Kaiholiidie missions=2eilfdirlfi der Söhne des heiligsten ßerzens Aelu. - Organ des sBarien:Pereines für Afrika. :- Sec Heilige Batet Papst Mus X. hat bet Redaktion, den tHboemenien usß WohItLrern den apostolischen Segen erteilt Mit Empfehlung vieler hochwürdigster Btfdjöfe. Erscheint monatlich einmal und kostet jährlich mit Post JK-2Ä-! Fronten Redaktion und administration : miliionshaus milland bei Brixen, Clrol. ....-.....- ■ -■ = Inhaltsverzeichnis: —-----------------------..= Religiöse Anschauungen und Gebräuche bei den Negern 73. — Biga, die schwarze Gazelle 77. — Türkische Hochzeitsgebräuche SO. — Schwarze brave Kinder 82. — Der Vogelnestsammler 84. — Kindeseinfalt 87. — Die Missionsgabe einer blinden Jungfrau 89. — Ein unerwarteter Gast 90. — Die Söhne des Mondes 91. Abbildungen: Afrikanisches Hausrind (Phot. Gebr. Hackel, Berlin) 79. — Eine Tigerjagd 87. — Termiten bauten in Afrika 93. Gebefserhörungen und -empieMungen: Eine eifrige Förderin des Stern dankt innig dem göttlichen Herzen Jesu und dem hl. Antonius v. P. für ihre Hilfe in einem schweren Anliegen und empfiehlt sich neuerdings recht angelegentlich dem Gebete. Ein Wohltäter bittet in nachstehenden zwei Anliegen um die Gebetshilfe der Stern-Leser: Schweres Gemütsleiden; — Folgen schwerer Heimsuchungen Gottes. Eine schwerkranke, unglücklich verheiratete Frau bittet um baldige Genesung und gottgefällige Wendung und Aenderung. Desgleichen wird dem Gebete aller zum göttlichen Herzen, zur Mutter Gottes und zum heiligen Josef eine Person empfohlen, damit sie sich wieder mit Gott dem Herrn in einer würdigen Beichte aussöhne. flbonnemenfs=Erneuerungen (bis 19. ITlärz 1916). Abonnementserneuerung: 101, 146, 17.0, 296, 483, 463, 494, 513, 610, 626, 654, 690, 694, 790, 827, 879, 898, 930, 1053, 1080, 1102, 1131, 1267, 1275, 1355, 1369, 1405, 1414, 1469, 1502, 1568, 1594, 1608, 1803, 1809, 1810, 1874, 1879, 2005, 2032, 2438, 2671, 2705, 2742, 2763, 2799, 2927, 2933, 2984, 322«, 3264, 3327, 3346, 3407, 3417, 3460, 3555, 5007, 5009, 5040, 5057, 5061, 5064, 5160, 5162, 5377, 5378, 5391, 5404, 5436, 5164, 5515, 5658, 5680, 5809, 5812, 6063, 6489, 6685, 6996, 7016, 7092, 7073, 7133, 8008, 8022, 8035. Gabenverzeidinis (vom 10. Februar bis 15. ITlärz 1916), ČT- In Kronen. Opferstock: Äsers, Ung. 40-—; Allmegg, J. G. 1 —; Bruneck, A. O. 3'—; Brunnenfeld, W. W. 1.—; Brüx, I. N. 3 —: Ebelsberg, I. P. 3’—; Ernsthofen, Pfrt. 21—; Forchheim, Sr. O. 14 26; Freising, I. B. 1"—; Gleisdorf, A. S. 10'60; Hang, T. R. 1—; Hockenheim, A. E. 15’—; Jmmenstadt, F. P. 8'70; „Nigger" 72-50; Innsbruck, M. S. 2-—; Ischl, M. R. 1'—; Lambach, P. B. G. 20'—; Lahen, Ung. 50'- ; Lienz, I. H. 3'—; Murnau, 0-12; Neuß, W. M. 2.72; Milland, A. S. 300'-; Möritschau, O. H. 1'—; Marienbad, Dech. I. 2'—; Oberlabill, A. W. 2--; Palai, A. K. 4'-; Passau, G. R. H. 4-32; Naomis, E. S. 1'-: Rech, M. W. 2'9Ö; Reichholzheim, R. K. 1440; Reichenberg, M. H. 5'76; Rülzheüu, S. H. 2'58; Ruprechtshofen, Benef. S. 3'—; Schwaz, R. H. 4'—; S. so. 6'—; St. Leonhard, M. G. 2--; Spital, I. K. 3 —; Steindlberg, F. Z. 1'—; Teilbach, I. K. 2'88; Thankirchen, Exp. Z. 2'88; Trpymetz, Sr. G. 4—; Tschötsch, M. M. 2-—; Untermoj, E. D. 12'—; Villanders, F. R. 2'—; Weißenbach, Knpl. R. 56'—; Wermerichshausen, Kapl. F. 1.60; Wiesen, I. B. 1'—; Zams, M. W. 1'-. Zur heilige Messen: Ahrweiler, E. F. 17-28; 21-60; Aschach, R. W. 26-—; Aschhansen, M. B. 14'50; Au, A. K. 8'-; Buoka, M. M. 4'-; Cölu, Sta. M. 36'72; Eggenberg, Sr. B. M. 6-—; Gufidaun, A. K. 150'-; Gleisdorf, A. S. 20'-; Haag, I. R. 240; Heiterwang, E. E. 3 —; Hohnsdorf, W. I. 43 20; Ingolstadt, $. S. 159-50; Keßeling, M. S. 23-66; Klagenfurt, I. O. 50-20; Klepsau, O. R. 43-20; Lambach, E. FH6 -; Milland, A. M. 2--; M. R. 14 —; Münstereifel, Sr. Co. 111-65; 158 77; Ober-schwandt, Th. L. 22'—; Rech, M. W. 4 32; Reifenberg, M. H. 58-01; Rülzheim, I. H. 12-96; Reich-rnming, A. H. 2-—; Satzvey, G. M. 18-30; Sierning, A. K. 3'—; Sailauf, Pfr. R. 37-70; Schörfling, M. H. 4'—; Stern, M. D. 35- ; St. Ulrich, D. H. 10-—; St. Valentin, F. St. 50-—; Teising, Ung. 599-20; Untermoj, E. D. 10'—; Vinaders, Pf. A. 10-—; Weitental, Ung. 20-—. Zur Taufe von Heidenkindern: Aschach, R. W. 24 - (Rosa); Cöln, St. Ma. 3496 (Theodor 501.); Heiterwang, E. E. 20'— (Remigius Karl); Heroldsbach, Kpl. G. 57-60 (Johann, Barbara); Karfing, Fr. K. 40-— (Franz, Franziska); Stern, M. D. 20'— (Guido); M. B. 20-- (Aloisius). gilt Bischof Geyer: Brixen, durch das St. Josef-M.-H. 22U--, Zur P. Lrazzolara: St. Cassian, durch das hochw. Pfarramt 60'—. Zur das Werk der Erlösers: 169047. Erlös für Briefmarken: 53-82. — Marken liefen ein aus Brixen, Huben, Lana. lsaWschMiKwnsreitschnst üerLöhne öes heiltzsten ßmens Jesu. (Organ des Eanen-Ucrems für BfriBaj Dient vornehmlich der Unterstützung und Ausbreitung der missionstätigkeif der Söhne des heiligsten Berzens 3esu und sucht Verständnis und werktätige hiebe des ITlissionswerkes in Wort und Schrift zu fördern. Das Arbeitsfeld dieser Missionäre ist der Sudan (Zentral-Afrika.) Der „Stern der fleger" erscheint monatlich und wird vom Missionshaus Milland bei Brixen (Südtirol) herausgegeben. Hbonnemenfspreis ganzjährig mit Postversendung 2 K — 2 INK. — 3 Frc. Der Heilige Vaier Papst Pius X. ha! der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den apostolischen Segen erteilt. Für die Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Hiessen gelesen. Mit Empfehlung der hockwürdigsten Oberhirten von Brixen, Brünn, iieifmeritj Uinz, Oimütz, Marburg, Crient, Triest und Wien. Heft 4. April 1016. XIX. Jahrgang. Religiöse HnZdiauungen und Gebräuche bei den Ziegern. (Aus öen Mifsionsblättern von St. Ottilien.) Den tiefsten Blick in Me Seele des Negers gewährt uns die Kenntnis seiner religiösen Anschauungen und Gebräuche. In diesen spricht sich sein Innerstes aus. Es ist jedoch nicht so leicht, diesen seinen innersten Anschauungen auf den Grund zu kommen. Flüchtig durchreisende Forscher werden kaum einen Teil der Wahrheit erfahren, denn die Neger sind in dieser Beziehung überaus zurückhaltend und verstehen es, den Frager zu täuschen. Auch Missionären gelingt es oft erst nach Jahren vertrauten Umganges mit intelligenten Negern, den Schleier zu heben; denn auch sehr ergebene Christen hüllen sich in tiefes Schweigen, wenn man über ihreheidnischenAnschauungen und Gebräuche Näheres erfahren will. Wir sind nun in der Lage, in diesem und den folgenden Heften drei Berichte über religiöse Anschauungen aus verschiedenen Gegenden zu veröffentlichen, die auf eingehendem Studium und langjähriger Anschauung beruhen. Der erste Teil ist den Aufzeichnungen des Paters- Severin Hofblauer -entnommen, die dieser während seines zehnjährigen Aufenthaltes in Uhehe allmählich gesammelt hat und die ein sehr reichhaltiges Material über Sitten und Gebräuche dieses urwüchsigen Negervolkes darstellen. Sie sind sämtliche in Kih-ehe, der Eingeborenensprache, teils von Negern verfaßt, teils von ihnen diktiert und mit den Aussagen and-erer verglichen worden. Der zweite Teil ist einem Buche entnommen, zu dem Pater Ambrosius Mayer den Sto-ff während seines Aufenthaltes in Kurasini bei Daressalam mit viel Eifer und Ausdauer gesammelt hat. Nur der geringste Teil konnte hier verwertet werden und auch dieser nur in einem kurzen Auszüge. Doch wird auch dieser genügen, ein Bild von den religiösen Vorstellungen zu geben. Der dritte Bericht entstammt gleichfalls der Feder des Paters Ambrosius. Er ist weniger eingehend wie die anderen, da sein Aufenthalt im Lande der Matumbi noch zu kurz ist und das Erlernen der noch unbekannten Landessprache große Schwierigkeiten bietet. Anderseits aber ist gerade er durch seine Studien in Kurasini leichter in der Lage, solch religiösen Anschauungen und Sagen auf den Grund zu kommen. Dieser Bericht ist hier zum größeren Teile wiedergegeben. Während der erste Teil die Anschauungen eines reinen, kräftigen Naturvolkes bietet, behandelt der zweite die Religion eines vom Islam verseuchten Negervolkes, so daß man sich bisweilen fragen möchte, ob man einen verniggerten Islam oder einen islamisierten heidnischen Aberglauben vor sich hat. Etwas Ähnliches gilt auch für den dritten Teil, doch ist die Berührung der Matumbi mit dem Islam noch zu jung, als daß man entscheiden könnte, was aus das Konto des Islams zu stehen kommt und was noch echter Matumbi-Glaube ist. Da gewissermaßen die ganze Religion der Schwarzen im Aberglauben besteht, ist es schwer, die religiösen Anschauungen und Gebräuche von Aberglauben und Zauberei zu trennen, sie durchdringen unb bedingen sich gegenseitig. Darum ist das folgende Heft: „Aberglauben und Zauberei bei den Schwarzen", nur eine Ergänzung zu dem vorliegenden. Dieses Heft beansprucht selbstverständlich nicht, erschöpfend und abschließend zu sein. Es will nur den Unkundigen ein ungefähres, aber wahrheitsgetreues Bild geben, den Gebildeten neue Belege und Beispiele bieten. I. Die Wahehe glauben an einen Gott, sind also sozusagen Monotheisten. Dieser Gatt, am häufigsten ngului genannt, ist der Schöpfer des Weltalls. Auch auf den „Himmel" dehnen sie seine Wirksamkeit aus, obschon sie eigentlich von der Daseinsweise und dem Wohnorte des ngului sich keine Vorstellung bilden. Im besonderen schreiben sie dem ngului die Erschaffung der Ahnen jeder Familie zu. Auch den Ursprung der Tiere führen sie, wie manches Volksmärchen erzählt, aus die Tätigkeit Gottes zurück. Überhaupt alles, was ausfällig ist, wovon sie Ursprung und Zusammenhang nicht erkennen oder zu dessen Hervorbringung große Weisheit oder Kraft erforderlich erscheint, wie absonderliche Fels- und Landschasts-gestaltungen, leiten sie von Gottes Macht her. Eine andere Eigenschaft Gottes ist seine Allgegenwart und die daraus sich ergebende Allwissenheit. So sagen die Wahehe oft im täglichen Leben: „Das ist schlecht! Unterlaß es! Gott sieht dich!" Gott ist dem Menschengeschlecht gegenüber absolut gut. Von Gott aus trifft den Menschen nichts Böses. Deshalb läßt auch der Wahehe seinen ngului im großen ganzen in Ruihe unib kennt und fühlt kein starkes 'Bedürfnis nach äußerer Gottesverehrung. Gott greift zu wenig in sein wirkliches Leiben ein. Das Böse, Unglück, Krankheiten und Tod, kommt von einem allgemeinen 'Busen Wesen her, das die Wahehe zwar durch Opfer nicht zu besänftigen vermögen, vor dem sie sichi jedoch durch Amulette zu schützen suchen. Das Bewußtsein von Recht und Vergeltung ist ausgedrückt in dem Satze: „Die alten Eltern 'beschimpfen, bringt dir Fluch!. Wer ihnen aber Gutes tut, auf den sicht Gott." Im Willen Gottes ist das Geschick der Menschen gelegen. So hört man oft an einem Krankenlager: „Wenn ihm Gott beistcht, wird er gesund. Wenn Gott dagegen ist, stirbt er." Durch Gebet und Opfer kann man sich der Huld und Hilfe Gottes versichern. Die Gebete sind meist kurz, z. B.: „Gott, hilf uns in der Wildnis dort, daß wir gute Beute machen!" Oder: „Mein Gott, sich aus mich, daß ich glücklich wandle!" Dazu wird geopfert. Wenn sonst gerade nichts da ist, genügt etwas Sand, der vom Rücken der Hand emporgeworfen wird. Gott ist ein großer Geist und hat in feiner Residenz die Stelle 'eines Herrschers ähnlich wie ein Sultan der Wahch'e. Die Geister Gottes sind seine Sendlinge. Die Gegenwart Gottes kann man fühlen; wenn z. B. in einer Versammlung plötzlich jede Rede verstummt, so ist Gott oder ein anderer Geist nahe. Alles Böse kommt von den Zauberern her. Ta aber Gott auch die Zauberer geschaffen hat, so ist er gewissermaßen auch Urheber ihrer Taten. Sie Wahehe bringen Gott auch Opfer dar, nennen ihn auch dabei und knien nieder. Doch sind die Opfer zu Ehren ber Schatten der Verstorbenen viel häufiger und auffallender. II. Wirksamer als der Gottesglaube ist für die äußerliche Betätigung des religiösen Bewußtseins der Wahehe der '©tauSe an die Ahnen, Geister, Schättenexistenzen (masoka). Sie haben nämlich die Überzeugung von dem Fortleben der Verstorbenen nach dem Tode, zwar unsichtbar, aber mit denselben Gewohnheiten wie im -Leben. Jeder Geist führt sein Dasein unter den Lebenden 'weiter. Mit dem letzten Atemzuge scheidet die Seele (lulls) aus dem Körper, der dadurch des Lebens beraubt toitlb und der sofort beginnenden Verwesung anheimfällt. Die abgeschiedene Seele, die bis dahin als lulls den Leib belebte, itoitfr von diesem Augenblick an eine unsichtbare Existenz. Sie führt bei Gott ein Scheinleben weiter, wird nicht etwa Gott selber und- geht nicht in ihm auf, sondern kommt nur in seine Nähe. Die 'Ahnengeister sind cm keinen Ort gebunden. Doch können sie verkörpert sein, z. B. 'N walagusi, den Wahrsagern. So gesteh't manchmal ein Wahrsager seinen Kunden: „Jetzt kann ich es nicht mehr verkünden. Der Geist fyat mich verlassen." Auch in Tiere vermögen die masoka zu fahren, wie manches (Neger-)Märchen berichtet. Alle abergläubischen Vorstellungen, die die Wahehe mit der übrigen Tierwelt verbinden, ijtrtb wohl auf eine solche Einwohnung der masoka in den Tieren zurückzuführen. Der Geist kann auch bei besonderen Gelegenheiten mit einem 'Scheinleib plötzlich wieder erscheinen ober gibt durch Zeichen seinen Willen kund. Man opfert den Verstorbenen darum Mais, Mehl und Fleisch zum Gedächtnis und erhofft sich von ihnen Wohlwollen und Hilfe. Verstorbene Sultane, große Häuptlinge und Europäer können nach ihrer Meinung auch nach geraumer Zeit körperlich wieder auferstehen. Die masoka können dem Menschen Gutes und Böses antun. 'So schaden sie ihm oft, um ihn zu strafen oder zu bessern. Es gibt darum mehrere Vlevsöhnungsopfer. So Zeigen verschiedene Vögel, in denen sich ein Geist verbirgt, dem Menschen Glück oder Unglück an. Einige Beispiele: Fliegt eine Schär Reiher in Keilform, so ist ein Geist im Spiel, der Menschen mitteilen will, sie sollten sich auf einen Krieg gefaßt machen. Die Eule verkündet einen nahen Sterbefall. Ein Baumspecht sagt durch sein Klopsen an, daß ein fremder Gast kommt — oder daß es bald eine Verdrießlichkeit geben wird. Der ngulu knin, ein schwarzer Vogel mit roten Flügeln, zeigt durch seinen Ruf an, daß man binnen kurzem einem Raubtier begegnen werde. Der kleine kiki wi kiwi zeigt verborgene Schätze, wird aber meist zum Unglücksvogel, indem er durch seinen traurigen Ruf: „terge, terge!“ („Beerdige, be- erdige!") einen Todesfall verkündet. Am besten ist es, man kehrt wieder heim, wenn man ihm begegnet. Eine gewisse Schildkkrötenart verkündet Krankheit vorher. So wittern die Wahche in vielen Tieren versteckte masoka, die sie warnen oder die ihnen irgendeine Nachricht verborgener Natur geben wollen. Strichwolken, in der Frühe und am Abend rot gefärbt, deuten auf Krieg und Mord, werden indes mehr als ein Zeichen Gottes als der masoka aufgefaßt. Es herrscht beim Wahchevolk der Glaube, ein jeder Mensch habe zwei Geister, einen guten und einen bösen. Der gute Geist (lisoka linofu) behütet den Menschen und schirmt ihn, der böse Geist (lyanangifu) sucht ihm zu schaden. Die masoka verkehren mit den Menschen auch im Traum. Wenn der Wahehe am Morgen erwacht und den Inhalt seines nächtlichen Traumes noch weiß, dann sagt er: „Der Schutzgeist war da." Im Traum zeigt der gute Geist seinem Schützling auch notwendige Heilmittel. Hat einer großes Glück gehabt oder ist er einem drohenden Unheil entronnen, so bekennt er dankbar: „Lye lisoka lyangu mada“ — „Das hat mein Schutzgeist getan, liebe Leute." Solange die Wahehe der alten Sitten und Gebräuche eingedenk sind, haben sie sich des Wohlwollens der Ahuengeister zu erfreuen. Vergessen sie jedoch dieselben, dann schicken ihnen die masoka bald rächendes Unheil. Bricht ein Familienzwist aus, sind die Verwandten in zivei Parteien zerfallen, so ziehen alle, bevor es zu offenen Feindseligkeiten kommt, zu den Gräbern ihrer Ahnen und bringen ein Sühnopfer, das sogenannte Schimpfopfer, dar, damit die masoka nicht weiter zürnen und so die Feindschaft in Bälde erlösche! Ist ein kleines Kind krank, schreit es beständig und läßt es sich gar nicht 6egütigen, so haben die masoka ihre Hand im Spiele. Man muß nun dem Kinde einen Namen der Vorfahren beilegen, damit diese durch die künftigen Taten desselben geehrt werden, und muß ein Opfer darbringen, wie es noch geschildert werden soll. Vielleicht haben die masoka schon lange vergeblich darauf gewartet und be§= wegen das arme Kind so gequält. Hat einer das Niesen und will es nicht enden, so behaupten die Eingeborenen, das sei eine Wirkung der Schatten, und sie sprechen ben Glückwunsch aus: „Gasire!“ — „Sie mögen ablassen von ihm!" Wenn sich einer in der Wildnis verirrt, so hat ein Schatten Rache an ihm genommen. Auch die Geisteskrankheiten werden dem Zorn und dem bösen Willen der Whnen-geister zugeschrieben. Biga, die schwarze Gazelle. Der kleine, rabenschwarze ®iga verbrachte sorgenfrei und glücklich, wie alle Kinder in seinem Alter, die ersten %irt‘biei:= jähre in seinem Heimatsdorfe und hatte helle Freude daran, sich mit seinen Kameraden nahe bei der elterlichen Hütte im Staube herumzuwälzen oder im nahen Wasser des Niger, südlich von Timbuktu., zu plätschern und zu spielen. Eines Tages erschienen in seinem Dors verschleierte, in blaue Kleider gehüllte Gestalten; sie waren mit einer langen Lanze bewaffnet und trugen einen telag (Dolch) in der Hand. Bei ihrem Anblick flohen die Männer, die Frauen- verbargen sich in den entlegensten Winkeln ihrer Hütten; nur eine Kindergruppe, beim Spiel begriffen, erschrak nicht, da sie nichts Böses ahnte. „Ihr Kinder," rief der Anführer der verschleierten Männer, in denen die älteren Dorfbewohner sogleich die berüchtigten Tuaregs erkannt hatten, „gißt es hier irrt Tale Gazellen?" „O ja, es gibt deren viele, sehr viele." „Kommt unb führt uns, wir tnachen Jagd auf sie." Munter, wie sie waren, kamen sie gleich dieser Aufforderung nach. „Seht doch dort die schöne Gazelle," sagte einer der verschleierten Männer, indem er mit der Hand nach einem Punkte am weiten «Horizont wies, urib also gleich schlug die kleine Truppe diese Richtung ein. Lange marschierte man, aber von einer Gazelle war nicht einmal die Spur zu sehen. „O, welch schöne Gazellen!" hörten die freinden Gestalten nicht auf, sich -gegenseitig zuzuflüstern, „welch schöne schwarze Gazellen!" Ach, diese schwarzen Gazellen, es waren keine anderen als die kleinen entführten Neger; bald brach die Nacht h-erein, unmöglich konnten «sie zum Dorfe zurückkehren. „Ihr seid unsere Sklaven," sagten bald die fremden Räuber. Die Kinder fingen an zu weinen und zu jammern, nach ihrem Vater und ihrer Mutter zu rufen . . ., ach, sie sollten niemals ihre «Eltern wiedersehen. Statt die Kleinen in ihrem Schmerze zu trösten, machten die wilden Gesellen sich über ihre Tränen nur luftig. Wiele Tage und lange Nächte hindurch marschierten die kleinen Schwarzen immer weiter; ihre neuen Herren, die Tuaregs, gönnten ihnen fast keine Ruhe. So- kamen sie «bis nach« «Gurara. Dort wurde Biga an einen Schamba von El (S-ole-a für 40 Dou-ros (gleich 160 Mark) verkauft. «Er wurde in einen bereits mit Wolle gefüllten Sack gesteckt, auf ein Kamel geladen und so ohne Aufsehen in die unter französischer Herrschaft stehende «Stadt @1 Golea eingeführt. „Wenn du schreist, töte ich dich," hatte ihm Muhamed, fein neuer Herr, zuvor gesagt. Auf diese Drohung hin h«atte das Kind nicht zu schreien gewagt. Wenn der neue Besitzer mit Rücksicht auf den Schwächegustand des Kindes in der -ersten Zeit noch ein mildes Regiment walten ließ, so wurde dieses mit dem zweiten Monat anders; die tägliche Ration wurde auch stets kleiner. Schließlich fühlte sich Biga so unglücklich, daß er seinem Herrn entfloh. «Er hatte erzählen gehört, daß die Rumis (Christen) Sklaven aufnähmen, deshalb- lenkte er seine Schritte zur Jägerkaserne. Die braven Soldaten, die übrigens nicht zum erstenmal solches Unglück sahen —-zahlreich waren die Neger, die unter sich die übriggebliebenen Reste, ja die Näpfe der Kompagnie verteilten —, nahmen sich Big-as an, es war ein Gast mehr. Einer kaufte ihm eine kleine Scheschia (Kopfbedeckung), ein anderer verfertigte ihm ein Saruel (arabische Hofe), ein dritter schenkte ihm eine kleine Weste. Eines Tages trieb sich Biga am Hospital herum; einer der Militärärzte sah ihn und war von seinen intelligenten Gesichtszügen betroffen. Nachdem er in Erfahrung gebracht, in welch verlassenem Zustande er sich befand, beschloß er, sich seiner anzunehmen. Meine Mutter, so sagte er zu sich selber, wird sich glücklich schätzen, wenn sie erfährt, daß ihr Sohn einen Sklaven befreit und angenommen hat. Nachdem der Doktor bei den Offizieren des arabischen Bureaus die -Erlaubnis dazu eingeholt hatte, nahm er den kleinen Schwarzen zu sich. Da ihn -über seine Berufspflichten eine geraume Zeit des Tages ans Hospital fesselten, so beschloß er, uns die Erziehung des Kindes anzuvertrauen; wir h-atten bereits vier schwarze Kinder, lauter befreite Sklaven; Big-a war also der fünfte. Der Neuangekommene fand gute Aufnahme, und so gewöhnte er sich schnell an seine neue Umgebung. Er lernte -das heilige Krenzzeichen und die elementaren Kenntnisse unserer heiligen Religion. -Ein Brud-er gab ihm -die ersten Unterweisungen im Kehren und im Waschen, ebenso im Stiefelwichsen; diese Dinge waren bis dahin böhmische Dörfer für ihn gewesen; auch in anderen nützlichen Dingen und Hausarbeiten wurde er unterwiesen, und- dank seinem guten Willen und seiner Geschicklichkeit lernte er alles sehr rasch. Sein früherer Herr hatte indessen bald den Aufenthaltsort des Flüchtlings ausfindig gemacht und kam deshalb zu uns, um ihn zurückzuverlangen. „Wende dich an den tobib (Arzt); Biga gehört ihm." Am folgenden Morgen sch-ickt uns Muhamed seinen Bruder zu, der dieselbe Antwort erhält. Da kommt Muhamed. selbst wieder: „Gebt mir meinen kleinen Sklaven zurück," spricht der alte schlaue Fuchs; „ihr seit Marabuts (Priester) und auch ich bin Marabut, und Gott ist unser Meister." Unsere Antwort bleibt immer dieselbe; so oft er uns begegnet, kommt er auf seine Forderung zurück, oft mit den süßesten und schmeichelndsten Wendungen. Doch vergebliche Mühe! „Bringe deine Klag-e vor den Oberstabsarzt," sagen wir ihm. „Ich mag nicht zum Arzt gehen, denn er hat einen Säbel." „Dann gehe zum Ko'mmand-ant-en!" „Zum Kommandanten! Niemals! Der fjat zwei Säbel! Ihr seid Marabuts, und weil ihr Marabuts seid und weil Gott euer Herr ist, deswegen werdet ihr mir Biga ausliefern." „Und gerade weil wir Marabuts sind, wirft du ihn nicht bekommen." Denn wie könnte man, lieber Leser, von oen geistigen Söhnen des Kardinals La-vigerie, jenes Werfechters und Predigers der ganzen Antisklavereibewegung, erwarten, daß sie einem unmenschlichen und grausamen Herrn einen unschuldigen Sklaven ausliefern! Aber der alte Muhamed gibt seine Sache so leicht nicht auf; er entschließt sich, seine Reklamation beim Chef d-es arabischen Bureaus, dem Hauptmann P„ anzubringen. „Die christlichen Marabuts haben mir einen -Sklaven weggenommen und weigern sich, ihn mir auszuliefern; du, Herr Hauptmann — den Allah bewahren möge —, befiel es ihnen und- sie werden ihn mir wiedergeben." Der Hauptmann, der den Tatbestand kannte, antwortete: „Du weißt, daß es verboten ist, Sklaven zu kaufen und zu verkaufen. Siga war dein Sklave, du hast ihn mißhandelt; oa ist er davongelaufen und weigert sich, heimzukehren. Ich werde ihn nicht zurückrufen lassen; der tobib hat sich seiner angenommen; er ist sein Vater geworden und hat ihn den christlichen Ma-rabuts anvertraut. Ich habe ihm selbst die Ermächtigung dazu erteilt und werde sie auf keinen Fall widerrufen." „Aber, Herr Hauptmann, ich habe 200 Franken für ihn gezahlt." „Das hättest du eben hübsch bleiben lassen sollen." Einige Tage wartete Mu-hamed, dann kam er mit seiner alten Bitte wieder zu uns. Dieselbe Antwort wie früher. Eines Morgens setzte sich ein Araber aus das vor unserem Hause angebrachte diikkan (Bank aus ^Mouerwerk) unb rief Biga zu sich. Er unterhielt sich einige Minuten mit ihm und redete ihm so schön und mit so süßen Worten zu, daß Biga, zuerst ein wenig stutzig, allmählich ganz vertrauensvoll seinen Ausführungen lauschte. „Wenn du wiederkommst, Biga, dann wird dein Herr dich gar nicfft mehr schlagen, im Gegenteil wird er dir viele schöne Sach'en schenken, schöne Kleider, Weißen Kuskus usw. . . ." In diesem Augenblick kam ich hervor und brach den Zauber, in= dem ich Biga ins Haus schlickte und den Verführer im Falle der Wiederkehr mit der Anzeige beim arabischen Bureau bedrohte. Nach diesem fruchtlosen Versuche nahm sich Muhamed ein Herz und begab sich zum zweitenmal zum arabischen Bureau; aber diesmal wandte er sich an Hauptmann B., Vizechef desselben. „Ist er dein Sohn?" fragte der Haupt- mann. Afrikanisches Bausrind. Phot. Gebr. Hackel, Berlin. „Nein, Herr Hauptmann, er ist mein Sklave." „Will er bei dir bleiben?" „Nein, er will überhaupt nicht zurückkehren, und die Rumis weigern sich, ihn herzugeben." „Da tun sie gut daran," meinte der Hauptmann und machte der Unterredung ein Ende. Mühameds Hartnäckigkeit hielt sich noch nicht für besiegt. „Ich will in die Sahara reisen," kam er uns eines schönen Abends verkünden, „und da ich. erst nächsten Herbst wiederkomme, so möchte icfj- meinen kleinen Sklaven mitnehmen." „Ah-! Du willst in die Sahara?" „Ja, Sidi Marabut." „Nun denn, glückliche Reise!" Etwa acht Tage nach dieser Unterhaltung bekam El Golea den Besuch eines Generals, der die Kavallerie 'des äußersten Südens inspizieren sollte. Die Ehren-reiter El Goleas, mit Gewehren jeglichen Modells in den Händen, ritten dem General entgegen, um, ob des seltenen Ereig-nisses, das Pulver sprechen zu lassen. Das gewöhnliche Volk des Mlzab, die Neger bort Gurara, die Eingeborenen des Tuat, die Schamtbas und andere Zuschauer erwarteten den Zug auf dem großen öffentlichen Platze. Im Augenblick, wo der General an unserer Kirche vorüberzog, als alle Blicke auf ihn gerichtet waren, hörte man plötzlich die hatbunterdrückten, verzweifelten Rufe: „Bruder! Bruder! Bruder!" Der Bruder drehte sich zur Seite, woher diese immer schwächer werdenden Angstschreie kamen, und groß war sein Erstaunen, als er zwei Schambas erblickte, die Biga mit Gewalt entführen wollten. Rasch stürzte er auf sie los unD mit Hilfe Salems, dem die öffentliche Sicherheit El Goleas anvertraut ist, befreit er das Opfer aus den Händen seiner Henker. Salem erwischt noch eben einen derselben am Burnus und bringt ihn ins Gefängnis, wo er auf Befehl des Polizeipräfekten bierzehn Tage über seinen EntführuN'gsversuch nachdenken konnte. Muhümed hatte alle Mittel versucht, alle hatten fehlgeschlagen, selbst die rohe Gewalt, wiewohl er in einem arabischen Cafe selbstbewußt die Versicherung gegeben hatte, daß er sicherlich mit letzterem Mittel sein QM erreichen würde. Nach einiger Zeit unternahm der Stabsarzt eine Reise nach Mac-Mahon, 170 Kilometer südlich, von El Golea. Da Biga seinen Protektor begleiten durfte urtib Muhamed es erfahren hatte, beschloß dieser, in Mac-Mähon sein Glück zu versuchen. Aber auch da lrar nichts auszurichten; enttäuscht kehrte er nach El Golea zurück. Seit jener Zeit scheint er seine Versuche endgültig eingestellt zu haben. Solche und ähnliche Geschichten beweisen aber, vor welchen Manövern die Schambas und Tuaregs nicht zurückschrecken, um die Opfer, die wir mit Mühe der Sklaverei entrissen haben, wieder ihrem nicht beneidenswerten Lose zuzuführen. P. A. Vellard. Türkische Hochzeifsgebrciuche, Der ferne Orient ist immer noch ro-mautischer Wunder voll, wenn sich freilich auch bereits im Lande des Propheten moderne Einflüsse bemerkbar machen mögen. Wie weltenfern im Grunde die wichtigsten GrundbedinMngen des Lebens in der Türkei noch bon den unseren berschieden sind, das beweist ein Blick, den P. Risal in einem Artikel der „Rebue" aus die Formen der Werbung, Heirat unb Ehe bei den modernen Mohammedanern wirft. In seltsamen und originellen Zeremo- nien spiegeln' sich hier die eigentümlichen Beziehungen und Verhältnisse wider, die im Reiche des Sultans zwischen Mann und Frau bestehen. Der junge Mann, in dem sich das Verlangen regte, eine Frau zu nehmen, hat nicht das Recht, sie sich selbst auszuwählen. Wollte er diesen kühnen und fast frevelhaften Versuch machen, er würde auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen. Die türkische Frau zeigt sich nur verhüllt den Augen der Männer und ein undurchdringliches Geheimnis heiliger Scheu umfließt ihre Erscheinung. Der junge Mann ist also auf ibeit Geschmack und ibie Zuverlässigkeit seiner Mutter oder meist -anderer weiblicher SSertoanlbteiT angewiesen. Er darf erst die Züge der Erwählten betrachten, wenn sie bereits seine Frau geworden. An einem schönen Morgen besuchen die weiblichen Anverwandten verschiedene Häuser. in ibenen es junge Mädchen gibt. Die „Jorudjis" (Beschauerinnen) treten mit der nötigen Würde des feierlichen Anlasses auf und lassen die errötenden jungen Mädchen der Reihe nach an sich vorbeidefilieren. In kleinen Sassen wird Kaffee gereicht und unter dem tiefen Stillschweigen ihrer Opfer betrachten sie jedes einzelne mit sachkundigen Blicken, zergliedern ihre 'Schönheit und diskutieren in langen Gesprächen, während sie behaglich das heiße Getränk schlürfen, die Aussichten, die eine jede hat. und das Glück, das ihr durch- ibie Ehe zuteil werden wird. Sind die „Beschauerinnen" sich endlich! über eine Schöne einig geworden, dann teilen sie es sogleich der Mutter oder dem Vater mit und die beiderseitigen Eltern schließen dann sofort den Heiratsvertlrag. Die Brautgeschenke werden gewechselt; das junge Mädchen empfängt ein paar Ohrringe, einen Ring, eine Brosche oder, wenn es ganz einfache Leute sind, ein Paar Schuhe und ein Stück Stoff; sie läßt bem Bräutigam ebenfalls ein kleines Geschenk übermitteln. Dann erst beginnen die eigentlichen Hoch-zeitsgebräuche. Nach einiger Zeit schreitet man zu der Zeremonie des „Nikah", der offiziellen Heirat nach- den religiösen Vorschriften. Die beiden Brautleute erwählen jedes einen „Vekil", einen Stellvertreter und diese beiden Abgesandten verhandeln formell über das Hochzeitsgut, das der Bräutigam der Braut aussetzen wird. Faktisch ist dieses Ho-chgeitsgut bereits längst von den Eltern festgesetzt, aber „nach Allahs Befehl und Anleitung des Propheten" Beginnt nun noch ein regelrechter Handel. Der „Vekil" der Braut fordert einen ungemessenen hohen Preis, ans den der „Vekil" des Bräutigams mit einer lächerlich niedrigen Summe antwortet. Ein Feilschen beginnt hin und her, die Angebote fliegen Schlag auf Schlag, eines das andere übertrumpfend, eine große Erregung bemächtigt sich der beiden, sie schreien und schimpfen, bis sie sich schließlich in der Summe einigen, die bereits vorher festgesetzt wurde. Dann tritt der „Imam" (Priester) zu ihnen, spricht -ein langes Gebet und- seg-net sie: „Allah sei gnädig eurer Verbindung und sch-enke euch eine reich-e Nachkommenschaft. Lebt in Frieden, liebt euch- und seid glücklich!" Die „Vekiks" melden dann das Ergebnis dieser heiligen Handlung den beiden Br-autleuten, die dabei nicht zugegen sind. Di-e bei dem „Nikah" anwesenden Verwandten- halten während- -des -Gebetes ihre Hände -weit -geöffnet, „damit das Geschick die -seinigen öffne und- seine Wohltaten auf die beiden Gatten ergieße". Nach der Zeremonie bringt der Diener ein Kohlenbecken, auf dem Weihrauch verbrannt wird. Jeder der Anwesenden nähert sich dem Becken, zieht mit der Nase -den wohlduftenden Rauch- ein und ruft dazu mit lauter Stimme: „Gott gebe feinen Segen". Darnach beginnt die lange Reihe der ei-gentlichen Hochzeitsfeste. Die Ausstattung der Braut wird in feierlichem Zuge nach der Wohnung des Bräutigams getragen. Stämmige Träger haben aus bem Rücken Möbel, Koffer und Polster -geladen; in Körben ruht die -duftige Wäsche, der kostbare Schmuck. Hinter thuen schreitet die ganze Zahl der Verwandten, Freunde und Nachbarn. Eine schrille und eintönige Musik von Flöten und- Trom- 82 ©tern -d c r Nege r. Heft 4. mein erklingt zu ier -Merflihrung des „Djehaz", der Arrsstattung. Bisher haben allein die „Beschauerinnen" die Braut ge= sehen. Die anderen Verwandten d>es Brän-tigarns kennen sie noch nicht, sie wird ihnen nun während des „Tscheugut" vorgestellt. Zur Geige und Harfe tanzen die Einge-kilbenen und unter sie tritt die Brant, um ihre künftige Familie kennen zu lernen. Nnr der Bräutigam ist fern. Dann folgt der merkwürdige Brauch, durch den das junge Mädchen die eigentliche Weihe der Gattin erhält, das soge-nrnmte „Henna". Die männlichen Verwandten der Braut, die Brüder, Onkel, Vettern und Neffen, vereinigen sich in einem Teile des Hauses um den Vater, während ihte Mutter mit den eigentlichen Verwandten sich in einen anderen Teil der Wohnung zurückzieht. Die junge Frau begibt sich zunächst zu den Männern und ißt zum letzten Mal an der väterlichen Tafel. Alle ihre Lieblingsspeisen werden ihr dargereicht und unter den fröhlichen Späßen a nb den gutmütigen Liebenswürdigkeiten der Brüder und nahen Freunde labt sie sich zum letzten Male an all den süßen -und leckeren Sachen, die sie während ihrer Mädchenzeit so gern gehabt. Nach dem Mahle wird sie zu den Frauen geleitet, die ihr die Fehen und die Fersen mit Henna Bemalen; dann kehrt sie zu den Männern zurück und nun werden ihr die Finger, die Handflächen und die Augenlider mit der gleichen Substanz bestrichen. Dann folgt das „Cochatma", das Fest der ganzen Familie, Bei dem getanzt, gesungen und jubiliert wird und Bet dem die Braut durch einen grotesken, fast komischen Kriegstanz gegen die böse Macht der „Dschins" gefeit wird. An einem Freitag erfolgt dann der „Zefaf", die Einführung der ^Braut unter das eheliche Dach in Abwesenheit des Gatten, der erst nach Sonnenuntergang eintreten darf, nachdem er in der Moschee seine bestimmten Gebete verrichtet hat. Die Brant erhält drei ge-linlbe Stöße in den Rücken, während sie die Schwelle überschreitet und wird mit Geldstücken beworfen, damit ihr stets Reichtum und Segen nachfolge. Am Abend erst treten sich die beiden Gatten endlich gegenüber; an einer kleinen Tafel im Hochzeitsgemach essen sie die erste Mahlzeit, die aus zwei gebratenen Tauben, einem Männchen und einem Weibchen besteht, Iben Symbolen der Treue und der ehelichen Liebe. Die Braut läßt mm ihre Schleier fallen, aber sie muß noch ein kurzes Stillschweigen bewahren; dann erst sind alle Bräuche vollendet. Doch die Ehe, die auf so komplizierte Weife geschloffen tounbe, dauert nur so lange, als es „Allah gefällt", ober vielmehr, so lange die Liebe und Laune des Gatten andauert. Beliebt es ihm, die Bande wieder zu lösen, so darf er nur das inhaltsschwere Wort sagen: „Bochaltim!" (Ich verstoße sie), und er ist aller Banden los und ledig. Schwarze brave Kinder. Die christlichein Kaffernkinder könnten in gar manchen Stücken den europäischen Kindern zum Vorbild fein. Wie oft kommt es nicht vor, daß europäische Kinder mit bem Essen nicht zufrieden sind und murren. Die Kaffernkinder sind aber oft froh, wenn sie Mänsefleifch oder Regeüwürmer ans den Tisch bekommen. Die Hauptnahrung ist hier der Maisbrei, doch wird derselbe höchst einfach zubereitet. Der Mats wird gemalt len und samt und sonders in einen Kessel gegeben, darin gekocht und fleißig umgerührt, bis es einen Brei gibt. Das ist unsere Kinderspeise. — Brot, recht schwarzes Brot, ist schon eijte große Seltenheit. Wenn eines unserer bekehrten Kinder ein Stücklein Brot als Belohnung bekommt, so Nein wie die Handfläche, was tut's damit? Das Kind ißt das Brot nicht allein, sondern macht so viele Teile, als Kinder da sind, auch wenn deren noch so viele wären; es wird so lange mit den Fingernägeln geteilt, bis jedes etwas bekommt. Sind das nod) Wilde? Die Kinder gehorchen. In der Schule sind nicht bloß achtjährige, sondern sogar zwanzigjährige Kinder. Da kann es nun oft vorkomnren, daß die Schwester, welche den Unterricht erteilt, in der ganzen Woche wenigemal nur alls Len Tisch zu klopfen braucht, um Ruhe und- Aufmerksamkeit herzustellen. Kommt ein Kind das erstemal zur Schule, dann weiß es meistens nicht, was es tun soll. Aber gleich nimmt sich ein Kind um den Ankömmling an und wird sein Schutzengel. Es ist rührend zu sehen, wie ein achtjähriges Kind ein zwanzigjähriges belehrt und ihm vorspricht: A, B, C usw. Die größte Strafe ist es, wenn der Lehrer oder die Lehrerin den Fehler dem Missionär anzeigen will. Da hört man oft: „Ich will jelöe Strafe erdulden, aber nur nicht bem Vater, d. i. dem Missionär, es sagen. Ich will den guten Vater nicht betrüben." Der Unterhaltung der Kinder mußte ich wenn möglich immer beiwohnen. Kam ich nicht, so galt dies als arge Strafe. Was taten sie dann? Bei meiner Türe begannen sie zu singen. Beim ersten Lied blieb ich hart und auch beim zweiten. Aber beim dritten sang id) selber mit. Dann ging der Jubel los, sie sprangen voll Freude hierum und riefen: „Wir wollen unsern guten Vater nicht mehr betrüben." Die bekehrten Kaffern sind auch! gewissenhaft, Um jeiben Unfug seknzuhalten, dürfen die Kinder nad) dem Abendgebete nicht mehr sprechen; wer spricht, bekommt am nächsten -Tag einen Streich auf die Hand. Was geschah? Wiederholt kamen am Morgen Knaben oben Mädchen zur Lehrschwester und sagten: „Schwester, gib mir vier Streiche." — „Warum?" — „Ich habe gestern abends nach dem Nachtgebet noch vier Worte gesprochem" Die Schwestern, welche mit der Erzi^ hung der Kinder und Krankenpflege sich beschäftigen, stehen auch bei den Heiden in großem Ansehen. Selten wird einer Missionsschwester von den rohen Heiden ein Leid angetan. Die Wiloen sprechen vielmehr stets mit Hochachtung! tion den Misstonsschwestern. Daß d'ie bekehrten Kaffern auch ein gutes Herz haben, erfuhr ich gelegentlich einer Aushilfe auf einer anberen Missionsstation. Mein Pferd wurde durch eine Anzahl schwarzer Schweine scheu und rannte in wildem Galopp gerade einem Sumpf entgegen. Ich riß das Pferd rechts herum, dabei machte fea§ Pferd einen Satz, ich kam auf einen Stein zu Falle und verwundete mich dabei schwer. Ich hatte nur noch! einen Blick in jene Richtung geworfen, nach welcher das Pferd enteilte. Zwei Stunden lag id) da. Als ich aufstehen wollte, konnte ich nicht. Aus Händen und Füßen schleppte ich mich enblid) zum nächsten Kraal; der Weg betrug sonst zehn Minuten, diesmal brauchte ich zwei Stundem Ich! war so denfe1, daß ich nicht mehr in die Hütte kam, sondern vor der Hütte blieb ich aus einem1 Reisighausen liegen. Ich schickte einen Burschen in die Missionsstation. Bald hörte ich Pferfeege-trappel und hob hen Arm in feie Höhe. Da hörte id) den Ruf: „Der Vater ist noch nicht tot, er hat seine Hand erhoben." Einer der zwei Burschen, die geschickt wurden, mich aufzusuchen, sagte: „Nicht wahr, Vater, ich bekomme ein Bild, id) bin der erste, der zu dir kommt." — Mit einem Bilde kann man. dort selbst einen Erwachsenen große Freude machen. — „Nein," sagte der andere, „ich; id> bin vorhin über einen Graben (gefallen und nur dadurch ist dieser mir vorgekommen." „Ihr bekommt beide Bilder," beschwichtigte ich sie. Nun wollte mir jeder sein Pferd geben und rühmte dessen Vorzüge. „Ich kann gar keines brauchen," sagte ich. „Ich bin verwundet." „Was," riefen beide in ihrer Aufrichtigkeit, „hast du nicht neulich so eindringlich zu uns gesprochen: Man soll sich überwinden! Überwinde dich nun auch!" Endlich fahlen sie, daß ich nicht aufs Pferd steigen könne. „Was sollen wir nun nrachen?" fragten sie mich. „Du eilst dem durchgebrannten Pferde nach," sagte id) dem einen und zeigte ihm die Richtung, in der es entflohen, „und du holst Leute von der Missionsstation," sagte ich zum anderen Burschen. Doch diese kamen schon, einer nach dem anderen daher gelaufen. Da ich mit einem Zaunpfahl versucht hatte, mich zu erheben, riefen sie: „Halt, Vater, bleib nur, wir wollen dich tragen." Man brachte eine Art Armsessel aus Stroh und setzte mich» hinein. Abler 6a kam ein Graben und da sie die KomMantoorufe, ibi-e einer gab, allzu rasch ausführten, flog ich aus dem Armsessel heraus, in den Graben hinein und zerschnitt mir dabei an dem scharfen rauhen Schilfrohre Hand und Gesicht. Das sahen drei Heiden und lachten. „Was, ihr könnt dazu lachen," schrien meine Träger und wollten auf sie los-lgchen. „Halt," wehrte ich sie -ab, „die lachen nur, weil ihr mill) in den Graben geworfen." Nun setzte ich mich nicht mehr in den Korb, sondern ließ mich abwechselnd von je zwei Männern tragen. In der Nähe der Kirche -angelangt, hörte ich das Kommando: „Alle heraus!" Da traten eine Menge Neger aus dem Gotteshause; sie waren gleich dorthin geeilt bei der ®un'k von dem Unfall, der mich getroffen, und beteten den Rosenkranz, daß ihr Vater ja nicht sterbe. Alle eilten aus mich zu und riesen: „Sieh, Vater, sobald tob hörten, daß du vom Pferde gefallen und dir red)t weh getan, find wir in die Kirche gegangen, um zur Mutter Gottes zu beten, daß sie unseren guten Vater nicht sterben lasse." Vor dreißig Jahren wußten diese Leute weiter nichts als Raub unid Mord. Und heute? Das ist die Macht der katholischen Lehre. O möge doll) das Licht des wahren katholischen Glaub-ens noch redst vielen dieser armen Heiden leuchten, um aus ihnen gute Christen zu bilden. Betet deshalb fleißig für die Bekehrung der Heiden und helfet nach Kräften den armen Missionären. Der Vogefnefffamixiler, Gottes wunderbarer Vorsehung stehen unzählbare Wege unto Mittel zu Gebote, um die aufrichtigen Seelen an sich zu ziehen und zur Erkenntnis der Wahrheit zu führen. Nachstehendes Ereignis wurde uns von einem durchreisenden Bischöfe erzählt, in dessen Sprengel es .geschah und der hierüber -genaue Erkundigungen einzo-g. Iao, der Chinese, dessen Geschichte wir hier erzählen, war ein herzensguter Mensch. Obwohl ein Heide, handelte er dennoch in allem so, wie er es in seinem Gewissen als recht erkannte. Allen Ge-wohnWiten der h-eidn-ischen Chineses entgegen^, beobachtete er gewissenhasti} das 7. Gebot und- flößte auch seiner Frau und seinen Kindern einen aufrichtigen Mschen gegen Unredlichkeit und Ungerechtigkeit ein. Durch eine gefährliche und mühevolle Arbeit verdiente er sich! ibag zum Leben Notwendige, er sammelte Schwälbennester. Die chinesischen Feinschmecker schätzen, wie jederniann weiß, diese eßbaren Nester sehr hoch und betmchten sie als die nahrhafteste unb köstlichste Speise. '($§ find die sogenannten Salanganennester in Südostasien und aus den süd-astatischen Inseln ein geschätzter Handelsartikel; sie firtlb' hergestellt aus einem Sekret, der besonders zur Brutzeit sehr reichlich fließenden Spei-cheldrü-sen dieses Vogels. Iao arbeitete fleißig und so lebte seine Familie in Frieden und Eintracht. Eines AbeNds jedoch kam er mit entstellten Zügen nach Hause und warf sich auf das Bett, von dem er sich nicht wieder erheben sollte. Zwar erfaßten seine Söhne sofort alles, toaS ihnen in die Hände fiel und suchten durch einen ohrenbetäubendein Lärm den angeblichen bösen Geist, der ihren Vater Plagte, zu verscheuchen. Allein umsonst! Der Tod ließ sich durch derartige Ausführungen nicht beirren und durch das Geschrei und die Bitten der Familie nicht abschrecken. Nach einigen Tagen schweren Leidens, für welches die Veranstaltungen der Söhne keine Sinherung sein konnten, so sehr sie selbst auchl davon überzeugt sein mochten, starb Aao an ibem Übel, welches er sich durch unaufhörliche Arbeit und Strapazen jeglicher Art zugezogen hatte. Nun hielten die Söhne in ihrem Konzerte inne, wuschen den Leichnam, zogen ihm bie schönsten Kleider an und legten ihn in den Sarg, der schon seit langem bereit stand und der kostbarste Gegenstand im Hause war. Das Leichenbegängnis wird in China erst einige Tage nach dem Todesfall gehalten. Bis dahin bleibt der Tote mit großem Pompe umgeben ausgestellt und erhält die Besuche unib1 Ehrenbezeigungen der Freunde und Verwandten nach! dem Ausspruche des Konfuzius: „Mau muß den .Verstorbenen dieselben Ehren erweisen, wie wenn sie noch am Leiben wären!" Der älteste Sohn hält sich> in der Nähe 6e§ Garges hinter einem Vorhänge verborgen. Kommt ein Besucher, so muß er sein Versteck verlassen und an; Stelle des Toten die Begrüßungen erwidern. Aus Iber entgegengesetzten Seite singen Witwe und Kinder des Verstorbenen die Klagelieder. Endlich brack) der für baS Begräbnis festgesetzte Tag an. -Viele Verwandte und Freunde fatten sich schon in den ersten Stunden des Tages versammelt. Sie wollten noch! einmal die Züge des Verstorbenen sehen und dann der Beerdigung beiwohnen. Alles war hiezu bereit. Die Musiker stimmten schon ihre Instrumente, die Klagefrauen versuchten ihre' rührendsten Töne unb Gebärden. Ehrfurchtsvoll näherte sich der älteste Sohn der Leiche, denn er mußte den Deckel auf den Sarg legen. Da plötzlich prallte er entsetzt zurück. Totenbleich, tote festgewurzelt standen die Anwesenden, deren Knic vor Schrecken zitterten. Der Tote richtete sich auf und rief: „Halt! . . Halt ein, mein Sohn!" Es -entstand nun ein großer Tumult. Die einen stürzten schreiend ans dem Hause, andere sanken in die Knie. Die Frauen fieberten mit den Händen das Gesicht, um das Antlitz des Totgeglaubten nicht mehr sehen! zu müssen, aus dessen Blicken eine unnennbare Angst sprach!. Die Frau des Iao möchte so gerne sich in seine Arme werfen, ab-er ihre -Füße wollen sie nicht tragen und ine Kehle aft wie zugeschnürt. Nicht einen Ton kann sie hervorbringen. Der älteste Sohn jedoch steht bewegungslos wie ein Steinbild und! hält den Mick unverwandt auf seinen Water gerichtet. Er kann sich noch nicht fasseil und weiß nicht, ob er träumt oder ob er den Verstand verliert. Neuerdings erschallt die Stimme bieg Totgeglaubten-: „Ich habe einem -großen Gerichte beigewohnt. Man hat gesagt, ich sei zu -gut, um zur Linken gestellt zu werden, aber es fehle mir auch- das Zeichen, mit welchem man denen zur Rechten bei--gesellt wird ltnfo das nur die Christen ge-6en können." -Mit diesen Worten stieg er aus dem Sarge heraus, in welchen ihn Verwandte imlb Freunde eben für immer einschließen wollten. Er bat alle Geladenen, sich zu entser-nen. Gerne folgte man seiner, Weisung, denn alle waren froh, den Ort zu verlassen, wo sie einen so großen Schrecken ausgestanden hatten. Dann beruhigte er seine Frau und seine Kinder. Das war bald geschehen. Die anfängliche Furcht verwandelte sich- in unsagbare Freude. Alle schmiegten sich' frohlockend an -den teueren Wiederg-egebenen. Iao aber vergaß nicht, was er, sei es im Traume, sei es in einem starrkrampfähn-lichen Zustande gesehen hatte. Ohne Verzug-wollte er das Zeichen suchen und sich erringen, das nur die Christen- geben können. Er machte sich saust los von den Umarmungen seiner Angehörigen und- gin-g in seinem Festgew-ande auf die Suche nach einem Christen. N-ao hatte nie einen Christen gesehen. In seinem Dorfe hatte noch niemand die „frohe Botschaft" verkündet. Aber der redliche Chinese dachte, es werde wohl nicht schwerer sein, einen Christen zu finden als die Salangane-mNester, welche er von den wild zerklüfteten Felsenspitzen mit -Gefahr seines Lebens herabho-len mußte. Er ging immer geradeaus. Von Zeit zu Zeit erkundigte er sich, ob nicht in der Umgebung ein Christ wohne. Die einen -gaben ihm -höflich Bescheid, andere -gingen achselzuk-kend weiter. Er aber ließ- sich nicht entmutigen und dachte nur, wie er das Zeichen des Heiles erlangen könne. Nach mehreren- Tagereisen erfuhr der Chinese, daß in einem 60 Stunden weit entlegenen Dorfe ein Katechist wohne. Hoch erfreut eilte er über Berg und Tal zu dem bezeichneten Dorfe. Kaum hatte man ihm die Wohnung des Katechisten gezeigt, so Bega'B er sich dorthin, -warf, sich vor dem Manne auf die Knie und bat: „Christ, ich- bitte dich um dein Zeichen!" „Was für -ein Zeichen?" fragte der Christ und schaute mit Staunen auf d-eu Mann zn seinen Füßen, dessen kostbare Gewänder mit Staub bedeckt waren, wie die eines von weiter Ferne gekommenen Reisenden. Zitternd vor innerer Bewegung erzählte I-cio, was vorgefallen war. Er sprach mit solcher Aufrichtigkeit und' Überzeugung, daß der Katechist an der Wahrheit seiner Rede- nicht zweifeln konnte. Doch durfte er auch nicht unklug handeln und mußte den Chinesen zuerst in der heiligen Religion, unterrichten. So mußte denn der brave I-ao Geduld üben und lernen. Er tat es mit Feuereifer-. Je besser er die Geheimnisse der heiligen Religion verstehen lernte, desto mehr stieg seine Bewunderung und sein Verlangen, mit Eifer und Liebe ibtem Gott zu dienen, der ihn auf so wunderbare Weise an sich gezogen. Endlich kam der heißersehnte Dag, an welchem unser glücklicher Chinese die heilige Taufe erhielt. Die Gnade des Sakra- 87 Heft 4. Stern 'd e r N e get. »rentes machte Mo zn einem unermüdlichen Apostel. Er Vehrte in sein Doris zurück, unterrichtete vorerst seine Frau und Kinder, bmm seine entfernten Verwandtem seine Freunde/ und endlich die andern Dorfbewohner, zweihundert an der Zahl. Wer hätte auch dem liebevollen, begeisterten Eifer dies guten Mo widerstehen können. Für die einigen wenigen, die ihr Ohr und Herz verschlossen, galt wohl das Wort des Herrn: „Wenn auch einer von den Toten auferstünde und zu ihnen redete, sie würden ihm demroch nicht glatiöe»!" Zwei Jahvc später starb Mo. Diesmal trug er nicht nur 'das Zeichen der Christen, er konnte auch dem ewigen Richter alle durch seine Bemühungen geretteten Seelen vorstellen. Wohl mag der Herr ihm gesagt haben: „Komm, Gesegneter meines Vaters! nimm Besitz von dem Reiche, das dir vom Anbeginne der Welt bereitet ist . . . denn ich war durstig, mich dürstete Nach! dem Heil der Seelen, für die ich mein Leben hingegeben habe und du hast dazu beigetragen, mir viele derselben zu retten . . . Geh' denn ein in die Freude deines Herrn! ..." Kindeseinfalt, Erzähltes von Schwester E n g e 16 e 11 a. Eine üigerjagd. Erlebtes und Eine unserer Missionsstationen von Marianhill ist der lieben Mutter Gottes von Alt-Ötting geweiht, und es befindet sich auch zur Freude der schwarzen Schulkinder eine schöne Statue der lieben Gottesmutter, mit dem schwarzen Jesulein auf dem Arme und das goldene Zepter in der Hand, auf dem Seitenaltar in der trauten, schmucken Kapelle. Als Lehrerin daselbst machte ich es den lieben, guten Kindern zur frommen Gewohnheit, jedesmal nach Tisch die liebe Mutter Gottes zu grüßen, was sie auch treu befolgten. Ein kleiner, fetter Knirps, der etwa sechsjährige Wilhelm, vulgo „Bräumeister", wie er von unseren lieben Schwestern wegen seiner Beleibtheit genannt wurde, machte mir besonders Freude. Er war jedesmal der Erste, obwohl er kaum die Türklinke der Kapelle erreichen konnte; berat seine Ärmchen waren eben auch wieder zu kurz und zu — rund. Ich staunte daher nicht wenig, als eines Tages sein größeres Schwesterchen Straw zu mit kam und meldete, daß Willi nicht in die Kirche komme, sondern weinend vor der Tür stehe. Auf die Frage, ob -et denn heute nicht hineingeh-en wolle, antwortete er mit einem kräftigen: „Ja, aber ich fürchte mich 88 Heft 4. ©tern der Neger. so sehr!" Man brachte den kleinen Jungen endlich her, und nun fragte ich eindringlich uiu die Ursache seiner schrecklichen Angst vor bcc lieben Mutter Gottes. „Ich hübe heute kein reines Herz, und das liebe Jesulein weiß ja auch daß ich — daß ich - ich Nüsse gegessen 'fyäbt dort — dort —-oben mit — Speicher, die Mutter Gottes wird mich, mit betn goldenen Stock schlagen heute," war die zitternde und stotternde Antwort des kleinen Sünders. Bei dieser Gelegenheit kam ich darauf, daß die Kleinen unter sich öfter so- sprachen und fest glaubten, die Statue lebe. Nachdem ich ihnen die nötige Aufklärung gegeben hatte, lachte ein anderer kleiner Junge und meinte: „Jetzt ist's mir klar; ich dachte schon lange, die müsse doch vom vielen Stehen recht müde und hungrig werden; über da hat die -Sara mir gesagt, in der Nacht, wenn wir alle schlafen, da kommen die Engelein und bringen ihnen himmlische Speise, und nachher werden sie auch ausruhen." Diese genannte Sara war ein ungefähr siebenjähriges Kind, erst einige Wochen in der Schule, mit weichem, empfänglichem Gemüte; sonst ein recht kluges, talentvolles Mädchen, galt sie bei den sämtlich noch kleinen Kindern als Tonangeberin. Die Religionsstunde war ihr das Liebste; da saß sie, die dunklen Augen fest und unverwandt auf mich gerichtet, und man konnte die Gefühle und Rührung bei Erklärung des Leidens Christi auf ihrem Gesichtchen lesen. Den Eintritt in die Schule niußte sich Sara bitter erkämpfen. Ihre Eltern, hartnäckige Protestanten, wehrten sich dagegen, ja sie jcEiiIugen sie vor unseren Augen und wollten sie mit Gewalt fortnehmen. Ich und wir alle, welche die Kämpfe des armen Kindes mitansehen mußten, staunten ob ihrer Willenskraft und fürchteten zugleich, daß sie am Ende doch den Bitten ihrer jammernden Mutter, welche Sara unendlich zu lieben schien, nachgeben werde. Nach langem Hinundherstreiten sagte die Mutter des Kindes: „Wenn du nicht mit mir gehen willst, dann wisse aber auch, daß du keine Mutter mehr hast!" — Offenbar hoffte das Weib, so das weiche Gemüt ihres verständigen Töchterchens zu bewegen. Lange schwieg Sara still, und wir waren gespannt, tvas sie nun sagen werde. Da endlich blickte sie ihre Mutter mit Tränen in den Augen und sprach leise, aber fest: „Wenn du mich verlassen wirst, ich habe dennoch eine gute Mutter; meine Mutter ist Maria!" Mit einem zornigen Aufschrei lief das protestantische Weib hinweg; Sara aber ging in die Kapelle und weinte sich vor der Statue der Lieben Frau von Alt-jDtting aus. Bald darauf trat sie zu mir in die Schule, ganz heiter und friedlich — sie hatte ja eine liebe Mutter Maria. Wo der Geist von oben lveht, wo dieser sich zum Leiter der menschlichen Taten macht und wo der Mensch sich seiner Leitung vollkommen anvertraut, müssen die Wirkungen groß sein. Eine solche Seele ist gleich einem Schisse, das nicht wie andere, ängstlich und langsam nach Kompaß und Karten, mit Rudern und Mühseligkeiten, seinem Ziele entgegengesührt wird, sondern welches mit gespannten Segeln, vom günstigen Winde ergriffen, dahin-schwebt über die Wellen wie der abgeschlossene Pfeil nach dem Ziele. * In unserer Nachbarschaft befinden sich einige protestantische Kaffern, die uns mehrere ihrer Kinder zur Erziehung überließen, da sie sahen, wie uneigennützig wir uns der Kinder annehmen. In der Hoffnung, dieselben für den katholischen Glauben zu gewinnen, nahmen wir auch diese Kinder auf. Eines dieser Mädchen erhielt bei Gelegenheit der Hochzeitsfeier ihrer Schwester ein Paar Gummischuhe, die ihre Eltern wahrscheinlich von einem Engländer bekommen hatten. Schuhe überhaupt sind bei unseren Mädchen eine Seltenheit, Gummischuhe aber hatten sie noch nie gesehen. Voll Neugierde staunten sie daher über dieses sonderbare Leder, wie sie es nannten. Sd) erklärte ihnen, daß solche Schuhe eigentlich nur Überschuhe seien, die man Bei schlechtem Wetter anzieht, um Zeugstiefel ufw. vor Schmutz zu schützen. „Was?" warf Margareta drollig ein, „gibt es denn jenseits des Meeres (wie sie Europa heißen) auch Schmutz? Sie hatte einen so hohen Begriff vom Lande der Weißen, daß sie meinte, es gäbe daselbst gar keinen Schmutz. Im Religionsunterrichte Habe ich auch Knaben zu unterrichten. Ms id) einen derselben., der sich auf die heilige Taufe vorbereitet und nichts sehnlicher wünscht, als recht bald dieses Glückes teilhaftig zu werden, längere Zeit nic^tS fragte, kam er eines Tages ganz traurig zu mir und sagte: „Iskosazana (d. h. Schwester), ich sehe, daß du mich nicht liebst. Du fragst mich schon lange nichts mehr während der Religionsstunde, uni> ich möchte doch bald getauft werden. Ja gewiß, ich möchte ein Kind Gottes sein! Du aber willst mich in der Gewalt des bösen Feindes (ebmnnya-meni biilca Satane) lassen. O', frage mich doch, damit ich dir zeigen kann, daß ich recht aufmerke, um den bösen Feind loszubringen!" Die IIliHionsgcibe einer blinden UimgirtiiL Eine fromme, blinde Jungfrau brachte ihrem Seelsorger dreißig Gulden als Missionsalmosen. Der Priester, erstaunt und gerührt ob solchen Opfersinnes, sagte: „lldein, Kind, das kann ich nicht nehmen. Dreißig Gulden sind zu viel für dich. Du bist nicht imstande, solche Almosen zu geben; du bist arm, da tut es auch weniger." „Ich bitte, weisen Sie es nicht ab. Zwar bin ich blind, aber doch nicht so arm, daß ich kein Almosen zu geben brauchte. Wenn Sie gestatten, will ich Ihnen zeigen, daß ich diese Summe auf leichtere Art erübrigt habe wie ein Mädchen mit gesunden Augen." Noch mehr verwundert, ontoortete der Geistliche: „Nun, so laß hören; ich will doch sehen, wie diese dreißig Gulden zusammen gele gt wur den." „Sie wissen, ich bin eine Korbmacherin," begann die Blinde. „Da ich nicht sehe, kann ich bei Nacht ebenso gut Körbe flechten wie beim Hellen Tage. Ich spare so das Licht, was während des Winters leicht dreißig Mark gekostet hätte. Andere Mädchen verwenden noch einen guten Teil ihres Geldes für Putz, Kleiderpracht und Vergnügen. Das alles hat für mich keinen Reiz, und Gott sei Dank sündige ich auch dadurch nicht. Wenn ich das noch dazurechne, so finde ich, es sei wenig, was ich gebe. Ich habe hier noch zehn ©lulben in der Tasche. Haben Sie doch die große Güte und legen Sie diese noch dazu." „Nein, unmöglich!" rief der Priester. Doch die barmherzige Glinde lwußte durch anhaltendes Bitten sein Widerstreben zu besiegen. Und als sie alles hingegeben hatte, meinte sie: „So, jetzt ist es mir wohl ums Herz." — Wenn diejenige, die Gott kennt und mtr leiblich blind ist, denjenigen gibt, welche geistig blind, also viel unglücklicher sind, dann freuen sich die Engel im Himmel. (Kl. Afrika-Bibliothek.) 90 Stern ib e r Neger. Heft 4. čin unerwarteter Satt. Es ist Nacht; die Spielstunde der kleinen Schwarzen, die sich in der Mission zum Priesterstande vorbereiten, ist zu Ende, das Wendgebet ist gesagt; noch einmal erheben sich ihre Stimmen, um den Schutz der heiligen Familie herabzuflehen, und dann ist es still, als wäre die Missionsstation ganz leer — kein lebendes Wesen läßt sich mehr hören. In der Ferne vernimmt man noch durch einige Zeit den Gesang der Wilden mit dem ihre Tänze begleitenden, eigentümlichen Händegeklatsch, aber bald herrscht auch da tiefes Schweigen, nur zuweilen gestört durch den Schrei eines Mfsen, eines Wolfes oder eines Schakals. Die Tigerkatze schleicht um die Wohnungen, ja selbst Spuren eines Löwen waren kürzlich in der Nähe der Mission zu bemerken. Manche hatten sogar seine großen Augen im nächtlichen Dunkel wie Funken glühen gesehen. Man fürchtete sich, in später Stunde über den Hof zu gchen, denn Gevatter Löwe fragt nicht lange, wenn er jemanden davontragen will, und unsere kleinen Neger verspürten gar keine Lust, dem König der Wälder Afrikas als Leckerbissen zu dienen. Eines Tages waren Greueltaten des gefürchteten Raubtieres erzählt worden; da hatte es einen unglücklichen Menschen getötet, dort ein armes Tier gestohlen, anderswo hatte es seine Beute zurücklassen müssen, weil ihm mutige Jäger nachgestellt hatten. Kurz, unsere Kinder waren so erfüllt von all dem Gehörten, daß sie sich selbst im Schlafe damit beschäftigten. So unrecht haben sie wohl nicht, ihn zu fürchten, die Gefahren sind groß, wie wir sogleich sehen werden. Sagt man dach: „Wenn man den Wolf nennt, kommt er g'rennt." So geschah es auch diesmal. Die Nacht war vorgeschritten, es schlug 11 Uhr. Die meisten Kinder schliefen, den Rosenkranz noch in den Händen; vielleicht waren sie im Traume in ihrem Heimatsdorfe bei Vater, Mutter, Brüdern und Schwestern, oder sie wohnten einer Schlacht bei, oder 'weideten die Herden. Einige glaubten vielleicht, das Blitzen der schrecklichen Lüwenaugen zu sehen. Andere, noch wachend, verkrochen sich unter ihre Decken und trachteten, der Furcht los zu werden. Aber man hatte doch nicht umsonst daran gedacht! Im Augenblick, in dem man sich am wenigsten erwartet, ertönt das Klirren gebrochener Fensterscheiben und weckt alle Seminaristen; ein Schrei des Entsetzens entringt fid) aller Brust, man stirbt fast vor Angst. Er ist da! er ist da! der gefürchtete Löwe, er will zum Fenster herein, er hat mit seinen Pranken zwei Scheiben zertrümmert. Die Kinder sind in atemloser Aufregung — der Pater Direktor eilt herbei, die Türen unb Fenster verrammeln zu lassen, damit der Löwe, den zwar noch niemand gesehen har, nicht eindringen könne. Man lauert — aber niemand wagt sich hinaus, denn in seine Krallen zu geraten, wäre der sichere Tod. Doch so sehr man auch ausschaut, er ist nicht zu sehen, und doch sind die Scheiben eingedrückt worden. Er wird Wohl entflohen sein, wir kommen diesmal noch mit dem Schrecken davon — welch ein Glück! Endlich entschließt man sich, nicht ohne Mühe, sich wieder zur Ruhe zu begeben. Sie haben wohl recht, die armen Kinder, noch zu zittern, denn das Raubtier ist nicht weit — sie werden es wiedersehen, und dann wird es heißen, mutig zu sein! Es ist 5 Uhr, der Tag bricht an, und unsere guten Seminaristen, glücklich, der Gefahr entronnen zu sein, springen munter von ihrem Lager auf, indem sie freudig dem „Benedicamus Domino“ antworten. Rasch angekleidet, sind sie eiben im Begriff, sich pm Brunnen zu begeben — doch kaum find sie hinausgetreten, ertönt der Schreckensruf: „Der Löwe!" Entsetzt weichen sie zurück, ihr gellendes Geschrei er- schreckt sogar das gefürchtete Raubtier, das mit einem lauten „Meh — meh — meh!" enteilt. Es war eine arme Ziege, die aus ihrem Stall entkommen war unfo obdachlos des Nachts am Fenster polterte! Die Furcht war allerdings berechtigt. (Kl. Afrika-Bibliothek.) Die Söhne des Mondes. Von Dr. Hugo Mioni. (Fortsetzung.) Es war am Nachmittage: ich hatte eben mit Alonso meine Ruderzeit beendet und dem Leutnant und Daniel Platz gemacht, da hielt der erstere plötzlich im Rudern inne und sagte mit einem gewissen Tone von Selbstüberhebung: „Es verficht sich wohl ganz von selbst, daß sowohl zur See wie auch auf dem Festlande ich! der Herr der Gesellschaft bin. übarum werde auch ich bestimmen, wie lange wir jedesmal auf dem Lande bleiben, und niemand anderer." — Ich war nicht wenig überrascht ob dieser seiner Worte. Wias für Gedanken mochten wohl im Kopfe des jugendlichen Leutnants umherschwirren, daß ihn mit etnemmale solche Ideen und Wünsche anwandelten? Konnte er doch einen Vorrang mit Rücksicht auf Alter oder gar reichere Erfahrung absolut nicht sein eigen nennen. Ich hielt es darum emfttorilen1 lfür das.klügste, seinen Worten vorläufig keine weitere Beachtung zu schenken, allein ich hatte nicht das richtige Mittel ergriffen: denn er begann von neuem: „Es scheint, Sie zweifeln an meiner Autorität; 'barum bitte ich, sich zu erinnern, daß ich der Leutnant der „Lisboa" bin und daß wir alle den noch überlebenden Teil ihrer Bemannung bilden. Deshalb steht mir das Kommando zu, sowie das Recht, Widerspenstige zu bestrafen." Jetzt glaubte ich, nicht mehr länger schweigen zu dürfen. Zwar lag mir sehr wenig daran, teer den Befehl unserer kleinen Gesellschaft hatte, aber es war mir darum zu tun, den Hochmut und Eigendünkel des jungen Mannes ein wenig zu demütigen. Ich erwiderte darum auf seine Worte hin mit einer gewissen Ironie: „Aber, mein Lieber, die „Lisboa" existier! ja gar nicht mehr, zweitens gehörte ich nicht zur Schiffsbemannung, sondern Bin ein Fahrgast, ein Reisender, der seine Fahrkarte zur Gänze bezahlt hat, und drittens wäre ich doch sehr begierig, zu sehen, wie Sie es anstellen würden, mich! zu bestrafen!" — Meine Worte verfehlten nicht ihre Wirkung: Aufs heftigste erregt, wurde er bleich vor Zorn, ballte die Fäuste und fast hatte es den Anschein, als wollte er sich auf mich werfen; man konnte es ihm Sbiexrtlicf)' ankennen, wie es in seinem Innern brandete und wogte. Doch er tat sich Gewalt an und bemeisterte sich. So ganz allen Ärger zu verbeißen, wollte ihm aber gleichwohl nicht recht gelingen, denn nach einer geraumen Weile begann er wiederum: „Streben am Ende etwa gar Sie selber nach der Führerrolle?" „Keineswegs, — obgleich ich dazu mehr Recht besitzen würde als Sie; denn einerseits bin ich bedeutend älter, kenne zudem infolge meiner früheren vielen Reisen in Afrika zu einem Gutteil Land und Leute, spreche auch einige Negerdialekte, so daß ich mich mit den Eingeborenen auch verstän- 92 Stern der Neger. Heft 4. bigcn sann, und bin schließlich der einzige, der Waffen besitzt. Wer es liegt mir ferne, nach dem Kommando zu streben, da ein solches Amt unter uns völlig überflüssig ist. — Wir find vier arme Schiffbrüchige, — den Jose rechne ich nicht, — die die gemeinsame Not zu Brüdern und' Gleichgestellten gemacht hat. Darum soll auch Einmütigkeit und Liebe unter uns herrschen und die Überzeugung, daß ein jeder für den anderen einstehen müsse, wenn- das Werk der Rettung gelingen solle. Und sollte es dennoch vielleicht einmal eine Meinungsverschiedenheit absetzen, gut, io entscheidet die Mehrheit oder das Los" und schnitt 'oam.it das so unangenehme Gespräch ab. Spät am Nachmittag gelangten -wir in die allernächste Nähe der Küste, die gegen vier Meter steil aus dem Wafser emporstieg. Wir sahen uns also einer Riefenmauer gegenüber, deren oberer Rand -von einem wunderbaren Grün überdeckt und von Prächtigen Lianen, majestätischen Palmen und Kaktussen in den sonderlichsten Formen übersät war. Hochaufschäu-menib brachen sich die Meereswoigen an der steil abfallenden Felswand. Es war somit an die Möglichkeit einer Landung an dieser Stelle nicht zu denken. Wir hielten uns deshalb stets in einiger -Entfernung von der Küste scharf in- südlicher Richtung, bis -wir einen zur Landung ge-eigneten Platz gefunden haben würden. Allein Oie Sonne verschwand bereits am westlichen Horizonte, ohne daß uns das Glück hold gewesen wäre, und- so -beschlossen wir denn, auch diese Nacht noch auf dem Wasser zu verbringen; nur sollte -von einem Weiterfahren während derselben abgesehen werden, damit man des anderen Tages gründlich erneut und gekräftigt wäre. — Als wir des anderen Tages etliche Stunden rastlos der Küste entlang gerudert hatten, konnte man nicht unschwer ein allmähliches Abflachen der bisher steilen Felswand erkennen, und nach Verlauf von to Leiber um einigen Stunden sähen wir uns der Mündung eines Daches gegenüber, d-er sich sanft und lieblich murmelnd in das Meer ergoß. Diese Stelle war zur Landung wie geschaffen, und- wir lenkten d-arum unser Fahrzeug auf dieselbe zu. Da das Wasser eine ge-nügend-e Tiefe besaß und nicht zu reißend dahinfloß, fuhren wir eine Zeitlang dem Bach entlang; schließlich legten wir an, banden das Boot an einem hart -am Bachesrande stehenden Baume feist und- betraten das Festland. VI. Eine Begegnung. -Ein tiefer Atemzug- der Befriedigung entrang sich- meiner Brüst, als ich end-lich wieder festes Land unter meinen Füßen fühlte. Die langen, nie endenw-ollenden Tage, die ich auf den treulosen Wogen des Meeres zubrachte-, hatten in mir dieses sehnsüchtige Verlangen nach dem Fest-lande hervorgerufen. Wir waren damit zwar noch lange nicht geborgen und in Sicherh-eit, allein d-er Ausblick -auf ein endliches glückliches Gelingen unserer Irrfahrten war doch um ein Bedeutendes tröstlicher geworden. Außerdem ftand-en uns jetzt zwei Möglichkeiten zur Verfügung, unser Reiseziel zu erreichen, der -Seeweg und der zu Land. Es galt nun vorerst, einen zum Lagern geeigneten Platz ausfindig zu machen, allein dem widersetzte sich d-er Leutnant, dem es mehr darum zu tun war, sich einmal so recht nach Herzenslust im Girase zu strecken. Ilm des lieben Friedens willen gab ich nach, bestand aber darauf, daß er mir wenigstens helfen müsse, unseren Pro- Heft 4. Stern (bet Neger. 93 uiant, sowie den armen Irrsinnigen ans Land zu bringen. Nachdem das alles geschehen war, überließ ich es meinen Gefährten, bag Lager nach Tunlichkeit einzurichten, während ich selbst, ausgerüstet mit dem Re-petiergewehr, mich auf die Jagd begeben wollte. Ich empfahl allen noch!, ja recht auf der Hut zu sein und sich irrt- Notfall meines Karabiners und der Pistolen zu bedienen. „Gegen wen denn?" fragte mich mit boshaftem Lächeln der Leutnant. „Gegen wilde Tiere, und überdies wissen wir ja nicht, ob diese Wälder hier bewohnt sind oder nicht." „Ah, ich verstehe, die Schwarzen," bemerkte spöttisch der Leutnant, dem es einfach lächerlich erschien, sich vor den Eingeborenen inacht zu nehmen. Ich entfernte mich und ging keine tausend Schritte, so befand ich mich bereits rings umgeben vom üppigsten Pslanzen-reichtnm eines echt afrikanischen Urwaldes. Da waren es vor allem äußerst wertvolle Bäume, die mein besonderes Interesse in Anspruch nahmen, da sie mich an ihre Brüder am Kongo erinnerten und mir die -Erlebnisse meiner Kongoreise recht lebendig vor die Seele führten. Ich sah den wilden Dattelbaum mit seinen kleinen, eleganten Blättern, den überaus seltenen Muskatnußbanm mit seinen würz:-gen Früchten; zahlreich vertreten waren prächtige Palmen, deren reife, goldfarbene Früchte in mächtigen Bündeln unter den Blättern hingen und die Luft mit ihrem Dufte erfüllten. Immer neue Gattungen von Bäumen und Schlingpflanzen konnte ich -wahrnehmen, frei und- ungezwungen wucherten hier üppige Sträucher, die man in europäischen Ziergärten als fremde Seltenheiten mit größtem Aufw-and zieht. Hier und dort prangten Büschel schneeweißer, purpurroter und safrangelber Blüten. Schwer zu beschreiben ist die Vielgestaltigkeit des Laubes und geradezu unbeschreiblich ist die Abstufung feines ewigen Grüns. Alle Töne, deren diese milde Farbe fähig ist, vom lichtesten Hellgrün bis zum tiefsten Dunkelgrün, sind hier in ihren feinsten Schattierungen zur Schau gestellt. Was aber soll ich erst sagen von dem Reichtum der Tierwelt, 2er sich meinen erstaunten Blicken darbot? In den Zweigen wiegten sich BogÄ in dem mannigfaltigsten Kleiderschmuck, die bei meinem Anblick -ängstlich von Ast zu Ast flogen und schließlich unter abscheulichem Gekreische int dichten Laubwerk verschwanden. Sehr große und überaus seltene Schmetterlinge im prächtigsten Farbenschiller schwirrten von Blume zu Blume: ein wohltuendes Gefühl überkam mich, als eines Bnschw-ebers süße Weise an mein Cermifenbaufen in Afrika. (Oben links eine Cermiienkönigin.) 94 Heft 4. Stern der Neger. Ohr schlug; bald hier, bald dort lockte es, zirpte es und rief es. Mit Freuden lauschte ich dem hundertfältigen Konzert, bis mich schließlich dos abgerissene Gelächter eines Spechtes aus meinem Sinnen austreckte und mich toranfoffte, in dem unbekannten Reviere weiter vorzudringen, um den Zweck meines Ausfluges zu erreichen und ein Wild zur Strecke zu bringen. — Bei meinem weiteren Hin-undherstreifen war iffy mit einemmal an einer Waldlichtung angelangt, auf welcher ein kleiner Teich ausgebreitet lag, dessen schmutziggelbe Wasserfläche mit prachtvollen Wasserrosen und Lotosblumen zu einem Großteil Bereift war. Wie ich nun meine Schritte auf das Wasser zulenkte, gewahrte ich zu meiner nicht geringen Überraschung in dem weichen und feuchten U'ferschllamm ganz deutlich die Spur eines menschlichen Fußes eingedrückt. Ich bückte mich sofort, um dieselbe näher zu prüfen, und gelangte zu der Überzeugung, daß sie nicht alt sein konnte; denn sie tour noch sehr gut erhallen und die Umrisse waren scharf ausgeprägt. Es mußte somit kurz zuvor irgendjemand hier gewesen fein. Da das nur ein Eingeborener sein konnte, diese sich aber nur äußerst selten weit von ihren Stammesgenossen entfernen, so ergab sich von selbst die S!chlußfolgerung, bas; der Betreffende entweder andere Gefährten noch in der Nähe haben oder baff sich in nicht allzuweiter Entfernung ein Negerdorf befinden müsse. Während ich so meine Erwägungen anstelle, vernehme ich gut und deutlich seitwärts von mir im Walde ein Geräusch, das anfangs nur schwach und kaum recht vernehmbar, nach und nach immer größer wurde. — Woher mochte es rühren? — War es ein Mensch, vielleicht der nämliche, vor dessen Fußabdruck ich stand, oder war es ein Tier, das eben zur Tränke wollte? — Ich ver- barg mich hinter einem Dattelbaume und hielt baS Gewehr schußbereit. Es dauerte nicht lange, so sah ich-, wie sich die Zweige eines der zahlreichen am Ufer ficfy, hinziehenden Gesträucher ziemlich stark bewegten und eine stattliche Antilope mehr als zur Hälfte aus dem Strauchwerk hervortrat. Scheu blickte das Tier um sich, ob es nirgends eine wenn auch nur leise Gefahr wittere. — Welch willkommene Gelegenheit! Ich legte an und drückte los. Die Antilope fiel, mitten durch den Kops getroffen, zu Boden. Ein vielhundertstim-miges, langgedehntes Echo erfüllte die weiten Räume des mächtigen Waldes; zahlreiche Vögel erhoben sich, aus ihrer Ruhe aufgeschreckt, und erfüllten mit ihrem Gekreische die Lüfte, ©in Äffchen sprang geängstigt von Ast zu Ast, um sich tiefer im Dunkel des Waldes zu verbergen. Da bemerkte ich, wie sich mir gegenüber vorsichtig die Blätter eines Strauches öffneten und für einen Augenblick die Körpergestalt eines kohlschwarzen sichtbar wurde, der mich mit feinen großen Augen erschrocken anstierte. Doch nur einen Augenblick währte diese ©rfdjietninig, dann verschwand sie. — Hatte ich recht gesehen? War es Wirklichkeit oder war es Täuschung? — War es wirklich ein Mensch, der bei meinem unerwarteten Anblick sofort die Flucht ergriff, oder ließ mich meine Phantasie Sachen sehen, die der Wirklichkeit nicht entsprachen? — Da ich als langjähriger Allerweltsreifender viel zu kräftige Nerven besitze, bin ich sonst nicht der Mann, der leicht Täuschungen unterworfen ist. Es mußte somit wirklich ein Schwarzer gewesen sein, vielleicht gar derjenige, dessen Fußspur ich soeben betrachtet hatte. Er mußte mich notwendigerweise bemerkt haben und wird nun hingegangen sein, um seinen Genossen seine gemachte Entdeckung mitzuteilen. Werden es Freunde oder aber Feinde fein?! . . . . Ich lud mir die Antilope auf die Schultern und kehrte zu meinen Freunden zurück. VH. Das Verschwinden des Bootes. Mit lautem Jubel wurde ich von meinen Kameraden empfangen-, die Antilope war ihnen willkommen. Di-e beiden Matrosen gingen alsbald baran, dem Tier die Haut abzuziehen, es -auszuweiden, kurz es tischgere-cht zu machen, wahrend ich dem Leutnant von d-em im Walde Gesehenen Mitteilung machte. Er hatte j-edoch für meine Worte nur ein vornch-mes, geringschätzendes Lächeln und- meinte schließlich: „Sie scheinen o-ffenb-ar ge-träumt zu haben"; und- als ich auf der Richtigkeit meiner Wahrnehmung be-harrt-e, äußerte er mit dem nämlichen geringschätzenden Zucken um seine Mundwinkel: „Nun und wenn sich wirklich schon ein Schwarzer gezeigt hätte, was wäre dahinter. !@r wird vor Schreck davongelaufn sein und- läuft gewiß auch jetzt noch-/' — „Nein, mein lieber Herr Leutnant, ich fürchte vielmehr, er werde seine Stammesbrüder von unserer Anwesenheit benachrichtigt haben, und diese werd-en nun einen Werfall auf uns planen." — „Ja, Sie werden sich doch hoffentlich- nicht fürchten -vor den Negern?" — „Nein, -gewiß nicht, ich habe Ihnen schon vorh-er meinen Standpunkt- auseinandergesetzt. Ab-er wir -haben bereits -acht -Mann eingebüßt und -ich möchte nicht leichtsinnig-erweise die Z-ahl der Opfer noch! vergrößern." ■— Der Leutnant wurde still, meine Worte fingen an, auf ihn Eindruck zu machen. — „Was schlagen Sie also vor?" fragte er. — „Sofort zum Boote zurückzukehren und! so schnell als niöglich sich von diesem Orte zu entfernen." — „Das ist hart, lassen Sie uns wenigstens eine Nacht ausruhen. Beim Morgengrauen wollen wir dann schleunigst das Weite suchen. Sollten wir aber bereits in dieser Nacht überfallen werden, so -haben- wir das Bov-t zur Verfügung und können, geschützt vom! nächtlichen Dunkel, unseren Verfolgern leicht entrinnen." — Da ich aber trotzdem auf einer sofortigen- Abreise bestand, der Leutnant aiber -durchaus sich dem widersetzte, sollte die Stimmenmehrheit entscheiden, und diese sprach für die Ansicht des Leutnants. Der Leutnant meinte begütigend: „Regen Sie sich nicht auf, Herr. Ich übernehme die Verantwortung über alles, was vorkommt." Nach eingenommenem Abendmahl verlosten wir die einzelnen Wachtst-unden, die jeden trafen. Mir fiel die erste Wache zu, dem langen Daniel di-e zweite, die dritte oblag d-em Leutnant und- als letzter sollte Alonso an die Reihe kommen. Meine -Gefährten schlummerten bald, ich aber hing mir den Karabiner um die Schulter und machte bae Runde, -allenthalben umH erspähend, ob sich nichts Verdächtiges zeige; namentlich- schenkte ich dem nahen Walds-anm-e und unserem Boote ein wachsames Auge. Doch ich vernahm nichts. Ringsum lag tiefes Schweigen- über die Natur -ausgebreitet, das nur von Zeit zu Zeit von d-em aus weiter Ferne -ertönenden Geheul der Schakale ober vom heiseren Geschrei eines Nachtvogels unterbrochen wurde. Kein feindliches menschliches Wesen fand sich im Umkreise; ich! fyatte mich also vielleicht doch getäuscht, oder sollte der Schwarze, den ich gesehen hatte, wirklich davongelaufen sein, wie der Leutnant meinte? — Doch die Nacht h,atte ja kaum -erst ihren Anfang genommen, vielleicht warten die Schw-arz-en, um desto fidier er zu sein, daß wir uns d-em Schlafe würden überlassen haben. . . . Als meine Zeit um roar, weckte ich Daniel : „Me Reihe kommt nun an Sie." Er erhob sich, rieb sich die Augen und fragte: „Herr, was rngß ich tun?" — „Zwei Stunden über Ihre Kameraden wachen und vor allem das Boot fcharf im Auge behalten und Beim geringsten verdächtigen Geräusch uns wecken!" „Es wird geschehen; doch ich versichere Sie, lieber würde ich- fünf Nächte auf einem guten Schiff Wachdienste versehen, als auch nur eine Nacht in diesem unheimlichen Walde, wo man -weder vor Menschen noch vor wilden Tieren seines Lebens sicher ist." „Warum haben Sie nicht früher Ihre Ansicht ausgesprochen, jetzt ist es zu spat. Wachen Sie gut, Daniel, ich lege mich nieder!" Damit ließ ich mich auf den Boden nieder, suchte mir die bequemste Lage aus und legte die beiden Pistolen mir zur Seite. Es dauerte nicht lange und ich schlummerte tief und fest in Morpheus Armen; denn nach der Aufregung der letzten Tage war ein erquickender Schlaf eine wahre Wohltat für uns. Ich mochte bereits einige Stunden tief und fest geschlafen haben, da entriß mich auf einmal ein lauter Schrei des Schreckens dem erquickenden Schlummer. Ich öffnete die Augen unä sprang sofort auf die Beine. Meine Gefährten waren bereits wach,, alle trugen das Bild eines heftigen Erschreckens auf ihren Gesichtern, fuhren mit den Händen in der Luft herum und schrien aus vollern Halse: „Das Boot! Das Boot!" (Fortsetzung folgt.) Verantwortlicher Schriftleiter RektorF. Dr. M. Rafjeiner F. S. C. - Buchdruikerei „Carinthia" des St. J.-Vin Klagensurt, Kärnten ^Empfehlenswerte Bücher und4 Zeitschriften. Leidenrschule. Der große Krieg ist uns nicht Hinein Erwecket- völkischen Hochgefühls, sondern auch ein strenger Prüfer der Volkskraft, mag diese sich nun in der Kriegstüchtigkeit der Kämpfenden oder der sittlichen Stärke der Zurückgebliebenen offenbaren. Mobilisiert sind wir alle. Und jeder zieht aus dieser begeisterten Höchstspannnng aller Kräfte den Gewinn für seine Persönlichkeit, der ihn innerlich besser und stärker macht. Der Krieg ist ein Erzieher. Ganz besonders in den Augenblicken schmerzlicher Einwirkung. Diesem „Leidbringer" Krieg nun wie überhaupt der fördernden Kraft alles Leidens hat der Bischof von Rottenburg, Dr. Paul Wilhelm vonKeppler, eine warmherzige, aber auch lebensernste Betrachtung gewidmet, die er in seiner „Leidensschule" (26.—40. Tausend. Freiburg, Herder. W. 1-50; geb. Mk. 2-40 ober Mk. 5-60) der Oeffent-lichkeit zugänglich macht. Wie sein weitbekanntes, von allen Lagern als vortrefflich gerühmtes, ermutigendes, lebenbejähendes Buch „Mehr Freude" bringt auch dies neue Werk in klassisch-schöner Form weise, freie Lebensregeln von Ewigkeitswert. In erster Linie spricht der auf hoher Warte stehende große Seelensorger, der vor allem erfüllt ist von einer tiefen Liebe zum Menschen, zum Deutschen, und dem die Gäbe ward, sein Empfinden und weitblickendes Wollen in packenden Gedankengüngen vorbildlich zu fassen. Ihm ist der Krieg ein Strafgericht für die, so ihn heraufbeschworen. Aber er ist auch ein Zucht-meister für die, welche gegen ihren Willen hineinverwickelt wurden. Denn „sein Scheinwerfer hat grell hineingeleuchtet in viel hohles Scheinwesen, in gleisnerischen Bildnngsschwindel, in eine Leichtfertigkeit und Frivolität, die ganz und gnr undeutsch ist, eingeschleppt aus jenem Land und jener Stadt, die man ;etzt tief verachtet, nachdem man sie eben noch nachgeäfft hat. Der Krieg hat seinen blutigen Finger auf eine große schwärende Wunde mit Volkskörper hingelegt; die kam davon her, daß man in weiten Kreisen die gute deutsche Art, die einfachen Sitten, die Gottestreue und Familientreue verlernte, das Gift einer ausgeschämten Kunst und Literatur in sich einsog und bösen Lastern sich ergab. Der Krieg hat den »n-glauben, die berühmte Diesseitskultur, die moderne Gesühlsreligion ohne Gott und ohne Kirche vor sein Kriegsgericht geladen und standrechtlich abgeurteilt." Dann wendet er sich dem Leide überhaupt und dem Heile, das von allen Leiden ausgeht, zu: „Ein sonderbares Gefühl, als ob meine ganze Weltstellung mir einem Schlag eine andere geworden wäre, als ob ich nicht mehr ich wäre! Was mir eben noch groß schien, schrumpft in ein Nichts zusammen; was mir wertvoll vorkam, trete ich mit Füßen; was mir süß und annehmlich vorkam, ekelt mich an; was ich kaum beachtet und lange vergessen hatte, Itellt sieh groß und drohend vor mich hin. Meine Arbeit, mein Beruf — einst meine Freude und mein Halt —, jetzt schleppe ich daran wie der Gefangene an seiner Kette." Auffrischung und Vertiefung des Lebens tut oftmals not. In guten Tagen sinkt es oft herab zu einem seltsamen Gemisch von Fremdem, Aeußer-lichem, Eitlem und nur wenig Eigenem und Innerem. Es i]t zusammengestückelt aus schwächlichem Wollen, unlauterem Streben und armseligem Tun; zum großen Teil entlehnt, erbettelt, gestohlen ans der Umwelt, aus anderen Menschenleben, die auch nicht viel besser sind als das eigene. Neues, tieferes Leben kann da oftmals nur durch Leiden bewirkt und vermittelt werden. Leiden lehrt uns die ins Aeußerliche, Vergängliche, Sündhafte verstrickte Seele hassen, nach des Heilands Mahnung sie hassen, um sie für ein ewiges Leben umzubilden und zu bewahren. (Jo. 15, 25.) Wir wollen das llnsrige tun. Wir wollen vor allem die Leiden der Kriegszeit in Taten, in Opfer, in Liebe umsetzen. Wie man Leiden, bittern Scheideschmerz, schwerste Seelenwehen, Angst und Sorge in Tatkraft, in angestrengteste Arbeit umbildet und dadurch überwindet, das zeigen uns unsere tapferen Soldaten. Wir daheim dürfen uns von ihnen nicht beschämen lassen. Wir müssen auch alle Kräfte mobil machen, nicht dem Kummer und der Sorge nachhängen, sondern ein doppeltes Arbeitsmaß auf uns nehmen und überall uns nützlich machen. Geradezu entehrend wäre ein bequemes,weichliches, genußsüchtiges und unmäßiges Leben, während die Unsrigen in Feindesland den äußersten Entbehrungen ausgesetzt sind. Das unblutige Heldentum der in der S title mutig und geduldig Leidenden ist der Menschheit so nötig und noch nötiger als das blutige, waffenklirrende Heldentum des Krieges. Sobald ein großes Leid über uns hereinbricht, werben wir zum Schauspiel für die Welt, für Engel und Menschen (1 Kor. 4, 9). Die Augen richten sich auf uns; man ist gespannt, wie wir uns Verhalten. Wenn wir da versagen, schädigen wir nicht bloß uns, sondern auch die Sache der Menschheit im Leidenskampfe. Wenn wir bestehen, wächst nicht bloß unsere eigene Kraft, es geht auch eine Kraft aus von uns, die viele andere stärkt. Es gibt eine einfache Probe, ob man recht ober schlecht leidet. Macht das Leiden still, bescheiden, sanft und freundlich, dann ist das die Edelfrucht eines guten Leidens. Macht es uns aber herb, anspruchsvoll, reizbar, launisch, lieblos, dann sind wir schlechte Schüler in der Leidensschule. Es ist niedrige Selbstsucht, wenn man aus der Krankheit ein Sonderrecht ableitet, andere zu quälen, ivemt man anderen, mehr als nötig ist, zur Last fällt, als wollte man an ihnen sich rächen für seinLebensgeschick. Leiden schärft den Blick für Leiden, sollte ihn wenigstens schärfen. Seit ich selber leide, werde ich wieder aufmerksamer auf das, was andere leiden. Das übersieht man leicht in guten Tagen, oder man sieht mit allzu großer Gelassenheit zu und findet es ganz selbstverständlich, daß andere sich fügen in herbes Geschick, ja man sieht herzlos mitleidig herab auf die, denen dies schwer fällt. Anders, wenn man selbst leidenswund ist. Das Leid macht alles und alle gleich. Aber sofort scheidet es wieder alle in zwei Klaffen: in solche, die recht leiden, und in solche, die schlecht leiden; in solche, die so leiden, daß des Leidens Zweck an ihnen erreicht wird, und in solche, die diesen Zweck selber vereiteln: in Helden des Leides und in Feiglinge des Leides. „Und ihr seid traurig?" Wer ist es nicht in so drangvoller Zeit? Wer wäre nicht besonderen Trostes bedürftig? Wen hat nicht der Krieg in seine strengste Leidensschule gezwungen? Heer und Volk haben sich bisher gut gehalten in dieser Schule. Mögen sie ausharren bis zum Schluß. Wie freudig wollen wir arbeiten an der schönen Aufgabe, die Wunden zu heilen, die der Krieg geschlagen hat! Wie wollen wir alles tun, damit die Lehren des Krieges nicht vergessen, nicht im Siegestaumel verjubelt werden, damit die Leidenskraft beut Volk erhalten bleibt, damit Gottesglaube, Gottesfurcht und Gottestreue, die im Kriege sich so herrlich bewährt habett, auch im Frieden die unantastbarsten Güter und Lebenskräfte des deutschen Volkes bleibett. Die 3bee der heidenbekehrung im Alten Testamente. - Von Universitütsprofessor Dr, Paul Heinisch, Erste und ztveite Auflage, 8°. 77 S. Münster Wests,) 1916. Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung, Mk, V—. Das Alte Testament enthält in sich die Enthüllung der göttlichen Plane für das zukünftige messianische Reich und die Vorbereitung zur Verwirklichung dieser Pläne, Der Verfasser zeigt, tote die Patriarchen und das auserwählte Volk ihre Aufgabe gelöst haben. Durch das ganze Alte Testament begegnen wir dem entschieden betonten Gedanken, daß Gott Schöpfer und Herr der ganzen Menschheit ist und daß sich auch die Heiden bekehren tverden. Zugleich aber wird darauf aufmerksam gemacht, wie diese Heidenbekehrung erst durch bett Messias eintreten wird; das ausertvählte jüdische Volk übt fast keine praktische Missionstätigkeit aus, da es keinen Auftrag dazu hat, wie die Apostel und ihre Nachfolger, Außerdem wissenschaftlichen hat die Arbeit auch praktischen Wert; manche Gedanken rtnd Zitate aus den Propheten, Psalmen nnb den Weisheitsbüchern wird man bei Missionspredigten gut verwenden können. Diese Arbeit ist ittt vollen Sinne eine biblische Zeitfrage; sie ermahnt uns an die immer aktuelle Pflicht der Mitwirkung an der Verbreitung des messianischen Reiches, Tiefer und Treuer. Schriften zur religiösen Verinnerlichung unij Ernetierung, SS cm Franz Weiß, Stadtpfarrer, In zweifarbigem Druck mit Buchschmuck von W, Sommer; hochformatig, kl, 8°. IV. Band: „Verdemütiguug und Versöhnung in der Beicht", (112, Seiten.) V. Band: „Belebung und Beseligung in der Kommunion", (88 Seiten.) VI. Band: „Jesu Leiden und unser Leiden", (88 Seiten.) Jeder Staub broschiert 75 Pfg,, gebunden Mk, 1"20. Verlagsanstalt Benziger & Co, A.-G, Drei neue Bände „Tiefer und Treuer", in allen Stücken ebenbürtig den drei ersten Bänden der Sammlung, die in so viele Studierstuben der hochtv, Geistlichkeit, in so viele Büchereien der nach religiöser Verinnerlichung ititb Erneuerung sich sehnenden und strebenden Säten, sowie in zahlreiche öffentliche Bibliotheken gewandert sind und überall Heimatrecht gefunden haben. Ja, in einzelnen Partien übertreffen die neuen Weiß-Bände ihre Vorgäitger wohl noch, Schon die behandelten Themen: Das Bußsakrament, die heilige Kommunion, das Leiden Jesu und die Leiden der Menschen, zumal in unserer, vom vielgestaltigen Schmerz des Völkerkrieges erfüllten Gegenwart, locken jeden zum Lesen und stillen Erwäget:, der die Darstellungskunst vom Stadtpfarrer Weiß, mit ihrem überquellenden Reichtum an originellen, zeitgemüßeirGedanken in edelster Form kennt. Natürliche Verdemütigung und übernatürliche Versöhnung in der Beichte, — unsere seelische Belebung und Beseligung ittt tieferen Erkennen des Wesens und treuerem Verwerten der Wirkung der heiligen Kommunion, — und eitdlich die Erklärung und Lösung für die Mannigfaltigkeit itnb llnaufhörlichkeit unserer Leiden durch mit-liebenden und mitfühlenden Besuch der Leideus-stütten Jesu — das lehrt und zeigt uns in überzeugender, ergreifender und vor allem zu fteudiger, energischer Tat antreibender Weise die achtsame Lektüre dieser neuen Bände, Wirklich drei beste, gelvinnreichste Bücher für ttnsere wirre und wunde Gegenwart und in dieser von bitterstem Kriegsweh durchbebten Zeit von doppeltem Getvinn für denkende Leser. Diese lieben, in ihrer inneren und äußeren AWstattung wieder so attziehend ausgestalteten neuenNummern der Sammlung „Tiefer und Treuer" sind echte'Goldgruben fürs geistige Leben sotvohl für Geistliche als gebildete Laien, aber auch für die schlichte Volksseele, die dem wahrhaft Schönen und Gediegenen sich so leicht erschließt^. Die Frohbotschaft bes göttlichen Herzens Zefu an den Krieger. Feldbrief von K, W, Friedrich, 11.—20. Tausend, 40 Seiten, Preis 20 Pfg, 100 Stück Mk, 18-—. Verlagsbuchhandlung Karl Ohlinger, Mergentheim, „Sendet das goldene, mit kirchlicher und militärischer Druckerlaubnis versehene Schrift-cheu an die Front, Es ist eine Hemd_, packende, ganz aus die gegenwärtigen Zeitverhültnisse zugeschnittene Einführung des Soldaten in die Verehrttng des göttlichen Herzens,"^ 1 p. Jos, Häüenschwillcr s. j. . (Deutschland auf betn Kreuzwege des Herrn. Feld-brief von Dr, F, Jmle, Mit kirchlicher und mili-tärifcher Druckerlaubnis, 20 Seiten, Preis 15 Pfg, 100 Stück Mk, 12'—, Verlagsbuchhandlung Karl Ohliuger, Mergentheim, „Ein tiefsinniger und glaübensinniger Feldbrief für Deutschlands Heer und Volk, Deutschland mit dem Heilande auf dem Kreuz-mege, Deutschland mit betn Heilande ein frohes Ostern feiernd in nationaler Grüße, in seelischer Erneuerung des Eiuzelneit tvie der Gesamtheit, Dieser Feldbrief erhebt die Kämpfenden zu neuem Mute und die Daheimgebliebenen zum Durchhalten und sei jedermann bestens empfohlen," , , , er. Hiebet mit beut Feinde! Aufruf an katholische Jünglinge und Männer, Von S. W. Friedrich, 24 Seiten, Preis kart, 25. Psg, 100 Stück Mk, 22'-. Verlagsbuchhandlung Karl Ohlinger, Mergentheim: „Möchte Ihr warmherziger Appell, den ich mit großem Interesse gelesen, in den weitesten Kreisen unseres Volkes lebendigen Nachhall finden," Geheimer SnnitätSrat Dr. med. Brennecke, Mgdbg, 5um Siege hin! Unsere Krieger — Gottes Gnaden-kinder. Mit kirchlicher und militärischer Druck-erlaubnis, Feldbrief von H, Neher, 20 Seiten, Preis 15 Pfg, 100 Stück Mk, 12 -, Berlagsbuch-handlung Karl Ohlinger, Mergentheim, „Eine schöne Gabe für unsere Krieger, Dem Heilande nachahmett in Geduld und Opfermut, mit ihm aushalten in Kamps und Streit, ihm nachleben, wie die Heiligen es taten, ist Ziel und Zweck dieses gehaltvolleit Feld Briefes. Er wird als ein kräftiger Tröster unseren Kriegern recht willkommen sein," st. W, Friedrich, II Klöstern und Instituten empfehlen wir für ihren Bedarf an Reis, Kaffee und Bülfenfrüchfen die Firma 3oL Sanaulckek, Wien III :: 6rof;markthaIIe :: I