GEOLOGIJA 27, 27—38 (1984) Ljubljana UDK 929:55 Zois - 30 Die Beziehungen von Baron Sigmund Zois (1747—1819) zu Berliner Naturforschern Günter Hoppe Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin, Invalidenstr. 43, DDR 1040 Berlin Auszug Sigmund Zois unterstützte die Bestrebungen der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin, zu derem Mitglied er 1782 gewählt wurde, durch Sendungen von Mineralen, Gesteinen und Erzen. Das von ihm entdeckte und von A. G. Werner in Freiberg Zoisit genannte Mineral von der Saualpe in Kärnten brachte den Höhepunkt seiner Beziehungen zu Berlin. Der Chemiker M. H. Klaproth und der Mineraloge D. L. G. Karsten bestätigten und definierten das Mineral Zoisit durch chemisch-mineralogische Untersuchung. Einleitung Der Mineralname Zoisit erinnert an den Hüttenwerksbesitzer Sigmund Zois Freiherr von Edelstein (1747—1819) aus Ljubljana (Laibach), dem zu Ehren ein von ihm entdecktes Mineral benannt wurde. Sein verdienstvolles Wirken auf technischem, wissenschaftlichem und kulturellem Gebiet und seine Bedeutung für die Mineralogie wurde vor kurzem eingehend gewürdigt (E. Faninger 1983). Im Zusammenhang mit der Definition des Minerals Zoisit spielen zwei Berliner Naturforscher, Zeitgenossen von S. Zois, eine Rolle: der berühmte Chemiker Martin Heinrich Klaproth (1743—1817) und der ange- sehene Mineraloge Dietrich Ludwig Gustav Karsten (1768—1810). Durch eine Anfrage von Ernest Faninger, Ljubljana, angeregt, wurde versucht, die nur wenig bekannten Beziehungen von S. Zois zu Berlin aufzuklären. ííierfür wurden unter anderem die Schriftgutsammlungen des Museums für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin herangezogen, und zwar die Tagebücher und Briefsammlungen der Gesellschaft natur- forschender Freunde in Berlin und Materialien der Mineralsammlung des Museums. 28 Günter Hoppe S. Zois und die Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin Die im Jahre 1773 gegründete Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin (im folgenden »Gesellschaft NFB«) war eine Vereinigung von Liebhabern der Naturkunde, die ihre Kenntnisse und Einsichten auf diesem Gebiet durch gemeinschaftliche Bemühungen zu vertiefen und zu vermehren suchten. Zu diesem Zweck trafen sie sich wöchentlich zu Aussprachen und Vorlesungen und unterhielten eine Bibliothek und ein Naturalienkabinett. Die Gesellschaft NFB bestand aus 12 ordentlichen Mitgliedern, die die Geschäfte abwechselnd führten. Durch Aufnahme zahlreicher außerordentlicher, meist auswärtiger Mitglieder erweiterte die Gesellschaft NFB ihren Gesichtskreis und Einzugs- bereich. Bei der Auswahl geeigneter Personen legte man anfangs großen Wert darauf, besonders solche Mitglieder zu gewinnen, die die Aussicht boten, das Naturalienkabinett und die Bibliothek der Gesellschaft NFB zu bereichern. Diese Beweggründe haben auch bei der Wahl von S. Zois, die am 22. 10. 1782 einstimmig erfolgte, eine Rolle gespielt. Der Wahlvorschlag stammte von dem Bankier Joseph Paul von Cobres (1749—1823) in Augsburg, einem Geschäftsfreund von S. Zois, der dessen weitreichende Handelsbe- ziehungen kannte. J. P. v. Cobres war über die Interessen der Gesellschaft NFB unterrichtet und hatte die Vermittlung von Beziehungen zu Italien versprochen. Von dort erhoffte sich die Gesellschaft NFB Mineral- und Gesteinsproben von Vulkanen für ihr Naturalienkabinett. S. Z o i s dankte für die Aufnahme in die Gesellschaft NFB mit einem undatierten, am 26. 2. 1783 eingetroffenen Brief, der seine bescheidene Haltung bezeugt. Nach E. Faninger (1983) sah er sich nicht so sehr als profilierten Wissenschaftler, sondern mehr als gebildeten Praktiker. Der Brief lautet (Orthographie modernisiert) : »Verehrungswürdigste Herren! Herr von Cobres hat sich durch die Freundschaft, die er mir schenkt, zu weit verführen lassen, da er Ihnen einen Menschen vorschlug, der nichts als ein bloßer Dilettant ist und folglich die Ehre und das Zutrauen, dessen Sie ihn würdigen, keinerdings verdient. Ich fühle meine Schwäche so sehr, daß ich dies aufrichtige Geständnis derselben meiner schuldigen Danksagung für das erhaltene Diplom vorauszuschicken gezwungen bin. Hienächst danke ich Ihnen ergebenst für die mir erwiesene Gnade und wünsche nichts sehnlicher, als daß ich mich derselben würdig machen könnte. Dieser und ähnliche Wünsche erfüllen mich ganz. Ich bin für Ihr verehrungswürdigstes Institut und für die ruhmvollen Verdienste jedes Ihrer gelehrten und arbeitsamen Mitglieder aus allen Kräften eingenommen. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich auch im Stande wäre, etwas zu Ihrem gemeinschaftlichen Endzwecke beizutragen. Allein es fehlt mir gänzlich an solchen Aussichten und ich kann mich nur dem Dienste der Gesellschaft widmen, wie ich mich dann vorzüglich auch für ihre Kommunikation mit Italien, mit welchem mich meine Lage und mein Beruf in Verbindung setzt, erbiete und Sie, verehrungswürdigste Herren, versichere, daß ich Ihre Aufträge jederzeit mit Freude vollziehen und denselben mit Sehnsucht entgegensehen werde, um Ihnen beweisen zu können, mit wie vieler Dankbarkeit, Hochschätzung und Ergebenheit ich ewig sein will Die Beziehungen von Baron Sigmund Zois (1747—1819) zu Berliner Naturforschern 29 Ihr gehorsamster Diener und Freund Sigmund Zois Fh. v' Edlstein.« Das Schreiben war über die Adresse des Berliner Arztes Markus Eliesar Bloch (1723—1799), ordentliches Mitglied der Gesellschaft NFB, der durch seine Publikationen über Fische bekannt wurde, angelangt. M. E. Bloch erhielt auch die Anfrage von J. P. v. Cobres, wonach S. Zois »im Vertrauen« von ihm die Auskunft haben möchte, ob der Gesellschaft NFB eine Sendung von Eisenerzen der Insel Elba und von vulkanischen Produkten aus Italien angenehm wäre. J. P. v. Cobres teilte auch mit: »Vielleicht sendet er auch das Saggio Crittografico des Abtes Soldani, nebst einer ziemlich vollständigen Sammlung der darin behandelten mikrokopischen Schal- tiere.« Im September 1783 traf das gennannte Buch (A. Soldani 1780) mit einer 4 Kisten umfassenden Sendung in Berlin ein. Im folgenden Jahr sandte S. Zois dann zwei Kisten mit Eisenerzen und Pechsteinen von Elba. Im Dankbrief, der von Friedrich Wilhelm Siegfried (1734—1809), dem Verwalter des Naturalienkabinetts der Gesell- schaft NFB und ordentlichem Mitglied, verfaßt wurde, heißt es am 24. 4. 1785: »Im vorigen Jahre erhielten wir 2 Kisten mit den schönen und prächtigen Eisenstufen, ingleichen Pechsteinen von der Insel Elba und etlichen Schwefel und Lavenstücken, ohne Brief und sonstiger Nachricht. ... Durch Ihre Güte allein besitzen wir nun doch Mineralien aus Italien, indem unsere Herren italienischen Mitglieder noch nichts eingesandt, obgleich viel versprochen haben, wie zum Beispiel Herr Abt Fortis Versteinerungen in Lava und andere von ihm beschriebene Stücke, Herr Arduino und mehrere.« Balthasar Hacquet (1740—1815), der einige Jahre am Lyceum in Laibach lehrte, hatte von dieser Sendung erfahren und reichte Abhandlung über die Peclisteine von Elba ein, die von der Gesellschaft NFB gedruckt wurde (B. Hacquet 1785). Im Jahre 1786 kam es nochmals zu einem Briefwechsel mit S. Zois, ausgelöst durch einen Besuch von B. Hacquet in Berlin am 12. 9. 1786. Im Kabinett der Gesellschaft NFB erkundigte sich dieser nach Basreliefs aus Tropfstein, die seines Wissens S. Zois nach Berlin geschickt hatte. Eine Nachfrage von F. W. Siegfried beantwortete S. Zois damit, daß er noch auf Material aus Italien warten würde, um dann eine Sendung für Berlin zusammenzustellen. Da nichts dergleichen angekommen ist, muß man wohl annehmen, daí3 die durch Napoleon verursachten unsicheren und kriegerischen Verhältnisse in Italien, die sich auch bis nach Laibach auswirkten, die Material- beschaffung verhindert haben. Von da an schweigen die Tagebücher der Gesellschaft NFB für etliche Jahre über Beziehungen zu S. Zois; erst 1804 5 lebten sie nochmals auf. Den Anstoß dazu gab ein Besuch des Berliner Mineralogen D. L. G. Kar- sten bei S. Zois in Laibach. Dietrich Ludwig Gustav Karsten (1768—1810) war ein Schüler des führenden Freiberger Mineralogen Abraham Gottlob Werner (1749—1817) (Abb. 1). Er kam 1789 nach Berlin und trat in die Bergverwaltung Preußens ein. Zugleich war er Lehrer an der 1770 gegründeten Berliner 30 Günter Hoppe Abb. 1. Dietrich Ludwig Gustav Karsten (1768—1810), Mi- neraloge und Bergbeamter in Berlin. Stich von S. Halle Bergakademie und Leiter des »Königlichen Mineralienkabinetts«, das als Lehrsammlung der Bergakademie diente. Bereits 1790 wurde er außerordent- liches, 1795 ordentliches Mitglied der Gesellschaft NFB. In diesen Jahren zeigte sich dort die Tendenz der Ablösung der älteren Generation ordentlicher Mitglieder, die fast sämtlich autodidaktisch gebildete Dilettanten waren, durch Wissenschaftler. Karsten betätigte sich in der Gesellschaft NFB sehr rege und nutzte die sich dort ergebenden Kontakte auch erfolgreich für die Vergrößerung des Fundus des Königl. Mineralienkabinetts aus, das schnell zu einer bedeutenden Sammlung anwuchs. Es wurde 1801 in einem eigens geschaffenen museumsartigen Gebäude untergebracht. Seine private Sammlung hatte Karsten schon 1789 dem Kabinett übergeben und sammelte nur noch für dieses. Im Jahre 1810 wurde das Königliche Mineralienkabinett der neu gegründeten Universität BerUn einverleibt und ist dadurch der Grundstock für das heutige Mineralogische Museum des Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität Berlin. Die Beziehungen von Baron Sigmund Zois (1747—1819) zu Berliner Naturforschern 31 Im Jahre 1804 reiste Karsten in das »südliche Deutschland«. Anschließend war er in Wien, wo er mit A. G. Werner zusammentraf, besuchte einige Bergwerke in den Alpen und kam Mitte Oktober auch nach Laibach. Darüber berichtete er (Karsten 1805): »Einen halben Tag weilte ich bei dem alten Baron Zois, einem Veteran unter den auswärtigen Naturforschenden Freun- den, der ebenso reich an wissenschaftlichen Kenntnissen als erfahren in der Bereitungskunde des Brescianer Stahls ist, und von dessen Hüttenwerken bei Asling und Steier die Häfen im Archipelagus wie im Mittelländischen Meere reichlich mit Stahl versorgt werden.« Den persönlichen Kontakt hat Karsten gewiß benutzt, um S. Zois zum Senden von mineralogischem Material anzuregen. In seinem Reisebericht spricht er davon, ohne Namen zu nennen, daß Aussicht bestände, von verschi- edenen Seiten Sendungen zu erhalten. Im Dezember 1804 kam der Neffe von S. Zois und späterer Fortsetzer von dessen Lebenswerk, der Baron Carl Zois (1775—1836), nach Berlin und besuchte am 11. und 17. 12. 1804 sowie am 12. 3. 1805 die Gesellschaft NFB. Besonders die beiden ersten Zusammenkünfte dürften recht interessant gewesen sein, wie die behandelten Themen vermuten lassen: Explosion in einem oberschlesischen Kohlenbergwerk, chemische Untersuchung des Minerals Ich- thyophthalm (Apophyllit), Nektar der Pflanzen, Klima von Moskau und Karstens vorjährige Reise durch die Alpen. C. Zois traf dabei übrigens mit zwei schwedischen Eisenhüttenleuten, C. J. L i d b e c k und W. H i - 1 u s C h aus Västmanland zusammen. Die Gesellschaft NFB erhielt im Januar 1805 von S. Zois zwei Exemplare einer, wie es in dessen Brief an den Neffen hieß, »sehr merkwürdigen Amphibienart« aus einer Quelle von Sittich bei Laibach. Sie erwiesen sich als Grottenolm (Proteus anguinus). Weiterhin sandte S. Zois über Karsten zur gleichen Zeit auch das Verzeichnis einer großen Mineralsendung an die Gesellschaft NFB. Die 5 Kisten umfassende Sendung traf im Mai 1805 ein. Leider hat die Gesellschaft NFB später ihr Kabinett aufgegeben und die Akten nicht aufbewahrt. Dagegen blieb aber das Verzdichnis des beigefügten Materials »für Herrn Oberbergrat Karsten«, das heißt für das Königl. Mineralienkabinett, erhalten. Darin werden auf 4 Seiten 100 Mineral- und Gesteinsproben, einschließlich 6 großen Ausstellungsstücken, aufgeführt. 35 Stücke davon stammen aus Krain, 27 aus Kärnten (besonders von der Saualpe, Abb. 3) und 38 aus Steiermark. Bei den Eisenerzproben, die offenbar in den Hüttenwerken von S. Zois verarbeitet wurden, finden sich Angaben über die erschmolzenen Eisenqualitäten: zähes Eisen für Nägel und Draht aus dem Eisenlebererz der Wochein, Roheisen für Schmelzstahl aus Brauneisenstein und braunsteinhaltigem Zuschlagerz von Jauerburg, hart zähes Stabeisen aus Magneteisenstein von Mißling und Spateisenstein von Weitenstein. Berliner Arbeiten an dem von S. Zois stammenden Material Die von S. Zois im Jahre 1805 gesandten Minerale gaben Veranlassung zu mehreren Untersuchungen in Berlin. Neben Karsten war daran besonders der schon damals berühmte Pharmazeut und Chemiker Martin Heinrich 32 Günter Hoppe Abb. 2. Martin Heinrich Klaproth (1743—1817), Pharmazeut und Chemiker in Berlin. Marmorbüste von E. A. Lührssen im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin. Photo A. Tölke Klaproth (1743—1817) beteiligt (Abb. 2). Auch er gehörte der Gesellschaft NFB an, seit 1791 als ordentliches Mitglied. Am bekanntesten ist er durch die Entdeckungen einiger chemischer Elemente (U, Zr, Sr, Ti, Te u. a.), die das »Nebenergebnis« seiner sehr zahlreichen quantitativen Analysen von Mineralen waren Klaproth zeichnete sich durch große Exaktheit, durch genaue Darlegung des angewandten Analysenganges und Einführung neuer Aufschluß- Die Beziehungen von Baron Sigmund Zois (1747—1819) zu Berliner Naturforschern 33 verfahren aus. Wenn auch seine Analysen heute vielfach nur historischen Wert haben, muß aber anerkannt werden, daß Klaproth die analytische und mineralogische Chemie außerordentlich gefördert hat. Klaproth kam sehr spät, erst nachdem er im Jahre 1780 Besitzer einer Apotheke in Berlin geworden war, zur wissenschaftlichen Betätigung. Die ersten Elemententdeckungen gelangen ihm im Jahre 1789 (U, Zr). In dem 25 Jahre jüngeren Mineralogen Karsten fand er einen Mitarbeiter und Freund, der ihm für seine mineralchemischen Publikationen Mineralbeschrei- bungen nach der Terminologie A. G. Werners lieferte. Karsten ge- langte unter dem Einfluß von Klaproth und auch durch die von ihm organisierte Übersetzung des stark kristallographischen Lehrbuchs der Mine- ralogie von R. J. Haüy (1804) dazu, die einseitige und ausschließliche Verwendung der äußerlichen Kennzeichen der Minerale abzulehnen und die Bedeutung der chemischen und kristallographischen Kennzeichen für die Systematik der Minerale zu betonen. Er hat dadurch zur Vervollkommnung der mineralogischen Systematik beigetragen (G. Hoppe 1984). Für seine Analysen verwandte Klaproth meist Material aus seiner privaten Sammlung, zu deren Aufbau Geschenke von verschiedenen Seiten beigetragen haben. Durch das Originalmaterial zu seinen Analysen erhielt die Sammlung erhebliche Bedeutung. Sie existiert größtenteils noch, da sie nach dem Tode Klaproths für die Berliner Universität angekauft wurde, und befindet sich im Museum für Naturkunde der Humboldt-Universität zu Berlin (G. Hoppe & G. Wappler 1983). Auch von S. Zois hat Klaproth Material erhalten. Näheres dazu ist unbekannt, da der schriftliche Nachlaß Klaproths nicht überliefert ist. Ledigleich in dem Artikel über das »körnige Eisen-Chromerz« von Steiermark (Klaproth 1806a, 1807a) heißt es (nach der Feststellung, daß das 1799 entdeckte Mineral bisher nur vom Ural und Frankreich bekannt ist): »Zur Auffindung einer dritten, am Chromgehalte sehr reichen Abänderung, welche den Gegenstand nachstehender Analyse ausmacht, hat der um das Fach der Mineralogie sehr verdiente Herr Baron von Zois zu Laybach durch gefällige Mitteilung mehrerer interessanter Fossilien aus den Kärntenschen, Krainschen und Steierschen Gebirgen die Veranlassung gegeben.« Es handelt sich um Chromit aus dem Serpentinlager an der Guisen ob Kraubat, das im Verzeichnis des an Karsten gesandten Materials nur als »unbekanntes Erz, zur Untersuchung« bezeichnet war. Klaproths Analyse erbrachte neben Chrom und Eisenoxid geringe Mengen »Alaun- und Kieselerde«, da der Chromit sich nicht sauber genug vom beigemengten Talk auslesen ließ. Besonderes Interesse beanspruchen die Untersuchungen am Zoisit. Dieses Mineral hatte S. Z o i s in dem Material entdeckt, das ihm der Mineralhändler Simon Preschern im Jahre 1804 von der Saualpe in Kärnten beschafft hatte. Im Verzeichnis der Sendung von 1805 tritt es viermal als »Unbekanntes Fossil« auf (Abb. 3): »50. Zyanit auf Gangquarz, mit blättrigem Augit, Granat, ganz kleinen Titankörnchen und dem tremolitähnlichen, noch unbestimmten Fossil. 51. Unbekanntes Fossil, ein in obigem Quarz mit Zyanit usw. eingewachsener Kristall, vielleicht mit dem Tremolit verwandt. 3 — Geologija 27 34 Günter Hoppe Abb. 3. Ausschnitt aus dem Verzeichnis der Mineralsendung, die S. Zois im Jahre 1805 nach Berlin sandte. Randnotiz von der Hand D. L. G. Karstens Die Beziehungen von Baron Sigmund Zois (1747—1819) zu Bediner Naturforschern 35 52. in Quarz mit großblättrigem Glimmer eingewachsene Kristalle. (Von diesen 2 Arten sind bisher nur wenige Stücke gefunden worden). 53. Unbekanntes Fossil, in rostgelb verwitterten, derb zusammengehäuften Kristallen. (Steht vielleicht auch mit obigem in Verwandtschaft).« Zu diesen und einigen weiteren Positionen folgt der Zusatz: »Alle diese Fossilien gehören zu dem Smaragditfelslager der unteren Sau Alpe ob St. Osvald.«* Am Rande neben den Nr. 51—53 findet sich die spätere Eintragung »Zoisit« von der Hand Karstens, der die Sammlungsetiketten ursprünglich mit der von S. Zois verwendeten Bezeichnung beschriftet hatte (Abb. 4). Klaproths eigenhändige Etiketten bezeichnen das Mineral als Zoisit (Abb. 5). Bekanntlich stammt der Mineralname Zoisit von A. G. Werner, der dies aber nicht selbst publiziert hat. Vielmehr gelangte die Nachricht über den Namen und die systematische Stellung auf dem gleichen Wege in die Abb. 4. Sammlungsetikett zum Zoisit, geschrieben von D. L. G. Karsten, »Unbekanntes Fossil aus Kärnthen v. Zois« Abb. 5. Sammlungsetikett zum Zoisit, geschrieben von M. H. Klaproth, »Zoisit, in Quarz und Glimmer. Saualpe in Kärnthen« * Vgl. dazu: Meixner 1952. 36 Günter Hoppe Literatur, wie die Nachrichten über die von A. G. Werner jährlich vorgenommenen Veränderungen und Ergänzungen seines in den Vorlesungen benutzten Mineralsystems: es wurde mit oder ohne seine Genehmigung durch seine Schüler und Anhänger in Zeitschriften oder Lehrbüchern veröffentlicht. A. G. Werners Mineralsystem von 1804 kam als 38 X 45 cm große Tabelle im Heft 3 von C. E. Molls Annalen der Berg- und Hüttenkunde, München, Band 3 (1804, gedruckt 1805), heraus. Hierin ist der Zoisit noch nicht enthalten. Aus dem nächsten Band der gleichen Zeitschrift (Band 4, 1805, S. 445) erfährt man, daß A. G. Werner von Baron Zois Material von der Saualpe bekommen und darin »eine neue Steinart entdeckt habe, die er zu seiner Zeit bekannt machen werde.« Wenige Seiten weiter (S. 453) werden die »neuesten Veränderungen in Werners Mineralsystem« angezeigt, wonach Zoisit als 28. Gattung eingefügt ist, ohne mit den benachbarten Gattungen (Pistacit und Axinit) in einer Sippschaft vereinigt zu sein. Das volle Mineral- system A. G. Werners von 1805 ist im 4. Band des Lehrbuchs von F. A. Reus s (1806) abgedruckt. Mehr als nur den Namen und den Platz im System erfährt man von Freiberger Seite erst 6 Jahre später (C. A. S. Hoffmann 1811). Klaproth und Karsten akzeptierten den Namen Zoisit. Die Veröf- fentlichung Klaproths (1806b, wenig verändert 18ö7b) sagt dazu: »Statt der Benennung Saualpit, womit die dortigen Mineralogen diese (»bis jetzt unbestimmt gebliebene« 1807b) Steinart einstweilen bezeichneten, hat sie gegenwärtig, zu Ehren des um die Beförderung der Naturkunde sehr verdienten Herrn Barons von Zois, den Namen Zoisit erhalten.« In dem Artikel sind eine detaillierte »äußere Charakteristik« des Zoisits von Karsten und die chemischen Analysen von Klaproth enthalten. Anschließend daran publi- zierte Klaproth (1807c) noch seine Untersuchungen an dem »blättrigen Augit« der Saualpe, der den Zoisit begleitet. Nach Klaproths Analyse erwies sich der Zoisit als schwach eisen- haltiges Ca-Al-Silikat: »Kieselerde 45, Alaunerde 29, Kalkerde 21, Eisenoxid 3«, Summe 98 ^/o. Der rostgelbe Zoisit ist ähnlich beschaffen, hat aber etwas mehr Eisenoxid und etwas weniger »Kalkerde«. Damit ergab sich die Einrangierung des Zoisits in die Nähe des Pistazits (Epidot) durch A. G. Werner als berechtigt, wozu Klaproth jedoch nicht Stellung nahm. Erst aus den Tabellen von Karsten ersieht man, daß Karsten dem Zoisit ebenfalls eine eigenständige Stellung als »Gattung« zuspricht. Auffällig ist die Tatsache, daß in Klaproths und Karstens Ver- öffentlichungen A. G. Werner als Namensgeber des Zoisits nicht erwähnt wird. Nach Lage der Dinge dürfte dies wohl eine milde Form von Kritik gewesen sein. Zwar wurde A. G. Werner von beiden sehr hoch geschätzt, wie aus vielen Äußerungen hervorgeht, waren sie doch auch die Initiatoren für die Aufnahme A. G. Werners in die Berliner Akademie der Wissenschaften im Jahre 1808, Dennoch sind Unterschiede in ihren Ansichten nicht zu übersehen, besonders was die Berücksichtigung der chemischen Beschaffenheit der Minerale betrifft. Die dringende Notwendigkeit derselben ist von Klaproth wiederholt stark betont worden. Besonders drastisch war dies am Beispiel des Muriacits geschehen, der als Calciumchlorid galt und Die Beziehungen von Baron Sigmund Zois (1747—1819) zu Berliner Naturforschern 37 sich als Gemenge von Calciumsulfat und Steinsalz herausstellte (Klaproth 1795): »Wieviel umfassender würde nicht die Übersicht unserer gegenwärtigen Kenntnisse der Mineralkörper sein und der Berichtigungen weniger bedürfen, wenn jedes neu aufgefundene Fossil auch sogleich auf den chemischen Prüfstein gezogen, und nicht eher, als nach aufgedrucktem vollgültigen Siegel der Wahrheit ins System aufgenommen würde.« Aber ungenutzt blieb Kar- stens Angebot an A. G. Werner, ihm bei der Beschaffung chemischer Daten von Mineralen behilflich zu sein (Brief vom 16. 3. 1792; Wissensch. Altbestand der Bergakademie Freiberg, Briefe an Werner I, Bl. 166/7). A. G. Werner ging auch nicht auf Karstens Vorschlag ein, zwischen Freiberg und Berlin eine »Sozietät« zum Zwecke des gemeinschaftlichen Vorgehens in nomenklatorischer und klassifikatorischer Hinsicht zu gründen, wozu ihn sein Minister befugt und Mittel bewilligt hatte (Brief aus dem Jahre 1803; wie vor, Bl. 180 1). Erst als A. G. Werner Ende August 1805 Berlin besuchte, äußerte er den Wunsch, »in den Bestimmungen der neuentdeckten Fossilien mit möglichster Übereinstimmung zu verfahren«, wie Karsten brieflich bestätigte (wie vor, Bl. 175 6). Zur Zeit von A. G. Werners Besuch in Berlin war aber der Zoisit bereits benannt und in A. G. Werners System einrangiert. Die Berliner Arbeiten begannen erst danach. So teilte Klaproth am 17. 6. 1806 das Ergebnis seiner »neuesten Analyse« in der Gesellschaft NFB mit und verlas 4 Monate später das fertig gestellte Manu- skript, das noch im gleichen Jahr gedruckt wurde (Klaproth 1806b). Im Resultat jedocli kann man aber mit E. Faninger (1983) davon sprechen, daß das Mineral Zoisit von A. G. Werner in (nachträglicher) Übereinstim- mung mit Klaproth und Karsten aufgestellt worden ist. A.ngefügt sei noch, daß die Eigenständigkeit des Minerals Zoisit keineswegs unumstritten v/ar. Bereits J. J. Bernhardi (1774—1850), Botaniker und Mineraloge der Universität Erfurt, der den Zoisit der Saualpe im Sommer 1805 bei seinem Besuch in Laibach bei S. Zois gesehen hatte, hielt ihn für eine Varietät des Epidots (C. F. Bucholz 1806). Dies setzte sich fort, als noch weitere P\mde von Zoisit gemacht wurden (C. Hintze 1897). Auch der Berliner Chemiker C. F. Rammeisberg (1813—1899) neigte mehr zu dieser Meinung, nachdem er zahlreiche Zoisite, auch das Originalmaterial der Saualpe aus der Sammlung des Berliner Mineralogischen Museums, neu analysiert hatte (C. F. Rammeisberg 1857). Die endgültige Eigenstän- digkeit des Zoisits wurde erst durch die Modernen kristalloptischen und kristallstrukturellen Untersuchungen sichergestelt (H. Strunz 1977). Aus alledem geht hervor, daß S. Zois in Berlin verständnisvolle und dankbare Partner fand, die seine Bemühungen zu würdigen verstanden. Beson- ders mit seiner Sendung von 1805 löste S. Zois in Berlin intensive chemisch- mineralogische Untersuchungen aus, die den Höhepunkt, aber auch zugleich den Abschluß der Beziehungen bildeten. Ihre Fortsetzung wurde wahrscheinlich durch die politische Situation in Europa verhindert, die sich nach dem Sieg Napoleons über Preußen im Jahre 1806 für lange Zeit einstellte und erst spät überwunden werden konnte. Auch die gesundheitliche Lage von S. Zois, der viele Jahre seines Lebens an den Rollstuhl gefesselt war, kann mit dazu beigetragen haben. 38 Günter Hoppe Literatur Bucholz, C. F. 1806, Analyse des Zoisits. Journal für die Chemie und Physik, Hrsg. A. F. 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