Original scientific paper Izvirni znanstveni članek DOI: 10.32022/PHI27.2018.106-107.5 UDC: 165.62 „Herd" bei Heidegger und schelling Eine Erläuterung aus mythologischer Perspektive Kentaro OTAGIRI1 Kyoto University, Yoshida-honmachi, Sakyo-ku, Kyoto 606-8501, Japan 109 toposatopos@gmail.com "Hearth" in Heidegger and Schelling. An Interpretation in a Mythological Perspective Abstract There are few preceding studies on "hearth [Herd]" in Heidegger. This article takes up this idea in Heidegger and Schelling. The hearth can be understood as an important key for Heidegger's thought on Being. My thesis is that it symbolizes Being itself (Sein selbst) or Ereignis as the event of the world (Weltgeschehen). The purpose of this article is to demonstrate this concretely and make it productive through a 1 Post-doctoral Research Fellow of Japanese Society of Promotion of Science. JSPS KAKENHI (Grant Number JP 17J02438). PhAINOMENA 27 | 106-107 | 2018 comparison with "hearth" in Schelling's thought. First, I grasp Heraclitus' quotation regarding the "place of gods," which is passed on in Aristotle's De partibus animalium, and trace Heidegger's interpretation of it. Second, I clarify the traditional meaning of the hearth. Third, I discuss the connection between the hearth and Schelling's philosophy, and finally I compare Heidegger and Schelling. Keywords: hearth, mythological perspective, Heidegger, Schelling, unvordenkliches Sein. »Ognjišče« pri Heideggru in Schellingu. Razjasnitev iz mitološke perspektive 110 Povzetek Ni veliko predhodnih študij o »ognjišču [Herd]« pri Heideggru. Pričujoči članek obravnava to idejo pri Heideggru in Schellingu. Ognjišče lahko razumemo kot pomemben ključ za razumevanje Heideggrove misli o biti. Moja teza se glasi, da simbolizira bit samo (Sein selbst) oziroma Ereignis kot dogodje sveta (Weltgeschehen). Članek skuša predpostavko prikazati na konkreten način in jo napraviti produktivno s primerjavo z »ognjiščem« v Schellingovi misli. Najprej se spoprimem s Heraklitovim citatom o »prostoru bogov«, kakor ga posreduje Aristotelovo delo De partibus animalium, in predstavim Heideggrovo interpretacijo. Nato pojasnim tradicionalni pomen ognjišča. Kasneje obravnavam povezavo med ognjiščem in Schellingovo filozofijo in nazadnje primerjam Heideggra in Schellinga. Ključne besede: ognjišče, mitološka perspektiva, Heidegger, Schelling, unvordenkliches Sein. Kentaro Otagiri Einleitung Meines Wissens gibt es kaum Forschungen zur Bedeutung des „Herdes" in Heideggers Denken.2 Auf seine früheste Nennung in einem speziell heideggerschen Sinne stoßen wir, soweit ich weiß, in Überlegungen II (Schwarze Hefte 1931-32), wo Heidegger vom „Herd des Seins"3 spricht. In den Vorlesungen taucht er zum ersten Mal in der Vorlesung zu Hölderlins Dichtungen vom WS 1934-35 auf. Weitere Beispiele finden sich u.a. in der Vorlesung Einführung in die Metaphysik vom SS 1935, in Beiträge zur Philosophie (Vom Ereignis) (1936-38) sowie in der Vorlesung Hölderlins Hymne „DerIster" vom SS 1942. Wenn ich es richtig sehe, kommt Heidegger zuletzt in seinem Text „Aufenthalte" (1962) auf den Herd zu sprechen. Die Thematisierung des Herdes könnte, so meine These, einen wichtigen Schlüssel für Heideggers Denken des Seins bilden, denn nach traditionellem Verständnis symbolisiert er das Sein selbst bzw. das Ereignis als Weltgeschehen. 111 Die Aufgabe des vorliegenden Beitrages sehe ich demnach darin, diese These zu konkretisieren und im Vergleich zu der Bedeutung des Herdes in Schellings Denken fruchtbar zu machen. Dazu möchte ich in einem ersten Schritt den von Aristoteles in De partibus animalium tradierten Spruch Heraklits zum „Ort der Götter" aufgreifen und Heideggers Deutung nachzeichnen (1). In einem zweiten Schritt wird die geistesgeschichtliche Bedeutung des Herdes erläutert (2). Im Anschluss daran werde ich auf den Zusammenhang zwischen dem Herd und Schellings Philosophie eingehen (3), bevor ich in einem letzten Schritt das Denken von Heidegger und Schelling einem Vergleich unterziehe (4). 1. Heraklits Ipnos Denn in allem Natürlichen ist etwas Wunderbares enthalten, und wie Heraklit zu den Gästen gesprochen haben soll, die ihn besuchen wollten, die aber stehenbleiben, als sie beim Eintritt sahen, dass er sich 2 Vgl. Thiemer 2014. Thiemer deutet zwar die Thematik des Herdes beim frühen Heidegger an, verzichtet jedoch auf eine entsprechende Auseinandersetzung mit seinem späten Denken. 3 GA 94, 97. Phainomena 27 | 106-107 | 2018 am Ofen [npöq tw invw] wärmte - er sagte nämlich, sie sollten getrost eintreten; denn auch hier seien Götter [eivat yap Kai evxaßGa Geouq] [...] (Aristoteles 2007)4 Jean Beaufret schreibt in einem Brief kurz nach Kriegsende an Heidegger, er denke über das Verhältnis zwischen Ontologie und irgendeiner Form von Ethik nach. Heideggers berühmte Antwort darauf in seinem „Brief über den Humanismus" (1946) lautet, dass der Unterschied zwischen Disziplinen wie Ontologie und Ethik an Gültigkeit verloren habe. Im Blick auf die Ethik sei vielmehr die Bedeutung des Ethos (^9oq) zu erörtern und damit eine Dimension, die vor einer Unterscheidung zwischen Disziplinen liege. Dabei verweist er auf das Wort Heraklits: „^9oq dvGptonwt Sai^wv" (Heraklit, Frag. B 119),5 das er wie folgt erläutert: 112 bedeutet Aufenthalt, Ort des Wohnens. Das Wort nennt den offenen Bezirk, worin der Mensch wohnt. Das Offene seines Aufenthaltes läßt das erscheinen, was auf das Wesen des Menschen zukommt und also ankommend in seiner Nähe sich aufhält. Der Aufenthalt des Menschen enthält und bewahrt die Ankunft dessen, dem der Mensch in seinem Wesen gehört. Das ist nach dem Wort des Heraklit Sai^wv, der Gott. (GA 9, 354) Nach dieser Deutung sage das Fragment B 119: „[D]er Mensch wohnt, insofern er Mensch ist, in der Nähe Gottes." (GA 9, 354 f.) Der Mensch hält sich in der Nähe Gottes auf und die Götter kommen in der Nähe des Menschen an und bleiben dort. Der Ort des Verweilens für Menschen und Götter ist für den Menschen also jener Ort, an welchem die Götter ankommen, erscheinen und anwesend sind. Anschließend verweist Heidegger auf die Aristotelische Überlieferung in De partibus animalium, die mit der Bedeutung des Fragments B 119 übereinstimme. 4 Aristoteles, De partibus animalium 645a. Für das griechische Original beziehe ich mich auf: Aristoteles 1983. In älteren Ausgaben (z. B. Aristoteles 1829) wird „invw" als „invw" wiedergegeben; ich lese es jedoch im vorliegenden Beitrag als „invw". 5 Vgl. GA 9, 354. Die bekannte Übertragung von Diels: „Seine Eigenart ist dem Menschen sein Dämon" (Diels 2004, 177), lehnt Heidegger als ungriechisch ab. Kentaro Otagiri Heideggers Interpretation dieser Überlieferung zu Heraklit lässt sich im Kern so zusammenfassen: Fremde besuchen aus reiner Neugier Heraklit. Als sie ihn antreffen, geraten sie wegen des Anblicks, der sich ihnen bietet, in Verlegenheit. Sie hatten nämlich erwartet, dieser Denker müsse auf eine seltene, reizvolle und ungewöhnlich interessante Weise leben. Diese Erwartungen wurden enttäuscht. Statt auf den erwarteten Reiz stoßen sie auf das ärmliche Leben Heraklits, der sich „an einem Backofen [npöq tw invwj" (GA 9, 355) wärmt. Heidegger übersetzt „invöq" (Ipnos) mit dem deutschen Wort „Backofen". Der Ipnos ist eigentlich ein Ofen und sein Ort mithin „ein recht alltäglicher und unscheinbarer Ort." (GA 9, 355) Heraklit zeigt seine Armut, indem sich lediglich an ihm wärmt, ohne Brot zu backen. Bei diesem Anblick verlieren die neugierigen Gäste das Interesse, Heraklit näherzukommen, und sind schon im Begriff, umzukehren. „Deshalb spricht er [= Heraklit] ihnen Mut zu. Er fordert sie eigens auf, doch einzutreten, mit den Worten: eivat yap xal evxaßGa Geouq, ,Götter wesen auch hier an'." (GA 9, 356) „Hier [evxaßGa]" 113 - im Sinne von „auch hier [xal evxaßGa]" - meint den Ort des Ipnos, den Ort am Ipnos. Nach Heidegger ist „hier" der „gewöhnliche [...] Ort" (GA 9, 356), wo „jeglich Ding und jeder Umstand, jedes Tun und Denken vertraut und geläufig, das heißt geheuer ist." (GA 9, 356) „Auch hier" bedeutet daher, dass auch „im Umkreis des Geheuren" (GA 9, 356) die Götter anwesen, die eigentlich un-geheuer sind. Daraus erklärt sich nach Heidegger die Bedeutung von „^6oq dvGpwnwt Sai^wv": „Der (geheure) Aufenthalt ist dem Menschen das Offene für die Anwesung des Gottes (des Un-geheuren)." (GA 9, 356) Der Bindestrich im „Un-geheuren" deutet hier auf den vermittelnden Charakter des Ort des Ipnos: Gerade der heimische Ort für Menschen wird zugleich zum Erscheinungsort oder zur Nähe des Unheimlichen. Der Ort des Ipnos ist der Ort zwischen dem Heimischen und dem Unheimlichen. Dieser Zwischencharakter des Ipnos lässt sich meiner Ansicht nach durch die Geistesgeschichte des Herdes als „Hestia" untermauern. 2. Zur Geistesgeschichte der Hestia (Herd) Das griechische Wort „Hestia" ist einerseits der Eigenname einer jungfräulichen Göttin, die zu den zwölf Göttern des Olymps zählt und als Phainomena 27 | 106-107 | 2018 das erste Kind von Gott Kronos und Göttin Rhea als „älteste der Götter" (Merkelbach 1996, 61) bezeichnet wird. Das Wort „Hestia" nennt andererseits als Appellativ den Herd als einen Altar der Göttin Hestia. Der Herd als Hestia verbindet sich zunächst mit dem traditionellen Kult im griechischen Altertum. Dem deutschen Philologen Reinhold Merkelbach (1918-2006) zufolge befand sich die Hestia in der Mitte jedes Hauses6 und Tempels.7 Das Feuer der Hestia als Altar im Prytaneion des Stadtzentrums der Polis musste unablässig bewacht werden.8 Der Altar der Hestia in jedem Tempel war „ein heiliger Ort", an dem „es die Götter, Hestia, Zeus gibt" (Robert 1965, 68). Philologische Forschungen haben gezeigt, dass das Bild der Hestia aus diesem kultischen Zusammenhang in einen dichterischen und philosophischen Kontext versetzt wurde. Frühe Beispiele der Hestia im dichterisch-philosophischen Sinne finden sich bei Sophokles (ca. 496-406 v. 114 Chr.),9 Euripides (ca. 480-406 v. Chr.) und Philolaos (ca. 470-385 v. Chr.). In Euripides' Fragment Nr. 944 heißt es: ... and mother Earth, whom the wise amongst men call Hestia, as "seated" in the aether. (Euripides 2009, 527)10 Hestia wird hier als Mutter Erde (mother Earth) bezeichnet. Der mütterliche und der jungfräuliche Charakter stehen zueinander in Widerspruch. Die Gleichsetzung von Hestia und Mutter Erde weicht somit vom traditionellen Verständnis der Hestia ab und folgt der Übertragung der Hestia in einen dichterisch-philosophischen Kontext.11 Bei Euripides geht sie nach August Preuner auf dessen Mentor Anaxagoras (ca. 499-428 v. Chr.) zurück, genauer gesagt, auf einen pythagoreischen Einfluss durch Anaxagoras. Zwar lässt sich 6 Vgl. dazu Nietzsche 1995, 401. 7 Vgl. Merkelbach 1996, 53. 8 Vgl. Merkelbach 1996, 52. 9 Vgl. Sophokles, Frag. 615 (Sophokles 1917 II, 252), sowie (dazu) Sophokles, Frag. 290 (Sophokles 1917 I, 212). 10 Vgl. Macrobius 1852, 204 und Preuner 1864, 11. 11 Vgl. Preuner 1864, 11. Kentaro Otagiri die Gleichsetzung bei Anaxagoras selbst nicht finden und auch für einen Einfluss der Pythagoreer auf Anaxagoras gibt es keinen eindeutigen Beleg,12 aber Anatolios (gest. 458 n. Chr.) sagt, die Identifizierung der Hestia mit der Mutter Erde sei damals unter den Philosophen durchaus geläufig gewesen.13 Der Grund, weshalb man sie mit den Pythagoreern in Verbindung bringt, liegt in einem ganz bestimmten Verständnis der Hestia begründet, das Euripides und Philolaos - ein Pythagoreer - teilen. Von Philolaos ist das folgende Fragment überliefert: Das zuerst zusammengefügte, das Eine, in der Mitte der Kugel heißt Herd (oder Hestia).14 Die „Kugel" ist pythagoreisch betrachtet der Kosmos.15 Philolaos setzt die Hestia jedoch nicht mit der Erde gleich; nach seiner „Hestia-zentrischen" Theorie bewegt sich auch die Erde um die Hestia herum, die allein im Zentrum 115 des Kosmos bleibt.16 Sie wird zum „Centralfeuer" (Preuner 1864, 158) für die Bewegung des ganzen Kosmos.17 Die Fragmente von Euripides und Philolaos decken sich miteinander in dem Punkt, dass die Hestia unbewegt in der Mitte des Kosmos verharrt. Ihr Charakter der Unbeweglichkeit steht laut Preuner (1864, 144) in Zusammenhang mit dem Verbum „iordvat (iarn^i)", das so viel wie „stellen lassen", „still stehen lassen", „stiften", „bleiben" bedeutet.18 In diesem Sinne meint Hestia das unbewegt bleibende Zentralfeuer, die „gründende Erde" (Merkelbach 1996, 62) oder - in der Neuzeit bei Schelling - „die alles im Stehen Erhaltende" (SW II-2, 626). Für den philosophischen Kontext ist dabei folgende Stelle aus Platons Phaidros von Bedeutung: 12 Vgl. Preuner 1864, 160. 13 Vgl. Euripides 2009, 527-529. 14 Philolaos, Frag. B 7, übersetzt von Diels. 15 Vgl. Pythagoras. Schriften, Lehre. 21 (Diels 2004, 105). 16 Vgl. Philolaos. A 16 und A 17 (Diels 2004, 403). 17 Vgl. Philolaos. A 16 (Diels 2004, 403). 18 Vgl. Pokorny, 2005, 1170 f. Phainomena 27 | 106-107 | 2018 Der große Herrscher im Himmel Zeus nun seinen geflügelten Wagen lenkend ziehet der erste aus, alles anordnend und versorgend, und ihm folget die Schar der Götter und Geister in eilf Zügen geordnet. Denn Hestia bleibet in der Götter Hause allein.19 Das Haus der Götter ist der Olymp, auf dem die zwölf Götter wohnen. Ausziehende Götterzüge gibt es nur elf, da die Göttin Hestia in ihrem Haus zurückbleibt. Von Macrobius (370-430 n. Chr.) stammt dazu folgender Kommentar: „Dass Hestia allein im Götterhause bleibt, bedeutet, dass Hestia, die wir für die Erde halten, im Götterhause [intra domum deorum], nämlich in der Mitte des Kosmos [intra mundum] unbewegt bleibt." (Macrobius 1852, 204; übersetzt von K. O.)20 Jean-Pierre Vernant sagt dazu: Allein Hestia bleibt unbewegt im Hause, ohne ihren Ort zu verlassen. 116 Dieser feste Punkt, das Zentrum, aus dem sich der menschliche Raum orientiert und organisiert, die Hestia der Dichter und Philosophen, lässt sich mit der unbewegten Erde im Zentrum des Kosmos identifizieren. (Vernant 1963, 13). Geistesgeschichtlich bewohnt Hestia als Zentralfeuer (bei den Pythagoreern) oder als Erde (bei Euripides oder Platon) das Zentrum des Kosmos. Porphyrios (ca. 233-305), ein Neuplatoniker, schreibt: „Als das Gemeinsame von Göttern und Menschen ist die Hestia."21 Diese Gemeinsamkeit stellt im traditionellen Kult ihren eigentlichen Charakter dar. Porphyrios denkt jedoch nicht an die Hestia in der Mitte des Hauses, des Tempels oder der Polis, sondern er meint damit die Hestia im Zentrum des Kosmos. Dieser philosophische, dichterische und mythologische Charakter der Hestia erinnert an ein weiteres Fragment Heraklits, das bekannte Fragment B 30: „Diese Weltordnung, dieselbige für alle Wesen, schuf weder einer der Götter noch der Mensch, sondern sie war immerdar und ist und wird sein ewig lebendiges Feuer, erglimmend nach 19 Phaidros 246e-247a, übersetzt von Friedrich Schleiermacher. 20 Saturnalia I 23, 8. 21 De abstinentia II-32 42. Kentaro Otagiri Maßen und erlöschend nach Maßen."22 Das „ewig lebendige [...] Feuer (nßp deiZ^ov)" deutet auf eine Verbindung zwischen Heraklits Lehre vom Feuer und dem Feuer der Hestia hin. So hält beispielsweise Cornutus, ein Stoiker aus dem 1. Jahrhundert n. Chr., fest: Beide, Hestia und Demeter, scheinen sich nicht von der Erde zu unterscheiden. Denn die Alten haben die Erde auch „Hestia" und „Demeter" genannt, weil Hestia durch Alles steht [¿OTdvai Sia navxöq], weil der Kosmos auf Hestia - wie auf dem Grundstein - steht [eoTavai] und weil Demeter nach Art einer Mutter alles wachsen lässt und nährt. [.] Das immer lebendige Feuer [deiZ^ov nßp] gehört zu Hestia, weil sie selbst es zu sein scheint; vielleicht auch, weil alles Feuer im Kosmos von ihr genährt wird und durch sie existiert; vielleicht auch, weil sie lebenspendend ist und die Mutter aller Lebewesen, für die das Feurige die Ursache ihrer Existenz ist. (Cornutus 1881, 52-53, übersetzt von K. O.) 117 Der Ausdruck das „immer lebendige Feuer" (deiZ^ov nßp) ist als Zitat aus Heraklits Fragment B 30 zu verstehen.23 Zwar findet sich das Wort „Hestia" in den Fragmenten Heraklits nicht, doch lässt sich das Feuer bei Heraklit unschwer als das Prinzip der Tätigkeit des Kosmos in Verbindung mit der Hestia verstehen. Bei Schelling beispielsweise verbindet sich der „Heerd eines uralten Feuers" (Schelling 1993, 13; vgl. auch 217 f.) mit dem von Heraklit im Fragment B 30 genannten Feuer.24 Dieses „Feuer sei das Innerste, also auch das Älteste, durch Dämpfung des Feuers habe sich erst Alles zur Welt angelassen." (Schelling 1815, 12 f.; = SW I-8, 352) Auch Merkelbach schreibt: „Ich will natürlich nicht behaupten, daß Heraklits Philosophie aus dem Kult der Hestia abzuleiten sei. Aber immerhin darf man wohl sagen: In den religiösen Vorstellungen, welche sich mit der Göttin Hestia und dem Kult des Herdfeuers verbinden, lagen Ansatzpunkte, von denen ausgehend Heraklit seine Gedanken formulieren konnte." (Merkelbach 1996, 66) 22 Heraklit, Frag. B 30, übersetzt von Diels. 23 Vgl. Merkelbach 1996, 55 f. 24 Vgl. Schelling 1990, 164. Phainomena 27 | 106-107 | 2018 Was die Bedeutung des Ipnos betrifft, so vertreten die Philologen hier einen anderen Interpretationsansatz als Heidegger. Zur Erinnerung: Die Gäste Heraklits bleiben stehen, als sie beim Eintreten sehen, „dass er sich am Ofen [npöq xw 'mvö>] wärmte", worauf Heraklit sie ermuntert, „denn auch hier sind Götter" (eivat yap Kai evxaßGa Geouq). Sowohl die philologische Lesart als auch Heidegger gehen davon aus, dass es für ein Verständnis des hier Überlieferten von entscheidender Bedeutung sei, den Zusammenhang zwischen „am [Back-] Ofen" (npöq tW invw) und „auch hier" zu erkennen. Nach Louis Robert setzt diese Geschichte jedoch die traditionelle Bedeutung der Hestia voraus: Während Hestia (Herd) als Altar, wie oben erwähnt, „ein heiliger Ort" (Robert 1965, 68) ist, an dem die Götter anwesen, sei der Ipnos (Ofen, Backofen) lediglich ein „praktisches" (Robert 1965, 68) Küchengerät. Heraklit saß also nicht an der Hestia, sondern am Ipnos. Von hier aus lässt sich Heraklits Wort „auch hier" so verstehen: „Auch hier", d. h. auch am Ipnos als einem bloßen Küchengerät wesen 118 die Götter in gleicher Weise wie an der Hestia (Herd) als Altar.25 Es geht mir hier allerdings weniger darum, ob diese Interpretation „richtig" oder „falsch" ist, als um die Tatsache, dass es durchaus naheliegend ist, Heraklits Ipnos und Hestia zu verbinden. Auch Heidegger nimmt diese Verbindung vor. Zwar stimmt die philologische Lesart nicht mit Heideggers Deutung überein. Bei Heidegger geht es nicht um den Kontrast zwischen Hestia und Ipnos, sondern um den Kontrast zwischen dem Unheimlichen und dem Heimischen. Aber das bedeutet nicht, dass Heidegger das Problem der Hestia einfach übergeht, da sich die Bedeutung des Ipnos auch bei ihm aus der traditionellen Bedeutung und seinem Verständnis der Hestia speist, wie wir im Folgenden sehen werden. 3. Das Herdfeuer bei Schelling Was besagt denn die in der Mitte stehende Hestia für das Denken des Seins beim späten Heidegger? Um auch den dynamischen Aspekt der Hestia aufzugreifen, möchte ich mich zunächst auf Schellings Beschreibung des Herdfeuers in Die Weltalter. Bruchstück (1813) beziehen: 25 Merkelbach bestätigt diese Interpretation, vgl. Merkelbach 1996, 65. Kentaro Otagiri Ewig erzeugt sich der Gegensatz, um immer wieder von der Einheit verzehrt zu werden, und ewig wird der Gegensatz von der Einheit verzehrt, um immer neu auszuleben. Dieses ist die Feste (¿0Tia), der Heerd des beständig sich selbst verbrennenden und aus der Asche wieder neu verjüngenden Lebens. Dieß das unermüdliche Feuer (dxa^aTov nßp), durch dessen Dämpfung, wie Heraklit behauptete, das Weltall erschaffen worden [...]. (SW I-8, 230) Es geht Schelling hier um seinen mythologischen Ansatz. In anderer Weise beschreibt er das Problem auch in seiner Erlanger Vorlesung von 1821: Wie nun diese ewige Freiheit sich zuerst in eine Gestalt - in ein Seyn - eingeschlossen, und wie sie durch alles hindurchgehend und in nichts bleibend endlich wieder hindurchbricht in die ewige Freiheit - als die ewig ringende, aber nie besiegte, stets unüberwindliche Kraft, die jede 119 Form, in die sie sich eingeschlossen, immer selbst wieder verzehrt, also aus jeder wieder als Phönix aufsteht und durch Flammentod sich verklärt - dieß ist Inhalt der höchsten Wissenschaft. (SW I-9, 221) Hieraus wird ersichtlich, dass „der Heerd des beständig sich selbst verbrennenden und aus der Asche wieder neu verjüngenden Lebens" oder „das unermüdliche Feuer (axa^aTov nßp)" mit der ewigen Freiheit zu identifizieren ist. Diese Freiheit besagt die absolute Freiheit, die sich durch ihren eigenen, sich reflektierenden Prozess weiß (entwickelt). Dieser Prozess, der nach Schelling der „Inhalt der höchsten Wissenschaft", d.h. der Philosophie ist, umfasst die folgenden drei Phasen: (1) Die absolute Freiheit, die das absolute Subjekt ist, bedeutet das „lautere Können" (SW I-9, 220), das nicht das Können von etwas, sondern ein reines Können ist, das es noch nicht (objektiv) gibt. Während das absolute Subjekt dabei „in der absoluten Innerlichkeit" (SW I-9, 231) verbleibt, ohne sich selbst zu wissen, befindet sich das menschliche Wissen als ein bloßes „Nichtwissen" in der „absolute[n] Aeußerlichkeit" (SW I-9, 232). (2) Dieses Können geht aber als Wille zum Sein über, denn das absolute Subjekt wird zum Sein. Schelling hält dabei den ursprünglichen Zufall im Phainomena 27 | 106-107 | 2018 Übergang aus der reinen Möglichkeit der ersten Phase in das Sein der zweiten Phase fest: „Denn er [= Wille] glaubte, in der Wirklichkeit noch eben dasselbe bleiben zu können, was er in der Möglichkeit war." (SW II-2, 153) Das Übergehen ist zwar das Gewollte des Willens, aber die Folge dieses Übergangs war das nicht Gewollte; er wollte nämlich eigentlich eben sich selbst als die lautere Möglichkeit als das absolute Subjekt, wurde jedoch zum Sein. Diese Folge ist „das nicht Gewollte, Unversehene, Unerwartete" (SW II-2, 154), „Mißgeschick" oder der „Ur=Unfall" (SW II-2, 160). Dieses „Urereignis" (SW II-2, 153) ist „die unwiderrufliche That", die „nicht wieder ungeschehen gemacht werden kann" (SW II-2, 153). Diese ungewollt-zufällige Folge des Willens ist aber noch nicht die wirkliche Welt, sondern das noch unbegrenzte „blinde Sein" (SW I-10, 276) oder das „verstandlose Seyn" als „das reale Princip" (SW I-10, 242), das „das nicht seyn Sollende" (SW I-10, 246) genannt wird. Weil es unwiderruflich ist, muss der Wille es „überwinden" (SW I-10, 276), 120 indem er es aus einem Ungewollten zu einem Gewollten macht bzw. indem er es begrenzt oder negiert. Hieraus entspringt die wirkliche Welt, die nicht blind oder verstandeslos-unverständlich ist, sondern begrenzt-verständlich. Im Grunde der Welt liegt mithin diese unwiderrufliche Tatsache beschlossen. Das Geschehnis des verstandeslosen Seins ist jener Vorgang, „vor dem sich das Bewußtseyn nichts denken, nämlich [an] nichts sich erinnern kann" (SW II-2, 153). Während das absolute Subjekt in dieser Weise ins äußerliche Objekt bzw. ins objektive Wissen übergeht, erhebt sich das menschliche Wissen aus der „Äußerlichkeit" zum „Innerlichen - Wissenden" (SW I-9, 232). Erst hier gibt es ein objektiv begrenztes Wissen. (3) Aber das absolute Subjekt (die absolute Freiheit) bleibt nicht im Objekt stehen, sondern kehrt ins absolute Subjekt zurück. Dieses Subjekt ist nun aber nicht das bloße Subjekt, das früher rein in sich blieb, sondern das „wiederhergestellte" (SW I-9, 232) Subjekt. Auch wenn der Mensch eigentlich das absolute Subjekt in der objektiven Welt sucht, bemerkt er nur objektive Dinge - „Wir suchen überall das Unbedingte und finden immer nur Dinge" (Novalis). Der Mensch gibt es daher auf, das absolute Subjekt objektiv wissen zu wollen. Das menschliche Wissen wird wieder zum Nichtwissen, das aber nicht das bloße Nichtwissen schlechthin, „sondern [...] wissendes Nichtwissen [ist]; es ist Nichtwissen, aber nicht äußerlich, wie im Anfang, sondern innerliches Kentaro Otagiri [...] es hat sich die ewige Freiheit wieder erinnert" (SW I-9, 232). Das Wissen als ein Sicherinnern an die ewige Freiheit ist nicht das Wissen des zum Objekt gewordenen absoluten Subjekts, sondern das Wissen des aus dem Objekt wiederhergestellten absoluten Subjekts. Das absolute Subjekt erlangt durch diese Erinnerung das Wissen von sich selbst als absolutes Subjekt. Die Aufgabe der Philosophie liegt in der Erinnerung dieses dreiphasigen Prozesses: „[A]lle Philosophie [besteht] nur in Erinnerung" (SW I-9, 232). Es geht dabei thematisch um die Erinnerung der wiederhergestellten Freiheit. Zwar sagt Schelling von der zweiten Phase, das blinde Sein sei das „unvordenkliche Seyn" (SW II-4, 337). Aber nach der Bestimmung der Philosophie ist auch dieses nicht absolut un-erinnerlich. Die Voraussetzung des Sicherinnerns besteht nämlich darin, dass man etwas vergessen hat. Wenn man sagt: „Ich habe etwas vergessen", so bedeutet dies, dass man weiß, dass man etwas vergessen hat, selbst wenn man nicht sagen kann, was genau es ist. Es geht dabei um die Erinnerung oder das Wissen vom Vergessen - und 121 in genau dieser Weise wissen wir um „das blinde, wilde, grenzenlose Seyn" (SW I-10, 242), das als der zufällige Abgrund im Grund der Welt oder des Weltgeschehens liegt. 4. Schelling und Heidegger im Vergleich Worum es Schelling geht, ist das Weltgeschehen, das nicht aus dem menschlichen Subjekt stammt. Im Weltgeschehen spielt nicht der Mensch die zentrale Rolle. Eine analoge Dezentralisierung des Menschen lässt sich auch im Wandel („Kehre") des heideggerschen Denkens ausmachen. In seiner metaphysischen Periode (1927-1930)26 schreibt Heidegger: „[I]n dem Verstehen von Sein liegt zugleich der Vollzug des Unterschiedes von Sein und Seiendem; es gibt Sein nur, wenn Dasein Sein versteht." (GA 26, 199) Es sei so, dass „das existierende Dasein sich selbst so etwas wie Sein gibt" (GA 26, 195). Hier geht es also um einen anthropo-zentrisch medialen Prozess in dem Sinne, dass zuallererst das Dasein Sein und Seiendes voneinander unterscheidet und verbindet und dass sich das Dasein selbst das Sein, also die Welt, gibt: „Im 26 Vgl. Tengelyi 2015, 234. Phainomena 27 | 106-107 | 2018 Wesen der Existenz liegt Transzendenz [des Daseins], d.h. Geben von Welt." (GA 26, 195). Dabei spielt die Freiheit des Daseins, die die Physis als „das an sich Seiende" (GA 26, 281) transzendiert, bei Heidegger eine ähnliche Rolle wie die Freiheit bei Schelling, und die Physis, die nach Heidegger „in der Verborgenheit" (GA 26, 281) bleibt, gleicht dem blinden Sein Schellings. Dagegen steht Heideggers Denken der dynamischen Physis als Sein selbst in einer anderen Weise in der Nähe Schellings. Heidegger schreibt: „Aus der Epoche des Seins kommt das epochale Wesen seines Geschickes, worin die eigentliche Weltgeschichte ist. Jedesmal, wenn das Sein in seinem Geschick an sich hält, ereignet sich jäh und unversehens Welt." (GA 5, 338) Jäh und unversehens, mithin ungewollt oder zufällig, ereignet sich Welt. Hier geht es weder um die Freiheit noch um den Willen bei Schelling - es handelt sich vielmehr um das Sein selbst als einen Prozess der Selbstdifferenzierung, aus dem die Welt hervorgeht. 122 Im Blick steht dabei natürlich nicht der absolute Wille; aber es gibt einen weiteren Vergleichspunkt: die Unvordenklichkeit des Seins. Das, was Heidegger als „das Unvordenkliche" bezeichnet, ist das, bei dem die „Metaphysik endet": „Schelling versteht dieses [= das Unvordenkliche] noch aus dem vorstellenden Denken." (GA 73.2, 933) Für Heidegger ist es nicht das blinde Sein, das nach Schelling als das Nicht-sein-Sollende vom „ideale[n] Prinzip" (SW I-10, 243) negiert werden muss, sondern vielmehr „das Gewesene und das Kommende" (GA 74, 112), das nämlich nicht mehr und noch nicht gedacht werden kann und das doch als „das Un-sägliche" in der „Sprache als Sage" (GA 74, 112) gewahrt wird. Wenn es dabei um die Physis oder „Wesung" (GA 65, 73) im Sinne des späten Heidegger geht, handelt es sich weder nur um das reale Prinzip (Daß-sein) noch nur um das ideale Prinzip (Was-sein), sondern (wenn man überhaupt noch diese metaphysische Unterscheidung heranziehen möchte) um das reale und das ideale Prinzip - heideggerisch gesagt, um das Erdhaft-Weltliche oder dessen Mitte. Für Heidegger ist eben diese Mitte das „Herdfeuer", das die „Mitte des Zwischen" ist, das „den Göttern die ungewollte, jedoch nötige Behausung, dem Menschen aber das Freie der Bewahrung dessen wird, was, erdhaft - weltlich, das Wahre verwahrend, in dieser Freiheit als das Seiende entsteht und vergeht." (GA 65, 486) So heißt es in der Vorlesung Hölderlins Hymne „Der Ister" vom SS 1942: Kentaro Otagiri Der Herd ist demnach die Mitte des Seienden, auf die alles Seiende, nämlich weil es und sofern es Seiendes ist, anfänglich bezogen bleibt. Diese herdhafte Mitte des Seienden ist das Sein. Das Sein ist der Herd. Denn das Wesen des Seins ist für die Griechen die ^uat; - das von sich aus aufgehende Leuchten, das durch nichts anderes vermittelt, sondern selbst die Mitte ist. Diese Mitte ist das anfänglich Bleibende und alles Umsichsammelnde - jenes, worin alles Seiende seine Stätte hat und als das Seiende heimisch ist. (GA 53, 140)27 Das Sein ist das herdhafte Sein, das durch nichts anderes vermittelt wird und von dem vielmehr alles Seiende im Ganzen vermittelt wird. In den Beiträgen zur Philosophie wird diese ursprünglich mediale Funktion „Ereignis" genannt: „Das Ereignis ist die sich selbst ermittelnde und vermittelnde Mitte." (GA 65, 73) Hier wird die Verbindung zwischen dem zeitlich-dynamischen Charakter des Herdes und der selbst-medialen Funktion des Ereignisses beim 123 späten Heidegger offenkundig. Schlussbemerkungen Der vorliegende Beitrag nahm seinen Ausgang zunächst bei Heideggers Deutung des sich am Ofen (Ipnos) wärmenden Heraklit und seinem Ausspruch „^9o; dvGpwnwt Sai^wv". Von hier aus habe ich in einem geistesgeschichtlichen Exkurs den eigentümlichen Charakter des „Herdes" (Hestia) nachgezeichnet, die Mitte des Kosmos zu bilden. Auf diese Tradition nimmt mehr oder minder ausdrücklich auch Heideggers Denken Bezug. Anschließend wurde im Blick auf den „Herd" in der Spätphilosophie Schellings der dynamische Aspekt 27 Vgl. das ähnliche Bild des Herdes bei Proklos: „Durch alle diese (Ausführungen) macht er [= Parmenides] ja deutlich, dass auch er die Denkgegenstände als eine Vielheit setzt und eine Seinsordnung unter sie, als erster, inmitten stehender und schließlicher (Bestimmungen), und eine geheime Einung unter ihnen - nicht als ob er von der Vielheitlichkeit des Seins nichts wüßte, aber vor Augen (die Idee), dass diese ganze Vielheit aus dem einen Seienden hervorgegangen ist. Dort war ja die Quelle des Seins [nr|Y^ toü övto;] und sein Herd [satia] und das im Geheimen Seiende [Kpu^iw^ öv], von dem aus [dq>' ou] und um das herum [nspl ö] alles, was ist, seine Einung erfahren hat [...]." (Proklos 2010, 133; 708 C). PhAINOMENA 27 | 106-107 | 2018 des Herdes bzw. Herdfeuers als ein Bild des Prozesses des Sichentwickelns der absoluten Freiheit herausgearbeitet. Abschließend erfolgte ein Vergleich von Schellings Philosophie und Heideggers Denken sowohl in seiner metaphysischen Phase als auch nach der „Kehre". Aus ihm wurde ein beiden Denkern gemeinsamer Kern des Herd-Verständnisses ersichtlich, dass nämlich das Herdfeuer den ganzen Prozess des Weltgeschehens oder des kosmologischen Entstehens und Verschwindens des Seienden symbolisiert. Einen weiteren Verbindungspunkt bildete die „Unvordenklichkeit" des Seins, die für Schelling nur im Moment der Realität des ganzen Prozesses liegt, den das Herdfeuer symbolisiert. Für Heidegger dagegen gilt die Unvordenklichkeit als der ganze erdhaft-weltliche Prozess des Sichdifferenzierens des Seins, welches sich im Herd verkörpert. Trotz dieser Unterschiede ist zu sagen, dass beide Denker in dasselbe Geheimnis der lebendigen Wirklichkeit eingetreten sind, die im Grunde unserer Welt liegt. 124 Bibliography | Bibliografija Aristoteles. 1829. Aristotelis de partibus animalium. Libri quattuor. Ex recensione Immanuelis Bekkeri. Berolini Typis Academicis. Impensis Ge. Reimeri. ---. 1983. „Parts of animals." In Aristotle XII. LCL 323. Herausgegeben und übersetzt von A. L. Peck. London: Harvard University Press. ---. 2007. „Über die Teile der Lebewesen," übersetzt und erläutert von Wolfgang Kullmann. In Aristoteles Werke in deutscher Übersetzung. Begründet von Ernst Grumach. Herausgegeben von Hellmut Flaschar. Bd. 17. Zoologische Schriften II. Teil I. Lizenzausgabe für die Wissenschaftliche Buchgesellschaft (Darmstadt). Berlin: Akademie Verlag. 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