Der Belüge Taler Pius X. hal der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Hpoifoliidien Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Meilen gelesen. Mit Empfehlung der hochwürdigifen Oberhirten von Mixen, Brünn, Sraz, iieitmerih, hinz, Otmütz, Marburg, ürient, Uriels und Wien. Best 11 und 12. Ilovember —Dezember 1924. XXVII. Jahrgang. Preis ganzjährig 10.0Ü0 K - 1 R.-IRk, -5h.- 8000 u. K - 8 lieh. R - 20 Di. - 2 Fr. Katholische miftionszeifichriff. Berausgegeben vom Uliltionshaus Sraz, Pauiusforgaiie 10, Steiermark. Redigiert von P. Beinrick Wchnhaas F. 8. C. SSII Es geht vorwärts. OS0I Die aus unserer neuen Mission in Transvaal einlaufenden Nachrichten lauten durchwegs günstig und vertrauenerweckend. Die Missionäre blicken Hoffnnngsfrendig in die Zukunft. Der unermüdlichen Tatkraft des Apostolischen Präfekten ist es nun auch gelungen, eine Farm (Pflanzung), fünf Kilometer westlich von Lydenbnrg, zn erwerben, um darauf die Hanptmissionsstation für die Bekehrung der Eingebornen zu gründen. Der von Msgr. Kauezor angekaufte Grund und Boden umfaßt 573 Kap-Morgen ober 490 Hektar und bildet einen Teil der ausgedehnten Farm „Frischgewaagd", die an das Stadtgebiet von Lydenbnrg grenzt. Auf der Missionsfarm befindet sich ein Hans mit 5 Zimmern, Küche und Vorratskammer. Den neuen Besitz durchschneiden drei Bäche, von denen einer den künstlichen Teich speist, dessen Wasser znm Betrieb einer kleinen Mühle dient. Am 12. September, dem Feste Mariä Namen, fand die Einweihung und Besitznahme der Farm statt. Die neue Misstonsniederlassnng soll den Namen „Maria Trost" tragen, denn nach vielen Enttäuschungen und nutzlosem Suchen haben wir, wie Monsignore schreibt, endlich ein Heim und einen Missionsmittelpnnkt und somit reichlich Trost gefunden auf „Frischgewaagd" bei Lydenbnrg. Die Missionstätigkeit in Südafrika stützt sich vornehmlich ans die Landwirtschaft. Die kulturellen und gesellschaftlichen Verhältnisse jener Länder weisen der Mission diesen Weg. Nicht bloß das angebaute, sondern auch das nicht anbaufähige Land ist fast zur Gänze in Farmen aufgeteilt, die meistens entweder Bodengesellschaften oder Privateigentümern europäischer Herkunft gehören. Die Schwarzen arbeiten größtenteils im Dienste der Weißen auf den Farmen und in den Bergwerken. Soll also das Bekehrnngswerk unter den Eingeborenen, das bisher vollständig daniederlag, Fortschritte machen, so muß die Mission sich Landbesitz zueignen, um die Eingebornen an sich zu ziehen und in die Hand zu bekommen. Ans der Missionsfarm werden Schulen errichtet, sowohl Elementarschulen als auch Handwerker- und Handarbeitsschnlen. Die auf der Farm eingestellten schwarzen Arbeiter sind leichter für die Lehren des Christentums zu gewinnen als die, welche in heidnischer oder protestantischer Umgebung den Lebensunterhalt erwerben müssen. Überdies wird durch die planmäßige Einführung in die verschiedenen Zweige der Landwirtsehaft und Viehzucht sowie in Handwerk und Gewerbe die materielle und gesellschaftliche Hebung und Besserstellung der Eingebornen angebahnt und die wild aufwachsende Jugend an die Arbeit gewöhnt, denn das Christentum verabscheut den Müßiggang und hält stets den Grundsatz hoch: Bete und arbeite! Schließlich erwächst auch den Missionären selbst aus einer gut betriebenen Farm nicht geringer Vorteil, da der Erlös aus dem Verkauf der überschüssigen Erzeugnisse, wenigstens im Laufe der Zeit, die für die Weiterentwicklung des Missionswerkes nötigen Auslagen teilweise zu decken vermag. So ist der Farmbau für die Missionäre ein Mittel zum Zweck, eine Grundlage und Stütze für die Verbreitung des Glaubens, eine Pionierarbeit zur kulturellen und sozialen Hebung des armen schwarzen Volkes und, wenn Gott seinen Segen dazu gibt, auch eine Quelle des Unterhalts für die Mission. „Wir haben die Farm gekauft," berichtet der hochwürdigste Missionsvorstand, „das will sagen, die erste Anzahlung darauf geleistet. Sie ist zwar keine der besten, bietet aber immerhin viele Möglichkeiten und dürfte im stände sein, die entstehende Hauptstation zu erhalten und vielleicht noch die Zinsen für das hineingeworfene Kapital zu liefern. Nun brauchen wir Geld und Personal. Namentlich erwünscht sind Brüder, die ein Handwerk gut verstehen, wie Maurer, Wagner, Schmiede, Schneider usw. Am allernötigsten wäre uns ein geschulter Baumeister oder Architekt." Vielleicht verspürt mancher junge Leser Lust und Neigung, den Beruf eines Brudermissionärs zu erwählen und seine Kräfte für das Werk der Heidenbekehrung einzusetzen. Landwirte und Handwerker, die den Missionsberuf ergreifen wollen, wie auch Studenten, Theologen und Priester finden in unserer Genossenschaft jederzeit freudige Aufnahme. Von unseren in Südafrika wirkenden Missionären wurden einige den Stationen der Mariannhiller Patres zugeteilt, einerseits um die neue Eingebornensprache zu erlernen, andererseits um sich in die Sitten und Gebräuche der Kaffern einzuleben. Unter diesen vorläufig in Natal angestellten Patres unserer Gesellschaft befindet sich auch der unseren Lesern seit vielen Jahren wohlbekannte P. Zorn, der im Der hochwürdige P. Josef Klassert schreibt am 12. August aus Witbank: „Der Winter hierzulande zeichnet sich aus durch kalte, frostige Nächte, aber warme Tage. Ich beobachtete 1—IV2 cm dicke Eisschichten, die über Nacht entstanden und dann tagsüber wieder verschwanden. Namentlich wird es kalt, wenn der Wind weht; der geht buchstäblich durch Mark und Bein. Die weiße Bevölkerung, soweit sie katholisch ist, ist im ganzen gut katholisch; räudige Schafe trifft man überall. Namentlich gibt es unter den eingewanderten oder im Lande geborenen Engländern wirkliche Prachtkatholiken. Bisher arbeitete ich fast ausschließlich für die Weißen hier in Witbank, die zusammen mit den in den umliegenden Kohlenminen befindlichen gegen 150 ausmachen; außerdem war ich, besonders in der Osterzeit, in der Wanderseelsorge tätig. So besuchte ich Middelburg (viermal), Belfast (zweimal), Volksrust (zweimal), Standerton (zweimal), Waterval Boven, Ermelo, Morgenzon, Val, Tweefontein, Oogis. Zur zweiten Messe am Sonntag kommen hier bis zu 30 Schwarze (nicht alle katholisch), denen ich auf englisch Katechismus gebe und ihnen auch mit Hilfe zweier Schwestern Zululieder beibringe mit zugrunde liegenden deutschen Melodien (Großer Gott, Maria zu lieben. Es blüht der Blumen eine, Deinem Heiland usw). Ich taufte bis jetzt 21 Kinder, darunter sieben schwarze. Viele Tausende von Schwarzen arbeiten in und um Witbank als Hausdiener und Minenarbeiter. Es besteht augenscheinliche Neigung zum Katholizismus. Wenn wir einmal eine Schule für fie haben und einen Pater, der die Eingebornensprache versteht, läßt sich sicher sehr viel erreichen. folgenden seine ersten Eindrücke von Land und Leuten schildert. Zulukaffern findet man in allen Teilen Südafrikas. Sie sind ein sehr kriegerisches Völklein, wie noch jeder, der über sie geschrieben, gewissenhaft betonte; deshalb begnüge ich mich, das nur kurz zu erwähnen; manche andere sonderbare Eigenschaften lassen sich aus der genannten erklären. Ich beabsichtige keineswegs. □DD □ 1 □ Über die ZufukciiieriL BP BP ^ Von P. B. Zorn. □O hier eine ausführliche Beschreibung dieses Volksstammes zu bringen, sondern ich möchte unseren heimatlichen Freunden nur einige, kleine Erlebnisse mitteilen, die die Eigenart dieses Volkes beleuchten. Der Kaffer ist in manchen Dingen sehr folgerichtig nnd ausdauernd. E Auf der Missionsstation St. Michael wird ein größerer Garten angelegt. Um beständig unter den schwarzen Arbeitern zu sein und so leichter und schneller aus ihrem Munde die Sprache erlernen zu können, übernahm ich die (f- o 0 0 0 0 0 0 0 0 0 ■ 0 v-: Jj Beaufsichtigung der Arbeiten. Wenn auch die vorkommenden Beschäftigungen und Handgriffe dem Kaffern meist spanische Dörfer sind, eines jedoch versteht er vorzüglich und lenkt sein ganzes Augenmerk darauf: womöglich überall etwas für den Gaumen und den stets hungrigen Magen herauszuschlagen! Wo das nicht möglich ist, da schwindet jegliches Interesse, mag die Sache dem Europäer auch noch so nützlich und zweckmäßig für die Zukunft erscheinen. Der Neger kennt überhaupt nur eine Zeit, die Gegenwart; an die Zukunft zu denken, überläßt er dem Schicksal oder, wenn es gut geht, dem, der es lenkt. Er findet einen Baum oder einen Strauch mit Früchten: das ist sein nächstes Ziel; er verschmaust alles Eßbare mit Stumpf und Stiel. In solchen Augenblicken denkt er an keine Arbeit mehr. Trifft er genießbare Wurzeln, so grübt er sie aus, bis er den letzten Nest gefunden, sollte dabei auch Haue oder Karst zugrunde gehen! Zum Essen glaubt er sich erschaffen, und er will sein Ziel mit allen ihm möglichen Mitteln erreichen. Auch fühlt er sich in der stufenweisen Erlangung seines ihm vorschwebenden Zweckes so befriedigt und glücklich, daß mau ihn fast darum beneiden könnte. Ein Kaffernweib hatte eines Morgens wirklich fleißig gearbeitet, daß ich es bewundern mußte. Gegen zehn Uhr ging ich daran, mein mitgebrachtes Butterbrot seiner Bestimmung zuzuführen. Sei es nun, daß ich feinen großen Hunger spürte, sei es, daß mir die Unterbrechung der Arbeit zu lange dauerte, kurz, ich brach mein Frühstück bald ab und reichte die übrige größere Hälfte der fleißigen Alten. Entzückt und voller Dankbarkeit streckte diese beide Hände danach aus; allein, nun sollte ich etwas erleben. Zunächst begab sie sich zu dem ziemlich entfernten Wasser, um sich die Hände zu waschen, und es verging eine gute Viertelstunde, bis sie zurückkam. Dann wandelte sie gemütlich in den Schatten eines auch nicht sehr nahen Baumes und suchte sich ein bequemes Plätzchen, um dann in aller Gemüts- ruhe die seltene Gabe mit großer Andacht zu genießen. Ich war rat- und sprachlos und bereute von ganzem Herzen mein vermeintliches gutes Werk, das sie von ihrer so emsigen Arbeit abwendig gemacht hatte. Es sollte aber noch schöner kommen. Eine Stunde mochte vergangen sein, als die gute Frau langsam und sich Mund und Finger leckend zu mir zurückkehrte. Ich hoffte, sie werde nun ihre Arbeit wieder aufnehmen und das Versäumte durch noch größeren Fleiß wettmachen. Wie groß war aber mein Erstaunen, als sie mir ganz ungescheut und entschieden folgende Anrede hielt: „Nun weiß ich auch, warum ihr Fremden so weiß und stark seid; ihr habt viel besseres Essen als wir. Warum das? Wir sind doch auch Menschen und Christen wie ihr. Warum also der Unterschied? Wenn ich fortan nicht jeden Morgen mein Butterbrot erhalte, werde ich nicht mehr arbeiten!" Sprach's und ging nach Hause. In den ‘21 Jahren meines Missionslebens hatte ich schon manche Überraschung erlebt, diese aber übertraf alle vorhergehenden. Zum Glücke war es in der Tat nicht so böse gemeint, sondern nur eine augenblickliche Herzens- oder Magenerweiterung! Am folgenden Morgen war sie doch wieder bei der Arbeit und schaffte fleißig; ein Butterbrot hat sie aber seitdem nicht wieder erhalten ! Die bekehrten Kaffern haben durchgehends einen tiefen Glauben und sind fähig, große Opfer für ihn zu bringen. Etwa zwanzig Stunden von der Mission entfernt wohnte eine christliche Kaffernfamilie. Der Mann war schon sehr alt, fast erblindet und kränkelte beständig. Seine bessere Hälfte war zwar auch nicht mehr jung, jedoch noch ziemlich rüstig. Die Kinder waren schon alle erwachsen, hatten geheiratet und sich anderswo ein Heim gegründet. Selten kam ein Missionär in jene spärlich bewohnte Gegend. Eines Tages fühlte der Greis, daß bald seine letzte Stunde schlagen werde. Er machte seiner Frau Mitteilung davon, die es ohnehin schon lange befürchtete. Sie berieten nun, wie sie einen Priester herbeischaffen oder zu einem solchen gelangen könnten, damit der Alte die Tröstungen der Religion empfangen könne. Lange fanden sie kein Mittel, denn die Entfernung bis zur nächsten Missionsstation war zu groß. Dazu war der Weg, der eigentlich kein Weg war, entsetzlich schwierig und führte über Berge und durch Täler, an Abgründen und Schluchten vorbei, wo sich kaum die Ziegen hinwagen. Und der gute Alte war am Sterben! Endlich glaubte die mutige Frau ein Mittel gefunden zu haben, ihrem geliebten Manne den letzten Dienst erweisen zu können. Wirst du es erraten, lieber Leser? Ich glaube nicht. Darum will ich es gleich sagen. Sie bindet sich den Mann, so gut es eben geht, auf den Rücken und tritt mutig die Reise zur nächsten Missionsstation an!Dreiund einenhalben Tag lang schleppt sie ihre teure Last und lebt nur von Almosen! Auf der Mission angelangt, selbst zu Tode ermüdet, erklärt sie dem Missionär den Zweck ihres Kommens. Daß dieser, zu Tränen gerührt, sogleich bereit war, alle ihre Wünsche zu erfüllen, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Der Alte empfing mit großer Andacht die heiligen Sakramente und wurde schon tags daraus auf dem Friedhof der Mission begraben. Die heldenmütige Frau verblieb' noch einige Tage und trat dann, ergeben in Gottes Willen, allein die Heimreise an, denn der Kaffer liebt, wie alle Menschen, jenes Fleckchen Erde, das er seine Heimat nennt. Wie man in Südafrika reist. Südafrika ist groß. Um gerechter und klarer sein zu können, muß ich diesen Gegenstand von verschiedenen Seiten und unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachten. Mein Bericht soll und kann nicht erschöpfend sein; ich möchte nur die Einzelheiten hervorheben, die mir am meisten Eindruck gemacht haben. Wie überall in der Welt gibt es auch hier Bahnen, und zwar viele. Bei diesem Umstande brauche ich mich nicht weiter aufzuhalten; er bietet dem Leser nichts Neues. Unbekannt und neu dürfte es aber manchem sein, daß die 2. Klasse so eingerichtet ist, daß man die bequemen Sofas, auf denen man sich tagsüber schaukeln läßt, abends aufklappen und in noch bequemere Betten verwandeln kann. Das tut dem Reisenden, der lange Strecken zu fahren hat, ungemein wohl. Überall, wo diese Vorrichtung noch nicht eingeführt ist, sollte das geschehen oder etwas Ähnliches an deren Stelle treten. Weiters möchte ich erwähnen, daß auch Wege vorhanden sind, auf denen zahlreiche Autos ihr Unwesen treiben können. Es gibt ja, Gott sei Dank, auch hier Ausnahmen, und zwar aus verschiedenen Gründen. Ganz Natal z. B. ist Gebirgs- und Hügelland. Die Straßen gehen oft so steil hinauf und dann wieder so jäh hinab, daß das Auto seine liebe Not hat. Dabei Pufft und schnauft es dermaßen, daß auch das trägste Lebewesen, das sich etwa in feine Nähe verirrt hat, Zeit zum Ausreißen findet. Unter Lebewesen verstehe ich hier Hühner, Ziegen, Hunde, Rinder und Kaffern. Da letztere für gewöhnlich nicht an fahrbaren Straßen wohnen, sondern mehr an Abhängen, auf steinigen Bergrücken oder in wilden Schluchten, so kommt auch ihr Vieh von dieser Seite weniger in Gefahr. Viele Kaffern besitzen ein Pferd, mitunter auch mehrere. Kaum sind die Kaffernbübchen so weit gediehen, daß sie ein Bein rechts und das andere links vom Rückgrat eines Rosses herunterhängen können, lernen sie schon reiten. Köstlich ist es, so kleine Knirpse wie angenagelt auf hohem Gaul hocken zu sehen. Schonung der Pferde kennt der Schwarze nicht, auch wenn sie sein Eigentum sind. Bergauf, bergab geht's im Galopp. Haarsträubend ist es mitunter, zu sehen, wie sie in gestrecktem Galopp steile Schluchten hinabjagen. Verunglückt ein armes Tier, so lassen sie es gleichgültig an Ort und Stelle liegen, nehmen ihm den Sattel ab (wenn überhaupt ein solcher vorhanden war) und gehen ihres Weges. „Da nützt kein Jammern und Klagen," sagen sie, „auch wir müssen sterben; warum sollten es die Tiere nicht?" Die Missionäre schonen ihre Pferde bedeutend mehr, da sic wissen, wie notwendig und nützlich sie ihnen sind. Abgesehen davon, daß jeder sein treues Tier wie seinen wahren Freund liebt und pflegt, ist es für ihn auch ein Kapital, das nicht gleich ersetzt ist. Neulich sagte mir ein älterer Missionär, er habe einen weiten Versehritt machen müssen, und da sei er an Stellen gekommen, wo sein Pferd buchstäblich auf den Knien an steilen Felswänden hiuabgerutscht sei. Mir kam diese Behauptung etwas übertrieben vor. Eine Woche später hatte ich einen ähnlichen Ritt zu einem Kranken zu machen. Zuerst ging es durch grauenerregende Schluchten; dann mußte ich einen Berg hinaufkraxeln, wo ich ein Hinaufkommen zu Fuß nicht für möglich gehalten hätte. Es ging aber; die hiesigen Pferde sind daran gewöhnt. Schon erblickte ich den Gipfel des Berges und freute mich im voraus auf die schöne Aussicht von oben, da sank plötzlich mein Pferd unter mir in die Knie. Ich klam- merte mich, an seinen Hals, um nicht hinunterzufallen, nicht nur vom Pferde, sondern auch vom Berge. Das Tier aber konnte sich nicht mehr halten, und so kugelten wir beide ein paarmal herum, bis wir an einem Gestrüpp Halt fanden. Das arme Roß war ganz ängstlich und aufgeregt; es fürchtete offenbar Hiebe für seinen Fehltritt. Als ich es aber nicht nur nicht schlug, sondern begütigend streichelte, beruhigte es sich rasch wieder. Es war halb 9 Uhr morgens; um 11 Uhr kam ich zu dem Kranken. Nachdem ich ihm die heiligen Sakramente gespendet, ritt ich weiter zu einer Außenstation, wo ich gegen Mittag die heilige Messe las und den anwesenden Christen die heilige Kommunion reichte. Dann ritt ich heim. An diesem Tage war ich fast acht Stunden im Sattel. Zu Fuß könnte man eine hiesige Missionsstation unmöglich versehen. Ein anderes Verkehrsmittel ist der Wagen. Ich sage Wagen, nicht Kutsche (diese sieht man nur in Städten und auf einigen besseren Farmen). Auch möge man sich unter dem Namen „Wagen" nicht etwas allzu Europäisches vorstellen, sondern sehr starke, daher meistens recht plnmpe Fahrzeuge, die alles aushalten können; denn kaum hundert Meter weit geht der Weg eben, sondern immer auf und ab, oft sehr steil. Um doch eine entsprechende Last befördern zu können, spannt man zwölf bis achtzehn kräftige Ochsen vor dieses Fuhrwerk, das alles andere als ein Automobil ist. Oft gehen zwei oder drei Kaffern mit meterlangen Peitschen nebenher, um die gemächlichen Tiere beständig anzutreiben. Daß es dabei Stöße und Gepolter gibt, so jeder Beschreibung spotten, versteht sich von selbst. Wehe' den Fahrgästen, wenn solche oben sitzen! Aber es geht hierzulande nicht anders, oder doch, Verzeihung, wenn man nämlich zu Fuß geht. Und das tun die meisten. Schuhe sind zwar bekannt, aber wenig in Gebrauch. Ein armer Kaffer kann sie sich kaum leisten. Er braucht aber auch keine, denn barfuß geht er viel leichter. Die Sohlen wachsen immer nach, und das lästige An- und Ausziehen kommt ganz in Wegfall. Die heidnischen Kaffern machen es sich noch bequemer: sie gehen „barfuß" bis an den Hals! Dabei haben sie den Vorteil, daß sie ausschreiten können, so lang die Beine sind, über Stock und Stein, wo einem gewöhnlichen Sterblichen alle Nähte reißen würden. Der Kaffer sucht nie bequeme, sondern immer die kürzesten Wege. Ob es dabei steil hinauf oder durch Dornen und Disteln geht, erschüttert seinen Grundsatz nicht, wenn er nur schneller ans Ziel gelangt. Tut er so aus Zeitersparnis? Kaum, denn wenn er angelangt ist, setzt er sich manchmal stundenlang auf einen Stein und klimpert auf seinem einfachen Musikinstrument, das er fast überall bei sich trägt. Er hat ja nichts zu tun, als heruinzuschweifen und bei allen Hochzeiten zu tanzen. Sein Reichtum besteht aus Weibern und Vieh. Das letztere haben die jungen Burschen zu hüten und erstere bestellen so viel Land, als notwendig ist, die Familie zu ernähren oder wenigstens vor Hunger zu schützen. Paraketto war ein lieber Alter aus dem Stamme der Aluru, gutmütig, friedfertig und rechtschaffen. Als er davon hörte, es hätten sich weißgekleidete Bleichgesichter (Missionäre) in der Nähe niedergelassen, die ohne Waffen und ohne den gewöhnlichen Anhang roher Söldner waren, erinnerte er sich der alten Überlieferung, es kämen weiße, bärtige Männer aus dem Norden und lehrten das Wort Gottes. Er schloß sich ihnen offen an, beschützte sie, half ihnen, wo er konnte, verteidigte sie, wenn es nottat, und schickte seine Söhne in ihren Unterricht. Seine beiden Töchter unterrichten zu lassen, kam- ihm aber nicht einmal in den Sinn, waren doch nach seiner Überzeugung die weiblichen Wesen nur — Sachen, unfähig jeder Belehrung. Mit der Zeit wurden alle vier Söhne Christen. Auch der gute Alte hätte gewünscht, Mitglied der neuen Christengemeinschaft zu werden, doch beschränkte er sich darauf, die Gebete zu lernen und sich von den Söhnen die Glaubenswahrheiten wiederholen zu lassen. Bei Besuchen des Missionärs erschien er unfehlbar mit einem Huhn als Geschenk. Anstatt jedoch diesen mit tausend unklugen Fragen zu belästigen, wie es so viele andere taten, ergötzte er sich daran, mit den Kleinen dem Unterricht beizuwohnen. „Ich bin alt", pflegte er zu sagen, „und habe drei Frauen, die auch schon alt sind und die ich darum nicht sich selbst überlassen kann. Ich bin es zufrieden, an der Pforte zu warten und alle Tage den guten Gott zu bitten, daß er mich durch die Ein Kaffer legt^ mit Leichtigkeit am Morgen vier bis sechs Stunden zurück und ebensoviel wieder am Nachmittag. Es sind hier Missionsaußenstationen, zu denen wir drei Stunden zu Pferd brauchen, zum Teil im Schritt, zum Teil im Trott. Da kann man immerhin gut fünf Stunden zu Fuß rechnen. Viele Christen kommen am Sonntag von dort zu Fuß hie-her zur heiligen Messe, gehen zu den Sakramenten und kehren nachmittags wieder heim. Morgens machten sie also den beschwerlichen Weg nüchtern. Das magere Mittagessen bringen sie mit und verzehren es neben der Kirche, sobald der Gottesdienst beendet ist. Taufe sein Kind werden lasse, wenigstens in der Stunde meines Todes." Ob ihm sein frommer Wunsch zum Heile gereichte? Die Missionäre hoffen es, wenngleich er unglücklicherweise in einem Augenblicke starb, da alle Christen und Katechumenen sich anläßlich des Osterfestes auf der Mission befanden, so daß niemand ihm die Nottaufe spenden konnte. Als er sich unwohl fühlte, ließ er die Alten des Dorfes rufen, unter denen er großes Ansehen besaß. Diese beeilten sich zu kommen, da sie ein Opfer nach altem, heidnischem Brauche erwarteten. Doch sie wurden enttäuscht. „Ich habe euch rufen lassen," sagte der Alte, „weil ich krank bin und meinen Tod herankommen fühle. Ich wende mich nicht an unsern Geist Dschwok, an den ich schon lange nicht mehr glaube. Ich vertraue auf den Gott der Christen, auf den Gott meiner Söhne, die sich auf der Mission befinden. Ich will, daß meine Söhne nach meinem Tode meinen Geist nicht stören durch Zwietracht und böse Werke. Ich habe Schulden, und sie werden sie zahlen. Ich habe Vieh, und sie werden es brüderlich unter sich teilen, damit sie sich verheiraten können. Die beiden Mädchen habe ich (an Heiden) verlobt und das Heiratsgut bereits erhalten. Ihr seid Zeugen dieses meines Willens." Das war sein Testament. Der Zustand des Kranken verschlimmerte sich und in kurzer Zeit zerriß sein Lebensfaden. Eine Stunde nach seinem Hinscheiden war er bereits begraben. 11 ^ 11 lüorgenrof der Gnade. ii m" & Die Kinder hörten die lctztwilligen Bestimmungen ihres Vaters, und alle nahmen sie ohne Widerspruch an, bis auf die zwei Töchter. Die Heirat, die ihr Vater ohne ihr Wissen vereinbart hatte, brachte sie in die Notwendigkeit, Heidinnen zu bleiben, sie, die seit langem den Katechismusuntcrricht besuchten und hofften, durch Empfang der Taufe eines Tages Christinnen zu werden. Der Verstorbene war so sehr in den heidnischen Gebräuchen befangen gewesen, daß er trotz seines guten Willens diese Möglichkeit nicht vorausgesehen und noch weniger an derErlaubtheit seines Vorgehens gezweifelt hatte. Die Mädchen also, gestärkt von dem neuen Geiste der Entsklavung ihres Geschlechts und gestützt von der neuen Lehre, blieben standhaft. im Widerstand gegen die allgemeinen Angriffe, sagten: „Wir lieben den Vater, aber wir lieben Gott mehr. Den Geist des Vaters fürchten wir nicht, wohl aber die Hölle." Unbeschreiblich war die Verlegenheit der christlichen Brüder, die sich gewissermaßen zwischen dem Amboß der Familienbande, des Interesses, der öffentlichen Meinung und dem Hammer des Glaubens befanden. Die Freiheit der Schwestern lag ihnen am Herzen und sie unterstützten sie auch; allein der Vorstoß der Gegner machte sie schwach und schwankend, so daß selbst die Schwestern in heiligeü Zorn gerieten. „Wie," sagten diese, „ihr, Christen, Kinder Gottes, ihr wäret beinahe bereit, uns zu verraten und dem Teufel zu opfern?" Große Fragen, große Aufregung, große Ungewißheit und Spannung der Gemüter. Der letzte Wille eines Verstorbenen ist heilig und unantastbar. Wehe dem, der sich zu widersetzen wagt; der erregte Geist des Verstorbenen wird es an schrecklichen Strafen nicht fehlen lassen. Die zwei verlobten Männer hatten das von der Stammessitte bestimmte Heiratsgut bezahlt und verlangten nachdrücklich die beiden Mädchen als Frauen. Die Alten des Dorfes als Testamentsvollstrecker und Hüter der heimischen Sitten liehen ihrem gerechten Verlangen volle Unterstützung. Auch die drei Witwen, entrüstet über das tückische, unverständliche Verhalten der entarteten Töchter, stellten sich tatkräftig auf die Seite der Freier. Liebten denn die undankbaren Töchter nicht ihren guten Vater, fürchteten sie nicht die Strafen seines Geistes? Doch diese, standhaft Man kam zu einem Ausknnftsmittel: Ruhenlassen des Streites während eines gewissen Zeitraumes, nach Ablauf dessen die beiden Parteien dem Schiedssprüche erprobter Männer oder dem Urteile des Häuptlings (eines Parteigängers protestantischer Send-tinge) sich unterwerfen sollten. Die beiden Mädchen, die mit Recht einen ungünstigen Schiedsspruch befürchteten, benutzten die Ruhezeit des Kampfes und flüch-teten auf die Mission und sind heute Christinnen. So dringt die Gnade vor und stellt die Gleichheit und Freiheit wieder her, die seit Jahrhunderten zerrissen war. Die Gotteskindschaft verträgt sich nicht mit irgendwelcher Sklaverei. Es ist das Morgenrot der Gnade; wann wird ihr voller Mittagsglanz über dem unglücklichen Afrika erstrahlen? p. I. P. 88 Stern der Neger Heft 11 und 12 0 V Der Sündeniciü in der Überlieferung der Dfchur. V 0 1) Was uns die Heilige Schrift von dem glücklichen Urzustand der ersten Menschen und dem Sündenfall im Paradies berichtet, spiegelt sich, wenn auch sehr verschwommen, in den alten Überlieferungen und Sagen der Heidenvölker wieder. Nicht immer, so erzählen die Dschur, ein stolzer Negerstamm der Provinz des Gazellenstromes, kargte die Erde mit ihren Früchten. Einst brachte das Getreide auch dann noch Frucht, wenn es unter die Steine, in die Gebüsche oder in den Wald gesät wurde. Es war auch nicht wie jetzt notwendig, die Erde zu lockern; es genügte, das Korn auszuwerfen, und das Unkraut und die Dornen verdorrten, wenn jenes aufging. Die einzige Mühe des Menschen bestand darin, hinzugehen und die reifen Ähren zu sammeln. Die einzelnen Körner waren nicht so klein wie jetzt, sondern so groß wie Bohnen. Dürre war unbekannt; es genügte, ein Gebet zum Himmel zu senden, und der Regen fiel reichlich und befeuchtete die Saaten. Die Krankheiten waren beinahe unbekannt; wer erkrankte, der wurde schnell wieder gesund; es bedurfte nur des Gebetes der großen Männer zum ewigen Schöpfergeist, und der Kranke war frei von jeder Plage. Der Tod hatte nur hohes Alter zur Ursache. Das Auge war ungemein scharf und bemerkte die Tiere aus die weiteste Entfernung und auch durch die Bäume des Waldes hindurch. Der Arm war lang, und Pfeil und Wurflanze trafen stets ihr Ziel. Jedes Tier, sei es Antilope, Büffel, Löwe oder Elefant, fiel sofort tot zu Boden, und Fleisch zum Essen war stets reichlich vorhanden. Jeder konnte mit geringer Mühe heiraten; die Frauen waren treu und schenkten der Familie viele Kinder. Es war Sache der Mädchen, die Durra zu zu Mehl zu stoßen; es genügte davon eine Hand- voll für die ganze Familie und die Gäste. Das Mädchen brauchte nur diese geringe Menge in den Mörser zu geben, ein kurzes Gebet zu sprechen, und das Korn nahm während des Stampfens an Menge zu, so daß der ganze Mörser damit angefüllt wurde. So taten stets alle Mädchen. Eines Tages jedoch wollte ein sehr ungehorsames Ding die Weisungen der Mutter nicht befolgen; anstatt nur eine Handvoll Korn in den Mörser zu werfen, füllte sie ihn bis oben an. Seit jenem Tage nimmt die Durra nicht mehr zu im Stampfgefäße und verlangt mühsame Arbeit von seiten der Dschurmädchen. Sie sind aber auch heute noch zornig darüber. Das war der Tag des ersten Ungehorsams, und daher kommen aller Verdruß und alle Kümmernisse, die das Menschengeschlecht betrüben. Der Mensch mußte nun das Erdreich vom Unkraut und von den Dornen reinigen; das zur Reife gekommene Getreide war trotzdem klein; die Durra reichte nicht mehr aus zur Ernährung und der Mensch mußte in ferne Länder reisen und sich Kürbisse, Bohnen und andere eßbare Pflanzen suchen. Der Himmel wurde trocken und deshalb fehlt oft der notwendige Regen. Der Arm des Menschen ward verkürzt und auf die gegenwärtige Länge gebracht ; deshalb verwundet seine Lanze nicht mehr so leicht die Antilopen und nicht einmal immer die kleinen Gazellen. Über sein Auge legte sich ein Schleier, so daß es verdunkelt und im Vergleich zur früheren Schärfe fast blind ist. Gegenwärtig können die Leute krank werden und sterben. Die Arbeit, der Hunger, die Mühe, die Trockenheit, der Mangel an Fleisch zum Essen betrüben den Menschen; alles Folgen des Ungehorsams jenes Mädchens. P. Fr. X. M. (iS iiiS Hm letzten Scheidewege. liiiii Ossala, der Wassersüchtige. Es wurde unter den Negern viel gesprochen von einem armen Wassersüchtigen, mit dem es zu Ende ging. Wir besuchten ihn, um ihm die Himmelstür zu öffnen. Wenn auch die Aufnahme äußerst kühl war, so nahm er doch die Arznei, die wir ihm anboten, da er hoffte, damit Heilung zu finden. Die Wirkung aber entsprach nicht den Erwartungen des Kranken, so daß er uns später vorwarf, wir hätten ihn betrogen. So versuchten wir denn einen andern Weg, uns Eingang bei ihm zu verschaffen. Ich beschenkte ihn hin und wieder mit Leckerbissen. Das gefiel ihm sehr, wie er gern eingestand. Ich begann dann, ihm vom Leben im Jenseits zu sprechen, wo es keinen Schmerz mehr und Überfluß an allem Guten gibt, und ich unterwies ihn, wie man dahin gelange. Anfangs zeigte er wenig Aufmerksamkeit, bald offene Verdrossenheit, die stets zunahm. Das lebende Faß gewährte den Anblick eines Besessenen während der Beschwörung; er wand und ■ krümmte sich und verkroch sich schließlich in seine Hütte, mich mit meiner Weisheit allein lassend. Doch es handelte sich um eine Seele, die in Bälde den letzten entscheidenden Schritt tun sollte, für deren Rettung daher alles aufgeboten werden mußte. Deshalb machte der Obere der Station am nächsten Tag sich auf den Weg zu dem armen Unglücklichen, nicht ohne vorher die Feldflasche mit Tee gefüllt zu haben. Der Kranke trank gierig davon. Der Augenblick schien günstig für einen kurzen Unterricht, der mit tiefstem Stillschweigen ausgenommen wurde. Die Antwort, die mit Mühe herauskam, ivar noch ausdrücklicher als die der vorhergehenden Tage, aber auch schmerzlicher. „Pater," sagte er, „ich befinde mich ganz wohl; das Wasser Gottes brauche ich jetzt nicht; wenn mein Zustand sich verschlimmert, werde ich dich rufen lassen." Da die Vermutung nahelag, der Kranke könnte eine Bezauberung unserseits befürchten, so wurde ihm vorgeschlagen, die Taufe mit Wasser seiner Hütte durch die Hand eines Katechisten, seines Nachbarn, vornehmen zu lassen. Allein der gewöhnliche Wutanfall belehrte den Missionär, daß nichts übrigbleibe, als sich zurückzuziehen und sich einstweilen mit dem zweifelhaften Versprechen des Kranken zu begnügen. Wir vertrauten die Sache Gott an. Anstatt von Ossala gerufen zu werden, lief am nächsten Tage das Gerücht um, der Wassersüchtige sei von seinen Verwandten in ein entferntes Dorf geschafft worden, um nach alter Stammessitte die Hilfe guter Geister anzurufen. Am dritten Tage aber hörte man die Trommel, welche seinen Tod anzeigte. Er war unweit seiner Hütte im Walde gestorben, wo er sich hatte verstecken lassen, um weiteren Besuchen unsererseits zu entgehen. Gott allein weiß, was in den letzten Augenblicken des unglücklichen Ossalla vor sich gegangen. Der alte Moggi. Das Bewußtsein, Ossala gegenüber unsere Pflicht nach Möglichkeit getan zu haben, war uns ein Trost in dem betrübenden Falle, der überall unter den Bellanda besprochen wurde. Es fehlte nicht an solchen, die das Verhalten des Verstorbenen guthießen, der die Taufe verweigert habe, die ohnedies den Tod beschleunige. Die Vorsehung jedoch hatte schon ein tröstliches Gegengewicht geschaffen. Es handelte sich um einen anderen Schwerkranken, dem das vorgerückte Alter das Ansehen eines Patriarchen bei seinen Stammesgenossen verlieh. Der alte Moggi wohnte in nächster Nähe des verstorbenen Ossala. Die letzten Besuche bei dem Wassersüchtigen galten auch ihm, und es war uns eine Freude, von der beschwerlichen Unterhaltung mit jenem in das heitere und ruhige Gespräch mit diesem übergehen zu können. Er magerte zusehends ab, und die tief in den Höhlen liegenden Augen erloschen mehr und mehr. Daher begannen wir, ihn zu unterrichten. Mit Genugtuung bemerkten wir, daß er das Vorgetragene begriff, da ihn auch sein christlicher Sohn in der Zwischenzeit unterrichtete. Wir verschafften seinem entkräfteten Körper einige Stärkung. Ein hartnäckiger Husten drohte ihn zu ersticken und ein heftiger Schmerz in allen Gelenken vermehrte seine Leiden, die er jedoch mit Ergebung ertrug, zur Sühne für seine Sünden, wie wir ihm. nahegelegt hatten. Es war aber nicht zu befürchten, daß das Verhalten seines Nachbarn Ossala ihn im schlimmen Sinne beeinflussen werde. „Pater," sagte er, „ich vertraue euch, die ihr allen Gutes und niemand Böses tut; ich glaube an Gott, der euch so viel Liebe gegen uns eingegeben hat. Ich will in sein Haus eingehen, wo ich keinen Husten mehr haben, wo ich meine Jugendkraft wieder erlangen und stets glücklich sein werde." Er wurde getauft auf den Namen Abel, nach dem Wunsche eines unserer Wohltäter. Der gute Alte starb zwei Tage nachher und hinterließ das beste Gedächtnis bei den Leuten. Wenn es auch meistens gelingt, die Alten auf dem Totenbette zu bekehren, so finden sich doch wenige, die so willig den geraden Weg ins Haus des ewigen Vaters betreten. P. A. Z. 90 Stern der Neger Heft 11 und 12 ^ Die Kfosferfdiulen In Südafrika. i> Anläßlich der Eröffnung des neuen Dominikanerinnenklosters mit Schule und Internat zu Witbank am 15. Juni d. I. schrieb das zu Kapstadt erscheinende katholische Wochenblatt „The Southern Gross“ („Das Südliche Kreuz") unterm 2. Juli 1924: Se. Exzellenz der Generalgouverneur gab dem frommen Unternehmen der Klosterfrauen seine amtliche Gutheißung. Nichts von dem, was er sagte, übertrieb die Wichtigkeit von Klosterschulen im Plane südafrikanischer Bildung und Kultur. Allüberall in der Union stehen diese unsere Klosterschulen da als Verbreiter von Licht und Wissen. Sie sammeln die junge Mädchenschaft unseres Landes und lehren und erziehen sie sowohl durch Beispiel als durch Unterweisung; und sie entlassen sie wieder als gute, reine Jungfrauen, befähigt, tugendhafte Ehefrauen und edle Mütter zu werden. Nicht allein in den Städten führen die Schwestern ihr großes Werk christlicher Erziehung aus; auch auf dem Lande und in den abgelegensten Gegenden ist ihr Wirken genugsam bekannt. Die Giebel der Kloster-schulen erheben sich auf den Hügeln von Newcastle in Natal, auf den Ebenen von Kroonstad im Oranje-Freistaat, in den kleinen Stadtdörfern der Kapprovinz, auf den Hängen von Pietersburg im fernen Nord-Transvaal. Diese Schwestern-gemeiuschaften haben sich über das ganze Antlitz unseres Landes ausgebreitet. Sie haben das erhabene Sinnbild des Kreuzes auf den Bergen und in den Tälern aufgerichtet. Die Lichter des Klosters, die über die Dörfer leuchten, finn-bildeu die Lampen der weisen Jungfrauen, die dem himmlischen Bräutigam entgegengehen. Kürzlich erfuhren wir die Wiederbelebung der alten törichten Anklage, unsere Klosterschulen seien Anhänger werbender Anstalten. Die beste Antwort auf diesen Vorwurf ist gewiß das Zeugnis der vielen südafrikanischen nichtkatholischen Frauen, die die Mütter des neuen Geschlechts geworden sind, und die in Dankbarkeit und Liebe zurückblicken auf ihr Leben im klösterlichen Internat, wo sie die Aufgaben und Pflichten reiner Mädchenjahre und edlen Frauentums kennenlernten. Auf jeden Fall dürfen wir unsere nichtkatholischen Freunde versichern, daß wir keine Anhänger durch Überredung zu gewinnen suchen. Es ist ein langwieriger Vorgang, durch den ein Andersgläubiger Katholik wird, und es bedarf dazu der Gnade Gottes. Wer katholisch werden will, muß diesen wichtigen Schritt freiwillig und aus Überzeugung tun. Es ist vollkommen richtig, daß die Schwestern unserer Klosterschulen wünschten, alle ihre Zöglinge seien Katholikinnen. Da aber ihre heilige Religion sie die Tugenden der Duldsamkeit und der Zuneigung lehrt, so wäre es ihr Letztes, sich in die religiösen Anschauungen anderer einzumischen. Deshalb sieht man auch, daß an Sonntagen die nichtkatholischen Schülerinnen von katholischen Klosterschulen und Internaten den Gottesdienst in anglikanischen und reformierten Kirchen besuchen. Unsere Kollegien und Klosterschulen sind die führenden Erziehungsanstalten Südafrikas, und da viele von ihnen sich selbst erhalten, bleiben der Regierung ganz bedeutende Summen erspart, die sie sonst für das Erziehungswerk verausgaben müßte. fr Hfrikanifche Küche. Sh Von Br. Bugult Eagol. V- (Schluß.) -4 Bei den meisten Negerstämmen gibt es täglich nur eine richtige Mahlzeit, bei der sich alle Familienmitglieder einsähen. Das schließt natürlich nicht aus, daß während des ganzen Tages genascht wird, wenn sich nur etwas zum Naschen findet. So fangen die Schilluk-knaben während des Viehhütens Fische und braten sich diese in heißer Asche. Andere legen sich unter das Euter einer Ziege und saugen ihr die überflüssige Milch ab. Bei den Schilluk hat die Frau reichlich zu tun mit der Bereitung des gegen Sonnenuntergang stattfindenden Familienmahles. Da ist zunächst der Brennstoff herbeizuschaffen. Reiser und dornige Äste müssen in Bündeln auf dem Kopfe aus dem fernen Steppenwalde heimgetragen, Durrastengelund dürres Steppengras aus der nächsten Umgebung des Dorfes geholt werden. Dann bringen sie Wasser vom Flusse. Das geschieht in großen Tongefäßen, die bis 15 Liter fassen und auf dem Kopfe oft eine halbe Stunde weit getragen werden müssen. Die Frauen des Dorfes gehen immer in Gruppen, einmal der Unterhaltung wegen und dann aus Vorsicht gegen Überfälle durch Krokodile, die einzeln dem Flusse sich nähernde Menschen gern angreifen. Die Frauen wandeln dabei im ^Gänsemarsch, die eine hinter der andern her; Rede und Gegenrede leiden dabei schieht in der Wohnhütte, deren innere Strohdecke kohlschwarz ist von dem abziehenden Rauch. Der Herd besteht aus drei am Boden liegenden Erdklumpen. Zum Anzünden des Feuers brauchen die Schilluk keine Zündhölzer; in irgendeiner Hütte des Dorfes findet sich immer ein schwelender Holzast, an dem ein Büschel Stroh entzündet wird. In einem selbstgesertigten Tongefäße bringt die Schilluk-srau Wasser zum Sieden; in diesem kocht sie das Durramehl unter fleißigem Umrühren zu einem steifen Brei. Ist sie in der glücklichen Lage, der Speise Salz beimischen zu können, so bedeutet ein solches Mahl für die Angehörigen einen Festschmaus. Der Mehlbrei Schulpause in Mbili (Dschurneger). keine Einbuße. Mit der kostbaren und so mühsam erworbenen Gottesgabe des Wassers geht die Schillukfrau denn auch äußerst sparsam um; mehr als ein- oder zweimal des Tages macht sie keinesfalls den Weg zum Flusse. Dann kommt das Zerkleinern des harten Durrakorns. Dieses wird entweder mit einem schweren, drei Meter langen Holzstößel in einem in der Hüttenmitte im Boden befindlichen Loche von etwa 40 cm Tiefe zerstoßen oder zwischen zwei Steinen zerrieben. Das ist eine lange und mühsame Arbeit, denn es bedarf einer ziemlichen Menge von Mehl, um alle am Abend sich einstellenden hungrigen Familienmitglieder zu sättigen. Das eigentliche Kochen ist die wenigste Arbeit. Auch das ge- allein ist aber zuwenig gleitfähig. Deshalb muß daneben noch ein Fleisch- oder Fischgericht oder wenigstens eine Öltunke bereitet werden. Wenn das Essen fertig ist, wird es auf-getragen, d. h. auf den Boden gestellt. Jeder zufällig Anwesende ist selbstverständlich Gast und hockt sich ungebeten mit den übrigen um die Schüsseln auf den Boden. Man reicht eine Kürbisschale mit Wasser herum; alle waschen sich die Hände und spülen den Mund aus. Dann geht es mit der Naturgabel in die Schüssel; die Finger der rechten Hand fassen etwas von dem Mehlbrei, worin der Daumen eine Vertiefung eindrückt, so daß der Bissen gewissermaßen Löffelform erhält. Damit wandert die Hand in die zweite Schüssel mit der Tunke, taucht den Bissen so ein, daß sich das Löffelloch füllt, und führt ihn dann zum Munde. So fährt man stillschweigend fort, bis der Inhalt der Schüsseln abnimmt, und einzelne der Esser sich bereits auf den Fersen herumdrehen und die Finger ablecken. Schließlich geht wieder Wasser herum, man wäscht sich die Hände, spült den Mund aus, und die unterbrochene Unterhaltung wird mit größerer Kraft wieder aufgenommen. Die Frau ißt nicht gemeinsam mit dem Manne, sondern erst nach ihm. Es ist unglaublich, wieviel die Neger essen, wenn sie Überfluß haben, aber auch, wie sie hungern können, wenn sie nichts haben. Mißernten verursachen nicht selten Hungersnot. Dann werden eine Anzahl von Kräutern und Gräsern gesammelt, zu Mus und Brei gerieben und gekocht. Der König der Schilluk darf nicht vor dem Volke essen; er gilt als zu hochstehend, um sich um solche Kleinigkeiten wie das Essen zu kümmern. Die Eingebornen sind im allgemeinen keine Feinschmecker und Schlemmer. Der farbigen Dienerschaft ist es unverständlich, warum die weiße Herrschaft so viele verschiedene Gänge auftragen läßt. Der Neger hält sich an wenige, solide Sachen und nippt nicht viel herum. Auch der Europäer tut gut, sich der Schlemmerei zu enthalten, denn derartige Ausschreitungen schaden der Gesundheit in den Tropen weit mehr als in der klimatisch gemäßigten Heimat. Wenn man bei der Bereitung der Speisen nur darauf ausgeht, den Gaumen zu kitzeln, so wird nur eine Überfeinerung des Geschmacksinnes großgezogen, der nach immer größeren Reizen verlangt, und schließlich nicht mehr zu befriedigen ist. Feinschmeckerei in gutem Sinne ist sehr wohl angebracht, d. h. die weise Mitbenutzung des dem Menschen vom Schöpfer durchaus nicht unnütz verliehenen Geschmacksinnes, um mit dessen Hilfe den int heißen Klima so empfindlichen Verdauungsapparat vor ungeeigneter oder schädlicher Kost zu bewahren. Sachgemäße Zubereitung der Speisen regt die Absonderung des Magensaftes an und fördert die Verdauungstätigkeit. In den Häusern der Europäer wird die Küche durchwegs von männlichen Eingebornen versehen. Natürlich muß man so einem dunkelhäutigen Chef de cuisine gut auf die Finger schauen, denen man es ohnehin nicht ansieht. ob sie nicht doppelt schwarz sind. Selbstver-verständlich verlangt man vom Koche außer Reinlichkeit auch Ehrlichkeit, welche die Vorräte des Herrn nicht zu Verwandten und Bekannten verschleppt und beim Einkäufe nicht „doppelte Buchführung" betreibt. Weiters soll er frei sein von widerwärtigen Krankheiten, welche die Eßlust zu seinen Erzeugnissen nicht steigern. Ferner erwartet man von ihm Willigkeit in Ausführung der Wünsche seines Herrn, was Leibspeisen usw. betrifft, wie auch Gewissenhaftigkeit, die den Kaffee vor dem Versalzen und die Suppe vor dem Versüßen bewahrt, sowie endlich Fleiß, der das Essen zur rechten Zeit aus den verschiedenen brodelnden Behältnissen erstehen läßt, und Sachverständnis, damit das Geflügel in gerupftem Zustande auf den Tisch kommt. Nach den trüben Erfahrungen dieses Lebens ist es aber fast ausgeschlossen, daß die Summe aller guten Eigenschaften auf einem einzigen Wollhaupte sich vereinige, so daß immer einiges und oft auch vieles zu wünschen übrigbleibt. Ich erinnere mich eines Reiseerlebnisses auf dem Nile. An Bord des Dampfers befand sich auch ein englischer Arzt, der sich durch seinen Diener eigene Küche bereiten ließ. Der Herr hielt auf peinliche Sauberkeit, wußte aber offenbar nicht, wie es in diesem Punkte mit seinem farbigen Koche stand. Dieser reinigte die schönen Porzellanteller seines Herrn, indem er sie mit einem von Schmutz starrenden Tuche abrieb und dessen Wirksamkeit durch gelegentliches — Anspucken der Teller unterstützte ! — Ein Engländer in Khartum wünschte gekochte Eier und gab dem Diener seine Taschenuhr zwecks Einhaltung der Zeit des Siedens. Der hoffnungsvolle Junge tat auch die Uhr ins siedende Wasser und ließ sie teilnehmen am Eierkochen. Als die besten Köche gelten in europäischen Häusern Goanesen,aus Vorderindien, Mischlinge zwischen Portugiesen und Indiern, die meist katholisch sind. Nach ihnen sind geschätzt Barabra aus dem nubischen Niltal, Mohammedaner, unter denen man recht treue Selen findet. Reinlich sind die schismatischen Abbessinier, die jedoch gewöhnlich nicht viel vom Kochen verstehen. Die unreinlichsten Köche sind wohl die Ägypter. Gekocht wird vielfach — auch bei Europäern — auf offenen Feuerstellen mit Holzkohlenglut. Dabei hat der Koch häufiges Kopf- weh als kostenlose Zugabe. Gewöhnlich ist die Küche ein Nebengebäude aus Lehm oder auch nur eine strohgedeckte Hütte, denn man rückt die Hitzeausstrahlende Feuerstätte möglichst weit von der Wohnung ab. Oft auch bilden das weite Himmelszelt den Küchenraum und drei Steine am Boden den Herd, dem vielleicht ein mitleidiger Baum Schatten spendet. Da kann es vorkommen, daß plötzlich, wenn der Koch die Fleisch- oder Mehlgerichte auf dem Kopfe ins Wohnhaus des Herrn trägt, ein scharfäugiger Falke aus der Höhe herabstößt und mit dem braungebratenen Hühnchen oder der fettgläuzenden Pfannkuchen-Rolle in den Fängen davonstiebt, beim Koche ein langes Gesicht und beim Herrn üble Laune erzeugend. Diese schlimme Gewohnheit scheinen die gefiederten Spitzbuben noch aus der Zeit des ägyptischen Joseph beibehalten zu haben. In den größeren Orten des Sudan betreiben Griechen und Morgenländer Speisewirtschaften, in denen man zu den Hauptmahlzeiten warmes Essen haben kann. Auf den Dampfschiffen des Nil und in den Expreßzügen der Sudaubahn tvird von der Regierung Restaurationsdienst unterhalten, der bis zum Ausbruch des Krieges ganz in deutschen Händen lag. Die Mahlzeiten sind nach englischer Zeiteinteilung und Lebensweise geordnet. Ergötzlich ist es, auf den Schiffen die ägyptischen Offiziere beobachten zu können, wie sie, obwohl innerlich ergrimmt über die verhaßten britischen Eindringlinge, doch in allem den Engländer nachzuahmen versuchen, besonders in Tisch- sitten. Gleichwohl aber können sie nicht verhindern, daß immer wieder der unbeholfene Fellah zum Vorschein kommt, so daß einem unwillkürlich einfällt, was Schiller im „Wallenstein" sagt: „Ja wie er sich räuspert und wie er spuckt, das habt ihr ihm glücklich abgeguckt!" Auf den Reisen im Innern nimmt man sich selbstverständlich den notwendigen Speisebedarf mit; das tut der gewöhnliche Sterbliche auch bei Bahn- und Schiffahrten. Diese Wegzehrung schließt außer frischem Brot, Zwieback und Datteln fast immer auch Konserven von Fleisch, Fisch und Früchten ein. Selbstverständlich ist das Eingemachte stets nur ein teurer Notbehelf, und billigere frische Nahrungsmittel werden durchaus vorgezogen. Die Engländer pflegen mit aller Bequemlichkeit und großem Aufwand zu reisen. Man sieht junge Offiziere oder Beamte, die für eine Strecke von 8 bis 10 Tagereisen 12 bis 15 Träger benötigen zur Beförderung dessen, was sie als Einzelperson zum täglichen Leben bedürfen. Außer Zelt, Bett, Tisch. Stuhl, Liegestuhl, Kleidung, Bewastnung, Essen, Futter für das Reittier muß auch das tägliche Getränk in Gestalt mehrerer Kisten von Mineralwasser in Flaschen nebst Bier, Wein und Schnäpsen sowie ein Feldbad aus Gummi mitgenommen werden. Das alles wird in Lasten von 20 bis 25 kg von Menschen getragen, die ihren Hunger oft nur mit einer Handvoll ungekochter Durra und ihren Durst mit dem schalen Wasser aus dem umgehängten Flaschenkürbis stillen können. Wie das erste flitpierd nach Europa kam. Es war im Jahre 1849. Der englische Konsul Murray saß beim Vizeköuig von Ägypten in Kairo bei der Tafel. Man sprach von den Sehenswürdigkeiten Londons, auch von dessen Wundertieren. Der Pascha staunt ob bereit Mannigfaltigkeit. „Ja," meint Murray, „wir haben alles, nur Nilpferde fehlen uns noch." — „Also ein Nilpferd ist's," hub der Pascha an, „wasEuch mangelt?" „Leider, Ew.Hoheit."--„Aber dürfte denn ein solches Tier für Euer Land und für Eure Königin auch wirklich eine annehmbare Gabe sein?" — „Ohne Frage," erwiderte der Konsul, „ganz England würde ihm seine Aufwartung machen." Der Pascha lächelte über diese Artigkeit des Konsuls. „Gut," sagt er; „wir werden dafür sorgen." Über seine Schultern hin, den Kopf halb gewendet, erging der Befehl: „Der Gouverneur von Nubien soll kommen!" Dieser Gouverneur war aber nicht etwa in Kairo, sondern ungefähr 1500 englische Meilen weit entfernt in seinem Heimatlande Nubien (Sudan). Sofort eilte ein Bote per Dromedar bis zum Nil, dann zu Schiff, dann wieder per Dromedar, daun zu Boot und dann wieder reitend, zu dem Gouverneur von Nubien. Dieser zögerte keinen Augenblick, dem Befehl des Königs nachzukommen. Mit seinem ganzen Gefolge bricht er auf. Auf demselben Wege wie der Bote, zu Schiff und zu Dromedar, langt er in Kairo an. Er meldet sich beim Pascha, wird vorgelassen und macht seine Aufwartung. „Gouverneur," sagte der Pascha, „gibt es Nilpferde in Eurem Lande?" — „Zn Befehl, Hoheit !" antwortet der Gouverneur. Abbes Pascha besinnt sich einen Augenblick, dann befiehlt er: „Der Kommandant der nubischen Armee soll kommen." Der Gouverneur verbeugt sich und macht sich unverzüglich auf die Rückreise nach Nubien. Kaum angekommen, bricht zur selben Stunde, königlicher Order gemäss, der Kommandant der nubischen Armee mit seinem Generalštabe auf. Der Pascha vermochte auch den Tag zu bemessen, wann der Kommandant in Kairo ankommen könnte, und auf diesen Tag wurde der Konsul abermals zur fürstlichen Tafel geladen. Pflichtgemäß, wie erwartet, erscheint der Kommandant, eben als man zum Nachtisch Mokka und Pfeife serviert. Er tritt ein, verbeugt sich, die Augen geschlossen, vor seinem schmauchenden Gebieter. „Kommandant," sagt der Pascha, in dichten Tabaksnebel gehüllt, „ich höre, in Eurem Lande gibt es Nilpferde!" „Sehr wohl, Hoheit, aber — I" — „Was aber, schaffe mir ein lebendiges Nilpferd, ein junges, hörst Du!" Kein Wort weiter wird gewechselt; der Kommandant war abgefertigt, er hatte seine Order und es blieb ihm nur übrig, dieselbe unbedingt auszuführen. In Nubien angekommen, sandte er Jäger aus, um ein Nilpferd zu fangen. Dies war keine leichte Aufgabe. Da es sich um die Erwerbung eines jungen Nilpferdes handelte, so blieb weiter nichts übrig, als ein Muttertier aufzuspüren, dasselbe zu erlegen und ihm sein Junges zu rauben. Eine solche Gelegenheit bot sich den Jägern bald. Im Monat Jnli landeten sie auf der Insel Obaisch im Weißen Nil, viele hundert Meilen von Kairo. Hier erbeuteten sie, nachdem sie die Mutter niedergeschossen, ein junges Nilpferd, kaum einige Wochen alt, von der Größe eines neugebornen Kalbes. Einer der Jäger umklammerte den Säugling mit beiden Armen, um ihn ins harrende Boot zu heben. Das Tier war aber so schleimig und schlüpfrig, daß es, der Umarmung entgleitend, sich dem Wasser zuwandte und in seinen Fluten zu verschwinden drohte. Schnell entschlossen griff der Mann nach einem Bootshaken, erfaßte den Flüchtling und hielt ihn zurück; blutend wurde derselbe jetzt verladen, um ihn an seinen Bestimmungsort abzuliefern. Das junge Flußpferd war ein Kncib-lein und immer durstig; jede weitere Nahrung verschmähend, verlangte es nur Milch. So viel es deren auch auf ■ jeder Station erhielt, es war nicht ausreichend und man war genötigt, schließlich eine Kuh an Bord zu nehmen, um den allezeit hungrigen Pflegling wenigstens von Station zu Station hinzufristen, wo dann noch eine besondere Mahlzeit stattfand. Zu feinem Unterhalt brauchte das Tier täglich einige dreißig Viertel Milch; sie wurde ihm in dieser Weise gewährt. Im November 1849 langte das Nilpferd in Begleitung seiner Jäger und eines Aufgebots Infanterie in Kairo an. Die Einwohner gerieten über das Wundertier in Aufregung und die engen Straßen der Stadt stopften sich förmlich voll mit Schaulustigen. In Anbetracht der vorgerückten Jahreszeit fand man es geraten, das Tier in Ägypten zu überwintern. Im Hofraume des englischen Konsulats wurde dem Fremdling ein Winterquartier nebst Warmwasserbad eingerichtet. Hier befand sich der Gast bei reichlicher Milchdiät ganz vortrefflich und lebte mit seinem, ihm beigegebenen Kammerdiener, einem Araber, auf höchst vertraulichem Fuße, wie ein Hund ihm allenthalben folgend. Entfernte sich der Wärter auf kurze Zeit, so wurde er sehnsuchtsvoll durch das laute Grunzen seines Pfleglings an die Rückkehr gemahnt. Es mochte seinen Haushofmeister keinen Augenblick entbehren, selbst schlafen mußte derselbe mit ihm gemeinschaftlich. Endlich, beim Beginn des Frühlings, trat das Nilpferd mitsamt seinem Wärter die Reise nach Europa an, zuerst mit dem Kanalboot nach Alexandria. Hier wartete der englische Dampfer „Ripon", um das Kleinod dem heimischen Tiergarten zuzuführen. Bei feiner Einschiffung hatten sich zirka 10.000 Menschen als Zuschauer eingefunden. Auf dem Schiffsdeck wurde dem Wundertier eine eigens für diesen Zweck erbaute Behausung angewiesen, von dem, auf Stufen abwärts führend, sich ein mit Wasser gefülltes Bassin befand, dem Tiere zum hauptsächlichsten Aufenthalte dienend. Alle zwei Tage wurde das Wasser erneuert. Am 25. Mai 1850 langte das sehnlichst erwartete Ungetüm in Southampton an. Ein Extrazug brachte es zur Stadt. Mit fliegender Eile verbreitete sich die Kunde von seiner An- fünft. An allen Stationen harrte das neugierige Volk, doch vergebens; zu sehen war nichts, nur der arabische Geleitsmann steckte dann und wann seinen Kopf durch eine Luke, um Luft zu schöpfen oder wohl auch in Verwunderung über den Aufruhr der vielköpfigen Menge. Angelangt am zoologischen Garten, stieg Hamet Sasa Cannana — so hieß der Araber — über die Schulter seinen Dattelsack gehängt, aus und ihm nach trottet das kleine plumpe Ungeheuer, sein Nilpferd. Bereits war es Abend und beide gingen zur Ruhe. Am nächsten Morgen fanden sich vornehme Stimme geltend, um dem Wärter kundzutun, daß es ein Bad zu nehmen wünsche. Der Araber verstand die Sprache des Nilpferdes. Die Tür zum Bassin wurde geöffnet und voraus der Araber, ihm auf den Fersen das Nilpferd, schritt man zum Morgenbade. Obaisch, so hatte man das Tier getauft, löschte zuvörderst seinen Durst, tauchte dann den Kopf ein, ihm nach den ganzen Leib, schwamm und kugelte sich ringsum, hob von Zeit zu Zeit seinen unförmlichen Kopf, um Luft zu schöpfen oder mutwillig in die hölzerne Umzäunung zu beißen. Neues Leben hatte sich über die noch Besucher ein, unter ihnen der berühmte Owen. Er war einer der ersten und fand das Tier anscheinend noch schlafend, auf der Seite liegend, in Stroh gebettet; den Kopf hatte es gegen den Stuhl gestemmt, in welchem sein unzertrennlicher Genosse saß und schlief. Dann und wann grunzte das kleine Scheusal behaglich, lüftete wohl auch seine Augenlider, nach dem Mann im Sessel lugend, um sich über dessen Anwesenheit zu vergewissern. Jetzt richtete es den massiven Kopf empor, öffnete den greulichen Rachen, seine Zähne an dem Stuhlbein probierend, erhob sich endlich, schlenderte in seinem Gemach umher und machte, in nicht besonders zarter Weise, seine eben schlaftrunkene Bestie ergossen und sämtliche gelehrten Beobachter waren darüber einig, daß ein Nilpferd nur im Wasser das ist, was es sein soll. Auf den Ruf des Arabers stieg das Tier ans Land, ging zum Schlafkabinett zurück und lagerte sich auf sein Strohbett, mit dem Kopf auf einem ausgestopften Sack ruhend. Es schlief. Beim Erwachen war sein erster Blick nach dem Wärter gerichtet. Als es ihn nicht erblickte, auch unter den Anwesenden nicht sah, erhob es sich auf seine Hinterbeine und rüttelte mit solcher Macht an der Umzäunung, daß den Zuschauern angst und bange wurde und sie erschreckt zurücktraten. Eiligst wurde der Araber herbeigeholt, welcher seinen Pflegling bald durch die Verabreichung seines Frühmahls beruhigte. Es erhielt seine Portion Milch, welche man als Übergang von der Säuglingsdiät zur konstanten Ernährung bereits reichlich mit Maismehl verdickte. Das Tier gedieh bei solcher, sich den Lebensbedürfnissen Schritt für Schritt anpassenden Ernährung ganz vortrefflich; sein vollgestopfter Leib glich gar bald, wie die Engländer zu sagen beliebten, einer ungeheuren Gummiflasche mit vier Beinen. Aus dem ewig milchhungrigen Säugling ist schließlich ein Koloß von 80 Zentnern geworden. Das dumme, harmlose Gesicht des jungen Tieres hatte einen Ausdruck mürrischer Bestialität angenommen und kein Zeichen seiner Kindheit haftete mehr an ihm außer der breitspurigen Rumpfnarbe, die es dem Bootshaken jenes nubischen Jägers verdankte. Ilm das Tier durch Geselligkeit sanften Regungen zugänglich zu machen und auch jungen Nachwuchs zu erzielen, beschloß man in London, diesem berühmt gewordenen Nilpferd eine Gefährtin zu geben. In derselben Weise wie vorher ging man ans Werk. Man bemächtigte sich am oberen Nil eines zweiten Nilpferdchens, diesmal eines weiblichen Geschöpfes, welches in einem Netze gefangen, unverwundet seinen nächsten Bestimmungsort erreichte. Bon dort aus wurde es in der früher beschriebenen Weise nach Europa befördert. Der Erfahrung entsprechend, war seine Nahrung diesmal vornweg mit Mehl eingedeckte Ziegenmilch, deren es täglich so viel zu sich nahm, wie 28 Ziegen hergaben. Wohlbehalten langte auch dieses zweite Tier im Jahre 1853 in London ein. Der neue Ankömmling erhielt ein besonderes Obdach und einen eigenen Wärter, der sich mit dem kleinen Unhold so vortrefflich verstand, daß er ihm sogar seinen Körper als Kopfkissen während der Ruhezeit überlassen konnte. Die ganze Londoner Welt nahm Anteil an dem Geschick dieser Nilpferde. Die Zahl der Besucher des Tiergartens, welche vor Ankunft des ersten Nilpferdes zirka 168.000 betragen hatte, erhöhte sich im Jahre 1850 auf SbO.OOO. Der Andrang des Publikums steigerte sich, zumal in den ersten Wochen nach Ankunft des ersten Wundertieres, dermaßen, daß die Direktion des zoologischen Gartens sich genötigt sah, ein Amphitheater rings um die Wasserwiege des Nilpferdsäuglings zu errichten; da stand nun die verwunderte Menge, fast atemlos den Bewegungen des jungen Ungeheuers folgend, ohne zu ermüden. Auch die Presse beschäftigte sich lebhaft mit dem jungen Unhold, ganz besonders bearbeitete der „Punch" den dehnbaren Stoff mit Stift und Feder. Auch in Statuenform verbreitete man des Tieres Bildnis, sogar „Quadrillen ä la Nilpferd" wurden der verzückten Menge angemutet, kurzum, alles öffentliche Leben drehte sich eine Zeitlang um das merkwürdige Tier und so ward das erste europäisch-englische Nilpferd zu einer Berühmtheit wie Wellington oder Cromwell. Th. Hoppe. Denke ein wenig nach! Die südafrikanische Zeitung „The Southern Cross“ („Das Südliche Kreuz") schreibt in Nr. 192: „Nichts in der Welt ist so billig wie die Religion. Der Katholik wünscht, Geistliche und Schwestern jederzeit zu seiner Verfügung zu haben, ohne manchmal viel daran zu denken, ihre Dienste entsprechend zu vergüten, während er willig jeden Preis erlegt, den Theater oder andere Unterhaltungen fordern. Bei einem katholischen Unternehmen dauert es oft Jahre, bis eine kleine Schuldenlast abgetragen wird, die ein Geschäftsmann oder Theaterleiter in wenigen Monaten aus der Welt schafft. Das ist eine Wahrheit, und zwar eine solche, die uns Katholiken wenig zur Ehre gereicht. Wir bekennen, daß die Religion die wichtigste Angelegenheit unseres Leben sei, wir wissen, daß ihre Erhaltung und Ausbreitung der Stütze an Geld bedarf, da sie sowohl mit menschlichen als mit göttlichen Mitteln arbeitet; nichtsdestoweniger aber kommt uns bei jeder Gelegenheit, da man uns auffordert, kirchliche Zwecke zu unterstützen, die Versuchung, zu brummen, während wir gern bereit sind, für alles, was zu unserem leiblichen Behagen oder Ergötzen beiträgt, zu zahlen und viel zu zahlen." Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Söhne des heiligsten Herzens Jesu in Graz, Paulustorgasse 10. Verantwortlicher Schriftleiter: Isidor Kronfteiner, Laienbruder, in Graz, Paulustorgasse 10. Universitäts-Buchdruckerei „Styria" in Graz.