!V. Jahrgang. Nr. 79. Zeitschrift für vaterländische Interessen. Erscheint jeden Dinstag und Freitag und kostet: Mit bei Post: Für Laibach sammt Zustellung: Ganzjährig fi, 6.— Ganzjährig fl. 5,— Halbjährig „ 3.— Halbjährig „ 2,50 Einzelne Nummer 5 kr. Di e Redaktio n befindet sich am Hauptplatz, Nr. 10, II . Stock. Die Administration in Ottokar Klerr's Buchhandlung Hauptplatz, Nr. 313. Insertionsgebühren: Für die 2spaltige Peiii-Zeile oder deren Raum bei Imaliger Ginschallung 6 kr., 2 Mal 8 kr,, 3 Mal 10 fr. Stempel jedes Mal 30 kr. Inserate übernimmt Haasenstein N iUogler in Wien, Wollzeile 9, Hamburg. Berlin, Leipzig, Frantfint a/M., Basel. Geldsendungen sind zu richten an den Eigenthüme r des Blattes. Manuskripte werden nicht zurückgesendet, anonyme Mittheilungen nicht berücksichtiget. Laibach, Freitag am 1. Oktober 1869. Vor dem Schwurgerichte. Am 28. September, also am vierten Tage nach der Schwur­ gerichtsverhandlung gegen den „Breneelj", Halle sich Jakob Alä­ se vc als Redakteur des „Triglav" vor der Jury wegen einer un­ ter der Rubrik „Tagesneuigkeiten" in Nr. 42 dieses Blattes erschie­ nenen Notiz, deren Inhalt die gesummte österreichische Nordarmee dem Hohne der Welt ausgesetzt haben sollte, zu verantworten. Die Jury bestand, nachdem der Staatsanwalt Dr. v. Lehman 6, der Angeklagte 8 Geschworene abgelehnt hatte, aus folgenden Herren: Perdan, RemZak, Marquis Gozzani, Korn, Holzer, Tambornino, Gregoriö Josef, Terdina, Ahöin Kaspar, Kästner Michael, Strecker, Perles Johann; den Gerichtshof bildeten: LGP. Dr. Lu8in als Vorsitzender, die LGRR . Perko und Kosjek als Beisitzer. Die Ver­ teidigung des Angeklagten hatte der Landtagsabgeordnete Dr. Rasla g übernommen. Nachdem der Saal dem Publikum geöffnet worden war, wur­ den die Geschworenen der Reihe nach beeidet, worauf der Schrift­ führer die Anklage vorlas. Ihr wesentlicher Inhalt ist folgender: „In der Nummer 42 der hier erscheinenden Zeitschrift „Tri­ glav" vom 25. Mai l. I . kommt in der Rubrik „Tagesneuigkeiten" ein mit der Glosse „Wieder eine Turnerfahrt" versehener Artikel 'vor, welcher die am 23. Mai l. I. in Ianöberg und Iosefs­tha l vorgefallenen Angriffe auf die Laibacher Turner und einige später in der Stadt Laibach vorgekommenen Exzesse bespricht. Er erwähnt des Einschreitens des Militärs in Iosefsthal, des Umstan­des, daß einigen Landleuten, welche sich in der Stadt mit Medaillen auf der Brust sehen ließen, vom Militär die Medaillen herunter­gerissen wurden, und daß ein Paar sichtlich weinselige Burschen, welche mit einer improvisirten Fahne vor dem Kasino, wo die Offi­ziere ihre Erfolge von der vorhergehenden Schlacht feierten, mit dem Rufe: „Ns uäaMO 86!" vorüberzogen, von zwei Offizieren mit blanken Säbeln verfolgt, vor der öitalnica niedergehauen und arre­tirt wurden. Auch wird im weiteren Verlaufe des Artikels bemerkt, daß der harmlose Sohn eines Schuhmachers, der zufällig vorbeikam und seine Mißbilligung über die Verfolgung eines gänzlic h Wehr ­lose n durch Offiziere mit gezogenen Säbeln auf öffentlicher Straße ausdrückte, vom Herrn Major eigenhändig gefaßt und in das Ka­sino geschleppt wurde, und mit der Mittheilung geschlossen: „Ueber­ haupt entwickelten die Offiziere der hiesigen Garnison bei der ganzen Affaire eine Vravour, die man bei dem Andenken an Köuiggrätz nicht erwarten sollte." Dieser Passus begründet nach Ansicht der Staatsanwaltschaft das Vergehen gegen die Sicherheit der Ehre nach H. 491 St. G. begangen dadurch, daß der Armee, welche bei Königgrätz kämpfte, Mangel an Tapferkeit (Vravour) angeworfen wird. Der Zusammen­hang mit dieser Schmähung wird in dem ganzen vorhererzählten Vachuerhalte gefunden, da besonders hervorgehoben wird, daß Offi­ziere gegen Wehrlose mit der blanken Waffe dreinhauten, daß Mi ­litär in Iosefsthal einschritt und daß Landleuten vom Militär Me­daillen heruntergerissen wurden. Diese an der k. k. Armee beziehungs­ weise der damals bestandenen Nordarmee begangene Ehrenbeleidigung ist nach Art. V. des Gesetzes vom 17. Dezember 1862, RGB. Nr. 8 für 1863 mit Zustimmung des Kriegsministeriums von Amtswegen zu erfolgen und es tonnen die nach Angabe des Redak­ teurs Jakob AlöZovc über Veranlassung des k. k. Majors Maier in der Zeitschrift „Triglav" aufgenommene Berichtigung vom 28. Mai l. I . und die angeblich von dem benannten Offizier gegebene Erklärung, von einer Klage absehen zu wollen, das Strafverfahren mit Hinblick auf die von Amtswegen einzuleitende Amtshandlung nicht hemmen. Da der Verfasser des beanstandeten Artikels nicht ermittelt weiden konnte, Herr Jakob Alssovc diesbezüglich die Verantwortung auf sich zu nehmen erklärte, wird gegen ihn die Anklage wegen des früher bezeichneten Vergehens erhoben." I n dem darauf folgenden Verhöre bemerkt der Angeklagte, daß er wegen Ueberbürdung mit anderen Arbeiten für das Blatt und durch die vorgerückte Zeit gedrängt den inkriminirten Artikel, weil er von einer sehr verläßlichen Hand herrührte, weder vor der Ueber­gabe in die Druckerei, noch im Bürstenabzüge gelesen, was er sonst immer zu thun pflegt, daß er aber den Verfasser aus redaktionellen Rücksichten nicht nennen, wohl aber die Verantwortung übernehmen will. Es komme übrigens mitunter vor, daß er die Korrektur der „Tagesneuigkeiten" im Vertrauen auf seinen verläßlichen Setzer nicht liest, dießmol aber habe er bei einem Falle auf der Treppe Scha­den genommen und sei dann das Zimmer zu hüteu gezwungen ge­wesen. Manuskripte pflegt er vor dem Erscheinen des Blattes zu vernichten, weßhalb ihm der Präsident den Rath gibt, es künftighin zu unterlassen, um sich durch Angabe des Verfassers der Verant­wortung entziehen zu können. Der Vorsitzende war eben noch nicht Redakteur. Auf die Frage des Vorsitzenden, wann er Kenntnis; von dem Inhalte der beanständeten Notiz erhalten, erwidert der Angeklagte, daß er erst durch einen ihm zugekommenen Warnungöbrief von Freundeshand, des Inhaltes, daß der k. t. Major Maier den Re­dakteur des „Triglav" suche, darauf aufmerksam gemacht sich ein Exemplar von der Administration des unterdessen schon verschickten Blattes holen ließ, ohne indeß nach Einsicht in dasselbe etwas an­stößiges darin zu finden. Uebrigens sei auf Verlangen des obbenann­ten Majors schon im nächsten Blatte eine nach den Wünschen des Petenten stylisirte Berichtigung eingerückt worden, und er habe die Affaire somit für beendet gehalten, weil der Herr Major die Ver­sicherung gegeben, in diesem Falle von einer Klage abgehen zu wollen. Es gelangen einige auf die Herausgabe des Blattes bezügliche Schriftstücke zur Vorlesung, darunter ein Reskript des Neichskriegs­ministeriums, welches dem Landesgerichte den Auftrag zur gerichtli­chen Verfolgung des „Triglav" erlheilt und das Resultat derselben erbeten wird. Das Veweisverfahren ist geschlossen und der Staatsanwalt er­hält das Wort. Das Resultat eines längern Erposö's, worin er die Leiden der nach feiner Ansicht durch den inkriminirten Passus in ihrer Ehre gekränkten Nordarmee im Feldzuge des Jahres 1866 'Mit ergreifendem, auf Erfolg berechneten poetischen Schwünge, ver­mischt mit edler Entrüstung über so elende Schmähartikel als der in Rede stehende schildert, Points wie: „aufgehetzte Bauernrotten", „Novarra", „Wagram", „Ianöberg", „Aspern", „Iosefsthal" u. s.w. in's Feld führt und dadurch sowohl historische als auch sprachliche Kenntnisse verräth, indem er „Mangel an Bravour" für gleichbe­deutend mit „Feigheit" desinirt, — ist, daß er keine Veranlassung hat, von der Klage abzustehen, der objektive Thatbestand ist erwiesen, eine Schmähung und Verspottung der Armee durch den angezogenen Passus begründet, vollbracht, die bisher tadellos und unbemakelt dllgestandene österreichische Nordarmee dem öffentlichen Spotte ausge­setzt. Ebenso zweifellos ist der subjektive Thatbestand. Dem Ver­fasser des Artikel, dessen Verantwortung der 'Angeklagte schon in der Voruntersuchung auf sich genommen, muß der auimu» insui-ianäi zugemuthct weiden; dieß gilt auch von dem Angeklagten, der den Artikel mit Wissen in den Druck gegeben und weil er den Verfasser nicht angeben will. Die Behauptung des Redakteurs, daß er von dem Inhalte der Notiz vor der Drucklegung keine Kenntniß gehabt, scheint ihm nicht glaublich, weil das Journal zu klein, also der In ­halt desselben leicht zu übersehen ist; auch bestärkt ihn in seiner Anschauung die damals sehr erregte Stimmung der Bevölkerung, in der doch ein Redakteur die ihm zugeschickten Artikel mit mehr Sorg­falt prüft als sonst. Doch will er diese seine Ansicht den Herren Geschworenen nicht aufdringen und schließt mit einer Apostrofe an dieselben in der besten Ueberzeugung, sie für feine Ansicht gewonnen zu habeu, daß der Angeklagte nicht wegen Vernachlässigung der pflichtgemäßen Obsorge, sondern geradezu wegen Vergehen gegen die Sicherheit der Ehre schuldi g zu sprechen sei. Der Verteidiger Dr. Ra^lag bekämpft in sehr scharfsinniger Weise die Ausführungen der Staatsanwaltschaft und erklärt die vielleicht etwas scharfe Form des Passus nach phychologischen Gründen. Nach den bedauerlichen Auftritten am Ianöberge und Iosefsthal herrschte bei allen Parteien eine ungewöhnliche Aufregung und die scharfe Fassung der zitirten Stelle findet darin einen leicht erklärlichen Entstehungsgrund. — Durch eine Statistik der Verluste Feuilleton. „Nicht^chuldig!" „Das ist meine Minna nicht!" mochte wehmülhig der öffent­liche Ankläger ausgerufen haben, als die Jury trotz der eindring­lichsten Ermahnungen, Appellationen und Komplimente mit geradezu ärgerlicher Konsequenz ein Votum abgab, welches weder mit den vielfach angerufenen Paragrafen sich verträgt, noch auch mit seinen geheimen Wünschen harmoniren dürfte. Während nämlich früher in Böhmen wie bei uns die schönste Eintracht zwischen Staatsanwalt und Gerichtshof in Fragen, welche sich auf den Juwel der Freihei­ten, die Preßfreihei t bezogen, herrschte, mußte jetzt der erstere plötzlich die unangenehme Entdeckung machen, daß er sich fast durch­gehends mit den Geschworenen im Zwiespalt befindet, daß ihm die letzteren nicht auf das „Fassen", sondern mehr auf das „Loslassen" drcssirt vorkommen. Der Anwalt des Staates ist ein ganzer Mann, dieß bewies er unumstößlich; die eiserne Ruhe und Fassung, aus der ihn nichts zu bringen vermochte, verrieth die Sicherheit seiner Stellung, die ge­wohnte Eiegesgewißheit. Allein er hat auch Gefühl, man könnte sagen, dramatisches Talent. Wie süß, wie einschmeichelnd stoß seine Rebe in der Begrüßungsformel an die Geschworenen, wie einladend war das hold lächelnde Antlitz! Allmälig jedoch wich dieses Gefühl innerster Freude, sobald er auf das Feld der Anklage überging. D a wog alsbald jedes Wort zentnerschwer, mit jedem schien der arme Teufel von Redakteur mehr belastet; als nun vollends seine Ent­rüstung über das begangene Verbrechen den Gipfelpunkt erreichte, als seine Stimme nach und nach fast zu einem Getöse anschwoll, da meinten Sie, meine Herren Geschworenen, wohl den grollenden Jupiter zu vernehmen, wenn Sie nicht etwa der goldene Kragen an die traurige Wirklichkeit erinnerte. Solch ein eminent oratorisches Talen! pflegte auf den Gerichtshof nicht ohne Eindruck zu bleiben und wenn der öffentliche Ankläger nun sein schwerstes Geschütz spielen ließ, so hatte er immer guten Grund dazu, denn derselbe verschwen­det seine Worte nicht. Stellenweise hat seine Rede einen wahrhaft poetischen Schwung, ja es scheint fast, als ob er die Leiden der der Nordarmee bei Königgrätz beweist er, daß an der Tapferkeit derselben niemand zweifeln könne und es keinem einfallen wird, die­selbe zu schmähen, am allerwenigsten uns Slovenen, die wir die besten Patrioten und Oesterreicher sind. Der Passus kann daher auf die k. t. österr. Nordarmee keinen Bezug haben und dieß um so weniger, als sie zur Zeit der Entstehung desselben längst nicht mehr bestand. I n dem „Mangel an Bravour" liegt keine Beleidigung, nicht einmal ein Vorwurf, denn nach dem Militarrcglement bedeutet „Bravour" nicht „Tapferkeit", sondern eine vorzügliche Thal, die niemand zu thun verpflichtet ist, daher jeder unterlassen kann. Die Verantwortung des Angeklagten ist vollkommen glaublich; ist das Blatt auch klein, so hat es aber auch nur einen einzigen Redakteur. Uebrigens hat die löbl. Staatsanwaltschaft den subjektiven Beweis in keiner Weise erbracht. Daher erwartet er für seinen Klienten mit voller Beruhigung von den Geschworenen ein „Nicht schuldig." Der Staatsanwalt will in seiner Replik den Unterschied zwi­schen „Bravour" und „Tapferkeit" nicht zugeben, der Verfasser des Artikels habe das Militärreglement ohne Zweifel nicht vor Augen gehabt, auch habe der Redakleur den Artikel nicht ungelesen von sich gegeben. Dr. Raiila g beharrt dabei, daß „Bravour" so ziemlich gleich­bedeutend ist mit „Waghalsigkeit". Er kenne einen Fall, wo junge Kavaliere über die Köpfe sitzender Leute hinweg sprengten, was die Zuschaner „Bravour" nannten. Hierauf wird die Verhandlung abgebrochen und um 4 Uhr mit einem langwierigen, ermüdenden Nesumö derselben und einer alles erschöpfenden fünfoiertelstllndigen Ansprache seitens des Präsidenten an die Geschworenen wieder aufgenommen. Die Fragen, welche der Gerichtshof dießmal der Jury vorzulegen fand, lauten: 1. Ist der Angeklagte Jakob AleZovc als verantwortlicher Re­dakteur der in Laibach erscheinenden deutschen Zeitschrift „Triglav" schuldig, durch den im Blatte Nr. 42 vom 25. Mai 1869 ent­haltenen Artikel: „Wieder eine Turnerfahrt" — welcher Artikel die am 23. Mai 1869 am Ianöberg und Iosefsthal er­folgten Augriffe auf die Laibacher Turner und einige später in Lai- Nordarmee im höchsten Stadium dichterischer Begeisterung in Tro­chäen besänge. Es ist wahrlich nicht seine Schuld, wenn sein Flehen die hartgesessenen Geschwornen nicht zu Thränen rührte. Der öffentliche Ankläger ist ebenso fest in seinen Paragrafen als in der deutschen Sprache, er erwischt stets den rechten zu seiner Unterstützung. Daß er das Schwurgericht in Oesterreich nicht ein­geführt, darüber wird er sich wohl schwerlich Vorwürfe gemacht haben, wir zweifeln sogar nicht einmal daran, daß er diese Erfin­dung vortrefflich findet — für den Angeklagten, dessen Vergehen er in das hellste Licht zu stellen beflissen ist. Doch ist er weit entfernt, starrsinnig bei seinen Forderungen zu beharren, er läßt sich milden Geschworenen in einen Handel ein und macht Konzessionen. „Wenn nicht Vergehen, so doch wenigstens Ucbertretung," flötet er mit um­florter Stimme, welche den Nichtern so sehr zu Herzen zu dringen pflegt. Uebertretung ist aber auch das letzte, billiger kann cr's in kei­nem Falle geben, denn der Angeklagte ist „schwere Waare", der Verurtheilung wegen Verbrechens schon werth. Der Ankläger ist so fest überzeugt, daß dem durch die Last der Paragrafe gedrückten De­linquenten selbst eine Verurtheilung eine wesentliche Erleichterung, das Klosterleben in eiusamer Zelle bei vorgeschriebener Diät für ihn von den wohlthätigsten Folgen und ein Kautionsverlust von einigen Hundert Gulden ein erleichternder Aderlaß wäre, daß er im In ­teresse der Humanität zu handeln glaubt, wenn er seinen Kandidaten den Herren Geschworenen nachdrücklichst empfiehlt. Meine Herren Geschworenen, wie mag es Ihnen zu Muthe gewesen sein, als es Schmeicheleien und Komplimente auf Sic förm­lich regnete und Beweise donnerte, als vor Ihren Augen und Ohren Paragrafe blitzten, wie Raketen bei einem Feste? So mancher von Ihnen wird sich lebhaft zurückversetzt glauben in die längst vergesse­nen Schulbänke, wo Ihnen der Lehrer salbungsvolle Erhörten hielt, wo Sie aus dem Munde desselben die Erläuterung erhielten, daß die Zahl 44 durch zwei „Vierer" dem Auge versinnlicht wird, wo man durch leichtfaßliche Beispiele und Gleichnisse Ihrem damals noch nicht entwickelten Scharfsinne zu Hilfe kam, wo Sie Sermone an­hören mußten ohne Rücksicht darauf, ob Sic mit der dazu unbedingt notwendigen Geduld und dem Vorrath au Zeit ausgerüstet waren. „Zwei Drittheile der Stimmen sind erforderlich zur Schuldigspre­bach vorgekommenen Exzesse, dann das Einschreiten des k. k. Mili ­tärs bespricht — mit der darin vorkommenden Stelle: „Ueberhausit entwickelten die Offiziere der hiesigen Garnison bei der ganzen Affaire eine Brauour, wie man sie bei dem Andenken an König­grätz nicht erwarten sollte" — der l. t. Armee, insbesondere der bei Königgrätz in der Schlacht gewesenen k. l. Nordarmee Mangel an Tapferkeit (Bravour) vorgeworfen, somit diese Armee einer ver­ächtlichen Eigenschaft geziehen zu haben? 2. Ist der Angeklagte ichuldig, auf die in der ersten, vorher­gehenden Frage bezeichnete Weise die l. l. Armee, insbesondere die bei Königgrätz in der Schlacht gewesene k. t. Nordarmee dem öffent­lichen Spotte ausgefetzt zu haben? I m Falle der Verneinun g der beiden ersten Fragen: 3. Ist der in der obigen ersten Frage angeführte Aufsatz nach seinem Inhalte geeignet, die k. k. Armee, insbesondere die bei König­grätz im Kampfe gewesene k. k. Nordarmee verächtlicher Eigenschaften zu zeihen oder dem öffentlichen Spotte preiszugeben? I m Falle der Bejahung dieser Frage: 4. Ist der Angeklagte schuldig, bei der Aufnahme des Artikels „Wieder eine Turnerfahrt" in Nr. 42 der von ihm redigirten Zeitschrift „Triglav" vom 25. Mai d. I . jene Aufmerksamkeit eines verantwortlichen Redakteurs vernachlässiget zu haben, bei deren pflicht­mäßiger Anwendung die Aufnahme der Worte obigen Artikels: „Ueberhaupt haben die Offiziere :c." unterblieben wäre? Der Vertheidiger wünscht zu dem Worte „Bravour" in der ersten Frage die erklärende Beifügung: „mit Rücksicht auf das be­stehende Dienstreglement" und zu der dritten die Worte: „nur einzig auf diesen Passus"; doch der Gerichtshof bleibt dem Antrage des Staatsanwaltes gemäß bei der unveränderten Fragestellung, worauf sich die Geschworenen zur Verathung zurückziehen. Nach einer Stunde verkündet der Obmann Herr Michae l Kästner folgendes Urtheil: „Antwort auf die erste und zweite Frage: NtM , nicht schuldig, mit 10 gegen 2 Stimmen; Antwort auf die dritte Frage: Nein, nicht schuldig, mit 5 gegen ? Stimmen. Die vierte Frage entfällt." Der Gerichtshof erkennt demgemäß den Angeklagten des ihm chung, also: 12 Stimmen, 11 gegen 1, 10 gegen 2, 9 gegen 3 und allenfalls noch 8 gegen 4 Stimmen. Dieses Verhältnis; ist aber auch schon das allerletzte, gleichsam der Gefrierpunkt, dann beginnt die Schneeregion des „Nichtschuldig." Brrrr ! Es schüttelt einen or­dentlich, wenn man davon spricht. Wenn Sie jedoch trotz eingehender Prüfung den Inhalt unanstössig finden sollten, — nun (folgt ein bedeutungsvolles Achselzucken.) Und Sie fanden den Artikel unanstössig, sie stiegen auf der Skala unter 8 gegen 4 sehr weit hinunter, vielleicht zur Ueberra­schung des öffentlichen Anklägers, der seine Hände in Unschuld wäscht, denn er ist sich bewußt, daß er seine Pflicht getreulich er­füllt. Ja mit den Geschworenen ist nicht gut Kirschen essen, sie sind keine Pedanten oder gar Paragrafenreiter mit goldenen Krügen, sie sind nicht gewohnt in jedem Beschuldigten einen Schuldigen zu er­blicken und vor allem nicht von der Ansicht durchdrungen, daß der Journalist nach gewissen Zeiträumen nothwendig Ferien haben müsse und daß Landesgericht und Inquisitionshaus die geeignetsten Eta­blissements zur Erholung dieser Art sind, sie sind noch nicht in der Topografie so bewandert, daß sie den Gerichtssaal nur für ein Vor­zimmer der eigentlichen Zelle halten und daraus durchaus keinen Weg in's Freie erblicken würden, sie können sich der Ueberzeugung nicht unbedingt hingeben, daß der oppositionelle Redakteur — denn nur oppositionelle Redakteure sind krankhaften Affektionen ausgesetzt — gelegentlich der Kollision mit verschiedenen Paragrafeu so arg beschädigt erscheint, daß seine Isolirung von der Außenwelt im bei­derseitigen Interesse dringend geboten ist und er nur am /5abjek ge­eignete Hilfe finden und gründlich genesen kann, ja sie finden im Gegentheile, daß er sich des besten Wohlseins erfreue, und stellen ihm ein Zeugniß blühender Gesundheit aus, die nähere Diagnose mit Hilfe des Gewissens vermag nichts gefährliches zu entdecken. Wenn nun schon Ihnen, meine Herren Geschworenen, nicht recht wohl zu Muthe sein mochte, welche Empfindungen mußten erst den armen journalistischen Sünder bewegt haben, als er aus staats­anwaltlichem Munde sein Lob so eigenthümlich singen hörte! Ja, die schließliche Versetzung in den Ruhestand am ^abjek ist eigentlich eine Erholung nach den Strapazen des Gerichtssaales. Ein Hotel im zur Last gelegten Vergehens nicht schuldig und spricht ihn auch von der Zahlung der Gerichtskosten los. Das Publikum, welches sich zahlreich zur Verhandlung einge­funden hatte, verläßt über dieses Resultat sehr befriedigt den Saal und herzliche Dodru-Rufe tönen den Geschworenen entgegen, der beste Beweis, mit wem die öffentliche Meinung geht und welchen Standpunkt sie in dieser Angelegenheit eingenommen. Korrespondenz. Mllrkt-Tiiffer. Ende September. Je hartnackiger der Kampf, je mühevoller die Anstrengungen, je unübersteiglicher die Hindernisse, desto glorreicher der Sieg, desto größer die Opferwilligkeit, desto freudenvoller der Gedanke, nach langem Ringen das ersehnte Ziel erreicht zu haben. Nur wer die Verhältnisse des Marktes Tüffc r genau kennt, wer weiß, wie schroff sich hier zwei Parteien gegen­über stehen, die eine, getragen von der unüberwindlichen Macht der Ueberzeugung für ihre gute Sache und die unverjährbaren Rechte der Nation, die andere llberzeugungsloö, starr festhaltend an dem Hergebrachten und voll Ingrimm über ihre eigene Ohnmächtigkeit, das allenthalben aufkeimende Nationalgefllhl nieder;nhalien, — der wird begreifen den allgemeinen Jubel, welcher am 19. d. M . in unserm Markte herrschte, als der unverfälschte Ansdrnck des bese­ligenden Gedankens, nunmehr die Früchte des rastlosen Strebens und unermüdlichen Fleißes zu genießen, der wird ermessen die In ­nigkeit der Freude, welche jede wahrhaft national gesinnte Brust durchströmen^ mußte, als Herr 2nidarii ö mit tiefen und warmeu Worten die ^italnica als den jüngsten Sprößling des aufstreben­den thlltkräftigen Nationalbewußtseins begrüßte. Ja, und in der That, wäre die Feier des Tages nicht schon ein hin­reichender Beweis dafür, die rege Theilnahme der Landbevölkerung, das richtige Verständniß, welches dieselbe bei allen Reden an den Tag legte und durch unzählige Beifallsbezeugungen kund that, mußte uns als ein erfreuliches Zeichen gelten, daß auch die Bewohner un­serer Gegend einzusehen beginnen die große Aufgabe, welche zu lösen der nächsten Zukunft obliegt. Das für den Abend festgesetzte Programm, wobei Rede und eigentlichsten Sinne des Wortes ist der ^abjck gerade nicht zu nennen, denn die Bedienung ist zwar sehr aufmerksam gegen den Gast, ohne dafür Trinkgelder zu beanspruchen, aber sie trägt nicht Servietten unter dem Arm, sondern einen Schlüsselbund in der Hand, man speist Wohl nach der Karte und auch tabls ä' iiüts, aber nicht nach eigenem Geschmack, wenngleich es dem Gaste freisteht, eine Speise auszuschlagen und hungrig zu bleiben. Das Hütel erfreut sich noch immer keines guten Renomme's und dürfte auch in Ne­däckers Reisehandbuch nicht rühmend erwähnt sein. Das Nichtschuldig war schon recht, wenn die vorhergehende Gerichtsprozedur den süßen Kern nicht mit einer so bittcrn Schale zu umgeben verstände, gleichwie sich niemand gegen eine Versetzung iu's Himmelreich sträuben würbe, wenn dazu ein anderes Mittel als das Sterben möglich wäre und der Weg nicht so hart an der Hölle vorbeiführen würde. Sie saßen zwar hart, verehrte Herren Geschwo­renen, aber nicht auf Nadeln, Sie saßen fest, Sie schwebten nicht in der Luft, Sie wußten, woran Sie waren trotz des anwaltlichen Sy­renengesanges, aber der arme Schlucker von Redakteur wußte nicht, wohin er künftighin seine Briefe adressiren lassen sollte, ja er wußte nicht einmal, ob er Mensch bleiben, oder sich in eine Nummer ver wandeln sollte. Immer drohender, immer stärker wird der Andrang staatsanwaltlicher Gewässer, schon haben sie seinen Fuß erreicht, sie steigen höher, höher bis an die Kehle, da — kommt das Rettungs­schiff der Jury, der Kapitän entreißt den fast Verlorenen dem sichern — Ertrinken — — — Meine Herren Geschworenen, wir wünschen Ihnen aus Huma­nitätsrücksichten diese Situation nicht — trifft sie einen Schwachen, wirft sie ihn um —, aber wenn es anderswie möglich wäre, die Wirkung eines „Nichtschuldig" auf sich selbst zu erproben, dann würden wir Ihnen die Gelegenheit dazu mit Vergnügen geben. Welchen Widerhall mag Wohl das „Nichtschuldig" in den Ohren des Staatsanwalts und des Gerichtshofes gefunden haben, welch' ersterm dießmal der Antrag auf so und so viele Monate einfachen oder strengen Arrest, gewürzt mit so und so vielen Fasttagen in der Woche und der freilich nur selten nothwendige Rekurs gegen das zu geringe Strafausmaß erspart blieb! Gesang in schönster Harmonie abwechselten, übertraf, was den Ge­ sang anbelangt, an Präzision und Ausführung alle Erwartungen, und wir tonnen nicht umhin, noch einmal den dabei mitwirkenden Damen und Herren unseren herzlichen Dank für den genußreichen Abend öffentlich auszusprechen. Den Schlußstein des Abends bildete ein sehr animirtes Tanzkränzchen. Ein gewisser Ernst, wie es der Würde des Abeuds geziemte, eine ungcheuchelte Freude, die man in jedem Gesichte las, ein ein­ heitlicher Sinn , wie man ihn nur dort findet, wo Herzen für eine höhere gemeinsame Idee schlagen, war der charakteristische Ausdruck dieses Abends. Aber der bloße Neid der hiesigen Verfassungsfreunde wollte uns dieß angenehme Gefühl nicht gönnen, glaubte mit einem Akte roher Gewalt ein Wert zu vernichten, dessen Grundlagen im tiefen Innern des einzelnen liegen. — Nun hört! Schon während der Vesedll tummelte sich eine lärmende Horde besoffener Knechte, denen sich auch andere Taugenichtse anscksioßen, über Auftrag ihrer verfassungstreuen Dienstherren um die öitalnica herum, so daß man sich genöthiget sah, alle Fenster und Thüren zu schließen; drei davon ließen sich willig als Werkzeug brauchen für die erbärmlichen Dienste einer geheimen Polizei, unter deren Aufsicht die Verfassungsfreunde in ihrer grenzenlosen Fürsorge die ganze in der <3italnica versam­ melte Menge stellen wollten. Allein das taktvolle Benehmen der nationalen Partei, die alle diese bübischen Umtriebe vollends igno­ rirte, reizte die Wuth der Verfassungsfreunde, und seine wilde Horde, die ihnen alle ihre sisischen Kräfte zur Verfügung gestellt hatte, wurde nun, nachdem sie sich im Vräuhause auf Kosteu der Verfas­fungsfreunde bis zum Ueberstusse gestärkt hatte und auch mit Geld subventionirt worden war, mit Holzscheiten bewaffnet ausgeschickt, um die „slovenischen Hunde" niederzuschlagen. Mehrere Herren, die vom Vräuhause in die 6italnica rückkehrten, wurden gewaltsam über­fallen; doch auf ihre eigene Körpertraft vertrauend nahmen sie den höchst ungleichen Kampf auf und lichteten in den militärisch geord­neten Reihen ihrer Gegner eine solche Verheerung an, daß seder unter der Wucht ihres kräftigen Armes erliegen mußte, wer nicht rechtzeitig auf feine Flucht bedacht war. — Was sie gesucht, hatten sie gefunden! Dicfe Lehre hätte sie doch zur Besinnung bringen müssen, sollte man glauben, doch nein! Feiglinge haben kein Schamgefühl. Nur beschränkten sie sich setzt darauf, vereinzelte Personen anzugreifen. Bauern, die ruhig von der Vcseda nach Hause kehrten, wurden über­fallen und maltraitiri; einem wurde der Rock vom Leibe gerissen; ein Theolog, der nichts schlimmes ahnend sich auf einige Schritte von der Üitalnica entfernte, erhielt von verfassungsfreundlicher Hand zwei derbe Schläge über den Nucken. — Als unsere Gäste auf den Bahnhof gingen, um mit dem Frühzuge wieder heimzufahren, ver­scheuchten sie 4—6 jener feigen Memmen, die Straßenräubern gleich am Wege hinter Gebüschen lagerten und es darauf abgesehen hatten, an vereinzelten Personen die Tüchtigkeit ihrer Verfassungsfreundlich­keit zu probiren. Auf der Brücke selbst, die unfern Markt mit dem Bahnhofe verbindet, lag — tLneatiL i'iLum—ein großes leeres Faß! Der Zweck, die Bedeutung desselben ist uns noch jetzt ein Räthsel. Vielleicht war es ein selbst erfundenes Symbol verfassungs» freundlicher Gehirnlosigkeit! — Nun , wenn man diese sauberen Bubenstückchen liest, und wenn man täglich noch einiges neue dazu erfahren muß, fo könnte einen diese Verfassungsfreundlichkcit, diese schnöde Verletzung aller gesellschaftlichen Rechte beinahe aus der Ruhe bringen, wenn man nicht schon daran gewöhnt wäre: denn das System der Vergewaltigung, zuerst oben ausgeführt, wirb nun schon auch in unseren Thälern heimisch und der Name „Verfassungs­freund" schirmt jeden Augriff, ertheilt jeder Handlung ohne Unter­schied die Sanktion; allenthalben schon klingt uns entgegen Erlkönigs Lied: „Und folgst Du nicht willig, so brauche ich Gewalt." Doch nicht die Polizei werden wir anrufen gegen diese Gewalt, auch nicht die Obrigkeit quälen mit ellenlangen Memoranden, wie es in jüngster Zeit Euere Brüder gethcm, nein, nichts von alledem; wir werden den Kampf auch weiter ungescheut noch aufnehmen im vollen Be­wußtsein unseres Sieges, zu dem uns die unerschütterliche Kraft unserer Ueberzeugung und das hoffnungsvolle Vertrauen besserer Zeiten verhelfen wird. „Nomina, sunt, oäi«8Ä" sagt man, doch wer durch seine Handlungsweise zeigt, daß er nicht den geringsten Funken Ehre im Leibe habe, den darf es auch nicht kränken, wenn wir seinen Namen der Oeffentlichkeit übergeben, damit die Mitwelt über ihn zu Gericht sitze. Daher rufen wir Ihnen, Herr Tieber — denn Sie trifft die meiste Schuld —und Ihren lieben Gefährten zu: Die blutigen Drachenzähne, die Sie in unserm Thale gesäet, werden aufwachsen zu Riesen, die Ihnen und Ihren Genossen noch fürchterlich werden.*) *) Der Artikel ist zwar etwas verspätet, doch hielt uns der Umstand auf, daß wir über den Skandal verläßliche Erkundigungen einziehen müßten. Anmerk. des Verf. l'slsgl'ÄMM. ?r»Z, 30. 8entolu!»6i'. Lei ^»lllen blibeu «lio düliinisebon DeKIilrlwten ^ . 8iezl. In 88ell zi'088o Voik8li!oi,ze. Ki'088ei' »luliel. Verstorbene. Den 13. September. Dem Johann IakliL, Oebstler, sein Kind Filtpp, alt 2 Monate, in der Karlstädtervorstadt Nr. 15, an der Ruhr, Den 14. September. Dem Herrn Georg Stiaral, Pens. k. k. Kapell­meister, sein Sohn Johann, alt IN Jahre und 2 Monate, in der Kralau­vorftadt Nr. 17, an Tetanus. Den 15. September. Herr Anton Chribal, Tischler, alt 24 Jahre, in der Kapuzinervorstadt Nr. 8ö, an der Lungentuberkulose. Den IL. September. Dem Andreas Nelkaverh, Vahnwächter, seine Gattin Maria, alt 37 Jahre, in der Stadt Nr, 84, an Peritonitis. — Dem Herrn Peter PihaL, Maschinführer, sein Kind Johann, »lt 3 Jahre, in der Kapuzinervorstadt Nr. 73, an der allgemeinen Schwäche. — Dem Urb»n Suppanz, Pens. Feuerwächter, seine Gattin Iosefa, alt 48 Jahre, in der Po­lanavorstlldt Nr. 1UL, an der Herzbeittelwassersncht. — Dem hochwohlgebo­rcnen Herrn Anton Ritter ». Gariboldi, Gutsbesitzer zu Pcpcnsfeld und Orts-Oberrichter, sein Kind Anton, alt l Jahr und 14 Tage, in OberWk» Nr. 1, an Fraisen. FZ»v ^ii«»« n«/«»» «««^ einen «e/il­f«Hf»Lfen ^>ia««b^ /l«t «b