N^ °»? l Ar Kunst, Wissenschaft nnd geselliges Leben. Redigirt von Franz Hermann von Hernmnnsthal. ^ 20. Montag am O. Juli ^840. Von dieser Zeitschrift erscheinen wöchentlich zwei Nummern, jede« Mol ein halber Boaen. Der Preis des Blattes ist in Laibach aanziähriad, halbjährig z «.Durch die l. l. Post unier Oouvert mit roriosreier Zuscndun« ganzjährig », halbiädrig 4 fl. E,M., und wird oalbjahl!« voraus» bezahlt. Alle f. f. Postämier nehmen Pränumeraüon »n. In Ursprung der Säule vor Wienerisch- Iteustadt. Ballade »on Fitzinge r. (Nach einer Nolkssagc.) Hjon Neustadt, aus ewig umlärmtem Haus, Ging der Bürgermeister aufs Land hinaus. Und wie er die Alpen erschaut mit Lust, Da fällt es wie Berge »on seiner Brust; Da zieht er die Düfte der Führen ei», Die schwärzlich steh'n an des Steinfelds Rain, Die niederwallen auf's weite Land, Aus de,» Wäldcrgürtel der hohen Wand, Und wie »Der Räuber und Mörder bin ich allein! — »Ihr aber, der Neustadt Nürgerhaup« »Nun wisset Ihr, was Ihr wohl nie geglaubt; »Nun wiss't Ihr , wie's Einem zun» Herzen spricht, »Der die Leiter bestiegen am Hochgericht, »Nun wisset Ihr, was Ihr wisse» gewollt,— »Werft weit von euch das verfluchte Gold! »Loff't hier eine Säule erbau'» von Stein, »Und betet dabei für die Seele mein. »Vielleicht, daß nach Jahren noch manch ei» Christ »In's fromme Gebet den Negrab'ncn schließt.« Der Bürgermeister lobpries de» Herrn« Ließ bauen die Säule mit Knauf und Stern, Mit Nlüth' und Kreuz und Marienbild, Auf den Pilger schauend, so fromm und mild. Und noch vor der Neustadt, auf öder Haid', Ist zu schau'n dies Denkmal aus alter Zeit. Der Savestrom in Krai». Topographisch-statistisch dargestellt «on Kar l Pren n er. (Fortsetzung.) Nachdem die Save, durch die bedeutenden Flüsse Kanter und Zeyer verstärkt, am Fuße des Gallenberges die Felder der Dörfer iue.«!>«!» und «-»mel/l» aufgenommen, vorüber an den Orten pell,,-», «'»erm.-/,!.«, St . Jacob am Savestrom, »nedrie, der Unterkrainer Ge­birgsschlucht unter Salloch zu, auf ihrem Dahinwege bald mehre Arme und Inseln, bald breite, selbst mit freiem Auge von dem weseu sein mochten, späterhin jedoch versandet und durch Erdlagen bedeckt wurden. Bevor die Save die Umgebungen der Hauptstadt ver­läßt, nimmt sie unter dem Dorfe Salloch die von der Hauptstadt her sich herannahende Laibach (den Nauportus der Römer) auf; die aus den Steiueralpen herftiessende Feistriz und der Bach Veßniz fiiesseu am Vorgebirge bei Osterberg ebenfalls in die Save. Auf diesem Vorgebirge des Gebirgszuges, welches un­ser heimisches Oberland vom Uncerlande, oder den Laiba­cher Kreis von dem Neustädtler trennt, stand einst,, und noch vor 27? Jahren, eine mächtige Burg, welche ein Herr von Schärfenberg, Ortolph li,, m, Jahre tOi5 daselbst erbaute. Durch 547 Fahre blühete dieses vater­ ländische Heldengeschlecht. Mancher tapfere Ritter ist aus dieser Burg mit seinen Reisigen zur Vercheidigung des Thrones oder des Vaterlandes ausgezogen, um nimmer wieder oder sieg- und ruhmbelront in die Arme der ihn sehnlich Erwartenden zurückzukehren. Manche Lanze wurde hier im leichten Kriegsspiele gebrochen, manches edle, schöne Frauenbild kredenzte ihrem ritterlichen, vom Strauße heimkehrenden Ehegemahl den schäumenden Becher, und in den Sälen dieser wehrhaften Burg erscholl manches er­ munternde, die mannhaften Thaten edler Ritter lobprei­ sende Liedchen lustiger Minnesänger bei schönem Harfen» klang, beim Geklirre frischgefüllter Humpen; bis der Letzte dieses Stammes, der edle Georg Ostcrberger, zu Bi­ hitsch in Bosnien von der Hand eines tückischen Oömanen getroffen, fiel, und den schönen Tod für das Vaterland starb (1 . Februar 1562). Se. Ercellenz Herr Joseph Freiherr von Erberg, k. k. Geheime Rath und Kämmerer, der hochherzige Men­schenfreund, ließ als jetziger Inhaber dieser Vcste und des gegenüber in der Thalebene am linken Ufer der Save stehenden, schönen Schloßes Lustthal, mit Benützung einer Hauptmauer dieser Ruine eine artige, parkartig umgebene Eremitage im gothischen Geschmacke anlegen und Jeder­manns Besuche frei stellen. Die drei oberen Gemächer, welche die reißendste Aussicht gewähren, sind durch alter­thümliche, zum Theil noch in der hier vorbestandenen Veste vorgefundene, und bei der Verlassung derselben nach Lust­thal hinübergeschaffte Geräthe und andere Seltenheiten interessant; namentlich sind mehre Bildnisse von Gliedern des freiherrlichen Geschlechtes, so wie das Bild des letzten Osterberger Ritters Georg, und seiner Gemahlin Ursula, hier zu schauen. Diese Anlage ist den Bewohnern der nicht so fernen Hauptstadt ein reihender Erholungsort an schönen Som­mertagen, und bietet eine äußerst herrliche Aussicht auf die Hauptstadt, ihre Umgebungen und in das Oberland dar. Es ist auch ein Fremdenbuch vorhanden. Ein hier in einem Nebengebäude mit seiner Familie wohnender Diener führt die Aufsicht über diese Eremitage und ihre Anlagen, welche, recht freundlich und gut benützt, den Besucher für den zwar kurzen, aber in Etwas beschwerlichen Weg auf den Hügel vollauf entschädigen. Unter Osterberg mündet sich die vom Dorfe Salloch abwärts neuerdings schiffbare Laibach in den Savestrom aus. Salloch ist der Landungsplatz und Hafen für die von da nach Sissek in Kroatien mit Waaren abgehenden, oder von dort mit Waaren oder Victualien kommenden Saveschif­fe; es ilt der Stapelplatz des Laibacher Speditionshandcls, mit einem großen Waarenmagazin und einem k. k. Nävi­garions-Zollamte. Von Salloch bis zur Hauptstadt, eine Entfernung von anderthalb Stunden, führt eine gut er­haltene, der k. k. Landesbau-Direction unterstehende Com­mercialstraße. Zu Pograd am Osterberge, bei der Ausmündung der 79 Laibach, wird nun die Save schiffbar und tauglich, Schiffe von 1200 Centnern Last auf ihrem Rücken zu tragen. (Fortsetzung folgt.) Skizzen aus Deutschland. Von Adolph Ritter ». T sch „ l uschn igg. (Fortsetzung.) Die Entfremdung einiger abgerissenen Theile des lin­ken Rheinufers bringt auf den deutschen Reisenden einen befangenden Eindruck hervor. Insbesonders ist das elsäj­ser Vlut noch so blauäugig und blondhaarig, und die Land­mädchen in ihren bunten Kleidern mit den vielfarbigen Bän­dern und Goldstittern auf dem Kopfe sehen so treuherzig und leichtgläubig aus, daß man sie für geschmückte Opfer halten mochte. Ihre deutsche Mundart ist gedehnt und singend, die eleganten Städtebewohner setzen freilich be­reits einen Stolz darein, nur französisch zu sprechen, und das Deutsche gar nicht zu verstehen. Besonder!, Antheil erregt das Münster von Straß­burg. Macht das freiburgcr durch nette, allseitige Vol­lendung einen abgerundeten, erfreulichen Eindruck, so er­greift andererseits das straßburger durch größere Anlage und venvickeltere Ausführung noch mehr. Selbst der Um­stand, daß sein zweiter Thurm nicht vollendet ist, stört nicht und läßt der Phantasie nur noch freieren Spielraum. Das steinerne Brustbild des Bauherrn, das die Hand als Dach über die Augen hält, und begierig nach der unaus­gebauten Höhe des zweiten Thurmcs blickt, drückt rüh­rend den unerfüllten Wunsch aus, auch diesen vollen­det zu sehen. Von der Plattform des Münsters sieht man die häufigen Storchnester an den Schornsteinen. Die Störche glauben wohl noch in Deutschland zu sein. Un­übersehbar und verschwimmend dehnt sich die Ebene gegen Paris, heiße Nebel trinken die Ferne. Der Telegraph ist fast immer mit seiner fliegenden, unheimlichen Correspon­denz beschäftigt. Der Dom von Speier wird den Reisenden schon von Ferne auf's rechte Nheinufer herüber sichtbar; sein Anblick ist aus der Ferne außerordentlich großartig. Riesig über­ragt er alle Gegenstände der Gegend, und scheint ein Bollwerk des Himmels zu sein. Zwei kleine Thürme stehen an der vorderen Fronte, die in ein Dreieck ausläuft. I n der Nähe verliert dieses Bauwerk an erhabener Würde. Auch der Dom von Worms ist höchst interessant, insbeson­ders durch sein uraltes Aussehen. Um seine Giebel laufen byzantinische Bogen, an den vier Ecken stehen vier kleine, runde Thürme. Bemooste, fabelhafte Thiergestalten aus grauem Steine, zum Theile in unanständiger Stellung, recken sich riesig mit geöffnetem Rachen hervor. Das In ­nere trägt häufige Spuren von Verwüstung, die der Dom während der französischen Kriege erlitt; ein Grabstein, auf dem drei burgunder Könige ausgehauen sind, rettete ihn vor gänzlicher Zerstörung. Unwillkührlich denkt man dabei an Günther und seine zwei Brüder im Niebelungenliede. So wie der Dom zu Worms ist auch leider der von Mainz roch übertüncht, was dem ehrwürdigen, alterthümlichen Eindrucke großen Abbruch thut. Der Mainzer Dom ist beinahe in byzantinischem Stile ausgeführt; nur die spä­teren Zubauten sind gothisch. Sein Plan, so wie sein Aussehen sind verwirrt. I m Dome befindet sich eine Mar­mcrtafel, die eine rührend zärtliche Inschrift Karl des Gro­ßen auf seine geliebte Gattin Fastrada enthält. Ob sie echt ist, wäre zu bezweifeln. Der schon wieder stark be­schädigte Grabstein Frauenlobs ist aber zuverläsiig nur eine Copie. I n Mainz ist ein Kahn für die Weiterreise anzu> empfehlen. Deutschland kann durch keine einzelne Land­schaft eigenthümlicher vorgestellt werben, als eben durch den Nheingau; seine Besihthümer, so wie seine Eigen­schaften finden hier ihre würdigen Vertreter. Die fröhli­chen Wiesen, die reichen Felder und schönen Waldungen bezeugen seine Fülle an Fruchtbarkeit und Wohlstande, die heiteren Rebhügel, diese Brunnen duftigen, edlen Wei­nes, weisen auf feineren, lustigen Genuß, der die Glänzen bloß sinnlicher Ueberfüllung überschreitet. Aber bei diesem Reichthume zeigt sich nirgend Verschwendung oder Aus­schweifung. Die vielen Städte und Flecken, Landhäuser und Paläste bestätigen die Durchbildung eines höhern, fröhlichen Besitzes in allen gesellschaftlichen Lagen. Alte Burgen, Dome und Kirchen zeigen die Richtung des Deut­schen nach löblichen Zielen, seine innige Frömmigkeit, seine biedere Nomantik. Dampfschiffe und Eisenbahuanlagen end­ lich beweisen, daß auch die neuesten Richtungen der Zeit, wenn gleich von anderen Völkern ausgegangen, bei ihm schnellen und werkthätigen Eingang gefunden haben. Ueber. ^U zeigt sich reiche Anlage, bedächtige, wohlgesinnte Ab­ ficht und stille, rastlose Fortbildung. Der moderne Deut­ sche verließ weder in der inneren Entwickelung noch in der äußeren Erscheinung die Typen seines edlen Ahnherrn. Die Geschichte der Deutschen ist eine goldne Kette, die aus der bewegten Gährung unverdorbner Barbarei bis zur Höhe lebenthätiger Civilisation in unterbrochener Stätig­ keit fortläuft; kein Ring fehlt; die organische Vergliede­ rung und Musculatur läßt sich noch überall nachweisen. Vorzüglich am Rheine sind die treuen, blauen Augen, das altgermanische blonde Haar noch allgemein; langhän­ gende Haarflechten der Weiber; alterthümliche, enge, züch­ tige Trachten erfreuen das Auge; die Hessinen schmückt sogar noch das bei den alten Katten so häufige rothe Haar. Der Nachen treibt langsam den breiten, fröhlichen Rhein hinunter; seine dunkelgrüne Fluch und das Rhein­ chal liegen in herrlicher Beleuchtung. Schon bei Bingen werden die matteren Nebgelände von häufigen Bergwäl­ dern und großartigem Gefelse unterbrochen. Schöne Stel­ len laden zum Landen ein, und Burgen und Aussichten liegen darüber. I m herrlichen Buchenwalde hinter der Rössel klingt ein vierfaches Echo; vor ihrem Felsenfuße liegen die zwei Windungen des Rheins. Gegenüber bricht die Nahe in den Rhein, und ihre rothe Fluch läuft stundenlang ge­ trennt und kenntlich in seinem Bette. Färbte sie das Blut 8» der Niebelungenhelden so roch, der«» Burgen die Höhen ihres Thales schmückten? Ih r Hort liegt im Rheine, aber ihr Gedächtniß feiert das unsterbliche deutsche Lied. Reblauben, von Rosenhecken umstellt, laden zur Liba­ non; der rothe Asmannhäuser ist voll feinen, flüchtigen Duftes, die Liebfrauenmilch glüht in mildkräftiger, sanfter Wärme. Dann — wohl an schönem Abende — kommt der Kahn die Lurlei vorüber. An einer Rheinwendung steht der Hohe, geisterhafte Fels mit dreifachem Ausbuge. Ein Wäch­ ter unten bläst auf einem Waldhorne; mit schöner, Heller Stimme aber fängt oben auch die Lore dasselbe Lied zu singen an, und wiederholt es immer wieder, bis es zuletzt in leisen Seufzern verklingt. Nun aber gießt der Abend zauberische Schimmer über das Thal; der Himmel glüht, die Felskuppen und Ruinen stehen in rothem Lichte, und auf dem Wasserspiegel ziehen wunderbare Halbtinten von grüngoldnem Schmelze. Aus der Tiefe des Rheins scheint der versunkene Niebelungen­hort zu funkeln. Die Dämmerung begleitet darauf bis Philippsburg, das zur Nachtruhe einladet. Dann sitzt der Reisende wohl noch lange im hohen, alten Saale mit den riesigen Kirchenfenstern in traumhafter Beschauung; der Rhein zieht unten tonlos im blassen Mondlichte, vor den Fenstern schwanken Rosen, am Felsen darüber steht die schwarze geisterhafte Marxburg. Auch die nächsten Reisetage bieten unsägliche Schön­heiten. Ehrwürdig und fest in den Horizont geschnitten erscheint der hohe Ehrenbreitstein; die Aussicht von seiner Höhe übertrifft noch hie vom Drusussteine bei Mainz. Rolandek hat einen herrlichen Bogen auf steilem Felse; Andernach liegt in düsterer Gegend, wie ein lebendig Ueber­bleibsel uralter Zeiten. Das Siebengebirge steht in Re­gennebeln, die vielen Windmühlen mit riesigen Flügeln er­scheinen mährchenhaft, und erzählen Episoden zu vuu (Fortsetzung folgt.) Mannigfaltiges. (Die Leipziger Ostermesse) war Heuer mehr, als sonst, von Fremden besucht. Von der Polizei sind an 40.000 Pässe visirr worden, und man darf daher anneh­men, daß, mit Einschluß der vielen nahe Wohnenden und der nur kurze Zeit Verweilenden, 70.000 Personen diese letzte Ostermesse besucht haben. — (Eine neue Maschine.) Zwei Offiziere in Raab beschäftigen sich, wie wir im Pesther Tageblatte lesen, mit dem Versuche, Maschinen mittelst comprimirter Luft in Bewegung zu setzen. Gelingt die Combination in der Ausführung, und stellt von Kliege l seine Setz- und Ab­lege-Maschine, über welche wir bereits berichteten, in der Weise her, wie er sie herzustellen hofft, so har Ungarn zwei sehr gewichtige Erfindungen unserer industriösen Zeit zu Stande gebracht.— (Hohes Alter.) I n Toth-Pelsöcz in Ungarn starb im Monate Mai der älteste Einwohner dieses Marktste­ckens, Johann Krsiak. Er hatte ein Alter von 105 Jahren erreicht. Kurz vor ihm war seine Gattin gestor­ben, mit welcher er vor 20 Jahren seine goldene Hochzeit gefeiert hatte. Er zählte bei seinem Tode eine Nachkom­menschaft von 91 Personen, nämlich 6 Söhne, Z Töchter und 80 Enkel und Urenkel. — (Ein Honorar.) Die Tänzerin, Fani Elsiler, ist nach Amerika gereist, um dort zu tanzen. Englische Blätter schätzen das Honorar, das sie erhalten wird, auf 12.000 Pf., das ist 120.000 st. C. M . Für diesen Be­trag wird sie die Bühne hundert Mal betreten. Die Preise sind auf das Zwölffache erhöht worden. — Man sollte Amerika unter Curatel setzen. — Mitteilungen aus de»« Tagebuche eines Wieners. (Einleitende Epistel.) Ich weiß nicht, mein weither Freund, wie Sie von der Art und Weise meiner Existenz in Wien denken, und zu welcher Clalse der Haupt» stadtnienschen Nie mich im Stillen znhlen; warum hüben Sie bis zur Stunde nicht darnach gefragt? Liegt Ihnen Nichts daran, zu wissen, wel­che Rolle ich hier spiele unter den Hunderttausende!,, die, ein Perpetuum inndüe, unabläßig durcheinander wogen, »der glauben Sie mich wohl gar schon in dieser Menschenfluth untergegangen, und, wie weiland Jonas «in Gestade Ninives im Vauche des Walfisches, in den Eingeweide« einer Gott weiß wie vielköpfigen Hydra oder in der Umarmung eines tausendglie­drige» Polypen begraben, d. h. verschwunden im Riesenleibe der Stadt, und umstrickt »on den unzähligen Saugwerkzeugen eines zerstrcuungssüchtigc» Lebens? Nein, ich will Ihren Gesinnungen ohne zureichenden Grund nicht Unrecht thun, und lieber annehmen, daß Sie mich eben-so wenig für einen engherzigen, spießbürgerlichen Philister, als für einen inüßiggängerische» Flaneur halten. Für die erster« Kathegorie war. ich »on jeher verdorben, und bin überzeugt, daß selbst das absoluteste Krähwinkel meinem Kosmopo­lilismus Nichts anhaben tonnte, und für die zweitgenannte Sorte der mo­derncu, eleganten Lazaronis der europäischen Weltstädte kann man die ge­eigneten Prototype wohl nur in Paris oder London finden. Wien, so schäm und Zenußlustig es auch ist, und so gut es, wie jede andere große Stadt, sein öffentliches Nichtsthun und privilegirte Gassenschlenderer, vulgu Pfl«­stertreter hat, erfreut sich doch eines zu solid-rührigen Lebens, einer zu ge< sunden Strömung, als daß sich in irgend einer stagnirenden Lacke ein der­lei müßig herumschwimmendes Quappengeschlecht bilden könnte. Daß es, wie überall, auch hier, Ausnahmen von der Regel gibt, »ersteht sich »on selbst, aber man wird nicht versucht, sie zum Charakteristischen und Typusar­«igen des Total-Lotallebens zu stempeln; im Gegentheile bewegt sich das letztere so consequent auf der goldenen Mittelstraße» vermeidet so von eine»! Extreme zum anderen zu schweifen, und weiß sich, ohne allem affectirten Aplomb, so im Gleichgewichte zu erhalten, daß man sich mitten unter der Masse ganz behaglich fühlt, und weder erdrückt noch erstickt zu werde» fürchtet. Wahr ist es: Lebensgenuß — das ist die Philosophie des Wieners, aber er erequirt sie «uf eine so harmlos«, in der That anatreontische Art, daß es Niemanden einfallen wird, daran Aergerniß zu nehmen, i» daß selbst Fremde, darunter sogar Engländer, denen man altgewohnterweise ohne Ans­«ahme immer etwas Spleen beimißt, Gefallen daran finden und sich von einem gewissen heimischen Comfort umgeben glauben. »Tages Arbeit, Abends Gäste.« — Das ist bei uns hier zur Winterszeit allgemeines Familien-Lebensariom; möglichst langer, uergnügungsrcichcr Londsejour, und das zwar in den nächsten reizenden Umgebungen Wiens, «der, «on Seite der min­der Unabhängigen und Bemittelten, möglichst zahlreiche Ausflüge dahin, mit Einem Worte also Genuß der Natur: das ist im Sommer der eigentliche, augenfälligste, aber gewiß unschuldige Müßiaang des Wieners. Das Schönste dabei ist das süße Anschmiegen der Kunst an die materielle» Freuden, besonders der holden Kunst der Töne. Musik darf nirgends fehlen, sie accompagnirt des Wieners Thun und Lassen, und wohin er sich immer wenden mag, sie begleitet oder empfängt ihn überall, wo «r still« hält und ausruht. (Beschluß folgt.) Laibach. Druck «nd Verlag des Joseph Blasnik.