.3«. ^----------------^M,^...—>—»-----------—----------------——>-----------------———————— - > ' Kamst ag den 19. KeVtember 1835. Ansichten eines Schullehrers über ven fortschritt in unserem Zeitalter. (V c s ch l u ß) Ach! Sonntag —Sonntag! welches Vergnügen wlrd es seyn, nach Savoyen zu fliehen. Die Fort-schrittsverkäufer, diese Schelme! sind dort verboten. Dorc, geschützt vor ihren Angriffen, werden uns die Stunden verstießen, unter jene» alten Bäumen, bei jcnem alterthümlichen Dörfchen, — nachbarlich den Lal,dlcute„, welchen alle jene Gräuel fremd sind. Glückliche, glückliche Landleule! die Bewohner von Allinges. Das Fieber des Fortschritts beunruhigt nicht ihr Leben, er verfolgt sie nicht bis auf ihre Felsen. Dcr Fortschritt hat nicht ihren Obstgarten verkehrt,— ihre Hügel geebnet, die Slrohhütte verunstaltet, die sie zur Welt kommen sah, nicht die Vuche gefällt, die ihre Kindheit beschattete. Sie können sich an etwas binden, sie können auf etwas rechnen, sie können den Frieden kennen, die Ruhe, die Sicherheit. Die Sicherheit, ach! dieses Gefühl allein verschönert das Le. dcn, vergoldet die Tage, nährt die Stunden, sie ist dem Herzen ein süßer, ein gemächlicher Trost, und die Wunder des Fortschritts biethen keinen Ersatz für ihlcn Abgang. Könnte ich Jemand finden, der meiner Meinung wäre, dem der Fortschritt nicht den Kopf verkehrt, nicht die Vcurtheilungskrafl verdreht hätte, der es wagte, ihn zu verwünschen, wie ich ihn verwünsche. Ach, komm mein Freund! nur dieses kellet mich an dich, komm, wir wollen in Gemeinschaft leben, Vu bist meinesgleichen, mein Nächster, — ich liebe dich, wie mich selber; komm, wir wollen nach Savoven geh'n, um dort einige Nuhe zu finden, vordem Tode. Komm, mein Freund, unsere Hütten bauen wir am Abhangs jenes Hügels — im Angesichte des See's und seiner ausgedehnte!, Ufer —kühl des Morgens, vergoldet des Abends — immer friedlich. Der Anblick der Deinen wird mir theuer, dir dcr Anblick der Meinen angenehm seyn, denn sie werden immer dieselben bleiben, ver. schwiPerl mit der Nuhe unseres Lebens, verschont von der Mode, die sich an nichts bindet; unbekannt dem Fortschritt, dcr alles entartet, werden sie ein Theil der Landschaft seyn, und mehr noch als diese in unseren Gefühlen, in unseren Herzen, in unserem Seyn, und wenn irgend ein Unglück sie zerstörte, wollen wir ihre Stätte noch mit Thränen betrachten. Komm, mein Freund, wenn es seyn muß, wollen auch wir unseren Fortschritt, unsern bedachtigen und friedlichen Fortschritt haben,— die neuen Triebe des Geißblattes nämlich, die neuen Sprossen des Wein» stocks, den du an deinen Fenstern erziehst, der prächtige Schmuck deines Blumengartens. Jährlich vom lauen Hauche des Frühlings verjüngt, werden diese einfachen Schönheiten unsere Augen erquicken, diese ländlichen Sorgen unsere Muße erheitern, uns Stoff zur Unterhaltung biethen. Die Ruhe, Nachbar, die Sicherheit, die Gewohnheit, dieses süße Ding, das noch süßere Faullenzcn, werden über unsern Tagen schweben; — die Unruhe, das Mißbehagen, das Fieber, das verzehrende Fieber der Verbesserung, wild nicht den Frieden unserer Zurückgezogenheil stören, — und wenn es einmal gestorben sein muß, — wir werden wenigstens gelebt haben!! Süßer Traum, aber Traum nur! Solche Dinge träumen sich, aber sie kommen nicht wirklich vor. — Uebrigens, wie könnten wir auch? — Du hast deinen Laden, — ich meine Schule. Eo begnügen wir uns - 450 - tenn indeffen, Nachbar, alle Sonntage nach Savoyeu zu gehen. Aber geh auf der gulen Straße! ich bitte dich darum. Nach Allinges willst du gehen ? Allinges liegt hinter Thonon, gegen die Berge. — Es sind zwei Zwillingshügel, beide von Ruinen ehemaliger Burgen gekrönt. Zwei Brüder hausten dort vor alter Zeit, in ruchloser Fehde mit einander. — Heut zu Tage keine Fehden mehr — und keine Brüder! Nach diesen Hügeln führen zwei Wege, —der uut, in O^«8ut, in I^otulin, in Shakespear'schen Dramen, in Roman-Ungeheuern, in weißem (Zhocolat. — In weißem Chocolat! — Halt Nachbar! das ist der Gi« pfel des Fortschrittes. Hättest du je gedacht, daß man - 15l - so weit kommen könne? — Was seit Jahrhunderten schwarz war, macht er dir weiß! ha! - Ich begreife es, daß der Fortschrittsmensch bei diesem An< blicke die Augen aufreißt, daß seine Nasenlöcher aufschwellen, daß er seinen armen Großvater verachtet, der ihn schwarz getrunken — wie dumm, schwarz?! Und siehe! wie ein Fortschritt den andern herbeifuhrt, — siehe inder Poesie! wie uns August I',2rliier blauen Wein aufsetzt: . . . . . (7 e8t enlin !a lM« lic taverne I^a 511c: kuvant cw vin d!eu elc. elc. ^. Vnli^ic:!'. ^2„>!,e VII. Indessen,— ich lasse ihm seinen blauen Wein zu, dem Herrn August I^n-dier; ich werde seinen blauen Wein trinken, ich werde ihn gut finden, wenn er mir von eir.em Dichter seines Korns und auf einer so reich besetzten Tafel, wie die Seinige, Lothen wird. Aber, siehst du nicht den Troß von Fortschrittspoeten, derdie-sen blauen Wein ersehen hat! Himmel! was werden die uns vorsetzen, was werden wir da trinken müssen, — welche Nachlrchenü Erwartest du nicht die grünen Wangen der erbleichenden Jungfrau, apfclgrün. grün. spangrün ; — den rothen See — den siohfarbenen Himmel i — Ich bin auf alles gefaßt — denn ich weiß, daß der Fortschritt alles verändert, verwechselt, um« »vcndet, um es wieder zuwenden, kurcheinanderwirft, um eß auseinander zu klauben, und auseinander klaubt, um es durcheinander zu werfen — und aus dem kömmt fr Nicht heraus — ! Doch, ich wollte ja von etwas andern sprechen. Gin Auckerrohrbranv auf ven Antillen. Im Monat November, dem Zeitpuncte der Blüthe , ist ein Zuckerrohrfeld eines dcr prachtvollsten Ge: mäldc der Natur. Je nach der Beschaffenheit des Bodens oder der Cultur richtet sich die Höhe der Pflanzen. Ist aber der Augenblick der Reife vorhanden, so prangt das ganze Feld als ein weiter Teppich im reinsten Gold-glänze, dem die Sonnenstrahlen in breiten Purpur« streifen ihre verschiedenen Schattirungen aufdrücken. Die Spitze der Stäna/l ist schwärzlich grün, doch ändert sich, je nachdem d!e Pflanzen durch Wä'rme oder Nejfe trocknen, ihre F.irbc, und wird rothgclb; lange und schmale Blätter fallen oben von den Stängeln hcr-ab, und scheinen sich zu öffnen, um einen Pfeil, eine Silbcrspitze, hervorspringen zu lassen. Sein? Höhe schwankt zwischen 2 und 6 Fuß, und auf seiner Spitze schwebt sanft ein Busch weißer Federn, die sich in clner zarten Franze endigen, deren Farbe an die blühenden Büschel unserer Springen erinnern. Fängt aber d'cse Pflanzung, welche die Sonne wie zum Voraus für die Verwüstungen des Brandes zubereitel, Fcuer, dann zeigt sich das malerisch,schrecklichste Schauspiel, dessen ganze Pracht nur ein Dichter oder Maler darzustellen im Stande ist; kein Brand hat dieses Erschreckende, keiner so reißende Flammen; wie der Blitz bahnen sie sich ihren Weg, und wie er, verzehren sie auf, was sie treffen. Manchmal fangt ein kurz zuvor abgeerntetes Feld, Feuer, es dehnt sich aus, verbreitet sich und be« deckt bald den Hügel; es folgt den kreisförmigen Linien , die man zog zur regelmäßigen Pflanzung der Rohre; seine majestätischen Wellen haben Anfangs einen Glanz und einen Schimmer, die nicht durch Worte zu schildern sind; wenn dann die Gewalt des Windes die Intensität der Wärme noch vermehrt, so neh» men sie eine düstere Färbung an, und man glaubt jene flüssigen Lavaströ'me zu sehen, die sich mit Ungestüm von feuersprühenden Bergen herabwälzen. Sobald man bemerkt, daß das Feuer eine Wanzung ergreift, schlägt man mit verdoppelten Schlägen auf die Appellmuscheln ; die Echos ertönen und senden den Schall weithin; der Lärm verbreitet sich auf den benachbarten Niederlassungen. Das Eeräuscn dieser Muscheln, dcr Anblick der Neger inmitten all der Feuer, das Ausdrucksvolte in ihren Pantomimen, ihre Arbeiter», das ungeduldige Toben und Lärmen der Wcißen, die Gruppen von Pferden und Mauleseln, welche den Hin» tergrund des Gemäldes bilden, die Bewegung, Unordnung und Verwirrung, die überall herrschen, die Wirbelsäulen des Rauches, das reißende Umsichgreifen der Flammen, das Knarren und Krachen der verblenden Nohre— all dieß bildet ein Schauspiel, das die Einbildungskraft nur unvollkommen zu schildern ver< mag» und das, bietet es sich dem Auge mitten in dec Nacht dar, wahrhaft erhaben wird. Sobald man im Augenblicke der Ernte in einer Pflanzung Feuer bemerkt, sucht man in aller Eile einen Thcil davon einzusammeln, um dem Weitergreifen des Brandes Einhalt zu thun. Nichts gleicht dcr Schnelligkeit und Ge, schicklichkeit, die man in solchen Augenblicken an den Tag legt. Bricht es nach dcr Einte in dem Gestrüpp-werk aus, und verbreitet es sich mit Heftigkeit, so macht man schnell am Ende des Feldes einen Haufen von trocknen Blättern und Gräsern; es ist das kürze-sie Mittel, die Fortschritte dcs Feuers zu hemmen, wenn man es um diesen Haufen brennbarer Stosse conzentrirt, und es seine Richtung gänzlich ändern läßt. Die freien Zwischcnra'umc, die man zwischen den Feldern läßt, bilden manchmal eine heilem? Schranke gegen die Fortschritte des Brandes; allein die brennende Dürre des Rasens, dcr dieselben bedeckt, ist von dcr Art, das es aller erdenklichen Vorsichtsmaßregeln bedarf, um zu hindern, daß dieser Boden sich nicht selbst entzünde. Ver Mallcv'schl Komet. Die nunmehr, genau der Theorie gemäß, erfolgte 152 Wiederkehr des berühmten Halley'schen Kometen ist unstreitig ein Ereigniß, durch welches die Wissenschaft einen neuen großen Triumph feiert. Ueber 76 Jahre lang den Blicken der Menschen gänzlich unsichtbar/und in dieser ungeheuren Bahn, die den Kometen fast noch ein Mal so weit, als die bekannten Gränzen unseres Planeten-Systems reichen, in die Tiefen des Weltalis führt, Schritt für Schritt nur allein von der Theorie begleitet, kehrt derselbe folgsam zur be,'7''nimt?n Zeit an den Ort zurück, der ihm durch des Mathematikers Formel und des Rechners Zahl vorgeschrieben ist! — in der That ein Ereigniß, welches auch für den Nicht, eingeweihten den unumstößlichen Beweis liefert, daß nur allein diese Theorie, deren Grund Principien wir dem unsterblichen Newton verdanken, die einzig wahre und diejenige ist, welcher die Natur unbedingt gehorcht. — Der Komet zeigt sich seit dem 25. August als eine kleine, runde, ungemein lichtschwache Nebelmasse, die u, der Mitte, wie gewöhnlich, etwas heller erscheint, noch ohne alle Spur von einem Schweife oder etwai' Zem festen Kerne. Der Komet, der gegenwärtig noch über 55 Millionen Meilen von uns entfernt ist, nähert sich nun mit jedem Tage der Erde immer mehr, und sein Licht nimmt fortwährend zu,- doch wird er vor der Mitte Septembers dem bloßen Auge nicht sichtbar iverden. In den ersten Tagen des Octobers erreiche «r seine größte Eronähc, wobei er derselben bis auf etwa 4 Millionen Meilen nahe kommt, also doch koch 80 Mal weiter von ihr entfernt bleibt, alS der Mond. Um diese Zeit hat er eine solche nördliche Stellung er. reicht, daß er einige Tage hindurch nicht untergeht, son« dern während der ganzen Nacht am nördlichen Him» mcl sichtbar ist. Alsdann läuft er mit noch etwas zu-> nehmendem Lichtglanze (von dessen Pracht übrigens durch manche in neuerer Zeit über den Kometen erschienene Schriften, und zum Theil seltsame Ankündigungen viel zu hohe Erwartungen erweckt worden sind) rasch nach Südcn gegen die Sonne zu, wobei er sich mic schnellen Schritten von der Erde entfernt, so daß er Ende Octobers schon wieder über 20 Millionen Meilen von ihr absteht. In den ersten Tagen Novembers zeigt er sich noch in der Abdämmerung bald nack Sonnenuntergang am südwestlichen Himmel, nachher aber wird er in den Strahlen der Abendsonne verschwinden, und eine Zeit lang unsichtbar seyn. Erst gegen Ende Decembers kommt er in der Früh vor Sonnenaufgang niedrig am südöstlichen Himmel wieder zum Vorschein, und man wird ihn alsdann noch einige Zeit hindurch mit Fernröhren verfolgen können, bis seine immer mehr zunehmende Lichtschiuäche ihn unseren Blicken gänzlich entzieht, und er aufs Neue in die Tiefen des Weltraumes dringt, von wo er für unsere Nachkommen um das Jahr 1911 wieder zurückkehren wird. Das Oeueste unv Interessanteste im Gebiete verRunst mw Invustrie. ver Nänver« unv ^ölkerkunve. Ein junger Architect, Texier, ist nach Beendigung seiner Studien in Italien von der'französischcn Regierung nach Constanlinopel und Kleinasien gesandt worden, um die alten Denkmäler jenes fast unbekannten Land.e.s zu untersuchen. Er hat vor kurzem aus Phrpgicn geschrieben, und einen interessanten Bericht über die Stadt Azan mitgetheilt, von deren alten Bau' dmkmälern wir bisher weder Beschreibung noch Abbildungen hatten, tzechat daselbst einen prachtvollen, von einer jonischen Säulenreihe umgebenen Tempel entdeckt, der alles der Art, was Griechenland und Italien be-sitzen, in Hinsicht auf Reinheit des Stplcs und der Erhaltung übertreffen soll. Auf den Außenmauern befinden sich noch acht griechische und lateinische Inschrif« ten, welche sich auf panhellenische Fesie beziehen. Fast alle andere öffentliche Gebäude der alten Stadt eristiren noch, marmorne Brücken und Grab-Dcnkmä'ler, Quais, das Theater und der Cirkus. Das Theater ist, voll' kommen erhalten. Die Vühne ist noch ganz, nur sind die jonischen Säulen von einem Erdbeben umgeworfen worden, und das Orchester ist mit Schutt bedeckt. Im Proscenium befindet sich ein Fries mit erhabener Arbeit, Iagdscenen vorstellend; unter den Thieren erkennt man den Zebu oder Vuckelochsen (den man jetzt nur in Indien findet). Die Thore stehen noch mit allen ihren Verzierungen. Dem Theater gegenüber liegt der aus weißem Marmor erbaute Eircils. In der Nähe des Tempels sieht man cinen großen Porlicus mit Säulen von dorischer Ordnung. Unter den Ueber« resten sind die Häuser eines kleinen Dorfes zerstreut. Texier hat mehrere Nachgrabungen anstellen lassen, und die Gebäude gemessen und gezeichnet. So wie ein Mann in Nubien geheiralhet hat, darf seine Schwiegermutter ihr Lebelang kein Wort mehr mit ihm reden. Dieses Gesetz dürfte manchem europäischen Ehemanne ebenfalls zu Statten kommen. Da jedem Gesetze in der Regel eine Wahrheit ;um Grunde liegt, so muß man schließen, daß die nubisch?» Schwiegermütter vor Erlassung des Gesetzes sich mchr als nöthig in die Angelegenheiten ihrer Schwiegersöhne gemengt haben. Auflösung ver Wamonume im Menschen VlatteMra. 36. Heft. Nevatteur: Fr. Vali. Weinrich. Verleger: Ignaj Al. Evln v. Rleinniav'-'.