^^'^^''"^ ^"^^^"'^^^-^^—3^^^'^^ 3. d2^d^33^ ^(7»7>7^- ^t^ ^l»'-^-—^ Der Witwe Wunsch. /«^m Veld'sersee ein Kirchlein steht Mit Busch und Vaum umschmückt. Woraus die stille Andacht weht Die jcdes Herz eotzückt. Da ra.qt vom stillen Dach empor EinThürmchcn schlank »nd roth; Ein Glöcklein ruft zum frommen Chor, Zum süßen Himmelsl'rod. Doch wohnet wunderbare Kraft Im Glöcklein blank und rein. Die Glück und Segen oft geschasst, Gelöst des Zweifels Peil, Denn zieht am Seil ein glaub'ger Christ, Daß weithin schallt der Klang, So wird erfüllt in kurzer Frist Sein Wunsch, — gestillt sein Drang, Ergriff einst eine Mut t e r treu Das Seil mit frommer Hand, Und zog und zog mit hcil'ger Weih Am wundersamen Vand. „Ach!" — sprach sie — „Olöcklein sey mir hold!" ,, Kram gegen die Türken; er focht sonst gegen Venedig und Ungarn, und erhielt die Belehnung über die Feste Ncidberg. Seine Nachkommen bildeten die Linie Neid-berg. Von seinen sechs Söhnen kam Johann Gregor als Unterhändler nach Constantinopel, focht wacker in den ungarisch.- türkischen Kriegen, und verlor, zum schmerze König Ferdinand's, sein Leben in einem Nit-tersp.ele. Achaz erwarb sich durch Mannhaftigkeit in eben den Kriegen den Ritterschlag von des Könia's ^and, und der älteste Caspar stritt vorEsseq s,Z37> führte die steyerischen Reiter vor Ofcn an (i5,l) bewirkte die katholische Gegenreform in den GottcHäu' sern, Pfarren und Klöstern der Steyermark, und ward nach der Schlacht bei Mühlberg (.547), welche der Protestanten aufflackernde Wünsche in mehr als in ei-nem Lande dämpfte, von. Kaiser Carl zum Ritter ge. schlagen. Im Kriege und in den Gesandtschaften zu den Churfürsten zeigte er, vom König Ferdinand eifrig begehrt, seine ersprießlichen Dienste. Caspar's Sohn Johann Siegmund, wählte sich die Gegenden des Kul-pafiusses, worin er 3000 Türken sprengte, zum Schau-Platze seiner militärischen Thaten; er eroberte Schlati-"a, schlug mit Nüdüsdy die Türken von Ofen weq, und starb als Marschall und Hofkriegsraths - Director (ltill). Sein ,^ unrer den Treuen, welche in der Weißcnburger Schlacht (l620) Ferdinanden die Königskrone von Böhmen er-kamvfcn halfen, und Johann Siegmund's Enkel Leo-pold, Eugens Liebling, eröffnete (l70I) durch den Uebergang über die Etsch den spanischen Successions-lr.eg m Italien, und beschloß als kaiserlicher Marschall und oofkriegsraths-Viceyrasident, .«gemein geachtet durch ,e.ne Milde und menschenfreundliche Gesinnung, (l?28) die Neidberg'sche Linie. Von Wilhelm, dem jüngern Bruder des berühm-ten ^egmu.,d',s von Herberstein, haben sich die Nach'-tommen b.s in unsere Tage erhalten. Wilhelm selbst 164 führte den jungen König Carl aus den Niederlanden glücklich in sein Erbreich Spanien, wofür ihm der Kaiser Marimilian den Ritterschlag ertheilte; er focht für diesen Monarchen in Tyrol und Friaul, er vertheidigte die Schotten- und Burgbastei Wiens (l529) siegreich gegen die anströmenden Türken. Seine letzte Heldenthat war, das; er 1556, vier Jahre vor seinem Tode, begleitet von seinem Sohne Dietrich, mit 6o0 Cürassiren in den ungarisch-türkischen Krieg zog. Wilhelms Enkel, Adam, war zwei Mal als Gesandter nach Constantinopel, wo er mit Glück die Verhandlungen führte, und zum Grafen Thurn gesendet, als dieser mit der böhmischen Arm^e seinen Herrn, Ferdinand II., in Wien einzuschließen eilte (1619). Adams Güter vermehrten sich durch kluge Benützung der Zeitumstande. Dessen Enkel, Ferdinand Ernst, mit Glücksgaben reich gesegnet, errichtete ein Majorat, das aber auf die Herrschaft Triesch und Ilmau eingeschränkt wurde, weil Ferdinand Ernst Carl, der Sohn seines Sohnes erster Ehe, mit den Söhnen der zweiten Ehe m harten Rechtsstreit sich verwickelte. Ferdinand Ernst Carls Zweig erlosch (1800) mit Johann Thadäus, der einen Theil seines großen Vermögens zu einer Fraulcinstiftung verwendete. Unter Ferdinand Ernst's Nachkommen aus der zweiten Ehe wurde Ferdinand Leopold als kaiserlicher Gesandter (1731 — 1736) an den Hof von Schweden geschickt, und spätter zum zweiten Obersthofmeister der großen Maria Theresia ernannt. Drei Sohne dieses großen Mmisters starben unvermählt, Anton Johannes als Fürstbischof von Trieft (1774), Carl Wenzel als Maltheser und bevollmächtigter Minister seines Ordens am kaiserlichen Hofe (1798), und der Zweitgeborne, Joseph Johann, vermählt mit der Tochter des Fcldmarschalls Freiherrn von Moltke, hatte einen Segen von sechs Söhnen, von denen fünf ohne Erben starben, und Joseph, der Namen, Wappen und Güter seines mütterlichen Großvaters erbte, und durch seine Talente die Aufmerksamkeit Kaiser Joseph's auf sich zog. Der SteUe des Hofkammerpräsidenten entriß ihn in demselben Augenblicke der Tod (1816). Mehrere gelehrte und geschätzte Abhandlungen sind von ihm gedruckt worden. Er hinterließ einen fünfjährigen Sohn, Otto. Georg von Herberstein (5 1458), der Stifter der älteren Hauptlinie, glänzt in des Hauses Jahrbüchern durch die unwandelbare Treue, die er in jener wendungsvollen Zeit jeinem Landesfürsten und Kaiser Friedrich IV. widmete. Mit ihm zog er zu dem Grabe des Herrn nach Palästina, hing sein Siegel an den Vergleich über die Vormundschaft des nachgebor-ncn Königs Ladislaus, befehligte das steyerische Auf- gebot (1443) gegen die Einfalle der Ungarn, erhielt, als Friedrich zu Rom zum Kaiser gekrönt wurde, auf der Tiberbrücke mit dem Schwerte Carls des Großen den Ritterschlag, und war mit seinem Neffen Leon-hard eine der ersten Zierden der Feierlichkeiten und Rir-terspiele, die zu Ehren der kaiserlichen Braut, Eleonore von Portugal, gegeben wurden. Er vermehrte reichlich die ererbten Güter, und hinterließ vier Sohne, Johann, Anton, Erhard und Friedrich. Johann, so groß und stark, daß er, im Zorn auf's Pferd springend, ihm den Rücken brach, focht mit seinem Bru-der Anton und dem riesenhaften Andreas Baumkircher um die Werte, als Ungarn, Böhmen und Oesterreicher den Kaiser in der allzeit getreuen Neustadt belagerten, und ihren jungen König Ladislaus aus der Vormundschaft erstürmen wollten; beide Brüder und ihre Vettern, Georg und Leonhard, die Söhne ihres Oheims Andreas, umstanden den Kaiser in den Tagen der Gefahr, als er in seiner Wiener Burg von den eigenen Unterthanen belagert wurde, bis der edelkluge Böhmenkönig Georg von Podiebrad Rettung brachte (1462). Anton focht fröhlich und freudenreich gegen Baum-kircher, der das Banner der Empörung geschwungen hatte, ward von ihm bei Fürstenfeld gefangen (1469) und konnte nur mit schwerem Gelde aus langer Gefangenschaft sich lösen. Er und sein Bruder stritten wieder muthig, als (1479 und 1480) Ungarn und Türken um die Wette Steyermark zur Einöde zu machen gedachten. Sein gemehrtes Vermögen ging, da der dritte Bruder Erhard, der sein Leben künstlichen Schnitzwerken widmete, schon gestorben war, auf den harmlosen Friedrich, der aller Welt Freund, sanft und fromm, die fröhliche Jagd und den Fischfang liebte und die ältere Hauptlinie durch seinen Sohn Bernhard fortpflanzte. Bernhard war als ein junger Held gegenwärtig, a!s der Kaiser Marimilian bei Guinegate den Helm abnahm, um bei seinen ergrauten Haaren die Soldaten aufzumuntern zum Siege, der auch so reichlich zu den kaiserlichen und englischen Fahnen kam, daß die Franzosen mehr dev Sporen als der Waffen sich bedienten, woher der Tag noch heure der Sporentag heißt; er focht dann unter Erich von Braunschweig in Friesland, erhielt einer der ersten von Siegmund von Dieirich-stein die goldene Kette des St. Christophordens, und vom König Ferdinand bei seiner Krönung in Prag den feierlichen Ritterschlag. Als Kaiser Carl das Herberstein'-sche Wappen besserte, erwähnte er, wie Bernhard gegen die Türken, die Hungarn und Venediger und andere Feinde, als es redlichen Rittern wohl ziemt, allzeit sich treulich gehalten habe. Von seinen acht 165 - Söhnen starben sieben in Kriegsdiensten ; Gco'.'g allein, der Zweitgeborne, in Gnade und Ansehen am Hofe Erzherzogs Carl in Gratz, obwohl er Protestant war, hatte einen Segen von zwei und zwanzig Kindern, von denen nur zwei Söhne, Bernhardin und Georg Andreas, die altere Hauptlinie fortpflanzten, jener nämlich, die noch blühende steyermärkische, dieser die erloschene böhmisch-schlesische; ihre Brüder, Georg Bernhard und Carl, fanden beide (1596) den Tod der Ehre auf dem Schlachtfelde, und Otto Friedrich, Deutschritter und Commandant des Seehafens Zengg, starb als Ordenscommandeur zu Gratz. (Schluß folgt) Die gestickte Weste. Humoristische Original-Erzählung von Dr, A, Sch. I. Wie seltsam es klingen mag: der erste Gegenstand meiner Liebe war eine gestickte Weste. Ich habe seitdem wohl ein dutzendmal wieder geliebt, aber nie mir jener Innigkeit, mit jenem Feuer. Es geht in der ciebe, wie im Theater: von der ersten Aufführung eines Stückes wird man ganz hingerissen und hält getäuscht den Schein für Wirklichkeit. Aber bei den Wiederholungen, wo der Zauber des Geheimnißvollen schwindet, kann selbst das beste Spiel uns nicht verbergen, daß nur mit uns gespielt wird. Die erste Liebe findet ein Herz voll Begeisterung und Vertrauen. Bei späteren Neigungen merkt man schon die Komödie, und das Herz ennuyrt sich, als läse es die „Komödie der Neigungen" von Theodor Mlwdt. Es war zu Anfang unseres Jahrhunderts. Die gestickten Westen kamen gerade in die Mode. Ein schwarzer Frack, eine gestickte Weste und ein kühn geschweifter Backenbart bildeten die Hauptzierden eines Mannes von Welt. Sie waren die drei Grazien des Elegants. Nun wäre ich gar zu gern ein Elegant gewesen. Und zum schwarzen Frack gelangte ich wirklich nach meiner Aufnahme auf die dritte Schule. Aber der Backenbart wollte dem Tertianer nicht glücken, trotz aller Stoßgebete, die ich deßhalb zum Himmel sandte. O der Himmel ist bisweilen recht boshaft. Mir aab er nicht eine Spur von Bart, und meiner Tante einen so starken, daß sie sich täglich rasiren lassen mußte. Der arme Onkel! Zum Glück war er phlegmatischer Natur. Wenn Abends der Hauch seines Mundes über die Stoppeln ihrer Wangen fuhr, oder prosaisch zu reden, wenn er sie küßte und sich die Lippen verwundete, dann brach der gute Mann nicht in Klagen aus — nein, er sagte mit Philosophisch"'Gelassenheit: »Keine Rose ohne Dornen.« Und die geschmeichelte Rose schickte zum Bar- bier, ließ sich einseifen, und erhob sich aus dem Seifenschäume eben so reizend, wie Aphrodite aus dem Schaume des Meeres. Da nun der Himmel meinem brünstigen Flehen die Wohlthat eines Backenbartes noch versagte, und ich gleich vielen Supplikamen in den nächsten sechs Jahren keine Gewährung meiner Bitte erwarten durfte, weil ich dann erst zwanzig Jahre alt ward, richtete sich mein Augenmerk desto eifriger auf die Erlangung des dritten Erfordernisses männlicher Schönheit. Ich mußte eine gestickte Weste haben. Doch woher sie nehmen? Meine Mutter war arm und ihr den Ankauf eines solchen Lurusartikels zuzumu-then, wäre schnöder Undank gewesen. Und doch konnte ich den Wunsch nicht aufgeben. Eine Weste! Eine Weste! ein Königreich für eine Weste! so seufzte ich Tag und Nacht. Ja, ich würde das schönste Königreich, bätt' ich's besessen, unbedenklich nir eine schön gestickte Weste vertauscht haben. Gab doch Adam das Paradies für einen Apfel hin, und ein Königreich ist doch bei Weitem noch kein Paradies, ein Apfel noch keine gestickte Weste. In jener Zeit war es Sitte, daß liebende Mädchen dem Manne, respective den Männern ihrer Wahl, zum Geburtstage, oder bei anderer Gelegenheit eine selbstgestickte Weste verehrten. Da wurden alle Wünsche und Hoffnungen hineingewirkt — Rosen, Vergißmeinnicht, eine ganze Flora, die das Herz des Erwählten umschließen sollte, bis sie selbst die Rivalinn ablöste. Mir so langweiligen Liebesbeweisen geben sich unsere jetzigen Damen nicht ab. Sie vertheilen ganz andere Gunstbezeugungen — aber ich will nicht aus der Schule plaudern, ich will bloß sagen, daß, wer in jenen Tagen von schöner Hand eine Weste gestickt erhielt, des Besitzes der Hand auch ziemlich gewiß seyn durfte; denn die Sonne der Liebe ging damals in Westen auf. 2. Auf diese astronomische Beobachtung baute ich meinen Plan. Mathilde, die geschickteste Stickerinn im Stadtchen und nebenbei ein ganz appetitlicher Backfisch, wurde zur Westen - Lieferantinn ausersehen. Mit aller Routine eines Gymnasiasten, der eben die a?» »miMlii vertritt, begann ich ihr die Cour zu schneiden. Und siehe da! der Backfisch ging in's Netz. Wir wurden bald ein Herz und eine Seele, und als ich einst zufällig äußerte, am 25. December sey mein Geburtstag, schlug sie sich heimlich einen Knoten in's Taschentuch. Dieß Manöver bewies mir, daß ich nicht fruchtlos manövirt hatte. Ich freute mich im voraus der Beute, die meine Erode. rung abwerfen würde, und war auf die Schürzung jenes Schnupftuchknotens nicht weniger stolz, als Alexander auf die Lösung des gordischen. . 166 — Seither war Mathilde täglich mit ihrtzl'Freundinn Sophie spazieren gegangen, und ich hatte mich dann stets als Begleiter zugesellt. Jetzt ward sie auffallend häuslich. Sollte die Weste etwa schon in Arbeit seyn? Meine Neugier konnte diese Frage nicht lange unbeant-worier lassen, und als ich Mathilden einst in ihrem Zimmer vermuthete, machte ich leise die Thür auf und schlich mich hinter ihren Stuhl. Richtig! sie saß am Stickrahmen, neben ihr, gleichfalls stickend, Sophie. Nein, diese Pracht!!! Eine Guirlande von Rosen und Vergißmeinnicht! auf weißem Atlas! Mir schwindelte vom Ansehen. Ich stieß einen Schrei der Verwunderung aus, und die Mädchen kehrten sich erschrocken um. »Für wen ;st diese Weste?" — ..Für« — „O ich weiß schon, für mich." Mathilde wollte laugnen, aber ich war als künftiger Jurist ein so scharfer Inqui-rent, daß sie zuletzt erröchend das Verbrechen eingestand, nur durch dieß Angebinde das Herz vollends binden und stehlen zu wollen, ein Frevel, den sie gebührender Maßen sogleich durch verschiedene Küsse bestraft sah. Wer war nun froher, als ich? In achr Tagen wurde ich nicht nur fünfzehn Jahre alt, sondern auch ein Crösus,ein Ax^iis, n,nn!ich ein „gestickter Atlas.-westen.-Besitzer". Wie wollte ich glänzen, strahlen, blenden! In achr Tagen kannte mich Niemand mehr, wie ich selbst mich schon jetzt vor Freude nicht kannre. Ich schloß die ganze Zeit fast kein Auge zum Schlafen. Aber waren meine Nächte voll Unruhe, so wurden es jetzt meine Tage noch mehr. Sophiens Bruder kam von der Universität zurück — ein hübscher, schlankgewachsener Jüngling, mit feurigem Auge und, wie sich bald zeigte, auch feurigem Temperamente. Denn er ließ sich herab, meiner Mathilde den Hof zu machen. Dieser stach seine stattliche Figur augenscheinlich in die Augen, was mir ein Stich in's Herz war. Ich fühlte nun, daß ich Mathilden liebte, und nicht mehr um der Weste, sondern um ihrer selbst willen. Sie war so schon, Mathilde, so schön wie die Weste; beneiden mußte man mich um ihren Besitz, um den Besitz der Weste — nicht doch, um Mathildens Besitz — o die Eifersucht machte mich ganz confus. Ich hatte keinen vernünftigen Gedanken mehr, meinen gangen Kopf füllte der Zweifel: liebte sie ihn, oder liebt sie Dich? Der 25. sollte es entscheiden. — 3. Und er kam, der entscheidende Tag! Die Sonne schlief mir heute viel zu lange. Ich gmg schon, als der Morgen graute, vor's Thor, um den Siedepunct meiner Ungeduld auf Null herabzubringen. Dieß gelang nur zu gut. Ich stand plötzlich wie festgefroren da, „ein leblos Bild von Eis und Feuer.« Denn an der Kirchenthüre, im Begriff in die Messe zu gehen, begegnete mir der Student, mit hochfrisirtem Haare, schwarzsammetnem Schnürrocke, und — denkt Euch mein Entsetzen — er rrug meine Weste. Meine Weste? War sie es denn auch, und nicht bloß eine ihr ähnliche? Der Morgen nebelte, — ich, in meinem ^.'iebesrausche, konnte gleichfalls für benebelt gelten, und in diesem Zustande siehr man bekanntlich Alles doppelt, aber eben deßwegen auch Alles nur halb. Sollte nicht bei genauer Untersuchung—? Nein, wahrhaftig nicht, es war und blieb meine Weste, dieselbe, die ich neulich bei Mathilden gesehen. Zu tief wurzelten diese Rosen, diese Vergißmeinnicht in meinem Gedächtnisse. Ich hätte sie aus Tausenden herausgekannt, obgleich sie mir damals blühend, und jetzt verwelkt schienen. ..Wie dürfen Sie sich unterstehen, diese Weste zu tragen?« so donnerte ich meinen Nebenbuhler an. Wie ein Blitz gab er mir, statt aller Antwort, eine Ohrfeige. Diese Fingersprache machte mich zum Taubstummen. Hören und Reden verging mir, und fliehend durchbrach ich den Kreis von neugierigen Zuschauern, welche die Maulschelle aus dem Strome der Kirchengänger zusammengeklingelt hatte. Spornstreichs lief ich zn Mathilden und beschuldigte deren Treulosigkeit als die Veranlassung jenes empörenden Auftrittes. Sie hö'rte mich schweigend an, ging hierauf in's Nebenzimmer und brachte ein Packchen heraus, das in ein schneeweißes Tuch gewickelt war. Die Hülle schwand, und vor mir lag m ei n e Weste. »Pfui, Eduard! Wie konntest Du einen solchen Verdacht hegen? Sophie stickce mit mir zugleich dasselbe Muster für ihren Bruder, und überreichte ihm gestern die Arbeit als Weihnachtsgeschenk. Aber wenn ich nun ein Gleiches Dir thäte, die ganze Stadt würde es mit Deiner Ohrfeige in Verbindung bringen und gewaltig auf uns losziehen. D'rum verzeih', daß ich Dir die bestimmte Gabe zurückhalte, und versprich mir, mich künftig nicht wieder zu besuchen.« So verlor ich in einem Momente Weste und Geliebte, und nun fiuchre ich der Grausamkeit meines Geschickes. Aber „ur damals! Jetzt bei kälterem Blute find' ich das Schicksal gerecht. Denn ich war aus Eigennutz verliebt gewesen, und solcher Verliebten gibr es Viele. Ich hatte in Mathilde meine Weste geliebt, Mancher liebr in seiner Braut seine Westentasche Mög' auch der bestraft werden, >vie er's verdient! Verleger: Ignaz Alois Edler v. Kleinmayr.