Erläuterung der v kutschen Reichsgeschichte nach Pütters Grundriß der StaatSveränderungen des teutschen Reichs. Denjenigen, welche die öffentlichen Vorlesungen über die¬ sen Gegenstand besuchen oder sich durch Privatfleiß AU Prüfungen tzvrbereiren, zum Nachlesen gewidmet. Von den ältesten Zeiten bis Rudolf von Habsburg- Wien, bey Christian Friedrich Wapplrr, r/94. Vorbereitung. H. k. Zweck und Eigenheiten-der teutschen Reichsgeschichte. ^§)ie eigentliche Bestimmung der teutschen Reichsgeschichte ist, um daraus die Ent¬ stehung, Ausbildung und gegenwärtige Verfas¬ sung des teutschen Reichs kennen zu lernen. Zu diesem Ende ist es nöthig, in die vorigen Zeiten, so hoch man hinaufkommen kann, zurückzugehen. Denn Teutschland hat nie eine Totalrevolution er, litten; das teutsche Staarsgebäude ist nie auf ein- mahl vom Grunde aus eingerissen, und an dessen Stellx ein ganz neues aufgeführet worden Nur vartiäle Veränderungen waren es, die man von Zeit zu Zeit daran gemacht hat. Man hat bald hier einen Stein weggenommen; bald dort einen hinzugejetzt; bald an einem dritten Orte eine Aus- besserung angebracht, bis endlich daraus allmäh- lig die heutige Verfassung entstanden ist. Es ver, hält sich also in Teutschland die Sache ganz au, A s ders 4 ders, als in manchen andern Reichen, wo sich in neuern Zeiten solche Staatsveränderungen zugetra, gen haben, daß darüber deren altere Geschichte zur Kenntniß ihrer gegenwärtigen Verfassung groß« tentheils entbehrlich, und beynahe nur ein antigua- risches Studium geworden ist. In Tcutschland bleibt die Geschichte immer das wichtigste Hülfs- mittel, um sich einen richtigen Begriff von unse¬ rer gegenwärtigen Verfassung zu machen. Die teutsche Neichsgeschichte hat in jedem Zeitalter sol¬ che Dinge aufzuwcisen, die entweder. noch jetzt im Gange, oder doch unumgänglich zu wissen sind, um sich viele einzelnen Stücke unserer heutigen Scaatsverfassung erklären zu können. So gründet sich die Verfassung des teutschen Reiches, wie sie heut zu Tage bestehet, zunächst in den Zeiten des westfälischen Friedens. Um den Grund der An- ordnungen des westfälischen Friedens aufzufin- den, muß man auf die Veränderungen zurückge¬ hen, die sich unter Karl V. und Maximilian I. ereignet haben. Diese Veränderungen lassen sich wieder nicht erklären, ohne von dem Zustande der mittleren Zeiten unterrichtet zu seyn. Den Zu, stand des Mittelalters klären uns wieder in man- chen Stücken erst Dinge aus der fränkischen Staatsverfassung der Karolinger und Merovinger hinlänglich auf, und die fränkischen Staacseinrich- tungen erhalten abermahl aus den vorhergegange, neu Völkerwanderungen und den ältesten Nach, richten, die wir von Teutschland haben, vieles Licht. So hängt in der teutschen Neichsgeschichte alles, wie eine Kette zusammen, wovon man kein Glied überspringen kann, ohne sich der Gefahr ausgesetzt zu sehen, die Erfahrung zu machen, daß 5 daß man den Leitfaden verlohren habe, dem man nothwendig folgen muß, um zu einer gründlichen Kenntniß der gegenwärtigen Staatsverfassung des leutschen Reichs zu gelangen. Außerdem kommt die teutsche Reichsgeschichte auch als ein Theil der europäischen Staatcnge- schichte in eine vorzügliche Betrachtung. Jeder, dem es darum zu thun ist , sich mit der europäi¬ schen Staatengeschichte genau bekannt zu machen, muß sich das Studium der leutschen Reichsge¬ schichte besonders angelegen seyn lassen. Denn l ) gehörten einst verschiedene Länder zum leutschen Reiche, die heut zu Tage entweder unabhängige Staaten ausmachen, oder als Provinzen fremder Staaten erscheinen. Beyspiele vom ersten haben wir an der Schweitz und den vereinigten Nieder¬ landen ; vom letzten an Elsaß und Lothringen. Die Geschickte solcher Staaten, die entweder ganz oder zum Theil aus ursprünglich teutschen Ländern be¬ stehen , muß durch die teutsche Reichsgeschichte desjenigen Zeitraums , da diese Länder noch zu Teutschland gerechnet worden, ergänzet werden; sonst wurde sie unverständlich, ohne Zusammen, Hang und mangelhaft seyn. 2) Enthält die teutsche Reichsgescklchte eine Menge solcher Begebenheiten, die auf ganz Europa, oder doch auf mehrere eu¬ ropäische Staaten vorzüglichen Einfluß gehabt ha¬ ben. Die Ursacken davon sind leicht aufzufinden. Die teutschen Könige haben die römische Kaiser¬ würde an sich gebracht, und den römischen Kaiser hat man nach dem Völkerrechte des Mittlern Zeit- alters als das weltliche Oberhaupt des christlichen Europa angesehen. Wegen dieses Vorzuges sei- ner 6 ner Regenten kam das teutsche Reich von Zeit zu Zeit fast mit jedem andern europäischen Reiche in politische Verhältnisse, wodurch nokhwendig die Geschichte der übrigen europäischen Staaten mit der teutschen Reichsgeschichte in eine viel engere Verbindung gesetzt wurde, als die Staatsgeschich¬ ten anderer von einander enkferntern Reiche Eu- ropens durch das ganze Mittelalter hindurch mit einander stehen. Uiber dieß liegt Teutschland fast mieten in Europa. Die darin sich ereignenden wiclchgern Auftritte, wozu ohnehin das teutsche R.ich theils wegen feiner G öße, thcils wegen seiner besondere, Verfassung mehr Stoff als i.gcnd ein anderer Staat zu geben fähig ist, kbnnen da¬ her um so leichter ihre Wirkung auf das übrige Europa äußern. Die einzige Kirchenreformation, welche im i6ren Jahrhundert in Teutschland be¬ gann , was für Bewegungen und Veränderungen hat sie nicht rings umher in den europäischen bän¬ dern nach sich gezogen? ' Die ganz eigene Verfassung des teutschen Reicks hat auch eine besondere Eigenheit der teutschen Geschichte zur Folge. Diese bestehet darin, daß in Teutschland eine doppelte Staats? geschlchte statt findet. Es läßt sich zwar in jedem Staate, der mehrere Provinzen in sich begreift, die allgemeine Geschichte des ganzen Staates von der besonder» Geschichte jeder einzelnen Provinz unterscheiden. Allein wenn diese Provinzen zu¬ sammen nur einen einfachen Staat ausmachen, das ist, wenn sie nur unter einer Regierung ste¬ hen, nur einen Regenten haben, so hat doch ein solcher Staat im Grunde immer nur eine Staats- geschieh- 7 geschützte. Die Geschichte des regierenden Hauses enthalt die ganze Staatsgeschichte eines solchen Reichs. Anders ist es in zusammengesetzten Staats, kö-.pern, deren Bestandtheile wieder eigene b-lon, dere Staaten sind. Hier läßt sich eine allgemeine Staatsgeschtchte, die den ganzen zusammengesetz, ten Staatskörper umfaßt, und eine drsonbere, die sich nur mit diesem oder jenem einzelnen bezon- dern Staate abgidl, gedenken. Ber-fpieie von zu, sammengesetzten Stamskörpern haben wir an den sogenannten Staärensvstcmen, als da sind die schweizerische Eidgenossenschaft und die Repub- lik der vereinigten Niederlande, deren jene aus dreizehn Cantonen, diese aus sieben Provinzen be, stehet. Jeder Lanton der crstern und jede Pro- dinz der letzter« ist, was die innere Negierung be¬ trifft , völlig unabhängig, macht einen besonder« Staat aus, und kann seine eigene Staatsgeschichre haben. Allein in sofern die dreizehn Cantone und die sieben Provinzen zur Handhabung ihrer äußern Sicherheit durch einen Bund miteinander vereinigt sind bilden sie einen Sraatskörper, und in die¬ ser Rücksicht gibt es auch eine allgemeine Staars- geschichte der Schweiz und der vereinigten Rieder, lande. Auch das teutsche Reich gehört in die Zahl der zusammengesetzten Staatskörper. Ls besteht aus einer Menge besonderer Staaten. Jeder der¬ selben hat seine eigene Regierung, mithin auch seine besondere Staatsgeschichte; aber alle zusam» menqenommen, in so weit sie unter einem gemein, schaftlichen Qberhaupte, dem Kaiser, mit eman, der verbunden sind, und ein Ganzes' ausmame" , haben wieder eine allgemeineStaacSgeschichte. r se allgemeine Geschichte Teutschlands, a s emes 8 zusammengesetzten StaatskörperS nennt man die teutsche Relchsgeschichte; die Geschichte hinge, gen der einzelnen teutschen Staaten, aus denen das teutsche Reich zusammengesetzt ist, trägt den Nahmen der Specialgeschichte, Territorialge¬ schichte, besonderen Staatsgeschichte. Eine Sack, lung mehrerer oder aller teutschen Specialgeschich¬ ten würde eine teutsche Staatengeschichte geben. Die teutsche Relchsgeschichte ist wichtiger und reichhaltiger, als die allgemeine Staacsgeschichte der Staatensysteme; denn da die Staaten, aus den ein Staatensystem bestehet, unter keinem gemeinschaftlichen Oberhaupte stehen, sondern je¬ der für sich ganz unabhängig regieret wird; so kann es nicht leicht geschehen, daß innere Verän¬ derungen ein Gegenstand der allgemeinen Geschichte eines Staatensystemö werden, weil es sich nur sel, ten ereignet, daß selbe auf das ganze Staatensy, stem einen Einfluß haben. Mehrentheils liefern nur die auswärtigen Verhältnisse den Stoff zur allgemeinen Geschichte der Staatensysteme. In Teutschland hingegen können auch innere Begeben- heiten vielfältig für die Geschichte des ganzen Reichs merkwürdig werden; denn alle besondern teutschen Staaten erkennen eine gemeinschaftliche höchste Gewalt über such. Da kann es nun nicht fehlen,, daß entweder von der höchsten Gewalt selbst nach Maßgabe der teutschen Gesetze innere Veränderungen, die auf den Zustand des Reichs im Ganzen Beziehung haben, bewirket, oder daß «auch Vorfälle, die sch ohne Zuthun der höchsten Gewalt in diesem oder jenem teutfchen Staate er¬ eignen, durch die nachherige Dazwischenkunft der¬ selben y selben zu allgemeinen Reichsangelegenhe'tten ge, macht werden. So kann ein neues Reichsgesetz, oder eine Revolution im Stifte süttich ein für die teutsche Reichsgeschichte nicht unerheblicher Ge¬ genstand seyn. Da nun die allgemeine teutsche Reichsgeschichte lehren soll, wie Teutschland über¬ haupt nach und nach zu seiner besondern Verfas¬ sung gekommen sey; so muß sie auch oft aus der Svecialgeschichte der einzelnen teutschen Staaten solche in denselben vorgegangene Veränderungen, die nicht ohne merklichen Einfluß auf den ganzen teutschen Staatskörper geblieben sind, aufnehmen, und den besondern Ancheil zeigen, den etwa ein oder das andere Glied des teutschen Reichs an die¬ sen oder jenen allgemeinen Reichsbegebenheiten ge¬ habt hat. Es verhalten sich daher die besondern Geschichten der teutscheq Staaten zu der allgemeinen Reichsgeschichte beyläufig eben so, wie in der Geo¬ graphie die Specialcharren zu den Generalcharten. So wie man in die Generalcharte eines Staates aus den Specialcharten der einzelnen Theile dessel, ben nur jene Ortschaften überträgt, die dazu die, nen, sich einen richtigen Begriff von dem Umfan, ge, der fage und Einteilung des ganzen Staates zu machen, eben so hebt man in der allgemeinen teutschen Reichsgeschichte aus den Specialgeschich- ten der einzelnen Reichsländer nur solche Data heraus, welche notwendig sind, um eine zusam¬ menhängende Kenntniß von den Schicksalen und dem gegenwärtigen Zustande des ganzen teutschen Reichs zu erlangen. 2. IH ' 8. 2. Quellen der Reichsgeschichte. Als Quellen der teutschen Reichsgeschichte, woraus wir die historischen.Nachrichten von unse¬ rem Vaterlande schöpfen, und wodurch wir auch in den Stand gesetzt werden, Uber die Gewißheit jeder einzelnen Begebenheit eigene Nachforschun¬ gen anzustellen, . sind zu betrachten » ) die Ge¬ schichtschreiber; 2) die Urkunden, Z) die Denk- mcihler und 4) die Staatsschriften. Die Geschichtschreiber müssen gleichzeitig und glaubwürdig seyn, damit man versichert seytt könne, daß sie die Wahrheit haben sagen können und wollen, llm beurtheilen zu können, ob ein Geschichtschreiber diese Eigenschaften habe, muß man sich mit der historischen Critik, die in der jchgik und in der Einleitung zur allgemeinen Welt¬ geschichte gegeben wird, bekannt machen. Weil es aber zu mühesam seyn würde, wenn Zeder, der deinen Geschichtschreiber benutzen will, erst ei- gene Untersuchungen Uber dessen' Glaubwürdigkeit anstelle» müßte; so haben sich teutsche Gekehrte gefunden, welche uns Beschreibungen der Ge¬ schichtschreiber älterer und mittlerer Zeiten gelie¬ fert haben, aus denen man sich über den histori¬ schen Werth eines jeden unterrichten kann. Eini¬ ge solcher Beschreibungen macht unser Verfasser in der Note a. nahmhaft Jüngst hat sich m die¬ sem Stücke noch Hegewisch ausgezeichnet. Es wäre sehr zu wünschen, daß er seine Arbeit fort¬ setzen n setzen möchte. Auch bemühen sich in neuern Zei¬ ten die Herausgeber der alten Geschichtschreiber w ihren Vorreden dieselben zu würdigen. Solche schichtschreiber, die zu Quellen der teutsch- schichte dienen, sind entweder noch und , rr '' einseln-'n Abbrütkm erschienen, o.er in --.auze»; SaM'ttliMgrn heraus gekommen. Dergi >chey Sammiunaen sind unter dem Nahmen u(rerlULuicarum bekannt. Mehrere füh¬ ren ihren Nahmen auch von den besonder« teutschen wandern, zu deren Geschichte sie die wichtigsten Beyträge enthalten': z. B. Leri^tores rerurn ^.u- 1isi.rc^rum, Loieerruin, Lrunsviceyliuna. Ein Verzeichuiß davon gibt unser Verfasser in der No- te c. Außer diesen leisten auch ähnliche Samm¬ lungen der Geschichtschreiber von andern benach¬ barten Staaten, besonders der französischen und italianischen, für die teutsche Geschichte gute Dien¬ ste , nicht nur weil überhaupt die Geschichten be¬ nachbarter Völker vielfältig in einander greifen, sondern auch weil Deutschland bis zur Theiiung der Söhne Ludwigs des Frommen ein Theil der fränkuchen Monarchie war, und hinwiederum man¬ che Provinz, die heut zu Tage ein Bestandtheil Frankreichs ist, einst zum teutschen Reiche gehör¬ te Italien aber durch die von dem teutschen Kö¬ nige Otto I. gemachte und seitdem beybehaltene Erwerbung des itaiiänischen Königreichs und des römischen Kaiserthums mit Teukschland in eine nähere Verbindung kam. Deßwegen führt auch unser Verfasser in der eben angezeigten Note die vornehmsten Sammlungen der französischen un italiänischen Geschichtschreiber an. Den Gebrauch der Geschichtschreiber erleichtern uns gut eingench-- 1» tete Verzeichnisse und dienliche Excerpte° Ein alphabetisches Verzeichniß der Geschichtschreiber haben wir von Finke. Es dient dazu, um so« gleich zu erfahren, in welcher Sammlung man die¬ sen oder jenen Geschichtschreiber zu suchen habe. Ein chronologisches hat zuerst Freher entworfen, und hernach Hamberger vermehrt und verbessert herausgegeben. Dieses hat noch einen andern Nu¬ tzem Man kann daraus auf einmahl die Schrift, steiler übersehen, welche die Geschichte eines ge¬ wissen Zeitraums beschrieben haben- Die Titel dieser Verzeichnisse finden sich bey unserm Verfas¬ ser in der Note cl. Zu bedauern ist es, daß diese Verzeichnisse schon etwas älter sind, folglich viele erst in den neuesten Zeiten edirte Geschichtschreiber nicht enthalten. Die Excerpten, das ist, einzel¬ ne merkwürdige Stellen aus den alten Geschjcht, schreibern, die in einigen publicistischen oder histo- rischen Werken, z. B. in Pfeffingers Vitri^rlus iliulirLrtus, in Struvs üiltorise nicse häufig angetroffen werden, sollten eigentlich nur aus der Noth helfen, wenn man die gr'ößern Sammlungen nicht bey der Hand hat; und,noch dann müßte man eine Stelle, auf die vieles ankommt, in der Sammlung selbst, woraus sie gezogen wor¬ den, besonders wenn davon später eine verbesserte Auflage erschienen ist, nachzufchlagen nicht unter¬ lassen ; allein nur gar zu oft werden dergleichen excerptenreiche Werke dazu benutzt, um sich durch ' vieles Citiren das Ansehen zu geben, daß man selbst alle Geschichtschreiber, auö denen man Stel¬ len anführet, gelesen habe. Die rZ Die Urkunden sind schriftliche, nach gewiss sen Formeln und Sicherheitscurialien abgefaßte Aufsätze über festgesetzte Rechte und Verbindlichkei¬ ten. Dahin gehören die Friedensschlüsse, Bünd¬ nisse, Verträge, Reichsschlüsse, Privilegien, Be¬ fehle der Obern rc. Die Urkunden müssen den Ge¬ schichtschreibern in so weit nachstehen, als ihr Ge¬ genstand meistens nur einzelne Handlungen sind, und sie die Veranlassungen und den Zusammen¬ hang der Handlungen im Großen nicht zeigen ; aber über einzelne Facta leisten sie die sicherste Ge- währ, weil sie von den intereffircen Partheyen selbst aufgesetzt werden, und nicht leicht einen we- senclichen Umstand der Sache anzugeben unterlas¬ sen. Ost ist eine ganze Reihe von Handlungen bekannt, ohne daß man im Stande wäre, die Ur¬ sachen und die Verkettung derselben mit einander einzusehen, weil die handelnden Personen es ihrem Interesse gemäß fanden, einige Umstände nicht be¬ kannt werden zu lassen. Eine Urkunde, die ge¬ heim gehalten wurde, enthält vielleicht diese Um¬ stände , und klärt, wenn sie an das Tageslicht hervorgezogen wird, die ganze Folge der Vorfälle auf. Schriftliche Berichte, und andere dergleichen Briefe gehören zwar im strengen Verstände nicht in die Zahl der Urkunden, wiewohl sie gemeinig¬ lich auch unter diestm Nahmen begriffen zu werden pflegen; sie können aber doch den Geschichtschrei¬ bern guten Nutzen schaffen, besonders wenn man versichert ist, daß der Verfasser von- dem Gegen¬ stände, wovon er redet, wohl unterrichtet gewe¬ sen sey, und es ihm nicht an Unpartheylichkeit gefehlet habe. Die Urkunden, aus denen man einen historischen Beweis führen will, müssen ächt seyn. ;4 seyn. Die Acchcheit der Urkunden zu beurtheilen, und selbe von unterschobenen und verfälschten Auf, sätzen zu unterscheiden, lehret die Diplomatik, eine Wissenschaft, die erst in neuern Zeiten ent¬ standen ist. Ihren Ursprung verdanket sie den Streitigkeiten, die zu Anfang des vorigen Jahr¬ hunderts in Teutschland über einige zur Behaup¬ tung gewisser Rechte vorgebrachte und von der Gegenpanhey in Zweifel gezogene Urkunden er, wachsen sind. So wollte der Erzbischof von Trier seine landeshoheit über das Stift St. Maximin, und das Stift zu sindau seine Ansprüche auf die Reichstadt findau durch Anführung alter Urkun¬ den dmthun. Allein über die Aechtheit dieser Ur, künden wurden grosse Bedenklichkeiten und Zwei¬ fel erhoben. Dieses veranlaßte einige teutsche Ge- lehrte, die Criterien aufzusuchen, durch welche falsche Urkunden von ächten unterschieden werden konnten. Endlich hat Mabillon in seinem berühm¬ ten Werke cle re cli^IoiriLtic-r diese Regeln in ein System gebracht, und so der Diplomatik die Ge, statt einer Wissenschaft gegeben, an deren Ver, vollkommung seitdem mehrere Manner mit gutem Erfolge gearbeitet haben. Die vorzüglichsten zur Diplomatik gehörigen Schriften werden von un, serem Verfasser in der Note k. angezeigt. In Oesterreich hat sich der Abt von Göttweih, Gott¬ fried Beste! in seinem ?roclrornu8 nck Lttioni- con Loki^icenlb, welches, ungeachtet es schon lange ganz fertig seyn soll, zum großen Schaden der österreichischen Geschichte noch immer nichc ge- druckt wird, um die Diplomatik besonders verdient gemacht, und auch P. Gruber, Professor der Di, plomatik an der hiesigen Universität, hac ein für Anfän- . rZ Anfänger brauchbares diplomatisches Buch ge¬ schrieben. Einige Kenntniß von der Diplomatik ist jedem aufgeklärten Manne nützlich, um über europäische Staarshändel, die oft einen diploma¬ tischen Streit zum Grunde haben, für sich ein Ur- theil fällen zu können. So berührte der Zwist zwi¬ schen Oesterreich und Preußen bey dem letzten bayerischen Successionsfall vornehmlich auf einer von Seite Preußens producirten Urkunde. Eine nothwendige Wissenschaft aber ist die Diplomatik für Staatsmänner und Vorsteher der Archive, wel¬ che Deductionen der Fürsten zu verfassen haben, wie auch für Geschichtschreiber von Profession. Nachdem man die Wichtigkeit der Urkunden im¬ mer mehr einzusehen gelernet hat, kamen auch im¬ mer mehrere davon zum Vorschein. Theils wurden sie historischen Werken und Deductionen eingeschal¬ tet oder als BeylagM angehänget, theils wur¬ den eigene diplomatische Sammlungen veranstal, tet. Einige dieser Sammlungen macht unser Ver, faffer in der Nore Z. nahmhaft. Um den Ge¬ brauch der zerstreuten Urkunden zu erleichtern, hat man Verzeichnisse derselben (keZelta oderlnven- i-rria. cli^iornatica) verfertiget, worin ein kurzer Auszug der gedruckten Urkunden mit deren Da¬ tum und dem Werke, wo selbe ganz zu finden sind, angezeigt wird. Die wichtigsten Urkundenverzeich- niffe, die bisher zu Stande gekommen sind, kann Man aus der Note 1i. unseres Verfassers kennen lernen. Ein vollständiges Verzeiebniß aller in die Deutsche Geschichte einschlagenden Urkunden ist kaum jemahls zu erwarten. Die Geschichten einzelner teutschen Staaten könnten viel leichter von fleißi¬ gen iS gen Bibliothekaren damit versehen werden, wo- vurch sie nicht wenig gewinnen würden. Unter die Denkmahler sind die Siegel, Mün, zen, Grabsteine, Ehrensäulen und andere Monu- mente, wodurch das Andenken einzelner Thatsa- chen oder grosser Männer der Nachwelt ausbewah¬ ret wird, zu zählen. Sie können bisweilen wie die Urkunden gebraucht werden. So kann man aus Siegeln den Titel eines Fürsten oder das Land, wo er geherrschet hat; aus MÜNZM die Regentenfolge in einem Lande oder den Zeitpunkt, in den die Regierung dieses oder jenes Fürsten fällt, erkennen. Aus Grabsteinen läßt sich das Sterbjahr und das Ende der Regierung eines Für¬ sten erweisen. Eine Ehrensäule oder ein anderes Monument kann eine merkwürdige That irgend ei¬ nes Mannes oder sonst ein Ereigniß, die Gegend, wo, und die Zeit, wann sich selbes zugetragen, dem forschenden Geschichtschreiber entdecken. Doch ins Grosse, wie Jedermann leicht einsieht, gehet diese Quelle nicht, und sie ist auch nicht ohne alle Vorsicht zu gebrauchen; denn es können z. B. die Siegel falsch gestochen, die Münzen später, als die darauf stehende Jahrzahl anzeigt, geprägt worden seyn. Die Staatsschriften unterscheiden sich von Urkunden darin, daß diese nur über schon wirklich festgesetzte Rechte und Verbindlichkeiten verfaßt werden ; jene hingegen die ganzen Unterhandlung gen bey einem Geschäfte oder weitläufige Aus¬ führungen gewisser Rechte und Verbindlichkeiten ent- 17 «üchalttn. Diese letzte Quells der Reich sgefchichte hat sich erst in den neuern Zeiten eröffnet. Unsere Vorfahren waren keine siebhaber von vielen Schrei- bereisen. Sie pffogen ihre Unterhandlungen Münd¬ lich, führten auch darüber keine Protocdlle. Nuk nach geendigten Negotiationen setzten sie über das Resultat derselben, über das verglichene Recht oder die bestimmte Verbindlichkeit eine Schrift auf» Eben so machten sie ihre Ansprüche der Welt nicht in ausführlichen Deduktionen bekannt, sondern suchten, wenn man ihnen ihr vermeintes Recht, an welches sie etwa durch einen Boten oder Brief den andern Theil erinnern ließen, nicht sogleich zugestand, selbes mit dem Degen in -der Faust gel¬ tend zu machen, und ohne langen Schriftwechsel den Gegenlhei! mit Gewalt zur Erfüllung der über¬ nommenen Verbindlichkeit zu zwingen. Zn neuem Zeiten gehet es in diesem Stücke ganz anders zu» Richt bloß das, worüber man endlich durch dis Unterhandlungen übereinkommt, wird schriftlich aufgesetzt , sondern die Verhandlungen selbst wer- ' den Meistens schriftlich eingeleitek, wenigstens wird der ganze Gang derselben fleißig protocollirt, und über die angesprochetien Rechte werden lange De¬ duktionen herausgegeben. Dergleichen Papiere be- greift man nun unter dem Nahmen der Staats¬ schriften. Den Staatsschriften sind eigene Samm¬ lungen gewidmet, wovon einige in der Note I. un¬ seres Verfassers verzeichnet stehen. Diese Samm, lungen sind entweder besondere, welche nur die bey gewissen Anlässen, z. B- über den schmalkaldi, sehen Bund, über den westphälischen Frieden re. erschienenen Staatsschriften enthalten, oder aÜgr- Meine, welche Sraatsschriften über allerley Ge- B gen- 18 genstände aufnehmen. Unter den letztem ist besom ' ders Fabers europäische Staatscanzley zu merken, welche in nZ Bänden die Staatsschriften von ganz Europa vom I. 1697 bis 1760 enthält. Von die¬ sem Jahre fangt die neue europäische Staatscanz, ley an, gehet bis auf das Jahr 1782, und ent¬ hält ZK Bände, wovon sich aber mehrere schon bloß auf teutsche Staatssachen einschränken. Seit¬ dem wird dieses Werk vom Professor Reuß zu Stuttgard unter dem Nahmen der keutschen Staats, canzley fortgesetzt, wovon bisher Zi Bände her- ausgekommen sind. Die teutsche Staatscanzley hat noch einen zweyfachen Anhang, deren einer für die merkwürdigem Deduktionen und Urkunden (bis, her in 8 Bänden); der andere für solche Sachen, welche die reichsgerichtliche Verfassung und Praxis betreffen ( bisher m z Bänden ) bestimmt ist. / HülfsmitLeln zur Reichsgeschichte. Zu HÜlfsMitteln in der teutstben Reichsge, schichte dienen uns i) historische Wörterbücher, durch die wir in den Stand gefetzt werden, über eine Person, deren in einem systematischen Ge, schichtsbuche oft nur obenhin gedacht werden kann, sogleich, wenn es uns beliebt, eine nähere Erkun¬ digung einzuhohlen. 2)Gesammelte Lebensbeschrei¬ bungen oder Biographien, worin der Mann in seinem ganzen Wirkungskreise vorgestellet wird. Dadurch erhält -er Leser oft Aufschlüsse über Sa, chen. '9 chen, die er sich aas dem, was in einer allgemei¬ nen Reichsgeschichce davon gesagt wird, nicht so leicht erklären konnte, z) Geographische Werke; denn es kommt oft vieles auf die Kenntniß des Ortes an, wo eine Handlung vor sich gegangen ist, um sich einen richtigen Begriff davon machen zu können. Die Theilungen der Länder, die so häufig in der teutschen Reichsgeschichte vorkommen, würden ohne Voraussetzung der Geographie unver¬ ständlich seyn. Es ist für einen Historiker nicht einmahl hinreichend, bloß die heutige Geographie zu wissen, sondern er muß auch Kenntniß der al- ren und Mittlern Geographie haben. Sonst würde er einen alten Geschichtschreiber entweder gar nicht verstehen oder mißverstehen; denn die Nahmen der Ortschaften und die Gränzen der Länder haben sich durch die Zeitfolge sehr geändert. 4) Chro¬ nologische und synchronistische Tabellen. Ueber, Haupt ist ohne Chronologie die Geschichte ein Chaos durch einander geworfener Thatsachen; aber zu¬ gleich ist es eine nicht geringe Schwierigkeit, die man bey dem Studium der Geschichte fühlt, sich Vie Begebenheiten in ihrer chronologischen Ord¬ nung zu merken. Daher haben Tabellen, die un¬ serem Gedächtnisse in Ansehung der Zeitrechnung zu Hülfe kommen, und woraus wir uns nöthigen Falls sogleich Raths erhöhten können, ihren un¬ verkennbaren Nutzen. Noch bessere Dienste aber leisten in der teutschen Reichsgeschichte die syn- chronistischen Tabellen ; denn da Teutschland ein aus vielen einzelnen Staaten zusammengesetzter Staatskörper ist, so ist es sehr bequem , aus der¬ gleichen Tabellen gleichsam mit einem Blicke M übersehen, was es zur nämlichen Zeit in den ver- B 2 sch" 20 schiebenen teutschen Staaten für Regenten und wich¬ tigere Vorfälle gegeben habe, s ) Genealogische Tabellen, welche dazu dienen, die Abstammung und Verwandtschaft der, erlauchten Häuser, wie auch die in der teutschen Geschichte häufig vorkom¬ menden Succeffionsfälle leichter zu fassen, und das Familienverhälrniß eines Mannes, der oft auf einmahl, ohne daß man vorher etwas von ihm gehöret hat, in der Re-chsgeschichte auftritt, nä¬ her kennen zu lernen. 6) Werke über die Kir¬ chengeschichte; denn die Kirchengeschichte stehet fast durch alle^ Perioden mit der teutschen Reichs- geschichte in der engsten Verbindung, und die Re¬ ligion hatte ungezweifelt auf die Ausbildung unse- rer Staatsverfassung einen wichtigen Einfluß. Die Folge der Geschichte wird dieses klar beweisen. Man will hier nur im Allgemeinen vorläufig auf einige Data aufmerksam machen. Der katholi¬ schen Religion, wozu sich der fränkische König Chlodwig bekannte, hatte er es zu danken, daß er auf den Ruinen anderer Reiche, deren Beherr, scher meistens Arrianer waren, ein neues mächti¬ ges Reich errichten konnte. Allein eben dis katho- lische Geistlichkeit, die er und seine Nachfolger übermäßig bereicherten, half bald mit, das An¬ sehen der letztern zu schmälern, und selbe endlich gar vom Throne zu verdrängen, den 'eine Mini¬ sterfamilie einnahm, die. sich darauf verstand, durch Begünstigung der Geistlichkeit und Ausbreitung der christlichen Religion die Begründung und Er¬ weiterung ihrer Herrschaft zu bewirken. Karl dem Großen gelang es nur durch Aufbringung sei, ner Religion die unbändigen Sachsen zu bezäh¬ men, und so alle teutschen Nationen unter einen Scep- 21 Scepter zu bereinigen. Unter seinen schwachen Nachfolgern gewannen unter dem Schutze des Aber¬ glaubens, wodurch das Chrisienthum von einer eigennützigen Clerisey entstellet wurde, die Päp¬ ste das Uebergewicht, das sie bald auf das ent- sckeidenrste geltend zu machen wußren, als sich zwi¬ schen ihnen und den Kaisern langwierige Srreüig- keicen erhoben, die für diese zuletzt, den Verlust ihrer geistlichen, und die Einschränkung der welt, lichen Hoheitsrechre zur Folge hatt-m, und zur G ündung der sand-'shoheit , einer ver teutschen Staatsverfassung ganz eigenen Mittesgewalt, vie¬ les beytrugen. Durch französische Ranke kamen die Päpste von Rom. weg nach Avignon , und er¬ öffneten hier ganz neue Quellen der Einkünfte zur Unterhaltung ihres Hofstaats. Jenes zog ein Kir¬ chenschisma , dieses unerhörte Bedrückungen der Völker nach sich. Um diesen Uebeln abzuhelfen, wurden Concilien gehalten und Reformationsver- suche gemacht; allein dem römischen Hofe glückte es, durch Concordaten, zu deren Schließung er einzelne Nationen beredete, alle Kirchcnverbesse- rung zu vereiteln. Als aber auch die Concorda¬ ten nicht gehalten wurden, trat endlich in Teutsch- land ein Mönch auf, der eigenmächtig eine Kir- chenreformation begann; aber zugleich dadurch ei¬ ne Trennung Teutschlands in zwey Religionspar- thcyen veranlaßte, auf der heut zu Tage ein gros¬ ser Thcii der teutschen Verfassung beruhet Äus¬ ser dem Nutzen, den die Reichsgeschichte von der Kirchengefchichte ziehet, ist letztere auch noch >« einer andern Rücksicht einem angehenden Juristen zu empfehlen. Das Kirchenrecht nämlich ist, wc"n man eS nicht auf die Kirchengeschichte bauer, b.oß dog» 22 dogmatisch, und kann wie jedes andere dogmati- fche System / das immer nur dem Interesse her Partheyen und den jedesmahligen Umstanden an¬ gemessen zu seyn pflegt, durch Anführung entge¬ gengesetzter historischer Thatsachen leicht wankend gemacht werden; sucht man aber die Sätze des Kir¬ chenrechts durch einzelne aus der Kirchengeschichte abgerissene Facta zu unterstützen, so erscheinen diese ohne eine vollständige liebersicht der ganzen Kirchengeschichte außer ihrem nöthigen Zusammen¬ hangs; und einem schlauen Gegner fällt es picht schwer, selbe so zu drehen, daß sie seinem Syste¬ me nicht nur nicht zuwider, sondern oft sogar günstig zu seyn scheinen. Nur die Kenntniß einer zusammenhängenden pragmatischen Kirchengeschichte kann also hen Kirchenrechtsgelehrten außer aller Ver¬ legenheit setzen, und auf alle Wendungen seiner Geg, per gefaßt machen. 7) Schriften, die der Hand- lungs- und Kriegsgeschichte gewidmet sind; denn die Handlung hat einen großen Einfluß auf den Wohlstand und die Cultur der Wiker, und nach diesen richtet sich auch gemeiniglich die Staatsver¬ fassung. So z. B. hat die Handlung den teutschen Städten Reichthum, und durch diesen die Reichs- standschaft verschaffet. Von den Kriegen ist eS ohnehin bekannt, daß sie jederzeit die wichtigsten Veränderungen hervorgebracht haben, g) Wer¬ ke, welche die Geschichte anderer europäischen Staaten, besonders Frankreichs und Italiens behandeln, weil die Staatsveränderungen des teutschen Reichs und anderer europäischen Staa¬ ten, vorzüglich aber Frankreichs und Italiens, Vielfältige Beziehung auf einander gehabt haben, und weil es nicht selten geschieht, daß Begeben¬ hei, 2) Heiken, an denen Teutschland und ein anderer Staat Theil hatten, von den beyderseitigen Ge, schichtschreibern ganz verschieden dargestellet wer, den, wo man nicht leicht anders, als durch eine sorgfältige Vergleichung der Erzählungen beyder Partheyen auf den glücklichen Mittelweg der Wahr¬ heit geführt werden kann. Die nöthigsten zu den hier angezeigten Hülfsmitteln gehörigen Schriften gibt unser Verfasser in den Noten zu diesem h. an. Neber die Kirchengeschichte verdienen unter den von katholischen Schriftstellern erschienenen Werken be¬ sonders unseres Herrn Professors DannMMeyer Inliitutloiies Historise eLoieliÄÜicso empfohlen zu werden. 8- 4- Schriften von der teutschen Geschichte. Die über die keutsche Geschichte bisher aus, gearbeiteten Schriften sind entweder der besonvem Geschichte einzelner teutscher Staaten SEdmet, oder sie haben die teutsche Reichsgeschrchte nn Ganzen zum Gegenstände. Eine vollständige teu - sche Reichsgeschichte wird erst alödann geüefer werden können , wenn die besondere Geschick) ler einzelnen teutschen Staaten hinlänglich wir bearbeitet seyn. Darüber dürfte aber noch eine ziemlich lange Zeit hingehen. Indessen sm von mehrern teutschen Staaten schon io gu ' -ialgeschichten vorhanden, daß die Re.chSgesch.chc- dadurch nicht wenig an sicht gewinnt. nologisches Verzeichniß der vornehmsten 24 stellet der deutschen Specralgefchichte entwirft un¬ ser Verfasser in der Note a. Um die besondere Staaksgeschichte Oesterreichs haben sich unter den Neuern verdient gemacbt der Hofrach Schrötter, der 1771 einen Versuch einer österreichischen Staatsgefchichie, und 1779 eine österreichische Geschichte bis zum I. k 98 geliefert hat; der Piaechr P. Rauch/ der des vorigen 'österreichische Geschichte bis zum I. 1278 fortgesetzt hat- Vie vun aus g Bänden bestehet; der Reichshofrachs¬ agent Herchenhahn, der cine Geschichte -er Ba¬ benberger in Oesterreich geschrieben hat; Herr ponKauz, der eine pragmatische Geschichte der Markgrafschaft Oesterreich in z Bänden verspro¬ chen hat, wovon 2 Bände wirklich schon heraus sind. Noch kann hieher gerechnet werden ein Aus¬ zug der österreichischen Geschichte bis auf unsere Zeiten von Premlechner. Am brauchbarsten aber in Beziehung auf hie teutsche Reichsgeschichte ist des Herrn Professors von Mumelter Werk unter dem Titel: Verdienste der österreichischen Re¬ genten um das teutsche Reich. Die der teutschen Reichsgeschichte gewidme¬ ten Schriften kann man in z Elasten bringen. Es sind entweder Ausführungen einzelner Materien,, oder Compmdien und Handbücher, oder aus¬ führliche Werke. Die vorzüglichsten von jeder Gat¬ tung zeigt unser Verfasser in den Noten b. c. und cl. an. Unter den ausführlichen Werken zeichnen sich am meisten aus, und werden Jedem zum Nachlesen besonders empfohlen Michael Fgnatz Schmidts, kais könig- Hofraths und Direktors des Hausarchivs Geschichte der Teutschen, die in -s in tz Bänden bis auf den schmalkaldiscken Krieg unter Karl dem V. gehet, und dessen Neuere Ge¬ schichte der Teutschen vom sckmalkaldsichcn Krieg bis auf Ferdinands III. Tod in 6 Bänden, und Christoph Gottlob Heinrichs, ordentlichen Pro¬ fessors der Geschickte zu Jena Teutfche Reichs- geschichle, wovon bis setzt L Bände heraus sind, die bis an das Ende der Regierung Maximilians II. reichen. Pütter, unser Verfasser hat Schriften über die Ncichsgesckichte in allerhand Formen ver¬ fertiget. Es sind von ihn« vorbanden l) ein Grundriß der Staatsveranderungen des teut¬ schen Reichs, welcher unser Vorleöbuch ausmacht, und eigentlich zum Leitfaden in den Lehrstunden verfaßt ist. Die neueste Auflage davon ist vom I. l78y Daraus hat er aber zum nämlichen Gebrauch im I. 178^ noch einen kurzem Auszug gemacht unter dem Titel: Kurzer Begriff der teutschen Reichsgeschichte, wovon I7«z eine neue Auflage erschienen ist. 2 ) Die teutfche Retchs- geschichte in ihrem H auptfa d e n entwickelt, die zum eigenen Lesen oder Nachlesen dient, g) Vollständigeres Handbuch der teutschen ReichS- historie, welches zum Nachschlagen und zur Er- Weiterung der kitterarischen Kenntnis; der Quellen und Hülfsmittel gebraucht werden kann. 4) Histo¬ rische Entwickelung der heutigen Staatsverfas¬ sung des teutschen Reichs, worin die heunge Staatsverfassung des teutschen Reiches, wie sich selbe nach und nach gebildet, und endlich ihre jetzi¬ ge Bestimmung erhalten hat, in Gestalt Ew" schichte erörtert wird. Zu diesem Ende gehet Put¬ ter die ganze Reichögeschichte durch, hebt aber nur jene Data aus, die noch einen Einfluß aut heu- 26 tige Reichsverfassung haben. Das Buch ist in seiner Arc vortreflich; jedoch nicht ohne Vorsicht zu gebrauchen; denn Pütter ist ein für den evan- gelischen Religionstheil und die reichsständischen Vorrechte ungemein eingenominener Mann, der sein eigenes System über die teutsche Staatsver, fassung hat. Er wendet daher die historischen Facta nach seinen vorgefaßten Begriffen, und bringet sie in einen solchen Zusammenhang, daß zuletzt jenes System herauskommt, welches er einmahl als das wahre angenommen hat. ZlbLheilung der Reichsgeschichte. Pütter theilt die teutsche Reichsgeschichte in die alte, mittlere und neue ein. Die alte fängt von den ältesten Zeiten an, aus denen wir einige Nachrichten von den Teutschen haben, und gehet bis zum Verfall der Karolinger, das ist, nach unseres Verfassers Annahme bis zum I. 888 , da Karl der Kahle abgefetzt worden. Andere erstre¬ cken selbe bis zum Tode Ludwigs des Kindes im I. yn. Sie enthält beyläufig ivvo Jahre. Die mittlere rechnet unser Verfasser von dem Verfall der Karolinger bis zum Regierungsantritt Maxi- milians I. Die neuere fasst den Zeitraum von Maximilian I. bis auf unsere Zeiten in sich- An¬ dere endigen die mittlere Geschichte erst mit Ma¬ ximilian f., und fangen die neue mit Karl V. an. Die Gründe davon werden wir zu seiner Zeit h'öxen. Erstes 27 Erstes Buch. Alte Geschichte. Von den ältesten Zeiten der bis zum Ver- fall der Karolinger im F. 888. Von der alten Geschichte macht unser Verfas¬ ser wieder z AbtheilUNgeN I. Von den ältesten Zeiten bis zur Errichtung der fränkischen Monar, chie im I. 486. II. Von Errichtung der fränki- schen Monarchie bis zum Sturz der Merovinger im J. 7K2. III. Vom Sturz der Merovinger bis zum Verfall der Karolinger im I. 888- I Hauptstück. Von den ältesten Zeiten bis zur Errichtung der fränkischen Monarchie im F. 486. Aelteste Nachrichten von Teutschland von V. L. 640. und damahliger Zustand von Europa. (Quellen, aus denen wir die ältesten Nachrichs ten von Teutschland schöpfen können, sind keine einheimischen Schriftsteller; denn unsere Vorfahren konn¬ ten nicht schreiben. Sie pflanzten zwar die denkwürdi¬ gen Ereignisse ihrer Nation in auswendig gelernten Bar¬ denliedern fort, und Karl der Große ließ dieselben, in soweit sie zu seiner Zeit noch nicht in Vergessenheit S" 28 rächen wären, sammeln und niederschreiben; aber diese Sammlung ist verlohren gegangen. Wenn wir also et¬ was von dem Zustande des alten Deutschlands wissen wölbe«, so müssen wir unsere Zuflucht zu den Schriften der Ausländer nehmen, die mit den alten Teutsche» eine Bekanntschaft harren. Diese sind die Griechen und Rö¬ mer. Aber eben weil die ersten Geschichtschreiber von Teutschland Fremde waren, so können wir keine ganz zuverlässigen, vollständigen und zusammenhängenden Nach¬ richten von ihnen erwarten. Die griechischen Schrift¬ steller hatten ihre Nachrichten von den Kaufleuten, die des Handels wegen nach Teutschland gienqen; Kaufleute aber kamen nicht in das Innere eines verwilderten Lan¬ des, sondern nur an die Küsten und Gränzen, und be¬ kümmerten sich wenig um die Verfassung und Bege¬ benheiten des Landes. Es ist daher leicht begreiflich, daß alles, was uns die Griechen von Teutschland hin¬ terlassen konnten, sehr schwankend und mager ausfallen mußte. Wichtiger sind die Nachrichten der Römer. Diese kamen nicht als Kaufleute, sondern als Eroberer nach Teutschland; hatten glso mehr Beweggründe und Gele¬ genheit, sich um die Beschaffenheit des Landes zu erkun¬ digen. Der erste Römer, dem wir eine Beschreibung von Teutschland zu verdanken haben, ist Julius Lasar. Er war selbst Feldherr gegen die Teutschen, kam jedoch nicht weit in ihr Land hinetn, und erhielt seine Nach¬ richten meistens vom Hörensagen. Da er aber ein gros¬ ser Staatsmann und guter Beurtheiler war, so bleibt das, was er uns von Teutschland berichtet, immer schätzbar, wenn es gleich nicht ganz zuverlaßig.ist. Ihm folgte beyläufig um das 4vte Jahr der christlichen Zeit¬ rechnung Pomponius Mela, ein Spanier von Gebührt r es 29 es ist ihck aber nicht viel zu trauen, weil er meistens aus altern griechischen Authoren geschvpfet, und sich die neuern Entdeckungen der Römer nicht zu Nutzen gemacht hat. Ungefähr Zv Jahre spater kommt p Unius, der selbst als Officier gegen die Teutschen im Lande der Chauzen gedient hat, mithin vieles als Augenzeuge schreiben konnte. Seine Nachrichten sind daher auch wichtiger. Das lehrreichste Denkmahl von den alten Teutschen hat uns Tacirus, der durch seinen gedrängten Styl be¬ rühmt ist, und 20 Jahre nach Plinius schrieb, beson¬ ders in seinem Werke äs lVloribu-; OormÄNorum hin¬ terlassen. Er liefert darin ein ganzes Gemählde tent- scher Sitten, und sagt sehr viel Lobenswürdiges von unfern Vorfahren. Man hät defiwegen die Zraye auf¬ geworfen, ob Tacitus. wohl auch die Wahrheit rede, oder bloß eine Satyre auf die Sitten seiner ausgearte- tcn Landsleute schreibe, und selben durch das Bild einer noch unverdorbenen Nation ihre eigene Verdorbenheit zu Gemüth führen wolle? Wenn man das ganze Werk des Tacitus liest, so wird man keinen Augenblick anstr- hen, sich gegen diesen Gedanken, der vermnthlich von den nenern Franzosen herrübrt, zu erklären. Wäre eS dem Tacitus nicht wirklich Ernst gewesen, den Geschicht¬ schreiber zu machen, so hatte er sich gewiß nicht die Mü¬ he genommen, soviel geographische und statistische Nach¬ richten von Teutschland, und mit so großer Critik zu sammeln. Mit einem satyrischen Roman würde er auf eine viel bequemere Art, wie es unsere heutigen Schrift¬ steller zu thun pflegen, haben fertig werden können. Die Glaubwürdigkeit seiner Nachrichten verbürgt uns noch mehr die große Uebereiustimmung, die sich zwischen den Sitten und der Verfassung der Teutschen, fo wie uns Taci- 2o Lacitus selbe beschreibt, und anderer in ähnlichen Um¬ ständen lebenden Nationen findet. Robertson zeigt diese Aehnlichkcit durch eine Vergleichung zwischen den alten Teutschcn und den heutigen wilden Nordamerikanern. Daß dw Teutschen Tugenden hatten, welche die durch Larus verdorbenen Römer nicht kannten, ist ganz na¬ türlich. Sie hatten aber auch ihre Laster, und Tacims verschweigt sie nicht. Es ist gewiß, daß sowohl gewisse Lugenden als Laster in einem bestimmten Zustande einer Völkerschaft besser fvrtkommen. Im Ganzen wird doch so ziemlich das Gleichgewicht gehalten. Uebrigens ist noch zu merken, daß eine reursche Gewohnheit, die Lacitus mit einem römischen Nahmen belegt, keines¬ wegs für ganz einerlei) mit der bey den Römern eben so genannten Sache zu halten sey. Lacitus schrieb nur nach Aehnlichkeiten, und mußte so schreiben, wenn er von den Römern verstanden werden wollte, so wie noch heut zu Tage ein Reisebeschreiber genöthiget ist, die Ge¬ wohnheiten und Verfassungen fremder Lander mit Wor¬ ten zu benennen, welche in seiner Sprache Sachen be¬ zeichnen , die mit den in fremden Ländern gesehenen die größte Aehnlichkeit habem Die teutsche Geschichte fangt mit dem I. 640 von Erbauung der Stadt Rom an. Dieses Jahr- kommt mit dem l 14cen Jahr vor Cbristi Geburth nach unserer Zeit¬ rechnung überein; denn Dyonisius Eriguus, dessen Be¬ rechnung wir noch heut zu Tage folgen, setzte die Ge¬ burth Christi auf das Jahr 754 von Erbauung Noms. Der Anfang der deutschen Geschichte trifft also mit der römischen Geschichte in den Zeitpunkt ein, wo die Rö¬ mer am Gipfel ihrer Größe standen, also ihre Geschichte am am interessalttesten ist. Die ganze cultivirte Welt war damahls gleichsam ein Staat, und Rom der Mittel¬ punkt desselben. Chartago lag schon in der Asche. Asien war bezwungen, und hat durch seine Schätze Rom reich gemacht, aber auch verdorben. Ganz Italien und Grie¬ chenland stand unter römischer Herrschaft. Auch von dem übrigen südlichen Europa hatten die Römer bereits mehrere Läuder erobert. Spanien mit Inbegriff von Portugal! 'kam schon mit dem Ende des zweyteu pani¬ schen Krieges V. 0. 552 in ihre Hände. Illyriens oder des heutigen Dalmatiens haben sie sich bey 168 Jahre vor Christi Geburth bemächtiget. Von da aus lernten sie Pannonien kennen, welches von Dalmatien einwärts bis an die Donau gieng, und in der Länge von Belgrad an bis an den Kahlenberg bey Wien (momem Oetium) reichte. Auch von hier aus war den Römern X der Strich Landes zwischen der Donau und den Alpen bis an Gallien hin bekannt, als erstlich das Noricum vom Kahlenberge bis an den lJnn, hernach vom Inn bis an den Rhein vindelicien und Rhatien. Von Gal¬ lien hatten sie ebenfalls zu dieser Zeit schon zwey wich¬ tige Stücke unter ihre Oberherrschaft gebracht. Sie rheilten selbes in das cis - und transalpinische Gallien ein , weil sie ungefähr 400 Jahre vor Christi Gebnrth die Gallier auch diesseits der Alpen in dem obern Theile Italiens niedergelassen halten. Das cisalpinische Gal¬ lien, auch Oslliz rc>Ms genannt, mußte sich schon V. 0. 265 unter die Bothmäßigkeit der Römer beque¬ men. Von dem transalpinischen Gallien machten die Römer um das I. 120 vor Christi Gebnrth einen an- , sehnlichen Strich Landes um die Rhone bis an das py- renaische Gebirg unter dem Nahmen OsUis drsccs», oder A2 oder proviucir, wovon Noch die bis auf unsere Zeiten gebliebene Benennung von?rovencs her- konmit, zu ihrer Provinz. Das übrige Gallien (6uUm com»tr ), worunter die Römer alles Land von den py- renaischen Gebirgen bis an den Rhein begriffen, war noch frey. Das nördliche Europa war in Finsternissen begraben, und nach den Römern ein Aufenthalt der Bar. baren. Sie setzten dahin die Scythen und Celtvscy- then, weil sie von allem, was da war, nichts wußten, und doch etwas davon sagen wollten. 6. DaMahliger Zustand von Teutschland. Teutschland, sagt unser Verfasser, wird uns in den ältesten Nachrichten der Griechen und Römer als derjenige Theil von Europa vorgestellet, der gegen Sü¬ den die Alpen, gegen Westen den Rhein, gegen Norden und Osten theils die offenbare See, theils unbekannte Gebirge zu Granzin habe. Allein gegen Süden mach¬ ten damahls nicht die Alpen, sondern die Donau die Gränze von Teutschland; denn diesseits der Donau gegen die Alpen zu haben zu dieser Zeit noch keine tenrschen Völker gewohnt, sie haben sich erst später dahin gezo¬ gen. Tacitus selbst gibt in der Stelle, die unser Ver¬ fasser in der Note o. anführt, die Donau zur Gränze Teutschlands gegen Rhatien und Pannonien an. Von der östlichen Gränze Teutschlands sprechen die römischen und griechischen Schriftsteller durchaus unbestimmt. Auch Tacitus wußte nichts davon; er suchte aber seine Un- wisi Zci wissenheit hinter einen witzigen Einfall ,,6ermuni^ . a Lurmutis Daoismus mutuo inetu uut montibns lepa- rawr,, ZN verbergen. Was von dem Zustande des alten Deutschlands zu sagen ist , . läßt sich auf vier Stücke zurückführen: i) auf die Beschaffenheit des Bodens , 2) die Einwoh¬ ner und deren Beschaffenheit, g) die politische Verfas¬ sung , und 4) die Religionsverfassung derselbe». Der Beschaffenheit des Bodens nach war das 12 Tausend LZuadratmeilen grosse und jetzt von go Millio¬ nen Menschen bewohnte Teutschland vor iy Hundert Jahren ein Sibirien, vielleicht nicht einmahl so bewohn¬ bar , als dieses; kalt, feucht, voll Waldungen und Sümpfe. Daß sich das Clima Teutschlands seitdem so geändert har, davon liegt der Grund in der Cultur des Bodens. Unsere Vorfahren waren Jager. Diese rotten Walder und Sümpfe nicht aus, weil sie selbe zur Jagd brauchen. Erst wenn eine Nation den Ackerbau zu trei¬ ben ansängt, sucht sie Waldungen auszurotten und Mo¬ raste auszutrocknen; ja letztere verlieren sich durch das Aus¬ hauen der erster» von selbst; dann entstehet ein heiterer Himmel über ihr, und das Clima wird sanfter, Die Einwohner unserer Weltgegend, die wir für das eigentliche Stammvolk derselben annehmen müssen«. Weil sich ihre vorherigen anderwartigen Sitze , und von daher erfolgte Einwanderung nicht mehr erweise - lassen , sind unter zwey Generaluahmen der Germanier und der Deutschen bekannt. Den Nahmen Germanier sol¬ len nach Tacitus Anfangs nur jene teutschcn Völkerstam- C nie Z4 me geführt haben, die zuerst über den Rhein gegangen sind, und die Gallier vertrieben haben; hernach aber sty er der ganzen einander verwandten Nation beygelegc worden. Ob sie sich aber diesen Nahmen zuerst selbst gegeben , um sich den Galliern furchtbar zu machen , oder von diesen aus Furcht empfangen, und sich ihn» dann selbst zur Ehre ungerechnet haben, laßt sich wegen der Dunkelheit der Stelle beym Tacitns, worauf sich dieie ganze Nachricht gründet, nicht entscheiden. Eines von bcydeu ist aber sehr wahrscheinlich; denn das Work Efrmanier scheint Wehrmänner, oder nach der gallischen Aussprache Guermänner, das ist, Kriegsmänner zu be¬ deuten. Die Römer, denen das Wort ganz barbarisch klang, machten Oermani daraus. Strabo hingegen er¬ zählt, die Römer hätten den Teukschen diesen Nahmen absichtlich aufgebracht, weil nicht allein alle Teutschen unter sich , sondern auch diese und die Gallier mit einan¬ der an Körper und Sitten die größte Aehnlichkeit hat¬ ten. Diese Sage mag aber wohl erst in -er Folge ent¬ standen seyn, als der Sache unkundige Leute in Rom über den Ursprung des ihnen sonderbar vorkommenden Volkernahmens zu commenciren angesangen haben. Der andere Generalnahme Teutsche kommt vermuthlich von den Teutonen her, die ein teutsches Volk waren , von dem er sich hernach auf alle tentscken Völker verbreitet hat. Wann? läßt sich chronologisch nicht bestimmen; aber wie ? dieses geschehen sey, ist leicht zu erklären. Benachbarte Nationen pflegen von einem Volke, das sie zuerst kennen lernen, alle demselben ähnlichen Völkerschaf¬ ten zu benennen. So haben die Franzosen und Jtalia- uer von den Alemannen, die ihnen zunächst lagen, und mit denen sie am ersten bekannt wurden, diesen Nahmen auf auf alle teutschen Völker erstrecket. Die Orientaler nenr ne» aus einem gleichen Grunde alle nördlichen Euro¬ päer Franken. Bey Untersuchung der Leschaffenhcit der Einrvoh- ner Teurschlands müssen wir zuerst ihre physische Lon- stirucion betrachten. Es ist zu erwarten, daß man bey einer Nation, die sich ganz unvermischt erhalten hat, eine Nativnalphysiognomie antreffen werde. Wirklich gli¬ chen sich die Teutschen in ihren körperlichen Eigenschaften so sehr, daß man sie allgemein für ein ganz eigenes Men¬ schengeschlecht hielt. Alle zeichneten sich durch rothgelbe Haare, blaue Augen (daher cerulea pubes), lange und ro¬ buste Körper aus. Die Pferde hingegen und das Hornvieh waren sehr unansehnlich. Es scheint also zur Starke der teutschen Körper nicht das Clima, noch die Natur allein, sondern ihre Lebensart und Erziehung mitgewirket zu haben. Man sah damahls in Teurschland noch keine dreyßigjährige Greise, keine vor Entnervung sich kaum herumschleppenden , leichenähnlichen Menschengestalten. Man kannte keine Säugammen, jede Mutter stillte ihr Kind selbst. .Di? Erziehung des Herrn und Sklaven war nicht verschieden» Oominum Lc lervum , sagt Ta- cirus, nullig Lelucatiorns chelicüs elibnokcus. Das Liehlini-syeschaft der Teutschen war die Jagd und der Krieg. Die Jugend gab sich vorzüglich mit der Jagd auf Auerochsen ab. Aus den Hörnern derselben machten sie sich Zierathen und Trinkgeschirre. Daraus kann man sich die in den alten Urkunden vorkommenden Vermächtnisse und Geschenke von Hörnern erklären. Bis¬ weilen wird darin der Wein selbst, den die Mönche beka- C 2 me" 36 MN!, coi'lML genannt. Viellekcht hat auch der Hornung seinen Nahmen daher, weil in diesem Monarhe die al¬ len Teutschen ihre Zierlichkeiten und Gastmahle, bey welchen manches Trinkhorn ausgeleeret worden seyn mag, zu halten pflegten. Von der Jagd ist der Uebergang zum Kriege sehr leicht; denn die Jagd selbst ist nichts anders , als ein Krieg gegen die Thiere, und zu Heyden dienen die nämlichen Waffen. Wenn gleich der Mensch von Natur gut ist, und nicht gebvhren zu seyn scheint , andere zu morden, so läßt sich doch gar wohl begreifen, wie auch bey einer ganzen Nation die Nciyung zum Rriez so sehr herrschend werden kann, als sie den den Teutschen war. Das Gefühl der körperlichen Kräfte ist das angenehmste Vergnügen für einen rohen Menschen. Durch Bedürfnisse, die in dem Zustande der Barbarey immer dringend sind, veranlaßt, macht er Anfangs Versuche seiner K'orperkräfte; und fallen diese glücklich ans , so empfindet er darüber die größte Zufriedenheit. Erhalt er zum Lohn seines Muths und seiner Tapferkeit noch d^n Beyfall seines Gleichen, so wird er dadurch aufgc- muntert, mehre ähnliche Unternehmungen zu wagen. Bald gesellt sich auch der Eigennutz hinzu , der seinen Hang zum Krieg unterhält-, und gleichsam unwidersteh¬ lich macht; denn im Kriege wird Bente gemacht , und dieses ist die leichteste Erwerbungsart für Menschen, die nicht arbeiten wollen. So kam es, daß bey den Teut- scheit die Waffen den Mann ausmachten, und in der Sprache ihrer Gesetze eine Lanze und ein Mann gleich¬ bedeutende Worte waren. Aus der Lanze ist in neueren Zeiten ein Hut (Oimpoau) geworden. Daraus kann man auf den Abstand unserer heutigen Sitten von denen unserer Vorfahren schließen. Die Jagd und der Krieg waren 37 »raren für die Teutscken zugleich Nahrungszweige. Aus¬ serdem trieben sie auch die Viehzucht; den Ackerbau aber nur zur höchsten Nvthdurfr. Sie betrachteten den Acker¬ bau als eine knechtische Arbeit! die sich für freye Leute nicht schicke. Die Felder wurden alle Jahre gewechselt, und doch war noch Ackerland im Ueberfluß vorhanden. Ueberhaupt beschäftigte sich der freye teutsche Mann mit der Hauswirthschafr nicht. Diese wurde den Alten Schwachen, Weibern und Knechten überlassen. Der junge starke Mann stand entweder wirklich im Kriege oder er übte sich doch durch die Jagd in den Waffen, und härtete sich zum Kriege ab, der ihm auch allein zur Ehre führen konnte. Hatte '.er mir den Waffen nichts zu thun, so lag er müßig zu Hause, über die Felle der erlegten Thiere hingestreckt. Daher vielleicht das Sprichwort: auf der faulen Larenhaut liegen. Dieses war also ein altes Vorrecht des vvrnehmern Theils der Nation. Heute vertritt eine schöne und be queme Sofa die Stelle der Bärenhaut. Die Rlecher der Tentschen waren sehr einfach. An¬ fangs bestanden selbe aus Thier-Häuten. Spater trugen he auch leinene Kleider. Jedoch scheint die Eitelkeit der tentschen Weiber schon damahls durch, als sie noch irr Thierfelle gewickelt waren; denn sie verzierten diese mit Purpurnen Bändern. Jur Asst diente den Teutschen Obst, Wildpret, Milch und ein Habermus. Sie hat¬ ten auch eine Art von Bier, und die den Römern näher waren, bekamen von denselben auch Wein. Einige teut¬ schen Völker haben aber die Einfuhr des Weines, als eines Getränkes, das die Körper schwächt und die Tapferkeit vermindert, untersagt. Die Wohnungen der Teut- Z8 Teutschen waren Hoten und Hütten, wie bey andern barbarischen Völkern. Was den skrtlichen Lharacter betrifft, so lobt Ta- kitns an den Teutschen ihre Tapferkeit, Redlichkeit, Gast: freyheit und eheliche Treue. 8sverg Ulis macrimonia» sagt er von der letztem, xrvxe soli barbarorum linbu- Ü5 uxondua conkenri sunr. 8era zuvenum Venus , eogue invxbauüa xubertas, nec vir^ine^ tellinankur. Auf diese gute» Eigenschaften fallt aber auch ein Schatten. Sie sollen dem Trunke ergeben gewesen seyn.- Welver- tus sitim non eitlem remperamia, spricht Tacitus ; und an einem andern Orte: 8>rim mmime wlerare. Vielleicht trifft aber dieser Vorwurf nur einige Teutschen, die am Rheine wohnten, und die Völlerey von den Gal¬ liern gelernec haben mögen. Es kann auch seyn , daß Tacitus in diesem Stücke die Germanier nach den teut¬ schen Sklaven zu Rom beurtheilte , die freylich durch den Reitz des süssen italiänischen Weines leicht zur Un¬ mäßigkeit verleitet wurden. Sie liebten auch den Müs- siyyanN, dem sie sich nach geendigtem Kriege oder nach der Jagd überließen; und der Müssiggang führte sie auf das Triel. Schach und b'ombre waren es freylich nicht, mit denen sie sich die Zeit vertrieben; sondern mir Glücksspiele. Sie spielten sehr hoch, um alle ihre Heer- den und Waffen, das ist, um ihr ganzes Vermögen, und zuletzt um die Freyheit. Jedoch zeigt sich auch bey dieser Spielsucht der gute teutsche Character. Hat Je¬ mand seine Freyheit verspielt, so ließ er sich, wenn er gleich stärker war, geduldig binden, und als Sklave ver¬ kaufen. Die Die politische Verfassung der Teutschen war sehr ungekünstelt und ihrer Freyheitsliebe ganz angemessen. Sie machten nicht einen zusammen verbundenen Staats? körper aus, sondern bestanden ans mehrern von einan¬ der unabhängigen Völkerschaften. Die römischen Ge¬ schichtschreiber haben uns die Nahmen von mehr als 50 solcher Völkerschaften aufbehalren. Das Derzcichniß da¬ von liefert unser Verfasser in der Note c. Diese Völ¬ kerschaften waren an keinen gewissen Boden gebunden. Sie zogen der Viehweide und der Jagd nach. Deßwe- gen kann man auch die eigenen Wohnsitze der verschie¬ denen Völkerschaften nicht genau bestimmen, ausgenom¬ men, wo selbe von den Römern nach Flüsse», Seen oder Bergen bezeichnet wurden, wo ohnehin die Wanderungen nicht so leicht möglich waren. Nur die Friese» blieben immer an der Nordsee sitzen. Die römischen Schrift¬ steller haben jedoch augemerket, daß sich alle diese Völ¬ kerschaften auf 4 oder 5 Hauptvolker reduciren lassen, Plinius führt sie auf L zurück: Vinäili, iKaevones, InAsevonss, kkeriuionL« und ?sncini; Tacitus auf 4 : Marli, Osmbrivii, 8vsni, Vsnllali. Vhlenschlager wollte in dieser Eintheilnng des Tacitus die nachherigen 4 Hauptvölker Teutschlandö finden , nämlich die Fran¬ ken, Schwaben, Sachsen und Bayern. Dieses war aber wohl zu weit hergehohlt. Alle diese Völkerschaften konnten zwar in soweit für eine Nation angesehen wer¬ den , als sie einerley Sprache , einerley Sitten, und einzeln beynahe die nämliche bürgerliche Verfassung hat¬ ten; «her einen zusammenhängenden Staatskörper, der unter einer gemeinschaftlichen höchsten Gewalt vereinigt gewesen wäre, bildeten sie nicht, Bey Bey den einzelnenVölkerschaften laßt sich ihre bür¬ gerliche Einrichtung nicht genau bestimmen ; doch kamen sie darin bis auf einige Nbvdificationen mit einander über¬ ein. Die ersten Bestandtheile jedes Volkes waren Fa¬ milien. Mehrere Familien machten eine Gemeinheit aus. Mehrere Gemeinheiten, die einen Strich Landes bewohn¬ ten, der nach Flüssen, Seen , Bergen oder nach den Weltgegenden benannt war, bildeten einen Gau , und aus mehreren Gauen bestand endlich eine Völkerschaft. Alle diese Thcile waren ftey und von einander beynahe unabhängig. Sie führten sogar oft selbst unter einan¬ der Kriege. Nur zwischen den Theilen eines Gaues ist eine nähere Verbindung sichtbar, da sie sich einen tze- memschaftlichen Richter wählten, der mit einigen ihm beygegebenen Schöppen in den Gau herumzog, um sein Amt zu handeln, welches aber auch mit keinem für die Freyheit uachthe-ligen Ansehen verknüpft war. Im Falle eines Krieges stellten sie einen Befehlshaber auf, dem sie im Felde gehorchten. Nach geendigtem Kriege trat wieder alles in die natürliche Gleichheit zurück. Es hat¬ ten zwar auch im Frieden die meiste» teutschen Völker Mrsten oder Rönige; aber mit einer sehr eingeschränk¬ ten Gewalt. Bey einigen Völkerstämmen waren gewisse Familien, aus denen die Fürsten gewahlet wurden; bey andern wurden sie aus den Edlen des Volks überhaupt genommen; die Heerführer aber wurden jederzeit nach der Tapferkeit erkiesen. Die Fürsten konnten keine Ab¬ gaben fordern. Ihre Einkünfte bestanden nur in srey- willigen Geschenken der Unterthanen oder Fremden, in einem größer« Antheile der Beute und einem Theile der Strafgelder. In minder wichtigen Sachen berathschlagt« sich der Fürst oder König mit de» Edlen. Sachen von Wich- 41 tigkeit hingegen mußten in der Versammlung öe» Vol¬ kes, wobey jeder schon waffenfähige steye Mann er¬ scheinen konnte, entschieden werden. Allein freye Leute waren nicht leicht zusammen zu bringen. Jeder kam in die Versammlung, wann es ihm beliebte, der eine frü¬ her , der andere spater, der dritte gar nicht. Ein Ge« brechen, daö sich in der Folge auch bey den teutschen Reichstägen äußerte. In der Volksversammlung machte der König, ein Vornehmer oder sonst ein beredeter Mann den Vortray. Gefiel der Vortrag nicht, so machten sie ein Geräusch; fand er aber Veyfall, so schlugen sie mit den Waffen, die sie überall mit sich führte», zusammen. Wenn ein zu grosser Lärm entstand, gebolhen die Prie¬ ster Stillschweigen. In solchen Versammlungen wurden Kriege beschlossen, Frieden und Bündnisse gemacht, Ca- pitalverbrechen gerichtet, junge Leute durch Uebergabe der Waffen zu Bürgern ausgenommen, und Richter er¬ zählet , die in den Gauen die Sicherheit aufrecht er¬ halten mußten. Die Einrichtung des Gerichtvoescns war sehr ein¬ fach. In jeder Familie war der Hausvater selbst Rich¬ ter. Hatte man ein Recht gegen Auswärtige zu suchen, so konnte sich jeder selbst Genugthnung verschaffen; denn Hast alle Beleidigungen wurden damabls noch als Pri- vatverbrechen angesehen. Man wußte noch wenig von einem allgemeinen Besten und der Beziehung der Pri¬ vathandlungen ans selbes, weil die Theile noch nicht recht zusammenhiengen. Erst dann, wenn ein Staat seiner Ausbildung schon näher rückt, fangt man an , die Privatverletzuugen als Störungen der öffentlichen Si¬ cherheit zu betrachten , und wenn der Staat in Despotie aus- 4« artet, werden sie zn Majcstatsverbrechen gestempelt. Mit dem Beleidigten machte dessen ganze Verwandtschaft ge¬ meine Sache, und übernahm auch nach seinem Tode die Feindschaft gegen den Beleidiger auf sich , bis derselbe das in den Gewohnheiten bestimmte Wchrgeld erlegte, womit damahls noch jede Verletzung eines andern ge- löset werden konnte. Die Richter hatten dabey nichts an¬ ders zu thun, als das Feuer in der Verfolgung der Rechte zu mäßigen, und Sorge zu tragen, daß durch Uebertrcibung der Rache die Unordnungen und Gewalt? thatigkeiten nicht zu weit um sich griffen. Ordentliche Todes- und Leibesstrafen hatten die Teutschen nicht. Sie waren noch keine Publicisien, die ein Recht über Leben und Tod herauSzuraisomreu gewußt hätten, und vor körperlichen Strafen harren sie als freye Leute den größten Abscheu. Varus hat sich bey ihnen durch nichts mehr verhaßt gemacht, als durch Aufstellung seiner Nu: then und Beule. Nur die Verrather und Uebcrlanfer wurden als Feinde des Vaterlandes gehenkt, und die Feigen und diejenigen, welche Tacikus cor-por« infames nennt, wurden ersauft. Man ist noch nicht einig, was unter letztem zn verstehen sey, solche, die sich zur Un¬ zucht haben misbrauchen lassen, oder die Poltrone , die im Treffen -davon liefen, und im Rücken verwundet wur¬ den ? Wenn aber auch eine Todesstrafe statt fand, so überließ man die Vollstreckung derselben nur den Prie¬ stern, um der Sache das Ansehen zu geben, als wäre sie von den Gottern selbst verhänget worden. Geschrie¬ bene Gesetze hatten die alten Teutschen keine. Sie rich¬ teten sich nach Gewohnheiten und nach dem, was ih¬ nen der gesunde Menschenverstand eingab. Sie brauch¬ ten daher auch keine Gelehrten zu Richtern, sondern nur Leute 4L Lellle von Erfahrung und gesundem Verstände. Zwer- felhaste Falle entschied die Volksversammlung. Iwey Stücke betrachteten unsere Vorfahren al-- die Gruv-pfeiler ihrer freyen Verfassung. Das erste war, daß sie keine Städte , die sie als grosse Gefängnisse an- saben, unter sich duldeten; das zweyte, daß sie »sich mit dem Ackerbau nur in soweit abgabeu, als es die höch¬ ste Noth erforderte. Wenn diese Mittel wirklich dav Resultat ihres Nachdenkens waren, so verrälh dieses ei¬ ne grosse Weisheit an Leuten, welche die Romer für Barbaren hielten ; denn es ist gewiß, daß durch das Zusammenwvhnen in Städten und durch den Ackerbau die Rauhheit der Sitten gemildert , der Kriegsgeist ge¬ dämpft , die Ungleichheit herbeygeführet, und so nach und nach die Freyheit untergraben werde. Das Auffallendste ist, daß wir bey den Teutschen schon in diesen ältesten Zeiten Spuhren des Lehensp- stems finden. Ein Lchenverhältniß entstehet zwischen zwey Personen, wenn eine der andern den Nießbrauch eines Gutes unter der Verbindlichkeit zur Treue und mit Zu¬ sicherung des gegenseitigen Schutzes ertheilet. Es erfor¬ dert , daß diese Personen sich nicht nur aller wechselwei¬ se» Verletzung enthalten, sondern auch die Gefahren, die dem Leben, der Ehre und dem Vermögen der einen oder der ander» anderswoher drohen, von einander ab¬ zuwenden sich bestreben. Der das Gut gibt, heißt Lehen¬ herr ; her es empfängt, Lehenmann, Vasall; und das Gut selbst wird Lehen genannt. Auf diesem Lehenver¬ hältnisse berührte durch das ganze Mittelalter hindurch großtentheils die Staatöverfassnng von Teutschland. Die ein- 44 einfachen «ud natürlichen Grundsätze des Staatsrechts waren beynahe in Vergessenheit gerathem Wer nicht im Lehe»verhältnisse stand, hatte keinen Schutz und ward unterdrückt. Es ist daher nöthig, die ersten Keime des Lehenwesens, wie wir sie schon hier finden ; genau inö Aug zu fassen. Tacltus erzählt uns , daß die teutschen Fürsten ein Gefolge von jungen und tapfern Leuten um sich hatten, welches sie in den Krieg begleitete, und Ruhm und Gefahr mit ihnen zu theilen bereit war. Er¬ nennt dieses Gefolge Oomirs8. Die Ehre war das Hauptband zwischen dem Fürsten und seinen Begleitern, und unerschütterliche Treue gegen den ersten, die heilig: sie Pflicht der letzter». Es war schimpflich , dem Für¬ sten an Tapferkeit nicht gleich zu kommen , und auf die ganze Lebenszeit entehrend, ihn zu überleben, wenn er im Treffen geblieben ist. „Der Fürst, sagt Tacitus, focht für den Sieg, und das Gefolge für den Fürsten." Je zahlreicher das Gefolge eines Fürsten, desto angese¬ hener war er selbst; und je hervorstechender die bereits abgelegten Proben seiner Tapferkeit, desto leichter für ihn, ein grosses Gefolge zu finden ; denn die murhigen Söhne des Vaterlandes rechneten es sich zur Ehre , ei¬ nem Fürsten,-der sich schon durch Thacen Ruhm erwvr- worben bat, in den Kampf zu folgen, und unter seiner Anführung das Kriegshandwerk zu lernen. Wir sehen aus diesem, daß der letzte Gegenstand der Treue des Gefolges der Fürst selbst war. Seiner Person allein hiengen die Oomicoz an ohne Rücksicht auf das Vater¬ land. Und dieses war eben der Geist des nachherigen Lehensystems. Vey der Anhänglichkeit der Vasallen an den Lehenherrn wurde das Vaterland äusser Acht gelas¬ sen, Der Fürst wurde vom Staate getrennt. Der Le¬ hen- 45 henmamr diente dem Lehenherrn, nicht dein Staate; oft jenem gegen diesen. Der nämliche Geist hat sich in dec Folge auf diejenigen fortgepsianzet, welche ausgenommen wurden, um die unbrauchbar gewordenen Dienste der Vasallen zu ersetzen. Das Gefolge bekam damahls von dem Fürsten noch keine Grundstücke; denn diese standen bey den alten Teutschen in keinem Werth, ^.rvu per anno« mnrsnt, sagt Tacitus, et ramen sn^erek »A>:r. Der Fürst gab seinen Begleitern zur Belohnung bloß Geschenke an Pferden oder Waffen; er theilte mit ihnen die Beute, und sorgte auch für ihren Unterhalt. Halten liegende Gründe damahls einen Werth gehabt, so wür¬ den die 0c>mire8 gewiß auch selbe erhalten haben , und es wäre das vollkommene Lehensystem schon da gewe¬ sen. So aber finden wir in dem allen Teurschland nur die Lehenstreue, sehen Vasallen ohne Lehen. Wie sich diese ersten Keime des Lehenwesenö in der Folge bey veränderten Umständen entwickelt haben, werden wir zu seiner Zeit schon hören. So roh auch der Zustand war, in dem wir die Teutschen zuerst kennen lernen, so wurde» doch bey ih¬ nen schon verschiedene Stande unterschieden. Man fin¬ det bey jedem teutschen Volke i) Edele, 2) Freye, z) Freygelaffene und 4) Leibeigene. Das Dassyn eines Adels, und zwar eines Erbadels unter Volkern, die noch in Holen und Hüllen wohne», und sich meistens uvch m Thierhäute hüllet!, ist gewiß eine sonderbare Erscheinung. Wie mag dieser Adel entstanden seyn 7 Man kann nicht sagen, daß die grossen Landeigenthümer adelich waren; denn daö Landeigcnthum wurde von de» Teutschen nicht geachtet. Sie benutzten den Boden nw in , in soweit, als es die äußerste Nothdmft erforderte. Ei¬ nige leite» den Ursprung des rcurschen Adels von den ('ominbns des Tacitus her. Der Glanz der Fürsten, meins» sie, sey auch ihrem Gefolge zu statten gekom¬ men, und habe demselben eine Achtung in den Augen des Volkes verschaffet. Allein dadurch thut man keinen Schritt weiter. Dis Fürsten wurden ja selbst aus dem Adel, oder auS gewissen Familien, die man gewiß für adelich hielt, hergenommen, und es geschieht Meldung von Adelichcn, die sich schon als solche in das Gefolge eines Fürste» begeben habe». Die wahrscheinlichste Mei¬ nung ist also, daß der Adel von solchen Männern her¬ komme , die sich dadurch, daß sie einer Völkerschaft ihre erste Einrichtung gegeben haben, folglich gleichsam ihre Stifter geworden sind, oder durch wichtige Siege, die sie, so zu sage», zu Erhaltern ihres Lölkes machten , selbes bleibende Verdienste erworben haben. Es war schuldige Dankbarkeit, solche Manner, deren Verdienste man ohnehin aus Mangel des Vermögens nicht beloh¬ nen konnte, auch in ihren Nachkomme» zu ehren, und diese in der Gesellschaft vor andern durch irgend einen Vorzug zu unterscheiden. Eine Stelle des Tacitus selbst scheint diese Meinung zu bestätigen. lVlsgmr xarentum merita , schreibt er, vrrnciprs llignMicmem etiom le8L6nmli8 ullligngm. In den Umstanden, worin die Teutschen damahls lebten, war auch der Erbadel mit. der ihnen sinst so werthen Freyheit und Gleichheit ganz wohl vertraglich Es war weder zu befürchte», daß die Adelichen das ihnen zugestandene Ansehen, zur Un¬ terdrückung der übrigen Bürger mißbrauchen werden, da diese weit überlegen an der Zahl, und zugleich alle wehrhaft waren; noch auch zu besorgen, daß die Nach- kvm- 47 kommen eines grossen Mannes die ihnen eingerämarcn Vorzüge unverdienter Weise genießen werden , dü die Erziehung der Adeliche» und der gemeinen Bürger, nach dem Berichte deö TacituS , auf ganz gleichen Fuß cm« gerichtet war. Man konnte also von dem Abstämmling eines Edlen, der mit dem Sohne jedes andern Freyen in Führung der Massen gleich geübt, und zu den Kriegs¬ beschwerlichkeiten gleich abgehärtet ward, nicht nur alles das erwarten, was man von diesem forderte ; sondern der erste fand noch in den Thaten seiner Vorältern einen Beweggrund mehr sich hervor zu thun, den der letztere nicht hatte. Wenn man diese Entstehung des teutschen Adels annimmt, so kann er freylich Anfangs nicht zahl¬ reich gewesen seyn: denn dergleichen verdienstvolle Män¬ ner , als die waren, von denen wir ihn abgeleitet ha¬ ben, gab es nur wenige. Allein wenn wir bedenken, daß bey den Teutschen sowohl dec Jüngling als das Mädchen ganz ««geschwächt und völlig reif zur Che ka¬ men , daß die Bedürfnisse auch in dein Ehestande sehr gering waren, daß noch keine Primogenituren und Ma¬ jorate die Nachgebohrnen zur Ehelosigkeit verdammten ; so werden wir leicht begreifen, wie er sich so habe ver¬ mehren können, daß er einen eignen Stand ausmachte. Die Zreyen waren die gemeinen Bürger, die man aber nicht mit dem Pöbel der heutigen Staaten vergleichen darf. Sie machten den eigentlichen Körper der Nation aus. Jeder Freye konnte in der Volksversammlung er¬ scheinen, seine Stimme geben, er mußte zur Verrheidi- gung des Vaterlandes die Waffe» ergreifen- Die 8rep- gelassenen wurden bey den meisten teutschen Volkern nicht viel höher geschätzt, als die Leibeigenen. Sie wußten das Feld bauen. Nach der Zeit trieben sic ««cd Kewer- 48 Gewerbe , sie kamen aber nicht in die Volksversamm¬ lung , waren auch nicht waffenfähig. Unter den Leib: eigenen müssen wir uns keine römische 8srvog denke». Sie standen viel besser. Jeder Leibeigene hatte seine eigene Wirthschaft; nur mußte er dem Herrn ein Ge¬ wisses an Getreide, Vieh und Kleidungsstücken atgebsn. Die Leibeigenen bestanden größtentheils aus den Gefan¬ genen , die man im Kriege gemacht hat , und aus Len von ihnen gezeugten Kinder». Von der Relipionsverfassnny der alten Teutschen wissen wir nicht viel zusammenhängendes. Die römi¬ schen Schriftsteller fanden in unserem Teutschlande fast alle ihre Götter. Dieses kommt aber gewiß nur daher, weil sich die Gottheiten aller Nationen, wenn diese auch sonst nichts gemeines miteinander haben , in gewissen Stücken ziemlich ähnlich sehen, welches uns eben nicht Wunder nehmen darf; denn die Volker versehen sich mit Göttern schon sehr früh, da sie noch auf der untersten Stnffe der Cnltur stehen. Zn diesem Zustande sehen sie nur die allgemeinsten und offenbarsten Eigenschaften höherer Wesen ein, und diese legen sie ihren Göttern bey- In den übrigen Dingen bilden sie sich mit der Zeit nach Verschiedenheit der Umstände mehr oder weniger aus ; aber in Ansehüng der Gbtterlehre bleibt es über¬ all meistens beym Alten, weil es Niemand so leicht waget, das Heiligthum der Religion anzutasten. Auch die Natnrbegebenheiten, welche den Menschen zuerst auf den Vergriff eines weit erhabenen Wesens, als er selbst ist, zn führen pflegen, und die überall die nämlichen find, erzeugen bey verschiedenen Völkern ähnliche Vorstel¬ lungen von der Gottheit. So findet man befi allen Vvl- 49 Völkern einen Gott des Donners. Auch die Teutschen hatten den ihrigen, und nannten ihn Thorus. Von ihm scheint der Donnerstag den Nahmen zu haben. Viel¬ leicht war die Irmensul der Sachsen eben dieser Tho¬ rns, Der kriegerischen teutschen Nation fehlte es auch nicht an einem Kriegsgott; er hieß Gthin oder wob. n. Wahrscheinlich war er ein alter Held, der nach vielen Jahren vergöttert worden ist. Die Göttin der Liebe und Gemahlin» des Kriegsgottes war bey den Teutschen unter dem Nahmen Freya bekannt. Daher der Freytag. Auch verehrten die Teutschen die Sonne, den Mond, das Feuer und die Erde aus Dankbarkeit, weil sie den wohlthatigen Einfluß dieser Himmelskörper und Elemente auf den Menschen wahrnahmen. Tempel bauten sie ih¬ ren Göttern nicht. Die Hayne vertraten in Teutsch- land die Stelle der Tempel. Der dem Kriegsgott ge¬ widmete Hayn hieß valhall. Die Teutschen bildete» sich ein, das Paradies ihrer Krieger gleiche demselben. Die Baume in den Hahne» waren heilig und wurden in grossen Ehren gehalten. Diese Verehrung der Bau¬ me Hirt bey den Teutscheu so tiefe Wurzeln gefaßt, daß es auch nach Einführung deS Christenthums die größte Mühe kostete, selbe auszurotten.' Man hat aber endlich auch dagegen Rath gefunden. Die Geistlichkeit versetzte die Gnadenbilder in die Walder. So blieb zwar die Verehrung an ihrem Orte; wurde aber nach und nach auf einen andern Gegenstand gelenket. K. 7- iv - 8. 7- Cimbrischer Krieg von 6. 640 bis 6^2. (!2 Jahre.) Die erste teutsche Legobenheit, von der wir ;u- berlaßige Nachrichten haben, fällt in das Jahr b4» nach Erbauung der Stadt Rom, oder in das n^te Jahr vor Christi Geburth. In diesem Jahre kamen die Lombern und Teutonen, zwey teursche Völker von den dänische» Küsten und Inseln durch Teutschland inS No¬ ricum und Jllyricum. Der Zug hat wahrscheinlich lau¬ ge gedauert, auf dem sie, was sie einerseits durch das Herumschlagen mit andern teutschen Völkern verlohren, andererseits durch den häufigen Zulauf von teutschen Abenrheuern reichlich ersetzt bekommen haben. Sie schlugen sogleich einen römischen Feldherrn , der ihrem Vordringen Einhalt thnn wollte, bey Noreja, einer Stadt im heutigen Jnnerösterreich, deren Stelle nicht mehr bekannt ist. Dantr begehrten sie, wie uns Florns berichtet, durch Abgeordnete von den Römern ,,m Nar- tiu8 xopulu? aliguiä übi teriL llgrec, liipou- clium, oLtsrum ut vellet, munibus ai^ns srmi« lms nkers'ur." Ms sie aber nichts erhalten konnten, schlu¬ gen sie noch viermahl nach einander die ihnen entgegen gestellten römischen Kriegsheere aus dem Felde, und wollten in Italien selbst eindringen; aber zu ihrem Un¬ glücke getheilt, die Teutonen durch die Provence, die Cimbern durch Tyrol. Der römische Feldherr Lajus Marius schlug zuerst o. 651. die Teutonen bey Air, und das folgende Jahr die Cimbern, welche be¬ reits die Alpe» überstiegen'hatten, bey Vercellt oder Vero- Sr Verona. Nach diesen Niederlagen verschwanden die Hor¬ den wieder. Dieser Krieg hatte die Folge, daß nun Teutschland in den Augen der Römer wichtiger zu wer¬ den anfieng. Sie lernten einsehen, daß ihnen von die¬ ser Seite die größte Gefahr für ihr Reich bevorstehe. § 8. Römische Eroberungen unter Cäsar und August von lO. L. 652 bis 7Z9. (87 Jahre.) Das zweMsmaht trafen die Teutschen Mit einem noch großem Manne. als Marius war, zusammen. Dieser war Julius Lasar. Bey der Theilnng der rö¬ mischen Provinzen zwischen Cäsar, Pompejns und Cras- sus bekam der erste das damahlige römische Gallien oder die ftrovinciam Mrvonneulem zu seinem ANtheil, wo er bald Gelegenheit fand, Mik den Teutschen anzubinden. In dem noch freyen Gallien stritten schon lange die Aeduer und Sequaner um die Oberherrschaft. Jene wohnten in dem nachherigen Herzogthum Burgund ( Kom-AOANS ); diese in der Grafschaft Burgund (h'ran- clls Lomtö), Die Aeduer erhielten zuletzt die Oberhand ; allein die Sequaner riefen jetzt den teutschen König Arisvist zll Hülfe, der zwar den Aeduer» ihre Oberherr¬ schaft bald wiedSk aus den Hände» wand; aber mm selbst nicht mehr in sei» Vaterland zurückgehe» wollte sondern die Aeduer sowohl als die Sequaner zu unter¬ drücken anfieng, und sich von Tag zu Tag durch Teut- schc, die er über den Rhein herüberzog, verstärkte. I» dieser Verlegenheit fleheten beybe Völker den Casar um D 2 Bey- s« Weystand an, der eben mit einer römischen Armee an den Granzen stand. Nichts war dem ehrgeizigen Cäsar er¬ wünschter , als diese Gelegenheit, sich auf eine gute Art in die Angelegenheiten der freyen Gallier mischen zu kön¬ nen. Er brach sogleich gegen den Arivvist auf. Allein seine Truppen hatten so grosse Fnrchr vor den Teut- schen, daß sie sich weigercen, gegen selbe zu fechten. Nur die Beredsamkeit des Cäsar konnte ihnen endlich Muth emflößcn, den Ariovift anzngreifen, der auch /I. II. (I. Lyü in einer Schlacht unweit Besanoon über¬ wunden, und mit den Ueberbleibseln seines HeereS über den Rhein zurückgetrieben wurde. Casar gieng hernach selbst zweymahl über den Rhein; richtete aber wenig aus, weil sich die Teulschen bey seiner Ankunft in die Walder zurückzogen, und er cs nicht für rathsam fand, sie da¬ hin zu verfolgen. Bey dieser Gelegenheit baute er in der Gegend von Maynz eine Brücke über de» Rhein, die er in seinen Büchern üs bell« Oailico so umständ¬ lich beschreibt, daß man ihm das Wohlgefallen ansieht, welches er selbst über sein Werk gehabt haben muß. Nach diesen Unternehmungen Hat Casar das, was vor¬ her Ariovist im Sinne hatte, er unterwarf sich ganz Gallien, und machte es zu einer römischen Provinz. Dadurch wurden die Gränzen des römischen Reichs von der gallischen Seite bis an den Rhein erweitert. Casar bekam dnrch dir Bekanntschaft mit den Deutschen die größte Hochachtung gegen ihre Tapferkeit; er nahm ein Corps in seine Dienste auf, und die teutsche Reite- rey war es, welche ihm den wichtigen Sieg in den pharsalischen Feldern, der ihn zum Herrn von Rom machte, erfocht; denn sie brachte zuerst die Reiterey des Pompejus in Unordnung, welches dessen gänzliche Nie¬ der- FZ berlage nach sich zog. So halfen die Lentschen das rö¬ mische Kaiserthum gründe», welches sie hernach im fünf¬ ten Jahrhundert zerstörten. Das eigentliche oder transalpinische Callien war Zu Casars Zeiten in drey Theile einFetheilet. Den er¬ sten an der Nordsee und am Rhein hatten die Beigen inne; den mittler» die Celten; den letzten an dem mit¬ telländischen Meere bis an die Pyrenäen die Aquilauicr. Die nähere geographische Gränzbestimmung dieser Theile gibt Cäsar selbst in einer Stelle, die unser Verfasser in der Note a. anführt. Der Kaiser August »rächte her¬ nach noch eine genauere Binrheiluny von Gallien. Er fand, daß- sich im belgischen Gallien schon viele teutsche Völker niedergelassen haben. Daher ließ er nur demje¬ nigen Theil davon, den noch die alten Belgen bewohn¬ ten, den Nahmen des belgischen Galliens; den Theil Belgiens hingegen, den die Teutschen in Besitz genommen haben, nannte er Oermaniam cisrbsuanam , und diese theilte er wieder in Oermaniam superiorem oder xri- nmm, die den Alpen, und Osrmanioin inferiorem oder leLumllim, die ver Nordsee naher lag. Der heutige Fluß Aar soll zwischen beyden die Granze gemacht ha¬ ben. Ungezweifelt hatte der römische Stolz einen gros¬ sen Antheil an dieser Eintheilung. Weil die Römer Tentschland selbst nicht erobern konnten, so suchten sie sich wenigstens durch Uebertragung des Rahmens den Schein zu geben, als wenn sie einen Theil davon be¬ säßen. Seit Augusts Zeiten gab es also ein zwcyfaches Germanien, CeeMaora eimbenMra, das römische ober kleinere Deutschland, und Cerm-mra tranrrlMaira; oder das fcepe, gross--, eigentliche Teutschland. Die Worte 6er- L4 «Jsrmanis cis - und trgnsrksnZNg müssen hier nach der römischen Art zu reden genommen werden. Den Rö¬ mern lag das jenseits des Rheins, was uns diesseits desselben liegt, und umgekehrt. Unter Kaiser August sind die Römer auch von einer andern Seite den Teutschen naher gekommen. Sie eroberten D. L'. 720 von Pannonien aus das No¬ ricum, und 719 das Rharien und Vindelicien. So ist die Donau gegen Süden die Gränze zwischen dem rö- viischen Reich und Teutschland geworden. § 9- Drufische Unternehmungen, aber varische Nie¬ derlage und deren Erfolg bis auf Constan- tin den Grossen von 7^. 17.0. 742 bis L. A06. (319 Jahr.) Die beständigen Einfalle der Teutschen in die römi¬ schen Provinzen mochten den K« August auf den Gedan¬ ken gebracht haben, das grosse Teutschland selbst zu ei¬ ner römischen Provinz zu machen. Die Ausführung die¬ ses Planes übernahm Augusts Stiefsohn Drusus. In vier Feldzügen von l). 0. 742 bis 74z drang dieser muthige Jüngling wirklich bis an die Elbe vor; allein da es in Deutschland keine Städte gab,, wo eine fremde Armee festen. Fuß fassen konnte; da sich die Teutschen immer in ihre Wälder zurückzogen, wohin es nicht rath- sam war, ihnen zu folgen, und da die Truppen bestän¬ dig mit Mangel an Lebensmitteln in einem unbebauten Lan- LL Lande z» kämpfen hatten; so mußte er das weitere Vor¬ rücken aufgeben, und auf seinem Rückzüge büßte er selbst durch einen Pferdsturz das Leben ein. Jedoch be¬ hielten die Römer einen beträchtlichen Strich Landes zwischen dem Rhein und der Weser besetzt. Das Merk: würdigste von den Thaten des Drusus in Teutschland ist, daß er durch einen ungefähr zwey teutscke Meilen langen Canal (l'otlü Vrul'muu) den Rhein mir der Assel vereinigte, um auf solche Art leichter in die Nordsee mW den teutschen Völkern in den Rücken zu kommen. Am Rhein soll er nach dem Berichte des Florns bcy 50 Schanzen und «Lustelle angelegt haben, ans wel¬ chen in der Folge Städte und nahmhaste Oerrer entstan¬ den sind. Das berühmteste Castell war Vlo^unrwcum, Maynz. Hier hat Drusus von seinem Stiefvater auch ein Monument erhalten, von dem noch heut zu Tage in der Maynzer Citadelle Ueberbleibsel zu sehen, und unter dem Nahmen des !Lich.lftems bekannt sind. Dem Drusus folgte in dem teutschen Commando dessen Bruder Tiberius. Seine Thaten in Teutschland sind von VeUejus paterculus, einem Augenzeugen be¬ schrieben worden, der aber dadey unredlich zu Werke ge¬ gangen ist, einen Schmeichler gemacht, und alles über¬ trieben hat. Tiberius verstand die Kunst sich zu verstel¬ len und die Teutschen durch Unterhandlungen zu hinter- gehen besser, als den Krieg zu führen. Soviel ist in¬ dessen doch richtig, daß TiberiuS auf seinen Kriegszügen wieder bis an die Elbe gekommen sey; über wahrschein¬ lich auch mit keinem größern Erfolge als Drusus, und daß er die drusischcn Eroberungen zwischen dem Rhein und der Weser behauptet habe. Die gefährliche Nach: bar- 56. barschaft der Rögner bewog um diese Zeit die Mar- lkomannen, ein mächtiges reutsches Volk, das vorher in den Gegenden des Oberrheins wohnte, und dann vergebens eine Wohnstätte in Pannonien suchte, sich tie¬ fer ins Tentschland zu ziehen. Sie vertrieben unter ih¬ rem Könige Marbod die alten Bojen «ns ihrer Hey- math Bojohemum (Böhmen), und setzte» sich dort fest. Marbod war zu Rom erzogen, verband tentsche Ta¬ pferkeit mir römischer Kriegskunst, und hielt beständig ein zahlreiches und geübtes Kriegsheer auf den Beinen. Die Römer fürchteten ihn sehr. Tiber selbst sagte öf¬ fentlich vor dem Senate zu Rom, daß weder Philippus den Alhenienscrn, noch Pyrrhus und Antiochus dm Römern so furchtbar gewesen. Er nahm sich daher vor, Marbods Macht zu brechen. Allein als er von zwey Seiten gegen ihn anrückte, erregten die Völker in Pan¬ nonien und Dalmatien einen Aufstand gegen die Romer, weil sie glaubten, daß jetzt die beste Gelegenheit vorhan¬ den sey, sich des römischen Joches zu entledigen. So¬ bald Tiber davon benachrichtiget wurde, verglich er sich mit Marbod, so gut er konnte, und eilte de» Aufruhr in Pannonien und Dalmatien zu stillen, welches ihm auch glückte. Kaum war hier alles wieder zur Ruhe gebracht, als die grosse Niederlage des G.uinctilm» varus erscholl, der in Abwesenheit des Tiber das Commando über die römische Armee in dem eroberten Lande diesseits des Rheins führte. Diese merkwürdige Begebenheit fällt in das yte Jahr der christlichen Zeitrechnung. Va¬ rus war vorher Statthalter in Syrien gewesen, und bildete sich vielleicht ein, die Teritschen so wie die Asia¬ ten 57 ten behandeln zu können, Er fieng an, dir römische» Gesetze und die römische Gerichtsordnung in Tentschland einzuführen, machte einen römischen Prälvr, saß selbst Zu Gericht, und entschied teutsche Streitsachen, die ihm von mitgebrachten römischen Advocaten vorgetragen wur¬ den: Er glaubte, dieses sey das beste Mittel, den Na- tivnalcharacter der Tentschen umzubilden, und sie zu ge¬ horsamen Unterlhanen der Römer zu machen. Ueber- haupt war es eine schon öfters glücklich angewandte Marime der Römer, ihre Denkart, Sitten, Verfassung und Sprache den bezwungene» Völkern mitzutheilen. Ungezweifelt ist dieses auch das schicklichste Mittel, neu erworbene Länder in beständiger Unterwürfigkeit zu er¬ halten, Allein um diese dahin zu bringen, daß sie sich entschließen, ihre alten Gebräuche, Sitten und ihre vo¬ rige Sprache abzulegen und die des erwerbenden Staa¬ tes anzunehmen, wird erfordert, daß letzterer einen so hohen Grad der Cultur erreicht habe, daß sich die ihm »»gehängten Länder zur Ehre rechnen müssen , uud stolz darauf seyn können, Theile eines solchen Staa¬ tes zu seyn. Wo dieser Umstand nicht eintritt, mislingen dergleichen Versuche gewöhnlich, und reitzen nur noch mehr zum Mißvergnügen. Die Teutschen verhielten sich zu allem, was Varus mit ihnen vornahm, ganz ruhig- Sie machten ihn glauben, daß ihnen sein Betragen so gar angenehm sey; denn sie dankten ihm für die Mühe, die er sich mit ihnen gab, uud lobten seine Gerechltg- keitsliebe. Allein alles dieses war Verstellung, Das Feuer glimmte in Geheim. Nichts war den Teutschen unerträglicher, als die Ruthen und Beile, die sich Va¬ rus durch seine Lictoren vortragem ließ, weil sie die kör¬ perlichen Strafen für ein Zeichen der ärgsten Sklaverey hiel- L8 hielten. Nur ein entschlossener Anführer gieng noch ab, um die allgemeine innere Gahrung zum Ausbruch zu bringen, und auch dieser fand sich bald. Armin oder Hermann, des cheruskischen Fürsten Sigimers Sohn, war es, der den Entwurf machte, sein Vaterland von der römischen Dienstbarkeit zu befreyen. Er war vorher ri¬ tt ge Jahre hindurch in römischen Kriegsdiensten gestan ¬ den, und hatte sich durch seine Tapferkeit das römische Bürgerrecht und die Ritterwürde erworben Der plan wurde mit vieler Klugheit und Hinterlistigkeit angelegt. Der Posten, den Varus mit dem größten Theile seiner Macht besetzt hielt, war zu verschanzt, als daß man sich von einem darauf gemachten Angriffe einen glückli¬ chen Erfolg hatte versprechen können. Varus mußte also aus seiner vortheilhafrcn Stellung in eine zum Uebcrfall schicklichere Gegend herausgetyckt werden. Zu diesem Ende wurde unter einem entfernteren Volke ein Aufstand angezettelt, und Varus beredet, mit seinem Heere auszurücken, um denselben zu stillen. Varus er¬ hielt zwar von Hermanus eigenem Schwiegervater wie- derhvhlte Warnungen, nicht dahin zu gehen. Allein die Mitverschwornen hatten ihn einmahl so sicher zu machen gewußt, daß er sich von keiner ihm bevorstehenden Ge fahr überzeugen konnte. Er wollte durchaus nicht glau¬ ben, daß die Teutschen einer so weit getriebenen Ver¬ stellung fähig waren, und zog mit seinen Legionen aus. Als er sich am rechten Platze zwischen Gebirgen, Mo¬ rasten und Waldern befand, sah er sich von allen Sei¬ ten umringt und angegriffen. Seine drey Legionen wur¬ den fast gänzlich zu Grunde gerichtet. Der größte Theil wurde niedergehauen. Einige geriethen in die Gefangen¬ schaft, worunter mancher Äfficier vom edlen Geschlechte war. war, dep sich nun bequemen mußte, den Teutschen ihre Ochsen und Schweine zu Hütten. Nur wenige konnten sich, als die Teutschen über die Beute herfielen, mit der Flucht retten. Varus entleibte sich selbst. Am ärgsten ergieng es den römischen Advocaten. Man riß ihnen die Jungen ans dem Halse, und rief ihnen zu r Höre nun auf zu zischen, du Natter! Dieser Sieg kann uns nicht gleichgültig seyn. Demselben hat Teutschland nach dem eigenen Geständnisse der Römer seine Freyheit zu danken; wir aber in den spätesten Seiten, daß wir noch Teutsche sind, und vielleicht, daß noch tcutsch auf der Erde gesprochen wird. Ohne Hermanns Heldenthat wäre es wahrscheinlich den Römern endlich doch gelun¬ gen, Teutschland zu einer römischen Provinz zu machen; und dann würden sie gewiß nichts unterlassen haben, die Teutschen nach und nach so an die römische Sprache zu gewöhnen, daß die teutsche zuletzt von selbst außer Gang gekommen wäre, wie dieses mit der alten puni- schen, spanischen, gallischen und britannischen Sprache geschehen ist, von denen sich kaum noch einige Spuhren erhalten haben. Ueber die Nachricht von der varischen Niederlage geriet!) ganz Rom in die äußerste Bestürzuny. Kaiser August wollte sich aus Betrübniß einige Monathe lang den Bart und die Haare nicht scheeren lassen, und er soll öfters in seinem Unmuth ausgerufen haben: Ynivc- lili Vare, Ie^ione8 rellcle. Die Römer befürchteten, die Teutschen werden nun über den Rhein nach Gallien gehen. Um dieses zu verhindern, sollte alles, was um ter Zz Jahren war, die Waffen ergreifen, und gegen die Teutschen aufbrechen. Allein hier zeigte sich das er- ftemahl 6o ste mahl , wie sehr dis alte Tapferkeit und Herzhaftigkeit bey den Römern bereits abgeiiommen habe, und was es für einen Unterschied mache, ob man fürs Vaterland oder für einen eingedrungenen Imperator in den Krieg ziehen soll. August mußte zu Güterconfiscationen, zu Ehrloserklarungen und sogar zu Todesstrafen die Zu¬ flucht nehmen, um ein Kriegsherr auf die Beine zu stel¬ len. Mit den kümmerlich zusammengebrachten Leuten mußte Tiber sogleich nach Teutschland gehen. Als er an den Rhein kam, sand er alles ruhig. Die Teutsche» hatten noch keinen Plan zu Eroberungen gemacht, son¬ dern sie waren für jetzt damit zufrieden, ihre Freyheit wieder erhalten zu haben. Tiber setzte zwar über den Rhein, und verwüstete einige Gegenden; zog sich aber wieder zurück, Er wollte die Teutschen vielmehr schre¬ cken, als einen Versuch machen, das Vsrlohrne von neuem zu erobern. Indessen glaubten doch die Teutschen, die Römer werden sich wegen der varischen Niederlage zu rachen suchen, und alle Kräften aufbiethen, Teutsch¬ land zu unterjoche». Es vereinigten sich daher mehrere teutsche Völker unter der Anführung Hermanns, um den Römern Widerstand zu leisten. Des Tiberius Nachfolger Gekmanrcus, ein Sohn des Drusus machte auch wirk¬ lich Anstalten, jenen Plan auszuführen, und war auch der Manu, der es vielleicht zu Stande gebracht hatte. Allein zum Glück für die Teutschen entstand zwischen ihn! und dem nunmehrigen Kaiser Tiberius ein Mis¬ trauen. Germaniens wurde zurückberufen. Tiberius hatte den Grundsatz, man müsse die Teutschen durch in¬ nere Uneinigkeiten unter einander zu schwachen und auf- zmeiben suchen. Da man zu Rom einmahl den Gedan¬ ke» Msgab, Eroberungen in Teutschland zu machen, fs blie- 6i sieben die alten Gränzea des römischen Reichs gegen Deutschland die Donim und der Rhein. An den Ufern dte,er Flüße bestrebten sich die Römer alles nach ihrer Art einznrichten, und erbauten viele Städte und Schau¬ en: als in den Gegenden des Rheins sVnenlla Rir:vi- rornm (Trier), lXsmerum (Speyer), Vanjkioinim (Worms), Colonia /Vxrippina (Cdln), 8alelio (Selz , ^«bsrnD lllienanL (Rheinzabern), ^lraripa (Altrip), lnnZinm ( Bingen ) rc.; an der Donau in Norico Dun- rericum (Lorch), Ovili« ( Wels ) , Denn» (Linz), In- vavis (Salzburg)^ Oeleig (Cilley); in Rhätien und Vin- del'cien ^Ujznlla Vinflelicorum (Augsburg), IlexlillL caltia (Regensburg), liaruvs callra (Passau) rc. Diese Städte wurden aber bey der Völkerwanderung im fünf¬ ten Jahrhundert zerstört, und erst spater wieder auf- gebaut. Die angeführten Gkanzen, der Rhein nämlich und die Donau, haben sich noch sehr lange erhalten. Als die zwey hauptsächlichsten Ursachen davon kann man ansehcn i) die innerlichen Rriege der teutschen Volker oder ihrer Heersührer unter sich, die von den Römern selbst fleißig genahret wurden. So geriethen die Catteu und Cherusker, die Catten und Hermunduren, Hermann und Segest, Hermann und Marbod an einander. Her¬ mann brachte den Marbod so weit, daß sich diese/zu en Romern flüchten mußte. Allein Hermann konnte Zu c.;r der Caballe stlbst nicht entgehen. Man hielt ihn "" "dacht, daß er nach der Oberherrschaft von Teutsch- an strebe. Es kam zu einem Aufstande unter den Sei¬ mgen , wvbey Hermann durch die Verrätherey seiner ei¬ genen Anverwandten im Zysten Jahr seines Alters das Lebe» 6r Leben verlohr. Die Römer legten ihm selbst das Lob hey: lAbsrskor lmuä (lubis OermaiÜL, L gui non primoräia populi komm-i, 6cut slii Ksßes liuLiLgue» leä üorentillimum Imperium IgcsÜ'srit^ pr«IÜ8 am- bikuus» bello von viNus. 2) Die vielen Schloß-r, Burgett und Schanzen, womit die Romer ihre Gran- zeri befestigten. Zuletzt machten sie nach heutiger Art ganze Linien gegen die Deutschen. Eine solche Schutz¬ wehre war daS vsllnm Ilomsnnm von der Donau bis an den Mayn. Uebrigens beobachteten die Römer bloß das vertheidigungssystern. .Der K. Claudius g-eng gar so weit, daß er den Befehl gab, die Linien, welche die Römer bisher noch diesseits des Rheins und der Donau hatten, zu verlassen, und die Legionen hinter diese Flüsse zurnckzuziehcn. Die Deutschen merkten aus dem Betragen der Römer bald, daß diese sich den Ge¬ danken haben vergehen lassen, Deutschland unter ihre Botmäßigkeit zu bringen. Sie selbst aber waren nie ge¬ sinnt, das Kriegshandwerk niederzulegen. Da sie als» auf ihrem Grund und Boden keine Angriffe mehr abzu¬ treiben hatten, so war es ihrem Kriegsgeiste angemessen, daß sie nun darauf -achren, die Römer in deren eige¬ nem Lande aufzusnchen. Die innerlichen Unruhen hin¬ derten sie zwar noch einige Zeit, angriffsweise zn Werke zu gehen, und nützten den Romern ungemein, welche nur zusehen durften, wie sich ihre Feinde unter einander selbst schwächten; allein diese innern Kriege erhielten auch Muth und Tapferkeit unter den Deutschen, und der Ausgang des batavisichen Rrieges munterte selbe noch mehr zu Unternehmungen gegen die Römer auf. AIS nämlich der römische Staat nach dem Abgänge der re¬ gierenden Familie in grosse Zerrüttung verfiel, und Vi¬ tellins 6Z tellius und Vespasian um das Kaiserthum mit einander kämpften, trat ein edler Bataver Claudius Civilis mit dem Entschlüße auf, sein Vaterland von der immer zu¬ nehmenden Unterdrückung der Römer zu bcfreyen. Er war Anfangs sehr glücklich und der Ausführung seines Planes schon nahe; zuletzt brachten ihm doch die Rö¬ mer , die indessen unter sich wieder einig geworden sind, einige Schlappen bey. Es wurde Friede gemacht. Man weiß aber die Bedingungen nicht, weil des Tacittis Ge¬ schichte , worin dieser Krieg beschrieben wird, eben hier ein Ende hat. Wenn gleich Civilis seine Absicht nicht erreichet hatte, so war doch eine Folge oieses Krieges, den nur eine kleine wutsche Nation mit einigen Hülfs- völkern gegen die Romer führte, daß überhaupt die Tentschen ihre Starke zu fühlen lernten. Sie fiengen an , einzusehen, daß die Römer auch jenseits des Rheins überwunden werden könnten. Die Römer verlohren seit¬ dem immer mehr von ihrer Wichtigkeit in den Augen der Tentschen, so daß einem teutschen Fürsten ein Ver¬ breche» daraus gemacht wurde, ein Freund der Römer Zn scyn. Soviel sahen jedoch die Tentschen auch ein , daß einzelne Völker aus ihnen nicht im Stande seyen , etwas gegen' die Römer anözurichten, sondern daß sich zu einem solchen Ende mehrere mit einander verbinde« wüßten. Dieses geschah dann auch mit der Zeit. Das erste Bepspiel einer v-rbinbunF mehrerer teutschen Völker haben wir im I. t66. unter tzem K. Marcus Aurelius in dem markomannischen Kriege, in welchem alle germanischen Völker an der Donau von Pannonien an bis an den Nordgau wider die Römer zusammenhielten. Marcus Aurelius commandirte in Per¬ son 64 son gegen sie. Uebrigens ist uns wenig von diesem Krie¬ ge bekannt. Mare Aurel war zwar selbst Schriftsteller, aber nur im philosophischen Fache. Er hinterließ uns Bücher cle ss ipso. Die merkwürdigste Begebenheit des markomannischen Kriegs ist seiner besondern Umstän¬ de' wegen ein Sieg des Kaisers gegen die Kuaden. Die Quaden haben das römische Kriegsheer in eine dürre und unfruchtbare Gegend (man glaubt in das heu¬ tige Marchfeld) gelockt, wo sie es ganz umschlossen. Hunger und Durst schienen den Römern keine andere Wahl mehr übrig zu lassen, als entweder sich zu Ge¬ fangenen zu ergehen, oder auf die elendeste Art dahin zu sterben. In der äußersten Noch wurden sie durch ei¬ nen plötzlich entstandenen und vom Donner begleitete» Platzregen erquicket. Sie sammelten ihre Kräfte wie¬ der, griffen die Kunden an und schlugen sie in die Flucht. Die heidnischen und christlichen Scribenten sind über die Ursache des Regt»- und Donnerwetters, dem die Römer ihre Rettung zu verdanken hatten, verschie¬ dener Meinung. Dio Cassius erzählt, ein ägyptischer Zauberer habe dieses Wetter von dein MercuriuS durch Beschwörungen erhalten. Die christlichen Schriftsteller hingegen behaupten, die zwölfte Legion, die meistens ans Christen bestand, habe selbes durch ihr Gebet er¬ flehet, und daher den Nahmen Degio üilminstrix be¬ kommen. Allein was das letzte betrifft, sh ist es dar- gethan, daß die zwölfte Legion schon lange vorher unter dem Kaiser Trajan den Nahmen b-eZio kulmineu oder fulmichfera geführet habe. Marc Aurel erlebte das En¬ de dieses Krieges nicht. Er starb hier zu Wien (Vin. ZndmuL). Er befahl seinem Sohne Tom.modus den Krieg ganz auszuführen. Allein der commode Sohn fand fand bald, baß es besser sey , in den warmen Italien gemächlich zu leben, als an der kalten Donau zu fechten. Er setzce sich daher mit den Markomannen und den mit ihnen verbundenen Völkern, und gieng über die Alpen nach Nom zurück. Von dieser Zeit an bis auf Theodos den Grossen finden wir die Römer in beständige Rriege mit den teutschen Völkern verwickelt. Die Teutschen machten un¬ aufhörliche Einfälle in die rdmsicheU Provinzen, und wur¬ den den Römern von Tag zu Tag furchtbarer. Die Ur¬ sache davon lag vorzüglich rs) in der inner» Zerrüt¬ tung des römischen Reichs. Das Blatt hat sich nun gewendet. Vorher kamen den Römern die innerlichen Zwistigkeiten der Teutschen wohl zu statten. Jetzt ent¬ standen unter den Römern unübersehbare einheimische Un¬ ruhen. Aus der römische» Geschichte ist es bekannt, baß das römische Reich in den 9» Jahren von Antoninus Philvsophus an bis auf den Aurelianus ( ,^0 — 270) * von 22 Tyrannen, die meistens von der Miliz aufge¬ worfen worden sind, mehr zerrissen als regieret wurde. Diese Uneinigkeiten der Römer und die durch oftmahlige Thronveränderungen verursachten Verwirrungen machten sich nun die Teutschen zu Nutzen. 2) Inder Verfassung der teutschen Völker» Vorher war jedes teutsche Volk isolirt, und handelte für sich allein. Nnn traten mehrere Volker in einen gemeinschaftlichen Bund zusam¬ men, wodurch ihre Absichten und Kräfte mehr vereini¬ get wurden. Diese Verbindungen machten, daß sich die kleineren teutschen Völker, die bey den alten römischen Schriftstellern Vorkommen, nach und nach aus der Ge¬ schichte verlohrcn , «nd ganz andere zum Vorschein ka- E men. 66 men, von denen man vorher nichts gehört hat. Die be¬ rühmtesten unter diesen verbundenen Völkern sind die Al-mannen, Zranken, Gorhen, und Sachse». Die Alemanne» erscheinen am Oberrhein, die Franken am Niederrhein. Diese wurden eingetheilt in die Salier, wahrscheinlich von der Vssel (lka^) , und in die R-pua- r»r/ das ist Uferfranken , weil sie sich an den Ufern des Rheins, der Maas und der Mosel festgesetzt hat¬ ten. Die Gochen waren an der Donau gegen das schwarze Meer zu. Die Sachsen hinter den Franken an der Nordsee. Alle diese Volker standen bereit , in die römischen Provinzen einzufallen. .Die Römer konnten ihre weitläufigen Gränzen nicht vertheidigen. Wenn sie ihr Kriegsheer am Niederrhein hatten, so wurden ihre Be¬ sitzungen an der Donau und am schwarzen Meer ange- fallen; und wenn sie ihre Macht in letztere Gegenden zogen, so waren die erstem feindlichen Einfallen ausge¬ setzt. Diese Völker giengcn zwar in ihren Unternehmun¬ gen nicht gememschafclich zu Werke; sie hatten aber doch alle einerley Absicht , nämlich das römische Reich zu Grunde zu richten und darin Eroberungen zu ma¬ chen. Auf >olche Art cUeichterte auch ohne Verabredung immer ein teutsches Volk dem andern seine Unternehmun¬ gen , und es war fast so viel, als wenn sie sich z» ei¬ nem gemeinschaftlichen Endzweck vereiniget hätten. Unter den Kaisern Aurelian und produs schien sich zwar das römische Reich einigermassen zu crhohlen. Es geschahen aber doch immer von allen Seilen die ge¬ fährlichsten Einfalle sogar in das Innerste der römische» Provinzen. Probus ist als der Lmchus der Teutschen anzusehen. Er hat den Weinstock zuerst nach Syrmien gebracht. 67 gebracht, von wo er in unser heutiges Oesterreich und dann nach Tentschland an den Rhein kam. Unter ihm verdient noch eine Begebenheit angemerket zu werden, welche zeigt, was Muth, Herzhaftigkeit und Verzweif¬ lung vermag. Probus hatte mehrere Franken nach Thracien versetzt. Allein diese waren mit dem neuen Wohnorte und der ihnen aufgedrungenen Lebensart so sehr unzufrieden, daß sie den verzweifeltesten Entschluß faßten und wirklich ausführten. Sie bemächtigten sich einiger Fahrzeuge, durchschifften den Hellespont, stiegen iu Griechenland und Afrika verschiedenene Mahle an das Land, um sich durch Plündern Lebensmittel zu verschaf¬ fen , landeten in Sicilien, eroberten die berühmte Stadt Syracus, schifften endlich von dem mittelländischen Meer in den Ocean , und kamen glücklich an den wutschen Küsten an. Unter dem Kaiser Diokletian in den Jahren rßü. und 2y2. gieng eine Veränderung in der Verfassung des römischen Reichs vor sich, die wir zu merken ha¬ ben. Selbes hatte bisher nur ein Oberhaupt. Diocle- tian sah ein , daß ein einziger Regent unmöglich das weitläufige Reich übersehen, und die Grenzen vor den Einfällen der unruhigen Nachbarn beschützen konnte. Er wählte sich daher den Mariminianus zum Reichshülfen, rrnd übertrug ihm die Verwaltung des Occidents. Bey» de glaubten noch nicht zureichend zu sepu , und daher nahm jeder noch einen Cäsar zur Seite. Die Cäsarn waren fast soviel, als unsere heutigen römischen Köni« ge, die bey Lebzeiten eines Kaisers erwählet' werden , nur mit dem Unterschied, daß diese sich vor Absterben des Kaisers in keine Regierungsangelegenheiten miftben E r dür- 68 dürfen; jene hingegen sogleich gewisse Bezirke zur Ver¬ waltung bekamen. Diese Theilung fiel zwar einerseits dem römischen Reiche beschwerlich, weil es nun mehrere Regenten zu ernähren hatte, deren jeder einen eben so ansehnlichen Hof - und Kriegsstaat haben wollte , als der andere; andererseits aber hatte sie auch etwas Gu¬ tes an sich. Jedes Oberhaupt konnte die ihm anver¬ trauten Provinzen leichter übersehen , seine Glanzen besser decken und die einbrechenden Feinde davon zu¬ rücktreiben. Jur Erläuterung der geographischen Verhältnisse der Gegenden am Rhein und «an der Donau in die¬ sen Zeiten dienen die Ilineiiiria Kntouim und DIwo- lioln oder die so genannten Dabul« peutjn^enmme. Sie sind eigentlich alte römische Landcharten oder viel¬ mehr Wegbeschreibungen. Conrad Celtes , ein teut- scher Gelehrter hat sie zu Anfang des »6ten Jahr¬ hunderts zu Augsburg entdeckt, und einem andern Gelehrten, Peutinger mit Nahmen, überlassen. Zuletzt hat sie der berühmte Prinz Eugen an sich gekauft. und mit seinen Büchern sind sie hernach in die kaiserliche Bibliothek gekommen. Aus derselben hat sie im I7.5Z Franz Christoph von Scheyb in Kupfer gestochen zu Wien herausgegeben. § 10. §. !0. VA Constantin der Grosse vom F. Z«6 bis ZZ/. (Zl Jahre) Constantins des Grossen Regierung machte sich nicht soviel durch seine glücklichen Kriege , die er gegen die Franken, Alemannen und Gothen führte , als vielmehr durch andere Veränderungen merkwürdig, die auch auf Teutschland Einfluß und überhaupt Folgen hatten, wel¬ che mit der Zeit immer erheblicher geworden sind, und zum Theil noch bis auf den heutigen Tag nicht aufgc- hört haben. Er hat den Girz -es römischen Reichs vom Rom nach Byzanz übertragen, das von ihm de» Nahmen Constantinopel erhielt. Die pragmatischen Ge¬ schichtsforscher haben die Zraye aufgeworfen , ob es für das römische Reich vvrtheilhaft war, den Sitz von We¬ sten nach Osten zu verlegen. Viele lagen, dadurch habe der Kaiser die westlichen Provinzen den Einfallen der Barbaren preisgegeben, besonders da diese Provinzen ohnehin der schwächere Theil des römischen Reichs wa- ren, und nun noch schwacher geworden sind; Italien sey durch diese Verlegung ganz entvölkert worben, weil al¬ les mit dem Hof nach Constantinopel zog. Andere hin¬ gegen sagen, der Kaiser habe schon damahks die Thei- lang des Reichs im Sinne gehabt. Sein Gedanke sey also nicht gewesen, daß das römische Reich nur einen Sitz habe», und der westliche Theil ohne Aufsicht und Schutz bleiben sollte. Die Verlegung der Residenz konnte auch nicht die Ursache gewesen seyn, daß das oeciden: talsiche Reich zu Grund gegangen sey; denn da dieses geschehen, habe der Occideirt seine eigenen Kaiser gehabt. Con- 7* Constantin hat auch eine ncue Eintheiluny t>-s rsmrschen Reichs in Präfekturen, Diöcesen und Pro¬ vinzen vorgenommen. Das ganze Reich theilte er in 4 Prafecture» ein, die orientalische, illyrische, italiani- sche und gallische. Jede Prafectur wurde wieder in Diöcesen und jede Diöces in Provinzen eingetheilt. Die Prafectur des Orients begriff ; Diöcesen in sich , die vom Orient, von Aegypten , von Asien, von Pontus und von Thracien. Die illyrische Prafectur hatte zwey Diöcesen, Makedonien und Dacien; jenes faßte 7, die¬ ses Z Provinzen in sich. Die italiänijche Prafectur be¬ stand ans z Diöcesen, von Italien, Africa, und dem westlichen Illyrien. Jur ersten gehörten 17 Provinzen, unter andern auch Rhatien: zur zweycen und zur drit¬ ten 6, und zwar zur letzten auch Noricum. Die galli¬ sche Prchectur enthielt g Diöcesen, von Spanien, Gal¬ lien und Britannien. Jur Diöces von Gallien wurden 17 Provinzen gerechnet, unter andern auch Germanin prinrn und ieeunlln , öe!§ien xrimn und tecunsta und Nnxims 8ö^unnorum, In Germanin prima war Mayuz die Hauptstadt oder Netrnpoli>; in Germanin seeunän Höln; in Lelzicn xrimn Trier; in belica t>enncln Rheims; in Msximn 8ec;ugnorum Besan-;on. Trier war zugleich die Hauptstadt von der Diöces und der ganzen Prafectur von Gallien, Ueber jede Pra¬ fectur war ein sti-XkeNuz piaotorio, der den Sitz in der Hauptstadt der Prafectur hatte, gesetzt. Je¬ der Diöces stand ein Vicaris vor, dessen Sitz die Hauptstadt der Diöces war; und über jede Provinz führte ein kraola.; oder e«nüu's>i8, der in der Necro- pc>Ii der Provinz residirre, die Aufsicht. Weil Trier nicht Mm die Nstropolis von Lt-ltzicn xrim», sondern auch Pie 7l die Hauptstadt der Diöees von Gallien und der galli¬ schen Präfectur war, so hatten darin erstens der oder Ooazalan-; läsIHcL primiL , dann der Vicanu8 der gallischen Diöees, und endlich der Pi-Lsecrn« p>L- lorio Oaüiarum seinen Sitz. Daraus kann man auf die damahlige Wichtigkeit der Stadt Trier schließen. Sie war gleichsam ein zweytes Rom, und diente meh- rem Kaisern zum Aufenthalt. Diese Eintbeilung des römischen Reichs hat zwar in politischer Rücksicht schon längst allen Gebrauch ver- lohren; aber in der Kirchenverfassung sind noch jetzt sichtbare Folgen davon übrig. Als sich nämlich die christliche Religion in die römischen Provinzen verbreitete, kamen in die Städte, wo sich schon ganze christliche Ge¬ meinden hcrvorgethan haben, Bischöfe. Diese mußten sich ihrer Geschäfte wegen öfters in die Hauptstadt der Provinz verfügen. Dort hielten sie gewöhnlich ihre Ver¬ sammlungen und Berathschlaqungen. Es war natürlich, daß dabey die übrigen Bischöfe der Provinz dem Bi¬ schöfe der Hauptstadt, der ihnen den Zutritt zu dem ?rros 8 der Provinz verschaffen, ihre Angelegenheiten durch Empfehlung unterstützen, und die Sache der Kir¬ che überhaupt am besten vertheidigen und befördern konnte, den Rang und Vorsitz ließen, womit bald eine Art von Authorirät und Oberaufsicht verbunden wurde. So verhalf die politische Eintbeilung des Reichs den Bischöfen der damahligen Hauptstädte zur erzbischöflichen Würde; wies ihnen gleichsam ihre Suffraganbischbfe an, und bestimmte den Umfang ihrer Metropolitanspren¬ gel. Und bey dieser Einrichtung des Kirchenstaates ist es noch bis auf den heutigen Tag geblieben, wen« nicht außer- 72 außerordentliche Vorfälle eine Veränderung hervorge¬ bracht haben. So behauptet der Erzbischof von Trier noch heute das^Metrvpolsianrecht über die Bischöfe von Met;, Toul und Verdun, weil diese Städte iu der pro- vincia Kekiču prima , worin Trier die Hauptstadt war, lagen. So übt der Erzbischof von Maynz noch jetzt seine erzbischöflichen Rechte über die Bischöfe von WormS, Speyer und Straßburg aus, weil Mainz die Hauptstadt her Provinz (ärumsniu prünu war, wozu die Skavte Worms, Speyer und Straßburg gehörten. (*) In O-rmanin lecuuclu war Cöln die Haupt- und Ton¬ gern eine Provinzialstadt. Darum ist noch immerfort der Bischof von Lüttich, wohin der bischöfliche Sitz von Tongern in der Folge verlegt wurde, ein S uffragan des Erzbischvfes von Cöln. Daraus kann man auch erklären, warum der Erzbischof von Trier einst ?rinE von ganz Gallien war. Die Ursache lag darin, weil er sei¬ nen Sitz in der Hauptstadt der Diöces und der ganzen Präfectur von Gallien hatte. Die wichtigste und folgenreicheste Begebenheit aber unter Constantin dem Grossen ist ungezweifelt dessen Reliniormanderuny, Er war der erste unter den römi¬ schen Kaisern, der sich im I, gr-, als er eben in einem Kriege wider seinen Gegner Marentius verwichelt war, zur christlichen Religion bekannte. Die Schriftsteller strei¬ te» (') Die neue französische Diöcesanelncheilung hak freylich an diesen zwei) Beysrielen Ne kacra eine Acnderung gemacht. Plein ob diese vom rechtlichen Bestände seyn werde, muß «rst der Ausgang der Sachen lehren. 7Z ten über den Beweggrund, den er dazu gehabt haben mochte. Eusebius sagt, er habe es selbst von dem Kai¬ ser gehört, das? er darum die christliche Religion ange¬ nommen habe, weil er sammt seinem ganzen Kriegsheer ein Kreuz mit den Worten ,,.lu Koo lijruo vino--8^ in den Wolken gesehen, und weil ihm hernach Christus selbst in einer nächtlichen Erscheinung dieses Phänomen erkläret habe. Andere sehen die ganze Bekehrung bloß für eine Politik des Kaisers an, der Christen, die jebt in seinem Reiche sehr sich dadurch die häufig vorhan¬ den waren, geneigt machen wollte. Aosimus , ein heid¬ nischer Schriftsteller erzählt, Constantin habe seine Ge¬ mahlin« und seinen Sohn umdringen lassen, darüber ha¬ be er Gewissensbisse empfunden, und sich an einen heid¬ nischen Priester gewendet, der ihn durch Opfer mit den Göttern wieder aussohnen sollte; dieser habe ihm aber geantwortet, er wisse kein Opfer, das im Stande wäre, so groß? Vergehungen zu tilgen ; der Kaiser möchte sich an die christlichen Priester wenden, diese hätten Versöh¬ nungsmittel für die schändlichsten Lasterrhaten. Allein diese Ursache ist offenbar falsch : denn die Ermordung der Gemahlinn und des Sohnes ist erst nach der Bekehr nmg Constantins geschehen. Soviel aber sieht man auS eben diesem Facto, daß Constantins Herz durch seine Bekehrung wenig gebessert worden. Es mag übrigens die constantini'sche Religivnsveränderung durch was im¬ mer für Beweggründe veranlaßt worden seyn, so ist doch gewiß, daß sie Folgen besonders in Rücksicht auf die Kirchenverfassung hatte, die für uns interessant sind. Um diese desto besser einzusehen, müssen wir vorher den Zustand der christlichen Religion so, wie er vor Kon¬ stantin dem Grossen war, kennen lernen. ?4 Bis auf Constantin war bis christliche Religion vom Throne entfernt, und mußte von Zeit :zu Zeit die härtesten Verfolgungen erdulden. Die Hauptursache der römischen Intoleranz gegen die christliche Religion scheint darin gestanden zu seyn, daß die Christen die heidnische Religion, die mit der römischen Staatsverfaffnng ver- webt war, geradezu und unmittelbar angriffen. Viel¬ leicht haben auch die geheimen Versammlungen der Chri¬ sten Aufsehen und Bedenklichkeiten bey den Römern er¬ regt. Diese konnten daher leicht verleitet werden , die Ausbreitung des Christenthums als eine Sraatssache anzusehen, und strengere Maßregeln dagegen zu ergreifens Allein alle Staatsinquisitionen vermochten die Kraft der Ueberzeugung so wenig zu unterdrücken , daß sich viel¬ mehr die christliche Religion schon vor Constantin bis in die entferntesten Gegenden des römischen Reichs, soweit nämlich die römischen Legionen und Colonien reichten, verbreitete, und die Verfassung der Kirche sich immer mehr ausbildete. Sv gab es schon vor dem Ende des ersten Jahrhunderts überall, wohin die christliche Reli¬ gion gekommen ist, Llfttwfe, und zwar so, daß in ei¬ ner Stadt und auf dem Lande herum, wo mehrere Ge¬ meinden , mithin auch mehrere Priester waren, doch nur ein Bischof vorhanden war, gleichsam als ein Oberprie¬ ster und Aufseher über mehrere christliche Gemeinden. Im zweyren und dritten Jahrhundert erscheinen schon in den Hauptstädten der Provinzen Mecropvlicen, das ist, Bischöfe, welche über die übrigen Bischöfe der Provinz eine Oberaufsicht führten, und die gemeinschaftlichen Kir- chengeschafte der Provinz besorgten. Unter diesen Me¬ tropoliten standen die von Rom, Alexandrien und Antio¬ chien in einer vorzüglichen Achtung, Die christlichen Ge¬ mein- 75 inciuden hielten auch schon Versammlungen oder Syno¬ den, bald von einem kleinern, bald von einem großem Bezirke. Anfangs, so lang die Synoden nur auf einen kleinern Distrikt eingeschränkt waren, fanden sich auch die gemeinen Christen dabey ein. Als aber selbe auf größere Bezirke ausgedehnt wurden, war es natürlich, daß nur die Priester und Bischöfe als Aufseher der Ge¬ meinden, und endlich bloß die Bischöfe als Repräsentanten ihrer Kirchen darauf erschienen. Auf den Synoden wur¬ den Schlüsse gemacht, nach denen sich auch die übrigen Mitglieder der Kirche, die nicht zur Versammlung ka¬ men, oder nicht mehr zugelassen wurden, richten sollten. Auf solche Art setzte sich das Kirchenregiment auf eine» festen Fuß, und der wichtige Unterschied zwischen dem geistlichen und weltlichen Stande, oder zwischen dem Clerus und den Layen, wurde immer merklicher. Jener war Gesetzgeber; dieser der gehorchende Theil in der Kirche. Zu gleicher Zeit aber wurde auch schon durch die Begriffe von -er Einigkeit -er Rirche der Grund zu weit aussehenden Streitigkeiten und Trennungen un¬ ter de» Christen gelegt. Man kann die Einigkeit der Kirche in einem zweyfachen Verstände nehmen, in einem weitern und in einem engern. In der weitern Bedeu¬ tung wird Einigkeit in der christlichen Kirche vorhanden seyn, wenn alle Mitglieder derselben in den Haupkbe- griffen, welche die Grundlage des Glaubens und Lebens ausmachen, z. B. in der Anerkennung der Bibel, in dem Glauben an Christum als Erlöser, in der Hoffnung eines künftigen Lebens und der ewigen Seligkeit, iu der Liebe Gottes und des Nächsten Übereinkommen. Die Ei¬ nigkeit in der engern Bedeutung hingegen bestehet in ei¬ ner völlig gleichen Denkungsart der Kirchenmitglieder über alle 76 alle Gegenstände, die zur christlichen Religion gezogen wer¬ den können; in Annahme ganz gleicher Bestimmungen über alle Fragen, die sich darüber machen lassen. Es war nicht zu erwarten, daß sämmtliche Mitglieder aller christlichen Ge¬ meinden ganz gleiche Begriffe über Neligionösachen haben werden. Man findet im Gegentheil schon in den Briefen der Aposteln Spuhren von verschiedenen Religionsmei- rmngstt unter den Christen. Diese Verschiedenheit äußerte sich in der Folge immer mehr und mehr, nachdem die Bischöfe und die Geistlichkeit angesangen hatten, in ihren Versammlungen häufigere Berathschlagungen anzustellen und Entscheidungen zu machen. Diese Entscheidungen wurden zwar ohne weiterem als verbindlich für die christ¬ lichen Gemeinden angesehen, und diejenigen, die davon abwichen, wurden als ^irrgläubige, Neger, ^^n der Kirche ausgeschlossen. Allein ein Unglück war es, daß die Particularkirchen aus Menschen bestanden, Heren Ge¬ sinnungen immer verschieden zu seyn pflegen. Dadurch geschah es, daß nicht bloß einzelne Glieder dieser oder jener Gemeinde hie gemachten Entscheidungen nicht an- »ahmen, sondern auch ganze Gemeinden und grosse Par- ticularkirchen selbst verschiedene Entscheidungen machten. Da entstand die Frage: welche Gemeinde hat die wahre Meinung? Welche ist als die rechtgläubige Kirche anzu- sehen? Weil auch der irrende Theil nicht nachgeben wollte, so entstanden zwischen den Gemeinden Trennun¬ gen. Eine Kirche verdammte die andere, und verfolgte sie auch, sobald sie Gelegenheit erhielt. So stand es mit der christlichen Religion und Kircheneinrichtung vor Constantins Bekehrung. Durch Lonstantin bekam die christliche Religion öffentlichen Schutz. 77 Schutz. Der Gottesdienst wurde feyerlicher und prächti¬ ger. Die Kirchenvcrfassung wurde befestiget und noch mehr ausgebildet. Uni Gleichförmigkeit in dem Gottes¬ dienst und der Lehre zu erhalten, wurden jetzt unter öffentlichem Schutze nicht bloß besondere, sondern auch allgemeine Kirchenvcrsammluugen oder Concilien veran¬ staltet, und Abweichungen von der allgemeinen Kirche oder Ketzereyen unter bürgerliche Ahndungen gesetzt. Al¬ lein je häufiger Entscheidungen über Religionsfragen zum Vorschein kamen, und je harter die Strafe» waren, die man wider die Ketzer verhängte, desto mehr nehmen die Spaltungen unter den Christen zn. Unter Constantins Regierung haben wir eine Kirchenversammlnng zu ArleS vor« J. Z14, und hernach die grosse Kirchenversammlung zu Nicaa im I, gsz. Diese Kirchenversammlungen sind für uns noch aus einem andern Gesichtsprmcte merk¬ würdig. Von dieser Zeit nämlich werden die Nachrich¬ ten von den Bischöfen in den Städten am Rhein und an der Donau zuverlaßiger, weil sich aus den Acten dieser Concilien zeigt, daß darauf schon Bischöfe aus den gedachte» Gegenden erschienen sind. So waren auf der Kirchenversammlung zu Arles Maternus Bi¬ schof zu Cöln und Tongern, und AgröciuS Bischof zu Trier gegenwärtig. Auf dem Concilio zu Sardiea im Mösien im I. Zgz unter Constantins des Grossen Söh¬ nen haben sich aus Osllia Remica Marimiuus, Bischof von Trier, sammt den Bischöfen von Metz , Ton! und Verdun ; aus Germania prima Martinus Bischof von Maynz, Victor Bischof von Worms, Jesse Bischof von Speyer und Amandus Bischof von Strasburg ; aus Germania tscunäa Euphratcs Bischof von Cöln und Servatius Bischof von Tongern ringefunden. Auch wa¬ ren 78 ren um diese Zeil schon Bischöfe in Nori'eo und Rha- tien zu Lorch, Trident, Seben re. Die meisten Kirchen dieser Gegenden weisen uns zwar schon altere Bischöfe auf, und viele wollen die Reihe derselben sogar an die Aposteln anschließen. Allein die Nahmen dieser Bischöfe sind meistens Erdichtungen des zehnten Jahrhunderts. Das Ansehen der Metropoliten von Nom, Ale¬ xandrien und Antiochien, welche schon lange vor Con¬ stantin, wie oben gesagt worden, unter allen in einer vorzüglichen Achtung standeu, erhob sich jetzt noch mehr. Sie wurden mit dem Patriarchentitel beehrt, und so von den übrigen Bischöfen und Metropoliten unterschie¬ den. Nachdem die Kaiser ihren Sitz zu Constantinopel aufgeschlagen habe», war es natürlich, daß der Bischof von Constantinopel in die Reihe der ersten Bischöfe kam; denn Constantinopel war nun ein zweytes Rom gewor¬ den. Er erhielt auch wirklich auf dem Concilio zu Chal- cedon den Raug gleich nach dem Bischöfe von Rom. Auf der nämlichen Kirchenversammlung wurde auch noch der Bischof von Jerusalem den Patriarchen beygezahlt. So entstanden fünf Patriarchalkirchen, die römische, constantinopolitanische, alexandrinische, antiochenische und jerusalemische. Von einer päpstlichen Rirchenmonarchle wußte man in diesen Zeiten noch nichts. Dem Papste kommt zwar nach dem katholischen Kirchensystem ein Vorzug vor den übrigen Bischöfen zu dem Ende zu, damit lbie Einigkeit in der Kirche erhalten werde. Allein dieser Vorzug ist von einer Kirchenmonarchie, an die man im Mittelalter zu glauben verleitet wurde,, weit entfernt. Man 79 Man bat nämlich zu Rom unter Begünstigung der Un- wiffenheir und des Aberglaubens der mittleren Zeiten folgendes System ausgestellt und auch zur Ausführung gebracht: der heilige Peter sey zum allgemeinen Mtd ein¬ zigen Statthalter Christi auf Erden bestimmt, ihm sey die Fülle der Macht gegeben und die unmittelbare Re« gierung der ganzen Christenheit anvertrauet worden; alle übrigen Kirchenvorsteher hätten nur von ihm ihre Gee walt erhalten. An die Stelle des heiligen Peter seyen die römischen Bischöfe durch rechtmäßige Nachfolge ge¬ treten. Diesen siehe daher die nämliche unbegmnzte Macht im Vollesten Maß« zu. So Haden sich die Pap» sie zu uneingeschränkten Monarchen in der Kirch« und zu allgemeinen Bischöfen aufgeworfen, und haben ihre Mirbrüder, die übrigen Bischöfe, zu ihren Viearie» er¬ niedriget , die bloß ihnen den Anrheil von Gewalt, den sie haben, zu verdanken hätten. Nun von einer solchen Kirchenmonarchie wußte daö Zeitalter, von dem wir jetzt reden, noch nichts. Selbe ist erst durch spätere Veranlassungen entstanden. Nur soviel ist aus den Denk- niählern dieser Zeiten bekannt, daß die Kirche von Rom auch schon damahls vorzüglich geehret worden sey. Man nannte sie Ourkecirom principalom , snrignist'lmum, o wnh,i8 co^nirum. Dieses Ansehen hatte sie größten- theils dem Vorzüge der Stadt zu verdanken; denn die Würden der bischöflichen Sitze wurden nach den politi¬ schen Vorzügen der Städte, in denen sie sich befanden, abgemessen; Rom war aber die Hauptstadt der damah-, ligen Welt. Eben so wenig läßt sich aus historischen Gründer? darthun, daß Constantin der Grosse dem Papst Sylve¬ ster Lo 6er den Kirchenstaat geschenket habe. Die Papste führ , ren zur Begründung ihrer Souverainität über die Län¬ der, die den Kirchenstaat ausmachen, verschiedene Titel an. Vvrmahls beriefen sie sich auch auf die constanti- nische Schenkung, Allein in den gleichzeitigen Nachrich. ten findet man keine Spuhr von einer selchen Schen¬ kung. Vielmehr streitet die ganze Geschichte dagegen. Erst im neunten Jahrhundert macht Aeneaö Parisiensis von dieser Schenkung eine Meldung. Einst war es ge¬ fährlich solche Jrrthümer anzugreifen. Im 15ten Jahr¬ hundert ließ sich Laurentius Valla beygehen, die con- siantinische Schenkung zu bestreiten. Er wurde zu Nea¬ pel von der Inquisition ergriffen, und sollte verbrannt werden. Auf Jnterceffion des Königs AlphonS wurde er jedoch insoweit begnadiget, daß er nur in der Ja- cobinerkirche dreymahl Spiefiruthen laufen mußte. Bald darauf hat aber die Critik dieses historische Märchen so aufgedeckt, daß es, wie man erzählt, ein venetianischer Bothschaster wagen konnte, dem Papst Julius II. , von dem er befragt wurde, worauf der Senat von Venedig seine Herrschaft über das adriatische Meer gründe , zu antworten: auf ein Diplom, daö auf der Rückseite der constantiuischen Schenkungsurkunde geschrieben ist; der heilige Vater möchte nur in dem Archive der Engelsbnrg nachsuchen lassen, es werde sich schon finden. So mächtig die Kirche durch den Schutz Constan¬ tins und der nachfolgenden Kaiser geworden war, so fiel es doch den Vorstehern derselben um diese Zeit noch nicht ein, sich in weltliche Sachen zu mischen, oder in die Rechte der bürgerlichen Regenten in Relig-ons- vnd Rirchensachen, in soweit nämlich diese eine Bezie¬ hung 8r hung auf den Staat haben, Eingriffe zu machen. Alls diese Rechre haben damahls die christlichen Kaiser noch ganz ruhig und^vhne Widerspruch aus,geübt. Man sah die Kirche, wie sie in der That, war, als eine Gesell¬ schaft im Staate an, und verkannte in Beziehung auf selbe noch nicht die Grundsätze des natürlichen Staats- rechts, nach welchen den bürgerlichen Regenten nicht nur das Schutz- und Oberaufsichcsrecht über alle Ge¬ sellschaften im Staate, sondern auch die höchste Ge¬ richtsbarkeit in den Streitigkeiten unter den Mitgliedern derselben zustehet. Ja die Kaiser haben in diesen Zeiten sogar in Sachen, welche die innere Einrichtung und die eigentlichen gesellschaftlichen Geschäfte der Kirche betra¬ fen, ohne Widerrede der Kirchenvvrsteher Bestimmungen gemacht- Dergleichen sogenannte Collegialrechte der Kir¬ che kann zwar kein Regent vermög der bürgerlichen Ober¬ herrschaft an sich ziehen, sondern er muß in Rücksicht derselben der Kirche, wie jeder andern im Staate befind, lichen Gesellschaft z. B- einer Handlungs- oder litera¬ rischen Gesellschaft, die bürgerliche. Freyheit lassen. Allein die Kirche ließ zu der Zeit selbst gern den Kaisern die Ausübung solcher Rechte zu, weil sie von ihnen Schutz und Vortheile zu erwarten hatte. So haben die damah- ligen Kaiser den Gottesdienst bestimmt, die Kichrenvor- steher' zusammenbernfen, um über Religionssachen zu be- raihschlagen, ihnen selbst die Verathschlagungspuncie vorgelegt, ohne daß eben immer der Fall vorhanden war, wo diese Befugnisse als Regierungsrechte hatten angesehen werden können, und überhaupt auf die Kir¬ chenversammlungen und Kirchensachen mehr Einfluß aus¬ geübt , als es bürgerlichen Regenten an und für sich jukommt. Daher sagt Socrates Oib. V. bitkor. eccles, F i» 82 jn prasni. „ Lx illa tempore , , sagt Claudianus. Bey diesen Umstanden war es natürlich, daß sich die gedrückten Provinzen selbst nach den Barbaren sehnten , unter deren Herrschaft sie ein er¬ träglicheres Loos hoffen konnten als unter dem Joch der Römer. Dazu kam noch, daß durch die Einfalle der Barbaren, die aller angewandten Mittel ungeachtet nie ganz abgehalten werden konnten, viele Unterthanen weggeführt, die Provinzen verwüstet, und durch die daraus erfolgte Hungersnoth noch mehr entvölkert wur¬ den. Um die Provinzen wieder zu bevölkern und zu be¬ bauen , haben die Römer zuletzt eine Menge Barbaren in dieselben versetzt. Allein eine solche ost gewaltsame Verpflanzung konnte Leute, bey denen der Hang zum Müssiggang vor Alters eingewurzelt war, weder zu fleißi¬ gen Cvlonisten umschaffen, noch ihnen Patriotismus ent¬ flößen. Die Romer vernachlaßigtcn auch alles, was zu diesem Endzwecke hätte dienlich seyn können- Sie stell¬ ten in ihren Gesetzen immer eine unübersteigliche Schei¬ dewand zwischen den alten Einwohnern und den neuen Cvlonisten auf. So war z. B. die wechselweise Heyrath zwischen diesen beyden unter Todesstrafe verbothen. 5) Die Schwache -er Regenten. Ein so schwäch¬ licher Staatskörper, als das römische Reich nun gewor¬ den war, brauchte ein gesundes und thätiges Haupt, wenn er sich noch länger erhalten sollte. Aber auch daran fehlte es den Römern. Ihre Kaiser waren asia¬ tische Despoten und Wollüstlinge, die von Freygelasse- nen und Verschnittenen regieret wurden, und die das kaiserliche Ansehen bloß dadurch zu behaupten suchten, daß sie sich selten vor den Augen des Volkes sehen lies¬ sen, ein kindisches Ceremoniel einführten, und sich in eine 89 eine übertriebene und lächerliche Pracht hüllten. So.che Köpfe waren gewiß nicht geschickt einen riesenmäßigen Körper zu regieren. Vernünftige Leute sahen auch alles dieses ein. Allein ihre Deklamationen halfen nichts. So sagte der Philosoph Synesius in einer Rede an den Kai¬ ser ArcadinS: „Wann glaubst du, sind die römischen Sachen besser gestanden? von der Jeit an, da ihr ganz mit Purpur, Gold und edlen Steinen bedeckt seyd, da ihr euch Blindschleichen gleich in einem Schlupfwinkel aufhaltec, und nicht getrauet an das Tageslicht zu kom¬ men, damit euch die Menschen nicht erwischen? oder zur Jeit, da Leute zu obersten Befehlshabern der Kriegs¬ heere sind aufgestellt worden, die gleichsam im Ange¬ sichte aller Menschen lebten? Gott und ein Kaiser muß unö helfen." 6) Endlich geben einige auch das Lhristenthum als eine Ursache des Verfalls des römischen Reichs an, weil durch die Lehren desselben der alte Kriegsgeist er¬ stickt , und die römische Staaisverfaffung, welche auf die heidnische Religion gebaut war, erschüttert worden seyn soll. Allein nn gezweifelt haben die übrigen Ursachen zum Sturze der Römer ungleich mehr beygetragen. Die christlichen Legionen waren ja wackere Krieger, und die Staatsverfasnng blieb auch unter den christlichen Kai¬ sern , einige Modisicationen abgerechnet, in der Haupt¬ sache auf dem nämlichen Fuß. Die bedenkliche Lage, in der sich das römische Reick bey diesen Umstanden befand, erscheint noch gefahrvoller , wenn man bedenkt, daß die Deutschen indessen ihre a - ten Sitten bepnahe gar nicht geändert haben. Der nam- yo nämliche Kriegsgeist und die nämliche Freyheitsliebe, die vor Jahrhunderten charakteristische Züge der Teutschen waren, belebten sie noch. Einzeln noch eben so abge¬ härtet und tapfer wie vorher, waren sie jetzt im Gan¬ zen vielmehr stärker und furchtbarer geworden, weil sie sich in größere Völkerschaften zusammengesetzt, und durch die Bekanntschaft mit den Römern Gelegenheit gefunden hatten, ihre Kriegskunst und Waffen zu verbessern. Noch immer war kein Gegenstand da, der sie an ihr Vater¬ land HÄtte fesseln können; denn sie hatten bisher weder Sradle erbauet, noch einen ordentlichen Ackerbau zu trei¬ ben angefangen. Auch das Land selbst war noch eben so sumpficht und waldicht, als zur Zeit ihrer ersten Aus- wanderungsversuche- Dieses alles mußte nothwendig bey ihnen die beständige Neigung unterhalten, in an¬ dern Gegenden, in dem fruchtbaren Gallien, oder in dem schönen Italien bessere Wohnsitze zu suchen. Bis¬ her sind sie durch die Uebermacht und die Befestigungen der Römer aufgehalten worden ; aber dadurch ist der Strom gleichsam nur noch mehr angeschwollen. An allen Enden des römischen Reichs standen teutsche Völker zum Einbruch bereit, am Niederrhein die Franken, am Oberrhein die Alemannen, an der Oberdonau die Sue- ven, Markomannen und tzuaden, an der Niederdonau die Gothen. Diesen im Rücken und zu den Seiten gab es noch viele andere, welche gleiche Gesinnungen hatten, und die erstem drängten, wenn sie nicht fort wollten. Es bedurfte nur eines gewaltigen Stoffes, um diese Völkerhaufen endlich in eine allgemeine Bewegung zu se¬ tzen. Dieser kam auch, und zwar von einer Seite her, von der man ihn gar nicht vermuthet hätte, nämlich von den äußersten Granzen des Nordasiens. Das hl Das Volk, welches den europäischen Barbaren die erste Jmpulsivn gab, waren die Hunnen. Sie wohn¬ ten in der Mongoley zwischen Siberien und der chinesi¬ schen Mauer. Durch eine Revolution, die sich dorr er¬ gab, wnrden sie über die Wolga und den Don ge¬ drängt , sie trieben die Alanen an der rechten Seite des Donflnffes zurück, und warfen sich dann auf die Go¬ then. Diese waren in die Ostgothen oder G>euthunger, und in die Westgothen oder Thcrvinger getheilt. Die Ostgothen, welche die Reihe zuerst traf, zogen stch an die Westgothen; beyde aber .wurden von den Hunnen überwunden. Viele Westgothen flüchteten sich in die un- gernchen Gebirge; der größere Theil davon aber ver¬ langte von dem Kaiser Valens in Thracien ausgenom¬ men zu werden. Der Kaiser bewilligte ihnen ihr Ge¬ such Die Ostgothen kamen ihnen ohne Erlanbniß des Kaisers über die Donau nach. Bey der Aufnahme dec Gothen in Thracien sind die Römer auf tue schändlichste Art zu Werke gegangen. Sie haben Weiber und Kin¬ der geraubt, oder sich Leute um Lebensmittel verkaufen lassen, mit denen sie dann den größten Muthwillen trie¬ ben. Die Gothen erregten darüber einen Ausstand, und es kam zum Kriege, worin der Kaiser Valens selbst das Leben einbüßte. Theodos der Grosse trieb einen Theil der Gothen wieder über die Donau zurück; mit dem andern Theile derselben aber machte er vertrage, ver¬ mög deren sie in Thracien unter ihren eigenen Gesetzen und Obrigkeiten gelassen wurden, den Titel kosäerati des römischen Volkes und Subsidien von den Römern bekamen; dagegen aber sich verbanden, diesen Kriegs¬ dienste zu leisten. Man will es dem Theodos für einen Vtgatsfehker anrechnen, daß er ei nem so tapfern Volke, als als die Gothen waren, eine bleibende Statte in seinem Gebiete anwies, es nach ihrer Verfassung beysammen wohnen und in Waffen ließ. Die alten Römer, sagt man, harten in diesem Glücke ganz andere Grundsätze befolgt. Wenn sie ein fremdes Volk auf ihren Boden versetzten, so haben sie selbes zerstreut, die Waffen nie¬ derlegen lassen, und römischen Obrigkeiten und Gesetzen unterworfen. Allein es ist nicht die Frage, was Theo¬ dos hätte thun solle», sondern was er habe thuu kön¬ nen. War es ihm wohl möglich, die Gothen zu zer¬ streuen und zu entwaffne» ? So lang Theodos der Grosse lebte, blieben die Go¬ then ruhig. Er hinterließ zwey Söhne, den Areadius und ^onorius, unter die er das Reich vertheilte. Dem Areadius dachte er den Orient, das ist, die beyden Prä- fecturen des Orients und des Jllyricum; dem Honorius aber den Occident, das ist, die beyden Prafecturen von Italien und Gallien zu. Indessen sollten diese geteil¬ ten Lander doch nur einen Staat ausmachen, und bloß zwey Regierungen haben. Deßwegen wurden auch die Gesetze im Nahmen beyber Regenten gegeben. Beyde Kaiser waren beym Absterben deS Theodos noch min¬ derjährig,-und brauchten Vormünder. Areadius bekam «inen gewissen Rufin, einey Gallier, und Honorius den Gtilwo, einen Vandalen, zum Vormund. Diese beyden Minister haßten und verfolgten einander auf alle mög¬ liche Weise. Stilico wollte die Vormundschaft über beyde Prinzen und die Verwaltung beyder Reiche an sich reißen. Er behauptete aus einer letztwilligen Anordnung des Kaisers Theodos hiezu ein Recht zu haben. Unter diesen beyden Kaisern fieng der an den Gränzen ange- schwol- 93 schwollene Völkerstrom an auszutreten, und überstieg den Damm dort, wo er am schwächsten war, nämlich an der westlichen Seite. §. 12. Geschichte der Wanderungen vom F. Aye bis 486. (yl Jahre) Erster Hauptzug der Ala, nen, Vandalen und Sueven im I. 4^7» Den ersten HaupczuA in der europäischen Völker¬ wanderung machte» die Ulanen, die, wie wir gesehen haben, durch die Hunnen aus ihren Wohnungen am Donflnffe verdrängt wurden, und nun weiter gehen mußten. Ihnen gesellten sich einige teutschen Völker, näm¬ lich die Vandalen und Sueven bey. Diese Völker gien- gen zusammen im I. 427 über den Rhein, überschwemm¬ en zuerst Gallien, hernach Spanien. Die Alanen und Sueven blieben in Spanien sitzen. Die Vandalen aber setzten im I. 429 unter ihrem Könige Genserich nach Aftica hinüber. Der römische Statthalter Vvnifacius, welcher glaubte, der ^Minister AetiuS, mit dem er in keinem guten Vernehmen stand, wolle ihn zu Rom stür¬ zen, hatte sie herbeygeruftn. Der Kaiser Valentinian III. Mußte im J. gg; ,mt ihnen Frieden machen, und ihnen alles abtreten, was die Römer bisher in Aftica besessen hatten. So entstand durch eine Revolution unter den Völkern inNordasien ein vandalisches Königreich in Aftica. 1 r.3- 94 H. rg- Zweytcr Hauptzug der Westgothm im A. 40-. Die Westgvthen haben wir unter Theodos dem Grossen in Thracieu gelassen. Awey gothische Heerfüh¬ rer Alarich und Garnes haben dem Theodos zur Un¬ terdrückung des Tyrannen Eugeniuö wichtige Dienste geleistet. Sie wurden aber nichr belohnt, weil Theo¬ dos bald darauf starb. Nach seinem Tode suchten sie sich selbst bezahlt zu machen. Manch brach aus Thracieu in Griechenland ein, plünderte und verwüstete alles. Der occidentalische Minister Stilico schickte den GaineS mit einem Kriegsherr nach dem Orient, unter dem Schein, dem Kaiser Areadius zu helfen; in der Thal über seinen Feind, den Minister Rufinus, zu stürzen. Gaines hatte so viel Muth, daß er den Rufinuö in dem Angesichte des Kaisers Areadius ermordete. Weil man dem Rnfinus Schuld gab, daß er selbst den Ma¬ rici) zum Aufstand bewogen habe, um im Trüben zu fischen, so setzte dieses den Gaines in ein solches Anse¬ hen zu Constaminopel, daß ihm das Commando fast der ganzen orientalischen Kriegsmacht anvertrauet wur¬ de. Alarich war unterdessen schon in den Pelopones ein- gedrungen. Stilico befürchtete, derselbe möchte von dem Rufinus verhetzt worden seyn, nach Italien zu übersetzen und etwas gegen ihn zu unternehmen. Da¬ her entschloß er sich selbst mit einer Flotte in den Pelo¬ pones hinüber zu segeln. Es scheint aber dem Stilico nicht Ernst gewesen zu seyn, den Alarich zu unterdrü¬ cken , vielleicht weil er ihn selbst zu seinen Absichten brauchen zu können glaubte. Er kehrte bald wieder zu¬ rück. 95 rück. Der orientalische Hof aber verglich sich mir dem Alarich, und überließ ihm die Prafectur des vsili« chen Jllyricum. Allein weder Gaines noch Alarich waren mit-dem, was sie erhallen haben, zufrieden. Sie hatten vielmehr weit größere plane im Kopfe. Gaines machte einen Anschlag auf das orientalische Reich, und wollte es so¬ gleich im Centro selbst angreifen. In Constantinvpel waren sehr viele Gothen sowohl bey den höchsten Reichs - stellen als unter dem Pöbel. Dieser gedachte er sich zur Ausführung seines Planes zu bedienen. Ware derselbe gelungen, so würde dieses eine der größten Verände¬ rungen in der Welt nach sich gezogen haben. Allein der Anschlag wurde entdeckt. Die in Constantinvpel befindlichen Gothen wurden ermordet, und Gaines muß- w sich über die Donau in die alten Wohnungen der Go- 'hen flüchten, wo er aber von den Hunnen anfgerieben wurde. Alarich, der sich unterdessen in dem Jllyricum erhöhtet hat, faßte den Gedanken, Italien selbst zu erobern, und für sich im Occident ein Reich zu grün¬ den. Er kam wirklich" über die Alpen; allein Stilieo bielt ihn zurück. Als aber der Kaiser Honorius auS Verdacht, Stilico sey mit Alarich in einem Einverständ¬ nisse , denselben ermorden ließ, wurde Alarich durch nichts mehr aufgehalten, auf Rom selbst loszugehe». Iweymahl wurde er durch Geld und Versprechungen von be» Mauern wieder entfernt. Da man ihm aber nicht Wort hielt, eroberte er, als er das dritte Mahl davor U'ckte, die Stadt mit Sturm. Die Eroberung selbst batte eben nicht so viel zu bedeuten; aber der Gedanke -llarichs war immer groß, weil man durchaus ein Bor- urthril 96 nrtheil von der klnüberwindlichkelt der Stadt Rom hatte. Manch wollte jedoch nicht in Rom bleiben, sondern nach Afrika übersetzen, wo er einen sicherem und dauerhaf- - ter» Wohnplatz zu finden glaubte. Allein er starb wäh¬ rend seiner Zubereitung. Sein Nachfolger Athaulf än¬ derte das Vorhaben und zog sich nach Gallien. Hier errichteten die Gothen in dem südlichen Theile, von der Rhone und Loire an, ein neues Königreich, welches sie nach und nach jenseits der pyrenaisctzen Gebirge über ganz Spanien erweiterten. Die Hauptstadt davon war Toulouse. Dieses wcstgothische Reich ist der zweyte Staat, der von teutscheu Vblkern auf den Trümmern des römischen Reichs gegründet wurde. In der Folge ist es von den Arabern zerstört worden. 14- Neuer Sitz der Burgunder; Versuche der Franken; Uebergang der Sachsen, Angeln und Jüten in Britannien, und der Britten in Gallien. Während der ersten beyden Hauptzüge haben sich i) die Burgunder, ein von der Ostsee den Alemannen in den Rücken gekommenes teutscheS Volk, ungefähr um das I. 412 mit gutem Willen der Römer an der Rhone ge¬ gen die Schweitz zu festgesetzt, wo sie in kurzer Zeit ihre Besitzungen sehr erweiterten. So entstand in dieser Ge¬ gend von Gallien ein neuer tentscher Staat, der unter dem Nahmen des asten burgundischen Königreichs bekannt ist. r) Die Franken, welche schon lange vor¬ her 97 her ins belgische Gallien eingedrungen waren, und seit¬ dem ein Stück davon behauptet haben, suchten sich jetzt darin mehr auszubreiten. Ihre Versuche wollten ihnen aber noch nicht recht gelingen. Die Ursache, warum sie als Nachbarn der Romer in ihren Eroberungen gegen dieselben andern entferntem teutschen Volkern nachstehen »rußten, lag in ihrer Verfassung. Sie waren in ver¬ schiedene Stämme, deren jeder seinen eigenen Fürsten oder König hatte, getheilt. Sie konnten also nichc mit vereinigten Kräften und mit einem solchen Nachdruck zu Werke gehen, als andere Völker, die unter einem allgemeinen Oberhaupt standen. Z) Die Tactrsen näh¬ men Britannien in Besitz. Schon unter dem Kaiser He« norius haben die Romer ihre Besatzungen, um selbe an¬ derwärts zu brauchen, aus Britannien hcrausgezogen, und die Britten ihrem Schicksale überlassen. Diese konn¬ ten sich nun nicht selbst gegen die grausamen Einfälle ihrer Nachbarn der Piecen und Schotten sicherstellen, und riefen die Sachsen um Hülse an, die sich gern dazu verstanden. Sie übersetzten unter Anführung zwcyer Brüder Hengst und Horst und in Gesellschaft der An¬ geln und Jüten im I. 449 nach Britannien, standen zwar Anfangs den Britten gegen ihre Feinde bey, ließen aber immer , mehrere ihrer Landsleute nachkommen, kehrten zuletzt ihre Waffen gegen die Britten selbst, und errichteten sich eine bleibende Stätte in Brittanien. So wurde aus Britrannieu ein neues Sachsen, welches 8a- Xmriu iranümurina hieß. Die Britten mußten sich iu die Gebirge von Wallis und CornwalliS flüchten. 4) Ein grosser Theil der Britten entfloh auch nach den nördlichen Küsten von Gallien, und von ihnen bekam diese Gegend den Nahmen Bretagne. G r.z« 98 8- Dritter Hauprzug der Hunnen nach Gallien und Italien. Die Hunnen hatten seit der Zeit ihrer Ankunft in Europa ein grosses Reick gegründet, welches sich von dem Fluße Don bis an die Theis und weit gegen Nor¬ den hinauf, und diesseits der Donau über Mösien und Pannonien erstreckte. Die orientalischen Kaiser mußten ihnen Tribut bezahlen. Der Kaiser Marcian verweigerte dem hunnischen König Attila, einem wilden, rapfern , unternehmenden und sehr ernsthaften Fürsten, den Tri¬ but. Attila rächte cs nicht, weil er einen "Zug nach dem chccidenr im Sinne hatte. Dieser erfolgte im I. 449. Die Hunnen, denen Attila auch die Osigolhen, Gepiden, Heruler, Rugier, Scirren und andere Völker einzuverleiben gewußt hatte, zogen unter diesem Anfüh¬ rer die Donau hinauf, hernach den Rhein herab, und brachen endlich mit ungeheurer Macht in Gallien ein. Die Römer, welche noch einen Theil vom belgischen Gallien inne hacken, die Wesigothen, ein Theil der Fran¬ ken unter ihrem König Merovaus, und die Burgunder,, ^welchen allen gleichviel daran gelegen war, sich die Hun¬ nen vom Halse zu schaffen, vereinigten sich mit einander, stnd im I. 45 l kam eS zu der berühmten Schlacht bey Lbalono an der Marne, worin Attila geschlagen und über den Rhein zurück zu gehen genöthiget.wurde. Ma» sagt, der römische Feldherr Aktivs hatte die Hunnen ganz anfreiben können; er habe es aber nicht thun wollen, well er befürchtete, die Westgothen möchten dadurch zu ^nächtig, Md den Römern zu gefährlich werden. Die Gegen- 99 Gegenden, durch welche Attila feinen Zug nach Gallien genommen, wurden gänzlich verwüstet, und die Städte zerstört. Das folgende ^ahr gieng Attila auf Italien los. Er zerstörte viele Städte in Oberitalien, woraus sich viele Einwohner in die Inseln des adriatischen Meeres flüchteten, und den Grund zur Entstehung der Stadt Venedig legten. Er war eben im Begriff nach Rom zu ziehen, als ihm der Papst Leo an der Spitze einer Gesandtschaft der äußerst betroffenen Römer entge¬ gen kam. Der Barbar soll so viel Ehrfurcht vor dem¬ selben gehabt haben, daß er sich durch dessen Vorstel¬ lungen und Bitten von seinem Vorhaben abwendig ma¬ chen ließ. Allein wahrscheinlich haben das Misvergnü- gen der Truppen, die sich urit der reichen Beute nach Hanse sehnten, die unter denselben cingerissenen Krank¬ heiten, die Gegenanstalten des Aerius, der bereits ver¬ schiedene Vortheile über die Hunnen erfochten, der mitt- lerweil von dem orientalischen Kaiser in das Land der Hnnnen gemachte Einfall, und die durch so viele Ver¬ wüstungen nothwcndig herbeygeführte Hungersnoth mehr Einfluß darauf gehabt, daß sich Attila eiusweilen mit den Versprechungen der Römer begnügte, und in seine Lander zurückkehrte. Die Römer bekamen aber bald darauf im I. von einer andern Beite einen Be¬ such. Genserich, König der Vandalen, kam auf Her- beyrnfen der Wittwe Kaisers Valennnians lll. Eudoria, die dessen Mörder Marimus sich mit ihm zu vermahlen gezwungen hatte, aus Africa herüber, eroberte Nom fast ohne Widerstand, unh ließ alle prächtigen Kunst¬ werke des Alterthums nach Chartago wegführe». Ein Theil davon gieng unterwegs durch Schiffbruch zu G 2 Grün- Ivo Grunde. So wurde Chartago an Rom gerächt durch Leute; die von der Ostsee herkamen. Attila war nach seiner Zurückkuust aus Italien im I- 45 Z gestorben. Nach seinem Lode zerfiel das hun¬ nische Reich. Seine Söhne hatten die Geistesgaben nicht, ein so grosses und aus so vielen Nationen bestehendes Reich zusammen zu halten Die Völker, die bisher den Hunnen unterworfen waren, setzten sich in Frcyheit, und dachten auf Eroberungen für sich selbst. Die Gepiden nahmen ihren Sitz im trajanischen Dacien, die Ostgo¬ then in Pannonien. Durch den Sieg über den Attila bey Chalous, und noch mehr durch dessen Tod wurde auch den übrigen Völkern, die schon vorher ihr Augen¬ merk auf Gallien gerichtet hatten, wieder Luft gemacht. ES gewannen auch seitdem hauptsächlich die Alemannen über den Oberrhcin, und die Franken, insonderheit die Salier unter dem Mcrovaus und dessen Sohn Childe- rich über den Niederrhein immer bessern Fortgang, so daß den Römern nur noch ein kleiner Lheil vom belgi¬ schen Gallien übrig blieb. 4. 16« 10! §. .6. Umsturz des oceidmtalischen Kaiserthums durch die Heruler, Scirren und Rugier im I. 476. Vierter Hauptzug der Ostgothen nach Italien im I. 489' Das schon so ost erschütterte occidentalische Kaiser- thum verfiel nach dem Tode Valentinians III. immer tiefer. Selbst Italien mußte fremden Volkern zum Rau¬ be dienen. Endlich faßte Gdoacer, welcher bisher mit einem Heere von Rugiern, Scirren und Herulern im römischen Solde gestanden war, den Entschluß, selbes ganz zu Grunde zu richten. Er wnrde im I. 476 von den Volkern, die er anfährte, zum König von Italien auSgernfen, überwand die Römer in zwey Schlachten bey Piacenza und Ravenne, nahm den letzten abend¬ ländischen Kaiser Romulus Augustulus gefangen, und machte damit dem römischen Reiche im Occident ein Ende, welches ohnehin aus nichts andern mehr bestand, als aus Italien, einem Stücke von Gallien, das die Westgothen, Burgunder, Franken, Alemannen und Brit¬ ten noch nicht inne hatten, und aus einer grossen Men¬ ge von Pratensionen. Dieser Schritt der Heruler, Ru¬ gier und Scirren kann eigentlich nicht für einen Haupt¬ zug in der Völkerwanderung, wie unser Verfasser angibt, gerechnet werden, weil die obgedachren Völker nicht erst nach Italien kamen, sondern sich schon vorher als rö- uchche Hülfsvölker darin befanden. Schicklicher würde man diese Begebenheit eine Völkerrevolution nennen. Odoacer nahm den Titel eines Kaisers nicht an, ob¬ schon er ganz Italien unter seine Botmäßigkeit gebracht hatte. IQ2 hatte. Das Kaisertum ruhete im Oeeident von dieser Zeit an bis zum I. Zoo. Das Reich der Heruler in Italien daurete aber nicht lange, Im I. 48» zog Theodorich, König der Ostgvthen, mit Bewilligung des orientalischen Kaisers Zeno, welcher glaubte, Theodvrich werde für ihn Ero¬ berungen machen, aus Mösien nach Italien, warf den Odoacer gänzlich über den Hänfen, und gründete ein mächtiges ofg-rhnchks Rvniyreich in Italien. Diese Erscheinung der Ostgvthen in Italien nehmen wir als den vierten tzauptzuy an. Tbevdorich war ein grosser Politiker, Er ließ den Römern ihre alten Gesetze; wollte aber auch, daß seine Nation bey ihren Gewohnheiten bleiben sollte. Nur ließ er diese sammeln, und in geschriebene Gesetze verwandeln. Obwohl er die Wissenschaften schätzte, so ließ er doch nicht zu, daß seine Gothen etwas davon lernen sollten; denn er hatte den Grundsatz, daß ein Knabe, der einmahl vor der Ruthe des Schulmeisters zitterte , nicht mehr fähig ftp, das Schwert mit Gleichgültigkeit anzufthen. Vcnnuth- lich glaubte er, das osigothische Staatsgebäude stehe noch auf keinem so festen Fusse, daß es schon rathsam wäre, das Kriege Handwerk mit den Musen zu vertau¬ schen. Er hatte auch ein System des Gleichgewichts im Kopfe. Er wollte, daß alle teutschen Könige sich gewissermassen ihre Lander garantiren, und weder einen unter ihnen, noch einen auswärtigen Fürsten zu mächtig werden lftßen. Allein die Zeiten waren noch nicht da, wo solche Systeme hätten Eingang finden können. Aller Vorsorge Theodorichs ungeachtet konnte sich doch daS osigothische Reich nur 60 Jahr? erhalten. Diese wer- rc>z tern Veränderungen in Italien werden spater am gehö¬ rigen Orte vorkemmen, §- -7' Erste Spuhren der Bayern. Unter den Völkerzügen des fünften Jahrhunderts scheinen sich auch die Bayern, unter welchem Nahmen sie zuerst um diese Zeit zum Vorschein kommen, in dem durch die bisherigen Wanderungen verwüsteten Noricum niedergelassen zu haben. Nach und nach haben sie noch einen Theil von Vindelicien und Rharien in Besitz ge¬ nommen. Ihre Herkunft laßt sich nicht mit Gewißheit bestimmen. Einige halten sie für die alten Äojen ; kön¬ nen aber nicht angeben, wo sie seit ihrer Vertreibung aus Böhmen durch die Markomannen so lange gewesen, «nd woher sie jetzt gekommen sind. Andere meinen, sic sehen ein Gemisch von verschiedenen Völkern, die bey den vielfältigen Durchzügen in diesen Gegenden zurück¬ geblieben sind. Nur soviel ist bekannt, daß sie nicht, wie andere teutsche Nationen, frey waren. Sie stan¬ den nach dem Untergange des römischen Reichs zuerst unter dem Odoacer, hernach unter dem ostgothischen König Theodorich, endlich kamen sie unter die Franken; ledoch halten sie eigene Herzoge ans einem erblichen so genannten agilolfingischcn Geschlechte. Wenn wir mm die Völkerwanderung mit einem Blick übersehen, so finden wir folgende meistens teutsche Volker in den römischen Provinzen cinquarlirt. In Afrika die Vandalen; in Spanien die Alanen, Sueven, und 104 und dann die Westgothen; in Gallien die Westgothen, Burgunder, Franken, Alemannen und Britten; in Bri¬ tannien die Sachsen, Angeln und Jüten; in Italien Anfangs die Westgothen, hernach die Heruler, Rugier und Scirren, endlich die Osigothen; in Noricum, Vin- delicien und Nhätieu die Bayern. Z. r8. Veränderte Gestalt von Teutschland. Wendi¬ sche Volker im Besitze eines grossen Theils davon. Durch diese Wanderungen, die so vielen Reichen und Ländern außerhalb Teutschland neue Einwohner und Beherrscher größtentheils von teutscher Herkunft ver¬ schafften , hat Teutschland selbst eine merklich veränderte Gestalt bekommen. Ein grosser Theil von Teutschland ward von seinen einheimischen Einwohnern verlassen, und von slavischon oder wendischen Volkern sarmatischer Her¬ kunft besetzt, als i) die heutige Gegend von Steyer- mark, Käruthen, Krain und der windischen Mark von Carautanen; 2) das heutige Mähren von Moravec Slaven; g) Böhmen von Czechen, wie Pohlen von Le¬ chen ; 4) die Lausitz von Luschen; 5- Meißen von Sor¬ ben, Daleminciern und Milcienern ; 6) die Mark Bran¬ denburg von Hevcllern und Uckern; 7) Mecklenburg und Pommern von Obotriten, Kyzineru, Circipanen, Mil¬ zen , Welataberu, Toleuzern und Rhedariern; 8) das Lauenburgische von Polaben; y) ein Theil des Hollstei- nischen, das so genannte Wagerland, von Wagriern. Auch in andern Gegenden TeutschlandS z. B, in Fran¬ ken lOL ken will man in neuern Zeiten Spuhren von ehemahligen Anläßigkciten der Slaven entdecket haben. Jedes dieser Völker hatte seine eigene Verfassung; aber in der Spra¬ che und den Sitten kamen sie mir einander überein, wel¬ ches ihre gemeinschaftliche Abstammung beweiset. 19. Einheimische Völker, so in den übrigen Gegen¬ den von Teutschland geblieben. In den übrigen westlichen und südlichen Gegenden am Rhein und an der Donau sind alte einheimische wut¬ sche Völker geblieben, als 1) die Friesen an der Nord¬ see vom Ausfluß der Elbe bis an den Ausfluß der Schel¬ de; 2) die Sachsen von der Ost - und Nordsee über die Elbe, um die Weser bis gegen den Rhein zu; g) die Thürinyer von der Elbe, nm die Saale und Unstrut, bis gegen die Donau zu; 4) die Franken um den Mayn Zwischen dem Rhein und der Weser; 5) die Aleman¬ nen nebst den mit ihnen verbundenen Schwaben, zwi¬ schen dem Oberrhein und dem Mayn, um den Neckcr, die Donau und den Lech; 6) die Bayern meist unter der Donau vom Lech bis an die Ens. Unter der Ens liegt unser heutiges Oesterreich theils diesseits der Donau bis an die Leitha, theils jen¬ seits der Donau bis an die March. Wenn wir diese Gegenden mir der alten Eintheilung vergleichen, so ft-' hen wir, daß das heutige Oesterreich einen The» von dem alten Noricum, Pannonien und Teutschland be- greife. i«6 greift. Das Stück, welches jenseits der Danau liegt, gehörte zu Deutschland, und war ebenjener District, wovon Tacitus sagt: ,, e-igue KsrnumiL voluti t'rou» elt. " Das Land von der Ens bis zum Kahlenberg war Noricum. Der Strich vom Kahlenberg bis zur Leitha gehörte zu Pannonien. Da wir die Hauptveranderungen, die sich iu Oe¬ sterreich ereignet haben, mit der Reichsgeschichte jeder¬ zeit verbinden wollen, so müssen wir hier die bisheri¬ gen Schicksale Oesterreichs knrz anzcigen. Die seit August gegründete Herrschaft der Römer über das No¬ ricum wurde durch Attila'ö Zug nach Gallien erschüttert. Als nach dessen Tode das hunnische Reich zerfallen war, haben sich die Ostgothen in Pannonien ausgebreitet; daö Noricum aber »och die Römer behalten. Auf der andern Seite der Donau, dem Noricum und Pannonien gegenüber, haben sich die Heruler und' Rugier niederge¬ lassen. Weil aber die ohnmächtigen Römer das entfernte Noricum nicht wohl schützen konnten, so haben selbes mit ihrer Bewilligung die Rugier in Besitz genommen- In die verlassenen Länder der Rugier jenseits der Donau sind die Lvngobarden eingerückt. Die Rugier haben in unserer Gegend ihre eigenen Könige gehabt , und unter ihnen hat Wien den Nahmen bHuna erhalten. Um diese Zeit lebte hier der heilige Severin, den die Rugier in dringenden Angelegenheiten um Rath zu fragen pfleg¬ ten. Als die Heruler unter Odoacer das italianische Reich gestiftet haben, kam Oesterreich unter die Herr¬ schaft der Heruler. Wie hernach auf den Trümmern des herulischen Reichs das ostgvthische in Italien entstand, mußte sich Oesterreich wenigstens diesseits der Donau unter § io?, unter Vie Herrschaft der Ostgothen bequemen. Weil die Longobarden dem Kaiser Justinian gute Dienste gegen die Ostgothen geleistet haben, so hat er ihnen um das Jahr diesseits der Donau Wohnplätze eingeränmet, wahrscheinlich von der Ens durch das Noricum und den größten Theil^von Pannonien. In Oesterreich war also gleichsam der Sammelplatz jener Völker, die daö occi-- dentalische Kaiserrhum über den Haufen geworfen haben. Der Zustand, in den Teutschland und die teut- schen Völker durch die Revolutionen des fünften Jahr¬ hunderts kamen, enthält schon mehrere Keime, aus de¬ nen sich in der Folge die Verfassung des teutschen Reichs entwickelt hat. Von diesem Jeitpunct müssen wir also vorzüglich ausgeben, wenn wir der heutigen Staats¬ verfassung Teutschlands in ihren ersten Quellen nachspnh- ren, und die folgende Geschichte vom Grunde aus ver¬ stehen wollen. Es wäre aber zu diesem Ende nicht hin¬ reichend , wenn wir bloß die Verfassung derjenigen teut¬ schen Völker , die nach der Völkerwanderung in Teutsch¬ land zurückgeblieben sind, und denen man seitdem den Nahmen Tcutsche im besonderen Verstände und aus¬ schließend beygelegt Hal, kennen lernten. Wir müssen auch die Verfassung der ausgewanderten teutschen Völ¬ ker , besonders der Franken erwägen, weil darauf die nachherige Verfassung der fränkischen Monarchie gegrün¬ det ist, und aus dieser sich endlich die teutsche Verfas¬ sung gebildet hat. Die Völkerwanderungen hatten zur Folge, daß Teutschland, was die ursprüngliche Herkunft seiner Ein¬ wohner betrifft, in Länder von zvsesserlep 2lrt eiuge- thei- rhcilet werden muß. Es gibt Länder in Teutschlanb, deren Einwohner ursprünglich wendischer Herkunft sind, als Mecklenburg, Pommern , Böhmen, Mahren rc., und Lauder, deren Einwohner von jeher teutschen Ursprungs waren, als die Länder am Rhein und an der Lberdo- nau. Freylich sind nun auch die von den Wenden be¬ wohnten Lander Teutschlands auf teutschen Fuß gesetzt , und in den meisten hat sich sogar die wendische Sprache verkehren. Allein ein fleißiger Beobachter wird noch jetzt besonders in den Sitten des Landmannes, die sich nicht so leicht andern, einen Unterschied zwischen beyderley Landern finden. Noch sichtbarer war der Unterschied zwischen denselben in Ansehung der Verfassung. Die wendischen Völker hatten schon seit der Zeit ihres Ein- rückens in Teutschland ihre eigenen Fürste», welche die von ihnen in Besitz genommenen Lander als wahre Lan¬ desherr» regierten, und nur in der Folge genvthiget wurden, lie Hoheit der teutschen Könige über sich an- znerkennen. In den Landern aber, deren Einwohner ursprüngliche Terstsche sind, gieng eS mit Entstehung der Landeshoheit ganz anders zn. Wir finden zwar nach der Völkerwanderung auch bey den meisten in ihrem Va¬ terlande zurückgebliebenen teutschen Völkern Fürsten oder Könige mit einer sehr eingeschränkten Gewalt, wie solche schon zu des Tacitus Zeiten vorhanden waren. Allein alle diese Fürste» und Könige wurden von den Franken, deren Beherrscher keine nicht unmittelbar von ihnen aus¬ gehende und vollkommen von ihrer Willkühr abbangeude Gewalt neben der ihrigen in den eroberten teutschen Lan¬ dern bestehen lassen wollten, nach und nach gänzlich un¬ terdrückt. Statt derselben bestellten die fränkischen Kö' m'g? Herzoge und Grafen als Statthalter, die in ihr^ I2y der Könige, Nahmen die Länder verwalten sollten. Das nämliche System befolgten hernach, alö Teutschland ein besonderes Reich wurde, die teutschen Könige, so daß noch mehrere Jahrhunderte verstrichen und ganz beson¬ dere Umstände Zusammentreffen mußten, bis die Herzoge und Grafen anfangen konnten, die Regiernngsrechte in ihren eigenen Nahmen auszuüben, und aus Statthal¬ tern Regenten ihrer Länder wurden. Einige von de« zurückgebliebenen tentschen Völkern sind jedoch auch nach der Völkerwanderung ihrer alten freyen Verfassung noch treu geblieben. Sie unterschieden zwar unter sich nach germanischer Sitte mehrere Elasten von Leuten, als Edle, Freye und Knechte; hatten aber in Friedenszcirm . kein allgemeines Oberhaupt, keinen König oder eigentli¬ chen Fürsten, sondern nur im Kriege einen durch das Loos bestimmten gemeinschaftlichen Heerführer. Eine solche Verfassung hatten die Sachsen, wie uns Nithar- dus und Beda berichten. Der erste schreibt: .,0en8 La- Xonum omnis in iribns orrliuibus (tivila: sunt xniin roter illos LälinFi, k^rilin^i, iUn22i; listine t nobi- les, inßeoni, terni. " Der zweyte sagt: „ Amigui 8axones rezem non kzbent, tert salrgpas plurimos suL Fsnli prLpolitos, <^ni in^ruente belli nrlicnio mittnnt L^nälirer Portes, gusm tors intsnäsrit, Kunc tempore belli stucem omnes seciuuutnr üe kuic vbtemperant; per-nJo uutem bello rursns LHualis po- tenriD omnes pgrrapL üunc." Auch in den Landern dieser Völker haben die Franken, nachdem sie selbe be¬ zwungen hatten, die Verwaltung durch Herzoge und Gro- fen eingeführt, und es kostete letzter» hier eben so viel Zeit und Mühe, Landesherr» zu werden, als in den Län¬ dern , die vorher unter Königen oder Fürsten gestanden waren. IIS waren. Uebrigens warm die teutschm Völker, wie vor der Völkerwanderung, in Gauen einyrtheilt, und die Gauen hatten erwählte Richter, welche die entstandenen Streitigkeiten ausgleichen und darauf sehen mußten, daß die Familienfeindseligkciten nicht zu weit getrieben wur¬ den. Diese Richter nannte man Graven, wahrschein¬ lich von dem Worts grau, weil man nur alte und er¬ fahrne Leute zu Richtern wählte. In Ansehung der Lebensart behielten die nicht Ausgewanderten teutschen Völker das Wesentliche von ihren Vorfahren bey, ausgenommen daß sie an den Or¬ ten, wo die Römer festen Fuß gefaßt hatten, etwas von den Sitten und Einrichtungen der Romer aunah- men. Auch die starker» Verbindungen und manche vor¬ her unbekannte» Bedürfnisse machten ihnen jetzt einige neue Anstalten nothwendig. Im Ganzen aber gieng es mit ihrer Cultur nur sehr langsam fort. Sie hatten zu wenig Beyspiele davon vor sich, die sie hatten nachah¬ men können. Die Bevölkerung hat durch die Auswande¬ rung abgenommen. Sie hatten also Landereyen genug, um sich bloß durch die gewohnten Mittel der Jagd und Viehzucht die Nahrung zu verschaffen. Ueberdieß war der Krieg und das Plündern in demselben noch immer einer ihrer liebsten Erwerbungswege. So sagt Ammia- mis Marcelliuuö: ..liomgnorum lGpinib ättestwre fuetl)8 Llemanoos" und eben derselbe; ,, Lorbaris in viribus ells uclüievit.Die Sachsen legten sich vorzüglich auf die Seeranberey. Sidonius Appollina- ris schreibt von ihnen: ()uor sgxonmn remiges vise- ris, toticiom cs cernere xmms nrcbixiratg«. Ita liwul vmnss imjmrant, jiarem, clocsnt, ciilouut iLtrocilUtt'j." An » Ut A» Grund und Boden war zwar jedes in Teutschland Zurückgebliebene Volk schon mehr geheftet, weil alle rö¬ mischen Provinzen schon occupirt waren, folglich das Wandern viel schwerer geworden war; aber von den Städten waren die Teutschen noch immer keine Liebha¬ ber. Es fiel ihnen jetzt noch nicht ein, die von den Romern angelegten und durch die Völkcrzüge zerstörten Städte an den Rhein und der Donau wieder aufzubauen. Die ausyewanderten teutschen Völker, die sich in den römischen Provinzen niedergelassen haben, sind in der Lultur weiter gegangen. Man kann sagen, daß sich aus den Teutschen und den alten Einwohnern dex von jenen eroberten Länder durch beyderseitige Annähe¬ rung an einander zuletzt nur eine Nation gebildet habe, die ein Mittelding zwischen beyden war, nicht eigentlich barbarisch, aber auch nicht ganz policirt genannt werden konnte. Die Teutschen stiegen, die alten Einwohner san¬ ken allgemach in der Cultnr, bis sich beyde auf der nämlichen Stusse befanden, und in Eines zusammenflos- fin, dessen Bestandtheile nicht mehr leicht zu unterschei¬ den waren, wie es jederzeit zu geschehen pflegt , wenn rohe und cultivirte Leute langer durch einander vermengt Zusammen leben, besonders wenn jene über diese zu be¬ fehlen haben. Es ist unmöglich, daß nicht Erstere von den Letzter» etwas Gutes, wenn sie es nur einmahl ein- fehen, und die Nothwendigkeit davon fühlen, annah- «>en; aber auch nicht zu verhüten , daß nicht Letztere Manches von der Rohheit der Erster» participirten. oie deutschen siengen nach dem Beispiele der alten Ein¬ wohner an, den Ackerbau, die Handwerke, die noth- wendigen Künste und einige Handlung zu treiben. Die- ills ses war auch jetzt Bedürfniß für sie geworden; denn wenn sie den alten Einwohnern ihre Existenz und bishe¬ rige Art sich zu unterhalten lassen wollten , so gebrach es ihnen in ihren neuen Wohnsitzen an grosse» Waldern und Länderen en, nm bloß von der Jagd und Viehzucht zu leben. Sie sahen an den alten Einwohnern, daß man auch auf eine andere Art sich ernähren könne. Wen» sie also nicht Hunger leiden wollten, so mußten sie sich entschließen, dem Bepspiele derselben zu folgen. Die al¬ len Einwohner hingegen mußten von den Deutschen man¬ che Barbarcy erdulden. Sie gewohnten sich daran, und die barbarische Sitte wurde unvermerkt ihnen selbst ei¬ gen. Die Künste waren schon vor dem Einmärsche der Deutschen durch den äußersten Lurus der Römer in Schwulst und ungeschickte Pracht , die Wissenschaften aber in leere Spitzfindigkeiten ausgeartct. Durch den Einfall der Teurschen, die davon keine Begriffe hatten, und unter ihrer Herrschaft litten sie noch mehr. Die schlechter» Werke des neuern Geschmacks, weil sie an Gold und Silber reich waren, wurden ausgeplündcrt: die schöner» Denkmahler des hohem Alterthums hinge¬ gen, die einst zu Muster» hatten dienen können, zer¬ stört. Auch die Landescnlcur war schon vor der Ankunft der Teutschen in den römischen Provinzen wegen der grossen Auflagen und wegen der eingerissenen Weichlich¬ keit sehr in Verfall gcrathen. Der Einbruch der Deut¬ schen, welche die blühendsten Gegenden verheerten, scha¬ dete ihr noch mehr, und da sie von den neuern Beherr¬ schern keine Aufmunterung und Unterstützung bekam - konnte sie sich nicht mehr erhohlen, sondern kam täglich in einen kläglicheren Zustand. Aus Villen und Gärte» wurden Sümpfe und Wälder. Nur ein glücklicher Um¬ stand HZ stand rettete noch die Culkur von ihrem völligen Unter¬ gänge, der sonst gewiß erfolgt seyn würde. Dieser Umstand war, daß die Tcutschen nicht mehr als ganz rohe Barbaren in die römischen Provinzen ka- rnen; denn die meisten waren schon Christen. Die Go¬ then haben sich schon sehr frühzeitig zum Christenrhum bekannt. Sie nahmen aber hernach die arianische Leh¬ re (") an, wozu ihnen die Römer selbst die Veranlassung gegeben haben sollen. Als nämlich die von den Hunnen sehr gedrängten Gvrhen oey dem Kaiser Valens um eine Zufluchtsstätte in Thracien ansuchren, soll ihr Abgesand- teö und Bischof Ulphilas von einigen Hofleuten des Kaisers den Rath bekommen haben, das arianische Elaubensbekcnntniß, dem damahls der Hof zu Con- siantinopel anhieug, abzulegeu , wenn er in seinen Verrichtungen glücklich seyn wollte. Ulphilas that es wit der erwünschten Wirkung , beredete dann auch seine (*) (*) Die Erzählung von der Entstehung, den Lehrsätzen und den Schicksalen der armnischen Leyerey gehört in die Kirchcilgeschichle. Da man aber diese nicht bey Jedem voraussetzen kann, so ist es nölhig, hier einen kurzen Be¬ griff davon zu geben. AriuS war an der Kirche zu Ale¬ xandrien Aelkcstrr gerade zu dec Zeit, als Alexander dort Bischof war. Zu Alexandrien hak man schon vorher über daS Verhälmiß de« Sohnes zum Water subtile Untersu¬ chungen aiigestellet- Jetzt entstand zwischen dem Aeltesten und dem Bischöfe rin dogmatischer Streit darüber. AriuS behauptete , der Sohn seh von dem Water aus nichts erschaffen worden; cS sey eine Zeit gewesen, wo der Sohn nicht war, folglich ssey er eine Creatur. Der Kaiser H stan- H4 seine Gothen zu dieser Lehre, und übersetzte ihnen die Bibel in ihre Sprache, wovon noch ein Stück an uns gekommen, und das älteste Monument der teut- schen Sprache ist. Das Bepspiel der Gothen bewog noch mehrere teutsche Völker, sich zu der christlichen Religion nach den Lehrsätzen des Anus zu bekennen. Die Kaiser änderten zwar nach der Zeit ihre Gesin¬ nungen in Ansehung des Arianismus. Allein die Go- lheu befanden sich in der Folge nicht mehr in der Lage, wo es ihnen ferner nörhig gewesen wäre, ihre Reli¬ gionsgrundsatze nach den Launen des griechischen Ho¬ fes zu verwechseln, und auch die übrigen teutschen Völ¬ ker behielten die einmahl angenommene Lehre- Eben die¬ ses gereichte aber den teutschen Völkern, als sie sich in den römischen Provinzen seßhaft gemacht haben, zum Schaden; denn die alten Einwohner waren katholisch ; die Teutschen Arianer. Wie gemeiniglich Unterthanen und Herren von verschiedener Religion, wenn nicht das wohl- stanlin sah dem Streit eine Zeit lang zu; dann schrieb er einen Brief an die streikenden Partheyen , worin er solche Streitigkeiten für geringfügig ansieht, und sie zur Ruhe ermahnt. Allein die hingen Theologen fuhren in ihren Disputen fort, und bemüßigten den Kaiser im I. zrZ eine Kirchenvcrsammlung nach Nicaa auszuschreiben. Hier wurde AriuS mit seinen Anhängern verdammt, und er¬ klärt , der Sohn sey mit dem Vater consubstamjalir, o'/zo8k-wx. Die arianische Lehre wurde aber dadurch nicht unterdrückt. Sie theilte sich nach der Zeit in meh¬ rere Gecken. ES gab einige Kaiser zu Cvastanrinopel / als CvnstantiuS , Valens, die dem Acianismus zugc- than waren- HA wohlthärige Licht der Aufklärung zu Hälfe kommt, nicht recht zusammensehen, so geschah es auch hier. Die Ver- schiedenheit der Religion unterhielt ein heimliches Miss¬ trauen zwischen den alten Einwohnern und den einge- wanderten Teukschen, ihren Beherrschern, und hinderte eine aufrichtige Vereinigung zwischen beyden zum ge¬ meinschaftlichen Besten. Diese wechselseitige Spannung trug hernach vieles zum Gluck der Franken bey, deren König Chlodwig die katholische Religion angenommen hat. Einen katholischen Herrn wünschten sich die katho¬ lischen Einwohner, die unter arianischen Königen standen. Der Vorsprung, den die teutschen Völker, die im römischen Gebicrhe festen Fuß faßten, vor de» in ihrem Vaterlande zurückgebliebenen in der Cultur gewannen, zeigt sich auch daraus, daß jene die ersten waren , die angefangen haben, Schritte zn einer yenauern bür- ysrlichen Verbindung zu machen. Sie kamen um diese Zeit über gewisse peinliche und prvcessualische Gesetze, die immer die erste Anlage zu einer bürgerlichen Ordnung D seyn pflegen, mit einander überein, und die mit dem Ghristemhume oder von den alten Einwohnern der römi¬ schen Provinzen erlernte Schreibkunst setzte sie in den Stand, selbe schriftlich abzufassen. Dadurch sind diese schätzbaren Denkmähler des teutschen Alterthums bis auf unsere.Zeiten gekommen. Georgisch hat sie in seinem Corpore juris Oermsnioi gesammelt. Das älteste und wichtigste von diesen Gesetzen ist die I.ex 8 lica unge¬ fähr vom I. 422. Sie macht gleichsam die 12 Taffeln der salflchen Franken aus. Auster diesem gibt es auch Gesetze der Uferfranken, der Alemannen , der Westgothen, der Angeln re» May kann sich leicht vorstellen, daß die>e H 2 Gesetze ü6 Gesetze noch keine solchen Gesetzbücher waren, als man beut zu Tage verfertiget. Man findet darin nur die er¬ sten Grundsätze der gemeinen Sicherheit, als i) Grund- ^üge eines GenchrzwanMö. Mit Gründung dessel¬ ben mußte man den Anfang machen, denn so lang man die Leute nicht dahin bringt, von ihren Handlungen vor¬ dem Richterstuhle Rechenschaft zu geben , und eben dort ihr vermeintliches Recht zu suchen, läßt sich keine Ord¬ nung in der Gesellschaft denken. Daher handelt gleich der erste Titel deS salischen Gesetzes ää mmnrire, wel¬ ches so viel bedeutet, als vor Gericht vorfordern. 2) Lauter StrafFesetz-- auf Verletzungen der Personen und Beschädigungen der Güter; denn dergleichen Gewaltthä- tigkeiten waren bey der unbändigen Freyheit der Nation am meisten zu befürchten. Diese mußte man hindanzu- halten suchen, weil man wohl eiusah, daß die erste Ab¬ sicht bey dem gesellschaftlichen Leben immer dahin gehe, um vor Beleidigungen sicher zu seyn. Die Gegenstände der Verletzungen und Beschädigungen, und die mancher¬ lei) Arten, wie selbe geschehen können, werden in diesen teutschen Gesetzen auf das genaueste zergliedert, und je¬ der Gattung der Beleidigung wird die darauf ausgemesi sene Strafe besonders beygerücket. Ungezweifelr kommt dieses daher, weil mau die Teutschen erst an einen Ge- richrszwang gewöhnen mußte. Daher war es nöthig. der Willkühr des Richters so wenig als möglich zu über¬ lassen, um de» Beschuldigten alle Ausflucht abzuschnei- de». Der Teutsche mußte überzeugt werden können, daß schon das Gesetz ausdrücklich seinen Fall entscheide, und der Richter nur die Anwendung davon mache: denn nur über das Gesetz hat sich der freye teutsche Mann ver¬ glichen, nicht aber der Willkühr des Richters unterworfen- Den "7 Den Verletzungen und Beschädigungen werden einige Schmähungen an die Seite gesetzt , und ebenfalls mit Strafen belegt. Daraus sehen wir, welche Schimpf¬ wörter die Teutschen am wenigsten verdauen konnten, und was für ein Geist noch immer unter ihnen herr¬ schend war. Es heißt in der Oege lulics: ,,8ihM8 ul- rerum concueuttim, out vulpocul in , nur leporein cOmuverü Le. Z) Unter den Strafe« lauter Geld¬ strafen. Jedes Verbrechen konnte noch jetzt, wie in den ältesten Zeiten, mit Geld gutgemacht werden. Nur wa¬ ren die Taren jetzt nm etwas erhöhet, weil die Teur- schen indessen vermbglichcr geworden sind. Nebst diesen kommt in dem salischen Gesetze auch eine Verordnung über die Erbfolge vor , die unsere ganze Aufmerksamkeit verdient. Sie befindet sich n» 62sten Titel, und lautet so: „Os tsrru 8usiLU nulm Portio luorsclicunz mulieri veniut , lsä ucl virilem lexum lotu rer L Ii-ereclitg^ zisrtinsot." Die Franzo¬ sen beriefen sich öfters auf das salische Gesetz , um die Weiber von der Thronfolge auszuschließen. Allein wenn man nicht eine alte salische Gewohnheit, die dieses mit sich brachte, unter dem salischen Gesetze verstehen will, lo wird man den Nahmen des salischen Gesetzes verge¬ bens für die Ausschließung der Weiber von der Thron- folge in Frankreich auführen ; denn in dein salischen Ge¬ setze, von dem wir hier handeln, ist von der Thronfolge die Rede nicht, sondern nur von der Succession in die cigenthümlichen Grundstücke, in die so genannten Allo- dien der Franken. Davon sollte nichts an das weibli¬ che Geschlecht, sondern alles nur an den Mannsstamm kommen. Zudem müßten nach dem salischen Gesetze n8 - die Weiber wenigstens nach Abgang des MannSstammes den Thron in Frankreich erben, welches aber nicht ge¬ schieht ; denn nach andern Paragraphen eben dieses Ti¬ tels leziü kliere konnten die Tochter wenigstens in dem Fall, wo keine Brüder vorhanden waren, zur Erbfolge in der terra Laliea gelangen. Noch bestimmter drückt sich darüber Las Gesetz der Ripuarier aus: Yuum vi- i'ilis lsxtus exliicerit, kceinins in bsereclitgtein uuiati- cam r>v > bricos l-rt." Die Weiber werden hier, so lang der Mannsstamm dauert, von der Erbfolge in Stamm¬ gütern ausgeschlossen. Nach dem Abgang des männli¬ chen Geschlechts stand also den Weibern die Suceession offen. Am deutlichsten aber wird die ganze Erbfolge der Tentschen in dem Gesetze für die Angeln und Mariner erklärt, wo es heißt: „ klxreciitatem clestunetj stlius , non Ma lulffioiiif. Lj üliunr non lisbujc, gni sie- kunkbu!, ell, ->ä ülism xeeunm Ür mancipig; terrg ve¬ ro all proximum paternN Aenerationis eonlanguinsnm xertinenr." Die Verlassenschaft eines Verstorbenen soll dem Sohne, nicht der Tochter zu Theil werden. Wenn aber derselbe keinen Sohn hinterlaßt, sollen zwar das Geld und die Knechte , das ist die Mobiliarverlassen - schäft, an die Tochter; die Grundstücke aber an die nächsten Stammsvetter fallen. Dieses wird noch heut zu Tage von unserm Reichsadel eben so gehalten. Wenn Söhne da sind, bleiben ihnen sowohl die Stamm¬ güter als die Moblliarvcrlassenschaft, und die Töchter bekommen nur eine Aussteuer. Sind aber keine Söhne vorhanden, so erhalten zwar die Töchter die Mobiliar- verlasscnschaft; die Stammgüter aber kommen an die nächsten männlichen Seitenverwandten. So z. B. als zu Anfang des Jahres 179z der letzte Zweig des An¬ halt- H9 halt - Aerbstischen Hauses Friedrich August mit Tod ab- gieng, fielen Land und Leute an die anhaitischen Agna¬ ten in den Linien Vernburg, Dessau und Cöthen ; die Mvbiiiarverlassenschafc hingegen siel der Kaiscrinn von Rußland als Schwester des letzten Fürsten von Anhalt- Zerbst zu, die aber selbe nicht brauchte und verschenkte. Mir größerem Rechte kann man also das, was die Ge¬ setze der Salier und anderer teutschen Volker von diesen Zeiten über die Erbfolge verordnen, als die älteste Spuor des Herkommens ansehen, nach dem sich un¬ sere fürstlichen und gräflichen Häuser in ihren Succes- sionSangelegenheiren noch bis jetzt richten. lieber den innern Werth dieser altteutschen Ge¬ setze stimmen die Gelehrten nicht überein. Grvtius lobt, Leibnitz tadelt sie. Wenn wir betrachten, daß sie nicht nach abstrakten theoretischen Grundsätzen , sondern nach der Erfabrung gemacht wurden, daß sic nur eine Samm¬ lung durch langwierigen Gebrauch bewahrt gefundener Gewohnheiten waren , so muß schon dieses allein ein günstiges Aornrtheil für sie in uns erwecken. Setzen wir aber noch auf die Umstände, in denen sie gegeben worden sind, so müssen wir ihnen volle Gerechtigkeit wiederfahren lassen. Sie waren den damahligen Um¬ ständen der teutschen Volker sehr anpassend. So und nicht anders mußten sie für Leute, die eben die erste Stusse der Cultur betreten haben, gemacht seyn. Da¬ von können wir uns hinlänglich dadurch überzeugen, daß zwischen den Gesetzen verschiedener Völker, die in einem gleichen Anstande gelebt haben, eine so große Aehnlich^ keit angetrvffen wird. Vergeblich würde man selbe zu erklären suchen, wenn man nicht annähme, daß solche Um- iro stände auch solche Gesetze erfordern. Für uns wäre es jetzt freylich unschicklich, wenn wir diese Gesetze zur Richtschnur nehmen wollten. Es hieße eben so viel, als von den Früchten zur Eichel zurückkehren, oder den Kin¬ derrock im männlichen Alter tragen wollen. Für unsere Zeiten sind diese Gesetze nicht gegeben. Der stärkste Einwurf, den man wider diese Ge¬ setze macht, besteht darin, daß sie lauter Geldstrafen auf die Verbrechen setzen, und auf solche Art bloß den Ar¬ men gebunden, dem Reichen aber die Freyheit gelassen zu haben scheinen, zu thun, was er wollte. So z. B. verordnet das salische Gesetz: wer dem andern die Nase einschlägt, soll ihm 45 8oliäo.ain wurde, und sich um den König fast gar nicht bekümmerte. Da waren nun alle Gesetze kraftlos. Dir Gerechtigkeit konnte nicht verwaltet werden; denn wer sollte eine» Trosse» oder einen, der in dessen Schutze «land. !28 siand, erequiren ? Daher mußten die Befehdungen über Hand nehmen. Alle diese Uebel wurden noch durch ei¬ nen andern Fehler des Leheniystemv vergrößert. Das natürliche Staatsband ward durch selbes beinahe ganz aufgelöst, und das Lehensband, das dessen Stelle er¬ setzen sollte, sah man als eine willkührliche Verbindung an. Dem zu Folge konnte sich Jeder seinen Lchenherrn wählen, wo er wollte. So geschah es oft, daß Jemand den Lehenherrn außer dem Lande, wo er Unterthan war, hatte, und demselben gegen sein eigenes Vaterland oder gegen seinen eigenen Regenten diente. Ferner weil das Lehensbaud als vertragsmäßig betrachtet wurde, glaubte der Vasall berechtiget zu seyn, selbst zu urtheilen, ob der Lehenherr den Vertrag so halte, wie er ihn aus legte. Achtete er sich für verletzt, so kündigte er diesem den Ver¬ trag auf, und Hieng sich an einen andern. So wurde bey dem geringsten Anschein zur Beschwerde häufig der Regent selbst in den dringendsten Umständen von seinen Vasallen verlassen. Daraus mußten nothwendig die grö߬ ten Unordnungen entstehen. Die fränkische Geschichte lie¬ fert uns auch wirklich auf allen Blattern traurige Vey- spiele davon. Bey den beständigen Fehden und Verwir¬ rungen war es wohl möglich, daß die Nation in der Cultur fortgerückct wäre? Zuletzt könnte man noch fragen, ob die Teutschen in den neuen Verhältnissen, in welche sie kamen, noch ihren biedern Character und die alte Tapferkeit beybehal- ten haben? Man muß gestehen, daß sie «uonearcer sind. Und es konnte auch nicht anders seyn. Sie fühlten nun neue Bedürfnisse. Ihre unbändigen Leidenschaften forder¬ ten die Befriedigung derselben, es möge geschehen, wie es wolle. Es ergieng den Teutschen in den römiicheN Provinzen, wie Menschen, die aus einem niedern Stan¬ de in einen höher» versetzt werden, und vie Leidenschaf¬ ten dieses Standes > die jetzt bey vervielfältigtem Stoffe neue Nahrung finden - mit sich bringen, ohne noch durch eine bessere Bildung die uöthigen Vernichtungsmittel da¬ gegen erhalten zü haben. .Das Veyspiel der römischen Sittenlosigkeit trug auch das Seinige bey, die Sitten der Teutschen zu verderben. Daraus kann man sich die gräßlichen Züge von durch einander gemengter Grausam¬ keit/ Aberglauben, Treulosigkeit Und Schwachs/ die in der folgenden Geschichte vorkommen, und mit dein GeMahl- de des Täcitus so sonderbar cömrasiircn, erklären. Ueber- hanpt sieht es mit der Sittlichkeit sowohl einzelner Men¬ schen als ganzer Nationen am übelsten in dem Zustande aus , der zwischen der Rohheit und Ausbildung in der Mitte liegt. Die Tapferkeit der teutschen Völker nahm in dem Verhältnisse ab, als sie sich länger auf römischem Böden anfgehalten haben. Es konnte auch einer an die rauhe Nordluft gewohnten Nation in einem warmen Clima nicht wohl anders ergehen. Ihr Nervettbau wurde durch die grosse Hitze des Tages und Kalte der Nacht ge¬ stört/ und ihre Starke und Unerschrockenheit durch die ange¬ nommene weichlichere Lebensart nach und nach vermindert. Unter Mehrern teutschen Völkern, die ihre Wohnsitze im römischen Gebiethe aufgeschlagen haben / war imMer dnsr jenige noch das tapferste, welches am letzten aus TeNtsch- land ausgerückt ist. Die physische Constitution Nörd¬ licher Völker wird also m südlichen Gegenden schlechter j die südlichen Völker hingegen köwmen iM Nördlichen Cliina, wo doch alles - Thiere und Früchte - schlechter gedeihen - was ihren Körper bettiffr, ganz gut fort, wie die Bey- I spiele ipiele römischer und griechischer Colonien erweisen. Dar¬ aus laßt sich schließen, daß der Körperbau der südlichen Nationen von Natur ans besser sey, als der nördlichen , und daß, wenn vielfältig die Thaten beyder das Gegen: theil anzuzeigen scheinen, die Ursache davon nur in der Faul: heit und Weichlichkeit der erster«, wozu die leichtere Art Nahrung zu finde» Anlaß gibt, und in der Abhärtung der letzter» durch beschwerlichere zur Erwerbung des Le¬ bensunterhalts nothwendige Arbeiten liege. Sollte die¬ se Betrachtung ihre Richtigkeit haben, so würden die Teutsche» schwerlich Meister über die Römer geworden seyn, wenn nicht diese durch zu grosse Weichlichkeit ganz entnervt worden waren. n. Haupt- rZ» II. Haupt stück» Von Errichtung der fränkischen Monarchie bis zum Sturz des uurovingischen Stammes vom Z: 486 bis 75L. Als (Quellen der fränkisch - merovittAschen Geschichte sind vorzüglich ZU gebrauchen: Gregor» Bischofs vott Tours, der vom I. 544 dis 595 lebte, Killoriu llran- cornm, und des strcder-arius scholastieus, der um die Mitte des 7ten Jahrhunderts schrieb, cikrvnicon , wel¬ ches bis zum I. 641 gehet. Z. 20. Chlodwigs als Stifter der fränkischen Mottas chie vornehmste Thaten vsm I. 486 bis sn. (25 Zähre.) ^^ie Geschichte der Franken ist für die Mttsche Reichs¬ geschichte von der größten Wichtigkeit, weil die Fran¬ ken ihre in Gallien angenommene Staats- und Kirchen- verfafsnng auch in Tenrschland eingeführet haben. Eini¬ germassen wurde die fränkische Verfassung auch in Ita¬ lien und dem größten Theile der Nordischen Reiche zum Grunde gelegt. Um de» Zusammenhang der fränkischen Geschichte besser ein zu seh en, müssen wir noch einmahl den "Zustand von Gallien, wie er nach der Völker¬ wanderung war, in das Gedachtniß zurückrufen. Es befan« IZ- befanden sich damahls in Gallien folgende Völker: die Westgothen von der Rhone gegen die pyrenäischen Ge¬ birge zu; die Burgunder auf der andern Seite der Rho¬ ne gegen die Schrveitz zu; die Britten auf der Nord- westseite von Gallien; die Franken in dem belgischen Antheile desselben, jedoch so, daß sie gleichsam mit ei¬ nem Fuße noch in Teurschland standen, wo sie ihre alten Sitze, ungeachtet ihrer Ausbreitung jenseits des Rheins, nicht verlassen haben. Einen Lheil von Gallien, auch gegen die Niederlande zu, hielt noch ein römischer Feld¬ herr oder Statthalter Syagrius unter dem Nahmen eines Volkes, das nicht mehr eristirte, im Besitz. Am Oberrhein in Elsas und Lothringen endlich haben die Alemannen nm sich zu greifen angefangen. Die Franken waren in mehrere Völkerschaften ge- theilr Die vornehmsten davon waren die Salier und Ripuarier. Chlodwig war Heerführer oder König der Sake», ein unternehmender Mann. Schon in seiner Ju¬ gend machte er den Plan, die Herrschaft der Franken in Gallien zu erweitern. Er gieng zuerst auf den römi¬ schen Feldherrn Spay, luv los, den er im I. 486 bey SoissonS schlug. Dadurch wurde der römischen Herr¬ schaft in Gallien vollends ein Ende gemacht, und Chlod¬ wig nahm alles Land zwischen dem Rhein und der Loire in Besitz. Im I. 489 befestigte Chlodwig sein Reich dadurch, daß er die Thürinyor, welche in das fränkische Gebieth in Teutschland eingefallen waren, in ihre Granzen zu- rückwieö, und den Franken zinsbar machte. Uebrigen» behielten die Thüringer noch ihre vorige Verfassung. Sie hat- rZ3 hatten einen König Basimrs, der hernach drey Söhne, Balderich, Hermanfried und Berthar hinterließ. Diese theilren sich in die Regierung. Hermanfried machte sich unter ihnen in der Holge am meisten bekannt. Er ver¬ mählte sich im J. Z02 mit der Amalberg, einer Schwe¬ stertochter des vstgothischen Königs Tbevdorich , wo¬ durch die Thüringer mit den Dstgorhen in eine Verbin¬ dung kamen. Diesen Umstand müssen wir merken, weil er zur bessern Einsicht der folgenden Händel zwischen den Franken und Thüringern dient. Eine weitere Unternehmung, wodurch Chlodwig das fränkische Reich vergrößerte, war dessen Zug yegen die Alemannen. Die Alemannen und Franken waren eben die zwey Völker, welche von der Rheinseite her ihr Au¬ genmerk auf Gallien gerichtet haben. Die Alemannen wurden eifersüchtig auf die Franken, als diese durch Auf¬ reibung des Syagrius einen Vorsprung vor ihnen ge¬ wonnen haben. Sie suchten daher die Franken zu schwa¬ chen, und griffen den Siegeberk, König der Ufersranken, der zu Cölu seinen Sitz batte, an. Chlodwig, für den dieses eine neue Gelegenheit war, Eroberungen zu ma¬ chen. säumte nicht zur Unterstützung seiner Landsleute gegen die Alemannen anfzubrechen, Er war auch so glücklich, daß er selbe in einer hartnäckigen Schlacht bey Zülpich im Jülichischen im I. 496 überwand. Dieser Sieg Chlodwigs über die Alemannen ist fchon darum sehr merkwürdig, weil er eine Verände¬ rung in den teutschen ^.andern nach sich gezogen hat. Die Franken haben sich durch denselben einen grossen Theil de- Landes der Alemannen unterwürfig gemacht, nam- ,34 nämlich alles, was die Alemannen jenseits und auch diesseits des Rheins langst dieses Flusses befassen. Die» ftr Theil von Alemannien wurde in der Folge ein eige¬ nes fränkisches Herzogthum unter lWm Nahmen rheini¬ sches Franken, wahrscheinlich weil hernach viele Franken theils als Colonisten, theils als königliche Beamte da¬ hin gezogen sind. .Dieses Herzogthum ist zwar mit der Zeit wieder eingegangen; aber der Nähme davon hat sich noch in dem heutigen Frankenlande, welches jedoch nur zum Theil zu der damahligen Eroberung der Fran¬ ken gehörte, und in der Stadt Frankfurt erhalten, wel¬ che ibren Nahmen vermuthlich daher bekommen hat, weil die Franken daselbst ihre gewöhnliche Fuhrt über den Mayn hatten. Den Ueberrest ihrer Besitzungen setz¬ ten die Alemannen unter den Schutz des vstgothifchen Königs Theodorich, der zugleich den flüchtig geworde¬ nen Alemannen ein Stück von Rhätien einraumte. Al¬ lein als die Macht der Ostgothen in Italien verfiel, ka¬ men auch diese Ueberbleibsel von Alemannien sammt dem Lande der Sueven unter die fränkische Herrschaft. Ale¬ mannien und Schwaben wurden darauf vereiniget, und in ein fränkisches Herzogthum verwandelt, welches An¬ fangs das Herzogthum Alemannien, feit dem zehnten Jahrhundert aber Schwaben genannt wurde. Noch berühmter aber ist der Sieg bey Zülpich durch die Sage geworden, daß er die Ursache gewesen sey, warum sich Chlodwig zur Annahme der christli¬ chen Religion entschlossen habe. Gregor von Tours erzählt die Sache mit folgenden Umstanden. Chlodwig sey in dem den Alemannen gelieferten Treffen mit seinen Franken sehr ins Gedränge gekommen, viele von seinen Leu- Leuten feycn schon gefallen, er habe seine Götter um Beystand angernfen, die ihn aber im Stiche gelassen ha¬ ben. In der größten Angst habe er dann ein Gelübde gethan, ein Christ zu werden, wenn er die Oberhand erhalten sollte. Sogleich begann sich das Kriegsglück auf seine Seite zu wenden. Die Alemannen fiengen an zu weichen. Ihr König fiel, und Chlodwig trug einen vollkommenen Sieg davon, worauf er dann auch sein Gelübde in Erfüllung brachte. Allein diese Erzählung scheint mit unter die frommen Märchen zu gehören, von denen die Geschichte Gregors von Tours strotzet. So¬ viel ist zwar richtig, daß sich Chlodwig bald nach der Rückkehr von dem alemannischen Feldzuge zum Chnsten- thum bekannt habe; aber die wahren Beweggründe, sie ihn dazu bestimmt haben, sind wahrscheinlich in den Ver¬ hältnissen zu suchen, in welchen er sich befand. Chlod¬ wig hatte seit dem I. 49z zu seiner Gemahlin« eine christliche burgundische Prinzeffinn Chrotilde mit Nah¬ men. Diese und die Geistlichen, die bey Hofe als Ge¬ lehrte und Staatsbeamte grossen Einfluß hatten, be- londers der heilige Remigius, Erzbischof von Rheims, ließen nichts unversucht, um ihn zur Annahme der christ¬ lichen Religion zu bereden. Keine geschickteren Perso¬ nen hätte es wahrlich nicht geben können, um einem auch halbwilden Krieger endlich ans Herz zu kommen. Sie konnten jedoch bisher nichts ausrichteu. Chlodwig blieb unbeweglich bey seinem Heidenthum. Allein ihr Muth wurde dadurch nicht niedergeschlagen, ihre Ge- duld nicht ermüdet. Der Sieg über die Alemannen und djx Gefahr^,, die Chlodwig dabey ausgestanden, mögen den Bekehrern neue Gründe an die Hand gegeben haben, ihrem Proselyten zuzusetzen. Vorzüglich mußte die §36 die gewiß nicht unterlassene Vorstellung der politisches Vortheile, die von der Annahme der christlichen und zwar der katholischen Religion offenbar zu erwarten waren, auf einen so herrsch- und eroberungssüchtigen Fürsten, als Chlodwig war, von Tag zu Tag größer« Eindruck machen. Die Franken waren Heiden, die alten Einwoh¬ ner der von ihnen eroberten Lander katholische Christen. Die Verschiedenheit der Religion trennte beyde Völker von einander. Nur durch die Gleichförmigkeit der Reli¬ gion konnten sie in eine Nation vereiniget werden. Chlodwig konnte hoffen, wenn er katholischer Christ würde, das Band zwischen ihm und seinen katholischen Wkerthanen fester zu knüpfen, und dies? zu dem unbe¬ dingtesten Gehorsam willig zu machen. Die Untertha- zieg der Westgothen und Burgunder in Gallien waren ebenfalls Katholiken, Sie verabscheuten ihre Herren, Pie Arianer waren, Md wünschten nichts mehr, als unter Regente« von ihrer Religion zu stehen. Wenn sich Chlodwig zu selber bekannte, war es ihm ein Leichtes, purch die Geistlichkeit, welche alles über die katholischen Einwohner vermochte, diese auf seine Seite zu ziehen, Und sich den Weg zur Eroberung der westgothischen und burgundischen Königreiche zu bahnen. Der unausbleib¬ liche Schutz des allmächtigen Christengottes in allen sei¬ nen Unternehmungen wurde ihm ohne Zweifel zum vor- gns auf das heiligste zugesagt, Alles dieses mußte yothwendig zuletzt so stark guf Chlodwig wirken, daß der Bekehrung nicht länger widerstehen konnte. Die Taufceremonie wurde an ihm von dem heiligen Remi- giO uoch am Weihnachtsfeste des nämlichen Jahres, in dem er die Alemannen besieget hatte, mit größter Feyer- sichkm zu RheimS vollzogen, Sonst war zwar da- mahls lZ7 mahls nur die Öfter - und Pfingftzeit zur feyerlichen Taufe bestimmt. Allein die Kirche glaubte hier eine Ausnahme machen zu dürfen, um sich je eher, je lieber eines so willkommenen Katechumenen zu versichern , es mochte gleichwohl demselben noch etwas an richtigen Begriffen von den hohen Wahrheiten der christlichen Religion feh¬ len , wie sich dann wirklich Chlodwig den Gott der Chri¬ sten nur als einen Schutzgotl, der stärker wäre, als die übrigen Götter, und von dem er sich daher einen wach¬ tigern Veysiand in seinen Kriegen versprechen konnte, vorgestellet zu haben scheint. Mit Chlodwig ließen sich zugleich zcno Franken taufen. Die Vergrdßerungsabsichten Chlodwigs waren viel¬ leicht den Weftgothen und Burgundern nicht gleich ein¬ leuchtend ; aber dem politischen Könige de, Dstgothen Lheodorich, der sich schon mit der Idee eines Staaten¬ gleichgewichts und einer wechselseitigen Gewährleistung der Lander Herumtrug, entgiengen sie nicht. Er schrieb an alle Könige der teutschen Völker, sie mochten vor dem Chlodwig auf guter Hut seyn; er rief ihnen zu: „ Bekrieget diesen Mann, der ohne Gesetze handelt, und euere Reiche verschlingen will, damit ihr nicht gezwun¬ gen werdet, in euren, Lande gegen ihn zu fechten." Die Politik Theodorich» kam aber zu spät. Chlodwig hatte schon ein Uebergewicht. Der Ostgothe machte Project« , und der Franke erweiterte sich« So mischte sich Chlodwig im vierten Jahre nach an. genommener christlichen Religion in die Handel der un einigen burgundischen Könige Godegisil und Gundo, bald. Godegisil versprach ihm einen jährlichen ^ribut, wenn rZ8 wenn er ihm verhülflich seyn würde, seinen Bruder Gnn- dobald zu unterdrücken. Chlodwig überwand den Gun- dobald; ließ sich aber zuletzt von demselben ebenfalls einen jährlichen Tribut Zusagen und die Heyden Brüder ihre Sache selbst mit einander ausmachen. Godegisil kam derüber ums Leben, und Gundobald ward alleini¬ ger König der Burgunder, die aber seitdem den Franken zinsbar blieben. Er war ein schätzbarer , gelehriger und toleranter Fürst. Um sein Volk machte er sich durch die Sammlung der burgundischen Gesetze verdient. Noch waren die kvcstgothen übrig, gegen die Chlodwig sein Glück versuchen konnte. Dieses that er auch im J. L07. Um seine Nation zu einer solchen Un¬ ternehmung zu bewegen, sagte er in der Volksversamm¬ lung: „Es khut mir in der Seele wehe, daß diese aria: nischen Ketzer (die Westgothen) einen so schönen Theil von Gallien besitzen: laßt nnS mit Gottes Hülfe gehen, und ihr Land unter unsere Herrschaft bringen.^ Der Vorschlag fand allgemeinen Bepfall. Chlodwig brach sogleich mit seinem Kriegsheer auf, und durch eine Hauptschlacht bey Poitiers entriß er den Westgothen bis auf Languedoc fast alle ihre Besitzungen in Gallien. Die Westgothen zogen sich dann mehr gegen Spanien zu, machten sich die dortigen suevischen und alanischen Für- sienthümer unterwürfig, und stifteten so ein mächtiges westgothisches Reich in Spanien. Nach der Zurückkunft von diesem Zuge machte Chlodwig Paris zur Hauptstadt seines Reichs. Noch unterwegs zu Tours kam ihm eine Gesandtschaft des orientalischen Kaisers Anastasius entgegen, die ihm ein Diplom, Diplom, wodurch er zum römischen Patricius ernannt wurde, und de» mit dieser Würde verbundenen Ornat überbrachte. Chlodwig ließ sich die ihm «»getragene Ehre gefallen , vermuthlich weil er sich dadurch bey seinen vormahls römischen Unterthanen noch in eine größere Achtung zu setzen hoffte Ium Zeichen seiner An¬ nahme legle er bey einem feyerlichen Kirchengange die überschickte Patriciatskleidung öffentlich an. Das römi¬ sche Patricia! wird uns in der Folge noch wichtiger werden. Wir müssen uns daher einen Begriff davon zu machen suchen. Die Gelehrten stimmen mir einander Nicht überein, was das römische Patriciat bey Chlod¬ wig eigentlich zu bedeuten hatte. Dis wahrscheinlichste Meinung ist die von L.» Br-r, der den Ursprung des, Patriciats und die damit vorgcgangenen Veränderungen so erzählt. Die Palricier waren Anfangs bey den Rö¬ mern altadeliche Familien. Es gab bey ihnen Geschlech¬ ter parricischer Herkunft Die meisten Kaner des ersten Jahrhunderts waren patricischen Geschlechts^ und wenn in der Folge Jemand Kaiser wurde, dech die Gebührt diese Ehre nicht gewahrte, so wurde er von dem Senat in den Patriciat erhoben. Nachdem aber das Fauulien- patriciar während der vielen blutigen Kriege ganz ver¬ tilgt worden ist, so har Cvnstantin/ber Grosse das Patri¬ ciat in einem andern Beistände wieder aufgebracht. Nach dieser neuen Bestimmung war das Patriciat eine Hofwür¬ de , die Anfangs nur solchen Mannern ertheilet wurde, welche schon bereits die vornehmsten Staaksämter ver¬ waltet haben, wie aus Dej;. Z. OcMic. cle Co'cknlibns zu ersehen ist. Die Rechte der Patricier am Hofe waren sehr ansehnlich. Sie waren die geheimsten Rathe des Kaisers, sie hatten das Stimmrecht im Senate, bey df- fent- !4<> femlichen Feyerlichtenen waren sie dem Kaiser zur Seite, sie unterschieden sich durch eine besondere Kleidung, sie tru¬ gen nämlich einen Pnrpurhabit. Wenn ein Patricier ei¬ ne Statthalterschaft in einer Provinz erhielt , so nann¬ te man ihn von dieser Provinz. So kommen Patricier von Rom vor. Sie waren kaiserliche Statthalter zu Rom, die zugleich die Würde eines Patricius hatten. Als die Teutschen sich s» vieler römischen Provinzen bemächtiget haben, und der Hof zu Constautinvpel sich nicht gewach¬ sen fühlte, sie daraus zu vertreiben, saun er auf ein Mittel, wodurch er die Hoheit über die verlohrnen Pro¬ vinzen wenigstens zum Schein noch erhalten könnte. Man verfiel darauf, den teutschen Königen das Patriciat zu ertheilen. Dieses sollte andeuten, daß die teutschen Kö¬ nige ihre eroberten Länder gleichsam als Statthalter unter der Hoheit des orientalischen Reichs besäßen. Bey gu¬ ter Gelegenheit dachte man ven Patriciatötitel schon zu benützen, um Ansprüche daraus herzuleiten. Diese Ab¬ sicht und Bedeutung scheint nun hinter der Patriciats- würde versteckt gewesen zu seyn, welche der Kaiser Ana¬ stasius dem fränkischen Könige Chlodwig zu verleihen die Güte hgtte. Einer ähnlichen Politik haben sich auch die Päpste bedient. Sie schickten den vornehmsten Bischöfen, die sich ganz unabhängig von ihnen betrugen, das Pal¬ lium, und behaupteten dann, daß sie selbe dadurch zu ihren Visarien bestellet haben, die alle Gewalt, welche sie ausübcen . bloß ihrer Verleihung zu verdanken hat¬ ten. Voltaire mag also nicht unrecht haben, da er sagt, ein Patricius sey gewesen ein unabhängiger Statt¬ halter unter einem Kaiser ohne Macht. Rach »4l Nach allen diesen Eroberungen und Thaten hatte Chlodwig noch ecn Project auszufüyre». Er war bis¬ her nicht König über alle fränkischen Völkerschaften. Neben ihm gab es noch mehrere fränkische Könige , die üb er verschiedene Stämme dieser Nation herrschten Chlod¬ wig wollte aus allen ein Volk machen, und die ganze fränkische Macht in sich eoncentriren. Hierzu hatte er kein anders Mittel, als die Regenten der übrigen frän¬ kischen Stämme, wovon die meisten seine Anverwandten waren, auf die Seite ZN schaffen, und auch dieses Mit¬ tel scheuere er sich nicht zu ergreifen. In kurzer Zeit brachte er es theils durch List, cheils durch Gewalt da¬ hin, daß außer ihm kein fränkischer König mehr am Le¬ ben war. Es scheint nicht, daß diese Grausamkeiten bey der Nation Aufsehen gemacht hätten. Der Bischof Gre- x,vr von Tours erzählt selbe mit der größten Gleichgül¬ tigkeit. „Imerkecti^us, heißt es zu Ende, et ulil8 mul- vü rezibU8 ec xwenubnz ÜÜ8, üe czuidn8 seium lm- bebst, ne ei regnum uukerrenl , regnum per rotss OuUiaz clilntauit,,. Bey den Grossen des Reichs heuchel¬ te Chlodwig Betrübniß über den Verlust aller seiner Unverwandten, in der Absicht um zu erfahren, ob nicht hier und da noch einer stecke, den er beym Kopfe neh¬ men könnte. So gründete Chlodwig, ein kleiner fränkischer Fürst, kn einem Zeitraum von 25 Jahren ein Reich , das sich schon damahls über den größten Theil von Gallien und einen beträchtlichen Theil von Teutschland erstreckte. Ge- wis ein außerordentliches Glück! und die Ursache des¬ selben? — gibt »ns Gregor von TourS an. „ Gott^ sagt er, warf seine Feinde vor ihm nieder, und errvei- ter. L4» terte sein Reich, weil er recht vor seinem Angesichte wan¬ delte, und das that, was ihm wohl gefiel." Am weis sten mag wohl zum Glücke Chlodwigs der Umstand tzeygetragen habe», daß kein teutsches Volk im Rü¬ cken war, welches ihn in seinen Eroberungen hätte hindern können. Die Sachsen waren die einzigen gewe¬ sen; allein sie waren nicht vereinigt, sondern unter ver¬ schiedene Heerführer getheilt, hie selbst mit einander oft Kriege führten. Die neuern Geschichtschreiber ziehen zwischen Chlod¬ wig und Constantin dem Grossen eine parallelle. Und in der That finden sich zwischen beydcn grosse Aehn- lichkciten. Beyde wurden aus Heyden Christen. Jeder von ihnen war zu seiner Zeit der einzige katholische Re¬ gent in der Welt. Veyde waren glücklich gegen ihre Fein¬ de, grausam gegen ihre Anverwandte. Des einen, wie des andern Bekehrung will man für verdächtig halten. Constantin theilte daS römische Reich unter seine Söhne; auch Chlodwig das fränkische unter die seinigen. § »s. Andere Merkwürdigkeiten und die Staat s- cinrichtmig dieser ersten fränkischen Regierung. Zn diesem Absätze setzt unser Verfasser die SLaatS- einrichtunF der ersten fränkischen Regierung mit einettt Blicke auf die folgenden auseinander. Sie muß für nns um so interessanter seyn, weil vieles: was noch heut zN Tage statt findet, hier seinen Ursprung zu suchen har. Den '4Z Den Hofstaat betreffend, ist Ztt merken, daß der Hof der fränkischen Könige wandelbar war. Sw hatten noch keine statte Residenz. Chlodwig hat zwar Paris zur Haupt¬ stadt der ganzen Monarchie erklärt, und auch sonst wa¬ ren in Gallien von den Römern her viele ansehnliche Stad-- te vorhanden. Allein die fränkische» Könige hielten sich nicht in den Städten, sondern größtentheils auf ihren Landgütern auf, und zogen von einem Mayerhofe zum andern. Nur an grossen Festtägen pflegten sie in eine Stadt zu kommen, wo sie ein feyerliches Hoflager hiel¬ ten. Dabey fanden sich auch die Vornehmsten der Nation besonders aus den nahe herumgelegenen Gegenden ein, und rechneten sichs zur Ehre, den König zu bedienen. Vey dieser Gelegenheit wurden auch oft die Staatsge¬ schäfte behandelt. Die vornehmsten Staatsde-ienten bey den Franken waren der Pfalzgraf (Lome» pglmü) als Richter in weltlichen Sachen: der Erzcapellan (srokieg- pLUguus) als Richter in geistlichen Sachen, zum Vor¬ trag und zur Ausfertigung der Geschäfte ein Referen- dariuö oder nachher so genannter Canzler, der mehrere Notarien unter sich hatte. An andern gewöhnlichen Hof- diensien war ein Kammerer (camergriu;). ein Stall¬ meister (Lomes Kubnli), aus dem in der Folge der Mar- ichall wurde, ein Mundschenk (msgiller pinoernarum), ein Truchseß (äapiler) , ein Jägermeister (vonawr), ein Falkenmeister (kolconoriuZ) re. Diese Hofamter kom¬ men noch jetzt an unseren Höfen vor. Diejenigen Aemter, wozu man lesen und schreiben können, und sonst einige gelehrte Kenntnisse haben mußte, konnten nur Bischöfen und andern Geistlichen gegeben werden; denn unter dm Weltlichen fand man dergleichen Kenntnisse nicht , oder nur äußerst selten. Die im Nahmen des Königs ausge-' fer- 144 fertigten Urkunden würben von dem Referendar oder einem Notar signier, und von dem Könige selbst unter¬ schrieben. Die dabey gebräuchlichen Formeln kann man in der Note des Verfassers nachschen. Das Darum wurde in den Ausfertigungen nur nach den Negierung» - jähren des Königs ««gesetzt, ohne damit eine Jahrzahl weder von Christi Gebührt, noch von der römischen In- dierion zu verbinden. Anstatt der römischen Eintheilung des Reichs in Provinzen führten die Franken die alte teursche Einrhei- lung in Gauen ein. Einem Gaue wurde ein Graf vor¬ gesetzt, welcher das Militärkommando führte, mit Zu¬ ziehung der von dem Volke selbst gewählten Schöppen die Gerichtsbarkeit lausübre, und die töuiglichen Einkünfte besorgte. Die Gauen wurden in kleinere Bezirke, Len¬ ken genannt, eingerheilet, .und Vie Aufsicht darüber Cent- grafen (LeNkenariis) ünvcnrauet, die im Kriege beylän- fig hundert Mann anznführen , und in ihren Gerichts - sprengeln die kleinern Handel zu entscheiden hatten. Mehre¬ re Gauen blieben auch jetzt wie vorher, da sie noch ei¬ ne eigene Völkerschaft ausmachteu, vereiniget, und hie¬ ßen ein Land- Der König gab den Ländern Herzoge, oder ließ ihnen die alten, welche sie schon Hütte«. Die Macht der Herzoge war nicht gleich. Diejenigen , die unmittelbar von dem Könige bestellt wurden, hatten natürlicher Weise eine geringere und abhängigere Gewalt Ueberhaupt kam auch vieles darauf an, unter welche" Bedingungen sich ein Volk den Franken unterworfen hat. Hat es sich mehr freywillig zue Unterwerfung bequemer, so wurden drm Herzoge größere Rechte gelassen. So hat¬ ten die alten Herzoge von Alemannieu, und die Herzogs von !45 von Bayern aus dem agilolfingischen Geschlechte ansehn¬ liche Vorrechte. Hätten sich diese alten und erblichen Herzoge erhalten, so würde man bald vollkommene Lau- deüherren auS ihnen hcrvorwachsen gesehen haben. Al¬ lein sie waren den Königen zu gefährlich- und in ihren Anmassungen zu voreilig. Die Könige trachteten daher, sie gänzlich zu stürzen , welches mit der Zeit auch aus- geführer wurde. Nun konnte man vorn Hofe aus in solche Länder Herzoge als königliche Beamte schicken, und da war man schon bedacht, selben keine zu grossen Gerechtsame einzuräumen. Das Lehenwesen hat sich bey den Franken eben so entwickelt, wie bev andern tentschen Völkern, die sich in den römischen Provinzen festgesetzt haben. Dieses war bey ihnen nur so eher zu erwarten, weil keine Nation so viele Landereyen erobert hat, als die fränkische, und bey keiner die Könige so viele Eroberungskriege geführet und folglich so nörhig gehabt haben, sich Mir Leuten zu versehen, die auf jeden Fall für sie zu fechten bereit wä- ven. Die Franken haben eben so, wie die Burgunder, Gothen und Vandalen in den eroberten Provinzen Gü- terverrheilungen vorgenommen. Diese Güter wurden vollständiges Eigenthum derjenigen, denen sie zufielcn. Die Besitzer davon mußten zwar Kriegsdienste leisten; aber als Nationalsöldaten, als natürliche Vertheidiger ihrer eroberten Güter. Bey der Äüstheilung hat der König den ansehnlichsten Theil der Güter, und auch dis -l'ornehmen haben sehr beträchtliche ANtheile daran be- ommen« Die Könige giengen immer mit nkuen Erobe¬ rungen um, wozu sich die Nation, die nach und nach bäuslicher und gemächlicher geworden war, Nicht jedet.- K M 146 zeit verstehen wollte Die Könige fiengeu daher an, sich Leute zu ihren besonder» Diensien dadurch anzuwerben, daß sie unter selbe Stücke von ihren grossen Ländereyen entweder auf Wicderruf oder auf lebenslang zum Frucht- geuuß anstheilten. Die Grossen, die Herzoge und Gra¬ fen, machten es den Königen nach, weil sie wußten, daß es diesen gefiel, wenn sie mit einer grossen Begleitung zu ihrem Dienste erschienen. So sind bey den Franken zweyerley Güler entstanden, srepe Güter, so genannte Allode, diese waren die Anfangs vertheilten Güter, sie hießen bey den Franken insbesondere rerro lullen, und konnten nach dem salischen Gesetze nicht an Weiber, son¬ dern nur an Manner kommen; und Güter, die Jemand erst nachher unter der Verbindlichkeit zur besonder« Treue gegen eine Person und zu allzeit bereiten Kriegsdiensten empfangen hat. Diese führten den Nahmen Pfründen, und deren Besitzer wurden benebeinrii, ieu- «les, 6üele8, vnli-l, millreu llezis oder Ouciu Lc, genannt. Der Kirchenstaat, an dem die Franken bey ihrer Ankunft ohnehin nichts änderten, der aber doch, so lang sie noch Heiden waren, manche Gewalttharigkcit auszu- stchcn hatte, crhohlte sich nicht, nur gänzlich, als Chlod¬ wig zur christlichen Religion übertrat, sondern kam auch bald in das größte Ansehen. Dessen ungeachtet hat Chlodwig nicht nur alle Regierungsrechte in Religions¬ und Kirchensachen ruhig behauptet, sondern auch kirchli¬ che Collegialrechte ausgeübt. Die Kirche setzte sich nicht dagegen, wenn er Rechte, die einem Regenten verrnöst deö Begriffs der Majestät über die Kirche seines Staa¬ tes zukommen, und die er über jede andere Gesellschaft im l47 im Staate hat, iu Ausübung brachte. Sie ersuchte ihn vielmehr auch über eigentliche Kirchengeschäfte, in die sonst der Regent, als solcher betrachtet, so wenig als in die gesellschaftlichen Angelegenheiten einer andern im Staate befindlichen Societat einzngehen hat, Anord¬ nungen zu machen -> und wenn er es that, so dankte sie ihm dafür. So hielt Chlodwig im I. zu eine Rir- chenverfammlrmy zu Drleanv, wo 5 Erzbischöfe, und 32 Bischöfe versammelt waren. Darunter waren aber noch keine tcutsche, weil die Städte am Rhein noch meist im Schutte lagen, und ihre bischöfliche Verfassung erst später wieder hergestellet wurde. Chlodwig hat auf die¬ ser Versammlung den Bischöfen die Artikel vorgeschrie¬ ben , worüber sie berathschlagen sollten. Die Schlüsse hat man ihm zur Bestätigung vorgelegt. Daraus -sehen wir, daß auch die gallicanische Kirche in altern Zeiten nicht geglaubt habe, sie sey von dem Staate ganz un¬ abhängig, und der Regent könne auch mit Einwilligung der Kirchenmitglieder in den kirchlichen Collegialsachen nichts vornehmen. Die Regierrmysform des fränkischen Reichs war noch durch ausdrücklichen Reichsgrundgesetze be¬ stimmt. Diese sind nur eine Sache schon gebildeter Na¬ tionen. Bey unculkivirten Völkern entstehet die Regie- rungsfvrm ans den Umständen. Die Nation braucht ein Haupt, und gibt sich eines, ohne an eine Auszeich¬ nung der Granzen seiner Macht zu denken. Diese wer¬ den durch das Bedürfnis; bestimmt, und ändern sich nach Verschiedenheit des Bedürfnisses. Wei! jedoch ge¬ wisse Bedürfnisse des Staates fortwährend sind, so wer¬ den auch einige Bestimmungen, nach denen derselbe re- K 2 gieret 148 gieret wird, fortdaurend. So entstehen mit der Arik Gewohnheiten, welche die Stelle der Reichsgrunbgcsetze vertreten. So war es auch bey den Franken. Als Reichsgrundgesetz galt ihnen die Observanz. Nach die¬ ser kann man sagen/ daß die Negierungsfvrm im frän¬ kischen Reiche monarchisch war. Allein es ist sehr be¬ greiflich , daß eine Nation, die auf Freiheit und Eigen« thum hielt, und ganz kriegerisch war, nicht nach Will- kühr beherrscht werden konnte. In allen wichtigen Sa¬ chen mußte sie der König um ihre Einwilligung befra¬ gen. Sie mußte sich daher versammeln. Diese Ver¬ sammlungen geschahen Anfangs im Marz, und hießen deßwegen das Marzfeld. Dis Vornehmsten der Nation und die freyen Leute aus der Nahe erschienen dabey. Alle Freyen aus dem ganzen Lande konnten unmöglich zusammen kommen. Selbst Chlodwig, obschon er Eroberer und ein Mann von: grossen Geiste war, und ein sichtbares Uebergewicht über sein Volk harre, getraute sich nicht, selbes zurück zu setzen. Wenn er Krieg führen wollte/ mußte er sich mit der Nation berarhschlagcn, und sich um ihr Gutheissen bewerben. Ein Beyspiel davon haben wir bey dem Kriege gegen die Westgothen gesehen. Viel¬ mehr mußten dieses seine schwachem Nachfolger thun- Und dieß war ein Grundgesetz fast aller tentschen Ver¬ fassungen von jeher. Die Könige fühlten freylich die Un¬ bequemlichkeit davon; sie konnten aber das Volk nicke geradezu ausschließen. Cie bedienten sich daher eines Umwegs, und begünstigten das Lchenweftn. Da¬ durch ist auch wirklich Anfangs das Ansehen der Könige emporgehoben, rind die Nanonalfrcyheit allmahlig un¬ tergraben worden. Die Grossen, welche der König durch zu Lehen verliehene Güter zuerst erkauft hatte, schiene" bereit L 49 bereit , dem Könige zn Liebe alles zu thun. Sie mach¬ ten sich durch daS nämliche Mittel Anhänger unter dem Volke, die sich ganz nach ihrem Willen fügten. Zuletzt brachten sie es durch Helfershelfer dahin, daß sich das ganze Volk von ihnen führen ließ, wohin sie wollten. So kam durch die Ausbreitung des Lehenwesens fast alle Macht des Volkes an die Grossen, und die Stimme der Nation hatte nicht mehr viel zu bedeuten. Allein die Grossen wurden endlich durch die Freygebigkeit der Könige zu mächtig, lernten ihre Kräfte kennen, und fiengen an, dem Könige selbst Gesetze vorzuschreiben. Das Ansehen der Könige sank durch die Uebermacht der Grossen mehr, als es vorher durch die ganze Na¬ tion beschränkt war. Jeder Grosse war in seinem Be¬ zirke fast Souverain, und trotzte dem Könige nach Be¬ lieben. In den spätem Zeiten mußten die Könige su¬ chen , die Nation wieder zu erheben, um an derselben rine Stübe gegen die Grossen zu haben. Da sich in die¬ sem Stücke das Interesse des Königs und deS Volks vereinigte, so wurde es auch aller Gegenbemühungen der Grossen ungeachtet zum Theil durchgesetzt. Ferner war das fränkische Reich ein Erdreich. Da Chlodwig selbes mit dem Degen in der Faust errichtete, so war es natürlich, daß er es als seine Erwerbung an¬ sah , und auf seine Kinder, wie jeder andere sein erwor¬ benes Gut, vererben, konnte. Bey der Thronfolge nahm man nicht einmahl auf die eheliche Gebührt der Kinder Rücksicht. Auch den aus einer Concubine erzeugten Söh¬ nen wurde die Erbfolge gestartet. So war Theodorich, Chlodwigs ältester Sohn, von einer Concubine geboh- ren, und bekam doch den größten Theil der Monarchie, Man Is- Ma» sah bloß auf die Abstammung von Männern. In der Folge hat siA die Nation das Recht heransgenom- nieu, wenn bey einer Succession Bedenklichkeiten vorkamen, z. B. wenn der Sohn minderjährig war, und dem Rei¬ che ein Krieg drohete, aus. denen, die zur königlichen Familie gehörten, einen zu wählen. Wenn gleich die Könige bey. den Franken durch Erbrecht succedirten, so war doch immer eine feycrliche Anerkennung von Seite der Nation nöthig. Es hatte eine Inauguration statt. Die Ceremvnie war Anfangs ganz simpel. Man erhob den neuen König auf einen Schild, und trug ihn herum. Die merovingischen Könige schei¬ nen zwar schon frühzeitig unter den Reichskleinodien eine Krone gehabt zu haben; doch wurde» sie, so viel man weiß, weder gekrönt, noch gesalbt. Bey der Inaugu¬ ration mußten die Könige der Nation im Allgemeinen versprechen „ so unmncpmmgue pro luo xrsllu tuuc^us äißnitake uc perlonu, czuunkum postim, Iionorutnros go äofenlurm, sc imim ju8 cnicpio tdrvmuro?." An die Unterschreibung und Beschwörung einer Wahlcapitu- lation nach heutiger Form, als eines Vertrags, worin die Art bestimmt ist, wie der König regieren soll, wur¬ de damahls »och gar nicht gedacht.' Von der Untheilbaryeit des Staates und der da¬ mit gemeiniglich in Verbindung stehenden Primogenitur hatte man in diesen Zeiten ebenfalls noch keine Idee. Heut zu Tage ist in den meisten Staaten eingeführt daß, wenn der König mehrere Söhne hinterlaßt, nur einer, und zwar der erstgebohrne, im Reiche Nachfolge- Allein in den damahligcn Zeiten hat man das Reich wie eine l5l eine Priyarerbschaft betrachtet. So viel Söhne , so viel Theile wurden gemacht. Freylich sind diese Theile her- nach öfters wieder in einer einzigen Person znsammen gekommen; aber aus keiner andern Ursache, als weil die Linien, welche einzelne Theile befassen, erloschen sind. 2L, Chlodwigs Söhne vom F. Lti. bis ^6i. (5i Jahre.) Chlodwig war im I. zu gestorben. Seine 4 Söh¬ ne nahmen eine Theiluny der Monarchie unter sich vor. Sie machten zwey Haupttheile, den östlichen un¬ ter dem Nahmen Aufträgen, und den westlichen unter dem Nahmen Neustrien. Ausirasieir bekam der älteste Sohn Theodorich, den Chlodwig mit einer Concubine gezeugt hatte. Dazu gehörten alle Lander, welche die Franken in Tcutschland und am Rhein, an der Maas and Mosel in Gallien befassen, die Gegenden um Rheims und Chalons an der Marne, und ein kleiner Thcil von den westgvthischen Eroberungen. Theodorich nahm sei¬ nen Sitz zu Metz. Neustrieu, welches die übrigen Be. sitzungen der Franken in Gallien enthielt, wurde unter die g andern Söhne Chlodwigs zenheilt. Chlodonrir bekam seinen Sitz zu Orleans, Lhildcbert zn Paris , und Chlotar zu Soissvnö. Chlodomir gieng aber schon nu I. 52z unbeerbt mit Tode ab. Unter Unter den übrigen drey Brüdern erhielt die frän¬ kische Monarchie noch eine ansehnliche Vergrößerung durch neue Eroberungen, und zwar r) durch Thüringen im I. zzi. Thüringen stand damahls unter der Herrschaft der Brüder Herman- fried, Balderich und Berlhar. Hcrmaufneds Gemah- linn Amalberg, des vstgothischen Königs Theodorichs Nichte, konnte sich nicht zur Ruhe geben, bis ihr Ge¬ mahl der alleinige König, nnd sie die einzige Königin» von Thüringen würde. Auf ihr Anstiften räumte Her- manfried seinen Bruder Verthar aus dem Wege, und riß dessen Antheil an sich. Ein ähnliches Schicksal sollte auch Balderich erfahren. Allftn da dieser behutsam ge¬ macht wurde, trauere Hermanfrted seinen eigenen Kräf¬ ten nicht. Er trug daher dem fränkischen Könige von Austrasien Theodorich eine Theilung der zu erobernden Län¬ der seines Bruders an, wenn er ihn in seinem Vorha¬ ben unterstützen würde. Theodorich war ganz wie sei» Vater. Er brach ungesäumt mit einem Kriegsherr i» Thüringen ein, und griff in Vereinigung mit Herman- ftied den Baldrrich an, der mit dein Treffen auch das Leben verlvhr. Hermanfried bemächtigte sich seiner Län¬ der, ohne von der Abtretung der Hälfte an seinen Bun¬ desgenossen etwas wissen zu wollen, und machte sich auf solche Art zum Alleinherrscher in Thüringen. Theodo- zich, König von Austrasien, wurde durch diese Treulo¬ sigkeit äußerst aufgebracht; jedoch verbiß er seinen Groll, so laug der ostgothische König Theodorich, an dem die Mrmger ihre Stütze hatten, am Leben blieb. Als -ber dieser im I. 526 starb, glaubte der austrasische Lheodo- Nche ?p ""it die Zeit vorhanden, an dem Könige von lZZ von Thüringen Rache zu nehmen, Er zog daher in Ge¬ sellschaft seines Bruders Chlotar wider den Hermanftied los, und überwand ihn in einer Schlacht an der Un¬ strut. Indessen wurde Hermanftied dadurch noch nicht ganz aufgerieben. Um dieses zu bewirken, bediente sich Theodorich der schändlichsten Hinterlist. Cr wußte den Hermanftied so sicher zu machen, daß dieser kein Beden¬ ken trug, zu ihm nach Zülpich zu kommen. Als beyde eines Tages in dem freundschaftlichsten Gespräche imit einander auf dem Stadtwalle Herumgiengen, wurde auf einmahl dem Hermanftied ein Sroß versetzt, daß er über denselben hinuntersiel , und auf der Stelle todt blieb. Nachdem die Thüringer auf diese Weise um ihren König gekommen waren, konnten sie sich nicht mehr erhalten, sondern mußten sich an den Theodorich ergeben. So wurde Thüringen eine ostftankische Provinz, die Anfangs durch Grafen, seit dem I. 6zo aber durch Herzoge re¬ gieret wurde. Ein Theil von Nordthüringen wurde den Sachftn gelassen, weil sie dem Theodorich im Kriege gegen den Hermanftied Hülfe geleistet haben. Die Sach¬ sen waren sehr schlechte Politiker. Sie sahen , daß die Franken daran arbeiteten, alle teutschen Volker unter ihre Herrschaft zu bringen, und doch standen sie ihnen bey. Wie war es aber auch wohl möglich, sie davon abzuhalten ? Sie waren in mehrere Völkerschaften ge¬ teilt, die ihre eigenen Anführer hatten. Die>e lebten oft mit einander in Uneinigkeit. Da geschah es leicht, daß sich ein Theil von ihnen auf die Seite ihrer gemein¬ schaftlichen Feinde, der Frauken, schlug. Diese schlechte Politik der Sachsen scheint die Ursache zu seyn, daß wir ein teutsches Reich haben; denn halten sich die Sachsen Mit vereinigten Kräften den Absichten der Franken wi¬ der? 154 versetzt, so würde» diese nie ganz Leutschlgud hahen he: zwingen können, und so wäre in der Folge auch nicht ganz Teutschland zusammen genommen zu einem eigenen Staate erwachsen. 2) Durch das buraundische Königreich im I, 5Z4- Die Haupttriebfeder war wieder ein Weib, näm¬ lich Chlodwigs Gemahlin» Chrotilde. Ihr Vater wur¬ de von seinem Bruder Gundobald ermordet. Dieser fürchtete, Chrotilde möchte den Haß gegen ihn und sei¬ ne Familie in das fränkische Haus bringen , und wider¬ setzte sich deßwegen ihrer Heurach mit Chlodwig , mußte aber zuletzt doch geschehen lassen , daß selbe vor sich gieng. Chrotildens Rache traf auch wirklich Gundo- balds Söhne, Sigismund und Godomar. Sie stiftete, um den Tod ihres Vaters zu rächen , ihre Söhne an, das burgundische Königreich zu stürzen. Die ersten Ver¬ suche wollten zwar nicht gelingen, obwohl sie dem einen burgundische» Könige Sigismund das Leben kosteten; aber im I. zzg. waren die fränkischen Könige Childe- hert, Chlotar, und Theodebert , Theodorichs Sohn, glücklicher. Sie überwanden den andern burgundischen König Godomar , nahmen ihn gefangen, und machten sich das burgundische Reich unterwürfig. .Den Burgun¬ dern wurden jedoch ihre alten Gesetze und ihre eigen« Verfassung gelassen. Von dieser Zeit an bestand die fränkische Monarchie aus g Hauptthcilen, aus Austra- sien, Neustrien und Burgund. z) Durch die Erwerbung der Provence und Rh«' tiens im I. zz6. Beyde diese Provinzen standen unter den Ostgothm, deren König Theodvrich selbe an sie g? bracht bracht hat. Thevdorich hinterließ bey seinem Tode einen unmündigen Enkel unter der Vormundschaft seiner Mut¬ ter Amalasuntha. Der Prinz starb aber bald. Amala- suntha nahm nun einen gewissen Theodat . zum Reichs- gehülfen an. Dieser war gegen seine Wohlthaterinn un¬ dankbar, und wollte sie entfernen. Amalasuntha, die dieses merkte , begab sich heimlich in den Schutz des Kaisers Justinian. Theodat, als er dieses erfuhr, ließ sie von ihren Feinden um das Leben bringe». Dieses war für den K. Justinian eine erwünschte Gelegenheit mit den Osigothen Krieg anzufangen, nm Italien wie¬ der zu erobern. Er suchte zu diesem Ende die Franken durch Versprechen und Geschenke gegen die Ostgothen auf¬ zuhetzen, und ließ seinen General Belisar, derimJ.Lgq. das vandalische Reich in Africa über den Haufen gewor¬ fen, und diese Provinz wieder unter das griechische Kai- serthum gebracht harte, mir einem Kriegsheere nach Ita¬ lien übersetzen. Theodat wurde in einem Aufruhr er¬ schlagen, und die Gothen wählten einen gewissen Viti- ges zum König. Vitiges , um die Franken von den Griechen zu trennen, trat der Franken die Provence und Rhaticn ab. Er konnte ohnehin diese Provinzen nicht vertheidigest, da er die Besatzungen daraus nach Italien gegen die Eftiechen ziehen mußte. Es war also gewiß uicht unpolitisch gehandelt, daß er durch die Abtretung dieser entfernten Lander sich einen so mächtigen Feind, als die Franken waren, vom Halse schasste. 4) Durch die Unterwerfung der Bayern. Die Bayern sind bisher unter der Herrschaft der Ostgothen gestanden; aber um diese Zeit unter die fränkische Bot¬ mäßigkeit gekommen. Das Jahr und die Umstände die¬ ser rzkr ser Veränderung kann man nicht genau bestimmen. Ei¬ nige glauben, die Bayern seyen zugleich mit den in Rha- ricn wohnenden Alemannen im I. ;Z5 von dem osigothi- schen Könige VttigeS an die Franke» überlassen worden. Ludere sind der Meinung, daß die Bayern noch früher unter die Herrschaft der Franken gebracht worden sind , weil eS in dem Uroloz-u^ leymm Uajuvariornm heißt , daß der fränkische König Theodorich die bayerischen Ge¬ setze habe niederschreibcn lassen. Da nun Theodorich im I. g 4 gestorben, so müssen die Bayern schon vor die¬ sem Jahre den Franken unterworfen gewesen seyn. Der salzburgische geheime Rath Herr von Kleinmayern in seinen Nachrichcen yon Iuvavra hat es auch ziemlich wahrscheinlich gemacht, mann und wie diese Unterwer¬ fung geschehen sey. Er sagt, die Bayern ftyen den Thüringern bepgestande» , und summt diesen von den Franken um das I. 531 unterjocht worden. Die Grün¬ de, worauf sich diese Vermuthung stützet, sind folgende. Die Ostgvthen waren Bundesgenossen der Thüringer; die Bayern aber ostgvthische Unterkhanen, die den Thü¬ ringern am nächsten gelegen waren , und sich derselben am leichtesten annehmen konnten. Und ein gleichzeitiger Schriftsteller, Venantius Fortunatus, meldet bey Gele¬ genheit des thüringischen Krieges von einem Siege der Franken über zweyerley Völker. Eines waren gewiß die Thüringer ; das andere konnte nicht leicht ein an¬ ders Volk seyn, als die Bayern. Ungefähr seit den» I. 556 erscheinen hernach schon Herzoge von Bayern aus dem erbliche» agilolfingischen Geschlechte. Die »57 Die bayerischen Schriftsteller hingegen behaupten, die Vorrede zn den bayerischen Gesetzen sey hundert Jahre später gemacht, und darin der ostgothische König Thevdorich mit dem fränkischen verwechselt worden. Uebcrhanpt machen sie einen grossen Lärmen von der Verfassung Bayerns um diese Zeiten. Sie sagen, die Bayern hätten damahls eigene Könige gehabt, die sick¬ erst im Jahr 628 unter guten Bedingungen in den fränkischen Schutz begeben haben. Allein alles dieses ist entweder blosse Sage, oder beruhet auf unzuverlässigen und eienden Gründen. So wollen sie daraus, daß in den damahligen Urkunden und Annalen ihr Land biswei¬ len ein regnum und ihre Herzoge Us^es genannt wer¬ den , die Wirklichkeit eines bayerischen Königreichs be¬ weisen, da doch offenbar in der Sprache jener Zeiten das Wort üeznum, Reich vielfältig ein Gebieth und Rex den Vorsteher desselben bedeutet. So hatten die Alemannen gewiß keinen König, sondern nur Herzoge, und doch heißt es in ihren Gesetzen in. gg, „dii uliu8 re^num xatris per rnjiknm ziolstcleret." So kommen auch in den alten Monumenten Oesterreich, Rärntner» reich vor, ohne daß Jemand dabey an ein Königreich denkt. In virn 8. llu^orci lesen wir „ llex auf welche diese Vereinigung zu Stande gebracht wurde, hat aber das Ansehen der fränkischen Krone sehr geschwächt. Chlotar ll. gebrauchte sich da¬ zu der Grossen des Reiches, und mußte denselben zur Belohnung verschiedene der königlichen Macht sehr nach¬ theilige Rechte einraumem So mußte er dem Großhof¬ meister warnachar, der vieles zum endlichen Sturze der Gegcnparthey beygetragen hatte, durch einen Eid den lebenslänglichen Besitz der Stelle eines Major domus in Burgund zusichern. Die Großhofmeister oder Majores domus werden wir von dieser Zeit an von Tag zu Tag eine größere Rolle spielen sehen. Es ist daher uöthig, daß wir uns eine zusammenhängende Vorstellung von diesem Amte machen» Die Majors domus hatten bey ihrem Ursprünge bloß die Aufsicht über die zum könig¬ lichen Hofstaate gehörigen Personen. Sie wußten aber in der Folge ein Recht nach dem andern an sich zu brin¬ gen. Sie wurden erste Staatsminister, oberste Heerfüh¬ rer, bekamen die Erziehung der königlichen Prinzen, die Vergebung der Aemter und die Verwaltung der Kron- « » ein, 1ö4 einkünfte in ihre Hande. Solang das Majorar ganz Vs» den Könige» abhieng, war es ihnen nicht gefährlich, sondern Anfangs vielmehr vortheilhast; denn die Groß- Hofmeister halfen den Königen die übrigen Grossen im. Jaume zu halten. Allein dieses änderte sich bald. Da bey den öftern Theilungen des Reichs jeder König sei: nen Major dornus hatte, so gewöhnte- man sich diese Würde als eine Staaksbedienung, die zur Verfassung gehört, zu betrachten. Jeder der g Haupttheile der Mo¬ narchie, Austrasien, Ncustrien und Burgund, wollte sei¬ nen eigenen Major domuS haben, wenn auch diese Lan¬ der wieder zusammenkamen. Die Grossen, welche die Wichtigkeit dieses Postens einfahen, suchten mehr Ein¬ fluß auf die Bestellung desselben zu bekommen. Sie for¬ derten, daß die Großhofmeister vom Lande selbst sollten geuvmmen werden. Die Könige mußten oft nachgeben. Unter diesen Umstanden war es sehr natürlich, daß auch die Majores domuS selbst sich von den Königen unab¬ hängiger zu machen suchten. Warnachar machte den An¬ fang , da er sich das burgundische Majorat auf Lebens¬ zeit versprechen lies. Seinem Veyspiele folgten andere. Endlich wurde die Großhofmeistersstelle gar erblich ge¬ macht. Nun kannte die Gewalt dieser Staatsbeamten keine Schranken mehr. Sie fiengen an, die Könige ganz in Unrhatigkeit zu versetzen, die Augen der Nation nur auf sich zu richten, und sich so »ach und nach den Weg zum Throne selbst vorzubereiten. Einen andern Beweis von dem Verfall des königli¬ chen Ansehens unter Chlotar ss. gibt die grosse R-rü-s- versammlunv, die dieser König im I. 6lg zu Paris halten mußte. Die geistlichen und weltlichen Grossen be¬ streb- »6z strebten sich auf derselben um die Wette, durch Ein¬ schränkung der königlichen Macht ihr Ansehen zu vergrö¬ ßern. Nur ein Beyspiel davon. Die fränkischen Könige harren seit Chlodwigs Zeiten die Bischöfe Ihres Reichs größtentheils selbst ernannt. Der Grund dieses Rechts liegt nicht in dem Wesen der bürgerlichen Oberherrschaft. Jede Gesellschaft im Staate und so auch jede kirchliche Gemeinde hat die natürliche Freyheit, sich ihre Vorsteher selbst zu wählen. Dieses ist ein so genanntes Collegial- recht. So wurde es auch beym Anfänge der christlichen Retigion gehalten. Die christlichen Gemeinden wählten sich ihre Bischöfe selbst. Allein mit der Zeit entstanden bey diesen Wahlen, besonders im Orient, Unordnungen und Schlagercyen. Dadurch wurden die römischen Kai¬ ser veranlaßt, die Wahlfreyheit zu beschränken, und manch- mahl durch eigene Ernennung die erledigten Kirchen mit Vorstehern zu versehen. Ruhige Leute sahen es gerne, wenn auf solche Art ärgerliche Auftritte vermieden wur¬ den. Die fränkischen Könige hatten also das Beyspiel der Kaiser vor sich, welches nachzuahmen es ihnen an näher» Beweggründen nicht fehlte. Die Bischöfe selbst suchten sie zu überreden, ja sie machten es ihnen zur Pflicht, den Gemeinden, die nur aus ansgearteten Römern und wilden Kriegern bestanden, von denen also keine er- prießliche Wahl zu erwarten war, gute Hirten zu geben. Den Königen war überdieß sehr viel daran gelegen, von der Treue der Bischöfe versichert zu seyn. Sie brauch¬ ten dieselben zu ihren Rathgebern, und zur Besorgung der Regierungsgeschäfte, worauf sich die unwissenden Layen nicht verstanden. Durch sie hatten die Könige das Ilebergewicht über die alten Einwohner der eroberten >'b- uchchen Provinzen, und eine Stütze gegen die weltlichen Gros- i66 Grossen. Alle diese Ursachen wirkten zusammen, daß das königliche Ernennunysrecht immer mehr in den Gang kam. Allein. als die Bischöfe mächtig geworden sind, suchten sie das Ernennungsrecht von dem Könige wie¬ der wegzubringen, und die alce Wahlsreyheit einzufüh¬ ren. Daher mußte Chlotar II. auf der vorgedachttn Reichsversammlnng zu Paris durch ein Miet zur be¬ ständigen Richtschnur festfetzen, daß an die Stelle eines abgegangenen Bischofs von der Clerisey und dem Volke ein anderer gewählet, von dem Metropolitan und den Provincialbi'schöfen eingeweihet, und von dem Könige, wenn die Person würdig ist, bestätiget werden soll. Dock- Hat noch ein geschickter Minister durch die hinzugesetzte Llausel ,,ve' cerro, 6 cko pulaiio elißüur (Lxilevpus), xor meriknm perlooae vsl cloetrinae orckinetur " dem Könige den Weg offen gelassen, bey günstigen Unistan¬ de» sein Recht wieder auf den vorigen Fuß zu setzen; denn Verdienste und Gelehrsamkeit der Person konnte man immer z»m Schilde aushangen, wenn man einen Bischof von Hof aus ernennen wollte. Wie fürchterlich die Macht der Grossen zu dieser Zeit gewesen sey, wird noch einleuchtender, wenn wir das Ende der Brunehild mit dem Ende der Frede- yunde vergleichen. Chlotar II. hat nämlich in den bür¬ gerlichen Kriegen zu letzt gesiegt, und die Brunehild, sei¬ ne ärgste Feindinn, gefangen bekommen. Die Grossen ha¬ ben nun das Urtheil gesprochen, daß diese 80 jährige Königin» g Tage hintereinander auf verschiedene Art ge- peiniget, dann auf einem Kameel zur Schau herumge¬ führt , endlich an den Schweif eines unbändigen PftrdeS gebunden, zu Tod geschleift, in Stücke zerrissen U»d ver- l6y verbrannt werden soll. Dieses Urtheil wurde auch an ihr vollstreckt. Vrunehild hatte sich die Grossen zu Fein¬ de» gemacht, weil sie die an selbe verschwendeten Kam¬ mergüter zurück zu bringen, und Fremde emporzuheben suchte. Fredegunde, die wo nicht boshafter, doch ge¬ wiß gleich boshaft war, starb ruhig; denn .sie wnßte^ den Grossen zu schmeicheln, bereicherte sie mit Gütern, und scheint eingesehen zu haben, was für eine gefährliche Sache es unter einer schwachen Regierung sey, die Gros¬ sen zu Feinden zu haben. Man kann eher den mächtig¬ sten Monarchen als diese ungestraft beleidigen. Ein Et¬ licher Körper, der aus solchen Leuten zusammengesetzt ist, verzeihet nie. Dnrch diese Politik verschaffte sich Freds- gunde in den bedenklichsten Lagen Beyffgnd von den Grossen. Als ihr einst vorgewvrfen wurde, daß Chlo¬ tar 1l. kein ächtes Kind sey, und sie sich darüber zum Eide erbot, fanden sich sogleich Zvo Eideshelfer ( Enn- ssLramentuIes), und darunter auch Z Bischöfe, die mit ihr die Rechtmäßigkeit der Gebührt Chlotars beschworen. Die Consaeramentalen sind so anfgekonunen. Die ordentliche« Beweise bey den Franken waren Jengen und Eide. Als sich aber die Eide zu sehr vervielfältigten, und häufige Meineide begangen wurden, suchte man dem Eide dadurch eine größere Iuverläßigkcit zu geben, daß man über die Reliquien der.heiligen schwören ließ. Die¬ ses hat aber uichr viel geholfen. Daher siel man auf den Gedanken, Eideöhelfer, Cvnsacramentale» herben- zuziehen. Der Schwörende mußte nämlich Leute auf- bringen, welche durch ihren Eid bestätigten, daß sie glauben, der Schwörende habe Reckst. Man glaubte, der falsch Schwörende, der in keinem Rufe der Rccht- schaf- 168 schaffenheit stände, werde Niemand finden, der die Glaubwürdigkeit seiner Aussage eidlich zu bekräftigen crbietig wäre. Allein auch dieses Mittel verlohr bald seine Kraft. Daher kamen die Ordalie» immer häufiger jn den Gebrauch, wovon ein andermal)!, Chlotar II. überließ schon bey Lebzeiten seinem Sohne Dagobert 1. Austrasien. Diesem wurden zwey Näthe zugeordnet. Der eine war der Bischof Arnulf von Metz; der andere Pjpin von Landis, ein Herr aus einem vornehmen fränkischen Hause, welches im Lütti- chischen begütert war. Von diesen zweien stammt das karolingische Haus ab, welches spater zur Regierung kam. Der Bischof Arnulf hatte nämlich einen Sohn Ansegisil, und Pipin von Landis eine Tochter Bega, die znsammenheurathetcn, und in ihrer Ehe den Pipin von Herstall, den Barer Karl Martells, Großvater Pipins des Kleinen, und Urgroßvater Karls des Gros¬ sen erzeugten, Chlotar U. starb im I. 628. Die Mön¬ che geben ihm vieles Lob. Sie sagen, er sey ein ge¬ lehrter , gottesfürchtiger, und gegen Arme, besonders aber gegen die Kirchen und Geistlichen, mitleidiger Herr gewesen. Auch rühmen sie an ihm, daß er gar viele Geduld gehabt habe. Die Geduld ist aber eine sehr schlechte Tugend bey einem Könige, und überhaupt ist das Lob der Mönche sehr verbeug. Wer nicht ansehn¬ liche Stiftungen den Geistlichen und Mönchen zum Be¬ sten gemacht hat, durfte sich kein gutes Andenken in de» Mönchschrouiken versprechen. War er aber ein noch so untüchtiger Regenr und lasterhafter Mensch, so konnte «r sich durch seine Freygebigkcit an den Mönchen Lob- redner erkaufen. Nach Nach dem Tode Chlotars II. war Dayobert I. Regent der fränkischen Monarchie. Es war zwar noch ein jüngerer Bruder von ihm, Chariberr II., vorhanden, allein Dagobert schloß ihn mit Beystimmung der Nation von der Erbfolge aus, und wies ihm nur em Stuck von Aquitanien zum Unterhalt an, welches aber auch nach dem bald darauf im I. 6zo erfolgten Absierben Chariberts an Dagobert znrückfiel. So lang er dem Rathe seiner würdigen Minister, des Bischofs Arnu f von Metz und des Pipin von Landis folgte, regierte er sehr gut. Ais ihn aber böse Leute beredeten, diesen Mannern weniger Gehör zu geben, überließ er sich den gröbsten Ausschweifungen der Liebe, und wurde von sei¬ nen Weibern zu manchfältigen Ungerechtigkeiten und Be¬ drückungen verleitet. Dabey aber ließ er ev doch an andächtigen Verschwendungen in Ansehung der Kirchen und Kloster nicht fehlen. Sein Veyspiel dient also mit unzähligen andern von gleicher Art zum Beweise, wie leicht sich Bigotterie und Hang zur Wollust zusammen¬ paaren. Noch verdient bemerkt zu werden, daß unter seiner Regierung die Franken das erstemahl mit den Slaven zu thun hatte». In Italien hatte Narses das ostgothische Reich gestürzt, und Italien im Nahmen des orientalischen Kai¬ sers Justinian sehr gut verwaltet. Allein als im ^s. Justin 'II. die Regierung des Kaiserthums antrat, brachte es die Kaiserin,, Sophia, die dem Narses nicht günstig war, bey ihrem Gemahl dahin, daß er den Narses zu- ruckrief, und einen gewissen Longin als Statthalter nach Italien schice. Dieser verlegte den Sitz der Regierung nach Ravenna, und so entstand das griechische Exarchat von ^72 von Ravenna. Die übrigen Städte Italiens wurden durch Uucex, deren einer auch zu Rom war , regieret. Narses wurde durch die ihm gespielten Cabalen gegen den orientalischen Hof sehr aufgebracht, besonders soll ihn sehr geschmerzt haben, daß sich die Kaiserin», Spöt- tereyen über seinen physischen Zustand (er war ein Ver¬ schnittener) erlaubt hat. Aus Rache soll er die Longo- barden nach Italien eingeladen haben. Wirklich erschien im I. Alboin, König der Longobarben aus Pan¬ nonien in Italien, bemächtigte sich mit den Waffen in der Hand des oben, und Mittlern Italien bis auf Rom und Ravenna, und gründete in Italien ein neues tent- sches Reich, das lonyobardische , welches gewissermas¬ sen noch heut zu Tage dauert; denn Karl der Grosse - hat selbes nach der Zeit erobert , und Otto I. hat cs an Teutschland gebracht , so daß in der Folge immer derjenige, der von den Teurschen zu ihrem Könige ge- wähler wurde, auch König in Italien oder in der Lom- bardey war. Die Wanderung der Longobarben nach Italien hat auch eine Veränderung in Oesterreich nach sich gezo¬ gen , die wir hier einschalten müssen. Die Longobarben haben bisher in unfern Gegenden gewohnt. Als sie nach Italien zogen, haben sie ihre Sitze an die Hunnen und Avaren überlassen, mit der Bedingung, daß, wenn sie nicht das Glück haben sollten, sich in Italien festzuse¬ tzen, ihnen dieselben zuruckgestellet werden sollten. D" sie aber in Italien glücklich waren, blieben die Hunnen und Avaren in unserem Oesterreich und in Pannonie" sitzen. Die Gränze der fränkischen Monarchie gegen Oste" war theils m't dem , daß die Be- Sie haben sich . r?r war der Ensfluß. Unter demselben sieng das Land der Hunnen und Avaren an. Zuletzt führt der Verfasser einige Anmerkungen über die römische und fränkische Rirche an. Diese stehen mit der teutschen Reichsgeschichte in sofern in einer Verbindung, als die christliche Religion hernach in dem Innern von Tentfchlaud nach dem Zuschnitte , den sie damahls in der römischen und fränkischen Kirche hatte, eingeführt, und so bewirkt worden ist, daß sie nicht oh¬ ne Folgen in Beziehung auf die teutsche Staatsverfas- simg selbst geblieben ist. In der römischen Airche stand zu dieser Zeit Gre¬ gor I. oder der Grosse in einem sehr grossen Rufe. Er ließ sich vorzüglich die Leförderuny des Rlofterlebens nach der Benediktiner Regel angelegen seyn. Durch seine Anempfehlung kam cs auch dahin, daß der Benediktiner Orden mit der Zeit der allgemeine Mönchsorden im gan¬ zen Occident geworden ist. Der Stifter dieses Ordens war Benedict von Nursia in der ersten Halste dev se )s- ten Jahrhunderts. Nach dessen Vorschrift sollten sich die Mönche theils mit dem Gottesdienst , theils mit dem Ackerbau und andern Handarbeiten, theils mit den Wis¬ senschaften abgeben. Dadurch geschah es, daß die Be¬ nediktiner Mönche grossen Einfluß auf die Eultur der Lander und die Wissenschaften hatten. Sie haben sich in wüste Gegenden gezogen, und selbe durch ihren Fleiß urbar gemacht. Auch haben sie die Leute die nöthigen Handwerke zu treiben gelehret. Die schwachem Brüder, für welche die Handarbeiten zu schwer waren, beschäftig¬ ten sich mit dem Unterrichte der Jugend, nüt »s- zelch- !?2 zerchmmg der Weltbegebenheiten und Abschreibung der Bücher. Waren diese Mönche keine so fleißigen Chroni¬ kenverfasser und Bücherabschreiber gewesen , so würden wir von der Geschichte der alten Zeilen wenig wissen, und die klassische Litteratur wäre ganz zu Grunde ge¬ gangen. Aus den schätzbaren Werken, welche uns die Benedietiner hinterlassen haben, hat sich Europa über seinen alten Zustand aufgeklärt, und durch die von ihnen verfertigten Abschriften sind uns die alten lateinischen Classiker erhalten worden. Außer diesem ließen sich die Benedietiner Ordens - leute auch zur Verbreitung deS Christenthums gebrau¬ chen, So schickte Gregor I. den Benedietiner Mönch Augustin mit 40 Gehülfen nach England, um durch ihn die christliche Religion und die Gebräuche der römi¬ schen Kirche dort einzuführen. England ist auf solche Art das Seminarium geworden, aus dem wir bald Bekeh¬ rer und Miffionarien nach Teutschland werden herüber kommen sehen. Diese Miffionqrien haben mit dein Christenthnm auch einige Religlonslehren und RircheuernrichtunFen nach Teutschland gebracht, von denen unser Verfasser behaup¬ tet , daß sie von Gregor dem Grossen zuerst gäng unb gäbe gemacht worden sind. Dahin rechnet er 1) die Begriffe von den Vorzügen des römischen Bischof» verändern. Gregor l., sagt Pütter, bekam einen Rangstreit mit dem Patriarchen von Coustantinope!, Jo¬ han» Iejunator. Der Bischof des nenen Roms wollte dem Bischöfe des alten Roms Vorgehen. Johann leg^ sich den Titel eines ökumenischen Bischofs bcy. Er glaub- »7Z glaubte dazu berechtiget zu seyn, weil nun die Stadt Constantinopel die erste und vornehmste Stadt deö gan¬ zen römischen Reichs geworden war- Gregor eiferte sehr stark dagegen. Er nannte diesen Titel einen gottlosen , antichrisilichen und teuflischen Titel, und nahm hingegen den demürhiger klingenden Titel äervns sorvorum Osi an, wodurch einstweilen , ohne sich einer Gottlosigkeit schuldig zu machen, die Rechte der römischen Kirche ver: wahrt wurden, bis endlich Bonifaz lll. im I. 607 vsm Kaiser Phoeas den Ausspruch erhielt, daß die römische Kirche als euput omniu n eoclslmrum angesehen wer¬ den sollte. Von dieser Zeit leiret unser Verfasser den entschiedenen Vorzug des römischen Bischofs vor allen andern, und den Ursprung des PapstthumS her. L) Die Einführung der M^sse, wodurch der Gottesdienst eine ganz andere Gestalt bekommen haben soll. Die Leh¬ re vom Fegfeuer, die nach unsers Verfassers Meinung wieder eine Menge anderer neuen Lehrsätze von Anru¬ fung der Heiligen, von Verehrung ihrer Reliquien, und von Seelenmessen zur Folge gehabt hat ; denn da man das Fegfeuer als einen Mittrlzustand zwischen Him¬ mel und Höste darstellte , aus dem noch eine Erlösung Zn hoffen wäre; so ließen sich, sagt er, fromme Leute jeden Fingerzeig gerne gefallen, wie Gott zu bewegen Ware, dm leidenden Seelen in Fegfeuer ihre Reini- gungvzeir abznkürzm. Man fieng also an, die Heili¬ gen als Freunde Gottes, um ihre Fürsprache bey dem¬ selben anzurufen, und um sich selbe geneigt zu machen, 'ne Religuien in Ehren zu halten , nnd zur Aufbewah¬ rung und Verehrung dieser Ueberreste nach den Nahmen el -Oeil.geu Kirchen zu erbauen. Da man zugleich schon gewohnt war, die Geistlichen als Dimer Gottes zu be¬ trach- 174 trachten - und nun auch der Glaube dazu kam, daß sie in der Messe durch ihre Hände Gott das angenehmste Opfer brächten, so ward der fernere Schritt ganz leicht, solche Opfer für die abgeschiedenen Seelen bey ihnen zu bestellen. Und so soll der Weg zu den so genannten See¬ lenmessen für Verstorbene gebahnt worden seyn. 4) Die Meinung von der Verdienstlichkeit der guten Werke, die man jetzt an die Stelle der vorher üblichen öffentli¬ chen Bußübungen nach und nach treten ließ, um Verge¬ bung der Sünden bey Gott zu erhalten. Als derglei¬ chen gute Werke galten gewisse Gebete, Faste», Wall¬ fahrten, Almosen geben, besonders aber Schenkungen und Vermächtnisse an geistliche Personen, Kirchen und Klöster. Alles dieses, setzt Pütter hinzu, konnte um so leichter durchgesetzt werden, weil man es bereits dahin zu bringen gewußt hat, daß Z) die Loncilienschlüsse Ye» Vorschriften der Bibel am Ansehen gleichgehalten , und die Decretalbricfe der römischen Bischöfe , die sie auf Anfrage und zur Belehrung anderer über Gegenstän¬ de der Kirchendisciplin schrieben, den Concilienschlüsseu an die Seite gesetzt wurden , wie dann schon ums Ä- L27 Dyonisius Criguus eine Sammlung herauSgab, worin beyde letzteren neben einander zu stehen kamen. Einen Katholiken wird es wohl nicht nöthig sey" erst darauf aufmerksam zu machen, daß dieß keine ka¬ tholischen Grundsätze sind. Pütter redet hier als Prote¬ stant nach protestantischen Begriffen über die genannte" Gegenstände. Wir mußten selbe nach seiner Anleitung historisch auseinander setzen , weil in der neuern Ge¬ schichte einige Kenntniß des evangelischen Religionssi)- stems unentbehrlich ist. Die Berichtigung dieser Behaupt tun- -75 tungen gehört in die theologischen Wissenschaften. Wir wollen nm einige historische Ermuerun§en dagegen anführen. Vom Papstthum, wie man dieses Wort ge¬ meiniglich für eine uneingeschränkte Macht des römi¬ schen Bischofs über alles Geistliche und Weltliche nimmt, war im t ten und zu Anfang des -ten Jahrhunderts noch gar kein Gedanken. Um selbes zu gründen, mußte erst ein Gregor VL1. kommen. Daß aber die römische Kirche schon lang vor Gregor I. als die erste angesehen worden sey, ist schon daraus offenbar, daß Rom der ursprüngliche Sitz des Kaiserthums und die Hauptstadt des römischen Reichs war. Es ward auch schon auf der ersten constan- tinopoUtanischen Kirchenversammlung vom I. Z8» ver¬ ordnet, daß der Bischof von (Konstantinopel nach dem römischen den Rang haben soll. Endlich ist das Deere! des Kaisers Phocas selbst nicht über allen Zweifel er¬ hoben. Im I. 1785 har Professor Lorenz in Straßburg in einer Schrift unter dem Titel: Kxamen äocrotilmx. VbvoL einigen Verdacht dagegen erregt. In Rücksicht der Messe ist nur so viel wahr, daß Gregor l. sie auf den Fuß, auf dem sie größtentheils noch heut zu Tage gehalten wird , gesetzt, und die Feyerlichkeiten und Ceremo- nien dabey vermehret habe; nicht aber daß sie eine ganz neue Erfindnng von ihm sey. Eben so findet man auch von den übrigen Dingen schon vor Gregor l. Spuhren. Wenn diese auch nicht so deutlich sind, als unter Gre¬ gor , so mag die Ursache davon meistens darin liegen, daß von keinem der vorhergehenden Papste so viele De- cretalbriefe vorhanden sind, als von ihm. In 176 In der fränkischen Rieche zeigen sich zu dieser Zeit schon unerwartete Folgen derFreygebigkeirzu mil¬ den Stiftungen und des Ansehens der Geistlichkeit. Manche Könige und Grossen, und das Volk glaubte kein verdienstlicheres Werk rhun zu können, als wenn sie die Kirchen und Geistlichkeit bereicherten. Ganze Landereyen wurden ihnen geschenkt, und dabey immer der Beweg- gründ angeführt, um auf solche Art Verzeihung der Sünden bey Gott zu bewirken. Ein Beyspiel davon führt unser Verfasser aus dem Gregorius Turonensis an: „Lc> anno (L82) , sagt dieser , (lluoäinua odiic, vir mutzniÜLL bouimcis et pietmis, eleemolzmarius valile, xrotluus ärlator eccleliarum , clericornmgue mttritor. lXam Kexe a novo funclana villu8, xoneus vinegs, Lclilleans äomv8, eulturas erizen? , vocatis ex>ikcoxis, «zuorum erat xarva facultas, äato ez>u!t> iptiiL clomos, cum cultoribus L culturis , cum St- ^ento, xerilkomatibus, utensililniz, mimliris e>^ gebigkeit war, daß der königliche Fiscus arm, und al¬ les Ansehen den Bischöfen zu Theil wurde, worüber s>^ schon König Childerich bitter beklagt, „^clmc xlsrumijue: Lcre irrKor, eccs r/s i77 t!-« /rrnt / Nttür s>e»itur »r/r /o!r e^>r/eo^r rs^usnt/ />errt öcuror iro^er, tranFiatur e^>i/co^o/ eiuitatum." So führt ihn Gregor von TvurS redend an, und setzt hinzu: ,, uzens uilräus testamentu , «zuso in eeelelius eonßeriyka erent, rmngus äisrupir " ; vergißt aber dabey nicht, dem Le¬ ser schon im voraus das Unheil an die Hand zu geben, das er über einen solchen König Z» fällen habe, daß nämlich derselbe ein Mann sey ,, nullum zstu; oßin bu¬ bens, gnam eccleliu^." Das Ansehen der Bischöfe er: hellet auch aus einer,Verordnung Chlotars I. vom I. 560, worin es heißt, daß in Abwesenheit des Königs der Bischof einen Richter, der Jemand ungerecht verur- theilen würde, bestrafen, und das, was ungerecht ge- urtheilet worden, verbessern sollte. ß- 24. Dagoberts I. Sohne und weitere Nachkommen bis zum Tode Vc6 Mazvr VomuS Pipm von Horstall vom I. 6zst, bis 714. ( ?6 Jahre.) Dagobert l., der bis zum I. 638 regieret hatte, hinterließ zwey umnündige Söhne, Siegebert ltl. und Chlodwig sl. Siegebert behielt Austrasien, das ihm der Vater schon im I. 63z nach dem Wunsche der Au- strasier eingeraumt; Chlodwig aber bekam Neustrien und Burgund. Bey Siegebert war Ptpin von Landis als Major d^mus «»gestellt; bey Chlodwig Egga, und nach dessen Tode Erchinoald. Das Ansehen der Ma¬ jorum domus, besonders in Australien, war bey der Minderjährigkeit dieser Prinzen bereits so hoch gestiegen. l/8 daß eö Plpins Sohn Grimoald wagte, nach dem Tode Siegeberts im I. 65; mir Entfernung dessen Sohns Da- goberts II. nach Jrrland seinen eigenen Sohn Childebert auf den ansirasischen Thron zu erheben. .Dieser Versuch, die Merovinger zu verdrängen, ist jedoch jetzt noch mi߬ lungen. Grimoald geriech durch Verrätherey in Chlod¬ wigs ll. Gefangenschaft, der ihn umS Leden bringen ließ, und sich in den Besitz von Austrasien setzte- Vo« dem Schicksale des. Afterkönigs Childeberr findet man weiter keine Nachricht. Vermuthlich har ihn ein gleiches Loos getroffen , als seinen Vater. Chlodwig II., der die ganze Monarchie wieder vereiniget halte, starb schon im I. o;5. Er hatte zwar drey Sohne; es folgte ihm aber Anfangs nur der älte¬ ste Chlotar III.; doch mußte dieser bald seinem Bruder Childerich ll. Austrasien überlassen, weil die Austräger einen eigenen König haben wollten, und es blieb ilM »mr Neustrien und Burgund. Als hernach Chlotar Hl- im I. 670 mit Tode abgieng, wollte seur Major donms Ebroin eigenmächtig, ohne Anrheiluehmung der Grossen, dessen jüngsten Bruder Thevdvrich III. zum Könige von Neustrien und Burgund machen. Allein die Grossen, da¬ durch aufgebracht, hiengen sich an den König von Au¬ strasien Childerich II. und halfen ihm zur Besitznehmung von Neustrien und Burgund. Theodorich und Ebroin mußten ins Kloster wandern. Bey dieser abermahlige" Wiedervereinigung der ganzen Monarchie mußte «bet Childerich II. versprechen, daß er dessen ungeachtet je¬ dem der drey Reiche seinen besondere! Major -oM^ lassen wolle; denn durch die vielen Theilungen wäre" Austrasien, Neusirien und Burgund schon gewohnt wor¬ den. 179 den, sich als selbstständige Staaten, und die Stelle eines Major dvmus so gut, wie die königliche Würde, als einen Theil ihrer Verfassung, nicht mehr als ein Amt» welches der König zu vergeben hätte, zu betrachten. Jedes Reich wollte daher, wenn es apch mit dem an¬ dern unter einen König kam, einen eigenen Major do- was haben. Ohnehin hatten die Könige jetzt nichts wehr, und die Majores dvmus alles zn sagen. Den Königen ließ man nur den Nahmen und die Ehre, den Fürsten zu spielen. Die ganze Staatsverwaltung aber führten die Majores dvmus. Siegebert von Gemblvurs beschreibt die dawahkige Beschäftigung der Rönige folgendermassen : „ Keomi xoteiniu llisponebuwr per insjores äomui>, rezibns solo nomine regnanribiw, rpribus moriz erac principgri «pridem ftcunäum Ze- nus L nil gßere vel clizponere, ^usm irrstionobi- Uker eclere ver¬ mehrte sein Ansehen auch noch dadurch, daß er häufig und mit gutem Erfolge zu Gesandtschaften und Unter¬ handlungen gebraucht wurde. Das alte Ansehen^ er 188 Römer war aber gänzlich dahin. Das , was sic jetzt noch halte», entlehnten sie von den Apostelfürsten. Bey dieser Schwäche der Griechen in Italien, nnd bey dieser Verfassung der Römer konnten beyde sehr leicht mit einander in Uneinigkeit gerathen. Dieses geschah auch bald. Die Griechen siengen den Bilderstreit an. Der Kaiser Leo Jsauricus wollte die Bilder aus den Kirchen verbannt wissen. Der Papst sah die Bilderstür¬ mer als Ketzer an, und brachte ganz Italien gegen den Kaiser auf. Der Kaiser sperrte darüber der römischen Kirche ihre Einkünfte, die sie aus Sieilien, Calabrien und andern Provinzen bezog. Der Papst hingegen bere¬ dete die Römer, den Griechen den bisherigen Tribut nicht mehr zu bezahlen. Diese Abneigung der Italiäner gegen die Griechen benutzte der lonyobardische König Luilprand. Er nahm den Griechen das Erarchat ab. Obwohl die Römer den Griechen nichts Gutes wünschten, so konnten sie doch auch gegen die Fortichritte der Longobarden nicht gleichgültig seyn; denn sie sahen wohl ein, daß, wenn die Longo¬ barden einmahl die Griechen ganz werden verdrängt ha¬ ben, auch Rom vor ihnen nicht sicher seyn werde. Und zuletzt wollten sie doch lieber unter den Griechen, denen sie nur soviel gehorchten, als sie wollten, stehen , als unter den Longobarden , die in der Nahe ihre ganze Starke beysammen hatten, und im Stande waren, ihre Oberherrschaft nachdrücklicher Handzuhaben. Aus dieser Ursache forderte der Papst die Venetianer auf, daß fie den Griechen zur Wiedereroberung von Ravenna Beystaub leisteten. Die Longobarden mußten nvthwendig dadurch gegen »89 gegen die Römer gereizt werden. Die wechselseitige Ab¬ neigung der Römer und Longobarden brach auch endlich in offenbare Feindschaft aus. Die Gelegenheit dazu ga¬ ben die Römer selbst. Der longobardische Herzog Thras'mund von Spv- leto harte gegen seinen König Lnitprand eine Rebellion angefangen, wurde aber von diesen bald in die Enge ge¬ trieben. Er flüchtete sich im I. 7'Zy nach Rom , wo ihn weder der Papst Gregor lii. , »och dec damahlige römisch- Patricius und Herzog Stephan, noch die Häup¬ ter der römischen Miliz ausliefern wollten. Daher siel Lnitprand selbst in das römische Herzvglhum ein, nahm verschiedene Städte weg, und streifte bis vor Rom. In dieser Verlegenheit nahm der Papst seine Zuflucht zum fränkischen Major domus Karl Martell, und trug ihm das römische patricrac an, um die Stadt Rom und die römische Kirche in Schntz zu nehmen. So schmeichel¬ haft dieses für Karl Martell seyn mochte, so glaubte er doch dabey sehr behutsam zu Werke gehen zu müssen. Es war eine bedenkliche Sache, sich zu einer Zeit mit dem Kriegsherr zu entfernen, wo es noch so viele Misver- gnügte gab, die in seiner Abwesenheit einen Aufstand er- tegen, und ihn um die Früchte seiner bisherigen Arbei¬ ten bringen konnten. Es mußte ihm auch schwer fallen, den longobardische» König Lnitprand, der ihm gegen die Saracenen Beystand geleistet hatte, mit Krieg zu über¬ ziehen. Die Sache der Römer schien ihm vielleicht selbst nicht die gerechteste zu seyn. Indessen würde doch wahr¬ scheinlich etwas ans dem Handel geworden seyn , wenn nicht sowohl Karl Martell als Gregor Hl. bald nach einander gestorben wären. Die Römer waren nun sich selbst !92 selbst überlassen. Sie wußten sich aber doch zu helfen» Gregors III. Nachfolger Zacharias gieng selbst zum Luit- prand. Der König vergaß ganz, daß ein Römer zu ihm kam. Er empfieng den Papst mit der größten Hoch¬ achtung , versprach alles zurückzugeben, was er dem römischen Herzogthnm und der römischen Kirche abgenom¬ men hatte, und setzte es auch sogleich in Erfüllung. Bis zum Jahr 7^7 führten noch immer merovin- gische Prinzen den Titel eines Königs bey der fränkischen Nation. Als aber in diesem Jahr Theodorich IV. starb, wollte Karl Martell die Nation auch von den geringen Ueberbleibseln des königlichen Ansehens der Merovinger nach und nach entwöhnen. Er ließ daher den Thron selbst dem Nahmen nach unbesetzt, und regierte ohne König als Dux und srinceps I'ranLvruin das Reich bis an sein Ende, das im I. 741 erfolgte. §. -s. Karl Martells Söhne Karlmann und > Pipi« der Kleine vom I. 741. bis 747» ( 6 Jahre ) Nach dem Tode Karl Martells checkten sich seine zwey Söhne Karlmann und PPj„ der Kleine als Duce« und tcki'>Lij)e8 ick- inevlum in die fränkischen Länder. Je¬ ner bekam Australien, dieser Neustrien. Es entstände" aber neue Empörungen in den Provinzen Aquitanien / Alemannien und Bayern, die sich nicht von den Mossr'- buS domus wollten beherrschen lassen. Beyde Brüder sahen sahen sich daher genöthiget, aufs neue einen Prinzen ans dem mcroviugischen Geschlechte, Lhil-erich ll!- , einen Sohn EhilperichS H. Zur Parade auf den Thron zu se- Zen. Dadurch und durch die Waffen brachten sie alles wieder zur Ruhe. Uebrigens beobachteten sie die Politik ihrer Vorfahren, daß sie die Kirche beschützten. Rarlmann insonderheit nahm viele wichtige Ein¬ richtungen irn Vicchenstaale vor. Er hielt zwey Kür chenversammlungen , eine im I. 742 an einem unbe¬ kannten Orte, die andere im I. 74z astml Irminas unweit von Cambray, in welchen verschiedene Verfügun¬ gen zur Aufnahme der Kirche» und Klöster getroffen wur¬ den. Merkwürdig ist es , das; Karlmann beyde diese Concilien selbst znsammenberufen hat, nm den Rach der Bischöfe und Priester einzuhohlen, wie das Gesetz Gottes und die verfallene Kirchenzucht wieder hergestellt werden konnten. Die Synvdalschlüsse wurden auch m seinem Nahmen verkündiget, und er wirb selbst darin redend eingeführt. In der ersten Kirchenversammlung ordnete Karlmannn in den Städten Bischöfe an , "nd setzte über selbe den Bonifaz zum Erzbischof. Er befahl jährlich eine Synode zu halten, um in feinet Gegenwart an der Herstellung der Kirchcngesetze und Rechte , und an der Verbesserung der christlichen Religion zu arbeiten. Er verbot den Geistlichen die Waffen zu kragen, und sich mir der Jagd adzugeben. Die Priester in den Pfar¬ ren sollten ihren, Bischöfe gehorsam seyn. Den Bischöfen und Grafen trug er auf Zu sorgen, daß das Volk keine heidnischen Gebräuche beobachte, und das; die Mönche und Nonnen nach der Regel deS heiligen BenedictS le¬ ben. Die den Kirchen entzogenenen Güter verordnete den- IZ2 denselben zurückzustellen. Diese Schlüsse wurden in der zweyten Synode bestätiget. Nur in Ansehung des letz¬ ten Puncrö sagte Karlmann, daß er wegen der bevor¬ stehenden Kriege und Verfolgungen der umherwohuenden Völker einen Theil der Kirchengüter noch eine Zeitlang, aber nicht als Eigenthum, sonderir als ein PrecariuM gegen Entrichtung eines jährlichen Zinses zum Behuf sei¬ nes Kriegshecres behalten wolle. Diese Verordnung iss dadurch veranlaßt worden. Karl Marrell, der so viele Kriege zu führen hatte, machte sich kein Gewissen dar¬ aus, die überflüssigen Kirchengüter seinen Vasallen als Pfründen zu verleihen. Der Geistlichkeit war dieses, wie leicht zu erachten ist, gar nicht recht. Sie setzte alles in Bewegung, um die Kirchengüter zurückzubekommeu- Der heilige Eucherius, Bsichof von Orleans > sah in ei¬ ner Entzückung den Karl Martell in der Hölle, und ein erschienener Engel zeigte dem betroffenen Bischof die Ur¬ sache davon an, die darin bestand, daß Karl die Güter der Heiligen den Laye,r gegeben habe. Weil aber die nämlichen Umstände auch unter Karlmann fortdauerten, so konnten die Geistlichen ihre Absicht nicht ganz erreiche«' Uebcrdieß unterstützte Karlmann den Erzbisch^ Lonifa; auf alle mögliche Weise , so daß dieser niclss nur drey neue Bisthümer zu Würzburg, Eichstädt «^ Büraburg unweit Fritzlar, so aber bald wieder eilige gangen, zu Stand brachte, sondern auch im I. 744 wichtige Abtey Fulda, das nachherige Seminarium ler guten Bischöfe und Geistlichen für Teutschland , er¬ richtete, und im Jahr 74.L seinen erzbischöflichen Sitz ä" Mapnz feststellte. Bonifaz ist gewiß ein um Teutschl«".^ sehr verdienter Mann. Seinem Enthusiasmus und ss'- „er »93 «er Standhaftigkeit haben wir es zu verdanken, haß die christliche Religiou in Teutschland eingeführt wurde. Diese trug daun vieles zur Cultur unseres Vaterlandes bey; denn die. Mönche und Missionarien, die aus Bo- «ifazenS Schule kamen, haben nicht nur die christliche Religion geprediget, sondern auch die Erde zu bauen ge: lehret, die nöthigen Handwerke und Künste gemeiner gemacht, und einige Wissenschaften verbreitet. Anderer¬ seits aber ist es zu bcdauren, daß Bonifaz zu sehr an dem römischen Bischöfe Hieng , und zum Nachtheil der folgenden Zeiten zu sehr das Papstthum beförderte. Karlmann hat sich nach und nach so sehr in das Geist¬ liche vertieft, daß er zuletzt im I- /47 selbst mS Klo¬ ster gieng. 8- 2/. Pipin der Kleine allein, und dessen Erhebung auf den Thron vom 1.747 bis 752, (5 Jahre). Nachdem Karlmann der Regierung entsagt hatte, blieb Pipi» der Kleine allein Herzog und Fürst der Frau¬ ken. Und nun kam die Zeit der grossen Revolution welche die merovingische Familie um Krone und Seeprer dringen sollte. Der Familie der Majvrum domus konn¬ te es freylich ziemlich gleichgültig seyn, einen Schatten- konig neben sich' zu haben, der nichts zu sagen hatte. Allein es konnte einmahl unter den Mervvmgern ein Prinz von Entschlossenheit und Talent ausstehei, der die königliche Macht zurückgeforderc, und die Familie des Pipin von Landis gestürzt hätte. Die Narion glanb- ohnehin noch immer, daß die Negierung den Mero- N vin- ry4 hingertt gehöre. Es Wae also den Majoribus donms daran gelegen, dieser Gefahr vorzubeugen, und die Me- rovinger ganz wegzubringen. Alles war dazu schon vor¬ bereitet. Die Majvres domus haben sich um die Kir¬ che sehr verdient gemacht, und hatten die Geistlichkeit auf ihrer Seite. Die Sache konnte also leicht mit dein Lberhaupte derselben, dem Erzbischöfe Bonifaz, ausge¬ macht werden. Bonifaz mußte die übrigen Geistlichen, und durch diese die Nation zu Pipins Absicht stimmen. Nur eine Bedenklichkeit war noch. Die Nation hat Chlodwigen und dessen Nachkommen die Treue geschwo¬ ren» Es schien Gewissenssache zu seyn, von dem mero- vingischcn Stamme abzugehen. Aber auch dieser Scrn- pel konnte leicht gehoben werden. Bonifaz hatte die Na¬ tion schon gewohnt, in wichtigen Fällen, besonders in Gewisscnssachen, sich zu Rom Raths zu erhohlen. Es wurde also, um recht sicher darein zu gehen, auch jetzt eine Gesandtschaft an den Papst Zacharias abgeschickt, mit der Frage: ob man denjenigen König nennen müsse, der unthatig zu Hause sitze, oder denjenigen, der die Sorge des ganzen Reichs und die Last aller Geschäfte trage? Die Frage war sehr politisch und fein gestellt- Die wahre Frage wäre gewesen: ob es gerecht sey, den Königen, denen man bereits alle Macht genommen und die man bisher in Unrhätigkeit erhalten hat, auch den Nahmen zu nehmen? Allein so tief gieng man in die Sache nicht ein. Der Papst hatte alle politischen Grün¬ de für sich, sein theologisch - juridisches Gutachten ft' wie es Pipin wünschte, zu geben. Denn Pipin ">ar mächtig und furchtbar. Von ihm konnte der Papst ft gegen die Longobarden, Saracenen und Grieche" er¬ warten. Er hatte das Christenrhum und das Ansehen des I9Z bes Papstes schon sehr befördert, und konnte es in In-- kunst noch mehr thun. Das Consilium laurete daher r „Neliuz L uüliu8 libi vicleri, m ille R-i-x nominars- tur L etlec, ^ui xoceKatvin in ro^no ba tjnain illo, Hui salso Rex sppel nkarnr. " Nachdem dieses Gutachten von Rom angekommen war- wurde im I. 7Z2 zu Svissons ein Reichstay gehalten, Childench HI. und sein Sohn mußten in das Kloster wandern, und Pipin wurde zum Könige erklärt. Bonifaz salb re und krönte darauf den neuen König. Es scheint, rtian habe diese Ceremonie des alten Testaments angewandt- nm das - was geschehen war- mit der Religion in Verbin¬ dung zu bringen- und den König Pipiri in den Augen des Volks noch ehrwürdiger und unverletzbarer zu ma¬ chen , damit nicht vielleicht ihn, dder einen seiner Nach» kommen- mit der Zeit ein ähnliches Schicksal treffe, als jetzt durch sein Zuthun den Merovingern begegnet ist. Man siebt aus dieser ganzen Begebenheit, daß ungeläu¬ terte Religionsbegriffe eben sowohl gebraucht werden kön¬ nen, Könige von ihren Thronen zu stürzen, als sie dar¬ auf zu befestigen- Auf solchs Art wurde der Merovinger Stamm von einer Ministerfamilie entthront. Der Papst Gregor VIl. betrachtete die Sache aus einem andern Gesichtspunkte. Er sagte, Zacharias habe den Childench abgesetzt, und den Pipin auf den Thron erhoben. Und darauf gründet« rr sein Recht - Kaiser und Könige abzusetzen. Allein diese Vorstellung ist ganz falsch. Papst Zacharias hat nicht» anders gethan, als sein Gutachten über eine ihm vorge¬ legte Gewiffeussache gegeben. Ware dieses auch nicht so N s lar 196 lar ausgefallen, so würde doch wahrscheinlich, die einmahl beschlossene Sraatsveranderung vor sich gegangen seyn. Nach dieser Revolution hörte, wie es sich von selbst versteht, die bisherige Ehrenstelle des Major domus an dem neuen königlichen Hofe, wie auch der Titel: ÜnX L krincepz b'rancornm auf. Im übrigen blieb es bey der vorigen ReichsverfassunF. Unter andern behielten auch die Reichsversammlungen ihren Fortgang, die bis¬ her jährlich im Marz, in der folgenden Zeit nur etwas spater im May gehalten wurden. ui. Haupt- 197 m. Haupt stück. Von den Karolingern vom I. 752 bis 888« (lz6Jahre.) Als Quellen der karolingischen Geschichte dienen die druuLorum Nerenlbs, i>ss2grlLui, Tiliu- ui, kuläentes, üsrcinignj, r>oilslisni, l^amdscciu- ui; LZinbsicli vicu Erroll ; istoekL Luxonis unnu- Is8 Euroli N.; Ichexuni-vilu Imclovisi pii; Lrmoläi I^i^sIIi äs rebu8 ^estl8 I.uäovici pü cürmsn elezia- cum; iXicIiuibu8 stliorum I^uäovici k"; Idkeziuom8 cbromcon bis zum I. ^07. rc. §. 28. Plpin als König vom F. 7L2 bis 768. 24. Sept. d6 Jahre.) «v?m I. >7^.^ besuchte der Papst Stephan II. selbst den König Pipi« in Frankreich, salbte ihn von neuem, und bewog ih» , de« Titel patrrmus der Römer anzuneh- wen, und gegen den longobardischen König Aiftulf zu Felde zu ziehen, der eben Ravenna wieder erobert, und dem dortigen Erarchate ein Ende gemacht hatte, und nun damit umqieng, sich Rom selbst zu unterwerfen. Es war aber z« besorgen, daß in der Abwesenheit Pipins ein Aufruhr entstehen möchte, der ihn wieder vom Throne stos- lyS stoffen könnte. Daher mußte der Papst den Franken mit per Ercommunicatiog drohen, wenn sie sich beyfallen lassen würden, pon der Familie Pipins abzugehen. Pi- pin zog dann zwepmahl nach Italien, und zwang den König Aistulf, das Erarchat abzutreteu. Dieses wurde Aber nicht mehr den vprigen Herren, nämlich den grie¬ chischen Kaisern, zurückgestellet, sondern Pipin schenkte es dem heiligen Peter, der römischen Kirche, und, wie einige Annalisten noch hmzusetzen, der römischen Re¬ publik. Die Schenkung selbst ist gewiß ; aber die Schen¬ kungsurkunde picht mehr vorhanden. In der zweyte» Hälfte des (/en Jahrhunderts soll sie sich nach Jeugniß des Bibliothekars Anastasius noch in dem kölnischen Ar¬ chive befunden haben. Dcßwegen weiß man auch nicht < was eigentlich geschenkt worden sev. Diese Schenkung, wenn sie auch nicht der Grund der weltlichen Herr¬ schaft ° s Papstes im mittleren Italien gewesen ist, war doch der Vorwand, selbe mis der Zeit an sich zu reißen. Im fränkische,, Reiche selbst siel es noch mehrern Grossen schwer, einem König zu gehorchen, der noch kurz .orhe» ihres Gleichen war, dessen Familie vielleicht der ihrigen an Wurde der Herkunft nicht einmahl gleich kam. Es entstanden Bewegungen in Aguitanien und »Bayern, Allein Pipin wußte durch seinen grossen Geist nicht nur dieselben zu dampftu, sondern auch die Sach" sen in ihren Unternehmungen zurückzuhalten, ja sogar einen Theil derselben zum Versprechen eiires Tributs Zsi bringest. tz. 2A' 29. ry9 Pipins Söhne Karl und Karlmann vom F. 768. 24. Sept, bis 77«. 4. Dec- (3 Jahre.) Nach dem Tode Pipins im I. 7^8 «heilten seine beyden Söhne Karl und Karlmann die fränkische Mo¬ narchie unter sich. Sie lebten aber in keinem guten Ver¬ nehmen mir einander. Ihre Mutter drang darauf, daß einer von ihnen die Tochter des longvbardischen Königs Desiderius heurathen sollte. Dieses war gerade der Ab¬ sicht des Papstes entgegen, der die Franken gegen die Longobarden benutzen wollte. Stephan Ili. setzte sich also diesem Vorhaben entgegen, und schimpfte in einem an die beyden fränkischen Prinzen erlassenen Briefe ent¬ setzlich gegen die Longobarden. Er nennt ein solches Vorhaben cliabolicam immistlonem. Die Heurath selbst ist ihm „non kam matrimonii conjunälio, teä con- kortinm ne^uilliiNL aäinnencioni!? , llerellauile -chominabile contg^ium," Die Longobarden bekamen den Titel: „porstrla ac koetencilliuw. l^onKobarclornm Sons, gu« in numero gentium non computütnr, »le ^njus nsrione n der Tapferkeit beyder Nationen. Die Eroberung der Lowbardey veranlaßte hernach Karin noch zu mehreren Zügen nach Italien. Schon im I. 776 mußte er we¬ gen Empörung der Herzoge von Friaul , Spoletv und Venevent, die sich mir den Griechen, und mit dem Z" den letzter» geflüchteten Sohne des Desiderius, Adal- gis, verbunden hatten, aufs neue nach Italien ge¬ hen. Er brachte wieder alles zur Unterwürfigkeit , n"d machte seitdem neue Einrichtungen unter den Longo- bacden. Unter andern gab er ihnen fränkische Herren zu Statthaltern, um sie durch selbe leichter im Gehor¬ sam zn erhalten. Im I. 777 hielt Karl eine Generalversammlung zu Paderborn, wozu auch die Sachsen beschieden w»r- den. Hier wurde er durch einen Sc-such des sarace"'- sch?n Statthalters von Sarayossa Ib.nalarabi U»d dessen Sohnes überraschet. Diese suchten bey ihm Dey- LSZ Beystand gegen Ken saracenischen König Abdorahman von Cordua an, von dem sie anS ihrer Statthalterschaft ver¬ trieben wurden. Karl ließ diese Gelegenheit , neue Er¬ oberungen zu machen, nicht außer Acht. Er drang gleich 'm folgenden Jahre 778 über die pyrenaischen Gebirge m Spanien ein, bemächtigte sich verschiedener Städte, 6'eng sogar über den Fluß Ebro, eroberte Saragossa und setzte dort den Jbinalarabi wieder ein; behielt aber den Strich Landes bis an den Ebro für sich , wo ibm die dortigen Araber die Huldigung leisten mußten. Die¬ ser Theil von Spanien, der auf solche Art zu einer frän¬ kischen Provinz gemacht wurde, bekam hernach den Nah¬ men IVlarci» üttPsuicn. Bey dem Rückzüge wurdejedoch Karin der Nachtrab seines Heeres von den Basken, den ursprünglichen Bewohnern der pyrenaischen Gebirge, fast ganz zu Grunde gerichtet Dabey kam auch der tapfere Roland um, den hernach Ariost so schön besun¬ gen hat. Indessen hatte der sächsische Rney immer feinen Fortgang. Einzelne Stamme wurden zwar öfters zur Un¬ terwerfung gebracht, und Karl, um sich ihres Gehor¬ sams zu versichern, ließ sich von ihnen Geisel geben, und versprechen, daß sie im Falle einer Untreue Freyheit und Güter verlieren wollten. Allein dieses Mittel half wenig. Der Hauptanführer der Sachsen Wittekind wußte im¬ mer von neuem die Freyheitsliebe seiner Landsleute an¬ zufachen. Bald fielen die Besiegten wieder ab , bald siengen neue Stamme den Krieg an. Karl, welcher sah, daß es auf solche Art nicht gehe, schlug nun einen an¬ dern Weg ein. Er beschloß di« Sachsen zum Lhcisten- thum zu zwingen; den» er glaubte, die christliche Relr- gion 2o6 gion, die mit der Zeit schon auch in den Herzen der Sachsen Wurzel fassen werde, fty allein int Stande, die Sitten der Sachsen zu mildern, selbe mit den Sitte» der Franken übereinstimmender zu machen, nnd die säch¬ sische Verfassung, die mit der Religio» verbunden war, umzustürzen. Daher muß man sich die gewaltsame Tau¬ fe erklären, die Karl gewiß nicht für ein dem Geiste des Evangeliums entsprechendes und zur ewigen Glückselig¬ keit führendes, sondern bloß für ein politisches Mittel ansah, die Rohheit nnd Unbändigkeit der Sachsen zu be¬ zähmen, und denselben durch fränkische Geistliche mehr Aunelgung gegen sich einzufloßen. Ein anderes Mittel, dessen sich Karl gebrauchte, war, daß er, wenn sich ibtti ein Stamm unterwarf, demselben Statthalter von der sächsischen Nation selbst gab. Dadurch dachte er nicht nur den Sachsen feine Herrschaft angenehmer zu mache», sondern auch die sächsischen Grossen durch Interesse a»f seine Seile zu ziehen. Es schien auch, Karl habe a»f diese Weise seine Absicht erreicht; denn die Sachsen ver¬ hielten sich ruhig, und dienten ihm sogar gegen andere Feinde. Dieses machte Karl« so sicher, daß er im 3' 782 ein kleines fränkisches Heer in Sachsen eimücke» ließ, welches durch die Sachsen verstärkt, gegen die Wen¬ den, die in Thüringen eingefallen waren, ziehen sollte Allein die Sachsen glaubten, diesen günstigen Zeitpunkt dazu benützen zu müssen, um ihre Freyheit wieder erlangen. Sie fielen über das kleine Heer der Franke» her, und rieben es fast ganz auf. Karl wurde dadurch so sehr in Erbitterung gesetzt, daß er unverzüglich "" einer grossen Macht in das Land der Sachsen eindrang > die Vornehmsten der Nation zusammenberief, und die Urheber der Meuterey eine Untersuchung anstrllte- ließ 2V7 ließ 4502 Sachsen, die für schuldig befunden wurden , und ihm ausgcliefert werden ruußten, bey Verden au der Aller enthaupten. Die Gelindigkeit wäre vielleicht besser gewesen, als eine so grosse Strenge; denn nun erregte die ganze Nation einen Aufstand. Allein Karl war glücklich gegen sie. Durch ein Paar Haupttreffen , die er im I. 78 z bey Detmold und am Haseflusse im Osnabrückischen kurz nach einander gewann, brachte er es dahin, daß sich die Sachsen von nun an nicht mehr getraute»,, ihn anzngreifen. Die folgenden zwey Jahre durchstreifte er ganz Sachsen, und bewog durch gütliche Handlungen den vornehmsten Anführer der Sachsen, Wit¬ tekind, sich taufen zu lassen. Es war ein Glück für Karln, daß sich die Grossen nach und nach auf seine Seite wand¬ ten; sonst würde er schwerlich Meister über ganz Sach¬ sen geworden seyn. Nach Wittekinds Unterwerfung be¬ quemten sich zwar die Sachsen zur Ruhe und zum Ge¬ horsam , doch war für jetzt der sächsische Krieg.noch im¬ mer nicht geendiget. Nach dieser Zeit fand Karl unter andern eine Be¬ schäftigung mit den Bayern. Diese standen unter frän¬ kischer Oberherrschaft; hatten aber eigene Herzoge aus dem erblichen agilvlfingischen Geschlechte. Der jetzige Herzog von Bayern Thaffilo il. hatte eine Tochter des vom Karl gestürzten longobardischen Königs Desiderius, Luitberg mit Nahmen, zur Ehe. Sein Schwiegervater hat ihm wahrscheinlich Hoffnung zu einer völligen Unab¬ hängigkeit und zur Königswürde gemacht. Durch dessen Sturz waren alle diese Hoffnungen verschwunden, wel¬ ches dem Thaffilo nothwendig sehr schmerzlich fallen wu߬ te. Sein« Gemahlin« wird auch nichts unterlassen har den. 208 den, ihn gegen Karin aufzuhetzen, um ihren Vater, wo möglich, zu rächen. Thassilo fieng also eine Empörung an. Karl hielt deßwegen im I. "8? einen Reichstag zu Worms. Thassilo wurde vorgerufeu, um sich wider die gegen ihn angebrachten Beschuldigungen zu verantwor¬ ten. Als er aber nicht erschien!, auch sich weigerte, Karin die Treue zu leisten, so brachen drcy Armeen ge¬ gen ihn auf. Der von allen Seiten eingeschlossene Thas¬ silo wußt kein anderes Rettungsmittel, als sich zu un¬ terwerfen. Er kam zu Karlu, erneuerte den Eid der Treue und stellte zur Versicherung derselben ,z Geiseln, worunter sich auch sein Sohn Theodo befand. Allei" Thassilo wollte nicht ruhen. Er hetzte die Avaren auf, in die fränkischen Provinzen cinzufalien, und unterhielt noch sonst mit den Feinden des Reichs gefährliche Ver< bindungen. Er wurde daher im I. 788 auf eine Z" Ingelheim gehaltene Reichsversammlung von neuem vor¬ geladen., und von den anwesenden Grossen zum Tode verdammt. Karl milderte jedoch die Strafe, und ver¬ wies ihn mit seiner Familie ins Kloster. Nach Thass'- lo's Sturze stellte Karl keine Herzoge mehr in Bayer" an, sondern ließ das Land durch Grafen regieren. war überhaupt Karls Politik, die Herzoge, welche ih^ gefährlich waren, abkommen zu lassen , und die La"d^ der Verwaltung mehrerer Grafen anzuvcrtraueu. Nachdem Karl mit den Bayern fertig war, nnter- nahm er im I. 789 einen ZuF yeyen die wilzc" > eine wendische Nation jenseits der Elbe an der Osts^' Die Milzen haben bisher beständige Kriege gegen slavischen Nationen geführt, die Umerthanen oder desgenossen der Franken waren. Um diesen Ruhe z" ve»- schal- 2-9 Schaffen, mußte sich Karl zu einem Feldzuge gegen jene entschließen, in welchem er auch seine Absicht erreichte, und die Wilzen zur Huldigung ndthigte. Eben so glücklich lief Karls Unternehmung gegen öle Ovaren ab, die unser heutiges Oesterreich unter der Ens und Pannonien bewohnten. Diese wurden, wie wir gehört haben, von Thassilo gegen Karl» aufgehetzt, und haben seitdem die fränkischen Provinzen Friaul und Bayern öfters angefallen, und darin grosse Verwüstun¬ gen angerichtet. Es wurde daher im I.7d> ein Reichs- krieg gegen sie beschlossen. Der Sammelplatz der Armee war zu Regensburg. Als man von dort aus bis an die Ens, welche das Land der Avaren von Teutschland trenn¬ te, fortgerücket war, theilte Karl die Armee in drey Colonen ab. Eine marschierte an der Südseite der Donau, die andere auf der Nordseite, und die dritte, die aus Bayern bestand, schiffte mit dem Proviant aus der Donau herab. Die Avaren erschracken, und zogen sich bis über den Naabfluß zurück. Karl unterwarf sich das ganze Land von der Ens bis an den Einfluß der Raab in die Donau. Er wollte hernach die Avaren gänzlich aufrei¬ ben , und beschäftigte sich die folgenden Jahre mit den nothigen Zubereitungen zur Ausführung dieses Vorha¬ bens. Unter andern hatte er den grossen Plan, die Donau mir dem Rhein mittelst der Altmühl und der Rednil; durch einen Canal zu vereinigen. ES wurde wirklich Hand an das Werk gelegt; aber der beständige Regen und der sumpfige Boden hinderten die Vollendung des¬ selben. Ueberhaupt mag man auch mir den mechanischen Künsten damahls noch nicht so weit gekommen seyn. Karl selbst wurde durch andere Geschäfte aufgehalten, O die- Liv dieses Werk zu betreiben, und den Krieg gegen die Ava¬ len fortzuführen. Indessen zog doch sein Sohn Pipi" im I. 796 gegen sie los, jagte sie sogar über die Theis, nahm khren festen Ort Ringus ein, und erbeutete alle Schatze, welche die Avaren dort zusammengehäufc hat¬ ten. Eginhard sagt, daß die Franken, welche vorher arm waren, seit dieser Aeit reich geworden sind. Dieser «mansche Krieg ist für die österreichische Ge¬ schichte sehr wichtig. Dadurch wurde das Land vo» der Ens bis an den Einfluß der Raab in die Donau Z" einer fränkischen Provinz gemacht, woraus in der Folge die Markgrafschaft Oesterreich entstanden ist. Der baye¬ rische Geschichtschreiber Aventin behauptet, diese Pro¬ vinz sey von Karl dem Grossen zu Bayern geschlage" worden, nr nna xen«, m unn8 cincacus yvüiiac toreN Allein kein gleichzeitiger Schriftsteller macht eine Meldung davon. Vielmehr haben wir Beweise für düs Gegen- theil. Denn i) hat dieses Land nicht den Nahmen Ba¬ yern erhalten, sondern es wurde Kvsria genannt, r) hat Karl, wie der gleichzeitige Verfasser der Ikistori« converlioniz (luronkbunoruiu erzählt, in dieser Provin) Gränzgrafen angestellt. In Bayern waren seit Thai^ lo's Sturze auch Grafen. Nu» ist es nicht wahrschein¬ lich , daß Gränzgrafen, die viel mächtiger und anseh"' licher waren, als andere Grafen im Innern des Landa¬ ben bayerischen Grafen untergeordnet gewesen sind. Wenn die Gegend von der Ens bis zum Naabflusse v"" Karin zu Bayern geschlagen worden wäre, so nn'ß^ die Gegend vom Inn bis z»rr Ens schon ein Theil vo" Bayern gewesen seyn. Dieses ist aber falsch; den" obereiisische Provinz hatte um diese Zeit ihre cige^" Grünt- 21! Granzgrafen. Erst nachdem Avarien unter Ludwig dem Kinde eingegangen, hat sie sich an Bayern zu halten an, gefangen, und ist endlich unter Konrad I., als wieder Herzoge in Bayern angesiellt wurden, ein Theil von Ba¬ yern geworden. Nachdem die Avaren aus dem Lande unter der Ens weggezogen waren, wurde selbes von Karin durch Bayern und Slaven bevölkert. Die Ober¬ aufsicht in geistlichen Sachen darüber bekam der Bischof don Salzburg. Der Papst Hadrian, Karls bester Freund, war un¬ terdessen gestorben./ Sein Nachfolger war Leo lll. Dieser hat gleich nach seiner Wahl Karin die Schlüs¬ sel zum Grabe des heiligen Petrus und das Pan- nier der Stadt Rom überschickt mit dem Ersuchen, Karl möchte einen Abgeordneten nach Rom senden, um von den Römern den Eid der Treue und Unterwürfig¬ keit abzunehmen. Karl bestimmte dazu den Abt Engel¬ bert, dem auch die Römer den gedachten Eid leisteten. Daraus sehen wir, daß Karl noch als blosser PatriciuS schon für den Oberherrn von Rom angesehen wurde. Indessen zeigte doch das Wort Patricius noch immer ei- "en Statthalter, folglich eine Abhängigkeit von den ori¬ entalischen Kaisern an. Dixse wurde aber nun auch bald durch die Erneuerung des occ-.dentalischen Raiserrhums aufgehoben. Die Sache gieng so vor sich. Der Papst ^-ev Iss. wurde im I. von den Römern bey einer Procession angefallen, vom Pferde gezogen und in eine Kirch« geschleppet, wo man ihm sogar die Augen und Junge herausreißen wollte. Kaum wurde er von dem spvletanischen Herzoge noch gerettet. Er nahm sei¬ he Zuflucht z« Karl«, der ihn zu sich nach Paderborn O » kcm- 212 komme» ließ. Karl schickte dann Abgeordnete nach Rom, welche die Sache untersuchen, und den Papst wieder ein- setzen sollten. Im I. 800 folgte er denselben selbst »ach, nahm zu Rom noch einmahl die Untersachrtng vor, »"d nachdem sich der Papst durch einen Reinigungseid von allem Verdachte gereiniget hatte, verwies Karl einige Aufrührer inS Glend, obgleich sie die Todesstrafe ver¬ dienet hatten. AIS er hernach am Meinachlsseste sich zum Gottesdienst in die Peterskirche verfügte, und nach der Messe vom Gebet aufstchen wollte, setzte ihm der Papst eine goldene Krone auf, und das Volk, wovon wenigstens ein Theil dazu vermuthlich schon vorbereicel war, rief ihn zum Kaiser aus, mit dem dreymahllge" Anruf: L.iro!o SZu^ulto rr Oeo coron tto, nwAuo et xociüeo Impi-r-ätori komauvrum vira et vicroris. D^k Papst warf sich der erste vor dem neuen Kaiser nieder, und admirte ihn nach der damahligen Sitte. Eginhard, der Karls Leben beschrieben har, sagt, dieser Act si') dem Kaiser nicht lieb gewesen, er habe erklärt, daß er, so heilig auch der ^,ag war, nicht in die Kirche gegan¬ gen seyn würde, wenn er gewußt hätte, was der Papst vorhabe. Möglich ist es; aber nicht wahrscheinlich. weiß, was zu Paderborn zwischen Karln und dem Papst gehandelt worden? Vielleicht war Karln nur die päpst¬ liche Krönung nicht recht; denn seinem Sohne befahl -r die Krone sich selbst aufznsetzen. Die sert zur Herstelü,„g des occidentalischen Kass^ thums war gewiß die gelegenste. Die Römer ko,'»^ zum Vorwande für sich anführen, daß sie von den gri--^ - scheu Kaisern verlassen worden seyen, weil ihnen diese k--- > ne Hülfe gegen d,e Langobarden geleistet haben; daßK-l ohne 2l'j ohnehin schon die meisten Provinzen des abendländischen Kaiser chums, und selbst den Hauptsitz desselben, die Stadt Rom, als Patricius besitze; daß es also um wel¬ ker nichts zu thun war, als ihm den Kaisertitel zu geben, kvvzu man sich um so eher berechtigt hielt, weil damahlS s» Constanrirwpel kein Mann, sondern ein Weib, die Ireue, auf dem Throne saß, und man daraus, wie aus gleichzeitigen Annalisten erhellet, folgerte, daß daS gan¬ ze Kaiserrhum erlediget sey, und alle Herrschaft der Griechen über die Romer aufgehöret habe. Bon einem ^eibe war überdieß kein so nachdrücklicher Widerspruch Zu befürchten qls von einem Manne. Allenfalls konnte Man auch noch hoffen, eine Heurach zwischen Karin und Irene, und so die Vereinigung des abendländischen und morgenländischen Kaisertums zu Staude zu brin¬ gen, wie dann gleich darauf wirklich deßwegen Unter¬ handlungen zwischen Heyden eröffnet wurden, und viel¬ leicht zu einem gedeihlichen Ende gekommen sey» wür¬ den wenn nicht Irene zu Constantinopel gestürzt wor¬ den wäre. Von der Zeit des erneuerten vecidentalischen Kaiser¬ tums ließ Karl den Tiiel eines römischen Patricius fah¬ ren und nahm dafür den Titel eines römischen Kaisers §u. Dabey aber behielt ec auch noch den Titel: König der Franken und der Longobarden. Dieses war der Be¬ schaffenheit der Sache sehr angemessen; denn nur den Kaisertitel hat er von den Römern erhalten. Die Wür¬ be eines Königs der Franken und der Longobarden hatte er schon vorher, »uh verlohr sie durch die Erhebung auf den Kaiserthron nicht. An A-4 An Landern erhielt Karl durch das Kaiserthum eigentlich keinen Zuwachs. Die fränkische Monarchie hatte er langst vorher vermög Erbrechts inne. Das longobardische Königreich hatte er durch das Recht der Waffen schon vor mehren, Jahren erworben. Von Rom und dem römischen Gebiet war er Herr vermög seines PatriciatS. Das Nämliche gilt von dem Erarchat. Die¬ ses ist zwar von Pipin dem Kleinen der römischen Kir¬ che und Republik geschenkt, und von Karln bestätiget worden. Allein da die römische Kirche und Republik unter der Herrschaft Pipins und Karls als Patricier standen, so haben diese durch eine solche Schenkung ihre HoheilSrechte über das Erarchat eben so wenig ver¬ äußert, als inan sagen könnte, der Erzherzog von Oe¬ sterreich habe seine landesherrlichen Rechte über ein Gut weggcgeben, das er der wienerischen Kirche und Stadt¬ gemeinde schenkte. Die übrigen Lander, die einst zu dem abendländische» Kaiserthum gehörten, aber jetzt andere Besitzer hatten, konnten die Romer Karln nicht geben, weil Niemand etwas geben kann, was er selbst nicht besitzt. Alles, was die Römer durch die Herstellung des Kciiserthums im Occident thaten, konnte vernünftiger Weise bloß dahin gehen, daß sie Karln zum unabhängi¬ gen Herrn von den Ueberbleibseln des abendländischen KaiserthumS, die er bisher nur als Patricius, mithin noch immer in einer wenigstens scheinbaren Abhängigkeit von den orientalischen Kaisern besaß, erklärten. Aber nicht einmahl diese Erklärung konnte für sich selbst vo» einer rechtlichen Wirkung seyn, solang nicht die griechi¬ sche» Kaiser darein willigten; denn die Römer waren in der Thal nicht freu- Sie standen von Rechts wegen noch unter der Oberhoheit der Kaiser zu Constantinopel. Sie hat- 215 hatten also ohne deren Einwilligung kein Recht, die Ober¬ herrschaft scher sich an einen andern zu übertragen. Der orientalische Hof setzte sich auch Anfangs dem Schritte der W>mer entgegen. Erst nachdem sich die Kaiser Ni- cephorus und Michael in den Jahren 8»o und 8-« mit Karl« vergliche» haben, wurde die Erneuerung des occi- dentalischen Kaiserthnms ganz rechtmäßig. Nun konnte sich Kar! mit vollem Rechte als unabhängigen Oberherrn von Rom und dem dazu gehörigen Gebiete, welches von dem abendländischen Kaiserthnm noch übrig war, anse¬ hen. Das erneuerte occidcmalische Kaiserthnm bestand also in der Souverainitac über Rom, das römische Her- zvgthum und das Erarchat von Ravenna. So klein war das Territorium, worüber der neue römische Kaiser als solcher zu gebieten hatte. Was die einzelnen Rechte, die Karl mit dem Kar- serthum erlangt hat, betrifft, so kam es in Ansehung anderer freyen Völker einzig auf ihren guten Willen an, was sie dem neuen Kaiser für Vorzüge einränmen woll- ^n In Beziehung auf Rom und das davon abhangende Gebiet aber kann man sagen, daß Karl in die Rechte d" griechischen Kaiser getreten sey, und die nämlichen Gerechtsamen bekommen habe, welche bisher die orienta- üschen Kaiser dort ausgeübt haben. Dieses zeigt sich aus der ganzen folgenden Geschichte. Wir wollen zum Beweise davon einige Daten heraushebe», l ) Karl und seine Nachfolger im Kaiserthum übten theils in Person, theils durch ihre lVIitlo8 die Gerichtsbarkeit in Rom auS, wie cs die griechischen Kaiser vorher gethan haben. Die¬ se erst.eckte sich übe,, Päpste. Leo III. und Pascal l. gerierhen in die Untersuchung, weil sie einigen Rö- 216 Römern das Leben haben nehmen lassen. In der Sacht des Klosters Farfa wurde von den kaiserlichen NM« ge¬ gen den Papst selbst das Urtheil gefällt, 2) Sie bestätig¬ ten die Papstwahlen nach dem Beyspiele, das ihnen die Kaiser von Konstantinopel gegeben hatten. Karl selbst konnte zwar dieses Recht nicht in Ausübung bringen, weil nach seiner Erhebung zum Kaiser keine neue Papst¬ wahl, solang er lebte, mehr vorfiel. Allein seine Nach¬ folger vernachläßigten nicht, sich in den Besitz dieses Rechts zu setzen, sobald sich die Gelegenheit dazu ereig¬ nete, Z) Karl setzt in seinem Testamente unter den erz¬ bischöflichen Städten seines Reichs Nom und Ravenna am ersten Orte au, welches wieder ein deutliches Zei¬ chen ist, daß er sich als Oberherrn des römischen Gebie¬ tes betrachtete, wie es vorher die griechischen Kaiser waren. 4) Leo NI. und die folgenden Päpste des neunten Jahrhunderts führen in der Unterschrift ihrer Schreiben die Neaierungsjahre Karls und seiner Nach¬ folger an, wie sie zuvor die Regierungsjahre der griechi¬ schen Kaiser gezählet haben. Z) Die Nahmen Karls und seiuer Thronfolger erscheinen auf den Münzen, die ZU Rom' geprägt wurden, wie ehedem die Nahmen der mor¬ genländischen Kaiser. 6) Endlich erhellet dieses aus der Redensart, deren sich die Päpste selbst über die Erneue¬ rung des Kaiserthums bedienten. Sie sagten, das Kai- serthum sey von den Griechen auf die Franken übertra¬ gen worden, welches nichts anders bedeuten kann, als daß di« ehemahligen Rechte der griechischen Kaiser tttB aus die fränkischen übergegangen sind. Mit 2t? Mil dem Kaiserthum ist auch der Schutz der rö- mischen. Rieche, und zwar auf folgende Art verbünde», worden. Die Päpste habe», sich schon seit dem Vilder- streire mit den Griechen an die fränkischen Fürsten ge¬ halten Pipin dem Kleinen wurde hernach von dem Papste das römische Patriciat vorzüglich deßwegen an- Serragen, nm den Schutz der römischen Kirche zu über- ueömen. Karl der Grosse wurde als Kaiser unabhän¬ giger Oberherr von Rom. Da war es natürlich , daß er, wie jeder Oberherr, die Schutzherrlichkeit über die Kirche seines Staates hatte. Ueberdieß war es ein Grundsatz der pipinischen Familie, die Geistlichkeit und b . oers den Papst immer zu Freunden zu haben. Ans d irr Ursache haben die Karolinger allzeit ihren Söhnen d a Schutz der römischen Kirche empfohlen. Als später Unter den Karolingern die Theilung der fränkischen Mo¬ narchie erfolgte, so hielten sich die Papste , wenn sie Hülse nöt'oig hatten, meistens an denjenigen Prinzen, der König in Italien war, weil ihnen dieser geschwin¬ der, leichter und nachdrücklicher beyspringen konnte , als ein anderer. Da nun die Könige von Italien meistens auch Kaiser waren, so geschah es, daß die Schutzherr¬ lichkeit über die römische Kirche nach und nach als eia Vorrecht der Kaiser angesehen wurde. Die vapstl'che Irönuny hat man Anfangs gewiß uickt für nolhwcndig zur Erlangung der Kaiserwürde gehalten. Karl der Grosse ist in Beziehung auf Rom in die Stelle der orientalischen Kaiser eingeruckk ; diese haben aber nicht nöthig gehabt, sich vom Papste krönen zu lassen, um in plom als Kaiser zu gelten. Die grie¬ chischen Kaiser haben sich eigenmächtig ihre Nachfolger ge- 2t8 gewählt, ohne den Papst und die Römer zu befragen. Karl der Grosse that das nämliche. Er ernannte ohne aller Rücksicht auf den Papst seinen Sohn Ludwig zum Kaiser, und befahl ihm, die Krone vom Altar zu neh¬ men, und sich selbst auf den Kopf zu setzen. Keinem Menschen siel der Zweifel ein, ob Ludwig wohl ei» rechtmäßiger Kaiser scy, da er nicht vom Papste gekrönt worden ist. Allein die Papste scheinen schon damahls eine politische Spekulation auf die Krönung gebauet ZN haben. Stephan V. kam selbst nach Frankreich, und bat sich die Ehre ans, den jungen Kaiser zu krönen. Ludwig der Fromme erklärte nach dem Beyspiele seines Vaters ebenfalls aus eigener Macht seinen ältesten Sohn Lothar zum Mitregenteu und Kaiser. Da dieser einst m Geschäften nach Italien gekommen war, benutzte der Papst Pascal diese Gelegenheit, ihm seine Krönung anf- zndringen. Er lud den Prinzen, da er eben im Begriffe stand, zurückzukehren, zum Osterfeste nach Rom ein,- und setzte ihm die Krone auf. Äuch Lothar bestimmte seinen Sohn Ludwig l l. eigenmächtig zum Mitregenten und Nachfolger im Kaiserthum. Aber auch bey diesem wußte der Papst Leo lV. sein Krönungsrccht geltend zu machen. AuS den 4 Fallen von Karl dem Grossen, Lud¬ wig dem Frommen, Lothar 1. und Ludwig li. zogen nun die Päpste eine Observanz, und machten die Krö¬ nung von ihrer Hand zu einer Nothwendigkeit. Lud¬ wig ll. leitete in einem Schreiben an den orientalischen Kaiser Basilius schon selbst seine Kaiserwürde von der erhaltenen päpstlichen Krönung her. Bey den folgenden Uneinigkeiten der karolingischen Prinzen war es den Päp¬ sten leicht, ihr Recht noch mehr zn befestigen, und im¬ mer weiter gehende Anmassungen darauf zu gründen. Zwi- 219 Zwischen dem Kaiserthmn und den Königreichen der Franken und Longobarden, die Karl jetzt beherrschte, war keine RealverbindunF. Die Königreiche der Fran¬ ken und Longobarden wurden nicht Theile eines einigen Staats, des römischen Kaiserthnms, wie etwa die Rei¬ che England und Schottland das Königreich Großbritan¬ nien au sm ach en ; sondern sie blieben für sich bestehende Staaten, wie es z. B. das teutsche Reich, Ungarn und Böhmen sind. Die Verbindung zwischen denselben war Nur persönlich. Die nämliche Person war römischer Kaiser, König der Franken und der Longobarden. Karl erwarb und hinterließ das Kaiserthum seiner Familie. Man konnte nicht sagen, der König der Franken oder der Longobarden hat das Recht römischer Kaiser zu seyn, sondern nur behaupten, daß die Prinzen von der Fa- wilie Karls des Grossen das Recht zu diesen Z Staaten haben. Welcher Prinz aber dieses oder jenes Reich be- sihen, oder wem nebst einem andern Stücke der fränki¬ schen Monarchie das Kaiserthum zu Theil werden sollte, das Hieng von der jedesmahligen Bestimmung des Va- kers und von andern zufälligen Umständen ab. 3ur Zeit Karl des Grossen hat man keine andere ^sdee von der Erneuerung des occidentalsichen Kaiser - thums gehabt, als wir bisher aus einander gesetzt ha- den. Allein ,n Mittelalter hat man sich ganz andere ^griffe von dem römischen Kaiser gemacht. Man fieng ä» glauben, das occidentalische Kaiserthum sey nicht erneuert, sondern durch den Papst als Statthalter Got¬ tes auf Erden von den Griechen an die Franken, und bvn diesen an die Tcntschen übertragen worden ; der Papst sey es, der mittelst der Krönung die Kaiserwürde jedes- 220 jedesmahl den fränkischen und teutschen Königen verlie¬ hen habe, oder verleihe; die Franken und Teutschen setzten die von Daniel prophezeyte vierte Monarchie fort, die bis an das Ende der Welt dauern würde; die frä»- kische Monarchie und dann das tentsche Reich seyen Theil des römischen Kaiserthums; Karl, der Grosse sey em Nachfolger Justinians, Constantins und so fort bis auf den August hinauf geworden. Dieses System hatte viel« politische Folgen, wie wir zu seiner Zeit schon hören werden.. Unter andern hat es den Gebrauch des römi¬ schen Rechts in Deutschland befördert , weil man selbes für ein einheimisches Recht, das von einem Vorfahren am Reiche herrühre, hielt. Zur Zeit Karls des Grosse" dachte man an -lies dieses noch nicht. Man nannte die Herstellung der Kaiserwürde im Oecident nicht "l roM" sondern Kenovorro lmpeoii, wovon UNS die auf diese Begebenheit geschlagenen Münzen einen offen¬ baren Beweis geben. Einen Grund, sich eine Trans¬ lation des Kaiserthums von den Griechen an die Fran¬ ken zu denken, hat man vielleicht daher genommen, >ve!l damabls, da das abendländische Kaiserthum erneuert worden, der orientalsiche Kaiserthrvn mit einem ÄLei^ besetzt war, welches mau nicht für rechtmäßig hielt, b" Karls des Grossen Zeiten hat man jedoch daraus weitet keine andere Folge gezogen, als daß die Römer nunvo" aller tvubordination gegen die Griechen frey seyen, das Recht haben, sich selbst eine Constitution zu die sie wollten. Im Orient hat dessen ungeachtet nach Karl dem Grossen die Reihe der Kaiser fvrtgeda»' ert, und die Römer und Päpste selbst haben denselben den Kaiserlichen Titel nicht versagt. Karl har sich gebe"' auch mir ihnen in Traktaten eingelassen. Der r rl Der sächsische Krieg war seit dem I. "yg wegen einer Empörung der Sachsen wieder sangegangen. Zach jährlich rückten hernach fränkische Armeen in Sachsen ein, welche das Land verwüsteten, die Sachsen, wenn sie Stich hielten, schlugen, viele Gefangene wegführtcn, Geiseln mit sich nahmen, und den Einwohnern die Er¬ neuerung des Eides der Treue nnd bas Versprechen, die christliche Religion anzunehmcn, addraügcn. Doch durch alle diese Anstrengung und Mittel konnte diese kriegen sche und freyheirliebende, Ration nicht gänzlich bezwun¬ gen werden. Endlich aber im I. 805 kam zu Selz, ei¬ nem königlichen Schlosse an der Saale in Franken, der völlige ^auptfrkcden den Sachfon zu Stande. Die Bedingungen davon waren folgende : >) die Sachsen sollten insgesammt Christen werden. .Dieses hielt Karl für daS einzige Mittel ihre Sitten zu mildern , und sich ihres Gehorsams zu versichern. 2) Sie sollten keine Abgaben zahlen, sondern nur den Zehend der Geistlichkeit entrichten. Dieses war ein schwerer Puntt. Die Sach¬ sen haben bisher bey ihrer freyan Verfassung nicht ein¬ mahl ihren Obrigkeiten eine ordentliche Abgabe gezahlt, und nun sollten sie an die ihnen verhaßte Geistlichkeit den zehnten Thei! ihrer Einkünfte abgcben. r) Sollten sie ihre Gesetze behalten; aber den Bischöfen gehorchen, und unter der Aufsicht der fränkischen Grafen und der königlichen Missen stehen. 4) Sollten die Sachsen als eine ganz gleiche Nation mit den Franken angesehen werden, mit ihnen den nämlichen König haben, und durch einen ewigen Bund vereinigt seyn. Die Folgen dieses Friedens waren in der teut- schen Stagtsverfassung durch allx folgenden Jahrbunderte sicht- 222 Mbar, und sind es zum Tbejl noch heut zu Tuge. Darin liegt der Grund, warum die Sachsen immer ein eigenes Recht gehabt haben. So findet man durch das ganze Mittelalter hindurch die Unterscheidung zwischen dem fränkischen und sächsischen Recht. Auch scheint es, daß man bis auf diese Zeiten hiuaufgehen müsse, wenn man den ursprünglichen Grund des sächsischen Reichsvi- cariats auffinden will. Wir werden hören, daß >» Teutschland für den Fall eines eintretenden Iwischenreichs durch die goldene Bulle zwey Reichvicarien aufgestellt find, der Pfalzgraf am Rhein in lerris suris IranLo- niai, und der Herzog von Sachsen in den Landern, wo sächsisches Recht gilt. Diese haben in Ermangelung ei¬ nes Kaisers die nothwendigsten Negierungsrechte auszu- üben. Der Pfalzgraf am Rhein war schon bsy Lebzei¬ ten des Kaisers in dessen Nahmen Richter. Da nun die Ausübung der Gerichtsbarkeit im Zwischenreiche eine der Hauptbeschäftigungen der Reichsvicarien seyu sollte, damit eS nicht etwa zu Thatlichkeiten käme; so war es natürlich, daß der Pfalzgraf Reichsvicarius wurde- Weil aber die Sachsen ein anderes Recht hatten, als die Franken, so ward ihnen von Karl IV, ein eigens Reichsvicarius bewilliget. Nachdem Karl die Sachsen der fränkischen Monar¬ chie einverlcibt hatte, konnte auch das Lhristenrhuw festem Fuß in diesen Gegenden LeutschlaudS fassen. Karl sorgte auch für die Ausbreitung desselben auf alle mög¬ liche Weise. Er hat schon während des Sachseukriegcs einige Listhümer in Sachsen angelegt. Allein die Bi¬ schöfe mußten öfters bey dem Aufstande der Sachsen die Flucht ergreifen. Jetzt konnten sie ihre vorigen Siiw ruhig srz 'tchiz wieder einnehuien , und Karl stiftete nach dem Frieden noch neue Vischümer. Die Zeit, wann «edes crnchrec worden, läßt sich nicht genau angeben. Ge¬ wöhnlich setzc man mit unserem Verfasser ihre Srif- tungsjahre so fest: Osnabrück 777, Minden 780, Seli¬ genstadt 781, Verden 786, Bremen 788, Padeborn 795, Elze 796, Munster 8«). Allein wahrscheinlich sind die Bisthniner zu Paderborn , Minden , Seligenstadt und Elze erst nach dem sächsischen Frieden vom I. 80z Z» Stande gekommen, und vorher nur Kirchen inner Auf¬ sicht untergeordneter Geistlichen gewesen. Im I. 8c>z. unternahm Karl noch einsn "Zug über die Elbe, um dem Frieden auch unter den in dieser G - gend wohnenden Sachsen, die bisher die unbändigsten gewesen, seine Festigkeit zu geben. Iu diesem Ende glaubte er eine Transplantation vornehmen zu müssen. Er ließ daher t» Tausend sächsische Familien von den äußersten Gränzen des Landes wegführen, und wies ih- uen in andern Provinzen seines Reichs, besonders in Flandern und dem heutigen Frankenlande, ihre Wohn¬ plätze an. Ihre Stelle mußten die Obotriten, eine sla- vsiche Nation, die bisher immer mit den Frauken gehal¬ ten hat, einnehmen. Auf solche Art hat Karl eine Unternehmung auS. geführl, welche die grüßte Beharrlichkeit erforderte. Die Eroberung von Sachsen hat nicht so viel der Familie Karls, als Teutschland selbst genutzt. Dadurch sind endlich alle teutschen Nationen vereiniget, und gleichsam "i die Verfassung gesetzt worden, nach der Trennung von 224 von den übrigen Theilen der fränkischen Monarchie einen, eigenen Staatskörper zu bilden, mit dem sich kein an¬ deres europäisches Reich an Macht messen konnte Hätte Karl diese Eroberung nicht gemacht, so würde wahr¬ scheinlich kein teutsches Reich emsianden seyn. Seine Nachfolger, die weder hinlängliche Tapferkeit , noch Glück in Kriegen hatten, würden schwerlich die Sachsin unter ihre Bothmäßigkeit gebracht haben. Die eigentli¬ che Grundlage zu dem nachherigen teutschen Staatsgebaude kommt also von Karl dem Grossen her. Durch die Unterwerfung des Sachsenlandes bekaiu Karl einen neuen furchtbaren Nachbar , nämlich dir Normänner, die im heutige» Dänemark wohnten. gab damahls in Dänemark Ober.- und Unterkönilst' Unter diesen ist der südjütische König Gottfried für u^ der merkwürdigste. Er wollte die fränkische Monarch schwächen, beunruhigte zuerst die Obvtriten, und dann im I. 8ro eine Flotte nach Friesland auslaufei" um es zu erobern. Karl machte sich schon gefaßt, a"l ihn loszugehen. Allein hier arbeitete das Glück für id"' Gottfried wurde von den Semigen uwgebrachc, sein Nachfolger Hemming machte Friede mit Karln,^ durch die Eider zur Gränze des fränkischen Reichs geg^' Norden wurde. Die letzten Anstalten Karls waren , eine macht zu errichten, um den Streifereyen der Norina""^ Einhalt zu thun, und im mittelländischen Meere die b' racenen im Respekt zu erhalten. Er ließ in dieser sicht Schiffe bauen, Häfen anlegen, und Versuche See 225 See anstellen. Sein grosser Geist dachte also an alles. Allein er starb darüber, und seine Nachfolger erbten sei¬ nen Geist nicht, Karl hat durch glückliche Kriege seinem Reichs ei¬ ne» Umfang gegeben, dessen sich seitdem in Europa kein Staat rühmen konnte. Es erstreckte sich selbes gegen Norden bis an die Eider, gegen Westen bis an den Ebro, gegen Süden bis an die Granzen von Neapel, Legen Osten bis an den Raabfluß und die Elbe. Auch «n mittelländischen Meere hat er im I. 799 die Inseln Majorca und Minorca seiner Herrschaft mrterworfen. §. 31« Anmerkungen von der Staatsverfaffrmg unter Karl dem Grossen; erstens seine innerlichen Regierungsanstalten im Weltlichen, Die Einrichtungen, welche Karl tbeils in der gan- äe» Monarchie, theils in den einzelnen Provinzen zur allgemeinen Wohlfahrt gemacht hat, sind in seinen La - pitulgrxx^ »der Verordnungen enthalten, die ihren Nah¬ men daher haben, weil sie in kleine Capitel abgetheilt waren. Schon im I. 827 hat ein gewisser AnsegiS eine Sammlung davon gemacht, welche hernach im I, 845 vv» Benedikt, einem Maynzer Leviten, vermehret worden In der Folge aber sind die Eapitularien ganz in Lergeffenheit gerathen , bis man sie in neuern Zeiten wieder hervorgezogen hat. Die beste Ausgabe derselben 'st von Stephan DaluziuS zu Paris im I, ,6/7 veran- P stalcet 226 staltet worden. Auch in des Georgisch Oorzioro Mi; FLim-nüLi sind die wichtigsten zu finden. Zur ruhigen Regierung der Provinzen hielt eS Karl der Grosse für nöthig, die Herzoge nach und nach eingehen, und die Provinzen durch mehrere Grafen ver¬ walten zu lassen; denn die Erfahrung hat es unter ihm und seinen Vorfahren gezeigt, wie gefährlich die grossen Herzoge seyen. An die Granzen setzte Karl mächtigere Grafen, weil diese zur Vertheidigung des Reichs gegen die Anfälle auswärtiger Feiude ein größeres Commando umer sich haben mußten. Man nannte sie Gränzgrafen, ssrLl'üÄos, Eulioclo;, oder EomitL8 limitum. Die Gi ssn contrvllirte er durch Bischöfe, und die Bischöfe bmch die Grafen. Ueber beyde aber führte er durch Abgeordnete, iVliü'08, die jährlich die ihnen angewiese¬ nen Bezirke durchreisen mußten, eine beständige Aufsicht' Der Staat war ganz auf den Krieg gerichtet- Alle, die Lehen hatten, mußten ohnehin in den Krieg gehen. Aber auch diejenigen, welche nur EigenthuM befassen, unterlagen der Verbindlichkeit, ihr Vaterland mit den Waffen in der Hand zu verlheidigen. Dieses brachte schon die alte Einrichtung der fränkischen Mo ^«archie mit sich. Karl hat daran nichts geändert, son¬ dern die Verbindlichkeit zu Kriegsdiensten nur näher durch Gesetze bestimmt. So verordnete er durch daö Ca- pitulare vom I. 807: Jeder, der eine Pfründe hat, s^ ohne Unterschied in das Feld gehen. Der aber bloß Ci- genthum besitzt, wenn selbes §, 4 oder z Hufen Lan¬ des ausmacht, soll ebenfalls in den Krieg ziehen. Jemand nur 2 Hufen Eigenthums, so soll er mit einem ! andern 22/ andern, der eben so viel besitzt , zusammen treten, und einer aus ihnen ins Feld gehen, der andere aber ihn ausrüsten. Derjenige, dessen eigenthümliches Vermögen nur einen Mansum betragt, soll sich zu g andern von gleichem Vermögen gesellen. Einer aus ihnen soll in den Krieg ziehen, die übrigen g aber die Kosten tragen. Da Karl fast durch sein ganzes Leben Krieg, und Zwar in den entlegensten Gegenden führte, wie konnten sich die freyen Eigenthümer entschließen, so viele und so entfernte Feldzüge mitzumachen ? Vieles trug dazu Karls Genie und Tapferkeit Key, wodurch er einen grossen Ein: fing auf sein Volk hatte. Einem Regenten von solchem Geiste fällt es leichter seine Unterthanen zu bewegen, etwas zu thun, wozu sie sich unter einer gewöhnliche» Regierung nicht bequemen würden. Man rechnet sichs Zur Ehre, an den glanzenden Unternehmungen seines Re¬ genten Antheil zu nehmen. Indessen haben sich doch auch unter dem grossen Karl die freyen Eigenthümer über den lästigen Kriegsdienst vielfältig beschwert. Deß- wegen suchte Karl das Lehenwesen zu befördern; denn der Lehenmann konnte sich nicht entschuldigen, in den Krieg Zu ziehen. Er hatte zu diesem Ende sein Benesi's ciuni. Aber auch schon Zn Karls Zeiten äußerte sich bey den Lehenleuten ein Bestreben, ihre Pfründen in Eigenthury M verwandeln. Ein Umstand, der in der Folge nicht nur den Lehendienst sehr verminderte, sondern auch in der Staarsverfaffung selbst die wichtigsten Veränderungen veranlaße. So klagt Karl in einem Capitulare: ,,^u- üirum twbsmuz, gualuer 'te, wo die Bischöfe ihren Siü hatten, die Stelle der Städte; Henn an diesen Orten war bey verschiedenen Gelegenbei- - ten 23 l trn, besonders an Festtagen, ein grosser Zusammenfluß des Volks. Dieses gab dort Anlaß zum Handel und Zur Entstehung ordentlicher Märkte. Dem Handel hatte der Mißbrauch der 'Zölle nach- theilig werden können; denn das Iollrecht war damahls noch kein Regal, sondern jeder, der auf seinem Grunde eine Brücke machte, eine Ueberfahrt über einen Fluß unterhielt, oder eine Straffe anlcgte, nahm dafür, so gut wie der König auf seinen Gütern, einen Zoll. Die meisten Zölle hatte die Geistlichkeit, weil in den bischöf¬ lichen Residenzstädten meistens die Märkte gehalten wur¬ den- Damit den dieser Verfassung des Zollwesens der Handel nicht gehindert würde, verbot Karl alle neuen und ungerechten Zölle, wobey keine den reisenden Kauf¬ leuten zum Nutzen gereichende Anstalt zum Grunde lag, und ließ nur die althergebrachten ferner beziehen. Da¬ durch wurden diejenigen, welche eine neue Iollgerechtig- keit haben wollten, in die Nothwendigkeit versetzt, sich an den König zu wenden, und so wurde der Weg zur Regalität der Zölle gebahnt. Sobald sich der Handel bey einer Nation ver¬ mehrt, so braucht man ein verstellendes Zeichen, Geld. Die Bürgschaft über die Aechtheit desselben kann nur der Regent leisten. Daher der Ursprung des Mänzretzals. Die Münze war bey den Franken auf den Fuß einge¬ richtet , daß jeder, der rohes Gold oder Silber hatte, lelbes unter königlichem Ansehen stempeln lassen konnte. Zu diesem Ende wgren hin und wieder , besonders wo Handel getrieben wurde, Münzmeister angeordnet. Der Münzmeister konnte nach einer Verordnung Pipins des Klei- L Z2 Kleine» vor, 22 Solidis einen als Prägeschatz nehmen; die übrigen mußte er dem Eigenthümer des Metalls zu¬ rückgeben. Karl der Grosse, dec den wichtigen Einlluß eines wohlgeordneten Münzwcsens auf die Beförderung der Handlung einsah, verordnete, um den Verfälschun¬ gen der Münzen vorzubeugen: „ ur nulle» ulic» loco Mönecz sie, niü in xalakic» nockro" daß nur in den kö¬ niglichen Pfalzen "gewünzet werden soll. Man rechnete damahls nach Pfunden, Schillingen (Lolillis) und De- narieu. Ans einem Pfund Silber wurden 20 Schillinge geschlagen, rind ein Schilling galt 12 Denarien. Ein Pfund Gold wurde zu 72 Solidis vermüuzt, und ei» Goldschilling hatte den Werth von 40 Denarien. Ei» Schilling im Silber betrug nach dem heutigen Conven- tionsfusie beyläufig 2 fl., und ein Solidus im Golde beyläufig 7 l/2 fl. Das fränkische Pfund war in rr Unzen abgetheilt, und schwerer, als das römische und kölnische, nach dem wir uns heut zu Tage richten. Das Verhältniß des Silbers zum Gslde war wie i zu 12. Die St mtsverfassunrz blieb iw Wesentlichen bey dem Alte». Nur wurden die Reichsversammlungen seit Pipins Zeiten nicht mehr im März, sondern im Mayr und außerdem jährlich noch einmahl im Herbste gehal¬ ten. Die Reichsvcrsammlungcn im Frühjahr waren all¬ gemeine. Es wurde darauf über die Angelegenheiten des ganzen Reichs gehandelt. Dabey erschienen nicht nur die Grossen des geistlichen und weltlichen Standes, sondern auch die übrigen frcycn Leute, jedoch mit den« Unterschied, daß nur die Grossen mit dem Könige be- rathschlagten und vorschlngen ; das Volk aber bloß die gemachte» Schlüsse anzunehmen hatte. Wie Letzteres zu zu verstehen sey, erklärt uns ein Eapitulare vom I. 8e-a, wo es heißt: „Hit populn8 incerroZstur lie capiluliL, gUL in noviter allciim snnt. Lt poUguaM omne« cvvsens^riot , subsoriptious? L manusirmationoZ in ipsi8 capituli8 saciat", und ein Edict Karls des Kahlen, welches sagt: „l.ex cons-rnsu populi srt, -L conllicunons Zs-ri«'" Man sieht daraus, daß das Volk von dem Einflüße auf die Gesetzgebung noch nickt gänzlich ausgeschlossen war. Es war nicht schuldig, die von dem Könige und den Grossen entworfenen Verord nungen sich wider seinen Willen aufdringen zu lassen, sondern es mußte darüber vernommen werden, und ohne seine Veystimmung erhielt kein Gesetz die verbindliche Kraft. Die zweyte Reichsversammlung im Herbste wur¬ de von dem Könige bloß mit den angesehensten Grossen, den so genannten Senioren, und mit denjenigen, die der König als seine vornehmsten Rache dazu berief, ge¬ halten. Darauf wurden dem Könige die freywilligen Geschenke von den Grossen gegeben, und die dringend¬ sten Geschäfte des künftigen Jahrs zur Berarhschlagung gezogen, und zu dem nächsten allgemeinen Reichstage vorbereitet. Uebrigens findet man bey dieser allgemeinen Versammlung schon eine Unterscheidung der vergebenen Elegien, die den Abtheilungen auf unserem heutigen Reichstage einigermaßen ähnlich sieht. Die Bischöfe, klebte und die übrigen Geistlichen versammelten sich nach Hinkmars von Rheims Bericht in einem besonder« llllcoprkmn'o ohne Veyseyn der Layen, und die Fürsten und Grafen sonderten sich auch von dem übrigen Volke ab. Es waren also g Kammern, wie wir jetzt auf dem Reichstage z CvUegien haben. Nur sind diese anders bestellt. Es gibt heut zu Tage ein kuhrfürstliches, en? fürst? 2Z4 fürstliches und ein städtisches Collegium. In den bei¬ den ersten sitzen die dahin gehörigen geistlichen und welt- lichen Reichsstande vermischt, und das letztere bestehet a»S blossen Reichsstädten. Zur Zeit Karls des Grosse" kannte man noch keine Kuhrfürsien , noch hatte ma" Städte, die Reichsstände gewesen wären. Die Einrichtung des Hofstaats hat sich in der Haupt- fache auch nicht geändert. Außer dem Obrisihofmeistet waren noch die nämlichen Hofbeamten vorhanden, alö unter den Merovingern. Eine von unserem Verfasser <" der Note cl. aus dem Hinkmar angeführte Stelle zählt dieselben in folgender Ordnung auf: der Erzkapellan (/^po crill-uius), der Kanzler oder Staatssecretaire, der Käm¬ merer, der Pfalzgraf (Lomes xalatii) ,'der Seneschall oder Truchseß, der Mundschenk (buticu sriu; ) , det Stallmeister (comcs Nsbuli), der Ouartiermeister (man- üonarius ), 4 Jägermeister, ein Falkonier. Unter Lud¬ wig dem Frommen trifft man mehrere Lowites x»' latii an. In der Ausfertigung der Urkunden mußte noth- wendig eine Aendervng geschehen, weil Karl der Grosse «ach und nach mehrere Reiche an sich gebracht hat. zum I. 774 schrieb sich Karl nur: Lsrolus Oei gratis kox Krsncorum, vir inlulker; vom I. 774 bis 8°o t Lsrolus gratis Oei Uex b'rsncorum L LovgobarcioruM sc ststriciuL Ikomsoornm, meist auch noch mit deM Beysatz: vir inlulker; vom I. 800 bis an sein Endet Lsrolus lerenisilmus ^ugnlius , 2 veo coronmus' msgnus L xscisicns Imperswr, Komsnorum gulmr- nsnL ilnpenum, cini L vor misiwicoräiam Dei Reri xran- 2ZL Krancorum L I,onxob3räorum. Am Schlug der karo¬ lingischen Urkunden stehet statt der Unterschrift ein Mono¬ gramm. Auch findet man schon bisweilen anwesende Bischöfe, Aebte und Grafen als Zeugen unterschrieben. Karl der Grosse hat auch den Anfang gemacht, die Äabrzabl nach Christi Gebührt, und seit dem I. Zvi die römische Jndietionszahl anzumerken. Z- 32. Anmerkungen vom Kirchenstaate zur Zeit Karls des Grossen. Die fränkische R'rchenverfassuny erlitt unter Karl dem Grossen einige Abänderung. Bisher hat sich die fränkische Kirche ihre eigenen Satzungen (L none?) be¬ dient. Allein Karl erhielt im I. 774 vom Papst Ha¬ drian l. einen Coäicem Canonum, der wahrscheinlich der Dyonisianische, nur mit einigen Zusätzen, gewesen 'st, zum Geschenke, und ließ daraus verschiedenes in sei- "e Capitularien einfließen. In diesem Coclice waren '"mische und orientalische Kirchengewohnheiten enchal- , welche nun mit Veränderung der alten fränkischen w der gallicanischen und teutschen Kirche gang und gäbe wurden. Der Papst bekam dadurch mehr Gewalt in der fränkischen Kirche, als er bisher gehabt hatte. Indessen hat doch Karl der Grosse nicht nur alle ey'erunysrechte in Rirchensächen, die nur immer m die Kaiser und die merovingischen Könige hatten, sondern auch wahr« kirchliche rolleyialrecht- ohne Wi- erspruch ausgeübt. Er hat i) Gesetze in geistlichen Din¬ gen 2Z§ gen gegeben, die den Gottesdienst, dis Kirchenzucht, den Volksunterricht, den geistlichen Stand, die Kircbcn- guter rc. betrafen. Die Bischöfe mußten ihm über die Beobachtung derselben Rechenschaft ablegen. Er hat 2) Bischöfe und Aebte gesetzt, und- wenn auch bisweilen Wahlen vvrgenommen wurden, so waren doch selbe oh¬ ne königliche Einwilligung und Bestätigung ungültig" Er hat g) Bisthümer errichtet, ohne den Papst zu be¬ fragen. Auf seinen Befehl mußte Leo III. im I. dem Bischöfe Arno von Salzburg daö Pallium geben, und ihn zum Erzbischöfe der bayerischen Kirche weihen. Er hat 4) Kirchenversammluugeu veranstaltet, die un¬ ter seinem Schutz und Vorsitz gehalten wurden. D'^ Schlüsse derselben wurden ihm zur Bestätigung und Ver¬ besserung vorgelegt und unter seinem Ansehen bekannt gt- macht. Unter diesen Äirchenversammlnngen zeichnet siel/ besonders jene aus, die im I. 794 zu Frankfurt aw Mayn gehalten worden. Die Franken waren hier in Ansehung der. Bilderverehrung einer andern Meinung- als man zu Rom und Nicaa war. Sie schlugen einen Mittelweg zwischen den Bilderstürmern und Bilderver¬ ehrern ein, und setzten fest, daß man zwar die Bilder in den Kirchen lassen solle; aber nicht zur Verehrung- sondern zum Andenken der dadurch vorgestellten tugend¬ haften Menschen und zur Zierde der Mauern. Die Ro¬ mer haben hernach die Schlüsse dieses Frankfurter Conci- liums so auSgelegt, als wenn die Franken geglaubt hal¬ ten, man habe auf der zweyten Kirchenverfammlung Nicaa beschlossen, daß den Bildern der culrus lacriae, der Gott allein gebührt, erwiesen werden sollte, welche doch die Absicht der nicanischen Vater nicht war. dieser irrigen Voraussetzung hatten sie sich den nicäni- schen 2Z7 'chen Verordnungen in Ansehung des Bilderdienstes ent¬ gegengesetzt. Allein wenn man die Schlüsse der Frankfur¬ ter Synode liest, so sicht man, daß die Franken über¬ haupt gar keine Bildervcrehrung haben wollten. Endlich hat Karl z ) die Gerichtsbarkeit in den so genannten geistlichen Sachen z. B. in Ehesachen, in Processen über h>e Kirchengücer, in Streitigkeiten geistlicher Personen auögcübt. Pütter, nachdem er die HoheitSrechte, wel¬ che Karl in Religions - und Kirchensachen hatte) aus ein¬ ander gesetzt hat, fügt in seiner historischen Entwickelung der heutigen SraatSverfassung des tcutschen Reichs hin¬ zu: „Alles dieses konnte auch desto sicherer in KarW Händen seyn, da er mir seinen Unterthanen sich zu ei¬ nerlei) Religion bekannte, und also die Vermuthung für sich hatte, Laß er seine Gewalt nicht zum Nachrheil eben der Religion misbrauchen würde." Man führt die¬ se Stelle an, um in einem Benspiele zu zeigen, wie noth- wcudig bey Lesung der historischen Entwickelung die schon in unserer Einleitung empfohlene Vorsicht sey. Pütter hchauptcr in dem Verfolge seines gedachten Werkes, al- auf die Reformation Luthers kommt, daß dem Kai¬ ser keine Hoheirsrcchtc in Ansehung der evangelischen Kirche, besonders keine Gerichtsbarkeit in den geistlichen Sachen der Protestanten zukomme. Er sah aber wohl vor, man würde ihm entgegen setzen können, daß Karl ^r Grosse einst diese Gerichtsbarkeit ausgeübt babe; daß also selbe an den Kaiser haben zurückfallen müssen, nachdem sich die Protestanten bcy der Reformation von ^er Gewalt des Papstes und der Bischöfe, auf welche nach Karis'Zeiten die erwähnte Gerichtsbarkeit gekom¬ men war, vollkommen lösgezahlt haben. Um diesem Einwurf bcy Zeiten vorznbcugen, macht er schon bey Karl LZ8 Karl dem Grossen die oben angeführte Bemerkung, wo»' durch er zu verstehen geben will, daß heut zu Lage von einer Gerichtsbarkeit des Kaisers über geistliche Sachen der Evangelischen keine Rede mehr seyn könne, weil der Kaiser nicht mehr die nämliche Religion mit den evange¬ lischen Mitgliedern des teutschen Reiches hat. Durch der¬ gleichen Wendungen können Leser, die nicht genug umer¬ richtet sind, leicht irregeführt werden. Allein wenn man die Sache aus dem wahren Gesichtspunkte betrachtet, erscheint sie in einem ganz andern Lichte. Die Verschie¬ denheit der Religion macht hier keinen Unterschied. Die fo genannten geistlichen Sachen sind in der Thar bürger¬ liche Sachen, in denen die Gerichtsbarkeit dem Regenten des Staates vermög seiner Majestät zusiehet, er mag von was immer für einer Religion seyn. Karl der Gros¬ se har also diese Gerichtsbarkeit als Regent ausgeübt. In den finstern Zeiten nach ihm har zwar AberglaubeU und Unwissenheit diese Sachen in allen christlichen Rei¬ chen an die geistlichen Gerichte der Bischöfe und des Papstes gebracht; aber im Grunde war es immer der weltlichen Regenten stillschweigende Einwilligung, welche die Bischöfe und de» Papst zur Ausübung dieser Ge¬ richtsbarkeit berechtigte, und sie noch in den meisten ka¬ tholischen Staaten im Besitze derselben erhält. Daraus folgt, daß, sobald die Einwilligung der Regenten auf¬ hört, oder die päpstliche und bischöfliche Gerichtsbarkeit sonst erlischt, wieder die bürgerlichen Regenten als natür¬ liche Richter in diesen Sachen in ihre Rechte eintrete» müssen, wie es in Oesterreich unter Joseph ll. wirklich geschehen ist. Nun in Teutschland hat die Reformatio» Gelegenheit gegeben, daß die Gerichtsbarkeit der Bisthö" fe und des Papstes in Ansehung der Protestanten a"^ ge- 239 gehoben wurde. Die nothwendige Folge davon war, daß in Ansehung der Evangelischen die vormahls von Karl dem Grossen ansgeübte Gerichtsbarkeit in geistli¬ chen Dingen von neuem anflebte, und nach Maßgabe der Bestimmungen, denen die Ausübung der kaiserlichen Gerichtsbarkeit überhaupt durch die Reichsgesetze unter¬ worfen ist, verwaltet werden konnte. Nur mußten die Gerichte, welche im Nahmen des Kaisers sprechen, bey der Beurtheilung und Entscheidung solcher Sachen die evangelischen Reiigionsgrundsätze zum Grunde legen, weil sich der Richter bey jedem Streite, der zwischen den Mit¬ gliedern einer Gesellschaft entstehet, nach den Grundsät¬ zen dieser Gesellschaft richten muß. Wenn dieses befolgt wird, haben die Protestanten von dem Richteramte des Kaisers, wenn er gleich nicht von ihrer Religion ist, keine Beschwerung ihrer Gewissen und keinen Nachtheil für ihre Religion zu befürchten. Die Zahl der Erzbischöfe , Bischöfe und anderer Prälaten war zur Zeit Karls des Grossen in den frän¬ kischen Staaten schon sehr ansehnlich. In dem Testa? weute Karls findet sich ein Verzeichnis; der Erzbisthümer 'eines ganzen Reichs, welches sich auf Li Metropoli- tansitze belauft, worunter § teutsche sind, nämlich zn Maynz, Trier, Cdln, Salzburg und Bisanz. Bisthü- wer gab es damahls in Teutschland zu Speyer, Stra߬ burg , Worms, Metz, Toni, Verdün, Lüttich, Würz¬ burg , Costnitz, Augsburg, Trient, Seben, Chur, Pas¬ sau, Freyfingen, Regensburg, Eichstädt, Osnabrück, Minden, Bremen, Verden, Seligenstadt, Paderborn, Elze und Münster. Von den nachher zur fürstlichen Wür¬ be gestiegenen Abteyen waren auch schon jetzt bekannt die zu 240 zu Fulda , Hirschfeld, Kempten, Elwaugen, Werde, St. Emmeram, Hervordcu. Mit den Sitzen der Bischöfe, die im Innern von Teutschland angestellt wurden, und mit dem Metropo- litanrechte über dieselben hatte cS eine ganz eigene Le- schafsenheit, die hier noch bemerkt zu werden ver¬ dient. In andern Landern, wo in altern Zeiten Bis- thümer errichtet wurden, bekamen die Bischöfe ihren Sitz in den Städten. Die Bischöfe der Hauptstädte der Pro¬ vinzen hoben sich nach und nach zu Metropolitanen über die übrigen Provincialbischöfe empor. Es wurde auch bald durch ausdrückliche Kirchengesetze bestimmt, daß der Sitz eines Bischofs immer eine Stadt, und des Erz¬ bischofs die Hauptstadt der Provinz seyn sollte. Allein im Innern von Teurschland gab es noch keine Städte, viel weniger Hauptstädte. Man suchte also für die Bis- rhümer andere bequeme Orte aus, aus denen sich erst hernach, vorzüglich weil sich der Handel dahin zog, Städte bildeten; auf die Anlegung der Erzbiöthümer >>" Innern des Landes aber wurde Anfangs wegen Man¬ gel der Hauptstädte gar nicht gedacht, sondern die rhei¬ nischen Erzbischöfe von Maynz und Cöln übernahmen, ihrer weiten Entfernung ungeachtet, die geistliche Ober¬ aufsicht über die neu errichteten tcutschen Bisthümer. .Dadurch erhielten sie zwar ansehnliche Merropolitanspre"- gel. Allein weil sie zu weit von ihren Suffraganbisch^ fcu entlegen waren, so konnten sie ihre Metropolitan- rechte nie so genau in Ausübung bringen, als es in an- yeru Ländern üblich wäre Dieses schwache Band zmiM" den tcutschen Erzbischöfen und Bischöfen trug nicht wenig pa- dazu bey, dag die Päpste nach und nach immer Es¬ sern Einflug auf die teutschen Kirchenangelegenheiten ge¬ wannen. Mit der Zahl der Kirchen nnd Klöster hat auch ihr Reichrchum zugcnommen. Die Freygebigkeit der from¬ men Layen nnd allerhand eben nicht sehr auferbauliche Künste der Geistlichkeit haben denselben ungemein ver¬ mehrt. Karl der Grosse kannte die Misbranche, die dabey vorgiengen, und ließ es auch nicht an nachdrück¬ lichen Verweisen fehlen. Aber aus politischen Ursachen war es ihm doch lieb, daß die Geistlichen, besonders die Bischöfe reich und mächtig wurden, und er beförderte selbst durch ansehnliche Schenkungen ihre Macht, weil er sich an derselben ein Gegengewicht gegen die weltlichen Grossen verschaffen wollte. Selbst der römische Stuhl hat durch die von Karl dem Grossen bestätigte und viel¬ leicht noch erweiterte Schenkung Pipins eine andere Ge¬ stalt bekommen. Der Papst hatte nun nicht mehr bloß einzelne hin und her zerstreuete Patrimonien, sondern ein Kauzes zusammenhängendes Territorium. Doch war die¬ ses jetzt noch kein unabhängiges Land. Die heurige Ge¬ stalt hat der Kirchenstaat erst nach einigen Jahrhunder« ken erhalten. 33- Familmmmskande, letzte Willensverordnung und Ende Karls des Grossen. Karl hatte schon im I. 8»6 unter seinen Z Söh¬ nen Karl, Pipi« und Ludwig, die damahIS am Leben waren, eine Theilung angeordnet. Allein Pipin starb Ä im 242 im J. 8 m rmd Karl im J. 8". Es war also eine neue Disposition über die Erbfolge nöthig. Diese machte Karl im I. 8iz. Er erklärte Pipins hinterlassenen Sohn Bernhard zum Könige von Italien; seinen eigenen noch übrigen Prinzen Ludwig aber zum Mitkaiser und Nach¬ folger in allen andern Landern. Letztem schickte er gleich nach dieser Handlung wieder nach Aquitanien zurück, dessen Regierung er ihm schon im I. > «»vertrauet harte. Nicht lange hernach im Jänner 814 gieng Karl selbst nach einer 47jährigen Regierung im 7csten Jahre seines Alters mit Tode ab. Seine Große hüt Kürl grösitentheils sich selbst Zn Verdanken. Nicht eine vortreffliche Erziehung und gute Anleitung (denn woher sollte er diese empfangen haben?), sondern seine natürlichen Anlagen und eigene Ausbildung waren es, die ihm den Schwung über sein Zeitalter hin¬ aus gaben. Unter seiner Regierung verbesserte sich alles. Der Diplomatiker bemerkt, daß die Handschriften, der Numismatiker, daß die Münzen unter ihm schöner wer¬ den. Sein grosser- Geist war im Stande alles zu um¬ fassen. In Sachsen sorgte er für Italien, und in Ita¬ lien für Sachsen. Unter den wichtigsten Geschäften ei¬ nes ungeheuren Reichs durchfah er selbst die Rechnungen über das Erträgniß seiner vielen Mayerhöfe, die so in das Einzelne gehen mußten, daß sogar die Anzahl der Eyer und die Gartengewächse nicht ausgelassen seyn durf¬ ten. Was den Unternehmungen Karls den größten Nachdruck gab, ist, daß er überall selbst gegenwärtig war, und zwar mit der größten Schnelligkeit, wodurch seine Feinde abgeschreckt wurden, Unruhen anzustisten, weil fle befürchten mußten , daß er ihnen sogleich über den 24Z dsü Hals kouinien weide. Em Glück war eS mich, daß er so länge lebte; sonst hätte er" die wichtigsten Unter¬ nehmungen nicht äusführen können, z. B. die Sachsen wären schwerlich unter fränkische Botmäßigkeit gebracht worden, weich Karl Nicht 47 Jähre regieret hätte. Sei¬ ne Beharrlichkeit usid sein langes Leben wären die Ursa¬ chen der glücklichen Beendigung dieses grossen Werkes. Durch ein so langes Leben konnte sich überdieß Karl Er¬ fahrungen sanntteln, und di« Fehler verbessern lernen, die er Anfangs begangen haben mochte. In seiner Le¬ bensart war er sehr einfach. Man konnte ihn kaum von einem andern fränkischen Herrn unterscheiden, ausgenom¬ men > wenn er sich !m Glanze seiner Majestät sehen ließ. Ein tieferes Nachdenken über die Regierung Karls des Grossen konnte bey Jemand die Frage veranlassen, warum dünn heut zu Tage die Kenntnisse grosser Man- . ncr so eingeschränkt sind, daß auch der größte Mann außer seinem Fache wenig verstehet, jä oft nicht einmahl das weiß, was der gesunde Menschenverstand von selbst ringibt, da wir doch an Karl dem Grossen einen Mann finden- der so viele Sachen zu combiniren wußte, und sonst hey den Römern ein Mann von guter Erziehung zugleich Lekonom, Staatsmann, Feldherr, Richter und Gelehrter war? Die vorzüglichste Ursache scheint darin su liegen, daß wir zu abstrakt erzogen werden, und zu wenig intuitive Kenntnisse bekommen. Es scheint besser s» seyn, wenn man angeführt wird, sich die Ideen durch die Erfahrung selbst zu sammeln. Dann werden sie deutlicher. Man kant» deren mehrere fassen utrd leicht weiter gehe«. Die Alten wurden schon in früher Ju¬ gend in den Wirkungskreis hineingeführt. Auch schon Q - dey 244 bey dem Unterrichte wurden sie gewöhnt, selbst zu wir-' ken. Dadurch wurden ihnen die Lehren, die sie cmpsien- gen, gleichsam versinnlichet. Auf ihren Gütern lernten die Romer die Oekonvmie, im Kriegsdienste die Kriegs¬ kunst, im Senate die Staatskunst, im Foro die Juris¬ prudenz, und in Gesellschaft grosser Männer wurden sie Gelehrte. Die Regierung Karls des Grossen ist unstreitig dem Aeußern nach die glänzendste, die wir in der Reichsge - schichte haben. Allein von innen war sie drückend, wie jede Regierung eines Eroberers. Die vielen Kriege mu߬ ten der Nation sehr lästig werden- Die Grossen bedien¬ ten sich dieser Gelegenheit, das Volk.zu drücken. Karl mußte durch die Finger sehen, um die Grossen, deren Mitwirkung ihm zu seinen Unternehmungen unentbehrlich war, bey gutem Willen zu erhalten. Hatte das voll Karln aufgeführte Staatsgebäude zu einer Festigkeit und Consistenz gelangen sollen, so hätten nach ihm noch eini¬ ge Karle kommen müssen. Allein seine Nachfolger, Lud¬ wig den Tentschen und Arnulf ausgenommen, waren alle lauter schwache Köpft. 8- Z4- Luuwig der Fromme vom F. 8'4. 28. Fan. bis 840. 2a. Juny. (26 Jahre.) Die Lage, in der Ludwig der Fromme die Negie¬ rung an.trat, war ziemlich bedenklich. Das Reich war zu- H'coß und deßwegen nicht leicht zu übersehen. Die The"- 245 Dieile desselben waren zu ungleichartig, und noch nicht sest genug an einander geheftet. Die Sachsen waren «och nicht hinlänglich mit den Franken vereiniget. Die Bayern wollten immer unabhängig seyn. Die Teutschcn überhaupt und die Westfranken sahen nicht recht zusam¬ men , noch weniger aber beyde diese mit den Lvngvbar- den und Römern, Das Volk war gedrückt, die Gros¬ sen des Reichs mächtig. Nur ein Regent von Karls grossem Genie wäre im Stande gewesen, diese Theile zu¬ sammen zu halten und endlich in eine bessere Harmonie Zu bringen. Dieser Mann aber war Ludwig nicht. Man kann ihm zwar gute Eryemschaften nicht ab» sprechen. Er hatte einen wohl gebildeten Körper, eine Geschicklichkeit in Führung der Lanze und des Bogens, in der er Jedem der Seinigen zuvorthat, eine Fertigkeit in der lateinischen Sprache, als wenn sie seine Mutter¬ sprache gewesen wäre, Kenntnisse von der griechischen, gute Einsichten und das beste Herz. Als Privatmann würde er sich gewiß die Liebe aller um ihn her erworben haben, und wenn er bloß Regent von Aquitanien ge¬ blieben wäre, so würde ihn die Geschichte als einen zwey- ten Titus darstellen. Allein der Beherrschung eines gros¬ sen , noch nicht gehörig organisirten Reichs war er nicht gewachsen. Er konnte seinen Handlungen nicht den Nach¬ druck geben, der bey einer noch rohen Nation nöthig war. Seine Empfindsamkeit und Weichherzigkeit waren schuld daran. Sein nnzeitiger Religionseifer verdarb vollends «lies. Als er zur Regierung der Monarchie kam, konnte er sich in die vielen Geschäfte, die sich ihm nun auf einmahl vordrängten, nicht finden. Der Feh¬ ler war aber hier auf Seite seines Vaters. Dieser hat- 246 te ihn unter seinen Augen erziehen lassen, und an die Marimen, nach denen das ganze Reich regieret werden müßte, angewöhnen sollen. Allein Karl glaubte, sein Sohn könnte schon durch die Verwaltung einer einzelnen Provinz das Regieren lernen. Daher ließ er denselben immer in Aquitanien bleiben. Dieses hatte jetzt noch ei¬ ne andere üble Folge. Der Prinz hat sich in Aquita- pien seine Rätbe und Günstlinge gewählt. Er glaubt? sich auf leibe ganz verlassen zu können, und brachte sie nun mir. Zwischen ihnen und den Räthen, die Karl hin¬ terlassen hatte, entstand gar bald Zwietracht. Man wu߬ te den jungen Kaiser gegen die vertrautesten Freunde und vornehmsten Rache seines Vaters mistrauisch zu ' machen. Dadurch entzog er sich selbst eben die Manner, unter deren Anleitung es ihm vielleicht hatte gelingen können, die grosse Maschine des fränkischen Reichs in dem Gange, in welchen sie Karl gebracht hatte, noch ferner zu erhalten. Diese sind die hauptsächlichsten Um¬ stande , aus denen sich die Vorfälle der Regierung Lud' wigs erklären lassest. Unter dec vorigen Regierung ist bey den fortwäh» renden Kriegen das Volk von den Grafen und Bischöfen/, wie wir gehört haben, sehr gedrückt worden. Ludwig zeigte sich gleich beym Antritt seiner Regierung btt reitwillig, diese Bedruckungen abzustellen. Er schickt? nach allen Theilen seines Reichs Commissarien ab, wel¬ che die Beschwerden untersuchen und denselben an d-r Stelle abhelfen sollten. Diese fanden auch wirklich eine unzählige Menge Unglücklicher, die auf die ungerechteste Weise um ihre Freyhelt und Güter gekommen waren. Ludwig ließ assen diesen Opfern der Habsucht und Tyran¬ nei) 247 uey der Grossen Gerechtigkeit wiederfahren. Daraus lieht man schon, daß Ludwig für seine Unterthancn gut dachte, und die Mishandlungen nicht verdiene, womit ihm die Geschichtschreiber begegnen. Das Deyspiel seines Vaters in Bestimmung der Thronfolge befolgte Ludwig zu früh- Er hielt schon 'm I. 8»7 zu Achen einen Reichstag, worauf er seinen crstgebohrnen Sohn Lothar zum Mitgenossen des Reichs und der Kaiserwürde erklärte; seinem zweyten Prinzen Pipin aber Aquitanien, und dem dritten Sohne Lud¬ wig Bayern anwies. Seinen Neffen Bernhard bat er schon vorher als König von Italien bestätigt. Lite die¬ se Prinzen bekamen den Königstitel, sie sollten jedoch unter der Hoheit Lothars ihre Reiche verwalten; denn im Mittelalter bedeutete das Wort König nicht immer einen unabhängigen Fürsten. Es konnte Jemand den Königstitel haben, und doch einem andern untergeordnet seyn. Die Absicht Ludwigs bey dieser frühzeitigen Thei- lung gieng dahin, daß sich die Prinzen noch bey seinen Lebzeiten mit der Regierung ihrer Lander bekannt machen sollten. Deßwegen wurden sie auch gleich nach ihren Bestimmungsorten abgeschickc. Ludwig ließ die gemachte ^Heilung von den Grossen auf dem Reichstage durch einen Eid bestätigen. Vor derselben fastete und betete er drey Tage lang, und hielt sich nun versichert, daß er den Willen Gottes getroffen habe. Allein eben diese An¬ ordnung hat doch das ganze Unglück seiner Negierung nach sich gezogen. Zuerst empörte sich darüber Bernhard, König von Italien. Dieser glaubte ein näheres Recht »lo Lo¬ thar 248 thar auf das Kaiserthnm zu haben, theils well er ein Sohn des älter» Bruders Ludwigs des Frommen, näm¬ lich Pipins war, theils weil es ihm schien, daß die Kaiserwürde mit dem Königreiche Italien, das er schon lange besaß, verknüpft seyn müßte. Allein seine An¬ schläge wurden bald vekritelt. Bernhard fühlte sich Z» schwach, dem aurückenden Kaiser zu widerstehen, und entschloß sich, demselben sich freywillig zu unterwerfen. Die fränkischen Greffen verurtheilKn ihn zum Tode. Lud¬ wig aber ließ nur zu, daß er geblendet wurde. Drey Tage darauf starb der Prinz, nur auf eine schmerzlichere Art, als wenn er enthauptet worden wäre. Bald hernach gieng auch die Gemahlinn des Kaisers, Irmengard, mit Tode ab. Ludwig ward darüber so traurig, daß man besorgte, er werde die Negierung nie¬ derlegen und ins Kloster gehen. Seine Günstlinge, die dadurch alles zu verlieren fürchteten, gaben ihm aber keine Ruhe, bis er versprach, wieder zu heurathen. Alle Grossen des Reichs führten ihm nun ihre Töchter vor. Ludwigs Wahl fiel auf die Iudith, die Tochter eines angesehenen bayerischen Grafen, NahmenS Welf, von dem das nachher so berühmt gewordene welfische Geschlecht abstammt. enim pn'ofira V,l6s" sagt Theganus. Mit dieser zweyten Gemahlinn erzeugte Ludwig im 3» 8^ einen Sohn Karl, der in der Folge den Veynah- men des Kahlen bekam. Der Vater selbst liebte das neue Kind ung-mein, und dessen Mutter lag ihm um ei¬ nen Erbtheil für dasselbe beständig in den Olsten. Allein woher sollte dieser Erbtheil genommen werden? Die sämnitlichen Länder waren schon im I. 8,7 getheilet worden. Eine eigenmächtige Abänderung dieser so sip- erlich 24 S erlich gemachten Theilung war sehr bedenklich. Ludwig und Judith wendeten sich daher an Lotharn, dessen Lan- desantheil der größte war, um ihn zu einer freywilligen Abtretung für seinen Stiefbruder zu bewegen. Lothar willigte auch ein, daß der Vater nach Willkühr seinem jüngsten Sohne einen Thcil ausmessen sollte; ja er both sich sogar zum Vormünder und Beschützer Karls an; aber in geheim suchte er alles zu Hintertreiben. Als Ludwig dieses erfuhr, wählte er den Herzog Bernhard von Septimanien zu seinem ersten Minister, weil er glaubte, dieser sey im Stande, die Sache mit Nach¬ druck anzugreifen, und gegen jeden Widerspruch durch¬ zusetzen. Allein die Gemüther wurden dadurch noch schwieriger gemacht; denn Bernhard war bey der Nation sehr verhaßt, und seine schlechte Reichsverwaltung ver¬ ursachte allgemeines Mißvergnügen. Dessen ungeachtet konnte sich Ludwig nicht enthalte», seinem geliebten Karl Alemannien z» seinem Antheile anzuweisen. Dadurch brachte er aber auch die Gahrung vollends zum Aus¬ bruch. Es entstand im I. darüber eine Empörung ber drey Söhne erster Ehe wider ihren Vater. Ludwig gerieth in Lothars Gefangenschaft; wurde jedoch durch Hülfe der Teutschen, und selbst Ludwigs, seines dritten Sohnes , daraus wieder befreyet. Allein die Empörung Mng bald wieder von neuem an. Jetzt wurde auch ber Papst Gregor IV. darein gezogen. Er kam selbst "ach Teutschland in das Lager der aufrührerische» Söhne, welches diese bey Kolmar in Elsaß dem Lager des Vaters gegenüber hatten, und drohere den Bischö¬ fen, die es «och mit dem Kaiser hielten, mit dem Ban¬ ne, wenn sie ihn nicht verlassen würden; wogegen sich gber diese sehr freymüthig erklärten: „nuUo moso s vellu 2Z0 volle ezun voluutatt succumsiere. 8eä 6 excomwU' nicatnrus uüveuirer, exeommunjcgtuL ubiret, c^uuM alirsr le lrsboat gntiquornm cononum uuölvrirar. " Indessen drang doch die italiänische Politik durch. Der Papst nahm die Maske an, als wollte er den Mittler zwischen dem Barer und den Söhnen machen, und be¬ gab sich in das Lager des Kaisers. Allein wahrend er denselben mit arglistigen Unterhandlungen aufhielt, wur¬ den fast alle Truppen des Kaisers von ihm abwendig gemacht, und giengcn zu den Söhnen über. Der Ort, wo diese Betrügerei) vor sich gieng, wurde das Lügen¬ feld genannt. Die Wenigen, die noch dem Kaiser treu geblieben sind, befragten ihn, was sie nun zu thun hatten? Ludwig antwortete ihnen: „Gehet auch ihr zu meinen Söhnen über. Ich will nicht, daß meinet¬ wegen ein einziger das Leben oder ein Glied verliere. Und so überlieferte sich der verlassene Kaiser selbst seinen Söhnen. Diese theilten hierauf das Reich, und gien- gen aus einander. Lothar nahm zugleich den Vater mir sich, den er zu Soissons in ein Kloster einsperren ließ. Weib und Kind wurden von ihm getrennt. Lothar übernahm nun die Regierung als Kassel- Weil er aber einen abermahligen Umschwung der Dinge zu befürchten hatte, so wurde ein Project gemacht, dem so gut als abgesetzten Kaiser Ludwig auf immer die Rückkehr zum Throne abzuschneiden. Es war ein Kir¬ chengesetz vorhanden, welches Jedem, der einmahl öf¬ fentliche Kirchenbusse gethan, für unfähig erklärte, fe" »er die Waffen zu tragen. Einen König aber, der nicht waffenfähig wäre, konnte sich die fränkische Nation nicht denken. Die Bsschöfe mußten also alle Mittel anwen¬ den, -ZI den , um den Kaiser z» bereden , daß er sich seiner vie¬ len Verbrechen wegen der öffentlichen Buffe unterwerfen sollte. Der von allen Seiten geängstigte Ludwig ent¬ floß sich baru. Er wurde eines Tages von den Bi- l r-öfen in die Kirche geführt, mußte von einem ihm in die L and gegebenen Zettel seine vermeintlichen Verbre¬ chen hl leien, und sich derselben schuldig bekennen; daun um die Gnade der öffentlichen Duffe bitten, d.r Waffen und das Kriegökleid ablcgen, und die Kleidung eines Buffenden anziehen. Die Bischöfe legten das Ver¬ zeichnis seiner Missethatcn auf den Altar, legten ihm die Hände auf, saugen das Miserere, und machten zu¬ letzt über die ganze schändliche Handlung einen schriftli¬ chen Aufsatz. Bey allem dem glaubte sich Lothar noch nicht hinlänglich gesichert. Er suchte daher den Vater durch alle möglichen Kunstgriffe zur Ablegung der Ordens¬ gelübde zu bewegen. Allein Ludwig war auf keine Weise dahin zu bringen. Selbst mtter den Geistlichen gab es Leute, die ihm dieses auöredeten. Indessen erwachte bey der Nation das Mitleideu über den unglücklichen Kaiser. Insonderheit lehnte sich der dritte Sohn des Kaisers, Ludwig, gegen Lothar auf, theils wegen dessen Herrschsucht, die er über die übrige,, Brüder blicken ließ, theils wegen der Härte, womit er den Vater behandelte. Er machte mit seinem Bruder Pjpin ein Bündniß, um den Varer zu befreyen und wieder einzusetzen. Die Scene änderte sich nun. Die Bischöfe mußten den Kaiser absolviren, und ihm statt des Bußkleides die kaiserliche Kleidung anlegen und die Waffen wieder geben. Der Kaiser machte sogleich ei¬ ne allgemeine Amnestie bekannt, die sich auch auf Lo¬ tharn LZS iham erstrecken sollte, nur mußte er versprechen nach Italien zu gehen, und sich nicht ohne Erlaubnis des Vaters daraus zu entfernen. Ludwigs des Frommen Regierung hatte nun ruhig und glücklich seyn können, wenn nicht Karl der Kahle immer dazwischen getreten wäre. Im I. 8z8 starb Pipi» von Aquitanien. Ludwig und seine Gemahlin» hiengen sich wieder zu Gunsten ihres Karls an Lotharn. Um M z» gewinnen, wurde verabredet, daß das Reich zwischen Lvrharn und Karl» gerheilt werden sollte, nur mit Aus¬ nahme von Bayern, welches man dem Prinzen Ludwig lassen wollte. Auf Pipins hinterlassene Söhne, Pipi» und Karl, deren einer hernach als Mönch, der andere als Erzbischof von Maynz starb, wurde bey dieser Thei- lung keine Rücksicht genommen- Ludwig von Bay- er», der seinen Vater zweymahl ^gerettet, kam da- bey sehr zu kurz, und wurde wider seinen Vater aufge¬ bracht. Auch die Aquitanier nahmen sich der Söhne ihres vorigen Königs Pipin an. Der Kaiser zog gegen seinen Sohn Ludwig zu Felde, und dieser mußte sich zurückziehen. Allein nun fiengen die Aquitanier die Em¬ pörung an. Ludwig war jetzt genörhiget, auf sie loözu- gehen. Indessen griff aber Lndwig von BaHern wieder zu den Waffen. .Der Kaiser berief einen Reichstag nach Worms, um die Unruhen beyzulegen. Allein auf der Reise dahin erkrankte er, und ließ sich auf eine Insel des Rheins unterhalb Maynz bringen, wo er sich unter Zelten zu Bette legte. Hier machte er eine Verordnung wegen Austheilung des königliche» Schatzes, und erwartete sein Ende. Sein natürlicher Bruder Drogo, Bischt von Metz und Erzcapellan, suchte ihn mit seinem Sohne Lud- 2§Z Ludwig auszusöhnen. Allein der Kaiser ließ sich hart dazu bewegen. Endlich sagte er doch: „Weil der Ver¬ brecher, der mir so viel zu Leide gechan, nicht selbst kommen kann, um mir Genugrhmmg zn geben, so rhue ich bas Meinige, und vergebe ihm vor Gott und euch alles , womit er mich beleidiget hat. Ihr aber könnet ihn ermahnen, nicht zu vergessen, daß er die grauen Haare seines Vaters, der ihm so oft verziehen, in Ve- trübniß inS Grab gebracht, und hierin die Befehle und Drohungen Gottes, des allgemeinen Vaters, verachtet habe. " Mit diesen Worten starb Ludwig im J. K40, "ach 6g Jahren eines ihm von seinen eigenen Söhnen äußerst verbitterten Lebens. Der gütigste, sanftmürhig- ste Mann starb gerüstet gegen seinen eigenen Sohn, der aus seinen Kindern noch der beste war. Cs ist offenbar, daß Ludwigs voreilige Theilnng "nd zweyre Heurarh an den Unglücksfällen seiner Regie¬ rung die meiste Schuld hatten. Er halte entweder nicht s» frühzeitig das Reich theilen, oder nach der Theilnng nicht mehr heurathen sollen. Weil die Theilung mit so vielen Feyerlichkeitcn geschehen war, so glaubten die Söhne der ersten Ehe daraus ein so starkes Recht auf ihre Länder erhalten zu haben, daß ihnen selbes nicht Mehr genommen oder beschrankt werden könnte. Viele Grosse» machten sich auch ein Gewissen daraus, von dem Eide abzugehen, womit sie die Theilung bestärket haben. Daß sich unter einer so schwachen mW unruhvol- leu Regierung , als die Ludwigs des Frommen war, Veränderungen in der Staats-und Rirchenverf^rft kung zum Nachtheil der Krone ereignet haben, darf man 2Z4 Man wohl nicht erst erinnern. Auch kann uns schott der blosse Nähme des Frommen, der Ludwigen beygelegt wird, Bürge seyn, daß es unter ihm an neuen Stif¬ tungen nicht gefehlet haben werde. Unser Verfasser bringt über alle diese Dinge einige Belege bey, die wir erörtern müssen. Das Gewicht her Grossen, sagt er, bekam uM ter Ludwig dem Frommen einen merklichen Zuwachs» Sehr natürlich! Denn bey den immerwährenden Strei¬ tigkeiten ließen sich die Grossen, wie es einmahl schon die löbliche Sitte des Lehensystems mit sich brachte, bald von dem Vater, bald von den Söhnen brauchen; aber von keinem umsonst. Jeder mußte ihnen Rechte und Vortheile einraumen. Ludwig z. V. redete sie nach sei' ner ersten Wiedereinsetzung so an: „IXiInl tine veüra contilio SLlurum ins xrotüeor", und war überhaupt nach Thegans Zeugniß ,,in rgntnm luißus, m gnt-m ivanäitum, ut vilia-l rsxias üäelibu'z lui-, traciiclit i» xoü'eistones kempirsrngs. " Auch das Ansehen her Bischöfe stieg unter feinet Regierung ungemein. Ludwig ermahnte selbst in einem Capitulare vom I. 82z die Bischöfe, wenn ihnen Hin- Hernisse in Weg gelegt würden, sich nur an ihn zu wen¬ den: ,,ur nottro, sagt er zu den Bischöfen, uuxilio fukkulti , Huoä veÄra aucroritas expoloit, t'amulanlo - ut clecst, pokottrike notkra ^ertiLsrü vuleriti». äkatl der Grosse hat gewiß nie so herablassend gegen die Bi¬ schöfe gesprochen. Auch war unter ihm wenig Reve vos der Wahlfreyheit der Kirchen gewesen. Allein von deM schwachen Ludwig wußten die Bischöfe gleich im I. 8 »6 ein 255 em Capiuüare -zn erzwingen „m exiscoxi per elecrio. nem cleri L pvpuä l'-cu,ulum lk.nmn e.gnomim äs pwprig hjcuesst eli^anturch' Doch konnten die gewähl¬ ten Bischöfe erst »ach der königlichen Bestätigung einge- wcihet, und inußten allzeit von dem Könige durch die Belehnung, die wahrscheinlich scheu mit Stab und Ring geschah, in den Besitz ihrer Pfründen gesetzt werden. Auch hielt sich Ludwig nicht se genau an die obige Ver¬ ordnung wegen der freyen Wahl, daß nicht hernach un¬ ter ihm Beyspiele königlicher Ernennungen der Bischöfe verkamen. Selbst die Päpste mußten unter Ludwig noch die kaiserliche Bestätigung suchen Alb neue tSnsker von dieser Zeit sind zu merken das Erzbisthum zu Hamburg, welches Ludwig im I. r^4 bloß mit Einwilligung der tenkschen Bischöfe für die nördlichen Gegenden errichtete, die berühmte Abtey zu Corvey für Mönche, und das Kloster Obermünster zu Regensburg für die Nonnen. Außerdem wurden die Bisthümer zu Seligenstadt und Elze an andere Orte ver¬ legt , jenes nach Halberstadt im I. 8-4,. dieses nach Hildesheim im I. 822. Z- 35- Ludwigs des Frommen Söhne und Enkel vom ältesten Sohne vom I. 840 bis 870. (Zv Jahre.) Nach dem Tode Ludwigs des Frommen betrachtete sich Lothar zu Folge der ersten Verordnung des Vaters als Kaiser und obersten Beherrscher der ganzen Monar- - chie EZ6 chie. Seine Brüder Ludwig und Karl waren aber damit nicht zufrieden. Sie wollten nicht gleichsam als Statt¬ halter unter Lothar» stehen. Es entstand ein Brüder krieg. Die Entscheidung gab die Schlacht bey Fontenai im I. 84l. Lothar würde überwunden und genbchigt, sich zu einer Theilung zu bequemen, welche im J. L4Z zu Verdun erfolgte, und unter dem Nahmen des Ver¬ duner Vertrags (pactum Veroüunenlc) bekannt ist- Kraft derfelben bekam Rarl der Rahle den westlichen Theil der Monarchie, oder das heutige Frankreich bis an die Rhone, Saone, Maas und Schelde; Ludwige von seinem Antheile nunmehr der Teursche genannt, den östlichen Theil des fränkischen Reichs, oder das heutige Teurschland bis an den Rhein, und jenseits des Rheins wegen des Weinbaues noch die drcy Städte, MaynZ, Worms und Speyer. Alles übrige zwischen dem Rheine und jenen vier Flüssen vom mittelländischen Meere bis an die Nordsee, nebst Italien und der Kaiserwürde wurde Lc- rhurn zu Theil. Dieser Theilungsvertrag ist darum sehr merkwürdig, weil Teutschland dadurch ein eigenes und unabhängiges Reich geworden ist. Lothar, durch Krankheit geschwächt, vielleicht auch durch Gewissensbisse gemartert, gierig zuletzt ins Klo¬ ster, und starb bald darauf im I. 855- Seine dreb Sühne theilten sich wieder in die väterlichen Länder st', daß der jüngste Rarl Provence, Dauphine", Lion, M'd einen Theil von der Schweiz, oder das so genannte sts^num provinciiL ; der älteste Ludwig II. Italien mit der Kaiserwürde; der mittlere Lothar 1l. die Län¬ der zwischen dem Rheine einerseits, und zwischen der Maas und Schelde andererseits vom vogesischen Gebirge bey 257 öey Basel bis an die Nordsee bekam. Diese lehren, Länder erhielien von eben diesem Lothar H. den Nahmen deS lothrinzischen Reichs. Karl gieng aber schon im I. 86z unbeerbt mit Tode ab. Sein Antheil, das Kegmun ?rovinciL wur¬ de unter den beydeN übrigen Brüdern Ludwig II. und Lothar ll. tzetheilet. Ein Theil davon kam also zrt Italien, der andere zu Lothringen. Z Z6. Staatsveranderungen des ständischen Reichs in dieser Zeit vom Z. 842 bis 876. Hatten Ludwigs des Frommen Söhne und bereit Nachkommen nach der Tbeilung genau zusammen gehal¬ ten, so würde vielleicht die. Monarchie dadurch gewon- nen haben, weil jeder sein Reich leichter hatte übersehen können. Allein sie waren weit davon entfernt. Jeder sucht« nur über den andern Eroberungen zu machen. > Dadurch wurde die Macht der Karolinger so geschwächt, daß sie nicht mehr int Stande waren, den innerlichen Empörunyen und den Einbrüchen fremder Völk.c Enthalt zu thun. Schon int I. 85g Machte fich Na¬ varra diesseits der pyrenäischcu Gebirge > welches ein -t-beil neu Aquitanien war, und zu Karls des Kahlen Änihcjl gehdrte, von der fränkischen Herrschaft los, und ward 857 ein eigenes Kbnigteicy. Eben so entzog:u sich die Taracenen im heurigen Arragonien der sranri- schen Hoheit, und auf solche Arc gieng dir von Karl R dem 2)8 dem Grossen eroberte ^lurchia Uckpanict jenseits des pyrenäischen Gebirges ein. Ucberdicß beunruhigten die Saracene» nicht nur die Küsten von der Provence und Aralien, sondern setzten sich auch in Neapel und Sici- jjen fest. Ja sie bedrvheten sogar Nom mit einem Uc- berfalle, und wahrscheinlich wäre es nm Rom geschehen gewesen, wenn es nicht den Papst Leo IV. gehabt hätte. Dieser versammelte die Jtalianer, erschien selbst bey ih¬ nen, sprach ihnen Muth zu, nnd bewirkte durch sein« Anstalten so viel, daß die Saraccvcn abgetrieben wurden. Weit gefährlicher waren den Teutschen die wen¬ den , welche vom rechten Ufer der Elbe her öftere Ein- älle unternahmen. Doch war gegen sie Ludwig der Teutsche noch ziemlich glücklich. Unter den Wenden tha- ten sich die Mährer am meisten hervor. Sie errichteten nach dem Verfall der Avaren ein grosses mährisch^ Reich, welches sich tief in Ungern erstreckte- Besonders machte sich ihr Fürst Iwentebold bekannt. Am unbändigsten aber waren Vie Normanne»' Einige Bravi unter ihnen hatten zwar schon unter Karl dem Grossen einzelne Streiferepen in die fränkischen Pro¬ vinzen gemacht. Allein sie waren noch nicht recht verei¬ niget. Lothar I. hatte sie zuerst gegen seine Brüder reitzt. Wie hernach durch die innern Kriege und Tb^ lungen die fränkische Monarchie schwach wurde, drangt sie fast jährlich zu Wasser die Seine und Loire hina«' bis ins Herz von Frankreich, und raubten an beyde« Ufern dieser Flüsse, was sie konnten. Es ist nickt r« wundern, daß der Hang zur Seerauberey bey den Nor¬ mannen» einrieß, und allgemein wurde. Sie hatten dürft 2ZY bürfniß und Mittel dazu. Sie waken Küstenbewöbner, Und hauen keinen 'Ackerbau. Der Fischfang, die Jagd und Viehzucht konnten in ihren kalren Landern auch nicht auS- giebig genug seyn, um sie zu narren. Die grossen Walder gaben ihnen Holz, um sich Schiffe zu bauen. Einige machten Versuche damit, auf Leute auszulaufen. Sie boarcn glücklich Dieses munterre mehrere zu ähnliche» Unternehmungen auf, Bey der Zerrüttung des fränki¬ schen Reichs gelang es ihnen noch besser. So wurde znlchr die ganze Nation secräuberisch. Die Neigung zur Seerauberey hat sich bey den Normännern erst dann gelegt, als daö Christcnthum unter ihnen verbreitet Wurde. Die Missiouarien, um sie von diesem mit dem Geiste deS Evangeliums unverträglichen Gewerbe abzu- halteu, muften sie an eine Stättigkeir zu gewöhnen su¬ chen. Dazu war kein anders Mittel, als sie mit dein Ackerbau und andern Erwerbungswegen bekannt zu ma¬ chen. Dadurch erhielten sie Nahrung, ihre Sitten wur¬ den milder, und sie unterließen von selbst die Kaperey« Die Gefahren vor den Einfällen fremder Völker, und die innerlichen Zerrüttungen machten es den fränki¬ schen Königen einleuchtend, wie nolhwendig nicht nur die Herstellung der brüderlichen Eintracht, sondern auch eine nähere Verbindung unter ihnen sey, um dem ge¬ meinsamen Norhstande ihrer Länder abzuhelfen. Dieses gab Anlaß zu verschiedenen Zusammenkünften der sämmt- üchen fränkischen Könige, wo sie über die hiezu nöthigm Maßregeln vereinigte Berathschlagungew anstellten. So siuden sich ch Jahren 847 und 8zr convenlu« spuck mm-snsm, «„v j», I. zu Coblenz, wö ein F"«- drnsschluß zwischen Karl dem Kahlen und Ludwig dem R 2 TM- L6o Teutschen, der von Karls Unlerthanen zu Hülfe gerufen, in Frankreich eingedrungen war, errichtet wurde. Auf diesen Zusammenkünften wurden sie unter andern eins/ daß sie ihre Unterthanen nicht wider das Gesetz und die Gerechtigkeit verurtheilen, sondern vielmehr sich des Raths und der Mitwirkung ihrer Stände dazu gebrau¬ chen wollen, den verworrenen Anstand der Kirche und des Staates wieder in Ordnung zu bringcü. Die gefährlichen Einfälle der Wenden und Nor- nianner zogen auch eine Veränderung in der Verwal¬ tung der Provinzen nach sich. Karl der Grosse hat die Herzoge abgeschafft, und an ihre Stelle mehrere Grasen gesetzt Jetzt kommen die Herzoge wieder zrnN Vorschein, besonders in den Gränzptovinzen. Hier er¬ heischte es die Sicherheit der Reichsgranzen, daß iw Falle eines feindlichen Angriffs sogleich Jemand da war, der die benachbarten Grafen und Bischöfe zur Wehr auf- bietheri, den Sammelplatz bestimmen, und das Ge- mralcommando über das zusammengckommene Kriegs¬ heer übernehmen konnte. Zu diesem Ende wurde einem oder dem andern Grafen eine größere Gewalt anver¬ trauet. Ein solcher Graf wär nun der gemeinsame Heer¬ führer der ganzen Provinz, und hieß Dux. Dergleichen Duos« oder Herzoge erscheinen schön unter Ludwig dein Teutschen in Thüringen und Sachsen. I» Thüringen wurde um das I, 847 ein gewisser Tachulf zur Vertei¬ digung der Gränzett gegen dis Sorben - Wenden als Her¬ zog angesetzt, dem hernach im I» 874 Ratölf, und 877 Poppo folgte. In Sachsen finden wir einen HerM Ludolf, der die Abtey Gandersheim gestiftet, und «och 8,59 gclebet hat. Er hatte zum Nachfolger seinen ältern Sohn Schn Bruno. Von dieser Zeit an gehet in den gedach¬ ten Prohinzen die Reihe der Herzoge immer fort. Diese Herzoge hatten aber nicht alle Vorrechte der alten Her¬ zoge unter den Merovingern; denn sie wurden unmittel¬ bar vom Hof aus ernannt, waren königliche Statthal¬ ter, und hatten nur die Gewalt, die ihnen in ihren In¬ structionen gegeben wurde, Ihre Einkünfte bestanden theilS in Parrimonialgütern, die sie schon vorher im Lande besaßen, oder hernach erwarben, thejlS in den Kammergütern, die sie vom Könige als Benesicien er¬ hielten. Ihre Aemter und Benesicien waren nicht erb¬ lich ; doch fiel es den Königen manchmal)! schwer, den Svbn eines Herzogs von dem väterlichen Ainte auszu- schlicßen, weil ein Herzog meistens grosse Allodien in seinem Lande hatte , die auf seinen hinterlassene» Sohn fielen. Ein fremder Herzog, den der König in die Pro¬ vinz setzen wollte, konnte daher nicht so leicht gegen den mächtigen Sohn des vorigen Herzogs aufkommen. Bey allen diesen Vorkehrungen konnte jedoch die schwache Macht des Staats die Unterthanen von dem Morden und Plündern der auswärtigen Feinde nicht schützen. Daher mußte Jeder, so gut er konnte, selbst ^"s» leine Sicherheit bedacht seyn. Vorzüglich suchte Man selbe in Erbauung fester Beryschlöfier. Wer im- "wr Vermögen dazu hatte, bauete sich auf einem, so viel Möglich, unzugänglichen Orte eine Burg, worin er sich und das Seinige Key feindlichen Ueberfallen rettete. Bald aber erfuhr man, daß die Burgen auch noch zu Fuders taugen, als zur Vertheidigung. Der ein fcsreo Schluß harre, fühlte sich im Stande zu seyn, sich e st Recht z» verschaffen. Glaubte er also an Jemand «inen 26? einen Anspruch zu haben, so spähete er die günstige Ger legenheit aus, ihn mit Vorrhcil aus feiner Bergftstnng überfallen zu können, und zog sich, nachdem er Sans- faction genommen, in dieselbe zurück, wo man ihm nichts anhaben konnte. Selbst obrigkeitlichen Befehlen konnte er daraus Trotz biethcu. War es aber einmahl schon so weit gekommen, so war es leicht, noch einen Sch-nt weiter zu machen. Man sicng an, auch Leute auzngreifen, von denen man nichts zu fordern barte, Vorbcpreiseude anszuplündern oder gefangen wegzufchlep- pen um gute Ranzionsgclder zu erpressen Sv wur¬ den die Schöner Raubncsier. Alle öffentliche Sicherbeit verschwand, und ein allgemeines Faugrewc riß ein- Jeo-> s.eye ^am.lie, jede Gemeinheit maßte sich das »n- beschräuur Reckt der Waffen an. Eine falsche National- eure, die uw dazu gesellte, niacbre dao Uebel noch är- g. und krebsartiger. Man mb cS für eine Probe der persönliche» Tapferkeit an, wenn man einen andern be- febdere. Die fränkischen Könige klagen schon in ihren Ausammenkünflcn zu Marfna in d Collenz, daß die Rau- bereyen und Befehdungen gleichsam als gesetzmäßig kraft Herkommens getrieben werden, und verbietben dieselben unter Androhung des göttlichen und königlichen Bannes, Wein dieses hat nichts geholfen. Mit dem Faustrechte stand wieder in Verbindung - daß die Bischöfe und Prälaten, wie auch die fürstlichen und gräflichen Familien sich »m Vasallen in so grosser Anzahl, als jeder konnte, bewarben. Diese braucklen sie, um ihre Burgen zu besetzen , sich Sicherheit und Reckt zu verschaffen, oder auch nach Gutbefinden Deute zu machen. Darüber wurde das Lehenwesen ft gemein Z6z gemein , daß zuletzt alles mehr darauf, als auf einer wahren Staatsverfassung beruhete. Man wußte von keinem Staatsverbande mehr. Man vergaß, daß alle Bürger zur gemeinschaftlichen Wohlfahrt vereiniget sind; daß der König die zur Erhaltung der Sicherheit noth- wendigen Rechte haben, und daß mau ihm zu diesem Ende gehorchen müsse. Nur die Lehenverbindung war noch das einzige Band, welches die Leute an einander knüpfte. Wer in keiner Lehenverbindung war, wurde für nichts geachtet und unterdrückt. Niemand konnte ihn schützen. Der Lehenherr bekümmerte sich nur darum, daß ihm seine Lehenlcute richtig den Lehcudieust leisteten; übrigens ließ er diesen sreye Hand, mir ihren Bauern und Leibeigenen auf ihren Gütern zu schalten und zu wal¬ ten , wie sie wollten; er konnte es auch nicht hindern, da seine ganze Macht bloß in seinen Vasallen bestand. Dadurch gelangte der Adel zu einem Grade der Frei¬ heit, über den kaum ein höherer in einem Staate gedacht werden kann; aber die niedere, weit zahlreichere Men- schenclaffe sank dabey in einen Instand herab, in dem sie sich nicht viel besser als das Vieh behandeln lassen mußte, Bey den Einfallen der Wenden und Normanner, hey den innerlichen Empörungen, Kriegen und über Hand genommenen Befehdungen mußten sich nothwendig alle Anstalten verlieren, welche Karl der Grosse zur Aufnah¬ me der Künste und Wissenschaften gemacht hatte. Alles sank immer tiefer in Unwissenheit und Zmstermß zu¬ rück , Handel und Wandel lag darnieder, und unglaub¬ lich. rohe Sitten rissen ein. Nur der geistliche Stand sand dabey seine Rechnung; denn die Unwissenheit und der 264 der Aberglauben rhaten gute Dienste, um demselben, da er doch immer ncch einige Kenntnisse batte, das völlige flebergewtcht über den ganz rohen weltlichen Stand zu verschaffen. Endlich wurde in diesen Zeiten auch der Grund zur völligen ve.nnd.rung der Rivchenzucht gelegt. Man hat schon vor einer geraumen Zeit angefangen, Concilieu- schiüffe und Briefe der römischen Bischöfe zu sammeln. Eine solche Sammlung hat Dyomfius Eriguus in der ersten Hälfte dcS dren Jahrhunderts geliefert. Er kenn- je aber keine altern Briefe der römischen Bischöfe, un- geachtet ihm die römischen Archive zu Gebote standen, ausfindig machen, als die vom P, Siricius pom I. g85' Eine ähnliche Sammlung veranstaltete im hlen Jahrhundert Isidor Erzbischof von Sevilla in Spanien, ein Mann vo» nicht geringen Verdiensten und grossem Ansehen. Diesen Nahmen misbranchle zu Anfang deS nten Jahrhunderts ei» Betrüger. Er gab unter dem Nahmen Jsidorus Pec- c«ror eine neue Sammlung heraus, deren Absicht dahin gieng, die Bischöfe und andere Geistlichen von der stren¬ gen Zucht ihrer Erzbischöfe und der Provincialsyuoden zu bkfreyen, und darum lieber den Papst, dessen Ent¬ fernung weniger für die Freyheit des geistlichen Stands' befürchten lieg, zum allgemeinen Herrn der ganzen Kir¬ che zu machen. Zu diesem Ende hat er die achten Con- cilienschlüffe, die er in seine Sammlung ausgenommen' so zugeschnitten, wie sie zu seiner Absicht taugten. z. V. hieß es in einem alten Canon einer Kirchenver-' sammluug von Carthago: eS sollten aus Africa keine Appellationen jenseits des Meeres gehen- Isidor liefer¬ te Pen Canon; setzte aber hinzu: außer an den Stuhl zu MoM 26H Rem. Bisweilen verwandelte er einen belaßenden Latz durch Einschiebung der Partikel 'MN in einen verneinen¬ den. Il, dem erdichtete er eine Menge päpstlicher De- crrta>bri-fe schon von Clemens l. an vom I- 9H be« und liess darin die alten Bischöfe von Nom so reden, als wenn dasjenige, was er gerne in die Uebung ge¬ bracht Haire, schon zu ihren Zeiten so gewesen wäre. Die neuen Sülle Jsidorö, die sich auf die Hierarchie beziehen, sind folgende: Nur der Papst ftv befugt , wider einen Bischof das Endnrcheil zu fallen, Vischo,e abzusetzen, oder von einer Kirche zur andern zu überset¬ zen , man könne von allen Orten nach Rom appelliren, alle grösseren und wichtigeren Hauhel, wolnn man lu.ld die Errichtung neuer, die Theilung oder Vereinigung älterer Visthümcr re. zu zahlen ansieng, gehören mr Entscheidung deS Papstes; ohne Einwilligung deS Pap¬ stes könne kein Provincialconciiium gehalten werden; die Einweihung eines BischofeS müsse im Nahmen des Pap¬ stes von allen Bischöfen der Provinz geschehen re. Bezug auf den Staat kommen in der isidorischen Samm¬ lung folgende Sätze vor, dass man von den Laven keme Anklage gegen die Bischöfe aunehmen soll; daß die Geist, lichen als der Augapfel Gottes anzusehen seyen, den man ja nicht anznlasten sich unterstehen soll; daß die Layen die bösen Sitten der Geistlichkeit geduldig ertragen, 'hre Laster überseben, und bloß Gott das Unheil dar¬ über überlassen müssen; daß die geistlichen Personen und Güter von aller Gerichtsbarkeit der weltlichen Machr gänzlich seyen :c. Der römische Hof hat zwar ein¬ zelne von diesen Sätzen schon mehrmahl durchzusctzen Versuche gemacht. Allein sie waren noch in kein «System gebracht. Dieses zu thun, war Jsidorn Vorbehalten. Wenn -66 Wenn nicht eine so grobe Unwissenheit geherrschet hatte, so wäre es unmöglich gewesen, eine so handgreifliche Jmpostur in den Gang zu bringen. Allein das Schick¬ sal wollte es einmahl so, daß der Betrüger den rechten Zeitpunkt gut zu treffen wußte. Der Nähme Isidor kam ihm sehr wohl zu statten. Man glaubte, die Samm¬ lung rühre von dem gelehrten und frommen Erzbischof? Isidor von Sevilla her. Es wurde ansg - sprengt, der Erzbischof Riculf von Maynz habe sie aus Spanien er¬ halten, und in Umlauf gebracht. Niemanden fiel es ein, kritische Untersuchungen darüber anzustellen. Man war es auch bey der Finsierniß des Zeitalters nicht im Stan¬ de, sondern nahm das Werk, wie es war, als acht an. Selbst der Erzbischof Hinkmar von Rheims, der gelehrteste Mann seiner Zeit, getraute sich nicht , dessen Aechtheit zu bezweifeln, und behanptete nur, die darin enthaltenen Deeretalbriefe könnten keine Anwendung ha¬ ben, weil sie nicht in den alten Sammlungen der Cano- nen zu finden waren. Die Papste wußten Isidors Ar¬ beit bald zu benützen. Sie richteten sogleich ihre Decre- talbriefe nach dem Geiste derselben ein, und als sie spä¬ ter ihre Deeretalbriefe selbst sammeln ließen, kamen die nämlichen Grundsätze, die Isidor verbreitet hatte, hin¬ ein- Erst im izten Jahrhundert ficng man an, über die Aechtheit dieser Deeretalbriefe Zweifel zu erregen - und erst im röten Jahrhundert haben die Oonlurmcores MuFlledurgici, (protestantische Theologen, die eine weit¬ läufigere Kirchengeschichte in Gesellschaft verfertigten,) die Unächtheit derselben vollends erwiesen. Der Urheber der Sammlung ist unbekannt. Er nannte sich Isidoras Peccator, weil die Bischöfe damahls aus Demuth letz¬ ter« Nahmen bisweilen dem ihrigen beysetzten. Di? Ab¬ schrei- 267 schreibe? haben Mercator daraus gemacht. Beyde Nah¬ men verdient Isidor denn er har wider die öffentliche Treue gesünbiger, und mit falschen Maaren gehandelt. § 37' Nachkommenschaft der Shhne Ludwigs des Frommen bis zum Tode Karls des Kcch, Un vom J. K70 bis 88«. (l O. Jahre.) Die in der isidoriscben Sammlung neu ausgestellten Grundsätze von der päpstlichen Gewalt harten bald ans d e fra-u.:che Xescyoyl-schichte., und selbst >-.nf d>s Th onfol^7 einen Einfluß. Lothar II. ließ sich von seiner ersten Gemahlin» Thierberg scheiden- Auf einer lothringischen Synode wurde diese Ehescheidung genehm- gehalten. Allein Thierberg appellirte nach Rom. Der Papst Niclqs erklärte die Ehescheidung für nichtig, Und als sich die Erzbischöfe von Cvln und Trier seinem Aussprüche widersetzten, wurden sie von ihm evcom- 'nunicirr und sogar ihrer Würden entsetzt. Vorher hatte sich kein Papst getrauet, einen wutschen Erzbischof abzu- setzen Allein jetzt, da nach den Grundsätzen der fak» scheu Decretalen Isidors die 0 ulbe ma oro ganz dem Papste Vorbehalten waren , und unter diese vorzüglich die bsetzring der Bischöfe gehörte, ergriff der Papst die er- l e beste Gelegenheit, diese seinem Ansehen so günstige ^hre in Ausübung zu bringen. Lothar II. nahm nach er Kennung seiner ersten Ebe eine gewisse Waltrade ö"r ewahiinn, mit welcher er einen Sohn Hugo er- Allein das Ansehen der isidoriscben Decretalen a daß der päpstliche Spruch in der Ehescheidungs* fache 268 fache zur. Richtschnur angenommen, und nach demselben die zwey-e Ehe nicht für gültig, folglich Hugo nicht für ehelich und successionsfähig gehalten wurde. Als dabÄ Lotbar I. im I. 86^ starb , wurde Hugo von der väterlichen Thronfolge ausgeschlossen. Lothringen hatte nun an Lothars Is. noch übrige" Bruder, den Kaiser Ludwig II , kommen sollen. aber dieser in Italien mit den Saracenen beschäftigt war, so benutzte Karl der Kahle diese Gelegenheu, sick des ganzen Lothringens zu bemächtigen. Allein Ludwig der Teutsche wollte dieses nicht znlassen, und zwang den Kahlen zur Theilunn Lothxmy.'ns. Durch diese kam 870 der östliche Theil von Lothringen an Teutschlaud/ der westliche an Frankreich, Ludwig der Teutsche wi" jedoch so ehrlich, daß er seinen Ancheil von LotbriuF" an den rechtmäßigen Erben Ludwig ll, abtrat. Als abet im I. 875 Ludwig l>, ohne männliche Nachkommenschaft bloß mir Hinterlassung einer Tochter Irmengard starb- fiel dieser Theil von Lothringen wieder an Teuischla"^ zurück. So waren eigentlich die Grundsätze Isidors Ur¬ sache, daß das lothringische Reich aufgehört habe, ei" für sich unter einem eigenen Könige bestehendes Reick Z» seyn. Nach dem Tode Ludwigs II. richtete sogleich der Kahle sein Augenmerk auf Italien und die Raift^ ruürde. Aber auch Ludwig der Teutsche, der als der al¬ tere Bruder ein besseres Recht dazu hatte, schickte sei""' Sohn Karlmann nach Italien, um sich der Nächst in diesem Königreiche zu versichern. Diesem kam jedock Karl der Kahle mit List zuvor. Er beredete den Karl- 26- Karlmann, Italien zu verlassen, indem er ihm eidlich ve> sprach, gleiches zu lhun, lind den Streik wegen der Nachfolge durch einen Bergleich mit dessen Baler, Lud¬ wig dem Tentschen, auszumachen. Er zog sich auch et- Zurück; kehrte aber, sobald Karlmann über die Al» fort war, wieder um, eilte nach Rom, und brachte ^urch (Held bey dem Papste Johann VIII. dahin, er zum Kaiser gekrönt wurde. Alsdann gieng er "ach Pavia, wo ihn auch die Jraliäner für ihren Kö- "'Z anerkannten, und von da nach Frankreich zurück. Nun kamen Gesandte Ludwigs des Tentschen zu. , um mir ihm über die versprochene Theilung der bv» Ludwig II. hinterlassenen Lander zu handeln. Er Zollte aber davon nichts mehr wisse», sondern drohete d'vlniehr im ganzen Selbstgefühl seiner nunniehrigen Grö- ße nach Siegberts von Geml-lonks Berichte „runtss copius ^'-NiiuLiurnm, vr uv oquis stumins (Rhein) ex- / " 0^ iz>st! per «ristum nlveum Oermsnise re^num Allein Ludwig der Tcutsche, der wohl gewußt '"'vn mag, daß Karl, wie sich der nämliche Annalist "Ussiücht „lepo irniiclior er Kolkes kutzere quam ku^a- , sey, achtere auf diese französischen Groß- l"chereye„ nicht, zog seine Truppen zusammen, und dadurch Karln eine solche Furcht ein, daß er "" ürieden bat, der aber wieder nicht zu Staude denn Ludw^^"'^ der Friedenshandlnngen starb im I. 876 »g der Teursche. Nhegino lobt ihn ungemein» Das Arc fite Lob aber, das er ihm gibt, bestehet gewiß da- "ni, daß er ih« einen Fürsten nennt, ..,spuci quem nemo in- führte se>^ die Msälle 270 innrilix vülnic, in cn-'u-; vcrsti?; perruro mili; ciispii^ cui.,. Seine hinterlassenen drey Söhne rheUt.-n M"' Teutschland so, daß Karlmann Bauern, Ludwig der Just- gere Sachsen und Karl der Licke Schwaben erhielt- Diese waren die Hanptkheile, zn deren jedem noch einige andere Provinzen gehörten. So wurde z. B »nicr be>)- de letztere Prinzen der mit Teutschland bereits vereinigte östliche Theil von Lothringen vercheilt. Dieses teuM Lothringen wollte aber jetzt der habsüchtige und wort¬ brüchige Karl der Kakle wieder an sich reinen, miter ken' Vorwande , daß er zwar mit seinem Bruder, nicht ab^ mit dessen Kindern getkeiler babe. Er siel gleich nach ver¬ nommenen Tvdfalle Ludwigs des Teurschcn mit eine«' mächtigen Heere in gedachtes Land ein. Allein die reut- schen Prinzen wußte» ihre Rechte darauf mit dem gen in der Faust zu behaupten. Ludwig der Jüngere jE te Karlu de» Kahlen mit ansehnlichem Verluste nach Pau¬ se. Auch auf Italien gaben sie die von ihrem Vater e>'* erbten Ansprüche nicht auf, und Karlmann führte se^ glücklich aus. Der Kaiser Karl der Kahle wurde von dem Pap^ und den Romern aufgeforderr, ihnen gegen die Ansä^ der Saracene» beyzusteheu. Er entschloß sich endlich b"' zu und gieng nach Italien. Karlmann folgte ihr» einem Heere nach. Karl der Kahle geriet» darüber >u Furcht, und eilte nach Frankreich zurück starb aber u^ Irrwegs im I. 8'7- Sein jüdischer Leibarzt soll ib» giftet haben. Karlmann bemächtigte sich dann des Kb»^' reichs Italien; konnte es aber bey dem Papste Ivb«-«' MI. nicht dahin bringen, daß «r zum Kai,er g-^ wer« 27l worden wäre. Der Papst blieb dem französischen Hause getreu, von welchem er mehr zu hoffen hatte. Karls des Kahlen Nachfolger in Frankreich war sein ^ohi, Ludwig der Stammler, der aber auch schon im -t. 879 mit Tode abgicng. Er hatte wider Willen sei¬ nes Vaters zn seiner ersten Gemahlin« eine gewisse Ans gard genommen, und mit ihr zwey Söhne, Ludwig und Karlmann, erzeugt; mußte aber auf Befehl des Vaters diese Gemahlinn verstossen, und eine andere, Adelheid wit Nahmen, sich anlraucn lassen, die nach seinem Tode noch einen Prinzen, Karl de» Einfältigen, gebahr. Nun entstand über die Rechtmäßigkeit seiner Ehen, und folg¬ lich auch über die Suceessionöfahigkeit der aus denselben erzeugten Kinder ein Streit in Frankreich. Der größere Theil der Nation erklärte sich für die Gültigkeit der er¬ sten Ehe, und ließ die aus derselben gebohrnen Kinder Ludwig und Karlmann zum Besitze des Thrones gelan¬ gen. Eine Parlhey rief jedoch Ludwig den Jüngern aus Deutschland nach Frankreich, der sich auch mit einem Heere dort einfand. Um sich denselben von, Halse zu schaffen,, sahen sich Ludwig und Karlmann genörhiget, den bisher bey Frankreich gewesenen westlichen Theil von Ihringen an ihn abzutreten. So kam ganz Lothringen Tentschlaud. 4. SS» 272 8- Z8. Ende des Karolinger Mannsstamms mit Karls des Kahlen Enkeln, und Ludwigs des TeE scheu Söhnen vom I. ggo bis 888- (8 Jahre ) Bey den Successionsfrrungen, welche der Tod Lud¬ wigs deS Stammlers in Frankreich veranlaßte, und da die jährlichen Eindrücke der Normanner immer größeres Unheil anrichteten, riß sich ein Theil des westfrankischen Reichs von demselben los, und erhob sich zu einem eige¬ nen Staat, welcher das nied-rbttr'gu-ckiiwe Dön S- reich, oder das ciöjuranische Luryund genannt wurde, und sich von der Rhone und Saone bis an die jurai- schen Gebirge erstreckte. Es begriff die-Provence, Dau¬ phine', Lionnois, Savoyen, und einen Theil der Fran¬ cke Comte' in sich. Der Stifter dieses ueuen Königreichs war ein gewisser Voso, Schwager Karls des Kahlen, und Tochtermann Kaisers Ludwigs II. Karl der Kah^ hatte ihn zum Statthalter von der Provence und Dien'ir, und zum Herzoge der Lombardie ernannt. Boso 's Herrsch¬ sucht , die von seiner ehrgeizigen Gemahlin» Irmengard »och mehr angestammt wurde - begnügte sich aber nicht damit- Er machte sich die in Frankreich entstandenen Verwirrungeb und die Schwache der Prinzen Ludwigs des Stammlet zu Ruhen, brachte die Stande der oben genannten vinzeu rheils durch Versiaechttngen'und Geschenke, tbe'^ durch Drohungen auf seine Sene, und ließ sich m'N sel¬ ben im I. 872 Zum Könige wählen. Der Papst beß'"^ stigte sein Unternehmen. VoN 27S Von Ludwigs des teutschen Sühnen starb zuerst Karlmann im I. 880 nur mit Hinterlassung eines na- tnrlichen Sohnes Arnulf, den er zum Herzoge in Kärn- tyen gemacht hatte. Seine übrigen teutschen Lander nahm sein Bruder Ludwig der Jüngere in Besitz. Karl- Ntann besaß auch Italien. Dieses brachte sein anderer Bruder, Karl der Dicke, bey einem dahin unternomme¬ ne" Zuge an sich, und wurde dann auch vom Papst -ovhann Vlll. , der ihn gegen die Araber nvthig halte, Kaiser gekrönt. Die schwachen Prinzen in Frank- reich widersetzten sich nicht. Im I. 882 starb auch der zweyte Sohn Ludwigs Teutschen, Ludwig der Jüngere. So fiel nun das säminrliche Deutschland und Lothringen an Ludwigs des deutschen noch übrigen dritten Prinzen, Karl den Dicken. In Frankreich giengen die Könige Ludwig 882 und Karlmann 884 nach einander unbeerbt mit Tode ab. Es ölieb daselbst nur Karl der Einfältige. Allein man hielt ihn nicht für fuccessionsfahig; denn die Nation hatte Hon einmabl durch die Zulassung Ludwigs und Karl- ^auns zur Thronfolge die erste Ehe Ludwigs des Stamm¬ es für gültig anebkannr, und hiemit die Gebührt Karls Einfältigen für unehlich erklärt. Zudem war Karl tioi noch ein Kind von 5 Jahren. Die Na- jn". k"mne ihn also gegen die Normäuner, von denen nußrrst bedrängt wurde, nicht brauchen. In diesen ^bänden wandten sich die wcstfränkischen Grossen an Dicken, und trugen ihm die französische Krone ni' r derselbe auch annahm. Auf solche Art verei- 6 e Karl der Dicke die ganze fränkische Monarchie fast S so. 2/4 so, wie sie Karl der Grosse gehabt hatte. Nur die In¬ seln Majorca und Minorca, die fränkischen Besitzungen jenseits der Pyrenäen, Navarra diesseits des pprenä>« schen Gebirges und das neue Königreich Niederburgund waren bereits davon abgerissen, und standen unter eige¬ nen Beherrschern. Von der wieder vereinigten Macht der ganzen Mo¬ narchie machte man sich die größten Hoffnungen. Allein Karl der Dicke entsprach den Erwartungen nicht. Je mehr sich sein Wirkungskreis vergrößerte , desto mehe schrumpfte sein Geist zusammen. Die Franzosen haben ihn vorzüglich darum gewählt, damit er sie gegen die Nor- Männek vertheidigen sollte. Die Gefahr vor denselben war auch noch nie so dringend gewesen, als sie M geworden war. Die Normänner belagerten im I. 88^ Paris. Der dasige Graf Odo vcrtheidigte die Stadl sehr tapfer. Karl der Dicke kam mir einem mächtigen Heere zum Entsatz. Weil aber die Normänner nicht so¬ gleich davon liefen, so machte er mit ihnen einen schänd¬ lichen Vergleich. Dieses erregte ein allgemeines M'^ vergnügen. Noch mehr Verachtung und Haß zog Karl der Dicke dadurch zu, daß er seinen ersten M""' ster, den Bischof Luitward von Vercelli, den einige Feinde eines unerlaubten Umgangs mit der Kaiseriun Rick^' dis beschuldigten, mit Schimpf und Spott vom H^ sagte, und darüber seine Gemahlin» selbst auf einest' Reichstag, wo er zugleich schwur, sie ungeachtet einer zehenjährigen Ehe nicht berührt zu haben, öffentlich Rede stellte. Die Kaiseriun erbot sich ihre Unschuld n'^ tnregrimrem virzinirgris durch den Zweykampf / in einem solchen Falle ein Ritter übernehmen ntustck/ oder 2/5 oder durch die Feuerprobe zu erweisen. Dennoch mußte sie sich von ihrem Gemähte trennen, gieug in das von ihr gestiftete Kloster Andlau, und wurde nach ihrem Tode in die Zahl der Heiligen versetzt. Obwohl Karl der Dicke in seiner Ehe so keusch ge¬ lebt har, so hatte er doch einen natürlichen Sohn Bern¬ hard, dem er die Suceession zuwenden wollte. Allein ^r Erminister Luitward gab der Sache eine andere Wendung. Er munterte des teutschen Karlmanns na¬ türlichen Sohn Arnulf, Herzog von Karnkhen, zu dem er sich nach seiner Vertreibung geflüchtet hatte, auf, den Ohnmächtigen Kaiser vom Throne zu stossen, und die Re¬ gierung an sich zu bringen. Arnulf gab dem Zureden des Bischofs Gehör, und bewarb sich unter der Hand Uw einen Anhang. Der Kaiser setzte unter diesen Um¬ ständen einen Reichstag nach Tribur an. Hier fielen die Grossen von ihm ab, und luden den Herzog Arnulf von Kärnthen ein, die Regierung von Teutschland und Lo¬ thringen zu übernehmen. Arnulf erschien in Begleitung eines Kriegsheeres, und wurde zum König erklärt im 887. Karl der Dicke wurde von Arulfif nicht eis- Wahl gefangen gesetzt, so wenig gefährlich schien er ihm öu seyn; er lieferte die Reichsinsignien an den neuen König aus, und bat nur nm seinen nvthdürftigen Unter- hasi, der ihm auch gegeben wurde. Er brauchte ihn ^ber nicht lange, indem er zu Anfang des folgenden wahres 888 starb. Die Mönche, denen er sehr zuge- than war, harten nach seinem Tode Erftheinungen. Sie sahen den Himmel offen, und Karin statt der verlohr- ttrn irdische« mit einer himmlischen Krone geziert. Karl S - d" 2/6 der Dicke beschloß den rechtmäßigen karolingischen Manns¬ stamm wenigstens in Leutschland. Jur leichtern Uebersicht dek durch viele Theilungen erschwerten karolingischen und zum Theil auch der merv- vingischen Geschichte unter den Majvribus domus aus der pipinischen Familie wird hier eine Stammtafel der Karolinger eingeschaltet; in welche aber nur jene Perso¬ nen ausgenommen worden sind, die bisher in unserer Erläuterung genannt wurden, oder noch in der Folge vorkommen werden. Iwey- f 6^9 --lI Childebert . -"-' t 7'4 D .S- Grimoald Karl Martell s 7-4 t 74- Karl der Grosse Karlmann f 8-4 f 77- ' 1-87^ ^85^' Karl der Einfältige Ludwig Karlinah ^Hug^"' B^ch? r ^29 1- 882 f 884 ' Mucierdes Grasm Udwjg Trnusmarinus^ ^"Ärnulf Hnhard natürlicher Tvhn natürlicher Lohn f 8»y Otto Ludwig Aarl I 100L derschwunden 277 Z wey te s Buch. Mittlere Geschichte. Bom Abgänge der Karolinger bis auf Maximi- lian I. vom I. 888 bis 149z, (605 Jahre.) Erste Abtheilung bis auf Rudolf I. vom J.8l;8 bis 127z. (z8f Jahre.) I. Haupt stück. Vom Abgänge der Karolinger bis aufden sächsischen Stamm vom F. 888 bis 911. (zi Fahre.) Als Quellen sind von hier an vorzüglich zu gebrauchen l^uitprancli (seit YLO Bischofs zu Cre, chona ) rerum sb LuropL imperstoribus er reßibus pr^serlim tempore gestgrum libri 6., und ^it- t'ekinciuz Oorbejenlis (ums J. 97Z ) äs Üenrico H.U- ex Occone I. (von 449 bis 9Z7>) §. ZV. Arnulf von» F. »88 bis 399. (11 Fahre.) voü'r und Lothringen blieb nach der Re- nied'°k ^bne weitern Widerspruch König. Das urgunhjsHe Rönigreich, welches Boso gestiftet hat- »73 chatt?, behielt aber seinen Fortgang. Boso hat es im I. 8^7 seinem Sohn Lndovicus Bosonides hinterlassen. Diesen hatte schon Karl der Dicke als König anerkannt, und Arnulf belehnte ihn im I. n selbst zum Könige Arnulf nach Regensburg, wurde von ihm in dem Königreiche Oberburguud bestätigt, und wahr¬ scheinlich auch damit belehnt. Beyde burgundischen Königreiche wurden seitdem nach ihrer Lage an bcyden Seiten der juraischen Gelu^ als Ilnrgnmiia cisnir-rnu und trausfi.rrsnL von einanb^ unterschieden. In ltnrpmrMm ciüjnrung oder NiederbM" gund hinterliest zwar Lndovicus Bosonides nach st"'"" Tode im J. 92Z einen Sohn Karl Constantin, bejst" Vormund Hugo Graf von Arles, rin Ettkel des KöM- Ls- 279 Lothars II. von dessen Tochter Gisela, seyn solfte. Allein dieser har sich der Regierung selbst bemächtiget, und mit dem Reiche seines Mündels dispvnirt. In klurgunäia trnnsiirun, oder Oberburgund folgte Rudolf dem I. im I. Sir sein Sohn Rudolf l!. Hugo König von Nieder- durgund und Rudolf kl- König von Oberbnrgund wur¬ den hernach in die italiänischen Handel verwickelt, indem sowohl der eine als der andere von den getheilten Jta- lianern als König nach Italien gerufen wurde. Sie verglichen sich endlich im I. y-o dergestalt mit einan¬ der , daß Rudolf seine Ansprüche auf Italien an Hugo; dieser aber an Rudolf Niederburgnnd abtrat. So wur¬ den beyde burgundischen Königreiche mit einander ver¬ einiget. Dieses vereinigte Königreich Burgund bekam seitdem den Nahmen ckexunm ^r.-lut-nio, und blieb dey der Nachkommenschaft Rudolfs li.; denn Rudolf dem n. folgte im I. YZ7 sein Sohn Konrad s., und diesem wieder sein Sohn Rudolf ili., welcher im I. den Stamm beschloß, wo sodann vermög errichteter Vertrage das Königreich Arelat an Teurschland kam, / In Frankreich wurde nach Karls des Dicken Ab¬ setzung der tapfere Graf Odo von Paris zum Könige cr- Eiurt, und Karl der Einfältige wieder übergangen, thcils Will man noch immer an der Rechtmäßigkeit seiner Ge¬ bührt zweifelte, theils weil er noch zu jung war, als daß man hatte hoffen können, er werde das Reich gegen Normänner zu vertheidigen im Stande seyn« Der ätsche König Arnulf wollte aber auch Frankreich haben, "" Ddo wußte sich nicht anders zu behaupten, als daß Ed Zu Arnulphxu kam, und ihm den Eid der Treue lei- Ete, Sy har Arnulf über alle Königreiche, die aus dem L8o dem fränkischen Reiche entstanden, eine Art von Ober- herrschafc zu erhalten gewußt. Der übergangene Karl der Einfältige hatte indessen doch noch einen Anhang be¬ halten, von dem er im I.'8<)Z gegen den Odo zuM König auSgernfen wurde. AIS hernach Odo im I. 898 starb, wurde Karl der Einfältige von allen als König in Frankreich erkannt. Er geriet!) aber in neue Unruhen und im I. yrz in Gefangenschaft, worin er anch 929 gestorben. Seit dem I. 92g war Rudolf Herzog von Burgund König in Frankreich. Aber nach dessen unbe¬ erbten Abgänge im J. yg6 kam wieder Karls des Ein¬ fältigen Sohn Ludwig IV., welcher von seiner Flucht nach England vlrr-mmrinus genannt wurde, auf den französischen Thron. Ihm folgte noch sein Sohn Lo¬ thar, und diesem wieder sein Sohn Ludwig V. ödex bet Faule. Unter letzterem brach eine Revolution aus, wel¬ che ein neues Haus, nämlich das capekingische, auf den Thron brachte. Unterdessen waren aber in Frankreich die geistliche" und weltlichen Grossen zu einer so grossen Macht gestie¬ gen , daß das königliche Ansehen nur wenig zu hedeutt» harre. Insonderheit haben sich 5 Erzbischöfe und fchöfe, und 7 Herzoge und Grafen zur Würde der k>ail'8 clö l-'runce (?qre8 brancine) hinaufgcschwuugen- Unter allen zeichnete sich dis pairie von -er Norm""' die am meisten aus. Karl der Einfältige mußte de'" Heerführer der Nvrmanner Rollo die Normandie die Hoheit über Bretagne überlassen. Dafür verspr«^ aber Rollo die christliche Religion anzunehmen, rmd hielt in der Taufe den Nahmen Robert. Seine kommen haben sich hernach England unterwürfig 28l Auch j,, dm, untern Italien haben sich in der Folge die>e Normänncr seßhaft gemacht, und ein eigenes normanni- sches Königreich errichtet. Ä» Italii-n waren bey Absterben Karls des Dicken die mächtigsten weltlichen Fürsten Berengar Herzog von Friaul, Guido Herzog von Spoleto, die Markgrafen von ^--uscien, die Grasen und Gräfinnen von Tusculum. Die Astern zwey waren von mütterlicher Seite mit den Ka- rslingern verwandt, und richteten daher ihr Augenmerk aus die fränkischen Länder. Anfangs hatten sie einen ge¬ teilten Plan Guido wollte Frankreich; Perengar aber Italien an sich bringen. Als aber Guido's Absicht durch Erhebung des Grafen Odo von Paris auf den französi¬ schen Thron vereitelt wurde, suchte er sich in den Be¬ sitz von Italien zu setzen, wo sich indessen schon Beren- gar zum König hatte auörufen lassen. Er schlug den Berengar bey Brescia, ward 890 zu Pavia als König vvu Italien erkannt, und daS Jahr darauf vom Papst Stephan V. zum Kaiser gekrönt. Nach Guido's Tode 8^4 erkannte eine Parthey dessen Sohn Lambert alo König von Italien; die andere aber hielt sich an Beren- Har. Italien gerieth nun in die größte Zerrüttung. Der Papst Formosus, der von der spoletinischen Factivn sehr ^drängt wurde, und keinen Herrn in der Nahe haben wollte, machte auch eine Parthey, und rief den teutschen Kenig Arnulf nach Italien, der um so williger kam, weit er ohnehin auf Italien als einen Theil der fränki¬ sche» Monarchie das beste Recht zu haben glaubte. Er bemächtigte sich des größten Theils von Italien und selbst er L>tadt Rom, wo er vom Papst Formosus 'M zum Kaiser gekrönt wurde. Allein nach seinem zuge 282 Rudolf . Mali o" ivacd KöulS zuge erhielt wieder Lambert überall die Oberhand. Die folgenden Papste Stephan Vl. und Johan» IX. erkann» ten ihn für den rechtmäßigen Kaiser. Der letzte erklär« te auf einem Concilio Arnulfs Krönung für erzwungen und nichtig. Der erste aber gieng gar so weit, daß er den Leichnam seines Vorfahren Fornwsus, der den Arnulf gekrönet hatte, ausgraben und nach abgehaucnen Fm- gern in die Tiber werfen ließ. Nach Lamberts Lode spielte wieder Berengar den Meister in Italien. Allein die Jtalianer wollten, wie Luitprand sagt, immer zwep Könige haben, nm einen durch den andern im Zaume zu halten, und so in der That keinen Herrn zu haben« Ein Theil der Jtalianer rief also den König von derburgund Ludovicus Bosonides nach Italien, der auch vom Papst Benedict lV. die Kaiserkrone empfieng. Allein der sehr in die Enge getriebene Berengar bekam ihn Zu¬ letzt durch Verratherey gefangen, ließ ihm die Aug^ ausstechen, und schickte ihn nach Hause. Nun ward Be¬ rengar neuerdings Herr von Italien und 916 auch ser. Aber bald that stch wieder eine Parthey Hervey die dem Könige von Oberburgund Rudolf dem ll- italianische Krone antrug. Rudolf erschien und wand den Berengar, der endlich 924 durch einen chelmord sein Leben endigte. Damit es aber den lianern ja nicht an zwey Königen fehlen sollte, so sogleich 926 eine andere Parthey den Hugo, von Arles und Usurpator deö niederbnrgundische» reichs, nach Italien. Mit diesem verglich sich 9ZO dahin, daß ihm Hugo seine eigenen Lander Staaten seines Mündels Karl Constantin gegen Ira abtrat. Auf diese Art wurden die Heyden burgund'!^^ Königreiche unter Rudolf II. vereiniget, und H»S° 28Z König von Italien. Nach einigen Jahren trat aber auch wider den Hugo ein Gegner auf. Dieser war Beren- gar ss, Markgraf von Jvrea, ein Enkel Berengars I. von dessen Tochter Gisela. Hugo wußte sich zuletzt nicht anders zu helfen, als daß er die Regierung ^46 seinem Sohn Lothar , de» er mit des burgundischen. Königs Rudolfs l!. Tochter Adelheid verwählet harre, überließ. Die Jtalianer nahmen zwar Lotharn zu ihrem König an. Sej,, AnselM war aber dessen ungeachtet sehr ge- Er Hieng ganz von Berengars Winken ab- So haben wir den Faden der italiänischen Geschichte bis auf Otto I. fvrrgeführcl, wo wir denselben wieder anknüp- fen werden. Dissr Siebe lautet so: ,.'rk--m!or», buius Htberici, <)ui nuper vomniem : „on M- 'l'oru ekism toe6iitimum eü, ^omsnse c In alle diese Veränderungen hatten die damahligen Markgrasen von Thuscien Adalbert i l. und dessen Söhne Lambert und Wido, wie auch die Grafen und Grafin- ^En von Tusculum den größten Einfluß. Unter den Grä- h'Men zeichneten sich vorzüglich die Theodora und ihre ^achter, die Marozia, durch ihre Schandthaten aus. ^'e bemächtigten sich der weltlichen Herrschaft über Nom miter dem Titel der Patricierinneu. Marozia soll durch 3mhun des Papstes Sergius Hl., für den jedoch Mu- ''atvri eine Rechtfertigung geschrieben hat, Murrer des "achmahligen Papsts Johann XI. geworden seyn. Von Ehrem ersten Gemahl, dem Markgrafen Albericus, wahr¬ scheinlich von Camerino (nicht Adalbert oder Albert von ^huscien, wie manche durch einen Schreibfehler m einer E^°lle Luitprands wo statt B.lkeriLc> gesetzt worden 284 ^Ikeito, zu glauben veranlaßt wurden) hatte sic ernen Sohn, der ebenfalls Albericus hieß. Hernach heurathe- te sie den Hugo Grafen von Arles und König von Ita¬ lien, und suchte demselben die Kaiserwürde zu verschal'" fen. Allein ihr Sohn Albericus, dem cs damit nicht gedient war, kam ihr zuvor, ließ sie gefangen setzen, und riß die Herrschaft von Rom unter dem Nahmen ei¬ nes Patricierö an sich. In Lothringen setzte Arnulf, um den Normännern, die von Frankreich aus bis auf tentschen Boden ihre Streifereyen fortsetzten, leichter Einhalt zu thun, nach einer denselben 89» bey Löwen beygebrachten grosse" Niederlage seinen natürlichen Sohn Zwenrebold zum König, dem noch ein besonderer Herzog, Raginer mit Nahmen/ an die Seite gestellt und untergeben wurde. Gewisse^ masten wurde dadurch Lothringen von Teutschland nie¬ der getrennt; es stand aber doch unter der Hoheit des teutschen Reichs. In Sachsen folgte dem Herzoge Br«"" im I. 880 dessen jüngerer Bruder, Otto der Erlauf te, in der herzoglichen Würde. In Thüringen setzte Arn^l 892 den Herzog Poppo ab, und machte einen gervil^" Bnrchard zum Herzoge. In Bayern kommen unter d>t ser Negierung nur Markgrafen vor, und zwar seit der Markgraf Luitpald, von dem das jetzige Haus abstammt. uiriliter irwimrcdmm obunsdst; guse lliras (clusr) duik n»kss, IVInroxi^m srgne l'deoktorsm, tiki lum coregusles, verum ecixm Vensris exortiuo M kiores. I^llirum vim , IVIzroria, ex Vxp^ SerAio - supra Wcimu3 menüonem, lojnem , chii polt R-mennkUl- obnum 8. k. ecctleÜL ublinuic netsrio Zenuir sclulrerio; ex ä U> e r c o suieni ne ^Idericum, gui noltro poK cempore principiuum vkurpauir". I« Mahren machte um diese Zeit der Fürst Zwen- tcbold grosses Aufsehen. Arnulf, der sein ganzes Bei» trauen auf ihn setzte, verlieh ihm auch das Land der Böhmen, welches schon seit Karls des Grossen Zeilen de» tcutschen Königen gewissermassen unterworfen war, und bisher eigene slavische Fürsten halte, als ein Hcr- ävgthum. Dadurch wurde Zwentebold noch mächtiger, und ließ sich verlöten, seine Starke gegen seinen Wohl¬ täter seihst z» gebrauchen, um sich unabhängig zu ma¬ chen. Um ihn zu dcmürhigen, verfiel Arnulf auf den ^'glücklichen Gedanken, die Ungern oder Magyaren, die damahls in Europa bekannt wurden, zu Hülfe zu *"fen, Ahr erster bekannter Sitz war in dem heutigen tvvronesischen Gouvernement des asiatischen Rußlands. Ven hier wurden sie 889 durch ihre Nachbarn, die Pe- *lcheneger vertrieben. Nun theilten sie sich in zwey Hau- Der eine zog ostwärts nach Persien; der andere setzte sich st, der Moldau, Wallache») und einem Theile von Siebenbürgen fest. So wurden sie Nachbarn des ^!sen mährischen Reichs, welches sich bis dahin er- ' 'eckte, und schienen dem Kaiser Arnulf sehr geschickt zu ebn, »m ihm gegen dem aufrührischen Awentebold zu e fen. Er machte mit ihnen ein Bündniß. Das wäh¬ lte Reich wurde nun von zwey Seiten angegriffen und ^störr. Ein Theil davon behielt noch den Nahmen thren, und kam unter böhmischen Schutz, stand also ^er der Hoheit des teutsche» Reichs. Was davon in ^""°"len und Dacien lag, nahmen die Ungern weg, . ^''treten daselbst nm das I. 8Y4 den heutigen un- Nau °"' Staat; verlohren aber darüber gegen die ihnen drückenden Petscheueger ihre Besitzungen in der Mol- u und Wallachey, Etwas von.zdem mährischen Reiche wurde 2g6 wurde auch den Pohlen zu Theil. Die Rache, welche Arnulf an Zwentebold durch die Ungern nahm, kam in der Folge den Teutschen sehr theuer zn siehen; denn die Ungern, die jetzt Nachbarn von Tentschland gewor¬ den sind, haben hernach öftere Einfälle in die teutschen Provinzen gemacht, und selbe jämmerlich verwüstet. Das Verhaltniß der tetttfchen Rirche zum Staate fieng jetzt an, sich merklich zu andern. Die teutschen Kirchen kamen durch die Vefteyung der geistli¬ chen Güler von der gräflichen Gewalt immer mehr aus dem Geleise der ordentlichen Staatsverwaltung. Wen" bormahlS Güter an die Kirchen geschenkt wurden, wurden sie «dadurch keineswegs von der weltlichen Ge¬ richtsbarkeit frey gemacht, sondern sie blieben noch wie vorher dem Grafen, in dessen Gaue sie lagen, unter¬ worfen. Dieser übte über die Kirchenunterthane« die Gerichtsbarkeit aus. Allein jetzt trugen die isidorische» Grundsätze, nach welchen der Staat schon genug Nutze» von dem Gebete der Geistlichen zog, und daher ohne Vor¬ wurf einer Unbilligkeit sich nicht noch andere Vortheile von den Gütern derselben zueignen konnte, vieles dach bey, daß die Kirchen immer häufiger so genannte I'»- Nttuiitätsprivilcgien erlangten, vermöge deren kein vsse»t- iicher Richter auf den Gütern der Kirche Gericht Haires die den Kirchen angehörigen Leute vor sein Gericht dern, und von denselben Strafgelder, Obdach, Atz»w§ und Vorspann begehren sollte. So wurde alle Gerichts¬ barkeit der Grafen in Ansehung der Kirchengüter aufge¬ hoben. Ueber die darauf ansäßigen Leute übte »u» Bischof oder Abt selbst entweder durch sich oder dur« feinen Vogt die Gerichtsbarkeit aus. Nicht, selten wur¬ den 287 den auch die übrigen Rechte der Grafen in den Kirchen- bezirken an die Bischöfe und Aebte übertragen. Hingegen wurde die Unterwürfigkeit der teut- fchen Prätaren unter dem römischen Stuhle zuse¬ hends größer. Jur Befestigung derselben bedienten sich die Päpste unter andern Mitteln des Palliums. Schon der teurschc Apostel Bonifaz hat sich die größte Mühe gegeben, die fränkischen Erzbischöfe zu bereden, daß sie ihr Pallium zu Rom suchen möchten. Es wollte aber damit Anfangs nicht recht gehen. Allein durch Veharr- hchkeit wurde eS endlich doch durchgesrtzt. Der Papst Johann Vili, verschaffte durch die Verordnung, baß kein Erzbischof vor Erhaltung des römischen Palliums eine erzbischöfliche Verrichtung auSzuüben befugt scyn soll, dem Pallium eine größere Wirkung. Vormahls mußten die Erzbischöfe, welche ein Pallium von Rom erhielten, bur ein eigenhändig unterschriebenes Glaubensbekenntniß jum Beweise ihrer Orthodoxie einschicken. Allein Nico- s. und Johann Vlil. forderten schon, daß sie sich h") Erhaltung des Palliums zur genauen Beobachtung "icht nur der Concilienschlüsfe, sondern auch der päpsili- chen Decretalbriefe durch ein eigenhändiges Schreiben verbinden, und noch dazu einen Bevollmächtigten zur eidlichen Bestätigung dieses Versprechehs nach Rom schi-- sollten. Durch die päpstlichen Decretalverordnungen iecreka) werden auch die isidorischen Maaren verstan- den , deren Aechthcit schon Nicolaus I. mit so grossem fier verrheidiget hat, daß er sie für eben so ächt und Ü'"ig als die heilige Schrift erklärte. Einen klaren Be- ^EiS davon gibt uns die von unserem Verfasser ange« ptte Stelle aus einem Schreiben des Erzbischofs Theot» mar 288 mar von Salzburg und der übrigen norischen Bischöfe an den Papst Johann kX,, wo es uurer andern heißt: ,,?cntecetstc>rum velkrorum ckecreri; plenillkm iulkrui- mccr Uonucoum sppeü^.re ?on!i6cem." Auch finden sich schon Spuhren, daß bereits Gelder nach Nom gien- gen, und über das Joch, so von dort aus der tcutschen Geistlichkeit aufgelegt wurde, laute Beschwerden entstan¬ den , worüber sich diese nicht anders, als durch das Zutrauen zur Gerechtigkeit des heiligen Stuhls und durch die Verdienstlichkeit eines blinden Gehorsams gegen den¬ selben zu trösten wußte. So heißt es in dem eben ge¬ dachten Schreiben weiter: „I^e^ue enim creckimus, stunck coEi c^uotickie suciimus, ut äe ista stanKu npoikokicu lecke xrotkuxerit <;u kpism inic^uitatis. -- ?ecuvigm vestro juri clebitum, czuamko citiu8 poterv, vobis trsnsmickum", und in einem unter Arnulf Z" Tribur gehaltenen Concilio lesen wir : „Istonoremus lÄmikaw Komunsm üc gxolkolicam leckem, ut, c^nce uobis sttLerckocukis mater est sti^nit«ti8, esse ckebe»k magistra ecclestiasticce rationir. ^uure stervancka est cum manstuetuckine Kumikit38, ut, licet vix sterenckuw ab ista stancssa stecke imxcmgrur jugum, contec-lmu«, L xka äevotiove tvkeremu8", §. 40. Ludwig das Kind vom F. 922 bis 911- Arnulf war zu Ende des Jahres 899 gestorbt'-- Wenn er einen großjährigen Sohn hinterlassen hätte, l" ist nicht zu zweifeln, daß von ihm ein neuer regiere"^ Stamm angefangen hätte, wie es unter den Merovi"- gern 289 gern und Karolingern gewöhnlich war. Allein der gro߬ jährige Zwemebold war ein »«achter Sohn Arnulfs, und der aus rechtmäßiger Ehe gebvhrne Sohn Ludwig war erst 6 Jahre alt. Die damahligen Umstande aber wa¬ ren so beschaffen, daß cs sehr bedenklich scheinen mußte, einem Kinde von 6 Iahten die Regierung anzuvertrauen. Die Grossen blieben daher einige Zeit zweyfelhaft, und ließen Ludwig das Kind nicht sogleich den väterlichen Thron erben. Sie schritten zu förmlichen Berathschla- gungen über die Thronbesetzuny. Doch zuletzt gab die Fnrcht, daß nicht durch die Wahl eines andern Fürsten Trennungen im Reiche verursacht würden, den Aus¬ schlag, daß man lieber den unmündigen Ludwig zum Könige erhob, als von der bisherigen Art, durch Erb¬ recht zur Krone Zn gelangen, abweichen wollte. Diese Umstände der Thronbesteigung Ludwigs des Kindes erhel¬ len aus einem merkwürdigen Schreiben des Erzbischofes Hatto von Maynz an den Papst Johann IX., wo es heißt: „Dali vero clomino (^rnulbo) resore ge¬ setzt, und von den anwesenden Grossen zum Tode ver- urtheilt. Adalbert berief sich auf das Wort des ErZ- bischofs; dieser aber brauchte die kühle Ausflucht, el habe sein Versprechen schon erfüllet, da er ihn eimnahl unbeschädigt wieder in das Schloß zurückgeführet Hal- Das Urtheil wurde also an Adalbert durch dessen öiscut- liche Enthauptung vollzogen. Diese That des ErzlN- schoss Hatto hat aber bey der Nation eine üble Sen¬ sation gemacht. Noch lange hernach hat Man über ihn Lieder gesungen. Don einem dieser balwnbergischen Gra¬ fen, nämlich von Heinrich, stammte das erste regiere»^ Hans in Oesterreich ab» 2) Durch die Einfälle der NodmaNner, wel^ noch immer, besonders in Lothringen, forlwährten. Der König Zwentebold machte sich durch seine willkührl^ Beherrschung bey den Lothringern sehr verhaßt. erregten nach dem Tode seines Vaters eine Empöru"s^ in der Zwentebold im I. 900 umkam. Er erhielt keim" Nachfolger in der königlichen Würde, sondern Lethr"'^' wurde wieder mit Lemschland vereinigt, und von b"' teutschcn Könige unmittelbar durch einen Herzog "gier' Als Herzog in Lothringen wurde der von Zwentebold a gesetzte Ragmer wieder eingesetzt. Dal») 2YA Z) Durch die noch fürchterlichem Einbrüche -er Ungern, die, nachdem sie durch Vertreibung der mäh¬ rischen Wenden sich in Pannpnien und Dacien festgesetzt harten, gleich nach Arnulfs Tode von da aus fast jähr¬ lich bis ins Herz von Teutschland drangen, und darin die schrecklichsten Verwüstungen anrichteten. Die Ursa¬ che, warum die Teutsche» so oft unglücklich mit den Un¬ gern fochten, lag nicht in der überwiegenden Tapferkeit der letztem, sondern in der Unbekanntschaft der erstem un't der ungerischen Art Krieg zu führen. Die Macht der Teutschen bestand meistens im Fußvolk. Die Ungern Mitten nur zu Pferde. Die Teutschen hatten schwere Waffen. Die Armatur der Ungern war ganz leicht. Die Teutschen konnten von ihren Waffen nur in der Nähe Gebrauch machen. Die Ungern ließen sich in der Nähe nicht ein, sondern suchten ihren Feinden nur von weitem durch ihre Pfeile zu schaden. Wegen der Behendigkeit ihrer Pferde und Leichtigkeit ihrer Waffen konnten sie den schweren Teutschen leicht ausweichen, sie durch be, ständiges Weichen ermüden, und zuletzt an einem Orte ^greifen, wo diese es am wenigsten vermutheten. Die gemeine Meinung ist, daß Teutschland zu die- s" Zeit von den Ungern zu einem Tribute genöthiget worden fty. Allein dafür findet man außer der Stelle Luitprands lüb. II. cap. 2. „fMusgus elk per nor- "uilos populus kie rributuriu8 unnos" keinen gleichzei- l'geu Gewährsmann; diese Stelle aber kann leicht von Plünderungen und Brandschatzungen der Ungern, wo- urch sie sich einige Jahre hindurch gleichsam selbst Tri- ut von den Teutschen höhlten, verstanden werden, ohne ast man nvthig hätte, sie auf einen eigentlichen verspro¬ chenen r?4 chenen Tribut zu deuten. Siegbert von Gemblours, welcher bey dem 1.92; schreibt: „ biniiAari, tupenori!- guui victoria e^ui, re^uum Duhoviči tnv triduro re- cligunt-« kann hierin kein Zeuge seyn, weil er 200Jahre spater gelebt hat, uns Luitprands Stelle vor Augen ge¬ habt und übel aufgelegt zu haben scheint- Die Einfälle der Ungern haben auch auf die Folge -er Herzoge in den reutschen Provinzen Einfluß gehabt. In Bayern kam an die Stelle des Markgrafen Luitpald, der 907 in einem Treffen gegen die Ungern geblieben , sein Sohn Arnulf der Bose als Herzog. Das Herzog- thum Thüringen hat nach dem Lode des ebenfalls von den Ungern 908 erschlagenen Herzogs Burchard wahr¬ scheinlich der Herzog Otto von Sachsen erhalten. Am verderblichsten waren die nngerischcn Streife- reyen für Oesterreich. Man halt gewöhnlich dafür, daß die östliche Granzgrafschafl oder das heutige Land unter der Ens unter Ludwig dem Kinde gänzlich von den Ungern verschlungen worden sey, weil man für »ölhig gefunden hat, an dem jenseitigen Ufer der Ens die Fe¬ stung Anesburg gegen sie zu erbauen. Allein es noch nicht so ganz ausgemacht, ob sich, nicht in irg^d einem Theile des Landes unter der Ens ein District un¬ ter einem mir dem teutschen Reiche in Verbindung henden Grasen erhalten habe. Dem sey es aber, es wolle, so ist gewiß, vast die Regierung Ludwigs deo Kindes eine Hauptepoche in der österreichischen Gesch'^ macht, indem der größte Theil des Landes ungezwe'ld verlohren gegangen ist. Die vberensischen Gegenden »''' ben bisher eigene Granzgrafen gehabt. Allein bey d" 295 Gefahr vor den Ungern schlossen sie sich an den Markgrafen Luirpald von Bayern an, und als jetzt wieder Herzoge in Bayern aufkamen, wurde das Land ob der Ens ein Theil von Bayern. §. Konrad I. vom Fahre 911 bis 919. Mit dem unbeerbten Absterben Ludwigs deS Kindes erlosch in Teutschland auch die unehliche männliche Nach¬ kommenschaft Karls des Grossen, und die Hoffnung, von derselben einen neuen regierenden Stamm zu bekom¬ men, war auf einmahl zernichtet. In Frankreich war zwar noch ein männlicher Sprößling von Karl dem Grossen in der Person Karls des Einfältigen vorhanden. Allein die Teutschen glaubten nicht, an denselben gebunden Zu seyn. Man kann nicht sagen, daß ihnen schon der Ver- düner Vertrag, wodurch Teutschland ein unabhängiges Reich geworden ist, das Recht gegeben habe, von der Familie Karls des Grossen abzugehen; denn es können la mehrere unabhängige Reiche von der nämlichen Fa¬ milie regieret werden. Der wahre Grund dieses Befug- "isses scheint vielmehr darin zu liegen, daß der noch vorhandene Karolinger, Karl der Einfaltige, selbst in Frankreich nicht für successionsfähig gehalten wurde, in- dem man ihn schon mehrmahl übergangen hat, als er- stens nach dem Tode Ludwigs des Stammlers, da man ^ssen Kinder aus der ersten Ehe, Ludwig und Karlmann, Zur Nachfolge berief; zweytens nach dem Tode dieser ZMey Könige, da man die Negierung an Karl den Dicken übertrug; drittens nach der Absetzung Karls des Dicken, da 296 da man Odo Grafen von Paris zum König wählte. Noch mehr mußten sich also die Teutschen für berechtigt hal¬ ten , auf ihn keine Rücksicht zu nehmen. Sie stellten daher nach Ludwigs des Kindes Abgänge eine freye Wahl an, und wählten Anfangs den Herzog Otto von Sachsen, und als sich dieser seines hohen Alters wegen die Regierung verbat, auf dessen Vorschlag den ostfran- kischen Grafen Konrad, einen Sohn des von dem baw- bergischen Grafen Adalbert erschlagenen Konrads. Der neue König Konrad l. machte seine erste Ange¬ legenheit daraus, das Herzogthum Lothringen, wel¬ ches eben damahls der westfränkische König, Karl dec Einfältige, durch Beförderung des abgefallenen Herzogs Raginer mit so grossem Selbstwohlgefallen an sich ge¬ zogen hatte, daß er von dieser Zeit an seine Iabre n Isr- xrore bserectitare inciepts ZN rechnen ansieng, wieder mit der teutschen Krone zu vereinigen. Es mislang il»n aber der Feldzug, den er 912 in dieser Absicht unter¬ nahm. Nur so viel richtete er auS, daß Elsaß und das Bisthum Utrecht dem teutschen Reiche getreu verblieben. Obwohl Lothringen in der Folge wieder an Temschland kam, so gehörte doch seit dieser Zeit Elsaß nicht mehr zu dem Herzogthum Lothringen, wie es vorher innrer zu dem Königreich Lothringen gerechnet worden; sondern es wurde von den teutschen Königen entweder durch be- sondre Landgrafen oder durch die Herzoge von Schwab regieret. Nach dem Tobe des Herzogs Otto von Sachse" «" A. 912 wollte Konrad dessen Sohne Heinrich "iclst lassen, was sein Vater zuletzt gehabt hatte, weil dessen 297 dessen Macht zu gefährlich schien. Allein Heinrich wi¬ dersetzte sich dem Könige, ließ eö auf den Ausschlag der Waffe» ankommen, und Konrad konnte ihm nichts ab- gewinnen. Er mußte von der Belagerung der Festung Grvna, wo sich Heinrich eingeschlossm hielt, fruchtlos abziehen. Heinrich soll zwar schon so weit gebracht wor¬ den ftyn, daß er bereits wegen der Uebergabe der Fe¬ stung zu kapitulieren anfieng. Allein ein guter Einfall eines Grafen Dicmar, der sich wahrend der Unterhand¬ lungen in die Festung geschlichen hatte, soll ihm ans der Noch geholfen haben/ Lieser fragte den Herzog in Gegenwart der königlichen.Abgeordneten, wo das von 'hm herbeygeführte Kriegsheer, welches er auf Zo Legio¬ nen angab, obwohl eS eigentlich nnf 5 Man» waren, das Lager beziehen sollte. Als dieses dem Könige hin- terbrachc wurde, und Heinrich zugleich die Unterhand¬ lungen abbrach, glaubte Konrad den vorgeblichen star¬ cu Entsatz nicht abwarten zu dürfen, und hob die Be¬ lagerung auf. Etwas glücklicher war Konrad gegen den Herzog Arnulf von Bapern, der sich ebenfalls empöret hatte. Er Zwang ihn, das Land zu verlassen, und sich zu den ""gern zu flüchten, bey denen er, so lang Konrad edle, bleiben mußte. Die Ungern setzten unter Konrads Regierung ihre l^rlichen Streifereyen und Verwüstungen in Teutschland W ungehindert fort. Ein einziges Mahl glückte es den rutschen, ihnen bey ihrem Rückzüge am Inn eine schlappe anzuhängen. Eben 298 Eben so nahmen auch die inner» Befehdungen, besonders zwischen den geistlichen und weltlichen Ständen immer zu. So erzählt der Fvrtsetzer des Rhegino bcpm I. yiz t ,, bnwrliLixlus epil'copus Zpirenlis ob Kusr- diirclo et Lnnrgclv cc>miriku8 coecacus esl. Diese Befehdungen standen mit den Einfällen der Ungern in engster Verbindung. Um Sicherheit vor den Ungern M haben, baute man feste Bergschlößer. Bald benutzte man aber dieselben nicht bloß zur Bertheidigung gegen aus¬ wärtige Feinde, sondern auch um sich selbst Recht zu ver¬ schaffen, und zuletzt um die Vorübergehenden zu plün¬ dern. Die Adelichen, welche dergleichen Burgen hatten, wurden förmliche Räuber. So sagt der nämliche Oon- linnotor Kliezinonw aä aniinm 920: ,MnIli Ulix tew- xoribrw etiam nodilss latrocimis iuluäübsnt. " Konrad konnte zwar allen Befehdungen nicht Ein- hallt thnn. Er leistete aber doch sein möglichstes, wie folgendes Beyfpiel erweiset. Konrad halte dem Bischt ' Salamo von Constanz einige königliche Kammergüter ge¬ schenkt. Darüber lehnten sich die zwey Oomergs uuncii, (so viel als königliche von der Kammer aus geschickt lVl'lli, durch welche damahls Schwaben als eine könig¬ liche Kammerprovinz regieret wurde), Erhanyer und Berthold auf, und befehdeten den Bischof von Constans Die beyden Kammerboten, als sie nicht ruhen wollten, wurden auf Vortrag des Königs von den Grossen M Tode verurrheilr, und wirklich enthauptet. An Stelle wurde ein gewisser Burkhard als Her-oS r» Schwaben gesetzt. . . Kon- 299 Konrads Treyierung war übrigens nicht glanzend. Indessen war er doch ein sehr thätiger Mann. ES war sür die damahligen Umstände schon genug gethan, daß er den sehr zerrütteten teutschen Staalskbrper zusammen Zn halten wußte. Hätte er länger gelebt, so würde er nach Stillung der innern Unruhe» gewiß auch auswärts sich Ehre gemacht haben. Allein er starb schon yry un beerbt. Unter den drey kurzen Negierungen Arnulfs, Lud¬ wigs und Konrads war es sehr natürlich, daß das Ansehen -es Röniys geschwächt; jenes -er Stande hingegen vergrößert wurde. Besonders mußte die Macht der Herzoge in den Provinzen immer stärker werden; denn die Einfalle der Feinde machten es nothwendig, daß man ihnen zur Vcrtheidigung der Lander eine größe¬ re Macht einräumte, welche sie dann bey günstiger Ge¬ legenheit auch für sich gebrauchten. Indessen ist doch die ^eyrerunysforin im Ganzen nach Ludwigs des Kindes Tode nicht geändert worden, sondern man kann sagen, büß Konrad die Regierung auf eben den Fuß geführet habe, als die fränkischen Könige, besonders die zwey ätzten Wahlkonige Arnulf und Ludwig das Kind. Der Professor Luderviy in Halle hat bey der Ne¬ uerung Konrads l. eine neue historische Hypothese auf- gestellt. Er behauptete, die teutschen Herzoge waren nach beni Tode des letzten Karolingers, Ludwigs des Kindes, freye und unabhängige Herrn in ihren Provinzen gewor¬ ben. Si? hätten so bleiben können. Weil sie aber, wenn 'w isvlirt wären , befürchten mußten, von den Ungern "nd Slaven aufgerieben zu werden, so hätten sie für bes¬ ser Zvc) ser gefunden, sich wieder ein gemeinschaftliches Oberhaupt jn der Person Konrads I. zu wählen. Diesem hätten sie hernach ihre Länder zu Lehen aufgetragen, und von dem¬ selben mit vollkommener Landeshoheit und Erblichkeit zu¬ rückempfangen. Allein wo ist es r) einmahl erhört worden, daß, wenn die regierende Familie ausstirbt, die Provinzen des Reichs den Gouverneuren derselben (und dieß waren doch die Herzoge vor Konrad l. gewiß) Zufällen ? Auch macht 2) kein einziger gleichzeitiger Schrift¬ steller von dieser so wichtigen Veränderung eine Meldung- Vielmehr sagen 2) die beste» Schriftsteller des Mittel¬ alters, daß Konrad I . auf die Art, wie die vorigen fränki¬ schen Könige, ans fränkischen Fuß regieret habe. End¬ lich 4) widerlegt die ganze folgende Geschichte Ludewigs Hypothese. Es zeigt sich daraus, daß man noch lange nachher die Herzoge als blosse Statthalter des Kbyigs und die Herzogthümcr noch keineswegs für erblich an¬ gesehen habe. Der König hak selbe ost den Söhnen ei¬ nes Herzogs genommen. Nur war dieses etwas schwer auszuführen, weil die Söhne des Herzogs doch die 2ll- lodien, die der Vater in der Provinz hatte, erbten, und dadurch oft so mächtig wurde», daß es einem Fremden, den der König als Herzog dahin schickte, nicht leiclft möglich war, sich gegen dieselben zu behaupten. In¬ dessen war doch diese Widersetzlichkeit bloß factisch. An dem Rechte des Königs zweifelte Niemand. Ludewig führt zwar zur Unterstützung seiner Hypo¬ these einige Stellen aus den Wittichind von Corvey an, die er aber nur mißdeutet. Die Worte desselben Ollonem (Oueem 8sxc>nise) ramen iummnw semp^r et ubiyue vi^ebut imxerium " wollen, wie der Zusa»^ > wen- Zor menhang zeigt, (*) nichts anders sagen, als: Otto hat¬ te König werden können; er hat es aber nicht wollen, und hat den Konrad dazu vorgeschlagen; jedoch als Kon¬ rads bester Freund und klügster Rätbgeber soviel Anse¬ hen in putschen Reichösachen beybehalten, als wenn ec selbst König gewesen wate. Daß hier nicht von der Landeshoheit die Rede sey, erhellet auch schon aus dem Wörtchen ubiczue, welches auf die Landeshoheit nicht anwendbar ist, indem sich diese nur aus ein Land beschränkt. Eine andere Stelle Wirtichinds: UenricM, ihm seine Statthalterschaft und Gewalt zu beschränken. Uebrigens tß diese Stelle selbst ein Beweis gegen Ludewigs Sy- stem; denn wenn Heinrich der erste Landesherr in Sach¬ en gewesen, so kann sich die angeführte Staatsverän- öerung nicht mit dem Regierungsantritt KonradS ereig- "?t haben , weil damahls noch Heinrichs Vater Otto Herzog j» Sachsen war. Diesen also hätte Wittichind den ersten Laudesherrn in Sachsen angeben müssen, u^enn cs seine Absicht gewesen wäre, den Ursprung der Landeshoheit anzuzeigen. _ Wie ) Denn unmittelbar voraus gehen die Worte: „ Iplo (Occo Dux SLxonir) guall ism zrsvior recufrbar imperii onuz ; eiu! Ismen conlulru OonrsUus guonäam äux ?r»ncorum in Z22 Wie sehr Konrad für das Beste des Reichs einge¬ nommen war, zeigte er durch eine patriotische ^and- lun§, die er noch kurz vor seinem Ende unternahm. Er hatte, ohne einige Nachkommenschaft, nur einen Bruder Eberhard, dem es an den nothwendigen Eigenschaften zum Könige nicht fehlte. Allein Konrad sah ein, daß dieser, wenn er sich um die Krone bewerben sollte, mit dem Herzoge Heinrich von Sachsen in Streitigkeiten ge- rathen würde, wobey das allgemeine Beste des Reichs uothwendig leiden müßte. Als er daher die Abnahme seiner Kräfte und den herannahenden Tod fühlte, ließ er seinen Bruder und die Vornehmsten des Reichs vor sich kommen, ermahnte den ersten, keine Ansprüche auf den Thron zu machen; die letzten aber, den Herzog Heinrich von Sachsen als den würdigsten zum Könige zu wählen. Er stellte ihnen die Nothwendigkeit davon so dringend vor, daß alles gerührt ward, und dem Rathe des ster¬ benden Königs zu folgen versprach. Eberhard überbrachte selbst dem Herzoge Heinrich die Reichsinsignien, und ge¬ lobte ihm der erste die Treue an. Die Reichsinsiynien sah man damahls und noch lange nachher als Pfänder der Regierung an. Man glaubte, daß derjenige, der selbe in seiner Gewalt hatte, im Besitz der Regierung sey. Daher suchte auch jeder, der auf die Krone Absich¬ ten hatte, vor allem die Neichsinsignien in seine Hände zu bekommen, und unter mehrern Prätendenten hatte allzeit derjenige einen Vorsprung, der sich im Besitz der Reichsinsignieu befand. II Haupt- ZvA II. H a u p t st ü ck. Von den Königen und Kaisern sächsischen Stamms vom Jahre 919. bis 1024. (105 Jahre) Von hier an finden sich nebst WittichindS und Luit- prands Geschichtsbüchern noch folgende historische «Quel¬ len : llrc-8Vvit!i!iL (einer gelehrten Klosterfrau zu Gan¬ dersheim UM das I, 982) 6s Asllis Osäouum xrlue- vom I. 919 bis 964; Dilwori lVlerleburgenüs (Capellans Kaisers Heinrichs II. und hernach Bischofs Merseburg ) Orronieorum libri 8> äs Im^erawri- du! ßsimunicis llirxi8 ibxoniege vom I. 876 bis 1^.5 ; /Vrnuljilii mecüoi-inenlis rernm Nii tsmxori.8 line gelin Necliolanenllnm vom I. 926 biö ; Hermsmn conrrncli (eines Venedictiner Mönchs ^ns einem gräflichen Geschlechte in Schwaben) Lkroni- ^on sh orhe conäito bis roz;; Lkliebsräi siinioris lMönchs zu St. Gallen, der 1071 gestorben) liber äs monnlierii lgniili 6nl!i in Alemanni3 vom I. ^0 bis 1071 ; Käomi lsremenfis (seit 1076 Schulree- "es in Bremen ) liillorin eceleliattiLN vom I. 755 bis 076 ; I.gmbsrri ZclmKnriburzsnliL (eines Benediktiner Hirschfeld ums F. rozz) Obronicon bi- ^^nm nk c>rl>. concl. bis 1077; 8isFeberti Oem- (eines Benediktiners vom Kloster Gemblours t'abant, der urg starb) LkronoZrg^biz ten ^»na- d' vom I. Z8r bis ro.2. §- 42- Z04 §. 4-. Heinrich I. vom F. 919 bis 936. 5. Jul- (17 Jahre.) Konrads Empfehlung wirkte soviel, daß nach dessen Lode der Herzog Heinrich von Sachsen von den Fran¬ ken und Sachsen einmütbig auf den Thron erhoben wur¬ de. Seine erste war, Teutschland von innen zu beruhigen. Der Herzog Burkhard von Schwaben und Arnulf von Bayern, der nach Konrads Hinschetden wie¬ der aus Ungern zurückgekommen war, waren bcy der Wahl nicht gegenwärtig, und machten Heinrichen die Krone streitig. Allein er brachte sie bald zum Gehorsam- Der Herzog Burkhard, nachdem er von Heinrich in sei¬ ner Würde bestätiget worden, lebte noch bis zum I- 916, da Hermann I., eines fränkischen Grafen Geb- ,Hards Sohn, seine Wittwe heurathete, und ihm als Herzog in Schwaben folgte. Dem Herzoge Arnulf, »m ihn mit Güte zu gewinnen, räumte Heinrich eine größe¬ re Gewalt über die Bischöfe in Bayern ein. Er ertheil- te ihm nämlich das nur dem Könige eigene Recht, dir Bischöfe seines Landes zu ernennen und zu belehnen. Zi¬ schen den bayerischen und salzburgischen Schriftstellern ist ein Streit, ob dieses dem Arnulf gegebene Privilegium dinglich oder persönlich war. Allein aus Stellen d-s Ditmar von Merseburg und des HnnnIMa erhel¬ let ganz deutlich, daß selbes dem Herzoge Arnulf n»r für seine Person verliehe» war, und mit dessen Lode er¬ losch; den» der erste sagt von ihm: „8ucc«ü'orum üm- r»m AVL rum »ttllr roli^uit kamnin honorem; " der zwcyte aber ,, OnuiL8 e^itco^>gru'8 liavarme Ina mana eiiliribuere omnium ftauariss ciu<.uin ucce^iic ^oteliakem. Nachdem Heinrich seinen Thran vor innern Feinden >n Sicherheit gesteller hatte, suchte er Lothmgen wie- an Leutschlund zu bringen. Da des verstorbenen Herzogs Naginers Sohn Giselbert, der einsah, daß es ^sscr sey, sich «n den mächtigen und sraatSklugen König brr Teukschen Heinrich, als an den schwachen König der Franzosen, Karin den Einfältigen, zu halten , selbst die Hände dazu bot; so hatte Heinrich nicht nörhig, viel Gewalt zu brauchen. Karl der Einfältige, der den Ab¬ fall Lothringens Nicht hindern konnte, entschloß sich, selbes aufzuopfern, und trat es 92Z an Heinrich I. ab, welches Karls Nachfolger N doch 9ZZ bestätigte. Zur Befestigung seiner Herrschaft in Lothringen setzte Heinrich ^dachten Giselbert zum Herzog daselbst ein, und gab ihm seine Tochter Verberg zur Ehe. Auch finden sich Spuhren, Heinrich des verstorbenen Königs Konrads Bruder Gerhard als Pfalzgrafen, in Lothringen ungeordnet ha- denn Frodoard sagt, Heinrich habe Eberharden nach Ihringen geschickct nErium faoienrii caula, welches ^n die vornehmste Beschäftigung der Pfalzgrafen war, die hernach in allen Herzogthümern den Herzogen zur Set- ibm Vorschein kommen. Eben dieser Eberhard erscheint " ber Folge als der erste Herzog im rheinischen Franken. Heinrichs größtes Verdienst bestehet aber ungezwei- t darin, daß er Teutschland vor den Elnfällen der Un- ^n in Sicherheit setzte. In den ersten Jahren seiner Kirrung ließen sich zwar diese Gäste nicht sehen; aber dem I, 92s fielen sie wieder mit erneuerter Wuth U in Z0Ü in die tcurschcn Provinzen ein. Dein Könige Heinrich glückte es nn I. 924, eines ihrer vornehmsten Anführer habhaft zu werden. Diesen ließ er ans keine andere Bedingung los, als daß die Ungern einen neunjährigen Stillstand mit ihm schloffen. Keine Frievenszeit wurde je besser verwendet, als diese von Heinrich. Er machte wahrend derselben verschiedene neue Einrichtungen/ um fürs künftige diesen Reichsfeinden gehörig begegnen zu können. Die Tcntschen waren bisher den Ungern nicht gewachsen, weil sie zu schwere Waffen, die sie nur in der Nähe gebrauchen konnten, zu wenig und noch da¬ zu nicht genug geübte Reitersy hatten; da hingegen die Ungern leichte Waffen und Pferde führten, und nur von der Ferne, nur zu Pferde, und gleichsam nur im Fliehe" stritten. Diese den Teutschen so oft theuer zu stehen ge¬ kommene Ungleichheit suchte 1 ) Heinrich zu heben. versah die Teutschen mit leichtern Waffen, vermehrte die Reiterey, und bestrebte sich, den Dienst zu Pferde Z" verbessern. Um seine Leute in dieser neuen Kriegsart Z" üben, ordnete er öffentliche Nirtcrspiele an, an dere" Stelle nachher die Turniere kamen, welche die Franzo¬ sen zuerst von den Kreuzzügen nach Europa brachte"' In Teutschland gab es bisher eine Menge Leute, d^ bloß vom Stehlen, Straßenraub und Mord lehren- Muth und der Entschlossenheit dieser Leute wußte Heinrich eine andere Richtung zu geben, die der i""^" und äußern Sicherheit des Staates gleich zuträglich tva^' Er brachte ein ganzes Corps solcher Leute zusannnen' gab ihnen Grundstücke und Waffen, und bildete aus >h- neu die furchtbare Merseburger Legion, die ihren Nah¬ men Pavon halte, daß sie in Merseburg zur Besatz"^ eingelegt wurde. Sie bekam den strengsten Befehl/ lu- nciu 3^7 nem ihrer Mitbürger etwas zu Leide, wohl aber den Wenden und Ungern, soviel möglich, Abbruch zu thun. Eine der Hanptursachen, warum Tentschland bisher den Streifereyen und Verwüstungen der Ungern so offen stand, lag darin, daß in Tentschland keine befestigten Städte, wohin sich bey einem feindlichen Ucbcrfalle eine größere Menge von Menschen mit ihren Habseligkeiten flachten, und dem Feinde Widerstand leisten könnte, sondern nur hin und her zerstreute Bergschldßcr, die kaum die Fami¬ lie des Besitzers und die nöthigen Burgmamrer fasten konnten, zur Vertheidigung vorhanden waren. Auch diesem Nachtheile trachtete z) Heinrich abznhelftn. Er ließ die wenigen vorhandenen Städte, oder vielmehr of¬ fenen Flecken mit Graben, Manern und Thnrmen um¬ geben, bauere noch neue dazu und befestigte sie eben¬ falls. Um den Städten Bevölkerung zu verschaffen, und sie mehr in Aufnahme zu bringen, versetzte er den neun- ken Mann von den ogrsrin imutilnw, das ist von den Dreyen vom Lande, die in den Heerbann eingeschrieben ^'aren, (denn nur Freye konnten miN sryn) st, dieScäd- hieß ihn dort für die acht auf dem Lande zurückge¬ bliebenen Personen Wohnungen bauen, und den dritten ^-heil der Früchte, die jene acht erzielten, in Empfang Nehmen und verwahren. So ward bey einem feindlichen Einbruch nicht nur für einen haltbaren Zufluchtsort, sondern auch für den Unterhalt der Flüchtlinge gesorgt, klm den neuen Bewohnern der Städte, gegen welche die Nutzeste,, von jeher eine Abneigung halten, den Aufent¬ halt angenehmer zu machen, mußten die Versammlungen, Emsiercyen und andere Zusammenkünfte nur in den Stav¬ cu gehalten werden. Nachricht von dieser letzten An- sialt Heinrichs gibt unö folgende Stelle WittichiudS: U 2 - „ Vußuri8 uci uouem annos — ex g^riirÜ8 militibu8 nonnin czuemczue eli^en8, in vrbidus siubiture tecic, ut ceceri8 t'3iniligribu8 siais oeto sisbituculu exsirUeret , lru^um omvium rertianr Zorcem exeixerer steruaretcjue; cecori vero veto sienri' narent ec metereot, Lruger^ue collizerenc nono, ek 1rÜ8 638 Ivci8 reconäerenc. Eonciliu et omn68 con» uen!U8 gtcjue conuiuiu in vri>ibu8 voluic celebrsri, in ^uibu5 exLkruevcti8 ciiu noctu^ue oxersm ciubunc. Durch die Beförderung des Atädtewesens wurde für alle folgenden Zeiten eine der wichtigsten Veränderungen für die ganze Nation begründet. Sie eröffnete den Teul- scheu die bürgerlichen Nahrungswege durch Handwer¬ ke , Handel und Künste. Vor Heinrich 1. mußte M jcve Familie selbst verfertigen, was sie an Kleidungs¬ stücken und Werkzeugen nörhig harte. Jetzt aber stetigen die Bewohner der Städte an, sich vorzüglich mit gewis¬ sen Zweigen des Fleißes zu beschäftigen. Durch die bn ständige Uebung in Werken einerley Art waren sie bald im Stande ihren Erzeugnissen eine Vollkommenheit zu ge¬ ben, die den nach alter Art verfertigte» Fabrikaten felM- Dadurch wurden die Familien vom Lande angelocket, sich lieber ihre Bedürfnisse an solchen Waarcn durch Ver¬ tauschung ihrer überflüssigen Feldfrüchte gegen dieselbe" aus den Städten zu hohlen, als sich selbst mit deren Erzeugung abzugeben. Diese Aussicht zum Absätze be¬ lebte die Aemsigkeit der Sladtmanufacturanten noch webr- Es wähne nicht lange,; so hatte man schon einen solche" Ueberfluß an Produkten, daß man selben den Fremde" zuführen konnte, und es fanden sich bald Leute, die si^ dieses zum eigenen Geschäfte machten, und Kaufwa""- schafr 3°9 schäft als Gewerb zu treiben anfiengen. Sobald einmahl der Handlungsgeist rege wurde, begnügte man sich nicht wehr bloß mit der Vervollkommung der alten Manu¬ fakturen , sondern ma» war auch auf Erfindung neuer Kunstzweige bedacht. So erhielt eine Menge von Men¬ schen in den Stadien Nahrung, und es wurde eine ganz andere Lebensart, von der man vorher in Teutschlanl» nichts wußte, eingeführt. Die städtische Lebensart gab zugleich zur Entstehung eines neuen Standes, nämlich des heutigen niedren Adels , Anlaß. Bisher gab es in Tcurschland nur drey Stände l) die Dynasten, das ist, die grossen freye» Eigenthümer, aus denen die Könige ihre Statthalter, die Herzoge, Markgrafen und Grafen nahmen, 2 ) die Freyen auf dem Lande, g) die Freygelassenen und Leib¬ eigenen. Allein als nach Erbauung, der Städte ein Theil der Freyen in dieselben zu wohnen kam, und sich dort auf Gewerbe, Künste und Handlung, womit sich vorher nur Hix Freygelassenen abgaben, zu verlegen anfieng, Leiste sich «ach und nach der Stand der Freyen in zwey lassen. Den bey einer kriegerischen Nation, wie die Zutsche war, standen dergleichen Beschäftigungen In kei- "et Achtung. Darum kamen die Freyen in den Städten, d'e sich dazu bequemten, bey denjenigen, die auf dem Lande zurückblieben und fortfuhren, sich bloß der Jagd «nd dem Kriege zu widmen, in Verachtung. Mil der beit zogen sich auch mehrere Freygelassene in die Städte. Ifangs wurden sie gewiß auch hier von den freyen Einwohnern unterschieden. Als sie sich aber durch Be¬ treibung der niedern Handwerke und durch Industrie ^eichthümer erwarben, sahen ihre freyen Mitbürger, ZIO bey denen sich indessen der Handelsgeist mehr ausbildete, mir aufs Geld, und verheurathcren. ihnen ihre Töchter, oder nahmen selbst reiche Töchter derselben zur Ehe. Durch diese Vermischung mit den Freygclaffenen setzten sich die freyen Bewohner der Städte in den Augen der Freyen auf dem Lande, die sich unvermisDt erhalten harten, noch mehr herab. Die letzte"« sieagcn mm an, sich von den erstem atz;usondern, sich an den Adel anzu¬ schließen, die Stadtebcwohner von dem Hof- und edlen Kriegs- oder Ritterdienste, folglich auch von dem Be¬ sitze der Lehen , die der Hof- und Kriegsdienste wegen gegeben wurden, zu entfernen, und einen Stand für sich auszumachen. So entstand aus den Freyen auf dem Lande der niedere Adel , oder der Ritterstand. Mit ei¬ nem Burger, wie man jetzt die Stadter nannte, wollte der Ritter weder an dem Hofe seines Herrn, noch iM Kriege oder sonst etwas zu thnn haben. Wir haben also heut zu Tage vier Stande: i) den hohen, 2) den nieder» Adel, z)den Bürgerstand, 4) den Bauernstand; denn auch die Bürger, weil sie ursprünglich frey waren, - oder doch dürch daS Bürgerrecht die Freyheic erlangten, suchten sich von den Bauern zu unterscheiden, die ent¬ weder noch leibeigen waren, oder doch in andern seht lästigen Verhältnissen gegen ihre Herren standen. Spä¬ terhin haben sich auch adeliche Familien in die Städte gezogen, die sich aber sorgfältig hüteten, sich mit den Bürgern zu vermischen. Von diesen kommt der patri- cische Adel in den Städten her. Weil sich aber diesig Adel doch mit dem Handel abgab, so findet man, daß ihm der Zutritt zu den Turnieren nicht gestattet wurde. Um 3" Um wieder auf unser» Heinrich zurück Zu kommen, so suchte er den mit den Ungern getroffenen Stillstand "och auf eine andere Art zu benützen. Er mußte besor¬ gen , daß, rvenn der Krieg mit den Ungern wieder an- gehcn werde, die Slaven und Normänner auf einer an¬ dern Seite Bewegungen machen werden. Diese Feinde waren zwar nicht mehr so fürchterlich, als vonnahls; wdvch machten sie noch immer grosse Ungelegenheiten. Die Slaven unterhielten meistens ein Einvcrstandniß mit den Ungern, und thaten ihnen bey den Einfallen in Sachsen und Thüringen Vorschub. Mit den Slaven standen wieder die Normänner in Verbindung, und be¬ unruhigten Teutschland, wenn es mit den Ungern zu lhun hatte. Gegen diese zwey Nachbarn wollte sich nun Heinrich den Rucken sichern. Diese Absicht erreichte er theilö durch verschiedene glückliche Angriffe, die er auf die Heveller, Daleminzier, Böhmen, Rhedarier und den dänische,, König Gorin machte, die zugleich als practi- kchc cklebungen in der neuen Kriegskunst dienten, und stine Mannschaft zu dem schwerer» Kampfe mit den Un- Zern vorbereiteten; theils nnd vorzüglich aber durch die Errichtung der Burgen und Markgrafschaften. So ^bauere er i) an der Elbe die Burg Meißen gegen die Slaven, die in der Lausitz und der dortigen Gegend Lohmen. Die Burg Meißen legte den Grund zu der ""chherigen Markgrafschaft Meißen, die mit der Zeit aus einem slavischen Lande eine ganz teutsche Provinz wurde; beim es wurden teutsche Colonien dahin abge- '"ört „ud in die Städte verlegt. Die Slaven, die auf Lande blieben, bekannten sich nach und nach znnr öustenthnm, lernten die teutsche Sprache, ließen all- Wählig die ihrige außer Gang kommen, und wurden zu¬ letzt ZI2 letzt mit den Teutfchen ein Volk. 2) Gegen die Rheda - rier errichrete er die Mark Nordisch,e ,, welche seinen Lhei! der heutigen Markgrafschaft Brandenburg, nämlich die so genannte a're Mark, aus macht. Zum ersten Mark¬ grafen dahin bestellte er seinen Feldherrn Bernhard, g Gegen die Normänuer legre er die Mark Schlcßrvig an. Er nahm dem dänischen Könige Gorm ein Stück Landes ^ jenseits der Eider bis an die Slie weg, ver¬ setzte dahin eine sächsische Eolonie, und errichrete auf solche Art diese neue Markgrafschaft auf normannischem Boden. So wurden zugleich die von Karl dem Crossen gesteckten Granzen Teurschlandes gegen Norden erweitert. Noch ehe der neunjährige Stillstand verflossen war, fanden sich schon die ungerrschen Gesandten ein, und be¬ gehrten die versprochenen Geschenke. Sie wurden aber abgewiesen. Das (.'Kronioon lVlimlonle sagt, Heinrich habe ihnen statt der Geschenke einen räudigen und ver¬ stümmelten Hund zugeschickt. Dadurch äußerst entrüstet brachen die Ungern mit einer fürchterlichen Macht i" Thüringen ein, wo sie sich in zwey Haufen theilten«M Sachsen von zwey Seiten anzngreifen. Allein die Sa¬ chen haben sich nun so geändert, daß die Teutschen nur fürchteten, die Ungern möchten nicht Stand halten- Sie versteckten daher einen Theil ihres Heeres. Vcyde Abtheilungen der Ungerll wurden in die Flucht geschla¬ gen. Diese grosse Veränderung in einer Zeit von 9 Jahre» ist der herrlichste Beweis von den guten Anstal¬ ten Heinrichs. Nach ZlA Nachdem Teutschland, von innern und äußern Fein¬ den gesichert war, dachte Heinrich einen Huy na Jea¬ nen zu unternehmen, um dieses Königreich und das Kaiserchum wieder mit Teutschland zu vereinigen. Allein der Tod hinderte ihn daran. Er starb im I. yg6, ES nicht zu bedauern, daß dieser Gedanke Heinrichs nicht ausgefadrt werden konnte; vielmehr wäre es zu wün¬ schen gewesen, daß nie ein temscher König nach Italien gekommen wäre. Denn Teutschland hatte davon nie ei- enien wakren Northeil, sondern nur Nachtheil. Viele machend Tenische fanden dort ihr Grab. Die Grossen iu Teutschland hatten bey der Abwesenheit des Königs freyen Spielraum, immer weiter um sich zu greifen und das königliche Ansehen zu schwachen. Die Könige konn¬ ten bey ihren Geschäften in Italien für die Cultur Deutschlands nicht sorgen, und so blieb Teutschland Jahrhunderte lang in der Barbarey. Endlich gaben die Züge der Teutschen nach Italien den Päpsten Gelegen- heit, die putschen Könige unter ihre Gewalt zu brin- ge», woraus dann das furchtbare hierarchische System umstanden ist, Heinrich zeigte der Nation die Starke ihrer innern ^äfte, und lehrte sie davon Gebrauch machen. Das Reich blieb unter ihm ruhig. Nicht nur die Sachsen, s°»dern auch die Franken, zwischen welchen beyoen im- "'er eine grosse Eifersucht war , liebten ihn. Heinrich der größte Staatsmann seiner Zeit. Er bediente s^eh aber dabey immer einer redlichen Politik. Ein Bey- 'p'el davon. Der Graf Heribert von Vermandois ge- *'etl) mit dem Könige Rudolf von Frankreich in Handel, Hieng sich a,, Heinrich, Dieser hatte nun leicht im Trü- Zl4 Trüben fischen können. Allein er gab sich vielmehr Mü¬ den Grafen mir dem Könige anszusöhnen. Alles zusam¬ men genommen verdiente Heinrich den Nahmen des Grossen besser, als mancher andere. Allein die Chroni¬ kenschreiber des Mittelalters wußten den Mann nicht zu schätzen, und gaben ihm, weil er die erste Nachricht von seiner Wahl auf der Vogeltenne erhalten habe» soll' den Veynahmen des Voglers (^ucops), der doch de» meisten tentschen Fürsten des Mittelalters mit eben st viel Recht beygelegr werden konnte, weil der Vogelfang ihre gewöhnliche Vergnügung war. Zuletzt gibt unser Verfasser eine Nachricht von Hein- richs I. Familie. Heinrich hinterließ von seiner ersten Gemahlinn Hatburg, eines thüringischen Dynasten Er¬ wins Tochter, einen Sohn Thankmar, der aber nicht für succeffionsfahig gehalten wurde, weil die^e Ehe we¬ gen des Gelübdes einer beständigen Jnngfranschaft, wel¬ ches Hatbnrg vor ihrer Vermahlung abgelegt hatte, für ungültig angesehen, und auch wirklich getrennt wurde- Von seiner zweyte'n Gemahlinn Mathildis, eines sächsi¬ schen Grafen Theodorichs Tochter, aus dem alten witti- chindischen Geschlechte, hatte er drey Söhne, Otto' Heinrich und Bruno, und zwey Töchter Verberg und Hatwig. Der älteste Sohn Otto hat schon bey Lebzei¬ ten des Vaters mit des Königs Eduards von England Tochter Edgid einen Sohn Ludolf und eine Tochter Luit« gard erzeuget. 4Z' ZiZ Z- 4Z. ^tto I. volil F. 936 L. Füll) bis 974 7- May. (Z8 Lahre.) In Heinrichs I. Nachkommenschaft fand Teutschland wieder einen regierenden Stamm. Von seinen drey Söh- "en gelangte aber nnr der älteste Otto zur Thronfolge. Nan ist also hierin von der merovingischen und karolin¬ gischen Verfassung abgegangen, nach welcher das Reich unter mehrere hinterlassene Sohne des Königs getheilet Wurde. Von einem neu errichteten Fundamentalgesctz, Wodurch die Untheilbarkeit deS Reichs und das Ersige- ^nhrtsrecht eingeführet worden wäre, weist man jedoch nichts. Es ist dieses mir zum Herkommen geworden, weil zufälliger Weise schon vier Könige, Arunlf, Ludwig das Kind, Konrad und Heinrich l., vorausgegangcn waren, die allein regierten. Arnulf wurde gewählt, und dey einer Wahl konnte es der Nation nicht einfallen, sich durch Bestellung mehrerer Könige selbst zu zerreißen und öa schwächen. Arnulf hinterließ nur einen.Sohn, Lud¬ wig das Kind- Da konnte also ebenfalls von keiner ^Heilung des Reichs die Frage seyn. Ludwig das Kind starb unbeerbt, und die Nation schritt zu einer neuen ^ahl, wober; wieder nicht an mehrere Könige gedacht Wurde. Das Nähmliche traf nach dem Absterben Kon- *ads s. A„ch mochte die Nation den Nutzen einer ^llleinregierung bereits gefühlt haben. Darum hat auch schon Heinrich l. selbst darauf angetragen, daß !hm aus stinen Söhnen nur der älteste Otto succcdiren sollte, illein die Mutter begünstigte den zwiytgebohrnen Sohn Heinrich, und führte den Grund an, daß zwar Hein¬ rich Zl6 rich, nicht aber Otto von dem Vater als Könige gr zeugt worden sey. Doch die Nation gieng darüber hin¬ aus. Vermulhlich glaubte sie, daß dieses keinen Vorzug gebe, wie es auch nach dem allgemeinen StaatsrecM keinen gibt. Ohnehin hatte sie schon dem Vacer ver¬ sprochen , den Otto zu wählen. Die Grossen des Reichs kamen also zu Achen zusammen, erkannten mit Beystim- munZ des Volks den ihnen von Heinrich vorgeschlagencn Otto als König, und ließen ihn krönen, Bey der Krönung Otto's I- kommen einige publi- eistische Merkwürdigkeiten vor. Heinrich 1. ließ sich nicht krönen, weil er sich, wie die Annalisten sagen, nicht für würdig hielt, diese heilige Ceremonie zu empfangen- Vielleicht war es nur ein Vorwand, um sich nicht einer Ceremonie zn unterziehen, die er, weil sie bloß von Geistlichen vorgenommen wurde, dem königlichen Ansehen für nachtheilig ansah. Otto l. aber wurde mit vielen Fey- erlichkeiten gekrönt. Ueber das Rrönungorecht entstand zwischen den Erzbischöfen von Trier und Cöln ein Streit. Jener eignete es sich zu, weil sein Sitz der ältere und gleichsam vom heiligen Peter selbst gestiftet wäre fehlbar ein Märchen); dieser, weil der Krvnungsort Achen in seinem Sprengel läge (ein Principium der isidori- schen Decretalen). Zuletzt verglichen sie sich dahin, daß Erzbischof von Maynz für dießmahl die Feyerlichkeit ver¬ richten sollte. So erzählt die Sache Wittichind: fügt er, eilst pontistenm in coniecransto re- He, Vrevirenlis visteiicet L OoloniL, illius, suliHuior lestes eilet, L tangusm g II. ?skro »poiloia Lunästg; iliius vero , czuis ast iliius stioseelin veret locur, wräu8 nrens» prLeroc; ljeri- franco pincernia; ^.rnnlkus eguellri orllini ^li^enlli; loc nlli gn-" callriz prLecnr." Diese fey- ^i'chen Hofdienste sind als die erste Spuhr der nachhe- bey gewissen Familien erblich, noch an bestimmte Länder geheftet waren. Erst in der Folge, ziemlich spat, b"d sie mir gewissen Landern verbunden und erblich ge¬ macht worden. Sie wurden vor Alters nicht nur bey b" Krönung , sondern auch bey feyerlichen Hostägeu aus: Zi8 ausgeübt. Bey Krönungen versahen selbe nur Herzoge > bey Hofrägen aber, wo nicht allemahl alle Herzoge zu- samnienkainen, die vornehmsten von den «»gekommenen Grossen, bisweilen auch auswärtige Fürsten, z. B. Prin¬ zen von Dänemark. Die Krönung Otto's 1. stellt »ns also g geistliche und 4 weltliche Fürsten dar, die dabey besondere Verrichtungen hatten. Aus diesen 7 ErzbeaM- ten haben sich «ach der Zeit die 7 Kuhrfürsten gebildet. Otto I. hatte bey Antritt seiner Regierung alle die Vortheile in der Hand, die ein Regent nach einew grossen Vorgänger zu haben pflegt. Allein er besaß de» Geist seines Vaters nicht. Die alte Eifersucht zwischen den Franken und Sachsen wachte unter ihm seglet wieder auf. Ja seine eigenen nahen Anverwandten em¬ pörten sich vielfältig gegen ihn. Es scheint, er «ins? etwas Widriges in seinem Character gehabt haben. In¬ dessen treffen doch viele Umstände bey seiner Regierung zusammen, welche dieselbe sehr glanzend, und für uns merkwürdig machen. Die ersten vierzehn Jahre seiner Negierung halM Otto mit dem Herzoge Lolevlav von Lohmen zü thnn« Die Böhmen waren schon seit Karls des Grossen Zeirc» in einer Abhängigkeit von Deutschland, die sich aber niäsi genau bestimmen läßt. Der Herzog Wenzel suchte unter Heinrich!, seiner Pflichten gegen das tenrmhc öi^ zu entledigen. Allein Heinrich zwang ihn, sich zu u»le>" werfen und Tribut zu bezahlen. Sv lang Heinrich hielten sich die Böhmen ruhig. Nach dessen Tode al'^ ermordete im I. 9Z8 Bvleslcw seinen Bruder We»s^ riß, ohne den König Otto zu befragen, das DerzogriMw au 3l9 an sich, Wollte selbes ganz unabhängig beherrschen, und beunruhigte auch seine Nachbarn. Otto mußte wider ihn die Waffen ergreifen. Er brachte es aber erst nach ver¬ schiedenen Feldzügen und nach der Eroberung der von Bo- leslav neu erbauten und befestigten Stadt Bunzlau yzo dahin, daß sich Boleslav zur Unterwerfung bequemte, Oer böhmische Krieg veranlaßte den König Otto, einen gewissen Hermann LillunZ zum obersten Feldherrn (^rincipsln Mliitne) zu bestellen, dem er auch bald her¬ nach, ohne daß man die Zeit genau angeben könnte, das Herzvgthum Sachsen, welches Otto- bisher selbst ver¬ waltet halte, verlieh, damit selbes bey seiner Abwesen¬ heit in ReichSgefchaften nicht feindlichen Anfallen bloß- gestellt seyn sollte. Lieser Hermann war der Sohn ei¬ nes Grafen Billungs, und hatte noch einen Brudcr Äigmann, der mit der Friederune, einer Schwester von Otto's Mutter Mathilde, vermahlt gewesen. Mit Hcr- Mann Billrmg gieng hernach eine neue Reihe der Her- Loge von Sachsen an, worin immer der Sohn auf den '-Later folgte, als auf Hermann 97g Bernhard I., so- dauu ivlv Bernhard II., hernach 1061 Ordulf, und üblich 1074 MagnuS, welcher iro6 den billungifchen Äannsstamm beschloß. Bey Gelegenheit des böhmischen Krieges wurde die heutige Nucderlausitz unter tentsche Botmaßig- ^il gebracht. Otto hatte dis Vertheidigung der Ostsach- sllchen Glanze wider die Wenden einem gewissen Gero ^wertrauet. Dieftr tapfere und glückliche Krieger be- äwang die slavischeu Völker in den putzis Lulmi und Lei- stuli, hjx bepläusig eben dis Niederlausitz ansmachru, und trieb Z2S trieb sie, wenn sie sich auflehnten, wieder zu Paaren. .In der Folge erstreckte er seine siegreichen Waffen noch weiter, drang bis an die Warte vor, und nöthigte den Herzog Miecislav von Pohlen zum Tribut. Von ihm ist wahrscheinlich der Anfang der Markgrafschaft Nieder¬ lausitz herzuleiten, in welcher ihm 96Z Christian, der Gemahl seiner Schwester Hidda, folgte. Seine beyden Söhne Siegfried und Gero waren vor ihm gestorben. Für drs erster» Wlttwe hat er die Abtey Gernrode UN» weit Qaeolindurg gestiftet. Während dieser böhmischen und lausitzischen Angele¬ genheiten kommt in der Geschichte Ottv's l. eine Reihe von Empörungen vor, als 1) in Bayern, 2) in Fran¬ ken, z) in dem königlichen Hause selbst, 4) in Lothrin¬ gen, ;) in Sachten. Nach dem Tode Arnulfs des Bösen, Herzogs in Bayern, 9Z7 maßte sich dessen ältester Schn Eberhard» ohne Vorwissen des Königs, das Herzogthum an. Al¬ lein Otto bändigte ihn mit Gewalt der Waffen, ver¬ wies ihn ins Elend, und vergab bas Herzogthum er» an Arnulfs Bruder Berthold, bisherigen Pfalzge»' fen in Bayern. Pfalzgraf in Bayern ward dann einer von Arnulfs des Bösen Söhnen gleiches Nabmens. Eo" der Bestimmung des Pfalzgrafen, tie nun schon in allen Herzogtümern erscheinen, werden wir weiter unten Ge¬ legenheit haben, ein Mehreres zu reden. Die Unruhen in Franken hatten die alte Eifers"^ zwischen den Franken und Sachsen zur Ursache. D" Franken konnten es nicht vertragen, daß die Regier»"- aus Z2t üuf eine sächsische Familie gekommen wär. Unter Heiu- ^'ch l., der sich bey allen beliebt zu machen wußte, wa- sie zwar stille. Aber Otto war ihnen zu ungeschmei¬ dig» Er zeigte sich immer als König. Auch mögen die Sachsin jetzt zu stolz gegen die Franken zu thun ange- fangen haben. Kurz es brachen allerlei) Befehdungen wische» den Franken und Sachsen aus. Unter andern hat des Königs Konrads I. noch lebender Bruder Eber¬ hard eines sächsischen Dynasten Brünings Güter ver¬ heeret. Otto verurtheilte ihn zur Stellung einer gewiss sea Anzahl von Pferden; seine Gehülfen aber zum Hun- delragen. Dieses war eine Schaudstrafe bey den alten deutschen. Einige sagen, die Teutschen hatten den Cha- kacter des Hundes verabscheuet, der, obschon er geprü¬ gelt wird/ seinem Herrn doch schmeichelt. Durch diese schimpfliche Bestrafung wurden die Schuldigen noch mehL Aufgebracht, und trieben es jetzt arger, als vorher. Eberhard fand in dem königlichen Hause selbst ^inen Misvergnügten, der mit ihm gemeine Sache Kachle. Dieser war Otto s Stiefbruder Thankmar. . r nahm nach Absierben Siegfrieds Grafen von Mer- ?b"rg, mit dem er von wegen seiner Mutter Hatburg ttwandt war, dessen Grafschaft in erblichen Anspruch. bi" Otto vergab selbe an den wohlverdienten Mark- ^afen Gero. Dieses tbat dem Thankmar so wehe, daß init Eberharden in Verbindung trat, und Thätlich- e'ttn anfieng. Doch kam er bald um. Allein nun zog Eberhard Otto's jüngern Bruder e>nrjch Herzog Giselbert von Lothringen art w Seite, Otto gieng ihnen sogleich über den Rhein E ent« Z-2 entgegen, und lieferte ihnen ein glückliches Treffen. Aber jetzt kam Ludwig IV., König von Frankreich, der diese Umstande für eine schickliche Gelegenheit hielt, sich Loth¬ ringens wieder zu bemächtigen, den Ausrührern zu Hülsi- Dessen ungeachtet behielt Otto die Oberhand. Eberhard und Giselbert verlohren in einer anderweiren Action am Rheine Andernach gegenüber im J. 9,9 das Leben. Otto siel dann selbst in Frankreich ein, wo er viele Misverguüg- re an sich gezogen hatte, und nöthigte den König Ludwig zum Frieden, welchen vermuthlich Otto's Schwester, Gi¬ selberts Wittwe Gerberg , welche sich nach ihres Gemahls Tode mit dem Könige von Frankreich vermahlet hatte/ befördern half. In Lothringen setzte hierauf Otto de" Grafen Otto von Verdun zum Herzog und Vormund über Giselberts hinterlassenen Sohn Heinrich, dem also, wie es scheint, das väterliche Hcrzogthum niclss entziehen wollte. Als aber Vormund und Mündel ba^ nach einander mit Tode abgiengen, ertheilte Otto 94I das Herzvgthum Lothringen dem Grafen Konrad v°" Worms , dem er znglcich seine Tochter Luitgard Z>" Ehe gab, .Der Beschluß dieser Empörungen geschah unter 9^ to's eigenen Landsleuten in Sachsen. Die sächsische Truppen, welche die Granzen gegen die Wenden zu ve>- theidigen harren, wurden wegen deS Soldes aufrührls^' Der aus den vorigen Auftritten mit heiler Haut davon gekommene Bruder Otto's, Heinrich, steckte sich h"'^ sie, und cs wurde selbst auf des Königs Leben ei" An¬ schlag gemacht. Derselbe ward aber glücklich entdeck^ und vereitelt. Heinrich entfloh. Nach einiger Zeit «>">' er sich seinem Bruder zu Füssen, erhielt Verzeihung 32A und söhnte sich mit ihm Mieder aus. Nach dem Absterben deS Herzogs Berthold von Bayern 947 überließ i.bm Otto sogar dieses Herzogthnm, aber eben nicht aus Grvßmuth, sondern nin die Herzogthümer nach und Nach an seine Familie zu bringen. Wahrend der vielen Unruhen und Kriege, in wel¬ che Otto in Teutschland verwickelt wurde, glaubte der dänische RoniF Harald das von Heinrich I. den Nor- Utaunern abgenommene Stück Landes von der Eider dis au die Slie den Tentschen wieder entreiße», und sein Reich von der dort errichteten Markgrafschaft Schlefi- ivig befreyen zu können. Er überfiel die dortige sächsi¬ sche Colonie, zerstörte sie, und brachte den Markgrafen selbst ums Leben. Otto ließ diese Gewaltthätigkeiten nicht »»gerächt. Er brach in das Gebiet der Dänen ein, drang bis au die Meerenge, die Jütland von Norwegen scheidet, und von ihm den Nahmen Ottensund bekommen Haden soll, siegreich vor, und zwang den Harald zum Frieden, in dem dieser versprechen mußte, die christliche Religion in seinem Reiche anzunehmeu, Harald soll so- Zar bey dieser Gelegenheit sein Königreich von Otto zu Lehen genommen haben ; denn llremonsts schreibt: „Dsnllem Lomiitionib»8 sä xacem inclina- blarolänz Otwni lubstcitur, regunmgus gk en Okriüianiralem in Oania reeipers spopnn- elir. — 8ervanlur in öremensi ecclolia p>rkecep>m P.e- 8^, <^UX stgnant, I^egem Okknnom in sua ciitions ^Lnum ünnioum tenuill's, astsc, nt eriam ills Lpist, ^opstus äonaverir." Allein Christiani sucht in einer Schrift unter dem Titel: Dänemarks stats freye Kö- ^iFskrowe, zu beweisen, daß diese LebenSverbiudnng X « Höch- Z24 höchstens nur von Jütland, welches bey Adam von Bremen Dänin cikmurinu genannt wird, verstanden werden müsse. Nachdem Otto auf solche Art seine Regierung glück¬ lich befestiget hatte, wäre es gut gewesen, wenn er sich bloß auf sein Vaterland beschranket hatte. Es war jetzt die beste Zeit vorhanden, zur Aufnahme desselben in Künsten, Wissenschaften und in der Religion mehr Licht zu verbreiten, dem Faustrechte Einhalt zu thun, bessert Sitten einzuführen, und entweder , zu retten, was von Karls des Grossen Anstalten noch übrig, oder herzustel¬ len, was seitdem schon in Verfall gerathen war. Einen Begriff der damahligen Barbarey gibt uns der Verfasset in der Note k. Otto, sagt er, ließ sich selbst erst nach dem Tode seiner Gemahlin» Edgid 947 so weit unter¬ richten, daß er Bücher lesen konnte. Die CapitularieN der fränkischen Könige kamen bepnahe ganz in Vergessen¬ heit. Alles beruhete nur auf Herkommen. Zugleich ver¬ fielen Schulen und andere gute Anstalten, die Karl der Grosse gemacht hatte. Nichts als Jagd und Krieg war wieder die allgemeine Hauptbeschäftigung. Der Geist des Faustrechts erstreckte sich bis auf gesetzliche Fragen und Rechtssachen, die man durch Iweykämpfe entschei¬ den ließ. Davon zeugen folgende Veyspiele. Im 3' 942 wurde die bisher unausgemachte Frage, ob die En¬ kel mit ihres vorher verstorbenen Vaters Brüdern in Be¬ erbung ihies Großvaters concurriren konnten, aufs neue in Bewegung gebracht. Der König berief zur Entschei¬ dung derselben eine Reichsversammlung nach Stela. trug darauf an, daß die Frage durch Schiedsrichter er¬ örtert werden sollte. „Kex smem, sagt Wittichmd- - welio- 3-5 Meliori coiMw u5us, noluit viros nodilss sc senes kobuli inhonclie rrsKsri, teci rem inter gls- äigtores äiicerui suilit. Vicir igitur xsrs , gui ülios 6>iorum computgbgnr imer MivL," Seitdem ward es Zum Gesetze, daß die Enkel ihren verstorbenen Vater vor¬ stellen, und zur Theilung der großväterlichen Erbschaft iuit den Brüdern ihres Vaters zugelaffen werden sollten. 3n einem Diplom Otto's I, sür einen gewissen Mark¬ grafen Aledra vom I. 967 bey Meybom heißt es: „(r>uoci 6 gliguis contenrionem äs bususmoäi supra omnibus cum eoäsm tuisgue bs-reälbus knbue- Nt — liesst eitlem gut per lacramentg gut xuZngm ^eclgrgre." In einer andern Urkunde bey Schannar kiest man: „8i guis contenäerit tuper g^ris, viueis, keeunis — ut evitentur periurig, äuo eUZgnkur sä pu^ngm, L dello litem äeciäant." Eine so grosse Rohheit mußte nothwendig böse Sitten zur Folge ha- k'en; denn diese sind der unzertrennliche Gefährte der Barbarey. Der ungebildete Mensch ist bloß thierisch, Nnz Sklave seiner Leidenschaften und des Aberglaubens. Durch diese wird er zu Handlungen gestimmt, die sonst stinem Gefühle und Verstände entgegen sind. DieGeist- k'chkcir kann in solchen Umständen durch ihre Lehren nicht helfen, und will eö zum Theil auch nicht. Sie läßt "H leicht durch das Interesse verblenden, auch unver- ^'hliche Handlungen zu entschuldigen, wenn nur ihr Ei¬ gennutz durch Opfer befriediget wird. Alles dieses hat nicht zu befürchten, wenn das Volk zu bessern Ein¬ sichten angeleitet wird. Sollte auch die Aufklärung, wie Wan ihr Schuld geben will, Mutlosigkeit und Weich- ^eit, und dadurch gesetzlose Herrschaft, die wieder den eg Zur Barbarey bahnt, nach sich ziehen, so lassen 3-6 sich doch diese üblen Folgen leicht aufhalten, wenn mir die Nativ» immer in Lhätigkeit erhalten wird. Doch damit hatte es ohnehin unter Otto I. keine Noth. Er verwendete die glückliche Zeit der Ruhe nicht zur Befbr- dtlung der innern Cultur von Teutschland, sondern liest sich durch das schöne Italien reitzen, einen RitterM dahin zu thun. Wir müssen nun den Faden der Geschichte vo» Italien dort wieder anbinden, wo wir ihn unter Ar» nnlf abgebrochen. Wir haben gehört, dasi nach viele» Revolutionen Hugo Graf von Arles König in Italic» geworden sey, und zuletzt die Regierung seinem Sob»e Lothar überlassen habe, welcher mit der Adelheid, de» burgundischen Königs Rudolfs ll. Tochter, vermalM war. Dessen Nebenbuhler war Berengar ll., Markgraf von Jvrea und Enkel Berengars l. Er spielte scho» bey Lebzeiten Lothars den Meister in Italien. Nach des¬ sen Tode <-50 brachte er ohne Mühe das italianische Reich in seine Gewalt, und ließ sich nnd seinem Sob"* Adalbert zu Pavia die Krone aufsehen. Er hatte a^cc doch die Parthcy des Hugo und Lothar gegen sich. diese zu gewinnen, machte er das Project, seinem Soh¬ ne Adalbert Lothars Wittwe Adelheid zur Gemahlin» Z" verschaffen. Allein Adelheid verabscheute diese Henrath» theils weil sie heu Berengar als einen Tyrann kan»M» theils weil sie jh„ sich den Mörder ihres Gemahls lst^' Berengar setzte sie daher auf das Schloß Garda gen, und behandelte sie dort sehr hart. Doch Adelhe'd fand Mittel zu entfliehen, und wurde von dem grafen Azzo in dem festen Schlosse Canossa ausgenom¬ men. Kaum hatte Berengar ihren Zufluchtsort ausgt- kund- Z 2/ kundschaftet , so unternahm er die Belagerung von Ca- 'wssa. Fch- diesen Fall haben sich aber die Anhänger der Königin» schon vorgesehen. Sie haben sich unter der Hand an den König von Teutschland Otto gewendet. Dieser sollte ihnen wider Berengars Bedrückung Hülfe Wen, und dafür die Hand der Königin« Adelheid haben. Dem rüstigen Otto, der eben Wittwer war, schien Es der Mühe werth zu fepn, einer schönen Prinzessin Wqen einen Zug nach Italien zu machen, und bey der Gelegenheit vielleicht dieses Königreich selbst, als Heu: rathgut oder als Beute, davon zu tragen. Er brach 9Z l ohne Verzug über die Alpen auf, rückte vor Canos- » sa, befteyte die Adelheid, ehelichte sie und nahm den Titel eines Königs der Langobarden an. Er dachte nun nach Rom zu gehen, um sich zum Kaiser krönen zu las¬ sen. Weil ec aber mit dem Papste Agapet darüber nicht einig werden konnte, so begab er sich mit seiner neuen ^emahlinn nach Teutschland zurück; jedoch mußte sein ^ochtermann, der Herzog Konrad von Lothringen, mit Einem Theile der Armee zur Beobachtung Berengars Zu Pavia Zurückbleiben. Konrad ließ sich mit dem Be- *°"gar in Unterhandlungen ein, und beredete ihn, nach ^ENtschland Z» gehen, und von Otto das Königreich -ballen zu Lehen zu nehmen, welches auch 952 auf ei- vem Reichstag zu Augsburg geschah. Doch hat Otto sehr staatöklng die Mark.Vervnä und Aquileja von Jta- lwn getrennt, und seinem Bruder Heinrich, Herzoge in Bayern , zur Verwaltung anvertrauet, um immer einen offenen Eingang nach Italien, und ein aufmerksames Nug auf den König Berengar in der Nahe zu haben. Ottv's I2Z Otto's Vermählung mit der Adelheid, und das Perhälmiß, worein nun Italien mit Teutschland gekom¬ men war, hatte für letzteres keine guten Folgen. Otto Wurde dadurch nicht allein in Teutschland mit seinem ei¬ genen Sohne und Tvchtermanne in neue Unruhen ver¬ wickelt, sondern auch zu mehren, Zügen nach Italien veranlaßt. Die Innern Unruhen entspannen sich auf folgende Art. Ludolf , Otto's Sohn aus der ersten Ehe, der mit des Herzogs Hermann von Schwaben Tochter Ida ver¬ mahlt war, und nach dessen Tode y49 nicht nur dessen grosse Allodialgüter, sondern auch das Herzogthun« Schwaben erhielt, sah in der Adelheid nur eine Stief¬ mutter, und fürchtete, wenn sie einen Sohn gebühren sollte, demselben in der Thronfolge uachstehen zu müssest- Seinen Unwillen gab er schon dadurch hinlänglich zu er¬ kennen, daß er gleich nach gehaltenem Beylager seines Vaters mit der Adelheid Italien verließ und nach Teutsch- land zurückkehrte, Er bekam bald einen Mitgenosscn a» seinem Schwager, dem Herzoge Konrad von Lothringen- der sich dadurch beleidigt fand, daß Otto den König Be¬ rengar, den ihm Konrad unter der wahrscheinlichen Ai- sicherung einer guten Aufnahme zugeführt harte, dr") Tage nicht vor sich ließ. Hingegen schloß sich Otto's Bruder Heinrich ganz an die Königlnn Adelheid an, "std suchte den Ludolf bey ihr und ihrem Gemahl verhaßt Z" nrachen. Er hatte als Herzog vou Bayern mit Ludesi Herzoge von Schwaben schon vorher Gränzstrelsi^ Leiten, die nun, da von Seite Ludolfs noch andere Grü"^ de des Misvergnügens hinzukamen, mit größerer Er¬ bitterung geführt wurden, und endlich in eine Ewpör»>'S aus- A2Y ausbrachen, an welcher nebsi dem Herzoge Konrad von Lothringen auch der Pfalzgraf Arnulf von Bayern und andere Grosse Theil nahmen. Allein Otto behielt über¬ all die Oberhand, und nahm beyden Urhebern der Em¬ pörung ihreHerzogthümer. In Schwaben kam an Ludolfs stelle Burchard, der Heinrichs von Bayern Tochter zur Gemahlin» hatte, und erst nach dessen Tode 97^ bekam wieder Ludolfs Sohn Otto dieses Herzogrbum. Das Herzogthum Lothringen vertraute Otto Anfangs seinem Bruder Brüno, Erzbischöfe von Cöln. Weil er aber zu weitschichtig war, so wurde es hernach auf Vruno's Anrathen in zwei) Herzogthümer abgetheilt, in Oberloth- riugen an der Mosel und Niederlothringen an der Maas. In jenem ward Friederich, i» diesem Gottfried als Her¬ zog angestellt; beyde aber standen unter Bruno's Ober¬ aufsicht, der deßwegeu auch von einigen Schriftstellern Erzherzog (Zrrcbistux) genannt wird. Obcrlothringen behielt immer den Nahmen Lothringen, und blieb bis das jetzige Jahrhundert bey Teutschland. Niederloth- p'ngen begriff die heutigen Niederlande, und kam spä- unter diesem oder dem Nahmen Brabant vor. Durch diese innerlichen Unruhen Teutschlands und burch die Unruhensiifter selbst gereizt, brachen auch die blnyerm mit einem so ungeheuren Heere von neuem in Bayern ein, daß sie sich, wie Rhegmo's Fvrtsetzer be- slchtet, öffentlich prahlten, sie könnten nicht anders über¬ wunden werden, als wenn der Himmel über ihnen ein- ^e, oder sie die Erde verschlänge, Nichtsdestoweniger wurden sie am ro. August yzz bey Augsburg gänzlich ^schlagen. Dieses war der größte Sieg, den die Tcur- >che» jemahls wider die Ungern erfochtet» haben. Seit« dem 3Zc> dem hatte auch Tcutschland vor diesen gefährlichen Fein¬ den Ruhe. Dieser Sieg macht in der österreichischen Geschichte qine neue Epoche, weil die unter Ludwig dem Kinde, wenn nicht ganz, doch größtentheils verlohrne östliche Mark nun zum Theil wieder erobert wurde, denn es kommt unter Otto I. und seinem Sohne Otto II. in einem Theile des Landes unter der EnS wieder ein Mark¬ graf Burchard vor. Wahrscheinlich hat sich aber diese Eroberung nur bis an Mölk erstreckt; denn Molk war schon eine ungerische Festung. Zn Italien regierte'Berengar als Otto'ö Vasall. Er machte sich aber durch seine Tyrannei) bey allen sehr verhaßt. Besonders schien er dem Papste Johann Xll- sehr gefährlich. Dieser Papst war der erste, der , nach¬ dem er den päpstlichen Stuhl bestiegen, seinen Nähme» änderte, welches hernach alle folgenden Päpste nachge- ahmet haben/ Er hieß vorher Lctavian, und war ei» würdiger Sprößling der Marozia und Theodora, My¬ er Frauenzimmer galanten Andenkens. Er hatte M Vater den römischen Patricius Albericus , einen Sohn der gedachten Marozia und Enkel der Theodora Von >h^ erbte er die weltliche Herrschaft über Nom. Um auch geistliche damit zu verbinden, setzte er sich nach dem T»- de des Papsts Agapet eigenmächtig auf den päpstliche" Stuhl. Als sich Berengar auch an d?n Gütern der römi¬ schen Kirche zu vergreifen anfieng, wollte ihm Job»'"' Xli. nach wohl hergebrachter italiänischer Sitte eim" Nebenbuhler geben. Er lud mit andern italiänische" Grossen' den König Otto ans Tcutschland nach Italien ei». Otto schickte zuerst seinen Sohn Ludolf dahin, zwar den Berengar und dessen Sohn Adalbert in En- 3Z' Enge trieb; aber schon im I. 957 seine» Tod in Ita¬ lien sand. Man kann überhaupt sagen, daß, seitdem Italien durch Okto l. wieder in eine Verbindung mir Deutschland gesetzt worden ist, sich daselbst ein grosses Eirah eröffnet habe, in welches nach und nach viele der Edelsten und tapfersten Männer Tcutschlands stürzten. Nach Ludolfs Tode kannte Berengars Wuth keine En'änzen. Auf wiederhohltes Bitten und Flehen der Ätalianer entschloß sich Otto selbst, einen zweiten nach Italien zu machen. Er wurde überall mit Freuden empfangen, ließ sich zu Mayland die iralianische, »nd -. 62 zu Rom vom Papste Johann Xll. die Kaiser¬ krone , die seit Berengar !. Niemand mehr getragen hat¬ te, aufsetzen, gieug dann wieder nach Oberitalien, und belagerte den Berengar in dem festen Schlosse Monte Leone, wo sich derselbe verschlossen hielt. Er mußte aber wegen Untreue des Papstes Johann Xll- wieder nach Nom zurück. Der Papst batte die Absicht, den Otto ww als ein Schrcckbild gegen den Berengar zu brauchen. Allein Otto verstand die Sache anders. Er glaubte mit ber Kaiserwürde auch alle Rechte, die Karl der Gross se hatte, erworben zu haben, und wollte sie nun aus- übe«. Dieses war dem Papste nicht recht. Er verband sich daher mit Berengars Sohn Adalbert, und ließ den¬ selben in Rom ein. Als sich Otto der Stadt näherte, begaben sich Johann und Adalbert auf die Flucht. Ot- lo Zog ohne Widerstand in Nom ein, versammelte dort ein Concilium, und lud den entflohenen Papst vor, um sich wegen der ihm angeschuldigten Verbrechen zu ver- cheidlgen. In der Vorladung sagt der Kaiser zum Papst: >,Uoinum ob teruiüum Del vsmenlss, llum irlion ve- v ttrv;, 332 Ürv8, Ikomano8 koilicet epiicopor, csräinÄer, xrek- d^teror , äisconor er vniusrlam xlebem äs velirs sdl'entia perconlgremur, et «zuiä cauÜL ell'et, czuoä vor eceleÜL velirL veüri^us äekensorer viäers no- luriielw; rglig äs vobi8 tamczuam (tsmgue) obscena xromlerunt, vt, si äs bilkrionibus äieerencur, nobis veieculläisin innererem, t^uss ne magnikuäinem ve- Krsm omniz wteant, ^URänm vobl8 t'ub breuilate äeseribimur, ^uoniam, li cunets nomivslim expri- mere cuperemur, äier nob>8 non suüicerel vnu8. uericir itac)ue, non s xaueir leä sd omnibu8 tgm ve- ttri <^ULin uiteriu8 oräinir vo8 bomiciäii, xeriuru, lüerilegii , er ex xroxris coxnakjone, stczue eX äusbu8 sororibur inceüi erimins eü's Lceusator- Di- cunt et 3Üuä, suäitu ixlo borriänin, änibvli iu rnnorein vo8 vinum bibiü'e; in luäo sleL Iovi8 , Ve- neri8 eeterorumciue äLmonum nuxilinm xoxoleiÜ'e. Orsmn8 izirnr jisternitsrein veliram odnixe, veuirL Lt^ue ex ii>8 vmnidu8 vor ^ur^gre non äilliinulecis- 8i l'orre vini reinergriL mnlticuäimr kormiästir, iu' ismeoto vobjr 36irmginu8, nicliil 6eri ^rLter Isncco^ rum cgnoumn lunetionem.Allein Johann stellte st^ nicht, sondern schrieb zurück: „iXor uuäiuimur äicere, ^uvä vor vulcir alnim puziam kaeere. 8i bLc kuLMS» exLommunieo vor äe Deo oiunij)orenri, vt non derrir licentiam , vlium oräinsre et iniliam celo^ brare." Johani, XII. wurde daher auf dem Contis seiner päpstliche Würde entsetzt, und Leo VIII., bis¬ heriger Prvtoscriniariuö der römischen Kirche, mit Ein¬ willigung des Kaisers zum Papste gewählt. Die Rö¬ mer machten sich bey dieser Gelegenheit durch einen Eid¬ schwur verbindlich , daß sie vhne des Kaisers und seu'^ Soh- zzr Sohnes Einwilligung keinen Papst mehr wählen oder weihen wollten. Kaum aber war Otto von Rom ab¬ gezogen, als die Römer schon von ihm abfielen, und dem abgesetzten Johann die Thore öffneten. Johann verfolgte nun alle, die wider ihn waren, auf das grau¬ samste; kam aber bald auf eine seiner Lebensart ange- gemeffene Weise um. Als er sich nämlich einmal bei¬ der Nacht außer der Stadt mit einer Ehefrau unterhielt; wurde er vom Teufel, wahrscheinlich von dem maskir¬ an Ehemann, nut einer solchen Ohrfeige bewillkommt, daß er acht Tage darauf starb. Die eidbrüchigen Rö- wer wählten sogleich, ohne den Kaiser zu befragen, Benedict V. zum Papste, und gelobten ihm eidlich an, ihn gegen den Kaiser zu vertheidigen. Allein Otto er¬ schien mit einem mächtigen Heere vor den Manern Roms, und zwang die Römer zur Uebergabe. Leo VM., der vorher sich hatte flüchten müssen, wurde wieder eingesetzt, Benedict V. auf einem neuen Concilio infam cassirt, und summt dem Könige Berengar, der unterdessen auch vor» einem bey Monte Leone zurückgelassenen Theile der Trup¬ lu sich z» ergebe» genöthiget worden war, nach Teut- schland in Verwahrung gebracht. Nach einem fünfjäh- rigen Aufenthalte in Italien kehrte endlich Otto "uch Teutschland zurück. Bald nach dem Abzüge des Kaisers gieng der Papst VUl. mit Tode ab. Die Römer respcctirten dieß- whl die kaiserlichen Rechte bey der Papstwahl, sie schrit- nicht eher zu derselben, als bis sie die Bewilligung ' Kaisers eingehohlt hatten, und wählten dann in ryseyn der kaiserlichen Abgeordneten Johann den XI ll» Uu Papst. Dieser aber verdarb es bald mit de» romke schen 3Zt scheu Grossen, gegen welche er das gesunkene päpstliche Ansehen wieder euiporziiheben suchte. Er wurde von ei¬ nem Anhänge Adalberts, Berengars Sohns, aus Rom vertriebe». Otto mußte nun y6c> dem Papste zu Hülfe das drittemahl nach Italien ziehen. Er nahm ZU Nom eine strenge Untersuchung gegen die Urheber des Aufruhrs vor, bestrafte der Vornehmsten, die eines Antheils an jenen Unruhen überwiesen wurden, mit dem Strange , und siegte so die Ruhe und Ordnung wieder her. Auch ließ er jetzt seinen mit der Adelheid gezeug¬ ten Sohn Otto li., dem er schon, vor seinem zwepten Zuge nach Italien die Nachfolge in Deutschland versichert hatte, zum Mitkaiser krönen. Zuletzt gerieth Otto noch in Zwistigkeiten mit d«^ griechischen Raisern. Der Kaiser Nicephoruö zu Con- stantinopel wollte den Otto nicht als römischen Kaiset anerkennen. Dagegen nahm Otto die Fürsten von De- nevent und Capua, die bisher unter griechischer Hoheit gestanden waren, in seinen Schutz. Darüber kam cs zum Kriege. Nicephorus trat mir Berengars Sohn Aval- bert in Verbindung. Otto aber machte Anstalten de» Griechen Calabrien und Apulien zu entreißen. Als übet Nicephorus bald darauf in einem Aufruhr nmkam , mach¬ te dessen Nachfolger Johann Zemisces Friede, kraft des¬ sen Venevent und Capua unter der Hoheit des nun fbtM' lich anerkannten römischen Kaisers Otto bleiben ; Griechen aber das Hcrzogrhum Neapel und ihre übrig^ Besitzungen in Apulien und Calabrien behalten sollten» Auch wurde dabey die Vermahlung der griechischen zessin Theophania mir dem Kaiser Otto II. verabredet und hernach 972 zu Nom vollzogen. So kam eine g>'^ ZZZ chische Prinzessin an den rcurschen Hof, und brachte an denselben griechische Sitten mir. Nachdem Otto schon wie,- der 6 Jahre in Italien zngcbrachl hatte, gieng er in sein Vaterland zurück; kvnnre aber nichts gedeihliches für dasselbe mehr unternehmen, weil er schon nach anderthalb Jahren Y74 zu Memleben an der Unstrut im 6ltenJahre seines Alters oerstarb- Am Glanze kommen der Negierung Otto's I. we» uige gleich; aber an Wvhlthätigkeit für die Nation und wahren Verdiensten um den Staat muß sie der Regie¬ rung manches andern weichen, wenn gleich derselbe nicht, Wie Otto, mir dem Bcynahmen des Grossen in der Ge¬ schichte pranget. Am moralischen Mcnscheuwerth dürfte ebenfalls Otto von Psychologen ringhaltig befunden wer¬ de«. Ein Regent kann zwar nie allen recht thun; aber wenn sich so viele seiner Unterthanen, selbst seiner näch¬ sten Anverwandten, gegen ihn öffentlich auflehnen, als es gegen Otto geschehe» ist, so scheint es, daß irgend k'u Flecken in seinem Eharaccer seyn müsse; derselbe mag "un j» einem Stolze, Eigensinn, oder etwas anders, was beleidiget, bestehen. Indessen fehlte es auch an Suren Eigenschaften dem Otto nicht. Ueber dieß begün¬ stigte ihn das Glück überall. Seine Negierung dauerte i""ge, uud nahm ein glorreiches Ende. Dieses brachte 'bm Hochachtung bey seinen späten, Zeitgenossen zuwege, nur den siegreichen Otto kannten, und ihn bloß nach wncn kriegerischen Thaten, dem einzigen damahligen "ßstnbe der Negentengrbße, beurtheilten. Daher kom- "tn auch die häufigen Lobsprüche, die ihm von den Ge- -lichtschreibern jener Zeiten ercheilet werden. 336 Das Glänzendste, was unter Otto's I. Regierung vorkommt, ist die Vereinigung des römischen Raiser- thums und -es Rönigreichs Italien mit Teurfch- land. Otto nahm sich hierin Karl den Grossen zm» Muster, und setzte sich in den Besitz der Rechte, die die¬ ser einst als Kaiser in Rom gehabt hatte. Der Papst Leo VIII. selbst gab und bestätigte, wie es Papst Ha¬ drian in Ansehung Karls des Grossen schon als Patri - ciers soll gethan haben, dem Kaiser Otto „in xorxe- ruum liumlt-uem eligomti tibi fucoeü'orew , skgus summD secli8 upollolicL poiuiiwsm vrstinauäi.-' Dio römischen Geschichtschreiber, denen dieses Deeret Leo's zu erniedrigend für die päpstliche Hoheit scheint, suchen dessen Aechtheit zu bestreiten. Allein wenn es auch un- ächt seyn sollte, so gewinnen die Römer nichts dabey- Otto hätte deßwegen doch das Recht gehabt, sich eine» Nachfolger im Kaiserthum zu bestimmen; denn er ist an die Grelle der vorigen karolingischen und griechische» Kaiser getreten, welche unstreitig dieses Recht ausgeübt haben. Eben so hätte er auch das Recht, den päpstli¬ chen Stuhl zu besetzen; denn die griechischen Kaiser/ Karl der Grosse und dessen Nachfolger waren unstrei¬ tig in dem Besitze des Rechts, daß ohne ihre Einwilli¬ gung und Bestätigung kein Papst gewählt und geweihet werden konnte, lieber dieß war Otto als Kaiser Ober¬ herr und Schutzherr von Nom, und als solcher hatte er gewiß bey der Besetzung des päpstlichen Stuhles etwa? zu sagen. Endlich haben ihm die römische l^eistlichb und das Volk selbst geschworen „nungunm ste eledkurv8 nut vrclinaturos prTter oonlentum elee ticmem liomini impsrntoris." Die Römer konnten doch doch das ihnen bey der Papstwahl zustehende Recht gül¬ tig an den Kaiser übertragen. Doch mußte Otto schon weit mehr, als vvrmahls geschehen, dem Papste Lmränmen. Er mußte im I. 961 vor seiner Ankunft nach Nom zur Kaiserkrönung dem Papste Johann Xll. schwören „8auiJum Komunam ooolslium L ro KeKorem ipsmz exultabo leouucium kvil's ineuin. — Kc in Komanu urbe nnllunr xlucirum Um orcliuokionem tmium cis omnibus , czuse uc! ts out Romanos xertinent, lino tuo conlilio.^ Nach seiner Kaiserkrönung 962 fertigte er dem päpstlichen Stuhle eine Urkunde aus, die eine Bestätigung über dessen Be¬ sitzungen enthält. Das Original davon mit golde¬ ne» Buchstaben geschrieben soll zu Rom in der Engels? bürg vorhanden seyn«. Doch werden beyde diese Urkun¬ den von den Diplomatikern für sehr verdächtig gehalten. Auch Otto I. selbst machte eine Neueruny, die vach der Zeit von den wichtigsten Folgen war. Er ließ vamlich Mch Erlangung der Kaiserkrone alle übrigen Ti¬ tulaturen, die Karl der Grosse noch beybehalten hatte, fuhren, und führte bloß den Titel: römischer Kaiser, dieses zäh in der Folge zu der Meinung Anlaß, als alle Staaten, die ein römischer Kaiser zu regieren dülte, römische Kaiserthum selbst ausmachtcn. Es si°ug sich an der Begriff festzusetzen, daß unter Karl dem grosse» uichr das römische Kaiserthum, wie es Rvmulus ^ugustuluö besessen, erneuert, sondern das alte römische ^usierthum in seinem ganzen Umfange vom Papste ans "Umgebung Gottes zuerst auf die Franken, und dann an Deutschen übertragen worden sey. Man wurde da- 338 durch verleitet zu glauben, Karl der Grosse, Otto und die Kaiser, die Heyden gefolgt waren, seyen Nach¬ folger eines Justinians, Theodos, Constantins bis auf den August hinauf gewesen. Die alten Römer habe» - außerordentliche Vorzüge ihrem Reiche gegeben. Sie hielten sich für das erste Volk in der Welt, glaubte» gebohrne Beherrscher der Welt zu seyn, und stellten deß- wegen ihr Reich unter dem Bilde der Erdkugel vor, aus welcher die De» ViLborin stand, statt der aber die christlichen Kaiser ein Kreutz darauf setzen ließen- Ihre Kaiser führten außerordentlich prächtige Titel. Sie nannten sich Herrn der Welt. Man kann Veyfpiele von dieser eingebildeten Größe der Römer in dem Corpore juria civilis in unica Cocl. clc novo Cocliee conkrmanöo, und in Def. 9. OigcK. cle leze llko- «lia lie juLbu lesen. Am ersten Orte heißt es: ,,kelix Iloimmorum xenus omnibus anteponi nutionibus, omnibusgus gentibuä «lominsri tum prXterikis essecit rcmxoribus, ol- das UeberaevoiBr über den R«lss Der Kaiser war also im Mittelalter ein sehr gros¬ ser Herr, Beherrscher der Welt, König der Könige. M" diesem grossen Ansehen des Kaisers hatte jedoch der PK'l^ nichts verlohren, sondern vielmehr gewonnen. De"" man war der Meinung, daß der Papst das Kaiforth"'" von den Griechen auf die Teutschen aus MachtSvollko"" meuheir übertragen habe. Man sah, daß er den Kaifi^ kröne, und glaubte, daß er ihm dadurch das Kaii^ thuin verleihe. Schon darum mußte man den für höher halten, als den Kaiser. Aber dazu kam "" das System von der zweyfachen Macht, welches kends dem Papste verschaffte. Dian nahm an, daß siel) diese zwey in der nämlichen christlichen Gesellschaft befinden. lich ohne Aerrüllung derselben nicht als unabhängig eiu- 34r emandcr gedacht werde» können. Die geistliche Macht der weltlichen zu subordinireu fiel es Niemanden ein; ailo mußte die weltliche in ein untergeordnetes Verhält- "'ß gegen die geistliche gesetzt werden- Aus den Grund¬ sätzen der damahligen Philosophie war man auch gleich lur Stande, selbes naher zu bestimmen. Die beyden Machte, hieß es, sichen mit einander in dem nämlichen Verhältnisse, als die Endzwecke, zu deren Erreichung sie ^ugesetzr worden. Der Endzweck der weltlichen Macht sep die zeitliche, der geistlichen die ewige Glückseligkeit -V'esi sep erhabener als jene; also müsse auch um eben si' viel die geistliche Macht über die weltliche erhoben ftyn. Vkan suchte dieses nach dem Geschmack der Zeiten durch Gleichnisse zu erklären. So wie- der Mond ein kleinerer Körper ist als die Sonne, und sein Licht von dieser erhält, s° sey auch die weltliche Macht viel geringer als die geistliche, und könne nur von dieser Herkommen. Wie d'e Seele viel edler ist als der Leib, und wie dieser von lener allein beleb! und dirigirt wird, so sey auch die geistliche Macht weit vvrtresticher als die weltliche, und letztere müsse von der erstem ihkd Thätigkcit und Direc- livn empfangen. Bey solchen Principien mußte das An- sehen des Papstes fast ins Unendliche steigen; denn der Herr ist immer desto größer mrd angesehener, je vor- "ehrner seine Unterthanen sind. Da nun der Kaiser s^bst, der doch für den Herrn der Welt galt, unter dem Vapstx stand, was konnte man sich noch erhabenercS ^"ken , als einen Papst? Alle Gewalt im geistlichen weltlichen Dingen conccntrirte sich zuletzt in ihm; geistliche unmittelbar, weil ihm für sich alle Präla- - Bischöfe sind Erzbischöfe untergeben waren ; die Zeitliche mittelst des Kaisers , der allen Königen und Für- Air Fürsten Vorstand; aber am Ende doch nichts als eln Umerthan des Papste», als Statthalters des Königs des Himmels und der Erde, war, At,«s Veranlassung dieses Gystems ist bas, was Anfangs reäles an dem Kaiserchum war, verlohren ge¬ gangen. Das erneuerte Kaiserchum war nämlich die Oberherrschaft über Rom und dessen Gebiet. Da aber der Papst Herr über den Kaiser geworden, wie hatte bey diesem Verhältnisse noch eine.Oberherrschaft des Kai¬ sers über Nom bestehen können? Aus eben diesen Grund¬ sätzen ist leicht begreiflich, warum sich vormahls die Papste in die Angelegenheiten des teutschen Reichs misch¬ ten, warum sie sich die Bestätigung des Kaisers und die Verwaltung des Reichs wahrend eines Interregnums anmaflten. Man sah das deutsche Reich als das römi¬ sche Kaiserchum an, und man glaubte, daß selbes von dem Papste durch die Krönung verliehen werde. D" war es wenigstens cousequent gehandelt, wen;, der Papst Sorge tragen zu müssen vorgab, daß die Geschäfte des Reichs gut giengen; daß nur ein tguglicher zum Kaifte- thnm gelange; daß das Kaiserchum während des schenreichs keinen Schaden nehme- Man würde sich je¬ doch sehr irren, wenn man glaubte, daß diese und an¬ dere dergleichen Folgerungen, welche die Römer zu ma¬ chen für gut fanden, in Tcutschland geradezu anerkannt worden rvären. Die Teutschen fühlten das Schimpfst^ und Schädliche davon-, und setzten sich den zu weit triebenen Anmassungen der Päpste, so gut es die da¬ malige Partbeysucht und Unwissenheit des allgemeine" Staats - und Völkerrechts erlaubten , bey verschiedene" Gelegenheiten mit Werken und Worten entgegen. Die- 343 Dieses System ist nicht auf einmahl gleich unter Dtto I. s», wie wir eS hier aus einander gesetzt haben, entstanden. Man hat lange daran gemodelt, bis es "ach und nach die angeführte Gestalt bekommen hat. Es dauerre hernach bis zu den Zeiten Karls V. Unter dessen Regierung kam ein neues Völker- und Kirchen- rechc auf. Jeder Regent hielt sich jetzt in.seinem Staate für unabhängig und souverain. Der Supremat des Kaisers hörte also auf. Doch behielt der Kaiser noch den ersten Rang unter den Königen. Dieser zeigt sich am deutlichsten bey Friedensschlüssen. Wenn zwey an¬ dere Machte einen Frieden mir einander machen, so al- terniren sie in der Unterschrift der beyden gegen einander ausgewechselren Instrumente, so daß in dem einen der Nähme der einen, in dem andern der Nähme der an¬ der Macht bey der Unterzeichnung vorgesetzt wird, schließt aber der Kaiser als Kaiser einen Frieden, so Unterzeichnet er beyde Friedensinstrumente am ersten Ort. weiter hat man dem Kaiser auch den Schutz über die Östliche Kirche gelassen. Man nennt ihn noch jetzt das Haupt der Christenhest. Dieses Recht könnte etwa noch eh einem Kreutzzug, oder einem allgemeinen Friedens- ^'greß Glaubenssachen, zu denen aber wenig Hoff- mehr vorhanden ist, eine Anwendung finden. Doch hßte es auch hier so ausgeübt werden, daß dadurch ^4>t den Majestäcsrcchten der übrigen Könige in Kir- Ensachen zu nahe getreten würde. Auch die geistliche «narchie des Papstes hat nach Karls V. Zeiten einen ^bwaltigen Stoß erlitten. Schon durch die Reformation libr^s e'" grosser Theil Deutschlands und des Europa von dem Gehorsam gegen den Papst ^rissen. Was noch katholisch geblieben ist, hat sich wenig- Z 44 wenigstens in neuern Zeiten in zwey Partheyen getheilt. Die eine halt noch an dein alten System. Sie heißt die ultramoutanische. Die andere vertheidigt das Episcopal- fystem. Sie behauptet, daß die Bischöfe die eigentli¬ chen Hirten ihrer Kirchen sind, und daß dein Papste nur ein Primat zur Erhaltung der Einigkeit, den man wieder bald mehr, bald weniger beschrankt, zukommt. Endlich hat sich auch das Verhältniß zwischen der geist¬ lichen und weltlichen Macht sehr geändert. Zuerst wurde die Subordination des Staates unter die Kirche ver¬ worfen , und der Sah aufgestellt, daß jede Macht in ihrer Sphäre unabhängig ist. Spater aber ist man den natürlichen Rrchtsgrundsatzen noch naher gerückt, und hat die Kirche als eine im Staate befindliche, und der Staatsgewalt unterworfene Gesellschaft zu betrachten an- gefangen. C) Die Verbindung Italiens und des Kaiserthun^ mit Teutschland hat für unser Vaterland die traurigste" Folgen gehabt, die wir schon oben praoccupirt haben- und hier nur wicderhohlen wollen. Dieser neuen 6^' Werbung zu Liebe mußten die teutschen Könige ost »ach Ira- Cd Clkh die vierte Abcheilung der historisch «statistischen Al" Handlung von Errichtung, Ein- und Abcheilung der Lischünier, Bestimmung der Erzbiskhümer, Lestvi' gnng, Einweihung und Versetzung der Erz- und B'^ ,chöfe , von» römischen Pallium, und Eide, welchrN die Erz- und Bischöfe dem römischen Papste schwören Müssen, und von den Gerechtsamen der Regenten Ansehung dieser Gegenstände. Men bey Hörling 345 Italien ziehen. Otto l. hat viele Jahre dort znge- bracht, und eben so auch seine Nachfolger. Sie ver¬ schwendeten dort ihre Kräfte und Talente. Wie viel teutsches Blut wurde in den Kriegen und Empörungen, ür welche die Kaiser in Italien verwickelt wurden, auf- geopfert? Noch mehr teutsche Mannschaft wurde durch das italiänische Clima, dieser Pest für die Teutschen, aufgerieben. Teutschland selbst wurde bry dem Bestre¬ ben , Italien zu erhalten, vernachläßigt. Bey den viel¬ fältigen Zügen nach Italien konnte an keine nützlichen Anstalten zur Aufnahme der teutschen Nation gedacht werden. Bey der öftern und anhaltenden Abwesenheit der Kaiser entstanden in Teutschland insgemein Unord¬ nungen. Die zurückgebliebenen Grossen benützten diese Gelegenheit, um kaiserliche Rechte und Güter an sich Zu reißen, das kaiserliche Ansehen zu Grund zu richten, und auf dessen Trümmern ihre Macht zu gründen. End- kch trug die italiänische Königs- und römische Kaisers¬ würde fast alles däzu bey, daß der Papst über den Kaiser die Oberhand gewonnen, und dadurch auf alle christliche,, Reiche einen weit großem Einfluß bekommen bat, als es sonst hatte geschehen können- Diese päpstli¬ che Obergewalt hat hernach zu den langen und grossen Streitigkeiten zwischen der weltlichen und geistlichen ^iacht, Mche alle christlichen Reiche, besonders aber eutschland, Jahrhunderte hindurch zerrütteten, Anlaß gegeben. Der ganze Vortheil der Erwerbung des Kai- Wrrhums für Teutschland blieb zuletzt, daß der teutsche "uig der erste unter den gekrönten Häuptern Euro- Pens ist. 346 In der teutschen Staatsverfassung hat sich miter Otto I. keine Haupkveranderung ereignet. Der Kaiser war noch der einzige Landesherr in Teutschland. Er konnte noch üherall selbst wirken. Wenn er in eine Pro¬ vinz kam, so konnte er unmittelbar die Gerichtsbarkeit ansüben. Die Gerichte des Herzogs oder Grafen rühr¬ ten indessen. Die Einkünfte der Kaiser waren auch Z" diesen Zeiten noch sehr beträchtlich und zureichend, ihre Würde dadurch zu erhalreu, ohne daß sie nöthig halten, yebenbey ein Herzvglhum zu besitzen. Sie hatten an¬ sehnliche Kammcrgüter in den Provinzen und verschieden? einträgliche Regalien, Die Verwaltung -er Provinzen wurde von dens Könige durch die Herzoge und Grafen geführt, wie vor¬ her. Diese waren noch immer blosse Statthalter des Königs, die in seinem Nahmen die Negierungsrechte in den ihnen anvertraucen Provinzen und Bezirken ausübten- Von einer Landeshoheit, vermög welcher die Herzoge oder Grafen schon wahre Regenten ihrer Länder gewesen waren, konnte also jetzt noch keine Frage seyn, um st weniger, d» die Herzogthümer «nd Grafschaften nicht einmahl erblich waren. Zwar ließ der König gemeinig¬ lich den Sohn auf den Barer folgen. Aber dabey lag kein ausgemachtes Erbrecht, sondern eine politische Ursa¬ che zum Grunde. Die Herzoge und Grafen besaßen näm¬ lich in den Ländern, die sie zu verwalten hatten, große Familiengüter, und wußten noch dazu nach und nach dir Lehen, die sie von dem Könige empfangen hatten, mit denselben zu vermischen. Es war also nicht rathstM' den Sohn des Herzogs oder Grafen von dem väterliche" Amte auszuschlttßen, und einen neuen Herzog oder Gra¬ fe» 347 fen hinzusetzen , von dem es zweifelhaft war, ob er dem mächtigen Sohne deS vorigen Herzogs oder Grafe,: die Spitze werde biethen können. Indessen haben wir auch Veyspiele, daß Herzogthümer und Grafschaften ar, an¬ dere vergeben wurden. Oft kommt daher ein Mus üu- eis nur als comes oder nobiiis, oder ein Mus cvmiris nicht mehr als comes, sondern als blosser nokilis vor. Immer kam, wenn gleichsam eine Erbfolge statt haben sollte, noch alles auf den guten Willen des Königs an» So heißt cS in dem Supplemente des Rhegino uä an. 94H: „Vro cmnus obiir, czui r-e^r'5, c^uiä-. ^Mci benestcii aut praekecturarum kabuir, Erraff /rus^ Mer ülior cliuiiir." Dann und wann wur¬ den freylich schon erbliche Ansprüche gemacht. Allein zu diesen Zeiten konnten sie noch nicht durchgesetzt werden. Ho schreibt Wittichind: „8iegtriäi comius ciicionettt Mi viullicarec Hancmartts eo, ^uocl propin^uus e» 8e6 rezali 6ono ceilerat 6eroni eomiti/^ Matt ^ynnte für hie Erblichkeit der Herzogthümer die Stelle des /Vlbercus äcallenüs acl an. ygy anführen, welche so lautet: ,^IM'imannus, N Lothringen wieder an Frankreich zu bringen. Zu gleicht Zeit machte Lothars Bruder Karl wegen seiner Muttll Gerberg, des lothringischen Herzogs Giselberts Wittwt/ Ansprüche auf einige Güter in Lothringen. Um alle» üblen Folgen vorzubeugen, gab Otto den, beyden Mil¬ dern Lambert und Raginer ihre verlohrnen Güter zurück/ und belehnte den französischen Prinzen Karl mit Nieder- lothringen. Allein die Franzosen hielten es für schimpf^' daß der Bruder ihres Königs ein Vasall von Tensid land seyn sollte, und es kam doch noch zum Kriegs Lothar drang in Lothringen und Otto in Frankreich Es ward aber außer beyderseitigeu Verwüstungen 1 viel ausgerichtet, und daher im I. y8« Friede gew" der alles beym vorigen liest. Lothringen blieb also Teutschland, und der Bruder des Königs von Frankls teutscher Vasall. Die neuern französischen Geschichts^' der behaupten, der König von Frankreich habe dem K" ser Otto Lothringen als ein französisches Lehen übel" sen / sen, und berufen sich auf den Fortsetzer des Frodoarö und den Wilchelm von Nangis, eines Skribenten voni Ende des izten Jahrhunderts. Allein Mascov hat dies sis Vorgeben hinlänglich widerlegt: r) Zeigt die ganze Folge der Geschichte, daß die Könige von Frankreich seit d^ser Zeit den teutschen Königen die Oberherrschaft über Lothringen nicht wieder streitig gemacht haben. 2) Wenn der teutsche König Lothringen von Frankreich Zu Lehen genommen hatte, so würden die Franzosen keinen Grund gehabt haben, gegen ihres Königs Bruder Karl, der Niederlothringen wieder von dem teutschen Könige zu Lehen empfangen hat, so aufgebracht zu seyn, daß sie denselben deßwegen hernach sogar von der Thronfolge ausschloßen; den» Niederlothriugen wäre auf solche Art ein französisches Afcerlehen gewesen, z) Sagt Siegbert von Gemblours von dem vbgedachten Frieden ausdrück- Uchi „Rex Rorhgrms Rvtlwrme,igni slssurm." 4) End¬ lich reden die gleichzeitigen Schriftsteller von diesem Ver¬ gleiche auf eine für den teutschen König sehr rühmliche ich't. So z. V. sagen die ^nnules bliklesbeimenses acl yZo: „lUmrins Rex cum moguis muneridus sä vsniens, le enm Klio Rio snkjeeit vo» Impsrsroris'" So könnte man doch nicht von ^nem reden, der eben damahls Vasall von Frankreich ^worden seyn soll. Durch die bayerischen und lothringischen Handel wat ss, hjshxx gehindert worden, einen Zug nach allen zu machen, der schon längst nothweNdig gewe- b" denn bald nach dem Tove Otto's l, brachen ou> gefährliche Unruhen aus. Ein gewisser Crescen- ''' sich zum Consu! auf, t'odtete den neuen Papst I - Be- ZL6 Benedict VI., vermuthlich weil derselbe dem verfallenen päpstlichen Ansehen wieder aufzuhelfen und die römische» Grossen ins Geleis zu bringen versucht hatte, und mach¬ te einen seiner Freunde, Bonifaz den VII-, ohne Thell- nehmung des Kaisers zum Papst. Allein die kaiserliche Pärchen unter den Grafen von Tusculum vertrieb den Bonifaz, der mit den besten Kirchenschätzen nach Co«- siantinopel entfloh, und setzte an dessen Stelle zuerst Donus den II., und als dieser bald starb - Benedict VII., der auch voni Kaiser bestätiget wurde. Dieser, «>» sich in seiner Würde zu befestigen, lag dem Kaiser seht dringend an - daß er bald nach Italien kommen inöchte- Lttn, nachdem er sich tnit dem Könige von Frankreich setzt hatte, brach auch noch im nämlichen Jahrs- dahi» auf, und brachte zu Rom alles in Ordnung. Seine Absichten giengen aber noch weiier. Ex te bey dieser Gelegenheit nach dem ehemahligen Pl»"^ seines Vaters den Griechen Apulien und Calabrien weg¬ zunehmen. Den Rechtstitcl dazu gab ihm die Perst" seiner Gemahlin», die eine griechische Prinzessin war, die Hand. Durch dieselbe glaubte er, wek weiß ein Recht auf dis beyden Provinzen erlangt zn habe"' Auch reizten ihn seine Vasallen, die Fürsten von Be»^ vent und Capua - die immer von den Griechen beuw»* higet wurden, zu einer solchen Unternehmung au- fangs war er glücklich. Er besetzte Neapel, Sälen'" und Tar'ento. Allein nun riefen die Griechen, die st ' allein ihm nicht gewachsen sahen, die Saracene» Hälfe herbey. Otto ließ sich mit diesen 98 - bey sentello in ein Treffen ein, und erlitt eine gänzliche der- 357 derlage, so daß er selbst nur mit größter Noch auf ei¬ nem feindlichen Schiffe, dessen Capitain er gewonnen hatte, entkomme» konnte. Indessen der Kaiser in Italien abwesend war, ge- rieth der ganze deutsche Norden in Bewegung. Die Da- «en suchren sich nicht nur yon den Teutschen unabhan- d'g zu machen, sondern auch noch Vortheile zu erfechten, ^er dänische Prinz Sueno, der noch als ein Knabe "uf Zudringen Otto's l. sich raufen liest, trat wieder Z»m Heideiilhum über, vertrieb selbst seinen Vater, den völlig Harald, wuchere gegen die christlichen Priester und Äissionaricn in Schleßwig und Jürland, verwüstete das Bischum Schleßwig, und machte sogar einen Einfall in Sachsen. Auch die Slaven glaubten, jetzt sey der Zeit- punct angekommen, wo sie das teursche Joch ganz ab- ^erfen könnten. Es standen also nicht nur die Herzoge b°n Böhmen mid Pohlen, sondern auch die Obotriten, Welche ssyst getreuesten waren, unter ihrem Fürsten ^"stewvj auf. Die gleichzeitigen Schriftsteller sagen, " Stolz und die übertriebene Härte des Markgrafen Dietrich von Nordsachsen haben zu diesem Aufstande An- gegeben, Dietrich mishandelte die slavischen Völker >r. ssll es gewesen seyn, der dem Herzoge Bern» von Sachsen, als er seine Nichte an den obgedach- Aiisiewoi verheurathen wollte, sagte: es schicke sich "'Hl, daß er seine Anverwandtinn einem Hunde gebe; v^anf aber Mistewoj, als es ihm Zu Ohren kam, sich haben verlauten lässen: ein Hund, der Kräfte ha- könne wenigstens gut beißen. Wirklich setzten jetzt r ustewoi und die übrigen Slaven den Teutschen mit ih- e» Bissen gewaltig zu. Sie eroberten Havelberg, Bran¬ den- 358 denburg, Zeiz , verheerten die dortige» Bisthümer, ver¬ jagten die Bischöfe, mordeten und plünderten, so viel sie konnten, fielen dann in Sachsen ein, legten Hamburg in die Asche, und breiteten ihre Verwüstungen immer weiter aus. Endlich vereinigten die sächsischen Grafe" und Bischöfe ihre Kräfte gegen sie, und brachten ihnen eine grosse Niederlage bey. Diese machte aber nur, daß die Slaven ihre Eroberungen aufgeben mußten. Um sie unter den vorigen Gehorsam zu bringen, hatten die Teutschen noch lange zu kämpfen. Otto bekümmerte sich nm alle diese Unruhen wenig- Er war nach der von den Saracenen erlittenen Nieder» läge nur darauf bedacht, sich mit frischen Truppen Z" verstärken, den Krieg wieder anzufangen, und so an sei» nen Feinden Rache zu nehmen. Au diesem Ende setzte «r y8Z einen allgemeinen Reichstag nach Verona an, N>0 man sich über die Mittel, den Krieg fortzusetzen, be» rathschlagte. Von da gieng er nach Rom, nm die Er¬ öffnung des Feldzuges abzuwarten, und die Anstalten dazu in der Nahe zu betreiben. Allein mitten unter die¬ sen Aurüstungen starb er, und hinterließ Deutschland und Italien in der größten Verwirrung. So haben schon drey Prinzen von der sächsischen Familie, Ludolf» Otto's I. Sohn aus der ersten Ehe, Otto II«, kurz vor diesem des ersten Sohn Otto, Herzog Bayern und Schwaben, ihren Tod in Italien gkfynbrN' 4§' 35- §> 45. Otto HI. vom F. 983« 7. Dec. bis >oos. 2Z. Fän. (l8 Fahre.) Otto III., dem schon auf dem Reichstage zu Ve¬ rona die Thronfolge versichert worden war, succedirte seinem Vater 98z. Allein er war noch sehr jung. Er brauchte daher einen Vormund, der in seinem Nahmen die Regierung führen sollte. Diese Vormundschaft "ahm jetzt der abgesetzte Herzog von Bayern, Heinrich der Zänker, als nächster männlicher Anverwandter, in Anspruch. Er bekam auch einen ziemlichen Anhang, und sogar schon den jungen König Otto tn seine Hände. Darüber ward er so mutbig, daß er den Gedanken faßte, sich selbst auf den Thron zu schwingen. Doch der Erzbischof Willigis von Mainz brachte mit andern, die ihren dem Könige Otto geleisteten Eid auf keine Weise brechen wollten, die Sache noch dahin, daß Heinrich der Zänker den Prinzen auf einer Versammlung ausliefern, die Vormundschaft und Regentschaft der ver- ^'ttibten Kaiserin« Theophania, nach deren Tode 99» selbe hernach des jungen Königs Großmutter Adelheid übernahm, überlassen, und übrigens sich begnügen mufi- als Herzog in Bayern hergestellet zu werden. Dar¬ aus sieht man, daß nach dem damahligen Staatsrechte ' d'e Weiber nicht für unfähig gehalten wurden, eine vor- ^uudschastliche Regierung zu führen. Vermuthlich wür- cht einmahl einen Streit über haben, wenn sie nicht eine vesen wäre, die sich durck ihr verhaßt gemacht hatte. Nack der man der Theophania nb Vormundschaft erregt bichtsinnige Griechinn ger tragen hey den Tentschen S6? der unglücklichen Schlacht bey Basentello, da alles nie¬ dergeschlagen war, soll sie sich öffentlich über die Teut- schen lustig gemacht haben, daß sie sich von ihren Lands¬ leuten, den Griechen, haben schlagen lassen. Heut zu Tage würde die vormundschaftliche Regierung einer Frau nicht mehr angehen, sondern die beyden Reichsverweser, der Pfalzgraf am Rhein und der Herzog von Sachse», hatten das Reich im Nahmen des minderjährigen Ke- »igs zu verwalten. Wahrend dieser Unruhen war auch der König Lothar von Frankreich unter dem Vorwande, daß ihm als Ot- to's I. Sckwestersohn die Vormundschaft über Otto zustehe, und daß er denselben auS der unrechtmäßigen Ge¬ walt Heinrichs deS ZänkerS befteven müsse, in Lorhrin- ycn eingefallen, und halte Verdün besetzt. Als aber die Sacken in Teurschland verglichen wurden, gab er die Sradr wieder heraus, und zog sich aus Lothringen zu¬ rück. Nach seinem und seines Sohnes Ludwigs V. oder Faulen bald darauf erfolgtem Tode ward sein Bruder Karl, Herzog von Niederlothringen, dem man es iioä) nicht verzeihen konnte, daß er ein Lehenmann des teut- schen Königs geworden, in der Thronfolge Übergänge»- Hugo der Grosse, Herzog von Jsle de France, welche unter der letzten Regierung die ganze Verwaltung de-' Reichs geführt hatte, brachte die französische Nation auf seine Seite, und bewog sie, 987 seinen Sohn Hugo b- pet zum Könige zu wählen. Der Herzog Karl wider¬ setzte sich zwar einige Zeit; er ward aber zuletzt darä) Verrathercy eines Bischofs gefangen genommen, mußte sein Leben im Kerker beschließen. Noch weniger zvar für seine dreh Söhne, Otto, Ludwig und Karl, Z" chun. Z6l thlm. Der erste folgte doch noch seinem Vater in dem Herzogthum Niedcrlothringen; die übrigen zwey aber vertvhren sich, ohne daß man recht weiß wohin. So wurde der berühmte Karolinger Gramm auch in Frank¬ teich gestürzt. Hugo Capet stiftete dann eine neue re- Nn renhe Familie irr Frantzreioy, die sich in den drey Linien Capet, Valois und Bourbon bis auf den un- glücklichen Lndwig XVII. auf dem französischen Throne erhalten bat. Die letzten Könige in Frankreich ans dem karolingischen Hanse waren sehr ohnmächtig; denn die königlichen Kammergüter sind dort frühzeitig ganz an die Grossen verschwendet worden. Deßwegen mußte man jetzt eine» König wählen, der selbst Einkünfte genug hatte, die Ehre der Krone aufrecht zu erbalten. Die Könige von dem neuen Stamme wirthschafteten auch weiser. Sie gaben von ihren Gütern nichts weg, son¬ der» suchten vielmehr dieselben zu vermehren. Wenn ei- , de Linie der königlichen Familie ausstarb, wurden deren bssiter sogleich der Krone zugeschlagen. So wurde die königliche Familie mit der Zeit die mächtigste im Reiche, dnd in ven Stand gesetzt, die Grossen nach und nach zu demüthjge», und aus Frankreich wieder einen einfachen ^war zu machen, besonders da sich das Volk, welches do» den Grossen sehr gedrückt wurde, an den König an- ^vß, und zu dessen Absichren gerne mitwirkte. In hatten die Könige zu dieser Zeit noch sehr Kammergüter, aus deren Einkünften sie le- .en Glanz des Hofes erhalten konnten. Da- gaben sie ihre Reichslehen nach der Thronbcstei- weg, veräußerten auch von Zeit zu Zeit Krongü- und einträgliche Regalien, und je weniger noch von tw Fiscus vorhanden war, desto verschwenderischer ^'tfthland beträchtliche beu, und d ZÜ2 giengen sie damit um. Auch dauerten in Teutschland die regierenden Familien nicht lange» Das Aussterben der¬ selben war für die Grossen immer eine günstige Gelegen¬ heit, die Fiscalgüter an sich zu, reißen und sich zu erhe¬ be». In diesen Umständen liegt der Grund -er ver¬ schiedenen Verfassung von Teutschland und Frank¬ reich in den folgenden Zeiten. Die unter der vorigen Regierung angefangenen Unruhen der Danen und Slaven dauerten unter Ot¬ to III. fort, und erst nach einem glücklichen Treffe" mit den Dänen 995, und nach verschiedene» Feldzüge" gegen die Slaven, besonders nach der behaupteten Ero¬ berung von Brandenburg, konnte die Ruhe in jenen Ge¬ genden Teutschlands wieder hergestellt, werden- Diese Streifereyen der Normänner und Wenden erinnerten die Tentschen wieder an die Anstalten Heinrichs I., und wa¬ ren Ursache, daß man iheils verschiedene Städte >" Sachsen befestigte, theils feste Oerter von neuem anlegte' Kaum war Otto III. noch erwachse», als er scho" seinen ersten Zug nach Italien antrat. Die Veran¬ lassung dazu war folgende. Die römischen Grossen h"- ben seit Otto's II. Tode wieder alle weltliche Herrschaft in Rom an sich gezogen. Der berüchtigte Crescentia fand sich daselbst wieder ein, und wußte sich bald al» Cousul eine solche Gewalt zu verschaffen, daß er gleich¬ sam Despot von Rom war, und den Papst nur als ri¬ ne» miterthänigen Bischof behandelte. Der Papst 3^ Hann XV. und die römische Geistlichkeit wendete" f^ daher an Otto III., und ersuchten ihn, nach Rom kommen. Otto entschloß sich, ihren Wunsch im 3« zu Z6Z j» erfüllen. Noch auf dem Marsche erhielt er die Nach¬ richt von dem Tooe Johannes XV. Er schlug den römi¬ schen Abgeordneten seinen Wetter und Capellan Bruno jum neuen Papste vor, und hatte die Freude, dasi der¬ selbe noch vor seiner Ankunft nach Rom unter dem Nah¬ men Gregors V. wirklich gewählt wurde. Von diesem deutschen Papste wurde hernach Otto Hl. mit den ge¬ wöhnlichen Zierlichkeiten zum Kaiser gekrönt. Unser Verfasser glaubt, bey dieser Krönung sey k'Ne pragmatische Sanktion errichtet worden, daß künf¬ tig die italiänische Königs-und die römische Kaiserkrone Nie wieder von Tentschland getrennt werden , sondern daß der von den Teutschen gewählte König für sich be¬ rechtiget seyn sollte, sowohl das Königreich Italien, als das römische Kaiserthum in Anspruch zu nehmen. Allein Man sinket keine historischen Beweise einer solchen Ver¬ fügung, Nur Platina schreibt in Vita Ore^orii V. s'oiuik. „Is (Gregor V.), «juo äiutiu8 apuä 6erma- lumm» porelkar remaneret , kanationem retulit ^ucl sbnnente Otkonv äe Imperator? ch.igenäo anno l-örisij N. teenncio, — vicielicet lolis Oermania ^er? prineipem äelixere, cpii OLsar L Komanornm 3ppeliatu8, tum clemum Imperator L ^u^ulkuL 'eretur, si ?nm Komami8 pontikex eonstrmaüet." ber Platina ist ein Schriftsteller des i5ten Iahrhun- ^kffen Zeugniß bey dem gänzlichen Stillschweigen gleichzeitigen Geschichtschreiber und bey Ermangelung de,,' llrkundenprobe nicht für vollwichtig angesehen wer- " kan», um darauf das Factum einer unter Gregor V. ^ömigenen Realverbindung zwischen Teutschland, dem "nigreiche Italien und der Kaiserwürdc Z« bauen, Otto 564 Otto l. hat, wie einst Kärl der Grosse, das Königreich Italien und die Kaiserwürde für sich und seine Familie erworben. Daher folgten ihm auch sein Sohn und En¬ kel darin. Daraus aber laßt sich nicht herleiten, daß auch dann, rvenn die Teutschen bey der Wahl ihres Kö¬ nigs von Otto's I, Nachkommenschaft abgehen sollten, die Jtaliäner und Römer verbunden waren, den teut- schen König als König von Italien und römischen Kai¬ ser anzuerkeunen. Zwar mucheten ihnen die Teutschen dieses zu. Allein die Jtaliäner zeigten gleich nach Ot¬ tos It i. Tode, daß sie nicht der nämlichen Meinung seyen; den» sie wählten sich einen eigenen König; sie konnten aber ihren Plan nicht durchsetze». Nach Hein¬ richs ls, unbeerbten Abgang schleiften sie sogar den kö¬ niglichen Pallast zu Pavia aus dem Grunde, weil sie nun ganz ftey waren. Sie mußten aber auch jetzt dec teutschen Ueberwachr weichen. Uebrigens, wenn es auch seine Nichtigkeit hatte, daß unter Otto lil. und Gre¬ gor V. eine nähere Verbindung Italiens und der Kai¬ serwürde mit Teutschland gegründet worden wäre, ft ist doch dieses gewiß nicht im I. 1002, wie es Platina angibt, geschehen, weil Gregor V. schon vier Jahre früher, und auch Otto 111. schon zu Anfang des Jahres 1002 gestorben war. Dermnthlich aber hat Pla¬ tina bloß eine historische Hypothese der Jtaliäner in fti»e Geschichte ausgenommen. Als nämlich in der Folge die Jtaliäner die wirkliche Realvereinignng ihres Reichs dem teutschen fühlten, mögen sie wohl zn grübeln an- gefangen haben, woher dieselbe entstanden sey. Da sie davon nichts ausgezeichnet fanden, haben sie, wie eu scheint, den Knolten dadurch » zu lösen gesucht, daß sie sagten: ft etwas könne nur von einem ganz teutsch ge- sinn- zsF sinnren Papste herkomnien- und dieser könne kein ande¬ rer scyn, als der teutsche und sogar mit den teutschen Königen verwandte Gregor V. Diese Aermuthung mag dann zur Volkssage geworden- und durch den Canal der Tradition in die Feder des Platina geflossen seyn. In vorigen Zeiten war man auch det Meinung, daß Gregor V» die Fürsten - die in des Papstes Nah- inen den König von Deutschland und künftigen Kaiser Wahlen sollte», benennet, und so das Collegium der 7 Luhrfürsten eingesetzt habe. Allein dieses ist eine offenbare Erdichtung der folgenden Zeiten. Man ist heut ZN Tage fast durchgängig überzeugt - daß die Kuhrsür- sien eines viel spätem Ursprungs sind» Nach der Kaiscrkrönunst wollte Otto den Cresccm tius mit dem Erilium bestrafen, Gregor V» aber, der den Anfang seiner Negierung mit Wohlthaten zu bezeich¬ nen gedachte, bewirkte durch seine Fürbitte, daß ihm der Kaiser verzieh. Allein er mußte bald erfahren, daß ee seine Gnade an einen Undankbaren verschwendet habe, '^aum war der Kaiser nach Teutschland zurück gekehrer, erneuerte Crescentius seine alten Gcwaltthatigkeiten, ^folgte den Papst auf alle Art, Vertrieb ihn zuletzt «ns der Pradt, und erhob den Vischbf von Piacenza vnter dem Nahmen Iohamrs XVI. auf den päpstlichen Stuhl. Dieser Afterpapst machte mit dem Crescentius Ve" Entwurf, das abendländische Kaiserthum wieder den Griechen j,, hj? Hände zu spielen. Vielleicht hat er sich schon vorher mit den Griechen darüber einverstanden, da als Otto's Gesandter nach Coustantinopcl gegangen ^'ar, um ihm eine griechische Prinzeffimi zur Gemahlin» za 2 66 zu hohlen. Um diesem Unwesen Einhalt zu tlM, mußte Otto 998 einen zweiten Zug nach Italien vornehmen. Für die Zeit seiner Abwesenheit bestellte er seine Tante, die Aebtiffinn Mathilde von Quedlinburg, zur Reichsver- weserinn. Heut zu Tage würden nach der Wahlcapitu- lation in einem solchen Falle die Reichsvicarien die Ver¬ wesung fuhren. Als sich Otto der Stadt Rom näherte, ergriff der Gegenpapst Johann XVI. die Flucht; wur¬ de aber von den Romern noch eingehohlt, und nach ei» ner gräßlichen Verstümmelung auf einem Esel zur Schau durch die Stadt herumgeführt. Crescentias schloß sich in die Engelsburg ein. Allein diese Feste wurde unter Anführung des Markgrafen Eckhard von Meißen erstie¬ gen, Crescentias gefangen, mit iL andern Häuptern der bisherigen Unruhen enthauptet, und hernach bey den Füssen aufgehangen. Gregor V. überlebte seine Wieder¬ einsetzung nicht lange. Er starb 999. Nun wurde aus des Kaisers Empfehlung dessen Lehrmeister Gerbert un¬ ter dem Nahmen Sylvesters li. Papst; ein Mann, der wegen seiner Kenntnisse in der Physik und Mathematik von dem Volke für einen Schwarzkünstler gehalten wur¬ de, vormahls Erzbischof von Rheims und hernach von Ravenna gewesen war, und in seinen Schriften ziemlich heftig gegen die Gebrechen des römischen Stuhls geei¬ fert hatte. Nach diesem brachte Otto seine Zeit zn Nom damit zu, daß er zur Handhabung der Gerechtigkeit einigt nützlichen Anstalten machte, und die Sitten der auögear- leten römischen Geistlichkeit zu reformiren suchte. Sein? Hauptbeschäftigung aber bestand darin, daß er wir den Römern über den grossen Entwurf, den alten Glav?, des Z67 öe» römischen Reichs wieder herzustellen , fleißig zn Rache gieng. Er dachte im vollen Ernste, seine Resi¬ denz zu Rom aufzuschlagen, und von dort aus in der Herrlichkeit eines alten Imperators die Welt zu beherr¬ sche». Zn diesem Ende verschönerte er die Stadt Rom, stellte daselbst mehrere alte römische Hofäinter, als die Eines No^illür palatü, ILlgAjlker nniinun, krTtecms nsvalig, Velliariu» wieder her, und als er im 3. roOo nach Teutschland zurück gieng, nahm er meh¬ rere vornehme Römer mit sich, um ihnen Gelegenheit Zu verschaffen, sich mit dem Lande naher bekannt zu ma¬ chen, welches künftig von Rom aus regiert werden sollte. Ware dieses Project zur Ausführung gekommen, so hätte Teutschland erst den rechten Nutzen von der Er¬ werbung Italiens gehabt. Es wäre eine römische Pro¬ vinz geworden. Doch Otto versah es darin, daß er ">cht auch auf die Errichtung eines Duzends alter römi¬ scher Legionen dachte. Mit diesen würde er seinen Zweck Eher erreicht haben, als durch Einfühlung eines eitlen ^Eremoniels. Wahrend seines jetzigen Aufenthaltes in Teutschland pachte Otto III. eine Wallfahrt nach Gnesen zu dem Eabe des heiligen Adalberts. Dieser war Bischof zu ^ag gewesen, und bey Otto sehr in Gnaden gestanden, nachher hatte er sein Visthum aufgegeben, und sich ^ch Preußen verfüget, um den heidnischen Einwohnern eses Landes das Evangelium zu predigen, von denen aber den Martyrertod erlitt. Der Herzog Boleslav Pohlen hat seinen Leichnahm käuflich an sich ge' /acht, und ihm zu Gnesen eine Grabstätte errichten affen, die bald durch den Ruf dabey geschehener Wun¬ der- z68 dcrwerke berülmit winde. Zu Gnesen errichtete Otto für die polnische Kirche ein ErzbiSihum, wogegen sich aber der Erzbischof von Magdeburg, dem bisher die polni¬ schen Bisthümer untergeben waren, setzte, ohne jedoch die Sache hintertreiben zu können. Nach verrichteter Wallfahrt eilte Otto zum drit' tenmahl nach Italien, um sein Lieblingsproject aus¬ zuführen. Der Pa; st hatte ihn auch darum ersucht. Er wurde zu Nom sehr herrlich empfangen, verwaltete da¬ selbst nach Art der alten Kaiser Recht und Gerechtig¬ keit, und bezeigte sich gegen die Römer ungemein her¬ ablassend und gnädig. Allein die Römer wollten veii Herrn nicht gerne bey sich haben. Sie erregten eine» Aufstand, und belagerten den Kaiser in seinem Pallaste- Schon war es mit ihm auf das äußerste gekommen, als es noch einigen Gutgesinnten gelang, ihn zu retten uns aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Sobald er >» Freyhcit war, machte er Anstalten, den Römern, vo>> denen er für die ihnen erwiesenen Wohlthacen nie eins solche Behandlung erwartet hatte, nachdrücklich se>»s Rache empfinden zu lassen. Er schrieb an die teutsch^ und italiänischeu Grossen herum: wenn ihnen ja sei'^ Ehre und Sicherheit am Herzen gelegen, so sollten es jetzt werkchütig an den Tag legen, und ungesauN'l mir ihren Truppen ihm zu Hülfe aufdrechen. Die scheu fanden sich dazu sehr bereitwillig Allein der gönnte dem Kaiser die Züchtigung der Römer nicht. starb mitten unter seinen Vorkehrungen zu Paterno Frieseln im 2Nen Jahre seines AlcerS. In Teutschl^ verbreitete sich die Sage, die auch der Annalist» -all au. 1002 anführt, Otto sey von des Cresceut'^ Ml- Z6Z Wittwe vergiftet worden- Es ist natürlich - daß lii ent¬ fernten Provinzen über den Tod eines jungen Kaisers, der in Italien unvermuthet stirbt- dergleichen Sagen gemein werden müssen. Otto III. war ein Herr von einem sehr sanften Tharucter- besaß viele Fähigkeiten und nicht gemeine Kenntnisse in den Wissenschaften. Der größte Gelehrte jener Zeiten, Gerbert, war sein Lehrmeister. Allein seine Mutter Theophania hat ihn ganz zu einem GkäeuluS gemacht, und ihm einen Eckel vor seinem Vaterlande beygebracht. Er verachtete die Teutschen- Eine noth- tvendige Folge davon war es, daß er von diesen nicht geliebt werden konnte. In einem Schreiben an seinen Lehrmeister Gerbert redet er von sächsischer Grobheit und eignet sich griechische Feinheit zn. „Volümu», so drückt er sich aus, vos 8axonicam rullieitMem sbliorrerej tecl ßl-LLilcum nüssrsm luktilitMem uä icl lkuciii vc>s rr> provoc-2rS:" Alles sollte bey ihm einen griechi- fcken oder römischen Zuschnitt haben. Daher führte er römische und griechische Gebräuche ein- von denen man verhex nichts wußte- und die den Sitten der TentscheN ganz entgegen waren. Er speisete z. B. allein bey einer Tafel, die wie ein Halbeirkel geformt und erhobener rvar, als die Tische, bey denen die übrigen Fürsten fassen. ,,Imper3kve, sagt Ditmar von Merseburg, un- ^ Teutschen noch mehr abgeneigt gemacht haben. Mit ihm gieng die männliche Nachkommenschaft Ottv's I. zu Grabe. Sämmtlichen Sprossen derselben kostete Ita¬ lien das Leben. Die Regierung Ottv's III. ist auch für die öster¬ reichische Geschichte merkwürdig. Wir haben schon oben gehört, daß nach der Schlacht bey Augsburg ein Theil des Landes unter der Ens, der wahrscheinlich bis Mölk reichte, den Ungern, die sich dessen unter Lud¬ wig dem Kinde bemächtigt hatten, entrissen worden sey. Es befand sich auch schon ein Markgraf, Vurchard mit Nahmen, da, der vermuthlich in der Schlacht bey Va- sentello gegen die Saracenen geblieben ist. Nach seinem Tode wurde noch unter Otto II. oder zu Anfang der Regierung Ottv's HI. Leopold, aus dem Hanse der Gra¬ fen von Babenberg, als Markgraf dahin gesetzt, um das Land gegen die Ungern zu verteidigen. Er soll nach der gemeinen Meinung von des unter Ludwig dem Kinde enthaupteten Grafen Adalberts Bruder Heinrich durch dessen Sohn Berthold und Enkel Adalbert abstammen. Ihn begleiteten viele fränkischen Ritter, seine Landsleute, in die neue Statthalterschaft. Er wußte die älter» Ein¬ wohner und -Pflanzbürger mit frischem Muthe zu bele¬ ben. Die nngerische Festung Molk wurde bestürmt und eingenommen. Dadurch fiel der Bezirk bis an den Kah¬ lenberg dem Sieger in die Hände. Leopold theilte sieh mit seinen Kriegsgefährten in das eroberte Land, ließ zur Bevölkerung seiner Markgrafschaft noch mehrere fränki¬ sche Colonien kommen, und versetzte dieselbe in kürzet Zeit in einen solchen Zustand, daß die folgenden Mark¬ grafen allein vermögend waren, die Eränze Teutschlands gegen 37- gegen die Ungern zu decken, denen vorher die Kräfte des ganzen Reichs kaum gewachsen waren. Mit diesem Leo¬ pold fangt ein Stamm der Markgrafen und nachheri¬ gen Herzoge von Oesterreich an, der bis zum I. 1246 fvrtdauerte. Leopold erhielt den Beynahmen deS Er¬ lauchten. 46. Heinrich H. vom F. 1002 bis ios4< iz. Zuk. (22 Jahre.) Nach dem Tode Otto's III. war von dem sächsi¬ schen Kaiserhaus« nur noch eine Nebenlinie vorhanden , Nämlich die sächsisch - bayerische , welche von Otto's I. Bruder Heinrich gegründet, und durch dessen Sohn Heinrich den Zänker fortgepflanzt wurde. Das Haupt derselben war Heinrichs des Zänkers Sohn Heinrich , der w der Reihe der Herzoge von Bayern der dritte dieses ^ahmens ist. Dieser, weil er der nächste Verwandte äu dem verstorbenen Kaiser war, glaubte ein Recht auf die teutsche Krone zu haben, und nahm dieselbe in An¬ spruch. Allein er hatte grosse Schwierigkeiten zu übek- ^lnden. Man hatte in Teutschland keine rechte Zunei» g"ag zu den Prinzen aus diesem Aste des sächsischen Hauses, weil sie für zanksüchtige und unruhige Köpfe gehalten wurden. Zudem war die Suceeffion der Sei- lenverwandten im Reiche noch vielen Zweifeln unterwok- Teutschland war zwar damahls ein Wahlreich; je- och gieng man nicht von dem regierenden Hause ab, ft "pg Descendentcn ans demselben da waren. Aber den ""citenverwandten siel es immer schwer, sich auf den Aa 2 Thron Z72 Thron zu schwingen. Es hatte mit der Thronfolge bey- nahe die nämliche Beschaffenheit als mit der Lehenfvlge, Wenn der Vasall einen dienstfähigen .Sohn hatte, so machte man keine Schwierigkeiten, diesem die väterlichen Lehen zu lassen; aber einem Seitenverwandten war es nicht so leicht, den Besitz derselben zu erhalten- Hein¬ rich von Bayern sah wohl ein, worauf es in einem sol chen Falle hauptsächlich ankomme. Er bestieß sich daher die Fürsten, welche die Leiche Otto's III. aus Italien zurück begleiteten, durch eine herrliche Bewirlhung aüf seine Seite zu ziehen. Es glückte ihm auch, die Reichs¬ kleinodien, die sie mit sich führten, und die man da- mahls als Pfander ttnd Zeichen des Besitzes der Regie¬ rung betrachtete, in seine Gewalt zu bekommen. Dcsseü ungeachtet fand er doch zwey wichtige Nebenbuhler, den Markgrafen Eckhard von Meißen, der sich unter der vorigen Regierung durch seine Tapferkeit sehr ausgezeich¬ net hatte, und den Herzog Hermann von Schwaben, der von den meisten bey dem Leichenbegangniß des ver¬ storbenen Kaisers zu Achen erschienenen Großen bereits das Versprechen erhalten hatte, daß sie ihn in seinen Ab¬ sichten unterstützen werden. Doch trug zuletzt Heinrich den Preis davon. damahls auf folgen¬ den Provinzen vvrlär- Die RöniggWw Unternehmung gegen den Hardoin einzulaf- sou, «ach Teutschland zurück. Hardoin aber wurde end- 'ich selbst des beständigen Kampfes mir der Gegenpar- they 378 they müde, entschloß sich ioiZ die Klone niederzulegen, und gieng in ein Kloster, wo er bald darauf starb. Nach dem Siege über den Kaiser Otto II» haben die Griechen angefange», in Italien gewaltig um sich zu greifen. Man mußte befürchten, sie werden sich ganz Unceritalien unterwerfen. Dabey aber behandelten sie ihre italianischen Unterthanen so hart und grausam, daß sich diese zuletzt empörten. Zufälliger Weise befanden sich eben damahls einige normannische Ritter aus del Normandie, die der Hang zu Schwarmereyen und Aben- theuern auf Pilgrimmschaften in den entferntesten Gegen¬ den Herumtrieb, auf dem Berge Gargano in Unterita¬ lien , wo eine angebliche Erscheinung des heiligen Erz¬ engels Michael eine» berühmten Wallfahrtsort veran¬ laßt hat. Den Unterdrückten bepznstehen, brachte ohne¬ hin der Geist der Ritterschaft mit sich. Es fiel also de» Jtalianern leicht, diese Heruwirrenden Ritter zu bewe¬ gen , daß sie sich ihnen beygesellten, um gegen die Grie¬ chen zu fechten. Durch den Beystand dieser tapfern Leute machten auch die Jtalianer einige Progressen in Apnlien; allein in die Lange konnten sie doch nicht gegen die Ue- bermacht der Grieche» aushalten. Sie wendeten sich da¬ her an den Kaiser. Auch der Papst Benedict VUft- welcher besorgte, die Griechen möchten sogar das römi¬ sche Gebiet unter ihre Herrschaft zu bringen suchen- nahm sich der Sache an- Er war schon öfters von dein Kaiser ersucht worden, nach Teutschland zu kommen, die.Domkirche zu Bamberg einzuweihen. Jetzt, da zugleich seine eigene Gefahr aufforderte, kam er, stesi^ dem Kaiser die Nothwendigkeic einer schleunigen Hn^ sowohl zur Sicherheit der Kirche, als zur Auftrchthal- tuug A79 tung des Kaiserthums vor, lind beredete denselben zu einem "Zuge gegen die Griechen in Untcritalien, der im I, ,02i erfolgte. Der Kaiser war auf diesem Zuge ziemlich glücklich. Er eroberte einige griechischen Städte, befestigte andere in ihrer Treue gegen das Reich, und bestellte verschiedene neue Statthalter. Die Normänner, die sich j» dem Kriege gut haben brauchen lassen, be¬ lohnte er durch Anweisung einiger Ländereyen in Unter¬ italien, und verband sie dadurch zu ferneren Kriegsdien¬ sten wider die Griechen. So bekamen die Normänner den ersten festen Fust in dem untern Italien, wodurch der Grund zu einer neuen Verfassung in diesem Theile Italiens gelegt wurde. Die Normänner zogen hernach immer mehrere von ihren Landsleuten an sich, verfuh¬ ren, als sie mächtiger wurden, gegen die Jtaliäuer eben so, wie gegen die Griechen, dienten in der Folge den Päpsten gegen ihre ursprünglichen Lehenherren, die Kai¬ ser, bemächtigten sich unter päpstlicher Begünstigung vicht nur des ganzen Unteritaliens, sondern auch der Insel Sicilien, und stiftete» in diesen Gegenden ein ei- stenes nvrmäunischcs Königreich. Durch Unterhandlungen hat sich Heinrich II. noch größere Verdienste um das teutsche Reich erworben, als durch Kriege. Er hat nämlich die Vorbereitung zur Verbindung des burgundischen oder arelatischen Reichs mit Teutschland gemacht- Wir haben in der ^schichte Karls des Dicken und Arnulfs gehört, wie 'n der fränkischen Monarchie zwey burgundische König¬ reiche dies- und jenseits des Gebirges Jura entstanden, ""d hernach unter Rudolf II., Könige von Obcrburgund, 'n eines vereinigt worden sind. Rudolf HI., König die- 38) ser vereinigten burgundischen Königreiche, oder wie sie jetzt genannt wurden, des arelatischen Reichs, hatte keine Kinder. Der Kaiser Heinrich II. war sein Schwe¬ stersohn ; denn Heinrichs Mutter Gisela war Rudolfs IH- älteste Schwester. Heinrich benützte diese Umstande, ließ es weder an guten Worten, noch au Geschenken man¬ geln , um den König Rudolf und die burgundischen Gros¬ sen zu gewinnen, und brachte es endlich durch Negoti¬ ationen dahin, daß Rudolf im I- ioi6 einen Succes- sionsvertrag mir ihm eingieng, vermög dessen das Kö¬ nigreich Burgund nach Rudolfs Tode an Teutschland fallen sollte. Dieser Erbvertrag wurde hernach iot8 aufS neue bestätiget. Der wirkliche Anfall des arelatir schen Reichs erfolgte jedoch erst unter Heinrichs Nach¬ folger; denn Rudolf III. hat den Kaiser Heinrich überlebt- I» Teutschland beschäftigte den Kaiser hauptsäch¬ lich die Errichtung des Listhums ;u Lamberg. Es stießen ihm dabey große Schwierigkeiten auf. Weu» sormahls Bisthümer in Teutschland errichtet wurden, so geschah dieses in Gegenden, über die noch kein Bi¬ schof ein Recht hatte. Allein das Stift Bamberg sollte in einer Gegend angelegt werden, über die sich scholl das Diöcesaurecht des Bischofs von Würzburg erstrechte. Dieser hätte nun einen Theil seines SprengelS hergeben sollen; dazu aber wollte er sich auf keine Weise verste¬ hen. Der Kaiser., der in sein Project ganz verliebt war, veranstaltete deßwegen eine Sünode zu Frankfurt, warf sich den versammelten Bischöfen zu Füssen, und bat sie in einer sehr demülhigen Rede, sie möchten doch sein^ frommen Absichten keine Hindernisse in den Weg legen. Endlich setzte er die Sache mit Hülfe des Papstes durch. Durch 38^ Durch diesen Schritt aber bekam auch der Papst in der 8»lge auf die Errichtung der Bisthümer größer» Ein¬ fluß. Das neue Vislhnm dotirte der Kaiser aus seinen eigenen Gütern. Es wurde dazu die Grafschaft Bam¬ berg gewidmet. Diese Grafschaft wurde nach der Hin¬ richtung des bambergischen Grafen Adalbert unter Lud¬ wig dem Kinde zum königlichen Fiscus eingezogen. Ot- w ll. verschenkte sie an seinem Vetter Heinrich dem Zän¬ ker, der selbe an seinen Sohn, den Kaiser Heinrich I I., vererbte. Heinrich H. verschrieb sie seiner Gemahltnn Kunegunde zum Leibgeding, und jetzt wurde sie mit gu¬ tem Willen der Kaiserinn und selbst auf deren Betrieb jur Stiftung des Bisthmn Bamberg verwendet. Außer dem wurde dieses Stift noch mit verschiedenen andern Gütern bereichert. So eignete Heinrich demselben auch einige Herrschaften in Karnthen zu. Wegen dieser Herr¬ schaften sind in der Folge Streitigkeiten entstanden, weil b>e Bamberger behaupteten, daß selbe nicht unter öster¬ reichischer Landesboheit stehen, sondern unmittelbar sind. Km dergleichen Collisionen von Grund üus zu heben, bat die Kaiserin« Maria Theresia im 1.1759 diese Herr¬ schaften dem Hochstifte Bamberg abgekauft. Um dem neuen Bisthum noch mehr Glanz zu verschaffen, ward Es mit großen Vorzügen versehen. Es wurde von aller geistlichen Jurisdiction eines Erzbischofs befreyet, und Unmittelbar unter den Schutz des päpstlichen Stuhls ge- seht. Es bekam gleich den ersten Rang nach den Erz¬ bischöfen , den es noch heut zu Tage auf dem Reichstage behauptet. Endlich wurden die kaiserlichen Erzbeamten sElbst auch zu Erbhofbeamten des Bisthums Bamberg, vErnnnhlich dadurch gemacht, daß der Kaiser, um sein Stift zu verherrlichen, seine Erzbeamten dem Bischof« auf- 382 aufwarten ließ. Noch jetzt hat dieses Hochstift die 4 weltlichen Kuhrfürsten des teutschen Reichs zu seinen Erbhofämtern, womit jedoch von denselben wieder an¬ dere adeliche Familien belehnt sind. Heinrich II. starb im I. 1024 unbeerbt. Mit ihm gi'eng der ganze sächsische Mannsstamm aus. Nur ein Bruder von ihm, Bruno, lebte noch. Dieser war aber geistlich, Bischof von Augsburg. Heinrich und seine Ge¬ mahlin« Kunigunde wurden nach der Zeit in die Zahl der Heiligen versetzt. Sie sollen nach der Versicherung der neueren Lebensbeschreiber der Heiligen mit einander in einer jungfräulichen Ehe gelebt haben. Allein die gleich¬ zeitigen Geschichtschreiber sagen nichts davon. Nur Leo Maricanus, der um das I. nr; ein ciwanmnu lVIo- Urilleni OulstnLnl'is geschrieben, meldet darin von Hein¬ rich: „lermr vixill« cattllllmus.". 3n den spätem Le¬ bensbeschreibungen liest man auch von ihm, daß er auf dem Sterbebette -zu den um ihn versammelten Grossen gesagt haben soll: „Kecipice, czusm miki tracliäillis virHnem vollruw." Allein wie reimt sich damit die ebenfalls vorhandene Nachricht zusammen, daß er für die Erhaltung des kaiserlichen Stammes ( pro prole rs- Ais) beten ließ? Wahrscheinlicher ist es, daß die Kai¬ serin!, unfruchtbar gewesen sey. Die Biographen der Kaiserin« erzählen übrigens noch, daß selbe in den Verdacht eines Ehebruchs gekommen sey; sich aber durch die Feuerprobe gereiniget habe. Bey aller Heilig¬ keit Und Reinigkeit war Heinrich auch ein sehr thätiger Regent. Es gehörte gewiß nicht wenig Thäcigkeit dazu, so vielen Feinden, die er während seiner Regierung so¬ wohl in als außer seinem Reiche zu bekämpfen hatte, die 38Z die Spitze zu biethen , und sich gegen alle aufrecht ä« erhalten. Won der Staatsverfassuny dieser Periode haben wir das nöthige meistens an gehörigen Orten schon ge¬ sagt. Wir wollen hier nur noch einige Stücke davon 'm Zusammenhänge zur Erleichterung des Gedächtnisses und bessern Uebersicht wiederhohlen, und einige andere, die in dem Faden der Geschichte nicht wohl angebracht werden konnten, hinzusetzen. Der Kaiser war in diesen Zeiten noch der alleinige Landesherr in Teutschland. Die Herzoge und Grafen hatten noch keine Landeshoheit. Der Kaiser war in je¬ der Provinz unmittelbar Richter. Wenn er in eine Provinz kam, so horte die Gerichtsbarkeit des Her- ö°gs auf, und der Herzog gab nur einen Beysitzer des kaiserlichen Gerichtes ab. Die Macht der Herzoge such- die Kaiser durch Anstellung der Landpfalzgrasen, als Kontrolleurs der erstem, zu schwächen. An eine Erb- iichkeit der Herzogthümer und Grafschaften war noch "icht zu denken. Meistens bestätigte jedoch der Kaiser den Sohn des Herzogs oder Grafen in dem Herzogthum oder j» der Grafschaft des Vaters, weil die herzogliche ^r gräfliche Familie große Patrimonialgüter im Lande bsaß, und es nicht leicht war, den mächtigen Sohn Es vorigen Statthalters zu verdrängen. Zudem haben E Herzoge und Grafen angefangen, die Lehen, die sie °m Kaiser hatten , mit ihren Allodien zu vermcn- ^u. Auch nzurden die Gränzen der Grafschaften durch liii Exemptionen der geistlichen Güter von der graf- che» Gewalt, und dadurch, daß die Grafen auch in 384 in andern Gauen Güter erwarben, und über selbe ihre gräflichen Rechte ausdehnten, sehr verwirrt. Um also nicht bey jedem Todesfall Absonderungen der Lehen von Erbgütern vorzunehmen, und Streitigkeiten zu veran¬ lassen, glaubte man kaiserlicher Seits am besten zu thun- wenn man dem Sohn die Grafschaft des Vaters über¬ ließ. Ohnehin war die Gewohnheit der Teulschen, in Besetzung der Aemrer bey der Familie- besonders wenn Deseendenten da waren, zu bleiben. Die Thronfolge im Reich 'geschah zwar durch die Wahl; allein wenn der Mannsstamm in der regierenden Familie noch forldauerte , so blieb man dabey. So wie der Kaiser den Sohn eines Herzogs oder Grafen bey dem väterlichen Herzogthum oder bey der Grafschaft zN lassen pflegte, eben so ließ auch die Nation den Sohn des Königs in dem Königreiche folgen. Nur die Sei- tenverwandren hatten Schwierigkeiten. Das tenrsche Reich war also in dieser Zeit eine Art von Vermi¬ schung des Wahl - und Erbstaats, halb Wahl - und halb Erdreich. Die Weiber waren von der Succession im Reiche ausgeschlossen. Indessen konnten sie doch die vormund¬ schaftliche Regierung führen, wie dieses die Beyftiele der Theophania und Adelheid erweisen; ja sie konnten sogar bey der Abwesenheit des Kaisers das Vicariat a«^ üben. So hat Otto III. hey einem Zuge nach Italien seine Tante Mathilde, Aebtiffinn von Quedlinburg, Reichsverweserinn ernannt. 38S Die Reichsversammluntzen wurden zll keiner be¬ stimmten Zeit mehr gehalten, svudern der König sagte ste an, wenn es ihm die Staatsbedürfnisse zu erheischen schienen. Darauf konnten zwar die Freyen auch noch ^scheinen; aber ihr Einfluß wurde immer unbedeuten¬ der. Dieses war eine Folge des Lehensystems, welches die Gemeinen in eine zu grosse Abhängigkeit von den Grossen brachte. Heinrich I. sachte zwar den Freyen etwas mehr Gewicht zu verschaffen; aber Otto 1. be¬ förderte wieder nur das Lehensystem; denn weil er viele auswärtige Kriege , wozu stch die Freyen nicht gerne brauchen ließen, zu führen hatte, so Hieng er sich an die Grossen, die ihn mit den nötigen Kriegsleuten versa¬ hen. Eigentliche allgemeine Neichsversammlimgen kom¬ men jetzt schon selten vor; denn die Grossen fanden sich ohnehin bey Fcyerlichkeiten oder an hohen Festtagen am Hofe ein, da konnte der Kaiser sogleich sich mit ihnen beratschlagen- Daher wurden nun die so genannten Hvftage gewöhnliche^ Die Hofverfassunrr hat sich noch meistens auf dellt ^lten fränkischen Fusse erhalten. Die Neuerungen nach i'öniischeni und griechischem Geschmacke, die Otto III, daran zu machen ansieng, waren von keinem Bestand. Eae hörten mit seinem Leben auf. Der Hof war noch 'Miner ohne eine beständige Residenz ambulatorisch voll ^"ern Kammergut oder Reichspallast zum andern. Den Rrieysstaat machte zwar noch die National« ^''liz aus. Jeder freye Teutsche war »och verbunden, Kw Verteidigung des Vaterlandes in den Krieg zu ge- bk'r, welches man de« Heerbann nannte. Doch 'st die? B b ftr Z86 fer Heerbann seit Ludwig dem Frommen sehr in Verfall gerathen/ Heinrich I. wurde durch die Einfälle der Un¬ gern und Slaven in die Nothwendigkeit gesetzt, ihn wieder auf einen bessern Fuß zu bringen. Allein Otto b- mußte bey seinen auswärtigen Kriegen, welche mirzu- machen die freyen Landeigenthümer weder Lust, noch Ver¬ bindlichkeit hatten, sich mehr an die Basallen halten, welche wie eine Soldmiliz anzusehen waren, und hinziehen mußten, wo man ihnen hin befahl. Seitdem kam die Lehenmiliz immer mehr in Aufnahme, so, daß zuletzt der ganze Kriegsstaat bloß auf ihr berührte. Die Gesttzverfassuny dieses Zeitraums war äus¬ serst elend. Die Capitularien der fränkischen Könige ge- riechen nach und nach in Vergessenheit; denn sie waren auf die veränderten Umstande der Nation nicht mehr an¬ wendbar. Eben so kamen auch die alten Völkergesetze, als b,ex Uipum-iorum , Unsuvgrinimm , ^lemonno- rum on dieser Zeit an sind als Quellen thests noch die zu Anfang des vorhergehenden Hauptstücks angeführten Schriften des blerm.mni contrsAi, Kkkckoräi nnio- 118, Osmbcni 8cbulln3bnrgenÜ8, 8icFebcrci Oemblü- cenlis zu gebranchen, theils gehören vorzüglich hieher: ^ips)o (ein Priester aus Burgund, K. Konrads ll. hernach Heinrichs 0. Capellan) üe vir» Oonrgüi 8s- lici vom I. l< 24 bis 1OZ9; Msrisni 8coti (geb. 1028/ Benediktiner Mönchs zu Fulda und seit 1069 zu MaynZ«. gest. ic88) t'kronicon «b Orb. coiul. nlgns sci sn. 10 z welches hernach Oobecbniu. (ein teutscher Abt zu Anfang des izten Jahrhunderts) bis zum I. 1200 fortgesetzt; llerrko'.cli Oonllsncienüs ( eines Priesters ZU Costnitz, gest, mo) Obronicon rerum ^ellurum poll kiermnnni conresKi obimm vom I. 105g bis Hl-O Oktonis brilln^onü^ (eines Sohnes Herzogs Leopolds des Heiligen von Oesterreich, zu K. Konrads Hl. Ati« len Bischofs zu Frepsingen, gest. 1158) (.'Kronicon, 6- ve rernin ob ori?,inc munüi sä ipllus nlgue ten'pO' xg ^cüaium libri g. bis zuin I. 1152^ und eben des¬ selben (le gelli8 krieüerici I. Imj). libr. 2. VvM 3' 1076 bis 1156, §. 47- Z. 47- Konrad II. vom Z. 1024 bis 10Z9. 4. Fun. Jahre ) Ebe wir die neue Regierung zu erklären unfangen, es nötbig, einen Blick auf den Zustand jener euro¬ päischen. Länder zu werfen, die einen Einfluß auf Teutsch-- land hatten. Das yrr.ch.sche Ra serchum stand noch; Wurde aber immer schwächer. Asien, die Quelle seiner größten Reichtbümer, nahmen die Türken, die vom kau¬ kasischen Gebirg herkamen, in Besitz. Constantinopel Mußte dabey gleichsam nur einen Zuschauer abgeben. Aber bald gerieth der ganze Occident gegen die Türken 'n Bewegung. Es wurden Kreutzzüge nach Asien ange¬ stellt. Die Könige von Frankreich haben Lothringen be¬ reits verschmerzt. Sie rührten sich nicht einmahl, als Burgund mit dem teutschen Reiche vereinigt wurde. Ihr Bestreben gieng nur dahin, sich auf Unkosten ihrer ei¬ genen Vasallen zu vergrößern. Die Umstände waren ib- hiezu sehr günstig. Die Könige hatten grosse und wohl gelegene Patrimonialgüter, die sie nicht weggaben. Der Besitz derselben machte sie jedem einzelnen ihrer Va- sallen gewachsen. Die Vasallen waren unter einander s^öst uneinig, und da trat der König mit Vortheil ins Nittel. Die Grossen drückten ihre Untergebenen sehr, wodurch hxy diesen eine immer größere Sehnsucht nach königlichen Herrschaft erregt wurde. Die Spanier "wpften noch mit den Arabern; machten aber schon grvfle Fortschritte gegen dieselben. Sie haben diesen be- *bits solche Erdstriche entrissen, denen sie Nahmen der Königreiche geben konnten. England mußte sich Zuerst unter 394 unter die Bothmäßi'gkeit der Danen, dann unter die Herr¬ schaft der Normänner, die in Frankreich ihren Sitz hat¬ te», bequemen. Unter diesen aber kam es i» gute Ver¬ fassung , und bekam Einfluß auf die europäischen Ange¬ legenheiten. In Italien wurden die Städte Pisa, Ge¬ nua und Venedig durch ihren Handel sehr mächtig. Sie waren gleichsam die Niederlagen der drey bekannten Theile der Welt, und der Mittelpunkt alles damahligen Verkehrs. Durch sie bekam die iralianische Industrie neues Leben. Auch die Landstädte in Italien, besonders Mayland, erwarben sich durch Aemsigkeit und Handlung Ansehen und Macht, erhielten über die Bischöfe und den Adel das Uebergewlcht; blieben aber doch noch dem Kai¬ ser unterwürfig und treu. Ungern that durch die An¬ nahme des Christenthums einen großen Schritt zur Cul- tur. Die Einführung der christlichen Religion haben die Ungern ihrem ersten Kbnige Stephan und dessen Ge¬ mahlin Gisela, einer Schwester Kaiser Heinrichs II. < zu verdanken. Seitdem waren die Ungern mehr Feinde des benachbarten Oesterreichs, als Deutschlands über¬ haupt ; und bepnabe wären sie in dieser Periode gar un¬ ter die Oberherrschaft der Deutschen gekommen. Die e ' beschäftigten sich theils mit den übrigen ihnen näher gelegenen Volkern des Nordens, theils mit Eng¬ land, worauf sie ihr Augenmerk geworfen hatten. Die Kaiser dieses Zeitraums, weil sie Franken waren, und den Sachsen nicht trauen konnten, suchten mit ihnen gute Nachbarschaft und Freundschaft zu unterhalten. Die Geschichte des Nordens ist bis auf diese Zeit sehr dun¬ kel. Von hier an heitert sie sich durch die Nachricht des Geschichtschreibers Adam von Bremen etwas mehe auf. In 39Z In Teutfchland bestieg ,024 „ach einem Zwischen- reich von acht Wochen Konrad II. den Thron. Die IDahl gie„g so vor sich. Es wurden vorher besondere Versammlungen in den Provinzen gehalten. Hernach kam die ganze Nation unter ihren Herzogen in einer grossen Ebene zwischen Maynz und Worms in Gestalt eines Kriegsheeres zusammen. Einige Fürsten lagerten sich mir ihrem Gefolge diesseits, andere jenseits des Rheins. Bald neigten sich die Berathschlagungen auf die Seite der Franken. Unter den Franken zogen zwey Herrn die Aufmerksamkeit der Nation an sich, Konrad der Aeltere, von seinen Gütern der Salische genannt, und Konrad der Jüngere, Herzog von Franken. Beyds waren Vettern und Urenkeln Otto s l. von dessen Toch¬ ter Luitgard. Als die Grossen in der Wahl eines von beyden lauge hin und her schwankten, vereinigten sich diese im Angesichte der ganzen Versammlung, daß der- ienige aus ihnen, den die Wahl treffen würde, ohne Vs.derspruch von dem andern als König anerkannt wer¬ den sollte. Alsdann schritt man zur Wahl, die auf Konrad den Aeltern ausfiel. Der Erzbischof von Maynz gab die erste Stimme. Ihm folgten die übrigen Erzbi¬ schöfe und Bischöfe. Unter den weltlichen Grossen stimmte Konrad der Jüngere zuerst, und nach ihm die übrigen Fürsten und Herrn. Das Volk gab einmüthig seinen Beyfall zu dem Ausspruche der Fürsten. Die ganze Na- t'°n hatte also noch Anrheil an der Wahl. Man sieht daraus, wie ungegründet das Vorgeben scy, daß Gre- 8vr V. das kuhrfürstliche Kollegium angeordnet habe- Dald darauf 1026 brachte es Konrad II- dahin, daß seinem Sohn Heinrich die Thronfolge versichert wurde. So zr>6 So fieng sich wieder ein neuer regierender Stamm M gründen an. Unter Konrad II. ereignete sich der Anfall des burgundischen Rönigreichs. Rudolf lll. König von Burgund hat, wie wir gehört haben, schon mit Kaiser Heinrich II. wiederhohlte Erbvertrage darüber errichtet. Als aber Heinrich noch vor dem Eröffnungsfall ohne Er¬ ben starb, machte Rudolf Hl. Schwierigkeiten, diese Erbvertrage mit Konrad ll. zu erneuern. Allein Kon¬ rad nahm mit Gewalt Besitz von Basel, und würde »och weiter vorgedrungen seyn, wenn nicht seine Gemahlinn Gisela, deren Mutter Gerberg Rudolfs lll. jüngste Schwe¬ ster war, die Sache dahin vermittelt hatte, daß die mit Heinrich II. geschlossenen Erbvertrage 10-7 auch zu Kon¬ rads II. Vortheil erneuert wurden. Als endlich Ru¬ dolf lll. im I. roZ2 mit Tode abgieng, vereinigte Kon¬ rad das burgundische Reich mit dem teutschen. Es scheint auch, daß Konrad aus dem Lehenrechte einen An¬ spruch auf das burgundische Reich machen konnte; denn die beyden burgundischen Königreiche sind unter Kaffer Arnulf von Teutschland zu Lehen genommen worden) das Lehen aber fallt mit Erlöschung des Mannsstamws an den Lehenherrn zurück. Wenigstens hat sich Konrad darauf berufen, daß Burgund schon von alten Zeiten her zum teutschen Reiche gehöre. Ganz ruhig konnte jedoch Konrad zum Besitze des burgundischen Reichs nicht gelangen. Er hatte einen Gegner an Odo, Gra¬ fen von Champagne, welcher ein Sohn von der Mitt¬ lern Schwester Rudolfs lll. war, und daher ein nähe¬ res Recht auf das arelatische Reich zu haben glaubte- Allein . 297 Ällein Konrad überwand und nöthigte ihn, seine Präten- sionen und bereits gemachten Eroberungen fahren zu lassen; und als er in der Folge noch einmahl losbrach, wurde er 10^7 in einem Treffen erschlagen. Durch den Anfall von Burgund wurde die Granze von Teutschland bis an die Rhone und Saone erwci- *ert. Dadurch kamen die Provence, Dauphine', Fran¬ ke Comte', Lyon, Le Bougey, La Bresse, Savoyen, »nd ein grosser Theil von der Schweitz zu Teutschland. Das Herzogthnm Burgund (Low-Zogiw) gehörte nicht Zum burgundischen Königreich, sondern zu Frankreich. Das teutsche Reich bekam auf solche Art gegen Süden das mittelländische Meer zur Granze, wie es schon vor¬ her gegen Norden die Nord - und Ostsee harte. Die trefflichen Seehafen Marseille und Toulon waren jetzt teutsche Seehafen. Kurz durch diese Erwerbung wurde Deutschland auch von dieser Seite (von einer andern ist es Breits durch die Erwerbung Lothringens geschehen) bis die in dem Verduner Vertrag vom J. L4Z bestimmte Kränze des westfraukischen Reichs hiyausgerückr. Teutsch- land har zwar die wichtigsten Lander des burgundischen Königreichs wieder verlohren, die theils an Frankreich gekommen, theils unabhängige Staaten geworden sind. Ersteres hat sich mit der Provenze, Dauphine', Franche Evmte', letzteres mit der Schweitz ereignet. Indessen gibt es hoch einige Stücke, die ans diesem Grunde tu-'ch bis jetzt zu Teutschland gehören, als 1) das Vis: thum Basel, 2) das Herzogtlmm Savoyen, g) die ge¬ testete Grafschaft Mömpelgard, und q) gewissermassen auch das Erzbislhum Besan'-vu; denn der Erzbischof von ^esan^on wird noch immer auf dem Reichstage zur Stim¬ me 398 me aufgerufen; er erscheint aber nie, weil die Franzo¬ sen, nachdem sie die Franche Comre', in welcher das Erz- bisthum Besan;on liegt, einmal)! im Besitz hatten, auch dem Erzbischof, der dessen ungeachtet ein unmittelbarer Stand des teutschen Reichs hätte bleiben sollen, sich un¬ terworfen haben. Nach der Vereinigung scheint man zwar Anfangs Burgund als ein besonderes, nur unter dem nämliche» Oberhaupte mit Tbutschland stehendes Reich angesehen zu haben; denn mehrere Kaiser ließen sich als Könige von Burgund besonders krönen, das burgundische Reich behielt seine eigenen Hofämter, weil sich dann noch heut zu Tage der Erzbischof von Trier /trckiogucellgrins per sn'bmm reznum ^.rvlatense schreibt. Allein diese Selbstständigkeit des burgundiscken Reichs war nur zur» Schein. Schon unter Rudolf lll, war das Vaud Zwi¬ schen den Theilen des burgundischen Königreichs sehr lo¬ cker. Die Provinzen desselben waren in den Händen mächtiger Statthalter, die selbe fast unabhängig be¬ herrschten , und um den König wenig fragten. W>e diese Provinzen an Teutschland kamen, trat nicht sowohl das burgundische Reich, als ein vereinigtes Ganzes, mir Teutschland in Verbindung, sondern es wurde viel¬ mehr jeder einzelne burgundische Grosse teutscher Vasall, erhielt Sitz und Stimme auf teutschen Reichsversamm¬ lungen, und wurde zur Antheilnehmung an den übrige" teutschen Indigenatsrechten zugelassen, so daß eine voll¬ kommene Inkorporation der burgundischen Länder st"^ hatte. Nur zum Schein ließ man noch einige Cerenw- nien stehen, die ein besonderes Reich anzeigten. Es ist also mit Burgund anders zugegangen, als mit Italien, 399 Italien ist auch mit Teutschland vereinig.! worden; aber eö blieb immer ein besonderes Königreich. Die ita- liamschen Grossen sind nie Vasallen des teutschen Reichs und teursche Reichöstande geworden. Die Lage sonderte Italien so von Teutschland ab, daß es diesem nicht ein- Uerleibt werden konnte, und die Sitten der Jtalianer tvaren von den teutschen zu sehr verschieden, als daß die italianischen Grossen Mitglieder des teutschen Reichs hal¬ ten werden können. I» Italien entstanden nach Heinrichs II. Tode, wie gewöhnlich, Zwey Partheyen. Die eine wollte einen französischen, die andere, wozu hauptsächlich die Geist¬ lichkeit gehörte, einen teutschen König haben. Der Erz¬ bischof von Mayland ging selbst nach Deutschland, und lud den König Konrad nach Italien ein. Sobald sich Konrad mit dem Könige Rudolf III. von Burgund durch ruie» Stillstand, dessen Folge hernach die oben erwähnte Erneuerung des Succeffionsvertrages war, gesetzt hatte, brach er im I. 10^6 wirklich nach Italien auf. Zu Pa- ku* züchtigte er die Bürger, die sich an dem dort noch von dem ostgothischen Könige Tbeodorich erbauten und v°U Otto M. sehr verschönerten Pallasie vergriffen hatten. Q'r Pavesaner waren nämlich nach vernommenem Tod- falle Heinrichs II. ganz entzückt, daß sie nun keinen Kö- N'8 Mehr hatten, und giengen in ihrem Taumel so weit, büß ste den gedachten königlichen Pallast vom Grunde Zerstörten, damit künftig kein König mehr Gelegen- brit haben sollte, inner ihren Manern seine Residenz zu Nehmen. Daraus können wir neuerdings seben, was bon der angeblichen Verbindung Italiens mit Teutsch- unter Otto III, zu halten sep, Konrad stellte die Ein- 402 Einwohner von Pavia über ihren begangenen Frevel znk Rede. Aus dem darüber entstandenen Dispute zeigt sich> daß die Begriffe von einer Staatsverbindung wieder aufzuleben ansiengen. Die Pavesaner entschuldigten sicht daß sie, da sie keinen König hatten, sich unmöglich an dem königlichen Pallaste vergriffen haben konnten Kon¬ rad ll. aber antwortete ihnen, daß mit dem Tode deS Königs das Königreich selbst nicht anfgehörl habe, der Pallast sey immer nicht eine private, sondern eine öffent¬ liche, nicht ihre, sondern eine fremde Sache gewesen, durch deren Verwüstung sie sich also immer dem Kö¬ nige verantwortlich gemacht haben. Den ganzen Screll erzählt Wippo mit folgenden Worten: „Oicommr pienkos: <)new ostenclimuk? sinperÄtorr nostro ticltnN L honorem nlgus acl terminum vitro luX lerv-,rimu? «zuo ciekunöko, guum nullum regem Ii^keiemu8, reg'^ nolkri lloMum llcllruxisl's non sur« gceustihiinur. contrario Kex: tcio^ inguit^ e^uvä Noinum reß^ vellri non cloliruxilki^ guuin eo tempore nullnm b^' deretiz; lecl clomuM rezalom sLiäille, non vsletis ÜLlgri. 8i rex periit, reznum remanlik, licut na^ reinauet, li zubernukor caclik. ^ech>>> pnblicL kne' rant, non privatce, jnrix errnr »lieni, non veßrn ^.lienarnm antem rorum invafore^ rezi lunc odno)t<^ Lrzo voa ulienD r»i in'-glors« tuilii«, i ri'ur rogi ab" noxii elkic.»« Zu Mayland wurde Konrad von de>n dasigen Erzbischöfe >o 6 zum Könige von Italien, das Jahr darauf zn Rom vom Papste Johann zum Kaiser gekrönt. Von dieser Zeit an ist kei>'^ rechtmäßig gewählten Könige von Teutschland mcbr da Recht zur italianischen und römischen Krone bestritld" worden. Von einem ausdrücklichen Vertrage, rvod'K man 4or' man sich darüber verstanden hatte, findet man Ley den Geschichtschreibern nichts. Es scheint, die Jtalianer haben durch die Erfahrung einschen gelernt, daß ihr Widerstreben bey der Ucbermachr der Tentschen fruchtlos sey, und daß sie sich besser befinden, wenn sie sich gut¬ willig dem jedesmahligen tentschen Könige unterwerfen. Dadurch hat sich nach und nach ein Herkommen gebil¬ det, welches als der eigentliche Grund der Realvereini- Zung zwischen Teutschland, dem italiäuischen Reiche und bcnr römischen Kaiserrhnm anzuschen ist. Von Rom begab sich Konrad nach Apulien, brachte Benevent, Ca¬ pua und andere Städte, die theils der Gewalt seiner Waffen weichen rmißten, theils sich freywillig ergaben, Miter seine Botmäßigkeit, erweiterte den Normämiern, deren Anzahl immer anwuchs, ihre Besitzungen in Un- kcritalien, und trug ihnen auf, in Verbindung mit de» übrigen Neichsvasallen die Gränzen des Reichs gegen die ^riechen zu vertheidigen. Ueberall wußte er sich das Uvthjgx Ansehen zu verschaffen. znrückkam, fand er eigener Stiefsohn, Als Konrad nach Teutschland selbst alles voll Unruhen. Sein Herzog Ernst ii. von Schwaben, batte indessen eine Empörung erregt. Er war über Konrgds Absichten den burgundischen Thron misvergnügt; denn dieGe- ^mhlinn Konrads i l. Gisela, von welcher Konrad sein - echt Burgund herlcitete, war vorher mit Einst I., -erzog von Schwaben, vermählt, .und hatte von dem- ^be>, Kinder gezeugt, unter deneia Ernst ii. eines war. ^Wr glaubte also wenigstens eben so viel Recht auf burgundische Reich zu haben, als Konrad, »>»d Zellte selbes init Gewalt durchsetzen. Er wurde von C c Kon- 402 Konrad nach seiner Zursickkunst aus Italien wegen sei- ner Tätlichkeiten zur Verantwortung vorgerufen; machte aber Miene, sich dem Kaiser zu widersetzen. Allein seine Vasallen wollten sich auf keine Weise bequemen, ihm ge¬ gen ihren Oberherrn, den Kaiser, beyzustchen, La-ü- her verlohr Ernst den Much, und ergab sich an den Kaiser, der ihn gefangen setzen ließ. Nach drey Jahre» erhielt er seine Freyheit wieder, misbrauchte aber die¬ selbe, und kam »ozo in einem Gefechte um. In der Beschreibung dieser Empörung kommt eine merkwürdige Stelle beym Wippo vor , worin es heißt ' „Oux Lrnellux conlllux io inultinuliue wilitum » imbito colloguio cum luix, xrimum monuir eox Gcrumentgliter xromist'L, sclelünc lwrtabnlur c-ox, iliuin tlel'ererenr, ne konorern tu um pertierenk. Inlis clicemi 6uo comikex, koielleoicux ch KnselmU^ pio ceterix relxonüedgnt lioc modo: IVolumux mß' ciari, czuin vodix üclem strmiter znomicivtemux co»' tra omneä xrLter eum, 'üt ihren Lehenherren in heftigen Streitig^ ten, die endlich in einen Krieg auSbrachen, lagen. diese Streitigkeiten beyzulcgen, und den Vasallen die Unterdrückungen ihrer Lehenherreu Beysiand Z" sten, unternahm er ivZ6 einen neuen Zug nach lien, mit dem er zwey Jahre außer Teutschland brachte. Er berief einen Reichstag nach Pavia Zus"'"' men. 4o§ men, und machte im J. roZ7 einige wichtige Einrich¬ tungen im Lehenwesen, welche hernach in das longo- bardische Lehenrechtsbuch gekommen, mit demselben in Tentschland angenommen worden sind, und noch hent Zu Lage als die Hauptgesetze im Lehenwesen gelten. Die vorzüglichsten sind folgende: i) Keinem Vasallen soll künftig ohne Unheil und Spruch seiner Mitvasallen (Barium) daS Leben genommen werden können. 2) Der Lehenherr soll ohne Einwilligung des Vasallen, der das Lehen besitzt, selbes zu veräußern nicht befugt seyn. 3) Die Söhne und Enkel sollen den Vätern, und die Brüder den Brüdern in den schon von ihrem Vater er¬ worbenen Lehen nachfolgen können. Diese Verordnung betrifft aber nur die Lehen der kleinern Vasallen in Ita¬ lien. Man kann also daraus nicht den Schluß machen, baß dadurch schon damahls die größeren Lehen, z. B. Herzogtümer, Grafschaften rc., besonders in Teutsch- land erblich geworden sind. Nach diesem gieng der Kai- ser nach Unteritalien, wo er unter andern die Streitig¬ keiten , welche zwischen den neuen normannischen Ankömm¬ lingen und ihren älrern Landsleuten entstanden waren, burch sxj,, Ansehen beylegke, den Normänner Rainulf, ber bisher das Haupt der Colvnie war, zum Reichs- g'aftn von Aversa machte, und mit dieser Grafschaft belehnte. So steigen die Normänner immer höher. Nachdem Konrad wieder nach Tentschland zurück- Sekchret war, suchte er dem Faustrechte Einhalt zu thun, und Ruhx Ed» Ordnung herzustellen. Iu diesem Ende begünstigte er den so genannten Goktesfrieden (ll'reu- Knm Hoi), das ist, einen von Gott selbst, wie man bamahls fast durchgehends glaubte, angeordneten Still¬ stand 4o 6 stand der Waffen für etliche Tage in der Wochen Die¬ ser Gotteöfriede war das Werk einiger menschenfreundli¬ chen Bischöfe, welche gar wohl einsahcn, wie sehr es sowohl der zeitlichen als ewigen Glückseligkeit entgegen sey, in beständigen Fehden mit einander zu leben» Ei« Bischof in Frankreich fiel aus den Gedanken, Vorzüge- ben, er habe einen vom Himmel gefallenen Zettel gefun¬ den. An der Wahrheit dieser frommen Lüge zweifelte man gar nicht; allein das Uebel harte zu starke Wur¬ zeln gefaßt - als daß es möglich gewesen wäre, selbes ganz auSzurotten, und den vermeintlichen Befebl Got¬ tes unbedingt und in seinem ganzen Utnfange zn befol¬ gen. Die Bischöfe in einigen Gegenden Frankreichs ka¬ men'daher überein, daß wenigstens von Mittwoch Abends bis Montags früh die Waffen ruhen sollten- damit iü diestr Zeit jeder ruhig seinen Geschäften nachgehert könnte. In andern Provinzen wurden andere Tage be¬ nimmt- Die Bischöfe suchten die Leute durch verspro^ ,.-ene Nachlassung aller Sünden zur Beobachtung dieses Stillstands einzuladen, und durch Llndrohung der Ccn- suren von Ueberkretnng desselben abztischreck'en. Konrad gab sich Mühe, diesen Gottesfrieden nicht nur in V«^ gund - sondern anch in einigen Gegenden deS teutschk« Reichs geltend zu machen. Dieses Beyspiel zeigt, wie sich ein weiser Gesetzgeber anch der Vorurtheile bediene« könne, um Gutes zu stiften. Andere guten Einrichtungen Konrads unterbrach sein Tod M früh, den er sich aus Italien gehöhlt hat¬ te; denn er kam krank nach Teutschland zurück, starb im J. rozg. Ueber seinen Lharacter haben wir widersprechende Nachrichten. Wippe sagt, man fitzt sich 4^ ftch dem Verdachte der Schmeichelet» aus, wenn man erzählen will, wie großmüthig, wie tapfer, wie stand¬ haft, wie unerschrocken, wie leutselig gegen alle Recht¬ schaffenen, und wie ernsthaft gegen die Bosen, wie gütig gegen die Bürger, und wie streng gegen die Feinde, wi« unermüdet in Geschäften, und wie thärig für das Beste des Reichs Konrad gewesen sey. Er behauptet, daß seit Karls des Grossen Zeiten kein würdigerer Re¬ gent den teutschen Thron besessen habe. Landulf hin¬ gegen schildert Konraden als einen sehr heftigen, jäh¬ zornigen , harren und grausamen Fürsten. Bepde dürf¬ en mehr oder weniger partheyisch seyn; denn Wippo War Konrads chofcaplan; Landulf aber ein Jtalianer und Feind aller Teutschen. Wenn man Konrads Tha- Wn betrachtet, so sieht man doch, daß Wippo der Wahrheit viel naher gekommen sey. Konrads Stand¬ haftigkeit leuchtet besonders aus einem Vorfall hervor, dkr sich bey seiner Wahl ereignet hat. Konrad war seiner Gemahlinn Gisela im fünften Grade ver¬ wandt. Die Kirchengesetze verbothe» damahls die Ehe, '° weit nur immer die Verwandschaft erweislich war. «st man zu Rom eine Dispensation kaufen könne, da- W" wußte man in jenen Zeiten noch nichts. Einige Bi- 'chvfe drangen daher in ihn, daß er entweder seine Ge- W^l)linn entlassen, oder dem Reiche entsagen soll. War Ee tzjxr nicht gewichen seyn? Allein Konrad blieb w'dhaft, und behielt Krone und Gemahlinn. H- 48. 408 ' 8- 48- Heinrich m. vom F. -vz<;. 4. Fun. bis .056. L. Oct. (17 Jahre.) Dem Kaiser Konrad II. folgte sein Sohn Hein¬ rich Il'< in der Regierung. Heinrich batte in den ersten Jahren seiner Regierung damit zu thun, den Herzog Vratislav von Böhmen, der sich der Hoheit des teut- schen Reichs entziehen wollte, und die Pohlen beunru¬ higte, in Gehorsam zu erhalten, welches ihm auch glückte. - Auch die ungerischen Handel beschäftigten ihn durch mehrere Jahre. Die Ungern waren nicht mehl das furchtbare Volk, vor dem Teutschland unter Lud¬ wig dem Kinde und Konrad l. zitterte. Theils wurde" sie durch wiederhvhlte Niederlagen unter den ersten säch¬ sischen Kaisern geschwächt, theils nahmen sie durch die Einführung des Christenthums sanftere Sitten an. Die größten Verdienste um die Ausbreitung der christliche" Religion unter den Ungern erwarb fick wie wir sch"" gesagt haben, ihr König Stephan- Er wurde daß"' vom Papst Benedict VII. mit dem Titel eines apostoli¬ schen Königs von Ungern, und mit Verleihung der Vor¬ rechte eines päpstlichen Legaten in seinem Königreiche be¬ lohnt. Dieses kam in der Folge den Königen von Un¬ gern sehr wohl z„ starten; denn da den übrigen Köni¬ gen das Recht, die Bischöfe ihrer Reiche zn ernennen, mit der Zeit streitig gemacht wurde, blieb selbes de" Königen von Ungern als gebohrnen päpstlichen Legate" unangefochten. Auch schickte der Papst dem Könige Ste- 4^9 phan ek» Patriarchenkrentz, welches noch jetzt in dem «ngcrischen Wappen geführt, und dem Könige bey der Krönung von einem Bischöfe zu Pferde vorgetragen wird, und eine Krone, welche wie die orientalische Kai¬ serkrone aussah. Sie soll die nämliche seyn, mit wel¬ cher noch heut zu Tage die Könige von Ungern gekrönt werden. Der Nachfolger Stephans im Königreich Un¬ gern war Peter, ein Sohn seiner Schwester Gisela und öeo Herzogs Otto von Venedig. Es waren zwar noch wäunliche Anverwandte aus dein Hanse Stephans da; allein aus Furcht, die Ungern möchten unter diesen wie- der zum Heydenthum zurückkehren, bestimmte Stephan einen fremden weiblichen Sprößling zum Thronfolger. Die Ungern waren damit nicht zufrieden, und vertriebe» den König Peter, der seine Zuflucht zu dem Markgra¬ fen Albrecht von Oesterreich nahm. Albrecht empfahl h» dem Könige Heinrich HI. Heinrich unternahm dann den Jahren 1042 bis io4z wiederhohlte Feldzüge "ach Ungern, setzte den Peter wieder in das Königreich d'n, und belehnte ihn damit. Die ungerischen Publici- sagen, diese Lehensverbindung sey ungültig gewe- f?", weil der König keineswegs das Reich ohne Ein- ""chgung der Nation in ein neues Verhaltniß setzen und ^eichsam veräußern konnte. Allein die ungerische Nation ja um alles dieses gewußt, hat den König Peter "ls teutschen Lehenmann angenommen, und selbst dem tauige Heinrich nach des Hermannus Contractus Be¬ acht den Eid der Treue geleistet. Doch es wäre un- ""tz, wenn man darüber mehreres disputiren wollte, "dem es heut zu Tage ganz gewiß ist, daß Ungern ein ^a»z unabhängiges Reich sey. Bey dieser Gelegenheit at der König Heinrich auch den Ungern die bayerischen Gest- Gesetze gegeben. Daher findet man zwischen der alt«» tentschen und ungerischen Verfassung viel ähnliches, z. B» die Cintheilung der Comitate, das Palatinal. Der wie¬ der eingesetzte Peter verdarb es aber bald wieder mit -en Ungern. Er zog zu viel Fremde, besonders Teut- sche', in das Reich, und besetzte mit denselben die an¬ sehnlichsten Stellen. Die Ungern empörten sich, stachen Ihm die Augen ans, stießen ihn ins Gefängnist, und setzten einen andern Anverwandten ihres Königs Ste¬ phan, Andreas mit Nahmen, auf den Thron. Der tentsche König Heinrich war aufgebracht, daß man sei¬ nen Vasallen so behandelt hatte, und wollte an den Un¬ gern Rache nehmen, wie dann wirklich 1050 und in de« zwey folgenden Jahren der Krieg gegen die Ungern wie¬ der angieng. Allein der Papst Leo IX. > der Ungern als sein Schutzreich betrachtete, kam selbst nach Ungern, Machte den Vermittler, »nd Heinrich stand von weitern Feindseligkeiten ab, unter was für Bedingnissen? ist Nicht ganz ausgemacht. Diese ungerischen Händel si"d deßwegen merkwürdig, weil bey Gelegenheit derselbe» im I. 104z der Strich Landes vom Kahlenberge an bis an den Leithafluß an Teutschland abgetreten, und bald darauf der östlichen Mark einverleibt wurde. Seitdem ist die Leitha die Grenze zwischen Ungarn und Deutsch land gebliebendie Markgrafschaft Oesterreich aber Z" stiner heutigen geographischen Länge gekommen. I» Ruryund gab es noch immer Mißvergnügt^ die sich nicht bequemen wollten, die teutsche Herrscht anzuerkennen. Heinrich brachte diese nicht durch 6^ walt> sondern durch eine Heurath auf feine Se'^ Er vermählte sich nämlich 104z mit der Agnes v?» Poi- 41! Poitou, einer Tochter des Herzogs Wilhelm von Aqm- t'anicu. Diese war mit verschiedenen burgundischen Gros¬ sen verwandt, und ihr zu Liebe beguemren sich selbe allmählig zur Ruhe. In Rom gab es jetzt zu gleicher Zeit Srep Papste Benedict IX. in der Jvhannskirche, Sylvester III. in der Peterskirche, und Gregor VI. in der Marienkirche. Die Art, wie. Rom auf einmahl zu so vielen Päp¬ sten gekommen, war folgende. Nach dem Tode Jo¬ hanns XIX. wurde Benedict IX. als ein Knabe von io Jahren zum Papste gewählt. Er war aus der Familie der mächtigen Grafen von Tusculum, und konnte daher UM die drryfache Krone etwas spendirem Er war aber ein Mensch von den schlechtesten Sitten. Die Romer vertrieben ihn daher aus der Stadt, und wählten Syl¬ vester III. zuck Papste > der cs ebenfalls an kleinen Re¬ munerationen nicht fehlen ließ. Allein nach einer kurzen beit kam Benedict in die Stadt zurück, bemächtigte sich Unt Hülfe feiner Anverwandten des lateranensischen Pal- Mstes; stand aber von seinem schändlichen Lebenswandel Mcht ab. Um das Skandal zu verhüten, kaufte ihm Gregor VI. die päpstliche Würde ab; doch behielt sich Benedict IX. einen Theil der Einkünfte der römischen E'^che, die päpstlichen Ehrenzeichen und de» Pallast von Kieran vor, kurz> er stellte noch immer einen Papst Dieses thaten anch die zwey übrigen. Um die- Aergernisse ein Ende zu machen, trat Heinrich III. M J. 1046 den Römerzug an. Er hielt zu Sutri eine uchenversammlung, worauf Benedict IX. und Sylve- i ll. abgesetzt wurden; Gregor VI. aber, um nicht Dickes Schicksal zu erfahren, selbst die päpstliche "ude niederlegte. Alsdann rsurde zu Nom eine neue Papst- 4l2 Papstwahl vorgenommen, die auf einen Teutschen, den Bischof Suidger von Bamberg, ausfiel, welcher sich den Nahmen Clemens II. beylegte. Von diesem Papste wurde hernach Heinrich III. zum Kaiser, und seine Ge¬ mahlin» Agnes zur Kaiserin» gekrönt. Zur Verhütung ähnlicher Unordnungen für die Zukunft wurde die alte Verfassung in Ansehung der Papsiwahlen erneuert. Die Römer mußten dem Kaiser schwören, daß sie ohne kai¬ serlicher Bewilligung keinen Papst wählen wollten. Die¬ ses hatte die Wirkung, daß, so lang Heinrich lebte, lauter teursche Prälaten auf den päpstlichen Stuhl erho¬ ben wurden. Die Römer selbst fertigten, so oft ei» Papst mit Tod abgieng, eine Gesandschaft an den Kai¬ ser ab, und baten, er möchte ihnen einen guten Papst schicken. Auf diese Arc wurde nach dem Absterben Cle¬ mens ll. »047 Lamafus II., vorher Bischof zu Mi¬ ren , nach diesem Leo IX., vorher Bischof zu Toul, u»d nach dessen Hinrrit 1054 Victor II., vorher Bischof Z« Eichstädt, zur päpstlichen Würde befördert. Als die Rönier um diesen letzten ansuchren, äußerten sich die römischen Gesandten, daß unter der italiänischen Geist¬ lichkeit kein des Papstthums würdiger Prälat zn finde« sey. Dieses mag wohl wahr gewesen seyn; denn die Sitten der italienischen, und besonders der römische Geistlichkeit waren zu diesen Zeiten äußerst verdorben- An Leo IX. hatte Heinrich III. keinen guten M«"" gewählt. Sein Kopf war voll von den Grundsätze« isidorischer Decretalen, die mit den kaiserlichen Vorrech¬ ten nicht allerdings harmonirten. Als er nach Nom rei¬ fete , machte er in dem Kloster zu Clngny BekannrschE mir dem nachher so berüchtigten Hildebrand. Dieser 4'3 der Sohn eines Grobftl mieds von Sovana in dem Flo¬ rentinischen. Wegen seiner Fähigkeiten wurde er dem geistlichen Stande gewidmet, und zu Clugny erzogen. Leo's Bekanntschaft mir ihm wurde bald in Freundschaft verwandelt, und durch die Übereinstimmung der bey- derseirigen Grundsätze noch mehr befestiget. Hildebrand wurde nach Rom gerufen, und zum Subdiaconus der römischen Kirche geweiht. Hier half er den Hildebran- dismus gründen. Die Grundsätze, von denen Leo und Hildebrand ausgicngen, waren folgende. Die Sitten der Geistlichen seyen sehr verdorben. Der Grund dieses Verderbnisscs liege darin, daß die geistlichen Würden von den Weltlichen durch Simonie vergeben werden. Diesem Uebel 'müsse gesteuert werden, wenn die schlecht wn Sitten der Geistlichkeit gebessert werden sollten., Daö Wohl der Kirche könne nicht bestehen, wenn die Geist¬ lichkeit dem Kaiser und den Königen, wie bisher, un¬ terworfen bleibt; die Kirche müsse nicht dienen, sondern herrschen; dann werde alles gut gehen. Als nach dem ^°de Leo's IX. von den Romern eine Gesandtschaft nach Deutschland geschickt wurde, um von dem Kaiser einen "euen Papst zu begehren, befand sich Hildebrand in der- ^iben. Bey dieser Gelegenheit lernte er die Verfassung, Deutschlands genau kennen, welches ihm hernach bev Heinen grossen Entwürfen sehr wohl zu stacren kam. Unser Verfasser sagt, Heinrich Ils. habe das Her- Benevent in Unteritalien an den Papst Leo lX. Leisse"' M"" giebt davon folgende Umstände an. Als Kö -1 sich Ungern befand, um den Kaiser mir dem Könige Andreas auszusöhnen, und dann mit dem Kai- wtch Deutschland gieng, soll er auf verschiedene teut- sche 4!4 sche Abteyen , worunter vorzüglich Fulda war, und auf das Bisthum Bamberg, als Vermächtnisse des heiligen Peter, Ansprüche gemacht haben. Der Kaiser, sagt man, habe das Ernemmngsrecht zu diesen Abteyen und zum Stifte Bamberg nicht fahren lassen wollen, nnd dem Papste Benevent gegeben, um ihn zu bewegen, daß er von seinen Ansprüchen abstand. Die Quellen, aus denen man dieses behauptet, sind Hermannus Contrac- tus und Leo Ostieusls. Indessen meldet .Hermannus Contrarius nur, daß der Kaiser dem Papste einige Di- stricte an den Grenzen des römischen Herzvgthums ab' getreten habe. Leo von Ostia sagt zwar ausdrückliche daß der Kaiser dem Papste Benevent für Bamberg ge¬ geben habe, indem er schreibt; „Dnn.c r, ter ixüun Kpottolienm rr><ü' filio, recepit.'t Der ganze Beweis hat also nicht "ft Gewicht. Indessen leiten doch die päpstlichen Publicisti' das Recht des Papstes auf Benevent von dieser lil""' tauschung her. Ein neues neapolitanischer Gelelftl 41? hält diesen ganzen Tausch für eine Erdichtung. Aus der Geschichte lassen sich wirklich Gründe anführen, dieses zu vermuthen; denn man kann nicht beweisen, daß der Papst einiges Recht auf die reutschen Abteyen oder das Bisthum Bamberg gehabt habe. Der Jrrthum wegen Bamberg scheint daher entsprungen zu feyn, daß Cle¬ mens D., als er Papst geworden, das Bisthum Bam¬ berg beybehalken hat. Man glaubte später, daß Bam¬ berg nut dem apostolischen Stuhle verbunden worden sey° So wie Heinrich III. sein Ansehen über den ersten bischöflichen Sitz auf eine Art zu behaupten wußte, wie es vor ihm noch Niemand getha» hat; eben ein so Srvsses Ansehen übte er auch über die Erzbischöfe Und Bischöfe in Teutschland aus. Die meisten teuts schen Kirchenprälaten wurden unter ihm unmittelbar *°>n Hofe aus ernannt. Die Wahlfreyheit kam fast nicht in die Ausübung. So «hatte es Heinrich i» ^iner Gewalt, nur Leute zu geistlichen Stellen zu be¬ pudern, die ihm zugethan waren, und die er zur Unter-- pütznng stiner Absichten und zum Gegengewichte gegen weltliche,. Grossen brauchen konnte. Auch mit den teutschen HerzoFthümern verfuhr Hemrich anders , als man es bisher gewohnt war. Ec selbe für nichts anders, als königliche Statthalter? ^nflen an , und dispouirte damit nach seinem Willen, ."ö Herzogrhum Franken, wo seine Vorfahren selbst ^"'Zoge gewesen, blieb unter seiner Regierung ohne Her- Dieses half dem rheinischen Pfalzgrafen, daß er vornehmste weltliche Fürst iu jenen Gegenden werden Das Derzogthum Rsirnthen ließ er ebenfalls nach 4i6 nach dem Lode des Herzogs Konrad iozy ins achte Jahr unbesetzt, bis er es endlich 1047 an Welf IH. ver¬ gab. Welf III. war der letzte von dem berühmten welfischen Mannöstamm. Er starb im I. 1055. Allen durch ein in Italien hielt. Nicht lange nach seiner ^ursickkunft starb Heinrich III. im zyten Jahre seines Lebens. . Sie Er Heinrich Iss. ist ungezweifelt einer der größten genten, die auf dem leutschen Throne gesessen sind, brachte die königliche Macht zn einem solchen Anse< hen. D d 418 hen, zu dem sie seitdem nie wieder gestiegen ist. Auch bey den Auswärtigen wußte er sich und sein Reich >» Respect zu setzen. Hätte er länger gelebt, um seine Entwürfe auszuführen, so würde Teutschland in sich ganz vereinigt worden sepn, und vielleicht eine ganz andere Gestalt bekommen haben. Oie Anarchie der Grost sen hatte aufgehört, und das teutsche Reich wäre dec furchtbarste und viel früher ein cultivirtcr Staat gewor¬ den. Allein da er vom Tode übereilt, sein großes ject unvollendet, und einen unmündigen Nachfolger terließ, so kann seine Regierung als die Quelle der nach? herigen Zerrüttungen angesehen werden. Er hatte si^ durch seine Neuerungen und durch sein eigenmächtig^ Betragen die Grossen zu Feinde» gemacht, und d»'^ seine Grundsätze den päpstlichen Hof aufgebracht. ser war eben mit den größten Politikern besetzt, dir Stande waren, dem angelegten Plane zeitlich und tig entgegen zu arbeiten. Der unmündige Sohn niuß^ nun das Betragen des Vaters entgelten, und die verei¬ nigte Rache der beleidigten Aristokratie und Hieras fühlen. Alles fiel über ihn her, und stürzte Teulsih- land in die größte Verwirrung. 49- Heinrichiv.vomF.I0L6. bis no6OAahre-) Heinrich IIl. hatte schon iozg seinem Sohne nch die Thronfolge versichern lassen. Heinrich 1^' aber bey Absterben seines Vaters erst 6 Iaht alt. Lage, in welcher er die Regierung antrat, >aar'? der gefährlichsten. Sein Vater hatte gegen die 6>rE wich- 419 wichtige Schritte gemacht, die nicht ausgeführt waren, und in Ansehung der Papste Grundsätze angenommen, denen man zu Rom nur aus Furcht sich fügte. E- war natürlich, daß die Grossen bey der Minderjährig¬ keit des Königs Versuche machten, sich wieder empor- Znheben, und daß die Römer, bey denen die Furcht ver¬ schwand, wieder nach ihrem Sinn und Interesse zu handeln anfiengen. Swey Mächte wirkten alss jetzt zu¬ sammen , um das kaiserliche Ansehen zu beschränken, und die heutige Verfassung Teukschlands sowohl im Weltli¬ chen als im Geistlichen zu gründen, die Macht der mis- vergnügten Grossen und die geistliche Macht des römi¬ schen Hofes. Die Vormundschaft über den minderjäh¬ rigen König übernahm die verwittibte Kaiserinn Agnes, und sie hatte Anfangs an dem wutschen Papste Victor II. eine gute Stütze. So lang sie regierte, traf sie zur Be¬ fähigung der Gemülher einige guten Verfügungen mit den Herzogtümern. Sie gab nach dem Tode deS Herzogs Friedrichs von Niederlöthringen dieses Herzog- tum wieder an den abgesetzten Herzog Gottfried zr^ fück. Das Herzogtum Bayern, welches sie bisher Übst besessen hatte, vergab sie an den Otto von Nord- heinr, einem sächsischen Herrn, um sich dadurch die Sach¬ sa geneigt zu machen. Das ,057 erledigte Herzog¬ tum Schwaben verlieh sie dem Rudolf von Rheinfel¬ den, ihrem künftigen Schwiegersohn. Es machte zwar Berthold von Zahringen vermög einer von Heinrich Iss. "baltenen Anwartschaft Ansprüche auf Schwaben; doch diesen befriedigte sie >c>6c> mit dein Herzogthnm Kärn¬ ten. .D d 2 Allein 4'20 Allein unterdessen war der gutgesinnte Papst VH* tor II. gestorben. Die Römer wählten sogleich ohne Theilnehmung der Kaiserinn Stephan IX. zum Papste. Bey diesem Papste galt wieder der bekayme Hildebrand viel. Stephan schichte ihn noch einmal)! als Legaten nach Teutschland, wodurch er eine neue Gelegenheit er¬ hielt, sich von dem Zustande dieses Reichs auf das ge¬ naueste zu unterrichten. Stephan IX. starb aber nach einer kurzen Regierung. Eine Parthey der Römer schritt sofort ohne Vorwiffen der Kaiserinn zu einer neues Papstwahl, Und erhob Benedikt X. auf den päpstlich?" Stuhl. Gie andere Parthey aber hielt, der bisherig«' Ordnung gemäß, durch eine Gesandtschaft bey dem Kö¬ nige Heinrich um einen neuen Papst an. Man schickt? den Römern den Bischof von Florenz zum Papste, d« den Nahmen Niclas II. annahm. Hildebrand hielt sich an diesen, da ohnehin Benedicrs X. Wahl in seiner Sh" Wesenheit geschehen, und vielleicht nicht nach seinen Ah- sichten ausgefallen war. An Niclas II. aber fand ?^ einen Mqnn, der ganz nach seinem Herzen war. wurde nun Archipiaconus der römischen Kirche, und be¬ kam den größ-en Einfluß auf die Angelegenheiten des päpstlichen Stuhls, Allem Ansehen nach war er es, der den neu«' Papst Niclas II. veranlaßte, eine wichtige verand rurS in Ansehung der Papstwahl zu machen. Bisher die Wahl eines Papstes, wenn derselbe nicht unnütt« bar von dem kagerlichen Hofe aus ernannt wurde, der römischen Clensey und dem Volke vorgenoM"'^ und zur Gültigkeit derselben war sowohl wegen der k"' ferlichen Oberherrschaft über die Stadt Rom, wegen 42! weM des Eides, den die Römer so ost den Kaiser« geleistet haben, immer die vorläufige Bewilligung des Kaisers, oder wenigstens dessen nachfolgende Bestäti¬ gung erforderlich. Niclas II. aber Machte auf einer Kir¬ chenversammlung zu Rom im I. loz9 die Verordnung, daß künftighin nach dem Tode eines Papstes nur die Cardinalbischöfe, das ist > die 7 Bischöfe des römischen Gebiets, sich vorläufig über die Papstwahl berathschla- gen, dann die Cardinalpriester, das ist, die 28 Pfar¬ rer der Stadt Rsm, zuziehen , und Nachdem sie mit die¬ sen über die Wahl übereingekommen seyn würden, die übrige römische Geistlichkeit und das Volk, zur Verhü¬ tung der Simonie, der geschehenen Wahl bloß beystim- Nien sollten; doch unbeschadet der Ehre und Achtung des Königs Heinrichs und dessen Nachfolger, die dieses Recht vbn dem apostolischen Stuhle für ihre Person erhalte« würden. Liese Verordnung stehet in dem ersten Theile Oorpus juris canonici, ln dem so genannten Oe- ^'oty Ou-gtMm OilkinLb,. XXtll. can. 1. und lautet irr Hauptstelle so : „uk, okeunte Kusus Vomange uni- ^rsgijz xcLleliT ponti'stce, in ssrimis csr6inals5 epif- ^opi tliliAsnkissime timul cle eleäiione traölanies, mox ^bri4j clericos carciinalss urlkikeank, licgue reliHuus EL popultis aä conkensmn Nov« eleklionis sc- ui^uirum prXcuventds, ne Venalitans morkus ^ua occgtione lubreput; — Mluo äebito konoro revexentia clilefti 6lii notlri Oenrici, Hili imxrT- d^riarum rcx kaketiir, L suturus imperokor, Oeo spsrnkuk, kicut jam liki concetlimus, ^^LllvnKus illius, Hui ad kac axollolica Ie>le xer- Koc sus impetrgverink." Dieses Decret ent- ü dH Grundlage des Carömalcollegiums, welches se» doch 42 s doch erst später, unter Alexander III., die vollkommene Festigkeit und Ausbildung erhalten hat. Merkwürdig ist es, wie man dabey die kaiserlichen Rechte bey der Papstwahl zu untergraben suchte. Man that derselben nur in allgemeinen Ausdrücken Erwähnung, und gab der Sache die Wendung, als wenn jeder Kaiser für sei« ne Perjon diese Vorrechte erst von dem päpstlichen Stuhle in Gestalt eines Privilegiums, das auch nicht ertheilt, oder nach der Ertheilung widerrufen werden konnte, er« langen müßte. Dieses war nun schon ein wichtiger Schritt zur Unabhängigkeit des päpstlichen Stuhls. Es folgten aber bald noch andere, die viel bedenkliche? und weitaussehender waren. Man fieng unter dem Einflüsse des Hildebrand ein neues kirchliches Staatsrecht zu gründen , weicht dahin gi'eng, nicht nur den ganzen geistlichen Stand vo" der weltlichen Herrschaft völlig unabhängig zu mache"" und unter eine eigene Regierung, die von dem Papste als dem allgemeinen Oberhaupte geführt würde, s" bringen, sondern auch den weltlichen Stand vom Bau¬ ern bis zum Kaiser dem Papste zu unterwerfen, also e""- christliche Universalmonarchie zu errichten. Diesem Sy¬ stem konnten schon die Begriffe, die man sich von weltlichen Staaten machte, und die Lehre von den Mächten, die jetzt immer besser ausgebildet und me) ausgebreiret wurde, zu einer guten Unterstützung diene"' Man dachte sich die weltlichen Staaten als Gefells^ ten in der Kirche, als Theile der Christenheit; über d' Kirche aber und Christenheit schrieb man dem Papste Oberherrschaft zu, und folgerte daraus, daß dem ste auch die Staaten unterworfen senen. Ma» leb^ " daß 42Z daß die ganze Welt durch zwey Machte regieret werden müsse, durch die geistliche und durch die weltliche. Die geistliche sey bey dem Papste, die weltliche bey dem Kai¬ ser : diese aber müsse jener, die viel edler und erhabener ist, untergeordnet seyn. Die nähern Mittel aber zur Ausführung des hildebrandischen Systems waren i) der der Geist! tchkert. Das Verbot der Priesterehe 'st eben nichts ganz neues. Man hat schon längst in einigen Kirchen auf die Ehelosigkeit der Geistlichen ge¬ drungen. In den ersten drey Jahrhunderten der christ¬ lichen Kirche chaben wir zwar kein Gesetz über diesen Ge¬ genstand ; aber im vierten Jahrhundert wurden schon auf ProvincialconLilien Gesetze darüber gemacht. Auf dem Kirchenrathe zu Nicaa hat man zwar auch darüber deliberirt; es wurde aber nichts beschlossen. Ein ägyp¬ tischer Bischof, Paphnurius mit Nahmen, der selbst un- vermählt, und von einem untadelhasten Lebenswandel har, stand auf, und widerrieth es de» nicäischen Vä- t^n, ein solches Gesetz für einen ganzen Stand zu ma- chen. A» Ende des gten Jahrhunderts erließ endlich der Papst Siricius eine Decretalverordnung über den Zölibat, die man für ein allgemeines Kirchengesetz hält, indessen wurden diese Gesetze nicht beobachtet. Die Geisi- lichen waren überall verheurüthet. Allein jetzt fiengen Papste an, den Cblibat aus politischen Grün¬ en und mit Gewalt durchzusetzen. Der Mann ohne Fa¬ milie konnte alle Gunstbezeugungen der weltliä)en Obrig- Eiten verachten. Er hatte nur für sich zu sorgen, und and seinen Nutzen bloß in der Erweiterung der Vorzüge geistlichen Standes. Leßwegen kommen schon auf der ^mischen Synode vom I. zozy Schlüße gegen die Priester- vor. 2) Daö verbot «Iler Investituren, die bis¬ her 4-4 her den Geistlichen durch die Hande der Layen ertheikrt wurden; denn zur Begründung der kirchlichen Selbst: ständigkeir gehörte es vorzüglich, daß die weltliche Macht von allem Einflüsse auf die Besitzung der geistlichen Wär- den entfernet werde. Dieser Einfluß äußerte sich beson- ders durch die Investituren. Um denselben abzustellen , ergriff man den Vorwand, daß die Pfründen bisher' bloß auf Empfehlungen vergeben, schändlich verkauft, und so die größten Gräuel der Simonie getrieben wor- den seyen. Gegen diese Misbräuche eiferte man nun auch schon ans dem gedachten Cvncilio zu Rom sehr stark. Und bereitete sich so den Weg zum ernstlichen An: griff auf das weltliche Znvestitmrecht.. - Man konnte zu Rom. voraussehen, daß diese Ent¬ würfe nicht nur bey der ganzen Geistlichkeit , der man die Weiber, sondern auch bey allen Königen, denen mau die Investituren ihrer Prälaten nehmen wollte. Wider¬ stand finden werden. Man mußte sich also nm eine welt¬ liche Macht umsehen, auf deren Veystand man bey Ab¬ führung dieser grossen Projekte rechnen könnte, Nir- »Mnd konnte dazu schicklicher seyn , als dir Normänner, die nun bereits so um sich zu greifen angefangen haben, daß man, deutlich ihre Absicht merken konnte, sich »mabhängiges Reich zu errichten. Auf Betrieb Hilde¬ brands änderte man also zu Rom bas bisherige System gegen d e Normänner. Leo IX. und dessen Nächst ger hatten den Plan, dieselbe Mit Hälfe des Ka'ft's gültz aus Italien zu vertreiben. Niclas II. aber trat mit ihnen.in die engste Verbindung. Er hielt 105Y den damahligen Häuptern der Normänner, den Brüden Robert und Richard, zu Benevent eine Znsammcliknpi^ rttch 425 «nd machte mit. ihnen einen Bund. Richard wurde von dem Papste zum Fürsten von Capua erklärt; Robert aber sollte dem Papste Benevent herausgeben; dagegen aber Apulien und Calabrien, dessen er sich bemächtigt hatte, wie auch Sicstien, das er dm Saracenen ent« reißen sollte, als Vasall der römischen Kirche, gegen Ent- richtung eines jährlichen Zinses an dieselbe und Leistung d?s Beystandes wider, alle Feinde, besitzen. Dex Papst handelte also recht vortheilhaft, er vergab Länder, die ihm nicht gehörten, die zum Theil erst erobert werden sollten, mit dem Bedinge, daß sie von ihm zu Lehen genommen würden. Einen solchen Ursprung hat dis päpstliche Lehenöherrschafr in Unteritalien. Die fruchte.dieser Anstalten zeigten sich bald- Nach dem Tode des Papstes Niclas II. io6l wählten die Cardinäle, phne sich an den heftigen Widerspruch der übrigen Geistlichkeit, die sich von der Papstwahl dicht wollte verdrängen lassen, zu kehren, und,ohne sich «w die Einwilligung des Königs Heinrichs zu beküm¬ mern, unter Anführung Hildebrands Alexander II- zum tapste. Ak Gegenparthey aber schickte eine Gesandt¬ schaft an die Kaiserin», daß sie im Nahmen ihres Soh¬ nes. die hergebrachten Rechte ausüben, und einen Papst ernennen sollte. Um dem Einwurft vorzubeugen, daß d°r junge König Heinrich noch nicht zu Rom gekrönt, füglich nicht berechtigt sey , sich in die Papstwahl mischen, brachten die Gesandten für denselben 'e römischen Patriciatsinsignien mit. Die Kaiserin» ^anstaltete eine Synode zn Basel, wo mit allgemeiner . Abstimmung dein von den Cardinälcn gewählten Ale- *a.tder U. der Bischof von Parma, unter dem Nahmen Hono- 42<5 Honorius II., als Papst entgegengesetzt wurde. Doch diese Maßregeln zur Behauptung der kaiserlichen Rechte hatten nicht den erwünschten Erfolg; denn nun wurde die Kaiserin» selbst von der vormundschaftlichen Regie» rung entfernt. Sie hatte bey Verwaltung deS Reichs nur den Bischof Heinrich von Augsburg zu Rathe gezo¬ gen. Darüber waren die übtigen geistlichen und auch die weltlichen Fürsten eifersüchtig. Man fieng an zu behaupten, es schicke sich nicht, daß ein Weib das Reich verwalte, man suchte das Volk durch ausgesprengte Ver- laumdungen gegen die Kaiserinn aufzuwiegeln, und mach- te endlich den Plan, ihr den jnngen Prinzen zu entführ reu. Als Werkzeuge zur Ausführung dieses Anschlags wurden der Erzbischof Hanno von Cöln und der Herzog von Bayern, Dtto von Nordheim- gebraucht. Einr mahl, als der Hof sich eben zu Kaiserswerth am Rhein befand, kam der Erzbischof Hanno auf einem neuen Schiffe daher gefahren. Nach dem Mittagsmahl lud er den jungen König auf sein Schiff ein, an dein gar et- was besonderes zu sehen wäre. Sobald Heinrich darr auf war, ließ der Erzbischof das Schiff vom Ufer stos¬ sen , und auf das eilfertigste forttreiben. Der Prinz er- schrack, und stürzte sich ins Wasser; wurde aber geret¬ tet und glücklich nach Cöln gebracht. Nun war Hanno Vormund und Reichsverweser. Er machte sogleich die vormundschaftliche Regierung die Anordnung, künftighin derjenige Erzbischof, in dessen Sprengel der minderjährige König aufhalten würde, die Re'^ angelegenheiten besorgen solle. Hanno war darauf bedacht, die kaiserlichen Rechte bey ! wähl gegen die hildebrandischen Anmassungen tzen, er unterstützte nicht den Hvnoriuö II- «i-klarte gar er Passt durchZ"se . sonder» 427 erklärte sich auf einer Synode zu Mantua 1-264 für Alexander II. Die Reichsverwaltung des Hanno dauerte nicht lange. Er ließ ro6g den König Heinrich in Begleitung des Erzbischofs Adalbert von Breme» einen Zug nach Ungern vornehmen, um den Prinzen Salomon, einen Sohn des von seinem Bruder Bela vertriebenen Königs Andreas, wieder in das Reich einzusctzen. Auf diesem Zuge fand der Erzbischof Adalbert Gelegenheit, den jun¬ gen König ganz für sich einzunehmen, und von dem Erzbischöfe Hgnno abwendig zu machen ; denn Hanno War ein finsterer und strenger Mann, dabey habsüchtig, und, da er aus einer niedrigen Familie abstammte, von Nepotismus angesteckt , endlich ständisch und päpstlich gesinnt. Adalbert hingegen war munter und gefällig, fleygebig und unintereffirt, er hielt es unter seiner Wür¬ de, da er aus einer reichen und vornehmen Familie ent- fproffen war, seine Anverwandten und Freunde auf Uu- kvstxn des Königs zu bereichern und zu erhöhen, er war Eeül Freund der Fürsten, die er vielmehr bey jeder Ge- ^genheit aufzog, und schien nur auf den Vvrtheil des Königs und die Erhaltung seiner Rechte bedacht zu seyn. Nit diesem Characcer und mit solchen Grundsätzen mußte natürlich Adalbert bey einem jungen, feurigen und nach ^hre dürstenden Prinzen sein Glück machen, und seinem Žlezen den Vorzug abgewinnen. Als das folgende Hanno noch die Reise nach Italien zur Beylegnng es päpstlichen Schisma that, schwang sich Adalbert völ- «ns Bret, und entfernte den Hanno gänzlich von der ^Verwaltung. Damit sich weiter kein anderer Bi- in die Vormundschaft und Regierung sollte mischen kön- 428 können, ließ Adalbert den jungen König bey dessen tritt in das izte Jahr wehrhaft machen. Auf solche Arr wurde der König als großjährig erklärt, brauchte keinen Vormund mehr , und nun glaubte Adalbert als sein Liebling sicher an der Spitze der Geschäfte Zu bleiben. Allein dis Nation war über die Regierung Adal¬ berts so misvergnügt, daß sich Heinrich 1066 entschlieft ftn mußte, denselben zu entlassen. Auch Mußte er sich bequemen, seine Braut Berthä, die Tochter eines ita- dänischen Markgrafen, mit der ihn schon sein Vater herlobt hatte, z» heuräthen, obwohl er keine Zuneigung zu ihr hatte. Dadurch wurde sie ihm noch unerträgli¬ cher, und er faßte den Entschluß, sich von ihr zu tren¬ nen. Er wandte sich zu diesem Ende an dem Erzbischof von Maynz, und vershrach demselben, die Thüringer mit Gewalt zür Entrichtung des ihm bisher verweiger¬ ten Zehends zu zwingen, wenn er ihn von seiner Ge- Mahllnn befreyen würde. Dem Erzbischöfe war ein sol¬ cher Anträg nicht unangenehm, er glaubte aber doch sehr behutsam verfahren zu müssen; verwies die Sache anfeine Synode, und erkheilte zugleich dem Papsie'Nach- richt davon. Der Papst fertigte sogleich den berühmten Peter Damiani als seinen Legaten nach TeNtschland ab. Und ließ dem Erzbischöfe von Maynz mir dem Banne, dem Könige Heinrich aber mit dem Gebrauche sein^ apostolischen 'Gewalt und mit der Versagung der Kai¬ serkrone drohen, wen« sie Nicht dieses schändliche unchristliche Vorhaben anfgeben würden. Da auch teutschen Fürsten der Erklärung des Papstes beyfielen, so war für den guten Heinrich nichts anders zu thun, als seine GemalMm zu behalten. Die Trennung wäre auch 4-9 sehr unpolitisch gewesen, weil Bertha mit vielen italiä- nischen Grossen, die dadurch äußerst aufgebracht worden wären, verwandt war. Bald darauf wurde Otto von Nordheim beschul¬ est , daß er dem Könige nach dem Leben strebe. Hein¬ rich , der dem Otto ohnehin wegen seiner Entführung und wegen der nachdrücklichen Widersetzlichkeit gegen sei¬ ne Schritte gram war, glaubte es, und entsetzte ihn des Herzogthnms Bayern, das er an Welf IV. vergab. Dadurch machte ex sich nicht nur den Otto, sondern ganz bachstn zum Feinde; denn Otto war von Gebuhrr aus ttn Sachse, und stand bey seinen Landsleuten, wie auch überhaupt im Reiche, in grossem Ansehen. Die Sach¬ sin hatte» überdies noch andere Ursachen zum Nis- ^rynügen. Der König hielt sich immer in Sachse» ?uf, und weil i,r Sachsen wenige Kammergüter voryan- hen waren, aus deren Einkünften sonst die Könige ih« ^Erhalt zogen, so mußten die Sachsen beständige Uftrungen machen, die ihnen drückend vorkamen. Hluch cheinr der Erzbischof Pdalbert von Bremen dem Könige tu Grundsatz eingeprägt zu haben, daß er die Sachsen Entweder ganz unter seine Botmäßigkeit bringen, oder °ch so einschränken müßte, daß sie nicht im Stande wä- Sm-' dcy jeder Gelegenheit anfznlchnen. In dieser Üchr ließ Heinrich durch ganz Sachsen, wo es thun- hex ' auf Hügeln feste Schlößer erbauen. Die üm- s^^ch"enden Leute mußten, dazu frohneu, bisweilen die Kosten hergeben. Wieder eine neue Beschwerde! m/ Satzungen in den Bergschlößern waren nicht im- d t mir Lebensmitteln versehen, fielen in die umliegen- EU Gegenden aus, und höhlten sich ihre Bedürfnisse Mit 4ZO »nit Gewalt, woben ofr grosse Ausschweifungen Mit un¬ terliefen- Der König schien diesen Bedrückungen nicht Einhalt lhun zu wollen. Dieses Betragen Heinrichs vermehrte das Misvergnügen der Sachsen von Tag zu Tag, welches endlich so weit gieng, daß sie einen all¬ gemeinen Aufstand erregten. Otto von Nordheim bot sich ihnen zum Anführer an. Sie brachten ein Kriegsherr von 60 Tausend Mann auf die Beine, gien- gen damit auf Heinrich los, und nöthigtcn ihn 1o/4 zu einem vergleich zu Goslar, vermög dessen unter andern die königlichen Bergschlößer in Sachsen niederge¬ rissen werden sollten. Unter diesen war auch die von Heinrich so geliebte Harzburg, wovon jedoch kraft der Vergleichspunkte nur die Festungswerke hätten geschleift werden sollen. Allein der Pöbel konnte sich ist seiner Wuth nicht mäßigen, er zerstörte auch die Häuser und Kirchen, und vergriff sich sogar an den königlichen dort begrabenen Leichen. Der König gerieth darüber in den , heftigsten Zorn, nnd setzte alles in Bewegung, um an den Sachsen zu rachen. Das folgende Jahr ic>?5 hatte er das Vergnügen, daß eine ansehnliche Kriege macht zu seinen Diensten zusammenkam. Mik dieser übet" siel er die Sachsen an der Unstrut, nnd richtete »Met ihnen eine so große Niederlage an, daß sie terwerfen mußten. Er behielt die meisten Grüssen und auch den Otto von Nordheim walt. Doch wußte sich Otto bch dem K einzuschmeicheln, daß er nicht nm die Fr..,,- sondern auch zum königlichen Statthalter in Sachse» stellt wurde. Nu» sich ihm aufrühr-M'' in seiner , öniae 43r Nun eröffneten sich die besten Aussichten für den König Heinrich. Allein jetzt trat ein neuer Gegner auf, der mit einigen Worten mehr ausrichlere, als Heinrichs bisherige Feinde mit den Waffen. Dieser war dec Grvbschmiedssoh» von Syvana, der französische Mönch Hildebrand» Kurz vorher, als die sächsischen Unruhen ausbrachen, war der Papst Alexander II. ge¬ storben. Noch am nämliche» Tage wurde seine Ptelle durch die Wahl des Archidiaconns Hildebrand ersetzt, der sich den Nahmen Gregor VH. beylegte. Sein Sy¬ stem , welches er bereits unter der Regierung der vor¬ hergehenden Päpste auszuführen angefangen hatte, ist Uns schon bekannt. Die Kirche sollte der vollkommen¬ sten Freyheit genießen: alle weltliche Macht sollte der geistlichen untergeordnet , und d,er Papst Universalmonarch der Christenheit seyn, also ein ganz neues kirchliches Staats- nnd Völkerrecht statt finden. Die Hauptmittel !ur Erreichung dieses Endzwecks waten die Entfernung der Layen von allem Einfluß auf die Besetzung der geist- lichen Stellen, und die Losreißnng der Geistlichkeit von allem weltlichen Interesse. Kein Kaiser, König oder Fürst s^te daher einen Bischof oder Abt mehr investiren kbn- "bu. Zum Vorwand mußte dienen, daß mit dergleichen ^"^stituren stats gräuliche Simonie verbunden gewesen Auch konnte man noch den Nebenvortheil davon flehen, alle Geistlichen, die noch an der weltlichen Macht ^'gcn, z,, entfernen; denn man durfte sie nur der Si- ^nie beschuldigen und dann absetzen. Die Geistlichen räte» lamer unverehlichte Weltverächter seyn. S-> ^"de die Wahlfreyheil befestiget. Die Stifter dürft nicht fürchten , durch standesmaßige Unterhalt uug der Wittwen nnd Kinder beschwert zu werden, sie eben immer reich , mächtig und im Stande, das geist- liche Interesse zu verfechten. Die Geistlichen wurden von allen andern Verbindungen losgemacht, und bloß an ih¬ re» Stand und den Papst gebunden. Ihr ganzes Wohl Hieng nun einzig von dem Glanz, dem Ansehen und der Macht ihres Standes ab, und man konnte Rechnung darauf machen, daß sie sich ans allen Kräften weiden angelegen feyn lassen, selbe zu befördern, Gregors Grundsätze waren in Teutschland nicht unbekannt. Schon unter den vorigen Päpsten dirigirte er alles. An ihn mußte man sich wenden, wenn man zü Rom Geschäfte hatte. Die wutschen Bischöfe zitter¬ ten vor ihm, und gahen dem Könige Heinrich den Rath, behutsam zu Werke zu gehen, und Gregors Wahl nicht für rechtmäßig, und gültig anzuerkennen. Heinrich ließ sich auch zu Rom beschweren, daß Gregors Wahl oh¬ ne seine Theilnehmung vorgenommen worden sey. Al¬ lein der Papst entschuldigte sich, daß ihm die päpstlich^ Würde, nach der er nie gestrebt hatte, von den Römern aufgedrungen worden sep; doch habe er nicht bewogt werden können, sich weihen zu lassen, bis er gewiß? Nachricht von der Beystimmung des Königs und der temschen Fürsten zu seiner Wahl erhalten hätte. He"'- rich wurde durch dieses Betragen des Papstes verleite» ihn zu bestätigen und die Erlaubniß zu seiner Einwei¬ hung zu-«heilen. Der neue Papst erneuerte und schärfte gleich 3- *074 üuf einer Synode zu Rom die betrete selili Vorgänger wider die Simonie und Priesterehe. M't diesen Decreten wurden einige Legaten nach Deutschs geschickt, um alles denselben gemäß einzurichten. 4ZZ hie teutfchen Bischöfe widersetzten sich so heftig, daß die päpstliche» Legaten kein Concilium zu Stande dringen konnten. Dem größten Widerspruch war die strenge Ver¬ ordnung Gre wrs gegen die Priesterehe ausgesetzt. Ueber- all erklärte sich die verehligte Geistlichkeit, sie wollte lie¬ ber ihre Stellen, als die Weiber verlassest) der Papst sollte sich Engel schaffen, wenn ihm die Mensche«? an- ockelten. Allein Gregor hatte Standhaftigkeit genug, nicht nachzugeben, Im I. 1075 hielt er eine andere Synode zu Rdm, woraus einige teutfchen Bischöfe der Simonie wegen suspegdirt, und z vertraute Rathe Hein¬ richs , weil sie auf simonischc Art geistliche Stellen crhal- ten oder vergeben haben sollten, in den Bann gethan Wurden. Auf eben dieser Synode wagte sich Gregor an die Investituren, die bisher noch unangetastet gelassen worden waren. Er machte hier zum erstenmghl ein scharfes Decret bekannt, vermöge dessen kein Laye unter der Strafe des Kirchenbannes sich unterstehen sollte, die In¬ vestitur über esu Visthum oder eine Abtey zu ertheilen, WW kein Geistlicher ein Bisthum oder eine Abtey aus den Händen eines Layen zu empfangen. Aus den allge- ^wüwn Worten dieses .Pecretes sieht man schon, daß es dem Papste nicht bloß um die Zeichen, den Stab und , wodurch die Investituren verliehen zu werdest hegten, sondern um die Investitur überhaupt, die von "den geschah, zu thun war. Er wollte ohne Unter- schied E Investitur der Kaiser, Könige und Fürsten ilestellt wissen, um die Geistlichkeit von ihnen ftey zu fachen, wie dieses auch aus andern Verordnungen und tiefe,, Gregors, und aus den Nachrichten anderer L nchseitigen Schriftsteller erhellet. Dieses war der rsu- f«ng 4Z z fang des grossen Investurstreits, der erst im J. 1122 beygclegt weiden konnte. Trotz diesem Verbot fuhr Heinrich,,forr, Vischöft rmd Aebte mir Stab und Ring zu belehnen. Er entließ auch seine von dem Papste ercommunicirten Rathc nicht- Nun fügte sich s eben, daß die Sachsen ihre Klage» wider den Heinrich bey dem Papste anbrachten, und Hein¬ rich selbst hatte schon vorher die Unvorsichtigkeit bega» gen, die Sachsen bey Gregor« zu verklagen, daß hc bey Niederrcißung der Harzburg sich an den Kirchen u"^ königlichen Leichen vergriffen haben. .Diese Gelegenheit war dem Papste sehr erwünscht, sich in die teuische» Händel "mischen zu können, und als Richter zwischen bei¬ den Theilen anfzucreken. Er erließ eine Ladung an de« König Heinrich mit dem Bedeuten, sich auf einen gewiss Tag in der bevorstehenden Fasten rs io,-6^ vor einer Sy»^ zu Rom zu stellen, und wegen der ihm zur Last gel¬ ten Verbrechen zu verantworten; sonst sollte er wisse«' daß er ohne Verschub durch den apostolischen Dannfl«^ von der Gemeinschaft der Kirche werde ausgeschlo^' werden. Heinrich versammelte darüber die Bischöfe Aebte seines Reichs zu Worms. Diese erklärten sich gleich gegen den Papst. Gregor Vll. wurde durch «en feyerlichcn Synodaischluß seiner Würde entsetzt. Absetzungsdecret wurde ihm mir einem besonder» Seb^ ben des Königs zugeschickt, in welchem Heinrich Papste sagte: „Omne tibi staxnms zu«, guoci vi1u8 es, ubrennutio, gtgus ut a kecle urbi^, Miabl ?atric:istn8 , tribuente, üe suruko vorum slssentu ckebetur, äeleeosiss, ersico." ' ent- zu hsb^^ 435 entfernt, daß der Papst durch dieses Zdecret und Schrei¬ ben in Verlegenheit gekommen wäre, sh hielt er viel¬ mehr noch hey Anwesenheit der königlichen Abgeordneten Zu Rom ein Concilium, that darauf den König Heinrich den Bann, erklärte ihn der Regierung des tentschen ""d italiänischen Reichs verlustig, und sprach alle des- seu Untenbanen von dem Eide der Treue und des Ge¬ horsams los- Dieser Bannstrahl des PapsieS würde bey einer Gelegenheit nur ein Theaterwetter gewesen seyn; ^lein jetzt kam er zu einer Zeit, zu welcher die Umstände '"r den Heinrich sehr gefährlich waren. Die Sachsen andere misvergnügteu Grossen warteten nur auf "Ue Gelegenheit, um sich von neuem empören zu kön- Diese fanden sie nun in der wider den König ver- ^"gten Ercommunication. Hatte Heinrich weniger Lei- E"schaft gehabt, so würde er sich mit den Sachsen und ,°,bei gesinnten Grossen ausgesöhnt haben, und "u mit einem Heere nach Italien gegangen seyn, um " hochmülhigen Papst zu züchtigen. Allein Heinrich Zu sthr aufgebracht, als daß er diesem Gedanken stoben können, und er wollte auch sein Pro- ' die Sachsen zu überwältigen, nicht fahren lassen, ,,e^ ^^u dadurch stürzte er sich in die schrecklichste La- Tur, ''ah sich bald von allen seinen Anhängern ans täa Kor dem Papste verlassen, und ward durch die sich mehrende Anzahl seiner Feinde so in die En- schi^"riebon, daß er sich noch im I. 1076 zu dem ^ie, lind harten Oppenheimer Vergleich be- ders^" wußte, vermög dessen der Papst auf eine Reichs- """klung «ach Augsburg zur Entscheidung seiner E e « Sache 43 § - Sache eingeladen werden; Heinrich aber indessen von der Regierung suspendirt, und wenn er aus eigener Schuld binnen Jahresfrist von dem Tage deS wider ihn ausge¬ sprochenen Bannes nicht davon llvSgezählt seyn würde, auf immer des Reichs verlustig seyn sollte. Der Gedanke, das Reich zu verlieren, war für Heinrich unausstehlich. Nur dieser Schande suchte er zu entgehen. Er sah ein, daß er, wenn der Papst nachTeutsck« land kommen sollte, verlohren seyn würde; daß hing^ gen, wenn er vor Ablauf des Jahres die Lossprechu"S vom Vanne bewirkte, der Vorwand zu seiner Absetzung wegfiele. Heinrich entschloß sich also, nach Iralien Z" gehen, nm die Absolution vom Vanne bey dem Papste zu erhalten. Allein seine Feinde, welche eben dieses fürchtete.-, versperrten ihm alle gewöhnlichen Wege »a Italien. Er mußtr daher den schlechtesten Weg üb^ Savoyen im größten Winter einschlagen. Die Jtaliä^ nahmen ihn sehr gut auf, weil sie mit dem Papste zufrieden, und der Meinung waren, seine Ankunft die Absetzung des Papstes zur Absicht. Der Papst? schon von Rom aufgebrochen war, um nach. Aug^'^ zu reisen, da er nicht wußte, was der ankommende rich im Schilde führte, glaubte auf jeden Fall am , zu thun, wenn er für die Sicherheit seiner Person st'^^ Er lenkte daher von seiner Marschroute seitwärts^ dem festen Schlosse Canossa ab. Hier residiere die rechter lres mächtigen Markgrafen Bonifaz von und der Beatrix, die bekannte Gräfin» Mathilde- war Gregors VIl. ergebenste Freundinn und Beschützerin,!. Sie versprach ihm, den heiligen " eben so zu lieben, als Paulus Christum geliebt 4Z7 Diese Liebe zum heiligen Peter erklärte Gregor selbst mit den Worten : „cum per ?errum tervuz , L ?el!U8 in lbrvm chst^irur." Er schrieb und that der Grafinn die schmei¬ chelhaftesten Dinge, zog sie sogar in seinen Angelegen¬ heiten , wenigstens zum Schein, zu Rache. Wegen die- ser grossen Vertraulichkeit wollte man zwar schon da- Mahls den Verdacht eines unerlaubten Umgangs mit der Mathilde auf den Papst walzen; allein man kann ihm in diesem Stücke nichts beweisen, Das Frenudschaftsband »wischen ihnen scheint nicht ans sinnlichen Neigungen, Indern bloß auf geistlichen Ideen beruhet zu haben. Mathilde betrachtete den Papst als ihren geistlichen Va- ler, und er sie als seine geistliche Schwester und Toch¬ ter. So gut nun auch Gregor bey der Mathilde auf-x Phöben war, so hätte doch die Sache für ihn sehr ge- fahrljch werden können, wenn sich Heinrich mit den Ita- Manern verbunden hätte. Allein dieses war Heinrichs Ab- "")t nichr. Er mnßce nur eilen, um von dem Banne ° zukvnnnen, damit die Teutschen keinen Vorwand Hal? ihn abzusetzen. Er ersuchte die Grafinn Mathilde 'hre Fürsprache bey dem Papste. Dieser aber wollte T^ts von der Lossprechung hören, sondern immer nach li "tschland gehen, um dort den Richter zu machen. End- wußte er doch aus Politik nachgeben, weil er sonst fürchten batte, daß sich Heinrich mit den Italiä- ui? Verbindung einlassen würde. Er ließ dem Kö- rich Gnade der öffentlichen Busse angedeihen. Hein- "hne Ablegung der königlichen Ehrenzeichen, Me ' >n das mir einer dreyfachen Mauer um- "E Canossa eingelassen Als er zwischen die znvy e wärr Mauer kam, konnte er weder vor - noch - ' wehr. Hj^ mußte der König von Tentsch - 439 und Italien drey Tage hintereinander in der elenden Ge¬ stalt eines armen Sünders, in einem groben wollenen Bußkleide, mit bloßen Füßen und unbedecktem Haupte, bey der strengsten Winterkälte (es war der 25. 26. 27- Ian. 10-77) unter freyem Himmel, vom frühem Morgen bis spaten Abend, ohne Speise und Trank zu bekom¬ men , auf die Absolution warten. Alles im Schlosse steng an zu murren und über tyrannische Unbarmherzigkeit Z» schreyen- Am vierten Tage endlich würdigte sich der Papst, den gemisbandelten König vorzulassen, und un¬ ter den härtesten und erniedrigendsten Bedingungen, mit jenen des Oppenheimer Vergleichs ans das Nämli- che hinanslicfeu, vom Banne loszusprechen. AM Ende wurde noch die Clansel angehängt, daß, n>eu" nur eine der vorgeschriebenen Bedingungen nicht geb»^ ten würde, die ertheilte Absolution sogleich ungültig- und das Corps der teutschen Fürsten berechtigt felM sollte, zur Wahl eines andern Königs zu schreiten. Als die Jtalianer erfuhren, wie schimpflich Heinrich zu Canossa habe behandeln lassen, wurde» äußerst wider ihn aufgebracht. Sie sagten, er habe Majestät geschändet, das Beste des Reichs und der che an einen nichtswürdigen Menschen verrathen- wollten von ihm nichts mehr wissen, und kamen " ein, seinen minderjährigen Sohn Konrad zum Kö>»g wählen Heinrich suchte die Gemüther, so gut er zu beruhigen, entschuldigte sein Betragen, und sch^ Schuld davon auf die teutschen Grossen j deren geh^ liehen Anschlägen er nicht anders habe zuvorkommen nen, als daß er sich von dem Banne habe le- lassen.' Er versprach künftig mehr Muth und d-a 439 zu beweisen. Diese Stimmung der Jtaliäner und das wieder aufwachende Ehrgefühl Heinrichs machten, Daß «r alles widerrief, waS er zu Canossa hatte zusagen müssen. Die Jtaliäner sielen ihm nun wieder zu, und auch seine Freunde aus Teuischland fanden sich nach und "ach wieder bey ihm ein. Dem Papste verlegte er den Weg, daß derselbe nicht nach Teutschland geben konnte. Darüber wurden die anfrührischen teutschen Grossen so ""geduldig, daß sie imHMrz 1077 eine Versammlung Z" Forchheim hielten, im Beyseyn eines päpstlichen Le- guten Heinrichen absetzten, und den Herzog Rudolf von Schwaben zum Könige wählten. Bey dieser Gelegenheit Wurde festgesetzt, daß Teutschland von nun an ein völ¬ liges Wahlrcich seyn sollte, wie solches Bruno in fol¬ gender Stelle berichtet: ,,kjoc etism idi conienssr cvmmmü oomprodatum, Ilomuni xonriüci8 StEori- e,p corrodorutum, ut regiu pokessa8 nulli per IiL- sscul ontea t'uit consusmclo, celleret, seä ssliu8 reAi8, etiumss vslsss üißNU8 esset, per eleöklo - "ein fpoktaneuin potiu8, ^uam per snLoessiooi8 line- ^rn rex proveuirei; ss vero non esset äijtnus ssli»8, ss nollsr eum populu8, 'd drückt wurde , blieben bey denen, die ihren Vorthell von zogen, nicht unbelohnt. Gregor hatte das als Heiliger auf den Altar gestellt zu werden. Die geschah jedoch nur nach und nach. Zuerst wurde Bild zu Salerno unter die Bilder der Heilige»- " dann unter Gregor Xlll. sein Nähme in das logium gesetzt. Hernach haben die Mönche zu S» und die Geistlichen fast überall das Officium vo» zu beten angefangen. Endlich hat Benedict 443 Lection von ihm in das Brevier einrücken lassen, in wel¬ cher besonders angcpriesen wird , daß er den Kaiser Hein- rich in den Bann getban, und die Uuterthanen ihrer Pflichten gegen ihn entbunden habe. Diese Lection mußte aber in den österreichischen Staaten auf Befehl der Kai¬ serin» Maria Theresia, welchen Joseph ll. erneuert hat, verpappr werden. Als Heinrich im I. roß' nach Italien gegangen ivar, wurde in Teutschlaud ein neuer Geye > onitz, Graf Hermann von Lurenburg, ausgestellt. Allein die¬ ser Mann hatte die Eigenschaften nicht, die nothwendig gewesen waren, einem Heinrich die Spitze zu bieten, er berlohr bald alles Ansehen, besonders nachdem seine Stütze, Octo von Nordheim, gestorben war. Hermann erkannte selbst-seine Schwache, legte lo88 die Kvnigswürde nieder, und brachte seine Tage ruhig in seine» Erblanden zu. Nach ihm bewarb sich der Mark- Paf Egbert ii. von Thüringen um die Krone. Ehe aber sein Vorhaben noch eigentlich zu Stande kam, wur- de er ioyo in einer Mühle unweit Braunschweig erschla- gen. Er beschloß die Reihe der Markgrafen von Thü- *'Ngen. Zugleich erlosch mit ihm der alte braunschwei- ^sche Mannsstamm, der von Bruno, einem jünger» ^°bn Heinrichs, Otto's I. Bruders, entsprossen war. Seine Schwester Gertraud war an Heinrich von Nord- beim vermählt, und hatte von ihm zwey Töchter, Ger- ^aud, Gemahlin» des Pfalzgrafen Siegfried am Rheiu- aber ohne Erben gestorben, und Richenza- Gemah- des Grafen Lothar von Supplinburg, nachherigen ^rzvgs von Sachsen und Kaisers, der schon ro88 eile Treffen gegen Eckbert ll. beygewohnt hat. Die Yen- 444 Heurathen sind darum wohl zu merken, weil sich da¬ durch viele Erbgüter vereinigt haben, die hernach an das welfische Haus gekommen, und unter Friedrich H- in ein Herzogthum verwandelt worden sind. In Italien wählte nach Gregors VI l. Tode seine Parthey Victor III., und als dieser bald ftarb, Ur« ban II. zum Papste. Dieser wurde auch von den Rö¬ mern angenoimnen, und so mächtig unterstützt, daß Cle¬ mens III. aus Rom weichen mußte. Urban erneu« erte auf einer Synode zu Rom die gregorianische» Bannflüche wider die Investituren, den Kaiser und de» Papst Clemens III., und um sich eine Stütze gegen den Kaiser zu verschaffen, stiftete er eine Heurath zwischen der verwittibten Gräfin Mathilde, deren voriger Ge¬ mahl Gottfried der Bucklichte, Herzog von Niederloth- ringen, war, und zwischen Welf V., einem Sohn* des Herzogs Welfs IV. von Bayern, der 1077 wegen Slntheilnehmung an der Empörung von Heinrich IV. ab¬ gesetzt worden ist. Diese Heurath war sehr politisch» denn dadurch gewann der Papst das ganze welfis^ Haus, welches sich nun Hoffnung machte, die watlfll- dischcn Güter zu bekommen. Vermuthlich dachte sch°" Gregor VII. an eine solche Heurath; denn er sagte von dem jünger» Welf, daß er ihn auf den Schooß des hei¬ ligen Peter sitze,, wolle. Durch die Mathilde und be» Papst wurden nun die kaiserlich Gesinnten in Aal-'e» sehr gedruckt. Darum mußte Heinrich im I. rohv se> uen dritten Zuy na» Italien antreten. Er war ge¬ gen die Mathilde ziemlich glücklich, und brachte eö auch dahin, daß die Römer den Papst Clemens ill- "iedee aufnahmen; vollends aber konnte er die Ordnung i» lien 445 Uen «och nicht Herstellen. Dieses sollte sein ältester Prinz Konrad rhun, den er bey seiner Abreise nach Tentsch- land ivyz in Italien zurückließ. Allem die päpstliche und mathildische Parthey wuß- kr den jungen Prinzen auf ihre Seite zu ziehen, und gegen seinen Vater selbst zu verhetzen. Konrad fieng e>ne Empörung an, und ließ sich zu Mayland zum Kö¬ nige von Italien krönen. Auf die davon erhaltene Nach¬ richt kam zwar Heinrich sogleich nach Italien wieder zu¬ rück ; allein da die meisten Jtaliäner sich für den auf- rührischen Sohn erklärten, und Mathilde alle ihre Kräfte- Zum Widerstand aufbot, so mußte er unverrichteter Din¬ ge nach Teutschland znrückkehren. Hier hat sich indessen alles zum Vortheil Heinrichs geändert, und die Ursa¬ che davon schrieb sich aus Italien her. Die alte, eigen¬ sinnige und bigotte Mathilde machte ihrem jungen Ge¬ währ Welf V. so viel Verdruß , daß sich dieser von ihr scheiden ließ. Da nun das welfische Haus nichts mehr von der Mathilde zu hoffen hatte, so wurde der alte Nelf wieder kaiserlich, und da er zugleich von Heinrich das verlohrne Herzogthum Bayern wieder zurück, und "vch dazu für einen seiner Söbne die Anwartschaft dar- w'f erhielt, so arbeitete er jetzt mit größtem Eifer für Kaiser. Durch seine Bemühungen wurde Hein- ^'ch auf einem Reichstage zu Maynz 1097 mit seinen 'kcherigen Feinden völlig ausgesbhnt, und die Sache den teutschen Ständen dabin eingelcirek, daß Heün r-.chß "uftüh''jscher Sohn Konrad der Thronfolge ent- und der zweytgebohrne Prinz Heinrich zum Nach- gewählt wurde. Doch mußte disser sich durch ei- Ktzt, folger !—' "en Eid verbinden, daß er bey Lebzeiten des Vaters sich rvedrr 446 weder in die Regierung, noch in die Verwaltung der kaiserlichen Erbgüter mischen wolle. Konrad spielte zwar noch einige Zeit den König in Italien; starb aber im J. no,. Man glaubt, der Leibarzt der Grafinn Ma¬ thilde habe ihm durch einen Giftrrank vom Leben gehol¬ fen ; denn man brauchte ihn nicht mehr. Indessen war auch der Papst Urban II. 1099 ge¬ storben. Die Römer wählten gleich an dessen Stelie Pascal l l., obschon Clemens lll. noch lebte. Diese Kir- chentrennuug wurde jedoch das folgende Jahr durch de» Tod Clemens tll. gehoben. Pascal II. legte den Kai' ser, der noch immer die Bischöfe mit Stab und Ring belehnte, von neuem in den Ban», und verleitete aucl- ,'wssen zweyten Sohn Heinrich zn einer Empörung gcP" den Vater. Man stellte dem Prinzen vor, er würde durch die Anhänglichkeit an seinen ercommunicirten Mw ter selbst um die Nachfolge im Reiche bringen; w»" müsse Gott mehr gehorchen, als den Menschen, u»d was dergleichen Gründe mehrere sind. Um ihm die denklichkeit wegen des dem Vater geleisteten Eides Z» nehmen, demonstrirte man ihm, daß der Eid, der eine»' Ercommuuicirlen geleistet worden, nicht verbinden ko»»''' und zum Ueberfluß sprach ihn noch der Papst da»''» los. Der nichtswürdige Sohn brachte dann nc>5 d»> die schändlichste Verrätberey und durch wiederbohlte si' sche Eidschwüre den Vater in seine Gewalt, Zwang ' durch Androhung des Todes der Regierung zu entsage"' iind ließ ihn zu Ingelheim gefangen halten. Heinrich ' trat also noch bey Lebzeiten seines Vaters die Regien'"^ an. Er fertigte eine Gesandtschaft an den Papst cal II. ab, wodurch er denselben seiner Unterwürfig " und 447 und seines Gehorsams versickern ließ. Man glaubt in dieser Gesandtschaft die ersten Spuhren der nachher so genannten le^ano odelliennL zu finden. Der Kaiser entkam doch noch glücklich aus seinem Verwahrungsorte, flüchtete sich nach Lüttich, bekam dort einen grossen An¬ hang, und hatte Hoffnung, alles wieder in den vorigen Stans zu bringen. Allein es war ihm nicht gegönnt, h'e Erfüllung derselben zu überleben. Er starb nvö zu Lüttich, und wurde daselbst ordentlicher Weise begraben. Aber auch im Grabe war noch keine Ruhe für ihn. Weil " noch uicht vom Banne losgesprochen war, so wurde fein Leichnahm wieder ausgegraben, und nach Speyer gebracht, wo er an einem ungeweiheten Orte in einem steinernen Sarge stehen bleiben mußte, bis endlich nach fünf Jahren Heinrich V. die Absolution für den Tobten Papste erhielt, und ihn daun prächtig begraben ließ. Heinrich dem IV. kann man grosse Regierungsta- eute und einen rechtschaffenen Charakter nicht absprechen, ein er kam in eine unglückliche Lage. Sein Vater hat und sei» eigenmächtiges Betragen bey den Standen bey dem römischen Hofe verhaßt gemacht. Seine '"würfe waren nicht auSgeführt. Aus Haß gegen den ""r lehme sich nun alles wider den Sohn auf. Hein- inn überdies?, als er zur Regierung kam, noch zu öwar ^"^r d"r Vormundschaft seiner Mutter stand es von '""s seiner Erziehung gut; aber man riß ihn bald Händler Seite. Die Erzieher, denen er hernach in die ter e, verdarben ihn nur. Hanno war ein finste - H ' mürrischer, eigennütziger Mann; Adalbert aber ein ^MM- z,ud zu nachsichtig gegen die heftigen Leiden- 'chaften des jungen Königs. Dor Verkauf der geistli¬ chen 448 chen Pfründen, den man Heinrichen zur Last legen will- fällt theils auf seine Räthe zurück, theils waren die Geistlichen selbst Schuld daran, die sich mit der unver« schämtesten Stirue an den Hof' drängten, um Pfründen durch Geld zu erhalten. So viele Fehler er in seiner Jugend gehabt haben mag, so werden dieselben doch durch die Tugenden, wodurch er sich jn seinem männli' chen Alter auszeichnete, weit überwogen. Selbst ftiut Feinde müssen ihm Großmuth, Freygehi'gkeit, Offenher¬ zigkeit, Entschlossenheit, Tapferkeit und Standhaftig¬ keit zugesiehen. Lurch diese Eigenschaften würde er wahrscheinlich zuletzt auch noch über die Bosheit seines zweyten Sohnes und dessen Anhänger die Oberhand er¬ halten haben, wenn er Immer am Leben geblieben wäre« Unter Gregor Vll. ist zur Lefestiyuny der rarchrv ei» viel weiterer Schritt geschehen, als durch falschen Derrecalen JsidorS. Isidors Absicht war u»t^ die Bischbfe von den Erzbischöfen frey, und gegen ftd? Anklage und Absetzung sicher zu macken. Au diesem de suchte er sie unmittelbar dem römischen Stuhle Z" subordiniren, weil er glaubte, Vasi sie von einem fernten Obern weniger werden zu befürchten haben, lein Gregor VIl. hqt sich zum unumschränkten chen und Despoten in der Kirche aufgeworfen. D>e schüfe hatten nach seinem System keine Sicherheit me L«r Papst konnte sie nach Willkühr absetzxn. fe nach Isidors Grundsätzen der Zufluchtsort der Bis seyn sollte, wurde nun der allgemeine Richtplatz den. Gregors System ist in uuce in den so OiKatibus Orexorii VII. enthalten, welches Oer wahrscheinlich nicht von ihm selbst herrührt, 449 rin Auszug aus seinen Miefen ist. Darin kommen unter andern folgende schone Sätze vor: «znost lolus stonwnus pomiti jure sticarur univorigsts; guost tolus postit uü imperislibus instzniis; c^no«l unicu;n est nomon munsto; striost u nomine ipfe pistiesri stebeut; stuost stomana ecclests numc^usm errsvit, nee in per- potuum, icriptnrs teste, errabik; c^uost fentenliz il- iius g nuÜo «lebest rekrgöisri, L ipfe omnium folus t'olrgAgre postit ; c;uost nullum cspitulum, nuüusc^ue stber eunonicps liZbestur ub^ue illius suistoritare ) stuost Ms^ores eunlL cuprsLNixjue eeelestse ast eünt rdierri stebeanr; gnyst stomanus Pontifex, st e sto- Nies fneric or«linstU8, meritiS beari Perri inclnbitaN- ter estieitur fsnktns; gnost iste stolu« postit epilcopos tieponere, vel ste feste ast festem kistnLmnksre ; huoä ivliub pzpre pestes omnes prineipe8 steofeulenkur) Most stst stesat impetatores steponere; ^nocl a üsts- iitgte iniHnorum fubze5soL- pocest abfolvers Le." / Der Streit zwischen der weltlichen und geistlichen ^achr wegen der Investitur mit Stab und Ring blieb Zwar unter Heinrich IV. noch unentschieden; aber aus d?" herrschenden Grundsätzen konnte man schon sehen, daß die Entscheidung zum Vvrtheil der geistlichen Macht Ausfallen werde; denn die weltliche Macht war durch das ausgekünstelte und in Gang gebrachte System von Zweyfachen Gewalt schon der geistlichen untergeord- Letztere har sich bereits herausgenommen, den Kai- in den Bann zu thun, und die Unterthauen von dem . Uvršam gegen die weltliche Macht loszusprechen. Da- /"ch wurde allen Königen und Fürsten Furcht eiuge- wagten, sich den Anmassungen Ff "er 45o der Papste nachdrücklich zu widersetzen, damit nicht auch sie das Schicksal Heinrichs IV. träfe. Endlich fand die geistliche Macht auch in der Vermehrung und Ausbreitung der Mönchsorden eine gute Stütze. Die ersten Mönche, nämlich die Venedictiner, nachdem sie mit Reichthümern überhäuft worden, arteten aus. Es fanden sich von Zeit zu Zeit Leute, die sie reformirlen. Aus diesen Re¬ formationen entstanden neue Mönchsorden , die aber bald wieder, weil sie durch übermäßige Schenkungen der An¬ dächtigen in die nämlichen Umstande, als die Benedic- tiner, kamen, in ein unordentliches Leben verfielen. So entstand lc>86 der Orden der Carthäuser, 1099 der Ci- siercienser, 7121 der Pramonstratenscr« Diese neuen Or¬ den gaben nun immer neuen Stoff zu geistlichen Stif¬ tungen, zur Entkräftung des weltlichen Standes und zur Unterstützung der übertriebenen päpstlichen Gewalt- Die Mönche stände» Anfangs in jeder Diöces unter de« Bischöfen; allein nach und nach wurden einzelne Klöster und endlich ganze Orden von der bischöflichen Gewalt erimirt; und unmittelbar dem Papste unterworfen« Durch diese konnte der Papst bis in die kleinsten Theil* jedes einzelnen Landes wirken. Die Mönche waren dw eifrigsten Vollzieher aller päpstlichen Machisprüche. An¬ statt daß die Benediktiner bey ihrer Entstehung stell wüsten Gegenden niederliesten, das umhersiegende La>>b urbar machten, und die Cultur des BodenS beförderte«? fiengen nun die Mönche an, müssig zu seyn, und teteu bloß für das Interesse ihrer Orden und des goist lichen Standes, Die Handarbeiten überließen ste so genannten Layenbrüdern. Neben den Maimsklöste'" wurden jetzt auch häufig Meiberklöster erbauet, so «IN fast zur 4ZI jedes Kloster von Mönchen eines von Nonnen Seite hatte. In der Folge trugen auch die Rreutzz.üye,, die diese Zeit in den Gang kamen, zur Befestigung der geistliche» Macht bey. Schon von langer Zeit her hatten die Christen einen Geschmack an den Wallfahrten, be- fonders zum heiligen Grabe nach Palästina. Es ist auch fchvn früh der Gedanke entstanden, das heilige Grab de» Händen der Ungläubigen zn entreißen. Wir finden d'ese Idee schon in einem Briefe des Papstes Sylve» sters II. Allein die Sache kam erst unter Gregor VII. recht in Bewegung. Es liefen häufige Klagen wider die anwachsende Macht der Machumedaner, und deren Grausamkeiten ein. Deßwegen forderte Gregor VII., der dabey zugleich die Nebenabsicht hatte, die griechische Kirche seiner Herrschaft zu unterwerfen, 1074 die Chri- sir» Zu einem Heerzuge nach Asien auf, um Palästina zu Gebern. Doch die Sache blieb. wegen der dazwischen ge oniinenen Händel mit Heinrich IV. liegen. Unter Ur» II. wurde sie wieder vor die Haud genommen. Die g^'Nte Triebfeder davon war ein von Jerusalem eben "ruckgrkommener französischer Eremit, Peter von Ami» Er machte dem Papste die kläglichste Beschreibung " de» Drangsalen, welche die dortigen Christen, und Widers die christlichen Pilger von den Machumedanern 'Zustehs» hätten, händigte ihm ein Schreiben von dem go rächen z» Jerusalem ein, und gab vor, von Chri - elhst ,,, „ächrlichen Erscheinung den mündlichen liche^ zu haben, daß er den Papst und die christ» " Hmsten zur Befreyung des heiligen Grabes und auffordern sollte. Dieser Schwärmer durchlief F f - her- 4sL hernach ganz Italien, Frankreich und Lothringen, wies einen angeblich vvm Himmel gefallenen Zettel vor, wo¬ durch die ganze Christenheit wider die Ungläubigen auf¬ geboten ward, unterstützte den vorgeblichen Befehl Got¬ tes durch den Strom seiner Beredsamkeit, und bereitete auf solche. Art die Gemüther treflich vor. Der Papst Urban II. nahm seine Parthsy, und setzte 1095 eineKir- chcnversaminlnng nach Piacenza an, wohin auch der grie¬ chische Kaiser eine Gesandtschaft abschickte. Allein die Jtalianer wollten nicht recht Hand an das grosse Werk legen. Urban berief daher eine andere Kirchenversamm¬ lung nach Clermont in Frankreich. Hier brachte er durch seine Rede alles ins Feuer und heilige Wuth. Die ganze Versammlung rief voll Begeisterung ans: ,,Ueu8 Io vulc-, und der Papst machte dieses zur Losung. Denjenigen, die sich zum heiligen Inge entschlossen, wurde ein geweih¬ tes tuchenes Kreutz auf die rechte Schulter geheftet wovon sie den Nahmen Kreutzsoldaten, Kreutzfahrer be¬ kamen- Die Beweggründe zu einer solchen Unterliess' mung waren ganz der Denkart jener Zeiten angemcsse"- Man sah es für eine Beschimpfung des christlichen mens an, daß sich das Land, wo die Geheimnisse b^ christlichen Religion vollbracht wurden, in den Haube" der Ungläubigen befinde. Man konnte sich kein a>bße^ Verdienst denken, als die heiligen Oerter zu erobern, dortigen Christen aus der Dienstbarkeit zu erlösen, Vie Ungläubigen in Palästina zu vertilgen. Der reichli¬ che Ablaß für alle begangene» Verbrechen, der allen, b> nach dem gelobten Lande ziehen würde», zugest^ wurde, mußte uothwendig Leute, die etwas auf rem Gewissen batten, reizen, sich z» dem heiligen M anwerben zu lassen, besonders da sie dabey die Ws- 45 Z Aussicht hatten, ihr gewohntes Handwerk ohne Ahndung forttreibcn zu können. Ueberdieß stellte man sich Palä¬ stina als ein Paradies und als einen Sammelplatz aller Reichthümer vor, die nun denjenigen, die das heilige Land erobern würden, in die Hände fallen müßten. An die Schwierigkeiten und Gefahren des Zuges wurde im Enthusiasmus nicht gedacht. Der Rittergeist, der da- wahls sehr in der Mode war, fand an einem solchen Unternehmen die größte Nahrung. Nothwendig mußten auf einem so laugen Zuge die sonderbarsten Abentheuer aufstoffen, an deren Bestehung sich die erhitzte Einbil¬ dungskraft der Ritter schon im voraus weidete. Der gedrückte und in statter Unsicherheit lebende Ackersmann hoffte durch Mitmachung des heiligen Krieges von sei- uem Drucke los zu werden, und sich in eine höhere Elaste hinauf zu schwingen. Diese und andere derglei¬ chen Beweggründe wirkten so stark, daß schon im fol¬ genden Jahre ioy6 der erste Zug angestellt werden konnte. Gottfried von Bouillon, Herzog von Nieder- lvthringen, zog in Gesellschaft seines Bruders mit einem ^deutlichen Kriegsheer von 80 Tausend Mann durch . kutschend und Ungern. Andere Kriegsheere, die mit tt"en go Tausend Mann sich auf dso Tausend Menschen diesen, nahmen unter Anführnng des Eremiten Peter '^"Amiens, und anderer seines Gleichen andere Wege. Teutsch»,, wollten Anfangs an diesem ersten Zuge E'"eu Antheil nehmen. Sie lachten die bey ihnen durch- ^deuden Kreutzfahrer aus, daß sie das Gewisse dem "gewissen aufvpferten. Allein auch sie wurden von der '1'gen Schwärmerei) bald angesteckt, und nun wollte ""H deutschen Himmel, wie vorher am ftanzö- ''ch?n, Wunder und Zeichen gesehen haben, einen Co- meten 454 meten mit einem langen Schwanz, der einem Schwerte glich; blutige Wolke» in Osten und Westen; zwey mit einander kämpfende Reiter, aus denen einer, der mit einem schweren Kreutze dareinschlug, den Sieg davon¬ trug; eine Stadt in der Luft und dahin eilende Kriegs- schaaren. Es verbreitete sich das Gerücht, Karl der Grosse sey von Tobten auferstauden, und werde die Kreutzarmee in Person commandiren. Durch dergleichen Mittel brachten einige Priester auch in Deutschland Hau¬ fen zum Kreutzzuge zusammen. Diese teutschen Kreutz¬ fahrer ließen ihren heiligen Eifer schon in Teutschlaud an den Juden aus, die sie, wo sie durchzogen, unbarm¬ herzig niedermachten. In Ungern trieben sie ordentlich das Straffenraubergewerb; wurden aber von Unger" derb gezüchtiget, und gänzlich auseinander gejagt. ,D't übrigen Krentzfahrer vereinigten sich unterdessen bey Co"' stanrinopel, 'wählten sich den tapfer» Gottfried vo" Bouillon zum allgemeinen Anführer, setzten dann «ach Asien über, eroberten 1097 Nicaa, 1098 Antiochia Edessa, und endlich den iy, Julynach einer eilstag'- gen Belagern-g auch Jerusalem, Sie ernannten hierum den Helden Gottfried von Bouillon zum Könige hon Fer^ salem; allein aus Bescheidenheit führte er diesen Ti" nicht. Erst sein Bruder Bäldüin, der ihm das folgend Jahr im Königreiche Jerusalem folgte, nahm denselben an. Die Krentzzüge wurden zwar Anfangs nicht"" der Absicht in den Gang gebracht, um die Hierarchie erweitern; denn man glaubte, die Sache werde mit nein Zuge gethan seyn. Allein in der Folge kosteten über 6 Millionen Menschen, und dienten den Papm und der Geistlichkeit treflich zur Vergrößerung 'h" Macht. Dir Papste wurden dadurch in den Stand §" setzt- ZZ5 setzt, wenn es ihre Absichten erforderten, die Aufmerk¬ samkeit der Kaiser, Könige und Fürsten nach dem Orient hin zu richten, oder selbe gar dahin zu entfernen, und indessen im Trüben zu fischen. Die Geistlichkeit über¬ haupt hatte den Vortheil davon , daß die Kreutz- fabrer häufig ihre Güter den Geistlichen schenkten, vermachten, oder um ein Geringes verkauften. Auch d'e Kaiser und Könige erhielten für den ungeheuren Menschenverlust einen Ersatz dadurch, daß ihre mächtigen und gefährlichen Grossen auf Kreutzzügen untergiengen, »der verarmten, und sie auf solche Weise an Macht, Neichthum und Ansehen gewannen. Uebrigenö haben die Kreutzzüge auch für die Nationen mit der Zeit einige. Wiewohl nur zufällige, Vortheile hervorgebracht. Es wurde nämlich durch selbe die Gemeinschaft zwischen dem Orient und Occident hergestellt, die Occidentaler wur¬ den mit den Wissenschaften und Künsten der Orientaler bekannt, und zur Schiffahrt und Handlung gereitzt. Da- d"ech entstand ein neuer Erwerbungszweig, der meistens Bürgern in den Städten zu Guten kam, und die ^ädte mächtiger machte. Die Krentzzüge veranlaßten auch die Entstehung der Ritterorden, woran die päpstliche Militz wieder ei- "eu ansehnlichen Zuwachs bekam. So entstanden im gelobte» Lande schon 109c) der Johanniterorden, und die Gesellschaft der Tempelherrn. Die Johanniter Wurden so genannt von dem Hospital Johanns des Täu- Ers zu Jerusalem, in welchem seit einiger Zeit einige "leige Brüder der kranken Pilger warteten. Nach der - ""ahme von Jerusalem wurden die Einkünfte dieses p'tals durch die Freygebigkeit der Andächtigen in kur¬ zer 4Z6 Zer Zeit so beträchtlich, daß schm, n-y der Vorsteher des Ordens, Raymund du Puy, seine Brüder verpflich¬ tete, auf eigene Kosten gegen die Machumedaner zu strei¬ ten So sind die Johanniter aus Krankenwärtern auch Krieger geworden. Der Papst bestätigte dieses Institut- Nachdem Palästina wieder verlohren gegangen, zöge" sich die Ritter zuerst nach Cypern, dann nach Rhod«^ und als sie auch hier den Türken weichen mußten, kamen sie 15 o vom Kaiser Karl V., als Könige vo" Sicilien, die Insel Mqltha, um ihm in seinen Kriege" gegen die Machumedaner beyzustehen. Jetzt sind sie ter dem Nahmen der Maltheser Ritter bekannt. D«e Tempelherrn haben sich gleich Anfangs zur gewaffnece" Befchützung d?r Christen in Palästina gegen die U"g'^ bigen verbunden. Balduin ll. König von Jerusalem ihnen eine Wohnung neben dem Tempel Salomons Jerusalem angewiesen, und daher kam ihr Nähme. Papst Honorius <1. bestätigte '128 diese» Orden, schrieb ihm eine Regel vor, die den Titel führt: xula xnnpernin commiliconum Chrilli templigcM lomvnici." Diese punpsre8 commilikone-; Okrasti aber bald so reich geworden, daß sie den Neid ermeße und im >4ten Jahrhundert ausgerottet wurde». Für die österreichische Gerichte kommt "> Heinrich lv. das erste österreichische privileyi"^^ merken. Als im I. 1058 die Kaiserin» Agnes a^ gentinn mit dem jungen Könige Heinrich richtigung des Friedens mit dem Könige And"" Ungern nach Österreich gekommen war, bat der graf Ernst von Oesterreich, daß ihni der König einige alte Privilegien, die das Land Oester"! ) 457 von den heidnischen Kaisern Julius Cäsar und Nerv er¬ halten hätte, bestätigen nröchte- Diese vorgeblichen Pri¬ vilegien waren zwar ungezweifelt unächt. welches schon daraus zu ersehen ist, daß sie in der keutschen Sprache (^'8 n panoram) geschrieben waren, und Heinrich selbe vorher ins Lateinische übersetzen lassen mußte. Doch hat erst im >4ten Jahrhundert ein italiänischer Dichter, ^"rarcha, in einem Schreiben an Kaiser Karl lV. die hlnächrheit derselben entdeckt. Der Markgraf Ernst und die Räche des Königs Heinrich hielten sie für ächt. Löeil sie aber doch zweifelten, ob Privilegien, die von Heiden ertheilt worden waren, den Christen etwas na¬ hen können, so wurden die darin enthaltenen Freiheiten vom Könige Heinrich nicht bloß bestätigt, joudern auch wienert. Obschon also sonst eine Bestätigung das Un¬ gültige nicht gültig macht, so kann doch den Privilegien des Julius und Nero nicht alle Kraft und Wirkung ab- Jesprvchen werden, weil sie jetzt von neuem verliehen Horden sind. So kann das darin vorkommende Recht, d"ß der Besitzer von Oesterreich der geheimste Rath des duschen Reichs seyn, und ohne sein Vorwissen keine Sache, die in Ewigkeit reicht , beschlossen werden soll, allerdings noch eine Anwendung haben. Ueberdieß fügte " König Heinrich noch neue Freyheiten hinzu. Er gab dem Markgrafen Ernst den rühmlichen Titel eines Obersten und getreuesten Fürsten des heiligen römischen eichg (prTcluristrmi L nobütillmi?rineipiL cinmirn ^"estiUzrM.rtvjj ^ulkrire /ac^r ^r'-rcrF)r§) Dieses zeigt uns schon hin avglich, mas von den 179g erschienenen Berichris"n- irn teutschen Staatsrecht und in der Reichsgr chrchte des Herrn Stadtsyndicus Gemeiner Rege» - 4S« bürg zu halten sey, der darin aller Geschichte "zum Trotz mit einer kaum glaublichen Dreistigkeit zu behaupten wagte, daß die Markgrafen von Oesterreich vor Erhe¬ bung des Landes zu einem Herzogthum keine Fürsten waren, und wenn bisweilen der Ausdruck kriuc«^ von ihnen gebraucht wird, derselbe von einem ?rincep8 reü' m bavsriej zu verstehen sey. 2) Ertheilte Heinrich dein Markgrafen Ernst, besten Nachfolgern und dem Lande Oesterreich das Vorrecht , sein Gerichrsschwert und das Landespannier sich vor dem Reiche und der gan¬ zen Welt vortragen zu lassen; denn man glaubte, dee Kaiser, als Herr der Welt, könne Privilegien geben, die ihre Wirkung -in der ganzen Welt haben. Wenn alst die österreichischen Fürsten auch vor dem Kaiser erscheinet z. B. wenn sie die Belehnung von demselben nehme»? so können sie sich ihr Gerichrsschwert vortragen lasse»' Z) Wurde dem Markgrafen eine besondere Hülfe Reichs zugesichert, weil sein Land am Ende der Christel lheit liegt. 4 ) Wurde ihm die Advecatie über die bss- ter Salzburg und Passau gegeben, mit dem Rechte, Güter dieser Bisthümer zur Vertheidigung des Vaterlan¬ des zu verwenden, lieber alles dieses wurde eine Urk»»' de ausgefertiget, deren Original noch in dem kais. kb»'^' Hausarchive aufbewahrt wird, wo man sich von dcist" Aechtheit mit eigenen Augen überzeugen kann. Daß demn- ben auch die falschen Privilegien der Kaiser Julius E»i» und Nero eingeschaltet worden, beweiset nichts ande>§? als daß zu Heinrichs IV. Zeiten die Critik ein ga«r bekanntes Ding war. Der Aechtheit und Gültigkeit d heinrichischen Urkunde gereicht dieses nicht zum mindest Abbruch- Ein neuerer Schriftsteller wollte aus der dieses Diploms: „m«norumclue rexum litteris, die er selbst gesehen bestätiget sie. Nun hat vor ihm kein römi- öst" ^öuig, außer Heinrich IV., dem babenbergisch» ^^reichjschen Hause ein Privilegium gegeben; also muß Privilegium Heinrichs schon dem römischen Kö- g? Heinrich VII. vorgelegt worden seyn. Rudolf I. selbst Karl IV. rrtheilten nahmentlich die Bestati- d-ss-Id-. 46o §. Zo. Heinrich V. vom I- »ro6 7. Aug. bis rrsz. -z. May. (19 Fahre.) Heinrich V. ließ zwar nach angetretener Regiert"^ die Wahlen der Bischöfe und Aebte frey; allein auf Belehnung mir Stab und Ring, wegen der man seü'^ Vater so sehr angegriffen hat, wollte er eben so we"^ Verzicht thun, als sein Vater. Es ereignete sich "" bald eine Gelegenheit, dieses Recht auszuube». Verdun wurde an die Stelle des verstorbenen ein ne^ Bischof gewählt, und Heinrich ercheilte ihm, wie gewöhnlich war, die Belehnung mit Stab und gerieth aber darüber mit dem Papste in eben den spruch, wie sein Vater. Um der Sache einmahl/ Ende zu machen, gieng Heinrich im I. illomit send Mann über die Alpen, und nahm Zugleich, uw Recht auch mit der Feder zu verfechten, einige mit sich. Der Papst Pascal > i. kam in Verlegenheit, "" that dem Könige, der schon bis Sutri vorgerückt ' den unvermutberen Vorschlag, der König möchte des Jnvestiturrechts Legeben; dagegen aber könnte alle Reichslehen und Regalien, welche die Bischt Aebte von Karl dem Grossen und dessen Nachfolger" halten hatten, zurücknehmen. Die Bischöfe und 2^ sollten sich künftig mit den Zehenden, Opfern und jenigen Gütern, so sie durch Schenkungen der Personen bekommen, oder an sich gekauft haben, beg gen. Heinrich ließ sich den Antrag gefallen, «>'d eS de im Februar des I. im ein förmlicher D^rag^^ über errichtet. Allein wenn wir nur obenhin bett^ 46 l daß es der immerwährende Zweck der römischen Curie gewesen sey, die Kirchen zu bereichern, so müssen wir Einsehen, daß alles dieses bloß eine römische Feinheit war. Der Papst scheint nämlich nur dieses gesucht zu haben, daß der König einmahl Verzicht auf die Jnve- stitnren thnn mochte; hernach wollte er ihn mit seinen standen es selbst ausmachen lassen, wie er die geschenk¬ ten Güter und Regalien herausbekäme. Nachdem alles " Nichtigkeit gebracht war, zog Heinrich nach Rom, t"" sich Mu Kaiser krönen zu lassen. Vor der Krönung Mte der König verabredeter Massen eine Verzichtsur- wide über die Belehnung mit Stab und Ring ausstel- "i der Papst aber ein Dekret ausfertigen sollen, daß 'E Prälaten dem Kaiser ihre Reichslehe» und Regalien ^ansgeben sollten. Allein der Papst hatte nicht das mit der Verordnung wegen Rückgabe der Regalien t^uszurncken; denn die deutschen und italianischen Bi- ^fe sem?,, sich entgegen, und auch die weltlichen Für- bywelche befürchteten, der Kaiser möchte durch den ^"Efall so vieler Güter zu mächtig werden, machten ihnen gemeine Sache. ' Deswegen wollte auch Hein- znr Jnvestiturrechte nicht entsagen. Alles war schon vorbereitet, und doch konnte man nie einig soll, Papst bestand immer darauf, Heinrich Pwrst das Verzichtsinstrumeut über die Jnve- e, «ushändigen. Zuletzt ließ er dem Könige sagen, y,lachte „ur einen kurzen Schluß fassen, über denKrö- h^g^Elnonien werde ohnehin noch Zeit genug hinge- Eon ^'wüber konnte sich einer von dem Gefolge des Zur, "Icht enthalten, dem Papste und den Cardinale» W viel Worte? Wisset, daß unser Herr >ngt, mir ehedem Kari der Grosse, gekrönt seyn * will." 462 , will?. Der Papst antwortete: dieses stehe nicht in si^ ner Macht. Weil nun offenbar war, daß die Sach* so keinen Ausgang gewinnen werde, so ließ der Kbn>S auf Anrathen seines Canzlers Adalbert die Wache höh' len, «nd den Papst sammt einigen Cardinale» nach dcM Schlosse Trevi gefangen abführen. Aus der KrömM wurde also dießmahl nichts. Um meder frcy zu met' den, erbot sich der Papst zu einer andern Ausgleichs der Irrungen. Er wurde in das königliche Lager Rom gebracht, und hier ward den 8. April ml neuer vergleich geschlossen, kraft dessen die Bischt und Aebte zwar frey und ohne Simonie, jedoch mit willigung des Königs gewählt, von diesem mit und Ring belehnt, und dann erst, nicht aber vorh^ geweiht werden sollten. Zugleich verband sich der durch einen Eid, wegen seiner Gefangenschaft keine che zu suchen, das Jnvestiturrecht niemahls anzuftöM' und den König nie mit dem Banne zu belegen. auf wurde Heinrich vom Papste zum Kaiser gekrö"^ und bey dieser Feyerlichkeit wurde ihm die unterM^ bene Vertragsurkunde eiugehändigt. Der Kaiser kelss- nun ganz vergnügt nach Temschland zurück. Man hatte glauben sollen, der neue' Vergleich re so befestiget worden, daß er nie wieder umgeh werden könnte; denn er wurde von Seite des durch iz Cardinale, und von Seite des Kassel iz weltliche und geistliche Fürsten auf das fcpcrliM .schworen, und von dem Papste und dem Kais" durch den gemeinschaftlichen Genuß des heilige« mahles auf das heiligste bekräftiget. Und dock er wieder gebrochen. Kaum war der Kaiser 46z ^gezogen, so gerieth daselbst alles in Bewegung. Man schrie laut, der Papst habe die Ehre der Kirche verra- chen, und das Gebäude, welches aufzusühren es die vo- *'gen Päpste so viele Mühe gekostet hatte, wieder über Haufen geworfen. Der Papst entschuldigte sich mit Umständen, ließ aber geschehen, daß zu R^m eine t ynvde gehalten wurde, die seine Fehler verbessern ioll- Darauf wurde beschlossen, haß das Privilegium, wel- Heinrich v. pom Papste erhalten hat, als ein mir e^alt abgedrungenes Privilegium anznsehen sey, und ^m Urtheile des heiligen Geistes verdammt, ver- „ , aufgehoben und ercommunicirt seyn sollre. Die Elson des Kaisers wurde jedoch mit der Ercommuni- ^ioi; verschont- Diesen Mangel ersetzte aber sogleich " päpstliche Legat und Erzbischof Guido von Vienne einer an diesem Orte gehaltenen Synode. Der Bann, xj^Glndo wider den Kaiser verhängt hatte, würde zu lei» .^'dern Zeit gewiß ohne Folger? geblieben ferm. As- U», letz? diente er einigen Misvergnügten zum Vorwand, slinit^" lrnzuzetteln. Zg der Parthey dieser Uebelge- ^arl^ ^üch Heinrichs Canzler Adalbert, auf dessen dofa« Kaiser den Papst und die Cardinale zu Rom auf genommen hatte. Dieser Mann , der bald dar- n»d Kaiser zum Erzbistbum von Maynz befördert, er dtab und Ring investirt wurde, ward, sobald ^8er h ^^khum in Besitz hatte, der eifrigste Verthei¬ gen, Er Kirchenfreyheit und der päpstlichen Anmassun- 'k»n. " Kaiser machte aber nickt viel Umstände mit Jahre ,' shn in Verhaft setzen, in dem er drep ^och plieb. Heinrich glaubte dadurch die Unruhen Dqz gp zu unterdrücken. Allein er täuschte sich- "^vergnügen brach doch in Thärlichkeiten aus. ^Die 4^4 Die nächste Veranlassung znm Ausbruch der Em- xoruny war folgende. Im I. n-2 war Ulrich von Orlamünde, Graf von Weimar, gestorben. Seine Gü¬ ter nahm Siegfried, Pfalzgraf am Rhein, von wegen seiner Mutter Adelheid, einer gebvhrnen Gräfin» voll Weimar, in Anspruch; der Kaiser aber zog dieselben, als dem Reich heimgefallene Lehen, wie sie auch g"'ß- tentheils waren > zu seinem Fiscus. . Allein die Grosse haben bereits die Lehen mit den Allodien so vermischt daß beyde nicht leicht von einander zu unterscheiden w«' ren. Sie haben alles, was sie befassen, als Eigenth'»" zu betrachten angefangen. So sah auch Siegfried weimarischen Lande als Erbgüter än und wollte l>^ dieselben auf keine Weise entziehen laffeU. Andere schen Grossen befanden sich im nämlichen Falle, sie ren sich bewußt, Reichslehen als Erbgüter im BeW haben, und mußten befürchten, daß ihnen mit der ein Gleiches widerfahren werde. Sie schlugen sich her auf die Seite des Pfalzgrafen Siegfried, »M gemeinschaftliche Sache zu verfechte». Den größte» Hang fand Siegfried in Sechsen. Hier war im 3- s die herzogliche Familie der Billunger ausgegaugen- letzte billungische Herzog MagNus batte nur jwey " rer, Wulfhild und Eilike, hinterlassen, der reichen billungische» Erbgüter in Wulfhild vermahlte sich mit Heinrich dem andern Sohne des Herzogs Welf kl-" ,,c>6 .y rdch' welche Erb"M^ Sachsen dem Schwül lV. von Bay-''"' Auf solche Art bekam das welfifche.Haus Vie erste» sitzuugen in Sachs-,,. Eilike heurathete den Graft» to von Vallenstädt, dem sie Albrecht den Wäre», Stammvater des Hauses Anhalt, gebahr. DaS digte Herzogthum Sachsen verlieh Heinrich V- der» 465 Lothar von Supplinburg, der aber der empfangenen Wo'olthat uneingedenk, sicl) jetzt mit dem Pfalzgrafen ^Hgfried, seinem Schwager, gegen den Kaiser verband Beyspiel ihres Herzogs ahmten noch viele anders sachjljche Grossen nach. Es kam nun zu einem innerli-- Lrieg. Der Pfalzgraf Siegfried blieb zwar uz'; dem Treffen bey Warenstadt unweit tzuedlinburg, wo Hvyex Graf von Mansfeld zum Vortbeile des Kaisers Men Sieg erfocht; allein das zweyte J^rhr darauf zog Hoyer im Treffen bey Welfesholze an der Wipper in der Grafschaft Mansfeld den kürzern, und verlohr zue 8stich sej» Leben. Dieser Sieg machte den Sachsen so Much, daß sie einen päpstlichen Legaten, der sich eben damahlS in Ungern anfhielc, zu sich nach Goslak Minden, und bewogen, den Bannfluch, den der Erz- b'lchvf von Vienne wider den Kaiser ausgesprochen, zu bestätigen und auch in Teutschland zu verkündigen. Hein-- ließ dagegen einen Reichstag zu Maynz halten. Es 'baden sich aber dabey nur wenige geistliche Fürsten ein , vbn den weltlichen kam gar keiner, und zuletzt erregten ^ch die Bürger von Maynz einen Aufstand, und zwan- 8en den Kaiser, daß er den gefangenen Erzbischof Adal- auf sieste,, Fuß stellen mußte, der seitdem wieder nichts anders , als auf neue Aufwiegelungen bedacht So veranstaltete er gleich nach seiner Loslassung «dien Convent zn Mn , wo die Aufrührer mit einander ^bbrederen, die wider den Kaiser ergangenen Ercammu- ''^tionsn in allen Winkeln Teutfchlands aus; upvsaunen, d 8^8"" ihn aufzubrinqm. Der Kaiser mußr e verworrenen Angelegenheiren in Teuischland denk' ch>cksale überlassen, weil ibm ein wichtiger Vorfall »ach zu gehen. Gg D«- . 466 / Daselbst starb im I. 11,5 die berühmte Grafinn Mcthilde. Sie besaß sehr ansehnliche Reichslehen und Erbgüter. Auf beyde hatte Heinrich V. Ansprüche, auf jene als Reichslehenherr, auf diese als naher Anver¬ wandter; denn seines Großvaters, Heinrichs lll., Mut¬ ter Gisela war eine Schwester zu der mütterlichen Gro߬ mutter der Mathilde. Allein Mathilde hat zu Gunsten der römischen Kirche ein Testament gemacht, und darin desselben alle ihre Güter zugedacht. Heinrich nahm bey jeiner Ankunft in Italien 1116 alle mathildischen Lehen- nnd Erbgüter in Besitz, ohne daß ihn der Papst Pas' cal II. ein Hindcrniß in den Weg gelegt hatte. Als Pascal II. nach einiger Zeit starb, begab sich Heinrich nach Rom, um bey der neuen Papstwahl die alten Rechte des Kaisers wieder geltend zu machen. Erbrachte «s auch dahin, daß an die Stelle des indessen schon eb¬ ne sein Dorwissen gewählten Gelasius ll. von einer E>e- genparthey Gregor VIII. auf den päpstlichen Stuhl er¬ hoben wurde, dem er auch die Bestätigung erthcilte' Gelasius entwich mit seinen Eardinalen nach Frank¬ reich , die nach seinem baldigen Tode Calirr II. Z""' Papste wählten. Dieser war eben der Erzbischof G"'- do von Vienne, der den Kaiser aus Eifer für die che der Kirche in den Bann gechan hatte, da es cal ll. wegen seines eidlichen Versprechens mit Anstaud nicht wohl khun konnte. Man hätte an ihm den "" biegsamsten Papst, was den Jnvestiturstreit betraf,"- warten sollen, und doch war er es, der dem Reich? der Kirche den Frieden wieder gab. 5" 46? In Teutschland war bey -er Abwesenheit des Kaisers die Verwirrung aufs höchste gestiegen. Die beyden Par- theyen, die kaiserliche und die der aufrührischen Fürsten, thaten einander durch Morden, Plündern und Verwüsten so viel Unheil an, als sic nur konnten. Letztere gieng sogar schon damit um, den Kaiser abzusetzen. Bey die¬ se« Umstanden mußte der Kaiser 1119 Italien verlassen, «M den bösen Anschlägen seiner Feinde in Teutschland ötivvrzukommen. Sein Hauptgeschäft war nun die Bey- des Investiturstreits, denn er sah, daß vorher ^ss keine Ruhe zu denken sey. Es wurden deßwegen mit ^alirt ll. , da er noch in Frankreich war, Unterhandlun- 8?« eröffnet. Weil aber der Kaiser zögerte, die Ver- glejchspuncte, so wie sie ihm der Papst vorschrieb, an- zunehmen, so that Calirt ifl. ihn und den Gegenpapst Gregor Vlll. auf einer zu Rheims gehaltenen Kirchen: Versammlung in den Bann, und sprach alle seine Unter¬ tanen von dem Eide der Treue und des Gehorsams ' doch nur bedingt, wenn sich der Kaiser nicht mit Kirche vergleichen würde. Hierauf gieng Calirt ll. "uch Rein, bekam seinen Gegner Gregor Vlll. in seine ««d steckte denselben in einen Kerker, wo er sein dur« pndigen mußte. Der Bannfluch des Papstes ver- achfx i« Teutschland neue Unruhen, die meistens den bx^^'Aen Erchisckof Adalbert von Mayn; zum Urhe.- Doch wurden selbe durch die Nachgiebigkeit „ ,'^u'iers^ auf einem Reichstage zu Würzburg 1121 für.^''^''ch bcygelegt. Es wurde hier ein Stillstand tei ganze Reich in Form eines Landfriedens errich- eine Juvestitursache aber beschlossen, sogleich such ^""^s'chufr „ach Rom zu schicken, mir dem Er, daß der Papst ein allgemeines Concilium aus^ Gg 2 schrei- 468 den möchte, damit auf demselben durch die Entscheidung des heiligen Geistes ausgemacht werde, was durch menschliches Unheil nicht könne entschieden werden. Der Papst fertigte bald nach vernommenem Anträge der Teut- schen den Bischof von Ostia als seinen Legaten nach Teutschland ab. Dieser hielt zu Maynz rro, eine Na¬ tionalsynode , wo selbst der Erzbischof Adalbert, der des Unruhestiftcns auch schon müde geworden war, sich Mü¬ he gab, die Partheyen zu vergleichen. Hernach fehle der Kaiser einen Reichstag nach Worms an, wo der Ver¬ gleich völlig berichtiget, und dann der Kaiser von der Ercommunication losgesprochen wurde. Dieser Vergleich führt den Nahmen des caliptinischen Londorbats, endigte endlich lm Z. nsr den bepuahe z) thut der Kaiser darin Verzichts die Belehnung mit Stab und Ring; 2) gestartet Kirchen die freye Wahl und Consecration ihrer und Aebre; 2) verspricht er die Güter und Regal'^ römischen Kirche, die er im Bestk hat. zurückzust^ und zur Nc,cuperalion der übrigen dem Papste ^j, fcn. Die Urkunde, welche der päpstliche Legat ser ausgestellt Hut, ist folgenden Irilmlrs: r) ,'h len der Bischöfe und Aebte des tcutschen Reichs Gegenwart des Kaisers, jedoch ohne Simonie hj waltthatigkcit, geschehen; 2) wenn eine zwiespältiges^ entstünde, so soll der Kaiser nach Rath und UrW^ Vletropolitans und der Bischöfe der Provinz der 469 sern Parthey beytretsn und Beystand lxisten; z) der Ge¬ wählte soll wegen der Güter und Regalien, die er votn Reiche hat, die Belehnung von dem Kaiser, aber durch den Scepter empfangen, und soll auch dem Kaiser und Reich die fchuldigen Dienste leisten. Die Bischöfe und Achte in Teutschlaud mußten nach dem richtigen Ver¬ stände des Concordats die Belehnung noch vor der Con- secration nehmen; die Bischöfe und Aebte aber aus an¬ dern Theilen des Achichs, nämlich aus Italien, binnen 6 Monatben nach der Confecrativn, wie solches die aus¬ drücklichen Worte des Concordats sagen. Ueber die glückliche Begebenheit des wieder hergestellten Friedens zwischen der Kirche und dem Reiche war ganz Teursch: ^and und Italien voll Freuden. Die ceutfchen Reichs: stände, die zu WormS nicht gegenwärtig waren, nah¬ men dqs geschlossene Concordat noch in selbem Jahre auf kRer Zusammenkunft zu Bamberg an, und der Papst be¬ ugte es das folgende Jahr auf einer Kirchenversamm- im Lateran. Der Kaiser har durch dieses Concordat eigentlich Rchts verlohren, als die willkührliche Ernennung der ^sschöfe mm Aebte, und die Kirche hat dadurch nichts ^Wonnen, als die freye Wahl. Daß der Kaiser zugleich Stabs und Rings bey der Belehnung sich zu ent- versprach, kann gar nicht in die Rechnuug kom- r,^'' ^nn das Recht, die Bischöfe und Aebte zu beleh- Htr/ ^^^lt er doch; nur die Zeichen wurden verändert, also der Kirche nur darum zu thrm gewesen Wahlfreyheit zu erlangen, und den Stab und Belehnungszeicheu zu entfernen, so hätte sie längst zum Ziele legen können; denn Hein¬ rich die als schon 47o rich V. hat gleich beym Antritt seiner Regierung die Wahlen den Kirchen frey gegeben, und das Nämliche ist auch schon durch die beyden Verträge vom I. rm fest¬ gesetzt worden. Und was die Symbole bey der Beleh¬ nung berrifft, hat schon der Bischof Ivo von Charrrcs im I. eingesehen, daß daran nichts gelegen fey denn er sagte in einem Briefe: ,die Investituren seyc» den Königen durch kein Kircheugesetz verdorben, und cs sey gleich viel, ob sie mit der HaNd, mir dem Köpft < mit dem Munde oder mit dem Stabe geschehen, da die Könige nicht gesinnt sind, dadurch etwas Geistliches za geben, wenn nur dabey die Wahlen frcygelassen werden- Allein der römische Hof hatte eine weit höhere Absicht da er von dem Kampfe nicht nachließ. Er wollte die geistlichen Güter von aller weltlichen Lehenverbindung ganz losmachcn, und den Papst zum Ober - und LehcN- Herrn derselben erheben. Dieses war daö hildebrandst^ System. Calirt II. hat also selbes durch das Concot- dat vom I. r»22 nicht ansgeführt. Der Kaiser erlstc^ sich im Besitze der Oberherrschaft über die Kirchengültt- Die Bischöfe und Aebte blieben seine Vasallen, und wa¬ ren ihm, wie vorher, zu Lehensdiensten verpflicht Auch auf die Besetzung der Prälaturen behielt der Kall^ nach dem calirtinischen Concordate noch einen g^n Einfluß. Er konnte bey der Wahl erscheinen, und kann sich leicht vorstellen, daß auf seine Empftlst'"^ Rücksicht genommen wurde, wenigstens getraute sich nicht so leicht, eine ihm unangenehme Person ner Gegenwart zu wählen; denn er würde dann »nt Belehnung Schwierigkeiten gemacht haben. Beson^ kam es dem Kaiser gut zu statten, daß der re eher von ihm helehut werden mußte, als er constc we«- 4/r werden konnte; denn auf solche Art war der Kaiser in den Stand gesetzt, eine streitige Wahl sogleich dadurch Zu entscheiden, daß er demjenigen Competenten die In¬ vestitur ertheilte, der nach seinem Sinne war. Hatte Jemand einmahl die kaiserliche Belehnung für sich, so durfte ihm die Consecration nicht mehr versagt werden. Allein die Puncte dieses Concordats haben mit der Zeit manche Veränderungen erlitten, und der kaiserliche Einfluß auf die Wahlen hat beynahe ganz aufgehört. Nach dem Concordate sollen die Geistlichen mit dem Scepter investirt werden. Deßwegen hat man auch seit¬ dem die geistlichen Lehen Scepterlehen genannt, wie die weltlichen Fahnrulehen, weil über diese die Belehnung wit einer Lanze, worauf fine Fahne befestiget war, er¬ teilet wurde. Dieses aber wird schon lange nicht mehr beobachtet. Sowohl die weltlichen als die geistlichen bürste,, werden jetzt mit hem Schwerte belehnt. In dem Evucordate heißt es klar, daß die Kirchen die freye Wahl haben sollen. Ilntxr den Kirchen verstand man Alters die Clerisey und das Volk der bischöflichen tdt. Von diesen wurde ehemahls die Wahl vorge- "wumen. Allein zu den Zeiten des calirtinischen Con- ^0'dats hatte das Volk keinen Antheil mehr an den ahlen der Bischöfe; denn die Bürgerschaft in den Städ- war zur Zeit des Lehenwesens in keiner sonderbaren tng, „Nb da die Kaiser durch lange Zeit her mei- uack Bischöfe ernannt haben, so fiel es ihr v t Herstellung der Wahlen nicht mehr ein, auf ein scd ^ste"es Recht Ansprüche zu machen. Die Wahl ge- sch^q- "h" Zu diesen Zeiten nur von der Clerisey der bi- vsuchen Stadt, und den Ministerialen und Vasallew des 47- deS Stifts. Wein das Domcapitel, das ist, die Gc^' lichen, die unmittelbar zur biichöflicheii KMe mit hörte», wußte» »ach und nach jhre übrige Geistlich^ von der Bilchojswahl a.uszuschließen, fast eben so, wie zu Rom die Cardinale die übrige Geistlichkeit von der Papsiwahl verdrängt haben. Nach der Zeit wurden a»ch dir Sttftsvasallen und Ministerialen entfernt. Ma» fügte, die Wahl sey eine geistliche Sache, in welche sich die Weltlichen nicht zu mischen Hainen. Doch würdest diese vielleicht dergleichen theologischen G>nnden nicht ge¬ wichen seyn, wenn sich nicht indessen zu ihrem Dorthes xine Veränderung in den Capitcln ereignet batte- Sc'l Ludwig dem Frommen war bey bei, Cauonftis Mönchsleben eingefübrt. Dazu hatte der Adel weuD Lust. Allmähl.ig aber verließen sie die mönchische Lebens grt, hösten , auf beysammen zu wohnen und zu speist» s theilten die Einkchrfte des StiftS, und jeder steng seine eigene Wirthschaft zu führen. Da war es der Mühe werth , daß sich auch der Edelmann um es' Canonicat bewarb. Als einmahl der größere The« Capitularen aus Adelicherz bestand, wurden nach und in den meisten Stiftern Statuten gemacht, daß Adeliche in die Capicel aufgenomnien werden solltest Dadurch erhielten die Ministerialen und Vasallen Stifts den Vortheil, daß ihre Kinder mit Canonicat"' versorgt wurde», und nun machten sie nicht viel A'st stand, von der Dahl des VifchofZ auszubleiben. kam, das Recht , Dn Bischof zu wählen, gn die Cap'^' allein — Nach den ausdrücklichen Worten des Conl^f h.tts sollte der Kaiser den Bischofswahlen beywoh»^ können. Aber schon nach einigen Jahren sah man diest als eine Beschränkung der Wählst eyheit an, " es 47Z B hernach beständig ÄN. Darüber scheint dieses kaffes tiche Recht, wenn nicht ganz, dvch größteMheils, in detz Folge außer Uebung gekommen zu seyn. Doch wurde in den letzteren Jahrhunderten wieder in Pen Gang gebracht. Der Kaiser schickt daher zu den Vischvfswah- len «och einen Commiffarius, welches aber bey weitem ">cht so viel zu bedeuten hat, als die vormahlige per¬ sönliche Gegenwart des Kaisers , besonders weil schor, lange vorher das Herkommen entstanden ist, daß der Kaiser ,,jcht gleich «ach der Wahl, wie es der Inhalt bes Cvncordats mit sich bringt, sondern erst nach der päpstlichen Bestätigung dem Gewählten die Belehnung ^heilen kann. Das kaiserliche Entscheidungsrecht bey Zeitigen Bischvfswahlen ist ganz verlohren gegangen. Die Veranlassung dazu gaben die zwispaliigen Kaiser- Wahlen. Wenn zwey Herren sich einander die Kaiser- ^urde streitig machten, und irgendwo zugleich eine strei¬ ke Vischofswahl ausfiel, so geschah es, daß der eine Kronprätendent diese»!, der andere jenem Stuhlcompe- lenren durch tzrtheilnng der Belehnung das Bisthum zu schassen sgchle. Der Papst mischte sich darein, zog Sache an sich, entschied den Streit, bestätigte der Gewählten, und gab ihm ein Empfehlungs- lchreibe», au den Kaiser mit, dessen Sache er begünstigte. Verfahren dehnte er bald auch auf nicht streitige Wahlen aus. So brachte er die Entscheidung streitiger 'schvfswahlen und die Bestätigung der Bischöfe an sich, ?hd der» Kaiser blieb nichts übrig, als die Verbindlich- de,, vom Papste Bestätigten zu belehnen; denn man . l>n an, daß die päpstliche Bestätigung ein vollkowmc- k Recht auf die Pfründe gehe, mithin die Belednung solchen von dem Kaiser nicht mshr verweigert wer¬ den 474 dm könne. Die heutige vraris bey dsn BischofSwah- len ist also im Kurzen so beschaffen. Das Capitel allein wählt. Ein kaiserlicher Commissarius erscheint an dein Wahlort; wohnt aber der Wahlhandlung selbst nicht bey. Die Wahlacten werden nach Nom geschickt, und dort untersucht. Wenn etwa ein Streit obwaltet, wird er entschieden. Der Papst giebt dann die Bestäti¬ gung und ein Empfehlungsschreiben an den Kaiser, nut deren Beylegnng sich endlich der neue Prälat um die Be¬ lehnung an den kaiserlichen Hof wendet, die ihm auch zu gelegener Zeit ertheilr wird. Nach hergestellter Eintracht mit dem römischen Hofe wollte Heinrich V. einen Rriess mit Frankreich ansuU' gen. Die geheime Ursache scheint gewesen zu seyn, der König von Frankreich das Concilium von Rheins woraus der Kaiser beschimpft worden, in seinem La»^ hatte halten lassen. Heinrich wollte sich deßwegen rä¬ chen. Er war schon wirklich bis an die franzbstM Gränze vorgerückt; aber die Stände bezeigten keine Ln^ sich in diesen auswärtigen Krieg einzulassen, und unter¬ stützten den Kaiser nicht. Er mußte daher seinen Ge¬ danken aufgeben. Ueber diess arbeitete Heinrich an her Herstell""^ des, kaiserlichen Fiscus, der "durch die Anmassungen Stände sehr viel gelitten hatte. Nach dem Berichte t-e Bischofs Otto von Freysingen soll er auf Anrathen de Königs von England sogar im Sinne gehabt habe"? dem ganzen Reiche eine allgemeine und-beständige aufznlegen. Man mnß sich nicht wundern, daß ei» nig der jetzt so freycn Engländer dem wutschen K^e z- 475 zu einer Zeit, wo Steuern *n ganz ungewöhnliches Ding waren, ein Project dazu macht; denn die Engländer lies¬ sen sich vormahls weit härter, als es bey einer andern Nation angegangen wäre, von ihren Königen halten, w'd weit mehr, als andere Völker, vom Papste drücke». Dw englische Freyheit ist also kein natürliches Product dieser Insel, sondern sie ist aus ganz andern Conjune- tnren entstanden. Durch dergleichen Entwürfe mußte sich Heinrich nvthwendig bey der Nation verhaßt machen, wahrscheinlich würde das Misvergnügen der Grossen wieder in einen Aufruhr ausgebrochen seyn, wenn nicht Heinrich bald darauf 112; gestorben wäre. Mit ihm Kwng der fränkische Kaiserstamm ans, der über roo Jahre Thron besessen hat» Die Unruhen und Verwirrungen, die unter Hein- IV. »ud V. im Reiche herrschten, trugen dazu bey, jetzt auf einmahl eine schon lange vorbereitete ver- ^dkruny in der versassuny der teutschen Provinzen, ^'e selbe vorher von den Kaisern durch willkührlich be¬ stellte Grafen und Herzoge regieret wurden, merklich ^"de. Vor dem i2ten Jahrhundert war das eigentlr- Deutschland noch in Gauen eingctheilt, und diesen Grafen als kaiserliche Befehlshaber vorgesetzt. Wort comimrur, Nomina kommt vor dem i-te» Jahrhundert nie im geographischen Verstände für einen 'stritt Landes vor, sondern man verstand darunter im- "ur eine Befehlshabung über einen gewissen Strich , über einen Gau. Dieses erhellet ganz klar auS seid , worin Güter geschenkt werden. I» den- En wird immer nur des Gaues gedacht, in dem die liege»; allenfalls wird noch der persönliche Nahmen des 47^ des Grafen vLpgesetzt , unter dessen Befehlshabung der Gau stand. So schenkte noch im I. 1080 K. Heinrich IV. an ,»8iegebertum comitem villnm ^Vallegoriiugen, tirmn in pugo 8-rengnlbe. § Gaue, dem sie Vorständen, ihre ««geerbten Güter durch Kauf, durch Freygebigkeit der Könige, durch Unterdrü¬ ckung her Deringern durch Befehdungen und Usurpatio¬ nen aller Art ungemein erweitert, sondern auch in dem Gauen eigenthümliche Güter an sich gebracht, ihre Befehlsbabung auch über selbe ausgedehnt. durch wurden die Gauen noch mehr zerstückelt, und i^ ursprünglichen Granzen ganz zerrüttet. Die Krong"^ welche ihnen von den Königen, als Lehen zur Benütz""^ statt der Besoldung gegeben worden sind, haben sie "" ihrem Eigenthum ganz vermengt. Dadurch brachte" ' es dahin, daß ihren Söhnen die väterliche bung (comitskus) nicht mehr leicht genommen '-oer konnte, weil es fast unmöglich war, die Modialg^ von den Lehen, die der neue Graf haben sollte, . terscheiden und abzusondern. So geschah es, daß stens die Söhne den Vätern in, der Befehlshao""^ „ in den königlichen Lehengütern, wie in den Allod'« g folgten. Wollten es die Kaiser nicht zulasten, rl sichte sich alles. Endlich konnte nicht mehr werden , daß die königlichen Lehen und die De^ ^'e bung in der gräflichen Familie erblich wurden. 477 Wefehlshabung eines Grafen sich jetzt ohnehin fast über nichts anders mehr erstreckte, als über seine eigenthüm- ^>chen Güter und erblichen Lehen, so wurden die Grafen veranlaßt, dem Veyspiele der Dynasten, das ist, der sieyen Herren, Vie ohne königliche Befehlshaber odet Vasallen zu seyn, doch große Ländereyen als ihr Eigen¬ tum befassen, zu folgen. Diese haben seit einiger Zeil ihren Schlößern oder Gütern Nahmen angenommen, ^°raus bald erbliche Familiennahmen und gewöhnliche ^''Nennungen ihrer Dynastien oder Herrschaften wurden. jede gräfliche Familie hatte in ihrem Bezirke ein ^ammschloß. Von solchen Stammschlößern fiengeu kvn auch die Grafen an, Geschlechtsnahmen zu führen, yen eben diesen Stammschlößern wurden hernach die Bezirke, die zu der Befehlshabung jedes Gra- gehörten, benannt. Sv entstanden Grafschaften owicsru-;) im geographischen Verstände. Man begriff Gunter alle eigenthümlichen und Lehen - Güter, die ein "l in und außer dem Gaue, über den er Anfangs war scb^" Morden- inne hatte. Kaum wird man eine Craft ein"^ si'wen, die eben den Umfakitz gehabt hätte, als dvrmahliger Gau. Daraus sehen wir zugleich ein, ar«»,, sich hjx teutschen Dynastien und Grafschaften ge- f^^tlich j,, bürg, bery, stein, felv, eck, heim, dch endigen. Dieft Endsylben waren nämlich Key chlößern hergebracht, von denen sich der Nähme ""f ^as ganze Gebiet, das einem Grafen oder tird c/" Kohorte, verbreitet hat. Am auffallendsten r«n "^nr die mit den Grafen vorgegangene Verände¬ rten "'an eine Sammlung von Urkunden des Än ""d- zwölften Jahrhunderts in die Hand nimmt. erscheinen bey oen Zeugenunkerschriston die Era- 478 ftn noch bloß mit ihrem Taufnahmen; in diesen schon mir einem Zusatz von einem Schloß. So heißt es Z. in der diplomatischen Sammlung des Freyherrn von Gu- denus in der Unterschrift einer Urkunde vom I. »090 noch schlechtweg: Oersrsus comex, V^iggerub oowed, tleinicns cvmes Lc.; aber unter einem andern Diplo'N vom I. rioZ schon: Eomos Lwicbo lie 8mi6ebnl§> Lerrolt'us comex eie l^uringeo, 6erkijielu8 cowe!> Leronbscb, Duiloviou? comes eie Vrenlkfiin sco. 6iu0 Urkunde vom I. 1067 eben daselbst fangt sich so a"' Lgo Hrnultus Oei kuvente gruris non meriiocris pürurilujz comes. In der Unterschrift einer andern künde vom J. mr findet sich lkernmnnux com^ Verneburg L Unrro cie eociem ealkello. In Lotl)>^ gen ist diese Veränderung schon etwas früher gescheh Es kommen dort schon im roten Jahrhunderte Gra von Flandern, Lurenburg, Namur rc. vor. Die ll^, che davon ist, weil in Lothringen das Ansehen des fers nie so groß war, als in dem eigentlichen Teutas land. Die Nahmen der Gauen haben seit dieser fast gänzlich aufgehort. Don den alten Grafschaften Herrschaften gibt es gar keine, deren Benennung s'^ gau endigte. Hennegau macht hier keine Ausnah' denn dieser Nähme ist neuer. Vor Alters hieß , Land Hannonia, Hainault , und später nannten Besitzer davon Grafen von Bergen, a„ U" den Lehenherrn Heimfalle, und dieses nennt dkliu ^ehenconsplidation; 2) durch Anwartschaften; t,y ^"stiiche Häuser haben vom.Kaiser auf Grafschaft lwgj^^""schafcen erhalten. Oft sirrd sie damit evan- ^"rdx'ist, auf den Fall der Erledigung, belehnt sche durch Erbvertrage, die gräfliche, dynasti- . fürstliche Familien mit einander geschlossen ha- durch Heurathen ; denn wenn «in Graft oder Dy- 48» Dynast eine einzige Erbtochter hatte, so buhlten die Für¬ sten um sie, und eine solche Erbtochter Kat hernach ihre Güter an das fürstliche Haus gebracht. Dergleichen derr Herzoge nmern oder Fütstenthümcrn einvcrleibten Graf¬ schaften und Herrschaften erscheinen heut zu Tage in den¬ selben als Aemrer, daS ist, Distrikte, die von eigene« Amtsleuten vermaltet werden. Nur wenn sie großer stn^s werden sie noch miter ibreni allen Nähmen von Fürsten be¬ sessen Daraus iß zugleich offenbar, daß sich unsere he«^ tigen Hetzogthünier außerordentlich vergrößert habe«' und daß man von dem Umsange eines heutigen msi UmfanF einen alten Herzoythunw nicht schließen ko«^' Wenn man bestimmen will, was vvrmahls zu ei«^^ Herzogthum gehörte, so muß man die alten geistli^^ Güler, die königlichen Städte und Kammcrgüter, Grafschaften und freyen Herrschaften abzichen. daun übrig bleibt, war vormahls des Herzogs oder Allod. Alles übrige ist erst spater in die der Herzoge gekommen. Oft hat sich jedoch mitte« ter den Besitzungen des Herzogs noch ein Fleck erk«^ der seiner Gewalt nicht unterliegt. So gab es vvt^ ters eine Menge Grafschaften in Bayern. Heut Z« qe ist nur noch die Grafschaft Ortenburg an der 0" von Oesterreich mrd Bayern übrig. - KOI- Folge Obschon die Herzoge und Fürsten erst >n H so mächtig geworden sind, als wir sie heut Zsi hen, so waren sie doch schon damahls den einzc'lu^^j^ fen weit überlegen. Daher bestrebten sich d" ' noch mehr, die lkrdliebmackung der und anderer wichtigen Fürstenthümer, Z. V. grafschasten, als "der Grafschaften zu h'«de"'' 48i auch diese,- dem kaiserlichen Ansehen so nachtheilige Schritt konnte unter den Stürmen, denen die beyden letzter» Heinriche ausgesetzt waren, nicht abgewandt werden. Die Familien, welche seit Heinrichs Hl. Zeiten in dem Besitze der Herzogthümer und Markgrafschaften waren, sieben in der Folge darin, wenn nicht außerordentliche Umstände eine Veränderung veranlaßt haben, z. B- das Aussterben einer Familie, oder eine Revolution, wie die Achtserklärung Heinrichs des Löwen. Unser Verfasser erläutert dieses, indem er die Herzogthümer und vor¬ nehmsten Markgrafschaften durchgehet. Das Herzogthum ^"ederlochrmFen kam im I. tioü an das Haus der Grafen von Löwen, die sich sedoch in der Folge nach 'hren in Brabant gelegenen Erbgütern nur Herzoge von Brabant nannten. Der Nähme Niederlothringen hat aufgehört. Durch eine Prinzessin von Thüringen, welche g« den Herzog von Brabant vermählt worden, im igten Jahrhundert auch Hessen an das Haus b" Grafen von Löwe», weiches sich seitdem in zwey Lis getheilt har, in die brabantische und hessische. Die rabantische Linie ist im i.zreu Jahrhundert ausgestors . i die hessische aber blühet noch. Das Haus Hessen also xj„ altherzoglich'5 Haus, und daher aus diesem ^ksichrspuncce zur kuhrfürstlichen Würde allerdings qua* ^lrt. Das Herzogthum Vberlothrinyen ist bey den ^^chkvmmen des Grafen Gerhard von Elsaß, dem sel- K. Heinrich III. im I. 1048 verliehen hat, geblie: de" >785 durch den zweyten Wiener Frieden hat se^ ^^övg Franz Stephan, der in der Reihe der Kai- . "ls Franz i. verkommt, sein Herzogthum an Frank- e'ch abgetreten, und dafür daö Großherzogthum ToS- >n Italien bekommen. Das Herzogthum Schwä¬ ch' h , den 48 r den hal im J. 10 ven Heinrich lV. Friedrich I. voll Hohenstaufen , dem der Kaiser zugleich seine Tochter Ag¬ nes zur Gemahlin» gab, erhalten. Ihm folgte im 3 »-o; sein Solm Friedrich li.. und diesem wieder im 3- ri^7 sein Sehn Friedrich i!l. , der hernach unter dem Nahmen Friedrichs l. Kaiser geworden ist. Auch das Herzogtlmm str.nid-n ist an das hvhenstaufische Haus gekommen- Unter 'K. Heinrich Ili. war dieses Herzog- thum unbesetzt geblieben. Es stand seiidem unmittelbar unter der Regierung des Kaisers. Weil nun in Frau ken kein Herzog war, si, schwang sich in den Nheing^ genden »ach imd nach der rlwunschc Pfalzgraf empor, in de» Gegenden aber des heutigen Frankeulaiidcs eiM nirte der Bischof von Würzburg, und vertrat verM'-'s königlicher Bevvllinachtignng gleichsam die Stelle dr's Herzogs. Allein Heinrich V. vergab im 3 liiz Unwillen gegen den Bischof Erlung, der mit ihm einem Ercommunicirten keine Gemeiiischaft habe» wollte das Herzogthum wieder an Konrad, dem junger» seiner an Friedrich l. von Staufen vermahlten Sch«^ ster Agnes. Daraus laßt sich die Stelle des 6b>m"' con Urszrergenin mi ar. I n6 erklären, in der es hch-f' „t)ua nmnniotione luoconsu^ inr^eralnr llunst n» oU enislia b'ranciL, czui Pf^itrž-kurtroull blpil'ooxo antig- rexum fncoellione comperebal, chunrallo tororis 6Iir> cominilir." Doch hat hernach Heinrich dem schvfe von Würzburg die tlißnirwem jusici >>> !»' ^ tora orionrali Krancirl wieder zurückgestellt- Herzogthum Franke"^'^ auf Rothenburg und die dortige Gegend ein, wie m Konrads Sohn Friederich meistens nur llux No-b^ bürg, von den gleichzeitiger!, Schriftstellern genannt^ schrankte sich in der Folge das 48Z Das Herzogthum Bayern ha! im I. 1070 Welf IV. von Kaiser Heinrich IV. bekommen; er wurde zwar desselben nieder entsetzt ; aber 1096 wieder restitnirt. Und seit¬ dem blieb dieses Herzogthum bei der welfischen Familie, da Wels dem I V. not sei» Sohn Welf V., hernach 1120 der andere Sohn Heinrich der Schwarze, und diesem s»j„ Sohn Heinrich der Stolze folgte. So kam auch das Derzogthum Sachsen nnter Kaiser Lothar It. 'n der Person Heinrichs des Stolzen an das wölfische Haus, welches hernach auch dessen Sohn Heinrich der ^'we behalten har. Hieher können noch die Herzoge v»n Hachringen gerechnet werden. Zabringen war zwar ^in Hcrzoglhnm, sondern nur ein Schloß in Breisgau, und djx Aührlnger waren auch nur Dynasten. Aber Ber- ihold s. von Zahringen bekam von Heinrich IV. ro6o d«S Hcrzogthum Kärnthen; verlohr eS Zwar 117z wie- d»- Doch haben die Mringer den herzoglichen Titel, ^er «ur in Verbindung mit ihrem Schlosse, beybchal- ' weil sie sich Hoffnung zum Herzogthum Schwaben wachten. Sie haben sich hernach in mehrere Linien ge- 'beilt. Die herzogliche Linie ist erloschen; aber eine an- Linie, die den markgräflichen Titel annahm, bau- noch j,, dem heutigen markgraflichcn Hause Baden Die Markgrafschaft chwsrerreich ist bey der ba- ^nbergjschx,, Familie geblieben, bis sie 1246 ausstarb. Die Markgrafschaft Meißen erhielt ,127 von Heinrich V. ^«rad Graf von Wertin. Von ihm flammt das Heu- l'öe Haus Sachsen ab; denn seine Nachkommen haben ' 'Zten Jahrhundert nicht nur Thüringen, sondern im ^wn auch das Herzogthum Sachsen an sich gebracht. " Markgrafschaft Nordsachsen oder Lrandenburg ^langte unter Lothar II. das ascanische oder anhaltische H h » Haus 484 Haus, welches selbe auch behielt, bis im i4ten Jahr¬ hundert die Linie, die im Besitze davon war, ausge- gangen ist. Unsere meisten heutigen altfürstlichen Häuser (') stammen von solchen Vorältern ab, die im >2ten Jahr¬ hundert noch blosse Grafen oder Dynasten waren, b stammt das heutige Haus Oesterreich mütterlicher Sei^ von den damahligen Grafen von Habsburg her; doch hat dieses Haus vor allen andern das voraus , da§ es auch unter seinen weiblichen Ahnen schon die al¬ ten Herzoge von Alemannien aus dem /ten Jahrhundert aufweisen kann. Das Haus Pfalzbayern stammt vo" den Grafen von Scheyern ab, die sich 1124 von ihre'" neuerbauten Schlosse Grafen von Wittelöbach zu sclss^ den »«gefangen haben; das HauS Sachsen von den Gr"' fen von Wetkin; Brandenburg von den Grafen von bal¬ lern; Würremberg von den Dynasten von Beutelsbach' Konrad Herr von Beutelsbach ist unter Heinrich Graf von Würtemberg geworden; Hollstein von de" Grafen von Oldenburg. Wir haben heut zu Tage e gentlich nur 4 altfürstliche Familien, die schon im l^e Jahrhundert die herzogliche Würde gehabt haben, ,) die österreichische, welche männlicher Seits von ' Herzogen von Oberlothringen; s) die braunschweig 1 die von dem welfischen Hanse; z) die hessische, C) Man nennt altfürstliche Häuser diejenigen, welch' fürstliche Würde noch vor dem I. i58> erhalt"'^, bendie nachher sind gefürstet worden, h''k'" fürstliche Häuser. 48Z von den Herzogen von Brabant, und 4) die badensche, die von den Herzogen von Kärnthen oder Zähringen ab- siammt. Wenn wir diesen genealogischen Abriß noch einniahl übersehen, so finden wir, daß sogar die Vor¬ fahren unserer heutigen weltlichen Kuhrfürsten, mit Aus¬ nahme derer von Böhmen und Braunschweig - Hannover, 'm iLten Jahrhundert noch Grafen waren. Seitdem die Grafschaften erblich geworden sind, und die Grafen von ihren Schlößern beständige Nahmen ^genommen haben, wird auch die Genealogie unserer ihnen abstammenden reichsstandischen Häuser zuver- lästiger. Vor dem i2ten Jahrhundert haben die Grafen am Tauf- aber keine Geschlechtsnahme» geführt. Es Omnien in den Urkunden der vorhergehenden Jahrhun- nur Siegfriede, Wilhelme, Konrade rc. vor. Al- zu was für einer Familie sie gehörten, läßt sich Mcht bestimmen, es sey dann bisweilen aus zufälligen Mständen, z. B. aus den Archiven, worin die Urkun- gefunden werden, oder aus den Städten, Gütern, 'usten, Bergen oder andern geographischen Bestimmun- , wovon in den Urkunden Meldung geschieht. Seit ?m irren Jahrhundert aber werden durch die beygesetz- " GeschlxchtKnahmen nicht nur die genealogischen Nach« s ämigen erleichtert, sondern auch die Resultate der- gewisser gemacht. Nur treten bisweilen andere "'stände ein, welche jene erschweren, diese unsicher ma- sckn' D'* Familien haben nämlich mit ihren StamM- sick?^" auch ihre Nahmen verändert. So haben die Grafen von Scheyern nach der Zeit Grafen von A "'elsbach, die Herren von Ballenstädt Dynasten von "Mlt geschrieben. Nicht selten haben sich mehrere Brü¬ der 486 der in die väterlichen Besitzungen gerheilt; dann hat je¬ der in einem besonder» Schlosse seinen Sitz aufgesckla- gen, und davon einen eigenen Nahmen sich beygelegt. So ist es geschehen, daß zwey Familien, die den näm¬ lichen Stammvater hatten, in der Folge einander mW mehr kannten, z. B. die Graset, von Sayn «nd Spar"- heim geboren zur nämlichen Familie; allein dieses wurde erst in neuern Zeilen entdeckt. Weil einst zwey Brüder gctheilt und verschiedene Nahmen angenommen, st 'b unter ihren Nachkommen die gemeinschaftliche Abfla>"' mung in Vergessenheit gerathen. r So lang es in Teutschland noch viele gräfliche dynastische Familien gab, und in den fürstlichen H""' fern die Länder noch unter mehrere Söhne vertheilt den» hatte zwischen den Ständen unter sich, und scheu diesen und dem Kaiser in Ansehung des Glei^ß^ Wichts ein ganz anderes verhaltniss statt, als in Folge entstanden ist. Denn wenn eine Grafschaft theilt geblieben; ein Fürstenthum hingegen unter W rere Söbne zerstückelt worden ist, um wie viel der Antheil eines fürstlichen Sohnes größer sth"s.,,,st jene Grafschaft? Da war also der Unterschied W" der Macht fürstlicher und gräflicher Häuser mcht bedeutend. Neber dieft konnte auch die grosse Me"lst Grafen und Dynasten den ungleich wenigeren 6"'^ leicht ein gewisses Gleichgewicht halten. Daher ) auch die gräflichen und fürstlichen Familien -ft rer einander geheurathet. Am leichtesten fand eine liche Erbtochter einen Freyer aus einem fürflMM^ se. Da bey der grossen Anzahl der gräfliche" j,i nasiifchen Familicn, und bey der Theilung der 487 fürstlichen Häusern die einzelnen Stände nur kleine Her¬ ren waren, so mußte natürlich das Ansehen des Kaisers über selbe auf eine gewisse Art noch immer überwiegend seyn. Allein alles dieses har sich mit der Zeit geändert. Unzählige gräfliche und dynastische Familien sind nach und nnch ausgestorben- Ihre Grafschaften und Herr- fchaften sind den Fürstenthümern incorporirc worden. Die Fürstenthümer sind nach Einführung der Primoge¬ nitur nicht mehr getheilt worden. Dadurch sind einige Fürsten zu einer so grossen Macht gelangt, daß sie nicht nur über die Grafen ein entschiedenes Uebergewicht er- hielten, sondern sich sogar mit dem Kaiser messen könn¬ en. Bey diesen Umständen mußte nvthwendig das An- .sehen des Grafensiandes und des Kaisers sinken. In Teutschland haben wir auch Lander, welche von ursprünglich wendischen Völkern bewohnt, aber nach h" Zeit dem teutschen Reich einverleibt worden sind. In diesen hatte es mit der Verfassung eine ganz andere Ge stE, als in den ursprünglich teutschen Landern. In den letzter« waren die Herzoge und Grafen unspränglich nichts "»ders, als kaiserliche Befehlshaber, und sind erst nach "ud «ach Landesherren geworden. In einem teutschen Herzogthum standen die Grafen, Bischöfe und Städte in rinem unmittelbaren Verhältnis; mit dem Kaiser. In den wendische,, Ländern hingegen gab es gleich Anfangs Für- ^u, welche die Herrschaft über das ganze Land hatten. haben sich hernach nur dem teutschen Könige unter¬ worfen. Wir finden daher in den wendischen Provinzen rine Grafen, Bischöfe und Städte, die unmittelbar dem Kaiser untergeordnet gewesen wären. Alles stand darin ""ter dem Herzog, dieser selbst aber unter dem Kaiser. Unser 488 Unser Verfasser führt zwey solche wendische Lander an, Böhmen und das obotritische Reich. Die wendisch^ Fürsten von Dolmen wurden seit ihrer nähern Verbin¬ dung mit Teurschland Herzoge genannt. Kaiser Hein¬ rich IV. errheilte sogar dem Herzoge Bratislav II. den königlichen Tire!, jedoch nur für seine Person. Es war dieses eine Folge der vermeintlichen Herrschaft des Kaisers über die Welt. Erst spater wurde der königlich? Titel von Böhmen erblich. Der wendische Regenten- stamm in Böhmen ist schon sehr alt, und erhielt sich von dieser Zeit an noch durch ein Paar Jahrhunderte- An der Ostsee erscheint seit Konrads II. Zeiten ein obo- tritischer König Gottschalk, der sich zur christlichen Re¬ ligion bekannte, und dadurch die Veranlassung gab, daß unter Heinrich III. in den dortigen Gegenden zwey Bisthümer zu Ratzeburg und Meklenburg, so in der Fei¬ ge nach Schwerin kam, errichtet, und dem Erzbisch?^ von Bremen untergeben wurden: Ihm folgte sein SoiM Heinrich in der Regierung. Es hatte nun das Ansehen, daß sich alle wendischen Völker an der Ostsee unter einem H???" auf immer vereinigen werden: Allein dieses Reich nicht vom Bestände, wie wir bald hören werden. IV. Haupt- 489 IV. Hauptstück. Von Lothar von Sachsen und den drey ersten schwäbischen Königen und Kaisern vomF. n-L bis H97. (72 Fahre ) Von hier an sind nebst dem oben angeführten Otto Freysinge» vorzüglich folgende Werke als (Quellen ^gebrauchen: ttelmoläi (Dorfpfarrers zu Bosow in Äagkjxn, der 1170 gestorben) Lbronicon Lclavorum L ^Nkcivi-um vom I» 804 bis' 1170; Couracii äe l.icb- ^nzu, -Vbbgljs (Irsxergenli8 (gest. 1240) Ckronicon i^ino rege ^tl^riorum uli^ue sä b'ricierjcum H. bis ^"9 > Oimkkeri (eines teutschen Geistlichen im irten ^^hundert) I^igurious, 6ve Cormen beroicum 6e g krieäerico I. gellis libris ro; Laxonis Orum- (gest. 1204) HillonT OsnicL libri l6 vvm Jahre Welt 29.0 bis zum Jahr Christi 1186- Z. 5l» ^oth-r II. vom F. n-L. A°- Aug. bis uz?* 2. Dec. (12 Fahre.) mit Heinrich V. -er fränkische Kaiserstamm schen war, so kam es nun auf eine neue Wahl ^ahl hak etwas besonderes , mas für da ^taatörecht wohl zu merken ist. Es kamen zwar^m 4yo der alle Grossen mit einem zahlreichen Gefolge von Rit¬ tern und Freyen aus den teutschen vier Hauptnationen zusammen, und schlugen bey Maynz an beyden Ufern des Rheins ihr Lager auf. Es erschien aber auch ein päpstlicher Legat, der Cardinal Gerhard, dabey, der nut dem Bischöfe Adalbert vvü Maynz das ganze Wahlge- schafc dirigirte. Er beredete die versammelten Grossen, einen Ausschuß von zehen Fürsten aus den teutschen 4 Hauptnationrn, den Bayern, Franken, Schwaben und Sachsen, zu ernennen, deren Wahl alle übrigen beyZ"' stimmen versprachen. Offenbar gieng die Absicht päpstlichen Hofes dahin, die teutsche Wahl form nach u"d nach auf den Fuß der päpstlichen Wahl zu setzen. sollten nämlich bloß einige wenige Fürsten, wie zu Ro'N die Cardinale, sich vorher mit einander über die ilöab berathschlagen, und einen wählen; die übrigsn bloß in die vorgenommene Wahl, wie zu Rom die u^' dere Geistlichkeit und das Volk in jene der Cardinal einzuwilligen haben. Der päpstliche Legat mußte sslss durch Formirung eines Ausschusses den Anfang zur führung dieses Projekts machen. Bey dem AussihE befanden sich, so viel man aus der diarruiio cis tinns Oorlmrii, dem ausführlichsten Aktenstücke > diese Wahl, abnehmen kann, die Herzoge der teuts) vier Hauptvölker nicht. Die meisten von den zehen . gehobenen Fürsten scheinen Geistliche gewesen zu seh denn sie werden k'rincips8 couikijo utiiiores getuuu wofür man gewiß die Geistlichen hielt, weil die ganz canonisch vor sich gehen sollte, und die Regeln selben den Weltlichen nicht bekannt waren. ^ah^ lich war der römische Hof darauf bedacht, "ie meistens den geistlichen Fürsten in die Hande Z» 4yr Die eruanuten AuSschußmänner desigm'rten drey Fürste», auZ dene» einer, der allen gefallen würde, zum König erwählt werden sollte, den Herzog Friederich von SchM- , den Herzog Lothar von Sachsen und den Mark- grafen-Leopold IV. von Oesterreich. Die beyden letzrsrn Ahnten die ihnen angetragcne Würde fußfällig und nist Meinenden Augen von sich ab. Der Herzog Friederich von Schwaben hingegen zeigte zu viel Begierde darnach. Man schloß aus seinem Betragen, daß er wegen seiner Verwandtschaft mit dem verstorbenen Kaiser ein Recht auf die Krone zu haben glaube. Die Versammlung aber wollte , vermuthlich auf A »stiften des päpstlichen Egalen, keinen Schein deS Erbrechts zulaffcn, und deß wegen war man Friederichen entgegen. Als daher der sächsische Lothar und der österreichische Leopold sich noch- , und cr- N'ahls die Erhebung auf den Thron verbaten klärten, demjenigen willig zu gehorchen, der von den Fürsten einmüthig erwählt werden würde, so machte der Erzbischof von Maynz Anstalt zur Stimmensammlung. Allein plötzlich erregten einige weltlichen Grossen ein Ge- schrey «„d riefen: Lothar soll unser König seyn. Sie ergriffen ihn, setzten ihn, aller Protestation ungeachtet, auf einen Stuhl, und trugen ihn in dem Wahlcvnvenr herum. Die übrigen Fürsten, besonders die bayerischen Bischöfe, bezeigten ihr Mißfallen über diesen tumultua Eischen Auftritt, und wollten sich wegbegeben; aber der Erzbischof von Maynz verhinderte sie daran durch Ver- Schließung der Pforte. Nun legte sich der päpstliche Le M ins Mittel, ermahnte die Bischöfe, den niinu-; cw>: das ist, den Layen, kein Aergernifi zu geben, uiw ewog sie «»d den herbeygehvhlten Herzog von Bayer!» Einstimmung, worauf Lothar uuauimr conloum PLU- 492 xen'rione prmcistum zum Könige ausgerufen, und auf solche Art wider seinen Willen genöthiget wurde, die kö¬ nigliche Würde anzunehmen. Die Grossen wollten sich aber den günstigen Jeit- punct einer völlig freyen Wahl nicht entgehen lassen, oh¬ ne daben ihre Macht zn erweitern, und die Gewalt des neuen Königs einzuschränken. Es wurde daher Lothar» eine Art von Mahlcapitularion vorgeschrieben, in wel¬ cher meistens von der Kirchenfreyheit die Rede ist, wo¬ durch neuerdings bestätiget wird, daß hauptsächlich Geist¬ liche an der Wahl Lothars Antheils hatten, Es heißt un¬ ter andern ihm vorgelegten Punkten: Der König soll die Wahlen der Bischöfe durch seine Gegenwart nicht be¬ schränken, er soll die Bischöfe erst nach der Consecratw» mit dem Scepter belehnen. Also gerade das Gegenteil von dem, was vor nicht gar drey Jahren im calirtiM- schen Concordare war ausgemacht worden. Von der» Concordate geschieht gar keine Meldung, als wenn man nicht gewußt hätte, daß eines sey errichtet wordrm Durch diese Capitulationepmicte wurde das königliche Ansehen über die Geistlichkeit sehr geschwächt. Gleich nach dek Wahl wurden von dem Königs und den Fürsten zwep Bischöfe mit dem päpstliche» gaten nach Rom geschickt, um die päpstliche Bestäti¬ gung über die vorgenommene Wahl einzuhohlen. D " ses ist nichts neues mehr ; denn schon Heinrich ' hatte sich bey seiner Thronbesteigung von dem anwese» den Legaten des Papstes die Bestätigung geben lasse» - und es wurde auch schon damahlö deßwegen eine erliche Gesandtschaft «ach Rom abgefertiget. 493 "sehen wir die Veränderung des Verhältnisses zwischen Rom und dem teutschen Reiche, welche durch die hilde- brandischen Grundsätze in kurzer Zeit bewirkt worden. Heinrich IV. hatte noch den hochmürhigen Gregor VII. Bestätiger. Jetzt aber hat man schon für bekannt ange¬ nommen , daß der Kaiser nicht nur bey der Papstwahl, ändern auch sogar bey den Bischofswahlen nichts zu ihlm habe. Vielmehr erscheint ein päpstlicher Legat bey der Kaiserwahl, leitet dieselbe, und der Papst bestä- *'Stt sie. Lothar hatte Niemanden zu fürchten, als die ho- henstaufischen Brüder, den Friederich Herzog von Schwaben und Konrad Herzog von Franken. Seine Lanze Aufmerksamkeit war auch gegen dieselben gerichtet. sie zu demüthigen, stellte er auf einem noch im I. gehaltenen Reichstage zu Regensburg folgende «n die versammelten Fürsten: ob die Güter der die Reichsacht Verfallenen, oder auch solche Güter, , gegen kaiserliche Kammcrgüter eingetauschet worden ^m Reichsfiscus oder zu dem Eigenthum des buigs 'gehören ? Die Antwort war , daß sie zum ^chsfiscus gehören. Diese Frage war auf die Hohen- gemünzt, welche als natürliche Erben Heinrichs V. ? ialischeu Allodialgüter bekommen haben, und mit den- e" bey dem fast unkenntlich gewordenen Unterschied Rcichsgütern und Medien der kaiserlichen Fa- 'e auch verschiedene Güter, die von den salischen Kai- stegen kaiserliche Kammergüter eingetauscht, oder den achten abgenvmmen worden sind, obschon selbe ei- iben^ch )um Reichsfiscus gehörten, an sich gezogen ha¬ ngen. Die Hohenstaufen konnten aus dem Regens^ bur- 424 bmger Schluffe deutlich abnehmen, daß ihnen Lothar ih¬ re Güter schmälern wolle. Wirklich erklärte Lothar bald darauf den Herzog Friederich für einen Feind deS Reichs und beschloß r i^6 auf einer Versammlung zu Goslar einen Reichskrieg gegen ihn. Friederich halte sich aber auf diesen Fall schon in Verfassung gesetzt. Sein Bru¬ der Konrad war damahls in Palästina. Als er zurück- kam, ließ er sich von einem Anhang zum König ans"«- fen, gieng nach Italien, und wurde 1-28 von dem Erz¬ bischöfe von Mayland zum Könige von Italien gekrönt Er richtete sein Augenmerk auch auf die Kaiserkrone Allein der Papst Honorius II. hielt es mit Lothar. Ko" rad konnte sein: Absicht nicht erreichen, und kehrte in Folge wieder nach Leutschland zurück. Lothar hatte sich indessen um eine mächtige .ungesehen, durch die er gegen solche Gegner, als Hohenstaufen waren, in Deutschland die Oberhand Z" halten dessen konnte. Er hat sich mit dem mäclM^ keutschen Fürsten, dem Herzoge Heinrich dem von Bayern aus dem welfischen Hanse, verbunden, gab demselben 1127 seine einzige Tochter Gertraud Ebe. Diese war die Erbinn der supplinburgische», heimischen und altbrannschweigischen Güter, weiche folgende Art mit einander verbunden worden sind. Herr ü., Markgraf von Thüringen und Besilwr der braunschweigischen Erbgüter halte keine ,Oc>ceudr'w^ sondern eine einzige Schwester Gertraud, welche braunschweigischen Güter erbte. Sie war mit von Nordheim vermahlt, also kamen die braunsckw'^^ schen und nvrdheimischen Güter zusammen Aus Heinrichs von Nordheim mit der braunschweigisch^^ §95 tn,ud waren zwey Töchter, Gertraud rind Richenza, ent¬ sprossen. Jene hatte mit ihrem Gemahl, Siegfried Pfalz¬ grafen am Rhein, keine Kinder; diese hingegen, welche "u Lothar Grafen von Supylmburg, den jetzige» Kai- srr, verheurathet war, von demselben nur eine einzige Tochter Gertraud. So wurden auch die snxplinburgi- !che» Güter mit den braunschweigischen und nordheimi- rchen vereiniget, und alle zusammen harten an Lothars Achter Gertraud die allgemeine Erbin» zu gewarren, ^urch die Vermahlung Gertrauds an Heinrich dem StoD kam die Hoffnung zu dieser reichen Erbschaft an das '''^fische HauS. Heinrich der Stolze hatte ohnehin schon Theil der billungischen Güter in Sachsen von sei- "ew Vater, Heinrich dem Schwarzen, erhalten, der die ^kfhild, eine Tochter des letzten Herzogs von Sachsen dem billnngischeu Stamme, Magnus, zur Eemab- gehabt hatte. Ueberdieß besag er einen Theil der sffchc» Erbgüter j,, Schwaben, die er mit seinem Bru- ^^d ^blf V!. getheilet hatte, war Herzog von Bayern, bekam mm auch von seinem Schwiegervater Lothar do,' ^'"^gthum Sachsen. Doch hat er sich nie Herzog be,' wachsen, sondern bloß Herzog von Bayern gcschrie- ' Wovon die Ursache wahrscheinlich dar:» lag, weil für etwas ungewöhnliches ansah, §aß eine dx", herzogliche Würde in zwey Herzogthümern bice» ,olltx, obwohl der Fall schon vorhanden war, He,^ Otto die beyden A.,/Schwaben und Bayern zugleich inne hatte. Fvl besagten könne» wir uns erklären, wie in der die blosse» AUodialgüter des welfischen Haujes in se» v e" ' obwohl es die Herzvgthünrer Bayern und Lrach- -"ed-r verlohren hat, so beträchtlich seyn konnten, daß 496 daß aus selben unter Friederich II. das HerzogthuM Braunschweig errichtet wurde. Da Heinrich der Stolze von dem Könige Lothar so glücklich gemacht worden, so mußte er sich nun desselben annehmen. Es g>?"s auch seitdem der Krieg gegen die Hohenstaufen besser von statten. Vorher schon hatte Lothar Nürnberg, aber ver¬ geblich belagert. Jetzt aber eroberte er mit Hülfe sein^ Schwiegersohns 1129 Speyer, und nzo Nürnberg- Im I. i iZ4 bemächtigte sich Heinrich der Stolze auch der Stadt Ulm, des Waffenplatzes der hohenfigusisch?" Brüder, wodurch diese genöthiget wurden, sich hem Kai¬ ser zu unterwerfen. Die Aussöhnung geschah ng? Friederich zu Bamberg und mit Konrad zu Mühlhausen Ehe aber noch die hohenstaufischen Unruhen Teutschland beygelegt werden konnten, mußte sich LothK zu einem Zuge nach Italien entschließen. Die Vera" lassung dazu war eine streitige Papsiwahl. Als die 6a?- dinale das Lebensende des Papstes Honoriuö II- Hera"' nahen sahen, verabredeten sie sich, die künftige wähl durch einen Ausschuß von 8 Personen aus ih'^' Mittel , nämlich von 2 Cardinalbischöfen, z Card'"" Priestern und eben so viel Eardinaldiaconen vorzunely" Nach dem Abstrichen Honorius ll. im I. l t go sc^ ten diese AuSschußmänner zur Wahl. Fünf aus wählten Jnnvceiiz ll.; die ü'rigen drey aber den Enkel eines getauften Juden, der sehr reich § und durch sein Geld einen so grossen Anhang y bekam, daß sich Jnnocenz ll. flüchten mußte- Dochl^ auch Anaclet für rathsam, sich um ^inen mächtig?" umzusehen. Diesen glaubte er an dem normannisch?"^^ sten Roger ll. von Sicilien, der die Eroberung , 497 ^tchon von seinem BatLr Roger I. den Sarazenen größ-- tentheils entrissenen Insel vollends zu Stande gebracht har, zu finden. Er verlieh ihm den Titel eines Königs von Sicilien, und ließ ihm durch einen Legaten zu Pas lrrmo di? Krone aufsetzen. Jnnoceyz sl. hingegen war glücklich, den König Lothar zu gewinnen. Er kam ihm persönlich zu Lüttich zusammen-, wo unter Ver.i '"'ltelung des zugleich anwesenden Abts Bernhard von dairvaur, des beredtesten Mannes seiner Zeit, der künf- Rbmerzug verabredet wurde. Diesen trat Lothar J- HZ2 an. Er machte aber in Italien keine grosse 8>gnr; denn er konnte wegen des noch fortdauernden Sieges gegen die Hohenstaufen, dessen Fortsetzung er "dessen seinem Tochtermann, Heinrich dem Stolzen, über- "Ueg ha^te, nur mit einem schwachen Kriegsheer erschel- - und, ohne ein mächtiges Kriegsheer bey sich zu ha- konnte sich ein teutscher König nicht viel Anseherr H ^lalien verschaffen. Lothar konnte daher sich weder U unterwerfen, noch zu Maylgnd die ita» . "N'sche Krone empfangen , sondern gieng bloß nach Nom, e dort den Papst Jnnocenz II. ein, und wurde voy sammt seiner Gemahlinn zum Kaiser gekrönt. Aber xH ganz Rom konnte er nicht unter den Gehorsam des "pstes Jnnocenz ll. bringen. Anaclet Is. blieb noch im ^Irtze der Enqelsbmg und der Peterskirche - welche da» "hls die Gestalt einer Festung batte; denn die beyden entgegengesetzten Pgrtheyen suchten jedes balt- He^wde in der Stadt zu befestigen, welches may - ^ahls inrastelliren nannte. 498 Bey diesem Romerzuge hat Lothar II. auch eine» vergleich über die mathildischen Güter M't d.m Papste Jnnocenz bl. gemacht. Es ist bekannt, daß sich Heinrich V. in den Besitz der marhildischen Güter gesetzt habe. Nach dessen Tode eignete sich der Papst HoE rius ll. dieselben zu, und berief sich auf die Schenkung der Mathilde. Auch Jnnocenz ll. , so sehr er dem ser verpflichtet war, wollte nicht aus dem Besitze selben weichen, in den sich Lothar zu setzen tracht^' Was von diesen Gütern Reichölehen war, gehörte gezweifelt dem Kaiser, und man weiß auch nicht, dieses der Papst in Anspruch nahm; aber auf die n">' thildischen Allodialgüter hatte Lothar kein Recht; de'"' Heinrich V. hat selbe nicht als Kaiser, sondern als "" her Anverwandter der Grafinn Mathilde an sich Nach dessen unbeerbtem Tode hatten sie also an die S^ ne seiner Schwester Agnes, die zuerst an Friedrich von Hohenstaufen, und hernach an Leopold lV. grafen von Oesterreich vermahlt war, fallen Vielleicht geschah es eben aus Gefühl seiner Anspe" losigkeit, daß sich Lothar wegen dieser Erbgüter z" für ihn nicht sehr rühmlichen Vergleich mit dem bequemte. Vermög desselben überließ der Papst die thildischen Güter gegen einen jährlichen Ains cü" päpstliches Lehen an den Kaiser, und belehnte ihn damit; nach Lothars Tode aber sollte selbe sein gersohn, Heinrich der Stolze, unter eben der VedinP bekommen. So ward nun der Kaiser einmahl fc""' cher Vasall des Papstes, zwar nur wegen der niM schon Erbgüter; aber zu Rom wußte man bald d>^ henpflicht, welche Lothar dem Papste geleistet/^ 499 deuten, als wenn ce das Kaiserthum selbst mittelst der Krönung von dem Papste zu Lehen empfangen hätte. ES wurde im Lateran ein Gemählde ausgestellt, auf welchem Lothar, wie er auf den Knien vor dem Papste liegend d'e Kaiserkrone empfängt, zu sehen, und folgende Jn.- sthrift zu lesen war: Kex venic aine kores, zu-ans kNuz urdis bonoro» ; poli bomo kt ?apD, roclpit chuo llante coronLw. Dieses beleidigende Gemahlde "wßce 1,5; auf Befehl Kaisers Friedrich 1. vom Papst Hadrian IV. weggcschaffr werden- Nach getroffenem Vergleich wegen der mathildischen Bluter kehrte Lothar nach Teutschland zurück, und beem- nun endlich mit Hülfe Heinrichs deö Stolzen die hvhenstaufischen Unruhen, wie wir bereits gehört haben. Nachdem in Teutschland die Ruhe hergestellt war, fand ^ch Lothar im Stande, HZ6 mit verstärkter Macht nach galten zu gehen, nm dem kaiserlichen Ansehen, welches ch dem ersten Zuge etwas gelitten hatte, wieder aufr ^helfen. Dieser zweyte Zug galt vorzüglich den Kö- ,'8 Roger II. von Sicilien, der dem Papste Anaclct II. Eystand, und nach Lothars Abzug den Papst Jnno- "ä ll, wieder von Nom verdrängt hatte. Der Kaiser achte sthr wichtige Eroberungen in Unteritallen. Es . "un ein neuer Herzog in Apulien und Calabrien ^'8e,et;r werden. Ueber die Ernennung desselben ent- ^aud ein Streit zwischen dein Papste und dem Kaijer» ^"wcenz behauptete, Die Oberherrschaft über diese Län- ' withjn nach das Recht, den neuen Herzog zu er« ""eri, stehe der römischen Kirche zu«; Lothar hingegen . 8abte, daß gedachte Provinzen zum Reiche gehören, j 2 und Z00 und eS ihm zukomme, über dieselben einen neuen Be¬ fehlshaber zu bestellen. Von Rechtswegen hätte wohl keine Frage darüber seyn können. Der Kaiser konnte fein Recht klar darthun. Schon die sächsischen Kaiset haben über Apulien und Capua Hoheitsrechte ausgeübt' Heinrich II. har den Normännern Wohnsitze in Apn^a angewiesen, mit der Bedingung, dem Reiche als Ba- fallen gegen die Griechen zu dienen. Konrad ll. »ab Heinrich III. haben den Normännetn ihre Besitzung"* im untern Italien unter der nämlichen Verbindlichkeit er¬ weitert. Es hat sich zwar nachher der Papst Niclas heraus genommen, den Lchenherrn über die normal- schen Fürsten in Unteritalien zu machen. Allein offen^ hatte er kein Recht dazu, und die Kaiser protesilrten gegen. Und wenn auch die Päpste bisher sich im tze der angemaßten Lehensherrschaft behauptet haben, * konnte sich jetzt Lothar darauf berufen, daß er die unrechtmäßiger Weise ihm entzogenen Reichsrechte mir Waffen in der Hand wieder hergestellt hab«. Doch der Papst nicht von seinen Prätensionen abstehen- Streit dauerte über zs Tage. Endlich verglich m"" '' dahin, daß der neue Herzog vom Kaiser und vom sie zugleich ernannt und mir der Fahne belehnt, daß dieses so fort gehalten werden sollte, bis die b genauer erörtert und rechtlich entschieden würde- - . Vergleich wurde dann auch an dem zum neuen < ausersehenen Grafen Rainolf von Avellana >» hung gebracht. Darauf trat der Kaiser seinen nach Deutschland an; starb aber unterwegs in a-Y^ I. ri37- N'cht lange nachher gieng auch An^e^^ mit Tode ab. Nun blieb zwar Annoeenz Papst; wußte aber doch Rogern als König von Sici- lien erkennen, der auch bald alles wieder eroberte, was ihn, in Apulien und Calabrien war abgenommen worden. Vormahls hat man geglaubt, daß Lothar II. durch kine allgemeine Constitution das römische Recht im rö¬ mischen Reich eingeführt habe. Dieses ist zwar falsch; denn man findet keine Spuhren von einer solchen Vor? Mdnnng, noch auch, daß das römische Recht schon von d" Zeit an auch in Teutschland als Gesetzbuch gegolten habe. Hber s» viel ist richtig, daß das römische Recht schon damahls in Italien eifrig betrieben, und in der F^ge auch in Teutschland verbreitet wurde. Unter dem ^Mischen Rechte »erstehen hoir die Compilation der rö- H'schen Gesetze, die Kaiser Justinian hat veranstalten süssen. Diese Sammlung besteht aus vier Theilen; i) aus Institutionen oder Ansangsgründen; 2) aus . Digesten oder Pandekten, dgs ist, dem Gutachten rönstschen Rechtsgele hrten, welche durch die Aufnah- 'n die justinianaische Sammlung ein gesetzliches An- M erhalten haben; Z) aus dem Coder, der die kai- >chen Verordnungen enthält; 4) ans den Novellen, gleichem ein Nachtrag dersenigen kaiserlichen Ver- ^M'"gen sind, welche erst nach heransgegebenem Codex bekannt gemacht worden. Der Gebrauch des römi- Rechts hat sich in den Provinzen des Occidents, e vorher von den Römern beherrscht wurden, im- Und jedoch mit einem Unterschied. Ju Italien ^>n n' welche Justinian wieder erobert hat, wurde Pr 'M seine Sammlung eingeführt ; in den übrigen iuna aber hat man sich nach einer frühern Samm- uämlich nach dem theodosianischen Coder gerichtet. Die sO2 Die Deutschen , welche die römischen Provinzen eroberten, haben den allen Einwohnern den Gebrauch des rönihchen Rechls nichr genommen. Nachdem die Franken das Ke" nigrcich Italien an sich gebracht haben , führten sie zwar dorr auch die salischen Gesetze ein; ließen aber den Ei»" wohueru die Wahl, ob sie nach den salischen, longoba«' bischen oder römischen Gesetzen leben wollten, Das NaM- liche wurde beobachtet, als die tcutsche» Könige aus dcM sächsischen Hause das Königreich Italien erwarben. In¬ dessen hat das römische Recht in Italien immer me^ die Oberhand über die neuern Gesetze der Salier Longobarden gewonnen. Anfangs hat man sich bey de" Gerichten nicht des ganzen justinianaischen Gesetzbuchs sondern nur eines Auszugs davon bedient. Als " das ganze Gesetzbuch auf Akademien öffentlich borgelrs^ zu werden anfieng, und dadurch das römische Recht ««" wer mehr in Ansehen kam, fieng man auch bey den Ge¬ richten an, sich des ganzen Gesetzbuches zu gebrauch«"'' Der erste Rechtsgelehrte, welcher das ganze römW Recht auf der Akademie zu Bononien mit grossem fall vorgelesen, war Irnerius oder Werner, vorher«» Lehrer der freyen Künste zu Ravenna. Ein über die dcutung des Wortes entstandener Streit si'Ü veranlaßt haben, sich vorzüglich auf das Studium justinianaischen Gesetzbuches zu legen, und nach nien za ziehen, wo er auf Verlangen der berühmte» sinn Mathilde die sammtlichen Rechtsbücher Just«"' die Institutionen, die Pandekten, den Goder und Novellen in eine Sammlung zusammentrng, mü « Anme'klingen oder Glossen versah, und darüber öm« che Vorlesungen hielt. Nach ihm waren zu Bononien, welche das ganze römische Recht 5oz Kaiser Lothar II. hat bey seinem ersten Zuge die hohe schule zu Bononien bestätiget, und derselben bey seinem Zweyten Zuge ansehnliche Privilegien verliehen. Dieses wag in der Folge zu der Sage Anlaß gegeben haben, als wenn er durch ein Edict die allgemeine Aufnahme römischen Rechts in seinen Staaten befohlen hatte. . diejenigen, welche dieser Meinung waren, gaben davon "°ch folgende Umstände an. Die ganze Sammlung des wischen Rechts sey vor Lothar II. unbekannt gewesen; oder bey der Plünderung der Stadt Amalfi in Unterita- Heu während des Krieges, den Lothar gegen die Nor- '"auner führte, sey ein Exemplar der Digesten gefunden Horden; Lothar habe selbes den Pisanern zur Belohnung geleisteten Hülfe geschenkt. Dieses Exemplar sey ^Niach «ach Florenz gekommen, und von demselben seyen übrigen Eremplarien der Pandekten abgeschrieben Horden, Richtig ist es, daß zu Florenz noch heut zu em sehr altes und richtiges Manuskript der Dige- E" vorhanden sey. Daß sich aber die übrigen Umstände verhalten, kann historisch nicht erwiesen werden. Viel- *i)r widerlegt sich dieses schon dadurch, daß bereits zu Zeiten der Gräfin« Mathilde, also noch vor dem Jrnerius das römische Recht nach allen seinen 'eilen in eine Sammlung gebracht, und darüber zu ^onvnien akademische Vorlesungen gehalten hat. Won aus hat sich das römische Recht weiter verbrei- B ' Dazu trugen vorzüglich zwey Ursachen bey, i) der se^ff. den man sich von dem römisch- keutschen Kai- machte. Man glaubte, das teutsche Reich sey se/ ^Ersetzung des alten römischen Reichs, Justinian sen " Erfahr der teutsche» Könige und Kaiser gewe- Mithjn sey hie justinianaische Rechtssammlung von den 504 den Jtalianern und Tnrtschen äls ein einheimisches setzbuch zü betrachten, und verbinde an und für sich selbst in Italien und Tcutschland, welche Lander gleich¬ sam bas Eenrrum deö römischen Kmserthums waren» Drk übrigen christlichen Reiche l-reic Man für Lependeiw zen des Kaiserthums, die mit jenen zusammengeiwmineN die christliche Republik bildeten, welche vom Kaiser Weltlichen regieret würde. So geschah es, daß das römische Recht auch in den übrigen Staaten Europe»^ in den Gang kam; 2) die hohe Schule zu Bononie"' die 11, sehr grossem Aufehen stanb. Dahin t-eiseteN fast 6uS ganz Europa Jünglinge, um das römische Recht Z>t lernen. Als sie nach Hause kamen Und angestellt beit, suchten sie bey vorkommenden Geschäften -as lernte römische Recht in Anwendung zu bringen. So wie d.rs römische Recht an dem Jrnerius Stütze erhalten hatte, so bekam nicht lange hernach v" kanonische Recht an dem Benedictinermönche Gratis die seinige. Man machte den Geistlichen den Vorwn^ daß -sie sich mehr mir dem Studium der weltlichen, " geistlichen Rechte abgeben. Die Ursache davon lag dem Mangel eines brauchbaren Handbuchs des ciw schen Rechts ztrm akademischen Gebrauch. Diesem gel half im I. 1151 Gratia» ab. Er gab ebenfalls Bononien eine Sammlung der vorhandenen Kü'chE sitze heraus, welche unter dem Nahmen Oecretuw tir i den ersten Theil des Oorpüz juris canonici macht. Gratickn selbst hat ihr d'en Nahmen - - .n er ba>o ^LNtw ilikoril nnium c mnnum beygelcqt, weil r. , die ältern Concilieuschlüffe mit den ihnen r« <^en scheinenden päpstlichen Decretaleu nach der da»'^ 5°5 gen scholastischen Methode zu vereinbaren suchte. Gras trans Arbeit gefiel deck Papste sehr wohl, und mit des¬ sen Erlaubniß wurden sogleich zu Bononien auch über das Decret akademische Vorlesungen eröffnet. Man hake auf solche Art jetzt zckey Gesetzbücher, tch weltliches und ein geistliches, das kaiserliche und das päpstliche. Dieses stimmte mit den Begriffen jener Zeiten vollkommen überein. Es gab nach dem damahligen Sy¬ stem zwey Machte, durch welche die ganze Welt regieret würde, die weltliche und die geistliche, die Gewalt des Kaisers und des Papstes. Also mußte es auch zwey . Gesetzbücher geben, ein weltliches und ein geistliches. Das römische und kanonische Recht standen mit einander W der engsten Verbindung. Aus dem erstem har man rine Menge Sähe in das letztere übertragen. Man konnte «iso das kanonische Recht ohne das römische nicht ver¬ stehen. Ein vollkommener Rechtsgelehrter mußte diese b'hden Reckte wissen. Von andern Rechtstheilen hatte wa» keine Begriffe. Das bürgerliche und das kanonische ^cht machten damahls die ganze juridische Weisheit Daher ist auch der Titel Qo6tor urrru^que juris Entstanden, welcher heut zu Tage, da man so viel an- Rechtscheile hat, sehr unschicklich ist. Die Docto- "" des römischen Rechts allein nannte man OoÄores , Legisten; die des kanonischen Rechts aber , res Oecreri, Decretisten. Ans dem Verhältnisse ^Vder Mächte kann man leicht schließen, welches Reckt 'Nb Doctorat dem andern vorgieng. So wie die geist- ' Macht der weltlichen vorgezogen wurde so mußte ^NEh das geistliche Recht vor dem weltlichen , »ick die Floren OooiLli mußten Vyr den Doktors buL Zv6 den Verzug babe». Daber kam es auch, daß bis auf die neuesten Zeiten der Professor ssnis cänouici der erste Lehrer in der juridischen Facultät war. Durch die Verbreitung des römischen und kanoni¬ schen Rechts ti Teutschland wurde die bisherige G.stalt der tcutschen Iurispruden; ganz verändert. Vor die¬ ser Zeit war die Jurisprudenz in Teutschland kein ge¬ lehrtes Studium. Die Richter entschieden nach den Ge¬ wohnheiten und nach der natürlichen Billigkeit. .D"j" brauchte man nur Erfahrung und einen gesunden Men¬ schenverstand, Ws aber die zwey fremden Rechte einge¬ führt wurden, mußte das Recht schon auf Universitäten studiert werden. Man hatte gelehrte Kenntnisse nöthig- um die Heyden Gesetzbücher zu verstehen. Die Rechte wurden also ein vorzüglicher Theil der ttocliornm gene» ruiium, die sich aus Italien auch nach Teutschland, abek spater, verbreiteten. Die Leute, welche das römische"^ kanonische Recht studiert haben, fertigten dann, sie in der Canzley angestellt wurden, die Urkunden »ach dem Geiste dieser fremden Rechte ans, und diejenige"/ welche ihre Anstellung in der Gerichtsstube erhielten, ent¬ schieden ihre Proteste nach den Grundsätzen derselbe"» Durch diese Anwendung der fremden Rechte litten die a» ten tentschen Rechtsgrundsätze sehr. Sie wurden in rern Stücken ganz verdrängt; in einigen aber habe" tz sich noch erhalten. Ein Beyspiel dav»n gibt Krbfoln-'. Nach den alten teutschen Rechten nabin an, daß jeder, der ein Gut erworben hat, selbes Besten seines ganzen Stammes bestimmet habe. de> jedesmahligen Besitzer war es daher nicht erlaubt, > bes zu veräußern. Ferner zog man bey der Erbfolge mer La/ wer den Mannsstamm dem WDlbsstamme vor. Als aber später die Aussetzung der Testamente und die Entscheidung der Erbfolgsproceffe römischen Juristen in die Hande fie¬ le» , so verfaßten sie jene, und entschieden diese nach den Grundsätzen des römischen Rechts , nach welchen ein je- mit seinem Eigenthum frey schalten und walten kann, ""d die Töchter mit den Söhnen ein gleiches Recht zur ^uccession haben. Dieses machte die grossen Familien aufmerksam. Sie dachten daher frühzeitig auf Mittel, 'hre alten Familienrechte zu erhalten. Unter andern führ- sie die Verzichte der Weiber auf die Erbfolge ein, Und errichteten Familenverträge über die Succession, und damit auch diese aus Grundsätzen des römischen Rechts' '"cht sollten angefochten werden können, ließen sie selbe ^'t einem Eide bestätigen; denn alsdann waren die Erb- fvlgsverträge und Verzichte nach dem canonischen Rechte 9ultig. So conservirte der deutsche Adel die alten Rechts- ^""dsatze bey der Erbfolge, wiewohl auch dabey Justi- '"an ost die Oberhand behielt. Auch die Städte such- °u durch schriftliche Abfassung ihrer Municipalrechte dem ^dringen der justinianäischen Rechtssätze Einhalt zu Doch mußte in vielen Materien das alte teutsche bcht dem römischen und canonischen gänzlich weichen. . heutigen teutschen Rechte sind also ein Gemisch ^'mischen, canonischen und alten teutschen Rechten, . °' man sich bisweilen schwer finden kann. Jn- das ^ann doch folgende Regel zur Richtschnur dienen: ^'mische «nd canonische Recht sind in Tcutschland als ^.^bweines Recht angenommen. Man muß sich also i» ^.^"f^ben richten, so lang nicht erwiesen wird, daß , iesim oder jenem Stücke die alten teuxschen Rechte ^^alten worden sind. An 5^8 An der Ofifte hatte, wie wir oben gehört haben- frit Konrads II. Zeiten Gottschalk die wendischen Völker unter seiner Oberherrschaft vereinigt, und ein obotritr- sches ^öninreich errichtet. Nach dessen Tode wurde zwar ein gewisser Krukns Zum Könige aufgeworfen; aber Gottschaas Sohn Heinrich behauptete doch zuletzt mit lanischer Hülfe das väterliche Reich. Als Heines im I. el--6 starb, ernannte der Kaiser Lothar den zog Kanut von Schleswig zum Könige der Wenden r welcher aber von dem dänischen Prinzen Magnus hin¬ terlistiger Weise ermordet wurde. Nach dieser Ermü¬ dung bekamen die wendischen Länder an der Ostsee ker¬ nen neuen König mehr, sondern des vorigen Kön^ Heinrichs Brudersöhne Pribiölav und Niclot theilten n Fürsten die wendischen Länder unter sich. Jener erb>e das Land der Wagrier und Polaber, dieser das Land Dbotriten. Beyde Prinzen mußten aber die Hoheit de teutschen Reichs über sich anerkennen. Zum Belege d>^ ser Geschichte führt unser Verfasser eine Stelle aus * nwlds slavischer Chronik an, worin es heißt: tv« äux Ognise, — xrDcipus 8lesviceu6bns de« cnL. lutere» subiit »nimum e)U8, guoä princip^^ regni 8,'svoruin vscgret, mortuo lleurico «suš »nnnlarj^. K.äür ergo I>vth»rium Imp-, one mulr^ xecnnis regnum Ohotrirortun, om»em Ii>:et pokellurem, c^u» prLllitn8 luergt llenricus. pssuir lmperstor coroNam in cnpuc esiur, ut rex Obvnirorum. — l>vli liLc rronllit rerrum ^»xriovum Sr sociavic 6ki in rerr» lnxienlinm omüein viium korcein , fecirgue mimrlntionem in terr^ 8Iavorum, L rici ?rihiL!Mm L wchorem ksirx Olrotritoruni kam in eoprivimrem. -- ?o6csngm Mortuus Oa- luLLeiVerunt in locum ejus pridisl-ius Lwu« ^kiclotus, di^srkilc» xrincixrrtu, uno Icilicer ao'io- ruin gk^ue kolLbsruM, »Itero Obotritorum xrovii^ gribernante. b'uerunlc^ue hi 6uo kri cu^nrs bs- , (lkrittiinis vslcie int'ensi.^ Von Niclöt sian.Mt ^rs heutige Haus Mecklenburg ab> In die Regierung Lothars II. fällt auch die Grun- tzany -er Markgrafschaft Brandenburg. Konrad vor» ^lötzke, Markgraf ron Nordsachsen, hatte den König Lothar auf seinem ersten Zuge nach Italien begleitet, und rvar daselbst geblieben» Die erledigte Mark Nordsachsen Nergal) Lothar im I. HZ4 gn Mbrechr den Baren, Gra> sen von Ballenßadt, der sich uM ihn auf dem Römern iuge besonders verdient gemacht hatte. Albrecht roar der Evhn des Grafen Otto von Ascanien uttd der Eilike, Einer Tochter des letzten billungischen Herzogs Magnus Sachsen. Ottp hatte im I. mo seinen Sitz nach Ern Schlosse Anhalt verlegt, Md dadurch seinen fürstli- ^n Nachkommen bis auf den heutigen Tag den Nah- Anhalt hinterlassen. Bis jetzt hat sich die Mark lvrdsach^!, auf den Strich Landes eingeschränkt, der Zu Tage die alce Mark genannt wird. Albrecht der aber fieng an, selbe zu erweitern. Er machte seit I. r>^6 wichtige Eroberungen in den wendischen jenseits der Elbe, und schlug sie zu seiner nord- Hilscher, Mark. Unter andern brachte er die Stadt ^ndenburg an sich, von der er sich in der Folge Mark^ ^af von Brandenburg schrieb. Die brandenburgischen Httftsteller wollen der Sache einen bessern Anstrich ge* Ken slo ben, und behaupten, Albrecht der Bar sey durch eine testamentarische Anordnung des wendischen Fürsten Pri- bislav vom J. H42 zum Besitz der brandenburgisch-wen¬ dischen Lander gelangt. Allein dieses Vorgeben muß dem ausdrücklichen Zeugnisse Helmolds nachstehen, welcher in Ekronieo Llavorum sagt: „^klelbertUL lVIarcliio, cM oognmnen Urluz,— oinuem rerram kri^auornm, 8k0' üerrmorum, multarum^ne Pentium hgbikautinm kjgvelam L libram mr/lt Zudem ist bislav erst im I. 1157 gestorben, und sein Testantt'^ sollte schon vom I, 1142 seyn? Thüringen kommt um dies« Zeit unter dem men einer Landgrafschafl vor. Es hatte bisher versih^ dene Gestalten gehabt. Anfangs war es ein Königre^ welches hernach unter den Merovingern von den ken erobert wurde. Unter den Franken gab es HerK^ in Thüringen. Unter Ludwig dem Kinde kam es zu Herzogthum Sachsen. Unter den sächsischen Kaiser" -den sich Markgrafen: seit Eckberts II. Tode unter Heinrich IV. Grafen, und endlich um diese Zeit Land¬ grafen in Thüringen. Lothar II. hat im I. "Zv mächtigen thüringischen Grafen Ludwig UI. Z"M grafen erhoben, von dem die folgenden Landgraf - auf Heinrich Raspe abstammen. Z" §. A2. Konrad III. vom F- "Z8 22. Febr. bis 1152. »L. Febr. (14 Fahre.) Nach Lothars Tode konnte sich Niemand größere Hoffnung zur Krone machen, als Heinrich der Stolze, Herzog von Bayern nnd Sachsen, der nebst diesen zwey gossen Her;ogthämern auch einen Lheil der »elfischen Hüter in Schwaben nnd der billungischen Güter in Sach¬ en , ferner die sämmtlichen altbrannschweigischen, nord» ^mischen und snpplinburgischen Erbgüter, und endlich h'e mathildischen Güter in Italien besaß. Seine Vesi- tzmigen reichten also, so zu sagen, von der Ostsee bis ium mittelländischen Meere. Allein eben weil er so mäch- i'g war, wollten ihm die deutschen Fürsten nicht zum Könige haben, und auch der heilige Vater in Rom konnte einem so mächtigen Fürsten, der ihm überdieß we- 8^ seiner italiänischen Besitzungen so nahe war, nicht Frieden seyn. Weil man fürchtete, Heinrich der Stolze andern anberaumten Wahltermine mit einer grossen acht erscheinen, und die Fürsten zwmgen, ihn zu wab» so kamen diese auf Veranstaltung des Erzbischofs "" Trier früher zu Coblenz zusammen, und wählten Graden von Hohenstaufen, Herzvg von Franken, den schon als Lothars Gegenkönig kennen, zum Könige. §päpstlicher Legat, der Cardinal Theoduin, fand sich hoy dieser Wahl ein, und hatte seine Hände nut " Spiele. Er bezeugte i>u Nahmen des Papstes Jn- ls,, der Römer und der italienischen Städte sei- Beyfali, und bald darauf wurde Konrad von eben päpstlichen Legaten zu Achen gekrönt und gesalbt, »eil Al2 weil der Erzbischof von Cbln, wie Otto von Freysingett sagt, noch kein Pallium hatte. Allein das Pallium ijk ja einem Erzbischöfe nicht nothwendig, nm die Krönunst und Salbung eines Königs vorzunehmen; denn es ist ohnehin eine blosse Feyerlichkeit, daß ein Erzbischof die KrönrMg und Salbung verrichte. Zu seinem erzbischö^ liehen Amte gehört es gewiß nicht, und wenn es doch em Geistlicher seyn muß, der die Krönungsceremoniell vornimMi, so kann es ja auch ein Bischof seyn; die W? schöfe aber haben ordentlicher Weift kein Pallium. Weil bey der voreiligen Wahl nicht alls Fürsten et- schienen waren, so schrieb Konrad auf eben den der vorher zum Wahltag bestimmt war, einen HoM nach Bamberg aus, wo ihm die noch übrigen Gro^' und auch die Sachsen huldigten. Allein der Herzog rich, der noch die Reichsinsignien M Händen hatte, von diesem Hvstage weggeblleben. Konrad lud ihn her auf einen andern Hoftag nach Regensburg vor» rich kam, und lieferte die Reichsinsignien aus. Ko'""^ forderte aber auch noch von ihm, daß er etwas vo« grossen Reichslehen , die er -von seinem Schwieger"^ erhalten hatte, heransgeben sollte. Dazu aber sich Heinrich nicht verstehen. Um diese Streitigkeiten zngleichen, wurde ein neuer Hoftag nach Augsburg gesetzt. Heinrich erschien in der Nähe, aber Gewaffneten. Man negvciirte drey Tage lang dar ? terhandler; konnte aber nicht einig werden. Konrad tendirke, daß ein Fürst nicht zugleich zwey grosse tbnmer besitzen könne. Dem altern Staatsrechte war dieses nicht entgegen; denn Heinrich '. war Mle' zog von Sachsen Wd Thüringen. Ktto's II. ZrZ sAd Heinrich IH. vor seiner Thronbesteigung hatten zu- Z^etch die Herzogthümer Bayern und Schwaben inne. Aber später scheint man dieses nicht für ganz rechtmäs¬ sig gehalten zu haben. Heinrich der Stolze getraute sich selbst nicht, nach Erlangung des Herzogrhums Sachsen ben Titel eiueö Herzogs von Sachsen siiit dem Titel ei- "«s Herzogs von Bayern zy verbinden. Konrad, der Augsburg Nachstellungen befürchtete, gieng von dan- weg nach Würzburg , wo wieder ein Hoftag gehal- und Heiurich in die Acht erklärt wurde. Auf bcni darauf folgenden Reichstage zu Goslar wurde die Acht bestätigt, Heinrich der Stolze des Herzogthums wachse,, entsetzt, und selbes an Albrecht den Baren, Markgrafen von Nordsachsen, verliehen. Mir dem Her- ^gthum Bayern aber wurde noch keine Disposition ge- '"acht. Allein als die Achtserklarung Heinrichs in Tentsch-- kundgemacht wurde, fielen die meisten Bayern vorz >rem Herzoge ab, und nachdem dieses geschehen war, vertrug Konrad das Herzogthum Bayern im I. i iZ§ seinen Stiefbruder ('-) Leopold V. Markgrafen von Oesterreich. Heinrich der Stolze mußte sich aus Bayrry Sachsen flüchten. Die Sachsen nahmen sich auch so rhäcig an, daß Albrecht der Mar nichts aus- ^^^n'konnte. Nachdem Heinrich der Stolze Sachsen ^sichert harte, brach er wieder nach Bayern auf, um - auch ) ^ie Mutter Konrads III. Agnes hat nach dem Tode ihre« krsten Gemahls Friedliche I., Herzogs von Schwaden, Leopold IV. oder dm Heiligm, Markgrafen von Oester« reich, giheurathet, und demselben 6 Söhne, unter an« dern Leopold V., Heinrich II. und Otto, Bischöfen vv« Freysingcn, und 5 Töchter grdohreu» l ' ' K r ZI4 mich dieses Land zu retten; er star- aber unterwegs nM und hinterließ nur einen unmündigen Sohn, Heinrich dert Löwen, der bey den Sachsen eben die Unterstützung fand- als sein Vater. Zwey Jahre darauf starb auch Leo« Md V., Markgraf von Oesterreich, und harre zu sei- trem Nachfolger seinen Bruder, Heinrich II. mir dem Bep- nahmen Jochsamergott. Dieser vermahlte sich l 142 mit Heinrichs des Stolzen Wittwe Gertraud, und bey die« ser Gelegenheit rhat Heinrich der Löwe auf Betrieb fei¬ ner Mutter zu Gunsten seines Stiefvaters auf das Her-' zogrhum Bayern Verzicht; erhielt aber vom Könige Kon¬ rad das Herzogthum Sachsen zurück. Eben so blieb auch Heinrich der Löwe im Besitz aller welfischen Erbgüter i" Sächselt, nämlich der billungischen, braunschweigische", nordheimischen und supplinburgischen, wovon doch se"^ Mutter Gertraud als Erbinn des Kaisers Lothar durch ihre zweyte Vermählung einen Theil in das österreichi¬ sche Haus hatte bringen sollen. Es ist also sehr walsi- fchelulich, daß Gertraud,/auf diese Erbgüter in SaciM Verzicht that, um ihren Sohn Heinrich den Lowe» I" bewegen, daß auch er seinerseits den Ansprüchen auf duo Herzogthum Bayern zum Vorlhei! ihres zweyreu Oe- mahls, Heinrichs von Oesterreich - entsagte. Heinrich Jochsamcrgott hatte jetzt im Sinne, ern der Markgrasschaft Oesterreich einzuverlciben, dadurch seinem Srammlande eine Schadloshaltung die Unkosten angedcihen zu lassen, die selbes bey Kriege tragen mußte, den er und sein verstorbener der Leopold V. in Gesellschaft des Königs Konrao gen Welf VI. von Schwaben, einen Bruder s)eim des Stolzen, der sich nach dessen Tode Bayern 5'5 Erbrechts zueignen wollte, zu führen hatten. Allein diese Vereinigung Oesterreichs und Bayerns in ein Herzog« thum konnte nicht zu Stande kommen, weil der König Konrad zu früh gestorben ist. In diesem Kriege gegen Welfen von Schwaben belagerte König Konrad »140 das Schloß Weinsperg im Wirtembergischen. Welf VI. ?ani zum Entsatz herbey; wurde aber geschlagen, und "un mußte die Besatzung kapituliren. Kpnrad erlaubte den Weibern ftey abzuziehen, und so viel jede auf ihren schultern wegtragen konnte, von dem Ihrigen mit sich !u nehmen. Die Weiber besannen sich nicht lange, lu¬ den ihre Männer auf ihre Nucken, und trugen selbe bep dem Schloßthvre hinaus, wodurch diese der Kriegsge- fungeuschafc enkgiengen. Unser teulsche Dichter Bürger har diese That durch ein schönes E-edicht verewiget- Durch die Ausgleichung Heinrichs d,es Löwen mit dem Könige Konrad und Heinrich Jvchsamergott ist doch einmahl zum Ausbruch gekommene Trennung zwischen welfischen und hohenstaufischen Parthey nicht aus dem runde gehoben worden, sondern sie hat noch lange her- Nach, wie wir schon hören werden, fortgedauert. Die der hohenstaufischcn Parrhey nannte man Gibellinm Waiblinger von dem Schlosse Waiblingen im Wir- iembergischen, welches zu den Stammgütern des hohen- ^»fischen Hauses gehörte. Den Ursprung der Partbey- Nubmen Welfen und GibeMnen leitet man von dem Hessen Key Weinsperg her, in dem auf einer Seite da- ^eldgeschrey gewesen ftyn soll: die Welf, auf der an- hie G.bellmen. In Italien hat wag in der Fol- durch diese Nahmm die päpstliche und die kaiserliche Ejhxy unterschieden, und zwar noch zu einer Zeit, wo K k r schn»» Zr6 schon lange in Teutschland von der Uneinigkeit zwi¬ schen den Welfen und Hohenstaufen keine Frage mehr seyn konnte. sah es unter Konrad nicht weniger in Teutschland. Jnnvcenz 1i. , der In Italien unruhig aus, als nach dem Tode seines Gegners Anaclet zum Besitz der ganzen Stadt Rom kam, unternahm in eigener Perso» einen Feldzug gegen Roger II. von Sicilien; er wurde aber gefangen, und mußte mit ihm einen Frieden ein¬ gehen. In demselben erkannte der Papst den Noger als König von Sicilien, und seine beyden Söhne, einen als Herzog von Apulien, den andern als Fürsten von La- pua. Alle drey nahmen die Belehnung von dem Papste Des Kaisers wurde dabey gar nicht gedacht. Diese Ha»d- lung war nicht nur den alten Rechten des Kaisers aas jene Länder, sondern auch dem Vergleiche zuwider, des Iimocenz II. kaum vor zwey Jahren mit dem Kaiser Lo¬ thar errichtet hatte; aber desto vortheilhafrer für de» Papst, der, nachdem er den Kaiser nicht mehr brauchte, auf solche Art, durch Erneuerung des hildebrandsiche" Systems in Rücksicht der Normanuer, sich in den St»»d setzte, dem Kaiser selbst Trotz zu biethen, wenn es thig seyn sollte. Allein die Römer waren über den M>t Noger geschlossenen Frieden sehr misvergnügt, und a» der drückenden geistlichen Regierung schon Überdruss' Sie wollten die ganze Verfassung Roms umandern, »' die alte Negierungsform Herstellen. Die entfernten k fachen , welche auf di« Gemüther der Römer wirkt^ waren r) die neuen Lehre« des Arnold von Brescia,^ in Frankreich den berühmte« Abälard gehört hatte. wichtigste Satz dieser Lehre war «„gezweifelt folgende^ Sr? Bischöfe , Aebte , Priester und Mönche dürften keine Re¬ galien , keine weltlichen Besitzungen, kein Eigenthum ha- be» : alles dieses käme nur dem Könige zu, von dem es bloß gn Weltliche zum Gebrauch überlassen werden mü߬ te : die Geistlichen sollten bloß von Zehenden und Opfern, wie die Priester der ersten Zeiten, leben. Diese Lehren wurden mit vielem Enthusiasmus vdrgetragen. Es wur¬ de behauptet, daß alle Uebel, welche die christliche Re¬ publik bisher betroffen haben, ihren Grund darin ha- den, daß die Geistlichen durch den Besitz so vieler Gütek ubermüthig und ausgelassen geworden sind. Zu Rom mu߬ ten dergleichen Lehren noch mehr Eindruck machen, weil ssch dort der Miöbrauch der geistlichen Gewalt gleichsam tvlicentrirte, und am auffallendsten war. 2) .Die immer "Uhr verbreitete Lesung der alten Classiker, und das im- »ier weiter getriebene Studium des römischen Rechts. Durch Hieft Mittel bekamen die Romer einige Begriffe der alten Macht und Verfassung der Stadt Nom. Da nun noch die Unzufriedenheit über den Frieden mir Normännern hinznkam, so fingen sie eine Revolu- an. Sie bemächtigten sich des Capitols, errichte¬ te einen Senat, und wählten sich einen Patricius, durch Elchen alles regieret werden sollte. Dem Papste mu¬ teten sie zu, daß er alle seine Weltlichkeit an den Se- und Patricius übergeben soll. So erhitzt aber auch 'e Kopse der Romer waren, so überzeugte sie doch noch as Gesicht ihrer Schwäche von der Unmöglichkeit, ohne kinde Unterstützung es mit dem Papste und mit dessen ^hützern, den Normannern, aufzunebmen. Sie luden den König Konrad ein, nach Rom zu kommen, römische Reich in Besitz zu nehmen, selbes durch den Echteren Senat zu regieren, und seine Residenz in Rom auf- ZiS aufzuschlagen. Der Brief, den sie deßwegen an ihm er- laffen Haden, ist sehr merkwürdig. Es heißt darin: „Urms L vi kns Oomino Uonrauo — 8. ?. l^. K. tu- lutem. — Keznum L Imperium Komsnum in eulv kkstum, c^llo kuit tempore.('onltamini L ^ulliniaul, oui kokum ordern vigore lenstus L populi Kowsäi kuis tenuere munibusi reciucerd, lenuku pro Kis VM" nrbus Dei gratis rssliruto — üuciemus. — kortikulii- vss, i. e. turres L clomos potenrum urbis, ^ui vo» lkro imperio uns cum 8iculo L krrpa relrlkere para- baut, ceprinus. <— ^.ciprossingnet itn^ue nokis im- perialis celeriter vi^or, c;uonium — potenter in ürds, <^UT caput muolli ett, ut optamus, kabikare, ro» ItsÜT ac regno PerUonico, omni clericorum reivoM oblksculo, likerius L melius, quam vmnes kere keceilores veüri, clominsri vslekiris. 8ine mors etß^ precsmnr, uk venimiZ." In Teutschland hat zwar diesen Vorschlag in Ueberlegung genommen; Konrad konnte sich nicht entschließen, den Antrag anzumh' men. Indessen wäre es doch wenigstens gut gewest^ einen Zug gegen die Normanncr zu machen, womit Kon¬ rad wahrend seiner ganzen Regierung schwanger Allein die päpstliche Politik .wußte auch dieses zu lM* tertreiben. Eugen lll., einer von Annocenz des II. fand Mittel, den Kdnig Konrad zu einem persdn^ Rreutzzug nach Palästina zu verleiten. Es lief die richt ein, daß die Stadt Edessa, welche bisher Vormauer von Jerusalem angesehen wurde, an die ken übergegangen sey. Eugen Ul. ließ nun Frankreich und Teutschland predigen, und §19 Kreutzzuge aufmuntern. Der heilige Bernhard hat die¬ ses Geschäft auf sich genommen, und Mr in seinen Pre- digten sehr glücklich. Bey Gelegenheit einer Predigt in Frankreich machte er so viel Eindruck auf die Zuhörer, baß man nicht genug Kreutze bekommen konnte, um alle, die sich erklärt hattett, nach Palästina zu ziehen, damit ju bezeichnen, und Bernhard deßwegen seine eigenen Klei- ber zerschneiden mußte- D?r König von Frankreich, Lud¬ wig Vss., war leicht z» dem heiligen Entschlüsse zu brin- ÄM. Er hatte in einer Fehde rzoo wehrlose Leute, die sich in eine Kircke geflüchtet hatten, durch Anzündung derselben verbrennen lassen. Cs wurde ihm bald begreifl¬ ich, daß er diese Sünde nicht besser abbüssen könne, als durch Auftejbnng wenigstens eben so vieler Saracenen h« gelobten Lande. Härter hielt es mit dem teutschm Könige Konrad. Doch auch diesen erschütterte Bernhard einer Predigt durch die Vorstellung der Schrecklichkeit jüngsten Gerichts und der Holle, und durch Anprfi- s""g des Kreutzzuges als wahren Vcrwahrungsmittels dagegen so sehr, daß er sich auf der Stelle das Kreutz ^heften ließ. Seinem Beyspiele folgte eine grosse An- ^hl teutschcx Grossen. Beyde Könige zogen im J. H47 einer Ungeheuern Macht aus. Allein wegen der Vrr- lacherey der orientalischen Christen und Uneinigkeit der "ccidentalischen Fürsten lief der Krentzzug sehr Unglück- ab. Es wurde nichts ausgcrjchtet, und die Kö- ^uge kamen nach unzähligen Beschwerlichkeiten kaum mit ^nem geringen Gefolge zurück. Da Bernhard den Kreutz- 'ahrern einen unfehlbaren Sieg geweissagr hatte, so suchte ^an nun dgs Volk dadurch zu beruhige», daß «l)M ,-^s^llte, „doll, st non krut bona o) j)ro llilscslione terminoruw, vel cowmollitnts cor- Z2V cor-p^rum, bong rainen 5«ik Zll ninbgrnm stiliitem k>M- rnmum." So schreibt Otto von Freysingen. Während dem die meisten remschen Völker den entfernten KreutzzO gegen Jerusalem machten, nahmen die Sachsen, die daz^ kSine Lust harre» , einen nähern gegen die ungläubiges W'Lnden an der Ostsee vor, und diejenigen, die es »och beguemcr haben wollten, übten ihren religiöse» Helden- muth an den Juden in den teul>chen Städten. Letzter^ war das Werk eines fanatische» Mönchs Rndolf, der feinen zusammengebrachten Schüaren den guten Rath tlstilte, ,^ÜOti Hlllkei in civitstibus oxxiü.iigve pastil M3NLNt68 tgnc^ngm ckrittionT relißionw boK68 rruct' ägi'sn'nr." Nach geetidigteck KrcntzZuge wollte Kea^ noch einen Römerzng vornehmen ; allein der Tod Hm zuvor. Er starb !m I. nZ2. Konrad III- also die Kaiserkrone zu Rom nicht empfangen, und s' Änch bis an sein Ende bloß einen römischen König schrieben- Wektich k. Dom F. 11L2. L. Marz bis Id. Juny. (Z8 Jahre.) Konräd iss. hakte einen Sohn Heinrich, be'r vor dessen Kreützzuge zum Nachfolger bestimmt, abe> " vor dem Vater gestorben war. Er batte Zwar n^ch neu andern unmündigen Prinzen Friedrich ; wünschte selbst nicht, daß ihm dieser sueccdire, u)ei die Verwirrungen vorauSsaydie eine Folge der« - derjalnigkcit des Königs seyn würden- Sei» gieng vielmehr dahin, daß ihm seines Vruders Z2I Eohn, der Herzog Friederich III. don Schwaben, auf Thron folgen möchte. Dieser war in Teurschland schon durch seine Heldenthaten bekannt. Auch dienre ihm Zur Empfehlung, daß er mit dem welfischen Hause ver¬ wandt war; denn sei» Vater Friederich war mit der Ju- ö'kh, einer Tochter Heinrichs des Schwarzen und Schwe- Heinrichs des Stolzen, vermahlt. Man glaubte da- , er werde am ersten im Stande seyn, die noch fort¬ dauernden gibellinischen und welfischen Streitigkeiten bey, ^egen. Diese Umstande trugen dazu bey , daß noch ehe- als drey Wochen nach Konrads Tode verstrichen waren, Hederichs Wahl schon vollbracht war. Die Wahl Friederichs l. ist in staatsrechtlicher Hktt-^ sehr wichtig» Unser Verfasser glaubt, daß man da-' bch die ersten Gpuhrerr von den 7 Ruhrsürften an- ^ffe> die in der Folge zum Vorschein kommen, und ^"ch die goldene Bulle Karls IV. bestätiget worden Z» den Knhrfürsten gehören nach der goldenen ^ulle die drey Erzkanzler und rheinischen Erzbischöfe voN ^aynz, Trier und Cöln, und die vier weltlichen Erz- ^ainreu, der Erzmundschenk, Erztruchseß, Erzmarschal! Erzkämmerer. Diese sollen nach unsers Verfassers Meinung schon jetzt die eigentliche Wahl verrichtet, und ^vvn bald den Nahmen l'rinLipes LIeNores, Kuhr- si"t , bekommen haben. Zum Beweise dessen beruft er lch auf eine Stelle eines gewissen Amandus, vvrgebli- len Secretars Friederichs l., '>u vom I. 1156. In jener heißt cs: „l" urd-- ^ron. ^'rreuli pluriwn numerv xü'uoixes ovvVSN'erm. 8, cr'/)S5 oAcr'aeor restöente? in nresno loeocuri« re^zljx -. Kc>i uum ex leerem conel^^ proclirent olstcinti, inäic^nre? ipso^ ungnimiter klericnm in regem servgtis cle jure servguäjZ elegi^' eun^i* cnnn-iim erclinnm gciplousus eil coniecutn?-^ In diesem hingegen findet sich folgende Stelle: „8i gui' dnrvis cnriis xudlicis imperij clux ^VullriT prsle^ tnen't, unn8 6e pglstinix archiclneidns ell cenleoö"^ L njhilominu* ,in coniessu L incestri 36 la'»; le^um imp"rü poil ele/lo^s.r p^r'ncs^srobrineat priin"^ Aus der ersten Stelle soll erhellen, das! Wahlrecht schon damahls bey den ^rincinidn» den Erzbeamten, war; aus der zweyten aber, daß schon damahls durch den Nahmen Principe* PH Wahl - oder Kubrsiirsien , von andern unterschieden den. Unser Verfasser gehet noch weiter, und beb^ tet, daß schon unter Friederich I. die nämlichen Fürsts denen die Erzäwter in der goldenen Bulle bestätiget den sind, im Besitze derselben gewesen sind. T'e» weis nimmt er von einen im J. n?4 Z« Man"Z S haltenen Hoftage her, worauf der König vrn , das Erzschenkenamt, der Pfalzgraf am Rhein das trnchsefienamt, der Herzog von Sachsen das schallamt, Und der Markgraf von Brandenburg ka'.nmeramt ausgeübt haben soll. Die Stelle, dieses schließt, stehet bey ^rnvlclu? pukeceulii-, '^,„1 so: ,,prieäLricN8 imperator echxit Onriain lownli L celeberrimam sxuci Nozuntiam, -- »t Allein diese Gründe sind offenbar nicht hinreichend, zu erweisen, was unser Verfasser daraus herleitet. D'e Stelle des Amandus ist zwar ziemlich deutlich; aber ft? wird fast durchgängig für untergeschoben gehalten, und- stimmt auch wirklich mit den ächten historischen Nach- ^ten von diesen Zeiten so wenig überein, daß man ^ig Anstand nehmen muß, sich darauf zu berufen. Und ^e sie auch ächt, so redet sie ja nicht von 7, sondern 6 oder 8 cMei-nis. Das österreichische Privilegium, ^ssen Aechtheit ungezweifelt ist, kennt zwar LleLtvres bestimmt aber nicht dir Anzahl derselben, und werden sogleich sehen, daß darunter noch keine sol« Wahlherrn, deren Stimme schon für sich entscheid gewesen wäre, zu verstehen seyen. Eben s» kann der Stelle des ^rnolcivs Lmbeoenlis keineswegs Methan werden, daß auf d?m Hoftage zu Maynz Ä- H84 schon die nämlichen Fürsten als Erzbeamte ^kommen, die es nach der Bestätigung der goldenen Bulle bis auf den heutigen Tag sind. Arnold erzählt bloß im ^meinen, daß auf diesem Hoftage die Erzamter nur ^'-Königen, Herzogen und M-rkgrafen ausgeübt wor- E" sind, ohne einen davon zu benennen. Durch das °*t Kokkus kann gewiß nicht der König von ^ss-h- 52z klenricnm Regem miütem eleclarsret. — Venit igi- ^ur illuc omnis tligniras xorettaris L xrincixsrus, tub- Umitgz ^rLbiexilcoxorum L Lxiscoxornm, gloris , jucunäir.38 Rrmcipam, L multiruäo nodi- iurin, Impetatori certstim xigcers volentium. — Ossr- ^>uin üg^feri seu RiveernL, (?3iver3rü seu Nsre- ^halci osniiiii Reges vel ciuces aut Narclnones sä- §24 men bezeichnet feyn, weil Bobinen damabls keinen Kü- nig, sondern nur einen Herzog hatte, der noch dazu bty dem gedachten Hoflage nicht gegenwärtig gewesen L" seyn scheint. Daß unter den vucibn^ und ^iglcdiooi- bu« Arnold von Lübeck auch andere Herzoge und Mark¬ grafen , als die von Sachsen und Brandenburg, verstan¬ den haben konnte, wird sich Jeder selbst leicht denke»- Von einem Pfalzgrafen geschieht in der Stelle nicht Mahl eine Meldung. Aus der ganzen Stelle sieht wa»e Arnold wolle sagen, daß es auf dem Maynzer Höflas auf eine außerordentliche Art zugegangett sey; also ka"« man daraus nicht schließen, wer die Erzämter ordenst^ Zu verwalten gehabt habe. Soviel ist indessen richtig, daß ,) schon unter § derich s. Fürsten vorkommen, die einen vorzüglichen theil an der Wahl hatten, und die man deßwcgen s» Lamahls LleÄores I'rincipes nannte. Auch ist es rrs scheinlich, daß 2) dieses vorzügliche Wahlrecht mit de» ämtern in einer Verbindung gestanden sev; aber " erweislich, daß 2) jeder einzelne von den Fürsten/ ordentlicher Weise die Erzämter zn verrichten hatte" schon ein gegründetes Recht auf ein gewisses Erzau't^ habt habe, und noch viel weniger, daß 4) kiest ämrer schon auf denjenigen Fürsienthümern gehaftet ben, denen sie hernach zu Theil geworden, ""d die goldene Bulle bestätiget worden sind; woraus dann von selbst ergibt, daß 5) von 7 Kuhrfnrste" . diese Zeit noch keine Rede semi iLune. Wir wollen Sätze einzeln durchgehen, und mit Beweisen belege"- Unser 52 5 Unser deutsches Reich ist wenigstens seit Konrads I. Aiitkn ein Wahlreich. Es war aber nicht immer ein vols- kvmmenes Wahlreich, sondern eine Art von einem ge¬ mischten Reich, weil die Leutschen wenigstens von den männlichen Descendenten des vorigen Königs« wenn selbe Mochanden waren, nicht abgegangen sind. Sie waren d" Meinung, diese hätten vor andern ei» vorzügliches Hecht zur Krone. Diese Observanz der Tentschen war de» politischen Absichten des römischen Hofes schon vM' langer Zeit her entgegen. Der römische Hof glaubte, es wäre für ihn besser, wenn der König, der Temsch- m>d «ud Italien regierte, und Anspruch auf die Kaifer- Härte, durch eine vollkommen freye Wahl, als ^r»n er durch eine Gattung Erbrechts zur Negierung ame; denn er sah, daß bey der Erbfolge eine Cabi- '^spvlnjk da sey, was der Vater nicht anssühre, das ^r Sohn. Die Verwandtschaft sollte also nach em Päpstliche« System ein Hinderniß seyn, gewählt zu ^ben ; nur schwache Fürsten sollten die Kaiserkrone er- Insonderheit fieng der Papst Gregor Vlt. an, Deutsche« Snccessionsobservanz entgegen zu arbeiten, schicklichste Mittel, dieselbe zu verdrängen war, elf ^hl auf einige wenige Fürsten, die auf ihre Rechte He^chtig wären, und, wo möglich, arrf die geistli- »bce bringen; die kleineren Fürsten und das Volk wee ber Wahl gänzlich aiiszuschließen, weil diese im: Kaisechause anhiengen. Um dieses durchzuse- «Na' man darauf, die bey der Wahl des Papstes lg^°mmene Form bey der Königswahl in Tentscy- bey Einznführen. Einen Versuch dazu hat man schon Wahl Lothars H. gemacht. Der anwesende He Legat mußte die Nation bereden, eiyen Aus- 526 schuß von io Fürsten, worunter fast lauter Geistliche wa¬ ren , aufzustellen, die eine Art von Vorwahl ausübten, und drey Candidaten in Vorschlag brachten. Doch ge¬ schah die Hauptwahl noch von allen Fürsten, und das Volk gab seinen Beyfall dazu. Eben so gieng es bey der Wahl Friederichs I. zu, nur daß jetzt nicht gcwisse erst benannte Ausschußmanner, sondern die vornehmsten Fürsten sich vorläufig berathschlagten; die eigentliche Walst aber wurde wieder von den sämmtlichen Fürsten vollzo¬ gen. So sagt Otto von Freysingen: „Oocecience regs ('onrallo — in oppillo b'r-mcone^ort lle kam t"''' msnll trunsslpiui regni lstitnlline , wi^^ tliätu, non line «znidusäum ex It^^ bsrovibua, tunguam in unum corpur couäunari kuit, ubi, cum clo oügcnclo principe ta^c-rr; (nsm iä jupis Komsni imxerii »pex, cel non per ürngninis propsginein llelcsnllere, ö!sflro»LM libi kunczuaw linguluri venüicar prserogscivri) tapciem ^rb krieclericus Luevornni 6ux . . petirur, in regem üiklimatur.— ?^rnc/^eL ergo iillerantes capnt regni eum conkilnsre rrr//«r/r0' . Fast auf gleiche Art beschreibt Friederichs k- ' s der Abt Wibald von Corvey in einem Schreiben an t Eugen III.: cospernnr ^ieincie nnncios L likcrus t/s /e regni oiilinskions lollicirure.— kleätn«; eit Lvw mo ,'F'— Pciei^ " auch that. Er setzte »20g eine feyerliche Ver- ""H Halberstadt an, wo sich meistens di« hej^chbn und thüringischen Grossen emfanden. Davon ev bey Arnold von Lübeck; „OmE iguur oonvsneranc, sc 1i llivinitus inspirari, Nllaniwr coul'eol'u t^lbonem in Komsnum prjy» ' si^gM §r8 cipem L sempsr ^uzusium «>—^rchrepilcO" po (IVlagäetzurßeuü ), c^ui primnm vocem lmbere vr- llebnknr^ inckonnte, prose^uento vero Lernlrsrclo ce ( ZgxvML) cum iVIarLlrione Nnsnenst Ä IvSiUgrN' 60 'I'ImringiL cum »IÜ8 , sä y»08 elediio repi5 pek' tinere viäebutur." So ausgemacht aber die gle^ Antheilnehmung aller Fürsten an der Hauptwahl ist/ kann man doch nicht in Abrede stellen, daß man 1^" unter Friederich l. die vornehmsten Fürsten wegen Vorberatbschlagungsrechts und des grossen Gewicht rer Stimmen durch besondere Nahmen von den übrige Fürsten zu Unterscheiden anfieng. Otto von Freysini^ neimt sie in der oben ungezogenen Stelle primäre i Abt Wibald von Corvey l'nmmo8 principum. und dem österreichischen Privilegio kommen sie schon "" dem Nahmen tzileAore8 prineipes vor, welches eben viel bedeuten will, als Ltesioros pr>nripale8, priM''^ vornehmste Wahlfürstcn; denn da durch gedachtes vjlegium der Markgraf von Oesterreich zum Herzoge klärt, und ihm der nächste Platz poli L Lior^ pes angewiesen wurde, so kann unter diesem A"s^" nichts anders, als die vorzüglichsten Wahlfürsten standen werden. Wollte man, wie es der Herr syndicus Gemeiner von Regensburg in den. schon geführten Serichtigungen im trutfa-en Staakvr> rrnd ,n der Reichsyeschichre behauptet, c>nnc'N daß der Nähme P>echore8 pri,oip^8 zu diesen ten allen Fürsten gemein gewesen sey, so würde ft § daß dem Herzoge vo »Oesterreich durch das nische Privilegium der letzte Platz unter den die letzte Stimme bey der Königswahs eingeraumt Eine Folgerung, die sich sogar Herr Gemeiner 52- chen sehr hütete, weil er wohl sah, daß sie nicht nur Würde eines ^rckuinx paniki sondern auch allen historischen Nachrichten widerspricht, obschon sie durch schon einniahl berührte Hypothese, daß die Markgrafen von Oesterreich erst durch ost erwähntes Pri- vllegjum zu Fürsten erhoben worven sind, noch noch- wendiger gemacht wurde. Nehmen wir aber mit Per- ^rfung dieser Hypothese, die ohnehin rnchrs anders, ein Hirngespimist des Herrn Stadtsyndicus ist, von der Geschichte auf allen Blattern widerlegt h"'d, die Sache so, wie sie ist, so klärt sich alles auf sicher im besten Zusammenhänge mit einander. Die ^grafen von Oesterreich waren schon vor Erlangung Herzogswürde ansehnliche ReichSfürsten erschienen solche bey den Kbnigswahlen und hatten dabey wie an- Fürsten ihre Stimme. Nahmentlich wird von dem o ^rkgraftn Leopold lV. erzählt, daß er bey der Wahl d- rs l l. neben dem Herzoge Lothar von Sachsen in !l>> Wahlversammlung gesessen; daß er und Lothar dir , 'rn angctragene Kbnigswürde nicht annehmen wollten, . "u cle alio gnopi >m e-Iigenclo s-Nmni waren, sie beyde von dem Erzbischöfe von Maynz befragt n '^n : gn velwnt pnobore Lvulsn-nm b Durch das ^''ogium Friedrichs I. vom I. nzss wurden die . ^grafen von Oesterreich /rrokicluceg p > rini. Nochr .> '^lg mußten sie nun einen hohem Rang und eine vor- gliche,.? Wablsiimme erhalten. Beydes erhielten sie dse Worte des Privijegiums: .voll sei obririe >r primum locum.^ Man findet auch tki, "Hon historischen und diplomatischen Nachrich- von den folgenden Wahlen, daß die Herzoge von Esierreich dabey einen Platz unter den vornehmsten Wahl» « l H'- 5Z0 fürsten behauptet haben. Es ist also klar, daß durch den Ausdruck blledtvrLs principeL die vorzüglichste Wahlfürste» bezeichnet werden. Welche waren aber diese vornehmsten Wahlfürste» - .Diejenigen, die ein vorzügliches Recht zur Ausüb»>'§ der Erzämter hatten. Dieses wird dadurch wahrsche»' lieh , daß die neue Wahlform nach dem Muster der papst' lichen Wahl eingerichtet worden ; bey der Papste aber hatten die Cardinalbischöfe, welche den neuen zu consecriren hatten, ein vorzügliches Ansehen. so scheinen auch in Teutschland jene Fürsten, welche neuerwählten König bey der Krönung zu bedienen ten, sich einen vorzüglichen Einfluß auf das W»h^ schäft verschafft zu haben. Sie hatten auch daz» beste Gelegenheit; denn da die Krönung unmittelbar der Wahl geschah, so mußten sie immer in erforderlicher^' zahl bey der Wahl erscheinen, um bey der nachfolgende» nung gleich zur Hand zu seyn. Die Gegenwart der eiE nen übrigen Fürsten ibar nicht so nothwendig. , so die zur feyerlicheu Verrichtung der Erzamter vtt dem zugezogenen Fürsten bey jeder Wahl zugegen, "" noch dazu die ansehnlichsten Fürsten waren, so >st zu begreifen, wie ihnen nach und nach ei» Eorz»ö . diesem Geschäfte znerkannt worden sey. Das öst^'^hl sche Privilegium giebt dieser Aermulhung noch Wahrscheinlichkeit; denn der Herzog von Oesterreichs^ darin eben deßwegen an die vornehmsten Wahlfürste" leNores ?rinoips8) angeschlossen, weil er Iarini8 ^rLtnclueibuL, das ist, einer von de» denen die Verrichtung der Erzämter zufleht- Jeder, der nur einigermassen mit der Urkunde» l- des Mittelalters bekannt ist, muß eingestehen, S3r Wort nibilominu^ m denselben soviel als daher auch bedeute, und folglich in der oben angeführten Stelle des österreichischen Privilegiums folgender Sinn liege; der Herzog von Oesterreich soll für einen von den Pfa- ^"Z-Erzfürsten gehalten werden, und daher auch den nächsten Platz nach den vorzüglichsten Wahlfürsten einneh- i"en. Nun entsteht aber die weitere Frage, welche Fürsten dann eigentlich waren, die man zur Ausübung der ^'Zcnnter für vorzüglich berechtiget hielt? Was die geist- Uchen Verrichtungen, die mir den Erzamtern eine Aehulich- haben, betrifft, so scheinen selbe um diese Zeit schon ^schließlich bey den z rheinischen Erzbischbfen von ^'yuz, Trier und Colu gewesen zu seyn. Schon bey Krönung Otto's l. stritten die beyden letztem über Krönuugsrcchr, und überließen es endlich für je- Mahl dem ersten. Einer von diesen Z Prälaten, in *hen Sprengel nämlich die Krönung vor sich gieng. ächtete dann immer diese Ceremonie, und dieses Recht ihnen von keinem andern Prälaten streitig gemacht, waren die Erzbischöfe von Mapnz und Eöln schon Friederich I. Erzkanzler, jener durch Teurschland, bje^" Italien. Ob die Erzkanzlerwürde des Erz- Trier über Lothringen und das Königreich schon so alt sey, laßt sich zwar uicht erweisen; , soviel ist gewiß, daß er am Ansehen keinem andern l'che^" "acWm'd. Ueber die Beschaffenheit der wclt- Hri^ s ^^baiuren gibt uns wieder das österreichische durch den Ausdruck ^rclnchiLLü pirlsiini ^'ch s Schluß, daß es die Herzoge waren. Man findet Her- ' ^aß Otto l. bey seiner Krönung von 4 Hvfr " '"dient wurde. Eben so erscheinen auf einem , den Otto UI. im I. ^85 j» Quedlinburg SIL hielt Z32 hielt, 4 Herzoge als Erzbeamte. Don dieser Zeit an haben wir zwar über die feyerliche Verrichtung der Erz- amter keine Nachricht; aber man hat Grund genug vermuthen, daß es immer so gehalten wurde, denn die Erzamter dienten zur Verherrlichung der kaiserlichen Maje¬ stät. Je ansehnlicher die Erzbeamten waren, desto wurde der Glanz der kaiserlichen Majestät erhöhet. ist also nicht daran zu zweifeln, daß die Herzoge als die vornehmsten Reichk-fmsten, wenn sie gegenwärtig waren, zur Verrichtung der Erzamter genommen wurde"- und weil bey der Krönung jederzeit eine binlangli^ Anzahl von ihnen vorhanden war, so übten bloß sie Aemter eines Marschalls, Truchseß, Kammes und Schenken aus. Dey Hostagcn hingegen, wo immer genug Herzoge erschienen, wurden auch anders Fürsten diese Bedienungen aufgetragen. Als in der rss ge das teutsche Reich Könige bekam, die ihm durch Lehensneruo verwandt waren, überließ der Kaiser einem von diesen, der eben zugegen war, die fev^u Verrichtung eines Erzamtö. Die ordentlichen Erzke"" ten des Kaisers, mithin auch die vornehmsten sten waren also die drey rheinischen Erzbischöfe, Herzoge der deutschen Nationen. Doch ist es durchaus unerwei'Slich, daß einzelne weltliche Erzamt schon um diese Zeit eine"'^^ wissen Herzoge so eigen gewesen sey, daß er vor andern ein Recht darauf gehabt hatte. Alles, lliuö und andere darüber geschrieben haben, si"d ' Muthmassiingen und Hypothesen, die durch keine rischen Beweise unterstützt werden können. Man ka"^^ soviel sagen, baß den Herzogen ein vorzüglich" auf die Ausübung der Erzämter zugestanden habe, b ZZZ f"r ein Erzamt aber jeder ans ihnen bey dieser^ oder je¬ ner Gelegenheit verwalten sollte, das scheint von der ledesmahligen Bestimmung des Kaisers abgehangen zu haben. So verrichteten auf dem Hofrage zu Quedlinburg unter Otto lll. ganz andere Herzoge die nämlichen Erz- «""er, als bey der Krönung Otto's I. Bey dem Krb- ^"«gsmahle Otto's l. war der Herzog von Lothringen Käm- , der Herzog von Bayern Marschall , der Herzog von Frauke,, Truchseß, der Herzog von Schwaben Schenk. "f dem Hoftage zu Quedlinburg unter Otto lll. hingegen ^den mir als Kammerer den Herzog von Schwaben, als ""schau den Herzog von Sachsen, als Truchseß den Herzog Bayern, und als Mundschenk den Herzog von Karn- Nach'dieser Zeit bis ins izte Jahrhundert fehlen so ausführliche und bestimmte Zeugnisse von den Ämtern. Nur so viel bringt man aus Chroniken zu- ^""n - daß der Herzog von Böhmen dem Kaiser urich und der Herzog von Niederlothringcn dem Kai- IV. das Schild; der Herzog von Pohlen aber ^thar l l., der König von Dänemark und der der ^uf Otto von Wittelsbach dem Kaiser'Friedrich!. und ^on Böhmen dem teutschen Könige Philipp von hqg das Schwert'aufHoftagen vorgetragen haben, hörc D den Verrichtungen deS Erzmarschalls ge- ^'"'aus sehen wir offenbar, daß selbst das Erzmarschall- ch ' dem doch Crollius und seine Anhänger noch am si- u, behaupten zu können glauben, daß es den Her- ' von Sachsen zuständig gewesen sey, noch zu Ende bey Jahrhunderts wandelbar war. Was wcr- s^bg^^ ^on den übrigen Erzamtern, über welche «ich ^i,d külmen Hypothcsenmacher nicht so cmic^u- auszusprechen getrauteu, dafürhallen müssen ? Das mehr.- S34 mehrmal angeführte österreichische Privilegium bestätiget ebenfalls die Wandelbarkeir der Erzämter unter den Her¬ zogen ; denn da durch dasselbe der neue Herzog von Oe¬ sterreich unter die /rrclucincox p8>3!ino8, das ist, un¬ ter die zur Führung der grossen Reichsamrer beson¬ ders berechtigten Fürsten gesetzt; aber nicht bestimmt wird, was er für ein Erzamt führen soll, so liegt ja klar am Tage, daß noch kein Herzog ein Recht gehabt habe, bey jeder Gelegenheit die Verwaltung eines be¬ stimmten Erzamts zu fordern, sondern daß es jedesmalss auf den Willen des Kaisers angekommen sey, wer ihn als Truchseß, Marschall, Kammerer oder Mundschenk bedienen sollte. Aber man wird sagen, dieses gelte doch nur von den Hoftägen. Bey Krönungen stand einigen Herzogen schon ein ausschließliches Recht auf gewisse Erzamlsverrichtungen zu. Allein was berechtiget uns- diesen Unterschied zu machen, ohne die mindeste Spnhe dafür zu haben? Die goldene Bulle kennt selbst birss Unterscheidung nicht, vielmehr redet sie ausdrücklich so¬ wohl cap. 4. als 27. nur von Hoftagen, und man Hst das, was sie in Ansehung der Hoftage verordnet, selbst auch auf die Krönungen angewandt. Wir könne» also mit Grunde behaupten, daß es auch vor der go^ nen Bulle auf Hoftägen und bey Krönungen auf S che Art gehalten wurde. Wenn die Erzamter im l2ten Jahrhundert or¬ dentlich bey den Herzogen, aber noch wandelbar und vo" allen besondern Ansprüchen dieses oder jenes Herzogs ftep waren, so fallt die Meinung von selbst weg, baß schon damahlS auf jenen Landern hafteten, bey denen * sie in der Folge finden. Und fürwahr, wie kann sich Z35 jrch überrede» , zu glaube», daß Bedienungen, die nur bey gewissen Gelegenheiten Feyerlichkeits halber in die Ausübung kamen, bestimmten Herzogthümern, Pfalz- Mafschaften und Markgrafschaften anklebende Realrechtr ^aren, zn einer Zeit, da selbst die Erblichkeit der Her- ^gthümer, Psalzgrafschaften und Markgrafschaften noch "icht recht befestiget, und von einer Landeshoheit noch Eeine Rede war? Dafi die bekannte Stelle bey Arnold von Lübeck von dem Hoftage zu Maynz im I. n84, für diese Meinung nichts beweise, haben wir schon oben gesehen. Im Gegentheil, da in derselben als etwas Außerordentliches dargestellet wird, daß auf dem ge¬ machten Hoftage nur Könige, Herzoge und Markgra¬ fen den Kaiser bedienet haben, sp läßt sich daraus ab- "chmen, daß diese damahls nicht die ordentlichen Erz- öeaniten des Kaisers waren. Nur von dem Erzschenken- a»ite könnte man ans einer Urkunde Rudolfs I. vom i2yc> noch mit dem besten Grunde behaupten, daß schon seit Friederichs I. Zeiten mit Böhmen verbun- Mcn gewesen sey, wenn wir versichert wären, daß Kai- Rudolf nicht nach den zu seiner Zeit gangbaren Be- ^'iffe» „cm den Erzämtern sich ausgedrücket habe; denn heißt darum: v«ro jura ?incernatu8 et L- '^tc>rzrn8 neänin älLto Regi (^Venceslav IV. 8oke- er Ü,i8 berstlibuz äiclicimU8 comxetsre, teä jZn8 proFenitoribu8 ubsvis , ursvis, proavi8, uvjz tenilstme competebunt/^ Unter Rudolf r' ^aren die Erzämter schon erblich, und hafteten be- an den Landern , denen selbe hernach die goldene . "He bestätiget hat. Die Herzoge von Bayern wollten Eh Gelegenheit der Händel, in welche Lttocar König Böhmen mit Kaiser Rudolf verwickelt war, das dem SZ6 dem Könige vv» Böhmen zuständige Erzschenkenamt a» sich reißen. Es war natürlich, daß nach hergestellteM Frieden Lrrocars Sohn Wenzel l_V., nm sein Recht aus das Erzschenkeuamt darzulnun , m Aufzählung der Falle, wo feine Borfakren selbes ausgellbet haben, so hoch yinaufstieg, als es möglich war; und dahet auch von den Zeiten, da die Eczänuer noch unter den Herzogen wanoelbar waren, Falle verbrachte, in wel¬ chen semen Vorältern die Äusübmig des nachher den Königen von Böhmen für beständig zugeeignelen Erzsche"- kenamts zu Theil geworden war. Rudolf ward von der Grundlosigkeit der bayerischen Ansprüche überzeugt, «"d bestätigte Wenzeln das Erzschenkenaml als ein erblich^ Recht der Könige von Böhmen, wie es damahlö wirk¬ lich war, mit der kurz beygefügren Ursache - weil es a«ch dessen ihuviz, arg vis pronvi und avix gebührte, ohne sich mit dem Unterschied abzugeben, der etwa zwisch^ der Ausübung des ErzschenkenamtS unter Wenzels uvid und iiraoi-!. die noch unter Friederich l. lebten, zwischen dem erblichen Besitz des nämlichen Reichs«"'^ unter dessen prosvu; und uvi8 statt hatte. So läßt si^ die angeführte Stelle der rudolfinische» Urkunde erklarelle ohne dasi man nörhig hat, anzunekmen, daß daS schenkenamt unter Friederich 1. schon ausschließlich Böhmen war; welches ohnehin auch dem oben angtZr^ ten Facto, daß der König von Böhmen unter Phi von Schwaben den Marschallsdienst versehen ha^ s widersprechen scheint. Uebrigens wenn auch dab.tU sinische Diplom wörtlich zu verstehen wäre, so laßt! die frühzeitige Erblichkeit eines Erzamts bcy wo es von jeher erbliche Landesherren gab, weit ter denken, als bey der Pfalzgrafschafc am Rhe-u S37 Sachsen und Brandenburg. An den Systemen, wodurch wan sich bemühet, auch die übrigen Erzämter sehr früh an die letzter» Länder zu heften , muß man zwar die Kunst und den Scharfsinn ihrer Urheber bewundern, aber zu¬ gleich den gänzlichen Mangel historischer Gewißheit ver- niiffen. Die wahrscheinlichste Meinung, wann und wie die 4 weltlichen Erzämter und vorzüglichsten Wahlstim- wen an die Fürstenthümer, bey denen sie hernach bis auf den heutigen Tag geblieben sind, gekommen seyn mögen, werden wir. später am gehörigen Orte aus einander se¬ tze». Aus diesen Betrachtungen fließt die Folge, daß öey Friederichs k. Wahl noch keine eigentlichen Kuhr- fürsten, die ein ausschließendes Wahlrecht gehabt hatten. Und sieben an der Zakl gewesen waren , vorhanden waren. Es gab nur vornehmste Wahlfürsien , die Zwar durch ihre Borberathschlagung und durch das Gewicht ihrer Stimmen , weil sie die mächtigste» 8ürsten waren , einen gewissen Einfluß auf die Kö- 'ugswahl hatten; aber derselben ohne die übrigen keinen Ausschlag geben konnten. Ihre Anzahl beschränkte sich Uvch nicht auf sieben; denn es gehörten dazu außer de» z rheinischen Erzbischöfen von Maynz, Trier und ^vl» , alle Herzoge, deren es mehrere als vier gab. Wir dessen auch wirklich bey den folgenden Wahlen unter d?u weltlichen Wahlherrn am ersten Orte nicht bloß die Herzoge der teistschen vier Hauptnationen, sondern auch ?w übrigen Herzoge an. Und wie könnte dann der Her- ^8 von Oesterreich unmittelbar polk kleäkores princi- Zur rechten Seite des Reichs zu sitzen kommen, wenn , rre» sieben gewesen wären, da die Fürsten ebne l. n- ^rschied der geistlichen und weltlichen auf Reichvragen z» Z 38 zu bepde» Seireir des Reichs nach einer im Ganzen noch nicht hinlänglich bekannten Rangordnung ihre Sitze bekamen, mie aus mehrern Stellen Arnolds von Lübeck erhellet ? Er mü߬ te auf solche Art seinen Platz auf der linken Seite erhal: len habe». Wann sich die erste Spuhr von der Sieben: zahl dec Kubrfürsten finde, werden wir zu seiner Zeil schon bemerken. Wir gehen nun zu den Thaten Friederichs k- über. Gleich auf seinem ersten Reichstage zu Merseburg ,152 entschied Friederich einen Rronstrcit der däni¬ schen Prinzen Kanut und Sven. Er erklärte sich f"t den letzter», der auch sein Vasall wurde. Vey einer feierlichen Prozession , die zu Merseburg gehalten ward, übte der König von Dänemark ein Erzamt aus, er trug dem K. Friederich das Schwert ror. Es ist nicht der Müde wcrth, sich in eine Untersuchung einzulassen, das Königreich Dänemark bcy dieser Gelegenheit de>N tentschcn Reiche wirklich lehenbar geworden sey; denn wenn such bas Leheuband wirklich geknüpft worden, so hat es schon lange aufgehvrt, und das teutsche Reich kan» letzt daraus kein Recht mehr herleiteu. Eigentlich konnnl es darauf an, ob der König von Dänemark ohne willigung des Landes und der Stände das Kdnigre^ lehenbar machen, und gewissermassen veräußern konntet denn die Lehcnuehmung ist eine Art von Veräußerung- weil das Lehen an den Lehenherrn Heimfallen kann- Konnte der König von Dänemark dieses nicht thun, war er zwar für seine Person ein Va,all des tentscl'"' Reichs; nicht aber das Königreich Dänemark selbst Hrabar- Auch 532 Auch zeigte Friederich gleich zu Anfang seiner Re¬ gierung , daß er die kaiserlichen Rechte in Kirchensachen Zu behaupten gesinnt sey. Er nahm wieder die Ent¬ scheidung einer streitigen Lischofswahb vor. Das Recht dazu hatten Zwar die tcutschen Könige ans dem calirtinischcn Concordat; aber Lothar II. hatte bey seiner Wahl darauf so gut als Verzicht gethan, weil er ver¬ sprach, die Bischöfe erst nach erhaltener Consecration Wit den Regalien zu belehnen. Friederich wollte dieses Recht wieder Herstellen. An Magdeburg war im 1.1152 der Erzbischof gestorben. Eine Parthcy wählte den Propst, die andere den Dechant zum Nachfolger. Frie¬ derich gieng selbst nach Magdeburg, und brachte es da¬ hin , daß man den Bischof von Zeiz zum Erzbischof walstte. Diesen investirte er sogleich mit den Regalien, ohne die päpstliche Bestätigung abzuwarten. So ent¬ schied er nicht nur eine streitige Wahlsache, sondern er lhat „och mehr. Er vollzog dadurch zugleich die Ueber- setzung eines Bischofs von einer Kirche zur andern. Der Papst setzte sich freylich entgegen. Er befahl den teut- sche», Bischöfen, den König ernstlich zu ermahnen, daß eo von seinen gesetzwidrigen Eingriffen in die Freiheiten der Kirchen abstehen sollte, und schickte zwey Cardinal- legaten nach Deutschland, welche die Sache entscheiden sollten. Allein Friederich gestattete dieses nicht, und gab den Legaten die Weisung, lieber nach Hause zu kehren, bin dritter Legat, der dieser Sache wegen nach Deutsch- land kam, wurde mit Schimpf zurückgewiesen. Frie¬ drich schichte vielmehr seinen Erzbischof selbst nach Rom, die Bestätigung und das Pallium vom Papste Z» ^gehren, und der Papst mußte sich zur Ertheilung von bryden bequemen. Dadurch, sagt Otto von Freysmgen, Kat sich Fried -rich sowohl in weltlichen als geistlichen Sach?-, ein außerordentliches Ansehen erworben; denn es war schon lange nicht erhört worden, daß ein Papst nachgegeben hätte. Die Hauptsache, welche Friederich auseinander M sehen hatte, und weßwegen man selbst bey der Malst auf ihn Rücksicht nahm, war der Streit wegen de» Herzoythums Sayern. Heinrich der Löwe hat zwar auf Betrieb seiner Mutter auf dieses Herzogtum zu Gunsten seines Stiefvaters Heinrichs, Markgrafen von Oesterreich, Verzicht gethan. Mein nach dem Tode seiner Mutter Gertraud suchte er sich von dem eingegangenen Verglei- che wieder loszumachen, 'und setzte alles in Bewegung, um das verlohrne Herzogthum Bayern wieder zu erhal¬ ten. Friederich schrieb zur Beylegung dieser Sache meh¬ rere Reichs - .und Hoftäge aus- Die Sache zog st^ über zwey Jahre lang hinaus, weil Heinrich von Oester¬ reich das rech,mäßig erworbene Herzogthum Bayern nicht herausgeben wollte. Endlich ward im J. 1154 eine V"- sammluisg nach Goslar angesetzt. Heinrich von Oesterreich blieb aus, weil er sich dem Herkommen gemäß nicht für verbunden hielt, auf einer Wahlstatt in einem so ent¬ fernten Lande zu erscheinen. Die versammelten Fürste" sprachen Heinrich dem Löwen daö Herzogthum Bauer" zn. Von der Versammlung zu Goslar war wohl ke>" anderer Spruch zu erwarten; denn sie bestand aus la"^ ter sächsischen Herben, die Heinrich dem Löwen sehr et- geben waren. Mar er aber auch gerecht? Wir wollen nichts von der Ungeselunäßigkeit des Gcricbtsort, von der Partheylichkeit der Richter sagen, sondern d-e Sache nur nach ihren innen. Gründen betrachte». die 54r Kevsx die Achtserklarung Heinrichs des Stolzen ist das Her- jpgthum Bayern dem Kaiser und Reich erlediget worden, Heinnch von Oesterreich wurde damic nach den Geset-en des Reichs mit alle» Feyerlichkeiten belehnt. Heinr.u-s des Stolze» Sohn, Heinrich der Lowe, hat auf Bay¬ er» ausdrücklich Verzicht gerban; hat deswegen das von seinem Barer gleichfalls verwirkte Herzogthum Suchst» Zurückbekommen, und den Besitz aller Allodialgürer stl >er Aintter, obwohl auf einen Theil das.» das H ms Oe- sierreich die gegründeften Ansprüche hatte, H' all.'. Heinrich von Oesterreich hatte also nicht allein d:e kai¬ serliche Belehnung, sondern auch die Derzichrleistvu g r's ^elfischen Hauses, welches dafür noch eine siattlia-e Ent¬ schädigung erhalten hat, für sich. Keine starker» Rechts¬ te! konnte er gewiß nicht babe», und doch wurde das ttheil gegen ihn gefallt. Noch vor Vollziehung essel- e" gieng Friederich nach Italien , und Heinrich der Lö- begleitete ihn. Bey dieser Entfernung wäre es dem "rreichjschen Heinrich leicht gewesen, Unruhen im Rei- chr zu errege»; denn es waren viele Fürsten sehr mis- ^gnügr, daß man mit ihm auf eine so unrechtmäßige verfahren ist, und sie würden gewiß nicht ermangelt abeu, mit ihm gemeine Sache zu machen. Allein Hinrich verhielt sich ruhig, wartete gelassen die Zurück- " 'st des Kaisers ab, und brachte dann mit allem An- ""d seine Einwendungen gegen den wider ihn ergange- Spruch vor. Der Geschichtschreiber Ortilo drückt Heinrichs Betragen so aus: „bienricuz Icksr- iei enm mg^nZ lauäs xuti.Litrer ruiil, Usot aW "'eiprbuL ill psruiu xlscerst," 542 Bevor wir Friederichs Handlungen bey Gelegenheit seines ersten iraliauischen Zuges aus einander setzen, müs¬ sen wir einige Betrachtungen über die -amahlitze Ver¬ fassung von Italien anstellen, weil in derselben die Hauptursache der vielen von Friederich dahin nnternow- menen Züge liegt. Wir müssen hier Unteritalien von Oberitalien wohl unterscheiden. Beyde haben um diese Zeit eine ganz entgegengesetzte Verfassung angenommen. Seit dem Abzüge Lothars II. hat Roger, König von cilien, fast das ganze untere Italien sich unterwor- fen. Vorher waren daselbst mehrere kleine Fürsienthü- mer und Republiken, die in beständigen Uneinigkeiten mit einander lebten, und immerwahrende Kriege unter sich führten. Alle diese kleinen Staaten hat Roger unter sei¬ ner Oberherrschaft vereiniget, und so dem ganzen unteM Italien dik Gestalt eines monarchischen Staates gegeben« Unstreitig gewannen die Länder dadurch, weil nun ein« mahl die inncrn Uneinigkeiten aufhvrten, und Roger durch gute Gesetze und Anordnungen für das allgemeine Beste sorgte. Es ist ein unrichtiger Satz, den manche Politi¬ ker ansstellen, daß es für die Menschheit besser wäre- wenn es statt ^weniger grossen mehrere kleine Staats gäbe, weil dann der Regent jedes einzelnen leichter alle-' übersehen, und die zweckmäßigsten Anstalten zum desselben treffen konnte. Der Mangel an Sicherheit und Duhe, der die unausbleiblichste Folge einer solche« s^r stückelung seyn würde, ließe dergleichen wohlthäcige stalren nie zu Stande kommen; und was für Bedrück»m gen würden die Unterthanen ansgesetzt, wenn es den e nm Souveralus cinfiele, sich aufznblasen und das sty zu wellen, was die grossen sind, wozu die De'-iuch"" immer stark ist? Im ober« Italien geschah eben Gegen- 54Z G'egentheil v»« dem, was im untern erfragt war. Die' N'ößern Städte, die nach und nach reich und mächtig wurde»- siengen an, sich zu suhlen und nach Unabhängigkeit zu streben. Die Bannflüche der Papste wider die Kaiser Heinrich n . und X'. dienten ihnen zum Vorwand, sich der Gewalt der kaiserlichen Statthalter zu entziehen; dann bemäch- Ugten sie sich des ganzen Bezirks, der unter der geisili.- chcn Gerichtsbarkeit ihres Bischofs stand, und wurden Eidlich selbst über den hohen Adel Meister, den sic zwan gen, sich in die Städte zu begeben, und dort das Bür: Utrecht anznnehmen. So entstanden seit Heinrichs V. --citen im obern Jialien fast so viele Republiken, als ^selbst größere Städte waren. Sie nahmen sich das ^te Rom zum Muster iyrer Rcgicrungsform, wählten stch Consules, ließen das Volk durch VrBuno^ reprä j^ttiren, und regierten sich bemrahe ganz unabhängig. hatten sogar ihre eigene Kriegsoerfassung, die kei - "eswegs zu verachten war. Alle Bürger waren Solda - und da Anfangs durch fleißige Betreibung des Acker- ^"es, durch Handel, Kunstfleiß und eine gemäßigte ^gierung der Wohlstand der Bürger sehr befördert wnr. ' so bekam die Bevölkerung in den Städten einen sol- Zuwachs, daß eine Stadt ein ganzes Kriegsherr die Keine stellen konnte, und zwar ein Kriegsheer, aus Mannern bestand, die für ihren eigenen Herd Achten. E,„ Unglück für diese kleinen Republiken war daß sie mit einander bald uneinig wurden. Eine ^tadt wollte über die andere herrschen, besonders zeich- sich hjx Mayländer durch ihre Herrschbegierde aus. ^'eses machte, daß, wenn die teutschcn Könige nach ^lie„ kamen, immer einige Städte es mit ihnen hieb E", "'N sich a„ i^reri Feinden zu rächen. Hätten rm- Städte Z44 Städte zusammengehalten, so wäre es den teutschen Kö- ,«gen unmöglich gewesen, einige Negierungsrechte im ober» Italien auszuüben. So war die Verfassung Oberitaliens beschaffe»/ als Friederich zu Ende des I. 1154 daselbst ankam. Ef hielt in den roncalifchen Feldern den gewöhnlichen Reichs¬ tag , musterte seine Vasallen, und erklärte diejenigen, die ohne Erlaubniß abwesend waren, ihrer Lehen verlu¬ stig. Hierauf machte er den Anfang mir den Feindselig¬ keiten gegen die Mayländer, welche die Städte Como und Lodi gewgltthatig verheeret, die königlichen Befehle verachtet, und das teutsche Kriegsheer durch Gegenden, die von allen Lebensmitteln entblößt waren, zu führen sich un¬ terfangen haben. Er zerstörte verschiedene maylandisch^ Schlößer, eroberte und verwüstete einige mit den ländern gleichgesinnte oder verbundene Städte, und girog dann nach Pavia, wo er im I. ,15; zum Könige vo» Italien gekrönt wurde. Nach diesem brach er mit der größten Geschwindigkeit gegen Nom auf, und brack" dadurch den Papst Hadrian IV. in eine nicht ge>>»^ Verlegenheit. Derselbe lebte mit seinen Römern neck den alten Mißhelligkeiten. Die Römer wollten noch mer die republikanische Regierungsform einführen, den Papst beschränken. In der Ungewißheit, welche they Friederich nehmen werde, hielt der Papst für d>^ rathsamste, durch Abgesandte die Gesinnungen des nigs auszuforschen, und indessen für seine eigene heil zu sorgen, die er ii, der wohl befestigten Stadt Ca- stellana zu finden glaubte. Als er aber durch fei'" sandte erfuhr, daß er von Friederich nichts zu befür ten habe, kam er selbst zu demselben ins Lager. A e hier 645 hier entstand gleich ein Streit zwischen dem Könige und dem Papste, und zwar wegen des Steitzbügelha'tens«, Das Steigbügelhalren war ein Lehendieiift. Die Papste betrachtete» die Kaiser als ihre Vasallen. Daher erwar- *"e auch Hadrian kV., als er vom Pferde absteigen sollte, von Friederich einen solchen Dienst. Friederich über leistete denselben nicht, sondern nahm den Papste nachdem er ihm die Füße geküßt hatte, ganz fteunds schaftlich bey der Hand, und führte ihn in sein Zelt. Her Papst gerieth darüber in die größte Bestürzung, sagte, der König habe durch Unterlassung deS Sleigbü- Zelhaltens den heiligen Peter beschimpft, und verweigerte Hriederichen den Friedenskuß. Nach einem langen Streite, üls einige alte Fürsten versicherten. gegenwärtig gewe¬ sen zu seyn, da Lothar 1>. dein Papste Znnocenz il. diese Ehrenbezeugung erwiesen hatte, soll Friedrich »achgege- Ken und sich auch zum Hakten des Steigbügels bequemt haben. So erzählt die Sache Baromus aus einem va- ^canischen Coder. Helmold aber, ein teutschcr Geschicht« schreibet-, sagt, Friederich habe keinen Anstand gehabt, bem P^stx den Steigbügel zü halten, nur habe er den un¬ echten ergriffen, und als der Papst darüber aufgebracht , pjb Entschuldigung gebraucht, er fty in einem Hellste, den er bisher noch Niemanden geleistet hätte, "'cht geübt; man müsse ihm einen gemachten Fehler schon "."geben. Nach Belegung dieser wichtigen Staatssache ^kle Friederich näher gegen Rom. Jetzt kam ihm eine ^andtschafr der Römer entgegen, die ibm ähnliche An- machte, als an Konrad iil. geschehen waren, nur dem Beysatze, daß er für die Bewilligung der Kai- "kovne vorher eine bestimmte Summe Geldes bezablm ^üßte. Friedlich fertigte die Gesandtschaft der b-ttel« M m bolzen 546 stolzen Republikaner mit einer verächtlichen Antwort zu¬ rück, erklärte sich für den Papst, und empfieng darauf von demselben die kaiserliche Krönung. Bey dieser Ge¬ legenheit mußte der Papst auf Zudringen des Kaisero das schimpfliche Gemählde, welches den Kaiser Lothar i K als Vasallen des Papstes vorstellte, wegraumen lasten- Nun hatte Friederich seinem Herzenswünsche gemäß ernst¬ liche Hand an die völlige Bezwingung von Italien le¬ gen mögen. Zuerst wollte er einen Zug gegen de» Kö¬ nig Wilhelm von Sicilien, Rogers Sohn, unternehmen- Allein die Dienstzeit der Vasallen war bereits verstriche»- Sie wollten nach Hause. Auch rissen starke Krankheiten unter dem Kriegsheere ein. Er mußte also die Ausfüh¬ rung seiner Projekte auf einen andern Zeitpunkt verscho¬ ben , und nach Teurschland zurückkehren» Nach der Zurückkunft des Kaisers gieng der wegen Bayern von neuem an. Heinrich der Löwe, eher dem Kaiser in Italien gute Dienste geleistet hatte- begehrte nun in den Besitz des ihm bereits zugesproche»^ Herzogthums Bayern gesetzt zu werden. Der Kaiser sehr bereitwillig, seinem Verlangen zu willfahren. Lille"' Heinrich von Oesterreich glaubte nicht verpflichtet zu dein Günstling des Kaisers zu Gefallen ein rechlmaö^ erworbenes Land fahren zu lassen, und es war Z" sorgen, daß, wenn der Kaiser Gewalt brauche» w ein grosser Theil der Fürsten sich der gerechten S» Heinrichs annehmen, und ein fürchterlicher Bürger >> entstehen werde. Darum suchte Friederich theilS pe'>" lich, theils durch Unterhändler Heinrichen von ^e^, reich zu einer gutwilligen Abtretung Bayerns zu benO, Heinrich weigerte sich lange. Allein er war zugleich patriotischer Fürst, der nichts mehr verabscheute- - 547 daß seinetwegen die Ruhe Teutschlands gestört werden sollte. Als ihm daher der Kaiser annehmliche Anträge wachte, trat er das Herzogthum Bayern und die damit verbundene Mark zwischen der Ens und dem Inn an dch Kaiser ab. Der Kaiser stellte hierauf das Herzog¬ tum Bayern Heinrich dem Löwen zurück; Heinrich der ^'we aber entsagte zu Gunsten Heinrichs von Oesterreich allen seinen Rechten auf die Mark ob der Ens , und der Kai^r ertheilte noch dazu letzterem Heinrich zur Entschä¬ digung ein grosses Privilegium. Alles dieses geschah zu Regensburg im I. 1156. , Dieses Privilegium macht eine Hauptepoche in der österreichischen Geschichte, und verdient weitläufiger äuS Wiander gesetzt zu werden. Selbes ist nicht nur dem dauiahligen Besitzer von Oesterreich Heinrich und dessen Nachfolgern, sondern auch dem Lande Oesterreich selbst, Elches darin den Titel: olippeu8 L cor stieri Ilomuni Echoen, also einen großem Titel, als selbst die Kuhr- ^ude st, her goldenen Bulle Karls IV., bekommt, nach ^tlh und Urtheil der Fürsten verliehen worden. Es ist ein dingliches Privilegium, welches nicht aufhorr, Vien« die Familie auSstirbt, sondern auf diejenigen über- llchet, die an deren Stelle kommen, und nicht bloß die wussten rwn Oesterreich, sondern curch das Land selbst darin cnheilren Würden und Vorzüge theilhaftig '"acht. Die Puncte des privilegrums sind folgende: Wird die von allen Rechten und Ansprüchen des Her- övgs von Bayern durch dessen Verzicht frey gewordene 'trk ob der Ens zu der Markgrasschafc Oesterreich ge- chlageu, und bcyde zusammen werden zu einem Herzog- erhoben. 2) Wird der neue Herzog von allen -"lfsbeyträgen und Diensten gegen daö Reich f"Y er- M m 2 klart; §48 klärt; nur im Falle eines Krieges gegen Ungern soll G auf eine» Monat zwölf gewaffuete Mann zu stellen ha-> ben, zum Zeichen, daß er ein Reichsfürst sey. Unter diesen i2 viris gi'msns aber sind wahrscheinlich zwölf nach damahliger Art ausgerüstete Ritter zu verstehen, deren jeder eine Anzahl Pferde und Knechte mit sich führte? Z) Der Herzog soll nicht schuldig seyn, die Lehen außer seinem Laude vom Kaiser zu nehmen; wenn er sie niO in seinem Lande erhalt, so ist es hinreichend, wenn er selbe dreymahl gemuthet, das ist, wen» er dreymahl um die Belehnung angesucht hat. 4) Der Herzog vo» Oesterreich wird berechtiget, seine Lehen in einem Für- stenkleide, mit dem durch eine Jinkenkrone verzierten Het- zvgshut auf dem Kopfe, einem Stabe in der Hand zu Pferde, von dem Kaiser zu empfangen. Wenn ni^ bedenkt, daß andere RelchSvasallen zu jenen Zeiten entblößtem Haupte, abgelegtem Schwerte, und auf de" auf eine solche feierliche Art belohnet worden- immer sonst darin Lehengüter zu vergeben hat, Knien die Belehn,mg nehmen mußten; so wird der de» Herzogen von Oesterreich durch dieses Privilegium ein- geräumte Vorzug sehr einleuchtend. Zum letzten Mahl iß Ferdinand I. von seinem Bruder Karl V. im I« '5^ bey Wellenburg in der österreichischen Markgraffchast gau auf eine solche feierliche Art belohnet worden- Das Reich soll in Oesterreich keine Lehen haben. nicht befugt seyn, selbe eher zu verleihen, als er von dem Herzoge dis Belohnung darüber empfangen sonst sollen sie dem Herzoge verfallen ftyu. .Daher koM"' eS, daß alle Lehen in Oesterreich, wenn sie auch auswärtigen Neichsfürsten vergeben werden, immer Lehensbobeit des Herzogs von Oesterreich unterwor , find» 6) Der Herzog soll nicht gehalten ftp»' , , §49 Kem Reichstage zu erscheinen ; erscheint er aber von freien drücken, so soll er als einer von den Pfalzerzherzogen angesehen werden, und den ersten Platz polt L!ecrore8 priiiLi^eL zur rechten Seite des Reichs haben. Wie diese Stelle zu verstehen fey, wird, um hier den Zusammen¬ hang nicht zu 'unterbrechen, unten besonders erörtert wer- den. 7) Der Herzog soll nicht schuldig seyn, vor dem Reiche oder sonst Jemanden zu Recht zu stehen, sondern soll, wenn er belangt wird, von einem seiner hiezu ausgestellten Vasallen Recht geben und nehmen können. Daraus folgt, daß man den Herzog von Oesterreich nicht Key den höchsten Reichsgerichten klagen kann, sondern man *Uuß ih» selbst angehen, daß er ei» Gericht zur Ent¬ scheidung der Sache in seinem Nahmen aufstelle. 8) Nenn der Herzog zum Zweykampf aufgefordert wird, so kann er ohne Nachtheil seiner Ehre durch einen unbe¬ scholtenen Stellvertreter erscheinen. 9) Was der Herzog seinem Lande thun oder anordnen wird, das soll we- der der Kaiser, noch irgend eine andere Macht abzuan- befugt seyn. Der Herzog von Oesterreich hat als) unbeschranktes Recht der Gesetzgebung in seinem Lan- und die Reichsgesetze gelten darin ohne besondere Zunahme des Herzogs nicht. 10) Das Herzogthum Oe- du'reich soll nicht gelheilet, sondern jederzeit auf den äk^- ^'u Sohn des Herzogs, in Ermangelung eines SohncS auf die altere Tochter fortgeerbl werden. Würde " Herzog weder männliche-, noch weibliche Erben hin- Waffen, s» sM er fteye Macht haben, mit seinen Län- Zu disponiren. Oesterreich ist also ein Weiberlchen, kn»» ohne Einwilligung des Kaisers von einem un- ^bte„ Besitzer veräußert werden. 11) Wenn ei» t» Österreich ansaßiger oder begüterter Mensch stoh eines Ver- S5o Verbrechens gegen den Herzog schuldig machen würde, so soll er demselben mit Leib und Gur obue Gnade ver¬ fallen seyn. 12) Wird dem Herzoge wider alle se>>'^ Feinde die Reichshülfe zugesagt, damit er sein Neckt er¬ lange. i ) Wird dem Herzoge alle weltliche Gerick^ barkeit, der Wildbann, die Forst - und Fischgerechtigkcit- das Recht, Juden zu halten, verlieben, und zum lieber- stuft noch hinzugesebt, daß dem Herzogrbum Oesterreich auch alle übrigen Rechte und Frenbeiten, die andern AN" stentbümern des Reichs zusteheu, zu statten kommen w- len. Das Recht, Juden zu halten, war damablS nach in ganz Deutschland ein kaiserliches Regal, und sehr e"'' traglich, weil die Inden für den Schuh ansehnliche men a» die kaiserliche Kammer zahlen musiten, weh^' gen sie auch kaiserliche Kammerkucchie genau,>c wurd^' Die Kuhrfürsten selbst yaben dieses Recht erst i» goldenen Bulle erhalten. Endlich 14) wird erklärt, d"b alle diese Privilegien und Rechte sich auch auf jene 6"' biethe und . üter erstrecken sollen, die künftig durck schäft, Schenkung oder auf andere Arien dem HebM' thum Oesterreich anfallen werden. Nun wollen wir zu dem sechsten Puncte Z"" rückkehreu, und den Rang zu bestimmen suchen, dem Herzoge von Oesterreich nach dem friederiri""' scheu Privilegium gebührt. Die davon redende St haben wir schon oben Seit. 522 aus dein der Originalurkunde angeführt. Die altern Sck'^ steiler waren mit einander ziemlich einig, dasi der Herzog von Oesterreich dadurch den alten grossen gen qleichgesetzt, und ihm der erste Plai; nach den fürsten, oder den vornehmsten Wahlfürsten, dere" schon nm diese Zeit sieben an der Zahl, und zwar " den Geistlichen die drey rheinischen Erzbischöfe von ' 55i Trier und Cöln, unter den Weltlichen den König von Böhmen, den Herzog von Sachsen, den Pfalzgrafen am Rhein und den Markgrafen von Brandenburg, annah- Men, angewiesen worden sey. Allein es kann, wie wir gesehen haben, eben so wenig bewiesen werden, daß es Zu dieser Zeil schon eigentliche Kuhrfürsien gab, als daß sich die Zahl der damahls wirklich vorhandenen vor¬ nehmsten Wahlfürsten ans sieben einschrankle, und daß aus den weltlichen eben die vorgenannten vier Für: sten gehörten. Auch haben es diese Schriftsteller darin versehen, daß sie auf das Wörtchen nm!iüominu8, wel¬ kes in der bekannten Stelle des Privilegiums vorkommt, deine Rücksicht genommen haben, und dadurch veranlaßt Morden sind, den Herzog von Oesterreich aus der Zahl der Llsöh IUM ^rincipnm auözuschließen, worauf c/st Herr Professor von Mumelter in seinem literarischen Ber¬ ich über den Ursprung der Kuhrfürsten, der seinem Wer¬ de«' über die Verdienste österreichischer Reyenren um du« tsutsche Reich eingeschaltet ist, aufmerksam gemacht Jüngst hat Herr Stadtsyndicus Gemeiner in Re- ^usburg in den schon bekannten Berichtigungen die ^Mnisten zu einer ganz neuen Erklärung oft erwahn- Stelle hergegcben. AuS seinen ausgestellten Hy- ^thesen, daß zu Friederichs I. Zeiten alle Fur- Teutschlands den Nahmen sileökores princi po8 ge- ^'drt haben, und daß die Markgrafen von Oesterreich d'st durch das sriedericianische Privilegium zu Fürsten er- ^den worden sind, folgt nothwendig, daß den Herzo- von Oesterreich durch eben gedachtes Privilegium der, ehte Pig^ den Fürsten des Reichs vergönnt wm- sey- Doch da diese Hypothesen nur ungluckli )e ^-gebührten eines andern grundlosen Liebliogtssysient Herrn Stadtsyndicus sind, und da ohnehin dessen 55» Bescheidenheit es wohlbedachtlich erst den geneigten Leser» überlassen hqt, die beliebige Folgerung aus den falsche» Prämissen zu ziehen, so wollen wir uns dabey nicht auf¬ halten. Eine gleiche Ehre, als sich Herr Gemeiner, wen» gleich nicht bey Kennern und Liebhabern historische? Wahrheit, doch bey allen, welche die Herabsetzung des Hauses Oesterreich für . das größte publicistische »nb historische Verdienst ansehen, durch die Erklärung der Worte: .xoü Li Lck>r-.r> j,ri,.cche8 ..erworben haben wußr suchte sich gleich darauf noch im I. r/yZ ebenfalls Z» Regensburg im Angesichte d§r Reichsversannulung ein tim genannter in einer Schrift unrer dem Titel: Ueber die parrsscation der erzherzoAlich österreichischen ten Mit den Gesandten der Auhrfursten des heilige» römischen Reichs durch eine sinnreiche Auslegung d^ Worte.' „UNUL cie pülatlnis ^rcliisunikne ess eenie»"' cine" zu erkämpfen. Damir von der Gründlichkeit siiu^ Eregess nichts vcrlohren gehe, wollen wir feine eigeM^ Worte hieher setzen. . Das Amt des Pfalzgrafen^ Bayern, schreibt er, welches damahls noch in voller Ue- bung war, „erstreckte sich über ganz Bayern, und mit¬ hin auch auf das Land vb der Ens, welches dazu g?" horte, und höchst schäft Oesterreich Privilegium selbst Oesterreich zu einer -... ... ......... ob der Ens von Bayern getrennt. und dem neuen Zügtbum einverleibt werden. Es mußte also natür l die Frage entstehen, ob der Pfalzgraf in Bayern Aufsicht, N-ahmenü des Kaisers ferner über die österre'l chjsche Mark, oder doch über das vom Herzogthum Bess¬ ern nun abgerissene Land ob der Ens, wie bisher, si bchalten solle? rind Kaiser Friederich entschied mit wahrscheinlich auch auf die MarkgE selbst, wie das größere österreichisch sagt. Nun sollte die Markgrafsch^ a cktenvatbum erboben, und das Lund 5sZ stimmung der Stände , daß der neue Herzog keinen Pfalzgrafen als kaiserlichen Aufseher an der Seile ha¬ ben, sondern selbst die Stelle eines solchen in seinem neuen Herzogchum einnehmen sollte: unu« cle x 'uciMs ^rcliisuoibuo ost o«uksu6nr,' wodurch dann der Ver¬ fasser gedachter Schrift ganz nnwidersprechlich gezeigt zü haben glaubt, daß in der angeführten Stelle Les öster¬ reichischen Privilegiums von einer Gleichstellung des Her- )vgs von Oesterreich mit den ftrinoipibuz kleKorilms Aar keine Rede seh- Der ungenannte Verfasser wird uns nicht übel nehmen, wenn wir uns seines eigenen Aus¬ gucks gebrauchen, und sagen, daß diese Hypothese bey. Nahe so viel Irrchümer, wenn man doch affeetirte Un¬ wissenheit und vorsetzlichs Verdrehung Irrchümer nennen kann, als Worte enthalte, i) Möchte man das größere österreichische Privilegium gerne kennen, welches sagt, gß sich das Amt eines bayerischen Pfalzgrafen anch auf g? Markgrafschaft Oesterreich selbst erstreckt habe. Un- wr dem großem österreichischen Privilegium wird das oft pachte Privilegium Friederichs I. verstanden, und der Erfasser hatte selbst die Güte, uns darüber nicht im Iweifel zu .lassen- Er citirt es bey den eben angefähr- Worten nach der senkenbergischen Ausgabe. Nun ^se man dieses Privilegium nach dem Abdrucke Senken- .EW, oder eines Andern, vom Anfang bis zu Ende , Wort zu Wort, so oft Man will, so wird man ari» nicht die geringste Meldung von dem Amtsbezirke . Pfalzgrafen, vielweniger des bayerischen, weder * Beziehung auf Oesterreich, noch auf ein anderes Land, "den. Njchl einmahl der Nähme Pfalzgraf kommt m . ew Cvnterre der ganzen Urkunde vor. Nur als --engen Wd zwey Pfalzgrafen unterschrieben. Der Herr Verfas¬ ser 554 ser hat also entweder den Inhalt des friedericiauischen Privilegiums mit ganz andern Angen, als gewöhnlich Menschen zu haben pflegen, gelesen, oder er wollte den Glauben seiner Leser in die Versuchung führen. Doch vielleicht hat sich der Verfasser nur nicht gut ausgedrückt- Vielleicht war seine Absicht nur, den Freyhcitsbrief zum Beweise der schon hundertfällig auf daö gründlichste und weitläuftigste widerlegten Sage, daß die Markgraffch"ft Oesterreich vorher zum Herzogthum Bayern gehöret ha¬ be, anzuführen, und daraus den Schluß zu machen/ daß sich die Amtsgewalt des bayerischen Pfalzgrafen auch auf selbe erstrecket habe. Aber auch dann hat er fich an eine Quelle gewendet, die anstatt zur Unterstützung seiner Meinung zu dienen, vielmehr den deutlichsten Ge¬ genbeweis an die Hand gibt. Der Kaiser Friederich sagt in dieser Urkunde , der langwierige Streit zwischen He'"' rich von Oesterreich und Heinrich den, Löwen über das Herzogtlmm Bayern und über die Mark ob der Ens fey so beendiget worden, daß Heinrich von Oesterreich dc"' Kaiser das Herzvgthum Bayern und die besagte resigniret habe, worauf der Kaiser sogleich Heinrich Löwen mit dem Herzvgthum Bayern belehnt; die grafschaft Oesterreich aber und die Mark ob der nachdem Heinrich der Löwe allen Rechten chen auf letztere Mark entsagt hatte, in ein verwandelt habe. Halte Heinrich der Lön auf die Markgrafschaft Oesterreich gehabt; wäre Land unter der Ens, welches selbe ausmachce, den H^ zogen von Bayern vorher auf einige Art unterwürfig wesen, und hätte erst jetzt von dieser untergeordnet Verbindung frcy gemacht werden sollen; so hätte nch der Löwe eben so gut seinen Rechten auf diese 4 vinz e und ei„ Recht Z55 vinz , wie auf die Mark ob der EnS entsagen müssen. -Davon aber ist nickt die mindeste Spuhr in dem Privi¬ legium anznrreffen. Die bisher zu Bayern gehörige Mark ob der Ens (inrrcliii g kuperiore parke Uu- miuw anusi, m'rc^ ia suprs gnesnm) wird von der unter der Ens gelegenen und von jeher selbstständigen Markgrafschaft Oesterreich ( marchionakns ^.utirice) in der friedericianischen Urkunde so klar unterschieden, und so deutlich nur von bayerischen Ansprüchen auf die Mark ob der Ens geredet, daß man entweder die geographi¬ sche und noch bis auf den heutigen Tag fortdauernde politische Unterscheidung der Lander ob und unter der Ens nicht kennen, oder den Freyheitsbrief Friederichs I. nie gelesen haben, oder sich dem gerechtesten Dorwurf einer gegen alle Evidenz verstockten Partheysucht blo߬ stellen muß, wenn man zu behaupten wagt, daß darin ein Beweis der Abhängigkeit der Markgrafschaft Oester¬ reich von den Herzogen in Bayern zu finden sey. 2) Da d'e Markgrafschaft Oesterreich nie unter den Herzogen don Bayern stand, so kann sie noch viel weniger zu dem Amtsbezirke der Pfalzgrafen in Bayern gehört haben. ist dieses eine ganz neue Entdeckung des ungenannten Herrn Verfassers. Nur Schade, daß er das, was ihm st' höchst wahrscheinlich ist, auch andern wahrscheinlich ü" machen unterließ. Wenigstens hatte er einige Amts- ^ndlungen des bayerischen Pfalzgrafen in Beziehung auf Markgrafschaft Oesterreich anführen sollen. Doch zu "was Unmöglichen ist ja Niemand verbunden. Wenn "e Verfasser alle bayerischen Geschichtsforscher in den nähme , so wird er nicht eine einzige solche '-^ndlunq vorzubringen im Stande seyn. a) Eo 'st oine ^le Erdichtung, daß bep Erhebung der Markgrasichafl. Oesier» Oesterreich zu einem Herzogtum die Frage entstanden sey, oö der Pfalzgraf in Bayern sein Amt noch ferner in der Markgrafschaft Oesterreich oder doch in dem Lande ob der Ens auszuüben haben sollte, und daß der Kaifte mit Bestimmung der Stände entschieden habe, daß der neue Herzog keinen Pfakzgrafek als kaiserlichen Aufseher an seiner Seite, sondern in seinem neuen Herzogthul« selbst die Stelle eines Pfalzgrafen haben sollte. Von al« llem dem findet sich nicht die entfernteste Spuhr weder in dem friedericianifchen Privilegio, noch in einem gleich« zeitigen Diplom oder Schriftsteller. Es ist daher bey« nahe unbegreiflich, wie 4) der oft gelobte Verfasser sei« nen Lesern eine so grosse Leichtgläubigkeit und Kurzsich¬ tigkeit zumuthen konnte, daß sie auf sein blosses Ehren« wort den abgerissenen Satz der Mdericianischen Arkuridd' ,,unu8 cie Z)3lgkini8 /trckillucibus sll cenlerulus" M die feyerliche Entscheidung der vorgeblichen Frage anneh¬ men, oder sich durch das Beywort polstiiuig verführen lassen werde», einen Pfalzerzherzog für einen Pfalzgrafen zu halten. Jedermann kennt die Stelle, aus deren sammenhang die angeführten Worre herausgerisscn find' Nnd selbe redet so deutlich bloß von der Bestimmung des Ranges, den der nenb Herzog von Oesterreich aufReichs« tagen haben soll, daß es allen Sophisten zusammenge¬ nommen auf ewig unmöglich seyn wird, ihr einen an¬ dern Gegenstand zu unterschieben. Auch ist Jedem, der nur einige KenntNiß von der teutschen Verfassung des Mittelalters hat, der Unterschied zwischen ^rcbniux l^" ,'atinu8 und Eomez palgrinus so bekannt, daß er sich eben so beleidiget finden muß, wenn man ihn durch d^ gesuchte Verwechselung dieser beyden Ehrenstellen blende» Ml, als er Nrsach hätte, ungehalten zu ftp»< u>a>» Zs7. Mn ihn durch die Vermengung der Begriffe hon einem D'ix und OomeL irre zu führen versuchte. Endlich 5) scheint der Ungenannte vergessen zu haben, im voraus Zu überdenken, ob die Stelle deö friedericianischen Prj- düegiums im Zusammenhänge einen Sinn haben werde - Wtnn man seine Erklärung der von ihm daraus gezoge- us» Worte annehmen wollte. Die ganze Stelle würde a^dann so lauten: wenn der Herzog von Oesterreich auf twem Reichstage erscheint, so soll er keinen Pfalzgrafen kaiserlichen Aufseher an der Seite habe», sondern die Stelle eines solchen in seinem neuen Herzvgthum e'unehmen, und mithin auch den ersten Platz xoli Ltoc- ^rsz principss z«r rechten Seite des Reichs erhalten; ^er falls man es wörtlicher übersetzen will: wenn der Herzog von Oesterreich bey was immer für einem öffent- 'chkn Hoftage gegenwärtig seyn wird, so soll er als von den Pfalzgrafen angesehen werden, und nichts- ^»weniger den ersten re. Was gibt dieses für eineu 'un? Soll der Herzog von Oesterreich, der die her- , gliche Würde nach den ausdrücklichen Worten des Prr- ^-giums eben darum erhalten hat, damit ihm von sei- Range, den er vorher als Herzog von Bayern . , nichts entgehe, durch eben dieses Privilegium wie- seiner herzoglichen Würde beraubt, und in die Ka« ^3vrje ^r Pfalzgrafen herunter gewürdiget worden seyn 2 sollte er nur auf dem Reichstag den Platz unter Pfalzgrafen haben? Wie würde er aber dann als sist/b"" gleich nach den vornehmsten Wahl- Zu sitze» kommen, da sogar die alten Pfalzgra- h'e «llc Unterschriften der gleichzeitigen Urkunden M k bamahls den Rang erst nach den Markgrafen a habenund erst später der Pfalzgraf am Rhein SZ8 an einen höher» Platz hinaufgerückt ist? Will aber der Herr Gegner jener Stelle die Bedeutung geben: wenn der Herzog von Oesterreich auf einem Reichstage er¬ scheint, so soll er als ein solcher Herzog, der zugleich die pfalzgrafliche mit der herzoglichen Würde in seiner Per¬ son vereiniget, angesehen werden rc., so schlagt er sich selbst. Der Herzog von Oesterreich würde dann ein grös¬ seres Ansehen und einen höheren Rang gehabt haben, als die übrigen Herzoge, welche Pfalzgrafen als könig¬ liche Aufseher über sich an der Seite hatten, er würde rm eigentlichen Verstände unter den übrigen ein preist- clux gewesen seyu, und wenigstens in allen Ehren und Vorzügen, die den übrigen vornehmsten Fürsten Deutsch- lands oder de» hüeükoribu« pnocipilm« gebührten, Theii gehabt haben. Doch wozu so viel Worte mit eine»* Manne, der so trübe Augen hat, daß er in einer ste- künde ganze Satze liest, von denen andere mit gesunde" Augen kein Wort entdecken können, und eine so g"'^ eigene Hermeneutik besitzt, daß durch seine Interpretation an sich deutliche Stellen unverständlich oder gegen 'H" selbst beweisend werden? Wir wollen daber lieber richtigen Auslegung der bekannten Stelle schreiten- Die Markgrafen von Oesterreich waren seit rads kll. Zeiten zugleich Herzoge von Bayern, »nd ten als solche alle Rechte und Vorzüge der alten geoste Herzoge. Zn diesen gehörten besonders das vorzulsi^ Recht zur ordentlichen Ausübung der Erzamter, und vorzügliche Antheil an den Königswahlen, der ihnen Nahmen Lleökore« principe« oder peiii(ipale8 eunal Als der Markgraf Heinrich ll. das Herzogthmn an Heinrich dem Äwen zurückgeben sollte, wollte e> 559 die herzogliche Würde und die damit verbundenen Ehren und Vorrechte nicht verlieren. Der Kaiser Friederich ^'kannte daö grosse Opfer, welches der Markgraf Hein¬ rich durch die Zurückgabe des Herzogthnms Bayern für die Ruhe Temschlands brachte, und fand es für billig, daß ihm eine so patriotische Handlung an den gehabten derzoglichen Ehren und Vorzügen keinen Nachiheil brin- gen sollte. Deswegen erhob er die Markgrafschaft Oe¬ streich mit der dazu gekommenen Mark ob der Ens in ri" Herzogthum, mit dem ausdrücklichen Beysatz: „ns nutem in Iwo t'akko (der Abtretung von Bayern) putrui nockri karillinn nrr- "«ar«,-," Was kann also durch die Stelle: „8iguibu8vi8 ^arijx xntzliois clnx unckri« prLken8 kuoric, unri8 cks Pa>3tini8 urebitiuLil)N8 eck eenlenckub, auf die feyerliche Verrichtung eines Erzamts auf Hoftä? gen einen Anspruch habe, ünzusehen sey- und einen Platz unter den vornehmsten Wahlfürsten, wozu ans den welt¬ lichen Fürsten eben die Herzoge gehörten, einnehmen kön¬ ne. Nachdem aber der Kaiser ausdrücklich erklärt hat, daß der Herzog von Oesterreich bey allen öffentlichen Ver¬ sammlungen tsn^nam unus tie puiakini« arckitlucibus betrachtet werden, und hiemit auch primnm locnm xock el-Ltore« principe« haben soll, Willman ihm diese Rechts streilig machen. Was sich sonst von selbst verstanden hatte, will man, nachdem cs sehr klar verordnet werde»/ dunkel und zweifelhaft finden. Es ist eine von alle» Staatsrechtslehrern anerkannte Sache, daß das arcbiciuce« pulatini, principe« orcbipalotin: die fürsten bedeute, die auf feyerlichen Höfen die nächsten den Kaiser waren, und den Glanz der kaiserlichen Ma¬ jestät durch die feyerliche Bedienung des Kaisers zu »e^ herrlichen halten, und daß dieser Vorzug den Herzogs zustand. Wenn nun der Herzog von Oesterreich ausdrü^ lich tn die Zahl derselben gesetzt wird, mit was für nem Grunde kann man ihn davon ausschließen? eben so richtiger und bekannter Satz ist es, daß die H"' zöge als ordentliche Erzbeamte des Kaisers die vorueh"^ sten weltlichen Wahlfürsten waren. Wenn nun der zog von Oesterreich eben deßwegen, weil er für e"' /trckl^nx pglatinu« erklärt worden, an die büeKor principe« angefchlossen wird , warum erschöpft mau s' ^ in Mnlhmaffungen, was ihm dadurch für ein Rang gewiesen worden sey? Weil er nun« cic p-rlatin-« cinüncibu« seyn sollte, so mußte er nach der danM^ gen Verfassung norhwendig auch zu den pnncipibus oder vornehmsten Wahlfürsten gehören-^^ M Bindewörter L nünlominns, die in dem Freyheitsbriefs Friederichs l. Vorkommen , und in der Urkundensprache des Mittelalters , wie bereits oben bemerkt worden, so-- als: und dah-w auch, und hiemit zuxt.iL re. deseuren, zeigen dieses so offenbar an, daß man sich wundern muß, wie man den wahren Rang, der dem Herzoge von Oesterreich durch das friedericianische Pri- ^egium angewiesen worden, jemahlö verkennen konnte. Bsenu es der Raum hier gestatten würde, so wollte man den Urkunden der mittleren Zeiten ein langes Ver-- ^'chniß von Stellen anführen, wo die Worte L nibi-o- wrnu« immer diese Bedeutung haben. Doch für die Webner der Urkundensprache ist es genug, sie darauf auf¬ merksam gemacht zu haben. Für diejenigen aber, die daran Zweifel tragen, wird es am besten seyn, sich selbst durch den Zusammenhang in den Urkunden von der Rich- t'gkeit dieser Behauptung zu überzeugen» Sie dürfen nur d'e nächste beste diplomatische Sammlung nachfchlagcn, w wird es ihnen an Gelegenheit dazu nicht fehlen. Dek'Herzog von Oesterreich erhielt also durch das ^'rdericianische Privilegium eigentlich nur den letzten Platz, M'wr den vornehmsten Wahlfürsten. Man erkennt auch dara« die mäßigen und patriotischen Gesinnungen Heine Jochsammergott von Oesterreich, daß er zum Nach- ^eie Belehnung nahmen, unterschieden sie sich auffal¬ lend von allen übrigen Fürsten. Von der kaiserlichen Hof- kanzley wurden sie durch den Titel: illullri8 Dux aus¬ gezeichnet , und selbst der mir Titeln sehr sparsame rö¬ mische Hof gab ihnen den Titel: magnikLuz Oux. Sie erwarben bald darauf auch das Herzogthum Steyermark^ Die folgenden Kaiser vermehrten durch errheilre Privile¬ gien ihre Vorzüge, und unter Friederich 11. war es schon daran, daß Oesterreich und Steyermark in ein König¬ reich verwandelt werden sollten. Das Diplom war wirk¬ lich in der kaiserlichen Canzley schon entworfen. Die übri¬ gen Herzoge hingegen sanken von dieser Zeit an. Dio grossen Herzogtümer Bayern und Sachsen wurden bey Gelegenheit der Achtöerklarung Heinrichs des Löwen ver¬ mindert , und kamen an neue Familien, die sich nicht so¬ gleich zu dem Glanze der alten empvrheben konnten. D"- Herzogrhümer Franken und Schwaben wurden durch die päpstlichen Verfolgungen der hvheiistaufischen Familie >"^ durch die nothgedrungene Freygebigkeit der hohenstaufi- schen Kaiser sehr heruntergesetzt. Die Herzoge von Ober- und Niederlothringen verlohren durch die Eremtivnen 1° vieler Bischöfe und mächtigen Grafen von der Herzoge chen Gewalt vieles von ihrer alten Wichtigkeit, D^ Herzogthum Karnthen war ohnehin nie von einer beson¬ der» Erheblichkeit. Die Herzoge von Iahringen, ran und Limburg waren nur Tirularherzoge» Das unter Friedrich II. entstandene Herzogthum Braunschweig neu, und konnte mit dem Herzogthum Oesterreich "" Steyermark in keine Vergleichung kommen. Bey diesig Umstanden mußten sich nothwendig die Herzoge von Oe¬ sterreich, wie am Ansehen , so auch im Range heben- Daher finden wir auch in der Folge die Herzoge vo S63 Oesterreich aus dein babenbergischen Stamme, so lang derselbe dauerte, nicht nur in den Unterschriften der Ur¬ kunden und in den Erzählungen der Schriftsteller meh¬ ren, Herzogen vorgesetzt, sondern sie erscheinen auch in den Nachrichten von den folgenden Königswahlen, worin die Wählenden nahmentljch angeführt werden, unter den vornehmsten weltlichen Wahlfürsten, de» Herzogen, n cht am letzten, sondern an einem vorzüglicher» Platze. Wir Bolle» nur einige Beyspiels von den Wahlhandlungen hi eher setzen. In dem Briefe, worin die teutschen Für¬ sten hem Papste Jnnocenz Hl. die von ihnen vorgenom- Mene Wahl Philipps von Schwaben berichten, bey Ba- lutz in IteFett. InnvL, III. komme» die vornehmsten weltlichen Wahlfürsten st, folgender Ordnung vor: rex ftoeim«, chux lmxoniL, ü»x LuvaxiX, ^/r/ir-rE, stux Nerurns:, stux DordurinM. Von Friederichs Ist Dahl schreibt die Chronik von Ursberg: „'sturm strin- 0ipe8 ^lemanni^ Ilex viäelicet lZoboemite, Fr-i-e, Dux IZavari« L Dsntxx«ylur Dkuringix L slii Main plures convenience? striclericum Kegem Ličilih ^lsFsiunt in Imperatorem coro nun st uu, , eui eriuin vftm, cum gstiluc ft, cuni.8 ellct, sursverunt ststeüm- tLm." Als Papst .Gregor IX. im I. 1229 die teutschen Fürsten zu bewegen suchte, statt des vielfältig .crcommu- aicirten Kaisers Friederich II. einen andern zu wählen, Dandre er sich -vorzüglich an den Herzog Leopold VII, von Oesterreich, der aber vielmehr dem Kaiser mit dem Papste wieder aus söhnte. Davon erzählt der gleichzeitig §e Mönch Ortilo unter andern folgendes: Cum urge¬ nt Ilomimw Imperii strincip68, ut alimn Im- Ll/§sr'L-rt;.Imperutot' vero e contra eo8 ro» , ut concorstiam iimZi» inter ipUim Domi- N N 2 num 564 num ?gs>3in mecliarent. lliuc plures eorum inrrave^ runt Itgligm Karim in Klovo änno, ytsvrum unu; 6c erat Dux , , cln^ 8uaviT, czui L comes (ünx) Kavaria:, (dieser Aw^ schensatz gehört offenbar hinauf nach Kalarinns äe no), ciux stvloniL, lVIgreliisiua cie Mede maredisius liraniledorZ , ciux 8axon., ciux cle l>>u nesvie , clnx cle Netai s Vleran), ciux IZrgbgnt^' <^ui L Kovauice, Kancle^rgviuS Uurirmice, mareluo Nixire (wahrscheinlich eine durch das Abschreiben eul, standene fehlerhafte Wiederhohlung des Worts Nilnia--) Wenn Z6S Wenn man den Inhalt des friedericianischen Privi¬ legiums mit der damahligen Verfassung der reutschen Neichsiande zusammenhält, so sieht man zwar, daß die Entschädigung, welche Oesterreich für den Verlust deS Herzvgrhums Bayern erhalten hat, in den Au¬ gen der Zeitgenossen groß scheinen mußte; denn die übrigen Herzoge und Fürsten blieben noch kaiserliche Starrhalter in ihren Ländern. Der Herzog von Oester¬ reich ward vollkommener Landesherr, »nd Hieng mit dem teutschen Reiche nur noch durch das Leheusband zusam¬ men. Allein in der Folge haben die übrigen Fürste» die meisten Rechte bekommen, die dem Herzoge von Oester¬ reich in dem Privilegio sind gegeben worden, so daß sich die Vorzüge des Herzogs von Oesterreich nur noch auf einige wenige Stücke einschränken. Diese wiegen gewiß das Hcrzogthum Bayern nicht auf. Die Freyheiten, welche Oesterreich zur Schadloshaltung für Bayern er¬ hielt , glichen den Stiftungen in einer bestimmten Sum¬ me Geldes. Jur Zeit, als dergleichen Stiftungen ge¬ wacht werden, scheinen sie ost sehr groß. Nach Jahr¬ hunderten werden sie durch Vermehrung des Numareren und durch den steigenden Preis aller Sachen unbeträcht- hch. So wurden auch die österreichischen Freyheiten bey ihrem Ursprünge für äußerst wichtig angesehen; verloh¬ nen aber ihren Werth in eben dem Verhältnisse, als sich h>e Vorrechte der übrigen Stande mehrten. Wer wür¬ de heut zu Tage ein Land, wie Bayern ist, dafür her¬ geben wollen? Nach Beylegnng der Streitigkeiten wegen deS Her- övgtlmms Bayern bereitete sich Friederich zu einem aber- ^ahligen Zuge nach Italien. Er hatte dazu wichtige Ur- §66 Ursacken» Die Maylander haben bald nach seiliek Entfernung neue Bündnisse gegen ihn geschlossen, und die kaiserlich gesinnten Städte, besonders Pavia sehr zu verfolgen und zu bedrängen angefangen. Ucverdieß be¬ kam Friederich s, neue «Streitigkeiten mit dein Papste Hadrian IV. Ein Bischof ist auf seiner Rückreise von Rom in Lothringen überfallen und gefänglich ungehalten worden. Dergleichen Auftritte waren in jenen Zeiten nicht selten. Die Tbäter hatten oabey die Erhaltung ei¬ nes guten Lösegeldes zur Absicht. Der Papst schickte zwey Legaten nach Teutschland, um sich über die Nach- läistgkeu des Kaisers in Vefreyung des gefangenen Bischofs zu beklagen. Zn dem Schreiben, welches die Legaten dein Kaiser eben zut Zeit eines Reichstages zn Besamen über¬ brachten, sagte der Papst: der Kaiser solle sich erinnern/ welche Machtvollkommenheit er ihm vor zwey Jahren übertragen, wie gerne er ihm das Kleinod der kaiserli¬ chen Krone verliehen habe rc., und zuletzt setzte er hin¬ zu t , l'eä ll msstuu bt-nt-stoia Kxoelleutiu tun cle ma¬ nu nostra lnicepiliek, — non iminento ßgustersmus-^ Ufber das Wort k-mk-stcig wurden der Kaiser und die auf dem Reichstage gegenwärtigen Fürsten sehr aufge¬ bracht; denn stenelciun bedeutet, in der Spracke jener Zeiten gemeiniglich ein Lehen. Der Kaiser, dem alles , was von Rom kam, schon verdächtig war, glaubte, der Papst wolle ihm dadurch zu verstehen geben, daß er die Kaiserwürde von ihm zu Leben empfangen habe. fiel ihm sogleich daö auf Lothar ll. gemachte Gemälstde rin, und er batte, nach dem Conterte des päpstlich^ Schreibens zu urtbeilen, nicht unrecht. Einer der päpst¬ lichen Legaten, da er die Gährung unter den Fürsten br- merkte, begieng noch die Unvorsichtigkeit, daß er in der offen t- 567 öffentlichen Versammlung die Worte fallen ließ: „wenn der Kaiser das Reich nicht vom Papste hat, von wem hat er es sonst?" Dieses erbitterte den Pfalzgrafen , Otto von Wittelsbach, der eben dem Kaiser das Reichs¬ schwert vortrug, so sehr, daß er selbes anfhob, und dem Legaten den Kopf spalten wollte. Der Kaiser und die übrigen Fürste» mußten ihn zurückhalten. Die päpst¬ lichen Legaten wurden sogleich aus der Neichsversamm- lung fortgeschafft, mit dem angehängten Befehle, den andern Morgen in aller Früh nach Rom zurück zu kehren, und sich unterwegs in keinem Domstifte oder Kloster anf- zuhalten. Der Kaiser machte hierauf die Ursachen seines Verfahrens gegen die Legaten dem ganzen Reiche durch ein Circularschreiben bekannt, worin es unter andern heißt, daß man bey ihnen viele chartas biancn^ gefun¬ den habe, ünf die sie schreiben konnten, was sie woll¬ ten, und dadurch ihr Gift allen Kirchen des teutschen Reichs mitzutheilen, die Altäre zu entblößen, die Kir- chengefaße fortzuschleppcn, und die Kreutze zu berau¬ ben pflegten. Auch kommt darin die Stelle vor: »istuuin per eleAionem privcipum u solo Ueo regnum sc imperium nolirum üt, — stuicunstue nos imperia¬ lem coronam pro deneirmo a clomino ?axs sulcepills äixerit, llivinD inikitutioni L lloskrinD ?ecri contra¬ rius Hieraus sieht man den Ursprung des Sa- hes, daß die bürgerliche Oberherrschaft von Gott her- kvnnne. Derselbe wurde nämlich aufgestellt, um den Päpsten entgegen zu arbeiten, welche behaupteten, daß "ur sie ihre Gewalt von Gott erhalten, der Kaiser und die Könige aber von ihnen. Dieser Satz hat sich ber- "ash lange in dem Staatsrechte erhalten. Heut zu ^ia- He aber gehet man natürlicher zu Werke, und leitet die bür- M bürgerliche Oberherrschaft aus dem Unterwerfungsvertra- ge der Bürger ber. Der Papst hielt in diesen Umstän¬ den nicht für räthlich, einen weitern Schritt gegen den Kaiser zu thnn, bevor er nicht die Gesinnungen der tent- schen Geistlichkeit erforscht haben würde. Er beschwerte sich daher in einem Schreiben an die teulschen Bischöfe über Friederichs Betragen, und ersuchte sie, ihn auf bessere Gedanken zu bringen; erhielt aber von denselben hie unerwartete männliche Antwort; „Awey Dinge stud es, nach welchen unser Reich regiert werden muß, die Gesetze der Kaiser und der gute Gebrauch unserer Vor¬ fahren. Diese Grunzen wollen wir weder, noch können sie überschreiten. Dem Papste erweisen wir gerne die schuldige Ehrerbietigkeit; unsere freye Reichskrone aber schreiben wir' bloß einer göttlichen Wvhllhat zu, De"> Erzbischöfe von Maynz erkennen wir die erste Wahl stim¬ me zu, und so den übrigen Fürsten der Ordnung nach i dem Erzbischöfe pon.Cöln aber die königliche Krönung/ und dem Papste die kaiserliche als die höchste. Was über dieses hinaus ist, ist überflüssig, und kommt vo»' Bösen." Als der Papst sah, daß cs ihm schwer gelin¬ gen dürfte, die teutsche Geistlichkeit gegen den Kaiser aufznheken, und er zugleich erfuhr, daß der Kaiser im Begriffe stehe, mit einer Armee nach Italien zu geben, blieb ihm nichts übrig, als sich zu einer Entschuldigung zu entschließe», was ihm auch die teutschei. Bischöfe a»- gerathen hatten. Er schickte daher zwey Cardinale mit einem sehr höflichen Schreiben an den Kaiser ab, mori" «r sich wundert, wie der Kaiser das Wort lienc-kiciuM habe so übel nehmen, und so falsch auslegen können, dann aus her Etymologie zeigt, daß es nur ganz unei- tzentlicy von einigen für ein Lehen genommen werde, sich 56- sich erwart, daß er selbes In seiner ursprünglichen Be¬ deutung, in der es in der ganzen heiligen Schrift immer verkommt, gebraucht und weiter nichts darunter ver¬ standen habe, als bonum staKum, wofür ja doch die so herrliche Aussetzung der Kaiserkrone gehalten werden müßte. Diese Erklärung beruhigte den Kaiser. Doch gieng im I. >rz8 der zwepte Zuy nach Italien vor sich. Der Sturm brach zuerst über May- land los- Die Sradt wurde sehr eng eingeschlossen, und größtcnrheils durch Abschneidung der Zufuhr gezwungen, sich zu ergeben. Unter den Bedingungen der Uncerwer- fuüg war eine der vornehmsten, daß künftig die Consu- len von dem Kaiser sollten bestätiget werden; denn die¬ ses hielt der Kaiser für das beste Mittel, sich der Treue der Mayländer zu versichern. Die Art der Unterwerfung lvar schandervoll. Geistliche und Weltliche kamen bar¬ fuß und in schlechten Kleidern in das kaiserliche Lager. Die Geistlichen hielten Kreutze in die Höhe, die Consu- und der Adel hatten Schwerter auf dem Nacken, das gemeine Volk aber Stricke um den Hals. Allein dieses strenge Verfahren Friederichs gegen die Maylan- der hinterließ einen heimlichen Groll in ihren Herzen, der sie geneigt machte, sich bey jeder günstige» Gelegen¬ heit von neuem zu empören. Nach der Bezwingung von Mayland hielt Friede- l'ch einen grossen Keichotay rn den roncalaschen Fel- Die Kaiser waren Könige von Italien; aber die ^'glichen Rechte waren nicht bestimmt. So lang die ^"ige mic einem Kriegsheer in Italien standen, war das 57<-'- das Recht, was sie damit ausrichten konnten. .Kaum aber waren sie weg, so thaten die Jtakiäner, was sie wollten. Friederich wollte mm seine Rechte auf dem Reichstage bestimmen lassen. Aber woraus ? Hier wußte sich Friederichs Staatsklugheit den Geist des Zeitalters zu Nutzen zu machen. In Italien wurde eben damahls das römische Recht mit größtem Enthusiasmus betrie¬ ben. Dieses Recht war zugleich der monarchischen Re- gternngsform sehr günstig. Es war also gewiß ein gu¬ ter Einfall, die Rechte eines Königs von Italien dar¬ aus berzulciten. Friederich ließ in dieser Absicht vier be¬ rühmte Rechtsgelehrte von Bononien kommen. Bulga- rus, Martinus, Jacobus und Hugo waren ihre Nah¬ men- Selben gesellte er die anwesenden Richter der lom¬ bardischen Städte zu. Diese calculirteu nun nach dem römischen Gesetzbuchs die Rechte eines Königs von Ita¬ lien, und vereinigten sich endlich dahin, daß die Herzog- thümcr, Markgrafschafren, Grafschaften, Consulate, die Münz 7 und Iollgerechtigkeit, das Fodrum oder die Pro- viantlieferungcn bey der Anwesenheit des Kaisers in Jt«- üen, die Hafen, Mühlen, Fischerey, und überhaupt alle Nutzungen von den Flüssen, wie auch das Recht- nicht nur Grund - sondern auch Kopfsteuern zu fordern, zu den Regalien eines Königs von Italien gehören. Stück von diesem Ausspruch ist hernach in die SaM>»' lnng des longobardischen Lehenrechts gekommen. kein Aufsehen zu erwecken, brauchte Friederich die größte Mäßigung, Er bestätigte diejenigen, welche die Reg»" licn bisher auf eine rechtmäßige Art inne gehabt, in de»' Besitze derselben, scheint auch übrigens nicht Willens ge¬ wesen zu seyn, sich in den Besitz aller ihm zugesproche- neu Regalien zu setzen, sondern seine Hanprabsicht g>e>'s wahr- 57l wahrscheinlich nur dahin, auf die Bestellung der Con- sulen in den Städten einen grbßern Einfluß zu bekom- wen, um von ihrer Treue gesicherter zu seyn, und sei¬ nen Fiscus, so viel sich thun ließe, zu bereichern. Man berechnete wirklich die jährlichen Steuern, die ihm zuer- kannt wurden, auf go Tausend Pfund Silbers. Nach diesem machte Friederich einige Lehentzese- tze, wodurch er den Lehendienst und das Lehenverhalt- Niß genauer bestimmte. Darunter sind folgende zwey besonders merkwürdig: kein Vasall soll befugt sey», ohne Einwilligung des Lehenherrn sein Lehen auf irgend eine -Heise zu veräußern; die Herzvgthümer, Markgrafschaft len und Grafschaften sollen untheilbar seyn. Don dem krsten lag der Grund darin. Als der Kaiser nach Ita¬ lien kgm, und seine Vasallen zum Ledcndienst aufbot, erschienen diese mit einem weit geringem Gefolge von ihren Lehenleuten, als der Kaiser sich Rechnung gemacht batte, und als sie darüber zur Rede gestellt wurden, karschuldigten sie sich damit, daß ihre Lebenlente keine ^dendienste mehr leisten wollten, weil sie nicht mehr die ^hengüter besaßen, und die jetzigen Besitzer ebenfalls "icht glaubten, dazu verbunden zu seyn, weil sie die Eiüter nicht unter der Lehenverbindlichkeit empfangen, sanden, gekauft haben. Damit nun durch dergleichen ^illkührliche Veräußerungen nicht der Lehendicnst gemin- ^rt würde, verbot Friederich nicht nur fürs Künftige "be Arten von Veräußerungen der Lehen, die ohne Bor¬ chen des Lehenherrn geschehen würden, sondern erklärte ""jb die schon vorgenommenen für nichtig. Das zweyte Endete sich vermuthlich darauf, daß Friederich die Her- ^Rhümer, Markarafschaften und Grafschaften, wenn sie gleich 572 gieich schon erblich waren, noch immer als Statthalter¬ schaften betrachtete. Es wäre unschicklich, wenn ein Va¬ ter durch Erzeugung mehrerer Söhne mehrere Statthal¬ ter in dem nämlichen Bezirke, den er vorher allein Z" verwalten hatte, machen könnte. Sobald aber die Her¬ zoge , Markgrafen und Grafen Landesherren geworden sind, siengen sogleich die Lheilungen an, Ueberdieß publixirte Friederich auf dem roncali- schen Reichstage einen Landfrieden, den alle icalian>- schen Städte beobachten sollten, und ergänzte die Gesetzt Kaiser Justinians durch so genannte ^uklienticgs, oder Zusätze Zit dem Coder, die hernach in denselben a»sZ^ nommen, und unter die Gesetze, auf welche sie eine Be¬ ziehung hatten, geschrieben worden sind. Diese sind fkiedericianischen Aurhentiken. Es gibt aber im 6'^ der noch andere Lnikoinicss, die von den Glossatortt' herrühren; denn diese haben schon vorher aus den No¬ vellen Justinians Auszüge gemacht, und selbe unter Gesetze des Coder, denen sie derogiren, gesetzt. Mer den Authentiken Friederichs verdient besonders die tbentios I/ab/tn, ne irlin8 zno ziutro im iglen Titel gten Buches des justinianischen Coder bemerkt zu wor¬ den, weil sie als die Grundlage der nachherigen Versah sung der Universitäten angesehen werden kann. Fried¬ rich sorgte darin für die Sicherheit der Studierendem und bestimmte für sie einen eigenen Gerichtsstand. Beweggrund zur Erlassung dieser Verordnung g>^ selbst mit folgenden Worten an: „Uignum namgue ex' sklmumus, nc, gnum 0MNS8 bona kseientes liolkra Isuäem 6r zrrotekkionem omnimoclo mereuntur, rum seiemia totus illuminstnr munäus, 6t mi obe LllÜNM LsZ smilim Deo L nobib h esn8 minlsirib, vitg sschseäbo- ^UNI informutnr, gusclum ftrsciuli liiiectione eos ab omni insuria ciet'emismu8> <^M8 enim eorum non mi- lsrermil.'» gui uMore seientiL exnleo siussi, cie clivi- ^bliz xavxereo Ismet ipsso exinaviunt vicuM 5näm tUulrio zrerieUlis exxonvnc, i^ rubuz (guoä tzruviter t'erenciuin eü) cor^orales in- i"tis8 lins egut'g xerterunc?" Der Kaiser Friederich h'elt, wie wir aus dieser Stelle sehen, die Wissenschaf¬ ten und die Aufklärung für das Mittel -> Folgsamkeit ge¬ llen Gott und gegen den Regenten den Unrcrrhanen ein- Lösten. Et dachte alsv hierin ganz anders, als eini¬ ge lichtscheuen Egoistenwelche Fürsten, die um das ^Üvhl ihrer Lander besorgt sind, und die Welt zu über¬ reden suchen, daß die Wissenschaften und Aufklärung den Gehorsam gegen Gott und gegen die Regenten untergrab den. Friederich erklärt in der angeführten Anthentik die Lente, welche die Freunds der Wissenschaften injuriiren, 'lsso t'uLko für ehrlos- Akachdem sich Friederich einige Zeit mit det Tesetzr gebliNg beschäftiget halte, entschied er auch als Richter bey ihm angebrachten Klagen, und ließ eine grosse ^erechrigkeitSliebe blicken. Friederich war hier nutet lau- Juristen. Als er eines Tages mit dem Bulgaruä '"'d MaictinuS ausritt, ereignete sich folgender Vorfall, Otto Morena beschreibt: „yuum äowinuo imxera- ^r I'einel eguituret luper c^nocluin Ino xulusseno in ^mliy Dominorum Lulgori L Norcini, exgussivic , ncrum sie jure esset rlominuo mnnäi; L üie- resiponclit, sinoä non erat äo- asi xrojrrieratem; clominus vei v Nur- 574 Nurtinug chxit , ^uoc! erat üominuü, L runo Impe- rator, Himm cieleencliii'oc cio pLlulrenv, super guc> lftäeiwc, kocit eum prLiencriri cinJo iAartino; Ilulg»- NlS Lutem twe uuclions. llixit ÜLL elsgunüu verbi't ^mili eguum , puia tzixi Lgnum, cp.wü non erst Lgnum." Oie Meinung von der kaiserlichen Herrschaft über dle Welt war also jetzt nicht nur am kaiserliche» Hofe, sondern auch in der damWigxrr Jurisprudenz ei» ausgemachter Satz. Durch die Thaten vor Miyland und durch die An¬ ordnungen auf den roncalischen Feldern hat sich Friede¬ rich ein außerordentliches Ansehen gegeben. Nieman^ war darüber eifersüchtiger, als der Papst Hadrian 17- Er glaubte, es ftp ihm dadurch eben so viel entgan¬ gen, als dem Kaiser zugewachftn ist. Er suchte dalft' nur Gelegenheit, mit dem Kaiser anzubinden. Ein I»- risdictionssireit bot ihm dieselbe an. Er schrieb einen i" sehr harten Ausdrücken abgefanten Brief an den Kaiser, worin er ihm gleichsam verbot , in dieser Sache ft"' Richtcramt auszuüben. Und was noch beleidigender so ließ er diesen Brief dem Kaiser durch einen zerlump¬ ten Menschen zustellen, der sich gleich nach Einhändig"^ desselben verlohr. Friederich, der ein sehr reitzbares Ätz'' gefüh! hatte, ertheilie nun seinen Notarien den Befehl? i» den Schreiben an den Papst besten Nahmen allzeit de»' feinigen nachzusetzen, und den Papst in der einfachen M" Nu zu nennen. Man kann sich leicht vorsieilen, hoch der stolze Hadrian dieses empfunden haben müsse- Er antwortete noch heftiger, ließ die Worte Jusolenz «>^ Arroganz einssießen, warf dem Kaiser vor, daß K dft dem heiligen Peter und ihm geschworne Treue nicht be .obachte. 575 Machte, indem er von den Bischöfen, ,,gui 6ii tunc , stlii excelü vmnes " (eine Anspielung auf den 6. Vers des 8t. Psalm) die Lehenpflicht fordere, ihre geheiligten Hände in die seinigeu lege, und den päpstlichen Cardi- uallegaten die Kirchen und Städte versperre. Zuletzt riech er dem Kaiser in sich zu gehen, und sich nicht Rechte anzumassen, die ihm nicht verliehen worden, da- Mit er nicht selbst die verliehenen verliere. Friederich Hieb in der Gegenantwort dein Papste nichts schuldig E* sagte: „Wir haben unsere Neichswürde und Krone dvn unsem Vorfahren. Euer Papstrhum aber hat zu Konstantins des Grossen Zeiten keine Regalien gehabt: alles, was ihr davon besitzt, kommt von der Freygcs Hgkeit der Kaiser her. Daher setzen wir mir Recht nn- sirn Nahmen dem eurigen vor, wie eS die alten Kauer i^chan haben. Uebrigens könnet ihr ein gleiches thum Tste Bischöfe, welche unsere Regalien inne haben, mu s?" uns entweder dieselben zurückstcllen, oder dem Kai- geben, was des Kaisers ist. Euren Kardinalen ha- wir freylich die Kirchen und Städte verschlossen, weil six darin nicht predigen, sondern plündern, nicht Friede stiften, sondern Geld rauben, nicht die Welt ver-- Hssern, sondern Geld zusammenscharren sehen." Am En- H empfahl er dem Papste die Demuth und Sanftmuch. dieser Briefwechsel entfernte den Kaiser und den Papst weiter von einander. Einige gut gesinnten Leute, welche das Unheil vorhersahcn, welches aus einer neuen Innung des Reichs und der Kirche entstehen würde, ^mühecen sich, das gute Vernehmen zwischen dein Kai: und dem Papste wieder hcrzustellen. Friederich machte einen Schritt dazu, und trug sich an, den Streit Milchen ihm und dem Papste einigen Schiedsrichtern zur Unter- 576 Untersuchung und Entscheidung zu überlassen. Allein Ha- . driau nahm den Vorschlag nicht an, aus dem Grunde, weil ein Papst von Niemanden andern, als von Gott gerichtet werden könne; vielmehr schloß er mit dem Kö¬ nige von Sicilien, und Mik den Städten Mayland und Brescia ein Bündniß, an dem auch die meisten Cardi¬ nale Antheil nahmen. Die Puncte dcö Bündnisses wa-- ren, daß kein Theil den andern verlassen, und ohne des¬ selben Einwilligung sich mit dem Kaiser vergleichen wolle. Würde Hadrian sterben, so sollte kein anderer zum Papste gewählt werden, als der mit in diesem Bündnisse stünde. Der Papst wurde nun weiter gegen den Kaiser gegangen seyn, wenn ihn nicht der ^oo über- höhlet hätte- Friederich vernahm Hadrians Todesfall, als kt eben Crema belagerte; denn in der Lombardei) war in¬ dessen auf Verhetzung des Papstes ein grosser Aufruf wider den Raiser entstanden. Friederich hatte nach ge¬ endigtem roncalischen Reichstage Commissarien nach de» verschiedenen lombardischen Städten abgeschickt / um dem ReichStagsschlusse gemäß neue Consulen einzusetzen. ruhig sich alles bey Bekanntmachung der roncalisiH^ Reichstagsschlüsse verhielt, so ^aufgebracht war nun les, als es ans die Erecmion derselben ankam. Mayland fiel man über die Häuser der kaiserlichen Com¬ mis,anen her, so daß sich diese nur mit genauer Notb noch retten konnten. Weil Friederich seine Armee bereit entlassen hatte, so mußte er jetzt um frische Truppe" nach Teutschland schicken, um damit die Aufrührer Z" Paaren zu treiben. Mittlerweil suchte er mit den ib"' ergebenen Pavesauern, Cremonesern, und den noch ihm 5"7 ihm zurückgebliebenen Deutschen den Mailändern so viel Abbruch zu chuu, als es möglich war. Als eine Ver¬ stärkung aus Deutschland ankam, so belagerte er die mit den Maylandern verbundene Skadl Crema. Diese Be¬ lagerung^ liefert die grausamsten Scenen sowohl von Seire der Belagerer, als der Belagerten. Der Kaiser ließ go vornehme Eremenser, die ihm ehedem zu Geiseln stad gegeben worden, an die Belagerungsmaschinen bin¬ den, um die Belagerten in die Nothweudigkeic zu ver¬ sehen , entweder ihre eigenen Bürger und Verwandten ö» tobten, oder die Belagerungsmaschinen an du'Mauern üM'ücken und die'Stadt erobern zu lasten. Die Cre- wenser achteren darauf nicht, und setzten die Vcrrheidi- gnng fort ; wurden aber endlich durch das zunehmende Elend gezwungen, sich zu ergeben. Nachdem die Ein¬ wohner mir dem, was jeder auf seinem Rücken forttra¬ gen konnte, ausgezogen, wurde die Stadt den Pavesa- «ern und Ercmonesern zum Schleifen überlassen, die selbe mit einer unglaublichen Geschwindigkeit zerstörten; denn die Erbitterung der Jtaliäner gegen einander war Weit starker, als gegen die Deutschen. Von Crema begab sich Friederich nach Pavia, um dw indessen ausgcbrochene Rirchenspalcuazr zu heben. Noch bey Lebzeiten Hadrians waren zu Nom zwey Par- lheyen, die sicilianische, zu welcher sich die meisten Car- binäle bekannten, und die kaiserliche. Nach HadrianS Tvde verbanden sich die Cardinale, daß keiner Papst seyn sollte, der nicht von beyden Partheyen wird er- wahlr werden. Allein dieses wurde nicht beobachtet. sicilianische Parthey wählte einseitig den Cardinal ^'laud, eben denjenigen, der sich zu Besancon >v un- , O 0 bescheiden 573 bescheiden gegen den Kaiser aufgefühxt hat, zum Papste. Er nahm den Nahmen Alexanders lll. an. Die kaiser¬ liche Parthey setzte ihm sogleich Victor III. entgegen. Alexander, der sich zu Rom nicht sicher glaubte, flüch¬ tete sich in das sicilianische Gebieth. Cs war also ein sogenanntes Schisma im Papstthume. Um demselben abzuhelfen, berief Friederich ein allgemeines Conciliuin nach Pavia. Er sagte, daß er dieses mit eben dem Rech¬ te thne, mit welchem es seine Vorfahren, die römischen Kaiser Constantin, Justinian und Karl der Grosse ge- than haben. Zu dem Concilio wurden die Bischöfe und Aebte aus allen christlichen Neichen, also auch aus Encss land, Frankreich, Spanien, Ungern und Dänemark ein- geladen. Allein hier zeigte sich gleich, was für ei» Un¬ terschied zwischen einem alten römischen Kaiser, der alle christlichen Bischöfe unter seiner weltlichen Oberherrschaft darre, und putschen einem römisch - reutschcn Kaiser ftp» Es erschienen nur die Bischöfe ans der Lombardey und Teutschland, die unter Friederichs weltlicher Herrschaft standen. Auf die Kirchenversammliing wurden auch die beyden Papste beschieden. Alexander stellte sich »ickh indem er als rechtmäßiger Papst sich weder von einen' Concilio , noch weniger aber von dem Kaiser könnte richten lassen. Victor aber fand sich ein, und wurde als der rechtmäßige Papst anerkannt. Alexander gab jedoch nicht nach, weil er au den Königen von Frank¬ reich und England eine Stütze hatte; vielmehr cxcon'< municirte er den Kaiser und Victor III. , und SicherheitS halber nach Frankreich. Nachdem Friederich frische Truppen aus Teuft l land erhalten harte, belagerte er das stolze und ihw I ge- 579 gehäßige Mayland, und eroberte es nach sieben Mo- uatheii. Die Maylander mußren das Speciakel, wel¬ ches sie bey ihrer ersten Bezwingung vorstellten, erneuern. Dann hatte Friederich den Plan, sich auch Neapel und Sicilien unterwürfig zu machen. In diesem Ende mußte er den Rücken sicher haben. Er entschloß sich daher, die Stadt Mayland, welche ihm wieder gefährlich hatte werden können, Zu zerstören. Den Auftrag dazu gab Er den kaiserlich gesinnten italiänischeu Städten, rind diese Waren bald damit fertig. Indessen wurde doch die Stadt wcht ganz in einen Steinhaufen verwandelt, nicht einmahl die Mauern wurden ganz niedergerissen, wie hatte sonst diese Stadt bald wieder dem Kaiser trotzen können? Bey der Plünderung der Sradt glaubte der Erzbischof von Cöln die Leider der heiligen dreh Könige erbeutet haben, die noch jetzt in Cöln gezeigt werden. Nach der Bezwingung von Mayland ergaben sich auch die übrigen lombardischen Städte. Wie sich Friederich Mei¬ ner von der ganzen Lombardei) zu seyn glaubte, kehrte " nach einer vierjährigen Abwesenheit durch Burgund "ach Teutschland zurück. Allein in der Lombardey geriet!) bald alles wieder E" ^llervoirrnnA. Das Schicksal der Stadt Niayland wachte auch auf ihre vormahligen Feinde Eindruck. Die kaiserlichen Beamte» drückten Freund und Feind fast auf Eine gleiche Art. Der Hang zur Freyheit wachte bey ^EN italianischeu Städten wieder auf. Es fiel ihnen un- ÜEMein hart, nicht selbst gewählte Consulen zu haben, yiis Friederich von diesen Bewegungen Nachricht erhielt, s" brach er im I. n6z das dritremahl nack) Italien ans, Er konnte aber in der Eile nicht viele gruppen O o 2 zusam- 58o zusammenbn'ngen , und hatte deßwegen nur wenig Anse¬ hen m Italien. Dieses machte die lombardischen Stavce, die von Venedig aus mit Geld unterstützt wurden, ft nuithig, dast sie einen neuen Bund unter sich errichte¬ ten , und sich verbanden, dem Kaiser nichts mehr zu lei¬ sten, als sie ihm vorher geleistet haben. Einige Städte hielten zwar aus Furcht noch zurück, traten aber bey günstiger Gelegenheit gleichfalls dem Bunde bey. Auch versah es Friederich darin, daß er den Vorstellungen seiner Beamten, die ihm die äußerste Strenge gegen die Lombardei' anrietheu, mehr Glauben beymaß, als den bey ihm angebrachten Klagen der Lombardei-. Unterdessen war der Papst Victor III. im I. l>64 gestorben. Dieses wäre für Friederichen eine yute Ge¬ legenheit gewesen, sich mir Alerander III. auszusöhueu- Allein auf Betrieb seines Erzcanzlers Reinold wurde ft- gleich ein neuer Papst, Pascal III., dem Alerander ent¬ gegen gesetzt. Der Kaiser war Zwar damit nicht zuftft- den, weil die Wahl ohne sein Vorwissen geschehen wu>'« Doch wollte er dieselbe nicht rückgängig machen, u-eä ihn Alerander durch fortgesetzte Aufwiegelung i>m>'^ mehr zum Unwillen reitzle. Er bestätigte also Pasi^ Hl., und ft dauerte das Schisma fort. Friederichs Ansehen litt bey seinem dritten Äugt sehr, weil er wegen Mangel der Truppen nichts gege" die lombardischen Städte unternehmen konnte. Er braucht eine neue Armee, und, um diese auf die Beine zu b'""' gen, mußte er sich entschließen, selbst »ach Teutschla"^ zu gehen. Wahrend seiner Abwesenheit hanftteu ft"' Beamten in der Lombardey sehr übel. In TeutsclM" habe» 58! haben indessen die Befehdungen imgemein über Hand ge¬ nommen. Friederich getraute sich nicht, gegen derglei¬ chen Ansschweifungen strenge zu seyn, um die Fürsten, deren Hülfe er zu seinem italiänischeu Zuge nöthig hatte, bey gutem B illen zu erhalten. Er machte also nicht so viel den Richter, als den Vermittler. Wegen dieser innerlichen Unruhen und wegen der Abneigung der reutschen Fürsten vor den iraliänischen Zügen konnte Friederich seinen vierten Zug nach Ica- bien erst im F. rib6 zu Stande bringen. Als er da¬ selbst erschien, wurden bey ihm von allen Seiten Klagen gegen feine Beamten angebracht. Allein diese beriefen sich immer auf den Grundsatz, daß mau die Lombarder harr halten müsse, weil sie zur Empörung sehr geneigt sind, und Friederich gieng, ohne sich mit Abthuung der Beschwerden abzugeben, nach Rom, um dort Palcal lls. als Papst einzuscken; denn die Römer haben indessen den Papst Alerander lll. zurückgerufen. Friederich be- ^achiigte sich des Theils der Stadt diesseits der Tiber, ^ur die befestigte Petcrskirche blieb noch von den Anhän¬ gern Aleranders besetzt. Um auch diese in seine Gewalt bekommen, ließ er nm dieselbe herum Feuer machen, vorauf sic von der Besatzung verlassen wurde. Pascal winde uun in die Peterökirche eingeführt, und sicherlich den Stuhl Petri erhoben. Alerander mußte aus ^vln entweichen. Die Romer aber leisteten dem Kaiser Eid der Treue, und erkannten Pascal lll. als recht- ^aßigen Papst. Aleranders ganze Hoffnung berührte '"w noch auf dem Könige von Sicilien, vor dem es aber den, Kaiser nicht bange war. Allein auf einmal)! gab das italianische Clima den Sachen eine andere Wen¬ dung. Z82 düng. In dem Lager des Kaisers riß eine so verhee¬ rende Seuche ein, daß in wenigen Tagen der größte Theil seines Heeres, rind viele Fürsten von seinem Ge¬ folge dahin waren. Unter den letzten, befanden sich auch der Erzbischof Reinold von Eöln, des Kaisers ErzeanZ- ler, Friederich von Rothenburg, Herzog von Schwaben, und Kaisers Konrad lll. einziger Sohn, und Welf der Jüngere, ein Sohn des alten Welf VI. Von jenen abergläubischen Zeiten war wohl nichts anders zu er- warren, als daß man die grosse Sterblichkeit unter teM kaijerlichen Heere für eine Strafe Gottes ansehen wer¬ de , weil Friederich in der Nabe der Peterskirche hat Feuer anlegen lassen. Seine Feinde versäumten auch nicht, dieses auszustrencn, und schadeten ihm dadurch ungemein. Weil Friederich in der Lombarde,) die Beschwerden der Städte gegen seine Beamten nicht angehört hatte, so glaubten die Lombarder, daß er das ungerechte Be¬ tragen seiner Beamten billige, und wurden gegen ib" noch erbitterter. Sie erneuert ,, ihren Bund, der Zwak Anfangs nur ein Defensivbündniß gewesen zu seyn scheid indem er die Elansel enthielt: jedoch unbeschadet dem schuldigen Gehorsam gegen den König; aber bald, alo er immer starker wnrde, in ein Offensivbündniß ausar¬ tete. Durch diesen Bund wurde, wahrend dem Friedt' rich nach Rom zog, Mayland wieder hergestellt. Friederich in die Lombarde») zurückkam, erklärte er so¬ gleich die verbundenen Städte in die Acht, und machte Srreifereyen in die Gebietbe einiger Städte; konnte aber nickrS ausrichten, weil sein Kriegsherr theils dura- Krankheiten aufgerieben, theils schon nach Hanse e»t' lassen 58z lassen WO'. Ja, da die Lombarder ihn mit einem mäch¬ tigen Heere verfolgten und in einer Sradt einzuschließen suchten, hielt er sich in Italien nicht wehr sicher, und gieng im I. n68 ganz in der Stille und unter gros¬ sen Gefahren durch Savoyen nach Deutschland zurück. Die Lombarder wurden nun immer verwegener und gien- gen so weit, daß sie an der Gränze des pavesauischen Gebiets eine neue Stadt erbauten, und derselben zur Ehre des größten Feindes, den Friederich hatte, des Papstes Merander lll., den Nahmen Aleraudria bey- legten. Friederich hatte in dieser Lage der Sachen nicht cinmahl die Aussicht, daß er einen neuen Zug nach Italien werde unternehmen könne»; denn die teutschen Fürsten waren dagegen sehr eingenommen. Das Un¬ glück so vieler der edelsten Manner schwebte den Teut¬ schen vor den Augen. Fast jede Familie betrauerte einen Zu Grund gegangenen Anverwandten. Man trug sich twcl) dazu in Deutschland mit Geschichtchen herum, die rücht dazu gemacht waren, die Einbildungskraft zu er- bißen. Die Teutschen hatten damahls die Gewohnheit, daß sie die entseelten Körper derjenigen, die in fremden Landen verstorben, aussotten und die Gebeine in die Grabstätte ihrer Väter überbrachten. Nun erzählte man sich von der Sterbseuche in Italien unter andern fol¬ gende schrcckbaren Umstände. Ein Bruder sey eben mit Aussiebung des Körpers seines Bruders beschäftiget ge ^esen, als ihn ein anderer bat, ihn den Kessel zu ei- "e>n gleichen Gebrauche in Ansehung seines Anverwand- Zu leihen; allein der erstere habe ihm zur Antwort gegeben: Wenn der Körper seines Bruders ausgesotten, komme 584 komme die Reihe an seinen eigenen; alsdann könne er den Kessel haben, und dieses sey auch erfolgt. Solche Histörchen mußten nothwendig den größten Abscheu vor Italien bey den Teutschen hervorbringen, und bey die¬ ser Denkungsart derselben mußte es dem Kaiser unge¬ mein schwer fallen, die Fürsten zu einem neuen Zuge uacg Italien zu bewegen. Bey allen seinem Unglücke wußte doch Friederich sein Anseben in Deutschland zu be¬ haupten, und dieses beweist, daß er ein grosser Man" war. Auf der andern Seite war ihn der Tod so vieler Fü ssen in Italien sogar nützlich; denn er bekam da¬ durch ansehnliche Drl.'c: «fern. So erbte er die beträcht¬ lichen Güter seines Vetters , des Herzogs Friederich von Rothenburg. Auch der alte Welf, der seinen einzige" Sohn in Italien eingebüsit Hal, scbte ibn zum Erbe» ein. Er batte zwar vorher seine Erbschaft Heinrich de»t Löwen, seinem Bruderssobne gegen eine gewisse SM"- me angetragcn; als aber Heinrich mit der Zahlung die¬ ser Geldsumme zauderte, wandte sich Welf an den Kai¬ ser, der ihm das begehrte Geld gleich auszahlte, noch dazu die Nutzungen der sammllichen Güter auf Le- benskang überließ. Diese Erbschaft war sehr groß; den" dazu gehörten nicht nur die welsischen Erbgüter in Bay¬ ern und Schwaben, sondern auch in Italien die Mark¬ grafschaft Thuscien, das Herzogthum Epoleto, die In¬ sel Sardinien und die mathildischen Erbgüter, womit ihn der Kaiser im A. rizg belehnet batte. Welfs Bev- spiel ahmte der Graf Rudolf von Pfullendorf nach ; doch verlieh der Kaiser dagegen dessen Tochrernianne, dem Grafen Albrecht von Habsburg, das Thurgau und die Schirmvogtey über Seckingen. Dieser Albrecht nalM den Titel eines Landgrafen von Elsaß an, weil er meh¬ rere rcre Grafen unter sich hatte. Äusser diesen gab es noch verschiedene andere, meistens schwäbische Herren, die, da sie ohne natürliche Erben waren. ihre Erbgüter ent¬ weder Schenknngs - oder Verkaufsweise dem Kaiser zu- ' wandten. Wahrend seines Aufenthaltes in Teukschland stillte Friederich die Unruhen, welche in seiner Abwesenheit ans einem Bündnisse der sächsischen Grossen gegen Hein - nch den Löwen entstanden, und in einen offenbaren Krieg «Umgebrochen waren. Heinrich betrug sich sehr stolz und hart gegen seine Vasallen, insonderheit brachte er die sächsischen Bischöfe gegen sich sehr auf. Er hat in den slavischen Landern jenseits der Elbe gtoße Eroberungen gemacht, und von dem Kaiser das Recht erhalten, die Bischöfe in jenen Gegenden einzusetzeu und zu belehnen. Da sich die Bischöfe nicht selten weigerten, dem Kaiser den Eid der Treue abzulegen, so wollten sie sich noch bwl weniger dazu gegen einen Herzog bequemen, den sie geringer als sich hielten. Allein Heinrichs Uebermacht köthigre sie dazu. Als der Kaiser das vierte Mahl nach ^kalien zog, glaubten sie diese Gelegenheit benutzen zu ^'»nen, um den Herzog Heinrich zu schwache». Die sächsische» Bischöfe und andere eifersüchtige Grosse aus wachse« griffen daher Heinrichen von mehrer« Seiten an. ""d nahmen ihm einige Bezirke weg. Heinrich wurde ^'er dadurch nicht muthlos gemacht, vielmehr soll er "w eben diese Zeit seinen Feinden zum Warnungszeichen, ^as sie vgn jhm zu erwarten hatten, vor der herzogli- Burg zu Braunschweig einen aus Erz gegossenen ^ve» von ungewöhnlicher Größe, der noch dort zu sc- , habe aufstellen lassen. Diese Unruhen suchte nun der 5,86 der ans Italien zurückgekommene Kaiser Friederich Zn dämpfen, und auch hier war es sichtbar, daß sein An- sehen in Teutschland noch immer auf festen Füssen stehe- Die kaiserliche Entscheidnng fiel ganz zum Dortbeile Hein¬ richs des Löwen aus. Die verbundenen Fürsten muh¬ ten demselben alles zurückstellen, was sie ihm abgenom- mcn hatten. Nach Beyleguug der innern Streitigkeiten in Teutsch- -and machte Friederich Zurüstungen zu einem neuen Zuge nach Italien. Dieser mußte entscheiden, ob er etwas in Italien sollte zu sagen haben oder nicht. Durch siuM Betriebsamkeit brachte er auch endlich eine ziemliche Ar¬ mee zusammen, jedoch mehr auf seine eigenen, als der -Reichsvasallen Kosten. Mit dieser trat er im I. >>74 leine» Zünften °Zuy nach Italien an. MS er dasilötz ankam, wurde zuerst das nenerbaute Alerandria bela¬ gert. Allein die Einwphner leisteten eine so tapfere 6)^ genwehr, daß der Kaiser die Stadt nicht erobern konn¬ te, sondern die Belagerung den Winter hindurch iu e"^ Blokade verwandeln mußte. Als im Frühjahre die förm¬ liche Belagerung wieder anfieng, kam ein Entsatz ^r lombardischen Städte herbey. Schon standen die derseitigen Truppen zum Angriffe bereit, als die barder Vorschläge zu einer Aussöhnung machten. 8'^ derich nahm den Antrag an, und man verglich sich einen Waffenstillstand. Der Kaiser suchte denselben gut, als möglich, zu benützen. Er ließ sich mit den Papste Alerander lil. in Unterhandlungen ein, »m selben entweder von den Lombardern abzuziehen, g um Zeit zu gewinnen, damit er indessen Verstärkung aus Teutschland erhalten könnte; denn die meisten fallen. 587 fallen, deren Dienstzeit schon verstrichen war, haben be¬ reits die Armee wieder verlassen. Unter diesen befand sich auch Heinrich oer Lorv. Der Kaiser brauchte die kräftigsten Beweggründe, um denselben in Italien zu¬ rückzuhalten, aber vergebens. Er soll, so stolz er auch sonst war, Heinrichen zu Füssen gefallen, dieser aber so niederträchtig gewesen sey», daß er den Kaiser nicht ein- Mahl aufhob, worauf es die gegenwärtige Kaisern«, gc than haben soll mit diesen erhabenen Worten : „ du>v,s mi Domine, memor esto e,aln>i sinin«, er memor Ur Man hat verschiedene Ursachen ausgesucht, warum sich Heinrich der Löwe nicht bewegen lassen woll¬ te , bey dem kaiserlichen Kriegsheere in Italien zu blei¬ ben. Einige glaubten, die Hauptursache davon sey der Vergleich des Kaisers mit Welf VI. gewesen, wodurch Heinrich dem Löwen die welfische Erbschaft entzogen wür¬ be. Allein die Freundschaft zwischen dem Kaiser und bem Herzoge hat seitdem noch mehrere Jahre fortgedau- E'll, der letztere hat sogar de» Kaiser bey seinem fünf- Zuge nach Italien begleitet, und ist erst hernach Wieder nach Teutschlllnd zurückgezogen. Unser Verfasser s"gt, der Kaiser habe, seitdem Heinrich der Löwe von seiner zweylen Gemahlin» Sohne bekommen hatte, seine Hchunungen gegen ihn geändert, welches der Herzog dar- §us merkte, daß ihm der Kaiser die Stadt Goslar, ^vju er ihm bisher Hoffnung gemacht hatte, abhchlng, Stüber Heinrich mifimuthig wurde. Allein die Geschich- zeigt, daß der Kaiser dem Herzoge auch, nachdem wser sch»,, Söhne hatte, noch eben so liebreich, als vorher begegnete. Auch laßt sich nicht erweisen, daß der Kaiser mit Hoffnungen auf die Stadt Goslar Verhalten hätte, wiewohl eö wahr sey» wag, daß Heinrich 5SK Heinrich diese Stadt, welche seine dortigen Erblande M unterbrechen schien, und seinen Feinden zum Schlupf¬ winkel diente, gern gehabt hatte. Am wahrscheinlichste» ist es, das Heinrich der Löwe von der Parthey Alexan¬ ders lil., von der es in ^Teutschland sehr viele gab, war, und es für unerlaubt hielt, dem ercommunicirten Kaiser gegen den seiner Meinung nach rechtmäßigen Papst Alexander langer Beistand zu leisten. Der Kaiser selbst gab in der Folge zur Ursache an, daß sich Heinrich durch italianisches Geld habe bestechen lassen, ihm seine Hülfe zu versagen. Dee getroffene Waffenstillstand war fruchtlos ver¬ strichen. Weder mit de» Lombardern, noch mit bei» Papste konnte ein Vergleich Zu Stande gebracht werde»- Unterdessen langten doch die neuen Hülfsvölker aus Tentsck- land in Italien an, und stießen bey Como zu dem Hee¬ re des Kaisers. Allein ehe sie noch Zeit hatte», st^ von dem langen Marsche zu erhöhten, rückten die Lo>"- Harder heran. Friederich wollte sich nicht nachsagen lal- sen, daß er mit einer frischen Armee vor ihnen gestehe" scy, und griff im I. 1176 mit seinen abgematteten T">p" pen die überlegenen Feinde bey Legnano im Maylänb^ scheu an. Der Angriff geschah mit solcher Heftigkeit' daß die Lombarder Anfangs zurückgeworfen wurden, lein sie faßten sich wieder, und waren so glücklich, Tentschen die Hauptfahne wcgznnehmen. Der K"' wagte sich zu tief in das Treffen, und es wurde 1 ' sein Pferd unter dem Leibe erlegt. Es verbreitete st^ das Gerücht unter dem kaiserlichen Heere, sey selbst geblieben, und nun hielten die kaiserliche" >" mcbr Stand. Die Lombarder trugen einen vollko»"" »en 589 ne» Sieg davon. Der Kaiser wurde wirklich vermißt, und kam erst am vierten Tage wieder zum Vorschein, Diese Niederlage des Kaisers hatte wenigstens die glückliche Folge, daß nun einmahl ernstlich am Zrie-en gearbeitet wnrde. Der Kaiser folgte dabey einer sehr richtigen Politik. Er sah ein, daß die Lombardei: unge¬ heure Forderungen machen würden; denn durch ihren Sieg waren sie ungemein stolz und übermüthig gewor¬ den. Er wußte auch, daß sie sich ohne den Papst Ale: rander, -der ihre vornehmste Stutze war, und ohne den König von Sicilien nicht leichr zu einem Frieden bequemen würden. Er mußte also vorerst den Papst, so gut, als möglich, zu befriedigen suchen, nm hernach von den getrennten Lombardcrn bessere Bedingungen zu "'halten. Zu diesem Ende schickte er Gesandte an den Papst, durch die er ihm seine Neue über das bisherige Verfahren gegen ihn, und den Wunsch nach einer Anb¬ ahnung mit der Kirche bezeigen, und den Antrag zur ^Neuerung der voriges Jahr abgebrochenen Unterstand: ^Ngen machen ließ. Der Papst merkte bald, was für Pvrlheile er aus einseitigen Lractaten mit dein Kaiser sichen könne, ließ sich Zn denselben herbey, und in we- "Pcu Tagen ^vereinigte man sich über die Hauptbedin: Leigen des Vergleichs. Um denselben völlig zu be- ^Ptjgcn, und nm zugleich über den Frieden mit den ^mbardern und dem Könige von Sicilien zu lractiren, ^"rde endlich ein Congreß nach Venedig augesetzt. Hier scigte sich gleich, wie richtig Friederich calculirt habe- '^ie Lombardei: forderten von aller Lehenverbindung ge- den Kaiser losgezahlt zu werden. Da der Papst leicht vorstellen konnte, daß der Kaiser nie darein willigen 690 willigen werde, und zugleich befürchtete, bey Fortsetzung deö Krieges um die ihm schon zugestandencn Privawor- thclle zu kommen, so trat er inö Mittel, und brachte einen Stillstand mit den Lombardern und dem Könige von Sicilien in Vorschlag, den sich diese auch, wiewohl nicht gerne. Zuletzt doch gefallen ließen. Im I. m/7 kam also der endliche Hriedcnchchlufi zwischen dem Kai¬ ser und dem Papste unter folgenden Bedingungen zu Stande: r) Der Kaiser sollte den Alerander als recht¬ mäßigen Papst erkennen, und den Gegenpapst Calirt III., der im I. m68 nach dem Tode Pascals 1!1. er¬ wählt worden war, entsagen; 2) sollte er die der rö¬ mischen Kirche entzogenen Güter zmücisiellen; dagegen überließ Z) der Papst dem Kaiser den Genuß der ma- thildischen Erbgüter noch auf iz Jahre. Mit de» Low- Hardern aber wurde auf 6, und mit dem Könige Wil¬ helm von Sicilien auf 15 Jahre ein Waffenstillstand ge¬ schlossen. Indessen sollten die Lvmbarder dem Kaffck das leisten, was sie Heinrich V., Lothar 1l., und rad llt. geleistet haben. Nachdem allce dieses in Nich¬ tigkeit gebracht war, wurde der nicht weit von demEo»- greßorte sich aufhaltende Kaiser durch einige abgeschick^ Cardinale vom Banne losgesprochen, und erschien sti^ zu Venedig, warf sich öffentlich vor dem Papste niedrer und küßte ihm die Füsse; der Papst aber ertheilte >h^ den Friedenskuß und in der St. Marcuökirche de» Ken. Ungegründet ist es, daß Alerander bey dieser legenheir dem vor seinen Füssen liegenden Kaiser auf Nacken getreten, und die Worte der Schrift gesprochen habet „8up>er alssitlem et lmtilileum uiibuladi». ov» culctchw leonein or ch'NLcmem." Kein gleichzeck § Schriftsteller macht davon eine Meldung, selbst der^' 5yr bischvf Romuald von Salerno nicht , der doch ein Au¬ genzeuge dessen, was zu Venedig zwischen dem Papste und dem Kaiser vorgegangen ist, war und alles gena» beschreibt. Auch hatte Friederich bcy allen seinen Un- Slücksfällen sein Ansehen und Ehrgefühl noch nicht so sehr verlohren, daß er sich von dem Papste so hatte Mißhandeln lassen. Mit Recht konnte also Joseph !!., als man ihm zu Venedig ein diesen vorgeblichen Auftritt verstellendes Gcmahlde zeigte, über den gedungenen Pin¬ sel des Mahlers lachen. Uebrigens hat Alexander gegen bie Lombarder gewiß sehr unbillig gehandelt, da er bey bew Friedensgeschäfte ihre Sachen noch unauSgemachc gelassen hat. Die Lombarder waren es, welche die ganz« Last des Krieges getragen, und den Kaiser dahin gebracht haben, daß er mir oem Papste Frieden machen Unißte. Und nun hatte der Papst den ganzen Gewinn . von ihren Siegen, und sie selbst mußten die Entschci- bung ihres Schicksales erst von der Zukunft erwarten. Ew war die römische Politik beschaffen. Nachdem Friederich die Sachen in Italien, so gut er konnte, in Ordnung gebracht hatte, kam er Uu J. I wieder nach Teutschland zurück. Der schlech- Erftlg seines fünften italiänischen ZugeS und der de- "'"lhigende Friede von Venedig kränkte ihn sehr. Er sprich die ganze Ursache seines Unglücks Heinrich dem ^ven zu, der ihn in seiner gefährlichsten Lage im Stiche gelassen hat , ungeachtet ihn der Kaiser mit ^uhlthaten überhäufet, und sich sogar ihm zu Liebe den tonischen Fürsten verfeindet hat. Heinrich s"' Lowe hatte wegen seines harten Betragens gegen Vasallen viele Feinde in Teutschland. Am mei¬ sten 59r sten waren die Bischöfe gegen ihn aufgebracht, weil er das Hominium von ihnen forderte» Sie sagten, ei» Herzog könne zwar der Vasall eines Bischof^seyn; ein Bischof aber keines andern, als des Kaisers. Gegen diese Feinde harre bisher Heinrich eine Stube an dein Kaiser gehabt. Sobald sie aber merkten, daß der Kai¬ ser selbst einen Unwillen gegen den Herzog geworfen hat¬ te, wurden sie wieder laut, und brachten haufenweste ihre Beschwerden wider den Herzog vor. Der Küsset lnd ihn daher auf einen Reichstag »ach Worms vor, nm sich zu verantworten. Heinrich stellte sich nicht. Frie¬ derich beschied ihn ans einen zweyren Reichstag nach Magdeburg. Heinrich kam wieder nicht, und wurde auf einen dritten Reichstag nach Goslar vorgerufent blieb aber auch dießmahl aus. Nun wollten die F"t- sten , daß sogleich die Acht über ihn ausgesprochen W^ den sollte. Auf Anrathen einiger Fürsten wurde >h"' fedoch eine vierte Tagefahrt nach Würzburg gesetzt;abet Heinrich ließ sich auch auf dieser nicht sehen. Er w»r^ also hier im I. >i förmlich in die Reichsacht erklärt? und aller seiner Rekchswürden und Lehen entsetzt. Begründung dieses Unheils wurde angeführt, daß tich nicht aufgehört habe, die Kirchen Gottes und Rechte und Freyheit der Fürsten und Herren zu sch""' lern; daß er, nachdem er nach Lehenrecht dreymahl v geladen worden, weder selbst erschienen sey, »och seiner einen andern zur Verantwortung geschickt, hiemit den Kaiser zu wiedcrhohlten Mahlen verachte? dessen Majestät offenbar beleidiget und sich selbst """ rnacirt habe. Heinrich wollte zwar seine Mchtersche""" dadurch rechtfertigen, daß er als ein aus Schwaben ss stammender Fürst nur in Schwaben vor Gericht Mc 59Z dert werden könne. Allein diese Entschuldigung wurde den dem Kaiser und den Fürsten verworfen, und ein Gegenwärtiger erbot sich, durch den Zweykampf gegen Jedermann zu erhärten, chaß ein teutscher Fürst verbun¬ den sey, sich zu stellen, wohin er immer von dem Kai¬ ser vorgerufen wird, wenn es nur nicht außerhalb der Reichsgränzen ist- Nun kam es auf die Execution -er Achtssentenz an. Friederich gieng dabey politisch zu Werke. Er gab die Heinrich dem Löwen abgesprochenett Lander solchen Fürsten, die ohnehin schon in den dor¬ tigen Gegenden mächtig waren, von denen er also hof¬ fen konnte, daß sie im Stande seyn werden, die ihnen verliehenen Lehen gegen Heinrichen zu behaupten. Hein¬ rich der Löwe harte zwey Herzogthümer, Sachsen und Bayern. Das Herzogthum Sachsen gäb Friederich dem Bernhard von Anhalt, einem Sohne Albrechts des Ba- *) Damit ihm aber auch der neue Herzog durch feine Macht nicht furchtbar werden sollte, riß Friederich ^sehnliche Stücke von dem Herzogthum Sachsen ab- Und verlieh selbe an andere. Der Erzbischof von Cöln bekam Engern und Westphalen unter dem Titel eines eigenen Hcrzogthums, den er noch heut zu Tage fährt. Qe» Erzbischöfen von Maynz, Magdeburg und Bremen- den ) Albrecht der Bär hatte zwey Söhne Otto und Bernhard, Qktv folgte ihm in der Mark Brandenburg. Bernhard be¬ kam jetzt Sachsen. Bernhard hakte wieder zwey Söhne, Albrecht und Heinrich. Albrecht bekam Sachsen, Heinrich die ascauischen Allodialgürer oder das Fürsienthum Anhalt- sy4 den Bischöfen von Paderborn, Hildesheim, Werden und Minden, dem Grafen von Hollstein, der Stadt Goslar und andern wurden auch einzelne Stücke zu Theil. Die Pommerischen Fürsten, welche gewissermassen unter der Botmäßigkeit Heinrichs des Löwen waren, erhob der Kaiser zu Herzogen von Pommern, und die Stadl Lü¬ beck zu einer unmittelbaren Reichsstadt- Was weist- sches Erbgut in Sachsen war behielt Heinrich der Lö- we. Dazu gehörten die altbrannschweigischen, nord¬ heimischen, billungischen und supplinbnrgischen Patriwo- nialgüter, die unter dem Nahmen Braunschweig - Lüne¬ burg begriffen wurden. So ist der größte Theil des ei- gentlichen Herzogthums Sachsen an andere Fürsten ge¬ kommen, als an Bernhard von Anhalt, der den Titel eines Herzogs von Sachsen erhalten hat. Das heutige Herzogthum Sachse» ist grdßtentbeils auf ursprüngl^ wendischen Landern gegründet. Das Herzogthum Bny- ern hat Friederich an den bayerischen Pfalzgrafen Dtl§ von Wittelsbach übertragen; jedoch wurde die Stakt Regensburg davon getrennt und für eine Reichsstadt er¬ kläret. Unser Verfasser sagt auch, daß dem Herzoges Bayern durch die Ernennung des Grafen Berthold von Andechs zum Herzoge von Meran vieles entZkg^ worden sey. Diese Meinung kommt von bayerisch Schriftstellern her, die dem Herzogthum Bayern diese Zeiten eilten außerordentlichen Umfang ZU g^ suchen. Allein sie ist ganz falsch. Es gab schon 1""^ vor dem Sturze Heinrichs des Löwen Herzoge Meran aus dem Hause Dachau. Ihnen folg^ dieser Würde Berthold III., Graf von Andechs sich schon 117z Herzog von Meran schrieb- konnte also unmöglich erst im I. 1130 Z»r SäM rung 59L rung des Herzogthums Bayern der Graf von An¬ dechs zum Herzoge von Meran erklärt worden seyn. Eben so ergreifen auch einige Schriftsteller den Um¬ stand, daß der Markgraf Ottocar VI. von Steyer eben im I. Ilgo znm Herzoge erhoben worden, um daraus eine andere bey Gelegenheit der Achtserklarung Heinrichs des Löwen geschehene Verringerung des über¬ grossen Herzogthums Bayern hcrzuleiten, obwohl bey den gleichzeitigen Geschichtschreibern nicht die geringste Epuhr zu finden ist, daß die steyerische Standeserhö- hung eine Folge der bayerischen Staatsveranderung gewesen sey. Uebrigens kann es wohl seyn, daß kinzclne Stücke, die zum Herzogthum Bayern ge¬ hörten, um selbes zu schwachen, jetzt von Friederich I. den Herzogen von Meran und Steyer zugetheilt, oder einzelne Güter, die selbe vorher irr einem Lehenverhalt: 'üffe gegen den Herzog von Bayern besessen haben, nml Vvn diesem Verhältnisse lvsgemacht worden seyen. Heinrich der Löwe wollte sich dem gegen ihn et- Eugenen Urrheilsspruche nicht unterwerfen, sondern setz- Üch zur Weh''. Bayern wurde zwar von dem neuen ^"jvge bald in Besitz genommen; aber in Sachsen hielt Heinrich langer. Friederich mußte selbst im Z. i r8» ^st einer Armee nach Sachsen ziehen. Heinrich ward g^othjgec, bey dem Kaiser um Gnade zu bitten. ES 'hm zu Lüneburg eine Unterredung mit dem Kai- * bewilliget, wobey ihm dieser versprach, die Untersu- Ieiner Sache nochmals auf einer Versammlung der ""de vorzunehmen. Heinrich erschien dann ans einem Uitd^a^ ä" Erfurt, warf sich dem Kaiser zu Füssen, stehete um Gnade. Der Kaiser hob ihn mit Thräa P p 2 nen §96 nen in de» Augen auf. Doch konnte Heinrich nichts anders ausrichten, als daß ihm seine Erblande gelassen wurden, weil sich alle Fürsten seiner Restitution wider- setzten. Ja weil zu besorgen war, daß bey seinem Auf¬ enthalte in Teutschland Unruhen entstehen möchten, st mußte er sich anheischig machen, Teutschland drey Jahre lang zu meiden. Er gieng zu seinem Schwiegervater, dem Könige von England. Wer hätte sich damahls beykommen lassen, daß die Nachkommen eben dieses Hein¬ richs , dem jetzt England ein Eril war, einst von de«' englischen Throne herab den Völkern auf dem Meere und zu Lande Gesetze vorschreiben werden? Indessen gieng der mit den Lombarden geschlossen* Stillstand zu Ende. Friederich, der keine Aussicht hat¬ te, seine Sachen in der Lombardey durch einen neu*" Feldzug auf einen bessern Fuß zu stellen, arbeitete selbst mit Ernste an einem. Hauptfricden mit den Lomb^ Lern, der auch im I. zu Costnitz glücklich st Stande kam. Die vornehmsten Artikel desselben st"^ folgende: i) Die Städte sollen alle Regalien, welch* innerhalb der Stadt ausgeübt werden, behalten, sie selbe vor Zeiten gehabt und noch haben. Die Reg^ lien aber, die außer der Stadt ausgeübt werden, st^ len ihnen nur dann bleiben, wen» sie eine kaiserlich* willigung z. B. ein Privilegium für sich hätten. tcres mußte nun untersucht werden. Dazu wurde de* Bischof einer jeden Stadt mit einige» unparthehtzch*' Commissarieu angeordnet. Doch sollte jede Stadt du' Bezahlung eines jährlichen Zinses von 2000 Mark ders a» den Kaiser eine solche Untersuchung von wenden kömien. 2) Alle Rechte und Freiheiten, gess- Z75 geistliche oder weltliche Körper und Personen vor dem Ausbruche des Krieges von den Kaisern erhalten haben, sollen noch ferner gelten, jedoch mit Vorbehalt der kai¬ serlichen Lehenherrlichkeit, g) In den Städten, wo der Bischof vermög eines kaiserlichen Privilegiums vorher die Consules bestätiget hat , soll es dabey gelassen wer¬ den ; j« den andern Städten aber sollen die Eonsules von fünf z» fünf Jahren von dem Kaiser selbst, jedoch unentgeltlich mit dem Consulate belehnet werden. Kei¬ ner sollte Konsul seyn können, der nicht dem Kaiser die Treue schwört. 4) In Streitsachen, die 25 Pfund Kai¬ seegeld übersteigen, sollen die Appellationen an den Kai¬ ser gehen ; doch nicht nach Teutschland gezogen, sondern durch bestellte Cr>mmissarien in, den Städten selbst nach den Gesetzen und Gewohnheiten des Orts erörtert wer¬ den. 5) Die Bürger in den Städten sollen dem Kaiser alle zehen Jahre huldigen.. 6) Die Städte sollen das Befestigungsrecht haben , und ihren bisherigen Bund svrtsetzen, auch erneuern dürfen. 7) Wenn der Kaiser Eu die Lombardey kommt, sollen ihm die Städte daS gewöhnliche Fodrum liefern. In diesen Frieden wurden §lle lombardischen Städte eingeschlossen, nur Alerandria 'acht; denn der Kaiser wollte ihr nicht das Stadtrecht iugestehen. Sie wurde erst im I. r>84 z» Gnaden Ausgenommen, mir der Bedingung, daß die Bürger aus- Z'ehen, und dann erst durch einen kaiserlichen Commis- sarlus feyerlich introducirt werden sollten. Auch sollte s" ihren Nahmen andern, und künftighin Cäsarea heis- Diesen Costuitzer Frieden hat man in Italien für Wichtig gehalten, daß ihn die Rechtsgelehrcen in das Corpuz suris einschalteten, wie er dann auch wirklich rin Grundgesetz in Ansehung der Verbindung des König- S98 Königreichs Italien mit Teutichland zu betrachten war. Dadurch ist zwar die republikanische Regieruugsfvrm der lombardischen Städte bestätiget, und das Gesetz, welches Friederich I. im I. 1158 auf den roncalischen Feldern über die Regalien erlassen hat, sehr abgeänderl wor¬ den ; doch hat der Kaiser noch ansehnliche Rechte i» Italien behalten, wenn selbe in der Folge nur hatten behauptet werden können. Im I. ntz4 gieng Friederich noch selbst zum sech¬ sten Mahle nach Italien, um den Costnitzee Frieden da¬ selbst in Ausführung zu bringen. Er schloß bey dieser Gelegenheit im I. 7 <85 auch mit dem Könige von Sicilien Frieden, nnd hatte noch dazu das Glück, sei¬ nem Hause die Aussicht zur ficilianischrn Thronfolge zu eröffnen, wenn inan doch das ein Glück nennen kaum waö den Untergang seiner Familie herbeyführte. Roger II. König von Sicilien hatte einen Sohn Wilhelm i' und eine Tochter Constantia. Ein anderer Sohn Roger IIi. war noch vor ihm mit Hinterlassung eines natür¬ lichen Sohnes Tancred verstorben. Wilhelm dem folgte auf dem sieilianischen Throne sein Sohn Mhe»" II., der ohne rechtmäßige Nachkommen war. Die Erbü"' feiner Staaten war seine Vaterschwester Constantia. derich bewarb sich um sie für seinen ältesten Sohn H^'^ rieh. In kurzer Zeit wurde der Henrathsvertrag beri^ tiget und der Prinzeffinn noch vor ihrer Abreise a»- Sicilien die Erbhuldigung geleistet. Friederich ließ Vermählung ,;n Mavlaud mir grossen FeyerliclMe" vollziehen, um den vorher so sehr verfolgten M'ayö"'. dcrn eine Probe seiner vollkommenen Aussöhnung ihnen zu geben. Diese Heurath war für den romff Hof S99 Hof ein Donnerschlag. Derselbe mußte befürchten, daß der Kaiser als unumschränkter Beherrscher von Sicilien wit der Zeit ganz Italien unter seine Botmäßigkeit bringen und mit Teutschland vereinigen werde, wobey norhwendig daS hildebrandische Gebäude eine grosse Er¬ schütterung werde zu leiden haben. Daher arbeiteten die Päpste diesem Projecre, welches der Kaijer gehabt hac den mag, aus allen Kräften entgegen, uns ließen nicht eher nach, bis das ganze hohenstauftsche Haus ausge¬ rottet war. Friederich wurde mit den Nachfolgern Alexanders Hl., den Päpsten Lucius und Urban lll. wegen einer strei¬ tigen BischofSwahl zu Trier, wegen der mathildstchen Ver¬ lassenschaft und wegen anderer Sachen bald wieder in Strei¬ tigkeiten verwickelt, die sehr weil aussehend hätten wer¬ ben können, wenn diese Papste länger gelebt hatten , und sich nicht indessen im Orient eine Begebenheit ereignet hätte, welche die ganze Aufmerksamkeit des Occideuts auf sich zog. Der mächtige Saladin, Sultan von Ba¬ bylon und Aegypten, hat im I. 1187 die Christen in Palästina geschlagen, Jerusalem erobert und den Abend¬ ländern ihre meisten übrigen Besitzungen in den dortigen Gegenden abgenvmmen. Nun war nach den Begriffen lenes Zeitalters nichts nölhiger, als ein Rreuzzuy. Die Päpste Gregor Vlll. und Clemens lll. betrieben benselben mit größtem Eifer, und der alte Friederich Erschloß sich selbst, seine Thaten noch durch einen hei¬ len Zug zu krönen. Er kannte zwar die Schwierig- keiten solcher Züge aus Erfahrung; denn er hatte den ^cuzzug »»ter seinem Oheim Konrad III. mitgemacht, ^e'n er glaubte auch die Mittel zu wissen, wie diesen Schwierigkeiten ausznwcichen sey. Der Kreuzzug wurde also 6oo also auf einer Versammlung zu Maynz tm I. i >88 vom Kaiser nebst 68 Fürsten beschlossen, und zu Anfang des folgenden Jahreö irgK angestellt. Man fand aber aller getroffenen Vorsicht ungeachtet die nämlichen Schwie¬ rigkeiten vor sich, die bei den vorigen Kreuzzügen auf- gestossen waren. Doch wurde bis nach Sescucien im heutigen Caramanien fortgerückt. Allein hier endigte Friederich sein Leben im I. nyo. lieber die Art seines Todes sind die Schriftsteller nicht einig. Die meisten sagen, er sey in dem bey Seleucien vorbeyfließende» Fluße Seleph, oder besser Calycadnus, in dem er sich bey der grossen Hitze baden wollte, ertrunken. Den Lharacter Friederichs kann mau sich aus sei¬ nen Thaten leicht abstrahiren. Wenn wir bedenken, daß er keine besoldeten Armeen hatte, sondern sich zu seine» Unternehmungen bloß der Lehenmilitz bedienen mußte, und dabey mit Feinden zu thuu hatte, die für ihr* Freyheit fochten ; so werden wir finde», daß er außer¬ ordentlich viel gethan habe. Für die Ruhe Teurschlands hat Friederich stets gesorgt. Er hielt durch sein Anse¬ hen die Grossen, welche Unruhen stifteten, zurück. Alle'» weil ihn Italien zu sehr beschäftigte, so konnte er frei¬ lich für Teutschland das nicht werden, was er sonst ge¬ worden wäre. Er mußte gegen die Fürsten gelind sei"- um sie zu seinen italiänischen Zügen brauchen zu können- Peter von Blois, ein Franzose, der sonst gar nicht g" von unserem Friederich sprach, schrieb nach dessen Tode- „ein fürchterlicher Ruf habe ihm Mark und Beine durch¬ drungen , und eine so tödrliche Wunde geschlagen, ^a ihm alle Hoffnung und Lust zum Leben vergangen ; er habe gehört, und bloß durch das Hörensagen si" 6oi fast gestorben, daß jene unbewegliche Säule des Reichs, Deutschlands Grundseste, und jener Morgenstern, der alle übrigen Sterne an Glanz übertreffe, Friederich näm¬ lich, im Orient untergegangen sey. Nun sey jener starke Löwe nicht mehr, dessen majestätisches Ansehen und mäch¬ tiger Arm die wilden Thiere von Verwüstungen abge¬ schreckt, die Rebellen unterjochet und die Abentheuer zur Ruhe gebracht.". Durch den Tod Friederichs wurde der Kreuzzug sehr gehemmt. Ein Theil der Armee gieng nach Hause. Der größte Theil aber wählte sich des Kaisers Sohn, den Herzog Friederich von Schwaben , zum Anfüh¬ rer , und setzre den Zug fort. Allein eingerissene Krank¬ heiten schwächten das Heer ungemein, und der Herzog Friederich starb selbst im Lager vor Accon. Nun zer- sireueten sich die Teutschen grbßtentheils, und der Kreuz- !"g hatte von ihrer Seite beynahe ein Ende. Für Teursch- land hinterließ er in so weit ein bleibendes Denkmahl, als bey Gelegenheit desselben ein neuer Orden, nämlich Nkarianer . oder teutfche Ritterorden gestiftet wur¬ de« Es bestand schon vorher eine Stiftung in Palästina, ^°rin sich bloö Teutsche der Pflege der Kranken und verwundeten widmeten. Als das Institut ansehnlicher ^"de, glaubten die «rüder sich noch mehrere Verdienste erwerben, wenn sie mit ihrer ersten Absicht zugleich die Verrheidiguug der Christen gegen die Ungläubige» ^banden. Vermuthlich wurden tie Teutschen durch Eigensinn der Johanniter und Tempelherren, die küren Teutschen in ihren Orden aufnehmen wollten, auf 'esen Gedanken gebracht. Sie dachten sich so gut, als Franzosen, zu geistlichen Rittern gebohren zu sevn. Die 6o2 Die Sache wurde also dem Herzoge Friederich und den anwesenden teulschen Fürsten und Herren bey Accon vor- getragen, und von denselben gutgeheissen. So ward die bisherige leutsche Krankenanstalt in einen Ritterorden verwandelt, der bloß für Tentsche vom Adel bestimmt war. Der Papst Cölestin ill. hat hernach den Orden bestätiget »nd naher eingerichtet. Die Ritter sahen in der ersten Zeit keine andere Belohnung vor sich, als Kleidung, Wasser und Brod; sie bekamen aber bald durch grosse Errungenschaften des Ordens bessere Aussichten. Bon den Kreuz - und Nömerzügen macht unser Ver¬ fasser noch die Bemerkung, daß, wenn noch ecwas Gu¬ tes davon zu erwarten war, selbes allenfalls den Städ¬ ten zu statten kam. Von den Kreuzzügen haben nstt dieses schon oben gezeigt. Unter den Nömerzügen ver¬ stehet der Verfasser die vielen Züge, welche Friederich i- jenseils der Alpen gethan. Bey den Unruhen in Ita¬ lien haben sich mehrere Einwohner der italiänischen Städ¬ te nach Teutschland geflüchtet, und die iraliänische 3"^ dustrie mitgebracht, wodurch der Handel und die werbe in den teulschen Städten in größere Anfnahwe gelangten. Auch haben diese Flüchtlinge die Regierungs¬ form der italiänischen Städte, mit Bürgermeistern "«d Rathcollegien, welche die Jtaliäner nach dem M"ste? des alten Roms aus den Classikern und dem römisch?" Rechte gebildec hatten, in die teutschen Städte eing^ führt. So kamen auch in den teutschen Städten ei" 8on3Ni8 populusqul. znm Vorschein. Indessen die Kreuz- und Alvenzüge doch auch auf die Erleichte¬ rung des harten Standes der Leibeigenschaft einen fluß gehabt zu haben; denn da der Adel zu diese» 6oz gen Geld brauchte, so verkaufte er oft den Leibeigenen die Freyheit, oder diese setzten sich selbst nach dem Tode ihrer Herren in entfernten Landen in dieselbe. Und auch schon deswegen mußten jetzt die Leibeigenen besser behan¬ delt werden, weil man sonst zu befürchten halte, daß sie mit nach Palästina fortlaufen werden, wovon Nie¬ mand unter der Strafe des Bannes abgehalten werden durste. Ueberhaupt ward es sichtbar, daß die Städte und das Landvolk in dem Verhältnisse gewannen, als die Anzahl der Ritter, die lauter Raufbolden waren, auf den heiligen und italiänischen Zügen verringert wurde. Ehe der Kaiser Friederich seinen Kreuzzug ange- ireten hatte, publicirte er zu Ende des Jahres 11^7 ei¬ nen Landfrieden in Teutschland. Unser Verfasser führt aus der darüber noch vorhandenen Urkunde in der Note a- einige Stellen au, woraus sehr deutlich erhellet, wie ohnmächtig bey allen grossen Eigenschaften des Kaisers damahlS das öffentliche Ansehen war. Friederich mußte 'n diesem Landfrieden noch der Denkungsart der Nation Uachgeben und verordnen, daß, wenn Jemand auch der Aiordbrennerey wegen verfolget würde, und sich in das schloß seines Lehenherrn oder Vasallen flüchtete, dieser nicht verbunden seyn sollte, ihn auszuliesern, sondern daß er ihm einen benachbarten Wald, wo er sicher wäre, fvtt- helfen könnte. Auch war Friederich nicht vermögend, es vahin zu bringen, daß die Leute ordentlich bey ihrem Achter geklagt hatten, sondern er mußte noch die Be- fohdungen erlauben, wenn sie nur drey Tage 'vorher Vulch einen sichln Boten angekündiget wurden. 8ver gesetzliche Vorschrift beobachtete, führte eine ehrli- Fehde. Daher kam es, daß es i» Teutschland eig Recht 6och Recht der Befehdungen, ein Faustrecht gab. Nur der¬ jenige , der sich über die gesetzlichen Beschränkungen hin- aussetzte, wurde als ein Räuber verfolgt. Auf diesen Landfrieden folgten noch mehrere andere unter Philipp von Schwaben, Friederich II., Wilhelm von Holland re.; aber in allen stehet die Ausnahme, daß die Befeh¬ dungen nicht strafbar sind, wenn nur vorher gesetzmässig der Friede abgesagt worden. Wir haben schon gehört, daß das römische und kanonische Recht ans der Universitär zu Bononien vorge- lesen, und von da auch nach Teutschland verbreitet wur¬ de. Unter Friederich l. kam noch das Lehenrecht hinzu- Ein unbekannter Mailänder hat die longobardifchen Le- hengewohnheiten in eine Sammlung gebracht, und dieselbe auch die Verordnungen der Kaiser über das Le¬ henwesen eingeschaltet. Friederich l. hat diese SaniM- lung nach Bononien geschickt, damit dort Vorlesung^" darüber gehalten würden. Mit der Zeit bekam sie ge¬ richtlichen Gebrauch in Italien, sie wurde unter Friede¬ rich II. dem (?Orpori juriz civilis angehängct, nm demselben auch bcy teutschen Gerichten gäng und gäbe gemacht. Das römische und kanonische Recht, das lonyobaröische Lehenrecht sind noch heutiges Ta¬ ges die Grundlage unserer heutigen Jurisprudenz. ^a sich unsere Gesetzbücher aus Italien, und zum Theil so¬ gar aus dem ziemlich finstern zwölften Jahrhundert h^ schreiben, so kann man sich leicht denken, daß sie "" grosser Reformen bedürfen, wozu aber bey der dermal ligen Verfassung von Teutschland kein Anschein vvrha" den ist- 64- 6oZ §. L4- Heinrich VI. vom F. 1190. >0. Jun. bis »197 28. Sept. (7 Jahre.) Friederich dem I. folgte sein ältester Sohn, Hein¬ rich VI., der schon im I. n^6 zum Thronfolger be¬ stimmt war. Nebst diesem hatte Friederich noch vier Söhne, r) Friederich Herzog von Schwaben, der 1191 st« gelobten Lande blieb; 2) Otto, Pfalzgraf von Bur- gund, der ebenfalls nyi starb; z) Konrad, Herzog 'n Franken, hernach in Schwaben, der 1196 mit Tode abgieng; 4) Philipp, der mit den marhildischen Gütern 'n Italien versorgt ward. Als Friederich I. im I. n8y nach Palästina zog, übernahm sein Sohn, Heinrich Vl., die Neichsverwal- '»ng. Wahrend derselben kam Heinrich der Löwe, un¬ geachtet er sich noch vor Friederichs Abreise abermahl zu einem neuen dreyjahrigen Aufenthalte außerhalb Teutsch- la»d verbindlich gemacbt hatte, aus England zurück, nn- ter dem Vorwande, daß inan ihm seine Erblande in seiner Abwesenheit wider das gegebene Versprechen angetastel habe, wahrscheinlich aber, weil ihm diese Zeit sehr gün: stiq schien, sich der Lander des Grafen Adolph von Holl- stein, der den Kaiser auf dem Kreuzzuge begleitete, zu bbMachtigen, welches ihm auch größtentheils glückte. Allein hierüber wurde er mit dem römischen König Hein- l'ch VI. in einen Krieg verwickelt, der jedoch auf ei- "em Hoftage zu Fulda nyv unter andern dadurch ge- ^'digel wurde, daß man über eine' Lheilnng der Stadt Lübeck ädere inkam, wovon Heimich der Löwe die eine Hälfte 6o6 Hälfte behalten, die andere aber an den Grafen von Holl¬ stein abtrecen sollte. Indessen war Wilhelm II., König von Sicilie», zu Ende des Jahres n89 gestorben. Seine rechtmäs¬ sige Erbinn war Constantia, Heinrichs VI. Gemahlinn, der auch schon die eventuelle Huldigung war geleistet worden. Heinrich harte also die gegründesten Ansprüche auf Sicilien. Allein weil er nicht im Lande gegenwär¬ tig war, so entstand eine Parthey wider ihn, die Ro¬ gers !II. natürlichen Sohn Tancrad, Grafen von Lecce, zum König ansrief, den auch der Papst Clemens lil. un¬ terstützte. Nachdem Heinrich die Ruhe in Teutschland hergestellt hatte, eilte er nach Italien, um das König' reich Sicilien an sich zu bringen. Auf idem Wege er¬ hielt er die Nachricht von dem Tode seines AacerS. Nun war er unschlüssig, ob er seine Reise fortsetzen, odet nach Teutschland zurückkehren sollte, um den Unruhen vorzubeugen, die der Todfall deö Kaisers nach sich Z't' hen könnte. Endlich wählte er das Erstere, und gieug nach Rom, nm vorerst die Kaiserkrone zu empfange«' Allein der neue Papst Cölestin II i. und die Römer mach' tcn ihm Schwierigkeiten. Er mußte dem Papste Vet' schiedenes zusagen, und die Stadt Tusculum an die Rö' mer übergeben. Letztere Handlung gereicht aber webet seiner Politik, noch seiner Menschlichkeit zur Ehre. Nicht seiner Politik; denn die Stadt Tusculum w w bisher i>"' mer auf der Seite der Kaiser gewesen, rind hatte wirk' lich eine kaiserliche Besatzung bey sich. Jetzt wurde ge vom Kaiser der Rachsucht der Römer aufgeopfert. rM'ch ein solches Betragen mußten alle übrigen kaiserlich gesü'^ teir Städte in ihrer Treue wankend gemacht werde"' Nicht 6c>7 Nicht seiner Menschlichkeit; denn die Tusculaner waren die beständigen Feinde der Römer, nnd eS war vorzu- sehe», daß die letztem sehr grausam mit dem ihnen ver¬ haßte» Tusculum umgehen werden, welches auch ge¬ schah. Die Römer brachten eine Menge Einwohner um, verstümmelten die übrigen auf allerlei) Art, verwandel¬ ten Tusculum in einen Steinhaufen, aus dem in der Folge das heutige Frascati erwachsen ist. Heinrich wur¬ de dann vom Papst Cölestin zum Kaiser gekrönt. Die englischen Geschichtschreiber erzählen bey dieser Gelegen¬ heit, daß der Papst, wie er dem Heinrich die Krone aufgesetzt hatte, ihm selbe wieder mir dem Fusse vom Kopfe gestossen habe, um zu zeigen, daß er Kronen geben und wieder nehmen könne. Allein diese Erzählung ist ungegründet, nnd rührt von dem Haffe der engli¬ schen Schriftsteller gegen das hohenstaufische Haus, und besonders gegen Heinrich VI. her. Die gleichzeitigen Schriftsteller reden vielmehr, daß der Papst die Krönung a»s eine sehr ehrenvolle Art verrichtet habe. Nach der Kaiscikrvnnng rückte Heinrich i» Apulien ein. Er war ^ufangs sehr glücklich. Es ergaben sich ihm die meiste» Städte simd Schlößer. Nur Neapel wehrte sich hart- "Eig, „„d Heinrich mußte, als unter seinem Heere ain Eckende Krankheiten einrissen, die ihn selbst an den Rand Grabes brachten, die Belagerung aufheben, und ehrte nach Teutschland zurück. Nach seinem Abzüge gien- agx Eroberungen wieder verlokren. Heinrich konnte "Iso für dießmahl Sicilien nicht behaupten. . In Teutschland wäre es jetzt bald wieder zu einem 'E Heinrich dem Löwen gekommen, weil er nicht die zu Fulda eingegangene» Bedingungen nicht er¬ füllet 6c>8 füllet hat, sondern sich auch nut dem Tanerev von Si- cilien in ein Bündniß eingelassen haben soll. Doch dem Ausbruche desselben wurde noch durch eine Heurach vor- gebauet, welche den Weg zu einer venin^uny zwi* scheu dem Raiftr und Heinrich denr Löwen bahnte. Der älteste Sohn Heinrichs des Löwen, Heinrich m't Nahmen, vermahlte sich nyg. Mit einer hohenstaufischett Prinzessin Agnes, einer Tochter des rheinischen Pfalz¬ grafen Konrad, der ein Halbbruder zu Friederich l. war- Durch das Zureden seines Oheims ließ sich der Kaiser zu einer Aussöhnung mit Heinrich dem Löwen bewegen, welche dadurch zu Stande gebracht wurde, daß des letz¬ tem Sohne nach dem Tode seines Schwiegervaters die Nachfolge in der Pfalzgrafschaft atn Rhein zugesichert ward, die ihn auch schon das folgende Jahr rryz traf« In eben diesem Jahre starb Heinrich der Löwe zu Braun¬ schweig. Seine hinterlassenen drey Söhne, Heinrich- Otto und Wilhelm behielten Anfangs ihre väterlich^* E'bländer in Gemeinschaft. Im I. 120g aber machte" sie eine Theilung. Alle drey führten, wie die Herzogs von Zahringen, den herzoglichen Titel fort, obschon kein Herzogthum mehr befassen. Unterdessen erregte die in Tentschland gescheht Gefanycunchmuny -es Röniys Richard w land allgemeines Aufsehen in Europa. Richard bey dem letzten Kreuzzuge mit in Palästina gewesen, hatte dort den Herzog Leopold VI. von Oesterreich schimpft. Es haben nämlich die Leute des Königs a" seinem Befehl die auf einem Tburme, oder vor en>r Quartiere des Herzogs aufgepsianzte österreichische heruntergeriffen und im Koche getreten. Die ga»^ to" 6oy sche Nation , an dere» Spitze damahls Leopold in Pa¬ lästina stand, nahm au dieser Beschimpfung Anrheil. Als Richard zu Schiffe »ach Hause kehrte, litt er an der 'strianischen Küste Sturm, und mußte nun durch das Gebieth deö Herzogs von Oesterreich in verstellter Klei¬ dung den Weg nehmen. Er wurde aber in der Gegend von Wien entdeckt und gefänglich angehalren. Der Her¬ zog lieferte den gefangenen König auf Begehren dem Kaiser Heinrich aus, der denselben im Verdacht hatte, daß er mit dem Usurpator von Sicilien Tancred in Ver¬ bindungen stehe. Der Kaiser ließ über ihn zu Hagenau ein Gericht halten, wo sich Richard vor den versammel¬ ten Fürsten verantwortete. Diese Gerichtsbarkeit über einen auswärtigen König ist aus dem Supremate, den sich der Kaiser als vermeintlicher Herr der Welt über alle christlichen Könige zueignete, herzuleiten. Unge¬ achtet Richarts Mutter alles in Bewegung setzte, um thren Sohn zu befreyen, so konnte sie doch dieses nicht anders bewirken, als daß sie sich zur Bezahlung einer für die damahligcn Zeiten außerordentlichen Summe Gel- an den Kaiser entschloß. Dieses Geld kam dem Kaiser bey seinem zwepterr nacv Italien im I. riy4 sehr wohl zu statten, tancred und sein ältester Sohn Roger waren jetzt ge¬ lben. Es lebte zwar noch ein anderer Sohn von Wilhelm lll.; aber dieser war sehr jung. Diese ^/legenheit benützte der Kaiser, um die Rechte seiner enrahlinn auf Sicilien geltend zu machen. Er sam- ein ansehnliches Kriegsherr, gieng damit nach d^apel »„h Sicilien, und nahm ohne viele Schwierig- ^ten von beyden Besitz. Er machte sich aber durch seine L q grausame 6lo grausame Regierung sehr verhaßt. Weil er die Sici- lianer im Verdacht hielt, daß sie zum Aufruhr geneigt sind, so behandelte er sie nach einer falschen Politik mit der äußersten Strenge. Blenden, Hangen, Verbrennen waren ganz ordentliche Strafen, mit denen die angeblif chen Meutmacher belegt wurden. Im I. nyL kehrte Heinrich nach Teutschland zurück, und führte Tancreds Wittwe, ihren Sohn Wilhelm lll. und dessen Schwe¬ stern gefangen mit sich fort. Seine Gemahinn Consta»- ria, die ihm indessen einen Sohn Friederich gebobre» hatte, mußte als Regentin» seiner mm eroberten ica- liänischen Erbstaaten in Sicilien Zurückbleiben. In Rücksicht des Rirchenstaars hat Heinrich bck dieser Gelegenheit solche Handlungen vorgenommen, wel¬ che die alten kaiserlichen Schenkungen, worauf sich d" Päpste zum Beweise des rechtmäßig erworbenen Bestb^ ihres Terrikvriums berufen, sehr verdächtig machen. hat nämlich über Spoleto, Ravenna und Ancona zöge und Markgrafen theilö gesetzt, theilö bestätig' Dieses ist ein Beweis, daß man zu diesen Zeiten S^' dachte Städte mit den dazu gehörigen Territorien als Reichölehen angesehen bat. Wäre vor Alters volle oder auch nur das Nntzeigenthum über diese St» und deren Bezirke den Päpsten geschenkt worden, hätte jekr Heinrich damit disponiren können? Zu selbst war damahls noch ein kaiserlicher Sladtpräftct gestellt. Hätte Heinrich langer gelebt , so würde wahrscheinlich den größten Lheil von Italien unter st" Botmäßigkeit gebracht haben. Nach 6i r Nach seiner Zurückkunft aus Italien suchte Hein¬ rich das teutsche Reich in seine Familie erblich zu ma¬ chen. Er hatte schon viele Fürsten gewonnen, weil er ihnen dagegen wichtige Vortheile versprach. Er machte sich anheischig, r) Apulien, Calabrien und Sicilien mit Deutschland zu vereinigen, 2) die weibliche Erbfolge nach Abgang des Mannsstammes in den Reichslehen zu gestat¬ ten , und g) auf die Verlassenschaft der verstorbenen Bi¬ schöfe und Aebte, die sonst zum königlichen Fiscus ge¬ zogen wurde, Verzicht zu thun. Allein wegen Wider¬ setzlichkeit des Erzbischofs von Maynz und der sächsischen Grossen konnte das Project nicht zu Stande kommen. Heinrich mußte die von 52 Reichsfürsteu unterschriebene, besiegelte und ihm bereits übergebene Urkunde zurückstel¬ len. Doch brachte er es auf einer Versammlung zu Frankfurt il196 zog daher gewaltiges Heer teutscher Kreuzfahrer theils von Achsen ans zur See, theils über Constankinopcl zu „ach Palästina hin. Der Kaiser selbst nahm für Eine Pe^g„ keinen Antheil an dem Kreuzzuge- Ein in Ewen sicilianischen Erbstaateu auögebrochener Aufruhr 'wrderte seine Gegenwart. Er begab sich nut einer Qq 2 Armee 6l2 Armee dabin; suchte aber wieder die Ruhe nur durch die härtesten Mastregeln herzustellen. So ließ er z. V« einen gewissen Jordan, der beschuldiget wurde, nach der Königswürde zu streben, auf einen glühenden Stuhl von Eisen setzen, und ihm eine glühende Krone auf den Kopf annageln. Als er sich so mit Dämpfung des Auf* ruhrs beschäftigte, erhielt er die Nachricht von dem Tode seines Bruders, des Herzogs Konrad von Schwaben« Das erledigte Herzogthum Schwaben verlieh er n»n seinem jüngsten Bruder Philipp, dem er schon verigi Jahr ilyz das Herzogthum Thnscien und die mathi^* scheu Erbgüter überlassen hatte. Dieser Philipp belaw auch von dem Kaiser den Auftrag, den jungen Friedt* rich nach Teutschland zu bringen, damit er dort erzogt würde, weil ihm die teutschen Stände schon die folge im Reich zugesichert haben. Allein ehe dieses a»-' geführt werden konnte, starb Heinrich VI. im I. unter sehr grossen Aussichten in Sicilien. Sein hat Teutschland und Italien in die größte Verwirr»'^ gesetzt, und dem bereits mit gutem Erfolge augefa"^ nen Kriege der Kreuzfahrer gegen die Araber in stina ein Ende gemacht; denn sobald die Nachricht v dem Todfalle des Kaisers einlief, traf alles denR»^ nach Teutschland an. eine" niet" Unter Kaiser Heinrich Vl. hat Oesterreich neiren Zuwachs bekommen. Ottocar Vl., der von derich I. aus einem Markgrafen von Steyer Z«>" zöge war gemacht worden, hat, da er kinderlos ' im J- H86 den Herzog Leopold VI. von zum Erben in seinem Herzogthum Steyer eing wodurch eine Realvereinigung zwischen 6lZ mern Oesterreich und Steyer gegründet würde; denn das Grundgesetz der Vereinigung war: „yui llucarum tenuerit ^uikriL, clucumm «zuo^ua re^st Lk^rise, toriz krgtribns super koc nullo moljo litizantibu^." Wer von mehreren Söhnen eines Herzogs von Oester¬ reich das Herzogthum Oesterreich bekommen würde, sollt« ftnmer auch das Herzogthum Steyer zu regieren haben. In der Folge geschah es zwar öfters, das einem von Mehrern Brüdern, der nicht Nachfolger in dem Herzog- thuw Oesterreich war, Sceyermark zum Genüsse aus¬ gezeichnet wurde. Allein dieses war keine förmliche Tren- düng der beydeu Herzogthümer. Der Besitzer des Her- Zvgthums Oesterreich blieb immer das Haupt und der eigentliche Regent des ganzen Hauses. Für sich konnte freylich Ottocar VI. sein Herzogtum, das ein Reichs¬ lehen war, nicht an einen andern vermachen. Aber der Kaiser bestätigte das Vermächlniß: denn als Ottocar ^1. hernaci) im I. 1192 starb, wurde noch im nämlichen Jahr Leopold VI. vom Kaiser Heinrich VI. mit demHer- Zvgthum Steyer auf einem Hofrage zu Worms feyerlich ^lehnt. v. Haupt- 6l4 v. Hauptstück. Von den letzten schwäbischen Kaisern und deren Gegenkaisern und Nachfolgern bis zum Tode Richards von Cornwall. Vom F. H97 bis 1272. (75 Fahre.) 8» SS- Otto IV. und seine (kompetenten vomJ. bis i2i8 19. May. (21 Jahre), und s) Philipp und Otto vom I. 1197 1208 2i. Jun. (n Jahre.) b) Otto I V. allein vom I.1208 bis (4 Jahre.) c) Otto IV. und Friederich II. vom I 1212 bis 1218 19- May. (6 Jahre-) Nlö Heinrich Vs. starb, war sei» Sohn welcher sich bisher in Sicilien aufgehalren, erst Jahre alt. Die Sicilianer erkannten ihn als seine Mutter Constantia als Regenlinn. Allein alle scheu, die in Sicilien waren, mußten sich Eben so war in dem übrigen Italien alles gest"' 6lZ Teutschen in Bewegung, Heinrich VI. Bruder Philipp, Herzog von Thujcien und Schwaben, konnte sich mit Mühe nach Deutschland retten. Am meisten setzte sich in Italien der neue Papst Innocenz HI. den Teutschen Entgegen. Er war einer der unternehmendsten Papste. Er gründete eigentlich den heutigen Kirchenstaat. Doch nannte er die gewaltsame Oecupation der ihm wohl ge¬ legenen Lander nicht eine Erwerbung, sondern eine Re- cuperation; denn er nahm die alten Schenkungen, auf welHe sich die Papste schon vorher bisweilen beriefen, als ausgemachte Wahrheiten an, und behauptete, daß die darin verkommenden Lauder der römischen Kirche bisher von den Kaisern unrechtmäßiger Weise vorenthal¬ ten woroen. Als solche Schenkungen werden angege¬ ben r) die Schenkung Constantins des Grossen; 2) die Schenkungen der longobardischen Könige; z) die Schen- kllng des fränkischen Königs Pipin des Kleinen; 4) die Schenkung Karls des Grossen, L) Ludwigs des From- '"en, <,) Otto s l. und 7) Heinrichs U. Allein alle diese Schenkungen sind wichtigen Zweifeln ausgesetzt, non der constanlischen Schenkung darf schon gar keine ^ede mehr scyn. Von den übrigen sind >) die Origi- t'alien nie producirt worden; die Abschriften aber lauten Khr verschieden. 2) Die Schenkungen sind den Zeit- ^standen nicht gemäß. Es kommen darin Lander als ^schenkt vor, welche die Schenkenden damahls nicht im besitz gehabt haben, g) Die neuern Schenkungen wi- drrsprechxn den altern. In jenen wird oft etwas ge¬ schenkt , was kraft dieser schon längst geschenkt war. 4) Qiese Schenkungen lassen sich mit der Geschichte nicht ver¬ engen. Wenn die Schenkungen ihre Richtigkeit gehabt ^lten, ft würden die Kaiser unmöglich in den geschenk¬ ten 6r6 Sie haben Herzoge, len Länder» noch lange hernach solche Rechte haben aus¬ üben können, als sie nach Jeugniß der Geschichte wirk¬ lich ausgeübt haben. Die Kaiser haben in den Landern, die geschenkt worden seyn sollen, nicht nur die oberste Gewalt ausgeübt, sondern auch über die Benutzung und Verwaltung derselben disponirt. Markgrafen und Grafen dahin geschickt. Also können die Kaiser nicht einmahl das Dominium utile diese? Lander den Päpsten geschenkt haben. Am wahrschein¬ lichsten ist es, daß den Päpsten in den Ländern, wor¬ auf sie kraft der vorgeblichen Schenkungsbriefe Anspruch machen, gewisse Patrimonien gegeben worden, auch dl? Verwaltung dieser Lander bisweilen überlassen worbe» sey; aber immer wurden diese Länder noch als Reichs lehen betrachtet. Die Kaiser konnten die Verwaltung derselben auch an andere übertragen, wovon es an Be¬ spielen in der Geschichte nicht fehlt. Noch Heinrich hat Herzoge und Markgrafen dahin gesetzt, und st^ in Nom befand sich unter diesem Kaiser noch ein kaist^ licher Stadtpräfect. Allein nun unternahm es der Jnnocenz III., die angeführten Schenkungen in ib"'" ganzen Umfange geltend zu machen. Zuerst wagte e? sich an den kaiserlichen Stadtpräfect zu Rom, denselben, ihm und seinen Nachfolgern den Huldig»»^ eid zu leisten, invesiirte ihn öffentlich mit der St»^- prafectur, und machte auf solche Art der kasser^^ Oberherrschaft über Nom ein Ende. Dann nöthigw?? den Markgrafen von Ancona und den Herzog von leto ihre Statthalterschaften zu verlassen, «nd warf, wie er sich ausdrückte, diese Gebiethe dem Joche der Kirche. Gleiche Absichten hatte er auch die machildischen Güter und das Crarchat von Ra» na, 6i7 r>a; konnte es aber für jetzt noch nicht durchsetzen, be¬ sonders weil in Ravenna der Erzbischof selbst auf das Vicariat ein Recht zu haben prätendirte. Die tvscani- schen .Städte, welche ihren Herzog Philipp vertrieben, «nd, Siena ausgenommen, einen Bund, welcher der welfische sgenannt wird, weil er sich den Hohenstaufen widersetzte, miteinander geschlossen hatte, nahm Jnno- cenz in seinen Schutz auf. In Teutschland hätte von Rechts wegen der junge Friederich, König von Sicilien, dem schon im I. ily6 die Thronfolge zugesichert und die Treue geschworen wor¬ den war, seinem Vater Heinrich folgen sollen. Sein Oheim, der Herzog Philipp von Schwaben, gab sich auch alle Mühe, die Fürsten für ihn zu gewinnen. Er Machte den Fürsten das Anerbiethcn, während Friede¬ richs Minderjährigkeit die vormundschaftliche Regierung übernehmen. Allein diese wendeten vor, Friederich s°Y wegen seiner Jugend noch nicht fähig, die Regie.? Zu führen; sie hätten ihm nur aus Furcht vor der Übermacht seines Vaters die Nachfolge im Reiche zuge- sagt; der Prinz sey damahls noch nicht getauft gewesen, sw seyen also nicht schuldig, das ihm als einen Unglau¬ ben gegebene Wort zu halten, sondern berechtiget, zu einer neuen Wahl zu schreiten. Als Philipp merkte, daß es unmöglich sey, dis Stimmen der Fürsten für seine» Hessen Friederich zu vereinigen, faßte er den Vorsatz, sich selbst um die Krone zn bewerben, damit dieselbe kein Feind seines Hauses davon trüge. Der Erzbischof von ^aynz, dem die Leitung des Wahlgeschastes zustand, eben auf einem Kreuzzuge abwesend. Es unter,;o- sich also die Erzbischöfe von Eöln und Trier diese,» - Ge- 6r8 Geschäfte , und schrieben den Wahltag auf den Sonntag Lculi nc-8 nach Cöln auö. Die meisten Fürsten waren für Philippen. Allein die beyden Erzbischöfe von Cöln und Trier waren ihm nicht geneigt, und wollten einen andern auf den Thron erheben. Um diese Absicht zu vereiteln, hielten die schwäbischen, sächsischen, bayeri¬ schen , böhmischen und verschiedene fränkischen Fürsten und Herren mehrere Zusammenkünfte, und wählten noch vor dem anberaumten Wahltermine den Herzog Philipp von Schwaben zum König. Den Ort, wo dieses geschehen, kann man nicht genau bestimmen, weil die dem Herzoge Philipp geneigten Fürsten an mehrern Orten zusammen gekommen sind. Philipp wurde dann durch einen päpst¬ lichen Legaten von dem Banne, womit ihm der verstor¬ bene Papst Cölestin lll. belegt hatte, weil er sich als Herzog von Thuscien an einigen Gütern der römische» Kirche vergriffen haben sollte, loSgesprvchen und vo» einem andern Legaten zu Maynz gekrönt. Allein Inno- cenz lil. hat diese Handlungen seiner Legaten gar nickst gebilliget. Die Erzbischöfe von Cöln, und Trier waren in Verlegenheit, wen sie wählen sollten. Sie daclste» Anfangs an den Herzog Berthold von Jähringen; aber dieser hat sich mit Philipp, der nicht nur grosse Güt^? sondern auch die sicilianischen Schätze zu seinen D>e»st^ hatte, abgefunden. Hernach wendeten sie sich an de» Herzog von Sachsen, der aber auch ihr Anerbiethen schlug. Endlich wurde Otto, Graf von Poitou, e>» Sohn Heinrichs des Löwen, in Vorschlag gebracht n»^ wirklich gewählt. Otto nahm die Wahl an. Er zwar für sich nicht im Stande die königliche ö behaup- 6i9 behaupten. Allein er verließ sich auf die Unterstützung des Papstes und seines Oheims, des Königs Richard den England, der durch die Beförderung Otto's auf den teutschen Thron in den Stand gesetzt zu werden hoffte, seinen Feind, den König von Frankreich, von Zwey Seiten anzugreifen. Nachdem Otto aus seiner Grafschaft Poitou, die ihm der König von England geschenkt hatte, nach Teutschland gekommen war, wur¬ de er von dem Erzbischöfe von Cölu zu Achen sicherlich gekrönt. So hatte nun Teutschland zwey Könige. Zwischen bcyden entstand ein verderblicher innerer Krieg, der sich erst mit dem Tode des Königs Philipp endigte. Das übrige Europa benahm sich bey dieser zwistigen Wahl auf folgende Art. In Italien entwickelten sich zwey Parcheyen, die gibelliuische für den Philipp, und die gvelfische für den Otto. Die gibelliuische bestand aus den alten adelichen Familien, die von jeher den Schutz der schwäbischen Kaiser genossen hatten. Zur wclfischen Klugen sich die Städte und die gesiammte Geistlichkeit, Ugland erklärte sich für Otto, und Frankreich für Phi- lchp« Keinem von bcyden Prätendenten fehlte es a» Gründen, die Rechtmäßigkeit seiner eigenen Thronbestei- 8""g zu vertheidigen, und der gegentheiligeu zu bestrei- Philipps Wahl wurde zuerst und von dem größer« Eheste der Fürsten vollzogen; aber feine Krönung wurde "ichn an dem gehörigen Orte und nicht von dem rechten ^jbischofe vorgenommcn. Otto hingegen ward später Philipp , und nur von einigen Fürsten gewählt; aber dem rechten Orte, zu Achen , und von dem rechtmäßi- gea Erzbischöfe, nämlich dem von Cölu, gekrönt. Bcyde Könige 620 Könige suchten sich nun zu behaupten, und vor allem den Papst auf ihre Seite zu ziehen. Jrmocenz Hl. neigte sich sogleich offenbar auf die Seite des Otto. Er erließ an die teutschcn Fürsten ein sehr insolenkes Schreiben, worin er mit allerhand aus- gekünstelten Gründen zu beweisen suchte, daß sie gar keine Rücksicht wehr weder auf den jungen Friederich, voll¬ auf dessen Oheim Philipp zu nehmen hätten. Was aber den Otto betreffe, sagt er weiter, so stehe ihm zwar entgegen, daß er von wenigern Fürsten, als Philipp erwählt worden sey. Da aber doch eben so viele, oder wohl noch mehrere von denen, nll qno8 xriooixulicer Ix etir Imperutoris eleäkio. ihm ihre Stimmen gege¬ ben , als dem Philipp, und da man zugleich auf dir Tauglichkeit des Gewählten, worin unstreitig Otto de» Vorzug habe, sehen müsse, so könne er nicht umh>»' demselben, der überdieß nicht nur für sich der rvmislll^ Kirche ganz ergeben sey, sondern auch von väterlich^ und mütterlicher Seite von solchen abstamme, bieder Kirche jederzeit treu gewesen sind, die apostolische günstigung angedeihen zu lassen. Indessen sollen sill) Fürsten entweder über die Wahl einer tauglichen Pell'"' einmüthig vergleichen, oder ihm, dem Papste, die schejdung der Sache Heimstellen, welches ohnehin längst hält« geschehen sollen. uxoklolie^m locleM» prägt er den teutschen Fürsten ein, jam xriclem rec"l renünm tueruc, all ynmn negotium ilkucl L Fnrrkr^ lliznoLciinr xercinere ; 4 ixsa tranüulir Imperium sb Oriente in Occillentew» Huia ixl'a coucellir coroosm Imxarii-" Trotz Ä2I Tro!; dieses päpstlichen Schreibens blieb die Par- they Philipps die stärkere, ja sie vergrößerte sich von Tag zu Tag; denn nothwendig mußten mehrere Fürsten durch dergleichen Anmassungen des Papstes erbittert wer¬ den. Zudem war Philipp sehr mächtig, und konnte seiner Parthey die gehörige Unterstützung geben. Den Herzog Primislav Ottocar von Böhmen gewann er da¬ durch , chaß er ihm und seinen Nachfolgern den königli¬ chen Titel verlieh. Von seinen schwäbischen Erbgütern verschwendete er die meisten Ländereyen, um sich An¬ hänger zu verschaffen. Dadurch wurde der Grund zu den Reichthümern und der Macht des Adels in Schwa¬ ben gelegt. Auch durch sein aus Sicilien mitgebrachles Geld war er vermögend, sich Freunde zu erkaufen. Dem indessen angegangenen Kriege, wodurch Teutschland sehr verwüstet wurde, suchte der um diese Zeit aus Palästina äurückgekommene Erzbischof von Mayuz durch einen Ver¬ gleich zwischen beyden Kronprätendenten ein Ende zu Zachen. Er konnte aber nichts ausrichten, und starb bald darauf. Nun entstand zu Mayuz eine zwispalrige ^'Zbischofswabl Der größte Thcil der maynzischen Geist¬ lichkeit wählte in Beysein Philipps den Bischof von Worms Zum Erzbischofvon Maynz, und Philipp belehnte ihn sogleich v'it den Regalien. Der kleinereTheil aber gieng nachBingen, und wählte dort den maynzischen Dompropst zum Erzbischof, Unter de„, Vorwande, daß durch Philipps Gegenwart Wahlfreyhcit beschränkt worden, folglich die erste Wahl ungültig gewesen scy. Diesen Erzbisckof investirte ^lo mit den Regalien. Dieser Vorfall gab dem Papste ^'U'vcenz Anlaß, den Otto feyerlich für den rechtmäßi- König zu erklären. Er schickte ein Schreiben an ", worin die Ausdrücke Vorkommen; ,,2Lir nehmen dich 6r2 dich vermöge des uns von Gott i» der Person des hei¬ ligen Perer verliehenen Ansehens zum König an, und befehlen, daß dir der einem König schuldige Respect und Gehorsam erwiesen werde- Wir werden dich auch, nachdem alles, was sich von Rechts und Gewohnheits wegen gebührt, wird berichtiget seyn, zur Empfangung der Kaiserkrone rufen, und dir selbe mit Hülfe Gottes eigenhändig aufsetzen- Zugleich fertigte der Papst eine» Cardinal als seinen Legaten nach Teutschland ab, det den Otto überall für den rechtmäßigen König ausrufen, und diejenigen, die sich ihm widersetzen würden, in den Bann thun sollte,. Die Fürsten , welche auf Philipps Parthey waren, wurden durch dieses Verfahre» des Papstes äußerst auf¬ gebracht, und erließen ein sehr heftiges Schreiben "" ihn, worin sie unter andern sagen: „Bey der Papstwahl sey es den Kaisern Vorbehalten gewesen, daß selbe oh»e ihre Genehmigung nicht vor sich gehen durfte. Dena die Kaiser' sich in der Folge dieses Recht, welches wirklich hatten, aus Andacht begeben haben, wie ka"" der Papst seine Hand nach einem Gut ausstrecken, d"-' er nie gehabt hat? Wir können als Reichsfürste» die Verletzung der Reichsrechte nicht gleichgültig ansehe" und müssen euch mit Schmerzen eröfnen, daß euer Legell sich wider alle Rechtsordnung in die römische Kö"iß^ wähl gemischet hat, ohne daß abzusehen wäre, er dabey für eine Person habe vorssellen wollen, die ei¬ nes Wählenden, oder die eines Richters. Wenn die mische Königswahl zwistig ausgefallen, gibt es keine" Richter, dessen Ausspruch entscheiden könnte, sonde^ alles kommt hier bloß auf die freywillige Uebereink""^ 6rz der Wählenden an." Auf dieses Schreiben erfolgte die merkwürdige Antwort des Papstes an den Herzog Ber¬ thold von Aähringcu, welche Veuerahilsm anfangt, und M die Decreralensammlung Gregors lX. cap. ie> cle ausgenommen worden ist. Darin ävßert sich der Papst, „daß er den Fürsten das Recht, einen römischen König zu wählen, nicht streitig mache, besonders da selbes von dem apostolischen Stuhle an sie gekommen wäre; aber die Fürsten müßten auch bekennen, daß das Recht, die gewählte Person zn prüfen, dem Papste zn- stehe, weil er sie zu salben und zu krönen habe. Denn sey eine allgemeine hergebrachte Regel, daß derjenige, der einem die Hände aufznlegen habe, ihn vorher zu prüfen berechtiget sey, sonst könnten die Fürsten, wer Weis, was für einen schändlichen Menschen wählen und den Papst nöthigen, denselben zu salben und zu krönen. Sein Legat habe sich weder die Stelle eines Wahlherrn, noch eines Richters angemaßt, sondern bloß einen Erklärer ('ionuncistor) gemacht, daß die Person des Herzogs Philipp unwürdig, die Person des Otto aber tauglich das Reich zu erhalten." Allein auch dieses Schreiben brachte nichr die ge¬ doste Wirkung hervor , vielmehr fiengen die Sachen Dttv's von nun an, immer schlechter zu gehen. Er ^olohx seine wichtige Stütze, den König Richard von "glaub, der ihm bisher mit Geld unter die Arme ge- Kiffen, durch den Tod, und dessen Bruder und Nach- Johann hatte weder Kraft, noch Willen, ilm zn witerstsitzen. Sogar Otto's eigener Bruder, der rbei- Pfalzgraf Heinrich, und der Erzbiscbof Adolf von dem Otto seine Wahl zu verdanken hatte, traten von 624 von ihm ab und schlugen sich zu Philipps Parthey. Nun sah sich Philipp auch in den Stand gesetzt, den Vor¬ wurf von sich abzulehnen, den man ihm bisher gemacht hatte, daß nämlich seine Krönung nicht am rechte» Orte und von dem gehörigen Erzbischöfe geschehen sep- Er schrieb eine Versammlung nach Achen ans, wo er von dem Erzbischöfe von Cdln gesalbet und gekrönt wurde. Der Erzbischof von Cöln wurde zwar darüber vom Papste in den Dann gelegt, seiner Würde entsetzt und an dessen Stelle ein gewisser Bruno zum Erzbisch^ gewählt. Allein auch dieser Papstschlag fiel unglücklich aus; denn Bruno gerieth nicht lange hierauf in Philipps Gefangenschaft. MS Jnnocenz III. sah, daß Otto's Parthey g»'^ geschwächt sey; die Parthey Philipps hingegen im»^ einen größer» Zuwachs bekomme, und da zugleich von ihm genommenen Maßregeln, der Sache eine dere Wendung zu geben, fehlschlugen; so hielt er nicht für räthlich, sein Ansehen langer auf die SMe zu stellen, und fieNg an, günstigere Gesinnungen Philipp blicken zu lassen. Diese Gelegenheit benutzt" die teutschen Fürsten, schickten eine ansehnliche Gcs»"^ schäft nach Rom, um den Papst völlig zu gewinnen, »>' Philipp selbst schrieb auf eine so demüthigende und der Sprache der übrigen Hohenstaufen so contrasiüe" Art an Jnnocenz Ilk., daß man darüber unwill'g den muß. Dieses Schreiben that bey dem Papst^tz^ Wirkung , besonders da die Gesandten zugleich die ter Philipps dem päpstlichen Nepoten zur Ehe aub^'. mußten; denn so glaubte Jnnocenz die mathiwsi Güter auf die leichteste Art einmahl von dem Katz weg" 62Z wegzubringrn , indem er nicht zweifelte, daß sie der Ge¬ mahlin,, des Neporen zum HeUrathögUt werden gegeben werden. Der Papst trat nun förmlich auf die Seite Philipps über, und ließ ihn durch abgeschickte Agaren den dem Banne lossprechen, jedoch unter den erniedri- genden Bedingungen, daß er i) in allem , weßwegen ek w den Bann verfallen, den Befehlen des Papstes ge- herchen, 2) den gefangenen Bruno, der nun von dem Papste als Erzbischof von Cölu bestätiget ward, da hin- gegen Adolf, der beyde Könige gekrönt, jetzt von bey- den verlassen wurde, loslassen, -) dem Bischof von Worms die Regalien wieder abnehmen und seinen Gegner, der indeß Cardinal geworden, die Einkünfte des Erzstists Dcaynz beziehen lassen wolle. Dann muthete Jnnvcenz den, König Otto zu, daß er nicht allein einen Waffen¬ stillstand mit Philipp annehmen, sondern auch zuerst bey demselben darum ansuchen sollte. Der Waffenstillstand ^urve durch Vermittelung der päpstlichen Legaten wirk- auf ein Jahr lang geschloffen. Während desselben ^Mdei, Unterhandlungen zwischen beyden Königen ge- hstvge,,; aber Otto konnte auf keine Weife dazu gebracht ^tden, der königlichen Würde zu entsagen, und man ^h wieder blutigen Auftritten entgegen« Allein noch Ablauf !>es Gaffcnstillstandeö wurde Philipp im I« von dem Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach er- wvrder. Unbändige Ranssucht Kat den Pfalzgrafen Otto öieser schändlichen Thal verleitet, Philipp hatte ihm Hand seiner Tochter zugelagt; aber in der Folge dxß milden Ekaracters des Pfalzgrafen sich nicht schließen tonnen, sein Versprechen zu erfüllen. Otto' "stte nun die Tochter des Herzogs von Pohlen keu- und ersuchte den König Philipp um ein Em« R r ' pfthlungS« 626 pfehlungsschreiben an denselben. Philipp gab ihm ei» versiegeltes Schreiben an den Herzog, worin er aber, statt den Brautwerber zu empfehlen, vielmehr desse» häßliche Gemüthsart nach Wahrheit beschrieb, welche? der Pfalzgraf durch Oeffnung des Briefes erfuhr. Dar- über erbranme er vor Rache, die er nicht anders, als durch einen Meuchelmord an seinen König sättigen konnte; aber dafür einen gleichen Tod fand. der Durch Philipps Ermordung wurde die zebenM nge Spaltung in Teutschland gehoben; denn mm ward Otto l V. auf verschiedenen Versammlungen einhellig als König erkannt. Auch Jnnocenz >ll. kehrte jetzt wieder zu dessen Parchey zurück. Er schrieb ihm in den schweb chelhaftesten Ausdrücken, wie sehr er ihm jederzeit neigt, und wie besorgt er für sein Bestes beständig Geheim gewesen sey; denn er hatte Ursache zu befürä'- ten, daß, wenn er sich nicht für Otto erklären würde, die teutschen Fürsten leicht auf den König Friederich ve" Sicilien verfallen, und so den Grund zur Vereinig'"^ Tentschlands mit Sicilien legen könnten, welches »in" zu Rom schon lange als eine der päpstlichen Hoheit serst nachtheilige Sache betrachtete. Aus eben dieftr Ursache suchte auch Otto seinen Römerzug nach lichkeit zu beschleunigen, und der Papst munterte ' selbst dazu auf, jedoch legte er ihm vorher durch st' Legaten eine schriftliche Kapitulation vor, die noch vor Antretung des Römerzugs 1209 Z» Sp^ unterzeichnen mußte. Diese Capitulation diente i» Folge bey allen Krönungen zur Basis, und verdient her etwas genauer aus einander gesetzt zu werden. Eingänge versprach Otto dem Papste Jnnocenz 627 seu Nachfolgert! omnem obech'emium, koncuMesmiam reverenciüm, die seine Vorfahren, die katholische!! Könige «nd Kaiser, den Päpsten' erwiesen haben. Die Hauprpuncte der Capitularion aber sind folgende. Um jenen Mißbrauch abzuschaffen, den die vorigen Kai¬ ser bisweilen bey den Wahlen der Prälaten begangen haben sollen , mußte sich Otto anheischig machen, r) zu gestatten, daß die Wahlen in den Stiftern frey und nach den canonischen Gesetzen gehalten, und solche Leute den Kirchen vorgesetzt werden, die der größere und bessere Theil des Capitelö werde gewählt haben. Hier geschieht bloß vom Capitel eine Meldung, von der nie¬ der,, Geistlichkeit und den Ministerialen des Stifts aber, die bisher auch an den Wahlen Theil gehabt haben, wird rin gänzliches Stillschweigen beobachtet. Dadurch wur¬ de gewiß zur Ausschließung beyder letztem ein wichtiger Schritt gemacht. Was unter dem Mißbrauch, dessen sich die vorhergehenden Kaiser bey den Wahlen schuldig gemacht haben sollen, verstanden werde, ob derselbe in der Gegenwart der Kaiser bey den Wahlen, in der Be¬ lehnung vor der Consecration, in der Entscheidung strei- t'ger Wahlen, oder in allen diesen Stücken zugleich bestan- sey, wird gar nicht erklärt. So, konnte in der Folge der römische Hof die Mißbräuche nach Umständen und ss"teresse deuten, wie er wollte. 2) Die Appellationen geistlichen Sachen an den päpstlichen Stuhl nicht zu Ludern. Unter den geistlichen Sachen begriff man ge- ^'ß auch die Wahlen. Man konnte sich also von nun 'n Zwistigen Wahlsachen ungehindert nach Rom wen- Z) Die Verlassenschaft der verstorbenen Prälaten ^nd djx EjMmfte der ledig stehenden Kirchen nicht wi- e'rechtstch an sich zu ziehen, Wenn ein Pralat gestor- Rt2 den 628 ben ist, so haben bisher die tentschen Könige ein zwey« faches Recht ausgeübt. Sie eigneten sich erstens die Werlaffenschaft des verstorbenen Prälaten zu, und dieses nannte man su8 l'pvlij, äsporlnü, exuviurmn. Awey- tens bezogen sie die Einkünfte der erledigten Prälatur, und vergaben die wahrend der Sediövacanz in dem Stifte »ledig gewordenen Pfründen. Dieses nannte man das jus lL^r.iiL. Das su8 spolii scheint so entstanden zu seyn. Die Aebre pflegten die Verlassenschaft der Mb"' che, weiche auf die ihrem Kloster einverlcibten Kirche" ausgesetzt waren, an sich zu ziehen, unter dem Vor¬ wande, daß ein Mönch kein Eigenthum haben könne- Die Bischöfe ahmten das Beyspiel der Aebte nach, und eigneten sich auch die nachgelassenen Güter der Geists chen zu, die sie gesetzt haben. Die Kaiser machten n"" in Rücksicht der Bischöfe das Nämliche; denn sie sag¬ ten: wenn der Bischof die Vcrlassenschaft seiner Geist' liehen darum, weil er selbe setzt, einziehen kann, muß auch dem Kaiser das Recht zukommcn, mit Verlaffenschaft der Bischöfe, die er bestellt, ein Gleicht zn thun. Das jnü re^aliT hat seine Entstehung Lehenrechte zn verdanken. So lang die Lehen noch erblich waren , fielen die Lehengüter des Vasallen dessen Tode dem Lehenherrn heim, der die Nutzung*" davon so lang beziehen konnte, bis sie einem neuen V"' fallen Aebte verliehen wurden. Nun waren die Bischöfe "" Reichsvasallen: also glaubten auch die Kaifto ö* rechtiget zu seyn, die Früchten der erledigten Kirche" ' zur Wahl eines neuen Prälaten zu beziehen. Früchte rechnete man auch die Verleihung der zuw St gehörigen vacanten Pfründen. Durch die Verzici)tle>st"^ Otto's IV. und der folgenden Kaiser auf das^ 629 lpvlii und regali» wurden aber die deutschen Kirchen nicht erleichtert; denn die Päpste haben hernach beyde diese Rechte an sich gerissen. 4) Alle geistlichen Sachen Ungehindert von dem Papste und den Kirchenpralaten behandeln zu lassen, damit der Kaiser habe, was de» Kaisers ist, und Golt, was Gottes ist. In diesem Capilulationspuncte haben die grossen Collisionen zwi¬ schen der geistlichen und weltlichen Gerichtsbarkeit, die bernach entstanden sind, ihren Grund; denn es war uicht ausgemacht, was eine geistliche Sache sey. Nach Innocenz Grundsätzen war es jede Sache, wobey man eine Sünde begehen konnte. Was lagt sich aber wohl sür eine Handlung denken, wobey keine Sünde unter¬ laufen kann ? ;) Dem Papste zur Ausrottung der Ketze- teyen thärigen Beystand zu leisten. Worauf dieses ziele, wird sich in der Folge von selbst aufklären. 6) Mußte Otto alle der römischen Kirche von Ludwig dem From¬ men an gemachten Schenkungen bestätigen und verspre¬ chen , den Papst bey den bereits recuperirten Ländern zu schützen und ihm zur Recuperiruug der noch übrigen zu Hel- s^u. Dazu wurden unter andern nahmentlich auch das Land der Grafinn Mathilde und das Erarchat von Ravenna gerechnet. Doch sollte ) von diesen Landern bem Kaiser, wenn er zur Krönung oder der römischen Kirche zu Hülfe nach Italien käme, das sogenannte Fvdrurn ans Befehl des Papstes entrichtet werden. End- l'ch 8) verband sich Otto der römischen Kirche ver- bülflich , daß sie Sicilien und ihre andern Rechte behalte. Noch vor seinem Abzüge aus Teutschland verlobte H Otto mit des ermordeten Königs Philipp dritten Tochter 6zo Tochter Beatrix, um sich die Anhänger des hohenstaufi- schen Hauses, von denen er immer nichts Gutes gegen sich vermnthete, zu verbinden. Da aber das Band der Verwandtschaft zwischen beyden die Ehe hinderte, so ertheilte der Papst Jnnocenz ohne Weigerung seine Di¬ spensation dazu. Für die Zeit seiner Abwesenheit be¬ stellte Otto seinen Bruder Heinrich, Pfalzgrafen am Rhein, zum Reichsvicarius in den Rheingegenden, wel¬ ches die erste Spuhr -es rheinischen ReichsvicariatS ist. Hier mag zwar eine persönliche Rücksicht eingetre¬ ten seyn; aber dieser Fall diente in der Folge dazu, eine Observanz zum Vortheile des Pfalzgrafen am Rhein zu gründen. August des I. 1209 gieng der RömerzuS Otto wurde von den Lombardern, die sich Im vor sich, schon lange nach einem Kaiser aus dem welfischen Ge¬ schlechte sehnten, mir den größten Freuden ausgenom¬ men- Sie beeiferten sich um die Wette, ihm ihre Dienst¬ fertigkeit zu bezeigen, so zwar, daß sie ihm sogar die kaiserlichen Gefalle, die sie seit Heinrichs Vl. Lode zurückbehalten haben, auslieferten. Auch zu Rom wurde Otto von den Römern und von dem Papst? sehr gut empfangen, und vom letzter» feyerlich gekrönt» Allein das gute Vernehmen zwischen dem Kaiser und Papste dauerte nicht lange. Schon ein Auflauf, am Krbnungstage zwischen den Teutschen und Römern entstaird, mag einen Kaltsinn unter den zwcy Haupteru der Christenheit hervorgebracht haben, welcher sich durch deutlich offenbarte, daß der Papst verlangte, Kaiser sollte gleich den folgenden Tag nach der KrömMst das römische Gebieth verlassen; Otto aber diesem sinne" 6zr sinnen des Papstes nicht eher Genüge leistete, als bis es seinem Kriegsheere an Lebensmitteln zu gebrechen anfieng. Durch dieses wechselseitige Betragen bekam der Geist der Zwietracht noch mehrere Nahrung. Als end¬ lich Otto, nachdem er von Rom weggezogen war, durch einige unparrheyische Männer eine Untersuchung über die Reichsrechte in Italien anstelle» ließ, und die weg: gekommenen zu vindiciren suchte, darunter aber viele Stücke begriffen waren, die Jnnocenz nach dem Tode Heinrichs V>. recuperirt hatte; so zerfiel er vollends Wit dem Papste- Jnnocenz erinnerte ihn an die steyeri- sche Capitulation. Allein Otto antwortete: wenn der Papst wolle, dast er ihn in dem Besitze der an sich ge: Zvgenen Reichsgüter lasse, so müsse er ihn vorher von dem bcy der Krönung geleisteten Eide, wodurch er ver¬ bunden worden, die verlohnten Reichsrechte wieder her- dey zu bringen, lossprecben. Da sich der Papst dieses thnn wegerte, so kehrte sich auch Otto an die Er- innernng des Papstes nicht, sondern ließ mehrere von ^'wocenz eecuperirren Städte und Länder in Besitz neh¬ men, und belehnte andere damit. Otto sah leicht vor, daß ihm nun der Papst eine ^egenparchey an den Hals zu Hetzen, und daß bey die- Gelegenheit der König Friederich von Sicilien seine Rechte auf die Kaiserkrone zu behaupten suchen werde. entschloß sich daher dem jungen Friederich selbst ent- gegen zu gehen, und dabey zugleich die Reichsrechte im Wirer» Italien geltend zu machen. Er brach mit einem ^ere in Apulien ein, und war so glücklich, kurzer dll sich uicht nur dieses Landes mit der Hauptstadt ^Pel, sondern auch Calabriens zu bemächtigen. Der Papst 6zs Papst nahm bey diesen Umständen zu dem gewöhnlichen Mitte! der Ercommunication und der Entbindung aller Unterthanen von dem Eide der Treue und des Gehor¬ sams gegen den Kaiser seine Zuflucht. Er fand auch sogleich einen gefälligen Prälaten, der seinen Spruch in Teutschland publicirte. Dieser war der Erzbischof Sieg¬ fried von Maynz. Nm einer Empörung vorznbeugen, mußte Otto seine Progresse» im untern Italien fahren las¬ sen und nach Teutschland zurückeilen. Er vollzog sogleich seine Vermählung mit der hohenstaufischen Prinzessin» Beatrix, um sich die schwäbischen Grossen, die sich schon wieder zu regen angefangen hatten, geneigt zu machen- Allein die Prinzessin» starb vier Tage nach dem Beyla- ger, und nun traten die Schwaben förmlich von Ottö gb. Friederich von Sicilien bekam bald einen grosse» Anhang in Teutschland, und wurde von demselben durch eine feyerliche Gesandtschaft zur Uebernehmung der Reichs¬ regierung eingeladen. Der Papst feuerte ihn selbst daz» an. Friederich kam also im I. 1212 unter vielen Ge¬ fahren nach Cvnstanz. Es fiel ihm gleich ganz Ober- teutschland zu, und die meisten Grossen huldigten nach und nach auf verschiedenen Hvftägen. Dann sch^ß er ein Bündniß mit dem Könige Philipp von Fr»»^ reich. Otto hingegen verband sich näher mit feinst Oheim, dem König Johann von England, und diesem gegen den König von Frankreich zu Hülfe; hat^ «der das Unglück, 1214 in einem Haupttreffen bey 2^ vines in den Niederlanden, obschon er mit unglaublich^ Tapferkeit focht, geschlagen zu werden. Durch dien Niederlag? wurde er so sehr geschwächt, daß er si nach sMe» Erblagden begeben ryußse, wo er ganz 6zz der Stille lebte und nur noch den kaiserlichen Titel fort« führte. Unter Friederichs Anhängern war einer der vor¬ nehmsten und eifrigsten der König Primislav Ottocar von Böhmen. Daher verlieh ihm auch Friederich im I. irr» zu Basel ein sehr wichtiges Privilegium. Darin wird ihm i) die vom Könige Philipp ertheilte königliche Würde bestätiget. 2) Wird der König von Böhmen von allen Zinsen, Abgaben und Diensten gegen hsss Reich befreyet, den einzigen Nömerzug ausgenommen, wozu er entweder Zoo Mann stellen, oder dafür zoo Mark Silbers bezahlen soll. z) Wird ihm die Schul¬ digkeit nachgelassen, auf Reichstagen zu erscheinen, wenn dieselben nicht zu Bamberg, Nürnberg oder Merseburg ge¬ halten werden, 4) Wird ihm das Recht gegeben - die Bischöfe seines Landes zu belehnen. 5) Verspricht Frier derich für sich und seine Nachfolger demjenigen, den die Böhmen zu ihrem König wählen würden, die Regalien zu errheilen. Daher kommt es, daß die Regalien des Königreichs Böhmen dem teutschen Reiche nie heim falle» können, sondern mir nach Abgang des königlichen Stam¬ mes von dem Kaiser immer demjenigen verliehen werden Müssen, der von den Böhmen zu ihrem König gewählt Wird. Hingegen hielt der rheinische Pfalzgraf Heinrich feit dem Tode Philipps von Schwaben wieder genau nstt seinem Bruder, dem Kaiser Otto , zusammen. Deßwegen erklärte ihn Friederich ans einem Reichstage Zu Regensburg im »215 in die Acht, und vergab Hie Rheinpfalz an den Herzog Ludwig von Bayern aus den? 6Z4 dem wittelsbachischen Hanse. Doch konnte Ludwig bey Lebzeiten Heinrichs nicht zum Besitz gelangen. Um den Anfall zu befördern, wurde im I. »2,5 Ludwigs Sohn, Otto der Erlauchte , mit des Pfalzgrafen Heinrichs Toch¬ ter Agnes vermahlt. Erst im I. 122 nach Heinrichs Tod nahm der Herzog Ludwig von Bayern die Pfalz am Rhein in Besitz, worin ihm i2Zi sein Sohu Otto folgte. So wurde die rheinische Pfalz mit dem Herzog- thum Bayern in dem wittelsbachischen Hause vereiniget. In dem nämlichen Jahr 1215 ließ sich Friederich zu Achen von dem Erzbischöfe Siegfried von May»; feyerlich krönen. Der Erzbischof von Cdln konnte diese Handlung nicht vornehmen, weil er als ein Anhänger Ottos iV. im Banne war. Bald darauf wurde Frie¬ derichs Erhebung auf den Thron vom Papste JnnocenZ Hl. auf einer Kirchenversammlung im Lateran bestätiget- Otto IV., der ohnehin keine Hoffnung mehr hat¬ te, aufzukommen, gieng endlich im I. 1218 , ohne männliche Nachkommenschaft zu hinterlassen, mir Tode ab. Sein älterer Bruder Heinrich bemächtigte sich der ganzen Ncrlassenschaft, obschon von dem jüngsten Bru¬ der Wilhelm noch ein Sohn, Otto der Knabe, vorhan¬ den war. Doch entschloß er sich im I. 122z diesem Braunschweig sammt allen Zugehörungen und den Lehe", die er von geistlichen Fürsten hatte, abzutreten. Es 'st zu merken, daß die weltlichen Fürsten nm diese Zeit seh" begierig waren, von den Geistlichen Güter zu Lehe» Z» erhalten. Bormahls bestrebte man sich in die Wette, den Geistlichen recht viele Güter zu schenken. Jetzt sch»"'- chelte und drohete man ihnen, um nur einige Leheugu- ter 6zS ter von ihnen zu bekommen. So ändern sich die Zeiten. Die Geistlichen hielten in diesem Stücke mehr auf die Ehre ihres Standes. Sie glaubten, es sey unter ihrer Würde, Vasallen eines andern, als des Kaisers, zu werden. Unser Verfasser behauptet in dem ersten Theile fei¬ ner historischen Entwickelung der teutschen Staatsver¬ fassung aus einer Urkunde Otto's IV. vom I. 1208, das das welfische, das ist, das Braunschweig - lüne- burgische Haus noch ein Recht auf das Herzogtum Bayern für den Fall habe, wenn es das wittelsbachi» sche Haus überleben sollte. Die Worte der Urkunde lau- len so: „Otto ynartus o, 6. Uom, rex L l'emxer ^uzulknL. ichotum lacimus — ynoä no« ivspsÄa äe- Vvkjons, yusm circa xromotiouem nolkram illuUris ^ir Duüevvicus äux öaxvarorum — erit omni tem- ^ors bakituru8 , — ccmlirmamur tam ipti cznam uni- ^orli8 sui8 ürccellüris lrerellibu« clucatnm üaxvanse univeilis terris L pvlUlstonibus, «zuas iclem ^>X uäbuc vlusncs ancecetlors nockro in manu iua poil'uklione tenuit. — Lt cum kratrihus nockri8, Palatino comirc Ukani, variL L Ke-. esiis numliuam gAionem kabeknnt." Der Kai» Otto IV. hat also im I. 1208 für sich und seine Brüder zum Besten des Herzogs Ludwigs und dessen esccndenten auf Bayern Verzicht gethan und verspro- daß weder er, noch seine Brüder dem Herzog Lud- und dessen Erben zemahls einen Streit wegen Bap- erregen werden. Diese Vcrzichtleiftung war nicht schlecht 6z6 schlechterdings und unbeschrankt, sondern nur zum Bor- theile Ludwigs und dessen Erben gefaßt. Sie muß da¬ her ihre Kraft verlieren, sobald von gedachten Herzog Ludwig keine Nachkommen mehr vorhanden sind, und dann würde das welfische Haus ein näheres Recht, als irgend ein anderes, auf das Herzogthnm Bayern haben- Pütter har diese Behauptung aus politischen Ursachen aufgestellt, nämlich um einen Fingerzeig zu geben, daß die Ausrauschung Bayerns gegen die österreichischen Nie¬ derlande auch ohne Einwilligung des braunschweigische» Hauses, mithin des Königs von England, nicht vor sich gehen könnte. Allein sie beruhet auf einem sehr lo¬ ckern Grunde Sie setzt voraus, daß Otto IV. Z»k Zeit der ausgestellten BerzichtSurkunde noch ein Reche auf Bayern gehabt habe. Wo sollte er aber dasselbe her bekommen haben, da fein Baker Heinrich der Löwe »ach allen Gesetzen des Reichs mit Zufriedenheit aller Fürste» TeukschlandS feyerlich in die Acht erkläret und des H^* zogthums Bauern entsetzt worden ist? Zwar sucht Püt¬ ter die Achtserklärung und Entsetzung Heinrichs des Löwen als ungerecht und ungültig darzustellen. M"" kann freylich einem Geschichtschreiber nicht verwehre»/ über die Handlungen der Vorzeit sein Unheil zu fälle»' aber wenn ein Schriftsteller nach 6oc> Jahren den fe»^ liebsten Gerichtsspruch, den alle Zeitgenossen für recht und gültig anerkannt haben , bloß darum / der Verurtheilte einige Ausflüchte dagegen machte, ungerecht und ungültig gehalten haben will, und da¬ für dessen Nachkommen Ansprüche auf das Abgesproch^ herleitet; so ist die Partheylichkeit offenbar Z» »^t S trieben. Wenn man dergleichen Grundsätze gelten l>e so müßte alle Wirkung der Gerechtigkeitspflege Und alles Eigenthmn «»sicher werden. Insonderheit würde der Besitzstand der meisten rrichsstänvischen Hau¬ ser und die ganze cemsche StaatSverfaffung in Gefahr kommen, wenn man die alte» Ächtserklarungen aus solchen Gründen für ungültig ansehen wollte. Die Ver- zichtsurkunde Otto'S IV. beweist also für das Recht des welfischen Hauses auf Bayern nichts. Otto stellte dieselbe aus, um den Herzog Ludwig von Bayern, der vorher zur Parthey seines Gegners Philipp gehörte, auf seine Seite zu ziehen. Wie oft thnt man nicht Verzicht auf das, was man nicht mehr hat, wenn man dadurch andere politische Absichten zu erreichen glaubt? Es ist Zu wundern, daß Pütter vermög der angeführten Ver- Zichtsurkimde die WitrelSbacher nicht schon seit dem I. trii für unrechtmäßige Besitzer von Bayern erkläret hat; denn Otto iV, hat auf Bayern unter der aus¬ drücklichen Voraussetzung Verzicht gethan, daß ihm der Herzog Ludwig allezeit treu bleiben werde; dieser aber war einer der ersten, der sich zur Parthey Friederichs II, wandte. Unter Otto IV. ist wahrscheinlich die Zahl der vornehmsten Wahlfürsten auf sieben, und zwar auf eben wne Fürsten beschrankt worden, die in der Folge aus- schließende Wablberrn, Luhrfürsten, geworden sind, ^an findet wirklich einen Aufsatz unter dem Titel: IV. Loolkicutio äe eleätiono Impor^rori>- folgen- den Inhalts: „Imperatorum nullus hereiliksriam iliA- vinUicako. strincipes lex, laari orßini» kres, ^vzuminux, Hevirenliü >inr L I^eomL." Man hat aber dieses Aktenstück bisher nicht der gehörigen Anfmerksamkeit gewürdiget. Frey- lich leuchtet es in die Angen, daß dasselbe nicht die Ver¬ ordnung selbst, die nach dem angesetzten Datum von Otto IV. auf den im I. 1208 um Martini gehaltenen Reichs¬ tage z» Frankfurt gemacht worden seyn muß, sondern nur ein magerer und noch dazu besonders in Ansehung dessen, was von dem König von Böhmen gesagt wird» unrichtiger Auszug aus derselbe» ist. Au der Sach? selbst aber scheint doch etwas zu seyn. Es ist gewiß/ daß, wenn man die üblen Folgen einer fehlerhaften Staatseinrichtung einmahl recht derb empfunden hat/ man, sobald es möglich ist, dem Fehler abzuhelfcn sucht' Da bisher die endliche Wahl eines Kaisers von de» Stimmen des gesammte» Fürstencorps abgehangen h»t/> so war es leicht möglich, daß sich die Fürsten bey det Wahl in zwey grosse Partheyen, die einander das Gleich* gewicht halten konnten, thcilten, woraus nothwei'd'ß zwischen den zwey Gewählten und ihrem Anhänge nicht leicht zu hebender Streit entstehen mußte. Oieft^ erfuhr Teutschland nach der zwiespältigen Wahl Philipp" und Ltto's lV., die einen zehnjährigen verderbliche» bürgerlichen Krieg nach sich zog, im Vollesten Maße- Was war also natürlicher, als daß Otto IV. nach Er¬ mordung seines Gegners Philipp bey dem wieder nilys gewordenen Zustande des Reichs vorerst trachtete, dit Duelle der lange genug empfundenen Uebel zu verstopft"- und die entscheidenden Wahlstimmen auf einige rve>»^ Fürsten, bey denen eine gefährliche Trennung wenigs' z» 6Z9 zu befürchten war, zu bringen? Hak doch die zwistige Wahl Richards von Cornwall und Alfonsens von Ca- stilien, wie wir später hören werden, den Papst Gregor X. veranlaßt, nach dem Tode Richards genauere Wahl- vvrschrifteu, denen man sich auch willig fügte, zu er- theilen, um einer ähnlichen Spaltung bey der neuen Wahl vvrzubeugen; war doch selbst die vollkommene Einrichtung des kuhrfürstlichen Collegiums in der golde¬ nen Bulle nur eine Folge der vorher gegangenen zwifpal- kigen Wahlen Ludwigs von Bayern und Friederichs des Schonen von Oesterreich, Karlö lV. und Günthers von Schwarzburg. Warum sollte es nicht glaubwürdig seyn, daß ein ähnlicher Fall, der sich mit Philipp von Schwabe» und Otto I V. zum ersten Mahl ereignet hat, die Leutschen auf den Gedanken gebracht habe, ihre Mangelhafte Wahlform zu verbessern? Man liest ja in den gleichzeitigen Chroniken, daß sich Otto lV., nach¬ dem er von seinem Gegner Philipp befreyet war, auf verschiedenen Reichstagen mid nahmentlich auf dem Reichs¬ te z» Frankfurt 1208 viele Mühe gegeben habe, die ^eichsgeschafte in eine bessere Ordnung zu bringen; daß die Rechte des Reichs erneuert, und die von Karl den, Grosse» berührenden Gesetze zur genauer» Beobach¬ tung vorgeschrieben habe. Nun aber wird von den Schriftstellern des Mittelalters öfters gesagt, daß Kar! ^r Grosse den Teutschen das Wahlrecht erworben habe. ist also sehr wahrscheinlich, daß unter Otto IV. etwas über das Wahlgescbast festgesetzt worden sey. Ein " ^r venerianischer Schriftsteller, Johann Stella, leitet us Wahlrecht der Teutschen ausdrücklich vom Kai- Otto IV. her. Aber vermuthlich um sich der seit > "de dB izten Jahrhunderts von den päpstlichen Scri- -enten 640 benten verbreitete Meinung, daß Otto II!. »md Papst Gregor V. das kuhrfürstliche Collegium ungeordnet ha¬ ben, zu conformiren, setzt er den Otto, der sich nach dem Sulpitius Galba des römischen Kaiserthrons be¬ mächtigen wollte, in die Reihe der Kaiser als Otto I- an» Es ist also glaublich, daß man in Italien ächte Nach¬ richten von Otto's IV. Verordnung über die Kaiser« wählen gehabt habe; daß aber diese von römischen Schrift¬ stellern ans besonder« Absichten verstümmelt und ver¬ fälscht in Umlauf gebracht worden seyen. Was unser» Satz noch mehr bestätiget, ist, daß sich seit Otto's Zeiten in den gleichzeitigen Monumenten deutliche Spuh- ren von der Siebenzahi der Wahlherrn zeigen. erste Spuhr kommt noch bcy Lebzeiten Otto's !V- vot in einem Fragment eines bisher noch ungedruckten Wett- gedichts der bekannten Meistcrsänger am Hofe des Land¬ grafen Hermann I. von Thüringen "), Darin ist fü¬ gende Stelle enthalten: Siben vürsien sine es wett/ da; in von art ein römisch vogt zu weln ist benannt« In dem sächsischen Landrecht, welches allem Ansth^ nach zwischen den Fahren 1215 und 1219 zusammen^ tragen worden, heißt es im III. Buch 57. Art.: "A" des ') Diese« Bruchstück befindet sich auf der k. k. Hosbibliolö^ zu Wien in einem pergamentenen Codex aus dem '3^ Jahrhunderte. Da der Landgraf Hermann l. 'M 2' starb, und in dem angeführten Gedichte zugleich schon ' düng Von der Entthronung Otto's IV. geschieht, so das Alter de« Gedicht« zwischen dir Jahre und gesetzt werden, 64: des Kaisers Wahl soll der ersts ftyn der Bischof von Maynz, der andere der Bischof von Trier, «„d der dritte der Bischof von Cöln. Unter den Layenfürsten ist der erste an der Wahl der Pfalzgraf vom Rhein, des Reichs Truchseß; der andere der Herzog von Sachsen^ des Reichs Marschall; der dritte der Markgraf von Brandenburg, des Reichs Kammerer; der vierte der Schenk des Reichs, das ist, der König von Böhmen." Doch wird vom letztem gleich darauf gesagt: „der hat leine Wahl, darum daß er nicht teutsch ist", welches aber, wie es in die Augen fallt, ein spaterer Zusatz eines naseweisen Abschreibers aus den Zeiten Rudolfs von Habsburg und Ottocars Königs von Böhmen istt In dem Zeitbuche Alberts von Stade ist bey dem I. »240 folgende Stelle enthalten: „KleNio enim all illns llinolcirur pertinere. Lx iprLtgxottons principum L ennienlu eli^unt Imperukorem Trevirenlis Noxunri- vus L Lolomentls. — kalatinus elizir, «zuia llapiker all; Dux LuxoniK, <;uis IVlaricsIcus, L N-rrzravius LrunllenburZ, ^uis Lamerarius. Kex Ls^miL, ^ui pincerna elk, »o-r -ro» e/l Die letzten Worte sind ganz nach jenen des sächsischen Landrechts geformt, und scheinen einen gleichen Ursprung haben, nur daß hier auch das guis vor pincerna, welches doch in einigen Abschriften und Editionen noch zu lesen ist, in qvi verwandelt werben mußte, um der Interpolation einen Sinn zu gehen. In der oben Seitt §64 angeführten ersten Stelle aus dem Matthäus Parks snn. l24; werden ebenfalls sieben Fürsten als Kies- principala angegeben. Daß darunter einige alt: e°e befindlich sind, als in der Constitution Otto s , rühpr wahrscheinlich von den damahligen Machi» K «ationtk 642 Nationen des Papstes Innocenz lV. her. Endlich sagt der Papst Urban IV. in einem Schreiben vom Z. l-6z „peiuLlp«8 vvLsm i» bustismocti e^dtlvne h.benleS, <^ui sunt leprom numeoo." Wenn man bedenkt, daß die päpstlichen Legaten hey dieser Anordnung ihre Hände mit-im Spiele gehabt haben, so wird man leicht die Ursache finden, warn«" die Zahl der vorzüglichsten Wahlfürsten eben auf siebe" gesetzt worden. Die Legalen haben gewiß das Mustt* von der päpstlichen Wahl hergenommen, bey welcher die 7 Cardinalbischöfe die Hauptentscheidung gaben. Eint" andern Grund gibt das schwäbische Landrecht an, da¬ mit nämlich nicht die Stimmen zu gleichen Theilen a"^ fielen. Doch dachte man jetzt noch nicht darauf, diese" sieben Fürsten das Wahlrecht so ausschließend einznra"' men, daß die übrigen Fürsten von dem Wahlgeschäfie ganz entfernt seyn sollten. ES sollten noch alle Fürste" zur Wahl berufen werden. Dieses fordert noch ausdrückl'^ das obgleich später zusammengeschriebene schwäbische Land' recht im uz. Capitel. Die Fürsten sollten das Zieclst haben, Candidäten zur Kaiscrwürde vorznschlagen, "" denen die benannten Wahlherren jenen zu wählen hättet der allen Fürsten anstünde. Dieses erhellet aus der tirten Stelle Alberts von Stade, und noch deutlicher "" dem sächsischen Landrecht III. B- 57. Art., wo es he'^' „Die zu me ersten an me Rure yonant fin, en suln nicht kiesen nach irme Mutwillen; swen die wursten alle zu Runge erwelen, den f" ? sie allererst hie namen kiesen." Wenn der selbst oder ein anderer den Vorschlag machte, st"'^ übrige" , 64I übrigen Fürsten wenigstens das Einwillignngsrecht zu. Das Volk hatte, wie die Geschichte lehrt, nur daS Recht, seinen Beyfall zu der geschehenen Wahl zu be- Zeigen. Kurz es wurde auch in diesem Stücke alles auf eben den Fuß gesetzt, wie es zu Rom bey der Papstwahl gehalten wurde. Die sieben Wahlherren sollten theils geistlich, theils weltlich stylt. Als geistliche Wahlfürsten wurden die Erzbischöfe von Maynz, Trier und Cvln bestimmt. Sie lvaren schon seit den ältesten Zeiten die Hauptpersonen bey der Kaiserwahl. Sie hatten Verrichtungen bey der Krönung des Kaisers. Zugleich haftete bereits an dem Erzstifte von Maynz die teutsche, und a» dem Erzstifte bvu -Cöln die italianische Erzcanzlerwürde. Das trierk- (che Erzcanzleramt durch Lothringen und das arelaiische ^cich kann zwar historisch bis auf diese Zeiten nicht zu- ^geführt werden; aber der Vorrang des Erzbischofs """ Trier vor den übrigen teutschen Prälaten war ent- schieden. Diese drey geistlichen Primaten Tentschlands ""'wen also von der festgesetzten Siebenzahl nicht wohl ^geschlossen werden. Als weltliche Wahlfürsten wur- der König von Böhmen, der Herzog von Sachsen, Pfalzgraf am Rhein und der Markgraf von Bran- knburg benannte Man hielt sich auch hierin, soviel wögiich war, an das Herkommen. Bisher wurden den weltlichen Fürsten als die ersten bey der Wahl "«Huigen betrachtet, die zur feyerlicheu Ausübung der tzaniter vorzüglich berechtiget waren. Auch künftig ."Uten die weltlichen Wahlstimmen mit den Erzämtern " ^erbindung bleiben. Allein da die Verrichtungen der tzäinter bisher unter den Herzogen wandelbar waren- so S s 2 ge- 644 gehörten alle Herzoge zu den vornehmsten weltlichen Wahl«' fürsten. Jetzt aber sollten diese auf vier herabgesetzt werden. Da war es nun nöthig, die Erzämter auf vier bestimmte Fürsten für beständig zu übertragen. Daß diese Ehre eben einem König, einem Herzog, einem Pfalz¬ grafen und einem Markgrafen zu Theil wurde, scheint da« her zu kommen, weil man glaubte, daß der Glanz der kaiserlichen Majestät, zu deren Verherrlichung die Erz¬ ämter eingeführt waren, am meisten erhöhet würde, wenn aus jeder der vier ansehnlichsten Gassen des teuk- scheir Fürsienstandes ein Individuum zur feierlichen Be¬ dienung des Kaisers bestellt wäre. Zugleich mag diese sonderbare Auswahl zu einem Auskunftsmittel gedient haben, die übrigen Fürsten, die bisher bry der Kaiser¬ wahl eine entscheidende Stimme geführt und in Abwe¬ senheit einer hinlänglichen Anzahl von Herzogen au^ die Erzämtcr verrichtet haben, zur Einwilligung in dw neue Anordnung zu bewegen, vermög welcher sie künf¬ tig bey der Kaiserwahl sich nur mit dem Vorschlag»"^' oder Eiiiwilllgungsrechte begnügen und von der Aus¬ übung der Erzämter gänzlich ausgeschlossen werden wol¬ len. Hatte Otto IV. die Erzämter und das eigentlich Wahlrecht bloß vier Herzogen zusprechen wollen, würden die übrigen Fürsten wahrscheinlich Anstand ae- uonmmen haben, ihren Consens dazu zu geben. jetzt konnten sie sich damit beruhigen, daß jede öüm von ihnen einen aus ihrem Mittel habe, der an dwst^ Vorzug Theil nahm. Um den König, der diese l-l haben sollte, brauchte man sich nicht lange umzustl^ Es war der einzige König von Böhmen Vorhand^ der zum teutschen Reiche gehörte. Er war überdies . mächtiger Fürst, der, sich Otto IV. zu verbinden s" Mußt-' 64Z Mußte. Unter den Herzogen traf das Löss den Herzog- von Sachsen. Die Dienste, welche derselbe dem König Otto geleistet hatte, forderten diese Erkenntlichkeit; denn rr war es, der das meiste beygetragen hat, daß die Sachsen und Thüringer, welche vorher dem Otto sehr abgeneigt waren, ihn nach dem Tode Philips einhellig als ihren König erkannten. Unter den Pfalzgrafen war der rheinische der vornehmste, und noch dazu Otto'S Bruder. Geweggrund genug, keinen andern zu bestims wen. Der Markgraf von Brandenburg war immer dev treueste Anhänger Otto's IV. Er mußte also belohne» werden. Auch wich er seit den Eroberungen Albrechts des Baren keinem andern Markgrafen an Ansehen und Macht. In den Verhältnissen, worin andere Herzoge- Pfalzgrafen und Markgrafen gegen Otto IV., den rb- h'ischen Hof und das teutsche Reich standen, ließen sich, vielleicht noch besondere Gründe der Wahrscheinlichkeit, ßuden, warum auf keinen derselben vor den oben er¬ lahmen Bedacht genommen wurde. Man denke z- B» ^r an den Herzog von Schwaben. Man würde aber sehr irren, wenn man glaubte- diese Verordnungen Otto's IV. bey den folgende» ^aiserwahlen g-M» befolgt worden, sind. Otto gerieth- ^'e wir gesehen haben, bald darauf mit dem Papste Jnnocenz III. in die verdrießlichsten Streitigkeiten, er ^lirde j„ den Bann gerhan und entthront^ Die Gesetze ^es Kaisers, den ein solches Schicksal trifft, Verlierer! ^ürlichcr Weise vieles von ihrem Ansehen. Tentsch- .^d war seit dieser Zeit fast ein beständiger Schauplatz graulichsten Verwirrungen. Da kam es nicht so . auf das Recht, als auf die phistW» Kräfte 646 Der Fürst, der am mächtigsten, thätigsten, oder sonst mit den hervorstechendsten Eigenschaften begabt war, hatte, wie in andern Dingen, so auch bey der Kaiserwahl das meiste zu sagen. Daher finden wir, daß bey den folgenden Wahlen die Herzoge von Oesterreich, die Land¬ grafen von Thüringen, die Markgrafen von Meißen rc, oft die wichtigsten Rollen gespielet haben. Einen schö¬ nen Beweis davon liefert uns das oben erwähnte Frag¬ ment des thüringischen Wettgesanges, worin unmittelbar nach den bereits Seit. 640 angeführten zwey Versen fi> fortgefahren wird: Di (7 Wahlfürsten) tunt nicht anders, denn der edel tzert Herman au; Duringenlant ist im der Runic ze kurz ze lanc, daz er dem Zdeich vnd ouch der werlt nticht sthaft fee vrcuden vil, -er durinye herre nimt imz sunder danc vnd fetzet, swen er wil, da; sah man an dem cheiser otten da zvbrvneftvich den sticz er von dem reich und tet in hoher ereN vrei. Zn eben diesem Sinne sind die oben angeführte» Worte des Matthäus Paris ricl an. ,257 zu nehmen t „lli lum maxi<,n in ?rlom8nnig, sä c^uoruni nucvM xenller cleKio ipfiu8 regni." Ueberhaupt zeigt die Geschichte, daß die nächst folgenden Kaiser und Königs oft nur von einigen der sieben eigentlichen Wahlsürste» und von mehreren andern Fürsten gewählt worden fi"^ Die Kaiser, die ihren Söhnen die Nachfolge im Reichs ver- 647 versichern wollten, und die Gegenkönige, die nur durch eine Faction auf den Thron erhoben wurden, fanden es ihrem Interesse gemäß, keinem Fürsten, der sich zu ih¬ rer Absicht harte brauchen lassen, das Wahlrecht zu be¬ zweifeln, und. den Fürsten mußte es auch schmeicheln, sich bey ihrem alten Wahlrecht zu behaupten. Die mei¬ ste Schuld aber, daß Otto's IV. Constitution, die doch unter dem Einflüsse des römischen Hofes gemacht wor¬ den, nicht in die Ausübung kam, hatten die Papste selbst. Es war ihnen von dieser Zeit an nur darum zu lhun, einem Kaiser dm andern entgegen zu stellen. Zu diesem Ende zogen sie einige Fürsten, die sie konn¬ ten , auf ihre Seile, ließen durch dieselben die Wahl vornehmen, und behaupteten dann dreist , daß die Wahl durch diejenigen, die dazu berechtiget waren, geschehen sey. Die diplomatischen Sammlungen enchalten eine Menge solcher Urkunden aus dem iZten Jahrhundert. Man will hier nur z. B. aus einigen, wahrscheinlich noch ungedruckten, Briefen der Päpste avführen, wie sie sich über die Wahl Wilhelms von Holland, an der gewiß wenigstens drey der eigentlichen Wahlfürsten kei¬ nen Theil hatten , geäußert haben. Jnnocenz IV. be» richtete einem König, vermuthlich dem von Frankreich, die Wahl Wilhelms mit folgenden Worten: „ognolce, V. Kalenä. oAodris in curia uxta coloniam lc> empnitüi' coiMLAam karillunus in Christo Llin!? nvst-r Wilhelmn«; Coines Hostgnäie comev«»» vcsto MrVrciMM, r-n eleotr'one ce/aE -ro/c»»- in itomsnorum rezem applrtmieruibun ceterin prmcchibus elcistus est." Alexander IV. schrieb spater an den Erzbischof von Cöln von eben diesem Wilhelm: »in cmu8 pcrlcmum vor« evEw, rEr-ee-at, conue- 648 eonuenerunt, " und an die teutschen Städte: „quem stcielium principum upprobavik conlt-uius.^ Ungeachtet der Zerrüttung im Reiche und des entgegen-, stehenden Interesse erhielt sich doch, wenn gleich nicht jederzeit im Werke selbst, doch in. den Worte» , seit Otto's IV. Zeiten die Unterscheidung ztvischen Wählen¬ den (kligentes), Vorschlagenden (nowinsmeL, prLtn- Xanten) , oder wenn jemand anderer das Vorschlagungs- recht airsübte, Einwilligende» (conssntientLn) und bloss Beyfall bezeigenden (spplgu>lemo8, «llumsures), wo¬ von uns ebenfalls die Urkunden des rzten Jahrhunderts häufige Beyspiele an die Hand geben. So gicng es fort, bis di« Papste selbst der Verwirrungen, müde, wur¬ den, und für gut fanden, einen andern Weg ernznschla- gen, wie. wir an seinem Orte sehen werden. Noch vor dem Lode des Kaisers Otto. IV. starb der Papst Jnnocenz HI. Er hat in den rZ Jahren seiner päpstlichen Regierung die Hierarchie um eine merk¬ liche Stuft höher geführt. Er war es, der unter dem Vorwand, damit sich nicht ketzerische Hirten in den Vchafstall der Kirche einschleichen möchten., den Anfang wachte, Bisthümer und Abteyen unmittelbar von Rom aus mit zuverlaßigen Leuten zu besetzen. Auch fieng er schon an, dis Vergebung der kleinern Pfründen an sich zu reißen; denn er erließ häufig sogenannte msmlata cle provlüen^o , wodurch den Bischöfen oder andern Collatore» befohlen wurde, einer gewissen Person diese oder jene Pfründe zu verleihen. Vor ihm haben die Päpste, wenn sie einem um sie verdienten Mann eine Pfründe verschaffen wollten, sich meistens nur der Em¬ pfehlungen oder Bitten an den Vergeber der Pftünds bedient, 649 bedient. Jnnocenz aber verwandelte diese in Befehle, und berief sich auf die päpstliche Machtvollkommenheit, bestellte auch insgemein einen Erecutor, der den Pro- vidirten gegen jeden Widerspanstigen mit Hülfe geistlicher Zwangsmittel in den Besitz der Pfründe setzen sollte. Von den Reservationen, wodurch sich in der Folge die Päpste die unmittelbare Vergebung noch nicht erledigter Beneficien vorzubehalten pflegten, scheint er jedoch keinen Gebrauch noch gemacht zu haben. Zur Aufrechthaltung der errungenen päpstlichen Macht Krachte Inneren; III. einige neue Mittel i» den Gang. Es entstanden unter ihm die sogenannten »ettelorden, an denen seitdem der päpstliche Stuhl eine mächtige Stütze hatte. Die vornehmsten sind der Orden der Francisca- ner, oder wie sie sich aus Demuth nannten, der mindern Brüder, und der Orden der Dominicaner oder Prediger. Den ersten stiftete im I. 1208 Franz von Assisi , ein Kaufmannssvhn, der nach einer Krankheit, did er sich durch äsliNa jnvonwris zngezvgen, den Entschluß ge¬ faßt hatte, ein frommes Leben zu führen. Der Stifter Les zweyten war DominicnS Guzmann, ein Spanier. Beyde Orden wurden von den Päpsten Jnnocenz III. und dessen Nachfolger Honorins III. bestätiget; denn die Päpste sahen bald, wie nützlich ihnen die Bettelmön- che werde» könnten. Die Benedictiner und die aus den Reformationen derselben entsprungenen Cistercienser, Prä- inonstratenser rc. konnten die Papste nicht mehr recht zu Ihren Absichten brauchen. Sie sind reich und dadurch unthätiger geworden. Ihre Güter setzten sie in Ver¬ hältnisse, in denen es ihnen gefährlich war, alle Be« fehle der Päpste gegen die Kaiser und Könige z« vollzie¬ hen. 6ZN hen. Ganz anders verhielt es sich mir den Vettelmon« cyen. Diese machten sich zur Pflicht, kein Eigenthnin zu besitzen, und sich ihren Unterhalt durch das Betteln zu erwerben. Sie hatten also nichts zu verlieren, und konnten mit weit geringerer Gefahr die päpstlichen Ent¬ würfe gegen die Könige durchsetzen. Zugleich konnten sich diese Mönche ins Unendliche vermehren; denn um ein Kloster dieser Art zu gründen, war weiter nichts anders erforderlich, als eine auch nur mittelmäßig be¬ güterte Person, oder allenfalls eine Gemeinde zu bere¬ den, daß sie den Bau des Klosters und der Kirche be¬ sorgten. Die übrigen nöthigen Einrichtungen wurden leicht durch das Bettelm zusammengebracht. Noch vor- theilhafter war es für die Päpste, daß die Vettelmön- che ihre Sitze nicht in Einöden und Waldungen, sondern, gleich in bewohnten Städten und Markten aufschlugen, und daß sie sich nicht Speculativn oder Ackerbau, son¬ dern Predigen, Bcichrhöreu, Ketzer bekehren, Unterricht- geben zur Beschäftigung wählten. Dieses verschaffte ih¬ nen Gelegenheit, sich nicht nur in alle Hauser der Städ¬ te einzuschleichen, sondern auch weit und breit auf dem Lande herum zu kommen und sich überall in Credit zu setzen Niemand war also geschickter, die Lehrsätze, welche dem Papste günstig waren, an allen Orten und Enden zu verbreiten, als die Vettelmönche. Nur die Universitäten als im Rufe der Gelehrsamkeit stehende Körper hätten ihren Einfluß auf die Denkungsart des Volkes hemmen könne», und wären mit der Zeit gewiß furchtbare Gegner der päpstlichen Anmassungen gewor¬ den. Allein diesem Uebel wußte man bey Zeiten vorzu¬ beugen. Die Bcttelmönche drangen sich unter Vorschub der Päpste in di? theologischen und philosophischen Fa- tulca- 6Zl cultaten auf Universitäten ein, kehrten von ihren Can- zeln herab nach dem Wink, den sie von Rom aus emp- siengen, und verketzerten jeden Satz, chen ein anderer Lehrer gegen die ultramoutanischen Usurpationen aum¬ stellen wagre. Sv bekamen die Päpste ein entschlossenes und überaus thäciges stehendes Heer in allen christlichen Landern, dessen Unterhalt ihnen nichts kostete. Um durch dasselbe leichter wirken zu können, sorgten sie da¬ für, daß jeder Bettelorden einen zu Rom residireuden General erhielt. Sie durften jetzt ihre Befehle nur dem General jedes Ordens zu wissen machen. Dieser schickte dieselben den ihn untergeordneten Provincialen in den Län¬ dern zu, wo sie auf Veranstaltung der letztem durch die Vorsteher der einzelnen Klöster ans das eilfertigste und nachdrücklichste vollstreckt werden konnten. Eine andere wichtige Stütze bereitete Jnnocenz^II. dem päpstlichen Ansehen durch die Einführung der In» quisltion gegen die Ketzer vor. Es wimmelte zu An¬ fang des iZten Jahrhunderts in den südlichen Provin¬ zen Frankreichs von Leuten, die mit den Lehren der römischen Kirche unzufrieden waren, nnd sich von der¬ selben trennte». Man begriff Anfangs diese Leute un¬ ter dem Nahmen Albigenser. Nach der Zeit aber unter¬ schied man Albigenser und Waldenser. Albigenser nann¬ te man diejenigen, welche die glten mankchaischen Leh¬ ren behaupteten. Die Waldenser aber erhielten ihren Nahmen von Peter Waldus, einem Kaufmanns zu Lyon, der sein ganzes Vermögen unter die Armen vertheilte, und aufs Predigen ausgieng. Ihr System war bey- laufig folgendes: Die Bibel sey die einzige Quelle der Religion; jeder müsse sie lesen; was darin nicht stehe, ge- . SsL gehöre nicht zur Religion; den Layen sey das Abende yrahl unter beyderley Gestalten und den Geistlichen die Ehe zu gestatten; jede Versammlung, die sich zusammen» thue, um sich tm Glauben zu starken, führe mit Recht den Nahmen einer Kirche, könne die vorigen Lehrer ab» schaffen, und sich solche bestellen, die das Wort Gottes rein predigen. Ueber die verdorbenen Sitten der ehelo- sei, Geistlichkeit eiferten sie sehr stark. Diese Lehre schien dem Papste gefährlicher zu seyn, als der Unglauben. Jnnvcenz III. schickte daher im I. 1204 Missionarim nach Frankreich, welche in den angesteckren Landern pre» digen, die verirrten Schafe zurückführen und die Ketze- reyen ausrvtten sollten. Zu diesen Abgeordneten gesellte sich auch Dominicas Guzmann; sie richteten aber nicht viel aus. Der Graf Raymund vou Toulouse nahm diese Neuerungen in de» Schutz, und gestattete den Walden¬ sern öffentliche Religionsübnng in seinem Lande. Dey Papst Jnnvcenz ergriff dagegen strengere Maasregeln, und liest wider die Waldenser und ihren Beschützer, wie es Wher gegen die Machumedaner Gewohnheit war- das Kreuz predigen. Simon., Graf von Montfort- führte die Kreuzfahrer an, und eroberte in kurzer Zeit die ganze Grafschaft Toulouse. Nachdem die Ketzer durch das heilige Schwert geschwächt waren , beschloß Inno- eenz in allen Städten, wo er noch Ueberbleibsel der Ketzerey vermuthete, ein Jnquisitionögericht aufzustellen, welches die geheimen Waldenser ausspahen und ohne vielen Proceß auf den Scheiterhaufen bringen sollte«. Dieses wurde auch ins Wer? gesetzt, und weil sich Do-- minicus Guzmann bey der Inquisition in Languedoc sehr gut brauchen ließ, so wurde das ganze Jnquisitions-l werk vom Papste Gregor IX. im J. 12ZZ den Domink- ranem 6ZZ <-nem übergeben. Dieser Gregor IX. suchte die Zn-- qnisition auch in Temschland einzuführen. Es erschien daselbst im I. l2gr Konrad von Marburg als bevoll¬ mächtigter päpstlicher Ketzarrichtcr, und übte sein Amt durch drey Jahre mit unerhörter Grausamkeit aus. Seine Vttfahrmrgsart war dem teutschen Gerichtsbrauch so zuwiderlaufend, daß man kaum fassen kann, wie er sich so läng habe erhalten können. Wenn gegen Je¬ mand als Ketzer die Anzeige geschah, so wurden die Zeugen auch in seiner Abwesenheit verhört, es wnrds thm nicht gestattet, Einwendungen gegen sie vvrzubrin- gen, ost wurden sie ihm nicht einmahl nahmhast ge¬ macht. Es wär für ihn kein anderes Mittel, als sich entweder schuldig zu bekennen und die Haare abschnei- den zu lassen , oder auf den Scheiterhaufen zu wandern. So fein war jedoch Konrad von Marburg, daß er sich zuerst nur an die Bauern wagte, und von diesen zu den Bürgern fortschritt, daüch an den nirdern Adel und end¬ lich auch an den hohen kam. So lud er einen Grafen von Sayn vor daö Ketzergericht. Der Graf stellte sich, mußte sich über, wie jeder andere, den Kopf scheeren lassen, wenn er nicht verbrannt werden wollte. Dieser Schimpf gieng ihm so zu Herzen, daß er den römischen König Heinrich Vll. und die teutschen Fürsten auffor¬ derte, seins Sache öffentlich zu untersuchen. Er fand Gehör. Es wurde zu diesem Ende im I. 12^4 ein Convent zu Frankfurt gehalten, wobey auch der Inqui¬ sitor Konrad erschien. Die wider den Grafen ausgetre¬ tenen Zeugen konnten mir ihrem Beweis nicht aufkommen.- und der Graf reinigte sich durch Cousacramentalen von dem Verdacht der Ketzerep. Der beschämte und verha߬ te Ketzenichtcr Konrad wurde auf der Rückreise von Frank- 6Z4 204 Constaniinopels zu bemächtigen, und ihren Anführer, den Grafen Balduin von Flandern, zum Kaiser in Constantinopel zu wählen. Der päpstli¬ che Legat batte zu dieser Unternehmung den reichlichsten Ablaß versprochen, und Iunoceuz lti. wurde über de» glücklici^n Erfolg derselben ungemein erfreuet; denn er glaubte, daß mm die ungehorsamen Griechen werden genöthiget seyn, sich der römischen Kirche zu unterwer¬ fen. Allein die Sache war von keinem Bestand, Die Griechen, welche unterdessen noch immer ihre Kaiser in Asien zu Nicäa und Trapezunt fortbehielten, vertrieben Em I. den vierten lateinischen Kaiser, Balduin ll. von Constantinopel, und machten der Herrschaft der La¬ teiner daselbst ein Ende- Den größten Vortheil von die¬ ser Invasion deS griechischen Kaiserthnms zogen die Ve- netianerz denn Balduin I. mußte ihnen die Insel Can- 6Z6 dia und die Halbinsel Morea abtreten, in deren Besitz sie sich hernach lange Zeit bshaupteten. Zuletzt führt uns der Verfasser gar in die positive Theologie. Er sagt, daß Jnnvcenz III. durch einen Kirchenschluß vom I. 1215 die Transfubsianrmrion das ist, die Verwandlung des Brods und des WeinS in den Leib und das Blur Christi in dem heiligen Abend¬ mahl, zum Glaubensartikel gemacht habe. Nach den Worten des Verfassers zu schließen wäre dieses ein neuer Glaubensartikel. Allein schon Iustinus Martyr schreibt: commnnew xsnsm occipimus, leci corpu8 et 1'anxnmsm Lkirilli." Im yierttn und fünften Jahr¬ hundert kommen mehrere Stellen vor, welche deutlicher von der Verwandlung reden. Im neunten Jahrhun¬ dert entstand darüber ein Streit. Pafcasius Radbertus, «in Mönch von Corvey, stritt für die Verwandelung. Er bekam Gegner. Seine Meinung aber erhielt die Oberhand. Im eilsten Jahrhundert hat ein Franzose, Berengar von Tours, dis Meinung des Pafcasius ver¬ worfen; er wurde aber auf mehrer» Concilien als Ketzer verdammt. Endlich hat Jrmocenz HI. in dem latera- nensischen Eoncilio vom I. 121^ das Wort 'kranLiud- üummlio gebraucht, wodurch die vorher mit dunkel^ Worten vorgetragene Lehre von der wirklichen Ver- wandelnng ihre gehörige Bestimmtheit und Deutlichkeit «hielt. 6Z7 Friederich II., nebst seinem Sohne, Kem rö¬ mischen Könige Heinrich VII., vom F. 1213 19. Müy bis i2ZL. (17 Fahre ) Nach Otto's IV. Tode wurde Friederich II. noch in eben dem Jahr 1^8 auf einer Versammlung zu Heb- Morden vom ganzen Reichs als Körrig anerkannt. Seine erste Sorge gieng jetzt dahin, seinen Sohn Heinrich zum römischen König »und Nachfolger in Teutschland Wahlen zu lassen, damit er demselben die Verwaltung des teutschen Reichs anvertrauen könnte, wenn die Be¬ schaffenheit seiner sicilianischen Erblande seine Gegenwart in Italien erfordern würde. Er erreichte auch seine Ab¬ sicht auf einem Reichstage zu Frankfurt im I, 1220." Die Wahl Heinrichs VII. zum römischen König schien aber wider das Versprechen zu seyn, welches Friederich sm I. »216 dem damahligen Papste Fnnoccnz III. Bege¬ hen hatte, Sicstien nie mit Teutschland zu vereinigen; denn da Heinrich schon gekrönter König von Sicilien war, so wurde durch dessen Erwählung zum Nachfolger in Teutschland die nächste Anlage zur Verbindung beyder Reiche gewacht. Friederich entschuldigte sich darüber in einem Schreiben mit so scheinbaren Gründen bey dem Papste Honorius III., daß sich dieser beruhigte. Hein¬ rich war, als er zum römischen König gewählt wurde, ^rst sieben Jahre alt, er mußte also unter einer Leitung stehen. Anfangs führte die Aufsicht über ihn der Erz* bischvf Engelbert von Cöln, der ihn auch 1222 zu Achen krönte. Als aber derselbe 1225 von dem Grafen von Isenburg entleibt ward, kam Heinrich uriwr die Leitung T t' 6;s des Herzogs Ludwig von Bayer». Nach dessen eben¬ falls gewaltsamen Lode im I. rszi verwaltete er daS Reich selbst. Von diesem Heinrich VlI. leitet man ge« meiniglich den Titel eines römischen Röniks her, in so weit darunter ein bey Lebzeiten des regierenden Kai¬ sers erwählter Thronfolger verstanden wird. Einige be¬ haupten jedoch, daß schon Konrads IU. Sohn Heinrich in diesem Verstände römischer König genannt worden sey. In einem andern Verstände, in so weit nämlich durch den Nahmen eines römischen Königs der vom Papste noch nicht gekrönte König der Lentschen bezeichnet wird, ist dieser Titel schon älter. Sowohl seine eigene Erhebung ans den teutschen Thron, als auch die Wahl seines Sohnes zum römi¬ schen König harre Friederich vorzüglich den geistlichen Fürsten zu danken. Er mußte sich daher gegen sie er¬ kenntlich bezeigen. Zu diesem Ende hatte er schon im I. »21? zu Eger eine goldene Bulle ausgestellt, worin er dem Papste und den geistlichen Fürsten ihre Freybeiten bestätigte und erweiterte. Diese Urkunde hat viele cheim- lichkeir mir der Okto dem lV. vorgelegten mrd von ihn* zu Speyer unterzeichneten Capirularion Nach der seines Sohnes zum römischen König gab er noch auf dem Reichstage zu Frankfurt »220 ein Edict heraus, weicht den Nahmen Oonilinttio kriäerici II. cio juribus ciynm eccleüüsticvrum führt. Der Inhalt davon ist folgender. ») Verspricht Friederich nochmahls, die Ver- lasscuschaft eines geistlichen Fürsten nicht dem königlichen Fiscus zuzueignen, sondern dieselbe, wenn der Prälat kein Testament gemacht hat, dessen Nachfolger zu lasse»' hat er aber ein Testament hinterlassen, dasselbe aufrestst zu 659 zu erhalten. 2) verbindet et sich- keine neuen Zölle oder Münze» iu den Territorien der geistlichen Fürsten ohne ihre Einwilligung zu errichten , wohl aber sie bey den alten zu schütze», und zu hindern, daß das Gepräge der geistlichen Fürsten nicht nachgemacht und ihre Münze dadurch herabgesetzt werde. Dieses ist ein Beweis, daß die geistlichen Fürsten damahls bessere Münzen geschla¬ gen haben, als Vie weltlichen. Die letzter» haben, um Ihre schlechten Münzen auch in Gang zu bringen, das äußere Gepräge der erster» nachgemacht, wodurch noch- wendig die Münzen der Geistlichen an ihrem Werthe verlieren mußten. Diesen Unfug versprach nun Friede¬ rich zu Gunsten der geistlichen Fürsten abzustellen, z) Leute, die auf irgend eine Art den geistlichen Fürsten dienstpflichtig waren, und sich ihres schuldigen Dienstes und Gehorsams zu entledigen suchten , sollen in den Reichsstädten nicht ausgenommen werden. Dieses sollen auch die Bischöfe unter sich, und die weltlichen Fürsten gegen die geistlichen beobachten. Hier kommen die er¬ ste» Spubren von den sogenannten Pfahlbürgern vor, die in der Folge so viele Streitigkeiten veranlagt habens Als nämlich die Städte mächtiger geworden sind, haben sie Leuten, die auf dem Laude wohnten, auf ihr Ansu¬ chen das Bürgerrecht ertheilc. Diese Lente wollten dann ihren Herren keine Dienste mehr leisten, und wenn diese sie dazu zwingen wollten- so beriefen sich jene auf ihr Bürgerrecht, und die Städte leisteten ihnen Schutz. Solche Leute namne man Pfahlouryer. 4) Niemand soll der Kirche unter dem Vorwande der Vogtey aü ihren Gütern Schaden zufägen, und wer es thut, soll den Schaden doppelt ersetzen. Die Kirchenvögte, welche Anfangs zur Beschützuug der Kirchen ausgestellt waren- / TtL haben. T6ö haben «»gefangen, sich immer mehr Rechte heraus zu nehmen, die Kirchengüter an sich zu reißen, und die Kirchen auf mancherley Art zu drücken, L) Wenn einem geistlichen Fürsten das Lehen seines Vasallen zufiele, so soll ihn der Kaiser dabey schützen, und das Lehen nicht an sich ziehen, wenn es ihm nicht von dem Bischof oder Abt freywillig überlassen wird. Daraus sehen wir, daß nicht bloß andere weltliche Fürsten, sondern auch die Kaiser selbst sich Mühe gegeben haben, Lehen von den Kirchen zn bekommen. 6) Mit demjenigen, der von einem Bischöfe ercommunicirt wird, machte sich Friede¬ rich anheischig, keine Gemeinschaft zu haben. Ein sol¬ cher Ercommunizirter soll bey Gerichte weder als Klä¬ ger , noch als Richter oder Zeuge auftreten könne». Nur als Beklagter soll er erscheinen dürfen, aber ohne Advos raten. Lt czuis glmlius materiali cnMirums eck in tndliäium zlgtlii ixrrilualls, so soll wider einen Er- commuuicirten, der 6 Wochen im Banne bleibt, die Reichsacht ergehen, von der er nicht eher entbunden wer¬ den soll, als bis er die Lossprechung vom Kirchenbanns wird erhalten haben. 7) Auf dem Grund und Boden der Kirchen sollen wider den Willen des Bischofs oder Abts keine Schlößer oder Burgen weder unter dem Vor¬ wande der Vogkey, noch unter einem andern erbauet, und wenn einige wider den Willen des Grundbesitzers erbauet wbrden sind, so sollen sie durch königliche Ge¬ walt niedergerissen werden. Die Beschwerde der geistli¬ chen Fürsten, welcher Friederich durch diesen Punct ab^ zuhelfen versprach, hatte ihren Grund in dem Faust¬ rechte. Die Edelleute, die sich damahls meistens mit dem Befehden abgaben, wenn sie einen zur Anlegung einer Burg schicklichen Berg sahen, konnten sich ni^ " ent- 66r Enthalten , ein Schloß darauf zu bauen, es mochte der Grund gehören, wem er wollte, wie noch hem zu Tage «in hitziger Jager in Versuchung geräth, ein ausge- spührtes Wild ohne Unterschied des Bodens, wo es sich befindet, zu schießen. Die ganze Gegend um ein solches Schloß war hernach unsicher, weil sich die darein ge¬ legte Besatzung durch Plündern und Rauben verprovian-, tirte und besoldete. 8) Die kaiserlichen Beamten sollen in den geistlichen Städten keine Gewalt und Gerichts¬ barkeit in Zoll- Münz- und andern Sachen ausüben, außer acht Tage vor und acht Tage nach einem vom. Kaiser dorthin ausgeschriebenen Hoftage. So wurde, der Kaiser von der Mitausübnng der Gerichtsbarkeit über Mittelbare in geistlichen Landern fast ganz ausge¬ schlossen. Durch dieses Edict Friederichs, welches von beständiger Dauer seyn sollte, wurde zur Ausbildung der Landeshoheit geistlicher Fürsten der nächste GruiG gelegt. Nachdem Friederich II. den Unwillen des Papstes über die römische Königswahl Heinrichs VII. besänftig get, und sich die geistlichen Fürsten verbunden hatte, übergab i er seinem Sohn, dem römischen König, die Reichsverwaltung unter der- Aufsicht des. Erzbischofs von Evin, und gieng noch im I. 1220 nach Italien ab. Er. hielt sich in der Lombarbey nicht auf, weil die lombar¬ dischen Städte, besonders Mayland, keine günstige^ Gesinnungen für ihn hegten, sondern begab sich gerade^ Zu nach Rom, wo er von dem Papste Honorius III. Zum Kaiser gekrönt wurde. Am Krönnngstage ließ es die berühmten Edicte wegen der Immunität der Geistli¬ chen, mrd wegen Pusrotturig. der Kstzereyen, die hernach rr; d.en. 66r den justinianäischen Coder unter den Titeln: wollte Friederich wieder sein altes Project gegen die Lvmbarder vor die Hand nehmen. Um hundert Jahre später würde die Ausführung desselben wahr¬ scheinlich gelungen seyn; denn nachdem die Städte von außen sicher geworden sind, fiengen die Gährungen von innen an, die Sitten der Bürger wurden durch Lnrus verdorben, der Kriegsgeift verlvhr sich, sie führten den Krieg nicht mehr selbst, sondern durch Miethlinge. Allein jetzt befand sich bey den Lombardern noch alles auf dem nämlichen Fusse, als es unter Friederich l. war. Die Städte waren lauter mächtige, volkreiche, auf ihre Frey- heit ungemein eifersüchtige, für dieselbe alles aufzuopfern bereite Republiken, mit einander durch einen Bund auf das engste vereiniget, und von der viel bedeutenden Un¬ terstützung des Papstes versichert. Sie konnte so viel Krieger auf die Beine bringen, als sie gesunde Bürger hatten. Mayland allein war im Stande so viel Reiter Zu stellen, als ganz Apulien. Der Gedanke Friederichs, sie sich zu unterwerfen, war also jetzt gewiß sehr nnzei- tig. Den Anfang dazu machte er wieder dadurch, daß er auf das I. »2gi einen Reichstag nach Ravenna an» setzte, wozu er auch seinen Sohn, den römischen König Heinrich, und die deutschen Fürsten verschrieb. Allein Lombarder, welche Friederichs Absicht sogleich merk¬ en, thaten, was sie vor fünf Jahren bey einer ähnli- chen Gelegenheit gethan haben. Sie kamen nickt nur uicht selbst auf den Reichstag, sondern ließen durch Der, !*-ung der Wege auch den römischen König und die teutschen 6/2 Mischen Fürsten nicht dahin kcMmen, und Friederich mußte sich zu Schiffe nach Friaul begeben, wenn er mit denselben sich besprechen wollte. Bey dieser Gelegenheit gab er zu Udine 1232 zum Vortheile der weltlichen Für¬ sten eine fast ähnliche Verordnung heraus, als er 122c- ,zü Gunsten der geistlichen Fürsten erlassen hat. Nach der Unterredung gieng der römische König nach Teutsch- kand, der Kaiser aber nach seinen Erbstaate» zurück- wo unterdessen neue Unruhen ausgebrochen sind. Wahrend der Abwesenheit des Kaisers ans Teutsch« land führte daselbst der römische König Heinrich Vll- die Regierung. Alles, was sich Unter derselben Merk¬ würdiges in Teutschland zugetragen hat, laßt sich auf drey Stücke zurückführen, ,) auf die braunschweigisches p.) die österreichischen und Z ) die preußischen Sachen. .Der rheinische Pfalzgraf Heinrich aus dem welsi'- scheu Haufe hat, wie wir gehört haben, noch bey seinen Lebzeiten seine braunschweigischen Erblande seinem Bru¬ derssohne Otto dem Knaben übergeben, der auch sei" natürlicher Erbe wär. Nach seinem Tode aber im A 1227 machten seine beyden Töchter Irmengard, Genial)- linn des Markgrafen Hermann V- von Vaden, Agnes, welche an Otto den Erlauchten, einen Sohu des Herzogs Ludwig von Bayern und Heinrichs Nach¬ folgers in der Pfalzgrafschaft am Rhein, vermäkM war, Ansprüche auf die braunschweigischen Lande, Irmengard, da sie nicht hoffen konnte, mit ihren Am sprachen aufzukommen, überließ dieselben gegen eiU Aequivalent von solchen Gütern, die den Landern Mannes naher gelegen waren, an den Kaiser Friederich' 67) Nun batte es Otto der Knabe wegen seiner Erblande mir dem Kaiser selbst z» thun Der Kaiser ließ durch den römischen König Heinrich einen Versuch ans die Stadt Braunschweig machen, der aber ebne Erfolg war. Allein. Haid sch'eue» die dänischen Handel, in welche Otto der Knabe verwickelt wurde, dem römischen König eine bessere Gelegenheit an die Hand zn geben, die vermeintlichen Rechte des Kaisers ans Braunschweig geltend zn machen. Die Danen haben seit einiger Zeit wichtige Eroberungen in den wendische» Landern jen¬ seits der Elbe, oder in Nordalbürgicn gemacht, und ihre Könige haben zugleich den Titel Kö.nige der Wen¬ den angenommen. Der König Waldemar il. von Dä¬ nemark nahm auch dem Grafen Heinrich von Schwerin die Hälfte seiner Grafschaft^ weg. Dieser Graf, um wieder zn seinem Lande zu gelangen, überfiel den Kö¬ nig Waldemar 122g unversehens auf der Jagd, und bekam ihn in seine Hande. Er ließ ihn zwar, 1225 wieder los; als aber Waldemar die eingegangenen Be¬ dingungen nicht erfüllte, sondern vielmehr in Verbin- dung mit seinem Schwestersohn, Otto dem Knaben, von neuem zu den Waffen griff, so wurde er von dein Grafen von Schwerin und dessen Bundesgenossen, dem Erzbi¬ schöfe von Bremen und dem Herzoge Albrecht von Sachse», 1227 bev Bvrnhövede geschlagen, und Nord« E'ingjen von der dänischen Herrschaft befreyet. Wal¬ demars Verbündeter, Otto der Knabe, hatte in dieser Schlacht das Unglück, in die Gefangenschaft zu gera- ttwn. Diesen Zeitpunkt wollte sich der römische König Nutzen machen, um sich der Stadt Braunschweig zu bemächtigen. Er that einen neuen Anfall; fand aber s° tapftrn Widerstand, daß er auch dießmabl seinen U u Zweck 674 Zweck verfehlte. Das Land blieb Otto dem Knabe» immer getreu, der auch nach dem Tode des Grafen von Schwerin 1:22 wieder auf frepen Fuß und zum ruhi¬ gen Besitze kam» Unter diesen Händeln heurathete der römische Kör¬ nig Heinrich Vll. die Tochter des Herzogs Leopold VII. von Oesterreich, Margaretha, und errheilte hernach im I. l228 zu Eßlingen seinem Schwiegervater „emo be- veplacito , coulilio et tuvore s'riNLipum, > mit seinem jünger» Prinzen Konrad da¬ selbst anlangte, unterwarf sich ihm zwar Heinrich, ber sich fast von seinem ganzen Anhänge verlassen sah? er aber nicht alle Bedingungen der Aussöhnung erfülle» wollte, ließ ihn der Kaiser mit seiner Gemablinn Mal'' gareth und seinen Kindern nach Apulien abführen, wo e> 1242 677 1242 in der Gefangenschaft starb. Die Prinzessin Mar¬ gareti, kam nach «einem Tode nach Tcmschland zurück, Und gieng in ein Kloster zu Trier. Nach dieser Erecution gegen seinen eigenen Sohn hielt der Kaiser noch im I. i?;z einen sehr prächtigen Reichi-rny zu Maynz , wobey sich 75 Fürsten und über 12 Hundert Edie und Ritter einfanden, um Fiie- derichen nach einer izjahrigen Abwesenheit wieder zu sehen und ihm ihre Aufwartung zu machen. Die vor¬ nehmsten Geschäfte, die auf diesem Reichstage geschlich¬ tet wurden, sind folgende. 1) Wurde der römische Kö¬ nig Heinrich Vkl. wegen seiner Empörung seiner Würde und Thronfolge feyeriich entsetzt. 2) Wurden die Strei¬ tigkeiten des Kaisers mit Otto dem Knaben gänzlich ge¬ hoben, und die Verdienste des letztem, dast er sich von dem Papste nicht harte verleiten lassen, sich zum Gegen- künig aufzuwerfen, belohnt. Friederich überließ seine Ansprüche auf Braunschweig dem Reiche; Otto der Knabe aber trug seine lüneburgiscken Erblande dein Kaiser und Reich zu Lehe» auf. Der Kaiser schlug dann die braun¬ schweigischen und lüncburgischen Lande zusammen, erhob sie zu einem Herzogthum und belehnte Otto den Kna¬ ben mit diesem neuen Herzogthum unter der Bedingung, daß dasselbe auch für seine Töchter erblich seyn sollte. Außerdem gab ihm Friederich noch den zum Reiche ge¬ hörigen Zehend von den Bergwerken bey Goslar. So batten die langwierigen Irrungen zwischen dem welfi- schen und hohenstaufischen Hause, die, wenn sie ein- wahl beygelegt schienen, immer von neuem wieder her- dvrwnchsen. endlich ein Ende in Teutschland erreicht. 8a Italien aber verfolgten sich noch lange nachher die päpst¬ liche 6/8 liehe und die kaiserliche Parthey unter dem Nahmen der Gneisen und Gibellinen. g) Bestätigte der Kaiser auf diesem Acichocage die alten Rechte, und machte ver¬ schiedene neue Gesetze. So errichtete er einen allgemei¬ nen Landfrieden, wodurch alle, denen Schaden gesche¬ hen, an ihre Richter zum Klagen angewiesen, und dis Befehdungen nur für den Fall erlaubt werden, wenn einem nicht gerichtet wird, und er auö Noch zur Selbst- Hülse seine Zuflucht nehmen muß, welches er jedoch bey Tage und erst nach vorhergegangener dreytagigen Auf¬ kündigung tbun soll. Da aber das Reichsjustitzwesen um diese Zeit sehr in Verfall geratben war, so suchte Frie¬ derich dasselbe wieder herzusielleu. Die Kaiser haben seit Otto l. ihre Gerichtsbarkeit durch die Landpfalzgrafen, von denen es in jedem Herzogthum einen gab, ausge¬ übt. Allein durch die mit den Herzvgthümern vorge¬ gangenen Veränderungen hat die Thatigkeit der Land¬ pfalzgrafen meistens aufgehort. Es mußte also für die kaiserliche Gerechtigkeitspflege eine andere Anordnung ge¬ macht werden, die in Ausstellung eines Hofrichters am kaiserlichen Hose bestand. „Wir setzen, sagt Friederich, daß unser Hof habe einen Hofrichrer, der ein frey Mann sey, der soll an dem Amte bleiben zum mindesten ein Jabr, ob er sich recht und wohl daran halt; der soll auch alle Tage zu Gericht sitzen, ohne den Sonntag und ohne alle heilige Tage, und soll allen Leuten richten, die ihm klagen von allen Leuten, ohne vvn Fürsten und andern hohen Leuten, wo es gehet an ihren Leib, und a» ihre Cbre, an ihr Recht, an ihr Erb, an ihr Lehen, das wollen wir selber richten", welches in einem sogenannten Fürsten¬ rechte geschah Der bestellte Hofrichter mußte eine gewisse Anzahl von Urthrilern oder Bepsltzern haben, die ibm das Unheil 679 Urtheil zn finden halfen. Diese waren aber nicht bestimmt, sondern mußten in jedem einzelnen Falle erst zusammenge¬ sucht werden. Das Hofgericht war also noch kein orga- nisirces Iustitzcollegium. Indessen kann cs dock gleichsam als die erste Grundlage des unter Kaiser Maximilian I. -errichteten Kammergerichts angesehen werden. Die Schlüsse dieses Maynzer Reichstages werd-n der neuesten Sammlung der Reichsabschiede, welche der Freyherr von Senkenberg veranstaltet har, in der keurschen Sprache geliefert, und der Mönch Gottfried von St. Pantaleon schreibt in seiner Eyronik: ,?v> uo curia celeberrima in glluwtioue 3. IVb.eiL spnci lVIaxuntmm iiulicirur, ul>i f-rs omnibus xriu- cipibus reKui Doutonici eonvenisnlibus pgx jur >ur» veteru jurs stubjlinntur, nova stwuuntur, st sourco /er-mcure r'-r petblr- Daraits schließt unser Verfasser mit vielen andern, daß hier die erste Spuhr vom Gebrauch der teutschen Sprache in Schlüssen der Reichsversammlungen Kl finden sey. Will Pütter damit so viel sagen: daß dieser Maynzer Reichsabschied zuerst in der reutschen Sprache abgefaßt worden sey, so ist er gewiß irrig daran; denn schon die Sprache, die in dem tentschett Exemplar bey Senkenberg herrscht, zeigt offenbar, daß dasselbe eine ziemlich spate Uebersetzung des lateinischen Originals ist, und die Stelle des Mönchs Gottfried beweiset weiter nichts, als daß die Schlüsse des Mayn¬ or Reichstags in teutscher Sprache kund gemacht worden find. Dieses aber war von jeher gewöhnlich, weil die ^nigsten Fürsten und noch weniger daS Volk lateinisch verstanden. So wurden auch die Capitularien der frän¬ kischen 68o ki scheu Könige, die im Original ungezweifelt lateinisch waren, dem Volke in der Landessprache publicirs. Eden so pflegten die päpstlichen Schreiben an die reutfcheir Fürsten von einem Bischöfe oder Abte den weltlichen Fürsten verdollmerscher zu werden. Heut zu Tage kann über die ganze Sache um so weniger eine Frage mehr seyn, weil vor wenigen Jahren ein gleichzeitiges latei¬ nisches Eremplar des Reichsabschieds vom I. .g, aus den Mapnzer Archiven hervorgezogcn worden ist. Nach geendigtem Reichstage Zu May«; durchzog der Kaiser verschiedene leursche Provinzen, um überall Ordnung he>gasteUen. Unterdessen ereignete es sich, daß der Herzog von Oesterreich Friederich >. oder der Streit¬ bare von seinen aasrübrischen Unterthanen wegen vor¬ geblicher Bedrückungen dey dem Kaiser verklagt wurde. Dem Kaiser war diese Gelegenheit willkommen, den Herzog, der ein Schwager und Anhänger des unglück¬ lichen Heinrichs Vit. war, seine Rache fühlen zu lassen. Er cirirte ibn auf einen Hoftag, den er i2g6 zu Augs¬ burg hielt. Allein der Herzog entschuldigte sich mit sei¬ nen Privilegien, und erschien nicht. Er wurde daher von d.em Kaiser in die Acht erklärt, und die Erecurion davon einigen benachbarten Fürsten aufgetragen, die auch die Lander des Herzogs bis auf die festen Schlößer und Städte einnahmen und schrecklich verwüsteten. Die Stadt Wien ward ihrem Landesherrn untreu, und öff¬ nete den Feinden des Herzogs die Thore. Der Kaiser war indessen nach Italien gegangen, nm sein Project gegen die Lombarder auszuführen. Anfangs wurden zwar wieder Umerhandlungen mir den lombardischen Staa¬ ten versucht; da aber dieselben kein en Fortgang hatten , 68l griff Friederich zn den Waffen. Die lombardischen Städte waren zwar zusauiuiengenommen dem Kaiser gewachsen; allen: sie waren wieder getrennt, einige hielten es mit dem Kaiser. Deswegen war Friederich gegen die Wider¬ spansligen sebr glücklich Tech führte er den Krieg nicht lange in Person, sondern überließ die Fortsetzung desselben seinen Fcldbcrrn, worunter sich besonders Eze- linns de Romano auszeichneke, und kehrte zu Ende des I. 7 6 nach Teutfchlaud zurück, um den Herzog von .Oesterreich völlig zu bezwingen. Er bemächtigte sich auch bald fast aller Burgen und Städte des Herzogs, so daß sich dieser in die für unbezwinglich gehaltene Festung Neustadt eiuschiiegen mußte. Den Winter über brachte der Kaiser zu Wien z», erklärte die Stadt, mit deren Betragen er sehr zufrieden war, zu einer Reichs¬ stadt, und errhcilte ihr ir/z? ansehnliche Freyheiten. Unter andern stiftete er daselbst eine Schule, woraus in der Folge die Universität erwachsen ist. Endlich hielt er rineu Reichstag zu Wien, worauf er feinen zweytae- bohrnen Sobn Konrad zum römischen König wählen ließ. Bon dieser Wahl Konrads IV. heißt es in einem brsgmento hilkorico hey Urstisius sll an. 12^7: „gnom EleA-iwnr Nojtunkinuü ec Irovireusts ec rex öobe- Wiw, et f)nx UavörlL, lzui et stalotinus Klreni , Euusontientünx ost-ris, nni nllornw, tunen nau- Wir haben auch noch das darüber abgefaflte Wahl- ^Ecret, welches das erste bekannte, und im Nahmen der Erzbischöfe von Maynz, Trier und Cöln , der Bi¬ schöfe von Bamberg, Regensburg, Frevsingen und Pas- sch«, des rheinischen Pfalzgrafen und Herzogs von Bay- d"'- des Königs von Böhmen, des Landgrafen von Düringen und des Herzogs von Karnthen ausgeferti- ges 682 get ist, die darin von sich selbst sagen: „nos, qm circs doc Ikomanj 8onatus Ivcum nccepimu«, qui psrrcs et iiupsrii luminu rsputamur, — gß vvcsrivnem et preLS8 D. iiiipergroris gpnck Vionn.m unuuimtzer vorn noltru cnntulimus in Eonrsäum." Daraus se- hen wir, daß bey dieser Wahl die Verordnung Otto's lV. nicht ganz beobachtet worden sey. Es sanden sich dabey nur z von den Fürsten, die wir oben als die eigentlichen Wahlhcrrn angenommen haben, rind 6 an¬ dere Fürsten ein, die sich mit jenen einen gleichen An- tbeil an der Wahl zuschreiben, obschon das urstisische- Fragment das Wahlrecht der erstem von dem Einwilli- gunqsrechce der letztem unterscheidet. Wahrscheinlich hak der Verfasser dieses historischen Bruchstücks die Sache so vorgetragen, wie er glaubte, daß sie nach der fest¬ gesetzten Verfassung vor sich gegangen sey. In dein Wahldecrere aber wurde sie so ausgedrückt, wie es dem Interesse des Kaisers und des großem Theils der ge¬ genwärtigen Fürsten angemessener war. Nach den an¬ geführten Worten des Wahldecrets zu mtheilen, scheine" die Wähler selbst gefühlt zu haben, daß bey dem Wahl- geschafte, das sie auf Betrieb des Kaisers vornehmen mußten, eine Abweichung von der ordentlichen Walch form geschehen sey, die sie aber durch eine prunkvolle Pbrafe zu verkleistern suchten. Eben dieses mag Frie¬ derich selbst eingesehen baden, weil er dann nach Speyer eilte und dort einen Reichstag zufammenberief, um die porgenommene Wahl von den übrigen Fürsten bestätige" zu lassen. Nachdem dieses geschehen, ließ er den römi¬ schen König Konrad lV- in Leutschland; er aber gie"S ggch Italien zurück. 4. S7- 68Z Z. Z7» Friedlich II. nebst seinem zweyten Sohne, dem römischen Könige Konrad IV., und den Gegenkdnigm Heinrich Raspe und Wilhelm von Holland vom F. :2Z§. bis 12^6 ^8. Fan. (2/ Fahre.) Sobald Friederich wieder in Italien angekommen war, wurde der r; >» Fegen die Lombardier eifriger und mit gutem Glücke fortgesetzt. Die Maylander, welche wegen ihrer Macht unter den lombardischen Städten die größte Rolle spielten, wurden noch im I. i2§7 gänzlich von dem Kaiser geschlagen, und waren schon bereit unter anständigen Bedingungen Frieden einzugehen. Allein Friederich pochte auf sein Glück, und verlangte eine unbedingte Unterwerfung. Dazu über wollten sich die Mayläuder nicht verstehen, weil ste das Schicksal, das sie unter Friederich I. erfahren batten, befürchteten. Sie sagten: „Lieber wollen wir Wit den Waffen in der Hand unter unfern Schildern sterben, als durch Strang, Hunger oder Feuer um- kemnien." Der Krieg wurde also fortgeführt. Friede¬ rs belagerte im I. irgg die Stadt Brescia, durch deren Bezwingung er sich den Weg zur Eroberung von ^ayland zu bahnen hoffte; er mußte aber wegen der hartnäckigen Gegenwehr der Bürger wieder davon ab- ö'ehen. Diese Begebenheit flößte den Lombardern neuen Nuth ei„. Ihr schon sehr geschwächter Bund ver¬ größerte sich wieder. Auch die Penetjaner verbände^ 684 sich mit ihnen, weil Friederich den gefangenen Stadt- richler von Mayland, einen Sohn des Doge von Ve¬ nedig , harre aufhenken lassen. Da sich alles gut für die Lombarder anlicß, trat auch der Papst Gregor IX. aus seinem Hinter I,alt her¬ vor. Die wahren Ursachen, die ihn dazu bewogen, waren Friederichs Unternehmungen in Sardinien nnd in der Lombarde»). Die Insel Sardinien ist in altern Zei¬ ten von den Arabern erobert worden. Die Araber wur¬ den aber nach der Zeit wieder daraus verdrängt, und die Insel kam an die Pisaner. Sie war in verschiedene Dissicte abgecbeilt, denen Fürsten unter dem Nahmen der Richter Vorständen. Weil die Pisaner keine binläng- liche Macht hatten, ihre Oberherrschaft handznbaben, so waren diese Richter beynabe unabhängig. Die Päp¬ ste machten schon seit langer Zeit Ansprüche auf Sardi¬ nien, und Gregor IX. batte vor Kurzem einige sardinijche Richter dahin gebracht, ihm den Eid der Treue zu lei¬ sten. Nun aber vermählte der Kaiser Friederich seinen natürlichen Sohlt Heinrich oder Entiuo mit einer ErbinN zweyer sardinischer Judicate, zog die Insel zum Reiche und erklärte seinen Sohn EntiuS zum König von Sar¬ dinien. Dadurch griff er dem Papste gewaltig in sei» Interesse. Noch weniger konnte der Papst zugeben, daß Friederich seine Absicht erreichen sollte, den lombardische Bund, der dem Papste jetzt eben so, wie vormahls die normannischen Fürsten im untern Italien, znr Stütze diente, ganz zu Grunde zu richten. Gregor gieng f» hitzig zu Werke, daß er im I. 12gy den Kaiser dreh- malst nach einander erconmmnicirte und feine Untertha- nen von dem Eide der Treue lossprach. Er führte zuw Grunde 68H Grunde seines Verfahrens eine Menge Ursachen an, die aber wenig Eindruck machten, weil man die eigentlichen eigennützigen Beweggründe des Papstes kannte, die auch Friederich der Welt zu enthüllen nicht unterließ. Daher ersann der Papst neue Beschuldigungen, von denen er sich die größte Wirkung versprach, weil sie daS We¬ sentlichste der Religion betrafen. Er stieß in einem Schreiben an alle Fürsten von Europa die abscheulichsten Derlaumdungen gegen den Kaiser aus. „Dieser pesti- lenzialische König, schrieb er, hat sich öffentlich verlau¬ ten lassen, die Welt sey von drei) Betrügern hintergan¬ gen worden rc.; der Mensch müsse nichts glauben, als was er durch seine Vernunft begreifen könne". Er verglich den Kaiser mit der apokalyptischen Bestie, die voll Nahmen der Gotteslästerung ist, mit Barenfüssr» und einem Löwenrachen wüthet, und im übrigen wie ein Leopard gefleckt ist. Matthaus Paris, ein gleichzeiti¬ ger Geschichtschreiber sagt, dieses päpstliche Schreiben würde die ganze Welt wider den Kaiser, als einen offenbaren Feind Christi und der Kirche, in eine allgemeine Jnsur- rection gesetzt haben, nili ltoirunm uvuiiun Nevv- tivns populorum u clomlno pap», hnsm ex- pecliiet ec stscerer, averkist'et". Der Kaiser rechtfer¬ tigte sich gegen diese Lasierungen in öffentlichen Schrif¬ ten, bekannte seine Rechtgläubigkeit; brach aber auch üi Heftigkeiten gegen den Papst aus. Er nannte den¬ selben einen Jrrlehrer, einen Pharisäer, der mit dem Dele der Schalkheit gesalbt worden, und allenthalben Lügen ausstreue. Er sagte, der Papst sey das apoka- ihptische Tkier, von dem geschrieben siebe: „und es gieng ein anderes rothes Pferd aus dem Meer hervor, ttnd der darauf saß, nahm den Frieden vom Erdboden weg. 686 weg, damit sich die Lebendige» einander selbst erwürgr tcu"; denn von seiner Erhebung aufden päpstlichen Stulst an Habs dieser Vater der Zwietracht und Verwüstung die ganze Welt zu zerrütten gesucht; er sey der grosse Dracke in der Offenbahrung, der den ganzen Erdkreis verführet habe, und der wahre Antichrist rc. Der Kaiser ließ es bey der blossen Widerlegung der päpstlichen Ausstreuungen nicht bewenden, wudu» stel, d» der Papst fortfuhr, alles gegen ihn aufzuwie¬ geln, und sogar mir einer neuen Kaiserwahl unigieng, iin 1240 selbst in den Kirchenstaat ein. Die Städte im Kirchenstaat standen gegen einander in dem nämliche» Lerhaltniß, als die in der Lvmbardey. Sie fübrte» unter sich Kriege. Einige hielten es mit dem Papste e die anderen mir dem Kaiser- grbstceiitheils nur um sich an ihren benachbarten Feinden rachen zu können. Selbst in Rom hatte der Kaiser eine starke Parthen. Diest Spaltung der päpstlichen Unterthanen kam dem Kaistk wohl zu statten. Er machte im Kirchenstaate noch schleuß nigere Fortschritte, als in der Lvmbardey, In dieser Lage bot der Papst die ganze Christenheit wider de» Kaiser auf, ließ das Kreuz wider ihn predigen, und eriheilte allen, die gegen ihn fechten würden, den naM- liehen Ablaß, den sie zu gewarten hatten, wenn sie ge¬ gen die Saracene» oder Türken stritten. An die wut¬ schen Fürsten schrieb er mehrmahl sehr dringend, sie sot¬ ten doch einen andern Kaiser wählen; bekam aber vo» einigen derselben die unerwartete Antwort, ihn gehe dir Kaiserwahl nichts an, sondern es stehe ihm nur das Recht zu, denjenigen, den die Tentschen wählen, krönen. Der Kaiser machte nun Miene, auf Rom los- 687 tvszugeherr. Darüber gerietst der Papst in die größte Verlegenheit. Er ließ zu Rom Prvcessiouen halten und dabey die Reliquien der Apostel Petrus und Paulus Herumtragen. Er beschwor die Römer mit Thränen in den Augen, sie möchten ihn und die heilige Kirche nichr verlassen. Zuletzt schrieb er auf das folgende Jahr 1241 ein allgemeines Concilium nach Rom aus; denn " glaubte, Friederich werde sich nicht getrauen, ein so heiliges Werk zu stören; er aber werde dadurch Ge¬ legenheit finden, die Bischöfe der ganzen Christenheit, und durch diese die weltlichen Fürsten und das Volk auf seine Seite zu bringen. In einer solchen Harmonie standen die beyden Häup¬ ter der Christenheit mit einander, als das christliche Europa ihres vereinigten Nathes und Schutzes mehr als Mahls bedurfte. Die Mogoln und Lararn dran¬ gen mit zwey zahlreichen Heeren in Europa ein, mir einem durch Rußland und Pohlen in Schlesien und Mähren, mit dein andern durch Bulgarien und Ser¬ ben in Ungern. Sie schlugen die christlichen Armeen, die sich ihnen widersetzen wollten, und verwüsteten, ws ste hinkamen, alles auf bas grausamste. Die ganze christliche Religion lief Gefahr ausgerottct zu werden, Europa war auf dem Punkte, eine neue Völkerwande¬ rung z,, erleiden. In dieser dringenden Noch der Chri, stenheir zankten sich Kaiser und Papst mit einander um die Oberherrschaft, und waren nur darauf bedacht, die europäischen Fürsten in ihr Interesse zu verwickeln. Zwar "Mahnten beyde durch Schreiben zur Gegenwehr; aber; "ur der Kaiser thac etwas, der Papst nichts. Ei« Glück war es, daß die Barbaren, deren beyde Heere sich 688 sich schon in Oesterreich zu vereinige» anfiengen, von Seite des Herzogs von Oeüeneich die ernstlichen Ver- tbeidigungsanstalten wabruabinen und bey ihrem Vor¬ dringen rapfcrn Widerstand fanden. Dadn'.l wurde ihnen der Muth benonimen, und als zugleich ihr Chan gestorben war, verliefien sie von selbst > >e gemachten Eroberungen und zogen sich nach Asien zurück. Indessen betrieb der Papst durch ansgesilstckte Le¬ gaten das Concilimu sehr eifrig. Allein Friederich hin¬ derte durch Besetzung der Wege die Prälaten zu Land nach Rom zu kommen, und, als sie hernach auf einer genuesischen Flotte zu Wasser dahin gehen woll¬ ten, griff der Prinz Entins r-4- die Flotte an, er¬ oberte sie m'^ allen daraus befindlichen Schätzen, und nahm die Pnuaren gefangen Auf die Nachricht voir diesem Siege machte der Kaiser selbst eine Bewegung gegen Rom. Gregor IX. starb bald darauf aus GraM über diesen unglücklichen Vorfall in einem Alter von beynahe hundert Jahren. Ihm hat die römische Curie eine gute Schutzwehr ihrer Anmassungen zu verdanke»; denn er liest im I. isg4 durch seinen Pönilentiar, Rap- mund von Pennaforte, seine und seiner Vorfahren He- cretalbriefe in eine Sammlung bringen, der er eine ge¬ setzliche Kraft beylegte. wie sie nun auch wirklich de» zweyten Theil des kanonischen Rechts ausmachr. Nach Gregors IX. Tode wurde Cölestin IV. z»'» Papste gewählt; er regierte aber nicht einmabl eine» Mouath. Dann fiel eine Sedisvacanz von anders halb Jahren ein. Endlich wurden die uneinige» Cardinale vom Kaiser selbst genöthiget, sich über die die M die Wahl eines neuen Papstes zu vereinigen. Dieselbe fiel auf Jniiocenz iV -, einen gebohrnen Genueser, aus. Jnnvcenz war oder schien wenigstens als Cardinal des Kaisers Freund zu sepn; aber als Papst war er dessen größter Feind. Er ließ sich zwar, da er vom Kaiser¬ in Rom gleichsam eingesperrt war, in Unterhandlungen «in; aber diese gierigen sehr langsam von statten. Doch kam man endlich im I. >244 über gewisse Vergleichs- Puncte überein. Nur eine Schwierigkeit war noch zu- heben. Friederich wollte vor Erfüllung der eingegan- gene» Bedingungen vom Vanne losgesprochen seyn; der Papst aber forderte, daß der Kaiser vor der Los¬ sprechung alles Bedungene erfüllen sollte. Da man sich darüber zankte- entwich der Papst heimlich nach Frank¬ reich, berief sogleich auf das folgende Jahr 124z enr Concilium nach Lion, und beschick den Kaiser dazu» um sich zu verantworten. Friederich schickte seinen Hvf- richter, Thaddäus von Seffa, als Bevollmächtigten da¬ hin, der ihn gegen die Beschuldigungen- die der Papst Legen ihn vorbrachte > mit guten Gründen zu rechtferti¬ gen suchte. Als aber diese nichts halfen- protestiere Thaddäus wider das Concilium, und appelliere an eii» allgemeineres. In der That war das zu Lion ohnehin kein allgemeines. Der Papst ließ sich aber dadurch in sei¬ nem Gange nicht irre machen. Er ercommuuicirte dest Kaiser von neuem, erklärte ihn aller Ehren und Wür-- den verlustig, entband alle seine Unterthanen von ihrem ^>d und Gehorsam gegen ihn - und errheilte den teut- schen Fürsten volle Freyheit zu einer neuen Kbnigswahl su schreiten. Diese Setttenz ist nickt vom Concilio selbst "gangen, sondern bloß vom Papste , aber p-.-souts Kounjio. Man brauchte dabcy folgende Zeperlicksteittm X r Äste 6 go Alle Bischöfe und Prälaten standen mit brennenden Ker¬ zen in der Hand in einem Kreise herum. Wie das Ana- thenr ausgesprochen wurde, löschten sie die Kerzen aus, warfen dieselben zu Boden und traten sie mit den Füssen- Der Papst gab sich nun alle Mühe, die tcutschen Fürsten zu bereden, daß sie das ihnen emgeraumrc Recht, einen andern König zu wählen, nur recht bald ausüben möchten. Er fand aber bey den weltlichen Fürsten we¬ nig Gehör. Williger bezeigte» sich die Geistlichen. Im I. 1246 wurde auf Vorschlag des Papstes vornehm¬ lich von den gewonnenen Erzbischöfen von Mayuz und Cöln Heinrich Raspe, Landgraf von Thüringen, zu Hochheim bey Würzburg alS Gegenkönig ausgestellt. Der Papst suchte dem neuen Könige auf alle Art Un¬ terstützung zu verschaffen. Er schoß ihm beträchtliche Summen Geldes aus der Kreuzcasse vor, ermahnte die Tentschen, ihn gegen den ketzerischen Friederich kräf¬ tig zu vertheidigen, schrieb an die Dominicaner nnd Minorite» in Tentschland, sie sollten sowohl öffentlich als in Geheim (also vermuthlich auch im Beichtstuhl) die Gemüther dem neuen Könige zu gewinnen sich be¬ streben. Ein Beyspiel, wie der römische Hof die neu entstandenen Bettelmönche zu seinen Absichten zu brau¬ chen wußte. Endlich um die Sache des Gegenköniss' zu einer Sache der Religion in den Augen des Volkes zu machen, erhielt der Erzbischof von Maynz den Auf¬ trag, Heinrichs Truppen mit dem Kreuze zu bezeichnen- Aller dieser Bemühungen des Papstes ungeachtet u>ar doch Heinrich Raspe nicht sonderlich glücklich. Er säst^ zwar den römischen König Konrad IV. im Sonnnce 1246 bey Frankfurt am Mayn, und ward dadurch ve ' einem 6§r rinem ansehnlichen Theile Teutschlands Meister« Als er aber demselben in Schwaben nachgieng, ward er genö- thiget, die Belagerung von Ulm aufzuhebeu, und sich nach Thüringen zurückznziehen, wo er erkrankte und schon im F. 1247 ans der Wartburg starb. Die Ge- gcnpartbey nannte ihn spottweise den Pfaffenkönig, weil Mi seiner Wahl die Geistlichen den größten Antheil hat¬ ten. Mit ihm erlosch der Mannsstamm der Landgrafen von Thüringen, wodurch ein Succeffionssireit veranlaßt wurde, den wir weiter unten erörtern wollen. Nach Heinrich Raspens Tode dachte der Papst gar nicht daran, sich mit dem Kaiser anszusöhnen, sondern sein ganzes Bestreben gi'eng nur dahin, bald «neu neuen Gegenkbnig auf die Beine zu bringen. In diesem Ende wurden vier Cardinallegaren in alle Ge¬ genden Europens ausgeschickt. Nach langem Suchen fand endlich der nach Tcutschland gekommene Legat, Petrus Capocius, einen jungen Prinzen von beplaufig 20 Jahre», der sich zu den Absichten des Papstes brau¬ chen ließ. Dieser war der Graf Wilhelm von Holland. Sein Mntterbruder, der Herzog Heinrich von Brabant, der selbst den ihm gemachten Antrag nicht annehmen wollte, schlug ihn dem Papste vor, und die Erzbischöfe von Maynz, Trier und Cöln, und der König von Böh¬ men nebst verschiedenen andern Bischöfen und weltlichen Grossen wählten ihn zu Ende Septembers 1247 Z» Wö- tingen bey Cöln. Weil er wegen seiner Jugend noch nicht die Ritterwürde erhalten hatte, so ließ er sich so- ßleich von dem Könige von Böhmen zum Ritter schla- gcn. Das folgende Jahr wurde er zu Achen, das er jedoch vorher erobern mußte, gekrönt. Der Papst wandte X r 2 Zwar 6yL zvar alle Mittel au, um ihm das Uebergewicht zu verschaf¬ fen ; konnte aber seinen Endzweck nicht erreichen, so lang Friederich II. lebte, und Konrad IV, in Teutschland blieb- Diese Vorfälle in Teutschland und die Gegenkö- vige beschäftigten bloß den römischen König Konrad I V. Friederich selbst blieb unterdessen immer in Ita¬ lien, wo er ebenfalls alle Hande voll zu tbun hatte. Der Papst hatte glich in Sicilie» eine Empörung gegen ihn angestiftet; doch diese unterdrückte Friederich bald. Mein in der Lombardei), wo der Papst fortfnhr, durch Legaten und Schreiben alles gegen ihn aufzuhctzen, und zur hartnäckigsten Gegenwehr anfzumunteru , war er unglücklich. Er verlvhr 1247 Parma, und dadurch die Cvmmunicativn mit den tvscanischen Staoten. Als er es wieder erobern wollte, erlitt er »248 eine harte Nie¬ derlage. Auch sein tapferer Sohn Emins wurde >249 von den Bologneser« geschlagen und gefangen, Friede¬ rich konnte ihn unter keiner Bedingung losbringen. Dek Prinz mußte bis an seinen Tod, 22 Jahre lang, >" der Gefangenschaft bleiben. Unter diesen Umstande" machte der Kaiser noch einen Versuch zur Aussöhnung Mit dem Papste, und erbot sich zu aller möglichen Ge- nuglhuung. Aber Jnnocenz IV» wollte nichts davon wissen, vielmehr suchte er durch Ausstreuung der ab¬ scheulichsten Lästerungen die Erbitterung gegen ibn K' vergrößern, so daß Friederich zuletzt keinen Äugend^ vor Meuchelmördern sicher war. Endlich im I- entzog ihn der Tod den päpstlichen Verfolgungen. Do* seinem Ende errichtete Friederich ein Testament, mo'ia er seinen Sohn Konrad zum Nachfolger in Teutsckl""^ Sicilie« und überhaupt zu seinem Universalerben cruonmc, L e>u- 6yZ Demselben substituirte er seinen andern Sohn Heinrich? und diesem seinen natürlichen Prinzen Manfred. Sei¬ nern noch lebenden Enkel Friederich, einem Sohn des unglücklichen römischen Königs Heinrich Vll. , dachte er die damahls erledigten Herzogthümer Desterreich und Dteyer zu. Friederich >s, har sich seinen Großvater Friederich zum Muster genommen, den er auch an Ta¬ pferkeit, Unerschrockenheit, Einsichten und Kenntnissen, aber auch an Heftigkeit und Ehrsucht noch übertraf. Seine italiänffcben Grundsätze schadeten ihm in seinen Unternehmungen, und die unersättliche Rachsucht der verwagensten Papste stürzre ihn ins Verderben. Niemand war durch den Todfall des Kaisers mehr «rfreuet, als Jnnocenz !V. Er glaubte nun leichter das hohenstaufische Haus zu Grunde richten zu können, rmd unterließ auch nichts, was zu diesem Zwecke fich¬ ten konnte. Er that den römischen König Konrad in den Bann, erklärte ihn nicht nur der römich - königli¬ chen Würde, sondern auch seiner väterlichen Erbländek verlustig, liest wider ibn das Kreuz predigen, sestre Bi- schöfe ab , die wider ihren rechtmäßigen König die Waffen ZU ergreifen sich weigerten, ermahnte die weltlichen Für¬ sten drohende» Schreiben, die hohenstaufische Pare chey zu verlassen, und suchte durch Legaten und Schrif¬ ten alles gegen die Nachkommenschaft Friederichs aufzu- rviegeln. Apulien und Sicilien betrachtete Jnnocenz als der römischen Kirche erledigte Lehen, und machte An¬ stalten , von Lion nach Italien abzureisen, nm dieselbe» in Besitz z» nehmen. Ein Legat mußte die Gemüther der Sicilianer dazu vorbereiten. In diesen Umständen fetztb Konrad Iv. seinen Schwiegervater- den ihm treu ge- blies 694 > , bliebenen Herzog Otto von Bayern Md Pfalzgrafen am Rhein, zum Neichsverweser in Teutschland ein, und begab sich iszi nach Italien, um seine Erblande zn retten. Er wollte sich mir dem Papste, der jetzt schon aus Frankreich nach Perugia zurückgekommen war, aus¬ söhnen, er wollte sogar über Apulien und Sicilien die Belehnung von ihm nehmen. Allein der Papst war un¬ versöhnlich. Konrad mußte also Gewalt brauchen. Er brachte die aufrührischen Städte mir den Waffen in der Hand zum Gehorsam, und zwang die päpstlich gesinnte» Grossen zur Unterwerfung. Nun verfiel der Papst auf ein anderes Mittel, Konraden seine sicilianischen Staa¬ ten zu entreißen. Er bot dieselben überall herum feil, wahrscheinlich nur in der Absicht, um von irgend einem Fürsten Geld zu bekommen, und mittelst desselben die sicilianischen Staaten für sich zu erobern. ES glückte ihm auch endlich den König von England, Heinrich lls., zu bethören, daß er ihm in der Hoffnung, seinen zwey- ten Prinzen Edmund auf den sicilianischen Thron z» bringen, nugeheure Geldsummen zusckickte. Mir diesem Gelbe sammelte der Papst ein Kriegsheer, und ließ es in Apulien einrücken. Allein Kourad griff die päpstli¬ chen Miethrruppen an, schlug sie, und jagte sie aus einander. Nach hergestellter Nube in Sicilien stand Konrad im Begriffe nach Teutschland zurück zu gehen, , nm auch seine dortigen Feinde zu bekämpfen. Er starb aber noch vor der Abreise im I. 1254 nnvermuthet. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurde er von seinem natürliche» Bruder Manfred mit Gift aus dem Wege geräumt. Wenige Monarhe vorher ist auch sein Bruder Heinrich vermuthlich eines ähnlichen Todes gestorben. Konrad hinterließ eine» erst «ach seinem Abzüge -us Teutschland von seiner dort zurück- 69? zurückgelassenen Gemahlin» gebohrnen Prinzen Konra¬ din , den er in seinem Testamente der Vorsorge und dem Schutze des Papstes empfahl. Allein Jnnocenz IV. war nur darauf bedacht, das siciliarnsche Reich seiner eige, nen Botmäßigkeit zu unterwerfen , welches ihm auch durch Gewalt, Drohungen und Versprechungen so ziem¬ lich gelang. Als er sich aber auch an den Prinzen Manfred, der sich ihm aus Furcht schon unterwor¬ fen hatte, unbehntsam wagte, warf sich dieser den von Friederich II- nach Nocera verpflanzten Saracenen in die Arme, schlug mir ihrer Hülfe die päpstliche Ar¬ mee zurück, und bemächtigte sich nach und nach, beson¬ ders nach dem Tode Jnnocenz unter dessen minder un¬ ternehmenden Nachfolger Alexander IV. des ganzen Apulien, Calabrien und Sieilien. Endlich im I. 1258 ließ er sich zum Könige von Sieilien ausrnfen und ZN Palermo krönen. Den jungen Konradin, der unterdessen in Bayern erzogen wurde, und sich nm seine Erbschaft meldete, wies er an, seinen Tod abzuwarten. Nach dem Abzüge Konrads IV. aus Teutschland war der Gegenkbnig Wilhelm auf die Verstärkung sei¬ ne» Anhangs bedacht. Durch eine Heurath mit der Tochter des Herzogs Otto von Braunschweig, durch Drohungen und päpstlichen Vorschub brachte er es auch dahin, daß ihn die meiste» Stände als König erkann¬ ten. Er hatte aber dessen ungeachtet nicht viel Ansehen im Reich. Selbst diejenigen, die ihn gewählt hatten, bezeigten ihm keine grosse Achtung- Die drey rheinischen Erzbischöfe befehdeten ihn einer nach dem andern. Ein gemeiner Edelmann plünderte seine Gemahlin» auf offe- nrr Strasse rein aus. Ein Bürger zu Utrecht warf mit Stei- 7?6 Steinen nach ilnn. Es versteht sich, daß in einer sol¬ chen Lage keine grossen Unternehmungen von Wilhelm zu erwarten sind, besonders da es ihm immer an dem nervus rurum ^ernnäurum, am Gelde, fehlte. Seine Reichshandlungen bestehen meistens darin, daß er im Reiche herum reifete, Belehnungen ertheilte, und Schutz¬ rind Gnadenbriefe für Klöster und Städte ausstelite. Wurde ei» wuchtigerer Reichsschlnß auf einer Reichöver- samnilung gefaßt, so ließ er ihn von dem Papste be¬ stätigen, um ibm eine größere Kraft zu geben. Eben so gierig es, als er nach dem Tode Konrads IV. allein König war. Das Wichtigste, was von nun an unter seiner Negierung in Reichssachen vorfiel, ist die Befe¬ stigung des rheinischen Bundes. Weil jeder, der einen Fleck Erde am Rhein besaß, hort einen Zoll errichtete, und zum grossen Nachtheil der Handlung die Schifiahrt hinderte, auch bey der allgemeinen Verwirrung im Rei¬ che weder von dem rechtmäßige^, noch von dem Ge¬ genkönige Ablmlfe und Sicherheit zu hoffen war ; so verbanden sich schon im I. 1247 einige rheinische Städte mit einander in der Absicht, die neuen oder erhöheren Zolle abznstcllen und den Landfrieden in ihren Gegenden aufrecht zu erhalten. Diesem Bunde traten bald meh¬ rere Städte bey. Ihre Zahl wuchs bis zum I. 1255 auf mehr als 60 an. König Wilhelm bestätigte diesen sogenannten rheinischen Städtebund in eben gedachtem Jahre zu Oppenheim. Uebrigens lebte Wilhelm um diese Zeit in beständigen Uneinigkeiten und Fehden mit den Nachbarn seiner Erbläuder. Bey einem Einfall/ den er in Fnßland that, hatte er das Unglück in einem zngcfroruen Moraste mit dem Pferde stecken zu bleiben. Einige Friesen eilten herbey und erschlugen ihn- ehe 6^7 «he ihm Jemand von den Seinigen zu Hülfe kommen konnte. Dieß war eine Folge seiner Kühnheit, die ihm mehr eigen gewesen zu sepn scheint, als wahre Tapferkeit, Die innere Zerrüttung von Teutfchland, welche seit der Absetzung Friederichs !l. auf dem Coucilio zu Lion durch die päpstlichen Aufwiegelungen und durch den Kampf der Könige und Gegenkönige entstanden war, wurde noch durch vier wichtige Successionsfalle, die sich in dieser Zeil ereigneten, den thüringischen, österreichi¬ schen, mcranischen und standerischen, um ein merkliches vermehrt, Wir haben "gehört, daß der Geqenkönig Heinrich Raspe, Landgraf von Thüringen, ohne Nachkommen¬ schaft zu hinterlassen, gestorben, und mit ihm der thü¬ ringische Mannsstamm ausgegangen sey. Doch war von seiner altern Schwester Jutta, die mit dem Mark¬ grafen Dietrich von Meißen vernnblk war, ein Sohn, Heinrich der Erlauchte, Markgraf von Meißen, vorhan¬ den , der schon im I. 1242 von dem Kaiser Friederich H- auf die sammtlichen Reichslehen Heinrich Raspcns, nämlich auf die Landgrafschaft Thüringen und die Pfalz¬ grafschaft Sachsen, eine Anwartschaft erhalten hat. Auch *edte noch von Heinrich Raspens älterem Bruder, Lud- dem Heiligen, eine Tochter, Sophie, welche den Herzog Heinrich V. von Brabant zum Gemahl und von löm einen Sohn, Heinrich das Kind, hatte. Sophie forderte für sich und ihren Sohn die ganze Allodialver- lasienschaft, wozu das Land, welches heut zu Lage Hessen heißt, grvßtentheils und noch einige Stücke von THÜ- 698 Thüringen gehörten. Allein der Markgraf vo» Meißen hätte gerne die sammtlichen Reichslehen »ns Allodial- guter Heinrich Raspenö zusamnien behalten. Darüber kam es zu einem Krieg, der erst 1265 durch einen Ver¬ gleich geendiget wurde. Vermöge desselben ward Hessen von Thüringen getrennt und der Sophie von Brabant für sich und ihre Kinder überlassen. So wurde Hessen ein besonderes Land unter einem eigenen Herrn. Das heutige Haus Hessen stammt von Sophiens Sohn, Hein¬ rich dem Kinde, also von der Familie der alten Herzoge von Prabant her. Das ganze Thüringen hingegen und die Pfalzgrafschaft Sachsen kamen an den Markgrafen von Meißen. Der Herzog Albrecht von Braunschweig, der sich zu Guusteu der Sophie in diese» Krieg gemischt hatte und von dem Markgrafen von Meißen gefangen worden war, mußte von seinen Landern acht Städte und Schlößer abtreten, welche zu Hessen geschlagen wurden, wofür aber Sophie ans die in Thüringen gelegenen Al- lodialgüter, worauf sie Anspruch gehiachr hatte, Verzicht that. Ehe wir auf den österreichischen Successionsfali kommen, müssen wir noch etwas von den Schicksale" des Herzogs Friederich des Streitbaren von Oesterreich nachhohlen. Es ist oben erzählt worden, daß Kaiser Friederich ss. diesen Herzog, als einen Anhänger des römischen Königs Heinrich Vis., in die Acht erkläret, und sich aller Länder desselben bemächtiget habe; so daß dem Herzog nur noch Wienerisch-Neustadt übrig geblie¬ ben war. Dessen ungeachtet verlvhr Friederich der Streit¬ bare den Much nicht. Er war auch so glücklich, dem Abzüge des Kaisers 12^7 die Reichstruppen, die 699 ihn in Neustadt elnschlosseu und völlig bezwingen sollten, mit einer ungleich geringem Mannschaft wegzuschlagen und seine verlohn:?» Länder allgemach wieder zu er¬ obern. Bald darauf bot sich ihm eine günstige Gelegen¬ heit dar, sich an dem Kaiser, von dem er so sehr belei¬ diget worden, nachdrücklich rächeu zu können. Es wurde ihm der Antrag gemacht, sich mit dem Papste in einen Bund gegen den Kaiser einzulassen. Allein Friederich der Streitbare hatte die Großmuth, den päpstlichen Antrag abzuweisen. Diese schöne Handlung bewog den Kaiser, sich mit dem Herzog völlig auszusöhnen. Er entband ihn 1240 von der Acht, bestätigte ihn im Besitz seiner Her- zvgthümer Oesterreich und Steyer, und widerrief das Pri¬ vilegium , wodurch Wien zu einer Reichsstadt war erho¬ ben worden. Der Herzog Friederich suchte sich auch seit¬ dem der Freundschaft des Kaisers immer würdiger zu ma¬ che». Als in den folgenden Jahren die eingebrochenen Mogolen und Tataren dem ganzen Abendlande und der Christenheit den Umsturz droheten, opferte er seine Schatze auf, um den bereits in Oesterreich von Mähren und Un¬ gern her sich vereinigenden barbarischen Horden Festungen und ein gewachsenes Kriegsheer entgegen zu setzen, zwang durch seinen Muth und seine Tapferkeit die schon gegen Neustadt anrückenden Feinde von ihrem Vorhaben ab- Zustehen, und schreckte sie durch eine Niederlage, die er dey ihrer Verfolgung unter ihnen anrichtete, so sehr, daß sie sich tiefer nach Ungern und von da wieder in ihr Vaterland zurückzogen. Der Kaiser erkannte diese Ver¬ dienste des Herzogs Friederichs, und beschloß zur Beloh¬ nung derselben die Herzogthümer Oesterreich und Steyer Zu einem Königreich zu erheben, und dem neuen Könige das Recht zu ertheilen, von dem Lande Kram den Ti- tel eines Herzogs zu führen. Schon wär in der kaiserL lichen Canzley das Diplom hierüber ausqefertiget und dem Herzoge vom Kaiser der königliche Ring zngeschickt. Die Sache sollte auf einem Reichstage zu Verona 1245 vollends in die Richtigkeit gebracht werden. Allein auS noch nicht hinlänglich bekannten Ursachen kam sie nicht z» Stande. Doch verlieh der Kaiser dem Herzoge Frie¬ derich zu Verona ein neues pr-vileyinm, wodurch er 1) den Freyheitsbrief seines Großvaters Friederich I. bestätigte, 2) verordnete, daß kein österreichischer Va¬ sall oder In saß der Gerichtsbarkeit oder Oberherrschaft eines andern, als des Herzogs von Oesterreich jemahls unterworfen seyn soll, woraus sich erklären laßt, warnm¬ alle Lehen, die auswärtige Fürsten in Oesterreich z» vergeben haben, landsäßig sind; g) dem Herzoge das Recht gab, das auf dem Diadem der Kaiserkrone ste¬ hende Kreuz auf seinem Herzoghute zu tragen. Da¬ durch erhielt der österreichische Herzoglmt den lebten Schmuck und seine heutige Gestalt. Vermuthlich würde der einer Krone nun schon ganz ähnlich gewordene Her- zvghut dem Anträge des Kaisers gemäß bald in eine wirkliche Königskrone verwandelt worden sevn, wen» es dem Herzoge Friederich gegönnt gewesen wäre, noch einige neue Proben seiner Treue und Ergebenheit gegen den Kaiser abzulegen. Allein unglücklicher Weise büßte Friederich das folgende Jahr 1246 in einem siegreiche» Treffe», das er dem Könige Bela IV. von Ungern a» der Leitha lieferte, sein Leben ein. Er war zu hitzig im Verfolgen der Feinde, fiel mit seinem durch eine» Bogenschuß verwundeten Pferde zu Boden, wurde von den flüchtigen Feinden mnrungen und niedergemacht. FriederiF 7e er eine Tochter hinterlassen haben, so hätte ihm diese vermög des friedericianischen Freyheitsbriefes succedire« können. Allein er hatte keine, und da er so imvermn- thet umkam, hat er auch nicht darauf gedacht, durch «ine letztwillige Anordnung über die Nachfolge in seinen Landern eine Vorsehung zu mache», wozu er vermög eben dieses Privilegiums berechtiget gewesen wäre Es ereignete sich daher nur gar zu frühe der kaum möglich geschienene Fall, daß die Herzogthümer Oesterreich und Steyer als erledigte Reichölehen dem Kaiser heimfieler« Zwar waren noch Friederichs des Streitbaren älter« Schwester Margaret!), die Wittib des römischen Kö¬ nigs Heinrich Vli., und von seiner jünger» Schwester Constantia, Gemahlin» Heinrichs des Erlauchte» Mar!-- grafen von Meißen, zwcy Söhne, Albrecht und Dietrich, wie auch eine Bruderstochter p errraud, vorhanden, die Friederichs schon ,2?8 gestorbene» Bruder Heinrich zum Vater hatte, und kurz vor ihres Oheims Tode an den Vlarkgrafe» Wladislav von Mähren vermählt worden war. *) Mein Me diese weiblichen Sprossen hatte« kein Recht zur Nachfolge; denn keine von den ange- zeig *) Nm sich einen richtigen Begriff von diesem wichtigen Suc- c'ffionsfall« zu machen »Nd zugleich die Reche der ösinrei- chiichen Markgrafen und Herzoge aus dem babenbrrgitchm Siamme auf einmahl ühechhen zu können, wird hier eine gei'col'g tchr Tabelle der Labenderger beygcfüget, wie sol¬ ches i de» Folge auch bey den Habsourgecn geschehe» wird. 722 zeigten Frauen war des letzten Herzogs Tochter, lind nur eine solche konnte nach dem Privilegium Friederichs I. succediren. Der Kaiser Friederich ll. nahm daher mit Recht sogleich von den hinterlassenen Landern Frie¬ derichs des Streitbaren , nämlich von Oesterreich, Sreyer nnd den Herrschaften in Krain und Friaul durch den Grafen Otto von Eberstein Besitz. Allein der römische Hof war mit dieser Vergrößerung des Kaisers äußerst unzufrieden. Der Papst Jnnocenz IV. forderte die Kö¬ nige von Ungern und Böhmen durch Kreuzbullen auf, die österreichischen Länder dem ketzerischen Kaiser zu ent¬ reißen, und schenkte ihnen alles, was sie erobern wür¬ den , als ein rechtes Eigenthum. Der Graf Ebcrstein und die österreichischen Stande widersetzten sich den päpst¬ lichen Anmassungen. Deßwegen belegte Jnnocenz IV- Oesterreich und Steyermark mit einem Interdikt. Aber auch dieses Mittel wollte nicht helfen. Sogleich ersann Jnnoceuz ein anderes. Er trat als Publicist auf, in¬ terpretirre die Stelle des friedericianischen Privilegiums: „llnoaru« acl lenivrem üüsm äevolmltnrvon dem ganzen Weiberstamm, zog die Wittwe Margareth aus ihrem Kloster hervor und suchte ihr einen Mann zu ver¬ schaffen , der es über sich nähme, die vermeintlichen Rechte Margarethens auf die Verlassenschaft ihres Bru¬ ders gegen den Kaiser geltend zu machen. Als sich aber der dazu ausersehene Prinz, ein Anverwandter des Ge- genkönigö Wilhelm und Bruder des Markgrafen von Meißen, in diesen weit anssehcnden Handel nicht ein¬ lassen wollte, hielt es Margareth selbst für rathsam, sich zur Parthey der österreichischen Landstände zu schla¬ gen und den Kaiser zu bitten, er möchte ihren mit Hein- pich VII, erzeugten Sohn Friederich, der damahls noch am 70Z Friedn»., Margaretha Le^ ^>?ahlinn des römischen ch i ^vnjgs Heinrichs VII. ch 1267 >—--, E, Friedrich Heinrich f 1SL1 i MreHt Dkttich Heinrich I. t t ryr8 Jur Sekte 70 r. kil, Bruder d^snnk^ Ludwig dein Kinde enthaupteten f 902 Berthold , i Adalberts ld 7 o^ Ernst " t WIL Ernst Hermann !«47 Adalbert oder Albrecht der Siegreiche 3tcr^ Ntarkgraf Leopold II. oder der starke Witter Ernst der Tapfere ""o«. _ r,°p»>d 1^ Schm« 8rvpl>!d IV- oder der Heilige^ 6rer Atarkgraf t "ZS Adalbert Leopold V. oder der Freygebige Otto Heinrich II- Jochsamergott Konrad Ernst 7ter Markgraf und Herzog von Bayern Bischof von Freys,'ngrn gtec Markgrat mid BischvfzuPassau ch »42 in der Jugend ch 1141 -I "58 «st» H»jo^v°nOe. rmdErch.schof fii/7 sit68 Friedrich I- oder der Katholische Leopold VII. oder der Glorreiche Heinrich von Medling Zker Herzog 4ter Herzog t "98 7 i2Z- — — - _ _ Erlauchten von Meißen I Gertraud 1" ^4Z -—-"--—Eemahlinn des Markgrafen Hermann v. Baden / K«»-ch^«ch f.-7- ^d.,ch. ME Friederich Agne? t 1263 70Z «m Leben war, mit den 'erledigten österreichischen Lan¬ dern belehnen. Au diesem Ende gieng der bisherige kaiserliche Statthalter, Graf Eberstein, an der Spitze einer österreichischen Gesandtschaft zum Kaiser nach Ita¬ lien ab. Unglücklicher Weise fand der Kaiser noch An¬ stand, seinem jungen Enkel die Regierung der österrei¬ chischen Lande anzuvertrauen, nnd zögerte daher ihm die Belehnung zu ertheilen, welche, wenn sie erfolgt wäre, vielleicht das Mittel gewesen seyn würde, den hohenstaufischeu Stamm in Oesterreich zu erhalten. Er benannte vielmehr den Herzog Otto von Bayern zu sei¬ nem neuen Statthalter in Oesterreich. Diesem aber lag sein eigenes Interesse mehr am Herzen, als das kaiser¬ liche. Er stiftete eine Heurath zwischen der indessen durch den Tod ihres Gemahls, des Markgrafen Wla- dislav von Mähren, verwittibten Gertraud und dem Schwesicrsohn seiner Gemahlinn, dem Markgrafen Her¬ mann VI. von Baden, der sich sofort von seiner Frau ihr vorgebliches Erbrecht por cinnglionLin Inter vivos. abtreren ließ, nach Oesterreich gierig und sich daselbst Zum Landesherrn aufwarf. Der Papst Jnnocenz be¬ stätigte alles dieses, ermahnte den Gegenkönig Wilhelm, dem Markgrafen Herrmann die Belehnung über die österreichischen Länder zu geben, und bewog auch meh- rere österreichische Stande, letztem als einen Herzog ^Zucrkennen. Doch die Herrschaft des Markgrafen war enge Granzen eingeschränkt und von kurzer Dauer. starb schon l2L4 dcrich 17. gi'eng bald darauf mit Tode ab. Irr seinem AestameNte verordnete er zwar, daß sein Enkel Fric>.e<- rich die Herzogthümer Oesterreich und Cteyer haben und von dem römischen König Konrad ^V. zu Leben empfangen sollte; aber der Prinz wurde trichr lange nachher von dem herrschsüchtigen Manfred n it Eist aus dem Wege geschafft. Konrad lV. konnte sich der öster- reicHschen Lander nicht annehmen, sondern muffte nach Italien eilen, um seine Erbstaaten zu retten. Ter Papst gieng damit tim, den Oesierreichern einen Hollan¬ der, den Bruder des Gegenkönigs Wilhelm, durch eine projektirte Vermählung mit der verwittiblen Königinn Margareth znM Herrn aufzudringen. Der König Bela i V. rlchreie sein Augenmerk auf Sreyermark. Auf allen Seiten lauerten habsüchtige Nachbarn auf ein Stück von der grossen Beute. Das Bild noch größerer Ver¬ wirrungen , als die bisherigen waren, schwebte allcti Einwohnern der verwaisten Lander vor den Augen. In dieser traurigen Lage sahen die verschiedenen Pak- theyen der österreichischen Landstände die Nothwendig^ keit ein, sich wieder zu nähern. Sie setzten , 2^1 eiick allgemeine Versammlung nach Triebensee an, wo sie be¬ schlossen , sich selbst einen andern LandeSfürsten ZN wäh¬ len. Sie wurden einig, eine Gesandtschaft nach Mei^eü zu schicken und einen Prinzen der Markgrafinn Constan¬ tia zu ihrem Regenten zu begehren. Doch scheint es dem klügeln Tbeil der Landstäude Niit diesem Schlüsse kein wahrer Ernst gewesen zu seyn. Sie brauchten eine» mächtigen und der Regierung gewachsenen Fürsten , det sie gegen auswärtige Feinde schützen und im Innern deS Landes Ruhe und Ordnung berzustellen im Stande wäre. Dieftö war von een unmündigen meißuijchen Prinzekt nicht nicht zu erwarten, und auf die Unterstützung ihres Va¬ ters , der mit dem Banne behaftet und in die thüringi¬ schen Erfolgsunruhen verwickelt war, konnte man sich keine Rechnung mache«. Es ist sehr wahrscheinlich, daß der politischere und für daö Beste des Landes gut den¬ kende, wiewohl vielleicht nur geringere, Theil der öster¬ reichischen Landstände bloß dem äußerlichen Scheine «ach, um nicht die Eintracht zu stören, sich den eigen- «ützigen und Mnübetdachtcn Beschlüßen der Majorität gefüget; in Geheim aber einen ganz andern Plan ent¬ worfen und mittelst seiner verstellten Nachgiebigkeit glück¬ lich ausgeführet habe. Die nach Meißen abgeordnere» Gesandten kamen gar nicht an den Ort ihrer Bestim¬ mung. Sie wurden bey ihrer Ankunft in Prag vcr« inuthlich verabredeter Massett von dem Könige Wenzel Hl. von Böhmen angehalten, und ließen sich bewegen, bach Oesterreich umzukehren und ihren Mitstanden des Königs Sohn Ottocar, Markgrafen von Mahren, zum Regenten vorzuschlagen. Durch trifftige Vorstellungen, die sie nach ihrer Rückkehr den versammelten Ständen äu machen wußten, durch die schönen sogar urkundlichen Versprechungen und reichen Geschenke, die sie aus Böh¬ men mitbrachten, überzeugten sie auch die meißnisch Ge¬ sinnten bald, daß es für das Land vortheilhafter sey, den Markgrafen Ottocar zum Herrn anzunehmen, als sich lind bas Vaterland der Gefahr unübersehbarer Nebel ^eis z» geben. Ottocar folgte den Gesandten mit einem ««sehnlichen Gefolge nach, wurde überall mit Freuden Empfangen und als Landesbeherrscher anerkannt. Um einen Titel auf die österreichischen Länder zu bekommen, Žulite der junge Prinz die alte Wittib Margareth Heu- rächen. Der Papst Innocenz VI. gab sogleich seine Be- N P nedictlon ?v6 nediction da;». Litvcar vertrieb ganz leicht die Bayern ans dem Lande ob der Ens; aber den Unger» mar er Anfangs nicht gewachsen; denn der größte Theil der Steyerer, die mit den Lestcrreichern nicht gemeinschaft¬ lich zu Werke gegangen waren, hat sich an den König Bela IV. von Ungern gewandt und ihn znm Landes¬ herrn angenommen. Auch hat ihm die Prinzessinn Ger¬ traud, wie sie sah, daß für ihren Prinzen Friederich nichts mehr zu thun sey, ihre Ansprüche auf die öster¬ reichischen Lander abgetreten, wofür er ihr einen neuen Gemahl, den russischen Prinzen NomanuS, verschaffte. Vela suchte seine Ansprüche mit Gewalt zu behaupten. Der Krieg wurde zwey Jahre unter den schrecklichste» Verwüstungen von Seite der Ungern geführt. Endlich im I. i2§4 mußte sich Ottvcar bequemen, durch eine» Frieden Steyermark bis auf den Semmering dem Kö¬ nige Bela von Ungern zu überlassen. Es wurde aho Sreyer gegen die grundgesetzliche Anordnung des letzte» sieyerischen Herzogs Ottvcar VI. von dem Herzogtln»" Oesterreich getrennt. Diese Trennmig aber dauerte nicht lange. Ottvcar, der indessen nach dem Tode seines Vaters auct) König in Böhmen geworden, suchte in Geheim seine» Anhang in Steyer immer zu vergrößern und das M>s- vergnügen der Steyerer wider die nngerischen Bedrü¬ ckungen zu vermehren. Die Steyerer wagten 1259 e»^ Empörung, und jagten die Ungern aus dem Lande» Der König von Ungern brach hierüber nut dem König Ottvcar von neuem; wurde aber von diesem geschlagen- und 126« gezwungen auch Steyermark an Ottvcar abM treten. Nun glaubte Ottvcar seines bisherigen Rechls- titels nicht mehr zu bedürfen. Er entließ 1261 ft»'? Gemahlin» Margareti- und vermahlte sich wie 707 Nichte des Königs Bela von Ungern. Um aber doch einen andern Rcchtsgrund seines Besitzes zu haben, be¬ wog er den römischen König Richard von Cornwall, daß er ihm 1262 über Oesterreich und Steyer als er¬ öffnete Neichslehen die Belehnung ertheilte. Im I 1 S9 Hane Otrocar das Glück, auch das Herzogthnm Kam- then und den dazu gehörige» Theil von Krain durch ein Erbvermachyuß des letzten Herzogs Ulrich III. an sich Zu bringen. Im I- '248 gieng durch Ermordung des Herzogs Otto il. von Meran dieser herzogliche Stamm ans» Die ansehnlichen, aber zerstreuten Güter dieses Hauses rissen die benachbarten Fürsten an sich. So kam daS Land an der Etsch und am Inn, das seitdem den Nah¬ men Tyrol bekommen, an Mainhard 1t. Grafen von Cörz. Die Grafschaft Andechs wurde dem Herzogthnm Bayern einverleibt. Die Besitzungen in Franken zog des letzten Herzogs Schwager, der Burggraf Friederich von Nürnberg ans dem Hause Zollern, a» sich. Von den Grafschaften Flandern und Hennegau war seit Margarcth !i. Besitzerin. Sie hatte lan¬ ge vorher mit Bnrchard von Avcsnes, den man zum geistlichen Stande gezwungen, zwey Söhne, Johann rind Balduin erzeugt, die der Kaiser Friederich ll. auf ihr Ansuchen legitinrirte und für successionsfalstg erklärte, Burchard von Avesnes reifete in der Folge n ch Ro-n, um sich von dem geistlichen Stande dispensireu zu lassen. Wahrend seiner Abwesenheit vemiählte sich Margareth "üt Wilhelm von Dampierre, den sie zum Varer von drep Söhnen machte. Nach Antritt ihrer Regier war V tz 2 sucht- 6o8 suchte sie mit Ausschließung der erster» Söhne den letz¬ tem allein die Succeffion in ihren Ländern zuzuwenden. Hierüber entstand nun ein Streit. Johann von Avesnes nahm des GegeukönigS Wilhelm Schwester Adelheid zur Gemahlinn, und ihm zu Lieb erklärte Wilhelm im J. 1252 die Margaret!) ihrer Reichölehen verlustig, unter dem Vorwande, daß sie von ihm binnen Jahr und Tag dem Reichsherkommen gemäß nicht die Belehnung genommen habe. Margareth dadurch aufgebracht, suchte gegen Wilhelm alte Ansprüche auf Seeland hervor, und ließ 125Z einen Einfall dahin unternehmen, den aber Wil¬ helms Bruder Florenz tapfer zurückschlng. Der römische König Richard setzte die Margareth wieder in ihre Reichs¬ lehen ein. Nach ihrem Tode 1279 folgte ihr kraft eines eingegangenen Vergleichs ihr Sohn Guido von Dam- pierre in Flandern, und ihr Enkel Johann von Avesnes der Jüngere in Hennegau. 58- Richard von Cornwall und Alfons von Cafti-> lien, vom F. i2L7 bis 1272 2. April. ( iL Jahre.) Die Stürme, denen die letzten Kaiser und Kö¬ nige ausgesetzt waren, schreckte» die teutschen Fürsten so sehr, daß sich nach dem Tode des Königs Wilhelm unter ihnen keiner fand, den die Lust angewandelt hätte, die Krone auf seinen Kopf bringen zu wollen. Indessen mußte nach den Begriffen des Zeitalters die Christenheit ein Oberhaupt haben. Man mußte also trachten, den» teutschen 709 teutschm Reiche, woher es immer sey, einen König zu geben. Der Erzbischof Gerhard von Maynz, dem von Alters her die Direktion der Wahl zustand, konnte sich jetzt diesem Geschäft nicht unterziehen ; denn er war eben bey Gelegenheit eines in das Göttingische gemach¬ ten Einfalls in die Gefangenschaft des Herzogs Albrecht von Braunschweig gerathen. Nach ihm waren die Erz¬ bischöfe von Trier und Cöln die ersten; aber es war durch die Observanz nicht ausgemacht, wer aus ihnen vor dem andern ein vorzügliches Recht zur Leitung des Wahlgeschäftes habe. Natürlich suchte sich in solchen Umstanden einer wie der andere so viel geltend zu machen, als er konnte. Der Papst hatte dießmahl kein Interesse, selbst einen Candidaten aufzusuchen und anzuempfehlen. Er überließ die ganze Sache jenen, denen sie zukam, aufs Veste zu schlichten, und begnügte sich mit einer Erclusive, die er dem einzigen noch übrigen Prinzen des hohenstaufischen Hauses gab. Er drohete nämlich zum voraus den Wahlfärsten mit dem unausbleiblichen Banne, wenn sie sich unterfangen sollten, den jungen Konradin von Schwaben zum Könige zu wählen. Der Erzbischof Konrad von Cöln versicherte sich vor allem der Stimme des gefangenen Erzbischofs von Maynz, dem er das zu seiner Vefreyung nöthige Löse- gelb von dem neuen Könige zu verschaffen versprach. Zog dann auch den Pfalzgrafen am Rhein Ludwig nebst andern Fürsten auf seine Seite, und brachte den Grafen Richard von Cornwall, einen Bruder des Königs Hein¬ rich Ul. von England, in Vorschlag. Dieser Herr war Zwar sehr reich, aber doch nicht mächtig an Land und Leuten, also den teutschm Fürsten, denen immer Geld man- 7io mangelte und die nach Erweiterung Ihrer Macht streb¬ ten, eben recht zu ihren Absichten. Der Erzbischof von Cöln mit seiner Parchey liest daher dem Grafen Richard unter der Hand den Antrag machen, daß man ihn zum König wählen wollte, wenn er sich entschlöße, jedem Wahlfürsicn eine gewisse Summe Geldes zn bezahlen. Man must sich nicht wundern , daß Richard den Antrag annahm und noch dazu den Wahlfürsten für ihre Stim¬ men aniehnliche Summen Geldes bewilligte; denn an grossen Aussichten feblce es einem tentschen Könige, der Muih und Talente hatte, gewiß nicht. Man machte sich besonders auswärts noch immer grosse Begriffe von dein Kaiienhnln, und wußte bcy weitem nicht so, als in Teutschland selbst, wie sehr dastelbe heruntergekommen sey- Der Erzbischof Arnold von Trier war über das Benehmen des Erzbischofs von Cöln sehr eifersüchtig, besonders ärgerte es ihn, daß man ihm nicht eine eben so grosse Summe geboten habe, als seinem College» vom Cöln. Er suchte daber eine Gegenparthey zu for- nn'ren und beredete den König von Böhmen, den Herzog von Sachsen und die Markgrafen von Brandenburg, sich mit Richard in nichts einznlassen, indem er ihnen die Hoffnung machte, daß sie bey dem Könige Alfons von Castilien, den er ihnen vorschlug, ihre Stimme» um einen weit höher» Preis »»bringen könnten. Als der »»gesetzte Wahltermin heramrahere, begab sich der Erzbischof von Trier zuerst nach Frankfurt als an den bestimmten Wablort. Mit ihm fand sich auch der Her¬ zog Albrecht von Sachsen ein, und dieser hatte auch eine Vollmacht von den Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg. Nach einigen Nachrichten sollen auch Bevollmächtigte des Königs von Böhmen da gewesen , sev"» 7H. seyn. Bald darauf erschien auch der Erzbischof vm Eöln, und mit ihm der Pfalzgraf am Rhein Ludwig. Allein der Erzbisckof von Trier ließ sie nicht in die Stadt, unter dem Vorwande, dast er von der» grossen gewaffneten Gefolge, das sie nur sich geführt Haden sollen, Gewalt befürchte. Bey diesen Umständen wußte eine zwispaltigc Wahl ansfallen. Zuerst wählte der Erz¬ bischof von Cöln in seinem eigenen, des Erzbischofes von Mayn; und des anwesenden Pfalzgrafen am Rhein Nahmen nach vorausgegangener Berarbschlagung mit den anwesenden Prälaten, Fürsten und Herrn und mit de¬ ren Einwilligung vor der Stadt Frankfurt auf fränkischem Boden an dem bestimmten Wahltage (r ,g. Jäner 12Z7) den Grafe» Richard zum König. Von dem Erzbischöfe von Trier verlangten seine Anhänger Sicherheit über die ih¬ nen von Seite des Königs Alfons versprochenen Summen, ehe sie zu dessen Wahl schritten. Wahrscheinlich konnte er sie in diesem Stücke nicht befriedigen, und so trat der König von Böhmen der Wahl Richards bey; der Herzog von Sachsen aber gieng nach Hause. Doch liest sich der Erzbischof von Trier von seinem Vorhaben nicht ab¬ wendig machen. Er nahm am 1 ten April zu Frankfurt allein die Wahl vor , und enrannte für sich und im Nahmen des Königs von Böhmen, des Herzogs von Sachse» und des Markgrafen von Brandenburg, von denen er vergab, dazu bevollmächtiget zu seyn, den König Al¬ fons von Castilien zum römischen Könige. Wenn wir diese zwey Wahlen mit einander vergleichen, so finden wir, daß Richard 4 Stimmen, Alfons aber, wenn auch der Erzbischof von Trier von dem Herzoge von Sach¬ sen und von einem Markgrafen von Brandenburg eine Voll¬ macht gehabt hat, (von dem Könige von Böhmen konnte er 712 er keine gültige haben, weil sich dieser schon lange vor¬ her für Heinrich erklärt hat), nur Z Stimmen gehabt habe. Richard war also rechtmäßiger König, und Al- phvns nur ein Gegenkvnig. Der Papst Alexander IV. erkannte dieses selbst, da er dem ersten znschrieb: „cmit- limv in Okrnto 6lio Ricurlto in Uomrmorum UcgcM eleLbo et coronato." Eben dieses Titels bedient sich auch Anfangs sein Nachfolger Urban IV. Das Merkwürdigste von dieser Wahl ist, daß wir dabey eine ziemlich genaue Beobachtung der wahrschein¬ lich unter Otto IV. festgesetzten Wahlform antreffen. Die umständliche Nachricht darüber enthält ein Schrei¬ ben des Papstes Urban IV. an den König Richard vom I. 126z, worin alles zusammengefaßt ist, was die Anwälde beyder Könige zur Rechtfertigung der guf ihre Herren ausgefallenen Wahlen zu Rom vorgebracht ha¬ ben. Aus demselben sieht man, daß die eigentliche Wahl nur von 7, und zwar von eben jenen Fürsten vollzogen wurde, die in der ottonischen Verordnung z" Wahlherrn benannt sind, und von denen nun Urban IV. sagt: „krmcixcz. vocem in bujuumväi eleLtiono hsbentes, hui tunk tepcem numcro." Doch wurde vorher, wenigstens von dem Erzbischöfe von Cöln, eine Berathschlagnng mit den übrigen gegenwärtigen Fürsten und Herren gehalten, und mit ihrem Rath und Bey- stimmung die Wahl vorgenommen: „Krclriepilcoxus Oolonisntix L Ovmes (polacinus) — cum pr^lstis, llucibus alijz ikiäem prLtcncikus Heliberariolw pruchabita , lle ipso cum communi conlilio är stlentn r>ä elc^Iionem proceclere 6ecreverunt." Auch wird in diesem Schreiben Frankfurt als die Wahlstadt ange¬ führt 7iA führt Mit den Worten; „locus Koc ileputarus fxe- cinlirer sb niniguo". Wir haben die Ursachen, warum die mm schon beynahe fünfzig Jahre alte Vorschrift Über die Wahl vorher nicht in die Ausübung gekommen sey, oben S- 645 ausführlich entwickelt. Jetzt hör¬ ten diese Ursache» auf. Es war kein Kaiser da, dem es darum zu thun gewesen wäre, die Wahl seines Soh¬ nes zum Thronfolger durch eine genommene Parthey wider den Willen der übrigen Fürsten durchzusetzen. Der Papst fand kein Interesse, sich geradezu in die Wahl Zu mischen; denn .er hatte jetzt keinen ihm widerspansti- gen Kaiser zu stürzen, er brauchte also keinen Gegen¬ könig, mithin auch keine Faction, die zu einer dem Ge¬ setze zuwider laufende» Wahl hatte verleitet werden müssen. Vielmehr scheint Alerander lV. die nachtheili¬ gen Folgen, die aus den päpstlichen Eingriffen in das Wahlrecht bisher entstanden und immer zu besorgen waren, eingesehen und daher selbst gewünscht zu haben, daß die Wahl durch die dazu berechtigten Wahlfürsten vorschriftmäßig vorgenommen würde ; denn man liest dey dem ^nonznnuü Deobienlis ncl an. 12;?: „Lkec. öoe-rlE ^.lLXanäor msnclüt, uc xeoviclenuc lm- perjo de zrerlona ulili vulencs". Es war natür¬ lich, daß die 7 Wahlfürsten diese Gelegenheit ergriffen, nm das ihnen langst eingeraumte Wahlrecht einmahl geltend zu machen, um so mehr, da sie darin von den Städten unterstützt wurden; denn die rheinischen und wttteranischen Städte verbanden sich gleich nach Wil¬ helms Tod, keinem andern ihre Thore zu öffnen und den Eid der Treue zu leisten, als demjenigen, den die >iOomjni ?iincipk5i, nci ni»e. marckionix clo llianllendurg 6r mulrorum principum eles" ^lionsum." Aehnliche Stellen finden sich in der Salzbur¬ ger Chronik bey Pe, und in den Annalen Hermanns von Altaich oder der Vvrmahls sogenannten Chronik des Hette¬ rich Stero. 7! 5 gedachte Schreiben an König Richard eingerücket hat, enthält nicht die geringste Spuhr von einer Mitwahl oder einer dem Erzbischöfe von Trier gegebenen Vollmacht anderer Fürsten, als der drey oben genannten eigentli¬ chen Wahlfürsten. Es ist also nicht zu zweifeln, daß die angeführten Chronikenschreiber ihre Ausdrücke übel gewählt und dadurch bloß die etwa wirklich hinzuge- kommene oder aber versprochene Einwilligung in die von dem Erzbischöfe von Trier vorgenommene Wahl ver¬ standen , oder von dem ganzen Verlauf der Sache keine rechte Wissenschaft gehabt haben. Nur von dem Her¬ zog Heinrich von Bayern, einem Bruder des rheini¬ schen Pfalzgrafen Ludwig wird durch eine Urkunde Ru¬ dolfs i. vom I. >2 -5 bestätiget, daß er, wie die an¬ geführten drey Chroniken einhellig berichten , bey der Wahl Richards als Wahlfürst mitgestimmt habe. Was es mit dieser bayerischen Stimme eigentlich für eine Be- wandtniß habe, werden wir anderswo bey Erläuterung eben gedachter Urkunde weitläufiger zu untersuchen Ge¬ legenheit haben. Hier wollen wir nur so viel bemerken, daß es allerdings scheine, als hätte man von Seite Bay¬ erns bey Richards Wahl einen Versuch gemacht, das einst allen Fürsten eigen gewesene, hernach aber nur sieb neu zugesprochene eigentliche Wahlrecht, von dem jetzt die übrigen Fürsten schon abgestanden sind, noch fernerhin zu behaupten. Doch hat Richard selbst allem Ansehen "ach diese herzoglich - bayerische Wahlstimme nicht für rechtmäßig gehalten, weil er davon in seinem Berichte un den Papst, wo es ihm hätte daran gelegen seyi» müssen, durch Zählung derselben seiner Wahl über jene seines Gegners ein noch größeres Uebergewicht der Recht- Mäßigkeit zu geben, gar keine Meldung gethan hat. Nach ?i6 Nach vollzogener Wahl Richards gieng der Erzbi¬ schof von Cöln selbst mit einem ansehnlichen Gefolge von teutschen Grossen nach England, um ihn zur Besitzneh- runng des Reichs und zur Krönung einzuladen. Richard säumte auch nicht bald nach Teutschland zu überschjffen. Man hatte in Teutschland außerordentliche Begriffe von seinen Reichthümern. Ein Schriftsteller erzählt, der König sey mit Z2 Wagen, wovon jeder mit 8 Pferden bespannt und mit einem z Ohmen haltenden Fasse voll Geld beladen war, angekommen. Vermuthlich war in de» meisten Fässern nur die Bagage eingepackt; aber bey dem Pöbel mußte es Gold und Silber seyn, weil Richard durchgängig für einen sehr reichen Mann galt. Den i7ten May 1257 wurde er zu Achen von dem Erz¬ bischöfe von Cöln gekrönt und auf den Stuhl Karls des Grossen erhoben. Er nahm sich auch sogleich der teut¬ schen Angelegenheiten eifrig an. Doch mußte er schon zu Anfang des Jahres 1259 nach England zurückkehren, wo indessen zwischen seinem Bruder, dem Könige Hein¬ rich Hi. und den englischen Ständen heftige Irrungen, die seine Gegenwart erforderten, ausgebrvchen sind. Doch mag auch die Ausleerung der Geldfäßer, die ihm eine» Theil der anfänglichen Achtung entzogen zu haben scheint, seine Abreise befördert haben. Einige Teutsche vom Adel begleiteten ihn nach England, kehrten aber bald wieder um, weil es sie verdroß, daß Richard von den engli¬ schen Ständen nicht die auszeichnende Behandlung, di? ihrer Meinung nach einem teutschen Könige und künftig*" Kaiser gebührte, empfieng, sondern bloß als Graf vo" Cornwall ynd Milstand tractiret wurde. In Zn England sammelte sich Richard wieder Geld, vorzüglich in der Absicht, um seinen Römerzug vorneh¬ men zu können. Der Papst Alexander IV. betrieb selbst dieses Werk, weil er sich schmeichelte, Richard werde ihm helfen, den König Mansted von Sicilien zu unter¬ drücken und das Königreich Sicilien an den päpstlichen Stuhl zu bringen. In der Mitte des I. 1260 kam Richard wieder nach Tentschland, restituirte der Gräfin» Margaretha von Flandern die ihr von Wilhelm abge¬ nommenen Reichslehen , errichtete zu Worms einen Land¬ frieden , und gieng nach vier Monathen wieder nach England zurück, versäumte aber dadurch die Gelegenheit zum Römerzuge; denn nicht lange hernach starb der Papst Alexander IV. Sein Nachfolger hegte keine so günstigen Gesinnungen für Richard. Wahrend Richards Abwesenheit veruneinigte sich sein Statthalter in den Nhein¬ landen mit dem neuen Erzbischöfe Werner von Maynz, und dieser Prälat fieng an, auf die Aufstellung eines Gegenkönigs zn sinnen. Es gieng das Gerücht, man wolle den jungen Konradin zum König wählen. Der "König Ottocar von Böhmen berichtete dieses dem neuen Papste Urban IV., und dieser schickte sogleich einen Dannstrahl nach Teutschland, der alle diejenigen treffen sollte, die sich unterstehen würden, Konradins Wahl auf irgend eine Art zu befördern. Auf die Nachricht von diesen Bewegungen kam Richard im July 1262 das dritte Mahl nach Tentschland, legte die Fehde zwischen seinem Statthalter und dem Erzbischöfe Werner bey, Und belehnte den König Ottocar von Böhmen, dem er die Hintertreibung der Gegenwahl zu verdanken hatte, Kw Belob».ung mit Oesterreich und Steyer, jedoch ohne Vorwissen und Einwilligung der Wahlfürsten. Unter- 7l8 Unterdessen waren in England zwischen dem Könige und den Grossen des Reichs noch heftigere Uneinigkeiten entstanden, so daß es zwischen beyden Theilen zu offenba¬ ren Feindseligkeiten kam. Richard mußte desiwegen iw Februar i2bZ schon wieder nach England zurückgehen; gerierh aber 1264 in dem unglücklichen Treffen hey Le¬ wes, dem er beywohnte, in die Gefangenschaft der englischen Reichöbaronen, und wurde über Jahr und Tag darin gehalten. Erst im J. 12H7 konnte er sich abermah! in Leutschland sehen lassen. Wahrend dieser Zeit betrieb der König Alfons von Casiilien unablaßig seine Ansprüche auf die reutsche Krone Zn Rom, und brachte dadurch den Papst Urban auf den Gedanken, sich nach dem Veyspiele Junocenz lH- zum Richter in dieser Streitsache aufznwerftn. Nachdew sich Alfons bequemet hatte, das päpstliche Nichterawt anzuerkennen, beehrte ihn Urban auch mit dem T«t*l eines erwählten römische» Königs öffentlich. Der Papst erließ dann an beyde Kronprätendenten eine förmlich* Ladung. Von Seite Alfonsens erschien am festgesetzt*" Tage ein Bevollmächtigter, von Seite Richards abe* keiner. Urban bestimmte daher einen neuen Termin ; sta^ aber noch vor dessen Ablauf. Clemens IV. kam a" seine Stelle. Er war vorher Advocat zu Paris. M"" kann sich also leicht denken, daß er einen Proceß, desto" Gleichen er noch nicht unter seinen Händen gehabt, wähl werde haben liegen lassen. Er nabm eine neue Ladung vo*- Beyde Partheyen schickten wirklich zur bestimmten ihre Bevollmächtigte nach Rom; aber die castilianisck*" waren nicht mit den gehörigen Dokumente!-, versehen. Der Termin wurde also verlängert, doch wieder frucht los- 719 los; denn der Ueberbringer dieser Urkunden wurde um terwegs ausgeplündert. Nun setzte Clemcnö eine pe¬ remptorische Frist, nach welcher gesprochen werden sollte, es mochten Alfonsens Anwälde ihre Behelfe beybringen oder nicht. Allein das Schicksal scheint sich verschworen ju haben, die Päpste nicht zum völligen Besitz des Rechts, Kronstreitigkeite» zu entscheiden, kommen zu lassen. Cle¬ mens starb noch eher, als dieser dritte Termin verfloß ,, und bevor eine neue Papsiwahl zu Stande kommen konnte, gicng selbst Richard mit Tode ab. Auf einer andern Seile war Clemens IV, glückli¬ cher. Er fübrte zu eben der Zeit, da er sich mit dem teutschen Kronstreite abgab, einen andern Plan aus, an dem seine Vorgänger schon lange gearbeitet haben, das ist, er richtete das hohcnstausische HanS ein- mahl gänzlich zu Grunde. Wir haben gehört, daß Friederichs II. natürlicher Sohn Manfred dem Papste das bereits in Besitz genommene Königreich Sicilien wieder entrissen habe. Alerander lV. suchte sich zwar durch Bannflüche und Aufwiegelungen gegen Manfred L« helfen. Diese Mittel rhaten aber nicht die gehörige Wirkung. Daher zog Urban lV. wieder das alte Pro¬ stet hervor, den kühnen Hohenstaufen durch einen fremden Punzen zu stürzen. Er brachte auch wirklich den Grafen von Provence, Karl von Anjou, einen Bruder des Königs Ludwig des Heiligen von Frankreich, zu dem Entschlüsse, das ihm angetragene Königreich Sicilien bem jetzigen Besitzer Manfred mit Gewalt aus den Hän¬ den zu winden. Clemens lV-, der selbst ein gebohrner Franzose war, bestärkte Karlu in dem gefaßten Entschlüße, und brachte vollends die Sache in Nichtigkeit. Im I. iLä; 722 irSz kam Karl von Anjou mit einer Anzahl französischer Ritter nach Rom, wurde daselost mit Sicilien belehnt und das folgende Jahr gekrönt. Nun war nichts mehr übrig, als Manfreden zu überwinden. Kreuzpredigten, die der Papst wider den sogenannten Tyrannen von Si¬ cilien halten ließ, verschafften Karln von Anjou eine an¬ sehnliche Armee, mit der er ohne Verzug in Apulien eindrang. Manfred stellte sich ihm mit einer geringer» Macht bey Benevento herzhaft entgegen; wurde aber von seinen eigenen Leuten verrathen, von seinem Gegner geschlagen und selbst getödtet, worauf sich Karl mit leichter Mühe des sicilianischen Reiches bemächtigte. Allein er machte sich bald durch seine Grausamkeiten und Bedrückungen allgemein verhaßt. Nicht nur die Gi« bellinen , sondern auch die übrigen Einwohner von Apulien und Sicilien, die Anfangs seine Usurpation unterstützt ha¬ ben , sehnten sich nach einer Regierungsveränderung, schick¬ ten Abgeordnete nach Tentschland und luden Konrads I V- Sohn Konradin, den einzigen noch übrigen Sprößling des hohenstaufischen Stammes, zu sich ein, um das väterlich^ Reich in Besitz zu nehmen. Konradin war damahls r z Jahre alt, und befand sich in den mislichsten Umstanden. Die Schwaben wollten ihn nicht mehr als ihren Herzog aner¬ kennen, weil schon sein Vater Konrad kV. von dem Gegen- könig Wilhelm nicht nur des Herzogthnms Schwaben, son¬ dern auch aller seiner Güter in Tentschland verlustigerklaret worden. Diesen Spruch hat der Papst Jnnocenz iV. be¬ stätiget, und der König Richard, der an Konradin einen Nebenbuhler befürchtete, gerne als gültig anerkannt. Von den sehr beträchtlichen Erbgütern des hohenstaufi¬ schen Hauses hatte Konradin nur noch einen kleinen Rest im Besitz. Das Meiste war verpfändet, verkaufte ver- 72». Verschenk oder ufmpitt. Er hatte also zu Hause nicht viel zu verlieren. Natürlich fanden sich Leute, die sei-- rren Kopf durch entzückende Beschreibungen von seiner hohen Gebührt, von dem vorigen Glanz seines Hause- und von den sicilianischen Schätzen erhitzten, und ihm seine gerechten Ansprüche auf Sicilien und die Leichtig« keit, dasselbe einem verhaßten Usurpator zu entreissen, vor» stellten. Der junge Prinz fieng durch dergleichen Vor¬ stellungen Feuer > nahm die Einladung der misvergnüg- ten Sicilianer wider den Rath seiner Mutter an, und trat im Herbste des I. 1267 den Ritterzng nach Italien an. Clemens 1^. schickte ihm sogleich einen Bannfluch entgegen, «nd sprach ihm nun äuch das Königreich Je¬ rusalem ab, wovon Konradin, ohne eben von Jemand den darum beneidet zu sehn, den Titel führte. Kon¬ radin wurde in Jtälien sehr gut empfangen. Je weiter er vorrückte, einen desto größeren Zulauf bekam er. Die Romer, die mit dem Papste wieder in Zwistigkeiterr lebten, führtest ihn unter fast kaiserlichen Ehrenbezeugun¬ gen in ihre Stadt. In Apulien Und Sicilien gerieth bey seiner Annäherung alles in Bewegung. Beyttahe alle Städte, die nicht durch feste Schlößer und fran-r zösische Besatzungen im Jaume gehalten wurden, erklär¬ ten sich entweder öffentlich für ihn, oder begünstigten Loch in Geheim sein Unternehmen. Karl von Anjou kam sehr ins Gedränge; doch verlohr er den Muth nicht. Zog seine Macht Zusammen und rückte seinem Feinde ent¬ gegen. Eine Schlacht mußte zwilchen beyden entschei¬ den. Sie fiel 126g Key Palenza vor. Konradin glaubte schon gesiegt zu haben, als er aus einem Hinterhalte angegriffen und überwunden wurde. Er entfloh; wnrde aber von einem Edelmanne Frangipani aufgefangen und Z Z Karsn 722 ^Karln von Anjou in die Hände geliefert. Dieser ließ ihn nach Neapel ins Gefängniß bringen und em förmli¬ ches Gericht über ihn niedersetzen. Die Frage war, ob Konradin mit dem Tode bestraft werden könnte. Der größere Theil der Richter mit dem berühmten Rechtö¬ lehrer von Modena, Guido von Succaria , an der Spitze verneinte die Frage aus dem Grunde, well Kon¬ radu» die Waffen ergriffen, um ein Reich zu erobern, das er für sein rechtmäßiges Erbe hielt. .Der kleinere Theil fand aber doch einen Rechtsgrund zu einem de» Wünschen Karls angemessenen» Spruch. In dem De¬ crete Gratians stehet ein ans de»» Schriften des heilige» Augustin gezogener Canon, worin dieser Kirchenvater sagt „der Sieger sey schuldig, sich gegen den Besiegten barmherzig zu bezeigen, besonders (prselerkim) wenn davon keine Störung des Friedens zu besorgen sey. Ein gewisser Hugolin, dessen Erläuterungen über das De¬ kret damahls in grossen Ansehen standen, verwandelte in einer Glosse zu dem gedachten Canon das pra-terrin» ii» ein t'olummorio, und gab dadurch dem Terte Augu¬ stins den Sinn, daß nur dann Barmherzigkeit gegen den Ueberwundenen starr finde, wenn kein Verdacht vorhan¬ den sey, daß deßwegen der Friede werde gestört werden- Karl von Anjou hielt sich an diese treffliche Glosse, und ließ das Todesurtheil über Konradin, als einen unge¬ rechten Aumasser der sicilischen Krone, aussprechen. Der junge Prinz vernahm das ungerechte Urtheil mit grosser Standhaftigkeit, »nachte sein Testament, und setzte darin seine beydcn Oheime, die Herzoge Ludwig und Heinrich von Bayern, zu Erben seiner Güter ein. Noch an» nämlichen Tage 2<> Lrtob. 126g) bestieg er das auf öffentlichem Markte zu Neapel errichtete Blutgerüst und 72Z Hot sein Haupt ruhig dem Schwertschlage dar. Nach ihm wurden sein treuer und eben so unglücklicher Ge¬ fährte, Friederich von Baden, ein Sohn der österrei¬ chischen Prinzessin Gertraud, und noch ein Duzend an¬ derer vornehmer Herren aus Deutschland und Italien enthauptet. Nun war der Wunsch vieler Päpste er¬ füllt. Der letzte Zweig des hvhenstanfischen Stammes war gebrochen. In Teutschland dachte Niemand daran, das Blut des ausgerotteten Königsstamms zu rachen. Der allmahlige Verfall der Hohenstaufen undKon- radins Tod brachten in Teutschland wichtige Verände¬ rungen hervor. Das Herzogthum Schwaben horte mit Konradin ganz auf. Das Herzogthum Franken war schon vorher in Abgang gekommen. Die meisten Erb-, und Lehengüter der hohenstaufifchen Familie sind dem wittelsbachischen Hause zu Theil geworden. Das übrige wußten sich die Markgrafen von Vaden, die Grafen von Würtemberg und andere Herren in Schwaben, Franken und Elsass bey verschiedenen Gelegenheiten eigen Zu machen. Aus den hohenstaufifchen Gütern in Fran¬ ken ist spater die heutige, obere Pfalz erwachsen. Aus diesen Veränderungen können wir uns auch die besondere Verfassung Frankens und Schwabens , wie sie noch jetzt bestehet, erklären. Es gibt in diesen Ländern eine Menge kleiner Prälaten und Städte, die reichsunmittel¬ bar sind, und. sogar eine unmittelbare Reichsritterschaft. Dieses kommt daher, weil in Franken und Schwaben die Herzog« ganz eingegangen sind. Alle Prälaten, Städte und Ritter, die es nur konnten, setzten sich nun in Freyheit, und behaupteten sich darin, weil die «bri: . gen Stände in ihrer Gegend nicht mächtig genug wa- Z z - ren. '7-4 re», sie unter ihre Landeshoheit zn bringen, besonders weil die frey gewordenen zeitig Bündnisse zur Vertheidh- gung ihrer Unmittelbarkeit mir einander schloffen^ Noch vor Konradins grausamer Hinrichtung war der römische König Richard pieder nach Teutschland ge- kosiimen, wo' sich während seiner fünfjährigen Abwesen¬ heit viele Unordnungen eingeschlichen haben, besonders wurde mit den Rheinzöllen ein unerhörter Mißbrauch getrieben. Wer nur immer konnte, legte an den Ufern des Rheins ein festes Schloß an, glaubte dann ckoerr des Flusses zu seyn, und erpreßte von den Voibeyschis« senden einen so hohen Zoll, als es sich nur thun ließ. Dadurch litt der Rheiuhandel ungemein, und alle Be¬ dürfnisse und Maaren wurden sehr vertheuert. Um diese eben so schädliche als unbillige und unschickliche Placke- rey abzustellen, hielt Richard »269 einen Reichstag ZU Worms, wo man sich nach vielen Unterhandlungen ver¬ band, die ungerechten Zölle mit vereinigten Kräften, und falls es nöthig wäre, durch Zerstörung der Schlößer zu vernichten. Thoipas Wickes, ein englischer Schrift¬ steller, der mit Richard in Teutschland war, nennt die¬ sen teutschen Zollunfug furiolsm Dentonicorum in- lainuin. Wahrend dieses wirrten Aufenthalts in Tentfth- land verheurathete sich auch Richard, der Wittwer par, mit einer teutschen Gräsinn Beatrix von Falken¬ stein, und gieng mit derselben 1269 nach England zu¬ rück, ohne wieder den teutschen Boden zu betreten- starb in England 1272. Aus dem, was wir von Ri¬ chard erzählt haben, ist es offenbar, daß er ein thäki- ger Regent war, und daß sich Teutschland von ilM vieles zu versprechen gehabt hätte, wenn ihm nicht die 62s beständigen Llnmhen kn England so ost aus Teutschland entfernet, und wenn nicht die reutschen Grossen, welche befürchteten, ihre usurpirten Recht? zu verlieren, eifrig seinen Absichten entgegen gearbeitet hatten. Nun sind wir kn den Stand gefetzt« zu bxurthei- len, ob es dann wirklich um diese Zeiten ein sogenann¬ tes grosses Interregnum in Teutschland gegeben Habe. Die Schriftsteller, welche dasselbe aufstelle» , komme» selbst über dessen eigentlichen Anfang nicht überein. Einige rechnen es von dein I. 124z au, da Friederich II. von dem Papste Jnnocenz IV. auf dem Concilio zu Lion ercommumeirt und abgesetzt worden; andere von dem Tod? Friederichs II., Konrads IV. oder gar Wil¬ helms von Holland. Allein wenn wir nicht zugeben wollen, dasi der Papst durch seinen Bannstrahl recht- mäßig aufgesetzte Kronen von den Häuptern der Könige wegschleudern könne, so wird man keinen Grund finden« von dem die Majestät schändenden Attentat des Papstes zu Lion das Zwischenreich anzufangen. Auch vom Tod¬ falle Friederichs II. an laßt sich kein Interregnum histo¬ risch erweisen; denn nach Friederich II. war Konrad IV. rechtmäßiger König der Teutschen. Nach ihm war eö Wilhelm von Holland und endlich Richard von Corn¬ wall. Selbst Rudolf I. nannte letztem seinen Verfah¬ ren. am Reiche. Es ist also von Friederich II. qu bis auf Rudolf von Habsburg die Reihe der teutschen Kö¬ nige nicht unterbrochen worden. Die gleichzeitigen teut- scheu Schriftsteller melden auch nichts pon einem grossen Interregna. Dieses Hirngespinnst rührt von ktalianischen Schriftstellern her, di« alle Anmassungen der Papste als Handlung«, der apostolischen Machtvollkommenheit und unwan- 72§ unwandelbaren Gerechtigkeit zu schildern gewohnt wa. ren, und daher auch Friederichs ll. Absetzung auf dem Concilio zu Lion als gerecht und gültig betrachteten. Da nun seit diesem Schritte des Papstes bis auf Ru¬ dolf l. k.in teurscher König die kaiserliche Krönung zu Rom oder wenigstens eine förmliche Bestätigung in der rö¬ mischen Königswürde vom Papste erhalten barre, so sagten sie, das Kaiserrbum sey in dieser Zeit ledig gestanden. Spa¬ tere tnttsä e Chronikenschreiber, die den teurschen, oder wie man ihn nannte, römischen König von dem römi¬ schen Kaiser nicht gehörig zu unterscheiden wußten, und oft auch von hierarchischen Ideen die Köpfe mir gar zu voll hatten, wandten diese Erzählungen ihrer iraliäni- schen Vorgänger unbedachtsam auf ihr teutsches Vater¬ land an, und wähnten, das teutsche Reich habe in die¬ sem Zeitraum kein rechtmäßiges Oberhaupt gehabt. Ei¬ nen scheinbaren Grund für die Eristenz des grossen Zwi¬ schenreichs will man aus einer Unkunde Rudolfs I. vom I. r 8l herleiten, wodurch Rudolf alle Handlungen seiner Vorfahren, bis zur Absetzung Friederichs ll. zu- rückgerechuec, vernichtet haben soll. Dieses, sagt man, diene zum Beweis, daß Rudolf Friederichen H. seit seiner Absetzung und dessen Nachfolger für keine recht¬ mäßigen Könige von Teutschland angesehen babe. Es ist zwar wahr, daß unter Rudolf l. eine Constitution gemacht worden, vermög welcher alle seit Friederichs II. Entsetzung über Reichsgüler geschehenen Schenkungen, derselben Bestätigungen und sonst damit vorgenvmmene» Verfügungen, wofern sie nicht durch Beystimmung des grdßcrn Theils der Wahlfürsten gutgeheißen worden, für ungültig gehalten werden sollten ; ja Rudolf scheint schon vom Antritt seiner Regierung nach dieser Richt¬ schnur 7-7 schwur verfahren zu seyn. Allein wenn man daraus fol¬ gern will, daß Rudolf die vom Papste anentirte Abse¬ tzung des Kaisers Friederich II. als kräftig angesehenund von derselben an ein Interregnum angenommen habe, so irret man sich gewiß. Rudolfs Absicht bey der an¬ geführten Constitution gieng nur dahin, das wieder herbeyzubringen, was von den Reichsgütern bey der allgemeinen Zerrüttung im Reich, die seit Friederichs II. Absetzung den höchsten Grad erreichte, ungerechter Weise weggekommen ist, und die Ungerechtigkeiten wieder gut Zu machen, bie in dieser Zeit der Verwirrung häufig begangen worden; denn da es in diesem unglücklichen Zeitraum immerfort Könige und Gegenkönige gab, die sich Parlhey zu machen suchten, so fiel es den Anhän¬ gern des einen oder des andern leicht, unordentliche Gna- denverleihungen zu erschleichen , oder bey der Ohnmacht der öffentlichen Gewalt eigenmächtig Reichsgüter an sich zu ziehen. Diesen Unregelmäßigkeiten sollte nun durch einen festgesetzten Restitutionstermin abgeholfen werden. UebrigenS erhellet aus der rndolfinischen Urkunde viel¬ mehr, daß er seine Vorfahren als rechtmäßige Regenten anerkannt habe, weil er ihre Handlungen gelten ließ, wenn sie nur so unternommen worden , daß der Verdacht einer unterlaufenen Erschleichung oder Ungerechtigkeit wegfiel. Dieses war der Fall, wenn die Wahlfürsten ihre Einwilligung dazu gegeben haben. Eigentlich haben die Unordnungen in Teutschland schon mit dem Tode Heinrichs VI. angefangen. Denn schon von diesem Zeitpunkte an begann der Kampf der Könige und Gegenkdnigc, der doch Anfangs noch auf einige Zeit unterbrochen wurde; aber seit dem I. 1245 war 728 war er beynahe fortdauernd. Dazu kamen noch die päpstlichen Verfolgungen «nd die öftere langwierige Ab¬ wesenheit der Kaiser und Könige. Durch diese und an¬ dere Zufälle wurde daS königliche Ansehen so geschwächt, daß zuletzt von demselben kein Schutz und Recht mehr zu erwarten war, die gräulichsten Befehdungen und Ge- waltthätigkeiten über Hand nahmen und der teutsche StaatSkdrper tn eine völlige Anarchie versank. In die¬ ser, Umständen suchte sich jeder zu helfen, wie er konnte. ^Daraus entstanden zwischen einzelnen Mitgliedern des Reichs ganz besondere Rechtsverhältnisse, die noch biß auf den heutigen Tag mehr oder .uiuder fortdauern. Viele vom Adel trugen ihre Allodialgüter mächtigen Nachbarn zu Lehen auf, das heißt, sie übergaben ihnen ihre Güter mit dem Bedinge, daß sie von ihnen damic belehnt und als ihre Vasallen in Schutz genommen wür¬ den. Daher schreibt sich die Menge aufyotrayener Le¬ hen in Temschland her. Besonders har man den Bi¬ schöfen gerne Güler zu Lehen aufgetragcn, weil sie ihre Vasallen auch mit geistlichen Waffen zu schützen wußten. Dadurch sind die sogenannten Rrumffabsl.ehcn, die ih¬ ren Nahmen von dem krummen Stabe der Bischöfe ha¬ ben, vermehret worden. Städte und Klöster begaben sich unter andern festgesetzten Bedingungen in den Schatz eines Mächtiger». Daher sind viele Schutz - undTchirM- gerechtitzkeiten eines Reichsstandes über den andern herzuleiten. Ganze Familien traten in Gesellschaften zu¬ sammen , zogen sich in ein Schloß, oder vereinigten sich sonst auf «ine Art, um sich und das Ihrige mit gesumm¬ ter Hand zu vertheidigen, und um einander dazu mehr aufzumuntern, sagten sie sich ein wechselseitiges Erbrech* zu- Dieses ist der Ursprung der Ganerbschaften- iMil die -Ly die Ausübung der ordentlichen Gerichtsbarkeit sehr ge«. hindert und die Vollstreckung eines richterlichen Unheils bey der Schwäche der öffentlichen Gewalt noch schwerer war, so suchten friedlicher gesinnte Adeliche, Prälaten und Städte den Ausbruch einer Fehde zwischen ihnen dadurch vorzukommen, daß sie in Verträgen Personen bestimmten, welche sie mit einander wieder zu vertragen hätten, wenn sie unter sich in einen Streit gerathsn sollten. Daher sind die Austrage. Einige Städte, wie Hamburg und Lübeck verbanden sich mir einander, nm gemeinschaftlich ihren Handel zu schützen. Diesem Bunde gesellten sich bald andere Städte zu, woraus die berühmte Mansie erwuchs, die bald eine beträchtliche Seemacht wurde und die meisten teutscheu Städte in den Stand setzte, sich mit Sicherheit und gutem Fortgang auf den Hande! zu verlegen. Der Hansebund währte einige Jahrhundert fort und war die Quelle des Wohl¬ standes vieler teutscheu Städte. Auch das tratsche Reich im Ganzen gewann in diesen verwirrten Zelten nach und nach eine andere Ge¬ stalt. Es bildete sich allmahlig die Landeshoheit, die¬ ses unterscheidende Merkmahl der teutscheu Staatsver¬ fassung, ans. Schon unter den letzten Kaisern des fränkischen Stammes sind die Herzogthümer, Mark¬ grafschaften, Pfalzgrafschaften, Landgrafschaften und Graf¬ schaften erblich geworden; doch wurden sie noch durch einige Zeit als erbliche kaiserliche Statthalterschaften an¬ gesehen. Deßwegen bekam von mehrer,, Söhnen eines Herzogs, Markgrafen, Pfalzgrafen, Landgrafen oder Grafen nur einer das Herzoglhnm, die Mark - Pfalz- Landgrafschast oder Grafschaft. Der Kaiser war als« noch 7ZS riech immer der einzige Landesherr in Teutfchland. Man, kann dieses noch von Friederich I. sagen. Indessen ha¬ ben doch nicht nur die geistlichen, sondern auch die welt¬ lichen Grossen durch kaiserliche Privilegien schon viele Regalien an sich gebracht. Mehrere maßten sie sich nur an, und wenn sie dieselben einige Zeit behaupteten, berie¬ fen sie sich auf die Observanz. Kaiser Friederich II- drückte diesen Erwerbungen durch seine Constitution cle zuridus ?rincipum eecleüslkkooruin vom F. 1220 i» Ansehung der geistlichen Fürsten, und durch eine ähnli¬ che Constitution vom J. 12Z2 in Ansehung der weltlichen Fürsten das Siegel auf. Dadurch wurde der Kaiser von der unmittelbaren Ausübung der Gerichtsbarkeit in den Bezirken der geistlichen und weltlichen Fürsten fast gänzlich ausgeschlossen. Bey der grossen Zerrüttung? die nach Friederichs H. Absetzung in Teutschland erfolgte, suchten sich die Stande die Schwäche der königlichen Gewalt auf alle mögliche Art zu Nutzen zu machen. Sir rissen so viel Regalien an sich, als sie nur konnten, und fiengen dann an, ihre Lander im eigenen Nahmen zu regieren. Die Herzoge, Markgrafen rc. bildeten sich aus kaiserlichen Gouverneuren zu Landesherrn, und sobald sie Landesherren wurden, betrachteten sie ihre Länder als Erbschaften, und thciltcn dieselben unter mehrere Söhur oder diese nahmen selbst die Theilung vor. So habeu in Bayern die Söhne des Herzogs Otto, Ludewig und Heinrich, sich zu Ende dieser Periode in Ober - und Nie¬ derbayern getheilet. Die Erzbischöfe, Bischöfe und an¬ dere grosse Prälaten, die in ihren Distrikten, was das Weltliche betrifft, auch als kaiserliche Statthalter zu betrachten waren, machten es ihnen nach und wurde» ebenfalls Regenten ihrer Länder, Nur konnte hier keine Thei- 7Zi Theilung statt finden, well die geistlichen Lander Wahl-- staalen waren, wo das Capitel nach dem Absterben des Prälaten einen andern zum Nachfolger zu wählen harre. Die Reichsstädte constituirten sich zu Republiken, mach¬ ten sich von den kaiserlichen Vögten auf verschiedene Art los, und führten eine Municipalregierung ein. Doch würde diese Veränderung nicht so leicht vor sich gegan¬ gen seyn, wenn nicht die Prälaten, Ni.ttr und Srädre jedes Landes damit verstanden gewesen wären. Diese aber harren alle Ursache, eine solche Veränderung zu wünschen. Sie hallen dabey eher etwas zn gewinnen, als zu verlieren. Die schwache Macht des Kaisers konnte sie nicht schützen. Der oft abwesende und mit andern Geschäften überhäufte Kaiser konnte sich nicht um das Wohl jedes einzelnen Landes annehmen. Der Landes¬ herr konnte ihnen mehr Schutz gewähren. Er war im Stande, sein Land leichter zu übersehen und zur Auf¬ nahme desselben zweckmäßige Anstalten zu treffen. Ueber- dieß wurde dem Landesherrn keine Willkühr in der Be¬ herrschung eingeräumt. Er mußte die Prälaten, Ritter und Städte seines Landes zur Regierung z,«ziehen, mußte Landtage halten, worauf über alle wichtigen Landes¬ angelegenheiten berarhschlaget wurde. Die Prälaren, Ritter und Städte wurden also Landstände. So wie der Kaiser bcy Regierung des ganzen Reichs die Reichs¬ stände zur Seite hatte, so mußte auch der Landesherr mit Zuziehung der Landstände regieren. An eine will- kührliche Regierung von Seite des Landesherrn war um so weniger zu denken, da derselbe keine stehende und besoldete Miliz- auf den Beinen hatte, sondern alle seine Macht in der Masse der Kräfte seiner Prälaten, Ritter und Städte bestand. Diese aber hatten das Recht der Waffen. 73 r Dassen. Jeder Ritter hatte seine Burgen. Jede Stadt war mit Mauern und Graben umgeben. Endlich blieb den Laudsianden, wenn sich der Landesherr zu viel Un¬ massen und sie drücken wollte, noch immer die Zuflucht zu dem höchsten Reichsoberhanpte übrig; denn obgleich durch die Entstehung der Landeshoheit die unmittelbare Herrschaft des Kaisers über alle Einwohner des teut- schen Reichs aufhörte, und jedes Land seinen eigenen Regenten bekam, so wurden doch diese Regenten nicht unabhängige Beherrscher ihrer Lander > Souveraine, son¬ dern sie blieben noch der Oberhoheit des Kaisers unterge¬ ordnet. Die Unterthemen der einzelnen Reichsländer konnten daher noch immer ihre Klagen gegen ihre Lan¬ desregierung bey dem Kaiser anbringen. Tentschland zerfiel also nach dem Aufkommen der Landeshoheit nicht in ein System von einander unabhängiger, höchste»-' durch einen Bund zur Handhabung der äußern Sicher¬ heit mit einander verbundener Staaten, wurde kein Staatensystem, sondern blieb noch i» einer bürgerliche» Verbindung unter einem gemeinschaftlichen höchsten Ober¬ haupt , dem Kaiser, ward nur aus einem einfachen Staat ein zusammengesetzter Staatskörper, dessen Verfass»^ sich in der Folge immer mehr ausbildete. WM