äO SO r- n ^?.(:HX("CCCCCm€CCCCCteMn! erbittet das Gefertigte von seinen Freunden und Gönnern entbehrliche Bücher, * wenn auch älteren Datums, besonders « ascetischen und theologischen Inhaltes. Missionshaus Mühland bei Brixen. 5P Aeltsre Jahrgänge?£% 5es „Stern 5er Neger" sind noch erhältlich tmb jtoar: 5er erste Jahrgang ä 2 K, 5er ^ tu eite (2. für sich aügefchloffenes Halbjahr) ä 1 K, 5 er 5ritte ä 2 K. Alle Jahrgänge zusammen bezogen kosten nur 4 Kronen. Behufs Erleichterung in der Versendung ersuchen wir die verehrlichen Abnehmer höflichst, bei allen Anfragen, Geldsendungen u. s. w. stets die gedruckte Pchleifnummer und Adressenänderungen etc. stets bis zum 20. des Monats angeben zu wollen. Eorrefponöeng der Expedition. Eingegangene Geldsendungen. (Sßom 1. bis 28. October 1901.) Kronen Anr das Wislionshaus: Kronen Aus Südtirol................................ 5.— Anna Mayr, St. Valentin a. d. Westb. . . . 2.60 Dr. Hönigschmidt, Weistrach..................1.— H. Tschurtschenthaler, Bruneck .....................2.— I. Webhoser, Bruneck...................... 1.— Aus Westfalen.............................. 702.— Theresia Springer, Linz.....................17.— Aegyd. Mayer, Pfarrer, Schruns..............20.— Hubert Nigifch, Cooperator, Weistrach .... 6.— Joh. Godec, Laibach...............................18 — I. Gottwald, Erzpriester, Grünhoff bei Regenwalde 2.35 Anton Reif, Bischofshofen....................1.— Vom Märien-Verein in Innsbruck..............184.— Seine Excellenz Fürstbischof Simon, Brixen . . 703.15 Joses Müller, Spediteur Brixen.................... 1 22 Matthäus Brandlmaier, Grieskirchen .... 50.— Bücher sandten ein: Alois Moritz, Exposius, Stallehr (Vorarlberg). P. Bruno Wiesinger. Monsignore Professor Zupan — Rosenkränze. Johann Godec, Domvicar, Laibach — alte Briefmarken, Medaillen. Diesen und allen übrigen Wohlthätern sagen wir ein herzliches „Vergelts Gott" und bitten um weitere Unterstützung dieses Missionshauses. N Gunther, Pfarrer, Saarlouis........................2.34 $. Noppenberger, München............................. 44 Albert Huber, Pfarrer, Tarrenz.................... 200.— Durch Christ. Perkmonn, Pfarrer von 932. Kreuz- bergen, Bischofshofen.......................... 20.— Al. Karcher, Langesthei in Paznaun als Antonius-brot zum Dank für eine wiedergesnndene Banknote 10.— Josef Ferstel, Superior, Mallersdorf...............11.70 Tür heilige Wellen: Doergens, Nürnberg......................... Joh. Fallmerayer, Brixen................... Marie Mayer, Meisdorf...................... Fröhlich, Ahrweiler........................ 46.88 7,— 7 — 8.19 Deutscher Glaubensbote. M. 11. Movember 1901. IV. Aaljrg. An unsere geehrten Leser! Herannahen des Jahresschlusses richten wir an die geehrten Bezieher unserer Zeitschrift die ^ Bitte, uns auch in Zukunft treu zu bleiben, die Bestellung des „Stern der Neger" für 1902 durch Einsendung des Betrages von 3 K. " 3 IM. — 4 Fl. recht bald erneuern und uns neue Besteller zuführen zu wollen. Wir werden uns bemühen, die Zeitschrift auch im neuen Jahre wieder zu vervollkommnen. Durch die Bestellung des „Stern der Neger" tvird ein hervorragend katholisches Werk unterstützt und zugleich ein österreichisches Unternehmen gefördert. Zugleich fügen wir hieran die innige Bitte um Unterstützung unseres Hauses durch milde Gaben. — Unser Missionshaus ist mit jungen Leuten — Clcrikcrn, Novizen, Brüdern, Zöglingen — gefüllt, die für ihren schonen Beruf, als Ordensmissionäre in Central-Afrika zu wirken, auf das Höchste begeistert find. Die Unterhaltung einer solchen Anstalt, welche ausschließlich auf milde Gaben angewiesen ist, braucht viel. Da sind wir zunächst ans unsere Landsleute angewiesen, auf sie richten sich also unsere Augen und unsere Hoffnung. Wir sind Katholiken und wissen wohl, dass alle Menschen unsere Nächsten sind, aber unsere Religion verbietet uns nicht, an erster Stelle diejenigen zu unterstützen, die uns am nächsten sind. 322 Der 1)1. Gregor der Wunderthäter. Unter beit Missionsgesellschafteii und Missionsanstalten, welche in so erfreulicher Anzahl eine der schönsten Zierden unserer heiligen katholischen Kirche bilden, stehen uns am nächsten unsere eigenen, auf unserem heimatlichen Boden stehenden, in denen die Jünglinge unserer Heimat und die Kinder unseres Vaterlandes zu Missionären ausgebildet werden. Diesen unseren heimischen Missionsnnstaltcn mögen also in erster Linie unsere Missionsgaben zugewendet werden. Möge diese unsere herzliche Bitte bei unseren Lesern, unseren Freunden und Wohlthätern und allen Förderern des katholischen Missionswerkes ein williges Ohr finden! Die kleinste Gabe für unser Haus wird mit Dank angenommen und vom ewigen Vergelter, der unsere Bedürfnisse kennt, gewiss mit irdischem und himmlischem Lohne reichlich vergolten werden. -<^>- Legenöe öe§ Uorgenlanöes. §>er Ht. Gregor 6er Wundertäter. (17. November.) er heilige Gregor, Bischof von Ncocäsarea im Pontus am schwarzen Meere, ward um 210 zu Ncocäsarea geboren und wuchs hier unter dem Namen Theodor in vornehmer heidnischer Umgebung auf. Sein Lehrer im Lateinischen bewog ihn zu dem Entschlüsse, sich dem Studium der Rechtswissenschaften zu widmen und zur Ausführung dieses Vorhabens begab er sich, von seinem Bruder Athenodorus begleitet, nach Lerytus in Phönicien. Folgender Anlass, der wohl einer ganz besonderen Fügung der göttlichen Vorsehung zuzuschreiben ist, brachte ihn nach Cäsarea Stratonis in Palästina; der Statthalter von Palästina hatte einen Mann aus Ncocäsarea in Pontus als Beisitzer seines Rathes mit sich geführt, der die Schwester der beiden Jünglinge zur Frau hatte. Da er sie bei sich zu haben wünschte, ließ der Statthalter sie auf Unkosten der Provinz kommen, und die Brüder gaben ihr bis Cäsarea das Geleite, von wo aus sie ihre Reise fortsetzten. Doch kamen sie, wahrscheinlich zur Zeit der Schulferien, um ihre Schwester zu besuchen, bald wieder nach Cäsarea. Hier wurden die beiden Brüder durch die Persönlichkeit und den Lehrvortrag des großen christlichen Genies Origenes derart gefesselt, dass sie den anfänglich wiederholt gefassten Plan, heimlich nach Lerytus oder in die Heimat zu entfliehen, aufgaben und nun in Cäsarea blieben, ganz hingegeben dem bewunderten Meister, welcher seine Jünger für die Beschäftigung mit den heiligen Schriften und damit allmählich für das Christenthum zu gewinnen wusste. Origenes, ohne Zweifel das größte christliche Genie der vorpatristischen Zeit, ward 185 zu Alexandrien als Kind christlicher Eltern geboren. Mit glühendem Durste nach Erkenntnis verband er schon als Knabe forschenden Sinn, hellen Blick, einen Geist, mit dessen Adel nur der Adel seines Herzens zu vergleichen war und entflammte Liebe zu dem, der uns zuerst geliebt hat. Sein Vater Leonidas errang sich in der Verfolgung des Septimus Severus die Märtyrerpalme und hinterließ sieben Söhne. Der älteste, Origenes, stand im siebzehnten Jahre. Als er von der Verhaftung seines Vaters hörte, wollte er zu ihm in den Kerker eilen, um mit ihm des Märtyrertodes zu sterben und man musste ihm alle Kleider verbergen, um ihn von seinem Vorhaben abzubringen. Hierauf schrieb er seinem Vater einen glühenden Brief, worin er ihn beschwor, in seinem Bekenntnisse zu beharren und sich nicht durch die Sorge für seine Familie erschüttern zu lassen. Er selbst wolle für die Mutter und seine jüngeren Brüder sorgen. Nach dem Martertode seines Vaters blieb Origenes mit den Seinigen, weil das väterliche Vermögen eingezogen worden, in der größten Armut zurück. Aber der junge Christ hielt das Wort, das er seinem sterbenden Vater gegeben hatte. Er arbeitete Tag und Nacht, schrieb Bücher ab, ertheilte Unterricht, und so verdiente er mit Mühe soviel, dass er die Familie erhalten und sich selbst in den Wissenschaften weiter ausbilden konnte. Er schlief nur drei Stunden, die ganze übrige Zeit widmete er dem Der hl. Gregor der Wunderthäter. 323 Gebete und dem Studium. Origcnes steht einzig da in der Weltgeschichte. Seinen Zeitgenossen selbst galt er als ein Wunder; sie nannten ihn Actamantinos, d. i. der Stählerne. Ihm genügte kein Unterricht so, dass er ihm nicht schon frühe nachgesonnen und Fragen aus Fragen hervorgebracht hätte, deren sich versteigenden Vorwitz zu dämpfen der Vater ihn ermahnte, der aber doch von geheimer Freude durchdrungen ward und in nächtlicher Stunde manchmal dem schlafenden Knaben die Brust entblößte, sie küsste, als einen Tempel des Heiligen Geistes sie verehrte und Vater eines solchen Kindes zu sein sich selig pries. Noch nicht achtzehn Jahre alt wurde Origcnes zum Nachfolger des großen Philosophen und Kirchen-schriftstellcrs Clemens von Alexandrien ernannt und mit der Leitung der alcxandrinischcn Katechetenschule betraut, welche die bedeutendste Hochschule der alten Christenheit war. Nun entsagte Origcnes dem Lchr-amte der zeitlichen Wissenschaften, beschloss dem hci-lichcn Unterrichte sich allein zu widmen und verkaufte alle Bücher, welche nicht zu diesem Zwecke führten, wofür der Käufer sich verpflichtete, ihm täglich vier Groschen zu reichen, mit denen er bei sehr-strenger Lebensweise alle Ausgaben bestritt. In dcr That bedurfte er wenig, und strebte darnach, von Tag zu Tag weniger zu bedürfen. Er übte sich im Fasten und in strengen Abtödtungen, widmete den heiligen Schriften den größten Theil der Nacht und die kurze dem Schlafe bestimmte Zeit ruhte er nicht in einem Bette, sondern auf hartem Fußboden. Auch folgte er den, Gebote, welches der Sohn Gottes seinen Jüngern gegeben, nicht zwei Gewände zn haben noch Schuhe, und nicht zu sorgen für den folgenden Tag. Er erwehrte sich der inständigen Bitten seiner Freunde, welche flehend in ihn drangen, Gaben und Labsal von ihnen anzunehmen, und gewiss ward ihm, nicht der Entbehrungen wegen, sondern wegen seines zarten Mitgefühls mit ihrer Kränkung, diese Weigerung nicht leicht. Er beharrte viele Jahre bei Ertragung der Kälte und des Hungers und bei der Enthaltung des Weines, bis seine geschwächte Gesundheit das Leben in Gefahr setzte. Arm blieb er aus freudiger Wahl bis an seinen Tod. Sein Beispiel ward von vielen seiner Jünger befolgt, welche er dem Hcidcnthume entrissen hatte und deren einige er bald nachher als Märtyrer sterben sah. Er bildete Männer, welche Säulen im Tempel Gottes wurden, deren Rainen im Buche des Lebens aufgezeichnet waren, ehe sie in den Jahrbüchern der Kirche glänzten. Plutarchus, der erste, den er zuin Glauben an den Sohn Gottes geführt hatte, ward auch unter- feinen Jüngern der erste Märtyrer. Origcnes verließ ihn weder in Banden noch im Tode und würde, als er bis zum letzten Lebcnsodem bei ihm stand, vom Volke, welches ihm den Tod dieses jungen Mannes anrechnete, ermordet worden sein, wenn Gottes Arm ihn nicht errettet hätte. Der Glaube des Sirenus, eines andern seiner Schüler, wurde geprüft und bewährt im Feuer. Der drittc und der vierte Zeuge aus derselben Schule waren Hcraklides, vor kurzem erst getauft und Heron, deni, da er noch Katechumcn war, das Schwert die Bluttaufe gab. Beide starben gleichen Todes. Ein anderer Serenus, gleich dem ersten ein Zögling des Origcnes, duldete viele Marterst, che er enthauptet wurde. Herois, eine der Katechumcncn, wurde lebendig verbrannt. Unter diesen Märtyrern war auch Patamiana, eine Jungfrau von außerordentlicher Schönheit, welche zugleich mit ihrer Mutter vollendet ward. Sie wurde in siedendes Pech getaucht, zuerst mit den Füßen, dann nach und nach tiefer, bis es das Haupt erreichte und sie den Geist aufgab. Auch sie war eine Jüngerin des Origcnes, wie der gelehrte Rufinus versichert. Dieser schöne Wirkungskreis genügte dem feurigen Jünglinge nicht so, dass er auf ihn allein seine Thätigkeit beschränkt hätte. Er widmete sich mit heiliger Liebe der ganzen Gemeinde, welche mit blutiger Verfolgung heimgesucht ward. Er unterrichtete die Christen und Christinnen und stärkte sie im Glauben; er verkündigte das Evangelium mit apostolischer Kühnheit den Heiden, er besuchte die Bekenner Jesu Christi in ihren Banden, begleitete sie zum Verhöre und wenn sie geführt wurden zum Tode. Oftmals, wenn er öffentlich den Märtyrern den heiligen KusS gab, erhob rings um ihn her die wüthende Menge Steine gegen ihn, aber durch Hilfe der Rechten Gottes, die ihn schirmte, entgieng er ihrcin Grimm zu ihrem Erstaunen, und ebenso schützte ihn der Herr auch oft, wenn er in freudigem Muthe das Wort vom Kreuze verkündigte. Die große Zahl der Seelen, die er der „Finsternis und dem Schatten des Todes" entriss, erregte wider ihn den Hass der Alexandriner; haufenweise rotteten sic sich gegen ihn, einst besetzten sie seine Wohnung mit Soldaten. Bald sah er sich gezwungen von Haus zu Haus zu ziehen um Nachstellungen bet' Verfolger zu entrinnen. Nicht nur durch seine Lehre gewann er viele Seelen, sondern auch durch seine ganze Lebensweise. „Wie seine Lehre", sagt Eusebius, „so auch sein Leben." Darum riss er, unter mächtigem Einflüsse der Gnade, so viele mit sich ans den Pfad des ewigen Lebens. 324 Der hl. Gregor der Wunderthäter. Sein heißes Verlangen nach Schmach und Pein für den Namen Jesu Christi blieb nicht ungestillt. Oft ward er vom Pöbel durch die Stadt geschleift; oftmals erlitt er schreckliche Martern. Einst ergriff ihn das Volk, schor ihm das Haupt nach der Weise der Priester des Sempis, führte ihn ans die Stufen des Tempels dieser Gottheit der Aegypter und hieß ihn allen, die zur Verehrung derselben herbeikämen, Palmen austheilen, weil solche im Dienste des Sempis getragen wurden. Origenes nahm die Palmen und rief mit lauter Stimme: „Nehmet diese Palmen nicht aus der Hand eures Götzen, sondern aus der Hand Jesu Christi." So erzählt der heilige Epiphanius, der im vierten Jahrhunderte blühte und dem Andenken des Origenes nicht günstig war, und er fügte noch hinzu, dass die Greise seiner Zeit noch viele Züge gleichen Edelmnthes von ihm zu erzählen wussten, die sie als Jünglinge von Greisen aus jener Zeit gehört hatten. Durch Neid aus Alexandrien vertrieben, begab sich Origenes zu seinen Freunden nach Palästina, wo er in Cäsarea Stratonis eine andere weltberühmte Schule errichtete, die ebenfalls eine Pstanzstätte von Heiligen und Märtyrern war. Er fuhr fort zu Cäsarea mit bewunderungswürdigem Fleiße und Eifer zu arbeiten und führte einen Lebenswandel, von dessen Heiligkeit selbst Epiphanius, der in hohem Grade gegen ihn eingenommen war, mit Ehrerbietung redet. Der heilige Gregor der Wundcrthäter war die schönste Zierde der Schule zu Cäsarea, ein würdiger Schüler des großen Origenes. Es sind wenige Nachrichten, die wir über den hl. Gregor haben und sie erstrecken sich mehr auf seine Erfolge und Wunder, als sein Leben und seine Tugenden. Aber wir wissen, dass er ein vieljähriger Schüler des Origenes gewesen und das ganze Leben voll von Verehrung und Begeisterung für seinen Lehrer gewesen ist. Daraus können wir schließen, dass er ihn auch in seinem tugendhaften Lebenswandel, seiner rastlosen Thätigkeit und seinem unermüdlichen Eifer für Christus und seine Kirche zum Muster und Vorbild genommen und dass sich das Leben und die Tugenden des Origenes in ihm wiederspiegelten. Die erste Begegnung Theodors, oder wie er sich als Christ nannte, Gregors mit Origenes wird in das Jahr 231 zu verlegen sein. Seine Studien unter Origenes Leitung währten mit einer kleinen Unterbrechung bis zum Jahre 238 oder 239. Gregor Thaumaturgus — der Wunderthäter — welcher später so berühmt und ein Licht der Kirche ward, hatte schon in zarten Jahren uher die Eitelkeit des Götzendienstes nachgedacht und sich zur Ueberzeugung von der Einheit Gottes hingeneigt. Origenes begann damit, dass er beiden Brüdern die Philosophie, daS heißt im eigentlichen Sinne des so oft missbrauchten Wortes, die Liebe der Weisheit, und, um zu dieser zu gelangen, die Selbsterkenntnis anempfahl, die Erkenntnis von den Gütern, nach denen wir trachten sollen, und die Erkenntnis der Uebel, die wir meiden müssen. Er zeigte, dass ohne diese Weisheit die Gottheit von uns nicht auf würdige Weise könne verehrt werden. Er redete mit der Kraft und mit der Anmuth, die ihm eigenthümlich waren, Früchte eines großen liebevollen und geheiligten Herzens, fesselte daher die empfänglichen Jünglinge so an sich, dass sie die Rechtskunde fahren ließen, um unter einem solchen Meister sich allein der Philosophie zu widmen. Geübt in der so leicht scheinenden und über alles schweren Kunst sokratischcr Lehrart, welche tiefe Fragen dahinwirft, deren Verbindung mit dem Gegenstände des Gesprächs dem Befragten nicht immer einleuchtet, bis er nach und nach durch seine eigenen Antworten in einen immer engeren Kreis mit zunehmender Beseitigung des Irrthums ans die nun vor ihm liegende Wahrheit geführt wird. Geübt in dieser schweren Kunst, welche die klarste Erkenntnis und ein besonderes Talent voraussetzt, leitete Origenes seine jungen Freunde immer weiter auf dem Pfade der Weisheit. Und wohl wissend, dass jede wahre Erkenntnis durch weise Anwendung derselben der höheren Erkenntnis des einen Nothwendigen könne und müsse untergeordnet und von ihr geheiligt werden, gab er den beiden Jünglingen vollständigen Unterricht in der Vernunftlehre, in der Mathematik, vorzüglich der Messkunst und der Himmelskunde; in der Sittcnlehre, die sein Beispiel ihnen ans Herz legte, indem er ihren Verstand überzeugte: führte sie auf die Erkenntnis der Gottheit, legte ihnen alles vor, was Philosophen und Dichter des Alterthums davon gelehrt und gesungen haben und zeigte ihnen dann, wie die bei den Nationen verstreuten und durch Jrrthuin getrübten Schimmer des Lichtes in unsern heiligen Schriften vereinigt, das lautere und vollständige Licht der Wahrheit von sich strahlen, welches den Geist erleuchtet, das Herz erwärmt, den Willen ordnet und kräftigt und uns den erkennen und lieben lehrt, der da ist der Urquell der Wahrheit und der Liebe. Ueber diesen Unterricht belehren uns der heilige Gregorius Thaumaturgus selbst und der heilige Gregorius von Nyssa, der das Leben des Thaumaturgen beschrieben hat. Beide Brüder blieben bei Origenes fünf Jahre. Nach deren Verlauf verließ er Cäsarea in Palästina wegen der Verfolgung, die sich zur Zeit des Maximinus erhob, weil der Kaiser über alle Lehrer des Der hl. Gregor der Wmiderthtttcr. 325 Christenthums das Todesurtheil sprach, welchem Ori-gincs, dessen Ruhm einen so hellen Glanz warf, nur durch die .Flucht entrinnen konnte. Ein Schriftsteller, der im Anfang des 5. Jahrhunderts blühte, versichert sogar, dass vorzüglich des Origines wegen diese Verfolgung sei angestellt worden. Während der Zeit, welche Origcnes sich in Kappadozicn verborgen hielt, waren Theodorus und Anthenodorus zu Alexandrien, wo der große Dionysius der Alexandriner, den Lehrstuhl der Katecheten eingenommen hatte. Ohne Zweifel hörten sie dort den Unterricht dieses heiligen Mannesund besuchten auch die Hörsäle der Philosophen; gewiss ist, dass sie, weitere Fortschritte in Erkenntnissen zu machen, sich in Alexandrien aufhielten. Da ihr tadelloser Wandel in Verbindung mit großem Fleiße und seltenen Fähigkeiten den Neid anderer Jünglinge wider sie reizte, stifteten einige derselben eine Buhlerin an, welche den Theodor im Augenblicke, da er sich mit andern über philosophische Gegenstände unterhielt, öffentlich ansprach und den Lohn schändlicher Gefälligkeiten, die sie ihm erwiesen zu haben vorgab, von ihm begehrte. Die Frechheit des Weibes erregte den Unwillen der Beistehendcn, denen seine lauteren Tugenden bekannt war; er aber blieb ruhig und bat einen seiner Freunde, ihr zu geben was sie forderte, ans dass sie Ruhe vor ihr hätten. Schon begannen jene Buben Vortheil zu ziehen von dem Scheine der Wahrheit, den das dein Weibe gegebene Geschenk der Verleumdung gab. Aber Gott offenbarte die Unschuld des Jünglings. Das Weib ward sogleich von einem bösen Geiste besessen, der sie ans den Boden warf und fürchterlich plagte, bis Theodorus, den wir fortan bei seinem neuen Namen Gregorius den Wunderthäter benennen hören — für sic betete und den bösen Geist von ihr austrieb. So erzählt der heilige Gregorius von Nyssa in seinem Leben des Wunder-thäters. Da sogleich nach dem Tode des Maximinus die Verfolgung aufhörte, kehrte Origencs aus Cä-sarea in Kappadozicn zurück nach Cäsarea Stra-tonis in Palästina und trat wieder sein Lehramt an. Gregor der Wunder-thäter undAnthenodorus reisten zu ihm und blieben noch ein Jahr bei ihm, worauf sie sich zurückbegaben in ihre Vaterstadt Neocäsarea in Pontus. Ehe sie Ori-genes verließen, hielt Gregor eine öffentliche Rede, welche auf. uns gelangt ist. Alte und Neuere sehen sie an als ein Werk von bewunderungswürdiger Beredsamkeit. Er preiset Gott in seiner Rede, dass er ihn und seinen Bruder dem Origenes zugeführt; er erzählt, mit welcher Weisheit und Liebe dieser große Meister sie von einer Stufe der Erkenntnis zur andern geleitet habe und verbreitet sich über dessen Lob mit dankbarem Herzen und mit jugendlichem Feuer. Origcnes schrieb an Gregorius nach dessen Rückkehr in Ncocä-sarea, einen Brief, den man in einer Lese von Sprüchen des Origenes findet, welche die Heiligen Basilius und Gregorius von Nazianz unter dem Namen Philokalia (b. h. Liebe des Schönen) gesammelt haben. In diesem Briefe ermahnt er seine geliebten Jünger, obschon ihm Gott Gaben geschenkt hätte, welche ihn fähig machten, als Rcchtsgelehrtcr unter der Römern oder als Philosoph unter den Griechen zu glänzen, dennoch sich ganz dem Christen-thnme, zu widmen, alle Kenntnisse, die er in den 326 Der hl, Gregor der Wunderthäter. Wissenschaften erworben, jenem höheren Zwecke unterzuordnen, um sie zum Verständnisse der heiligen Schrift anzuwenden. ES sei wohl erlaubt, sagt er, wenn man aus Aegypten in das Land der Verheißung ziehe, Schätze der Aegyptcr mit sich zu führen um sich deren zum Bau und zur Einrichtung der Bundcs-lade zu bedienen, — obschon er aus Erfahrung wisse, dass dies wenigen genützt habe, — die heilige Schrift aber lehre uns, dass man nicht aus dem Lande Israel wieder zurückkehren falle nach Aegypten, noch auch vom Gesetze Gottes sich hinwenden dürfe zu den Wissenschaften der Welt. Indem Origenes seinen Jünger zum Forschen in der heiligen Schrift ermuntert, empfiehlt er ihm, dieses Forschen immer mit baren Wichtigkeit des apostolischen Amtes und desto kleiner von sich denkend, je größer er vor Gott war, suchte er sich den Nachstellungen des heiligen Bischofs zu entziehen und floh von einer einsamen Stätte zur andern. Da nun Phädimus nicht vermochte ihn aufzuspüren, erhob er, vom heiligen Geiste ergriffen, die Augen gen Himmel und erklärte vor Gott, dass er Gregor dem Dienste der Kirche weihe. Gregor war damals drei Tagereisen von Phädimus entfernt. Er glaubte sich nun nicht länger weigern zu dürfen, dem heiligen Berufe zu folgen, erbat sich aber und erhielt vom BischofAdie Erlaubnis, noch eine kleine Weile in seiner Einöde bleiben zn dürfen. Daselbst flehte er inbrünstig zu Gott um Erleuchtung. Als er ITlarmerbild des hl. Stanislaus Kostka in Rom. dem Gebete zu verbinden, welches nothwendig ist, um zu deren wahrem Verständnisse zu gelangen. Gregorius entzog sich bald dem Gewirre der Geschäfte, dem Getümmel der Stadt, der Anhänglichkeit an alles Zeitliche, entsagte seinen Gütern, um desto sorgenloser und freier seinem Heile nachzugehen im Wandel vor Gott. So sehr er sich aber auch dem Anblicke der Welt entzog und aller irdischer Verbindungen sich entschlug, konnte er doch nicht dem Auge des Phädimus, Bischofs zu Amasca in Pontus, der ein heiliger Mann und mit der Gabe der Weissagung begnadigt war, entgehen. Dieser erkannte in dem jungen Manne die Reife der geheiligten Tugend und wünfchte mit Eifer, dieses Licht auf einem Leuchter zu sehen, wo es einer ganzen Gemeinde leuchten sollte. Dem Gregor blieb der Wunsch des Phädimus nicht unbekannt, aber durchdrungen von der furcht- einst des NachtS auf seinem Lager über die hohen Geheimnisse unseres Glaubens nachsann, sah er einen Greis von ehrwürdigem Aussehen erscheinen. Gregor sprang auf, fragte wer er wäre und woher er käme. Der Greis antwortete, er wäre von Gott zu ihm gesandt worden, um ihm die Wahrheit des Glaubens vorzulegen. Zugleich zeigte er mit der Hand auf eine weibliche Gestalt, die dem Gregor in übermenschlicher Würde erschient Gregorius schlug die Augen nieder, staunend und geblendet vom Glanze, welchen beide Erscheinungen von sich strahlten. Da hörte er, wie das erhabene Weib Johannes den Evangelisten bei seinem Namen nannte und ihn ermahnte, diesem jungen Manne das Geheimnis der wahren Religion zu offenbaren. Der Jünger der Liebe zeigte sich sogleich dazu bereit, da es der Mutter des Herrn angenehm sei. Er legte ihm den wahren Glauben vor, Im Lande der Schilluk. 327 worauf die Erscheinungen verschwanden. Gregor schrieb sogleich nieder, was er vom heiligen Evangelisten gehört hatte. Es lautet also: „Cs ist nur ein Gott, Vater des tedendigen Wortes, der bestehenden Weisheit, der Macht und des einigenAbdruckes, vollkommener Vater des vollkommenen Sohnes; Vater des einigen Sohnes. Cs ist nur ein Herr, Einer von Einem, Gott von Gott, Abdruck und iSili der Gottheit, das kräftige Wort, die Weisheit, weiche den Inbegriff aller Dinge umfasst, und die Macht, welche alle Geschöpfe gemacht hat, wahrer Sohn eines wahren Vaters; unsichtbarer Sohn eines unstchtbaren Vaters; unwandelbarer Sohn eines nmvandelbaren Vaters; unsterblicher Sohn eines unsterblichen Vaters; ewiger Sohn eines ewigen Vaters. Kitii cs ist nur Ein heiliger Geist, der da hat Sein Wesen ans Gott und der den Men- J scheu erschienen ist durch den Sohn; Md des Sohnes; vollkommen wie Er; lebende Ursache der Lebendigen; heilige Ctnelle; Heiligkeit, welche Heiligkeit gibt; durch Den geoffenbart wird Gott der Vater, Der da ist über alles und in allen Dingen, und Gott der Sohn, Der da ist in allen Dingen. Vollkommene Dreieinigkeit, ohne Theilung und ohne Veränderung ln Ihrer Herrlichkeit, in ihrer Einigkeit und in Ihrem Reiche." Dieses Glaubensbekenntnis lehrte Gregorius der Wunderthäter immer in seiner Kirche und seine Handschrift ward noch gezeigt zur Zeit seines Geschichtsschreibers, des heiligen Gregor von Npssa, der in der letzten Hälfte des 4. Jahrhunderts blühte. Rufinus ein Zeitgenosse des eben genannten Kirchenvaters, hat cs seiner lateinischen Uebersetzung der Kirchengcschichte des Eusebius ganz einverleibt. (Schluss folgt.) --- ------------------------- Im Tatiču? öer Schilluk. Boil P. Josef Ohrwaldcr, apost. Missionär. (Echou vor und besonders während meiner lOjähr. ^ Gefangenschaft in Omderman verkehrte ich öfters mit Negern aus dem Stamme der Schilluk, weshalb mir dieses Volk nicht unbekannt war. Die Missionsreise im vorigen Winter gab mir die ersehnte Gelegenheit, diesen Negerstamm, von dem ich mir vielleicht ein zu günstiges Vorurthcil gebildet hatte, näher kennen zu lernen. Ich will nun in Folgendem dem geehrten Leser einiges von dem, was ich während des Aufenthaltes in diesem Lande gesehen habe, schildern. 1. S t a at s w e s c n. Die Zahl der Schillukneger beläuft sich ans ungefähr 3,000.000, die alle ein großes Gebiet am linken Nilufer bewohnen. Ihr unumschränktes Haupt ist der „Stet" (König). Obwohl unabhängig, erkennt er die Schutzherrschaft der anglo-agyptischen Regierung an und zahlt derselben einen kleinen Tribut. Die Wohnung des Königs, bestehend aus einer Reihe von Hütten, die größer sind als die übrigen und schon an und für sich ein Dorf bilden, liegt abseits von den andern Häusern oder besser gesagt Hütten. Um sich vor allenfallsigen Mordversuchen eines Prätendenten zn schützen, verweilt der König während der Nacht ohne Wissen seiner Untergebenen bald in der einen, bald in der andern dieser Hütten. Im Uebrigen ist seine Person heilig und wird von allen seinen Unterthanen geehrt und gefürchtet. Die wichtigsten Regierungsangelegenheiten bespricht er mit einem Beirathe von alten Männern des Stammes. Nachdem der König stillschweigend ihren Rath angehört hat, entscheidet er sich für das ihm am Bestscheinende. Die einzelnen Stammesabtheilungen werden durch Unterhäuptlinge regiert, die unmittelbar vom Rct abhängen. Der Ret ist der Besitzer des ganzen Gebietes, das sein Stamm bewohnt. Es kann jedoch jeder Schilluk, ohne bezahlen zu müssen, soviel Land bebauen als er will. Um ihre Abhängigkeit zu beweisen, inüssen die Schilluk gewisse Abgaben an 328 Im Lande der Schillnk. den König entrichten; so z. B. die Haut eines ge-tödteten Nilpferdes oder die Zähne eines erlegten Elephanten. 2. Gerichtspflege. Die Schillnk haben keine eigentlichen Gesetze. Des-ungeachtet werden schwere Verbrechen, die entweder gegen das Naturgesetz oder des Königs Person verstoßen, strenge bestraft. Begeht z. B. jemand einen Diebstahl, so werden die Güter des Thäters ganz oder theilweise, je nach Größe des Gestohlenen in Beschlag genommen und in die Wohnung des Königs verbracht. Wird ein Mord verübt, so muss der Verbrecher diese That mit dem Leben bezahlen, wenn nicht den Verwandten des Getödtctcn durch eine Anzahl von Kühen oder anderen Thieren ein entsprechender Ersatz geleistet wird. Verbrechen gegen die Sittlichkeit werden ebenfalls strenge bestraft, entweder mit dem Tode des Verbrechers, indem man ihn in den Nil wirft, oder mit einem Ersatz von Thieren, die den Beleidigten zufallen. Wenn ein Dorf sich erkühnt, gegen den König zu rebellieren, so werden alle Güter der Rebellen eingezogen und zum Eigenthum des Königs gemacht. Gefängnisse gibt es bei den Schilluk nicht. 3. Religion. Während ich mich bei den Schilluk aufhielt, hatte ich Gelegenheit auch etwas über ihre Religion zu erfahren. Dies ist nicht leicht, da die Schilluk, wie auch andere Negerstämme, in dieser Beziehung sehr verschlossen sind. Vor allem konnte ich erfahren, dass sie keine Muselmänner sind und dass sie von einer Beschneidung nichts wissen. Was den Cult betrifft, habe ich bemerkt, dass sie für ihre Religionsgebräuche einen eigenen Ort haben, den sie Gniacama nennen. Dieser Ort wird von einer Frau bewacht, und niemand darf denselben betreten, weil man glaubt, dass der Eingetretene sicher sterben würde. Die Schilluk sind wie alle heidnischen Völkerschaften sehr abergläubig. Ihrer Aussage gemäß findet sich im Nilflusse eine weiße Frau mit langen Haaren: wehe, wenn dieselbe aus dem Wasser hervortauchte! Sie fürchten sich vor derselben und, um sie zu besänftigen und zu verhindern, dass sie über dem Wasser erscheint, bringen sie ihr am Ufer Widderopfcr dar. Die Schilluk haben keine Friedhöfe, sondern begraben ihre Todten in den Hütten, die dieselben im Leben bewohnten. Im allgemeinen halten diese Neger zähe an ihren Sitten und Gebräuchen fest. Sie waren mehrere Jahre hindurch mit Muselmännern in Berührung, wollten aber von der Religion des Propheten nichts wissen. Auch gegen die Wohlthat der Cultur zeigen sie sich widerspenstig. Wir hoffen indessen nicht ohne Grund, dass sie ihre in vielen Punkten gefassten Vornrtheile ändern werden. Ein Beweis hiefür sei folgender: Wir besuchten, um die Erlaubnis zur Gründung einer Niederlassung zu erhalten, den Net, wobei wir ihm eröffneten, wir seien weder Kaufleute noch Soldaten des Gouverneurs, sondern seien nur gekommen, um sie zu belehren und zu unterrichten. Daraufhin zeigte er sich sehr beruhigt und zufrieden und versprach uns so viele Kinder zum Unterrichte zuzuschicken als wir verlangten. Die Familienverhältnisse sind ziemlich geordnet. Obwohl der Stammesbrauch die Vielweiberei erlaubt, so haben doch im allgemeinen die Männer nur eine Frau. Der Vater ist der unumschränkte Gebieter über die Familie. Er sorgt auch für die Verheiratung seiner Töchter. Haben diese das nöthige Alter erreicht, so übergibt sie der Vater den Freiern und diese gcben dem Vater je vier Kühe. 4. Sitten und Gebräuche. Die Schilluk beschäftigen sich hauptsächlich mit Viehzucht, dann aber auch mit Ackerbau und Fischerei. An der Arbeit bctheiligcn sich Männer und Frauen. Vor der im April beginnenden Regenzeit reinigen sie die Felder, verbrennen das Röhricht und das hohe Gras. Im Anfang der Regenzeit wird der Durrah gesät und, wenn dieser eine gewisse Größe erreicht hat, das Unkraut ausgejätet. Nach sechs Monaten beginnt die Ernte; die Schilluk schneiden nur die Stengel ab, während die Wurzel in der Erde bleibt und infolge des äußerst fruchtbaren Bodens einen neuen, ebenfalls fruchttragenden Stengel emporsprießen lässt. Zum Fischen, ein von den Schilluk sehr eifrig betriebenes Geschäft, bedienen sie sich einer Art Lanzen, die sic mit kräftigem Schwung rasch nacheinander ins Wasser werfen. Auf diese Weise wird täglich wegen des Fischreichthums eine große Menge gefangen. Fische und Durrah bilden die Hauptnahrung der Schilluk. Wie gesagt, betreiben sie die Viehzucht, besonders die Zucht der Kühe in verhältnismäßig hohem Grade. Die Kühe haben bei den Negern thatsächlich eine wichtige Rolle; sie sind gleichsam der Mittelpunkt aller Geschäfte, hauptsächlich bei den Hochzeiten. Da die Schilluk keinen Handel treiben, so sind bei ihnen auch keinerlei Geldmünzen im Umgang. Kaufläden sind ihnen nicht einmal dem ‘Namen nach bekannt. Bei gegenseitigen Bedürfnissen wird getauscht. Im Lande der «schilluk. 329 sonstige Kriegswaffen. Die Häute werden nur gegerbt, um als Kleidung zu dienen. 5. Thierwelt. Das Gebiet der Schränk ist voll von wilden Thieren. Es gibt da zahlreiche Löwen, Elephanten, Nilpferde, Giraffen, Schakale und verschiedene Arten von Antilopen. Häufig wird man des Nachts durch den Lärm, den die Löwen, Panther und Hyänen verursachen, vom Schlafe aufgeschreckt. Die Stiere werden von den Schilluk für heilig gehalten. Der Net besitzt viele Stiere: unter diesen hat er einen Bevorzugten, der Gegenstand allgemeiner Verehrung ist. Er ist gewöhnlich der Schönste von allen Stieren. Seine Hörner sind mit vielen Schellen und bunten Tuchlappen geschmückt. Bei hohen Festlichkeiten veranstalten die Schilluk um diesen Stier herum ihre Tänze. Des Volk schwört beiin Stiere des Ret. Dieses Thier zu hüten ist ein Ehrenposten. Geht ein solcher Stier zugrunde, so ist dies bei den Negern ein allgemeines Unglück und ein unheilbringender Vorfall. Während wir bei den Schilluk waren, ereignete es sich gerade, dass besagter Stier und eine Kuh erkrankten. Der Net fragte uns sogleich, was er thun solle, um diesem Uebel abzuhelfen. Wir konnten augenblicklich nicht antworten; vorläufig gaben wir den Rath, Stier und Kuh von den andern Thieren zu trennen. Die Thiere wurden bald wieder gesund, wofür uns „seine Majestät" den verbindlichsten Dank wusste. Das Salz, nach dem die Neger sehr lüstern sind, fehlt im Lande. Gibt man dem Neger Salz, Eisen oder Perlen, dann hat man ihn gewonnen und kann alles von ihm verlangen. Als Kleidung haben sie den „Tob", ein Fellstück, das unter dem rechten Arm durchgeht und an der liniert Schulter befestigt ist. Arme, Beine und Hals sind mit Ringen und Schnüren aus Elfenbein, Metall, Perlen und Eisendraht geziert. Außer der Lanze, die bereits von Knaben geführt wird, tragen manche Männer noch Stöcke und Keulen. Die Knaben gehen ganz unbekleidet, die Frauen und Mädchen sind mit einem Lendenschurz oder einem Zicgcnfell verhüllt, das ähnlich wie der Tob der Männer befestigt ist. Die Hauptsorge der Männer scheint ihre Haarfrisur zu sein, die alle möglichen phantastischen Formen von Fächern, Hahnenkämmen u. ä. aufweist. Die Frauen dagegen rasteren sich den Kopf ganz kahl. Um sich vor der Külte, die zur Nachtzeit ziemlich stark ist, zu schützen, bedecken sich die Schilluk mit Asche. Sowohl Männer wie Frauen sind leidenschaftliche Raucher und die Frauen stehen den Männern nicht nach, ja dürften sie eher übertreffen. Zündhölzer sind den Negern so gut wie unbekannt. Sie tragen daher große Sorge, dass das Feuer nicht verlösche. Sollte es einmal zufällig erlöschen, so reiben sic, um es wieder anzuzünden, zwei trockene Holzstücke so lange aneinander, bis sie brennen. Von Handwerkern findet man unter ihnen bloß Schmiede und Gerber. Erstere bereiten Lanzen und Krieger der Sebilhih. 23 Die Varabra in Nubien. Von P. Laver Geyer. Häusliche Einrichtungen. (S£\te Wohnungen der Barabra sind im allge-meinen Hütten aus Lehm und ungebrannten Ziegeln von kaum 3 Meter Höhe, mit einer niedrigen Thüre und einigen kleinen Oeffnungen an Stelle der Fenster. Das Dach besteht aus mäßiger Lehmwölbung oder Maisstroh. Das Baumaterial ist stets dasselbe: plastischer Nilschlamm oder Lehm, woraus Ziegeln geformt und an der Sonne getrocknet werden. Zuweilen wird der Schlamm oder Lehm mit Stein-chen, Kies, Topfscherben, Reisig- und Holzabfällen, trockenen Gräsern und Kräutern, Samenkörnchen (besonders sorghum), Thierhaaren und Stroh durchknetet, um ihm mehr Festigkeit zu geben; auch wird aus Kuhdünger und Lehm ein Cement für die Außenwände gebildet. Selten findet man gebrannte Ziegeln oder Steine in Verwendung. Nur die Wohnungen der Wohlhabenderen zeichnen sich häufig durch steinerne Thürpfosten mit Architrav aus Stein oder gebrannten Ziegeln und durch Fenstergesimse aus demselben Materiale aus. Die Wohnung des Dorfscheik ist meist an den gebrannten Ziegeln und den unbehauenen, durch Mörtel verbundenen Feldsteinen erkennbar, die einen Theil der Vorderfront, besonders den Eingang auszeichnen. Betrachten wir den Gesammtcharaktcr der Bara-brawohnungen, so finden wir in ihnen die Bauart der alte Aegypter. Selten bestehen die Bauten aus steilen, senkrechten Mauern; diese sind fast durchgängig schräg abfallend, nach oben enger, so dass sie die Pyramidenform nachahmen, die flachen, mit Krönungen gezierten Dächer, die Thüreingänge stellen die Pylonenform der altägyptischen Tempel dar, wie denn auch die viereckigen Fenster an den alten Baustil erinnern. Das Festhalten der Barabra an alten Sitten und Gebräuchen zeigt sich besonders an ihren Wohnungen. Auf meiner Wanderung durch Sukot und Mahas konnte ich an den zertrümmerten Burgen, die der Volksmund von Dongola Dolga nennt, beobachten, dass sie aus demselben Materiale, wie heute die Wohnungen der Barabra, erbaut sind; sie tragen dieselbe Bauart zur Schau, schräg von der Krönung zum Fuße abfallende, von thurmartigen Anbauten flankierte Mauern. Ich beobachtete solche Bauten in den Ruinen von Makrakeh in Sokot. Im Süden von Assuan finden wir hoch Heute zahlreiche Woh- nungen, die jenen alten Plan noch völlig beibehalten haben mit Ausnahme etwa der Krönungen, die zum Theile mit Zinnen aus Ziegeln oder alten Thonkrügen verziert sind. Was nun den Plan der Wohnung und die innere Anordnung betrifft, so finden wir bei den Armen nur einen Raum, der die ganze Hütte umfasst; in diesem dunklen Raume finden sich nicht selten Familie und Hausthicre zusammen. Die gewöhnliche Anordnung der Hütte ist diese: der Wohn-raum hat einen kleinen Vorhof, in dessen Mitte ein Lchmofen steht; ferner befinden sich im Hofe mehrere je nach dem Reichthum des Besitzers, etwa meterhohe Kegel aus trockenem Lehm, die zur Aufbewahrung der Feldfrüchte und Datteln dienen. Ein Deckel aus Holz verschließt diese primitive Vorrathskammer der Familie und schützt den Inhalt gegen die zahlreichen Termiten und andere gefräßige Insekten. Vom Hofe führen Thüren in die verschiedenen Gemächer. Reiche besitzen einen kleinen Divan, bestehend aus einem dunklen, kühlen Zimmcrraume mit kleinen Fenstern; an zweien der Mauerseiten zieht sich eine aus Lehm gemauerte Erhöhung hin, oft einen Meter hoch. Bei Ankunft eines Gastes wird ein Flechtwerk oder eine wollene Decke ausgebreitet und ein Polster zum Aufftützen hergerichtet. Die Eingcbornen setzen sich mit unterschlagenen Beinen auf den in dieser Weise improvisierten Divansitz; für den Europäer, der nicht nach dieser Art sitzt, ist cs sehr unbequem und ermüdend, da die Füße den Boden nicht erreichen und frei in der Luft hängen. Bei längerer Dauer erübrigt nichts, als die Füße anzuziehen und sich nach Türkenart auf dem Divan bequem zu machen. Ist im Empfangszimmer die obige Erhöhung nicht vorhanden, so vertritt ein angareb mit farbigen Decken die Stelle des Divan. Der angareb ist ein Hauptbestandtheil der einfachen Einrichtung der Barabra-Wohnung. Er besteht in einem etwa einen halben Meter hohen, rechteckigen Holzgestelle zwei Meter lang und ein Meter breit, mit Flechtwcrk aus Riemen von Ochsen- oder Kameclhant oder aus Flcchtcn-gewächsen, seltener aus Stroh. Vor der Thüre des Divan stehen gewöhnlich ein oder mehrere große Thonkrügc (zir) mit Wasser, das in einer getrockneten Kürbisschale (gara) geschöpft wird. Selten findet man einen Becher oder Gläser, gewöhnlich nur bei Eingeborenen, welche dem Markte (sug) nahe wohnen. Die Barabra in Nubien. 331 Neben dem großen Thonkruge stehen einige kleinere kegelförmige Krüge (burma genannt) mit gerundetem Boden und Henkel; diese Gefäße, die je nach der Größe 4 bis 10 Liter fassen, dienen de» Frauen zum Holen des Wassers aus dem Nile und zum Aufbewahren von Datteln, Butter, Del usw. Wir treten aus dem Hofe in den Wohnraum. Die Einrichtung ist sehr einfach. Da stehen einige oder mehrere angareb als Bettstellen; darauf oder daneben auf dem Boden liegen einige rechteckige Matten aus einfachen oder buntgefärbten Stroh- oder Linsenhalmen oder Palmblattfiedcrn. Die Matten dienen als Lagerstätte, ein altes zerrissenes Kleidungsstück aus dammur dient als Decke. Am Morgen wird die Matte sammt Decke zusammengerollt, auf den angareb gelegt^ oder in eine Ecke gestellt. Einige Körbe mit Deckeln, beides aus Wollgarn oder Leder-streifen, dienen als Schüsseln für Kesserah (Durrahbrot) und satirah (Mehlspeise). Einige breite, irdene und hölzerne Töpfe für Milch, mcllah (Eintunksauce aus Kräutern und Gemüsen) vollenden das Küchen-geräth. Als Ziergeräth finden sich bei Reichen Untersätze aus gefärbtem Stroh und Ledcrstrcifen geflochten, auf denen Töpfe und Schalen präsentiert werden, Buntbemalte Deckel, sowie mit kunstreichen Garnierungen und Schnörkeln verzierte Kürbisschalcn; auch thönerne und hölzerne Schüsseln und Schöpfpfannen mit hübschen Verzierungen und Zeichnungen sind nicht selten. Alte Wein- und Bierflaschen, die zur Aufbewahrung von Del, Essig usw. benützt werden, sind ans dem Nile gefischte oder am Ufer gesammelte Reliquien aus der Dahabichcnküche europäischer Reisenden. Ein für Nubien ebenso wichtiges als primitives Instrument ist die morhakka. Sie besteht in einer dicken, steinernen Reibplatte, auf der mittels eines kleinen konischen Reibsteincs (ebn-el-morhakka) das vorher im Wasser aufgeweichte und damit begossene Durrahkorn zermalmt wird. Dies ist Sache der Frauen und Sclavinen. Hier wäre cs ant Platze, ein Wort über das Gewerbe der Barabra einzufügen. Dbwohl Spinnen Weben, Gerben, Färben ihnen nicht unbekannt sind, liegen diese Arbeiten doch noch in der Wiege. Aus Schafwolle, Baumwolle, Hanf und Halsn werden Tücher und Burnusse gefertigt, aus Pflanzen und Gräsern hübsche Matten, Körbe, Gcfäßdcckcl, Stricke, Schiffstaue geflochten. An den Hafenplätzen baut man Barken. Aus Holz, Dattcl-uud Akazienstämmcu werden Schöpfräder und Bett-gestelle verfertigt, aus Leder und Fellen Kamecl- und Esclsättel, sowie Wasserschläuche gemacht. Die Thon-arbeiten bestehen in Wasserbehältern, Wasserkrügen, Wasserflaschen, Schalen. Einige wenige Schmiede fertigen Schwerte, Harpunen, Lanzen, Messer, Schellen, Ketten und Eisenringe. Ackerbau und Viehzucht. Im Gegensatz zu den in den Wüsten umherstreifenden Stämmen der Bedja und Beduinen hängen die Barabra der heimischen Scholle an. Sie treiben Ackerbau und Viehzucht, allerdings nicht in jenem Umfange wie die Fellachen in Aegypten. Ihr zwischen den Felsen eingekeiltes Land lässt ihnen hiezu wenig Spielraum; aber sie nutzen das wenige Fruchtland nach Möglichkeit ans. Mit Fleiß bebauen sie ihr Ackerland, dessen Areal jährlich vom Anschwellen des Nil abhängt. Der Grad der Fruchtbarkeit hängt von der Bewässerung ab. Während im Sudan die periodischen Regengüsse die Bewässerung regelmäßig besorgen, regnet es in Dbernubien selten, in Unter« nubien noch weniger. Die Dauer der Regenzeit verlängert sich, je näher man dem Aequator kommt. Regelmäßige periodische Regen beginnet: erst unter dem 16. oder 17. Grade nördlicher Breite; je weiter man nach dem Norden geht, desto seltener und kürzer werden sie, bis sie unter dem Wendekreise des Krebses bei Assuan fast ganz aufhören. Das Land der Barabra ist somit zumeist auf das alljährliche AuStreten des Nil angewiesen. Hier ist eine geringe Schwellhöhe und karger Schlaminabsatz noch empfindlicher, als im Lande der Fellachen, dessen wcitausgedchntes Fruchtgcbiet leichter ein hinreichendes Maß von Ernte liefern kann. Die Vertheilung des Wassers sowohl vor als nach der Schwellhöhe muss durch den Land-mann besorgt werden, da das Fruchtland meist eine gegen die Uferberge ansteigende Lage hat, und selbst bei hohem Wasserstande nicht ganz überschwemmt wird. Die vortheilhaftcste Vorrichtung zu diesem Zwecke ist die sakieh. Wir geben hier eine Beschreibung derselben, wie sie bei den Barabra gehandhabt ivird. Die Sakieh (wörtlich Bewässerungsmaschine) ist ein Wasserrad, wodurch daS Wasser aus dem Flusse auf die Ufer geleitet und über die Fluren vertheilt wird. Am Ufer selbst wird auf einem Gerüste aus Dattelstämmmen, stets ohne Nägel, mit vegetabilischen Stricken zusammengebunden, oder auf einem aus Steinen aufgeführten hohlen Aufbaue das hölzerne Schöpfrad vertikal aufgestellt; um dasselbe wird eine Strickleiter aus Dattelblättern mit daran befestigten Thonkrügen angebracht. In dieses Vertikalrad greift ein über dem Gerüste ruhendes Horizontalrad ein, welches durch ein oder zwei an einen Hebel gespannte Zugthiere, Kühe oder Ochsen, in Bewegung gesetzt, die Thätigkeit des ersteren bewirkt. Das Um- 332 Die Barabra trt Nubien. drehen des Vertikalrades veranlasst sodann das Auf-und Niedersteigen der am Leiterseile befestigten Thonkrüge; diese versenken sich bei ihrem Niedergänge im Nil, füllen sich mit Wasser, und auf der Höhe des Gerüstes angelangt, geben sie ihren Inhalt infolge der durch die Drehung des Rades bewirkten Umkehr in Rinnen ab, aus denen das Wasser in Gräben über das Ackerland vertheilt wird. Je nach der Steigung und Ausdehnung des Landes muss der Aufbau, ans dein das Schöpfrad ruht, mehr oder minder hoch sein, um das Wasser auf den höchsten Punkt zu fiihren und von da aus auf die tiefer gelegenen Stellen zu vertheilen. So erreicht die Sakieh oft eine beträchtliche Höhe und scheint hohen Wasserleitungen ähnlich. Da solche hohe Wälle die Verbindung zwischen den einzelnen Ortschaften hindern, so muss unter denselben ein Durchgang eröffnet werden. Man beobachtet Leiterseile von zwölf Meter Länge. Die Zahl der angebrachten Thonkrüge ist verschieden; manchmal sind es an vierzig. Ebenso verschieden ist ihre Größe; es gibt deren mit zwei und drei Liter Inhalt. Je nachdem die Zugthiere angetrieben werden, geht das Auf- und Niedersteigen der Gefäße mehr oder weniger rasch vor sich. Im Durchschnitte werden bei gewöhnlichem Gange in 31/2 Minuten achtzig Liter auf die Höhe befördert. Ist das Fruchtland ausgedehnt, so muss die Sakieh Tag und Nacht arbeiten, um die genügende Wassermenge zu liefern. Während im Sudan die Aufsicht und das Antreiben der Zugthiere gewöhnlich Arbeit der Sclaven ist, verrichtet der Berber dieses Geschäft selbst. Da sitzt ein Knabe oder Mädchen auf dem Hebel hinter den Zugthieren, schreit und schlägt und singt eine monotone Melodie. Nur reiche Leute besitzen einen Sclaven für diese Arbeit. Das Reiben der Vertikal-und Horizontalräder in den trockenen Fugen, die nie eingeölt werden, verursacht ein stetes eintöniges Klappern und Knarren in verschiedenen Tonabstufungen. Dem Besucher des Nilthales wird dieses ermüdende Gesumse und Geschnurre unvergesslich bleiben. Ganz besonders seltsam wirkt diese Musik in der Stille der Nacht im felsenumschlossenen Thale Nubiens. Fast geisterhaft tönt es von Fels zu Fels und über den ruhigen Strom hin, in Abwechslung mit dem fernen, fast unheimlichen Geheule der Hyänen und Schakale. Eine weitere Schöpfvorrichtung bilden die schaduf. An einem Querbalken ist vertikal eine drehbare Stange, ähnlich einem Schlagbaum befestigt; von dessen oberstem Ende hängt ein Dattelstrick mit einem Schöpfeimer aus Bastgeflecht oder Ziegensell; am unteren Ende des Schlagbaumes bildet ein Klumpen ausgetrockneten Nilschlammcs das Gegengewicht. Ein Mann zieht den Schlagbaum nieder, indes sich der sinkende Eimer im Flusse mit Wasser füllt; das Aufziehen, des gefüllten Eimers verrichtet der als Gegengewicht angebrachte Klumpen. Das Wasser wird in Gräben geleert. Liegen die Felder hoch, so sind diese Vorrichtungen in mehreren Etagen übereinander angebracht, durch welche das Wasser in die Höhe geführt wird. Oft werden auch mitten im Felde Schadufs errichtet, um das Wasser höher zu leiten. Die Leistungsfähigkeit dieser Schöpfvorrichtungen ist natürlich viel geringer, als jene der Sa-kien. — Sakien und Schadufs sind so alt, als die Bewohner des Nilthales. Die Aussaat beginnt allmählich nach dem Zurücktreten des Niles, in Unternubien Ende October oder Anfang November. Die Feldbestellung geschieht, indem man mit einem messerähnlichcn Eisen an gebogenem Stiele oder mit einem spitzigen Holze den schlammigen Boden öffnet; Ackern ist nicht nothwendig. Die Frucht oder der Same wird in die Oeffnung gelegt. Da der zurückgebliebene Nilschlamm, eine humusreiche, mit Eisenoxyd und anderen Metallstoffen vermischte Dammerde, sehr befruchtende Stoffe enthält, so gedeiht die Saat sehr rasch. Bei hartem Erdreiche wird ein primitiver Pflug angewendet. Das gelockerte Erdreich wird geebnet, indem man Dattel-stämme darüber hinwcgrollt. Am häufigsten wird Sirch und Sorghum-Korn, Durrah genannt, angebaut, dass die Hauptnahrung der Barabra liefert. Es gibt verschiedene Gattungen dieses Kornes, das durchwegs feuchten Boden liebt. Auf trockenem Boden gedeiht der Dochon, eine Hirscn-art, sowie der Mais. Waizen und Roggen sind in Nubien selten, ebenso ist Reis nur ausnahmsweise zu finden. Gerste wird in mehreren Sorten gebaut. Unter den Hülsenfrüchten sind turmus und hom-mos die häufigsten. Von Oelpflanzen kommen vor: Ricinus, Sesam und einige andere. Pfeffer, besonders rother, wird gebaut. Als Futterpflanzen finden sich: Lubien, Luzernklee. Gemüsearten sind: Salat, Lattich, Rettig, Spinat, Runkelrüben, Eibisch; letztere geben getrocknet ein vorzügliches Nahrungsmittel auf Reisen: Melochie, Bohnen Erbsen, Linsen, Tomaten, Bedintschanen, Zwiebeln, Colocasien, Gurkenarten, Wassermelonen, Flaschenkürbisse. Gewerbestoffe liefern Halfa oder Geddim, Senna, Baumwolle, Indigo, Henna; die beiden letzteren dienen zum Färben. Die Senna dient mit ihren Blättern zu Medicamenten und bildet einen Ausfuhrartikel Nubiens. Eine Art Thee aus Senna gilt als wirksames Purgativmittel. Tabak wird an den Flussufern gebaut, ist jedoch durchwegs schlechter Qualität Dic Barabra in Nubien. 333 und wird nur von den Eingeborenen geraucht oder präpariert gekaut. Von den Bäumen steht vornan die Dattelpalme. Im Lande der Kennuz ist sie sehr häufig und liefert schmackhafte Früchte, besonders in der Gegend von Koroško und Derr. Die Datteln von Sukot sind selbst in Aegypten berühmt und bilden wohl den bedeutendsten Ausfuhrartikel Obernubiens. Die Blüte der Dattel beginnt im März oder April, die Frucht reift im September. Seltener ist die Fächcrpalme mit gabelförmigen Aestcn und fächerartigen Blättern. Das Stammholz ist härter als jenes der Dattelpalme. Die Frucht bildet ein dürftige Nahrung der Eingeborenen. Die Tamarinde (tamr hindi, d h. indische Frucht) ist selten. Dagegen gibt es wenige Ortschaften, in denen sich nicht einige wilde Feigenbäume oder Sykomorcn befinden, von den Barabra mit dem arabischen Worte dschuminez genannt. Die brcitastige Schattcnkrone bildet eine angenehme Abwechslung zwischen den Dattelpflanzungen. Der Umfang des Stammes ist oft bedeutend; ich maß im Dorfe Schcllal einen Stamm von 91/2 Meter Umfang, mit Aestcn von l]/2 bis 2 Meter Umfang. Im Schatten dieser Patriarchen kann sich ein ganzes Dorf versammeln. Die Früchte, die sogenannten Eselsfcigcn, obwohl geschmacklos, werden von den Eingcborncn gegessen. Die Dornfcigen, die in Aegypten so häufig sind, kommen in Nubien selten vor. Häufiger findet sich der Nabak. An öden Stellen erscheinen Wildakazien, die nach Süden zu zahlreicher werden und mit Mimosen, Weiden, Sundsträuchen kleine Gebüsche bilden. Bei dein Mangel an cultivicrbarcm Lande müssen sich die Barabra auf die Aussaat des Nothwendigsten beschränken. Durrah, Lubicu, Bohnen, Klee bilden die Aussaat gewöhnlicher Leute. Mjt gierigem Auge wird das Gedeihen der Frucht überwacht. Täglich besucht der Besitzer seine Felder, um je »ach dem Bedürfnisse der Saat die Thätigkeit der Sakicn und Scha-dufs zu regeln. Ist die Saat ziemlich gediehen und stehen die Durrah-, Mais- und Hirsenkolben der Reife nahe, so beginnen die Feinde der Fcldfrüchte ihre Arbeit. Zahlreiche Nagcthierc, besonders Mäuse und Wanderratten, gefährden die Hoffnung des Land-mannes; überdies finden sich zahlreiche Vögel aller Arten ein, besonders Sperlinge. Die Saat muss sorgsam übcrivacht werden. Während im Sudan dies von den Sclaven besorgt wird, geschieht hier die Ueberwachung durch Knaben und Mädchen- sonne Frauen. Am frühen Morgen bei Sonnenaufgang besteigen sie die am Rande und an den Ecken der Felder errichteten Holzgerüste und verscheuchen durch Schreien und Werfen von Steinchen die zahlreichen gefiederten Räuber. Das unaufhörliche Rufen und Schreien der Wächter und Wächterinnen ist etwas Charakteristisches jener Gegenden zu dieser Jahreszeit. Zuweilen werden die einzelnen Gerüste durch Stricke und Schnüre in eine wechselseitige Verbindung gebracht. Durch Schütteln und Rühren dieser Vcr-bindungsfäden über der Saat werden die gefräßigen Vögel fortgejagt. Diese Arbeit dauert von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang,^ bis die Vögel ihre Ruhe suchen. Die Ernte geschieht theils mit der Sichel, theils mit der Hand. Die Frucht wird mit Stöcken ausgeklopft. Die Maiskolben oder DurrahähreNkwerden oft ganz getrocknet und aufbewahrt. Um sie gegen die zahllose Jnsektenwelt, als Termiten'und weiße Ameisen, zu schützen, die sehr gierig und zähe im Verwüsten sind, sich in Minengängen oder in aus Erde und Speichel geklebten Röhren an alles herannahen, wird die Frucht in Töpfen, Körben oder Gehängen aufbewahrt, zuweilen auch auf freistehenden.Gerüsten oder an hohen Baumästen aufgehangen und nach Bedarf herbeigeholt. Mit dem Ackerbau Hand in Hand geht die Viehzucht, die ebenso wie jener durch die Natur des Landes beschränkt ist. Von den Ziegen, welche die Hauptgattung der bcrbcrinischen Hausthiere sind, gibt es verschiedene Rassen. Die häufigste Art ist dies hochbeinige Ziege mit langen Schlappohren, durchwegs sehr mager, theils gehörnt, theil ungehörnt. Wenigstens eine Ziege besitzt auch die ärmste Familie. Bei Tage sucht sich das Thier sein Futter in der Nähe der Ortschaft, bei Nacht ivcilt cs in der Hütte oder in einem dürftigen Nebenbau. Die Schafe, ebenfalls zahlreich, sind fettschwänzig,, zum Theil mit Schlappohren. Reiche Leute besitzen Herden von Ziegen und Schafen. Unter den Rindern zeichnet sich die Rasse im südlichen Theile Nubiens aus durch ihre antilopen-ähuliche oder zcbuartigc Gestalt. Die Kuh und der Ochs werden allgemein als Zugthiere bei der Sakieh verwendet. Einen sonderbaren Anblick gewährt es, ein Rind mit einem Kameel oder Pferde zusammen an der Arbeit zu sehen. Es fehlt jedoch bei den Barabra jener Reichthum an schönen und wohlgemästeten Rindern, wie er im Sudan vorkommt. Büffel koinmen seltener vor, als in Aegypten. Schweine habe ich nie gesehen: deren Fleisch ist bei den Barabra als guten Muselmännern verabscheut. Pferde findet mau häufiger tut südlichen als im nördlichen Nubien. Kamecle besitzen nur die Reiche». Das Fleisch wird von den Eingeborenen gegessen. Der Esel ist sehr verbreitet 334 Die Barabra in Nubien. und findet besonders als Lastthicr Verwendung. Das Maulthier ist seltener. Von Geflügel sind Hühner überall, selbst in den elendesten Hütten zu finden; sie sind durchgängig sehr mager. Zur Zeit meiner Anwesenheit in Nubien war der Preis der Hühner und Eier infolge des zahlreichen Ankaufes durch die Engländer fabelhaft gestiegen. In Uady-Halfa kostete ein mageres Huhn vier Schilling (20 Piaster, d. i. 5 Mark); für ein Piaster bekam man zwei Eier, in den Ortschaften zwischen Koroško und Uady-Halsa sogar nur ein Ei. Enten, Gänse, Truthühner finden sich fast nur als Fremdlinge; Tauben, besonders Wildtauben und Turteltauben sind zahlreich vertreten. Katzen sind selten, die Hunde, meist Wolfshunde von hässlicher gelber Farbe und ebenso hässlichem mageren Aeußeren laufen herrenlos umher, sind faul und feige und nähren sich von Abfällen und von Unrath. Von den Wildthieren finden sich Hasen und Gazellen; ferner Schakale und Hyänen, welche in der Nacht durch ein höchst unmelodisches und unheimliches Geheul hinter den Felsen sich lästig machen; das Geheul ist am Aergsten zur Zeit des Vollmondes; manchmal machen sie bei der Nacht die Umgebung der Ortschaften unsicher. Der eigentliche Wolf kommt selten vor. Die Vogelwelt ist zahlreich vertreten. Wildgänse, Wildenten, Reiher, indische Hühner, Schnepfen, Wachteln, große Pelikane, Ibisse, Fischrüuber beleben die Sandufer und Felseninseln. Kraniche, Adler, Geier bevölkern Uferberge. Rebhühner, Sperlinge, Schwalben bewohnen die Fluren und Gebüsche. Eine in diesen Gegenden ungewohnte und für den Europäer angenehme Abwechslung bildet das seltene Trillern der infamen Lerche in den Lüften. Die Jagd wird wenig betrieben. Die Eingeborenen geben sich mehr mit Fischerei ab. Verschiedene Fischgattungen liefern eine sehr ansprechende Nahrung; mehrere Nilfische sind sehr schmackhaft. Sie werden theils mit Netzen, theils mit der Angel gefangen, theils in Fallen gelockt, besonders an den Katarakten, und dort mit der Hand aufgegriffen. Krokodile kommen nur im Süden des ersten Kataraktes vor; auch hier werden sie stets seltener. Es scheint, dass diese Thiere, gleich den Raubthieren in der Wüste, infolge des Vordringens der Europäer sich mehr und mehr zurückziehen. Im Süden, besonders zwischen Berber und Chartum, sind sie sehr zahlreich; man kann besonders von Morgen bis Mittag Gruppen von zehn und mehr Krokodilen auf den Sandinscln sich sonnen sehen. Die Barabra fangen dieselben und stopfen sie aus, um sie zum Verkaufe als Raritäten nach Aegypten zu bringen. In Koroško sah ich auf meiner Fahrt eine ganze Barke voll ausgestopfter Krokodile. Die größten, 1T/2 Meter lang, kosteten vier Maria-Theresienthaler, mittlere zwei bis drei Thaler, 1/2 Meter lange ein Thaler. Schildkröten und Eidechsen, besonders die große Wüsteneidechse (naral genannt), kommen häufig vor; ihr Fleisch wird von den Eingeborenen gegessen. Sehr gefährlich sind die Skorpione, Taranteln und zweibissigen Spinnen. Der Biss der Skorpione und Taranteln ist lebensgefährlich. Wir sind gezwungen, beständig eine Dose Ammoniak mitzuführen;: bei erfolgtem Bisse oder Stiche wird an der schmerzenden Stelle mit scharfem Messer eingcschnittcn und in die Wunde Ammoniak gegossen; der Schmerz weicht alsbald. Bei Verzögerung tritt Blutvergiftung und Tod ein. (Schluss folgt.) Die Negerinn der an der Krippe des Heilandes. Non f P. H, Seiner. incm Berichte des zu früh verstorbenen P. H. Seiner entnehmen mir Folgendes: „Das schöne Wcihnachtsfcst ist gewiss für alle Christcnherzcn ein Fest der Freude und des Friedens. Es hat so etwas Heiliges und Liebliches in sich, dass cs vermag, selbst die grimmigsten Feinde unter sich zu versöhnen, in den christlichen Familien den verlornen Frieden und die Eintracht wiederherzustellen, die bctrübtcsten Herzen zu trösten, die Reichen zu den wohlthätigsten Liebeswcrken gegen die Armen zu entflammen, und den Armen Liebe für ihre Armut einzuflößen; kurz, cs gibt keine Freude, die das hochheilige Weihnachtsfest, das Fest des göttlichen Fric-densfürsten, nicht zu erwecken, cs gibt kein Leid, welches es nicht zu lindern vermöchte. „Friede auf Erden denjenigen, die eines guten Willens sind." Das ist der Wahlspruch, den das liebe Jesukindlein bei seinem Eintritt in die Welt durch Engelsmund in der schönen Christnacht verkünden ließ. Das Weihnachtsfest ist aber ganz besonders das Lieblingsfcst der guten Kinder. Keine Feder vermag zu beschreiben, was das liebe Jesnkindlcin von seiner armen Krippe herab für einen göttlichen Zauber auf das Kinderherz ausübt, welch' heilige Gesinnungen es in ihm erweckt. — O, wie ersehnt ist den Kleinen der Christabend! Welch' reine Freuden empfinden dort jene unschuldigen Herzen! Mit welcher Klarheit und Einfalt fassen sie die großen Lehren der Demuth, der Liebe, des Gehorsams, die das Jesukind von seiner Krippe wie von einer Kanzel herab predigt, auf! Welch' heilige und aufrichtige Vorsätze machen sic vor ihrem neugeborenen Heiland, den Eltern und Vorgesetzten folgsamer zu sein, liebevoller gegen die Geschwister und Kameraden, sich Schleckereien zu versagen und dafür die Gelder zusammen zu sparen, um damit den armen Hcidenkindern in den fernen Ländern zu Hilfe zu kommen! — Und ist es nicht vielleicht eine Thatsache, dass die Kinder zu Weihnachten und oft noch lange nachher viel braver und folgsamer sind, und dass das Werk der heil. Kindheit um diese Zeit besonders von seiten der Kinder am meisten gefördert wird. Welch' edlere Wirkungen könnte wohl das göttliche Jesukind in diesen jungen Herzen hervorbringen? Nun, geliebte Leser, das schöne Wcihnachtsfest macht auf das Herz des Negcrkindcs denselben Ein- druck, bringt dieselben Wirkungen hervor. — Das Negerkind hat durchaus kein versteinertes, unempfindliches Herz, wie man sich's in Europa nur zu oft vorstellt, sondern cs hat, wie es von uns schon öfters bemerkt wurde, ein sehr empfindliches Herz für alles Gute und Heilige. Das könnte ich mit vielen Beispielen beweisen, ich beschränke mich aber nur meinen lieben Lesern zu zeigen, wie empfänglich das junge Negerhcrz für die heiligen Weihnachtsfreudcn ist und welche heilige Gesinnungen es vor der heiligen Krippe aufnimmt. Schon im Sommer und selbst im Frühjahr hört man schon die Frage: „ja abuna, emta aid el-milad“: „Vater, wann ist Weihnachten?" oder: „lissa bald aid el-milad“: „Ist Weihnachten noch weit entfernt?" Diese Fragen werden immer häufiger und betonter, je mehr man sich dem December nähert. Anfangs October fragen sie: „lissa kam schahr“: „Wie viel Monate noch?" und wenn nur mehr ein Monat fehlt: „lissa kam jom“: „Wie viele Tage noch?" und da werden die Tage gezählt und nur mehr von Weihnachten, Krippe und Jesukind gesprochen. Schon im Herbste beginnen sie die Vorbereitungen für die Krippe. Sie suchen nämlich auf Hügeln schöne Steine zusammen und tragen deren mehrere Körbe voll nach Hause. Sie schneiden auS Papier und Pappdeckel Figuren aus und bemalen sie nach ihrem Geschmack. Anfangs December bereiten sie sich auf die Wcihnachtsgesänge vor, die an jenem Feste und der ihm vorhergehenden Novene gesungen werden. Kurz, alles deutet an,'j dass Weihnachten schon sehr nahe ist. Am Abend beim klaren Mondschein sitzen und drängen sic sich um ihren Pater oder Bruder herum mit der Bitte, er solle ihnen doch etwas von der Krippcngeschichte, vom Jesukindlein, von den Hirten und den hl. drei Königen erzählen. Da herrscht dann eine Stille, dass man eine Maus springen hören könnte; keiner rührt sich, alle hängen an seinen Lippen; sie wären sogar bereit, lieber auf das Abendessen zu verzichten, als; den Pater oder Bruder in der so schönen Geschichte zu unterbrechen. Endlich kommt der erste Tag der 9to= vene; die Laienbrüder, die mit den Buben beschäftiget sind, müssen ihre Werkstätte schließen, um den Kindern die Krippe aufzubauen. Vor allem wird ein großes Zimmer ausgeräumt und neu ausgeweißt, 336 Die Negerkinder an der Krippe des Heilandes. dann wird in demselben ein großes Holzgerüst aufgerichtet um damit die Gebirgsketten und Bergspitzen zu bilden: hernach wird alles mit Papier und alten Zeitungen verpuppt und vermalt, wobei natürlich die kleinen Negerbuben als gute Schmierer vortreffliche Dienste leisten. So geht es fort bis an den Christ-Abend. — Jeden Abend der Novene begeben sie sich zur Pfarrkirche, wo sie unter Aussetzung des Allerheiligsten ihre Andachten in Vorbereitung auf des heilige Christfest verrichten. Nach dem heil. Segen stimmen sie in vollem Chor ein Weihnachtslied an, und zwar mit so begeisterter und ergreifender Andacht, dass ich oft bis zu Thränen gerührt war. Die Tage hindurch sind sie eingezogener und suchen dem Beispiele der guten Hirten gemäß nicht mit leeren Händen zur Krippe zu kommen, sondern bemühen sich, durch Uebungen der Abtödtung und Tugend ihr kleines Herz zu schmücken und somit dem lieben Jesukind die allerliebsten Geschenke darzubringen, nicht Gold, Weihrauch und Myrrhen, sondern (wie die Tageszeiten sagen) das, was durch diese Gaben dargestellt ist, nämlich: Gehorsam, Anbetung und Liebe. Zu diesem Zwecke werden unter den Buben die sogen, „geistlichen Blümchen" ausgetheilt. Diese bestehen in kleinen zusammengerollten Zettelchen, auf welche verschiedene Tugendakte, die sie untertags aus Liebe zum Jesukindlein ausüben sollen, aufgeschrieben sind, wie zum Beispiel: „Du sollst heute aus Liebe zum Jesukindlein deinem Mitbruder einen Liebesdienst erweisen" oder „du sollst 3 Vaterunser beten vor dem Allerheiligsten für deine verstorbenen Wohlthäter in Europa", „du sollst 3 Acte der Reue erwecken" und dgl., bis über 40 verschiedene Tugendübungen, worin sie sich gewöhnen, christlich zu denken und zu handeln, die Tugend nicht nur zu kennen, sondern deren Uebungen auch in den verschiedenen Fällen zu verrichten. Hierin zeigen sie einen großen Eifer. Am letzten Tage der Novene werden an der Krippe die Figuren, deren wir wohl die meisten und die schönsten unseren lieben Wohlthätern zu verdanken haben, aufgestellt und die ganze Krippe mit vielen Kerzen besteckt. — Endlich kommt der heißersehnte Christabend. Während nun die Negerlein bei ihrem Abendschmaus aus Ungeduld mehr zappeln als essen, zünden die Brüder die Kerzen an, und nachdem die ganze Krippe in vollem Lichtglanz prangt, wird die Thür geöffnet und die ganze schwarze Schar, groß und klein, strömt dem Jesukindlein entgegen. Wer vermöchte wohl diesen feierlichen Augenblick zu beschreiben? Alle drängen sich an die Krippe, alle wollen das Jesukindlein sehen: sie hüpfen vor Freude und benedeien den neugeborenen Erlöser der Welt. - Die etwas größeren Buben werfen ihren ersten Blick auf den lieben Heiland, auf seine hl. Mutter und den hl. Joseph. Die kleineren Knirpse, die noch nicht bis zur Krippe hinaufsehen, nimmt ein Vater Missionär oder eilt Bruder auf den Arm und nähert sich der Krippe. O, wie erstaunt und verwundert schauen sie die schönen Esel, Schafe und Hunde an. „Aho, abuna“, ruft da einer, „da giamal“, „da homar“, ruft ein zweiter, „da chansir“, schreit ein dritter. „Schau, Vater, dies ist in Kamcel, dies ein Esel, dies ein Schweinche n." Ud wenn sie dann erst das Jesukindlein in der Krippe sehen, „schau das Kindlein", rufen sie und können sich nicht satt daran sehen. Nachdem der erste Eindruck vorüber ist, bringt man die Musikinstrumente herbei und nun wird bald ein Opernstück dem Jesukinde vorgespielt, bald singt ein voller Negerchor die schönsten Weihnachtslieder, worunter auch das allbekannte: „Stille Nacht, heilige Nacht", und so geht es fort, bis in die tiefe Nacht hinein: am Ende muss man sie mit Gewalt von der Krippe trennen, um sie ins Bett zu bringen. Da haben dann viele unter ihnen sich noch eigens ein Krippchen gebildet aus Papier, Holz oder Thonerde, darin ein aus einem Bildchen herausgeschnittenes Jesukindlein mit ein paar Engelein und ein paar Kerzenstumpen untergebracht und alles mitsammen im Bett versteckt. Und während der gute Bruder, der bei ihnen ist, schläft und träumt, stehen die Schelme auf und verweilen eine halbe Stunde und bisweilen noch länger auf ihren Knieen mit gefalteten Händen vor dem Krippelein und murmeln ihre Vaterunser her, bis der Bruder vom Geräusch geweckt, sie unter die Decke bringt. Damit, liebe Leser, ist es noch nicht fertig. Nicht nur leere Freude beseelt die Neger an der Krippe, andere höhere Gesinnungen tragen sie in ihrem Herzen: die schönsten Uebungen der Abtödtung und Tugend legen sie an diesem Fest an den Tag. — Wenn es für jedes Kind nichts Lieberes geben kann als Zuckereien, Backwerk, Früchte usw., sind dergleichen Sachen für den Neger, der ein besonderer Liebhaber von Schleckereien ist, das „non plus ultra“. Und doch alle Zuckereien und kostbaren Früchte, die sie theils von den Patres theils von den Eltern geschenkt bekommen, opfern sie gern dem lieben Jesukind auf. Da sähen unsere lieben Leser am Weihnachtstag die Krippe von Zuckereien, Gebäck, Früchten und selbst Geldstückchen derart überhäuft und überschüttet, dass oft kaum mehr der Kopf der Figuren sichtbar ist. Es ist an sich allerdings eine kleine Sache, aber für ein Negerkind ist es eine schöne Uebung christlichen Opfergeistes. ■ Aus Liebe zum Jesukindlein thun sie jeden Gefallen, Die Negerkinder nn der Krippe des Heilandes. 33V verrichten sie Arbeiten, gegen welche sie die größte Abneigung haben; kurz, alles erlangt man von ihnen, wenn man sie im Namen des, Jesukindleins darum ersucht. Was aber die Hauptsache ist, lernen sie an diesen Tagen die Gnade der Gnaden, nämlich das Licht des heil. Glaubens, das ihnen zutheil wurde, über alles schätzen. O, wie sind sic an diesem Tage froh, Besonders aber möchte ich unseren werten Lesern von der außergewöhnlichen Dankbarkeit berichten, die die Neger an diesen Tagen für ihre Wohlthäter in Europa zeigen. O, wie eifrig beten sie für dieselben an der Krippe, mit welcher Ehrerbietung und Liebe sprechen sie von denselben! sie wissen es wohl, dass sic alles, was sic haben und bekommen, nach dem lieben Gott ihren Wohlthätern in Europa zu ver- Rcgimiiig$gd>äu(U in Khartum. Christen zu sein: wie inbrünstig danken sie an der Krippe dem lieben Heiland, ihnen Missionäre geschickt zu haben, welche sie eine so schöne und heilige Religion kennen lehrten: wie danken sie den Missionären für die Mühen, die sie sich geben, ihnen den heil. Glauben zu verkünden und zu bewahren! — An diesen Tagen sieht man die noch nicht getauften Nc-gerkinder etwas traurig und niedergeschlagen. Sic beneiden die anderen um ihr Glück und getrauen sich aus Scham fast nicht mit ihnen zu spielen, sie weinen heimlich und bitten um die hl. Taufe. danken haben. Vor kurzem bat mich ein Negerlcin, ich solle in seinem Namen den guten Eltern in Europa (er verstand damit die Wohlthäter), in meinem ersten Briefe, den ich dorthin absenden mürbe, herzlich danken für die Kleider, Bilder, Krippen und schönen Spielzeuge, die sie ihnen schicken und für alles Gute, das sie ihnen spenden: sie würden ihre hl. Communion für dieselben aufopfern und trachten, ihnen durch Fleiß, Gehorsam und gutes Betragen Freude zu machen. Es wird den guten Lesern nicht unlieb sein, wenn ich hier den kleinen Brief folgen lasse, den der Negerknabe Ignaz Farid seinen Wohlthätern in Europa zum Christfest und zum Ncujahrstag geschrieben hat: Unsere geliebtesten Wohlthäter! Wir sind am Weihnachtsfest und Neujahrstag angekommen, Feste, welche man in der ganzen Welt mit großem Jubel und Feierlichkeit begeht. Wir wissen wohl, dass in Europa alle guten Kinder ihren lieben Eltern ein paar Zeilen zum Glückwunsch schreiben und wir armen Waisenkinder von Afrika, die wir an keinem Tage unsere Wohlthäter vergessen können, sollten wir Euer in diesen schönen Tagen vergessen? 0 nein, denn Ihr seid unsere guten Väter und unsere guten Mütter, die uns das tägliche Brot besorgen, und uns mit Euren Wohlthaten das Licht des Glaubens, in welchem ein jeder sein Heil findet, kennen gemacht habet. Wir fühlen uns also verpflichtet, Euch den Ausdruck unserer aufrichtigen Dankbarkeit darzubringen. Wir können cs zwar nicht so gut und sein machen, wie die Kinder in Europa; wir werden aber alle zusammen das Jesukindlein bitten, und dasselbe so schön und gut, wird uns zu Hilfe kommen. Wir werden es bitten, es möge vom Himmel viele Gnaden auf Euere Häupter ausgießen und vielen Segen verleihen für alles Gute, das Ihr uns erwiesen habt und in Zukunft erweisen werdet. Nicht wahr, geliebte Wohlthäter? Das liebe Jesnkindlein wird Euch noch hundert Jahre Leben geben, und dann den so schönen Himmel. Und wir zum Danke für alles Gute, werden fromm, fleißig und arbeitsam sein, um gute Christen zu bleiben und mit Euch in den Himmel zu kommen. Und jetzt mit dem tiefsten Gefühle unserer Herzen küssen wir Euere wohlthätigen Hände und rufen alle zusammen zum Jesnkindlein: „Es lebe hoch unser Jesnkindlein, cs leben hoch unsere Wohlthäter, die uns so sehr geliebt haben und immer noch lieben werden!" Euere aufrichtigsten und dankbarsten Pflegekinder Ignaz Farid und seine schwarzen Mitbrüder von Gesira. Ans diesen meinen wenigen Zeilen können die geehrten Leser sehen, welcher hl. Eindrücke ein Cha-mitenherz fähig ist, welche noble Gesinnungen unter einer schwarzen Negerhaut verborgen sind, welche Früchte die Almosen bringen nnd besonders unter den Negern, welche Wunder die schönen Krippchcn wirken, jene Krippchcn, die ihnen durch Euere Güte zugeschickt wurden. O, Ihr seht, dass der liebe Gott Euere Gaben segnet, so dass sie den Negern nicht nur zum zeitlichen Wohl, sondern vielmehr zum ewigen Heile gereichen. Möge der liebe Gott euere Güte und Barmherzigkeit reichlich belohnen mit hundertfachem Segen in dieser Welt und dem ewigen Leben in der andern. Cin Goitesurtheil Von Dr. in glühender Lichtschimmer überflutete die meilen-roeitc, die neue Hauptstadt des Marutse-Reiches, Schcscheke, im Osten begrenzende Ebene: in manchen Theilen der Stadt herrschte noch Stille, da die Bewohner sich bis tief in die Nacht bei Betschuala-Ge-lagen gütlich gethan hatten. In den Dörfern bei Mabunda »nd Masupia's war cs dagegen bereits ziemlich rege, namentlich jedoch in den unmittelbar am Flussufer erbauten Mambos-Dörfern. Die Mambos, denen die Fischerei obliegt, pflegen sich nicht von den schimmernden Vorboten des goldenen Gestirnes zur Arbeit aufmuntern zu lassen; kaum dass cs graut, sind sie schon bei ihren Kühnen und Netzen, um sich in die nahen und entfernten Flussbuchten zu begeben, und die ihnen von dem königlichen Küchenmeister vorgeschriebene Anzahl von Fischen zu erbeuten. Das rege Treiben in der winzigen Bucht nahe an meiner Hütte, wo sie ihre Kähne zu bergen pflegten, hatte mich oft früher angelockt und so stand ich auch heute und schaute ihrem Treiben zu. Als die Letzten abstießen, wandte ich mich nach meiner Hütte. Zwischen derselben und dem königlichen Häuserkomplex lag ein etwa 600 Schritt breiter Streifen freien Landes, und über dieses hin bewegte sich ein Zug von etwa 20 Menschen. Diese hatte die Richtung nach dem Walde eingeschlagen, einen der Pfade wühlend, der zwischen meiner Hütte und dem aus Schilfrohr erbauten Häuschen der portugiesischen Händler durch die Marutsedörfer führte. Voran schritt ein Mann, der, jedem Bewohner von Schescheke nur zu wohl bekannt, als Vollstrecker der Grausamkeiten des Königs Sepopo, ein Schrecken im Marutse-reiche geworden war. Es war Maschoku, die Ma-bunda-Hyäne. Er war mit einem bis an die Knöchel reichenden bnntkarrierten Wollhemd bekleidet: ihm folgte ein Mann von mittleren Jahren und diesem zwei Greise, wahre wandelnde Mumien, die mit ihren fezartigen Kopfbedeckungen als des Königs Leibärzte und die Hauptredner in dem unmenschlichen engeren Rathe, der dem König zur Seite stand, allgemein bekannt waren. Hinter denselben schritten vier mit Assagcien bewaffnete junge Männer. Den Zug schlossen zwei Gruppen von etwa acht Personen, in der ersteren bemerkte ich ein Weib und zwei Kinder. Die Leute bewegten sich, wie cs schien, in einer gedrückten Stimmung, während die letzte Gruppe schreiend und lärmend einherzog. Als ich diesem Zuge nachsah, flüsterte mir jemand leise zu: Die gehen in den Wald, im Maruise-Kelche. E. Holub. um jenen Mann zu tobten. Es war ein Knabe aus Schescheke, der mir für Glasperlen Fische zum Verkäufe brachte und die Gruppe bemerkte, die meine Aufmerksamkeit erregt hatte. Der zur Hinrichtung Geschleppte war von einigen Nachbarn, die auf seine Ernte neidisch waren, des Hochverrathes angeklagt und von dem Könige nach dem Ansspruche des hohen Rathes zum Tode verurtheilt worden. Der König war unpässlich geworden und die Krankheit wurde auf gewisse Zaubereien geschoben, die jener begangen haben sollte. An der Hinrichtungsstelle angekommen, riss der Scharfrichter dem Verurtheilten seine Lederschürze vom Leibe, zerbrach die aus Elfenbein und Holz gearbeiteten Armringe, während seine vier bewaffneten Helfer nach den nahen Büschen griffen, um dem Armen aus grünen Busthzweigen eine Schürze um die Hüften zu flechten. In der Mitte der kleinen Lichtung standen zwei, drei Fuß von einander abstehende und fünf Fuß über den Boden ragende rauhe Pfähle, welche im unteren Drittel und an ihren freien Enden mit je einem Querholze verbunden waren. Hie und da sehen wir einen Aschenhaufen, aus dem einzelne halbverbrannte Menschenknochen hervorragen. Maschoku fasste den Verurtheilten bei der Hand, führte ihn zu dem Joche, ließ ihn auf das untere Querholz niedcrsitzen und hieß ihn mit den Händen die Pfähle erfassen. Einer seiner Begleiter brachte eine kleine Kürbisflasche, ein anderer eine hölzerne Schale. Der Scharfrichter goss aus der ersteren eine dunkle Flüssigkeit, ein Decoct von giftigen Kräutern, in die Schale, welches er selbst am vorhergehenden Abend von dem Könige zu dem Zwecke erhalten hatte; er reichte dem Manne die Schale und gebot ihm, zu trinken. Kaum hatte der Aermste getrunken, so stürzten jene, welche gesenkten Hauptes und klagend dem Manne zur Hinrichtung gefolgt waren, auf diese» zu und brachen in lautes Wehklagen aus: „Mein Mann, mein Vater, mein Freund, Freund!" riefen sie durcheinander. „Fürchte dich nicht, du sollst nicht sterben, du bist ein guter Mann, du hast nie Böses gethan: böse Menschen, die nach deinem Mabele (Korn) und nach deinem Komo (Vieh) trachteten, haben schlechte Worte gesprochen und deshalb hat man dich hierher geschleppt; du hast nie Böses gegen den König im Sinne gehabt, so wirst du auch nicht sterben. Njambe, der gute und schlechte Herzen kennt, sieht auch deine Unschuld und wird dich das Molcmo 340 Ein Gvttesurtheil im Marutse-Reiche. (Gift) erbrechen lassen." So reden die Freunde des Verurtheilten; sie streicheln und liebkosen ihn. Wie sie etwas in ihrem Eifer nachlassen, treten die Ankläger heran, jene, welche Beim Zuge die Nachhut bildeten. Mit geballten Fäusten drohen sie dem am Schaffot Sitzenden die ärgsten Verwünschungen gegen ihn ausstoßend: „Du Verräther. Du schlechter Mensch. Schwarz ist dein Herz. Du wolltest den König todten. Schlechte Medicinen hast du in seine Behausung geworfen, die ihm die Krankheit in dieselbe brachten, allein, wir haben deine Schlechtigkeit gesehen, wir sagten es dem Könige und nun sollst du dafür sterben. Sichst du das Feuerchen da, das eben unsere Brüder angezündet haben, sieh', das wollen wir groß machen, und daun deine Gebeine, die Knochen eines schlechten Hochverräthes daran rösten und verbrennen." Und abermals drohen sic mit den Fäusten und speien ihn an. Nach den alten Marutse-Gesetzen muss jeder Ver-urtheilte eine Schale Gift trinken. Fällt er nach dem Genusse des Giftes besinnungslos zur Erde, so wird er für schuldig erklärt und sofort verbrannt.. Wenn im Gegentheile der Verurtheilte das Gift erbricht, dann wird er für unschuldig erklärt, allerdings kein wohlthuendes Begnadigungsmittel, da nach dem Genusse des Giftes eine Blutzersetzung eintritt, welche Ausschläge und Siechthum und nach vielen Leiden einige Jahre später den Tod zur Folge hat. Der König Sepopo, der die meisten Gesetze und Bräuche seines Landes umstieß, berücksichtigte auch diese nicht und gab oft im Geheimen dem Scharftichter den Auftrag, die Verurtheilten auf jeden Fall zu todten. So geschah es, dass, als der König von der Ba-rotse nach Schescheke übersiedelte, er von seinem Mutterlande keine Rinder nach der neuen Residenz mitnehmen konnte. In Schescheke lebte aber unter mehreren Häuptlingen einer, der große Herden besaß; auf ihn fiel sofort des Königs Augenmerk und damit war auch das Los des Aermsten besiegelt. Er wurde angeklagt und verurtheilt, doch das Gift hatte keine Wirkung. Da fand sich ein zweiter Sklave, der den Häuptling des Hochverraths beschuldigte und als auch die zweite Verurthcilung nichts half, folgte eine dritte, schließlich wurde er so lauge mit dem Oberkörper in das Feuer gehalten, bis er seinen Geist aufgab. Nachdem ich Schescheke verlassen, wurde auch die Frau des Häuptlings Moroko zum Tode verurtheilt. Sie war als unschuldig erklärt worden, der Scharfrichter aber theilte ihr mit, dass ihm der König den Befehl ertheilt, sic am folgenden Tage zu verbrennen. Um solch einem Tode zu entgehen, warf sie sich in den Fluss und wurde sofort von einem Krokodile ergriffen, doch von diesem längere Zeit hin und hergezerrt, bevor das Thier mit ihr in die Tiefe versank und das grause Schauspiel ein Ende fand. Nachdem sich die Ankläger müde gescholten, traten die beiden alten Medicinmänner heran, nahmen den Verurtheilten von dem Gestell und drehten ihn mehrmals im Kreise herum, sie thaten dies, wie sie sagten, um das Gift besser im Körper wirken zu lassen. Kaum hatten sie ihn wieder seine frühere Stellung einnehmen lassen, da näherten sich ihm wieder seine Freunde: „Freund, entledige dich doch des schädlichen Stoffes, den du getrunken, brich ihn aus, damit du diesen bösen Menschen und dem Könige zeigst, dass du unschuldig bist!" Freunde und Kläger wechseln so ab, bis das Gift betäubend oder wie ein Brechmittel zu wirken beginnt. In dem vorliegenden Falle wirkte es betäubend; etwa eine halbe Stunde, nachdem er das Gift zu sich genommen, fiel der Verurtheilte besinnungslos zu Boden. Bevor dies jedoch geschah, hatten schon einige seiner Ankläger ein kleines Feuer angezündet, auf welches sie Bei ihren Spottreden hinwiesen. Kaum war der Verurtheilte zu Erde gefallen, erfassten ihn die Diener des Scharfrichters und schleppten ihn zu dem Feuer. Vergebens rangen seine Angehörigen die Hände; mitleidslos ward er mit dem Kopfe über das Feuer gehalten, so dass er mit halbverbranntcm Gesichte, bevor noch das Feuer zur Flamme angefacht war, erstickte. Dann erst wurde trockenes Reisig herbeigctragen und eine Art Scheiterhaufen errichtet, auf welchem der Körper gänzlich verbrannt wurde. Rundschau in Europa. Deutschland. Am 8. Juli fund in Aachen unter dem Vorsitze des /nsS erzbischöflicher Commissar bestellten Herrn Domcapitular HespcrS die jährliche Generalversammlung des Frauciscus-Laverius-M i s s io n s v er ein es statt. Nachdem Herr Cano-nicus Brockhoff als Dirigent des Verwaltungsrathes in Aachen über die VcrcinSangelegenheiten Bericht erstattet hatte, wurde die vom Schatzmeister Definitor Metzmacher aufgestellte Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben zur Kenntnis der Versammlung gebracht. Die Einnahmen betrugen im Berichtsjahre 15. Juni 1900 bis 15. Juni 1901 133,734 23 Mk., die Ausgaben 127,674-34 Mk. Hierauf fand eine eingehende Discussion über die Mittel und Wege statt, um die Einnahmen des Vereines entsprechend der bedeutenden? Vermehrung der katholischen Missionen in allen Welthcilen zu steigern. Die Einnahmen des über die meisten Länder verbreiteten Gesammtvereiues zur Verbreitung des': Glaubens betrugen im Jahre 1900 5,478,960 Mk., die Ausgaben 5,155,589 Mk. So hoch die Summe scheinen mag, reicht sie doch nicht im Entferntesten aus, um die Bedürfnisse aller Missionen i» Asien, Afrika, Amerika und Australien zu decken und müssen^ bedeutende Unterstützungsmittel aus anderen Quellen seitens der Missionsgesellschaften herangezogen werden. Der Afrikaverein deutscher Katholiken erzielte int letzten Jahre (April 1900 bis dahin 1901) 85,430-48 Mk. Einnahmen, denen eine Ausgabe von 88,005-99 Mk. gegenüberstehen. Für das laufende Jahr'fsollen einstweilen 66,000 Mk. an die verschiedenen Missions-Gesellschaften zur Vertheilung kommen. (Im ersten Geschäftsjahre giengen eilt: 333,844 85 Mk.; heute, wo das Missionsgebiet sich vervierfacht hat, nur 85,430-48 Mk., also ein Rückgang von nicht weniger als 248414-37 Mk. Der deutsche verein katholischer Krauen und Jungfrauen zur Unterstützung der afrikanischen Missionen zählt in den verschiedenen Diöcesen Deutschlands und der Schweiz bereits 11,271 active Mitglieder (eingetragene Mitgliedcrzahl 24,613). Die Bareinnahmen betrugen 20.088-86 Mk. Zur Vertheilung an die Missionen und die Missions-anstalteu kamen 16.331-55 Mk. in bar und reiche Spenden an Kirchen- und Altargcräthen, kirchlichen Gewändern und Kirchenwüsche. Der Verein, 1892/93 den Missionen. gegründet, steht unter dem Protectorate Sr. Eminenz des Cardinals Rampolla und hat sich, empfohlen durch eine Reihe deutscher Bischöfe, recht günstig entwickelt. Nach dem letzten Jahresberichte 1900/1901 des Vereins der hl. Kindheit wurden die eingegangenen Gaben von 3.423.700 Frs. folgendermaßen vertheilt: Unterstützt wurden 200 verschiedene Missionen mit 5122 Schulen, 482 Gewerbe-, 166 Ackerbauschulen, 1293 Armenapotheken. 421.404 Heidenkinder wurden getauft 24.438 losgekauft, 282.560 Kinder erzogen. Asien. Palästina. Es hat eine Zeit gegeben, und sie liegt npch gar nicht einmal so weit hinter uns, da war der deutsche Name in Palästina und im Orient überhaupt gar nicht sonderlich geachtet. Allmählich ist es besser geworden. Oesterreich war zuerst am Platze. Ein Bericht des Gencral-Commissariats des hl. Landes besagt: „Die Monarchie Oesterreich-11 n g et r n hat wohl durch ihre Spenden sich sehr verdient gemacht um das hl. Land, und gar vieles ist durch die aus der Monarchie geflossenen llnter-stützungsgaben daselbst geschaffen worden. Allein nationalen Charakter führt nur das von Oesterreich-Ungarn aus erbaute österreichisch-ungarische Pilgerhaus in Jerusalem. Der Malteser-Ritterorden besitzt in Tantur bei Bethlehem ein Spital, welches von österreichischen . Barmherzigen Brüdern besorgt wird; dieselben Ordensbrüder leiten ein Spital in Nazareth." Weit später kamen die reichsdeutschen Katholiken, die in den 15 Jahren, gleich ihren österreichischen Glaubens- und Stammesbrüdern, nationale Schöpfungen ins Leben riefen. Der deutsche Verein im hl. Lande besitzt ein Pilgerhaus und zwei Schulen in Jerusalem, ein Erholungshaus in Kubeibe-Emaus, ein Hospiz, eine bedeutende Ackerbaucolonie und fünf Schulen bei Tabgha am Nordufer des SeeS Gene-sareth und ein Krankenhaus in Kaifa am Fuße des Berges Karmel. Für den durch die Huld des Kaisers ermöglichten Bau des Mariendoms in Jerusalem dürften z. Z. schon etwa 600.000 Mk. aufgebracht feilt. Oesterreichischc Franciscaucr und Barmherzige Brüder, deutsche Bencdictiner, Franciscaner, Lazaristen und Borromäerinnen wirken eifrig dahin, dass in dem stets ernster werdenden Wettstreit der Nationen und Confessioncn der Kirche Christi und dein deut- 342 Rundschau in beit Missionen. scheu und österreichischen Katholizismus jene Stellung im hl. Lande werde, die ihnen gebürt. Aus China meldet Bischof v. A n z e r, dass die Entschädigungsforderungen seiner Mission und der chinesischen Christen in zufriedenstellender Weise erledigt seien. Auch in den drei Bezirken, wo noch christenfeindliche Mandarine Schwierigkeiten machen, hofft der Bischof bald ein günstiges Ergebnis zu erzielen. Ferner ist es ihm gelungen, auch sonstige zum Theil seit Jahren schwebende Fragen zu erledigen. Der Bischof hat sich viele Freunde unter den Mandarinen erworben und insbesondere mit dem Gouverneur Juanschikai Freundschaft geschlossen. In der Mission der italienischen Franciscaner in Nord-Schantung sind die von der Französischen Gesandtschaft vertretenen Entschädigungen viel geringer ausgefallen, als in seiner Diöcese. Er beabsichtigt zur Feier seines 25jährigen Priesterjubiläums die Kathedrale in Jentschoufu einzuweihen und in derselben Stadt die erste deutsche Schule im Innern Schan-tungs zu eröffnen. Der deutsche Gesandte in Peking hat aus diesem Anlass dem Gouverneur Juanschikai durch die chinesischen Bevollmächtigten Prinz Tsching und Li-Hung-Tschang seinen Dank für die Ueber-laffung des Kirchengrundstückes ausdrücken lassen und dabei den Bevollmächtigten gegenüber hervorgehoben, dass der Takt und die Maßhaltung des Bischofs von Anzer wesentlich zur Herstellung eines guten Verhältnisses zwischen der Mission und den chinesischen Beamten beigetragen haben, und dass die deutsche Regierung besonderen Wert darauf legt, dass den deutschen Missionären in Süd-Schantung ausreichender Schutz zutheil wird und die chinesischen Behörden für die Erhaltung des Friedens zwischen Christen und Andersgläubigen Sorge tragen. In der Mainummer der Fortnightly Review spendet der hochverdiente Generaldirector der chinesischen Douane, Sir Robert Hart, „der römisch-katholischen Mission" in China hohes Lob. Sie übertreffe alle anderen durch ihre musterhafte Organisation und ihre auf festen Principien ruhende Methode. Besonders hebt er die großartige charitative Thätigkeit hervor, mit der sie sich der Armen, Verlassenen, der Waisenkinder und Kranken annimmt. Das, was die barmherzigen Schwestern, vielfach Töchter vornehmer Familien, leisteten, ihre Sanftmuth und rührende Hingebung könne keine Sprache würdig schildern. Vorderindien. Diöcese Puna. Erfreulich sind die Erfolge, welche eine Handvoll deutscher Missionäre innerhalb der letzten zwei Jahrzehnte auf der Hochebene des Dekhan erzielten. Im Jahre 1878 wurde die erste Misston auf der genannten Hochebene, nämlich in Kendal, gegründet. Nach unzähligen und nie erwarteten Schwierigkeiten konnte im Jahre 1889 von Kendal aus die zweite Missionsstation in Wallan, und nach drei weiteren Jahren schon von Wallan aus die jetzt so blühende Missionsstation in San-gamner eröffnet werden. Im Jahre 1895 schloss sich daran die Mission Ghogargav, und jetzt soll die fünfte Station eröffnet werden. Die vier schon bestehenden Missionen mit je einem oder zwei Missionären zählen ungefähr 3000 Christen in nicht weniger als 120 Dörfern. Ghogargav ausgenommen, das allein den französischen Salesianern überwiesen cst, werden alle anderen Missionen und die neugeplain Mission von Kogargav nur von Jesuiten deutscher Zunge besorgt. Afrika. Soldkiiste. Durch die erfreuliche Entwickelung der Mission an der Goldküste wurde die Propaganda veranlasst, das Missionsgebiet zu einem apostolischen Vicariate zu erheben. Das Vicariat erhält in Bischof Maximilian Albert, aus dem Lyoner Seminar für afrikanische Missionen, einen Oberhirten. Zu Nürnberg am 17. August 1866 geboren, trat Maximilian Albert im Jahre 1882 in die Gesellschaft der afrikanischen Missionen zu Clermont-Ferrand ein und im Herbste 1885 siedelte er in das große Seminar der Gesellschaft in Lyon über. Es war am 14. Juli 1889, als der junge Cleriker zum Priester geweiht ward und ausgerüstet wurde mit den nothwendigen Gnaden und Gewalten, um als Missionär hinausziehen zu können in das unbekannte Land, dessen Boden so reichlich schon mit kostbarem Apostelblut hat getränkt werden müssen. Seit der Zeit widmete er sich mit seiner ganzen Kraft dem schweren Berufe. Im Hinblick auf seine hohen Verdienste um die schwierige Mission wurde der hochw. P. Albert zum Apostolischen Vicar ernannt. Als Bischof wird der neugeweihte Hirte seine junge Herde wiedersehen, als Bischof — nun zum viertenmale — die ferne Küste grüßen. Von der wohlverdienten Wertschätzung und Achtung seiner Mitbrüder und Feunde begleitet, vertrauend auf die Stärkung seines Gottes, der sich nunmehr tiefer in sein Herz gesenkt, wird er weiter seine Herde weiden. Möge daher Gott den neuen Oberhirten schützen, wenn er, seinen schönen Wahlspruch auf den Lippen — „in Milde und Treue" — seiner schweren Arbeit nachkommt, auf dass der deutsche Landsmann ein weises Haupt und eine feste Säule sei unter den Bischöfen, deren Reihe in einer der schwierigsten Missionen zu eröffnen er berufen ward. Rundschau in beit Missionen. 343 Deutsch-Ostüfrika. Apostolisches Vieariat Süd-N y a n z a. Die Mission des südlichen Nyanza, welche anfänglich mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, geht heute ihren regelmäßigen Gang. Lange Zeit gleichgiltig gegen die Worte des Missionärs, hat sich die Bevölkerung endlich für die Größe und Schönheit der wahren Religion begeistert. Besonders ans den Inseln des Sees, selbst bis an die äußersten Grenzen des Vicariates, hat die Christianisation bedeutende Fortschritte gemacht. Ruanda, ein sehr bevölkertes Land, hat den Missionären ein neues Arbeitsfeld geöffnet. Die neue Station Jsavi in Ruanda liegt inmitten zahlreicher Dörfer. Die Bevölkerung, welche besonders dicht zusammenwohnt, scheint sehr gut veranlagt, und die Missionäre haben die beste Aufnahme gefunden, sowohl bei den Häuptlingen, welche mit ihnen sehr gute Verbindungen unterhalten, als auch besonders seitens der Urem wohner, welche die Menge des Volkes bilden, aber den Batnssi, den Beherrschern des Landes, unterworfen sind. Noch eine zweite Sation wurde in diesem Jahre gegründet auf der Insel Kome. Von dieser Station ans, welche im Süden des Nyanza-Sees liegt, kann sich die Arbeit der Missionäre über alle benachbarten Inseln bis an den Rand des Festlandes ausdehnen. Endlich wurde auch auf der Insel Ukara mit der Errichtung einer Station begonnen. Uganda. Recht erfreulich sind die Fortschritte in Uganda. Im letzten Jahre, Juni 1900 bis Juni 1901 wurden in Uganda 15.559 Taufen gespendet, darunter 8257 Erwachsenen, 3111 Kindern und 4201 in Todesgefahr. Firmungen 10,087, Trauungen 1308, Beichten 219,365, Kommunionen 209,024, Kranke gepflegt 82,974, Schulkinder 2516. Getaufte gibt es im Ganzen 50,272, Katechnmenen 116,712. Im Bau begriffenes Gebäude in Cbartum Nus dem Mffionsleben. Wunöer dev gotisieren Kncröe. or vierzehn Tagen," schreibt P. Josef Laaner aus der Gesellschaft der Weißen Vater in Uganda, „erschien gegen Sonnenuntergang ein alter Mann in der Mission. Derselbe musste einen langen Weg zurückgelegt haben, denn er war ganz erschöpft. Der Schweiß rann in dicken Tropfen von Stirn, Gesicht, Schulter und Brust herab. Dieser Mann war geboren unter der Regierung des Köngis Semakokiro, des Vaters Sunas, dieser war wieder der Vater Mtasas, somit der Großvater Muangas, dessen Sohn Ehra wir heutzutage hier in Uganda als König haben. Nach dieser Berechnung zählte unser Greis also wenigstens 90 Jahre. Anfangs konnte der Alte vor Müdigkeit kein Wort hervorbringen. Ich ließ ihm ein Glas Bananenbier, ein Stückchen Fleisch und einige Bataten vorsetzen. So erholte sich der Mann nach und nach und ich fragte ihn: „Väterchen, was wünschest du?" „Ich möchte gern getauft werden. Den ganzen Tag habe ich gereist, bergan, bergab und durch die Flüsse. Ich will auch in den Himmel kommen, aber mir muss schnell geholfen werden, denn ich bin alt." Nun stellte sich heraus, dass dieser Mann zwar etwas von unserer hl. Religion wusste, denn er hatte hin und wieder davon gehört, aber ich wollte ihn noch besser damit bekannt machen, bevor ich ihm die hl. Taufe spendete. So bat ich ihn, er möge einige Tage in der Mission bei uns bleiben und ordnete an, dass ihm eine Schlafstelle in der Küche zurecht gemacht würde. Es war inzwischen spät geworden und so begab sich ein jeder zur Ruhe. Ungefähr um 10 Uhr — ich hatte mich noch nicht zur Ruhe gelegt, kam der Küchenmeister zu mir herein und bat, ich möchte doch einmal mitgehen, der alte Mann in der Küchenftube geberde sich so sonderbar, er sei gewiss krank. Sofort gieng ich hin und fand den Mann keuchend und schluchzend. Ich fragte ihn denn: „Was fehlt dir, guter Mann?" „Vater, Leibweh, Kopfschmerz und in der Brust sticht es mich gar so sehr!" Ich schloss daraus, der Mann sei gefährlich erkrankt und erklärte ihm nochmals die Hauptwahrheiten unserer Religion. Ohne Anstand glaubte er alles, was ich ihm als Glaubensartikel vorlegte und wiederholte seinen ersten Wunsch, diesmal jedoch mit noch größerer Begeisterung: „Ich will ein Kind Gottes werden! Wenn du mir helfen kannst, so habe doch Mitleid mit mir. Ich entsage dem Heidenthum und dem Teufel auf immer. Ich will sterben als Kind Gottes." Dann stockte seine Stimme und entkräftet sank er auf sein Lager zurück. Ich durfte nicht länger warten, denn sonst kam ich vielleicht zu spät. Somit ließ ich Wasser herbeiholen und taufte den armen Kranken. Er sah mich überaus beglückt an, als ich ihm den Namen Petrus Beilegte, denn er hatte gehört, dass dies der Pförtner des Himmels sei und nun war er seiner Sache ja ganz gewiss, dass ihm jetzt der Zugang zum Himmel nicht verweigert werden könnte. Nach der heiligen Handlung legte ich mich schlafen und überließ den erfreuten Greis der Sorge des treuen Koches, musste ich mir doch Kräfte sammeln für die Arbeiten des nächsten Tages. Sobald ich wieder erwachte, galt mein erster Gang meinem Neugetauften. Sein Zustand hatte sich körperlich noch verschlimmert. Sobald er mich gewahrte, fieng er wieder an zu schluchzen. Er konnte nicht mehr reden, aber sein Blick bekundete deutlich seine innere Zufriedenheit und Ergebung in den Willen Go.ttes. Noch öfter besuchte ich den stets schlimmer werdenden Patienten und flüsterte ihm einige Trostcs-worte ins Ohr, die er recht dankbar annahm. Noch vor Einbruch der Nacht starb er. Ein paar Schläge auf die große Trommel, die wir statt einer Glocke gebrauchen müssen, so lange eine solche uns fehlt, waren das Grabgeläute, dass den gerade noch im rechten Augenblick getauften Greis zu seiner Ruhestätte begleitete. Niemand von uns kennt seine Eltern oder Geschwister." Aus bent Missiouslebeit, 345 Die Weihnachtskrippe. beit Schwestern in Kala am Tanganykasee gab cs ein gewaltiges Gedränge. So schönes war auch noch nie zu sehen: Eine Krippe, die eine unbekannte Wohlthäterin aus Europa geschickt. Der ganze Distrikt, die Könige und Königinnen mit ihren jungen Prinzen und Prinzessinen au der Spitze. Das ganze Volk wollte das Wunder sehen. Einem alten Häuptling gefiel der Esel am besten, denn sagte er, er ist von der Massairasse. Die lächelnde, segnende Huld des göttlichen Kindleins entzückte alle. Jede Person, jedes Gewand und jede Farbe gab Anlass zu tausend Fragen und Erörterungen. Die Kinder wollten ein Schäflein haben, und der Oberkönig des Usipalandes meinte, der Schwarze unter den drei Weisen sei wohl einer seiner Ahnherrn, denn Zumba, vor langer, langer Zeit, sei weit gereist und nicht zurückgekehrt. Gifer 6er Keiöen. eilte Morgen kommt mit dem größten Eifer ein langer Greis in mein Zimmer herein. Er grüßt mich kniefällig: „Frieden, Vater! Ich bin Baana bei Kindu." Ich erkundigte mich nach seinem Wunsche. „Eine Medaille, Vater, ich komme fünfzehn Stunden weit um eine Medaille zu bekommen, denn ich will auch ein Kind Gottes werden. Vor einigen Wochen waren sie auf ihrer Reise in der Nähe unseres Dorfes. Da haben sie von Gott gesprochem. Ich war nicht dabei. Meine Leute haben mir alles erzählt, was sie gesagt haben, Ich will auch beten. In unserem Dorfe sind fünfzig Familien. Alle haben mich hierher geschickt, damit ich sie um eine Medaille bitte und tun einen Missionär, der uns unterrichten kann. Wir werden ihm ein eigenes Haus bauen und einen Bananengarten geben. Alle wollen wir beten und alle Tage singen. Dies sind die Füße, die mich hierhergebracht haben." Ohne Zögern hänge ich dem guten Greis eine Medaille um den Hals. Ich rufe einen unserer Zöglinge herbei, und so geht denn der Ioanna Bafira-vala mit dem Greis, seiner Gemeinde den ersten Unterricht zu ertheilen. Ich weiß bestimmt, dass innerhalb zwei Monaten sämmtliche Gebete und ihren Katechismus auswendig hersagen können, so unverdrossen widmen sich diese jugendlichen Mitarbeiter der Lösung ihrer Aufgabe, anderen die Grundwahrheiten des Glaubens zu lehren. . ‘Sstr~ Gin WiMonscroenleuer. or mehreren Jahren hatte P. Dromaux, der letzte Ueberlebende der ersten an den Tanganyka gekommenen Missionäre an den Ufern desselben Sees ein tragikomisches Abenteuer. Er gieng nach Udjidji, einer an der Küste des Tanganykasees gelegenen Selavenstadt und ehemals Abreisestation der Selaven-karawanen, welche die Westküste des Tanganykasees entvölkert haben. Zuerst segelten seine Ruderer mitten in den See, um nicht den Lanzen der wilden Wa-bende ausgesetzt zu sein, aber ein mächtiger Wind warf sie zurück, gerade in die Nähe eines der ge-fürchtetsten Dörfer. Bald stellte sich ihnen ein Mann vor, der ihnen feine Dienste als Führer anbietet. Zuvor bittet er sie, einen Augenblick gefälligst warten zu wollen, damit er erst zuhause Bescheid sagen könne. Bei seiner Rückkehr sind es zehn starke bis an die Zähne bewaffnete Räuber, welche P. Dromaux und seinen Seeleuten erklären, dass sie sich so lange als ihre Gefangene zu betrachten haben, bis sie alles Besitzthum ausgeliefert hätten. P. Dromaux als alter päpstlicher Zuave, lässt sich nicht einschüchtern und sagt, dass er ihnen nichts schulde und nimmt die Haltung eines Mannes an, der entschlossen ist, sein Leben so theuer als möglich zn verkaufen. Sofort sieht er vier Flintenläufe auf seine Brust gerichtet 346 Vermischte Nachrichten. und sechs Lanzen bereit, ihn zu durchbohren. Kritische Situation! Das Feuer beginnen zu lassen, wäre der Tod gewesen. Da ergreift der Pater schnell einen Stoffrest, welcher einem seiner Seeleute als Schürze diente und wirft ihn ihnen zu. Zwei der Gegner erfassen daS Zeug und suchen es sich streitig zu machen. Die anderen drohten immer noch. P. Dromaux hatte sich schon seiner Soutane beraubt, die ebenfalls über Bord geht. Zwei andere Spitzbuben zanken sich um sie. Es bleiben noch sechs im Anschlag. Eine Weste macht die Opfergabe zweier anderer, das Hemd von noch zwei derselben. Nun war er zu der Hose angelangt. Ein Großer des Dorfes hatte indessen die Streitigkeiten der Spitzbuben gehört und überraschte sie gerade im richtigen Moment, als P. Dromaux beinahe ein Mann ohne Hose war. Er that mehr, indem er dafür sorgte, dass ihm alles zurückgegeben wurde. Dann führte man den Pater ehrenvoll ins Dorf, wo er die gewohnheitsmäßigen Geschenke erhielt. Aber, o Schreck! auf den die Häuser umgebenden Pallisaden war eine große Zahl frisch abgeschnittener Menschenköpfe aufgesteckt, von denen das Blut noch herabrieselte. War nicht dasselbe Schicksal ihm auch vorbehalten? Der gute Gonfrater war indessen mit dem bloßen Schrecken davon gekommen. Er konnte mit heiler Haut Karema erreichen, wo P. Moinet ihm Gott danken half, der ihn mitten in solchen Gefahren beschützt hatte, denen er sich ausgesetzt gesehen und von denen der Allmächtige ihn befreit hatte. — Vermischte Nachrichten. <^#1^ Aus unserem Missioushause. Am 19. September schifften sich in Triest mit dem österreichischen Lloydschiffe Semiramis der Hochwürdige Pater-Jos e f Münch und der ehrwürdige Bruder Karl Klo dt nach Afrika ein. Pater Münch ist bereits in der Station Assuan in Oberägyptcn, Bruder Klodt in der Negerkolonie Gesira bei Kairo, thätig. Wir wünschen beiden eine recht gesegnete Wirksamkeit und hoffen unsern Lesern bald regelmäßige Berichte derselben bieten zu können, die gewiss mit mit so größerem Interesse gelesen werden, als die beiden Missionäre manchen unserer Leser und Freunde persönlich bekannt sind. Der Kobogo. (Episode aus einer Fahrt auf dem Tanganyka-See.) „Ein günstiger Wind trieb uns", schreibt P. A. Boyer, aus der Gesellschaft der Weißen Väter, „nach dem Kap Kobogo, welches der Schiffahrt auf dem Tanganyka so gefahrvoll ist. Hier kreuzen und schneiden sich die Winde außerordentlich und erzeugen gewaltige Wogen, deren Gebrüll mehrere Seemeilen weit hörbar ist. Jeder erzählt uns Geschichten von schrecklichen Schiffbrüchen. Wie alle anderen Bergspitzen, welche ein wenig in die See hineinragen, ist Kobogo für unsere abergläubischen Neger eine „Mzimu" (Gottheit) und zwar eine schreckliche „Mzimu". Man verliert unbarmherzig die Mannschaft, wenn man nicht die Vorsicht gebraucht, sie durch Opfer zu versöhnen oder durch Geschenke von Mehl, Del, Perlen u. dgl. zu beschwichtigen. Die Araber sogar und Wangwana, doch starke Geister in den Augen vieler Europäer, werfen, vom Sturme überrascht, an diesem Orte Elfenbein, vielleicht auch Sclaven dem Kobogo zu. Unsere Seeleute sagen mir, dass, seitdem die Missionäre am Tanganyka sind, Kobogo viel wilder geworden ist. Er möchte ihnen gern an den Kragen und ich denke mir: das ist wahrscheinlich Groll, ebenso wie das Sturm- und Regenwetter, welches uns dort erfasste und dem Boote einen Mast kostete. Man hätte nur die feine Manier, wie wir geschüttelt wurden, sehen sollen. Die Planken knirrschten, der große Mast drehte sich und unsere Matrosen zittterten vor Furcht und Kälte. Man fragte sich, ob das Fahrzeug auseinandcrbrechen und der See sich öffnen würde, um uns in den Abgrund als Opfer des Kobogo hinunterzuführen. Jeder, der noch nicht am Kobogo vorbeigefahren ist, muss beim Passieren desselben Stillschweigen halten und die andern ihr Geschwätz einstellen lassen. Ueberdies ist es verboten, mit dem Finger auf die Stelle zu deuten, wo man den Geist Kobogo und die, welche seine Frau darstellt, zu sehen glaubt. Ein Neger begreift eben nicht ein Wesen, sei es lebend oder leblos, aus dem Mineral- oder Pflanzenreich, stoffliches oder geistiges, ohne es sich auf seine Weise persönlich oder sachlich vorzustellen. Zur Seite des Männlichen wird er dir immer das Weibliche Vermischte Nachrichten. 347 stellen, das Weibliche wird vom Männlichen gefolgt. Z. B. in einer Barke gibt es eine männliche und eilte weibliche Vordseite. Man würde solche Beispiele noch viele anführen können. Bei der Geburt eines vernünftigen oder vernunftlosen Geschöpfes ist die erste Prüfung die Frage, ob es twin starken oder vom schwachen Geschlecht sei. Oder hatten wir nicht den Fehler begangen, 'nachzusehen, ob essHerr oder Frau Kobogo sei? sie aufzusuchen. Was geschieht? Der brave Mann verirrt sich in den Bergen und drei Tage sieht und hört man nichts von ihm. Da wendet man sich an einen Zauberer, wie es Pflicht ist, welcher mit gewaltigen Ceremonien, inbrünstigen Flehen und Beschwörungen an Kobogo es fertig bringt, die Fährte des gottlosen Neuigkeitsforschers zu finden." Das Rauchen und Schnupfen bei den süd-amerikanischen Wilden. Das Rauchen, dieses Eint arahistbc Schult, Eine andere Rache theile ich unter Borbehalt der Echtheit mit, da ich davon durch unsere Matrosen erfuhr. Der apostolische Vicar des Ober-Congo hatte im letzten Jahre an einer bösen Fingerwunde zu leiden, welche ihn während vier Wochen marterte und ihm einen Finger austrocknete. Warum? Er hatte mit diesem Finger nach Kobogo gezeigt! (Wahrscheinlich war es aber die Folge eines Ritzes ant Eisenbleche.) — Ein dritter Fall. Der Kapitän des englischen Dampfers „Hubori nyema" glaubte, dass Kobogo eine Schlange sei, welche auf den Bergen des Vorgebirges residierte und ließ sich einfallen, eines Tages wichtige Tagesgeschäft der modernen Männerwelt ist bekanntlich keine Erfindung civilisiertcr Völker. Cabral, der Entdecker Brasiliens, fand bereits die ersten zwei Wilden, die er antraf, vergnüglich ihre Riesencigarren schmauchen. „Diese Indianer", so bestätigt der französische Reisende Dr. Jules Crevaux der Südamerika gründlich durchforscht hat, „rauchen Cigarreit, die nicht weniger als 4 Centimeter im Durchmesser haben . . . Jeder im Kreise thut drei tüchtige Züge und reicht bann die Cigarre seinem Nachbar weiter." Dass diese Wilden aber auch leideuschaftliche Schnupfer sind und wahrscheinlich von jeher gewesen 348 Vermischte Nachrichten. dürste weniger bekannt sein. „Diese Menschen", so berichtet Crevaux, „haben eine sonderbare Weise zu Schnupfen. Als Tabaksdose dient ihnen ein großes Schneckengehäuse, dessen Oeffnung mit einem mittels „Balata" festgeklebten Fledermausflügel verschlossen wird. In der Spitze der Schneckenwindung steckt ein hohles Knochcnröhrchen, durch welches das aromatische Niespulver nach Bedarf herausgcschüttelt wird. Die Zusammensetzung und Bereitung ihres Schnupftabakes ist mir unbekannt geblieben. Ihn aber den kostbaren Staub in die Nase zu befördern, bedienen sie sich einer Art Blasröhre aus hohlen Vogel-knochen, welche mit „Balata" (Guttapercha) im Winkel ancinaudcrgclöthet werden. Die eine Röhre wird in den Mund, die andere in die Nase gesteckt, und ein leiser Hauch genügt, um den duftigen Staub bis in die entlegensten Labyrinthe des Riechorgans zu befördern. Dies ist die Art und Weise, wie der Egoist zu schnupfen pflegt. Bei gemeinschaftlichem Schnupfen, wie cs socialere Naturen lieben, ist der Apparat etwas verschieden. Für diesen Fall sind die Röhren über? Kreuz gelegt in Form eines X- Die beiden einer Prise bedürftigen Kameraden nähern sich, stecken da ein Ende des Apparates in den Mund und je eines in daS Nasenloch, blasen zu gleicher Zeit in die Röhren und genießen so gemeinsam die wohlthätige Wirkung. Tie Mitgift einer indischen Prinzessin. Ein Augenzeuge beschreibt den Zug, welcher die Mitgift der Tochter eines indischen Nawabs nach der Wohnung des Bräutigams brachte, also: Voraus zogen viele Elephanten, Pferde, Wagen, Sänften. Zunächst folgte eine Schar Dienerinnen in schneeweißen Ge-iDftnbceut; sie trugen verhüllte Schüsseln auf ihren Hand n. Hinter diesen Mägden schritten 50 Knaben mit si lbcrnen Waschbecken und silbernen Krügen voll süßduftenden Roscnwassers. Dann kam der Haupttross von 500 Kulis (Arbeiter) mit prachtvollen Bettstätten, Teppichen, Vorhängen, Kissen, Fächern, Pfauenwedeln, Bänken, Sesseln, Truhen, Schränken, Büffets, Sopha's, Tischen u. s. w. kurz mit dem ganzen verschwenderisch reichen Geräthe eines modernen europäisch-indischen Haushaltes. Dieser bunten Schar schlossen sich 75 Frauen mit Schüsseln voll Zuckerwerk an, und endlich bildeten 100 Mann mit den verschiedensten Küchengeräthen die Nachhut: Sie trugen Kessel, Pfannen, Kasserollen, Bratspieße, Backformen, endlich ganze Körbe voll Lampen und kostbare Leuchter. Natürlich waren die Straßen, durch welche sich der Zug mit der Morgengabe bewegte, dicht von staunendem Volke besetzt, denn die Leute sollen in Indien ebenso schaulustig sein als anderswo. Die Sklaverei in Afrika. Nur wenige haben eine richtige Vorstellung von der großen Anzahl Sclaven, welche noch gegenwärtig in Afrika leben. Abgesehen von den sogenannten „Haus-Sclaven", welche nirgends fehlen, wo das Hcidcnthum noch in seiner vollen Kraft besteht, gibt es noch viele öffentliche Sclavenmürkte wie in Bornu, Timbuktu, Darfur, Hir-Mangam, Rhat und Gadamcs. Um die Sclaven aus dem Innern an die Küste zu transportieren, schlagen die Sclaven-Karawancn nach Durchkreuzung der Wüste den Weg über Gadames nach Tripolis ein, oder jenen über Agila-Gialu und Husa nach Bengasi. Die Frauen werden von dem Gadi nach muselmännischem Brauch an die Häupter der Karawane vermählt und gelangen so sicher nach Tripolis in Marokko oder nach Bengasi, woselbst sie verkauft werden. Mehr Vorsicht müssen die Sklavenhändler mit den männlichen Sclaven haben. Diese werden in kleinen Truppen und auf verschiedenen Wegen nach der Küste gebracht, wo sie trotz der Wachsamkeit der verschiedenen Consule verkauft werden. Ein gutes Mittel, die letzteren zu täuschen, sind die Freiheitsbriefe, welche sich die Sclavenhändler von gewissenlosen türkischen Beamten ausstellen lassen. Die Freiheitsbriefe geben sie ihren Sclaven. Die Unglücklichen werden durch schöne Versprechungen oder durch Drohungen so eingeschüchtert, dass sie bei den Fragen der Consuln oder europäischer Beamten zur Antwort geben, sie hätten freiwillig ihr Vaterland verlassen, und seien hierhergekommen um Arbeit zu suchen. Gegenwärtig gibt es offene Sclavenmärkte in den drei Hauptstädten Marokkos: nämlich Marrakesch, Fez, Mequinez. Während in Fez die Gegenwart eines Christen auf dem Markte die Händler einschüchtert, kann man in Marrakesch die Vorgänge ungestört betrachten. Ueber das Radfahren in der afrikanischen Steppe gibt ein Reisender in einem längeren Berichte der „Colonialen Zeitschrift" über die Reise von Voi nach dem Kilimandscharo folgende Schilderung: „Ich muss gestehen, dass ich mir das Radeln in Afrika ursprünglich weit genussreicher gedacht hatte, als es thatsächlich war. Ich sah bald ein, dass es ein Irrthum war, wenn ich geglaubt hatte, wie im Fluge durch Busch und Steppe zu sausen, Missionäre durch Tücherwehen grüßend, Zebra- und Antilopenherdcn durch ein donnerndes „All Heil" verscheuchend, Löwen und Nashörner durch mein Klingeln erschreckend! Die Sache nahm vielmehr den Charakter eines fortwährenden mühseligen Auf- und Abspringens an, um sandige Stellen zu passieren, durch Geröll und Steine zu kommen oder ausgetrocknete Bäche mit ekelhaften Stcilabfüllcn fluchend Vermischte Nachrichten. 349 zu durchqueren. Dazu schien die Sonne immer wärmer, je weiter der Tag fortschritt. Der Schweiß floss in Strömen, der rothe Hund, der treueste, den ich je gehabt, juckte und prickelte und der Durst nahm recht erhebliche Dimensionen au. Trotzdem wagte ich nicht zu trinke», da ich nicht wusste, wie weit noch die nächste Wasserstelle entfernt war, und hätte auch, glaube ich, die unter dem Sattel nur allzu gut befestigte Flasche nicht ohne Weiteres zu lösen vermocht. Dazu kam noch daS merkwürdige Bewusstsein des Alleinseins, das ein eigenthümliches Gefühl im Rücken hervorrief und einen bei jedem Geräusch im Busch zusammenfahren machte. Ich ertappte mich mehrmals dabei, wie ich ziemlich unmotiviert klingelte oder mit der Hand zur Pistole fuhr, wenn irgendwoher das Brechen dürrer Aeste mein Ohr traf. Wäre es wirklich einem Löwen, Leoparden oder Nashorn eingefallen, mich zu attaquieren, so wäre ich, davon bin ich überzeugt, als waffcnstarrendes, hilfloses Packet vom Rade gepurzelt und hätte nicht einmal Zeit gehabt, ein letztes sterbendes „All Heil" zu seufzen. Ich muss aber bemerken, dass die afrikanische Thier-welt, mit Ausnahme der Classe der Insekten, sich stets liebenswürdig und zurückhaltend benommen hat, und ich nicht einen Fall kenne, wo sich irgend ein Vertreter durch Zudringlichkeit Tadel zuzog. Die aussterbenden Kauake». Nicht allein die alten zum Theil so malerischen und einzigartigen Sitten und Bräuche der echten Eingeborenen der Hawai-Jnseln sterben aus, sondern auch letztere selber, wenn auch in etwas langsamen Tempo. In kaum einem halben Jahrhundert ist es mit dem Kanaken-Volksthum schon in einer Weise abwärts gegangen, welche das Ende in nicht sehr unbestimmten Umrissen erkennen lässt. Gegen die Kanaken sind die Indianer in Nordamerika meistens noch ein Wunder der Widerstandsfähigkeit, trotz „Feuer-Wasser" und alledem. Im Jahre 1853 gab es noch 71.019 wirkliche Kanakcn auf den Hawai-Jnseln, obwohl damals das Ausländerthum seinen Einfluss bereits in bedeutendem Grade geltend zu machen begonnen hatte. Das Jahr 1872 — also nur 19 Jahre später — sah nur noch 43.044 Eingeborene, d. h. unverfälschte, denn die etwa 15.000 damals vorhandenen Mischlinge, Kinder von hawaischcn Müttern und ausländischen Vätern, darf man natürlich schon nicht mehr hinzurechnen. Nach weiteren 12 Jahren war die Zahl auf 40.144 gesunken (während diejenige der Mischlingskinder auf etwas über 7000 gestiegen war). Im Jähre 1890 gab es nur noch 34,436 echte Ha-wai'er (und nahezu 6200 Mischlings-Nachkommen). Wiederum 6 Jahre später finden wir nur noch 31.019 Hawai'er und eine Misch-Nachkommenschaft von 8485 Köpfen vor. Der neueste Census zeigt nicht nur eine anhaltende weitere Vermindernng der Kanakcn, sondern auch eine beginnende Verminderung jener Mischlinge, wie dies natürlich früher oder-später erwartet werden musste. Die Kanaken-Bevöl-kcrung ist diesem Census zufolge auf 29.834 zusammengeschmolzen — sogar wenn man die directen Mischlinge noch hinzuzählt — und beträgt nur noch etwa ein Drittel der Zahl der japanischen Einwanderer, die sich bereits auf etwas mehr als 61.000 beläuft. So sehen wir dieses blumen- und liederliebende Völklein unter unseren Augen dahinsterben. In weiteren 50 Jahren wird wohl kaum irgend ein echter Hawai'er noch auf diesen Jnseltcrritoricn übrig sein, und schon jetzt muss man in Honolulu selber die alten Tage zum guten Theil in einer Museumsammlung studieren. Leben und Treiben der Neger zu Assuan. Hierüber berichtet P. Huber Folgendes: Assuan liegt auf dem rechten Ufer des Nilflusses, am nördlichen Ende des ersten Kataraktes. Der Ort ist rings herum von Dörfern uingeben, in welchen eine bunte Bevölkerung sich mengt. Neben den einheimischen Berbcriner sind dort die Wüstenbewohner vertreten, die den verschiedensten Stämmen der von Esneh bis Abyssinien sich ausdehnenden Nomaden angehören. Der Haupttheil jedoch der Bevölkerung der oben erwähnten Dörfer besteht aus Negern, ivelche aus fast sämmtlichen Ländern des Sudan hier zusammengeströmt sind. Sie befinden sich hier schon seit langen Zeiten, bei Gelegenheit der Empörung des ägyptischen Sudan haben sic stark zugenommen. Sogar ein Regiment schwarzer Soldaten nahm hier zu Assuan Quartier, um die ägyptische Grenze gegen die von Süden drohenden Derwische zu vertheidigen. Viele Kasernen erhoben sich auf einem schönen, von Dattelbäumen überschatteten Platze. Neue Dörfer wurden in der Nähe der Kasernen erbaut und bargen die Weiber der Soldaten. Am Anfang des Jahres 1896 verließen die Soldaten das hiesige Quartier und zogen in den Krieg. Doch die Lücke wurde von neuen, vom Sudan herabkommenden Negern wieder ausgefüllt. Nach der Eroberung von Dongola nämlich fand man dortselbst viele Neger, die ein kümmerliches Dasein führten. Gehet hinab nach Assuan, sagte man ihnen, dort gibt es Brot im Ucberfluss. Die einfältigen Leute machten sich auf die Reise und ließen sich zu Assuan nieder. Hier fanden sie zwar Brot, jedoch nicht in so großem Ucberfluss. Ferner erkannten sie, dass man es nicht 350 Vermischte Nachrichten. umsonst bekommt, sondern mit vieler Mühe verdienen muss. Womit beschäftigen sich nun die Neger hier zu Assuan? Ihre allerliebste Beschäftigung ist Schwätzekei und Müßiggang. Da sic aber auf solche Weise nichts zu essen finden," so müssen fic sich, obwohl mit Widerwillen , auch an die Arbeit machen. Hiermit beabsichtigen sic nicht zu einem wohlhabenden Stande zu gelangen, noch etwas für die Zukunft zu sparen. Sie arbeiten einzig und allein, um ihre gegenwärtigen Leibesbcdürfnisse zu befriedigen. Nun, diese ihre Bedürfnisse sind wirklich gering. Ta cs hier sehr warm ist, so braucht der hiesige Neger wenig Kleidung. Er begnügt sich mit einigen dünnen, meistentheils durchlöcherten Fetzen, und wenn im Winter der frische Nordwind weht, so schleicht er in die Sonne an einen gegen den garstigen Wind geschützten Ort, und erwärmt seine erstarrten Glieder. Tie Sonne scheint nämlich hier immer warm, auch bei Winterszeit. Jnbezug auf Wohnung alsdann ist für den Neger hier ebenfalls rasch gesorgt. Eine elende, aus Erde erbaute Hütte ist ihm hinreichend. Letztere ist nicht der Gefahr ausgesetzt, durch Niederschläge beschädigt zu werden, denn der Regen ist in diesen Gegenden fast unbekannt. Hauptsorge des Negers bildet sodann die Nahrung; und auch in Bezug auf dies befriedigt er sich mit wenigem. So lange er etwas zu beißen findet, rühren seine Hände nichts an. 9Zur wenn sich der Hunger anmeldet, entschließt er sich, Arbeit zu suchen. Mit Unwillen und Missmuth bückt er seine faulen Schultern unter der Last, er seufzet und stöhnt, Schogrl ghfisi, d. h. harte Arbeit, ruft er aus, morgen komme ich nicht mehr. Am andern Tage sucht er sich einen neuen Herrn auf. Dort beginnt dasselbe und so zieht er von Herrn zu Herrn. Die Beharrlichkeit bei der Arbeit ist für den Neger ein Ding der Unmöglichkeit. Er arbeitet selten eine vollständige Woche: sollte er es aber einmal dazu bringen, so macht er zwei Wochen Fest. Er feiert, bis alles verzehrt ist. Gibt es in seiner Hütte nichts mehr, so geht er bei einem seiner Brüder zu Tisch. Die Neger nämlich nennen sich untereinander alle Brüder und Schwestern. Der Neger legt dem Gelde keinen Wert bei. Daher kommt es, dass er kein Geld anzusammeln versteht. Wie er es gewinnt, so gibt er cs ans. Beim Kaufen kümmert er sich nicht, ob die Waren den geforderten Preis haben oder nicht; er zahlt, was man von ihm verlangt. Deshalb kaufen die Neger immer theuer. Eines Tages kam eine Negerknabe, um einen Griffel zu kaufen. Er gab mir 10 Pfennige. Der Griffel kostet nur 1 Pfennig, sagte ich ihm, und gab ihm 9 Pfennige zurück. Mein Vater hat gesagt, dass du 10 Pfennige für den Griffel nehmen sollst, antwortete mir der Knabe. — Sollte es einem Neger vorkommen, Geld zu verlieren, so nimmt er cs mit Gleichgiltigkeit hin. Wenn ein Araber einige Piaster verliert, so hat er aus Leid davon mehrere Wochen lang Bauchweh. Wir aber machen uns nichts daraus. Der Herr hat es so gewollt, sagen wir, und hiermit ist alles vergessen, sagte mir eines Tages ein Neger. Einstmals ereignete es sich, dass ein Neger von seinem Herrn für gewisse Ausgaben mit einer Goldmünze ins Land hinaus geschickt wurde. Nach einiger Zeit kehrte er zurück. Ich habe auf der Straße das Geld verloren, sagte er mit aller Ruhe. Dass er das Geld gestohlen hätte, ist durchaus nicht wahrscheinlich, denn dieser Neger ist als ein treuer, ehrlicher Mensch bekannt. — Ihre Religion ist eine Mischung von mohameda-nischen und heidnischen Gebräuchen. Um den lieben Gott, von dem alles Gute kommt, kümmern sich die Neger hier wenig. Ihre ganze Aufmerksamkeit ist auf den Teufel und die Gespenster, Urheber des Uebels gerichtet. Die Neger haben eine schreckliche Furcht vor dem Schatten, eine Furcht, die übrigens auch den einheimischen Arabern eigen ist. Sie behaupten nämlich, dass am selben Ort, wo ein Mensch sein Blut vergießt, sich ein Schatten niederlässt, der zur Nachzeit den Vorübergehenden sichtbar wird. Ist der Vorübergehende ein gebildeter, wackerer Mann, so erscheint ihm der Schatten nicht, ist der Vorübergehende ein Betrunkener, so soll der Schatten sogar Furcht vor ihm haben. Im Falle aber, dass ein furchtsamer, unwissender Schelm vorbeizieht, so wird cs ihm übel ergehen. Der Schatten richtet sich vor ihm in drohender Haltung auf, und erschreckt ihn. Der Arme fängt aus Furcht an zu zittern. Der böse Geist ist in ihn eingetreten. Nun muss man sehen, den Menschen von diesem Geiste wieder zu befreien. Dies geschieht auf verschiedene Weise. Bisweilen nimmt man einen Teller, auf den ein Scheich Sprüche ans dem Koran schreibt. Der Teller wird mit Wasser gereinigt. Dieses Wasser gibt.man dem Besessenen zu trinken. Es verbreitet sich im ganzen Körper und soll den bösen Geist vertreiben. Andere Male gebraucht man eine Ruthe von einem Dattelbaume, die mit Koransprüchen beschrieben wird. Der Besessene wird gebunden auf die Erde gesetzt und mit der Ruthe geschlagen; er beginnt sich ans seltsame Weise zu verdrehen. Die Ruthenschläge dauern, bis sich der Besessene beruhigt. Hierauf soll der böse Geist durch die große Fußzehe entweichen und den Menschen verlassen. Dschaber, so heißt unser schwarzer Hausknecht, Vermischte Nachrichten. 351 gebürtig aus bent Goldlande, ist schon weit imb breit im Guban herumgezogen imb hat schon manches gesehen und erlebt. Währenb ich mich zu Dongola aufhielt, erzählte er, kam eS mir vor, bass ich mich abends verspätete imb bei Nachtzeit in mein Haus zurückkehrte. Ohne irgenb welche Ahnung gieng ich auf einem einsamen Wege, bcr an verlassenen Ruinen vorüberführte. Plötzlich vernahm ich eine leise Stimme, bic mich mit meinem Namen rief. Ver-nnmbert schaute ich um mich herum imb sah neben einer Mauer ein abscheuliches Gespenst stehen. Es tvar einem Hammel ähnlich, hatte Eselsohren und einen Pferbeschwcif, imb fuhr weiter, mich zu rufen. Ich hütete mich, zu antworten. Wehe mir, wenn meinem Munbe ein Wort entflohen wäre, bas 11 n= gcthüm hätte sich wie ein Wirbelwind auf mich gestürzt tmb mich auf bett Boben in ben Sanb geworfen. Auf mein langes Messer imb auf meine Pistole vertrauenb, bic ich glücklicherweise bei mir hatte, gieng ich meinen Weg weiter. Nun erschien bas Gespenst vor mir in einer neuen Gestalt. Ich sah nämlich in ber Nähe ungefähr zehn kleine Thiere, ben Füchsen ähnlich, welche auf betn Sanbe spielten. Ich feuerte meinen Revolver ab. Vom Schusse aufgeregt, liefen von bcr Ferne bellenbe Hunde herbei, worauf bas Gespenst verschwand. Das Herz klopfte mir, als ich zuhause ankam. Ich stärkte mich mit Speise uttb Trank, tmb am andern Tage erzählte ich einem Scheich, was mir vorgekommen war. Das ist ein böser Geist gewesen, antwortete mir bcr Scheich. — Dschaber fuhr zu erzählen fort. Vor einigen Jähren, als ich zu Schellal wohnte, sagte er, hörte ich, ivie man bei Nachtzeit Steine warf, welche bei meinem Hause niederfielen. Ich erkundigte mich »ach beut Urheber, konnte aber nichts herausbringen. Die Sache indessen wieberholte sich. Jetzt kam mir ber Verbacht, bass cs ein böser Geist sein müsse. Eines Sl&cnbS, während ich mich draußen in der Nähe meines Hauses befand, erhob ich zufällig bic Augen und sah auf einem nahen Hügel einen riesigen Schatten. Ein Berberiner, der eben an mir vorüber gieng, sah ihn nitd); er glaubte, dass ich ihn noch nicht erblickt hätte, und wollte mich darauf aufmerksam machen. Nun weiß ich auch, wer die Steine ivirft, sagte ich zu mir, das ist der Schatten der dort begrabenen Soldaten, die noch nicht Ruhe gefunden haben (Nach der Schlacht bei Toski nämlich wurden viele verwundete Soldaten nach Schellal gebracht, wo sie ihren Wunden erlagen tmb begraben wurden.) Ich brachte Weihrauch herbei, räucherte den Platz, von wo man die Steine warf, ein, und wohnte fernerhin ungestört. Auf der Staße von hier nach Schellal befinden sich dergleichen Schatten an verschiedenen Stellen. Einer z. B. ist au jenem gewissen Orte, an jenem anderen ist ein zweiter Schatten, betn und demjenigen, der bic Nacht vorüberritt, ist das und das zugestoßen. Der Hann befindet sich noch im Lande. Auch ich habe dasselbe gehört, bemerkte ein anderer Neger, der ebenfalls gegenwärtig tvar. Wegen dieser mir vorgefallenen Ereignisse gehe ich bei Nacht nur mit Stock ober mit Messer oder mit einer starken Nadel bewaffnet hinaus, schloss Dschaber. — Wisse jedoch, dass ich mich schon verschiedene Male tvegen dringender Angelegenheiten nachts nach Schellal begab. Bei Mitternacht tmb nach Mitternacht bin ich auf betn Esel durch die Wüste geritten. Der Eselstreiber hatte zwar große Fucht vor den Gespenstern. Ich jedoch konnte gar nichts sehen, bemerkte i h unserem schwären Diener. Der Grund ist eben, weil du in den heiligen Büchern lesen kannst, deshalb erscheint dir der Schatten nicht, lautete Dschabers Antwort. Dschabcr ist Familienvater, er hat drei Kinder, cbensovicle sind ihm gestorben, deren letztes vor einigen Monaten. Das Kind war längere Zeit krank gewesen. Die Eltern hatten zu einer alten Hexe Zuflucht genommen. Wir werden die Probe machen, ob das Kind zum Leben ober zum Tode bestimmt sei, sagte diese. Das Kind muss in ein offenes Grab hineingelegt werden, in welchem noch Knochen verwester Leichname vorhanden sind. Wenn das Kind schreit, so wird cS genesen. Im Falle aber, dass es. sich still verhält, ist es verloren. Bei angestellter Probe begann das Kind im Grabe zu schreien. Das ist ein gutes Zeichen, bemerkte die Hexe, freut euch, denn euer Kind wird gesund werden. Das Kind indessen heilte leider nicht. Wir werden eine neue Probe veranstalten, sagte die Hexe. Gebet mir ein Piasterstück und das Tüchlein, das ihr betn Kinde um den Kopf bindet. Das Piasterstück wickele ich in das Tüchlcin ein und lege es unter mein Kopfkissen. Bei Nacht ivcrde ich im Traum sehen, was betn Kinde fehlt. Ilm folgenden,Morgen in der Frühe erschien die Hexe und erzählte betn abergläubischen Dschabcr ihren in der Nacht gehabten Traum. In der verflossenen Nacht, während ich schlief, sagte sie, sah ich euer krankes Kind von seinen beiden verstorbenen Brüdern umgeben. Jeder wollte es zu sich ziehen. Da kam ein Scheich dazu, der mit einer kleinen Ruthe die beiden Verstorbenen vertrieb. Du sollst nicht mit ihnen in den Tod gehen, sondern leben, sagte der Scheich zum kranken Kinde gewandt. Freut euch deshalb, ermunterte die Hexe die betrübten Eltern, euer Kind soll noch leben, beim jener Scheich, den ich diese Nacht im Traume reden hörte, kann 352 Vermischte Nachrichten. nicht lügen. Dschabcr dankte der Hexe und fasste neue Hoffnung und neuen Muth, blieb aber leider von neuem getäuscht. Der Zustand seines Kindes verschlimmerte sich von Tag zu Tag und der Tod meldete sich schon an. Nun erinnerte sich Dschabcr, dass sein Kind ein Zwilling war. Die Zwillinge haben nach der Ansicht der hiesigen Leute die sonderbare Eigenschaft, sich bei Nachtzeit in Kasten verwandeln zu können. Diese ziehen durch die Häuser, woselbst sie Fleisch und andere Speisen stehlen. Jeder Schlag, jedes Uebel, das solch einer Katze angethan wird, ist auch dem Kinde gemein. Wird z. B. die Katze geschlagen, so ist der Schlag auf dem Körper des Kindes sichtbar. Im Falle, dass die Katze gefangen und angebunden wird, bleibt das Kind mit einer Krankheit behaftet. Wird die Katze gelobtet, so muss auch das Kind sterben. Da mein krankes Kind ein Zwilling ist, so muss es wohl dieselbe Eigenschaft haben, meinte Dschaber. Es muss in Katzengestalt draußen herumgezogen sein, irgend welcher muss die Katze ergriffen und angebunden haben. Dschaber geht in der ganzen Nachbarschaft herum. Habt ihr vielleicht eine Katze gefangen und angebunden? fragt er von Haus zu Haus, wer immer eine Katze angebunden hält, soll sie los lassen. Alle verneinten, eine Katze gefangen zu haben. Das Kind indessen starb. Gestorben dieser Welt lebt es im Himmel, der ihm mittels der hl. Taufe eröffnet wurde. Der betrübte Dschaber glaubt den Aussagen seiner Nachbarn nicht. Er behauptet, unter anderem, irgend einer im Lande müsse einen Katzenmord begangen und infolge dessen seinem Kinde den Tod verursacht haben. Wegen dieser und anderer abergläubischen Gebräuche kann man hier von den erwachsenen Negern recht wenig erzielen. Mit unserer kleinen Apotheke indessen verrichten wir mit den kranken Negern viele christliche Liebeswerke und schicken manche sterbenskranke Kinder mittels der hl. Taufe in den Himinel. Popenwahl in der griechisch - schismatischen Kirche. Ein Missionär in der Türkei schreibt über die Popenwahl folgendermaßen: Es gibt nichts Traurigeres, als das Schauspiel, welches sich in den gricchisch-schismatischen Provinzen darbietet, so oft es sich um die Wahl eines neuen Popen (Name des Weltgeistlichen in der griechischen Kirche) handelt. Am Sonntag nach dem Ableben des Popen versammeln sich die angesehenern Bürger auf dem Platze vor der Kirche. Dabei kommt es ungefähr zu folgendem Gespräch: „Wir haben keinen Popen mehr, wir müssen einen neuen wählen." „Du", sagt der eine zu seinem Nachbar, „Tu hast eine gute Stimme und könntest ganz gut singen. Willst Du nicht unser Pope sein?" „Singen könnte ich schon, wenn es weiter nichts ist. Aber ich kann nicht lesen. Zudem bin ich Schuster und nimmt mir das Handwerk zu viel Zeit weg. Nehmt Euch lieber einen andern." „Aber Du, Dimitri, Du musst es annehmen, Du kannst lesen und sogar ein bischen schreiben." „Das geht nicht", sagt Dimitri, „ich bin ein Schmied und habe eine Schar Kinder zu ernähren. Sucht euch lieber einen anderen." Nach langen Verhandlungen findet sich endlich ein gutmüthiger Bauer, der die Wahl zum Popen annimmt. Sehr oft oder meistens ist cs der frühere Küster. Der Gewählte kann erträglich singen und lesen. Er hat zwar sein Brot durch harte Arbeit zu verdienen und Frau und Kind zu ernähren, aber warum sollte sich damit nicht das neue Aemtchen verbinden lassen? Die Sache ist also abgemacht. Der zukünftige Pope wird zum „Despoten" (schis-matischer Bischof) gesandt, hält sich dort 10 bis 14 Tage auf, um seine „clericale Bildung" zu vollenden, und kehrt dann mit dem Zeichen seiner Würde, dem großen Mantel rind der Kamilafka (Pristermütze) ausgerüstet, in sein Dorf zurück. Die Gemeinde hat also wieder ihren Popen und die ehrsamen Bürger haben Ruhe, bis nächstens bei eintretendem Todesfall eine neue Wahl vonnöthen wird. — Indes ist jeder Popenwechsel für das arme Dorf eine theuere Geschichte, denn der „Despot" weiht ihnen keinen unter 10 türkischen Lire (etwas über 200 Kronen). Fatale Zustände! Für die Schriftleitung: P. Lader Geyer F. 8. C. — Druck von A. Weger's fb. Hofbnchdruckerei, Brixen.