Freytag den 2/;. November 1826. Verse aus Lutüld's Papleren. 11. W a n t e l m u t h. <<-hor, waK hoffest Du? —. Liebe noch so yelß, Opf're deine Nuh', Gib sse hin zum Pr«iS, Selbst das Leden Kannst d.> acdeli; Nimmer hemm'si du — nicht mit Nlut — Manches Mädchens Wankelmut!)! Heute schwöret si» Li«b« u„d Vertrau'n, N'< ju wanken, nie! Otets auf dich zu bau'n; Wen'ge Stunden Sind entschwunden, U»d ein Lüftchen, kaum erwacht, Wandelt Tag in schwarz» Nacht. »Dieß ist Ereenlo»:« — Tönt «S ülierall: ,>Wic «rstaunlich groß »Ist der Armen Zahl ,Mcht hienieden, »Die dUzza, daß ev uns besuchen wolle. Freust du dich nicht, ihn bey uns zu sehen? Graf. Brezzi, den Vetter mein« Stiefmutter ? Graf. Ja. —Du wi^ernst? Ein Geufzel sogar 5 Graf. Er galt dem Tode meines Vater« und meinem gedrückten Leben unter der Vormundschaft meiner Stiefmutter und eben dieses Brezzi. Graf. Das waren kurze Monden, dann warbst du ja meine Gattinn. G r n f. Unter welchen Leiden und Kämpfen gegen Beyder Mißmuth an unserer Verbindung. Graf. 2rs,ll dich glücklich sehen, und es bereuen, unsern Brautstand so feindselig verbittert zu haben. Gr«f. Ober menschlicher, sittlicher geword»n ist ? Graf. Er wird sinden, daß deine Würde und Frömmigkeit, die er einst hämisch verspottet, zur lie» devollen Herrschaft über uns alle geworden ist. Er wirb sich, wie wir Alle, unter diese sanfte Herrschaft beu. gen. Eine edle fromme Frau ist^dem rauh'sten Men« schen ehrwürdig. Graf. Was «r doch bey uns wollen mag? Graf. Sich des Prozesses wegen, den er gegen mich verloren, mit mir versöhnen, und dai Legat deines Vateri mit 4000 Scudi in Empfang nehmen. Graf. Wir leben jetzt so still und glücklich auf unserer Villa. Der Segen des Himmels schwebt wie sichtbar auf uns herab, und verbreitet sich von da über Alles, waS uns umgibt. Nun dieser Mensch in unserer Mitte, dem Gottes Ordnung, Welt und Leben in der heiligsten Beziehung zum Spotte dient, dessen furcht« bares Talent der Intrigue einen fortwährenden stillen Krieg gegen alles Tugendglück der Menschheit führt, »as haben wir nicht für den Frieden unserer Liebe, für di« Ruh« unsers Hausei j« fürchten ? Laß uns nach Verona zurückkehren, und ihn dort empfangen, wo er vom Geräusch« der freyern Welt, und vom Umgang« seines Gelichters w,ggezognl> unserm eigensten Le5en nicht näher kommt, und es nicht vergiften, incht zer-stören kann. Graf. Wal träumst du des Düstern am hellen Tag? unsere Glückes? Du willst Casalino verlassen, imd nicht einmahl die Vollendung der Capbwsr' t,n, deines WerkeS, das unser Freund und A'chicckt Ma sfelli mit so vieler Lieb« begonnen und fortge-führt hat ? G r a f. O mein Heinrich ! Graf. Ich, Marselli, sein» holde Frau und der alte heitere Domherr Mignoni, wir wollen einen Wall um dich bilden, den Brezzi'S Spott und Muthwilie nicht durchdringen kann. Brezzi kam. Eine eckichte vordringende Gestalt. Das Antlitz eine bewegliche Maske, der ^ lick lauern« de Tücke, die ganz« Haltung verknöcherte Ironie. Die Gräsinn unterdrückt« ihren heimlichen Fieberschauer, und grüßte ihn mit anständiger FreundUchkeit. Ha eben Besuche da waren, so gemeinen die ge* sellschaftlichen Kl« fe und Unterhaltung?'! i^rch Blezzi ein neues Leben. Man bemerkte et in der bunten Neihe seiner Erzählungen und Beobachtungen nicht, daß sich hinler das Lacherliche nur seine Menschenperachtung, lmd hinter den, Witze nur sei» Hasi s,egen das Ehrwür« würdige der Menschheit verbarg. Die Gräfinn allein bemerkte es mil Widergefühl, und wo ihr.Ernst durch die erlilstigte Stimmung der Gesellschaft nicht durch' greifen tonnte, entfernte sie sich, was der Graf in dem Augenblicke nicht auffallend fand, und Biezzi zl» ^ ignoriren schien. Als eS die Schicklichkeit erlaubte, lud der Graf den Cavalier Brezzi zur Beendigung des Geschäft tes und zum Empfang des Legates ein. Brezzi >vuß. te «S jedesmahl unter freundlichen Vorwänden auf' zuschieben. Der Senat in Venedig hatte den Grafen öfters in diplomatischen Angelegenhen«n zu Rathe gezogen/ und ihm die wichtigsten Papiere über die Verhältnisse mit d«n befreundeten Staaten zur Bearbeitung zug«' sendet. Der Graf wurde in einer ahnlichen Angele-genheit plötzlich nach Venedig geladen. Die Art seiner Geschäfte erlaubt« ihm nicht, seine Gattinn mitzun»h< wen, die er auch aus der Frische des Landlebens nicht- 5 in die schwülen Dünste der Lagunen führen wollte. i Die Gräsinn unterdrückte den Schmerz der Trennung und ihr« bangen Ahnungen vor dem Grafen, «nd zog „ach seiner Abreise ihre Freundinn Marie , die Gattinn des Architekt,,,, naher an sich, und theilte jede , Stunde des Tages und selbst ihr Schlafgemach mit ihr. Freundlicher a!S je vrängte sich Brezzi an di« Grosiin,, gab Witzspiele, ländliche Feste, und mochte sich Geschäfte aller Art, die sich in die Hausordnung, ja sogar in ihre Familien«AngelegenheUen, und leibst in ihre engsten Verhältnisse mit'dem Grafen eindrangen. Die Gr^sinn zog sich zurück. Ihre Briefe an d«n Gemahl wurden immer düilerer, imb schlössen mit dem wehmüchigtn Wunsche, daß der Graf ja ba!5 zurück-kehren möchte, um mit ihr Casalino vor der gewöhnli» chen Zeit wieder zu verlassen. Er schrieb ihr, daß sich sein Aufenthalt in Ven,. dig mit seinen Geschäften verlängere, und emmahl ihr, sich den Aufenthalt mit Befriedigung all ihrer Wünsche angenehm zu machen. Brezzi hatt? bey der Grasin»' einige Mahl unter allerley freundlichen Vorwänden die Einsicht der Fami' lienvapiere verlangt, und sie es jedesmahl unter Ver« tröstung auf die Zurücktunft des Grafen abgelehnt. Er verbiß seinen Grimm darüber, und machte sich na« her an den Architekten MarselU, von dem er sich mit vieler Unbehaglichkeit scharf beobachtn sah. ' > Brezzi. Mit aller Heiterkeit vermag ich es nicht, die trübe Laune der Grcisinn zu beschwören. Mars. Mochte doch die Frömmigkeit dicseS Engels den bösen Geist beschworen, der die reine Heiter» keit aus unserer Villa verscheucht, und den Unmutb in allen Gemüthern verbreitet. Brezzi. Euer böse Geist ist die Inconsequenz, und der Widerspruch eurer Lebensweise mit dem Leben selbst. Der Graf, durch Talent und Credit in das glänzendste ministerielle Gebieth gerufen, steckt mehr im Schlafreck der Häuslichkeit «ls in der Toga des Con» sulenttn der Republik. Die Gräfinn, statt durch Schön, heit und Geist zu herrschen, macht kopfhangend un5 frommschmachtend die Villa zu einer langweiligen Ere «,it«^<>. Der ^Ierr A»'sl,!»«f» NN^s.n, pküni-F oin D? M a rch i der Republik werden, und vertändelt sich im Capellchen. Mars. Eines haben Sie Vergessen. Bre^ zi. Das war«? Mars. Ein alter Mann, dem der Himmel «inen gefunden Lebensabend schenkt, um ernst und windig an den großen Morgen zu denken, macht, so nahe dem Grabe, den unglücklichen Spaßmacher des Lasters, und den Eharlatan des Teufels. Brezzi. Brav, Heer Shakespeare. Ich verzeihe des Witzes willen die VeleidigUlig. Wir müssen gute Freund» werden. Sie müssen em braver Baumeister seyn, da Sie Poesie und Kinm haben. Möchte ein Mahl Ihr Poll?s'e!lllle durchblättern. Was ist das neueste Ihrer Studien 'i M a r s. Der Plan einet Zuchthauses. Brezzi, Denken Sie an den ehernen Ochsen be< Tyrannen. Der Erfinder mußte zuerst hinein. Ja er muß zuerst hinein! murmelte Vre^i bey sich selbst, als er dem Architekten nachsah. Ich gebe einem der Löwentopfe in Venedig was zu fressen, daß ?r glühende Kohlen über dich ausfpeye. Bald darauf sah er das Portefeuille des Bau» Meisters auf dem Zimmer der Grafion, die darin diät» terte. Unter den Zeichnungen fanden sich auch Studien ' der militärischen Architektur, Skizzen von Engpässen, Str«msp«rrung,n und dergleichen. Er schien das Alles nicht zu bemerken, und sprach von ganz andern Dm» gen. Ein« Woche verstrich, da pochte «s plötzlich u« - Mitternacht mit Ungestüm an das Thor des Schlosses. Im Nahmen und auf Befehl des Rathes der Zehn, > rief der Bargello (Haupt der Sbirren) mit einem Com» nnssar und acht Sbirren. Was ist euer Begehr ? fragte , sieder Pförtner. Untersuchung des Schlosses, hieß «<. , Der Pfortner wtckt« den Architekten, und dieser di« - Grasinn. i Mars. D«i ist ein Streich von Brezzi. Haben « Sie nichts in Sicherheil zu bringen? i« Graf. Vor den Augen des Staatei? Nichts, d Mars. Vor Dlczzi selbst meine ich, denn ich ?, wette mein Leben, dieser steht an der Spitze bi«s,t i Überfalls. Graf. Ach >H, die Familienpapiere, und anöer. traute Urkunden des Senats. Hier in dieser Chatulle. Mars. In Sicherheit damit. Graf. Wohin? Mars. Die Ausgänge sind besetzt. Nur da hinaus. Er nahm das Unterbett, warf es durch da« Fenster in den Garten, und sprang, nachdem er das Kist« chen vor sich hinabgeworfen, in den Garten nach. (Der V esch Iuß folgt.) Epigramme. An ein untreues Mädchen, Du glaubst vielleicht, ich werde weinen, wüthen, fluchen-Du irrst, ich werde mir ein andres Mädchen suchen. 2. P a v. Pav rennt bey hellem Tag mit seinem Köpft an. Ha! ruft ein Schalk, da« hat sein Weib ihm angethan. 3. Trost. Qd er noch innig fest und liebend an Dich hänge? Gewiß! er höret ja noch Deiner Thaler Klänge. «. Inconsequenz. Der Thoren Zeitvertreib nennt Matz die Poesie; Da irrst Du, Freund! denn Dir vertrieb dieZcit sie nie. P. »«««. Empfehlung der Pomersnjenblatter zu Thee. Statt des theuren u>,d oft dennoch sehr schlechten finesischen Thees, wird (nach einem Bericht m S ch I a« g e r'Z hannoverischen gemeinnltMen Blättern 1626 VI. H. 45. St.) in einem sehr guien Haus« des Großher- zogthums Posen, seit geraumer Zeit, ein Aufguß auf bittere Pomeranzenblütier getrunken, der, mit-Milch und ec'ivas Rhum gemischt, dem Wohlgeschmäcke des feinsten sinesischen Thees nichts.nachgibt und fehl magenstärken5 ist. Acht bis zehn Blättervon einem PomtlanzenbüUtU sind für drey bi« vier Personen zum Thee hinlänglich. Sie können frisch vom Baum« oder schon vor mehreren Togen abgebrochen, gebraucht werden. Nachdem sie tro» cken oder mit kaltem Wasser gereinigt sind, wird sie« dendes Wasser daraufgegossen, welche« Man, wie beym smesischtn Thee, einige Minuten ziehen läßt. Mehrer« Ptlsonen, welchen jeder sinesische Th«<, des AbenoK genossen, Wallungen und Schlaflosigkeit verursachce, befinden sich nach dem Genusse det Thees von Pome. ranzenblättern recht wohl. Auf bem Lande, wo fast jeder Gutsbesitzer in Deutschland einige Pomeranzenbäumchen hat odc^ haben tonnte, ist dieser Thee gewiß eine bedeutende Ellstar, »iß, und in den Städten würde el für Treibl)^usbe° sltzer ein neuer Nahcungszweig werden. —m — M i s c e l l e n. Ein Engländer, der den birmanischen Krieg mit« gemacht hat^ erzählt: Wenn ein birmanischer Priester siirbl, so wird sein Leichnam einbalsamirt, mic Wachj übe,zogare Fund ist sogleich nach Rom gesendet worden. Gedruckt b«l) Igna, Aloyö (5dlen vou Kleinmayr.