V. Vremsak-Richter: UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN DEUTSCHEN AUSSPRACHEWÖRTERBÜCHERN: ... 93 Vanda Vremšak-Richter UDK: 811.112.2'374.81:81'355 Filozofska fakulteta Univerze v Ljubljani vanda.vremsak-richter@guest.arnes.si UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN DEUTSCHEN AUSSPRACHEWÖRTERBÜCHERN: GROSSES WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN AUSSPRACHE (1982), DUDEN. AUSSPRACHEWÖRTERBUCH (2005), DEUTSCHES AUSSPRACHEWÖRTERBUCH (2009) Seit Anfang 2010 ist es nun da, das lang erwartete „Deutsche Aussprachewörterbuch" (fortan: DAWB), das in der Nachfolge des „Großen Wörterbuchs der deutschen Aussprache" (fortan: GWDA) steht.1 Es vermittelt die Neukodifi-zierung der Standardaussprache, die auf langjährigen, systematisch angelegten und umfangreichen phonetischen Untersuchungen renommierter Forscher des traditionsreichen Instituts für Sprechwissenschaft und Phonetik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beruht. Die notwendigen Veränderungen und Erweiterungen des GWDA erwiesen sich im Laufe der Zeit als zu umfangreich, um im Rahmen einer Neuauflage des GWDA erscheinen zu können. Die wichtigsten Neuerungen betrafen u.a. Akzeptanzuntersuchungen (soziophonetische Untersuchungen), die Vergrößerung und Aktualisierung des Wortschatzes, die Berücksichtigung komplexer Akzentstrukturen (z.B. Komposita), die Veränderung der Transkription infolge phonetischer Untersuchungen, phonostilistische Differenzierungen, nationale Standardvarietäten usw.2 Das DAWB, mit mehr als tausend Seiten das umfangreichste deutsche Aussprachewörterbuch aller Zeiten, ist das neue, höchsten wissenschaftlichen Ansprüchen genügende Aussprachewörterbuch und als solches das maßgebliche Referenzwerk zur deutschen Standardaussprache. Es informiert zuverlässig über die deutsche Aussprache und gibt den Standard so wieder, wie er heute von den meisten Deutschsprechenden als hochsprachliche Norm empfunden und verwendet wird. Durch die Neukodifizierung ist jedoch die Kluft zwischen den Aussprachewörterbüchern in vielen lautlichen Bereichen noch größer geworden als sie bislang gewesen war. Exemplarisch sei an dieser Stelle nur die neue Transkription der drei deutschen Diphthonge angeführt: DAWB: [aej, [ao], [ore]; DUDEN: [au], [ai], [oy]; GWDA [ao], [ae], [00]. Dabei stellt sich verständlicherweise die Frage, anhand welcher phonetischen Umschrift die Bildungsweise zu erklären ist und an welcher Transkription sich sowohl künftige phonetische Lehr- und Übungsbücher als auch Wörterbücher der deutschen Sprache, in denen Wörter transkri- 1 GWDA (1982) war der Nachfolger des 1964 erschienenen „Wörterbuchs der deutschen Aussprache" (WDA). Die letzte (4.) Auflage des WDA erfolgte im Jahr 1974. 2 Zur Geschichte der Ausspracheregelung vgl. DAWB (2009:8-17). 94 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE biert sind, orientieren sollen. Ebenso stellt die teilweise uneinheitliche lautliche Umschrift in den Aussprachewörterbüchern die Benutzer (vornehmlich Germanisten) immer wieder vor das Dilemma, an welches Aussprachewörterbuch sie sich halten sollen. Das wird darüber hinaus durch die Tatsache erschwert, dass die meisten phonetischen Lehr- und Übungsbücher weitaus mehr dem GWDA folgen, obwohl es schon lange nicht mehr auf dem Markt erhältlich ist.3 Bis zum Erscheinen des DAWB war der DUDEN das einzige auf dem Markt existierende Aussprachewörterbuch, obwohl es viel zu wünschen übrig lässt. Dem DAWB steht er sicherlich in vielem nach, da er u.a. gewisse phonetische Erscheinungen vollkommen außer Acht lässt. Im Folgenden sei lediglich auf einige uneinheitlich geregelte Bereiche des Lautlichen hingewiesen, die einer näheren Erklärung bedürfen, und zwar auf Diphthonge, Vokale im unbetonten Auslaut, die ^-Laute, die r-Laute, unsilbische Vokale, silbische Konsonanten, die progressive Stimmlosigkeitsassimilation und die Bindung. Beispiel DUDEN GWDA DAWB4 Diphthonge mein main maen maen Haus haus haos ha?s heute 'h^yta hota h'areta Vokale in unbetontem Auslaut Anna 'ana 'ana. 'ana: Auto 'auto 'aoto. 'a?to: Uhu 'u:hu 'u:hu. 'u:hu: Taxi 'taksi 'taksi. t'aksi: a-Laute Saal za:l za:l za:l satt zat zat zat fatal fa'ta:l fa'ta:l fat'a:l Bassist ba'sist ba'sist bas'ist r-Laute rot ro:t ro:t yo:t Preis prais praes pBaes Ort Drt 3rt ^t Meer me:e me:E me:B erzählen ee'tstlan e'ts£:lan ets'E:ln Vater 'fa:te 'fa:te f'a:te 3 Z.B. „Deutsche Phonetik für Ausländer" (1992); „Phonothek" (1996); „Sprechen, hören, sprechen" (1996). 4 Im DAWB wird der Wortakzent unmittelbar vor den betonten Vokal gesetzt. 5 Bei unsilbischen Vokalen besteht der Unterschied zwischen den drei Aussprachewörterbüchern lediglich im diakritischen Zeichen für die Unsilbigkeit. V. Vremsak-Richter: UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN DEUTSCHEN AUSSPRACHEWÖRTERBÜCHERN: ... 95 Beispiel DUDEN GWDA DAWB4 unsilbische Vokale5 Ferien 'fe:rian 'fe:ria n f'e:nja n Foyer foa'je: foa'je: b aj'e: Linguist lig'guist lig'guist liggu'ist Libyen 'li:bya n 'li:bya n l'i:bya n silbische Konsonanten Leben 'le:bn 'le:bm/'le:ban l'e:bm Wappen 'vapn 'vapmi/'vapan v'apm Wagen 'va:gn 'va:giy'va:gan v'ag Haken 'ha:kn 'ha:tay'ha:kan h'a:ki] progressive Stimmlosigkeitsassimilation obwohl 3p'vo:l 3p'vo:l 3pv'o:l zwei tsvai tsvae tsva? Bindung Schulleiter 'Ju:llaite 'Ju:/laete J'uillaete Die Diphthonge (Zwielaute) [ag], [ao] und [d®] sind einsilbige, monophone-matisch gewertete Verbindungen eines silbischen und eines unsilbischen Vokals, die durch einen kontinuierlichen Übergang vom ersten zum zweiten Vokal gekennzeichnet sind. Zu den Hauptschwierigkeiten bei der Artikulation der deutschen Diphthonge gehört die Präzision in der Anfangs- und Endstellung der Gesamtbildung. Beim [ag] gleitet die Zunge vom kurzen a zum kurzen offenen e, beim [ao] vom kurzen a zum kurzen offenen o und beim [o®] vom kurzen offenen o zum kurzen offenen ö. Beim [ag] darf der zweite Lautanteil keinesfalls als i oder j realisiert werden. Man soll also die Zunge nicht zu hoch zum Palatum heben, sondern nur bis zum mittelhohen offenen e. Auch beim [ao] soll sich die Zunge nur bis zum mittelhohen offenen o heben und nicht bis zum (hohen) u. Dasselbe gilt für das [o®], das nur bis zum mittelhohen offenen ö steigen sollte. Trotz der Grapheme (z.B. usw.) enthält die zweite Konstituente aller drei Diphthonge keine hohen Vokale. Die meisten Lehr-und Übungbücher als auch das GWDA gehen davon aus, dass es sich bei der zweiten Konstituente der Diphthonge nicht um einen hohen Vokal (i- und u-Laute) handelt, sondern um einen mittelhohen (e-, o- und ö-Laute). Der Unterschied zwischen dem GWDA und dem DAWB besteht nun darin, dass das zweite Segment der Diphthonge kein geschlossener mittelhoher Vokal ([e], [o], [0]) ist, sondern ein offener ([g], [o], [re]). Im Gegensatz dazu wird im DUDEN für die drei Diphthonge die Umschrift [au], [ai] und [oy] verwendet, was für die Benutzer des Aussprachewörterbuchs irreführend sein könnte, da das Symbol für den zweiten Lautanteil einen hohen Vokal darstellt. Auslautende unbetonte Vokale (z.B. Alibi, Auto, Uhu, Anna) werden im DUDEN als kurze [i], [o], [u] und [a] wiedergegeben. Im GWDA gibt es in dieser Position die sog. halblangen Vokale [i.], [o.], [u.] und [a.]. Nach der Neukodifi-zierung im DAWB werden Vokale im unbetonten Wortauslaut als lang realisiert 96 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE (Vgl. DUDEN: ['auto]; GWDA: ['aoto.]; DAWB: ['aoto:], wobei anzumerken ist, dass unbetonte lange Vokale etwas kürzer sind als lange Vokale in betonten Silben. Vergleicht man die a-Laute in den drei Aussprachewörterbüchern, so stellt man fest, dass nur im GWDA neben dem sog. hellen (palatalen) a-Laut [a] noch der dunkle (velare) a-Laut ([a], [a.] bzw. [a:]) vorkommt.6 Dieser qualitative Unterschied ist im DAWB aufgehoben. Die a-Laute unterscheiden sich nur in der Quantität. Es gibt im Deutschen drei konsonantische r-Laute7 und das vokalisierte r. Alle drei konsonantischen r-Laute sind fakultative Allophone desselben Phonems /r/. Das apikale und das uvulare r sind Vibranten (Zitterlaute, Schwinglaute), das velare r ist ein stimmhafter Reibelaut. Als fakultative Varianten bewirken sie zwar keine Bedeutungsdifferenzierung, doch sollte gemäß den orthoepischen Anforderungen des Standarddeutschen das Reibe-R verwendet werden. Im gesamten deutschen Sprachraum sind auch regionale Unterschiede hinsichtlich der drei konsonantischen r-Laute zu berücksichtigen.8 In allen Aussprachewörterbüchern außer im DAWB werden die Realisierungsvarianten des konsonantischen r einheitlich als [r] wiedergegeben. Da das Reibe-R die weitaus häufigste Aussprache darstellt, wird im DAWB für das konsonantische r im Wort- und Silbenanlaut und in einigen anlautenden Konsonantenclustern das [k] (z.B. rot, Brot, groß, drei, Wrack) verwendet. Darüber hinaus ist in anlautenden Konsonantenclustern und an der Silbengrenze nach stimmlosen Obstruenten für die entstimmlichte Variante des velaren Reibe-R das Umschriftzeichen [if] (z.B. Traum, Kreuz, Preis, Frage, schreiben, sprechen, Straße, Pfropfen ... abraten, Ausrede) zu finden und nach kurzen betonten und unbetonten Vokalen das Transkriptionssymbol für die reduzierte Variante des velaren Reibe-R [K] (z.B. Berg, Birne, Körper, Lärm, nördlich, Zirkus, aufwärts), falls dem r-Laut kein Vokal folgt.9 Die Reduktion des velaren r-Lautes zeigt sich in einer Verminderung des Reibegeräusches. Der DUDEN (2005:54) lässt zwar nach kurzen Vokalen in dieser Position sowohl das konsonantische als auch das vokalisierte unsilbische r zu, verwendet dann aber im Wörterverzeichnis nur das konsonantische r. Überprüft man die Aussprache anhand der Transkription der Wörter, könnte man meinen, dass das r im Wort Korb wie das r im Wort Chöre auszusprechen ist (DUDEN: [fcwp], ['k0.ra]). Verglichen mit dem DUDEN und dem GWDA stellen die drei Varianten des Reibe-R im DAWB m. E. eine der wichtigsten Änderungen im Bereich des Konsonantismus dar. Im DUDEN und im GWDA wird für alle drei Positionen das Umschriftzeichen [r] verwendet, was den Eindruck vermittelt, dass es sich dabei um das Zungenspitzen-R handelt. 6 Einige Autoren wie z.B. E. Ternes und K. Kohler verwenden für das lange und das kurze a das gleiche Symbol ([a:] und [a]). Das GWDA unterscheidet zwischen dem etwas helleren (kurzen) und dem etwas dunkleren (langen, halblangen, kurzen) a ([a] vs. [a:]/ [a.]/[a]), ebenso ist die unterschiedliche Qualität bei P. Martens, R. Rausch, K. H. Ramers, I. Cauneau, H. Fiukowski, O.v. Essen, M. Pockar u.a. zu finden. Auch in der älteren Fachliteratur findet man die Unterscheidung [a:] und [a], so z.B. bei O. Jespersen und H. H. Wängler. 7 Das Zungenspitzen-R [r], das Zäpfchen-R [R] und das velare Reibe-R [k]. 8 Zur Aussprache der r-Laute in der österreichischen Standardaussprache und der Standardaussprache in der deutschsprachigen Schweiz vgl. Teil B und C im DAWB. 9 Das [ff] wird auch nach betontem und unbetontem langen a im Wort- und Silbenauslaut ausgesprochen (z.B. Notar, klar, wahr, Karfreitag, Januar). V. Vremsak-Richter: UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN DEUTSCHEN AUSSPRACHEWÖRTERBÜCHERN: ... 97 Bekanntlich wird in den Endungen -en, -em und -el der Halblaut nach den meisten Konsonanten ausgelassen (elidiert), wobei die sog. silbischen Konsonanten [n], [m], [l] und [g] entstehen. Durch den Ausfall des Halblautes werden sie zu Silbenträgern, denn sie bilden den Kern der Silbe. Nach den bilabialen Verschlusslauten [p] und [b] und den velaren Verschlusslauten [k] und [g] kommt es in der Endung -en infolge der Elision zur Assimilation der Artikulationsstelle. Statt des silbischen [n] entsteht nach bilabialen Verschlusslauten das silbische [m] (Lippen, Leben), nach velaren Verschlusslauten das silbische [g] (Haken, Algen). Im Gegensatz zum GWDA, das die Assimilation der Artikulationsstelle berücksichtigt, wird im DUDEN (2005:38) zwar erwähnt, dass „anstelle von [pn], [bn], [kn], [gn] häufiger [pm], [bm], [kg], [gg] gesprochen wird", doch wird im praktischen Teil die Assimilation nicht berücksichtigt (DUDEN: ['ha:bn], ['ha:kn] - GWDA: ['ha:bm]/['habn], ['ha:kij]/['hakn]). Ebenso uneinheitlich werden die sog. stimmlosen Lenis-Konsonanten (Verschluss- und Reibelaute) wiedergegeben. Wieder wird im DUDEN eine nicht zu überhörende artikulatorische Erscheinung vollkommen außer Acht gelassen, im GWDA hingegen an der Silbengrenze entsprechend markiert. Im Standarddeutschen existieren einige Regeln, die sich auf die Wort- und Silbengrenze beziehen. Es handelt sich dabei um die Abhängigkeit einzelner Konsonanten von ihrer Position innerhalb der graphischen Silbe. So wird z.B. das Graphem im Auslaut als [p], im Anlaut als [b] und im Anlaut nach einem stimmlosen Konsonanten als [b] realisiert. Die sog. Stimmlosigkeitsassimilation erfolgt, wenn eins der stimmlosen finalen Segmente [p, t, k, f, pf, s, ts, tj, J, 5, x] an der Silben- oder Wortgrenze auf einen anlautenden stimmhaften Verschluss- oder Reibelaut [b, d, g, v, z, 3, j, k] trifft. Sie ist also das Ergebnis der durch die Koartikulation bedingten artiku-latorischen Anpassung (Angleichung) eines Sprachlautes an einen benachbarten Laut. Für das Deutsche gilt das Gesetz der progressiven Assimilation, laut dem der vorausgehende Konsonant (Verschluss- bzw. Reibelaut) auf den folgenden wirkt und nicht umgekehrt. Infolge der auslautenden Fortis-Konsonanten (der deutsche Auslaut kennt keine stimmhaften Obstruenten) verlieren die anlautenden Lenis-Konsonanten ihre Stimmhaftigkeit. Es gibt acht stimmlose Lenes [b, d, g v, z, 3, J, ?]. Dazu einige Beispiele: Erdbeben, Erdbeeren, furchtbar, Fußball, Schilddrüse, Luftdruck, mattdunkel, Fußgänger, Gastgeber, Gleichgewicht, Advokat, Antwort, Bergwerk, Fischsuppe, folgsam, Fußsohle, Geschäftsjahr, Hetzjagd, Objekt, Ausrede, Bundesrepublik, erfolgreich usw. Die Fortes wirken also progressiv fortisierend auf die unmittelbar folgenden Lenis-Konsonanten. Vergleicht man folgende Wortpaare, so wird man feststellen, dass anlautende Lenes im ersten Wort stimmhaft und im zweiten Wort stimmlos sind, z.B. Gera - aus Gera, vor drei - nach drei, ein Buch - das Buch, von dir - mit dir, hingehen - weggehen, ansehen - aussehen, von Berlin - aus Berlin. Die Stimmlosigkeitsassimilation ist auch innerhalb der Silbe wirksam, und zwar in anlautenden Konsonantenclustern [df, k«, pK, fr, jr, Jpg, Jdf, pfr], was bereits bei den r-Lauten dargelegt wurde. Dass diese phonetische Erscheinung im DUDEN nicht kenntlich gemacht wird, wirkt vor allem auf diejenigen Benutzer dieses Aussprachewörterbuches irreführend, deren Ausgangssprachen regressiv assimilieren, also auf diejenigen, die den harten deutschen Auslaut unter dem Einfluss 98 VESTNIK ZA TUJE JEZIKE eines unmittelbar folgenden anlautenden stimmhaften Lenis-Konsonanten oder Vokals lenisieren und somit den vorausgehenden Laut dem folgenden angleichen (vgl. slow. advokat, Magda, objekt - deutsch Advokat, Magda, Objekt usw.). Der DUDEN (2005:58) behauptet sogar, dass stimmlose und stimmhafte Konsonanten gleicher Artikulationsart und -stelle, die an der Silbengrenze aufeinandertreffen, ihre Artikulation unverändert beibehalten. Die anlautenden Lenes bleiben demnach voll stimmhaft (DUDEN: abbrennen ['apbrenan]). Abschließend sei in diesem Beitrag noch auf die sog. Bindung hingewiesen, die ebenso im DUDEN nicht berücksichtigt wird, obwohl es sich um eine nicht unbedeutende koartikulatorische Erscheinung des Standarddeutschen handelt. Treffen zwei gleiche Verschlusslaute, Reibelaute, Affrikaten, Nasale oder Laterale an der Wort- bzw. Silbengrenze aufeinander, so werden sie nur einmal ausgesprochen (z.B. Obstteller, Scheckkonto, Schaffell, im Mai). Man sollte diese Wort- bzw. Silbengrenzgeminaten eingliedrig realisieren. Eine Verdoppelung der Verschlussoder Engebildung, wie es das Schriftbild nahelegt, kennt das Deutsche nicht. Es können bis zu drei gleiche konsonantische Grapheme aufeinander folgen, wobei nur ein Konsonant ausgesprochen werden soll (z.B. Balletttänzer, Schifffahrt, Brennnessel, Stillleben). Man könnte die Schriftzeichen als artikulatorisch zweigliedrig deuten, was dazu führen könnte, dass man beide Segmente nicht geminiert, sondern zweimal ausspricht. Daher scheint es angeraten, Wortgrenzgeminaten tran-skriptiv als eingliedrig darzustellen. Im GWDA wird auf diese Erscheinung hingewiesen ([pp], [tt] usw.), ebenso im DAWB (pp, ttt] usw.). Der DUDEN lässt sie leider außer Acht, was den Wörterbuchbenutzer dazu verleiten könnte, die betreffenden Konsonanten an der Silben- bzw. Wortgrenze zweimal auszusprechen. Die Unterschiede zwischen den drei Aussprachewörterbüchern stellen zweifellos eine Belastung für die Lernenden und die Lehrenden dar. Es wäre auf jeden Fall wünschenswert, wenn man die normgerechte Aussprache verlässlich mithilfe eines auf dem Markt erhältlichen Nachschlagewerks überprüfen könnte, doch scheint der DUDEN in Anbetracht des hier Dargelegten diesen Anspruch nicht gänzlich zu erfüllen. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich das DAWB auf dem Markt durchsetzen wird und so die Ära der Vormacht des DUDEN ein Ende nimmt. LITERATURVERZEICHNIS Deutsches Aussprachewörterbuch (2009): Hrsg.: Krech, E.-M./Stock, E./Hirschfe-ld, U./ Anders, L.C.. Berlin: Walter de Gruyter. Duden. Aussprachewörterbuch (2005): bearb. von Mangold, M. in Zusammenarbeit mit der Dudenredaktion. 6. überarb. und aktualisierte Aufl.. Mannheim etc.: Dudenverlag. (Duden 6). Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache (1982): Hrsg.: Krech, E.-M./Kurka, E./Stelzig, H./Stock, E./Stötzer, U./Teske, R.. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut. Wörterbuch der deutschen Aussprache (1964): Hrsg.: Krech. H./Krech, E.-M./Kur-ka, E./Stelzig, H./Stock, E./Stötzer, U./Teske, R.. 2. überarb. und erw. Aufl. V. Vremsak-Richter: UNTERSCHIEDE ZWISCHEN DEN DEUTSCHEN AUSSPRACHEWÖRTERBÜCHERN: ... 99 1969; 3. durchges. Aufl. 1971, 4. durchges. Aufl. 1974. Leipzig: VEB Bibliographisches Institut. POVZETEK Razlike med nemškimi slovarji izgovorjave: Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache (1982), Duden (2005), Deutsches Aussprachewörterbuch (2009) Ob nedavnem izidu doslej najobsežnejšega nemškega slovarja izgovorjeve Deutsches Aussprachewörterbuch (v nadaljevanju DAWB) avtorica predstavi nekatere razlike med obstoječimi slovarji izgovorjave nemške standardne izreke, pri čemer posebej izpostavi pomanjkljivosti fonetičnega slovarja Duden-Aussprachewörterbuch, ki je trenutno (žal) še vedno edini na našem tržišču dosegljivi tovrstni slovar. V primerjavo je vključen tudi vzhodno-nemški slovar Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache, ki je predhodnik novega slovarja. DAWB zagotovo predstavlja merodajno referenčno delo, na katerega smo dolgo čakali, saj temelji na dolgoletnih obsežnih (socio)fonetičnih raziskavah nemške standardne izreke in predstavlja normo, ki jo uporabljajo materni govorci nemščine. Razlike v fonetični transkripciji omenjenih treh fonetičnih slovarjev zadevajo predvsem dvoglasnike, samoglasnike v nenaglašenem izglasju, a-je, realizacijo soglasniškega r, nezlogotvorne samoglasnike, zlogotvorne soglasnike, prilikovanje po nezvenečnosti in vezavo dveh istih soglasnikov na zlogovni meji. ABSTRACT The differences between German pronunciation dictionaries: Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache (1982), Duden (2005), Deutsches Aussprachewörterbuch (2009) The article analyses the differences in the phonetic transcription between the three leading pronunciation dictionaries of the standard German language. The recently published Deutsches Aussprachewörterbuch (henceforth DAWB) is compared to the two earlier dictionaries, which are still in wide use: Großes Wörterbuch der deutschen Aussprache (henceforth GWDA), published for the last time in 1982 and Duden (henceforth DUDEN), which was published in 2005 as the 6 th edition. The book under review is the DAWB, which is a result of a project started in the early 1990's at the University of Halle-Wittenberg (Germany). It contains 1076 pages of more than 150.000 entries of German words as well as foreign and loan words and is based on the Standard pronunciation as it is used today in Germany. The phonetic transcription in DAWB differs in many phonetic elements from the GWDA and especially from the DUDEN, which has been the only available pronunciation dictionary on the market for many decades. The differences pointed out by the author of this article concern diphthongs, vowels in the unstressed final position, the pronunciation of the a- vowels, different realisations of the consonantic r, nonsyllabic vowels, syllabic consonants, the devoicing of initial weak obstruents when preceded by strong ones and the binding of identic consonants.