©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologiezentrum.at LJUBLJANA, JULY 2000 Vol. 8, No. 1:35-42 ZUR UNTERSCHEIDUNG DER RHYACOPHILA S.STR. - LARVEN IN KÄRNTEN (ÖSTERREICH) (TRICHOPTERA: RHYACOPHILIDAE) Martin KONAR Kärntner Institut für Seenforschung, Fiatschacherstraße 70, A-9020 Klagenfurt Abstract THE DETERMINATION OF RHYACOPHILA S. STR.-LARVAE IN CARINTHIA (AUSTRIA) (TRICHOPTERA: RHYACOPHILIDAE) The determination characters of last instar larvae of Rhyacophila s.str. in Carinthia (Austria) are shown. Mature pupae were used to analyse larval sclerites. For three species, Rh. obliterata, Rh. Simulatrix and Rh. vulgaris, new character states on head and pronotum were found and are described. All Carinthian Rhyacophila s.str. species can now be determined. Key words: Rhyacophila s.str., larvae, determination, Carinthia, Austria Izvleček RAZLOČEVANJE LIČINK RODU RHYACOPHILA S. STR. NA KOROŠKEM (AVSTRIJA) (TRICHOPTERA: RHYACOPHILIDAE) Predstavljeni so razlikovalni znaki za zadnje stadije ličink mladoletnic iz rodu Rhyacophila s.str. na avstrijskem Koroškem. Analiza larvalnih skleritov je bila opravljena na bubah. Za tri vrste, Rh. obliterata, Rh. simu-latrix in Rh. vulgaris, so bili najdeni novi razlikovalni znaki na glavi in pronotumu. Sedaj lahko določimo vse koroške vrste rodu Rhyacophila s.str. Ključne besede: Rhyacophila s.str., ličinke, določevanje, Koroška, Avstrija 35 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologteefeaiteuilitomologica sloveilica, 8 (1), 2000 Einleitung Die Larven der Rhyacophila s.str. Gruppe sind durch große Variationen in ihren Merkmalen schwer voneinander zu trennen (zB. Pitsch 1993, Waringer & Graf 1997), besonders weit verbreitete Arten weisen in verschiedenen geographische Räumen unterschiedliche Merkmale auf und können oft nicht derselben Art zugeordnet werden. In einem kleineren geographischen Raum sind die möglichen Merkmalsausprägungen natürlich geringer und die Determination der einzelnen vorkommenden Arten kann bei Kenntnis dieser Variationsbreite in den meisten Fällen erfolgen. Am Beispiel von Kärnten, dem südlichsten Bundesland in Österreich, wird die Bestimmung der vorkommenden Arten dargestellt. Methoden Aufgrund von Lichtfallenergebnissen und der Besammlung von reifen Puppen (zB. Malicky 1989, Zoodat, Konar 1998, Graf & Konar 1999) konnten in Kärnten bisher acht Arten der Rhyacophila s.str. Gruppe festgestellt werden (Tabelle 1). Zur Untersuchung der Merkmalsausprägungen der vorkommenden Arten wurden reife Puppen aus verschiedensten Regionen Kärntens gesammelt und die Färbungsmuster der Sklerite einer Analyse unterzogen. Tabelle 1: Arteninventar der Rhyacophila s.str. - Gruppe in Kärnten Rhyacophila aurata Brauer, 1857 Rh, dorsalis (Curtis, 1834) Rh. fasciata Hagen, 1859 Rh, obliterata McLachlan, 1863 Rh. pascoei McLachlan, 1879 Rh. polonica McLachlan, 1879 Rh. simulatrix McLachlan, 1879 Rh. vulgaris Pictet, 1834 Ergebnisse Bestimmung der einzelnen Arten Rh. aurata ist nach Waringer & Graf (1997) anhand der Größe des distalen Zähnchens an der Analklaue gut abzutrennen, Rh. polonica kann aufgrund des Fehlens von der sehr ähnlichen Rh. praemorsa ebenfalls ohne Probleme determiniert werden. Weiters ist die sehr häufige Rh. dorsalis aufgrund der bei Pitsch (1993) beschriebenen Merkmalskombinationen (Färbungsmuster am Kopf und Pronotumshinterrand) leicht von den Merkmalsausprägungen der übrigen Arten zu unterscheiden. Die eng verwandte, in Slowenien vorkommende Rh. palmeni 36 M. Konar: Zur Unterscheidung der Rhyucuphila s. str.-Larven in Kärnten McLachlan, 1879 ist larval erst in wenigen Stücken bekannt, konnte aber ohne weiters von Rh. dorsalis unterschieden werden (Konar 1997). Die nur zweimal in den Jahren 1911 und 1953 (Zoodat) an der Drau nachgewiesene Rh. pascoei wurde nicht wiedergefunden und ist in Kärnten verschollen. Rh. fascicitci ist durch die undeutliche Begrenzung der Punkte im aboralen, dunklen Teil des Frontoclypeus eindeutig zu erkennen, diese Punkte sind in Kärnten meist heller als die Umgebung. Eine scharfe Umrandung dieser Punkte fehlt völlig, es ist nur ein undeutlicher, verschmierter Übergang zur umgebenden Färbung des herzförmigen Fleckes vorhanden. Waringer & Graf (1997) geben für Rh. fascicitci sehr dunkle Punkte an, welche im herzförmigen Fleck kaum zu erkennen sind, diese Merkmalsausprägung ist zB. in Slowenien häufig, Pitsch (1993) weist jedoch auf die Möglichkeit hellerer Punkte hin. Die praktisch nicht zu erkennenden Punkte nach Waringer & Graf (1997) können auch als undeutlich umrandet interpretiert werden, somit wäre die nicht vorhandene Begrenzung dieser Punkte ein exakteres Bestimmungsmerkmal. Die Bestimmung der übrigen drei Arten, Rh. oblitérala, Rh. simulatrix und Rh. vulgaris ist durch eine geringere Zahl von Literaturangaben erschwert, für das Untersuchungsgebiet können aber folgende Determinationsmerkmale angegeben werden: Pronotumseitenrand und Hinterecksanhang: Die Länge bzw die Form der schwarzen Sklerosierung der Pronotumseiten-randsverbreiterung und des Hinterecksanhangs sind für die Trennung Rh. simulatrix und Rh. oblitérala gegenüber Rh. vulgaris verwendbar. Als Länge des Pronotumsseiten-randes wird die Strecke vom Gabelungspunkt bis zum Zusammenlaufen der Seitenrandsverbreiterung, als Länge des Hinterecksanhangs die Strecke vom Gabelungspunkt bis zur aboralen Spitze definiert (Abbildung 1). Bei Rh. vulgaris ist die Länge des Hinterecksanhangs größer oder gleich der Länge der Pronotumsseitenrandverbreiterung (praktisch nie länger), weiters sind beide im mittleren Bereich annähernd gleich breit, oder der Hinterecksanhang ist nur geringfügig und kaum erkennbar breiter. Der schwarze Streifen des Seitenrandes verläuft an seiner vorderen Spitze ziemlich abrupt zusammen, sodaß auch bei dunkleren Tieren mit durchgehendem, schwarzem Pronotumsseitenrand das hypothetische Ende zu erkennen ist. Hinterecksanhang und Pronotumsseitenrand erwecken im typischen Fall einen mehr oder weniger gleich langen und gleichartigen Eindruck (Abbildung 2). Bei Rh. simulatrix und Rh. oblitérala ist die Strecke der Pronotumsseitenrandver-breiterung in den meisten Fällen größer als der Hinterecksanhang (Rh. oblitérala ca 80 %, Rh. simulatrix 90 %). Außerdem ist letzterer breiter als der Pronotumsseitenrand (besonders bei Rh. oblitérala bis doppelt so breit). Der schwarze Pronotumsseitenrand ist schmäler und deutlich nach vorne gezogen, außerdem läuft er sanft zusammen, sodaß auch bei meßbar gleicher Länge der Eindruck entsteht, er wäre länger als der Hinterecksanhang (Abbildung 2). Dunkle Bereiche oder Punkte auf der Fläche des Pronotums sind bei Rh. simulatrix kaum, und wenn, nur punktuell, anzutreffen, während Rh. oblitérala und Rh. vulgaris mehr oder weniger große dunkle Flächen aufweisen. 37 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologíteefeJlitaiírtiatTlologica sloveilica, 8 (1), 2000 Kopf: Typisch für Rh. vulgaris sind helle Punkte im herzförmigen Fleck und dunkle Punkte dorsal auf den Parietalia und entlang der Coronalnaht in mehr oder weniger dunkler Umgebung. Es können aber auch sehr helle Tiere auftreten, deren Kopffärbung auf den herzförmigen Fleck beschränkt ist, oder dunklere Tiere, deren herzförmiger Fleck die typische Rh. obliterata -Form (Pitsch, 1993) annimmt. Ln diesem Fall ist zwar auch der vordere Teil des Frontoclypeus dunkler schattiert, aber ein U-förmiger Fleck ist deutlich zu erkennen. Helle Tiere sind am Frontoclypeus oft kaum von Rh. simulatrix zu unterscheiden, deren Punkte im herzförmigen Fleck zwar nur wenig heller als die Grundfärbung, aber immer deutlich erkennbar sind. Weiters konvergieren die Parietalia stärker nach vorn als bei den anderen beiden Arten (zB. Buholzer 1978). Der Kopf von Rh. simulatrix ist generell sehr hell, zumeist sind dunklere Bereiche nur der herzförmige Fleck und kleinere Bereiche auf den Parietalia. Die Punkte im herzförmigen Fleck sind nur wenig heller als die Färbung des Fleckes selbst, aber immer deutlich umrandet. Diese Art ist außerdem kleiner und graziler als Rh. vulgaris. Rh. obliterata ist durch die typisch U-förmige Ausprägung des herzförmigen Flecks im Frontoclypeus eventuell mit Rh. vulgaris zu verwechseln, in Kombination mit den Merkmalen am Pronotum ist diese Art aber eindeutig anzusprechen. Die Kopfunterseite ist bei Rh. simulatrix immer ganz hell, während bei Rh. vulgaris Färbungen möglich sind und diese bei Rh. obliterata die Regel darstellen. Abb. 1: Linke Pronotumshälfte von Rh. vulgaris. Pfeilspitzen: Vorderende von Prono-tumsseitenrandsverbreiterung, Endpunkt des Hinterecksanhangs und Gabelungspunkt. 38 M. Konar: Zur Unterscheidung der Rhyucuphila s. str.-Larven in Kärnten »> > Abb. 2: Pronotumseitenrandverbreiterung und Hinterecksanhang von: obere Reihe Rhyacophila obliterata; mitte - Rh. simulatrix; unten - Rh. vulgaris. Diskussion Die Kenntnis der einzelnen Arten ist für faunistische Arbeiten und für Aussagen im Rahmen des Gewässerschutzes und diverser Güteerhebungen unumgänglich. So ist zB. Rh. simulatrix ein Bewohner sauberer Gewässer, während Rh. obliterata eine größerer Toleranz gegenüber den Umweltbedingungen aufweist (saprobielle Einstufung der beiden Arten nach Graf et al. (1995) 0,7 gegenüber 1,6). Weiters sind reife Larven von Rh. simulatrix und Rh. obliterata nur im Sommer bzw. Herbst zu finden, während zB. Rh. dorsalis oder Rh. vulgaris keine Synchronisation in ihrem Lebenszyklus aufweisen. Die Determination der Rhyacophila s.str.-Larven ist in Kärnten praktisch ohne Probleme möglich. Auch die Bestimmbarkeit von Rh. obliterata, Rh. simulatrix und Rh. vulgaris stößt im Untersuchungsgebiet kaum auf Schwierigkeiten. Trotz Unsicherheit beim exakten Messen der Länge des Pronotumsseitenrandes (adorales Ende oft unsicher), bleibt der subjektive Gesamteindruck der Längenverhältnisse konstant und interpretiert richtig („subjektive Objektivierung") (Abbildung 2). So kann beim Vermessen das Längenverhältnis von Pronotumsseitenrandverbreiterung zu 39 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologíteefeJlitaiírtiatTlologica sloveilica, 8 (1), 2000 Hinterecksanhang bei Rh. obliterata zu knapp 20 %, bei Rh. simulatrix zu ca 10 % in den Streuungsbereich von Rh. vulgaris fallen, aber der Eindruck einer längeren Seitenrandsverbreiterung bleibt durch die unterschiedlichen Breiten aufrecht. Die Länge und Ausprägung der Pronotumsseitenrand- bzw. Hinterecksanhangssklero-tisierung sind jedenfalls weniger formveränderlich als Merkmale am Kopf. In Gesamtkombination von den Merkmalsausprägungen auf Pronotum und Kopf sind Fehldeterminationen weitgehend auszuschließen. Inwieweit diese Merkmale für Rh. obliterata, Rh. simulatrix und Rh. vulgaris in jüngeren Larvenstadien und in einem größeren geographischen Raum konstant bleiben, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt unbekannt. Die zB. bei Buholzer (1978) abgebildete Rh. simulatrix würde in Kärnten der typischen Rh. vulgaris - Ausprägung nahekommen. Dagegen sind die bei Pitsch (1993) beschriebenen Merkmale für Rh. dorsaüs, Rh. fasci-ata und Rh. obliterata in Kärnten ohne weiteres nachvollziehbar. Somit dürfte die Merkmalsvariation bei den einzelnen Arten unterschiedlich hoch sein. Für einzelne Gebiete ist es jedenfalls ohne weiters möglich, brauchbare Unterscheidungskriterien zu finden, um eine Determination durchführen zu können. Zusammenfassung der wichtigsten Merkmale der Rhyacophila s.str -Larven in Kärnten Rh. dorsalis: Anmerkung: Pronotum: Schwarzer Streifen an der Vorderseite der Pronotumshinterrandverbreiterung (Pfeilspitze) durchgehend oder, wenn getrennt, dann braun und immer dunkler als hintere Fläche Trennung von Rh. nubila nicht möglich (Pitsch, 1993) Rh. palmeni: Konar (1997) Rh. fasciata: Frontoclypeus: Keine deutliche Umrandung der Frontoclypeus-Punkte im aboralen Teil erkennbar (egal ob Punkte hell oder dunkel) Abbildung bei Waringer & Graf (1997); Anmerkungen bei Pitsch (1993) 40 M. Konar: Zur Unterscheidung der Rhyucuphila s. str.-Larven in Kärnten Rh. polonica: Anteclypeus: 3 schwarze Streifen Rh. aurcitci: Analklau Distales Zähnchen so lang oder länger als die Krallenbreite an der distalen Ansatzstelle dieses Zähnchens Trennung von Rh. praemorsa nicht möglich (Pitsch, 1993); Abbildung bei Waringer & Graf (1997) Abbildung bei Waringer & Graf (1997) Rh. obliteratei, Rh. simulatrix, Rh. vulgaris: Abbildung 2 Abbildungen bei Waringer & Graf (1997) und Pitsch (1993); Anmerkungen bei Pitsch (1993) Rh. pascoei: nicht mehr nachgewiesen I Abbildung bei Sedlak (1985) Literatur Buholzer, H., 1978: Larvenmorphologie und Verbreitung der schweizerischen Rhyacophila-Arten (Trichoptera, Rhyacophilidae). Diss. ETH Zürich, 151 pp. Graf, W. , U. Grasser, J. Waringer, 1995: Trichoptera. Teil HIB, 9 pp., In: Moog, O. (Ed.): Fauna Aquatica Austriaca. Lieferung Mai/95. Wasserwirtschaftskataster, BMfLFW, Wien. Graf, W., M. Konar, 1999: Trichoptera. In: Holzinger, W., P Mildner, T. Rottenburg, C. Wieser (eds.): Rote Listen gefährdeter Tiere Kärntens. Naturschutz in Kärnten, Band 15, Klagenfurt. Im Druck. Konar, M., 1997: Beschreibung der Larve von Rhyacophila palmeni McLachlan (Rhyacophilidae, Trichoptera). Carinthia II 187/107: 499-501. 41 ©Slovenian Entomological Society, download unter www.biologiezentrum.at Acta enlomologica slovenica, 8 (1), 2000 Konar, M., 1998: Trichopteren-Lichtfallenfang am Roggbach und ein Vergleich mit weiteren Standorten in Kärnten. Carinthia II 188/108: 499-506. Malicky, H., 1989: Eine ergänzte Liste cler österreichischen Köcherfliegen (Insecta, Trichoptera). Zeitschr. Arbeitsg. Osten. Entomol. 41: 32-40. Pitsch, T., 1993: Zur Larvaltaxonomie, Faunistik und Ökologie mitteleuropäischer Fließwasser-Köcherfliegen (Insecta: Trichoptera). Landschaftsentwicklung und Umweltforschung, Schriftenreihe des Fachbereichs Landschaftsentwicklung, Sonderheft S8, Technische Universität Berlin, 316 pp. Waringer, J., W. Graf, 1997: Atlas der österreichischen Köcherfliegenlarven unter Einschluß der angrenzenden Gebiete. Facultas Univ. Verlag, Wien, 286 pp. Zoodat- Zoogeografische Datenbank Österreichs, TU Linz. Received / Prejeto: 10. 11.1999 42