Nrn. XXXV. n ^, 1804. Lalbacher OWch Wochenblatt. Z u m N u t z e n u n d V e r g n u g c n. Als Zugabe zur Edel von Kleinmayer schenLaibacherZeitung. 5 Niber die rufslsche Sprache. Fortsetzung. >l)aß dic Mutter der russishen Mundart, die alic slavische oder slavinischc Sprache, zu den Ursprachen unseres Wcltlhcils gehört habe^ ist eine eben so bekannte Sache, als daß sich ihr Gebieth unstreitig viel weiter über Europa erstreckt habe, als das einer jeden andern. Mehrere jetzt ganz deutsche Provinzen waren früher von Völkern slavischen Ursprungs bewohnt, und nur der Fanaliömus für die Ausbreitung des christlichen Glaubens, wovon die Germanen einst beseelt waren, konnte es dahin dingen, dic slavische Ursprache aus dem nördlichen Deutschland, aus Schlesien, Meklenburg, der Lausitz und Brandenburg 2c. gan; oder wenigstens so zu verdrängen, daß nur noch schwache Spnrcn derselben in diesen Gegenden übrig bUeb.n. Ob nicht noch früher Deutsche diese Pt0vmz>n bewohnt Haben, ist freylich eine andere Frage; von einigen wissen wir wenigstens historisch, daß ihre Germanischen Urbcwohner, bey jener großen Völkerwanderung, von den aus ihren alten Wohnsiycn am Dniester und der Weichsel hervorgcdrungcncn Slaven, aus ihrer Heimat!) verdrängt worden sind. Die Richtung dcs Zuges dieser vorbringenden Volksmasse,ist schon aus den Benennungen zu erkennen, dir sie sich in ihren einzelnen Stemmen selbst beygelegt bat; die Böhmen hiessen nämlich diev 0 1 dern (C z e ch y), dir Wendln die die mittlern(Szerßki), die Schlesier dic hlntern (Wczo.) über den Urspruna der heutigen Russen laßt stch nur so vicl mit Gewißheit angeben, daß sie gleichfalls slaoisckrr Abkunst gewesen sind, und daß die von ,l tn>„ unter Rurik's Anführung aus dem Norden Europens herbeygerufe^cn Gothcn sich n,il ,h-nen so sehr verschmolzen haben, daß von der Sprache der cigenllickcn Sieger nur noch «?,.,-„. gc Merkmahle in der Mundart der Bellcaten übrig sind. ' ""n Dem Svrachforschcr gewahrt es mannigfaltiges Vergnügen, durch dic Aufnahme anslan-discherWorle in irgend eine selbststandigr Sprache, auf Bemerkungen geleitet zu werden, wodurch sich der Gang der Cultur des Volks und scii.er Sprache genauer bezeichnen laßt. Sicht man aus dic verschiedenen Dialekte der slavi-schen Ursprache, so crgiebt sich, daß die Deutschen, die Römer und die Griechen an der Ausbildung dc.ftlbcn, so wie an der Gcistescultur der einzelnen Volksstammc slavischer Abkunst einen mächtigen Antheil Ichabl haben müssem Eo ist hier der Ort nicht, in wntlauftige Erörterungen darüber einzugehen; nur vorläufic» und im Mqrmeil.en gilt die Bemerkung daß durch die Mittheilung des Christenthum/ nach dem morqenlandischen und abendländisch«, Ritus, diese Veränderungen motivirt und weiter ausgeführt worden sind. Unter den noch jeht gebräuchlichen Dialekten i der slavischen Sprache, hat der Wendische und Kraincrische dic meiste Mischung mit dem Deutschen, indem eine sehr große Menge vou deutschen Worten in diese «Sprache übergegangen ist. Wcit geringer ist die Zahl der aus dem Deutschen in den B ö h n'. i sch- und Polnisch- Slavischen Dialekt gekommenem Worte. Noch unbedeutender ist die Anzahl deut" scher Worte in den Russischen und L i t-thauischen Dialekt. In dem « ordi sch e n, Illyrischen und K r o a t i^sch c n finden sich endlich wenig oder gar leine spuren von deutschen Abkömmlingen, dagegen man in demselben auf mehrere Worte siößc, dic einen Griechischen oder Lateinischen Ursprung verrathen. Dic Po l-nischc und Böhmi sch c Sprache haben sich ebenfalls durch viele lateinische Ableitungen bereichert; und dic Russische zeigt unö einen nicht ganz unbedeutenden Vorralh von Worten, dic entweder aus dem Griechischen entlehnt, oder darnach gebildet worden sind. Mit ihrer jetzigen Glaubenslehre erhielten die Nusscn von den morgenländischen Christen auch »hrc Buchstabenschrift, vermehrten sie aber mit noch ganz eigenen Charactcrcn, so, daß sie ungleich mehr Buchstabenzeichen enthalt, als die irgend cncr andern europäischen Sprache. Sie zählt ihrer nähmlich nicht weniger als 45, wovon indeß zehn oder cilf fast ganz außer Gebrauch gekommen, und nur noch in alccn Kirchenbüchern nnd handschriftlichen Urkunden anzutreffen sind. DicRciimmlgc der übrigbleibenden <^ Buchstaben, ist mn der des Deutschen und Lateinischen Alphabets ganz verschieden, und nähert sich lmhr der des Guechlschen. Obgleich dic Russe« wcit mehr Schriftzcichen desihen, als wir Deutsche, so haben sie darum doch nicht so viele eigene Töne mehr. Da die russische Sprache, wie die meisten slavischen Dialekte, so reich an Zischlauten ist, so hat sie für das weiche und harte s, sür das weiche und harte sch, und für dic beyden übrigen einfachen Zischle, wooon :vir den ersten mit den vier Buchstaben tsch, den andern aber milden sieben Nilchstabe« schtsch ausdrücken, ganz eigene Schristzeichcn, die weder im Gespräche, noch in schriftlichen Aufsähen mit einander verwechselt werden dnrftü. Ailstatt des Punctes oder Acccn-les, wol.nl die Wenden, Böhmen und Polen mehrere Buchstaben bezeichnen, wenn diese bey der Aussprache mit einem gleichsam am Gau« mcn hangen bleibenden kurzen und geschwinden j oder g verbunden wcrdcn sollen, haben bie Russen ein eigenes Schriftzcichen, von dessen eigentlicher Benennung (Iehr) alle jene Buchstaben jehrirte genannt werden. Der häusige Gebranch dieses Iehr ist überhaupt eines der wesentlichen Unterschcidungs-Mcrkmahle der slavischen Dialekte, das in keiner andern europäischen Sprache anzutreffen ist. (Die Fortsetzung folgl.) Memorabilien aus dem alten P a r l 5. Fortsetzung. Die Königennd Königinnen von Frankreich hielten ehemahls ihren Einzug durch die Straße und das Thor St. Äei/is. Alle Straßen^ durch welche der Zug gieng, bis an dic Kirche Notre Dame waren mit Tapeien belegt, und dic Häuser mit seidenen Zeug", nnd kamelotlc behängen. Die Dcputirtcn der ^uftcule trugen den Baldachin, d,c Innungen der Handlvclker folgte,', und stellten m einem prächtigen Auszu-gc dic sieben Todnmden und die sieben Tugenden, den Glauben, die Hoffnung, L^cbe, Gerechtigkeit, Kloghe t, Tapfcrkcil und Mäßiakeit vor. Es waren ferner Schaubühnen in gewisse» Entfernung von einander errichtet, worauf in ' Pmllomimcn und in muflkalischen Chören dtb« ' lischc Geschicken vorgestellt wurden, z. B. die Opferung Isaaks, Davids Slnlt mit Goliath, die Geschichte von Bilcams E.el, Hirten mir ihren Hccrden in cinrin Gebüsche, "denen ein Engel dic Geburt Christi ankündigt u. s. w. — > Beym Einzüge der Isabclle v. Bayern, Gemahlinn Karls des Sechsten, sah man an dem Thore au,r Peintrc s den Himmel mit vielen Sternen verziert, nnd Gott ^dcn Vater, Sohn und heil. Geist auf dem Thron slhen. In dem Himmel singen kleine Kinder, als Engel verkleidet, in Chören; und wie dic Königinn in ihrer Sanfte unter dic Thür des Paradieses kam, ließen sich z,uey Engel sanft herab und seyteu ihr, indem >ie dazu liebliche Verse sang?,,, rinc icich mit kostbaren Slcincn hcscl,tte Krone «uf. — Ein Genueser hatte von der Spitze des Thlirms Unsrer lieben Frauen nach eilirmHau, se auf dem Pout dc Changc ciii Seil gezoqen, und tai'.zte, mit eince brennenden Fackel in der Hand, d^o gan;c Seil hcruilter, seyle der Kö-ni^,illil eine 5^ronc auf und schwang sich darauf wied.r in die Luft. Da es schon' finster war, als dcr Zug hierher kam, so konnte er von g^.nz P.nis gesehn werde». <^.rl der sechste konnte der Begierde nicht niderstehen, diesen köstlich angeordneten Einzug in der Nähr mit anzusehen. Er verklridelc sich schwang sich hinten mit a::f das P'Vrd seines ^cblings Boisy, und so trott rlen sie durch dir Stadl, um der Königinn drum C'Mclel, wo sie r.^rey ,n»ßle, zuvorznkomü'en. Da hier ein fthr grober Zudran^ des Volks wa>- so halte manGencht^diener postin, die mit ihren Stangen bald da bald dorthin schlugt, um Platz z:i jchassen. Als der König und Boisy, die man s-icht kannte, den Gerichtsdiencrn in den Wurf tmuen, machten sie mit ihnen cbensalls keine Co^rlimente, sondern preschten auf die irrenden Ritler wacker darauf l>?i<; besonders mu,;te der Rücken des armen Königs, weil rr hinten auf saß, herhalten. Er fand sich davon hinten, n.-.ch so divertirt, daß er dcr Erste war, der Abends im Zirkel der Hamen ftin lustige ^bcn-- theuer mit drolligen Aemerknngcn erzählte. __ .Dcn andern Mora n darauf erschienen die Abgeordneten derBlrgcr und überreichten der 5^ö-niginn knicvnd goldene Gesäße; aucy dem >kö-n ge brachten sie, der eine als Bar, der andere als Einhorn verkkidet, reiche Gescheute dar: eine Maskerade, die man damahls sehr sinnreich fand. Als Ludwig der Eilftc im Jahre,46, seinen Einzug hielt, war die Üppigkeit schon auf cinrn solchen Grad gesticgrn, daß man sogar oor der Fontaine duPonccau eine Anzahl schönerMäd-chcn gestellt hatte, dicSirencn vorstellten, g a nz nackend waren (wir wollen hoffen, nur in Tricot genäht), und kleine veriübrclische Sirc-nenlieder sangen. — Beym Einzüge der Köni-gtnn Anna 0 0 n Vrctagnc trieb man die Sorgfalt so weit, daß man in gewisser Mette Haufen von zehn bis zwölf weiblicher Personen placirtc, die für die Damen des Zuges Kammer-bcckcn in Bereitschaft hielten, wenn etwa einige von ihnen (sagt der gewissenhafte Malingre) cmc Uligelegeühcit empfangn. — übrigens rief man damahls bey allen solchen Feycrlichkcitc» n,cht vive le l^yj! sondern IXoel, ^02!! wel° ches m Bezug auf die alten au^elass,.,,« Weu)ilachtSsesti»italen, soviel als juchhei! Hin. rah! bedeutet. ^' // ^ Das Lager bey Prag. Ein ausländisches Journal liefert fol'.ends hu!noll.7l»che Skizze n^r das ben Prag gelxntenc k. k. Udungslager: . ^ ^ » . Achczedn Jahre sind verflossen, seitdem sich züm lcyten Mahle die böhmische Armec in cin-'m Lager oey Prag zusammenzog. Welcher frapp-.nc te Wech,el säilt in diese achtzehn Jahre! Ans dem <2lrom der Zeit, noch mehr aus dem 5a. taralt der B.-gebelcheiten tritt nnn alles veran^ dert hervor. Alcer und zwey blutige Kriege haben wohl alle jene Tausende aufgerieben, dic sich im Ialire 1736 um I 0 scph vclsammeitcn, und er ,cldst — ach — wo ist der Bdbmc, dev bey dlezem Rückolick nicht Wedmuth ergreift ^ — Ieht bewohnen die Söhne die lcinivandc,:^! Hütten auf den Anhöhen von Hlau^ctin, die d'or achtzehn Jahren der Kern der Väter füllte — jetzt tritt Franz der Zweyte als M^nn und ^onig unter seine Kricger, der vor achlzebn Jahren als zarter Jüngling an der el ßch durch den Gebrauch eines mehrere El- len langen Perspektws wenigstens znnl Fonlard gemacht zu haben glaubte, cinc.n Kreise u.n sich die Stellungen der Armeen und die Tendenz dcr Bewegungen; indeß ein Modeheld mit einem Querdackenbarte mit kostbaren Sentimens ein Halbduhcnd Mädchen atlakirte, denen das «rostige Wetter Wangen und die bis zurAchselyöle entblößten Arme bläulich gefärbt hatte. Drollig war das Betragen einiger alten Landleiit>', welche dieß Schauspiel angriff und exaltirte, und d,c für die Partheyen stch so herzlich mteressrlen, daß mehrmals ein heftiger Streit unter ihnen entstand. Die preussischen Officiere zogen wohl den größten Nutzen davon; denn sie schienen auf alles, was vorgieng, sehr aufmert,am, und ich sah sogar viele unter ihnen, die in grnau gezeichneten Planen nachsuchten was vor ihnen vorgieng, unö daö Bannende berichtigten. — An einzelnen komischen Zügen fehlte es nun anch nicht. Ein eleganter Jude erstarrte vor Ängsten, als die retirirendc Parthey einen Theil des Hügels, woraus wir Posto gefaßt hatten, erstiegen hatte und von dem Gegentheil beschossen wurde; er wollte, als er bey der wechselnden Wirkung des Schreckens wieder Lcnksaiu-kcit in si-inen Gliedern fühlte, die Flucht ergreifen, und suchte seinen Gesellschafter, dessen Arm er doch auch nicht loslassen wollte, stehend und mit verstörtem Gesichte zur Entfernung zu bewegen; aber dieser, ein Ritter ohne Furcht und Tadel, blieb stehen und der Jude stand Hollenpcin aus. Ein anderer Elegant wurde, als cr sich gerade recht c^poniren wollte, von seiner schcu gewordenen Rosinanle herunter geworfen, und dcfilirtc nun mit beschundencr Nase, um die Gruppirungen noch mehr zu hebcn^ hinter dem Hccreszug vor dcm men!a,llschcn Amciscnhaufcn, auf dem alles das ohlgc rvr-6'cng, hangenden Leibes — was, wie ich höre, en gcnre seyn soll—vorbey, und alles seufz« le: armes Blut! — Endlich zog sich die Schlacht herab in die Ebene, das Gewühl meines Hügels zerstreute sich, die Belustigung hörte auf und bald auch das Gepolter im Thale. L.G. Hiemit wird das schuldig gebliebene Wochenblatt nachgetragen.