K N J I Ž N A P O R O Č I L A IN O C E N E Stefan Hrabec: NAZWY GEOGRAFICZNE HUCULSCYNY. Prace Onoma- styczne Nr. 2. Polska Akademia Umiejçtnoéci. Kraköw 1950. Die polnische Sprachwissenschaft weist einen beachtenswerten Anteil an der slavischen geographischen Nomenklatur auf und sie beschränkt sich dabei keineswegs auf die engere Heimat. Neulich hat die Polnische Akademie in Krakau sogar eine eigene namenkundliche Serie, die Prace Onomaslyczne, ins Leben gerufen. Als deren I. Band erschienen die aus dem Nachlaß herausgegebenen Studia nad nazwami wôd slowianskich von Jan R o z w a d o w s k i (1948). Rozwadowski ist ein ebenso vor- züglicher Linguist wie Namenkenner. Auf breiter Basis sucht er mit der ihm eigenen Weite und Gründlichkeit die Vorgeschichte Osteuropas aufzuhellen und die slavische Urheimat zu bestimmen.1 Ihm gegenüber stellt sich der Verfasser des II. Bandes, Jan H r a b e c k i , ein wesentlich bescheideneres Ziel. Er beabsichtigt in erster Linie ein möglichst vollständiges Inventar des geographischen Namenschatzes des Huculen- landes (Huculilyna) vorzulegen. H. behandelt einleitend die Vorarbeiten zur Huculenfrage und kommt zum Schluß, daß auch heute noch eine strenge ethnographische und sprachliche Abgren- zung auf nicht unwesentliche Schwierigkeiten stößt (S. 1—10). Den Namen Hucul will er auf ein rumän. hotul (zu hot »Räuber, Dieb, Gauner«) zurückzuführen. Dem Namen Hucul haftet mindestens heute im Huculenland nach Verf. ein pejorativer Beigeschmack an und er soll von den Huculen selbst nicht gebraucht, ja vermieden werden'-1 (S. 10—17). Anschließend (17—26) gibt Verf. Auskunft über das von ihm zusammengetragene Material. Er hat den Slownik geograficzny (15 Bde.) sowie die einschlägigen Karten des Polnischen Militärgeographischen Institutes benutzt, vor allem aber die Gegend bereist und den huculischen Nainenschatz an Ort und Stelle, aus dem Munde des Volkes, aufgenommen. Die so entstandene Sammlung hat er durch Heranziehung der maßgebenden Quellen und vor allem durch die Auswertung zweier bedeutender noch ungedruckter Güterverzeichnisse wesentlich erweitert und historisch unterbaut.3 Da sich im Bereich des kulturellen Lebens und namentlich der Verwaltung starker p o l n i s c h e r Einfluß geltend macht, muß aus den kanzleimäßig überlieferten Namensformen oft deren ursprüngliche Gestalt erst herausgeschält werden. Nicht selten kommen Normalisierungen oder Übersetzungen von Namen vor, die dergestalt im Volksmund nie existiert haben. Volksetymologische Umgestaltung von Namen ist häufig und darum die Heranziehung historischen Quellenmaterials 1 Vgl. meine Besprechung in Beitrüge zur Namenforschung I (1950) 85—98. J Ich kenne immerhin Huculen im Ausland, die sich selbst als solche bezeichnen, wobei dem Namen keineswegs irgendwie etwas Negatives anhaftet. 3 Es handelt sich um die Metryka Jôzefinska (ein im Anschluß an einen Erlaß Josefs II. vom Jahre 1785 entstandenes, sehr ausführliches Grundbuch, das für die Steuererhebung von ganz Galizien angelegt ist) und die unter dem Titel Tabula Prowincjonalna bekannten, im Staatsarchiv in Lemberg befindlichen Grundbücher des östlichen Huculengebietes. Die Berücksichtigung dieser Archivalia gereicht dem Verf. zu besonderem Verdienst. unumgänglich. Zufolge der geographischen Nähe des Huculenlandes zu Rumänien und wegen der rumänischen Wanderhirten spiegelt sich auch im Bereich der Namen- gebung öfter r u m ä n i s c h e r Einfluß. Dankbar ist man auch für die gelegentlich angegebene Lokalisierung von geographischen Objekten, die eine sehr mühsame Arbeit bedeutet. Nach der Einleitung bietet Verf. zuerst einen Überblick über den geographi- schen Wortschatz der Huculen (27—55), wobei er sich mehr auf die historisch- Iexikologische Seite beschränkt. Die linguistische Behandlung des Materials liegt ihm ferner; auch werden nirgends Parallelen angeführt, sodaß man gerade bei selteneren Namen oft im Ungewißen bleibt, ob sie sonst im Ukrainischen, z. B. in Galizien auch vorkommen oder einzig dem Huculengebiet eigen sind. Anschließend folgt die Gruppierung des Namenschatzes: 1. Huculische Gewässernamen (55—121), 2. Hue. Bergnamen (121—184), 3. Hue. Siedlungsnamen (185—224). Wasserreichtum und Geländebeschaffenheit machen es verständlich, daß Ge- wässer- (bes. Bachnamen) und Bergnamen recht häufig sind. Hier hätte m. E. eine Kartenbeilage die Übersicht über das gebotene Material wesentlich erleichtert, vor allem, weil dasselbe nicht in einer der beiden üblichen Weisen gruppiert ist. Ich hätte einer Anordnung der Namen nach Flußläufen, d. h. also nach siedlungsgeschichtlichem Prinzip* oder einfach einer alphabetischen Auf- reihung, mit anschließender Betrachtung des Materials vom formalen und semanti- schen Gesichtspunkt, entschieden den Vorzug gegeben. Bei dem engen Zusammenhang von Flur- und Gewässernamen scheint mir die vom Verf. geübte Trennung jedenfalls nicht gerechtfertigt. Die Wechselbeziehungen zwischen diesen beiden Typen werden so nicht recht Achtbar und etymologisch zusammengehörendes wird unnötig aus- einandergerissen. Auch ist der Einbau des huculischen Namenmaterials in den gesamt- slavischen Namenschatz nur unter Zuhilfenahme des Umweges über den Index möglich. Während in der toponomastischen Forschung im Etymologisieren noch öfter zu weit gegangen wird, ist H. eher zu zurückhaltend. Namen wie Ladiaszku, Stefczuk (S. 120), Klementa (183) können doch unbedenklich mit entsprechenden Personen- namen in Verbindung gebracht werden. Ebenso ist Pantyr (183), rein sprachlich gesehen, durchsichtig. Opatny (121) ist doch einfach Ableitung von opat »Abt«, bzw. von einem gleichlautenden Personennamen, vgl. deutsch Abt, das auch als PN auftreten kann. Auch weitere, vom Verf. als »dunkel« bezeichnete Namen ließen sich — bei Heranziehung von Parallelen — eindeutig erklären. Hier wäre es von großem Nutzen gewesen, wenn Verf. auch die Personennamen aus den Quellen gesammelt hätte. Die Deutung mancher geogr. Namen wäre so ermöglicht, die Erklärung an- derer gesichert worden. Auf diese Weise hätte sich wohl gezeigt, daß es außer den vermittels den üblichen Suffixen von PN abgeleiteten Siedlungsnamen (vgl. S. 217 ff.) auch noch manche interessante Einzelgänger gibt, unter ihnen z. B. PN, die un- mittelbar ohne suffixale Erweiterung, d. h. auch als Flurnamen verwendet werden, eine Bildungsweise, die — wenigstens bei Berücksichtigung eines großen Materials — auch auf slavischem Boden zahlreiche Beispiele aufweist, im Ungarischen hingegen »de règle« ist. Die aus dem Material sich ergebenden Folgerungen sind S. 224—230 zusammen- gefaßt. Außer der historischen Forschung bezeugt auch die Namenkunde, daß das Huculenland relativ spät besiedelt worden ist. Ethnica und Patronymica fehlen nach Verf. gänzlich. Es dürfte hier auch darauf hingewiesen werden, daß manche typisch * Vgl. etwa Sin i l a u e r : Vodopis starčho Slovenska (Bratislava 1932), den H. überhaupt nicht erwähnt. altslavische Flußnamen, wie sie z. B. für das Gebiet östlich der Karpaten nach- gewiesen sind,5 ebenfalls fehlen. Selten sind auch hypokoristische Bildungen (H. kennt nur Bitovcyk). Sehr verbreitet ist die Verwendung bloßer Appellativa als Eigen- namen, zur Bezeichnung von Gewässern, Bergen (wobei die Grenze zwischen appella- tivischer Bezeichnung und Nomen proprium oft fließend ist). Berge und Weiden bieten häufig Namen, denen ein PN zugrunde liegt (Besitzer, Pächter). Zum Ende tritt H. nochmals näher auf den polnischen und rumänischen Einfluß in der huculischen geogr. Nomenklatur ein (230—234). Der starke rumänische Ein- fluß wird nicht nur durch zahlreiche rumänische Namen bezeugt, sondern besonders auch durch den Umstand, daß mehrfach slavische Etyma typisch rumänische Suffixe wie -el, -isor u. a. angenommen haben. Wahrscheinlich war ein Teil der Huculen früher zweisprachig. Verf. interessiert sich zwar in seiner reichhaltigen und gewissenhaften Studie vor allem für die lexikologische Seite des Problems (das linguistische Element tritt stark und das komparative gänzlich in den Hintergrund). Dennoch bedeutet seine sorgfältig nach den Quellen gearbeitete Darbietung des huculischen Namenschatzes einen beachtenswerten Beitrag zur slavischen Namenkunde. Die volle Auswertung des Materials zu Vergleichszwecken wird durch einen ausführlichen Index (235—261 ) ermöglicht. Zur Bibliographie wäre an Neuerscheinungen jetzt noch nachzutragen die vor- zügliche Monographie von J. S t a n i s l a v : Slovensky juli v stredoveku (2 Bde. und Kartenband), Turč. Sv. Martin (s. a., Vorwort 1943 datiert); ferner A. Jdnoš ik und E. J ö n a : Slovnik spisovného jazyka slovenského (ibid. 1946 ff.). Man vermißt I. P a n k e v i č : Ukrainški hovory Pidkarpatškoi Rusy i sumeznych oblastej I. (Prag 1938). i Frauenfeld / Schweiz Ernst Dickenmann 5 Vgl. M. Vasmer bei Volz: Der ostdeutsche Volksboden (Breslau 1926), 136f. P o v z e t e k Dickenmann poroča о 2. zvezku poljske onomastične zbirke, o knjigi Štefana Hrabca, ki obravnava huculska geografska imena. Ime Hucul izvaja Hrabec od rumunske besede hotul (od hot »ropar, tat, potepuhe), a pravi, da ima to ime pejo- rativen pomen, o čemer pa ocenjevalec malo dvomi, po lastnem stiku s Huculi. Poročevalec obžaluje, da delu manjka zemljevid, a šteje delu v veliko zaslugo, da je uporabljen material iz jožefinskih posestnih bukev. Delo ni bilo lahko, ker je bilo treba imena izluščiti iz poljskega (upravno pisarniškega) kalupa ali pa iz rumunske oblike (bližina meje). Imena so razvrščena v tri skupine: vode, gore, naselja. Ocenje- valcu bi bila razvrstitev po naselitvenem principu (po teku glavnih rek) ali pa čisto abecedna bolj všeč, ker bi tako dobila istovrstna imena več povezave. Zelo koristno bi bilo, ako bi bil avtor pobral iz virov tudi osebna imena, ker bi bil dobil ključ ali potrdilo za marsikako razlago. Iz imen je razvidno, da je bila huculska pokrajina naseljena razmeroma pozno, da etničnih m patronimičnih imen ni, da manjkajo tudi stara slovanska rečna imena, kakršna so dokazana vzhodno od Karpatov, tudi hipo- koristik ni. Zelo pogostna pa so imena za gore in ledine po osebah (posestnikih in najemnikih). Delo je obdelano predvsem po leksikalni strani, manj po jezikoslovni in skoraj nič po primerjalni. Kljub temu je vestno zbrano gradivo pomemben pri- spevek k poznavanju huculskega imenoslovja.