URBAN BLIGHT AND URBAN REDESIGN: SCHICKSAL UND/ODER CHANCE Walter Zsilincsar Dr., Lehrstuhl für Angewandte Geographie und Regionalforschung Karl-Franzens Universität Heinrichstrasse 11 A-8010 Graz, Österreich e-mail: walter.zsilincsar@uni-graz.at UDK: 911.37 COBISS: 1.02 Abstract Urban Blight and Urban Redesign: Schicksal und/oder Chance The phenomenon of urban blight dates back to the 19th century when industrialisation starting in Europe and North America initiated an uncontrolled urban growth in combination with strong demand in cheap an quickly constructed housing. Ghettoisation of mainly the working-class population and other "marginal groups" were the consequence together with a constant decay of single buildings, whole blocks and quarters. These general aspects of urban blight with its additional facettes or aspects residential, commercial, industrial, physical, functional and social blight can be presupposed and will not be topic of this paper. Nevertheless urban blight is by no means a topic of the past, it still today challenges apart from geographers a remarkable number of other disciplines (urban and landscape planners and designers, economists, sociologists, medical sciences, etc., not to forget politicians, the media, and last but not least the city dwellers themselves). While urban blight, urban decay, - decline, or - crisis originally seemed to be a problem of the big cities and metropolises it meanwhile also affects the small towns and centers. By the example of two Styrian small towns, Murau and Eisenerz, both counting less than 5.000 inhabitants each some of the many reasons for their being confronted with symptoms of urban blight will be addressed together with the up to now largely unsolved question which possible counter strategies could be successfully applied. One namely "urban redesign" has been chosen from a number of others mainly because it has been selected by the city of Eisenerz as a strategy against urban blight and to fight the dramatic population losses of 7867 citizens between 1951 (pop.: 12948) and 2010 (pop.: 5087). The crucial questions for the future to be discussed facing the present world wide monetary crisis will be: 1. Will there be enough money to finance the necessary rescue measures? 2. Who pays and bears the risks of a failure? 3. Is it worth while and justified to invest huge amounts of public money into a seemingly bottomless barrel or 4. borrowing an idea from the human hospice-movement: would it not be wiser, more human, and cost-efficient to spend much less money for those measures only that are needed to guarantee a patient (city) with little or uncertain perspectives for the future a survival in dignity. Knowing that the hospice movement was severely questioned in its initial phase although today it is widely accepted and respected the transformation of this idea into the urban sphere as one means to discuss the problem of urban decay and urban blight seems justified. Key words Urban blight, urban redesign, Kleinstadt, Leerstände, Rückbau, Reformpartnerschaft Uredništvo je članek prejelo 7.2.2013 1. Einleitung Das hier vorgestellte Thema, obwohl hunderte Male diskutiert und publiziert besitzt dennoch ungebrochene Aktualität, beschäftigt Planer, Politiker, Medien, Wissenschafter und Bürger gleichermaßen. Waren Stadtverfall und Städterückbau ursprünglich Probleme in Metropolen und großen Städten, so hat das Phänomen längst auch die mittelgroßen und kleinen urbanen Zentren erreicht. Wie ehedem bewirkt es auch dort Unbehagen, teilweise Ratlosigkeit und bisweilen heftige Auseinandersetzungen über adäquate Lösungsstrategien. Da Geschichte und Phänomen des „urban blight" als bekannt vorausgesetzt werden dürfen, werden im folgenden u. a. einige persönliche Überlegungen zu dessen gegenwärtiger Problematik in österreichischen Kleinstädten zur Diskussion gestellt und in der Folge Möglichkeiten zur Bewältigung, zumindest aber zum Umgang mit dieser Herausforderung für Stadtplanung, Kommunal- und Sozialpolitik sowie für Ortsbild und Denkmalschutz angesprochen. Dabei möchte der Verfasser ganz bewusst und durchaus ein wenig provokativ auf die Grundprinzipien der menschlichen Existenz zurückgreifen, auf Geburt und Tod, leben und sterben, werden und vergehen. Zu den offenkundigen Tabus und absoluten „no goes" in der heimischen Kommunalpolitik scheint zu gehören, aus welchem Grund auch immer, schwächelnde, dem Niedergang geweihte Ortschaften oder Ortsteile mit zum Teil immensem budgetärem, politischem und/oder medialem Einsatz so lange wie möglich am Leben zu erhalten, auch entgegen mittel- wie langfristig negativer Entwicklungsprognosen mit wirtschafts- und sozialpolitischem Hintergrund. Wieso ist das so? Auf diese Frage gibt es ebenso wenig eine eindeutige und allseits befriedigende Antwort wie auf jene nach der Sinnhaftigkeit, „Wirtschaftlichkeit", „Sozialverträglichkeit", Notwendigkeit bzw. Berechtigung des Einsatzes kosten - und materialintensiver Maßnahmen zur Verlängerung des Lebens eines dem Tod geweihten Patienten. Moralische oder ethische Überlegungen dazu bleiben weitestgehend ausgespart, da sie die Diskussion auf eine andere, der Kommunalpolitik (leider) zumeist fremde bzw. von ihr gemiedene metaphysische Ebene führen. Dennoch wird immer wieder die „moralische Verpflichtung" der Politik beschworen, wenn es um die Erhaltung bzw. Absicherung von essentiellen Betriebsstandorten oder wirtschaftlichen Grundlagen von Städten geht. Wie soll man mit dieser Forderung umgehen? Hier gilt wohl die selbe Uneinigkeit bzw. Ratlosigkeit, wie sie derzeit bei der Bewältigung der Budget- und Finanzkrise in der EU zu beobachten ist. Die Beispiele Griechenland, Portugal, Zypern, Italien, Spanien oder jüngst Slowenien könnten, wenn auch mit einer völlig anderen Dimension, als Analysemuster für Ursachen und Umgang mit der Krise einzelner Städte fungieren. 2. Urban Blight Städtische Verfallserscheinungen finden auf der Makro- (Gesamtstadt), Meso-(Stadtteile oder Stadtviertel) und Mikroebene statt (Objekte, Ensembles). Darüber hinaus untergliedert man Blight-Erscheinungen häufig in commercial-, industrial-oder residential blight (Lichtenberger 1998, 279). Auch von social blight ist die Rede, wenn es um Erscheinungen des sozialen Niederganges, der sozialen Aushöhlung geht. Neben dem Begriff „Urban Blight" findet auch der eher unscharfe, weil ubiquitär angewandte Terminus „Urban Decay" Eingang in die Fachliteratur. Er wird sowohl für ökonomische, soziale (Obdachlosigkeit, Kriminalität, ethnische Überfremdung, etc.) und städtebauliche Verfallsprozesse gebraucht. Seit sich in den letzen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts das städtische Geschäftsleben von den Innenstädten immer mehr an die Stadtränder verlagerte und somit der schon viel früher stattgefunden Abwanderung der Wohnbevölkerung aus den Zentren folgte, spricht man vom Commercial Blight der Innenstädte. Die Kommunalpolitik reagiert äußerst unterschiedlich auf diesen Prozess, was nicht weiter verwundert, gleicht doch letztlich kein selbstständiges urbanes Gebilde dem anderen. Zudem sind in einem pluralistischen Gesellschaftssystem mit einer differenzierten, hinsichtlich ihrer politischen Ziele zum Teil kontroversiell ausgerichteten Parteienlandschaft Entscheidungen und Planungsstrategien zur Stadtentwicklung eher ortszentriert, denn auf lokal übergreifende, regionale Aspekte mit einbeziehende, zukunftsorientierte Entwicklungskonzepte ausgerichtet. Ein Übriges zur durchaus unbefriedigenden wirtschaftlichen, d.h. fiskalischen Situation in der Mehrzahl der österreichischen Stadtgemeinden trägt die seit Jahrzehnten einzementierte, modernen Ansprüchen nicht mehr gerecht werdende Gemeindestruktur bei; kurz gesagt gibt es zu viele, zu kleine Gemeinden. Diese haben bis heute ihre Gemeindeautonomie, unabhängig von den politischen Mehrheitsverhältnissen, mit Zähnen und Klauen verteidigt. Erst seit 2010 kommt Bewegung in dieses starre Gefüge. Mit dem Slogan „Wir wollen die Steiermark neu ordnen" (Kleine Zeitung, Graz, 16. Sept. 2011) haben die zwei größten Parteien der Steiermark, die Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ) und die Österreichische Volkspartei (ÖVP) eine sog. „Reformpartnerschaft" beschlossen. Deren vorrangiges Ziel ist eine tiefgreifende Verwaltungsstrukturreform. Mit ihrer Hilfe soll in erster Linie die prekäre finanzielle Lage der Gemeinden, aber auch des Landes selbst, verbessert werden. Einsparungen werden vor allem durch die Zusammenlegung von politischen Bezirken (ab 1. 1. 2013 nur noch 13 statt bisher 17 politische Bezirke) und von Gemeinden erwartet (Kleine Zeitung, Graz, 20. 4. 2012, S. 16, Albertoni: Neue Bezirke. Aus sechs mach drei). Während auf Bezirksebene die erste Vereinigung zwischen den obersteirischen Bezirken Judenburg und Knittelfeld zum neuen Bezirk Murtal bereits ohne größere Schwierigkeiten Anfang 2012 vollzogen wurde, verursachten andere Fusionspläne z. T. viel beachtete Irritationen in der Lokal- und Regionalpolitik, aber auch innerhalb der betroffenen Bevölkerung. So gibt es heftige Proteste nicht nur gegen eine Vereinigung der beiden oststeirischen Bezirke Feldbach und Fürstenfeld, da Feldbach eher zu Radkersburg tendiert, sondern auch gegen den Namensvorschlag für einen neuen Bezirk „Vulkanland". Es wird befürchtet, dass die mit großem Aufwand eingeführte „trade mark" „Vulkanland" für eine räumlich begrenzte Kulinarik- und Wellnessregion durch ihre verwaltungspolitische Vereinnahmung verwässert werden könnte. Weiters gibt es Tendenzen zur teilweisen Auflösung bisheriger Bezirksstrukturen. So streben einzelne Gemeinden des Bezirkes Radkersburg aus verkehrs- und arbeitsplatztechnischen Gründen eher zum Nachbarbezirk Leibnitz als nach Feldbach. Kurios ist die Situation im Bezirk Liezen, der wegen seiner flächenmäßigen Ausdehnung bislang 2 politische Exposituren (Gröbming und Bad Aussee) umfasste. Der Beschluss, die Expositur Bad Aussee aufzulösen, führte zu einer Welle der Entrüstung. Hauptgrund dafür war vor allem der Verlust des bisherigen eigenen Polizeikennzeichens BA, das sogar in der heimischen volkstümlichen Musik besungen wird. Einzelne Gemeinden des österreichweit wegen seiner kulturellen Eigenständigkeit bekannten Ausseerlandes nahmen die Auflösung der regionalpolitischen Teilselbstständigkeit sogar zum (vielleicht nicht ganz ernst gemeinten) Anlass, eine Abspaltung von der Steiermark und einen Anschluss an das wesensverwandte, wirtschaftsstarke oberösterreichische Salzkammergut anzudenken. Seit dem Niedergang des Salzbergbaus hat das steirische Salzkammergut mit strukturellen Problemen zu kämpfen, die durch den Tourismus nur zum Teil wett gemacht werden können. Geschäftsleerstände, Einschränkungen des lokalen Krankenhausbetriebes, Abwanderung oder Tendenzen zur Überalterung der Wohnbevölkerung im kleinregionalen Hauptort Bad Aussee (2012: 4.884 EW) spiegeln die Situation auf regionaler Ebene wider. Damit wird auch klar, dass eine groß angelegte kommunale Verwaltungsreform nicht ohne begleitende Maßnahmen bzw. nur unter Berücksichtigung der regionalen Strukturen i. w. S. erfolgreich sein kann. Obwohl in der heutigen wissenschaftlichen Geographie der traditionellen Regionalgeographie, vor allem dann, wenn sie sich dem sog. „länderkundlichen Schema" verbunden fühlt, mit Skepsis bis Ablehnung entgegen getreten wird, ist die regionale Ebene als Forschungsbezug unverzichtbar. Mit der Forderung eines „Europas der Regionen" und den zahlreichen Regionalförderprogrammen hat die Europäische Union der „Region" als Keimzelle der europäischen Integration ein besonders Gewicht verliehen. Nur in einer gesunden Region können sich letztlich gesunde Gemeinden entwickeln. Ein gehäuftes Auftreten von Blight-Phänomenen kann daher ein Hinweis auf eine insgesamt schwächelnde Regionalstruktur sein. Das heißt freilich nicht, dass „Krisenregionen" nur durch negative Symptome, wie stagnierende oder schrumpfende Städte gekennzeichnet sind. Die ehemaligen Industrie- und Bergbauregionen der Obersteiermark stützen diese These ebenso eindrucksvoll wie die Oststeiermark. Beide Landesteile zeugen aber auch dafür, dass regionaler wie städtischer Verfall nicht nur eine betont räumliche, sondern auch eine ebenso wichtige zeitliche Dimension aufweisen. Neben dem räumlichen und zeitlichen Aspekt des Blight-Phänomens, das auf regionaler Ebene ja nicht nur in den Städten zu beobachten ist, sondern gleichwohl im ländlichen Raum mit seinen Hof- und Flurwüstungen, Betriebsstilllegungen bzw. -umstellungen, den Schwierigkeiten, in Landwirtschaft und Gewerbe engagierte Nachfolger zu finden, allgegenwärtig ist, darf die i. w. S. (sozial-) politische Komponente des Urban Blight keineswegs vernachlässigt werden. Immerhin ist in einem demokratisch geführten Rechtsstaat das private Niederlassungsrecht, die freie Wahl des Wohn- bzw. Betriebsstandortes von gesetzlichen Reglementierungen wie auch von den Spielregeln des Immobilienmarktes und damit auch von den finanziellen Möglichkeiten des Standortwerbers abhängig. Anders als in den großen Städten Österreichs spielt der soziale, meist von den Kommunen getragene Wohnbau in den Kleinstädten zahlenmäßig nur eine untergeordnete Rolle. Dennoch hat es auch dort auf der Mikroebene zu einer sozialen Selektion der Wohnbevölkerung geführt. Die niedrigen Mieten und die meist aus Baukostengründen weniger attraktiven Standorte, dazu das auf soziale Bedürftigkeit ausgelegte Wohnungsvergabesystem, führten dazu, dass etwa bis in die Sechziger Jahre des 20. Jh. überwiegend Arbeiter, kleine Angestellte und Gemeindebedienstete mit Kindern in den Genuss dieser Wohnungen kamen. Da der kommunale Sozialwohnbau in den kleinen ehemaligen Industrie- und Bergbaustädten Österreichs vornehmlich von der Sozialdemokratie getragen wurde, was gleichermaßen auf die Werkswohnungen der (staatlichen) Großbetriebe zutrifft, ist es naheliegend, dass bei der Wohnungsvergabe auch auf die (richtige) politische Gesinnung geschaut wurde. Da weder Mieter noch Vermieter über die nötigen Kapitalreserven für Sanierungs- oder Verbesserungsarbeiten verfügten, verschlechterte sich der Wohnungsstandard der selten über 60 m2 großen Wohnungen zusehends. Dies und der wirtschaftliche Aufschwung seit den 1960-ern führte dazu, dass die Ansprüche an das Wohnen auch innerhalb der besser situierten sozialen Unterschicht bzw. bei jenen, die den Aufstieg in die (untere) Mittelschicht geschafft hatten, immer größer wurden. Es kam zu einem ersten sozialen Austausch innerhalb der Mieterschaft, der sich wegen der äußerst günstigen Mieten jedoch vorzugsweise innerhalb des Familienverbandes abspielte. Die Eltern bezogen entweder eine größere (Eigentums-)Wohnung oder bauten das ersehnte Häuschen im Grünen, die Studierenden oder erst berufstätig gewordenen Kinder blieben in der billigen elterlichen Kleinwohnung. Ab den 1970er Jahren wurde der Sozialwohnbau immer stärker vom Genossenschafts- bzw. Eigentumswohnbau abgelöst. Ein neues Mietrecht führte einerseits zu einer drastischen Erhöhung der Mieten, andererseits zu einer erschwerten Weitergabe der Wohnungen. Den entscheidenden Anstoß für eine drastische Veränderung des sozialen Gefüges im städtischen Mietwohnungswegen lieferte zunächst die Privatisierungswelle im kommunalen Sozial- und betrieblichen Werkswohnungswesen. Die bisher auch für kleine Einkommen leistbaren Wohnungen wurden nun plötzlich zu marktpreislichen Bedingungen weiter vermietet oder in das Eigentum übertragen. Die Zahl an finanziell bedingten Wohnungsleerständen vorzugsweise im Substandardbereich bzw. an unattraktiven Standorten nahm folglich zu. Mit den gravierenden politischen Umwälzungen ab 1989 in Europa, von denen Österreich kraft seiner geopolitischen Lage in Mitteleuropa besonders heraus gefordert wurde, trat ein weiterer Faktor auf den Plan, welcher das Entstehen bzw. Weiterbestehen urbaner Blightphänomene begünstigt: die gewaltige Welle an politischen und Wirtschaftsflüchtlingen, vorzugsweise aus den Balkanländern, der Türkei, Tschetschenien, Afghanistan, Irak, Südost-Asien, Nord- und Schwarzafrika. Nicht nur die gewaltige Zahl an Asylanten, sondern vielmehr ihre Herkunft aus völlig differenten Kulturräumen mit großteils muslimischer Religion verursacht seither zunehmend Spannungen zwischen den Asylanten und der Mehrheitsbevölkerung. Neben der Integrationsunwilligkeit vieler Muslime trägt auch die überforderte, perspektiven- und planlos agierende Innenpolitik (fehlender Zugang zum Arbeitsmarkt für Asylwerber, zu lange Asylverfahren: beides fördert die Kriminalität; großzügige Nachholung von Familienmitgliedern, zu wenig Rücksicht auf die berufliche Qualifikation der Asylwerber und damit auf die Erfordernisse des heimischen Arbeitsmarktes, etc.) zur Verschärfung der Lage bei. Mit der Entleerung der Innenstädte seit den 1970-ern, die auch Österreichs Kleinstädte in unterschiedlicher Intensität betraf, standen nunmehr immer mehr Wohnungen und Geschäftslokale bzw. Gewerbeflächen leer. Dieser Residential bzw. Commercial Blight dauert bis heute fort. Vom Commercial Blight sind in erster Linie der Lebensmittelhandel, kleine eigenständige Spezialgeschäfte, Bäckereien und Konditoreien, der Fleisch- und Wurstwarenhandel sowie die Gastronomie erfasst worden. Als Gegenstrategie sollte ein Stadtmarketing neuen Schwung in die Innenstädte bringen. Über dessen Ziele und Erfolge bzw. Erfolgshoffnungen ist inzwischen viel geredet und geschrieben worden, was als bekannt vorausgesetzt werden darf. Als persönlicher Nachsatz, der auf einschlägige Gespräche mit Bürgermeistern fußt, kann dazu festgehalten werden, dass sich die hohen Erwartungen der Politik in das Stadtmarketingkonzept allzu oft nicht oder nur zum Teil erfüllt haben, was insbesondere auf die damit verbundenen hohen Kosten bzw. teilweise mangelnde Qualifikation der Verantwortungsträger zurückzuführen ist. Wie beim ebenso propagierten Leerstandsmanagement zeigte sich ganz klar, dass ohne Mitwirkung und Bereitschaft der Geschäfts- bzw. Betriebsinhaber bzw. Liegenschaftseigentümer das beste Konzept scheitert. Diese Binsenweisheit sollte den Marketingexperten bekannt sein. Versuche der Kommunen, Commercial Blight-Phänomene in den Griff zu bekommen, scheitern entweder an physischen Standortkriterien (schlechte Lage, schlechte Zu-und Abfahrt für Lieferanten, fehlende Parkplätze, etc.), an sozialen Kriterien (Überalterung der Vorbesitzer bzw. Vermieter mit teilweisen Tendenzen zum Altersstarrsinn, Resentiments gegenüber bestimmten Nachmietern wie Ausländern, etc.), an ökonomisch-bautechnischen Kriterien (überzogene Mietzins- oder Kaufpreisforderungen, schlecht ausgestattete oder zu kleine Lokalitäten, hoher Instandsetzungs-, Umbau- bzw. Modernisierungsaufwand, etc.) oder, leider, schlicht und einfach an persönlichen Kriterien wie Unfähigkeit, Unwilligkeit, Ignoranz, Korruption, etc., die nicht auf einzelne Akteure respektive Institutionen begrenzt sind. Dennoch sind Geschäftsleerstände kein unabwendbares Schicksal. Sie bieten die Chance der Reflexion über deren Ursachen und führen oft zu einfachen, kostengünstigen Zwischenlösungen, wie der Nutzung von Auslagen für temporäre Ausstellungen heimischer oder auswärtiger Künstler, Handwerker und dgl. Ebenso wenig muss die Tendenz zur Veränderung mancher kleinstädtischen Zentren als Schicksal hin genommen werden, das vor allem dann bejammert wird, wenn das als Ursache gegeißelte neue Einkaufs- oder Fachmarktzentrum zwar auf der „grünen Wiese", aber leider auf dem Boden der Nachbargemeinde errichtet wurde (s. Judenburg/Fohnsdorf, Feldbach/Mühldorf, Leibnitz/Gralla, Voitsberg / Köflach/ Rosental/ Bärnbach, etc.). Wie rasch sich dadurch verursachte Unstimmigkeiten zwischen Nachbargemeinden auflösen lassen, zeigen die in der Steiermark vorangetriebenen Bestrebungen, durch die Fusion einzelner Bezirke und Gemeinden eine nachhaltige, kostensenkende Verwaltungsreform umzusetzen und die Kommunalbudgets zu sanieren. Inzwischen sieht man Zentrum und EKZ am Stadtrand nicht mehr als Konkurrenten, sondern als Partner im Werben um Kunden. 2.1 Urban Blight in der Kleinstadt Murau (Steiermark) Die Bezirkshauptstadt Murau in der Obersteiermark zählte 2011: 2124 EW. Sie gehört, obwohl seit 1298 mit dem Stadtrecht ausgestattet, zu den stagnierenden Kleinstädten sowohl was die bevölkerungs-, als auch wirtschaftliche Entwicklung anlangt. Der Anteil der 60- bzw. über 60-Jährigen an der Wohnbevölkerung betrug 2006 31 %, jener der unter 20-Jährigen dagegen bloß 16,7 % (Statistik Austria „Murau-Probezählung 2006" 2010). Die Überalterung der Stadtbevölkerung ist eine der Ursachen für Residential Blight Phänomene in Murau. Eine weitere liegt sehr wahrscheinlich in den die Altstadt um den Schloßberg betreffenden petrographischen und hydrogeologischen Verhältnissen. Die starke Wasserführung der den Schloßberg aufbauenden wasserlöslichen Gesteinsschichten wirkt sich auf den Altbaubestand in diesem Bereich vor allem durch Feuchteschäden negativ aus. Die tw. ungünstige Belichtung, historisch bedingte Kleinstrukturiertheit der Gebäude und Wohnungen sowie deren z. T. bis in die jüngere Vergangenheit reichende, unzumutbare Sanitärausstattung führen zu Wohnungsunterbelegungen bzw. veranlassen speziell jüngere (Mit-)Bewohner diesen Teil der Altstadt zu verlassen. Der hohe Sanierungsbedarf und die damit verbundenen Investitionskosten, was u. a. auf die Einhaltung der rigiden feuerpolizeilichen Bestimmungen zutrifft, wirken sich negativ auf die Sanierungsbereitschaft der überwiegend über 50-Jährigen und eher unteren bis mittleren Sozialschichten angehörenden Bewohner aus. Damit ist oft der weitere Verfall der Bausubstanz vorprogrammiert. Aber nicht nur der Wohnungssektor Muraus ist von Blighterscheinungen betroffen, sondern auch das im Altbaubestand der Stadt angesiedelte Gewerbe und der Einzelhandel. Die Häufung von Geschäftsleerständen in der Anna-Neymann-Straße, der Hauptgeschäftsstraße, am Fuße des Schloßberges bestätigt dies (s. Fig. 1). Für den Commercial Blight in der Murauer Altstadt zeichnet aber nicht nur die Überalterung der Bausubstanz mit ihrer (viel) zu kleinen Geschäftsflächenausstattung verantwortlich, sondern auch die Konkurrenz des neuen Einkaufszentrums am Stadtrand, jedoch bereits in der Nachbargemeinde St. Lorenzen. Die dort angesiedelten Filialen der großen Handelsketten machen den noch wenigen in der Altstadt verbliebenen Familienbetrieben das Leben zusätzlich schwer. Diesen gelingt es daher kaum noch Betriebsnachfolger zu finden. Andererseits scheitert eine Nachvermietung aufgelöster Geschäftslokale an unrealistischen Mietverträgen und/oder viel zu hohen Pachtzinsvorstellungen. Monate - ja Jahre lange Leerstände sind die Folge. Fig. 1: Commerical Blight in der Anna-Neumann-Straße in Murau (Stand 04. 06. 2010). Quelle: H. Wallner, 2010. Um dem Commercial Blight in der Innenstadt entgegen zu treten, beschloss der Gemeinderat 2007 ein bis 2016 laufendes Innenstadtwirtschaftsfördermodell. Dieses Innenstadtwirtschaftsfördermodell ist an einen Innenstadtkooperationsvertrag gekoppelt, mit dem Ziel, die Innenstadt wieder zu beleben (Baltzer 2010).Da die Innenstadt historisch bedingt äußerst schlecht erschlossen ist, wurde ein Parkraumsystem entwickelt, das es erlaubt, die Innenstadt jedenfalls innerhalb von max. 5 min. fußläufig zu erreichen. Da es aber die Flächenausdehnung vieler mittelalterlichen Kleinstädte zulässt, die ganze Altstadt in 5 min. zu durchlaufen, wird die Anlage von Stellplätzen am Innenstadtrand von der einheimischen Wohnbevölkerung oft als viel zu weit entfernt empfunden und nicht im gewünschten Maß angenommen. Mit ihrem Innenstadtwirtschaftsfördermodell ergreift die Stadt Murau die Chance, gegen die weitere Ausdünnung des Stadtkerns als Wohn-, Geschäfts- und Dienstleistungsstandort anzukämpfen. Gebäudeförderungen für Sanierungs- und Verbesserungsmaßnahmen bis zu € 5000,-/Jahr pro Objekt dienen ebenso dem Ziel wie Betriebsförderungen in Form einer Betriebsansiedlungsprämie bis zu max. € 5000,-, zweckgebunden für Verbesserungen der Betriebsausstattung und an einen 3-jährigen Kündigungsverzicht gekoppelt. Handwerksbetriebe und Betriebe, die wesentlich zur Steigerung der Kundenfrequenz der Innenstadt beitragen, können u. a. mit einem Frequenzbonus von bis zu € 10000,- unterstützt werden (Baltzer 2010). Ein zusätzliches Projekt „Zurück ins Zentrum" sieht ein innerstädtisches Einkaufszentrum mit bis zu 3000 m2 Verkaufsfläche vor, scheiterte aber bislang am Denkmalschutz, da es den Abbruch denkmalgeschützter Bausubstanz erfordert. Ortsbild- und Denkmalschutz deshalb als Blockierer einer Innenstadtrevitalisierung zu brandmarken ist freilich zu kurz gegriffen. з. Urban Redesign Versteht man unter „Urban Design" das Bemühen und die Fähigkeit, Städte und Märkte kreativ und zeitgemäß zu gestalten bzw. zu entwickeln, so bedeutet „Redesign" letztlich i. w. S. eine, aus welchen Gründen auch immer, aus dem Ruder gelaufene oder zu Stillstand gekommene Entwicklung zu korrigieren, neue Impulse zu setzen, um wieder Wachstum zu erzeugen. Falsch verstanden wäre der Begriff „Redesign" allerdings, wenn man in die Vorsilbe „Re" einen Aspekt des Vergangenen, rückwärts Gewandten hinein interpretieren möchte. Mittels des Urban Redesigns bietet sich eine Chance, Verfallsprozesse zu stoppen oder zumindest zu verzögern, wenn schon auf absehbare Zeit keine Trendumkehr zu erwarten ist. Das Redesign bezieht sich dabei keineswegs nur auf die Bausubstanz, sondern schließt и. a. den Öffentlichen Raum, das Transportwesen bzw. die Verkehrsinfrastruktur, den Freizeitsektor wie auch den städtischen Dienstleistungssektor mit ein (http://www.urbandesign.org). Räumlich gesehen kann sich Urban Redesign wie der Urban Blight auf Einzelobjekte bzw. -ensembles, auf Stadtviertel oder den ganzen Siedlungskörper beziehen. Urban Redesign integriert Architektur, Landschaftsarchitektur und -planung, Stadt- und Verkehrsplanung, Stadtsoziologie u. a. Auch die Geographie ist gefordert, sich mit dieser Problematik zu befassen, insbesonders was die Umweltbedingungen anlangt. Die Ausarbeitung von auf den Einzelfall zugeschnittenen realistischen wirtschaftlichen Entwicklungsnahzielen ist ebenso notwendig wie Visionen für eine fernere Zukunft zu haben. Diese visionäre Komponente des Urban Redesign darf sich nicht auf Politik und Planer beschränken, sie muss vielmehr von Anbeginn die Bevölkerung mit einbeziehen. Nur so kann es gelingen, den städtischen Verfallsprozess aufzuhalten bzw. neue Zukunftsperspektiven umzusetzen. Dabei ist, wie das Beispiel der steirischen Bergbaustadt Eisenerz zeigt, eine wirtschaftliche Wiederbelebung bzw. Neuausrichtung durch „Gesundschrumpfen" das vorrangige Ziel. Die Akzeptanz und positive realitätsbezogene Auseinandersetzung mit der Krise ist Grundvoraussetzung, wenn auch keine Garantie für die Chance einer Trendwende. War die politische Eigenständigkeit der Gemeinden mit eigener Finanzhoheit bis 2010 in Österreich ein absolutes Tabuthema, so können sich heute angesichts der tristen Finanzlage immer mehr Gemeinden mit einer Zusammenlegung mit Nachbargemeinden anfreunden, auch wenn vieler Orts unter dem Eigenständigkeitsgedanken mehr auf Kooperation denn Fusion gesetzt wird. Dennoch, der finanzielle Druck wächst. Im Jahre 2010 verzeichneten schon über 200 der 542 Kommunen der Steiermark einen Abgang im Budget (http://www.sommergipfel.at/steiermark/strukturreform/2833978/neuer-weg-des- miteinanders 22.9.2011. Gigler, C. Der neue Weg des Miteinanders. Kleine Zeitung, Graz, (Fig. 2)). Fig. 2: Der neue Weg des Miteinanders. Quelle: Kleine Zeitung, Graz, 18. 09. 2011. Risken und Profite von Gemeindefusionen wurden bereits bei der letzten Tagung des Forschungssechsecks in Kutna Hora (CZ) vom Verfasser zur Diskussion gestellt. Sie werden daher in diesem Rahmen nicht nochmals erläutert. Da auch Städterückbau verbunden mit einem in die Zukunft gerichteten Redesign viel Geld verschlingt, sind betroffene Gemeinden meist finanziell überfordert. Die Schaffung größerer Verwaltungseinheiten durch Zusammenlegung bringt aber nur dann eine budgetäre Entlastung, wenn wenigstens ein Fusionspartner finanziell leistungsstark und unter diesem Aspekt auch fusionswillig ist. Aus der demographischen Dynamik im ländlichen Raum und dessen kleinen Zentralorten ergibt sich eine schrumpfende Einwohnerzahl, begleitet von einer wachsenden Überalterung der Bewohner. Der Trend der Entleerung der Stadtzentren setzt sich im Gegensatz zu vielen Großstädten fort. Die dortige Häusersubstanz ist veraltet und zumeist im Privatbesitz investitionsschwacher und/oder -unwilliger Personen. Das führt zu Leerständen in Wohn- und Gewerbegebäuden. Die bestehende Infrastruktur der Ver- und Entsorgung sowie das Verkehrsnetz sind oft überdimensioniert und teuer in der Erhaltung (ÖIR e-letter Ausgabe 10/2011. Wien) [e-letter-bounces@ists.air.at]. Mit der Überalterung geht üblicherweise ein drastischer Rückgang bei Kindern und Jugendlichen einher mit einschneidenden Auswirkungen auf die lokale und regionale Bildungslandschaft. Schließt die Volksschule, geht viel an kommunaler Identität verloren. Daher rumort es in vielen kleinen Gemeinden, so auch in Eisenerz, dem steirischen negativen Paradebeispiel für Stadtverfall und Urban Redesign. 3.2 Fallbeispiel Eisenerz Die steirische Bergbaustadt Eisenerz gilt als das Paradebeispiel für einen ökonomisch bedingten Schrumpfungsprozess. Als Passfußort im N des knapp 1000 m hohen, im Winter tief verschneiten Präbichl-Passes entstanden, hat doch der Erzbergbau (s. Name) 1300 Jahre lang die Siedlungsgeschichte dominiert. Dies belegt eindrucksvoll die Entwicklung der Einwohnerzahl seit es Volkszählungen in Österreich gibt. Von 1869 an (3850 EW) kam es bis zum Bevölkerungshöchststand 1957 mit knapp 13.000 EW (12.948 EW) zu einer rasanten Aufwärtsentwicklung. Während des II. Weltkriegs sollen inklusive Zwangsarbeiter bis zu 28.000 Menschen die Stadt bevölkert haben (W. Nußmüller und R. Rosegger, o. J.). Das rapide Bevölkerungswachstum hatte einen Bauboom an Werkswohnungen, kommunalen sowie genossenschaftlichen Mehrfamilien-Wohnbauten ausgelöst, der heute noch das Stadtbild prägt und dessen größte Hypothek für die zukünftige bauliche Entwicklung darstellt. Mehr als ein Fünftel der rd. 3850 Eisenerzer Wohneinheiten sind unbewohnt. In einzelnen Stadtteilen liegt der Anteil an Leerständen sogar bei über einem Drittel. Die meisten Mehrparteienwohnhäuser stammen aus der Gründer-, Zwischenkriegsbzw. aus der Zeit nach dem II. Weltkrieg. Sie werden modernen Wohnungsstandards weder hinsichtlich Größe noch Ausstattung gerecht. Da es sich großteils um Sozialwohnungen handelt, war die Bereitschaft der Wohnungseigentümer (Stadt, Bergbau), in Substanz und Modernisierungsarbeiten zu investieren gering. Selbst überregionale Zeitungen wie „Die Presse" (30. 2. 2010), Wien, nehmen sich des anscheinend unabwendbaren Schicksals der Stadt an und im Herbst 2012 suchte ein internationales Symposium in Eisenerz nach Lösungsmöglichkeiten für die Probleme der Stadt. Gibt es für sie überhaupt eine Chance? Waren all die bisher in Wiederbelebung, Sanierung, Erhaltung und Neugestaltung der Stadt geflossenen Millionen, Konzepte und Ideen vergebene Liebesmüh oder sind sie doch der Nährboden für einen Neubeginn? Wie könnte, wie soll ein solcher aussehen? Die finanziellen und ideellen Anstrengungen des Landes Steiermark zur Rettung von Eisenerz sind beachtlich. Inzwischen sind auch private Investoren auf den Plan getreten. Sie erwerben attraktive Wohnstandorte, um sie zu sanieren und als käufliche Zweitwohnsitze einem nationalen und internationalen (D, NL, etc.) Interessentenkreis anzubieten. Trotz mehrerer erfolgreicher Revitalisierungsvorhaben in der bemerkenswerten mittelalterlichen Altstadt, die den einstigen Reichtum der Stadt bezeugen, gelang es bislang nicht, einen ganzjährigen Städtetourismus zu etablieren. Einzelne Events wie das Erzberg-Rodeo, ein weltweit beachtetes Motorrad Trial, das für ein paar Tage über 30.000 Besucher anlockt, sind mittlerweile jedoch wichtige Impulsgeber für den Tourismus geworden. So könnte der Erzberg nach den mageren Jahren als Folge des Niederganges des Erzbergbaus seit den späten 1970ern (1981: 10.068 EW; 1991: 7.759 EW) erneut zur Chance für die Stadt werden. Mit dem markanten Berg als Marke, dessen getreppte Abbaustufen und rötlichviolette Gesteinsführung sich deutlich von seiner Umgebung abheben, könnte es gelingen, dem weiteren Stadtverfall Einhalt zu bieten. Voraussetzung dafür ist das gemeinschaftliche (Bürger, Wirtschaft, Politik, Planer und Investoren) Bekenntnis zur Realität und die ist wie folgt geprägt von: - Abwanderung - Überalterung - Arbeitsplätzemangel - Bevölkerungsrückgang - Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Politik - geringe Investitionstätigkeit bes. in langfristige und nachhaltige Projekte - wenig attraktive Anreize für Betriebsansiedlungen - schlechte Anbindung an das int. Verkehrswegenetz (Straße, Bahn) bes. im Winter infolge ungünstiger inneralpiner Beckenlage - meist realitätsferne Entwicklungskonzepte für die nähere Zukunft, deren Finanzierung nicht gesichert ist - triste budgetäre Situation der Gemeinde Mit dem 2006 beschlossenen Rahmenkonzept „re-design Eisenerz" wurde ein neuer Anlauf zur Trendumkehr gemacht. Um bis 2021 den Bevölkerungsrückgang zu stoppen und die Wirtschaft wieder zu beleben wurden in den vier ersten Jahren der Projektverwirklichung 4 Mill. € Landesmittel in die Hand genommen (Die Presse, 20. 2. 2010). Eine Stadterneuerung durch gezielte Verkleinerungsmaßnahmen und Nachnutzungskonzepte erfordert nicht nur eine an die aktuellen Bedingungen und finanziellen Möglichkeiten angepasste, behutsame weitere Revitalisierung des mittelalterlichen Stadtkerns, sondern im gegenständlichen Fall ein spezielles Augenmerk auf den weitläufigen, von (ehemaligen) Anlagen des Bergbaus und ausgedehnten Werkswohnanlagen geprägten Altstadtrand. Diesen Bestrebungen kommt die seit 2010 in der Steiermark intensiv geführte und in der Umsetzungsphase befindliche große Gebiets- und Verwaltungsreform durchaus entgegen. Auch dort geht es vornehmlich um „Gesundschrumpfen", um Verwaltungsvereinfachung, Nutzung von Synergien, Kooperation im kommunalen Dienstleistungsangebot zwecks Kostenreduktion, Förderung von Privatinitiativen vornehmlich im Wohnungswesen und in der mittelständischen Wirtschaft, u. v. m. Derzeit gibt es in Eisenerz noch keine speziellen Förderprojekte für die Sanierung privater Wohnobjekte. So sollen im Rahmen von „re-design Eisenerz" bis 2021 ca. 470 Wohneinheiten rückgebaut sowie weitere 700 einer nicht näher definierten Sondernutzung zugeführt werden. Ind er Zukunft wird im Sektor „Wohnen" das Hauptaugenmerk auf die Altstadt gelegt. Dadurch erhofft man sich auch eine Wiederbelebung des Geschäftslebens (W. Nußmüller u. R. Rosegger, o. J., S. 34). Im Zuge der Revitalisierung der Innenstadt fördert die Stadtgemeinde Handels-, Gewerbe- und Tourismusbetriebe, die in 2 bestimmten Bereichen des Kerngebietes Betriebsstätten (wieder) errichten, Arbeitsplätze schaffen und den innerstädtischen Branchenmix beleben. Es werden u. a. Investitions- und Gründerprämien bis zu 5.000,- € gewährt, ferner Mietzuschüsse bei der Wahl eines Innenstadtstandortes bis zu 3.000,- €, Gästebettenförderungen und Investitionszuschüsse bis zu 1.500,-€ für die Innenstadtgastronomie, Arbeitsplatzförderungen für Betriebsneugründungen, Betriebsübernahmen bzw. Standortverlegungen in die Altstadt bis zu 3.000,- € sowie Jungunternehmerförderungen bis zu zusätzlich 500,-€. Zwischen Jänner 2009 und Juni 2010 haben bereits 14 Firmen von dieser Fördermöglichkeit Gebrauch gemacht. Wie nachhaltig die Fördermaßnahmen wirken und ob sie alle sichtbaren Zeichen des Commercial Blight beseitigen können, wird wohl die Zukunft weisen. Will man mit dem Leitprojekt „Innenstadtbelebung" dem Commercial Blight zu Leibe rücken, so soll das Leitprojekt „Münichtal Siedlung" Möglichkeiten der Sanierung bzw. des Rückbaus einer ehemaligen Großwohnsiedlung zur Diskussion stellen. Die Wohnsiedlung im Münichtal weist die meisten Wohnungsleerstände in Eisenerz auf (W. Nußmüller u. R. Rosegger, o. J., S. 77). Bereits 2009 hat eine deutsche Investorengruppe einen Kaufvertrag für die Siedlung unterzeichnet. Geplant sind tief greifende Umbauten und Sanierungsmaßnahmen mit dem Ziel, Ferienwohnungen mit 1600 Gästebetten zu errichten. Zielgruppe sind vornehmlich Gäste aus Deutschland, Österreich und den Niederlanden. Allerdings könnten Einwendungen des Ortsbild- und Denkmalschutzes wegen der geplanten massiven Eingriffe in das bauhistorisch bedeutende Wohnbauensemble die Revitalisierung in der vorgesehenen Form verzögern bzw. verteuern, womit sich wieder die Frage der Wirtschaftlichkeit des Projekts stellt. In diesem Zusammenhang sei auf einen Artikel in der Wiener Tageszeitung „Der Standard" vom 19. 2. 2010 verwiesen, der eindringlich den Zusammenhang zwischen der Abwanderung junger Bevölkerungsschichten und dem unzureichenden, insbesondere was die Kostenfrage angelangt, (Miet-)Wohnungsangebot anspricht. Wenn es nicht gelingt, die Jugend an die Stadt zu binden, in dem man ihr eine realistische Langzeitperspektive anbietet, werden noch so gut gemeinte und durchdachte Strategien gegen Urban Blight und für Urban Redesign nicht viel am gegenwärtigen Schicksal kränkelnder Städte zu ändern vermögen. „Yes, we can" allein ist zu wenig. Es müsste zumindest heißen: „Yes, we can finance it". Danach richtet sich letztlich auch die Antwort auf die Titelfrage dieses Beitrages. Literatur Albertoni, C. 2012: „Neue Bezirke. Aus sechs mach drei." In. Kleine Zeitung, Graz, 24. 4. 2012. Baltzer, A. 2010: persönliches Interview geführt von H. Wallner am 04. 06. 2010 Gigler, C. 2011: Der neue Weg des Miteinanders. Kleine Zeitung, Graz. 22. 9. 2011. Österreichisches Institut für Raumplanung. 2011: ÖIR e-letter. Ausgabe 10/2011. Wien. Lichtenberger, E. 1998: Stadtgeographie. Stuttgart Nußmüller, W. und Rosegger, R. (2008): Ideenwettbewerb Eisenerz 2021. Eisenerz. Kleine Zeitung. 2011: „Wir wollen die Steiermark neu ordnen", Graz, 16. 9. 2011. Statistik Austria, 2010: Murau-Probezählung 2006. Wien. Die Presse. 2010: „Österreich gesund geschrumpft. Land der Regionen, zukunftsreich". Wien. 20. 2. 2010. Der Standard. 2010: „Die Abwanderung junger Leute führt zu Negativspirale". Wien. 19. 2. 2010. http://www.urban.org http://www.sommergipfel.at/steiermark/strukturreform/2833978/neue-wege-des-miteinanders. 22. 9. 2011. URBAN BLIGHT AND URBAN REDESIGN: SCHICKSAL UND/ODER CHANCE Summary The phenomenon of urban blight dates back to the 19th century when industrialisation starting in Europe and North America initiated an uncontrolled urban growth in combination with strong demand in cheap an quickly constructed housing. Ghettoisation of mainly the working-class population and other "marginal groups" were the consequence together with a constant decay of single buildings, whole blocks and quarters. These general aspects of urban blight with its additional facettes or aspects residential, commercial, industrial, physical, functional and social blight can be presupposed and will not be topic of this paper. Nevertheless urban blight is by no means a topic of the past, it still today challenges apart from geographers a remarkable number of other disciplines (urban and landscape planners and designers, economists, sociologists, medical sciences, etc., not to forget politicians, the media, and last but not least the city dwellers themselves). While urban blight, urban decay, - decline, or - crisis originally seemed to be a problem of the big cities and metropolises it meanwhile also affects the small towns and centers. By the example of two Styrian small towns, Murau and Eisenerz, both counting less than 5.000 inhabitants each some of the many reasons for their being confronted with symptoms of urban blight will be addressed together with the up to now largely unsolved question which possible counter strategies could be successfully applied. One namely "urban redesign" has been chosen from a number of others mainly because it has been selected by the city of Eisenerz as a strategy against urban blight and to fight the dramatic population losses of 7867 citizens between 1951 (pop.: 12948) and 2010 (pop.: 5087). The crucial questions for the future to be discussed facing the present world wide monetary crisis will be: 1. Will there be enough money to finance the necessary rescue measures? 2. Who pays and bears the risks of a failure? 3. Is it worth while and justified to invest huge amounts of public money into a seemingly bottomless barrel or 4. borrowing an idea from the human hospice-movement: would it not be wiser, more human, and cost-efficient to spend much less money for those measures only that are needed to guarantee a patient (city) with little or uncertain perspectives for the future a survival in dignity. Knowing that the hospice movement was severely questioned in its initial phase although today it is widely accepted and respected the transformation of this idea into the urban sphere as one means to discuss the problem of urban decay and urban blight seems justified.