischen Folgen völlig überzeugt war, bemühte er sich noch persönlich, seinen Einfluß beim Reichskanzler zu einer Abänderung des Beschlusses des Kabinetts geltend zu machen. Es gelang dem Kaiser jedoch nicht, den Reichskanzler zu einer anderen Auffassung zu bringen, so daß Se. Majestät mir danach durch den stellvertretenden Chef des Marinekabinetts, Kapitän zur See v. Reftorff, sagen ließ, der Reichskanzler habe ihm die Lage derart vorgestellt, daß der U-Bootkrieg preisgegeben werden müsse. Ebenso blieb ein nochmaliger Versuch von mir, den Reichskanzler zu bewegen, wenigstens eine Befristung für das Zugeständnis in die Note mit aufzunehmen, erfolglos. Er erklärte, daß wir nicht in der Lage seien, noch Bedingungen zu stellen, die Marine müsse sich in das Unabänderliche fügen und Zwischenfälle auf jeden Fall vermeiden. Ich sicherte dem Kanzler zu, daß dies angestrebt werden würde, und daß ich daher alle U-Boote vom U-Boothandelskrieg zurückrufen würde. Diese Entscheidung über die Einschränkung des U-Bootkrieges sei insofern sehr wichtig, weil die weiteren operativen Maßnahmen der Seekriegsleitung davon abhingen; denn der Hochseeflotte werde nunmehr die volle Freiheit des Handelns zurückgegeben werden müssen. Solange die Kampfhandlungen an der Front fortdauerten, deren Aufhören vorerst nicht abzusehen war, konnte und durfte die Marine nicht ihre gesamte Tätigkeit ruhen lassen, während der Ansturm der Feinde auf unsere Westfront, ohne jegliche Besorgnis vor der U-Bootgefahr, sich weiter steigerte. Ein Erfolg zur See mußte von günstigem Einfluß auf die Friedensbedingungen sein und dazu beitragen, die Stimmung im Lande zu heben: denn die Forderungen der Feinde würden sich nach dem Maß von Widerstandskraft richten, das wir ihnen noch entgegenzusetzen bereit waren, und nach der Einschätzung, ob ihre eigene Kraft die dazu erforderliche Beanspruchung noch vertragen würde. Jede Schwächung derselben mußte für uns von Vorteil sein. Die vom Handelskrieg frei gewordenen U-Boote verstärkten die Angriffskraft unserer Flotte erheblich, und bei geeigneter Wahl des Angriffspunktes war größte Wahrscheinlichkeit für einen günstigen Ausgang einer Flottenunternehmung vorhanden. Wenn die Flotte hierbei Verluste erlitt, so war anzunehmen, daß die Schädigung des Gegners eine entsprechende blieb und daß wir noch genügend Kräfte behalten würden, um den wieder aufzunehmenden U-Bootkrieg in der Nordsee zu schützen, falls die Verhandlungen die Fortsetzung des Kampfes mit allen Mitteln erforderlich machen sollten. Als am 21. Oktober die Note an den Präsidenten Wilson abgegangen war, erhielten die U-Boote Rückberufungsbefehl, und der Chef des Stabes der Seekriegsleitung, Kapitän zur See v. Levetzow, wurde beauftragt, dem Flottenkommando in Wilhelmshaven Kenntnis von dem Verlaufe der Verhandlungen zu geben und ihm den Befehl der Seekriegsführung zu überbringen: „Hochseestreitkräfte sollen zum Angriff und Schlagen gegen englische Flotte angesetzt werden." Der Flottenchef, Admiral v. Hipper, hatte bereits Pläne für ein derartiges Vorgehen aufstellen lassen, da seine Notwendigkeit vorausgesehen war. Ein Plan, der sich gegen den englischen Kanal richtete, erhielt den Vorzug und meine Zustimmung: er sollte sobald wie möglich zur Ausführung kommen. Die nötigen Vorbereitungen, um die U-Boote auf ihre Stationen zu bringen und eine größere Anzahl von Kreuzern mit Minen auszurüsten, die in die vermutliche Anmarschrichtung des Gegners gelegt werden sollten, erforderten jedoch noch einen Aufschub der Ausführung um einige Tage, zu der dann schließlich die Flotte am 28. Oktober auf der Wilhelms- havener Außen-Reede versammelt wurde. Inzwischen war am 24. Oktober mittags die Antwortnote des Präsidenten Wilson bekannt geworden, die unzweideutig auf eine völlige Kapitulation hinauslief. In Übereinstimmung mit den gleichen Absichten der Obersten Heeresleitung begab ich mich, begleitet vom Chef des Stabes, auf Aufforderung des Ge- neralfeldmarschalls mit ihm und General Ludendorff zusammen nach Berlin, um dort im Bedarfsfall für die Beratungen angesichts der neuen Situation bereit zu sein. Wir konnten es uns nicht anders vorstellen, als daß die Regierung auf diese neue Forderung Wilsons eine Abweisung erfolgen ließe, die der Ehre der Nation und ihrer Wehrmacht entspräche. Unmittelbar nach der Ankunft in Berlin, am 25. nachmittags, hatte der Kaiser den Generalfeldmarschall und General Ludendorff zu sich entboten. Von dieser Besprechung hatte General Ludendorff den Eindruck gewonnen, daß der Kaiser sich den Vorschlägen der Negierung anschließen würde, so daß uns nur der Versuch übrig blieb, beim Vizekanzler v. Payer, da der Reichskanzler selbst erkrankt war, festzustellen, welche Entschlüsse die Regierung treffen würde. Diese Besprechung fand am 25. abends, statt, jedoch mit völlig negativem Ergebnis. Trotz der eindringlichsten Ausführungen des Generals Ludendorff, denen der Feldmarschall und ich zustimmten, war es nicht möglich, Herrn v. Payer zu überzeugen, daß unsere nationale und soldatische Ehre es von uns forderten, die maßlosen Bedingungen Wilsons zurückzuweisen. Der Feldmarschall und General Ludendorff erklärten, daß sie, wenn das geschähe, die Westfront den Winter hindurch halten würden. Es war vergebens. Herr v. Payer wollte den Angaben Ludendorffs keinen Glauben schenken; er wollte sich von anderen Generalen aus der Front ein Bild geben lassen. Vor allem aber hatte er jeden Glauben an die Widerstandskraft des Volkes und des Heeres verloren. Die Verhandlungen mußten fruchtlos abgebrochen werden, da der Vizekanzler zu keinerlei Zugeständnissen zu gewinnen war. Selbst auf die Frage, ob bei Eingang der genauen Bedingungen, sofern sie einer Kapitulation gleichkämen, das Volk zu letztem Kampf aufgerufen werden würde, antwortete Herr v, Payer: Man müsse erst sehen, wie die Lage dann sei. Bei einem am nächsten Morgen gehaltenen Vortrag des Feldmarschalls und des Generals Ludendorff, erhielt letzterer von Sr. Majestät dem Kaiser den erbetenen Abschied. Die Antwort der Regierung auf Wilsons letzte Forderung lautete: „Die deutsche Regierung hat von der Antwort des Präsidenten der Vereinigten Staaten Kenntnis genommen. Der Präsident kennt die tiefgreifenden Wandlungen, die sich in dem deutschen Verfassungsleben vollzogen haben und vollziehen. Die Friedensverhandlungen werden von einer Volksregierung geführt, in deren Händen die entscheidenden Machtbefugnisse tatsächlich und verfassungsmäßig ruhen. Ihr sind auch die militärischen Gewalten unterstellt. Die deutsche Regierung sieht nunmehr den Vorschlägen für einen Waffenstillstand entgegen, der einen Frieden der Gerechtigkeit einleitet, wie ihn der Präsident in seinen Kundgebungen gekennzeichnet hat." Die Erwartungen auf einen günstigen Verlauf der Verhandlungen, welche sich die Regierung hiernach noch zu versprechen schien, wurden enttäuscht. Die Voraussage des Generals Ludendorff von einem unheilvollen Ausgang, den unser ständiges Zurückweichen nehmen müsse, weil es die Regierung unterlassen halte, den Willen des Volkes zu einer letzten Tat h o ch z u h a l t e n, Hai sich in vollem Umfange erfüllt Die bittrrste Enttäuschung dabei bereiteten die Mannschaften der Flotte, in deren Köpfen sich, durch eine gewissenlose Agitation schon seit langer Zeit vorbereitet, die Meinung herausgebildet hatte, sie sollten nutzlos geopfert werden. In diesem Irrglauben wurden sie bestärkt, weil sie in dem Verhalten der Regierung keinen Willen zu entschlossener Tat mehr erkennen konnten. Die Widersetzlichkeiten brachen aus, als am 29. Oktober der Flottenchef Vorbereitungen zum Ankerlichten für den geplanten Vorstoß treffen ließ, dessen Absicht und Ziel den Besatzungen, wie immer, vor dem Insee- gehen noch geheimgehalten war. Die Meutereien erstreckten sich zunächst nur auf einige Linienschiffe und Große Kreuzer, nahmen aber auf diesen solchen Umfang an, daß der Flottenchef glaubte, von seinem Vorhaben Abstand nehmen zu müssen. Durch Herausgreifen der Rädelsführer aus den Besatzungen und ihre vorläufige Festsetzung in Wilhelmshaven erhoffte er eine Wiederberuhigung der Schiffe. Durchaus zuverlässig waren die Besatzungen der Torpedoboote und der U-Boote geblieben. über die Vorkommnisse meldete der Flottenchef der Seekriegsleitung am 2. November, daß es sich um eine bolschewistische Bewegung handelte, die von Mitgliedern der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei an Bord geleitet würde, deren Zentrale in Wilhelmshaven an Land zu sein schien. Als Agitationsmittel sei die einheitliche Parole ausgegeben worden: Regierung wolle Frieden, Offiziere wollten ihn nicht. Jede Reizung des Gegners durch Vorstöße der Flotte hindere den Frieden, deshalb wollten die Offiziere weiter offensiv Vorgehen. Die Offiziere wollten die Flotte herausbringen und nutzlos vernichten lassen oder gar selbst vernichten. Seit dem 29. Oktober, wo sich die ersten Anzeichen be- merklich gemacht hatten, war die Bewegung noch weiter gewachsen, so daß offensive Flottenhandlungen ihm nicht durchführbar erschienen. Der Flottenchef detachierte deshalb die einzelnen Verbände, und zwar das III. Geschwader nach der Ostsee, das I. Geschwader nach der Elbe, das IV. Geschwader nach der Jade, um sie dort in die Hand der Führer zu bringen. In Wilhelmshaven schien danach die Ruhe wieder geskchert. Mit dem Eintreffen des III. Geschwaders übertrugen sich aber die Unruhen am 1. November abends auch nach Kiel. Dem Gouverneur Admiral Souchon gelang es dort noch, am 2. und 3. die Ordnung aufrecht zu erhalten. Am 3. November aber nahm der Aufruhr zu, weil ihm kein entschiedener Wider- stand entgegengesetzt wurde. Auch die von der Regierung 82 Deutschlands Hochseeflotte im WeMciezr nach Kiel entsandten Abgeordneten konnten eine dauernde Beruhigung der Lage nicht erzielen, ebensowenig der jetzt vom Reichskanzler veröffentlichte Erlaß Sr. Majestät des Kaisers vom 28. Oktober, der die völlige Übereinstimmung mit der Negierung bekunden sollte. Ein energisches Vorgehen gegen die Rädelsführer, welches im Anfang vielleicht noch Erfolg versprochen hätte, konnte nunmehr nur noch durch starke Sicherungstruppen, die vom Kriegsministerium aufgeboten wurden, erzielt werden. Aber die Truppen erwiesen sich als unzuverlässig und erschienen auch nicht in genügender Stärke, um den erhofften Einfluß auszuüben. Über die Einzelheiten des Aufruhrs, der bald darauf in allen Marinestandorten aufloderte, habe ich keine amtlichen Berichte mehr erhalten, da die Befehlsgewalt den militärischen Vorgesetzten entrissen wurde. Die Anweisung der Seekriegsleitung an die Befehlshaber, Schiffe mit der roten Flagge als Piraten in den Grund zu bohren, kam nicht zur Ausführung. Sie hätte aber solchen Führern, die im Zweifel über ihr Verhalten sein konnten, sofern sie noch die Macht dazu besaßen, eine Richtschnur gegeben. Nur ein entschlossenes Eingreifen der an Ort und Stelle befindlichen obersten Befehlshaber mar imstande, die Lage zu retten. Ob es daran gefehlt hat oder die Folgen der Bewegung unterschätzt wurden, muß ich dahingestellt sein lassen: erst die Geschichte der Revolution wird volle Aufklärung bringen. Die Übeltäter, welche sich zum Werkzeug ihrerBestrebungen dieFlotte aussuchten, haben sich schwer am deutschen Volke versündigt. Sie entwanden ihm die Waffe, die in entfcheidenderStunde uns vor dem Schicksal hätte bewahren können, das jetzt unerträglich auf uns lastet. Schlußwort „Ich habe keine Marine mehr." Hiermit wies der Kaiser am Nachmittag des 9. November meinen Einwurf zurück, der Verzicht auf die Kaiserwürde mache die Marine führerlos. Tiefe Enttäuschung klang aus diesen Worten, den letzten, die ich von Sr. Majestät vernommen habe. Am Abend desselben Tages wurden die Waffenstillstandsbedingungen bekannt, welche die Auslieferung der deutschen Flotte und aller U-Boote forderten. Von der Revolutionsregierung war kein Widerstand dagegen zu erwarten. Sie willigte in alles, um den verhaßten „Militarismus" loszu- werdcn, und gab das deutsche Volk wehrlos der Willkür seiner Feinde preis. Auf der Marine lastet der Fluch, daß aus ihren Reihen die Revolution zuerst ins Land getragen wurde, und viele, die mit. Stolz auf ihre Taten sahen, stehen heute noch vor einem Rätsel, wie solcher Umschwung möglich war. Begünstigt von den äußeren Bedingungen, welche die Wohn- und Raumverhältnisse auf den großen Schiffen der Verbreitung der mit allen Mitteln betriebenen Agitation boten, waren die Mannschaften der Marine durch die enge Verbindung mit der Heimat der Verführung am leichtesten ausgesetzt. 32* Der wichtigste und entscheidende innere Grund war, daß die Kriegsmüdigkeit des ganzen Volkes, gefördert durch Hunger und Entbehrungen aller Art, so weit um sich gegriffen hatte, daß auch die Wehrmacht das Vertrauen auf einen glücklichen Kriegsausgang verlieren mußte. An dem Tage, da die Deutsche Nationalversammlung jenem unseligen Friedensbeschluß zustimmte, der den Haß verewigt, gab die Tat von Scapa Flow noch einmal Zeugnis von dem Geist, der die Marine in gleichem Maße wie das Heer in kampfesfroher Zeit beseelte. So tief wir auch gebeugt sind, so brauchen wir nicht ungerecht zu werden gegen all das Große, was geleistet worden ist. Es ist der einzige Trost, den wir in die schwere Zukunft mitnehmen, der wir entgegengehen, und der Grundstein, auf dem sich unsere Hoffnung aufbaut. Die Kraft, die das deutsche Volk entwickelt hat, um dem Ansturm der überwältigenden Übermacht viereinhalb Jahre Widerstand zu leisten, den Feind aus dem eigenen Lande fernzuhalten, den Koloß Rußland zu fällen, selbst das sich unangreifbar dünkende England an den Rand des Verderbens zu drängen, ist eine so gewaltige, daß nur das ungewöhnlichste Mittel zu unserer Niederlage verhalf: wir mußten durch uns selbst besiegt werden. Der Ruhm der Erfindung dieses Auswegs gebührt England, und die Auslieferung unserer Flotte erscheint als der große Triumph, den seine Seemacht davongetragen hat. Die Geschichtschreibung von der englischen Seekriegführung wird nicht viel Rühmenswertes finden. Nur den Erfolg kann sie preisen, aber nicht die Mittel. Gerade die Auslieferung unserer Schiffe ist der beste Beweis, daß sie unbesiegt geblieben sind, bis in der Heimat der Wille zur Fortsetzung des Kampfes durch Hunger und Entbehrungen so weit zermürbt war, daß das Bolk empfänglich wurde für das Gift der durch die feindliche Propaganda verbreiteten Gedanken, die eine gewissenlose Umsturzpartei zur Erreichung ihrer selbstsüchtigen Ziele ausnützte. England blieb es Vorbehalten, den Krieg in bisher unerhörter Weise auf das Wirtschaftsgebiet zu übertragen. Der Kampf um den Seehandel sollte zur Erdrosselung des ganzen deutschen Volkes führen. Dazu mußten die Rechte der Neutralen vergewaltigt werden, deren Macht gegenüber der feindlichen Ning- bildung bedeutungslos war. Englands Bündnispolitik versetzte es in die Lage, seinen Aushungerungsplan gegen die wehrlose Bevölkerung durchzuführen, ohne einen Protest der gesitteten Welt befürchten zu müssen. Es lenkte die Aufmerksamkeit von der Abscheulichkeit seines Vorgehens geschickt ab durch gleichzeitige Eröffnung eines Lügenfeldzuges über deutsche Greuel und Hunnenart. Weitgehende Finanzoperationen verknüpften außerdem das amerikanische Interesse mit dem britischen. Unserer Flotte fiel die Aufgabe zu, die englische Blockade zu beseitigen oder ihre Wirkung durch Schädigung des Gegners zu übertressen. Der letztere Weg wurde eingeschlagen. Das U-Boot hatte sich als ein geeignetes Mittel dafür erwiesen. Es ist dankbar anzuerkennen, daß die technische Entwicklung des U-Bootes gerade zur rechten Zeit so weit gefördert war, um es auf solche Entfernungen und so lange Zeitdauer, wie es der Handelskrieg erforderte, entsenden zu können. Die Nörgelsucht ist eine leidige Eigenschaft des Deutschen. Sie hat auch das große Werk, in fast 20jähriger Arbeit eine Marine zu schaffen, die befähigt sein sollte, den Kampf mit der britischen Flotte aufzunehmen, vielfach geschmäht und verkleinert. Die Anklagen sind unberechtigt und nur ein Beweis sür die Unkenntnis ihrer Urheber oder ihr absichtliches Übelwollen. Gewiß hatten unsere Schiffe auch Mängel, denn Anspruch auf Unfehlbarkeit kann keine Marineverwaltung erheben. Aber sie waren völlig belanglos gegenüber der Tatsache, daß das Material, sowie Geist und Ausbildung der Besatzungen. auf solcher Höhe standen, daß unsere Flotte sich im Kampf gegen die englische behaupten konnte. Nur eine Schiffbauindustrie wie die deutsche, die, Hand in Hand mit der Entwicklung der Kriegsflotte gehend, Erzeugnisse von unübertroffener Güte hervorgebracht hatte, konnte während des Krieges die Ergänzung unserer Flotte durch eine neue U-Boot- Flotte vollbringen helfen. Die zuverlässige Bauausführung der Boote stärkte den Mut der Besatzungen, im Vertrauen auf ihre Waffe das Höchste zu wagen. Dem englischen Kriegsplan gegenüber blieb keine andere Wahl, als die direkte Schädigung des englischen Handels aufzunehmen. Große Schiffe konnten wir nicht in genügender Zahl nachbauen, um die unvermeidlichen Verluste im Flottenkampf auf die Dauer gegen die englische Überlegenheit an Zahl auszugleichen. Die englische Flotte hatte zur Durchführung ihrer Blockade den Vorteil der Wahl des Kampfplatzes in den von unfern Stützpunkten weit entlegenen nördlichen Gewässern. Nach den Erfahrungen der Seeschlacht räumten die Engländer die südliche Nordsee uns als Aufmarschgebiet ein und beschränkten sich auf die Abwehr der U-Bootgefahr. Sie waren durchweg in die Verteidigung gedrängt. Der Erfolg eines Flotten- sieges hätte schon früher von uns gesucht werden müssen. Es war ein Fehler der Flottenführung, dies nicht zu tun. Erst durch die Bewährung in der Schlacht wuchs das Vertrauen, die U-Boote dauernd aus der Nordsee zum Handelskrieg gegen die britischen Inseln herausbringen zu können, auch gegen den Widerstand der englischen Flotte. Je früher der U-Bootkrieg in vollster Entschiedenheit einsetzte, um so größer war die Aussicht, ihn durchzuhalten, falsch war es gewesen, zu warten, bis die Ausdauer unseres Volkes durch die Wirkung der Blockade aufs äußerste beansprucht war. Die Bootszahl zu Beginn des Jahres 1916 hätte vollauf genügt. Der Erfolg des U-Bootkrieges hängt nicht allein von der Zahl der Boote ab, sondern mehr noch von ihren Eigenschaften und der Geschicklichkeit ihrer Führung. U-Boote von hoher Geschwindigkeit und unbegrenzter Seeausdauer, die nicht zu fassen sind, würden schon in geringer Zahl den Seeverkehr eines Insel- reiches wie England völlig lahmlegen können. Da ein solches Ideal nicht völlig zu erreichen ist, muß die größere Zahl von Booten den Ausgleich für den Mangel an Vollkommenheit schaffen. Die versprochenen Leistungen sind, obwohl dem Feind eine frevelhaft lange Zeit gelassen wurde, sich auf die Abwehr einzurichten, innegehalten, ja um vieles übertroffen worden. Daß Englands Nachgiebigkeit nicht in der Zeit erreicht wurde, lag nicht an dem Mißerfolg der U-Boote, sondern an der Ermutigung, die der Gegner in höchster Not durch unser und unserer Bundesgenossen politisches Verhalten fand. Warum sollte er die Flagge streichen, wenn wir im Juli 1917 ihm zu- riefen: „Wir wollen Frieden", was in seinen Ohren lautete: „Wir brauchen ihn", und Österreich die Feinde wissen ließ, über den Herbst des Jahres hinaus könne es den Krieg nicht mehr mitmachen. Je schlechter es dem Feinde erging, um so kühner gebärdete er sich; wir verfolgten leider das umgekehrte Verfahren. Von vornherein war ein großer Teil der Bevölkerung kopfscheu gemacht worden durch die nachteiligen Folgen des U-Bootkrieges. Er war durch die Behandlung in Presse und Parlament zur Parteifrage geworden. Die Abneigung des leitenden Staatsmannes war unverhohlen überall verbreitet; er überließ die Entscheidung der Obersten Heeresleitung, die mit Rücksicht auf die allgemeine Kriegslage den Zeitpunkt des Beginns bestimmen solle, und schob ihr die Verantwortung zu. Im Volke wurzelte allerdings das Vertrauen zur Obersten Heeresleitung fest, weil sich die führenden Feldherren es verdient hatten. Auch in dieser Lebensfrage bildeten sie, in Gemeinschaft mit dem Admiralstab, ihr Urteil und faßten den Entschluß zur Tat, als kein anderer Weg, den Widerstand der Feinde zu brechen, erkennbar war. Zum Gelingen gehörten das Vertrauen und die Mitwirkung des ganzen Volkes, um so lange auszuhalten, bis der Erfolg gesichert war. Die Resolution des Reichstags vom Juli 1917 mußte beim Gegner als ein Beweis für ihr Nichtvorhandensein wirken. Von da ab war beim Feinde keine Rede von Nachgiebigkeit mehr. Jetzt, nach Jahresfrist, seit dem Ruhen des Kampfes, mehren sich täglich die Kundgebungen von englischer Seite, wie hoffnungslos drüben die Lage erschien. Aber in der Erkenntnis unseres Schwachwerdens halfen sie sich über den kritischen Zeitpunkt im Herbst 1917 hinweg durch Beschlagnahme der neutralen Handelsschiffstonnage für ihre Zwecke und arbeiteten eifrig an der Vertiefung des bei uns erkannten Zersetzungsprozesses. Wie sehr ein Volk seine Wirtschaft einrichten kann, wenn es sein muß, hat dieser Krieg gelehrt. Noch ein Jahr über den Waffenstillstand hinaus haben wir die Last der Blockade ertragen, obgleich unermeßliche Vorräte beim Rückzug der Truppen in Feindesland zurückgelassen werden mußten oder verschleudert wurden. Unsere Lage hätte sich also bei Fortsetzung des Kampfes nicht verschlimmert, während dem Feind fortgesetzt unersetzliche Werte von Schiffsraum und Ladung verlorengingen. Aber sein Wille zum Aushalten war der stärkere, denn er erkannte die Schwäche unserer Staatsleitung, hinter deren Spitze nicht, wie in den feindlichen Kriegskabinetten, eine überzeugungstreue Vertretung der Mehrheit des Volkes stand. Der Weltkrieg sollte für das Deutschtum die Prüfung sein, ob es sich als Kulturfaktor in der überseeischen Welt behaupten könne. Die Briten suchten es mit aller Gewalt aus seiner Stellung zu vertreiben, als die Macht des Deutschen Reiches dahinterstand. Sie empfanden die Gefahr, die in der Überlegenheit unseres Fleißes, der Güte deutscher Arbeit und der Gediegenheit deutscher Geistesbildung lag, gegenüber der hohlen, auf äußere Wirkung berechneten, von den Angelsachsen verbreiteten Zivilisation. Dem friedlichen Eindringen unser- seits begegneten sie mit Gewalt. Wie hoch sie die Gefahr einschätzten, zeigte sich an dem Machtaufgebot der Feinde, das uns erdrücken sollte. Sie haben ihren Zweck erreicht, weil bei uns die Größe der Aufgabe von den bei Kriegsausbruch zur Leitung unserer Politik berufenen Staatsmännern nicht erkannt, oder — was noch schlimmer — als über unsere Kraft gehend angesehen wurde. Wenn das große Ziel von vornherein richtig erfaßt, mit allen uns zu Gebote stehenden Machtmitteln verfolgt und der Siegeswillen der Nation dauernd darauf eingestellt wurde, so durften wir des Erfolges gewiß sein. Die ungeheure Niedertracht, mit der unser Untergang geplant war, entflammte von selbst das Volk zur höchsten Kraftentfaltung, der kein Gegner Gleichwertiges gegenüber zu stellen hatte. Es mußte erlahmen, als ihm kein anderer Zweck des jahrelangen Kämpsens und Darbens ersichtlich gemacht wurde als die Selbsterhaltung, die ihm von der feindlichen Verführungskunst als auf anderem Wege erreichbar vorgetäuscht wurde. So riß der Zwiespalt im Innern ein, und die Kraft verzehrte sich in selbstmörderischem Kampf um ein Phantom der Volksfreiheit, deren Wertlosigkeit ohne Macht nach außen das einzig greifbare Ergebnis der Errungenschaften der Revolution geworden ist. Von neuem müssen Arbeit und Mühe einsetzen, um den deutschen Namen wieder zu Ehren zu bringen. Viele tüchtige Kräfte werden dem Vaterlande dabei fehlen, die in der uns aufgezwungenen Einengung nicht zu leben vermögen, und auswandern. An sie knüpft sich die Hoffnung, daß sie ihr Heimat- gesühl nicht verleugnen, sondern dem geknechteten Vaterland die Treue bewahren und in ihren Nachkommen pflegen, bis die unterdrückte und verschüttete Lebenskraft deutschen Wesens sich durchgerungen hat zu neuer Entfaltung. Wenn auch der Brite jetzt mit Hohn und Verachtung auf uns heruntersehen zu können glaubt, so bleibt in seinem Über- legenheitsgefühl der Stachel haften, daß er im Kampf nicht gesiegt hat, und die von ihm geübte Kampfesweije sich an ihm selbst rächen muh. Andere Weltmächte treten mit auf den Plan, die ein Vorrecht zur See nur dem einräumen werden, der, wie zu Nelsons Zeiten, seine Überlegenheit im offenen Kampf zu erstreiten vermag. Namen- und Sachregister. Aalands-Jnseln S. 425 u. f. A-Boote S. 40S, 430. Absperrung Deutschlands S. 142, 273 u. f., 305 u. f., 312. Aboukir, engl. Kreuzer S. 51, 96. Acasta, engl. Zerstörer S. 225. Achilles, engl. Kreuzer S. 49. Admiralstabsdenkschrift S. 332 bis 336, 351—357. Afrika, engl. Linienschiff S. 49. Agnnemnon, engl. Linienschiff S. 50. Agincourt, engl. Linienschiff S. 49, 218, 247. Aimee Marie, franz. Schonerbark S. 383. Ajax, engl. Linienschiff S. 24, 49. Albatroß, Minenleger S. 76. Albemarle, engl. Linienschiff S. 50. Albrecht, Conrad, Kapitänleutnant S. 203 Alcantara, engl. Hilfskreuzer S. 171. Algorta, Dampfer S. 380. Amerika S. 150, 169, 310, 311, 324. Amerikas Einspruch S. 330, 343, 346. Ammon, Mutterschiff S. 405. Amphion, engl. Kreuzer S. 64. Andes, engl. Hilfskreuzer S. 172. Anna, franz. Segler S. 377. Anna Maria, franz. Schoner S. 382. Antrim, engl. Kreuzer S. 50. - Antwerpen, Einnahme S. 483. Appam, engl. Dampfer S. 171. Arabic, engl. Dampfer S. 330. Arabis-Klasse, engl. Kreuzer S.166. Arethufa u. Arethusa-Klasse, engl. Kreuzer S. 80, 86 u. f., 124 u. f., 433. Argentinien S. 29. Argyll, engl. Kreuzer S. 50. Ariadne, Kl. Kreuzer S. 78, 79, 90 u. f. Armierte, Handelsschiffe S. 166. Artillerieschießübungen S. 119,146. Artillerieüberlegenheit, unsere S. 255. Audacious, engl. Linienschiff S. 24, 49, 101. Aufenthalt der engl. Flotte S. 70, 72. Aufklärung in der Nordsee S. 56, 72, 93 Aufklärungsgruppe I. S. 109, 121 u. f.. 159, 176, 180, 197, 202, 216, 217, 225, 231, 249, 260, 284. Aufklärungsgruppe II. S. 109, 113, 121 u. f., 159, 188, 197, 203, 208, 210, 214, 218, 220, 231, 234, 247, 284, 400, 417 u. f., 428, 448 u. f. Aufklärungsgruppe III. S. 110,198. Aufklärungsgruppe IV. S. 141,180, 188, 197, 203, 207, 213, 232, 234, 235, 249, 284, 398, 399, 400. Aufmarschstellung S. 46,158. Augsburg, Kl. Kreuzer S. 97, 417. 8 98, Torpedoboot S. 204. L 109, Torpedoboot S. 204, 208. Bachmann, Admiral S. 140, 144, 330. Baden, Linienschiff S. 282,396,415. Badewitz, Ofsiz.-Stellvertr. S. 171. Baltische Inseln, Eroberung S. 416 bis 425. Bangpuhtis, Schoner S. 383. Baralong, engl. Hilssschisf S. 329. Barham, engl. Linienschiff S. 49. Bartels, Kapitän z. See S. 201. Bartenbach, Korvettenkapitän S. 370. Bauer, Fregattenkapitän S. 65, 205, 370. Bayern, Linienschiff S. 253, 260, 282, 417 u. f. Beatty, engl. Admiral S. 132, 209 u. f., 247, 249. 250. Befehlsoerhältnisse S. 41, 453 u. f. Behncke. Admiral S. 202, 227, 254, 282, 417 u. f. Behncke, Kapitän z. See S. 201. Beitzen, Kapitänleutnant S. 237. Bellerophon, engl. Linienschiff S.49. Belte S. 47. Beltsperrung durch Minen S. 99. Berckheim, Frhr. v., U-Boots-Kom- mandant S. 98. Bereitschaftszustand der Flotte S.56, 58, 119, 125, 145, 279. Berg, Leutnant z. See d. Seew. S. 171. Berlin, Hilfskreuzer S. 101. Beschießung engl. Küstenplätze S. 106, 159, 186 u. f. Beste, Kapitönleutnant S. 399. Biermann, Korvettenkapitän S. 64. Bindseil, Korvettenkapitän S. 148. Birmingham, engl. Kreuzer S. 24, 50. Bismarck, Borpostenboot S. 397. Blackprince, engl. Kreuzer S. 222, 225 Blitz. Tender S. 37. Blockade, S. 19. 53,149, 309, 320. Blomersdyk, holländ. Dampfer S. 375. Blücher, Gr. Kreuzer S. 25, 39, 112. Bobsien, Korvettenkapitän S. 404. Bäcker, Kapitänleutnant d. Res. S. 205. Bäcker, Korvettenkapitän S. 203. Bödicker, Admiral S. 189, 191, 202, 208. Boest, Korvettenkapitän S. 204. Bölken, Kapitän z. See S. 201, 235. Boomberg, holländ. Dampfer S.381 Bothmer, v., Kapitänleutnant S. 205, 264. Braune, Oberleutn. z. See S. 84. Bravalla, Dampfer S. 383, 384. Brehmer, Korvettenkapitän S. 290. Breithaupt, Kapitänleutnant S. 181. Bremse, Kl. Kreuzer S. 425,435 u.f. Breslau, Kl. Kreuzer S. 38. Brillant, engl. Kreuzer S. 475. Britannia, engl. Linienschiff S. 49. Brummer, Kl. Kreuzer S. 425, 435 u. f. Brüninghaus, Kapitän z. See S. 202. Bulwark, engl. Linienschiff S. 50. Lamaroon, engl. Kreuzer S. 50. Canopus-Klasse, engl. Linienschiffe S. 51. Capelle, v., Admiral S. 459, 460, 471. Caroline, engl. Kreuzer S. 163. Centurion, engl. Linienschiff S. 24, 49. Chatham, engl. Kreuzer S. 264. Chester, engl. Kreuzer S. 247. Chr. Knutsen, Dampfer S. 374. Cleopatra, engl. Kreuzer S. 179, 180. Cochrane, engl. Kreuzer S. 49. Collingwood, engl. Linienschiff S. 48. Colossus, engl. Linienschiff S. 48. Commonwealth, engl. Linienschiff S. 49. Comus, engl. Kreuzer S. 172. Namen- und Eoncordklafse, engl. Kreuzer S. 429, 432. Conqueror, engl. Linienschiff S. 49. Cordes, Korvettenkapitän S. 204. Cornwallis, engl. Linienschiff S. 50. Cornonel-Gefecht S. 107. Cöster, Marine-Oberkriegsgerichts- rat S. 148. Erescent, engl. Kreuzer S. 51. Eressy, engl. Kreuzer S. 51, 96. Dalwigk zu Lichtenfels, Frhr. v, Admiral S. 201. Danzig, Kl. Kreuzer S. 78, 93, 417. Defence, engl. Kreuzer S. 222, 225. Derfflinger, Gr. Kreuzer S. 39,112, 122 u. f.. 202, 225, 245, 252, 253. Deutschland, Linienschiff S. 36, 201. Devonfhire, engl. Kreuzer S. 50. Dietrich, Martin, Kapitänleutnant S. 206. Dietrich, Max, Kapitänleutnant d. Res. S. 206. Dithmar, Korvettenkapitän S. 204, 277. Doflein, Kapitänleutnant S. 418. Doggerbank S. 76, 121 u. f., 166, 174, 181, 197. Dohna, Graf, Korvettenkapitän S. 147. Dominion, engl. Linienschiff S. 49. Drake, engl. Kreuzer S. 51. Dreadnought, engl. Linienschiff S. 49. Dresden, Kl. Kreuzer S. 39, 107. Droescher, Kapitänleutnant S. 103. Duncan, engl. Linienschiff S. 50. L 3, engl. U-Boot S. 103. L 4, engl. U-Boot S. 84. L 9, engl. U-Boot S. 94. Eckermann, Admiral S. 40. Edgard, engl. Kreuzer S. 51. Egidy, v., Kapitän z. See S. 136, 202, 242. Sachregister Ehrhardt, Kapitänleutnant S. 205. Ehrlich, Kapitänleutnant S. 205. Elbing, Kl. Kreuzer S. 191, 203, 208, 233, 235, 236. Emden, Kl .Kreuzer S. 39, 96, 332, 417 u. f., 438 u. f. Endymion, engl. Kreuzer S. 51. Engelhardt. Admiral S. 201. Englische Küste, Vorstöße gegen die, s. u. Vorstöße. Erdmann, Fregattenkapitän S. 131 Erin, engl. Linienschiff S. 49. Exmouth, engl. Linienschiff S. 50. A-Boote S. 405. Falklandsinseln, Gefecht bei S. 107. Falmouth, engl. Kreuzer S. 50. Falstria, dänisches Motorschiff S. 381. Faulborn, Korvettenkapitän S. 408 Fearleß, engl. Kreuzer, S. 80, 86 u. f. Feldmann, Fregattenkapitän S. 203. Feldt, Kapitän z. See S. 202. Fischdampfer-Verwendung S. 94, 154, 271, 289, 405, 418. Flandern, Räumung S. 476, 480 u. f. Flandern, Seefront S. 473 u. f., 483. Flottenstab S. 147. Flottenstärke, engl., in der Skager- schlacht S. 200 u. f. Flottenstärke, engl., in der Skagerrakschlacht S. 246. Flottenunternehmungen S. 109 u. f., 119, 126, 138, 140, 145, 146, 151 u. f., 168, 172, 186 u. f.. 259 u. f., 283, 402, 447 u. f., 494. Flugzeug-Kreuzer S. 290. F.-M.-Boote S. 406. Formidable, engl. Linienschiff S. 50. Forstmann, Kapitänleutnant S. 370. France, frz. Linienschiff S. 30. Namen- und Sachregister Frankfurt, Kl. Kreuzer S. 191, 202, 203, 241, 417. Franz, Walther, Korvettenkapitän S. 148. Frauenlob, Kl. Kreuzer S. 78, 80, 203, 235. Freya, Kreuzer S. 38. Friedensangebot S. 281, 330. Friedrich der Große, Linienschiff S. 31, 32, 38, 142, 200, 216, 222, 229, 234, 251, 282, 412, 417 u. f. Fröhlich, Kapitänleutnant S. 237. Fuchs, Kapitän z. See S. 200. Fulda, Minensuchboot S. 401. Funke, Admiral S. 37. 118. Funkentelegraphische Peilstationen S. 117. 183. O 4, Torpedoboot S. 85. Q 8, Torpedoboot S. 204. Q 11, Torpedoboot S. 85, 204. 6 37, Torpedoboot S. 236. Q 38, Torpedoboot S. 236. 6 39, Torpedoboot S. 203. 6 40, Torpedoboot S. 236, 237. 6 41, Torpedoboot S. 204. O 88, Torpedoboot S. 223, 226. 6 101, Torpedoboot S. 204. 6 102, Torpedoboot S. 446. Q 116, Torpedoboot S. 103. 6 141, Torpedoboot S. 191. 6 194, Torpedoboot S. 81 u. f.. 179. Gädecke, Admiral S. 36. Gagern, Frh. v., Korvettenkapitän S. 202. Galster, Karl, Kapitänleutnant S. 179. Gnudecker, v., Korvettenkapitän S. 203. Gautier, Kapitänleutnant S. 204. Gayer, Kapitänleutnant S. 71. Gefechtsbericht Ariadne S. 90 u. f. Gefechtsbericht Mainz S. 85 u. f. Gefechtsbericht I T. Flottille S. 81 u. f. Geleitdienst S. 449. 452. Geleitzüge S. 284, 369, 378, 396. Geleitzüge, Angriffe durch U-Boote, s. U-Boot-Angriffe auf Geleitzüge. Geleitzüge, Angriffe auf S. 435 u. f. 448 u. f., Geschoßwirkung, engl. S. 251, 252. Geschwader I S. 31. 36, 110, 150, 188, 200, 206 u. f., 231, 232, 234, 236, 252, 260, 282, 284, 402, 417 u. f., 497. Geschwader II S. 28, 31, 33, 36, 54, 77. 80, 95, 105, 106, 110, 116, 117, 150, 156, 173, 180, 187, 188, 195, 196, 201, 206 u. f.. 231, 232, 249, 260, 269, 281, 282. Geschwader III S. 29, 31. 33, 37, 110, 117, 119, 121, 142, 145, 150, 188, 196, 202, 206 u. f., 216, 217, 222, 225, 227, 231, 241, 277, 282, 284, 402, 417 u. f., 497. Geschwader IV S. 39, 40, 96, 141, 281, 282, 284, 402, 412, 417 u. f., 428, 497. Geschwader V S. 40, 96, 281. Geschwader VI S. 40, 96, 281. Gibraltar, engl. Kreuzer S. 51. Glasgow, engl. Kreuzer S. 107. Gneisenau, Gr. Kreuzer S. 39, 107. Goeben, Gr. Kreuzer S. 38, 39, 484, 485. Goehle, Korvettenkapitän S. 204, 211. Goette, Kapitän z. See S. 202. Good Hope, engl. Kreuzer S 51, 107. Goodenongh, engl. Kommodore S. 24. Grafton, engl. Kreuzer S. 51. Grand Fleet, engl. S. 50. Graßhoff, Kapitän z. See S. 428. Graudenz, kl. Kreuzer S. 122. Greif, Hilfskreuzer S. 171. Grapow, v.. Admiral S. 40. Namen- und Sachregister Grtmsby S. 164. Grom, russ. Zerstörer S. 421. Großer Kurfürst, Linienschiff S. 117, 202, 251, 252, 260, 277, 282, 417 u. f. Gudden, Dr., Marine-Generalarzt S. 148. Hafenflottillen S. 60. 153, 154. Hagedorn, Fregattenkapitän S. 203. Hamburg, Kl. Kreuzer S. 65, 74, 111, 114, 203, 205. Hampshire, engl. Kreuzer S. 242. Hannover, Linienschiff S. 36, 201. Hansa, Kreuzer S. 38. Harder, Kapitän z. See S. 75, 93, 196, 202. Hartlepool, Angriff gegen S. 107. Hartog, Kapitän z. See S. 166, 202, 225, Harwich S. 190, 298, 299. Hashagen, Kapitänleutnant S. 205. Harvke, engl. Kreuzer S. 51. Heine, Kapitän z. See S. 201 Heinecke, Korvettenkapitän S. 204. Heinrich, Kommodore S. 203, 210, 417. Heinrich Rathjen, Vorpostenboot S. 402. Hela, Tender S. 37. 94. Helgoland, Kreuzergefecht bei S. 76 u. f. Helgoland, Linienschiff 36, 201, 252. 282. Helsingfors, Einnahme S. 425 u. f. Hering, Admiral S. 477. Herkules, engl. Linienschiff S. 48. Hermes, engl. Kreuzer S. 104. Hersing, Kapitänleutnant S. 71, 96, 331. Hertha, Kreuzer S. 38. Hessen, Linienschiff S. 30. 36. 201. Heuchelei, englische S. 164, 165. Heuser, Kapitän z. See S. 202. Heusinger o. Waldegg, Kapitänleutnant S. 148. Hibernia, engl. Linienschiff S. 49. Hickla, norweg. Dampfer S. 381. Hildebrand, Kapitän z. See S. 428. Hillebrand, Kapitänleutnant S. 205. Hindenburg, Gr. Kreuzer S. 282, 432. Hinduftan, engl. Linienschiff S. 49. Hipper v.. Admiral S. 37. 57, 122 u. f., 196, 202, 206, 465, 448 u. f.. 494. Hochseeflotte. Kriegstagebuch S. 297 u. f. Hochseeflotte, Meutere! S. 412 u. f., 496 u. f. Hochseeflotte, Personal 395. Hochseeflotte, Tätigkeit im Zeichen des U-Boot-Krieges S. 395 u. s. Hochseeflotte, Umgruppierung S. 281. Hoefer, Kapitäuleutnant S. 204. Hoffmann, Georg, Fregattenkapitän S. 203. 235. Hogue, engl. Kreuzer S. 51, 96. Hollmann, Korvettenkapitän S. 204. Holtendorfs v.. Admiral S. 144, 168, 330. 453 u. f., 462. Hopfner, Kapitän z. See S. 201, 234. Hopmann, Admiral S. 417 u. f. Hoppe, Kapitänleutnant S. 205. Hoppenstedt, Kapitänleutnant S. 408 Housatonic, amerik. Dampfer S.382. Hull S. 174, 176, 184. Humbsrmündung S. 119, 162, 173. Immingham, engl. Hafen S. 176. Jmplacable, engl. Linienschiff S. 50. Jndefatigable, engl. Schlachtkreuzer S. 49, 208, 209, 210, 237. Indomitable, engl. Schlachtkreuzer S. 49. 83 Deutschlands Hochseeflotte im WeMrie-gr Namen- und Sachregister Inflexible, engl. Schlachtkreuzer S. 49. Jngenohl, v., Admiral S. 28,31,36, 72, 132. Jnvincible, engl. Schlachtkreuzer S. 39, 49, 228, 237. Iran Duke, engl. Linienschiff S. 80. 48. Jrresistible, engl. Linienschiff S. 30. Zammerbucht S. 240, 249, 280. Jasper, Oberleutn. z. See S. 81. Jean Bart, franz. Kreuzer S. 30. Jellicoe, engl. Admiral S. 80, 118, 222, 247, 249, 280, 286, 287. Junkermann, Korvettenkapitän S. 203. Jürft, Kapitänleutnant S. 208. Justitia, Dampfer (Pseudo Vaterland) S. 388 u .s. kahlert, Korvettenkapitän S. 201. Kaiser, Linienschiff S. 29, 37, 118, 202, 282, 417 u. f., 428, 432. Kaiserbesuch S. 168, 283, 284, 344, 412, 478, 479. Kaiser-Wilhelm-Kanal S. 28, 32, 46, 121. Kaiserin, Linienschiff S. ?9,37,202, 218, 282, 417 u. f., 428, 432. Kameke v., Kapitän z. See S. 201. Kanalflotte, engl. S. 51, 69. Kanaltransporte S. 44, 45, 69, 104, 271. Kanaloerteidigung S. 271, 409, 442 u. f. Karlowa, Kapitänleutnant S. 204. Karlsruhe, kl. Kreuzer S. 332, 417. Karpf v., Kapitän z. See S. 202. Kattegatt als Ausfahrt S. 410 u. f. Kayserling, Frh. v. S. 202. Kehdingen, Vorpostendampfer S. 434. Kiep, Kapitänleutnant S. 481. King Alfred, engl. Kreuzer S. 51. King Edward VII., engl. Linienschiff S. 49, 171. King George V., engl. Linienschiff S. 24, 49. King Stephen, Fischdampfer S. 164, 191. Kitchener, engl. Feldmarschall S. 243. Klappenbach, Kapitän z. See S. 201. Klein, Kapitänleutnant S. 204. Klein, Marine Oberpfarrer S. 148. Kleinkrieg S. 20, 58, 63, 73, 96, 108. Knorr v., Korvettenkapitän S. 139 u. f. Koch, Robert, Kapitänleutnant S. 206, 298. Koch v, Korvettenkapitän S. 204. Kolberg, Kl. Kreuzer S. 37, 78, 112, 123 u. f., 417. Köln, Kl. Kreuzer S. 37, 74, 78,79. König, Linienschiff S. 117, 202,236, 252, 282, 417 u. f. König Albert, Linienschiff S. 29, 37, 206, 282, 417 u. f. Königin Luise, Streuminendampfer S. 63, 64, 73. Königsberg Kl. Kreuzer S. 96, 417, 428 u. f. Krah, Walter, Korvettenkapitän S. 155. Krause, Lotsenkommandeur S. 61. Kraushaar, Kapitänleutnant S. 299. Kreuzer kleine, Bewaffnung S. 436. Kreuzergeschwader S. 38, 107. Kreuzergeschwader, engl. l. S. 247, 248. Kreuzergeschwader, engl. II. S. 49, 247. Kreuzergeschwader, engl. III. S. 80, 113. Kreuzergeschwader, engl. V. S. 30. Kreuzergeschwader, engl. VI. S. 31. Namen- und Sachregister Kreuzergeschwader, engl. VII. S. 51. Kreuzergeschwader, engl. IX. S. 51. Kreu^rgefchwader, engl. X. S. 51. Kreuzergeschwader, engl. X I. S. 51. Kreuzergeschwader, engl. XII. S. 51. Kreuzerkämpfe S. 75, 76 u. f., 86, 107, 110 u. f., 121 u. f., 208, 215, 218, 232, 427 u. f. Kreuzerkrieg S. 43, 63, 101, 139, 147, 187, 192, 197, 198, 220, 269, 272, 274, 280, 332. Kreuzerverluste S 79, 94, 97, 1Ü6, 129 u. f., 171, 235, 236. Kreuzerverluste, feindliche S. 64, 96, 97, 104, 142, 163, 166, 171, 210, 212, 222, 234, 235. 265, 266. Kreuzervorstöße s. u. Vorstöße. Kriegsausbruch S. 23—36. Kriegserklärung Englands S. 55. Kriegsgebiet, englisches S. 409. Kriegsgebieterklärung S. 306, 309, 319 u. f. Kronprinz, Linienschiff S. 117, 202, 277, 282, 397, 417 u. f. Kronprinz Friedrich Wilhelm, Hilfskreuzer S. 63, 332. Krosigk, v., Admiral'S. 59. Küsel, Kapitän z. See S. 201. Küstenschutz S. 20, 59. Küsteuschutzflottille S. 153, 154. I. 5, Luftschiff S. . I. 7, Luftschiff S. . 1. 9, Luftschiff S, , 206, 207. 1. 10, Luftschiff, S. 143, I. 11. Luftschiff S. 143, 145, 162, 173, 174 u. f.. 181, 183. 184, 192, 238, 239, 240, 241, 250, 263, 264, 265. I, 13, Luftschiff S. 145. 162, 173, 184, 206, 238, 262, 263, 264, 265. I. 14, Luftschiff S. 143, 145^ 162, 173, 174 u. f., 205, 207. l. 15, Luftschiff S. 145, 162, 181. I- 16, Luftschiff S. 145, 162, 184, 207, 401. I. 17, Luftschiff S. 162, 181, 183, 205, 238. 1 19, Luftschiff S. 162, 163. I. 20, Luftschiff S. 162. I, 21, Luftschiff S. 162, 206, 207, 262. 1. 22. Luffchiff S. 206, 228, 400. I. 23, Luftschiff S. 192, 206, 207, 400. I. 24, Luftschiff S. 206, 233, 238, 240, 249. I. 31, Luftschiff S. 263, 264. 1. 35, Luftschiff S. 298. I. 37, Luftschiff S. 401. I. 39, Luftschiff S. 298. I. 40, Luftschiff S. 298. I. 41, Luftschiff S. 298. 1^ 42, Luftschiff S. 298, 299. I. 43, Luftschiff S. 298, 299. I. 44, Luftschiff S. 298, 299. I. 45, Luftschiff S. 298, 299. 70, Luftschiff S. 302. Lahs, Kapitänleutnant S. 204. Lamm, Steuermannsmaat S. 142. Lange, Kapitän z. See S. 201. Lans, v., Admiral S. 31, 36. Lavender, engl. Kriegsschiff S. 404. Laverock, engl. Zerstörer S. 178. Leipzig. Kl. Kreuzer S. 39, 107. Levetzow, v., Kapitän z. See S 147, 200, 357, 417, 466. Leviathan, engl. Kreuzer S. 51. Libau S. 97, 105, 141. Lincoln S. 190. Linienschiffsverluste, engl. S. 101, 171, 225. Linienschiffsverluste, rusf. S. 422. Lion, engl. Schlachtkreuzer S. 49, 78, 91, 132 u. f., 208, 209. Liverpool, engl. Kreuzer S. 50. Namen- und Sachregister Liverpool S. 162. Löhlein, Kapitän z. See S. 453. London, engl. Linienschiff S. 50. Lorida, span. Dampfer S. 381. Loßmann, Kapitänleutnant S. 429. Loßnitzer, v., Kapitänleutnant S. 302. Lothringen, Linienschiff S. 30, 36, 207, 281. Lotsen S. 61. Lowestost, engl. Kreuzer S. 50. Luftaufklärung S. 59, 153,190, 198, 200, 207. 238, 241. 258, 261 u. f., 267. 268, 283, 285, 302, 398 u. f. Luftschiffangrifse S. 143, 145, 159, 162 u. f.. 173 u. f., 180 u. f., 187 u. f.. 193, 257, 258, 291 u. f., 297 u. f.. 302. Luftschiffbau S. 302. Luftschiffbedeutung S. 302 u. f. Luftschisfbesatzung S. 292. Luslschiffbestand S 301 u. f. Luftfchiffbewaffnung S. 292. Luftschiffentwicklung S. 291 u. f. Luftschisfhäfen S. 296. 297. Luftfchiffnavigierung S. 292 u. f. Luftschifftypen S 291 u. f. Luftschiffverluste S. 181, 291, 298, 300. 301, 400. Lu^itania, engl. Dampfer S. 278, 329. Lützow, Gr.Kreuzer S 39,189,196, 202. 230, 233. 236, 237, 238, 282. Lützow, Korvettenkapitän S. 205. AI 14. Minensucher S. 402, 403. U 67, Minensucher S. 452. U-Boote S. 405. Maaß, Admiral S. 37, 74. Madlung, Fregattenkapitän S. 203. Magdeburg. KI. Kreuzer S. 97. Mainz. Kl. Kreuzer S. 37, 78, 79 u.f. Maiestic-Klasse, engl. Linienschiffe S. 51. Manicia, norweg. Dreimaster S.383. Mann-Tiechler. Ritter v., S. 471. Marinekorps S. 160. 177, 188, 192, 197, 258, 270, 283, 482 u. f. Markgraf, Linienschiff S. 117, 202, 252, 260, 282, 417 u. f. Marlborough, engl. Linienschiff S. 48. 242. Marschsicherung der Flotte S. 104, 173, 189, 213, 233, 265, 284. Mary Rose, engl. Zerstörer S. 436, 437. Mauve, Admiral S. 36. 201, 282. Medusa, engl. Zerstörer S. 178,180. Meteor, Hilfskreuzer S. 139 u. f. Metzger, Kapitänleutnant S. 205. Meurer, Admiral S. 201, 425 u. f., 481. Meyer, Dietrich, Korvettenkapitän S. 148. Michelsen, Kommodore S. 203, 270, 272, 371. Minen, unsere S. 406, 407. Minenabsperrung der Nordsee S. 369. Minenabweiser S. 155. Minenfreie Wege S. 408 u. f. Minenkrieg S. 47, 52, 54, 55, 63 64. 71. 76. 70 u. f., 101, 106, 108, 112, 113, 116, 119, 139, 141, 145, 158, 165, 170, 171, 187 u. s.. 197, 207, 241. 242, 287 u. f., 306, 384 u. f., 397, 399 u. f., 438 u. f., 443, 446 Minenräumverbände, Organisation S. 405 u. f. Minenschutz, unserer S. 407. Minensuchboottypen S. 404 u. f. Minensuchdienst S. 154, 155. 207, 287 u. f., 369, 403, 420, 422 u. f., 427 u. f.. 434 u. f. Minensuchgerät, unseres S. 407. Minensuchverbände, Organisation S. 404 u. f. Namen- und Minenverseuchung der Nordsee S. 396, 397, 402. 403, 408 u. f., 411, 427. Minenverteidigung der deutschen Bucht S. 94. 158. Mittelmeer, Räumung S. 485. Mobilmachung S. 32. Moltke, Gr. Kreuzer S. 37. 70.112, 122 u. f., 144, 147, 202, 252, 277, 417 u. f., 432, 450 u. f. Mommsen, Fregattenkapitän S. 203. Monarch, engl. Linienschiff S. 49. Monitors, engl. S. 474. Monmouth, engl. Kreuzer S. 107. Morath, Kapitänleutnant S. 205. Motorboote S. 418. Möwe, Hilfskreuzer S. 147, 170 u. f., 281, 397. Müller, v, Admiral, Brief S. 344 u. f. München, kl. Kreuzer S. 203. Mutterschiff S. 406. Nassau, Linienschiff, S. 36, 201, 235. 282. Natal, engl. Kreuzer S. 49. Natzmer, v., Kapitän z. See S. 201. Nautilus, Minenleger S. 76. Nebelentwicklung S. 219, 429. Nebesky, Kapitänleutnant S. 172. Nelson, Lord, engl. Linienschiff S. 50. Neptune, engl. Linienschiff S. 48. Nerger, Fregattenkapitän S. 281, 406. Neuberer, Fregattenkapitän S.203. New-Zealand, engl. Schlachtkreuzer. S. 49, 209. Nordmann, Admiral S. 202. Nordseestellung, unsere S. 47. Nordseevorpostenflottille S. 153. Notthingham, engl. Kreuzer S. 24, 50. Sachregister Nueva Montana, span. Dampfer S. 380. Nürnberg, Kl. Kreuzer S. 39, 417, 429. O 4, engl. Kreuzer S. 225. Oldenburg, Linienschiff S. 36, 201, 282, 450 u. f. Operationspläne S. 42, 44, 45, 52, 53, 65, 66, 136, 137, 140, u. f.. 144, 148 u. f.. 158 u. f.. 165, 169, 197, 258 u. f.. 284. 396, 419 u. f., 425, 447 u. f., 490. Ophelia, Lazarettschiff S. 101. Orion, enfll. Linienschiff S. 49. Orion, Minensuchboot S. 401. Ösel s. Baltische Inseln. Ostafrika. Dampfer nach S. 147. Ostfriesland, Linienschiff S. 36,200, 201, 229, 234. 241, 252, 282. Ostsee S. 27, 31, 33, 98. 108, 119, 146, 158, 282, 396, 402. Ostseebedrohung durch U-Boote s. U-Boote in der Ostsee. Ostseekriegführung S. 46, 53, 97 u. s., 105 u. s.. 140. 144, 162, 281, 289, 416 u. f. Ostsee-Oberbefehlshaber S. 32, 43, 206. Otranto, engl. Hilfskreuzer S. 107. Pallada, russ. Kreuzer S. 96. Partridge, engl. Zerstörer S. 441. Paschen. Wilhelm, Kapitän z. See S. 85. Pasquay, Korvettenkapitän S. 370. Paß of Balmaha, amerik. Bollfchiff S. 143. Pathfinder, engl. Kreuzer S. 96. Pegasus, engl. Kreuzer S. 96. Pellew, engl. Zerstörer S. 441. Pfeil, Tender S. 37. Philipp, Admiral S. 290. Pillau, Kl. Kreuzer S. 203, 219, 241, 430. Namen- und Sachregister Pohl, v., Admiral S. 137, 144, 146, 318, 319, 321, 330. Pohle. U-Boot-Kommandant S. 67. Pommern, Linienschiff S. 36, 207, 269, 281. Posen. Linienschiff S. 36, 201, 282, 425 u. f. Praufe, Korvettenkapitän S. 370. Preußen, Linienschiff S. 30, 36, 206. Prince os Wales, engl. Linienschiff S. 50. Princeß Royal, engl. Schlachtkreuzer, S. 49, 209. Prinz Eitel-Friedrich S. 332. Prinz Heinrich, Großadmiral S.31, 32, 168. Prinz Heinrich, Gr. Kreuzer S. 110. Prinzregent Luitpold, Linienschiff S. 29, 37, 202, 282, 412, 417 u. f. Prisen S. 139, 143, 171, 397. Probemobilmachung, engl. S. 30, 35. Prölß, Kapitänleutnant d. Res. S. 206. Püllen, Kapitän z. See S. 485. Putzier, Oberleut. z. See S. 205. Quaet - Faslem, Fregattenkapitän S. 148, 200. Queen, engl. Linienschiff S. 50. Queen Elizabeth, engl. Linienschiffe S. 49, 151, 210, 217. 220, 222, 225, 226. Queen Mary, engl. Schlachtkreuzer S. 49, 209, 212, 237. Raeder, Kapitän z. See S. 202, 481. Ramsay. engl. Bewachungsdampfer S. 139. Rebensburg, Fregattenkapitän S. 203. Rebeur-Paschwitz, v., Admiral S. 485. Redlich, Kapitän z. See S. 201,283. Regensburg, Kl. Kreuzer S. 203, 237, 241. Reiß, Kapitän z. See S. 203, 219. Netzmann, Fregattenkapitän S. 75. Reuter, v., Admiral S. 203. 232, 417 u. f., 428. Reymann, Paul, Korvettenkapitän 148. Rheinland, Linienschiff S. 36, 201, 282, 425 u. f. Rio de Janeiro, norweg. Dampfer S. 382. Rohardt, Kapitän z. See S. 201. Röhr, Kapitänleutnant S. 392. Roon, Gr. Kreuzer S. 110. Rose, Kapitänleutnant S. 205. Rosenberg, v., Fregattenkapitän S. 370, 418. Rostock, Kl. Kreuzer S. 37, 75, 123 u. f,, 191, 203, 206, 233, 235, 236. Roxburgh, engl. Kreuzer S. 50. Royal Arthur, engl Kreuzer S. 51. Rümann, Kapitänleutnant S. 204. Rüssel, engl. Linienschiff S. 50. 8 15, Torpedoboot S. 204. L 18, Torpedoboot S. 180. 8 19, Torpedoboot S. 204. 8 22, Torpedoboot S. 179. 8 24, Torpedoboot S. 204. 8 27, Torpedoboot S. 403. 8 32, Torpedoboot S. 223, 237. 8 35, Torpedoboot S. 212, 228. 8 53. Torpedoboot S. 204. 8 54, Torpedoboot S. 204. Santa Elena, Hilfskreuzer S. 290. Scarborough, Angriff gegen S.107. Scharnhorst, Gr. Kreuzer S. 39,107. Scheinwerfer-Benutzung S. 234. Schlachlslotte, engl. S. 48, 51. Schlachtgeschwader, engl. l. S. 48. Schlachtgeschmader, engl. ll. S. 49, 113, 114, 115. Namen- und Sachregister Schlachtgeschwader, engl. III. S. 49, 115. Schlachtgeschwader, engl. IV. S. 48. Schlachtgeschwader, engl. V. S. SO, 210, 248. Schlachtgeschwader, engl. VI. S SO. Schlachtgeschwader, engl. VII. S. 51. Schlachtkreuzergeschwader, engl. I. 115, 125 u. f., 247 u. f. Schlachtkreuzergeschwader, engl. II S. 247 u. f. Schlachtkreuzergeschwader, engl.III. 247 u. f. Schlesien, Linienschiff S. 30, 36, 201. Schleswig-Holstein, Linienschiff S. 36, 201. Schlieder, Oberleut. z. See S. 387. Schlußwort S. 499 u. f. Schmidt, Ehrhard, Admiral S. 39, 200, 229, 282, 417. Schneider, Rudolf, Kapitänleutnant S. 205. Schott, Heinrich, Kapitänleutnant S. 418. Schröder, v., Admiral S. 270, 473, 482, 483. Schubert, v., Kapitänleutnant S. 206. Schultz, Max. Korvettenkapitän S. 215. Schultz. Wilhelm, Korvettenkapitän S. 76. Schultze, Otto, Kapitänleutnant S. 205. Schulze, Viktor, Korvettenkapitän S. 173. Schütze, Viktor, Korvettenkapitän S. 205. Schützler, Flotteningenieur S. 148. Schuur, Fregattenkapitän S. 204. Schwieger, Kapitänleutnant S. 275. Seeflugstationen S. 289 u. f. Seekriegsleitung s. Befehlsoerhält- nisse. Seemacht S. 16, 43, 44, 245. Seerecht S. 53, 310 u. f. Seiserling, Kapitän z. See S. 202. Senta, Hilfsstreuminendampfer S. 400. Seydlitz, Er. Kreuzer S. 27, 70,112, 122 u. f., 189, 193, 196, 199, 202, 242, 245, 252, 253. Shannon, engl. Kreuzer S. 49. Shark, engl. Zerstörer S. 225. Sicherung der deutschen Bucht S. 55 u. f., 61. 76, 93, 95, 152 u. f. 156 u. f., 173, 270, 282, 396. Sicherung der Minensucher S. 288 u. f. Siegfried-Klasse, Küstenpanzerschiffe S. 40. Sierra Ventana, Lazarettschiff S. 254. Sievers, Kapitän z. See S. 202. Sirius, engl. Kreuzer S. 475. Skagerrakschlacht S. 199—256. Skagerrakspende S. 253. Slawa, russ. Liniensch. S. 143, 421. Sommerseldt, Kapitänleutnant S. 206. Souchon, Admiral S. 417 u. f. Southampton, engl. Kreuzer S. 24, 50. Spee, Graf v., Admiral S. 38, 107. Sperrbrecher S. 119, 155, 189, 396, 397, 399, 428. Spiegel v. u. zu Peckelsheim, Frhr., Kapitänleutnant S. 205, 398. Spionage, engl. S. 135, 190. Stärkevergleich S. 70, 95, 151, 282. Stefano, engl. Dampfer S. 375, 376. Stelling, Hauptmann S. 206. Stettin, Kl. Kreuzer S. 66 ,78, 80, 84, 110, 203. Stilette, franz. Torpedoboot S. 30. Stollhoff, Marinepfarrer S. 148. Namen- und Sachregister Stralsund, Kl. Kreuzer S. 37, 78, 78. 93, 111, 113, IIS, 122 u. f., 417. Straffer, Fregattenkapitän S. 185, 398, 300 u. f. Strategie, engl. S. 308 u. f. Strathdene, engl. Dampfer S. 374. Streifen leichter Streitkräfte in der Nordsee s. Vorstöße. Strongbow, engl. Zerstörer S. 436. Stuttgart. Kl. Kreuzer S. 203, 290. Sunderland S. 182, 197, 260. Superb, engl. Linienschiff S. 48. Sufsex, engl. Dampfer S. 194, 342, 343. Sylt S. 47, 153, 156, 178. Taktik S. 28. 283. Takük der Engländer S. 134, 270. Taktische Lage beim Auslaufen aus den Flußmündungen S. 56, 156 u. f. Taktische Übungen S. 177. Tann, von der, Gr. Kreuzer S. 37, 70, 112, 122, 202, 210. Tapken, Admiral S. 37. Temeraire, engl. Linienschiff S. 49. The Queen, engl. Dampfer S. 272. Thiele, Korvettenkapitän S. 100. Thüringen, Linienschiff S. 36, 201, 234. 282. Tiemann, Leut. z. Se^ S. 172. Tietze, Fregattenkapitän S. 171. Tiger, engl. Schlachtkreuzer S. 130, 208. 209. Tillessen, Korvettenkapitän S. 205. Tirpitz, v., Großadmiral S. 42, 144, 168, 177, 321. 456 u. f. Tondern S. 178. Torpedoboot-Abwehr S. 234. Torpedoboot-Flottille I S. 74, 78, 81 u. f.. 203, 206, 207, 401. Torpedoboot-Flottille II S. 74, 121 u. f.. 166, 197, 204, 206, 207, 210, 211, 222, 227, 233, 263, 402, 417, 418, 433, 438 u. f., 442 u. f., 448 u. f. Torpedoboot-Flottille III S. 204, 227, 228, 236, 271, 272, 273, 396. Torpedoboot-Flottille V S. 78, 123 u. f., 204, 205, 207, 227, 228, 233, 402, 449. Torpedoboot-Flottille VI S. 74, 75, 166, 188, 191, 197, 204, 206, 224, 227, 228, 233, 249, , 417 u. f. Torpedoboot-Flottille VII S. 204, 206, 207, 227, 233, 396, 433. Torpedoboot-Flottille VIII S. 74, 418. Torpedoboot-Flottille IX S. 166. 188, 204, 206, 210, 211, 212, 217, 227, 228, 233, , 249, 271, 272, 396, 418. Torpedoboot-Flottille XI S. 197. Torpedoboot-Halbflottille 1 S. 204, 227. Torpedoboot-Halbflottille 2 S. 113. Torpedoboot-Halbflottille 3 S. 204, 439 u. f. Torpedoboot-Halbflottille 4 S. 204, 208, 276, 277. Torpedoboot-Halbflottille 5 S. 204, 272. Torpedoboot-Halbflottille 6 S. 204. Torpedoboot-Halbflottille 7 S. 100 u. f.. 271, 418. Torpedoboot-Halbflottille 9 S. 204, 219. Torpedoboot-Halbflottille 10 S. 204. Torpedoboot-Halbflottille 11 S. 204, 215. Torpedoboot-Halbflottille 12 S. 204, 219, 247, 428. Torpedoboot-Halbflottille 13 S. 204, 418. Torpedoboot-Halbflottille 17 S. 404. Torpedoboot-Halbflottille 18 S. 205. Torpedobootkämpfe S. 211, 442 u.f. Namen- und Sachregister Torpedoboote, Seeausdauer S. 67, 68, 104 u. f. Torpedobootsverluste S. 79, 100 u. f., 103, 179, 212, 228, 228, 235, 403. 410. Torpedobootsverluste, engl. S. 111, 112, 178, 212, 217, 235. 264, 272, 436, 437, 441. Torpedobootsoerluste, russ. S. 143. 421. Torpedoherstellung S. 477. Torpedos, unsere S. 477. Torpedoschießübungen S. 118. Torpedoschutznetze, Abschaffung S. 252. Torpedowerkstatt, Friedrichsort S. 477. Transportflotte für Finnland S. 425 u. f. Transportflotte für Ösel-Unterneh- mung S. 418, 419. Trombeau, franz. Torpedoboot S. 30. Trotha, v., Admiral S. 147, 200, 203, 466. Tyszka, v., Korvettenkapitän S.449. II 9, Unterseeboot S. 96. 17 16, Unterseeboot. 103. 17 19, Unterseeboot. 205. 17 20, Unterseeboot S. , 275 u.f. 17 21, Unterseeboot S. , 242,321, 403. 17 22. Unterseeboot. 205. 17 23, Unterseeboot. 142. 17 24, Unterseeboot. 205, 330. 17 26, Unterseeboot. 98. 17 27, Unterseeboot. 329. 17 29, Unterseeboot. 148. 17 30, Unterseeboot. 275 u. f., 399. 17 32, Unterseeboot. 205, 207. 17 33, Unterseeboot. 331. 17 36 Unterseeboot S. . 17 39, Unterseeboot. 331 17 40, Unterseeboot. 403. 17 43, Unterseeboot. 205. 17 44, Unterseeboot. 205. II 46, Unterseeboot S. 205, 242, 398, 399. 17 47, Unterseeboot S. 205. 17 52, Unterseeboot S. 205, 242, 262. 17 53, Unterseeboot S. 205, 262 u. f., 267, 372 u. f. 17 54, Unterseeboot S. 388 u. f. 17 55, Unterseeboot. 377. 17 58, Unterseeboot. 398, 399. 17 59, Unterseeboot. 401 u. f. 17 60, Unterseeboot. 382, 383. 17 62, Unterseeboot. 403. 17 63, Unterseeboot. 205. 17 64, Unterseeboot. 205. 17 65, Unterseeboot S. 264 u. f. 17 66. Unterseeboot S. 205, 207, 264 u. f. 17 70, Unterseeboot S. 205. 17 82, Unterseeboot S. 386 u. f., 398. 17 83, Unterseeboot. 383. 17 84, Unterseeboot. 392 u. f. 17 86, Unterseeboot. 403, 404. 17 93. Unterseeboot. 398, 399. 17 L 21, Unterseeboot. 205, 398. 17 8 22, Unterseeboot. 205, 398. 17 L 41, Unterseeboot. 404. 17 8 64, Unterseeboot. 388 u. f. 17 (7 33, Unterseeboot. 400. 17 (7 40. Unterseeboot. 404. 17 (7 41, Unterseeboot. 400, 402, 404. 17 L 42, Unterseeboot S. 401, 402. 17 0 44, Unterseeboot S. 401. 17 <7 49, Unterseeboot. 403, 404. 17 (7 50, Unterseeboot. 401. 17 c 51, Unterseeboot. 401, 402. 17 (7 55, Unterseeboot. 403. 17 (7 58, Unterseeboot. 423. 17 (7 60, Unterseeboot. 423. 17 L 75, Unterseeboot S. 404. Namen- und Sachregister ^ L 76, Unterseeboot S. 398. 17 c 77, Unterseeboot S. 398. U-Boote, engl., in deutscher Bucht S. 55, 75, 76, 78. 94, 102 u. s, 119, 153, 154, 158, 397, 399. U-Boote, engl. u. russ. in Ostsee S. 106. U-Boot-Amt 460. U-Boot-Angrisf auf Geleitzüge S. 386 u. f. U-Boot-Anweisungen S. 322 u. s., 358. U-Boot-Bau S. 468 u. f., 481. U-Boot-Bedeutung S. 67 u. f., 96, 108, 127 ,280, 313 u. f. U-Boot-Bekämpsung S. 154 u. f., 407. U-Boot-Erfolge gegen deutsche Kriegsschiffe S. 94, 103. U-Boot-Erfolge gegen engl. Kriegsschiffe S. 96, 103, 104. 142, 242, 404, U-Boot-Erfolge gegen russ. Kriegsschiffe S. 97, 423. U-Boot-Fallen S. 369, 392 u. f , 403. U-Boote und Flotte S. 161 u. f. U-Boot-Geleitdienst S. 369, 407 u. f. U-Boote, Handels- S. 367, 368, 372, 374. U-Boot-Handelskrieg S. 137, 139, 142 u. f., 150, 160 u. f., 194. 256, 257, 269. 270, 315 u. f., 330, 331 u. f.. 338, 343 u. f. U-Boot-Handels°rieg, Ergebnisse S. 331 u, f., 368, 467 u. f. U-Boot-Kämpse S. 381, 387 u. f. U'Boot-Kreuzerkrieg S. 274, 283, 344 u. f. N-Boot-Krieg-Abwehr 363, 368 u. f. U-Boot-Krieg-Ausdehnung 462 u. s. U-Boot-Krieg-Einstellung 482 u. f., 488 u. f. U-Boot-Krieg, Entwicklungsgang S. 347. U-Boot-Krieg gegen bewaffnete Handelsdampfer S. 337, 357 u. f. U-Boot-Krieg im Mittelmeer S. 331, 485. U-Boot-Krieg in den nordischen Gewässern S. 350. U-Boot-Krieg und Politik S. 312 u. f., 317, 319, 324 u. f., 336, 340 u. f., 343 u. f., 348, 349. U-Boot-Krieg, uneingeschränkter S. 162, 167 u. f., 178, 246, 256, 274, 280, 284, 285, 314, 337, 338 u. f., 349 u. f., 459 u. f. U-Boot-Krieg, Unterstützung durch Flotte S. 286 u. f., 290, 362 u. f. U Boot-Krieg, Wirkung S. 363, 364. U-Boot-Minen-Unternehmuna S. 384 u. f. U-Boot-Netze S. 407. U-Boot-Offensive S. 52, 53, 65 u. f., 69, 71. U-Boot-Organifation S. 370 u. f. U-Boot-Personal S. 395. U-Boot-Schule S. 477 u. f. U-Boote im Sicherungsdienst S. 57, 65. U-Boot-Typen S. 365 u. f. U-Boot-Unterstellung S. 338 u. f. U-Boot-Berlufte, S. 67, 142, 277, 371, 398, 401, 483. U-Boot-Berlufte, engl. S. 75, 103, 400. U-Boot-Berwendung S. 160, 162, 188, 194, 197 u. f., 200, 242, 259 u. f, 267 u. f„ 275, 283. U-Boot-Berwendung im Aufklärungsdienst S. 71, 112, 188, 207, 262. U-Boot-Zahl S. 348, 363, 364, 367, 371. U-Flotille 1 S. 370. U-Flotille 2 S. 370. U-Flotille 3 S. 370. U-Flotille 4 S. 370. Namen- und Sachregister U-Flottille in Flandern S. 370, 476, 483. U-Flotille Kurland S. 418, U-Kreuzer S. 464, 465. Undaunted, engl. Kreuzer S. 180. U-Z-Boote S. 406. 1, Torpedoboot S. 80. 2, Torpedoboot S. 204. 5, Torpedoboot S. 131. 26, Torpedoboot S. . 27, Torpedoboot S. , 212. 28, Torpedoboot S. . 29, Torpedoboot S. . 30, Torpedoboot S. . 44, Torpedoboot S. 204. 45, Torpedoboot S. , '29. 48, Torpedoboot S. . 69, Torpedoboot S. . 71, Torpedoboot S. . 73, Torpedoboot S. 223, 225. 163. Torpedoboot S. 399. 187, Torpedoboot S. 79, 81 u. f. Valiant, engl. Linienschiff S. 49. Vanguard, engl. Linienschiff S. 48. Vanfel^w, Kapitän zur See, S. 481. Varrentrcipp, Kapitän z. See S. 201. Venerable, engl. Linienschiff S. 50. Vengeance, engl. Linienschiff S. 50. Vergeltungsmaßregeln S. 313, 316, 321, 322. Verluste in der Skagerrakschlacht S. 243, 244. Verluste, Personal S. 434. Viktoria Luise, Kreuzer S. 38. Vincent, St., engl. Linienschiff S. 48. Vindictioe, engl. Kreuzer S. 474. Vineta, Kreuzer S. 38. Völkerrecht S. 164, 165, 306. Vorpostendienst S. 94, 153 u. f., 156, 170. Vorstöße gegen die engl. Küste S. 106, 108, 119. Vorstöße in die Hoofden S. 75, 159, 172 u. f., 186 u. f., 284, 396. Vorstöße in den Kanal S. 271 u. s., 442 u. f. Vorstöße in die Nordsee S. 69, 74, 76, 99 u. f.. 109, 159, 166, 138, 199 u. f., 260, 270, 279, 396, 425, 435 u. f., 447 u. f. Waffenstillftandsverhandlungen S. 479 u. f. Wagenführ, Kapitänleutnant S. 205. Wallis, Korvettenkapitän S. 81. Walther, Hans, Kapitänleutnant S. 205. Warrender, engl. Admiral S. 24, 115. Warrior, engl. Kreuzer S. 222, 225. Warfpite, engl. Linienschiff S. 4k, 237. Wasserbomben S. 56, 407. Weber, Korvettenkapitän S. 203. Weddigen, Kapüänleutnant S. 96, 142. Weddigen, Oberleut. z. See S. 172. Wegener, Korvettenkapitän S. 201. 329. Weißbach, Kapitänleutnant S. 205. Weizsäcker, Kapitänleutnant S. 148. West, Korvettenkapitän S. 76. Westburn, engl. Dampfer S. 171. Westfalen, Linienschiff S. 36, 201, 233, 261, 268. 282, 425 u. f. Westpoint, engl. Dampfer S. 374. Wettin, Linienschiff S. 39. Wiesbaden, Kl. Kreuzer S. 203,219, 220, 225, 226. Wilke, Korvettenkapitän S. 148. Wittelsbach, Linienschiff S. 39. Wolf, Hilfskreuzer S. 281, 406. Wc.'.fram, Korvettenkapitän S. 404. Wolja, russ. Linienschiff S. 485. Namen- und Sachregister Wulff, Marine-Stabszahlmeister S. 148. Wünsche, Kapitänleutnant S. 205 Harmouth. Beschießung S. 106. Varmoulh S. 184, 187 u. f. Aarrowdale. engt. Dampfer S. 397. Norck, Gr. Kreuzer S. 106, Iealandia, engl Linienschiff S, 49. Zeebrügge als Stützpunkt S. 271, 273, 286, 331, 473. Zeebrügge. Verblockungsversuch S. Zenker, Kapitän z. See S. 202. Ziegler, Oberleutn. z. See S. 398. Zitzewitz, o, Kapitänleutnant S.204. Zurückhaltung der Flotte S. 52, 70, 73, 74. 95, 108, 109, 114, 136 137, 140, 168, 278, 285. Zurückhaltung der engl. Flotte S. 64, 65, 69, 71, 72, 106, 138, 149, 273, 303, 424, 453. ^ücheranZeigen des Äerlages ?ürst Vismsrclrs Lntlsssunß O/s ^4ll/rcrc/r/7llNNsn ätsst5mini5ter von koetticker tierausgegeben von ?rokessor Or. 6eorg krelkerr von Lppsteln 11. bis 15. "sausend klsmarcks vertrautester Mitarbeiter ist einer der wenigen, die ctaru beruken erscheinen, über ljie t^ataslropke vom »Srr 1890 und ikre Vorgesckickte ein kistorisck einwandfreies Zeugnis abrulegen. Das vorliegende ^Verk Ist In 6er Ist das erste, das rntt seiner külle dolcumentarlsck belegter beweise und ergänri durck die ^utreicknungen des Lkets der lieickskanrlel von als der autkemiscke Verlebt über den I^anrlersturr berelcknet weiden dark. * Oss kuck kostet gekettet 15,-»., gebunden 20.— ». Vorrugsausgabe aut bestem kolrtreien krledens- popier elegant In tislbleder gebunden 45.— ». ttLULS 2UK 2LI76k5cttictt7L 7ÜKKLI O/e /tr/sALer/nnerunse/r I^imsr» von 5 s ri 6 e r 5 OenersI 6er KovsIIerle Osmsnlscker dlsrscksll ?/// r6 vvlr.sckssllicken ^u'gsben. Oie?ersönlick>1enscken gespen6et kst. * Oss buck kostet gekektet <10 - >1., gekun6en 50.- >l. Vorrugssusgode sukbestem krie6er>spap!er In tislb- Ieinenbsn6 55.— >1» in Hslble6erbsn6 75.— k»1. Vkiri.^6 -XU6U57 6.^. n.. ttLucb ruir rel76L5cttic:«7e ^O/V LÜ/Ol^ Wi» Lekiem ^vk «iMMi-Lein m// 7 /lsr/enöki/s^en 6e^e//e/ S ?/vert rler geisllgen ?o> out 6ie v/oßzcksle 6es kriolge; drückt. Oie ^ur- tllbrunßen über 6ie 5ck ockt bei ^snnenoerg, in der kronsoiz' Gruppen eine eotLcbel«Ien6e I^oile rukei, bedeuten glelck- reitlg eine Urquelle tür 6Ie krleßssesckicklllcke korscbung. ^ VII. 1946 ! //77 ?-/VLSk ° I >? SÄ?/' /^/-Ss^o-- S-/>5 2-1 1- / ^ ?S- U7S om n 9"L0^ ^! >5^ ^,/7Ä^ A/V/i! //7 L'c/'/^ 10"L0^ d^e!go>sn6 Lux^sven Li'emsl'^svs^ 2° IH' N' 2° so ° Westt v.Sl-vsnw c>° 0Ä! V ör-Lsnw ° ?o> -M s Vormarsch der deutschen Flotte zur Skagerrak-Schlacht l 5 Karte Nr. zu S. 224 ^'cvto/- * - * ^ L7cr/7crc/cr ^/^7/a/ Qr/r ^ //-<:/? F^-ce ^ 7>?^/7c/3/-^ ^^//? ^ t76/7?L,/"/o/7 ^>>^^ <^x^ X X ^x X XX V X W' ^ vX >.>>>. ^ ^ XX vX X xxX x^ vX^.V XX VX x»^x XX ^ ^XXx^ ^ ^ XX " x^>x X XXX x^ . x^ X XX V X xxx^ X X 1 Amerika, Frankreich und Spanien. 2 Das III. Schlachtgeschwader bestand aus Schiffen der Vor-Dread- nought-Zeit, das I., II. und IV. Schlachtgeschwader aus Großkampfschiffen Im IV. Schlachtgeschwader waren die Schiffe von „Agincourt" ab bis Kriegsausbruch noch nicht voll verweMmgsfähig. 3 In dem Januar 1919 herausgegebenen Buch „IKs 6rsn6 kiest 1d14 — 1916, by Viscount .IsIIicoe ok Lcspa" waren die Auf gaben der englischen Flotte wie folgt bezeichnet: 1. den britischen Schiffen S1 4 Diese Abkürzung wird auch in Verbindung mit anderen Worten gebraucht werden, z. B. F.-T.-Stationen- 5 Abgekürzt: B. d. A- 6 lim bedeutet Hektometer (100 m). Entfernungsabgaben für Artillerie werden in der Marine nach Km gemacht. 7b 7 Aus die Seekarte ist ein Quadratnetz aufgetragen, um die umständliche Ortsbezeichnung nach Breite und Länge in Graden und Minuten zu vereinfachen zur schnellen Abgabe von Meldungen oder Befehlen und zum leichteren Auffinden des Ortes aus der Karte. Die Größe der Quadrate, Seitenlänge 5 oder auch 10 LIN, richtet sich nach dem Maßstab der Karte. 8 Siehe Karte Nr. 2. 9 Siehe Karte Nr. 3. 10 Der englische Führer Admiral Beatty hat in seinem Gefechts bericht rühmend heroorgehoben, daß seine Schiffe eine Geschwindigkeit von 28,5 Meilen erreicht hätten. 11 Nach dem englischen Bericht: „Lion", „Tiger", „Princeß Royal" und „New Zealand", Jndomitable". 12 Admiral Beatty schreibt in seinem Bericht darüber: „Ich folgte mit äußerster Geschwindigkeit auf dem Zerstörer „Attack" dem Geschwader und traf es um Mittag, als es sich nach Nordnordwest zurückzog. Ich ging an Bord auf „Princeß Royal" und hißte dort meine Flagge gegen 12 Uhr 20 nachmittags, wo Kapitän Block mich davon unterrichtete, was sich seit dem Ausfall des „Lion" ereignet hatte, nämlich daß „Blücher" gesunken sei und die feindlichen Schlachtkreuzer ihren Kurs nach Osten in erheblich beschädigtem Zustand fortgesetzt hätten." Einen Grund für das dann um so auffälligere Verhalten, die beschädigten deutschen Kreuzer nicht weiter zu verfolgen, gibt auch er in seinem Bericht nicht an. 13 Unter Oberflächenständern sind solche Minen zu verstehen, die durch Fehler beim Einstellen der Wassertiefe, statt auf der gewünschten Tiefe unter der Wasseroberfläche so hoch herauskommen, daß man sie sehen und dadurch auch leichter vermeiden kann. 10 DsuMlaiMZ Hochsikflott« im WMri»re 14 Siehe Anmerkung auf Seite 57 Abkürzung für „Befehlshaber der Aufklärungsschiffe". 15 Siehe Anmerkung auf Seite 77. §§§§ Siehe Karte Nr. S. ***** Äußerste Kraft. ††††† Die Feststellung des Schiffsorts erfolgt durch Einpeilen der vom Luftschiff abgegebenen Funkspruchzeichen, die, von zwei verschiedenen Stationen ausgenommen, in die Karte eingetragen werden. Der festgestellte Stundort wird dann dem Luftschiff durch F.-T. übermittelt. Dieser ganze Vorgang ist in kürzester Zeit ausgeführt, bedarf aber, wenn gleichzeitig mehrere Luftschiffe auf einer Unternehmung begriffen sind, einer sehr sorgfältigen Funkspruchdisziplin, um gegenseitige Störungen und Jrr- tümer auszuschließen. ‡‡‡‡‡ Die HI. Aufklärungsgruppe, welche aus den ältesten Panzerkreuzern „Prinz Adalbert", „Prinz Heinrich", „Roon" bestanden hatte, war schon seit längerer Zeit dem Befehlshaber der Ostseestreitkräfte überwiesen worden, da sich die Schiffe für Nordsee Verwendung wegen ihrer geringen Geschwindigkeit und zu leichter Panzerung nicht eigneten. §§§§§ Siehe Karte Nr. 7. ****** Oberbefehlshaber der Ostseestreitkräfte. †††††† Nach englischer Angabe bestehend aus „Barham", „Warspite". „Valiant", „Malaya". Die englische Angabe spricht nur von vier Schiffen. Nach mehrfachen Beobachtungen von unserer Seite (dem NI. Geschwader sowie dem Führer der II. Aufklärungsgruppe) waren es fünf Schisse. Wenn „Queen Elisabeth" von derselben Schiffsklasse bei dem Verband fehlte, so ist es möglich, daß ein anderes, neu fertig gestelltes Linienschiff ihm dafür zugeteilt war. ‡‡‡‡‡‡ Beim Vergleich der Uhrzeiten zwischen deutschen und englischen Angaben ist zu beachten, daß die Zeitdifferenz zwei Stunden beträgt, und zwar, weil wir nach mitteleuropäischer Sommerzeit rechneten, während der Unterschied zwischen gewöhnlicher mitteleuropäischer und mittlerer Greenwich Zeit eine Stunde beträgt. 4 Uhr 28 Min. nach deutscher Zeit entspricht also 2 Uhr 28 Min. nach englischer. §§§§§§ Nach dem englischen Bericht wurde der Kleine Kreuzer „Chester" übel zugerichtet. Er hatte 31 Tote und 50 Verwundete, vier Löcher dicht über der Wasserlinie. ******* Künstlicher Nebel aus einem von den Höchster Farbwerken hergestellten Präparat,mit dem sämtliche leichten Streitkräfte ausgerüstet waren, um sich vor überlegenen Streitkräften dem feindlichen Feuer ent- ziehen zu können. ††††††† Siehe Karte Nr. 8. ‡‡‡‡‡‡‡ Daß die Torpedos bis in die feindliche Linie gelangt sind, führt auch Admiral Jellicoe an, will aber durch die geschickten Ausweichemanöver seiner Schiffe weiteren Beschädigungen entgangen sein. Unsere Annahme, daß er schon vor dem Torpedobootangriff abgewendet ist, bestätigt sich damit. §§§§§§§ Siehe Karte Nr. 9. ******** Siehe Karte Nr. 5 und 8. †††††††† Beobachtung der zweiten Aufklärungsgruppe. ‡‡‡‡‡‡‡‡ Nach dem Buche des Admirals Jellicoe ist eine Gruppe von Linienschiffen erst am 1. Juni nachmittags 6 Uhr zu ihm gestoßen. §§§§§§§§ Der Fonds wird unter dem Namen Skagerrak-Spende jetzt von der Reichsmarinestiftung Berlin verwaltet ********* Siehe Karte Nr. 9. 17* ††††††††† Siehe Karte Nr. 10. ‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Siehe Karte Nr. 6. §§§§§§§§§ Ilie economic stringenc^. 37 Stärke 10 ist schwerer Sturm. Windstärken nach der Beaufort Skala von 0 bis 12. 0 — Stille. 12 — Orkan. Au? 11 M Wassertiefe, um mit dem Sehrohr Umschau halten zu können. 39 Die elektrische Batterie für Unterwasserfahrt. 40 Anmerk. Da sich der Turm mit Wasser füllte, mußte das Boot aus der Zentrale unter dem Turm bedient werden. 41 Siehe Karte Nr. 11. 42 Unabhängige Sozialdemokratische Partei. 43 Siehe Karte Nr. 12. --------------- ------------------------------------------------------------ --------------- ------------------------------------------------------------