' 16. KamstaZ den 17. A^ril 1830. <<^enn ich oft mit ernster Stirne Mich aus eurem Kreise stehle, Brüder, um allein zu seyn: Glaubt nicht, daß ich Einem zürne, Oder daß mir etwas fehle; — Ich bin oft nur Fern allein» O dann ist so fern vom Grolle, Dann ist jedem sanften Triebe So befreundet meine Vrust, Daß mein Herz, das übervolle, Sich ergießen möcht' in Liebe, Und vergeh'n ln süßer Lust. Q dann mahlt sich Fried' und Sehnen, Wie ein blauer Himmelspiegel In der Seele stillem Meer; Unv Gefühle zieh'n, gleich Schwänen, Lüftend ihre weißen Flügel, Ernst und langsam d rüder her. Liebe, freundliche Gestalten Seh' ich wandeln allerwegen, Und ich weiß nichl, wie mir ist; Denn, mit zauberischem Walten, Treten Bilder mir entgegen, Längst gekannt und längst vermißt. Meiner Kindheit süße Träume, Meiner Jugend sel'ge Klage» Leben vor mir wieder auf; Früchte werden wieder Keime, Und Bescheide wieder Fragen, Und ein Rückweg wird mein Lauf. Alte Freuden fühl' ich wieder; Wieder glüh'n mir alte Farben, Altes Glück wird wieder neu; Jahre weh'u, wie Schleier, nieder, Auseinander fallen Garben, Und mein Sommer wird zum Mai! Aber — nun mit Einem Male Flieht das Vild vergang'ner Zeiten, Wie em Schatten, wieder hin. — Und im lichten Zauberstrahle Seh' ich Stund' auf Stund' entgleiten, Und die Zukunft lockt den Sinn: Und auch da erblick' ich Bilder, Längst vom Ahnen und vom Hoffm Vor die Seele mir gemahlt; Und die Bilder werden milder, Nosenauen seh' ich offen, Und der Preis des Lebens strahlt. Gattenliede, Vaterwonne, Selbsterkennung, Lebensklarheit Sch' ich sprossen und gedeih'n; lind der Dichtung bess're Sonne Sträubt sich nicht, der ernsten Wahrheit Ihren heit'ren Strahl zu leih'nl Schweig' ich d'rum in eurem Kreise, Deutet'S nicht für Groll und Schmerzen, Was cm5 meliiem Schweigen spricht: Es ist so nur meiue Weise, Mir ist dann recht wohl im Herzen, Und mir sagen kann- ich's nicht! Johann Gabriel Seidl. Dines kleinen Zufalls folgen. (Erzählung von Paul Kovücs.) (Fortsetzung.) Doch wer mag denn die Zaubergestalt gewesen seyn, die mir kurz bevor die Augen mit ihren, auch im Finstern durchscheinenden feinen Fingern zuhielt? Warum sprang sie so blitzschnell von mir weg? Warum stieß sie das Angstgeschrei in der Küche aus? und wie konn-« ich — ihr nacheilend — eben das Stubenmädchen erwischen? — Dieß waren die großen Fragen, welche ich in meiner Verwirrung schlechterdings nicht z'.l ent-räthseln vermochte, Theresens Gesichtszüge schienen mir eben nicht die häßlichsten. In ihrem blassen Gesichte funkelten zwei große schwarze Augen, stolz und befehlende von ihrem braunen Haar gestattete mir das neidische Tuch nur ein Paar Locken zu sehen; doch schienen sie mir an der Zierde des Ganzen nicht den unbedeutendsten Antheil zu haben. Ader ach! nehmt mir es nicht übel, ihr schönen Brünetten, ich weiß nicht, unter welchem Gestirn ich geboren bin, daß mich keine Brünette je bezaubern konnte,- und auch die Neize der braunen Thcrese entsprachen nicht meinen, ungleich mehr erwartet habenden Wünschen, welche nur nach dem unbegreiflichen Wesen suchten, das mich noch, vor dem Anblick der Schönen, du.ch das augenblickliche Zuhalten meiner Augen in die ungewohnte Verwirrung ge-bracht hatte. Ich fühlte es nur allzugut, daß Theresens Anblick nicht halb so viel Verwandlung in mir bewirkte, als hie augenblickliche Berührung von den allerliebsten Händchen jener Erscheinung. Diesel ver-wirrce mich so sehr, daß ich nur in größter Angst zum Nachtmahle ging, wo die ganze Sache ausgeklärt wurde, und wo der alt? Herr lachend den Hergang er^ zählte. Wahrend ich nämlich in meine traurige Melodien versunken, Klavier spielte, ka-n Marie L"), The< resens Freundinn, aus der Nachbarschaft. Als diese Klavier spielen, und zwar Theresens bekanntes Licb-lingsstück hört«, ltratjsie ohne weiters in mein Zim- mer, um sie zu überraschen. Sie stahl sich auf den Fußzehen in das finstere Zimmer, und drückte mir die Augen zu, aber in demselben Augenblick nahmen ihre feinen Hände den Mißgriff wahr — erschrocken riß sie dieselben sogleich weg, und suchte schnell zu entkom-men. In der finstern Küche sprang sie auf einen dort ausgestreckt liegenoen großen Hund, welcher mit fürchterlichem Geheule die arme Marie gewaltig erschreckte, so wie diese ihn> und beide liefen nun erschrocken in entgegen gesetzter Richtung aus der Küche. — Auf diesen Lärm tam aus Theresens Zimmer das Stubenmädchen und schrie: »Jesus Marias in demselben AugenbliH sprang aber auch ich aus meinem Zimmer, glaubte die von mir Entsprungene in Gefahr, und faßte daS Stubenmädchen für jene ils meine Arme, um sie in Theresens Zimmer zu bringen, welch' Letztere zu sehen ich dieß di« beste Gelegenheit wähnte; aber, getäuscht — mit Schande mußte ich Mtni Zimmer wieder zu erreichen suchen. «Und wo blieb denn Fräulen Marie?« fragte ich endlich verlegen den alten Herrn. — "Die Arme ist sehr erschrocken,« entgegnete er, »dort im andern Zimmer ist man so eben mit ihr beschäftigt.« — Also war es doch keine Zaubererscheinung, die lyir die Augen zuhielt, dachte ich mir nach dem Nachtmahle im Zimmer auf- und abgehend, sondern Marie! und flugs ward mein Tisch mit lauter Marien vollgekritzelt, statr der weggewischten Theresen. Die vorher meiner Einbildung vorgeschwebte Schönheit Thcresens sing nachgerade an, in meinem Kopse gewaltig verdunkelt zu werden. Vald gefiel mir ihr niederer Wuchs nicht, bald schien mir die Nase zu massiv, zu groß für i?as Gesicht; auch der Mund gehörte eben nicht unter die kleinsten, wie es mir vorkam; die Stirne konnte auch nicht die bestgedildetste seyn, wie ich es so halb und halb aus dem verbundenen Kopfe entnehmen konnte. — Dagegen die zwei kleinen weichen Händchen, deren gclin-den Druck ich auch jetzt, noch fühlte; die himmliscye Stimme, obschon sie nur ein Angstgeschrei war, klang in meinen Ohreu weit angenehmer. Dieß wenige stellte ich mir als das allerliebste Zubehör eines anbetungs' würdigeil Ganzen v^r, und so blieb alles, was ich kurz vorher für die eingebildete Schönheit Theresens fühltc, nun in den kleinen mir die Augen zudrückenden YX.ac Händchen stecken. Diese Gedankenfluth verscheuchte eine gute Zeit lang den Schlaf von meinen Augen, bis er mich end-' lich unter der, zum hundertsten Male erneuerten Vorstellung, wie die schönen Hände meiner angebeteten Marie mir die Augen zuhielten — überraschte. Ich war noch in meinen süßen Träumen begriffen, unmds, nicht einen einzigen Hasen dort zu sehen bekamen/und so kehrten wir daher um, und langten im Dorfe bei einbrechender Nacht an. Einer frischen Wagenspur ansichtig, fragte ich ängstlich um Fräulein Therese^ eigentlich aber wollte ich nur erfahren, ob Marie noch hier sei. «Ihr fehlte nur Marie,« antwortete die Frau von Ilanza/, »sie nachte sich heute bei Zeiten aus den Federn, und nach Mtttag fuhren sie nach !lanZ)ä5 zur Kirchweihc.« — "^st denn heute Kirchweihe in Hanxv^?« fragte ich, um meine Verwirrung zu verbergen. — «Erst mor-2^n," erwiederte sie mir, «aber die Mädchen wollten früher dort cintre-ssen, um auch zugleich ihre Gespielinn, die Tochter des Hcrrschafts-Inspcttors, zu besuchen.« — „Ei der Tausend!« fuhr ich fort, um ,mc-N5 wähn Absicht nicht merken zu lasscn, .auch ch hätte hinüber sollen; meine Mutter spricht scho^ o lange von dieser Kirchweihe, und nannte Allerhand vas ich dort einzukaufen hätte. Ohnehin bin ich hier schon lange ungelegen und laufe Gefahr, daß«------- »Uns machen Sie gar keine Ungelegenheit, lieber Hcrr Bruder,« erwiederte der alte Herr freundlich, «unterdessen, wenn Sie dort etwas zuthun haben, so lasse ich Ihnen lieber morgen ein Paar Pferde anspannen; aber, hören Sie! von der Kirchweihe erwarten wir Sie abermals zurück.« — Ich dankte für den gefälligen Antrag und konnte kaum den Morgen erwarten, um meiner Marie nachzueilen. Mit Tagesanbruch trat ich di? Falirt an, nu>: um ja recht zeitlich dort einzutreffen. Es war ein kühler Herbstmorgen und ein dicker Nebel lagerte sich uns in den Weg. Ich führte im Gedanken meine Angebetete schon auf dem Markte unter den Schustern herum, und bclud mich voll Freude mit dem Allerlei, was sie bereits eingekauft hatte. Mein Kutscher war. schläfrig und nickte. — Nach und nach sing der Nebel an sich zu zerstreuen, mein Kutscher ward munter, und sah sich mit Kopfschütteln um. «Herr! wir fahren nicht recht'« sprach er endlich. »Wie so?« fragte ich erschrocken. »In dem dicken Nebel konnte ich nich: wahrnehmen,« antwortete Jener, »daß meine Pferde den gebahnten Weg verließen. Dieser ist freilich kürzer, aber um solche Herbstzeit pflegt dort weiter in der Vertiefung Wasser zu seyn, und es ist schwer durchzukommen/'— «Nun so fahren wir nur immerhin fort," suchte ich ihn zu ermuthigen in der Freude übcr dm kürzeren Weg — und wir fuhren weiter. (Die Fortsetzung folgt,) Uiterarische Moli;. Die franzosische Regierung wird die nachgelassenen Papiere des unglücklichen Professor Schul; herausgeben lassen; sie bestehen vorzüglich in ^2 Inschriften in verschiedenen Keil-Alphabeten, welche die Masse dcr sonst bekannten Keil-Inschriften mindestens verdoppeln und eines der wichtigsten historischen Monumente bilden werden, sobald die Erklärung der Charactere, wi« man in nicht langer Zeit zu hoffen berechtigt ist, vollends im Reinen seyn wird. Ferner hatte er in Konstantinopel Cataloge der historischen Werke, die in 22 öffentlichen Bibliotheken enthalten sind, gesammelt, welche unsere Kenntnisse orientalischer Literatur bedeutend vermehren, und die Existenz einer Menge von verloren geglaubten, oder vorher ganzlich unbekannten historischen Quellen beweisen. Möchten sie eine Regierung bewegen, für orientalische Literatur zu thun, was Mathias Corvinus und Andere für die classische gcthan haben! Endlich sind anch einige Briefe aus Konstantinopel und Kleinasien von ihm da, welche die interessantesten Nachrichten über .verschiedene Puncte geben, namentlich über die Neste dcr Burg der Semi-ramis in Wan und über andere Spuren, welche sie in Armenien gelassen hat. Sie werden zugleich besser als alle Werke seiner Freunde zeigen, wie viel die Wissenschaft an ihm verloren hat, wie groß seine Energie, seine Ausdauer, Wißbegierde, und der unerschütterliche Muth war, mit dem er- jeder Gefahr trotzte, bis er endlich als das Opfer des stupiden Verdachtes eines Barbaren siel. ------—«>.----------- Nie Oeibowolle. Die I.^a d