Gesetz-«n» LerorvmiiiaMatt für daS ö 11c r r e i d) i s ris = i l f i r i I cfj c ,K ft II e n ln n f), stehende -nio den gefürsteten Grafschaften Görz und GradiSca, der Markgrafschaft Istrien und der reichSunmittelbareii Stadt Triest mit ihrem Gebiete. _ \ I ^nbrft nun 1887. XX. 0 t u cf. Aus g e g kben und versendet am 21. November 1887. :$S. Kundmachuuq der k. k. küsteiNändischeu Statthalterei vom 31. Oktober 1887 Z 1261!), o nt i t eilte neue Anleitung z n m Des infectioiiSverfahreu bei ansteckenden Krankheiten verlautbart wird. Die nachfolgende Instruction wird zur allgemeinen Darnachachtnng und insbesondere zur ^chtschnur für die politischen Behörden und Gemeinden hiemit knndgcmacht. Pretis m. p. Anleitung ZUM Desinfectionsverfahrcn bei ansteckenden Krankheiten nach den Anträgen des obersten Sanitätsrathcs, zur Darnachachtnng den politischen Landesbehörden bekannt gegeben mit dem Erlasse des k. k. Ministeriums des Innern vom 16. August 1887, Zahl 26662 ex 1886. I. Einleitende Bemerkungen. 1. Zur wirksamen Verhinderung der Weiterverbreitung ansteckender Krankheiten ist nebst der gleichzeitigen Sorge für die Beschaffung reiner Luft, reinen Wassers, reinen Bodens und der ptfmlichftcit Reinhaltung der Krankenstube, des Kranken und seiner Umgebung die umsichtigste Anwendung von Mitteln geboten, durch welche die Anstecknngsstoffc, die vom kranken Körper anSgehen und, auf gesunde Menschen übertragen, in denselben die gleiche Krankheit erzeugen, zerstört oder bis zur Unschädlichkeit verändert und, wo dies nicht angeht, wenigstens zeitweise unwirksam gemacht werden, bis sie an Orte gelangen, wo sie nicht weiter schaden können. Wesen der JnfectionSstoffe. 2. Durch die Forschungen der neuesten Zeit sind die meisten der bisher näher bekannten Anstecknngsstosfe als pflanzliche, den Spaltpilzen angehörende Organismen nachgewiesen worden. Ob sogenannte nngeformte Fermente auch als Anstecknngsstosfe wirken, kann zur Zeit noch nicht als feststehend angesehen werden; immerhin darf aber auf Grund der Wahrnehmungen angenommen werden, daß die Mittel, durch welche die pflanzlichen Jnfectionsstoffe vernichtet oder unwirksam gemacht werden, auch ausreicheu, den ungeformten Fermenten ihre Ansteckungs-fähigkeit zu benehmen. Infectionstrüger. 3. Die in den menschlichen Organismus gelangten und daselbst während des Verlaufes der Krankheit sich vermehrenden Jnfectionsstoffe (Coccen, Bakterien, Bacillen) verlassen mit den verschiedenen Absondernngsflüssigkciten und Auswurfstoffen den Körper. Je nach den Organe», in welchen sie sich angesiedelt haben, werden sie bald in den Darmentleerungcn (bei Cholera, Typhus, Ruhr), bald in den Secretcn der Drüsen und Schleimhäute (bei DiphtheritiS, contagiöscr Augenentzündnng, Puerperalfieber, Keuchhusten, Tnbercnlose re.), bald in dem Inhalte von Haut-Ernptionen und an Epidermisschnppen (Pocken, Masern, Scharlach, bei letzterem auch im Urine) in den Wund- und Geschwürflächen (bei Rothlanf, Milzbrand, Rotz) angetroffen. Verhalten der Jnfectionsstoffe. 4. Die an die Außenwelt gelangten Jnfectionsstoffe haften an dem Kranken und an allen Gegenständen, mit welchen er oder dessen Auswnrfsstoffe in Berührung gekommen sind. Die Jnfcctionspilze erhalten sich unter günstigen äußeren Umständen längere Zeit am Leben und behalten ihre Fähigkeit, sich zn entwickeln und zu vermehren. Letzteres gilt besonders für jene Spaltpilze, welche schon innerhalb des menschlichen Körpers, was wohl selten der Fall ist, oder nach ihrem Anstritt aus demselben Dauerformen, sogenannte Sporen entwickeln, welche eine größere Widerstandsfähigkeit gegen äußere Einflüsse besitzen als die Lebensformen (Baetcricn, Bacillen rc.), ans denen sie hervorgegangen sind, und welche sich aus ihnen abermals entwickeln. Es wird daher die Unschädlichmachung, beziehungsweise Vernichtung der Jnfeetionsstoffe (Desinfcction) so früh als immer möglich einznleiten sein, mit die Abtödtung der weniger widerstandsfähigen vegetativen Formen der Spaltpilze zu bewirken, bevor sich bei längerem Verzüge unter günstigen Verhältnissen Danerformen — Sporen — gebildet haben, welche nicht nur ein länger anhaltendes und eingreifenderes Desinfectionsverfahren zu ihrer Vernichtung erfordern, sondern auch, sobald ihre Träger eingctrocknct sind, als Staub mit der Luft verweht und so der Einwirkung der DesinfeetionSmittel schwer zugänglich gemacht werden. In fectionS krankh eiten. 5. Die Krankheiten, gegen deren Verschleppung eine Desinfection zur Durchführung zu kommen hat, sind nachstehende: 1. asiatische Cholera, 2. Pocken (Blattern), 3. Diphtheritis, 4. Fleck- und NückfalltyphuS, 5. Darmtyphus, 6. epidemische Ruhr, 7. Scharlach, 8. Masern und Rötheln, 9. Rothlauf und accidentclle Wnndkrankheiten, 10. Milzbrand und Rotzkrankheit, 11. Wochenbettkrankheiten, 12. contagiöse Angenentzündnng, 13. Lungenschwindsucht und Stick-(Kench-)Husten. Verfahrungsweise. 6. Die Desinfectionsinittel und das damit zu beobachtende Verfahren haben sich wc-llt9Cv nach der Art der ansteckenden Krankheit, sondern nach dem zu desinficirenden Objecte ält richten. Cö bleibt daher für dieselben Objecte bei den verschiedenen Jnfectionskrankheiteu °as gleiche. Dagegen wird der Umfang des Dcsinfcctionsverfahrcns und die Ausdehnung auf die Mchtebenen Objecte, über welche sich dasselbe zu erstrecken hat, in jedem gegebenen Falle '°w°hl nach der Art der Krankheit wie auch nach den äußeren Umständen und Lebcns-öetHÖltniffen des Erkrankten zu bemessen und daher von der Sanitätsbehörde, beziehungsweise ^oin Amtsärzte, der die nöthigen Informationen vom behandelnden Aerzte einzuholen hat, mWeise zu bestimmen sein. ff "iS; Im Allgemeinen ist bei den unter 1 bis 7 angeführten Krankheiten die Desinfection im größeren Umfange und bei den sub 1 bis 4 angeführten auch nachhaltiger durchzufiihren, während bei den übrigen Krankheiten ein weniger ausgedehntes und nur auf die von dem Kranken unmittelbar benützten Gegenstände beschränktes Desinfectionsverfahren, besonders in den Fällen als ausreichend irnchtct werden darf, wenn nur ein Infectionskranker in dem zu desinficirendcn Raume sich befindet und für die schleunige Entfernung und Unschädlichmachung aller Ansteckmigsstoffe, für auögiebigc und häufige Erneuerung der Lnft des Krankenzimmers und dessen Reinhaltung gesorgt wurde. Der eingreifendsten Desinfection sind die Absoudernngsflüssigkciten und Auswnrfsstoffe des Kranken, welche als die Träger der Infectionsstoffc bekannt sind, zu nnterziehen. TL Desinfektionsmittel. 7. Als Desinfektionsmittel sind in Anwendung zu bringen: a) Das Verbrennen. Dasselbe darf mir bei wcrthlosen Gegenständen, Verbandstoffen und Anfwischfetzen, die mit dem Answnrfe, Stnhlentlecrnngen oder Erbrochenem stark verunreinigt sind, desgleichen bei dem Kehricht, Bettstroh oder im Falle die Partei hiezu die Einwilligung gibt, bei besonders besudelten, aber noch wcrthbarcn Objecten an-gcordnet werden. b) Der strömende überhitzte Wasserdampf in den hiezu eingerichteten Desinfections-apparntcn und Desinfektionsanstalten. Da der strömende Wasserdampf eines der wirksamsten und ein bei sehr vielen Objecten, welche am hänfigsteu die Uebertragnng und Verschleppung von Anstcckangs stoffen vermitteln, wie Kleider, Wäsche, Betten, wollene und wattirte Decken, Matratzen, selbst Papier und Bücher, ohne Schädigung des Materials anwendbares Desinfections-mittel ist, so wird dahin zu wirken sein, daß in jeder größeren Stadt, aber auch in Krankenanstalten, Straf- und Arbeitshäusern n. dgl. solche nach Berhältniß des Bedarfes eingerichtete stationäre Desinfectionsanstalten errichtet werden. Zur gemeinsamen Benützung für kleinere Gemeinden würde sich die Beistcllnng transportabler Apparate empfehlen. Jnsolange derartige Apparate nicht zur Verfügung stehen, sind zur Noth jene Einrichtungen za treffen, welche in der mit dem Ministerialerlasse vom 5. August 1886, Z. .14067, hinausgcgcbenen Cholerainstruction, III Desinfcctionsvorschriftcn angegeben wurden. Demnach ist als Rothbchelf ein geschlossener Behälter zu verwenden, in welchen die Objecte eingehängt oder auf einer Gitternnterlage ausgestellt werden. Der untere Boden ist mit einem Rohre zu versehen, in welchen der Dampf ans einem Dampf' kessel eingclcitet wird. Der obere Thcil des Behälters ist mit einem dicht schließenden Deckel zu versehen, der ein Dampfausströmnugsrohr enthält, welches jedoch nicht weiter sein darf, als jenes, durch das der Dampf einströmt. Die Zeitdauer, während welcher die Gegenstände der Wirkung des strömenden Dampfes auszusetzen sind, hängt von der leichteren oder schwereren Durchdringbarkeit der Objecte ab. Kleider müssen mindestens 1 Stunde, dichtere Gegenstände, Polster, Matratzen mindestens 2 bis 3 Stunden der Einwirkung des Dampfes ansgesctzt bleiben. Die dem Dampfkastcn entnommenen Objecte sind hierauf der Lüftung auözlisetzen und nach dem Trocknen auszufolgen. Wo ein Dampfkessel nicht zur Verfügung steht, kann ein größerer Waschkcssel oder cine Destillirblase nach Abnahme des Helmes verwendet werden, über welchen ein Holz-faß, das dicht an den Kessel anschließt, als Desinfcctionsranm gestellt wird; der untere Faßboden ist durch einen Gittcrboden ersetzt. In den oberen Boden ist ein größeres Bohrloch zum Ansströmrn des Dampfes angebracht, in welches ein Thermometer ein gehängt werden kann, um sich durch die Temperatur des entweichenden Dampfes, die bei 100 Grad Celsius liegen muß, zn versichern, daß die Anstccknngöstoffe wirklich vernichtet werden. Ausdrücklich sei bemerkt, daß Pelzwerk, Leder, geleimte Objecte die Behandlung mit strömendem Wasserdampfe ohne Schädigung nicht vertragen. Die Anwendung heißer trockener Luft (trockene Hitze) gibt keine genügende Gewähr für den Erfolg der Des-infection und schädigt insbesondere die aus thkrischen Stoffen erzeugten Gegenstände. c) Fünfprocentigc Carbolsänrelösung, hergestellt ans einem Theilc krystallisirtcr oder zerflossener, jedoch noch Carbolsäurekrystalle enthaltender Carbolsünre durch sorgfältiges Umrühren mit 18 Theilen warmen Wassers. Diese Carbolsänrelösnng findet wegen ihrer ciitwicklnngshemincnden und die vollständige Abtödtnng der pflanzlichen Jnfectionsstoffc hcrbciführcnden Wirkungen die vielseitigste Anwendung. Sie eignet sich zur Dcsinfcction aller waschbaren Gegenstände, der Ledersachen, Holzgeräthe, aller vom Kranken kommenden Auswurfstoffe, der Closets n. s. w. Sie kann auch zur Erzeugung von Carbolncbel (Carbolspray) in Krankenzimmern verwendet werden, zn welchem Zwecke man sich eines größeren Zerstäubungs-Apparates bedient. Die Carbolsanre ist giftig, im concentrirten Zustande ätzend, erfordert daher eine umsichtige Behandlung. Die im Handel vorkommende flüssige, branngefärbte rohe Carbolsanre besitzt wegen ihres sehr wechselnden, meist geringen Gehaltes an reiner Carbolsäure einen fraglichen desinfectorischen Werth. Ihre Anwendung ist nur zur Bespttlnng der Anstandsorte, Retiraden u. dgl. zulässig. d) Snblimatlösnng (Aetzsublimat, Quecksilberchlorid). Dieselbe wird durch Auslösen von einem Gramm Quecksilberchlorid in einem Liter destillirten Wassers bereitet. Quell- oder Brunnenwasser eignet sich deshalb nicht zur Auflösung, weil cs bei einem nur etwas erheblicherem Gehalte an kohlensanrem Kalke eine theilweise oder vollständige Zersetzung des Quecksilberchlorids veranlaßt und damit die desinfectorische Wirkung abschwächt. Der allgemeineren Verwendung des Sublimates steht ungeachtet der sehr-energischen Wirkung dieses Mittels ans Bacteriencnltnren, Cocccn und Sporen der Umstand entgegen, daß dasselbe durch sehr viele mineralische und organische Verbindungen zersetzt und dadurch unwirksam gemacht wird, daß aber auch die ans dem Sublimate erzeugten Umsetznngsprodncte aus den menschlichen Organismus gesundheitsschädlich wirken, weshalb die mit Sublimat desinficirteu Gegenstände nur dann eine weitere unbedenkliche Verwendung finden dürfen, wenn dieselben nach der Behandlung mit der Sublimatlösung so nachdrücklich gereinigt werden, daß dabei die an ihnen haftenden Quecksilberverbindungen vollständig entfernt werden. Dieser Forderung läßt sich in vielen Fällen nicht genügen, so z. B. wird es geradezu unmöglich, aus Fußböden und porösen Wänden, die mit Sublimatlösnng desinficirt wurden, hinterher die Quccksilbervcrbin-dungen vollständig zu entfernen und kann in solchen Fällen zu nachherigen Mercurial-erkrankungen Anlaß gegeben werden. Aus diesen Gründen ist von der Anwendung des Sublimates als Desinfeetions-mittcl in allen Fällen abzusehen und an dessen Stelle Carbolsäure zu benützen, in welchem nicht die volle Gewähr vorhanden ist, daß die Manipulation mit diesem so heftigen Gifte unter Beobachtung aller Vorsicht von sachverständigen Personen vorge-nommen wird. Deshalb darf dessen Anwendung nur über besondere ärztliche Anordnung und unter persönlicher Leitung des Arztes erfolgen. e) Neben den vorstehenden, durch Experiment und Erfahrung als wirksam erprobten allgemeiner verwendbaren Desinfeetionsmitteln sind noch zu erwähnen die sogenannten Räucherungen mittels Chlor, Bromdampf, schwefliger Säure re., welche in früherer Zeit, solange die Natur der Jnfeetionsstoffe nicht genauer erkannt und das Verhalten derselben zu den genannten Agenticn nicht experimentell erforscht war, als sehr energische DeSinfeetionsmittel gerühmt wurden. Man hatte sich begnügt, den zu deSiiificirenden Raum und die zu desinsicirenden Gegenstände der Einwirkung der vorgenannten Gase auszusetzen, ohne näher zu untersuchen, ob denn auch die quantitativen Verhältnisse und die Vorbedingungen, unter welchen dieselben die vernichtende Wirkung auf Jnfeetionsstoffe ansüben, erfüllt sind oder erfüllt werden können. Erst die in letzterer Zeit angcstellten Versuche haben hierüber Aufschluß gegeben. Denselben zufolge sind Chlor und Brom allerdings im Stande, in Folge ihrer energischen Wirkung auf organische Substanzen bei Gegenwart von Feuchtigkeit auch zerstörende Wirkungen auf Jnfeetionsstoffe zu üben, wenn sie in genügender Concentration zur Anwendung kommen. Zur Desinfeetion von Zimmerränmen und den in denselben befindlichen Gegenständen müßte der- Luft mindestens 1 Volumprocent Chlor- oder Bromdampf beigemcngt sein, um die in derselben vorhandenen AnsteckungsstoffeMn verläßlicher Weise zu zerstören. Demnach würde ein mittelgroßes Zimmer von etwa 100 Kubikmeter Luftraum ein Kubikmeter ChlorgaS zur Desinfeetion erfordern. Um dieses Quantum Chlor zu entwickeln, wären 15 Kilogramm 2Oprocentigen Bleikalkes und 86 Kilogramm gewöhnlicher Salzsäure erforderlich. Abgesehen von der Schädigung, welche die der längeren Einwirkung des Chlors ausgesetztcn Gegenstände erfahren, lassen sich solche Quantitäten der zur Chlorentwicklnng erforderlichen Materialien ohne besondere Vorrichtungen und ohne Sachkenntniß nicht bewältigen. Bei Verwendung kleinerer Mengen wird wohl die Zimmerlnft den Chlorgeruch annehmen, derselbe bietet aber keine Gewähr für die stattgefundene desinsectorische Wirkung. Der Chlorkalk (Bleichkalk) im gepulverten Zustande oder in wässeriger Lösung wirkt im Coutacte mit Jnfcctionöstosfen allerdings auf letztere zerstörend, seiner allgemeinen Anwendung steht jedoch der Umstand hindernd cntgegegen, daß er in concentrirter Lösung, in der allein er verläßlich wirksam ist, die meisten der Desinfection be dürftigen Gegenstände schädigt, überdies selbst einer Zersetzung unterliegt und daher unwirksam wird. Für Brom gelten analoge Verhältnisse. Die schweflige Säure ist nach den neuesten experimentalen Untersuchungen als ein wenig und unsicher wirkendes Desinfektionsmittel zu bezeichnen. Ans den vorstehend dargclcgten Gründen ist daher von der Anwendung dcS Chlor, Brom und der schwefligen Säure in der Regel Umgang zu nehmen und kann nach denselben nur dann gegriffen werden, wenn die Durchführung der verläßlicheren Des infectionsarten auf nicht behebbare Schwierigkeiten stößt. f) Verdünnte Lösungen der Aetz- und kohlensauren Alkalien und insbesondere der Schmierseife (Kaliseife im Verhältnisse von 1 : 1000) heben das Wachsthnm von Sporen auf und besitzen demnach gleichfalls dcsinfectorische Wirkungen. Gegen deren Anwendung zu Desinfcctionszwecken ist umsoweniger etwas einzuwenden/ weil sie zugleich als Reinigungsmittel vielfach geeignet sind und daher auch in dieser Richtung volle Beachtung verdienen. g) Aetzkalk im gepulverten Zustande, aber auch als Kalkmilch und allerdings schwächer als Kalkwasser, wirkt nach angestcllten Versuchen mit Typhus- und Cholerabacillen und mit künstlich Hochgebildete« Cholcradcjectionen im Laufe weniger Stunden vernichtend auf Typhus- und Cholcrakeime und dürfte dessen Anwendung zu Dcsinfectionszwecken, besonders in den Fällen in Betracht zu ziehen sein, in welchen vermöge der erschwerten Verkehrs- und Localverhältnisse die rasche Herbeischaffnng und Verwendung der Eingangs angeführten wirksamen Desinfektionsmittel auf Schwierigkeiten stößt. III. Ausführung der Desinfektion. Objecte der Desinfection. 8. Die Desinfection ist sofort einznleiten, wenn das Vorhandensein einer der vorbc-^chneten Infektionskrankheiten zweifellos sichergestellt ist und ist bis nach Ablauf der Krank- fortznsetzen. Derselben sind die Personen und Gegenstände zu unterziehen, welche mit dem sanken in Berührung gekommen und in Folge dessen mit den Infektionsträgern, AnSwurf-* rc. besudelt wurden, oder verunreinigt sein konnten. Jfolirnng des Kranken. 9. Zur Vereinfachung deö Desinfcctionsvcrfahrcns ist vor Allem der Erkrankte in entgehender Weise zu isolircn und aus dessen Umgebung Alles fern zu halten, waS nicht Neffen Pflege benöthigt wird. Insbesondere sind aus dem Krankenzimmer alle entbehrlichen ^chtnngsstückc und Gegenstände, welche die Durchführung der Desinfection erschweren ober ^stündlich machen, zu entfernen. Dies ist besonders für Krankenzimmer zu beobachten, in welchen an Cholera, Pocken, Fleck- oder Rückfalltyphns, Diphtheritis, Scharlach oder Ruhr erkrankte Personen untergebracht sind. Es ist unstatthaft, Möbel oder Gebrauchgegenstände während der Krankheitsdauer ans dem Krankenraume zu schaffen; ergäbe sich hiezu eine dringende Veranlassung, so sind dieselben zuvor nach den gegebenen Vorschriften zu dcs-inficiren. Desiufection: a) der Kleider, Leib- und Bettwäsche. 10. Die vom Kranken unmittelbar vor der Erkrankung getragenen Kleider, benützten Wäschestücke und Gerüche dürfen von anderen Personen nicht in Gebrauch genommen, sondern müssen vorerst der Desinfection niltcrzogen werden. Die zuletzt getragenen waschbaren Kleidungsstücke, benützte Leib- und Bettwäsche, sowie die während der Erkrankungsdauer in Abgang kommenden Wäschestücke und Bettüberzüge sind bei den an Cholera, Pocken, Diphtheritis, Fleck- oder Rückfalltyphns, Ruhr, Milzbrand oder Rotz Erkrankten in einen mit 5procentigcr Carbolsäurelösung beschickten, im Krankenraume bcreitstehcnden Behälter zu legen, in diesem ans dem Zimmer zu schaffen und nach mindestens zwölfstündiger Einwirkung, wobei daraus zu achten ist, daß die säunntlichen Wäschestücke von der Carbollösnng durchtränkt bleiben, zur weiteren Reinigung zu übergeben- Die nicht waschbaren Kleidungsstücke und sonstigen vom Kranken benützten Effecten, welche diese Behandlung nicht vertragen, sind mittelst Wasserdampf (Punkt 7 b) zu dcsinficircn. Bei den übrigen im Punkt 5 angeführten Krankheiten ist es zulässig, die Leibeskleidnng, Leib- und Bettwäsche des Erkrankten in Kaliseifenlösnng einznweichen, ehestens ausznkochen und sodann aus gewöhnliche Art ansznwaschcn. b) Gebranchsgcgenstände. Die während der Erkranknngszeit zum Abwischcn der Zimmereinrichtung rc. benützten Tücher sind je nach der Art der Krankheit entweder gleichfalls mit Carbollösnng oder mit Scifenlösung zu behandeln. Der Kehricht der Krankenstube, sowie die zum Aufwischen von Auswnrfsstoffen verwendeten Lappen und beschmutzten Verbandstücke, wenn sie keinen Werth haben, sind zu verbrennen, desgleichen benütztes Bettstroh. c) Instrumente. Alle gebrauchten Instrumente und Utensilien sind, soweit eS angängig ist, worüber der Arzt entscheidet, in Carbollösnng zu legen und sodann zn reinigen. d) Desecte. Je nach der Art der Krankheit ist noch auf die Ausscheidung der Erkrankten besonders Bedacht zu nehmen. Bei Cholera ist das Erbrochene, der Stuhlgang und der Urin, bei allen Arten der typhösen Erkrankungen und bei der epidemischen Ruhr sind die Stuhlgänge, bei Scharlach, Diphtheritis eventuell bei Rotz der Answurf, der Nasenschleim und der Urin in Gefäßen, welche zu einem Viertel mit Carbollösnng gefüllt sind, aufzufangen und sodann in den Abort zu schütten. Die entleerten Gefäße sind nach erfolgter Reinigung wieder für den weitere» Gebrauch mit Carbolsäurelösung zu beschicken. e) Aborte. Die Kranken der vorgedachten Art sollen Aborte nicht benützen. Ist dies vor Feststellung der Krankheit oder mich nach derselben geschehen, so muß dem Gebrauche durch Gesunde eine stärkere Bespulung des Sitzbrettes und des Abtrittstrichters mit 5procentiger Carbolsänrelösung und die Abreibung des Sitzes mit in Carbolsänrelösung getränkten Lappen voransgehen. Besondere Borsichten je nach den Krankheitsformen. 11. Bei Pocken, Scharlach, Masern und Rötheln sind als Jnsectionstrüger die Hautabgänge besonders zu beachten. Bei Milzbrand und bei den accidentellen Wnnd-krankheiten beanspruchen die Verbandstoffe und in Anwendung gebrachte Instrumente, bei der contagiösen Augenentzündung die Hand- und Taschentücher, die mit der Absonderung der Augen besudelt sein können, die Berbandstücke, die zum Abspülen der Augenlider benützten Schwämme und die Waschbecken besondere Aufmerksamkeit. Beim Keuchhusten und bei der Lungenschwindsucht sind die Gegenstände, die mit dem Auswurfe aus den Respirationsorganen beschmutzt werden oder in welchen derselbe aufgefangen wird, einer Desinfection mit Carbolsäurelösnng nach Bedarf zu unterziehen. In Betreff der Wochenbettkrank-Heiteit ist auf die genaue Beobachtung der in der Verordnung vom 4. Juni 1881, N.-G.-Bl. dir. 54, enthaltenen Weisungen zu dringen. In Betreff der Cholera bleiben auch die in der Cholerainstruction vom 5. August 1886, Z. 14067 enthalten»n Desinfectionsvorschriften aufrecht. Desinfection: a) des Genesenen. 12. Nach Ablauf der Krankheit müssen genesene Kranke, bevor sie wieder mit Gefunden verkehren, sich in einem Seifenbade, und falls der beschränkten Verhältnisse halber ein folches nicht verfügbar ist, durch Abwaschen des ganzen Körpers mit warmer Seifenlösung fmgfältig reinigen, darauf reine Wäsche und in der Krankheit nicht benützte oder desinficirte Eleider anlegen. Die Bade- und Waschwässer sind in den Abort zu gießen, die Wasch- und Bade-bkhältcr mit Carbolsänrelösung auszuwaschen; mit letzterer ist der Abortschlauch nachznspülen. h) der Leichen. Die Leichen der an Cholera, Pocken, Diphtherie, Fleck- oder RückfalltyphnS, Ruhr, Milzbrand, Rotz Verstorbenen sind sofort nach Feststellung des Todes ungewaschen und in üprocentiger Carbolsäurelösnng durchtränkte Tücher gehüllt einzusargen und thunlichst ^d ans der Wohnung zu schaffen. Auf die ehethunlichste Entfernung der an anderen ansteckenden Krankheiten Verstorbenen Mls bent Sterbehause ist hinzuwirken. Masern-, Scharlach-, AbdominaltyphuS-Lcichen sind, Mit Kaliseifen- oder Chlorkalklösung durchtränkte Leichentücher eingehüllt, zu verfangen. ®Me Schaustellung solcher Leichen ist überhaupt zu verbieten. Die zur Aufbahrung derselben Ritzten Geräthe und Paramente sind in gleicher Weise wie die im Krankenzimmer befind-chen Einrichtungsstücke der Desinfection zu unterziehen. c) der Effecten. Die im Verlauf der Krankheit verwendeten Bette», Matratzen, Kissen, Decken, Teppiche sind, wie die nicht waschbare» Bekleiduiigsstosfe bei Cholera, Pocken, Diphtherie, Fleck- und Rückfalltyphus, Ruhr, Milzbrand, Rotz der Desinfection mit strömendem Wasserdampfe 2 bis 3 Stunden lang (Punkt 7 lit. b) zu unterziehen. Bei den anderen Jnfectionskrankheiten kann an Stelle des strömenden Wasserdampfes die Desinfection in trockener Hitze zngelassen werden. Zur Uebertragung der genannten Gegenstände in die Desiiifectionsanstalt sind trag-nnd sperrbare, mit dichtem Deckelverschlusse versehene Kisten am besten geeignet; in deren Ermanglung müssen die der Desinfection unterliegenden Gegenstände in, mit 5procentiger Carbolsänrelösnng dnrchtränkte Tücher eingebunden, zur Desinfection übergeben werden. Die Kisten und sonstigen hiebei verwendeten Transportmittel sind sofort nach ihrer Entleerung mit Sprocentiger Carbolsänrelösnng und hinterher mit Wasser zu reinigen. Desinfection des Krankenzimmers. 13. Rach Ablauf der Erkrankung ist die Desinfection auf das Krankenzimmer und dessen Einrichtung auszudehnen. War letzteres mit au Cholera, Pocken, Diphtheritis, Fleck- oder Rückfalltyphus, Scharlach erkrankten Personen belegt, so hat sich die Desinfection auf sämmtliche im Krankenzimmer vorhandene Einrichtungsstücke zu erstrecken, wenngleich der Kranke mit denselben nicht in btrecte Berührung gekommen war. Bei den anderen in Punkt 5 angeführten Krankheiten kann unter Würdigung aller Verhältnisse die Desinfection auf jene Objecte beschränkt werden, welche mit dem Kranken und dessen Ausscheidungen in directer Berührung standen. Decorirungsstücke. In den Fällen, in welchen eine eingreifendere Desinfection geboten scheint, sind die waschbaren Decorirungsstücke, Fenstervorhänge, Gardinen u. dgl. in Carbolsäurelösung oder in Kaliseifeulösung eiiizuweichen und hierauf in kochendes Wasser zu übertragen und der weiteren Reinigung zu unterziehen. Die nicht waschbaren, aber die Behandlung mit heißem Wasserdampfe vertragenden Gegenstände sind diesem auszusetzen. (Vgl. Punkt 7, lit. b.) Möbel. Mit Leder, Wachstuch u. dgl. überzogene Einrichtungsstücke, Ruhebetten, Schlafsessel 2i\, welche die Behandlung im strömenden Wasserdampf nicht gestatten, sind mittels in Carbolsänrelösnng eingetauchter Lappen oder Schwämme abzureiben und hierauf mit in Wasser genetzten, endlich mit trockenen Tüchern abzuwischen. Mit Sammt, Seide oder anderen werthvollen Ueberzügen versehene Möbel, sowie andere Einrichtungsstücke, welche das Scheuern mit Carbolsänrelösnng oder mit Seifenlösung nicht vertragen, sind, wenn zulässig, in einem abgeschlossenen Raume der Einwirkung von Carbol-spray anszusetzen, jedenfalls mit trockenen Wolllappen abzuwischen und hierauf an einem vom Verkehre abgeschlossenen luftigen Orte — Schupfen, Bodenraum — einer mehrtägigen Lüftung zu unterziehen. Gewöhnliche Einrichtungsstücke, Holz- und Metallgeräthe, Geschirre sind mit Carbol-säurelösung oder mit Seifenlösung zu behandeln. Thüren, Fenster, Fußböden rc. Nach Räumung des Krankenzimmers sind die Thüren, Fenster, Holzverkleidungen, Fußböden rc. mit Carbolsänrelösung, die in vorhandene Risse und Fugen eingelassen wird, zu scheuern und dann mit Wasser, dem nach Bedarf Lauge beigemischt werden kann, gründlich zu reinigen. Mit Auswurfstoffen besudelte Wandflächen sind nach dem Durchfeuchten mit Carbolsänrelösung in entsprechender Ausdehnung abzukratzen. Das Abgekratzte ist ins Feuer zu werfen. Die zum Abwischen und Schellern benützten Lappen und Schwämme sind zu verbrennen. Wo immer thunlich, sind die Decken nud Wände des Krankenzimmers mit Kalk zu tünchen. Das in allen seinen Theilen desinficirte Krankenzimmer ist einer längeren Lüftung, die auf mehrere Tage anszudehnen ist, wenn während des Krankheitsverlaufes bedenklichere Umstände eingetreten sind, anszusetzen. Berhaltungsregeln für das Wartepersonale. 14. Das Wartcpersonal hat sich während des Dienstes im Krankenzimmer und die bei den Desinfectionsarbeiten beschäftigten Personen haben sich während dieser Thätigkeit des Essens, Trinkens, Rauchens zu enthalten. Ueberhaupt dürfen nur für den jeweiligen Bedarf des Kranken bestimmte Speisen und Getränke ins Krankenzimmer gebracht, RahnrngSmittel und Getränke daselbst nicht vorräthig gehalten werden. Die bei der Krankenpflege und mit der Desinfection beschäftigten Personen sollen sich während ihrer Verwendung eines besonderen Anzuges oder mindestens eines anschließenden ^eberkleides bedienen, das sie beim Verlassen des Krankenzimmers und nach Beendigung ihrer Arbeit abznlegen haben. Ueberdies müssen sie sich die Hände mit verdünnter (2procentiger) Earbolsäurelösnng, ferner das Gesicht, den Kopf und die Barthaare sorgfältig mit Seifenwasser reinigen. Die Krankenwärter sind auch zu verhalten, ihre Hände mit Carbolsänrelösung und ®cife jedesmal zu waschen, wenn sie bei der Pflege des Kranken beschmutzt wurden. Krankentransport. 15. Zum Transporte von Jnfectionskranken ist die Benützung öffentlicher Fuhrwerke "»statthaft. Zu diesem Zwecke müssen besondere Krankentransportwägen oder Tragbahren verfügbar gehalten werden. Dieselben sind derart herzustellen, daß ihre Reinigung und Desinfection ohne Umstand-ttchfeit leicht und gründlich bewirkt werden kann. Jnsecten als Infektionsträger. 16. Einen besonders beachtenswerthen Factor für die Verschleppnng der Jnfectionskrank-heiten bilden die Jnsecten, insbesondere die Fliegen. Dieselben sind vom Kranken und dem Krankenralnne thunlichst abzuhalten, und ist deren Vertilgung anzustreben. DaS Verweilen von Hansthieren im Krankenzimmer ist nicht zu dulden. Die vorstehenden Weisungen sind nicht in der Voraussetzung gegeben, daß dieselben allerorts unter allen Umständen und Verhältnissen unabänderlich ausführbar wären. Sie sind zu befolgen in allen Fällen, wo die Vorbedingungen ihrer Durchführbarkeit vorhanden sind; wo dagegen diese in Folge der socialen und Hygienen Nothlage der Betroffenen fehlen, haben sie als Fingerzeig zu dienen, welche Punkte eine erfolgreiche Prophylaxe treffen muß und ist es die Pflicht der Epidemieärzte, mit aller Umsicht all das im Sinne der gegebenen Wei« sungen anznordnen, was nach den obwaltenden Verhältnissen geboten und durchführbar erscheint, wobei sie mit Berufung ans die Bestimmungen des Gesetzes vom 30. April 1870, R.-G.-Bl. Nr. 68, § 4, lit. a, die Mitwirkung der betreffenden Gemeinden in Anspruch zu nehmen haben. Ergeben sich Erkrankungen in Schulen, Herbergen, Asylen, Detentions- und Strafanstalten, bei welchen nach den vorstehenden Weisungen eine Desinfection erforderlich ist, so sind im Sinne derselben unter Würdigung der Verhältnisse des Falles die entsprechenden Anordnungen zu treffen, wobei vor Allem auf die ausgiebigste Lüftung und gründlichste Reinigung der Localität, in welcher der Kranke verweilt hat, zu dringen ist. Eine besondere Aufmerksamkeit ist auch dem Gesundheitszustände der mit dem Jufect-onskranken in Verkehr gekommenen Genossen zu widmen.