L a i b st ch e r Wochenblatt zum N ußcn und 35e rgnügcn. Frey lag den 9. -Au^si lg>6. Iphigellia D e s i l l e. 3^cy Nan-y fiel in den Schrcckenszeitcn der so hoillofts Unglück bringenden Re-voluton, deren Nachklang gan; E^l.'opa erschüttert hat, Vä'ge.l'ben rettend, sich selbst dahin geb.nd , der gutmüthige Desi'äe. Er hinterli/ß zwey Schwestern , die eine als Mutter von vier Kindern, die andere noch unvevhönathct. Zwar liebtö sis einvn .wackern Jüngling und wn-de zärtlich von ihm geliebt, aber wer konnte in jcnen I.nte» des Schreckens an eine eheliche Verbindung denken? Wn- mochte von Liebe spcea en , wo die entsess-tten Fnricn jede.reine Sttlle mir G^fer und Blm besteckten ? Nur zweiftlhast ruhig war es erlaubt, hoffend in dic Zuku,^ zu blicken, und sich Gefühlen zn no^rlasscn, die damahls so theuer erkauft we^dcn mußnn ! N in, es gab auch jür unsere Iphigcnia keine Ruhe. Plötzlich kam der Bef hl nach Nan-y^ dreyßig Verdächtige nach Paris vor das Blurgcr,cht zu st.'llen; unter ihnen war auch ^phigenift. —Sie wu.de nut nach Paris geschleppt, und vor das schreckliche Gericht gestellt, dessm Rlchtcr, selbst in osfcnön Vertrag mit allen Lastern, jede Tugend zum Laster zu stemp ln wußten , um ihren unerfttziichen Blutdurst zu stillen Iphignlien wurde ein Brief vorgelegt, unterzeichnet: D'sille, der B.'kanntschafr m.t einem F.:n)ö der sogenannten Ns-publik verrivch. ,-Isr ferne Bekanntschaft Verrath ? — sagle Iph!g^nia. ,,EZ ist nicht von dem die Rede ," — wuroe entgegnn — ,was aus dem Briefe folgt, sondern davon, ob du den Brlef als den deinigen anerkennst?" "W)hl kenne ich den Brief, und so ist mc i, Urthe'l gesprochen, wie icf> euch kenn«:; aber ich bitte um einen Verthei-dig^'.' D^r Rechtsgelehrte Cheveau wurde dazu ersehen, und besuchte sie den folgenden Tag im Kerker. Theilnehmend unterhielt e^> jl>ch mit ihr übsr ihre Vertheidigungs-gründe. , Ich traue es Ihnen zu" — sagts Iphigen:a - „daß Sie alles, mich zu retten , anwenden werden ; Sie haben die "Verhandlungen gelesen. Was sagen Sie dazu?" „Es ist durchaus nichts gegen Sie," -antwortete er — „als der fatale Brief, dessen Unterschrift Sie anerkannten." „Aber der Brief enthält doch nichts, was die Schreiberinn verdächtig mache» könnte ? Cheveau zuckte die Achseln und schwieg. — Sie fuhr fort. ,.I n verstehe Sie. Mein Entschluß ist gefaßt. Vertheidigen Sie mich , so gut sie können. Ich bin unschuldig. Es wird Ihnen nicht an Gründen sehten, dieß zu beweisen , und den Verdacht, den der Brief erregt, von nur zu entfernen. Jedoch mit noch mehr Kraft werden Sie mich vertheidigen , wenn ich Sie überzeuge, daß nicht ein? mahl das auf mir haftet, was man Schuld nennt. Doch schwören Sie mir, daß Sie von dem, was ich Ihnen eröffne, keinen Gebrauch machen wollen." „Ich begreifeSie nicht, aber ich schwöre." , Nun so wissen Sie, nicht ich , sondem meine Schwester schrieb den Brief." „Wie?" „Sie, die Unglückliche, Mutter von Vier unerzogenen Kindern." „Gott!" „V5ird das Todssurtheil ausgesprochen , so gelte es mir." „Wie? Sie wollten?,, „Ich will für sie sterben. Ihre Kinder fordern Mutterpstege, und wie unentbehrlich ist denselben diese, zumahl in unsern Tagen. — Ich sterbe für meine Schwester." Cheveau stand, sie bewundernd, vor ihr. Er sah die seltene Entschlossenheit des achtbaren Mädchens, und wagte es nicht weder sie zur Aenderung ihres Entschlusses zu bewegen, noch vor dem Blutgericht seinen Schwur zu brechen. Vas hohe Gefühl der Unschuld erhöhte seine Beredsamkeit; aberIphigenia wurds doch verurtheilt. Sie starb mit der größten Entschlossenheit. Da Cheveau zu stark und leidenschaftlich für die Unschuldige gesprochen hatte, mußte er den Richtern dieser Gattung selbst Vers dächtig werden, und nach wenigen Monathe» mußte or selbst das Blutgerüst besteigen; aber das Geheimniß verrieth er Ven Richtern nicht. Nur kurz vor seinem Hingange entdeckte er es einem Freunde. „Bewahre es ," sagte er zu ihm, „bis bessere Zeiten dir erlauben , dieses seltene Beyspiel einer weiblichen Aufopferung der W.lt bekannt zu machen, und bey Edlen das Gefühl zu er-wecken, daß auch die neuere Zeit ihre Ar-. ria's Habs." — -----«ü««N3°>,------ Tragische Wirkung des Glaubens an einen erdichteten Traum. In dem magdcburgischen Dorfe W?l- -len lebt ein Schenkwirts) , Nahmens Helmstedt, der durch seine lustigen Schwanke in der Gegend umher bekannt ist, und deßhalb im Scherz von den Bauern Schelmstedt genannt wird Ein Fc-eisaß zu Diestocff, Namens Laper, hatte viel von diesem drolligen Manne gehört, und nahm sichs vor, das nächste Mal^ wenn er in die Gegend von Wellen kams, bei ihm einzukehren , und den spashafttn Mann persönlich kennen zu lernen. Die Gelegenheit fügte es, daß er bald (im Sommer 1783) in der Gegend von Wellen zu thun hatte, da er dann auf der Rückreise einen kleinen Umweg über Wellen nahm, und auch so glücklich war, den Schenkwirth Helmstedt beim Eintritt auf der Hausflur anzutreffen. Helmstedt kannte den Freibauer Löper, ohne daß dieser es wußte, ließ sich's aber nicht merken, sondern, nanntt ihn Herr Amt- wann, und that, als wenn er ihn fur don Amtmann Frikker aus Dommerslcben hielte. Löper ließ ihn gerne in dem vermeintlichen Ivrchum, weil es ihk schmeichelte, für einen Amtmann gehalten zu werden, ließ sich sodann in die Schenkstube komplimcutiren, und forderte ein Glas Bier, worauf folgendes Gejprcich begann. „Sag er mir doch Herr Wirth, he^ßt er den.l H^lmstedt oder Schelm-stcdt?" - „Zü dienen, H^rr Amtmann, eigentlich HZlmstedt," — „Aber ist's denn wahr, dclß er sx> allerhand Spaß machen kann 7 Ich wäre doch neugierig von ihm auch einmahl was zu sehen; gehört ha^ be ich schon genug von ihm." — Daß ich mcht wüßte, Herr Amtmann ; ich habe wohl meinen Gästen manchmal ein Bischen was vorerzählt, damit das Vier brav abginge; aber das Spaßmachen vergeht einem hcut 5« Tage wohl, da dankt man Gott,wenn man das Leben hat" Indessen hatte Löpcr sein Glas ausgetrunken, forderte noch ein Glas Schnaps und machte sich reisefertig. Um aber doch nicht aanz ve^ebens gekommen zu seyn, wandte er nochmals alle seine Bendsamkeit an, um dsn Wirth zu einem lustigen Schwank zu bewegen, und versicherte, daß es ibm dabei auf^ einen Scheffel Haber nicht an-kommen jollte. — > «» Helmstcdt versicherte hoch und theuer -daß er jelt langen Jahren keinen Spaß meb? gemacht habe; weil aber jener aar nicl t "^^ We er endlich.-,,^ ,^ß " d^r That mcht, Herr Amtmann, was "b Ihnen erzählen sollte! Zwar habeich vergangene Nacht einen ganz sonderbaren Aaum gehabt, den ich anch noch diesen Morgen meiner Frau erzählt habe. Wenn ^nen damit gedient ist, so hören Sie zu- Mir träumte, ich wäre a?storben und in die Hölle gekomm n, wo es H entseuch heiß war, so heiß/daß ich mew Pudelmütze nicht aufbehalten konnte,-und den Teufsl um Erlaubniß bat, solche em wenig ablegen zu dürftn. Der Duftl, der den Gastwirthen immer etwas gewoge» ist, ließ auch solches geschehen; als ich aber meine Mütze an einen Nagel in der Wand hängen wollte, hielt er michzumck, und sagte: Nein! der muß ledig bleiben, denn in drei Tag^n kommt ein di und wollte mich m einen großen Lehn-stuhl setzen ^ der in der Ecke stand. Der Teufel schob mich aber heftig zurück, un> sagte: der Lehnstlchl ist schon besezt, denn in drei Tagen kommt der Freibauer Löper von Diestorff, für den ist er hingestellt; und darüber wachte ich auf." Löper sing hiebei am ganzen Leibe an z» zittern, fragte nnt bebender Stimme , wie viel er schuldig sei; bezahlte die Zeche , und war kaum zu Hause angekommen, als er in ein hitziges Fieber verfiel. Drei Tage phantasirte er von Helmstedt, Teufsl,undHölle dun am vierten war er todt. Ein anderer Rülps. In Aachen gibt es eine eigene Käll-Geielljchaft, die bisweilen/aber nicht immer, etwas Gutes stiftet. So wollte sie neulich einen Gäufer bessern Sie brachte ihn in eine Stube, die schwarz behängen war; aufden Tisch sezte sie ein Licht und an dessen beyden Seiten Todtengerippe. In jeder Ecke des Zimmers setzte sich ein großer Mann mit emem langen wei^ ßen Bart und Mantel. Als der Säufer erwacht und sich die Augen gerieben hat, sieht er um sich , und spricht: Wis Teufel ! wo bm hier? Nach einem langen Selbstgespräch wird er auch die Männer in den Ecken gewahr. „Wer bist du," ! rief er dem einen zu. - „Ich bin, sagte er, Moses." Nach einem langen Selbstgespräch fragts er auch den andevn; dieser antwortete: „Ich bin Abraham." -,'Ah so ! sing der Säufer an dann bist Du Isaak, und Du bist Jakob. Ich bin also unter die Erzväter gerathen. Nun, da Ihr so alt seid , werdet Ihr auch wohl wissen, wo der beste Schnaps ist; ich habe wieder Durst " — Mr dichmal hatte die Gesellschaft den Zweck verfehlt. Die ehrliche Supplikantin beim Kardinal Farnese. Im Audienzzimmer des Kardinals Far-nese fand sich, unter andern Bittenden, «uch eine arme Mutter mit ihrer schönen 17jährigen Tockter ein Der Kardinal bemerkte gleich beim Eintreten die lx'yden Gupplikantinnen, deren eine durch Anstand die andere durch Schönheit sich auszeichne« ts Er ging deßhalb auf sie zu und ftagls sie vertraulich, ob er ihnen auf irg.no eine Art nuzlich seyn könne? „Noch vor Einbruch der Nacht, sagte die Mutter, muß ich, weil ich die Miethe nicht zah, len kann, meine Wohnung verlassen, wmn ich die Tugend meiner Tochter dem hartherzigen Wirthe nicht opfern will - Ev. Eminenz bekannte G^oßmuth macbts mich so kähn, darum zu bitten." Der Kac. dinal schrieb om Billet und übergab es ihr mit der Weisung, seinen Haushofmeister es zuzustellen zugleich aber auch M't der Ermahnung, immer so fest an der Tugend HU halten, wenn sie seines Schutzes nnd seiner Hälft versi l-ert bleiben wollte. Die Wittwe, natürlich ganz Dank u nd Freu- oe, eilte mit der Handschrift zum Haus- hofmiister, der ihr 50 Dukaten darauf zahlte. „Sie irren sich , mein Herr! nur um g Ducar.n habe ichSe. Emm. g.beten." — „Die O.dre lautet aber auf fünfzig." — ^,So hat Se. Eminenz sich geint." — „Nimmermehr — nehmen Sie, Madame ! sonst habe ich Verdruß bei msi-nm gnädigsten H^rn " -- Die Wittwe nahm aber die 5" Dukaten nicht, sondern uöchigts den Haushofmeister, mit ihr zum Kardinal zn gehen , un ihm die Enschei-düng zu uderla,se.l. D^' Kardinal horte — schrieb statt 50 nui 5^ D.ckaten — und gab die Anweisung der Wtttwe mit der Bemerkung zurück: „Ich hatte mich in der That gei^t, wie ich aus Ihrem Vn'fahven sehe, Madame! eilen Sie nun, Ihr^n harten Wirth zu bezahlen, Ihre Wohnung zu verlassen und ihre übrigen Schnlxn zu t l,M — der Rest diene der fommcn Mutter zur Ausstattung ihrer guten Todter! — «» ,»