Johann Georg Fellinger's poetische Schriften. Herausgegeben von Johann Gottfried Kumpf, v. Gedichte. Erster Theil. . !«MW> Q M w' v «W»WE . - Klagenfurt, 1819. Gedruckt bep A. Gelb, mit v.Kleinmaxr'fchm Schriften. ) AntonGelö im Inlande. Zn Commission bep t ) 3of. Sigmund im Auslände. A ellin g erI Deutscher voll Krast, der du Speer und Harfe gesühret, Kämpfer und Sanger und Mensch! Friede umwehe dein Grab I Tiefen Gemüth's und voll Sinn erschollen deine Ge¬ sänge , Und dem Würdigen nur hast du die Saite gelieh'n: Gott, dem Vaterland, Unsterblichkeit, Treue und Freundschaft; Licbesklage hat nie zarter, als deine, getönt. Hat sich dem Auge, verletzt durch die Wunde der Fcldschlacht, verfinstert, Sahst du auch, Dssian gleich, klarer die innere Welt. Deine Harfe verklang, doch die Sprache bewahrt uns die Lieder; Rostend ruht nun dein Schwert, aber der Deutsche ist frey. — Eichenlaub und das Schwert gebührt dir, die Harfe, der Lorber; Was der Lebende trug, schmück' den Verblichenen auch! v. v. Vest. Johann Georg Fellinger dem Vater geweiht. von Johann Georg Fellinger's Biographie. "^as Leben bedeutender Menschen wird ungleich rich¬ tiger und tiefer in der Betrachtung der inneren Trieb¬ federn ihres Charakters begriffen, als in der Verket¬ tung äußerer Ereignisse erklärt. Den geheimnißvollen Zusammenhang zwischen dem Walten des Gemüthes und der Phantasie — der vorzüglichen Hebel jedes Dichterlebens — mit seinen Erscheinungen in der wirk¬ lichen Welt deutet am besten das eigene Wort des Dich¬ ters , Thal und Gesinnung im harmonischen Bilde ver¬ einbarend. Es möge sich daher die eigenthümliche Be¬ deutung des inneren Lebens meines Freundes am klar¬ sten in den Tönen seiner Lyra aussprechen; seine Er¬ scheinungen nach außen will ich hier, die Wechselwir¬ kung zwischen beyden Mehr andeutend als entwickelnd, in leichten Umrissen vor das Auge der Welt und sei¬ ner Freunde führen. Johann GeorgFellingcr") wurde am 3. j Jänner 1781 im Markte Peck au in der oberen Stei¬ ermark geboren. Die Natur hatte ihn mit allen Aula- gen zum Dichter begabt: mit einem warmen gefühl¬ vollen Herzen, mit einer eben fo reichen als reinen H Gerne unterzeichnete er auch, einer frühen poetischen Angewöhnung zu Folge, seine Schriften mit dem ihm lieb gewordenen Namen Gustav. vr Phantasie, mit offenem und regem Ginne für alles Gute, Schöne und-Rechte. Sein edler Vater — spä¬ terhin Bürgermeister in Frohnl eiten, wohin er 1786 mit seiner Familie übersiedelte, ein echter deut¬ scher Mann im vollsten und schönsten Sinne des Wor¬ tes — pflegte freudig und entwickelte sorgsam alle diese Naturgaben zur schönsten Blüthe, und pflanzte den Keim der reinsten und glühendsten Vaterlandsliebe frühe schpn in das empfängliche Gemüth des hoff¬ nungsvollen Sohnes. Dieser hatte das Studium der Rechtskunde in Grätz betrieben, und lebte, noch un¬ entschlossen über seinen weiteren Lebensweg, als Be¬ amter und Erzieher in der Familie des Herrn Johann Edlen von G a d 0 lla — dem er, dankbar für vielsei¬ tige Großmuth, seine ersten, im Drucke erschienenen, schriftstellerischen Versuche widmete—zu Reifenstein bey Cilli. Da begann die Zeit der Prüfung für un¬ ser Vaterland, welches seine Kraft durch glorreiches Unglück bewahren sollte, für das die Vorsicht die neue Hermannsschlacht bey Leipzig zur überreichen Süh¬ nung bestimmte. Die Landwehre, ein neuer Damm gegen die hereinbrechende Tyranney , wurde im Jahre 1808 errichtet. Viele aus dem Kerne und aus der Blüthe der Nation traten freywillig in ihre Reihen. lDas erste herrliche Vorbild jener spätem Zeit, in der Deutschlands kräftige Jugend zum Befreyungswer- ke eilte, um das schmähliche Fremdlingsjoch ganz zu zer¬ brechen, erglänzte als verheißende Morgenröthe in Ö st er- reichs Gauen. Auch Fellinger, mit dem schon greisen Vater und mit noch zwey Brüdern, von heißer Vaterlandsliebe begeistert, schwur freudig den Kriegeseid zu den Fahnen der steiermärkischen Land- wehrbattaillone. Er, wie keine Brüder, begann nach dem ausdrücklichen Willen des Vaters in den untern Militargraden seinen Dienst; doch wurde er sehr bald zum Offizier befördert, Die, anfängliche Bestimmung der Landwehre, nur im äußersten Falle die Granzen des Varerlandes zu vertheidigen, genügte seiner Feuerseele nicht. Er wollte theilnehmen an den Frepheitsschlachten, und VII suchte daher eine Anstellung unter den Linientruppen. Cs gelang ihm, diese zu Anfänge des Aprils 1809 zu erhalten.. Die Bestimmung der Landwehre aber hak¬ te sich indessen erweitert. Sie war selbst über die Granze gezogen, und der Feldzug hatte begonnen. Dadurch wurde Fellinger verhindert, bey dem Re¬ gimente einzurücken, für das er bestimmt war. Die Geschichte senes verhangnißvollen Feldzuges ist bekannt. In dem unglücklichen Treffen an der Piave, bey dem Rückzüge der italienischen Armee, wurde Fellinger durch einen feindlichen Kolbcnschlag niedergeworfen, und gefangen fortgeschleppt. Sein rech¬ tes, schon früher krankesAuge erblindete durch jenenSchlag / gänzlich; Leben und Gesundheit erhielt ihm die sorgfältige Pflege im Hause eines Apothekers zuP ordenone, wo-, hin man den Kriegsgefangenen brachte. Als solcher' mußte er nach seiner Genesung über den Berg Cenis in das Innere von Frankreich abgehen, wo er inMa- -0 0 n an d e r S a o n e bis zur Auswechslung blieb , und früher noch Marseille zu sehen Gelegenheit fand. Nach dem Wiener - Frieden kehrte er über Straßburg und Wien in seine Heimath zurück, trat als Lieutenant zu dem Regimente H o h e nl 0 h e - Vartenstein, jetzt Wilhelm König der Nie¬ derlande, und kam im Jahre 1810 nach Kla-1 genfurt in Garnison. Hier hat er, nach seiner' eigenen Versicherung, die schönste und genußreichste Epoche seines Lebens zugebracht, indem er einen Kreis von Freunden sich erwarb , die seinen Werth als Meifl ch und Dichter vollkommen schaßten, mit warmer Liebe an ihm hiengen, und den Frohsinn, den sein reicher Geist stets zu verbreiten wußte, mit zarter Achtung und inniger Theilnahme vergalten. Nichts störte seine Zu¬ friedenheit, als die heiße Sehnsucht, noch einmahl in den heiligen Kampf für Frevheit und Recht zu ziehen, und die frühere Schmach des Vaterlandes rachen zn helfen. So kam das Jahr i8i3 heran, und mit ihm jener heilige Kampf; doch konnten seine Obern den feurigsten Wunsch seines Lebens nicht gewähren , da sie unbefangener als er selbst das Hinderniß seiner gc- vm schwächten Sehkraft würdigten. Er mußte zurückblei¬ ben/wurde aber als Brigade - Adjurant, und durch sieben Monate als supplirender Auditor, ehrenvoll ver¬ wendet. Sein Geschäft brachte ihn mit Kranken in vielfältige Berührung, und die im Anfänge des Jah¬ res i8i§ weit verbreitete Kriegesseuche ergriff auch ihn. Damals war es der Freundschaft noch vergönnt, sein schönes Leben zu erhalten. In den ersten Tagen der Genesung wurde er zum Oberlieutenant befördert, und froh fchaute er wieder in die Zukunft. Er kam im Herbste dieses Jahres als Conscriptionsrevisor nach Judenburg, und verließ trauernd den traulichen Kreis, in dem er sich mit seinem Herzen eingebürgert fühlte. — Wir haben ihn nicht wieder gesehen! — 1 Als im Jahre i8iS der Krieg gegen Frankreich neuerdings ausbrach, sehnte er sich mit verzehrender Gluth wieder in Kampf und Schlacht, und drückte diese Sehnsucht in einigen seiner schönsten Lieder aus. Umsonst. Auch diese Zeit gieng vorüber. Im Herb¬ ste dieses Jahres wurde er wieder als Revisor nach Adelsberg in Krain übersetzt. In jener unwirth- baren Felsengegend, auch sein linkes Auge dunkler fühlend, ergriff ihn eine furchtbare Melancholie, die , an den innersten Kräften seines Lebens nagte, und ihn mit dem sichern Vorgefühle seines nahen To¬ des erfüllte. Ein Besuch seines aus Italien zurückkeh¬ renden Vaters, und ein Ausflug nach Triest erhei¬ terten nur flüchtig seinen dunkeln Sinn. Während sein Körper in vollster Kraft zu blü¬ hen schien, zerstörte der Seelenschmerz die feinsten Faden seines Daseyns. Vielfältige getauschte Hoff- * nungen hatten seine allmählich erwachende Sehnsucht nach einer Anstellung im Civil, wo er die Thätigkeit seines rastlosen Geistes zweckmäßiger entfalten könnte, zum quälenden Stachel geschärft. Selbst der Zuruf der Freundschaft konnte den Dämon der finstersten L-chwermuth, deren Gepräge alle seine Briefe aus dieser Zeit tragen, nur auf Augenblicke bannen. IX Unter angestrengter Arbeit, zu der er sich zusam-7 menraffte, ergriff ihn ein lange vorbereitetes Nerven- fieber mit voller Gewalt im Anfänge des Novembers 1Z16. Die tauschende Hoffnung anscheinender Besse¬ rung trat vergebens nach einigen Wochen vor sein Kran¬ kenlager; denn die Parze hatte seinen Faden ausge¬ sponnen , und zerriß ihn am 27.. desselben Monats, Morgens um 8 Uhr. — Die Geschichte dieses nun abgeschlossenen Lebens war gleich und eins mit jener seines Gemüthes. In der Zeit brausender Fugendlust ergriff er mit voller In« , brunst und Scelenkraft der Vaterlandsliebe leuchtendes Panier zu seinem Lebensziele. Was er war, das war ergänz, selbstständig, und bis zum letzten Lebenshau¬ che. In seinen Gedichten liegt seine eigenste Lebensge¬ schichte entfaltet und offen da. In tiefer Gemächlich¬ keit waltend, und nur in ihr sich heimisch fühlend, war ein elegischer Hauch über sein ganzes Wesen ver¬ breitet, und seine eigenste Natur verkündete sich am deutlichsten und am herrlichsten in dem Rhythmus und in dem Jdeengange der Elegie. Doch war er kräftig genug, aus dem tiefen Ernste seines Gemüthes die leichtere Lebensfreude zu entwickeln, mit den Blumen fröhlicher Lieder und heitern Scherzes das Dunkel un¬ gestillter Sehnsucht bedeckend. Dem tieferen gleich¬ gestimmten Gemüthe der innigste Freund, heiterem t Lebenssinne die schönsten Blüthen froher Geselligkeit spendend , war er den Guten und Besten überall will¬ kommen, und durch die fröhlichste Laune die Seele je¬ des geselligen Genusses. Schon an der Gränze zwischen dem Knaben-und Jünglingsalter gab er sich der begeisternden Muse hin, und kritzelte seine ersten poetischen Versuche auf die Mauern des alten, nicht ferne von Frohnleiten gelegenen Felsenschlosses Rabenstein, wohin seine,- romantischen Wanderungen ihn häufig führten. Mit seltener Leichtigkeit und Schnelligkeit stoßen ihm seine Gedichte aus der Feder. Ost von der Der- 'anlassung des Augenblicks den Stoff zu einem Dich¬ terworte auffaffend , haben sich viele sogenannte Feder¬ proben , größere und kleinere Gelegenheitsgedichte, unter seinen Freunden erhalten; Zeugen seines raschen Jdeenschwunges, dem ein leichter Anlaß genügte, seine innere melodienreiche Welt zu entfalten. Dem leisen Anfluge von Ironie und Satyre, die sich je zuwei¬ len in ihm regten, hat er äußerst selten nachgegeben, und ihnen fast allen Einfluß aus seine Dichtungen versagt. Die Bilder des höhern Lebens trug er in sich mit unentweihter Begeisterung. Nur aus dem Borne eines edeln Gemüthes flößen seine Gesänge. Zarter und reiner Liebe Klage und Sehnsucht, inniger, starkmüthiger Freundschaft Hochgefühl, der stillen Heimath, des heiß geliebten Vaterlandes blühendes Bild, hoher Waffenruhm, spiegelten sich in seinerfür das Gute und Schöne höchst empfänglichen Brust, mnd waren die vorzüglichsten Gegenstände seiner Muse. Seine dramatischen Arbeiten, von ihm selbst nur als Versuche betrachtet, tragen größtenteils mehr das Gewand lyrischer Rhapsodien, als sie der eigentlichen Form des Drama angehören; jedoch wird sein Trau¬ erspiel J n guo, auch nur aus diesem Gesichtspunkte be¬ trachtet , und mehr der Lektüre als dem Theater zu¬ sagend , durch die Schönheit und durch den Wohl- cklang der Sprache, so wie durch Gedankenfülle und Bilderrcichthum seinen Beruf zum Dichter nicht ver¬ kennen lassen. . Im Jahre i8c>3 ordnete Fellinger seine frühe¬ sten schriftstellerischen Versuche, größtentheils poeti¬ sche Erzählungen und Schilderungen , die er Jugend¬ phantasien nannte, und für den Druck bestimmte, von welchem Vorsatze er jedoch bald wieder abgieng, späterhin nicht mehr auffaßte. Mit ei- Stoff ihm zum Lheile die Vater¬ landsliebe reichte, trat er zuerst in den literarischen B eyta gen zum allgemeinen Zeitungsblatte für Jn- nerosterreich , welches in Grätz erschien, im Jahre i3oL öffentlich aus. Der allgemeine Beyfall , den man XI ihnen zollte, ermunterte ihn, sowohl in diese als in das L a ib a cher - Wochenblatt mehrere Jahre hindurch ähnliche Bepträge zu liefern. Im Jahre ,808 gab er bey Ferstl in Grätz seine „Abgerissene S ce¬ nen aus der Geschichte der Menschheit" heraus. Im Jahre i8ro schrieb er wahrend seiner Anwesenheit inW i e n eine heroische Dper: Fryd 0 lf, eine andere, gleiche, unter dem Titel: Der Gras von Flandern, im Jahre 1812. Seine übrigen Ge¬ dichte, seit dem Jahre i8n bis an seinen Tod, theilte er alle, mit Ausnahme von sehr wenigen, die in Castell i's Selam und in dem Grätzer-Auf- merksamen erschienen, der C a r i n t h ia, einem in Klagenfurt erscheinenden Wochenblatte, zuerst mit, aus der sie dann in viele andere Zeitschriften übergiengen. Von einer Geschichte des Krieges zwischen Österreich und Frankreich im Jahre 1809 fand sich die erste Abtheilung, bis zur glorreichen Schlacht von Aspern reichend, und wahr¬ scheinlich im Jahre i8n verfaßt, unter seinen hinter¬ lassenen Papieren. Im Jahre 18,3 schrieb er den K^iserhLt, ein Gelegenheitsstück, das, so wie sein erster dramatischer Jugendversuch, das Schauspiel: Die Grafen von Sella, wahrend seiner Anwe¬ senheit , auf dem Theater zu Klagenfurt gegeben wurde. Sein letztes Wer?„Jnguo", vier Monate vor seinem Tode vollendet, kam ebenfalls auf diesem Theater am 17. März 1817 zur Aufführung, welcher ein vom Doktor und Professor am Johanne um zu Gratz, Lorenz von Vest, verfaßter Prolog vorangieng, womit Fellinger'sTodtenfeyer began¬ gen wurde. Späterhin kam J n gu 0 auch in Grätz zur Darstellung. In der letzten Epoche seines Lebens beschäftigte sich seine Muse fast ausschließlich mit düstern Bildern und Gegenständen. Die Schilderung der schauerlichen Grot¬ te von Adelsberg, mehrere Fragmente dramati¬ scher Dichtungen, denen ein rragischer Stoff zum Grunde liegt, wie E r a_Larns—Lar-e-g e r und die Christmette, in welcher letzteren er den Juden- XU mord zu Judenburg in der Christnacht iZir be¬ arbeiten wollte, bezeichnen, nebst seinem, im gleichen Zeiträume verfaßten, Trauerspiele Jnguo, deutlich die Richtung seines Geistes. Von seinem Schwanen- gesange: „Das deutsche W ort", worin er sein echt deutsches Gemüthauf eine edelkräftige Weise aus¬ sprach, bat sich leider nur ein größeres Bruchstück vorgefunden. Fellinger dachte sehr bescheiden von seinen Gedichten. Weniger die Frucht eines Strebens nach Kunst, als die Blüthe des Augenblicks und eines sich gern mittheilenden reichen Gemüthes, genügten sie ihm, wenn sich edle, gebildete Menschen an ihnen er¬ freuten. Gleich streng, vielleicht noch strenger, als der Recensent seiner S eenen in der Hallenser-allge¬ meinen Literatur - Zeitung — Jahrgang 1812 , Band IV, Seite 2S4—-beurtheilte er sich selbst, und nur mit Scheu dachte er daran, sie aus vielfach zerstreu¬ ten Blattern gesammelt, dem dringenden Wunsche vieler Freunde gemäß , irgend einmahl der Welt mitzutheilen. Schwer entschloß er sich, diese Sammlung anzufangefi. Im Jahre 1812 endlich begonnen, vertraute er sie, seines oft wechselnden Aufenthaltes wegen, meinen Hän¬ den, und setzte sie, oft angeeifert, so fleißig fort, daß er mir am n. Oktober 1816, wo er sich zu ihrer Herausgabe im folgenden Jahre bestimmt hatte, schrieb: „Es fehlen nur noch sechs bis sieben Stücke „aus früherer Epoche von 1806, 1808 und 1811 — „dann frisch an das Werk!" — Hier ist es nun! — Ich finde mich dazu verpflich¬ tet, und hoffe diese Verpflichtung möglichst treu zu losen. Ich theile bey weitem nicht alles mit, was ich aus der Feder meines Freundes besitze, obschon ich Eh nach seinem Tode mit größtem Eifer bemüht war, der Sammlung seiner Geisteswerke die ausgedehnteste Vollständigkeit zu geben. Mit strenger Überlegung , nicht ohne den Rath verständiger Freunde, wurde die Auswahl des Mitzutheilenden veranstaltet, und nicht bloß das ausgezeichnet Beste ausgenommen. Um den XIII Gangseiner Selbstbildung zu bezeichnen, finden sich aus jeder Periode seines Dichterlebens Blüthen und Blatter, hier zum Kranze vereint, in absichtlicher Ab¬ wechslung. Dem vergleichenden Beobachter mag die im Register geschehene Bezeichnung der Zeit der Ent¬ stehung jedes einzelnen Gedichtes den Leitfaden zur Beurtheilung an die Hand geben. Was Fellinger war, und wie er es war, dar¬ über wird der Denker aus dieser flüchtigen Skizze, mehr noch aus den vorliegenden Gedichten, hinrei¬ chend sich verständigen. Eines sey mir noch zu bemerken vergönnt. Menn kräftiger Wille und freyeigener Entschluß, in einer Zeit, wo noch kein Körner deutschen Jünglingen voran leuchtete, Anspruch geben auf des Vaterlandes Achtung, so darf er sie mit diesem Heldensänger Hei¬ len. Es ist der Völker D> st erreich's schöne Eigen-7 thümlichkeit, nicht zu prunken mit dem Trefflichen, das auf ihren Fluren gedeiht; mit stiller, inniger Ach¬ tung tragen sie in ihren treuen Herzen das Bild al¬ les Guten, das ihremSchooße entsprießt, Gleichesan Fremden höher preisend, als an ihren eigenen Söh- , neu. So hat F e lli n g er's Thal und Leben im eige¬ nen Vaterlande stille Anerkennung und Würdigung überall, laut preisende Bewunderung nirgends gefun¬ den. Denn Gleiches thaten viele seiner Brüder, gleich still und prunklos, wenn schon die Gabe des Liedes in keinem Andern sich mit der? Kraft der Waffen so freundlich vermählte. Ihm selbst war Körner's> schöner Tod des Lebens schönstes Bild, und fiel er" nicht wie er, so hat er's doch verdient.— Seine Norne hat es anders gefügt. Im stillen Grame mußt' er sich verzehren. Dem Sinne und der Kraft des Gemüthes, wenn auch nicht dem Erfolge nach, war er Körner'n gleich. — Eine andere, ihm unbekannte, schöne Ähnlich¬ keit mit einem großen Dichter gab ihm der Schlach- XlV tengott. Ihm, wie dem Portugiesen C a m o e n s, der L u s i a d e unsterblichem Sanger, raubte des Kam¬ pfes Wuth des rechten Auges Licht.— Österreich upd Deutschland werden ihres echten Sohnes nicht vergessen! Geschrieben zu Klagenfurt von vr. Kumps. V erz e ichniß der im ersten Bande enthaltenen Gedichte. Seite Österreichs Kaiserthum. 1804. ... 3 Vaterland. i8i3. .... 6 Des Harfners Klage. i8c>8. ... 8 An die Mur. 1804 ro Der Kampf des Rechts. i8i3. ... -4 Die Sterne. 1812 19 Die Berge. i8>3. .... 21 Der einsame Schiffer. 18 iS 29 Hollenburg in Kärnten. i8n. ... 43 Die Fragen. i8n. . . . . . 46 Die Ahnungen. 18,0 48 Die Lieblingsfarben. 1814. . . . So Mozart's Musik im Don Juan. 1806. . 53 Die Zeiträume. >8,6. .... 67 Die geraubte Locke. r8n. . . 60 Das Erwachen des Gefühls. i8r3. . . 62 Die erste Liebe. 1812. .... 63 Der Liebe Mystik. >8,3 64 Der Trennung Schmerz. i8i3. ... 6S Trauertöne. 1812. . . . . . 66 An die Wollust. 1804. .... 69 Perioden der Jugendschwärmerey. 1806. . 74 Abendlied. 1814 Der kleine Krieg. ,814. . . . . 83 Der Name. r8i5. .... 87 Die Lüstchen. >812. . . . « 89 Trinklied. g3 Tagesruf. 96 Die Fahnenweihe. 1812 99 Morgenbilder. i8iS. . . . . 10S Fischerlied. i8c>5 107 Stunden der Wehmuth. 1808. ... 109 XVI Der deutsche Tanz. i8»5. . . Der Spaziergang am Morgen. i3i5. Erhebung. i8c>5. .... Der Friede. 1806 Vergangenheit. i8i5. . Gegenwart. 181S Zukunft. ,8i5. . Trinklied für Handelsfreunde. i8c>5. Die Winternacht. 1808. An die Wahrheit. i8c>5. . Laut und Leise. ,815. Der Genesene an seine Freunde. 18,4. An meinen Freund Kumpf. 1814. Frühlingslicdchen. i3c>8. . An das Blauauge. 18 iS. Steiermark. ,8i5 Menschenkraft. 1808. Der Forscher. 1812. Der Kampf mit dem Lindwurm. 1812. Die Haarflechte. 1814. . . . Gutes. 1812 Die Harmonie. r8c>5. Distichen. i8n. .... Sehnsucht. ,8i3 Freundschaft und Frohsinn. 1808. Erscheinungen. 1816. Abschied. Seite 111 115 121 124 i3i >32 >33 ,34 ,37 ,3g 1 4? i5n 1S4 155 167 16e 166 168 170 i8n 182 i83 188 ig3 196 200 204 Druckfehler. Seite 5, Zeile 4 von unten, lese man (in einigen Exemplaren) klang, statt klan. «Veite 7, Zeile s, ist das zwepte mir hinweg zu lassen. Gedichte. Erster L h e i t. L Oesterreichs Kaiserthum. tonlos ruhte die ernstgestimmte Harfe, Und kein lockender Sang durchflog die Saiten; Stumm verbarg sich der Barde In den verwilderten Hain. Aber herrlicher schwang aus trüben Wolken Sich der blinkende Stern des deutschen Ruhmes, Und dem kommenden Morgen Hallet ein rauschendes Lied. Deutschlands wogender Adler paart sich traulich Nun mit Dsterrcichs jubclvollen Lerchen, Und der krieg'rische Vogel Schützet die friedliche Schaar. Freya wählte die Bothen schöner Tage, Und den Trager der Blitze gab Allfader Jenen lieblichen Fünfen Lächelnd zum Führer und Freund. i * 4 Auf dem Fitkige dieses Himmelschwebers Hebt die Lerche sich stolz in Ätherzonen, Wo des Auslandes Ausblick Neidisch die Kühne bestaunt. Und des höheren Pfades schon vertrauter, Wird auch schwindellos und allein die Lerche Einst in nahenden Altern Über die Sonnnenrvelt flieh'n. Seine drohenden Flammen wird der Führer Dann der Sanfteren kosend überreichen, Und des stürmenden Wetters Schrecken—wird Segen der Flur. Wenn zum ewigen Bunde sich der Sachse Und der rauhere Sohn Tirols, der Schwabe Und der Waller des Dstlands Fröhlich die Hände gereicht; Wenn der Böhme den Ungar still umschlinget, Und der stolze Bewohner jenes Eplands Einst an Steiermarks Landmann Innig verbrüdert sich schmiegt — — D dann will ich in hehrem Freudentaumel Meine glühendsten Zugendbilder sammeln, Und dem Schöpfer des Bundes Tone mein Hymnus empor! A Vaterland. -2^ Vaterland! du freundlicher Namenston, Der mächtig aufregt jede Erinnerung Des Schönen, was ich einst erträumet In den Umgebungen stiller Schönheit! Du hast mich stolz und kräftig und wahr gemacht, An deinem Busen sog ich Erquickung ein, Wenn auf dem Pfade tiefen Wissens Müde der forschende Geist erlahmte. Denn auch die Kränze blühender Wissenschaft Wollt' ich erringen, höherer Weihe voll, Und wiedergeben meiner Heimath, Was ich empfangen aus reinem Borne. OVaterland! Im Schimmer des Abendroths, Wenn hinter Berge mählich die Sonne sank, Und duftig in die blauen Thäler Frieden und Dämmerung Niederwallte — Wenn dann das Glöckchen lockend herüber klang, Ergriff es mich so wohlig und schauerlich; Da flüsterte die süße Ahnung: „Vaterland! Vaterland! mir zum Herzen 6 Und ich erfaßte nimmer die Deutungen, Dem Züngling schwoll itzt höher der Busen an, Ein leises Zucken um die Waffe Mahnte schon damals den spatern Krieger. Ich liebte glühend, wie nur der Dichter liebr, Doch heißer dich noch, heiliges Vaterland! Denn in den Reihen meiner Holden Sah ich ersprießen der Heimath Blumen. Und jede Freude , die mir das Leben bot , Sie wurde zarter durch das Gedankenspiel: „Mein Vaterland gab mir die Blüthen, „Hat mich geboren den bessern Freuden." L theure Heimath! waldiges Felsenthal! Ein Grab in dir nur wünschet der Sänger sich: Wohl ruhen friedlicher die Söhn?, Wenn sie die Mutter im Schooße wieget. Für dich nur bin ich stolzer im Schlachtgewühl, Wer dich verhöhnet, wecket den Löwen auf; Denn ewig unverletzlich bleibe, Was die Gewohnheit der Tugend adelt. D Vaterland! wenn ferne den Kämpfenden Der Tod ergreift im Wüthen der Freyheitsschlacht, Dann sammle noch der letzte Bruder Liebend die Asche des deutschen Sängers. — 7 — Er senke mich zu Mutter und Brüdern ein, Daß blühend einst aus jeglichem Herzen sich Ein neuer Wesenstoff entwickle, All' unsre Liebe vereinigt fassend! Sey mir mir gegrüßet, heiliges Vaterland! Umschlungen Alles, was du geheget hast, Und was du Dein zu nennen achtest, Innig in herzlicher Bruderliebe! s — Des HarfnerS Klage. ^-inst, wenn ich nicht mehr bin, Wenn langst verhallt die Harfe schweigt, Wenn auf des Hügels Grün Ersterbend sich das Kränzchen neigt: Dann werdet ihr vom Sanger sprechen. Und manches welke Blümchen euch Von seinem Grabe brechen. Es ist des Menschen Loos, Des Harfners Loos, verkannt zu seyn! Der Mutter kühler Schooß Bringt nur den Keim zur Frucht allein; Die Ähre wachst im Morgenglanze, Der Enkel pflückt die Halme mir Zum schönen Todtenkranze. Ich habe nie gedahlt, Geschmeichelt nie um Gold und Gunst, Kein Vubenlied gelallt, Und nie entweiht die hehre Kunst; Natur war meiner Lieder Quelle, Ich sang, wie mir's im Busen flammt', Und sang mit froher Seele. 9 Der Wahrheit galt mein Sang^ Der Wahrheit und der Menschlichkeit, Und ein geheimer Drang » Hat mich zum Sanger früh geweiht; Ich riß mich aus den leichten Ketten Der Vorurtheile fröhlich les, Den frepen Geist zu retten. Was ward mein Dank dafür?—° Verfolgung trieb mich aus dem Kreis, So lieb und traulich mir, Und einsam ward des Pfades Gleis, Den mir ein Gott zu geh'n bestimmte; Nur Liebe hob die Flamme noch. Die schwach im Busen glimmte. D! wenn ich nicht mehr bin, Wenn mein Gebein zu Staub verweht, Wenn ferne Zeiten flieh'», Der Mensch den Menschen einst versteht: Dann wird sich auch mein Bild erneuen, Und mancher stille Denker wird Mir auch ein Blümchen streuen. An die Mur. ^Drrom der Heimath! wandle stiller Durch das Augefild entlang, Und dein rauher Wogentriller Stimm' in meinen Weihgesang! An des Mutterlandes Granzen Luillt dein reiner Strahl empor, Und in leichten Elfentanzen Schwebt um dich der Nixen Chor. Silbern schäumst du aus des Berges Waldumkranztem Felsenschooß', Und im Nieselsturz des Zwerges Ahnet niemand dm Koloß. Deine Kindheit zeigt dem Seher Schon die ferne Manneskraft, Mählich schwillt die Welle höher Und zersprengt des Ufers Haft. II Dort nun eilet immer schneller Dein gepreßter Wellendrang, Durch des Hochlands Kieserthaler Rauscht dein tiefer Niesengang. Lasten tragt dein Wasserrücken An das freundliche Gestad', Und mit frohen Lachelblicken Mißt der Schiffer deinen Pfad. Handlung blüht durch deine Hilfe; Sie nur schlang der Völker Band, Als der Mensch auf leichtem Schilfe Brüder suchte, Brüder fand. Liebend tränkest du die Erbe, Und sie gibt uns Nektarsaft, Der dieß Leben voll Beschwerde Uns zum Jubeltag umschaffl. Deines Wassers frische Kühle Löscht der Pulse Vlutgebraus, Strömet der Gesundheit Fülle Über deutsche Sehnen aus. Aus des Nordgau's Tannenhalle Rauschest du durch Feld und Au', Und erstirbst mit trübem Falle In der altern Schwester Drau. 12 Flicht ihr Töne, flicht ihr Wogen! Deren Heimland mich gebar, Und an deren Strand erzogen, Ich so stolz, so glücklich war. Jüngling! sich hier deinen Leiter! Sauge Geistesnahrung ein, Eine Stufenfolge weiter Wirst du Mann und Bürger seyn. Zieh' der Wissenschaften Quellen Wie der Fluß den Gießbach an, Und mit hochgerollten Wellen Zeige dich dann einst als Mann. Walze deiner Thaten Fluchen Durch den Damm der Leiden hin, Sey der Born des wahren Guten, Sanft als Mensch, als Deutscher kühn. Ehre des Gesetzes Wehre, Die sich dir entgegen stellt, Wenn der Leidenschaften Schwere Jede Scheidewand zerschellt. Doch, wenn dich des Lasters Klippen Einst im raschen Wirbel dreh'» , Und auf welken Dorngestrippen Tauschungsvolle Blüthen weh'n; —- i3 — O dann dränge dich enteilend. Eh' dein Strom versiegt und stockt, Aber hasche nicht, verweilend, Nach der Blüthe, die dich lockt! Hast du dann die grause Mündung Jener Ewigkeit erreicht, Greis! dann wird die Überwindung Deiner Zweifel dir so leicht. Rein, und selbst im Tode besser, Wallst du durch dieß Ungefähr, Und dein spiegelndes Gewässer Kraust kein Schauerlüftchen mehr. Der Kampf des Rechts. §^ie Telyn klingt durch Walder hin, Die deutsche Telyn klingt, Zum Kampfe muß der Jüngling zieh'n, Wo Tod die Sense schwingt; — Was Kampfund Tod? die Ehre ruft, Dem Feigen folget in die Gruft Die Mahre seiner Schmach Vom fernen Enkel nach. Die Telyn klingt, die Harfe tönt Zum Tosen wilder Schlacht, Aer Feind, er hat uns aufgehöhnt, . Und Deutschland ist erwacht; Herab die Waffen von der Wand! Was uns erhob, was uns verband, Ist jedem Zeitgeschlecht Ein angebornes Recht. — i5 — Was willst du, Feind! mit Heersgewalt? Was trotzest du so kühn? Die Zeit ist jung, das Recht ist alt, Und Glück und Stolz verblüh'n ; Das Gute nur sey allgemein! Du konntest frey der Erste seyn, Doch nur, wer Gutes will, Erreicht das höchste Ziel. Das Gute gabst du lachend auf Um Größe und um Glanz, Allein der Mensch im kurzen Lauf' Vollbringt es nimmer ganz; Am Ziele muß er stille steh'n, Zurück ins Leben muß er sehn. Nur wer die Gränzen ehrt, Ist seines Looses werth. Du siehst cs, Feind! wir kennen dich, Und deines Willens Haß, Die Menschheit rächet fürchterlich. Was sich an ihr vergaß, Die Waffen hat sie uns geweiht, Wir wollen nur Gerechtigkeit, Und weisen deinen Blick An jenes Ziel zurück. Die Telyn klingt, die Harfe klagt, Aus Gottes Donner spricht's : — iS — „Für dich hast alles du gewagt, „Und für die Menschheit nichts? „Der Edle lebet nie für sich, „Was sich der Chrgeitz hier erschlich, „Das Prunkgebaude bricht „Der Nachwelt Strafgericht." Um Frieden gab die Tochter dort Der beste Vater hin, Um Frieden gab er Hand und Wort, Bey Gott! nicht um Gewinn! Um Frieden flehte dich dein Reich; Doch du umblicktest schnell und bleich Die weite Wüsteney, Die noch zu nehmen sep. Du konntest, wie nicht Einer kann , Für Recht und Freyheit steh'n, Der Held, der einst so schön begann, Er sollte weiser geh'n; Doch du hast deinen Weg verkürzt, Die Schranken in die Fluth gestürzt, Und stehst, verwildert fast, Bewundert und — gehaßt. Wohl ein Jahrhundert rissest du Zurück ins alte Grab, Du riefst dem Schicksal herrschend zu, Das dir schon AlleS gab; — -7 — Erschrecket folgte dir das Gluck, Doch niemals schautest du zurück, Und als die Furcht entwich, Verließ die Göttinn dich. Die Telpn klingt, es dröhnt der Schild, Des Barden Sang verhallt, Im Abendroth erscheint ein Bild, Von Himmelsglanz umwallt, Die zarte Brust umhüllet Stahl, Vom Auge fließt ein milder Strahl, Und träufelt Lust und Schmerz Ins aufgeregte Herz. Wer ist die hohe Huldgestalt In freundlicher Magie? Die arme Welt, so leer und kalt, Wird lieblicher durch sie! —- Die Liebe für das Vaterland, Die sich des Himmels Schooß entwand. Sie ist es, die zum Sieg Der Wahrheit niederstieg. Was zögern wir? Mit uns ist Gott, Der guten Sache Kraft, Wir achten nicht der Feinde Spott, Den Grimm der Leidenschaft; 2 i8 Der Feige schmäht, — mir schmähen nicht, Und sinken wir in unsrer Pflicht, Wir hoffen freudig doch Ein beß'res Jenseits noch! f Schau rings um dich, Napoleon! Und höhne nicht die Welt, Vergebens ist dein eitles Droh'n, Der letzte Würfel fallt; Wir suchen nicht Eroberung, Im Busen glüht ein heil'ger Schwung, Und jeder fühlet heiß Des Kampfes hohen Preis. Die Telyn klingt, der Jubel drangt In fremden Tönen fort, Ein Vruderheer hat sich vermengt, Aus Süd und Ost und Nord, Die Völker lernten sich versteh'n, Des Wahnes Nebel, sie verweh'n, Und — fallt auch dieser Bund — Dann geht das Recht zu Grund. — '9 Die Sterne. <^as funkelt ihr so mild mich an? Ihr Sterne, hold und hehr! Was treibet euch auf dunkler Dahn Im ätherblauen Meer? Wie Gottes Augen schaut ihr dort, Aus Ost und West, aus Süd und Nord,- So freundlich auf mich her, Und überall umblinkt ihr mich Mit sanftem Dämmerlicht, Die Sonne hebt in Morgen sich Doch ihr verlaßt mich nicht, Wenn kaum der Abend wieder graut, So blickt ihr mir, so fromm und traut Schon wieder ins Gesicht. Willkommen denn , willkommen mir! Ihr Freunde, siill und bleich! Wie lichte Geister wandelt ihr Durch euer weites Reich, Und ach! vielleicht begrüßet mich 2 - 20 - Ein Edler, der zu früh verblich, Ein treuer Freund aus euch! Vielleicht wird einst mein Aufenthalt Der Helle Sirius, Wenn diese kleine Wurmgestalt Die Hülle wechseln muß; Vielleicht erhebt der Funke Geist, Wenn diese schwache Form zerreißt, Sich auf zum Uranus! O lächelt nur! o winket nur Mir still zu euch hinan! Mich führet Mutter Allnatur Nach ihrem großen Plan; Mich kümmert nicht der Welten Fall, Wenn ich nur dort die Lieben all' Vereinet finden kann. 2 V Die Berge. Ewig steht-ihr da, ihr Erdenthürme! Fest und stolz in morgendlicher Pracht, Sorglos schlaft in eurem Wolkenschirme Stadt und Land, in grauer Mitternacht; Ewig in des Eises Silberrüstung, Wie des Himmels Säulen, steht ihr da, Greise Zeugen jeglicher Verwüstung, Der die Welt sich preisgegebcn sah. Weit hinüber mit den Riesenarmen, Durch die Granzen lächelnder Natur, Langet ihr hinaus durch unsre warmen Mhemströme nach dem Jenseits nur; Eure Scheitel ragen in die Weiten, Die kein froher Menschenhauch bewegt, Unbekümmert um die Fluch der Zeiten, Die am Felsenfuße sich zerschlägt. Steht und schauet in die dunkeln Dden Einer schwindelnden Unendlichkeit, Was die Muthigsten zu seh'n erblöden, Saht ihr schweigend, die Vergangenheit! 22 Eure Schlafen kränzet keine Blüthe, In der Tiefe lächelt nur der May; Ach! die Größe kämpfet mit der Güte, Und der Glückliche wird selten srey. In der Tiefe nur erblühen Gärten, Und die Lust erwacht im stillen Thal, Einsam, ohne freundliche Gefährten, Wird dem Großen seine Höhe Qual; Nicht zu sehen, was die Zukunft brütet, Nicht zu wissen, was die Zeit uns nahm, Fröhlich weben, was das Herz gebietet, Wehrt dem Zweifel und betäubt den Gram» Hehr ists oben; doch nur wenig Hohe Stehen fest im lebenlosen Raum, Einzelne bewahren dort das frohe, Jenes kindliche Bewußtseyn kaum; Der nur, dem es einmal kühn gelungen, Durch die Nebel äufzuschwmgen sich, Hat der Menschheit Schranken übersprungen, Und kein Ausblick wird ihm fürchterlich» Stille herrschet in dem Reich der Lüfte, Und der Laut erstirbt im müden Lauf, Keine Lieder, keine süßen Düfte, Steigen in die Wüsteney hinauf, Farben schwinden, alle Wesen enden, Wo der Wesen Anfang sich enthüllt, 23 Wieder muß der Mensch sich niederwenden Aus dem Raume, den kein Odem füllt. Unbezwungen starren diese Klippen Aus der Erde aufgewühltem Schooß, Meere nagten an den kahlen Rippen, Rissen Lander von den Landern los; Doch die Könige, die stolzen Massen, Wurzeln höhnend in dem Wasserschlund, Ihre Kronen wollen sie nicht lassen , Widersteh'» der Elemente Bund; Widersteh'» dem Zorne wilder Kräfte, Oder fallen, wie ein Heros fallt, Wenn, erstarrt vom blutigen Geschäfte, Auch sein Sturz den theuern Sieg noch hält. Wenn sie trümmern, die gen Himmel ragen, Dann gestaltet neu sich dieses All, Und die Wasser, weit umher zerschlagen, Sickern langsam durch den morschen Ball. Und ein neues Weltgebild beginnet, Und ein neues Leben blüht empor, Meer und See und Wasserschwall verrinnst. Und die Berge treten neu hervor. Alte Freuden kehren traulich wieder. Und auf Gräbern tanzt ein Mädchen-Reih'n, Und die Berge blicken traurig nieder Auf die Menschen, wandelbar und klein. — Felsenfürsten! sepd mir froh gegrüßet! Sepd gegrüßt in eurer Hoheit mir I Wenn die Giebel Mondenglanz umfließet, Weil' ich noch auf stiller Eb'ne hier, Weile noch, und weide mich am Scheine, Der die Zinken dämmerig umblinkt, Bis zuletzt auch ihr ins allgemeine, Weiche Dunkel, sanft verschmolzen sinkt. Euch verlaßt der letzte Rosenflimmer, Euch umglüht des Tages erster Strahl! Alles huldiget dem Großen immer, Eigne Schatzung leitet jede Wahl; Wenn die Thäler noch im Schlummer liegen, Wacht der mächtige Gebieter schon, Und des Waldes holde Sanger fliegen Laut frohlockend um den Marmorthron. Frühlingskinder spielen euch zu Füßen, Wirken Blumen euch in das Gewand, Höher, in des Forstes Düsternissen, Tragt ihr Mannerburgen in der Hand, Unwerth achtet ihr den Schmuck des Kleinen, Eure Brust ist kalt und hoffnungsleer, Denn im Hohen, wie im Ewigreinen, Sprossen keine niedern Wünsche mehr. Euch zu fassen am bereiften Haare, Auszublicken in die weite Welt, — 25 —* Gott zu opfern auf dem Hochaltäre, Den er sich ins Heiligthum gestellt, Aufzuschauen in das Gleis der Sonnen, Abzublicken in da- Erdgewühl, Ist ein Wunsch , der lieblich sich entspannen Aus des Lebens seligstem Gefühl- Besser wird man in den reinen Kreisen , Die kein Seufzer, keine Gierde schwellt, Anders muß das Spiel der Welt sich weisen, Von dem unbewölkten Licht erhellt; Was ich sah in der Gemeinheit Spiegel, Seh' ich wahr und unverzerret dann, Mancher Berg verkleinert sich zum Hügel, Und zum Punkte mancher große Mann. Das Verhaltniß hört hier auf zu gelten, Wo das Menschenauge nicht bestimmt, Weisheit wird, was wir oft Thorheit schelten, Weil die Ferne ihr den Umriß nimmt, Klar erscheint und kräftiger das Wahre, Weil der Täuschung Nebel sich verliert. Groß ist die Natur, die wunderbare, Wo kein Schattenwurf den Seher irrt. Was die Erde still in sich verschlossen, Suche nicht des Sinnes rege Gier ! Böses ist aus Heimlichem entsprossen, Und den Dämon Geitz besreyten wir; -8 Tief im Abgrund lag er fesigebunden, Und die Berge wachten über ihn, Doch auch dort hat ihn der Mensch gesunden, Hingelockt durch seiner Schatze Glüh'n. Und das Eisen hat er sich ergraben, Das den Mord im schwarzen Dusen trug, Und das Gold, das alle schönen Gaben Unsrer Unschuld siegend überschlug; Aus den Giften kochender Metalle Sog der Mensch die Wuth und Habsucht ein, Aus des Schachtes dumpfem Moderschwalle Holt' er sich die selbsterdachte Pein. Drohend hoben sich des Mammons Wächter Über jenes Frevlers Haupt empor, Der zuerst, des Göttlichen Verächter, Aufgesprengt das schwere Felsenthor; Tief im Innern zitterten die Schlünde, Als der Freche nach dem Gosde griff, Und zuerst die unbekannte Sünde Aus der Gruft mit lauten Schlägen rief. L warum, warum habt ihr den Kühnen, Heil'ge Berge! nicht zurückgeschreckt? O warum, der Nachwelt Schmerz zu sühnen, Habt ihr nicht den Wagenden bedeckt? Stumm und trotzig saht ihr auf das Walten Eines Zwergenvolkes unter euch, 27 Ruhig ließet ihr die Menschen schalten, Unbewegten Göttersürsten gleich. Doch als jene jede Hoheit höhnten, Und der Uibermuth die Welt durchflog. Als den Mördern Weihgesänge tönten, Als man Tugend nach Denaren wog, Als der Wurm, im Wahnsinn seiner Starke, Frech der Gottheit lachte, wie der Pflicht, Da begann't ihr an dem stolzen Werke Seiner Kraft ein grauses Strafgericht. Flammen sprühten aus geb orst'nen Klüften, Donner sprachen die Verdammung aus, Jammer scholl in schreckenschwangcxn Lüften, Und zum Grabe ward das gold'ne Haus, Städte fielen, und Geschlechter sanken, Von der Macht der Rächenden zerstäubt; Das nur währt in blühenden Gedanken, Was der Geist in schöne Herzen schreibt. Menschenwerke liegen in Ruinen, Einer Ewigkeit bestimmt und werth, Was der Gottheit Abglanz nie beschienen. Hat auch nie die stolze Zeit geehrt; In der Folgenreihe schöner Thaten Glänzt ein Funke, welcher nie erstirbt, In der Weisheit, in der Liebe Saaten Weben Keime, die kein Sturm verdirbt. 28 Gottes Griffel atzte diese Lehre In des Chimboraffo Klippenwand: „Nur den Geist, den schaffenden, verehre, „Der den Weg zum Ziel der Wahrheit sand! „Sieh die Form in wechselnder Vernichtung, „Sieh die Spuren wirkender Gewalt! „Ewig lebt das Wort der süßen Dichtung, „Immer wandelt neu sich die Gestalt." Ihr Gebirge meines Heimathlandes! Heiter bin ich nur im Hochgefild, Wenn, entbürdet alles Puppentandes, Reine Lust den Busen mir umspielt; Auf den Höhen, wo ich ward geboren, Hat die Ahnung liebend mich gewiegt, Wahr zu bleiben hab' ich dort geschworen, Bis mein Blut im leisen Schmerz versiegt. 29 " Der einsame Schiffer. lieblich spielt das Abendroth Über Wald und Fels und Höhen, Einsam gleitet noch mein Boot, In des Windes leisem Wehen, Durch die klare Silberfluth, Übermahlt von Rosengluth; In den Weiten, in den Nahen, Muß das stille Licht vergehen. Und die Schöpfung ruht. Glockenton verhallt, Weißer Nebel wallt Über Thäler, über Seen, Und, vom stillen Reitz besieget, Auf den trunk'nen Blumen wieget Sich der Schlummergott. Stiller wird es ringsumher, Alle regen Wesen trinken Ruhe aus dem Stundenmeer, Und die Augen sinken, Müls und schwer. — 3o — Nur mein Nachen Gleitet hin, Auf des flachen Wassers Grün, Sterne -linken Über mir, unter mir, Ach! so weit, Dort und hier. Schwimme Nachen! Ich will wachen Mit der Zeit. Sag! wie nenn ich dich, du Ewigjunge! Die uns fortreißt in des Lebens Schwünge, Die kein menschliches Verhältniß mißt? Alles altert, du entsaugfl dem Leben Jedes Schöne, das du ihm gegeben, Wie die Flamme ihre Kräfte frißt! Zeit! wie kann , wie soll ich dir entgehen? Deinem Zauber kann ich widerstehen. Aber deinen Würgerhänden nicht; Nun so will ich gegen dich doch kämpfen, Wenn gleich in der Menschheit letzten Krämpfen Mir die Waffe Lebenssinn zerbricht. Kannst du morden, was im Innern waltet? Hast du auch dieß Seltene gestaltet? Bin ich ganz dein Puppenwerk, dein Spiel? Nein! du kannst, was dein ist, wieder fodern, — 3i — Doch der Götterstrahl wird ewig lodern, Und mir glänzt ein weit erhabner's Ziel. Schwinde Zweifel, Kehre wieder Jugendlust! Über jenen Sternen - Kreisen Glanzt ein hohes Ziel dem Weisen; Wieder lacht, Aus der Nacht, Aus den lichtbesäten Raumen, Ihm der Kindheit süßes Traumen, Mit den Wolken will er reisen, Hin auf ungebahnten Gleisen, In der Freude Morgenland, Das die fernsten Sonnen säumen,— Und so findet er in Traumen, Was im Zweifel schwand. Schwinde Zweifel, Kehre wieder, Jugendlust! Ach! der Zweifel Ist ein Teufel In der Brust. Da wälzet sich auf schlummerlofcm Bette Der Grübler , bang und ahnungschwer, Und um die dunkle Lagerstätte Steh'n grinsende Gespenster her. Er hat die Welt in seinem Grolle Entseelen wollen, hat zur Nacht Die schöne Zeit, die lebensvolle, Durch seinen dumpfen Bann gemacht; Sich selbst nur hat er das verwüstet, Was einst ihm Liebcsblüthen bot, Nach Unersteiglichem hat ihn gelüstet, Da ward er Wurm, und dünkt sich Gott. Was bebst du nun, du Gott! im Fieber Der Schrecken, die dein Wahn erschuff? Weht eine Ahnung dort herüber ? Hörst du des Todesengels Ruf? Du Gott! O warst du Mensch geblieben, Du könntest leben noch und lieben. Und diese Erde wäre dir gewiß Ein Paradies. H! es ist schön, Menschlich zu bleiben ; Freundliches Treiben, Wirken und Weben, Kann dieses Leben Lieblich erhöh'n; Laß die Gedanken Gaukeln und schwanken, Schaffen und bilden In den Gefilden Der Phantasie, Aber die Schranken Trümmere nie! 33 Laß fliegen Den Geist in azurene Weiten, Laß jubelnd ihn über die Sinnenwelt gleiten, Und weben und streben in himmlischer Kraft; Laß saugen aus ewigen Blumen das Schöne, Und laß es ihn formen in klingende Töne, E r ist es, der wieder ein Eden uns schafft! Er mag sich in dröhnende Weltmeere tauchen; Und weilen, wo glimmende Vcsuve rauchen, D laß ihn sich schwingen von Sternen zu -)anst, wie der Westwind um Rosen spielt, Wenn er im duftenden Kelche wühlt, Rasch, wie der murmelnde Bach, Säuselt die göttliche Harmonie; Leisere Töne der Melodie Zittert der Widerhall nach. Fern durch das dämmernde Nachtgcfild Weinet der Nachklang so still und mild, Schwindet so lieblich und hold, Hebt sich dann plötzlich mit Allgewalt, Stark, wie der Donner in Klüften hallt, Wenn er am Hochgebirg rollt. Rasend, im schnelleren Wirbellauf, Wälzt sich der tobende Sturm hinauf, rpreßt sich zum schrecklichsten Ton, Windet durch klagende Tiefen sich, Sauset dann nieder, und fürchterlich Lacht er im Trillerschlag Hohn. — SL — Summend verbebt noch der letzte Laut; Schmachtend, wie Seufzer der jungen Braut In der Vereinung Moment, Lispelt ein wankender Sylbenschall, Lispelt, und sinket nun noch einmal, Schwanket dann höher, und stöhnt. Allmahlig steigend und silberhell, Rieselnd, wie Tropfen im Felsenquell, Drangt sich die Stimmung hervor; Sammelnd sich langsam mit hehrer Macht, Volltönig endlich, wie Spharenpracht, Wallet ein Hymnus im Chor. Schneller im wogenden Harfenklang, Hebt sich der liebliche Rundgesang, Rauschet durch Töne hinan, Wandelt sich schwebend im Rhythmus um. Sanft, wie der Seraph im Heiligthum, Wie der ersterbende Schwan. Aber zum ernsteren Wechselfall Mischet sich mahlig ein Ton der Qual, Wimmert im schmerzlichsten Ach! Toset verzweifelnd durch Saiten hin, Zischet, wie Flammen im Stadtruin, Sinkt endlich, stockend und schwach. — 56 —- Alles ist öde und todtenstumm; In der entfliehenden Nacht, ringsum Lauschend noch, horchet das Ohr; Und aus der inniggepreßten Brust Drangen sich endlich, im Traum der Lust, Lebende Seufzer empor. Ski Die Zeiträume. ^ie Zeit hat keine Raume, Die nur der Mensch ersann, Ms er im Lebenskeime Den Kampf mit ihr begann ; Im steten Wechsel gleiten Die dunkeln Ewigkeiten Zum großen Dzean. Wir schauen zum Jahrtausend Mit kühnem Blick empor, Das mit dem Römer brausend -Im Abgrund sich verlor: Was Großes dort erschienen, Schwebt über den Ruinen Im bleichen Geisterflor. Was jegliches Jahrhundert Verbessert' und verdarb, s? Es wird nicht mehr bewundert, Weil seine Blüthe starb; Es splittern selbst die Kronen, Die sich aus Millionen Ein edler Mensch erwarb. Was in Olympiaden Der Grieche schön gedacht, Was auf des Ruhmes Pfaden Unsterblich ihn gemacht, Das alles muß im Wehen Der starken Zeit vergehen, Und sinken in die Nacht. Jahrzehende verschwimmen, Der Knabe strebt hinan; Zehn neue Jahre glimmen, Der Jüngling wird ein Mann; Und wieder kommen Jahre, Da scheitert an der Bahre Der Hoffnung stolzer Plan. Im süßen Frühling blühte Der Liebe Blume mir, Im heißen Sommer glühte Der Sinne Lustgewirr; Da naht der trübe Winter, Verwelkt sind Florens Kinder, Der Erde holde Zier. 58 Die Monde schwinden leise, Sie wechseln freundlich ab . Doch steht in ihrem Kreise Das frischbekranzte Grab, Und aus des Lebens Trümmer Gießt liebend seinen Schimmer Der stille Mond herab. Zerschmettert stnd die Joche Vom Eiseuarm der Zeit, Erbleichend eilt die Woche In die Vergangenheit, Und Wochen, Monden, Jahre Sind Opfer am Altäre Der finstern Ewigkeit. Ach! selbst die Wochentage Sind sich nicht gleich an Werth, Am Montag wird zur Klage, Was froh der Sonntag ehrt; Doch mit dem Sabbath fliehen Des Daseyns bange Mühen, Und was die Zeit begehrt. Wer darf die Stunden zählen In ihrem Gaukelschwung? Was uns die Zeiten stehlen, Bewahrt Erinnerung, — SZ — Und mit der Kindheit Bildern, Die unsre Sehnsucht mildern, Wird alles wieder jung. Des Tages Morgenstunden, So rosenroth und licht, Sind am Mittag verschwunden, Im Streben herber Pflicht, Und erst im Abendfrieden Umschwebt den armen Müden Ein zartes Traumgesicht. Ja selbst die Stundentheile Sind launisch, wie das Glück, Das Leben kehrt in Eile Zum hohen Quell zurück; Wie wir aus Sternen lesen, Ist unser ganzes Wesen Ein schöner Augenblick! — 6o — Die geraubte Locke. A tatternde, Seidene, Bräunliche Locke! Hab' ich dich endlich Siegend erbeutet, Ms ich im Mondglanz Neulich die schlummernde Lina beschlich! Kräuselnde Woge des Lieblichen Köpfchens! Haben die Träume Sich auf den Bogen Neckisch geschaukelt, Als sie die Schläferinn Liebe gelehrt? — 6i — Hast du die Brennende, Sinnende Stirne, Hast du die Holde, Und ihrer heißen. Heimlichen Sehnsucht Tiefe Gedankengluth Freundlich gekühlt? Tändelnde Spielerinn! Leicht und verstohlen Schmiegest in Ringeln Dich um den losen, Schmeichelnden Finger, Bildest zum kettenden Ringe dich an! Hast du die Lächelnden Scherze des Mädchens, Hast du die süßen Ränke geerdet? — Magische Kräfte Birgt dieses flatternde, Seidene Haar! 62 I Das Erwachen des Gefühls» derborgen liegt ein Bild im dunkeln Grunde, Das immer sich, wie leichte Luft, umstaltet, Ein loses Zauberbild, das nie veraltet, Und sich erneut in feder schönen Stunde. Wenn vor den Liebesstrahlen aus dem Runde Des Mädchenauges sich das Herz entfaltet, Wenn eine stille Kraft im Jrtnern waltet, Dann tönt's um mich, wie ferner Zeiten Kunde. Die Töne werden lauter, und es schreitet Das Bild hervor, von Liebesgluth beschienen, Die freundlich durch mein Wesen sich verbreitet. Und deutlich wird es nun, die süßen Mienen Erhellen sich, wenn sie vorübergleitet; Sie lebt in mir! Ich will ihr ewig dienen. 63 Die erste Liebe. Die erste Liebe füllt das Herz mit Sehnen Nach einem unbekannten Geisterlande, Die Seele gaukelt an dem Lebensrande, Und süße Wehmuth letzet sich in Thränen. Da wacht es auf, das Vorgefühl des Schönen, Du schaust die Göttinn in dem Lichtgcwande, Geschlungen sind des Glaubens leise Bande, Und Tage rieseln hin auf Liebestönen. Du siehst nur sie allein im Widerscheine, Die Holde, der du ganz dich hingegeben, Nur sie durchwebet deines Daseyns Raume. Sie lächelt dir herab vom Goldgesäume, Wenn stille Lichter an den Himmeln schweben, Der Erde jubelst du.- Sie ist die Meine! — 64 — Der Llebe Mystik. N§ohl ohne Hoffnung lieb' ich dich im Stillen, Und werde nie wem Sehnen dir gestehen; Dich still belauschen, unbemerkt dich sehen, Ein Etwas schon genüget meinem Willen. Mein Streben wird kein lauter Wunsch enthüllen, Und müßt' ich auch in weicher Dual vergehen, Mein Sang soll stets in tiefer Nacht verwehen, Und fernen Raum mit Liebestönen füllen! Ich liebe dich, du Holde! doch errathen Darf Niemand meines Busens dunkles Wissen, Denn heilig sind der Liebe Blüthensaaten. Das Wort, das sinnliche, gebiert schon Thaten, Die zarte Mythe wird vom Laut zerrissen; Die Liebe webt in schweigenden Genüssen. 65 Der Trennung Schmerz« Die laue Thräne ruht aus blassen Wangen, Und langsam sinkt sie auf den Busen nieder ; Sie kühlt die hohe Flamme dir nicht wieder, Die sich erhob im liebenden Verlangen. Du rufest laut, was schon für dich vergangen, Ein leises Weh' durchrieselt deine Glieder: Da säuselt der Erinnerung Gefieder, Und süße Bilder gaukeln vor der Bangen. Die Klage wandelt sich in stilles Weinen, Der Schmerz erweichet sich, wo Thränen thaüen; Wo sich die zarten Hoffnungen vereinen; - Und eine schone Zukunst wird erscheinen, Ein Blümchen blühet dir aus dunkeln Auen, O pfleg' es sorglich-fromm; es heißt: Vertrauen. 5 — * 66 T r a u e r t ö n e. 'Doll ich wie ein dunkles Wesen enden? Soll ich immer kämpfen mit der Welt? Wird sich nie das Spiel der Launen wenden, Das mich hier wie fesigczaubert hält? Liebe schien die Jugend mir zu spenden, Unter Glückliche ward ich gezählt! Aber nur den Schaum hab' ich genossen, Und die Duftgebilde sind zerflossen. Alternd steh' ich unter Frühlingsblüthen, Und den Blumenflor zerpflückt mein Gram, Heimlich groll'ich mit des Schicksals Wüthen, Das mir alle meine Freuden nahm; Hingesenkt in dumpfes, taubes Brüten, Bin ich ärmer jetzt, als da ich kam, Über mir verrollt die Fluch der Zeiten, Und ich Armer kann nicht weiter schreiten! 67 Hinter mir, im fernen Dammergrauen, Steht die schönere Vergangenheit, Was ich fröhlich dort begann zu bauen, Liegt im Schutte grauser Wirklichkeit, Nimmer wag' ich hinter mich zu schauen In die traute, liebe Kinderzeit; Denn das Thal, wo Liebe mir geflüstert, Hat mein böser Genius verdüstert. Vorwärts eil' ich in die leere Wüste, Wo kein freundliches Gestirn mir blinkt, Fremdling bin ich an der fremden Küste, Den sein Loos in's öde Land gewinkt, Mir versiegten selbst der Schöpfung Brüste, Wo doch jeder Müde Labung trinkt, Ausgestossen bin ich von den Frohen, Und zurück in's alte Nichts geflohen. Was in diesem vollen Herzen naget, , Hat vielleicht kein Sterblicher gefühlt, Was ich für das Himmlische gewaget, Sagt der Schmerz, der diese Brust zerwühlt, Aufrecht stand ich, frisch und unverzaget, Bis die Nacht den letzten Strahl verhüllt; Doch es wird für mich nicht wieder tagen, Und ich soll den Wunsch zum Grabe tragen. 68 Nun so fahrt denn hin, ihr Luftgebaude! Ewig sag' ich nun von euch mich los! Einsam durch des Lebens dürre Haide Wallt mein Schatten, ach! mein Schatten bloß, Und vielleicht weht bald die Lhranenweide Letzte Kühlung mir im Mutterschooß'; Was den Geist an diese Welt gebunden, Hab' ich dann in stiller Gruft gesunden! 69 An die Wollust. -Wollust! Ausgeburt träumender Üppigkeit! Deine weiche Hand bietet dem Sterblichen Die Zauberblume des Genusses, Schön wie die giftige Belladonna. Der Thor! begierig schlürft er den Taumelduft, Wirft sich sinnberaubt dir an die Mörderbrusi, Und langsam bohrst du tausend Dolche Durch die Gebeine des Spbariten! Deine Schale leert trunken der Jüngling aus, Und sein Feuerblut raset die Pulse durch , Erhitzter dehnen sich die Nerven, Bis sich die Spannung in Schlaffheit löset. Das Mädchen hüpft rasch über die Rosenflur, Pflückt am Abgrund sich Blümchen der Lebenslust, Und schwindelnd stürzt es in die Tiefe, Welche du tückevoll ihm gegraben. 70 L Mensch! du Aushauch ewiger Gotteskrast! Mächtig gängelt dich zaumlose Leidenschaft! Du schändest durch die Selbstverstümmlung Deine verkörperte Seelcnschönheit. Blick'hin, du Wüster! blicke die Wollust an! Zerreiß' die Larve, welche den Dämon hüllt, Und aus den abgeworf'nen Fetzen Grinset ein Ungethüm dir entgegen. Pesthauch wälzet sich über den Weltenring , Und der schwüle Dampf hemmet den Ddemzug; Der edle Mensch, ein Stolz der Schöpfung, Wird vegetirender Menschenschatten. Aus leerer Brust keucht brütende Seelenangst, Er wünschet den Tod sterbend sich jahrelang, Im hohlen Auge starrt Verzweiflung, Stechende Kälte durchwühlt die Fibern. Ausgegähret stockt seine Gedankenfluth, Das schwache Fädchen reisset ein Augenblick, Und, unvermögend es zu Haschen, Stiert er gedankenlos in das Dunkel. An seiner Seite welket das lieblichste Geschöpf als Gattinn, trauernd und liebeleer, Sie schaudert an des Krüppels Busen, Weinet ihm Mitleiden und —Verachtung. — 7i — Im Frühlingsalter staubet die Blüthe hin, Die einst uns Hoffnung künftiger Saaten gab ; Das wurzellose Moderbäumchcn Fallet ein rauschendes Sommerläftchpn. Und weh' den Sprossen, welchen der Siechende Durch des Zufalls Macht ächzend ein Daseyn gibt! Sie werden dem Erzeuger fluchen, Welcher zum Elende sie belebte. Freude und Genuß lächelt die Allnatur, Doch der Freude Blick dünket den Schwächlingen Nur Hohn und Spott, der ihnen ferne, Nie zu genießende Wonne winket. Wo rollt noch Spannkraft, welche Cherusker einst Zum Schrecken Rom's schuf? wo jenes Hochgefühl, Das nur in reiner Brust sich reget? Söhne der Helden! wo weilt ihr zaudernd? Leicht wie Tändelflor trug er die Eisenlast, Der deutsche Ahne, stolzer im Sicgcsschmuck, Den jetzt der Enkel nur durch Hilfe Künstlicher Rüstzeuge keuchend hebet. Wollust lahmte schon Körper und Geifiesmuth. Noch glüht ein Funke einstiger Wesenheit; D weckt ihn, Männer! weckt das Flämmchen! Werdet die Schöpfer der deutschen Nachwelt! 72 Zeigt dem Kinde schon jene Verführerin» , Die sich Liebe nennt, tauschenden Aberwitz Dem Schweizerin den Busen gießet, Jeglichen Gcisteskcim früh ersticket, — Die vielleicht wohl gar schon nach Jahrhunderten Das schale Mahrchen Liliput's wirklich macht, Wenn dort die stumpfe Abart staunend Über das Wunder von Mannern forschet. Liebe athmet nie kitzelndes Sinnenspiel, Liebe schwingt sich hoch über das Irdische, Und dennoch birgt sich die Gorgone Schlau in den Mantel der sanften Göttinn. Erwacht, ihr Edle! scheuchet die Schändliche Zurück zum Drkus! warnet den Trunkenen, Der Wonne suchet, und im Wahne Kochendes Natterngist lechzend sauget; Reißt den Armeti weg! weg von dem Schimmcr- kelch! Lehrt voll Energie: Tugend und Männerstolz, Und strömet in die zarten Herzen Hehre Maximen der Engelsunschuld! Zerschlagt die Harfe, welche mit Zwitterlaut, Statt Bardensanges, schlüpfrige Lieder gleißt, Und werft den Buben an die Kette, Welcher durch Bücher die Jugend mordet! Ich ende, Brüder! schleudre mein Saitenspiel Stumm in das Gebüsch, weihe den Mistelkranz Zum Preis des ernsten Sittenrichters, Der die gesunkene Menschheit adelt; Und wenn ein Deutscher Tugend und Wahrheit , rüst, Den Bübler geiselt, neue Spartaner zeugt: Erst dann will ich in Flötentönen Meine Gefühle dem Kato singen. 7i P erio d e n d er J u g e n d sch rvarm ere y. -Zausend ferne Welten schwimmen Durch den blauen Ozean, Kleine Flvckenwölkchen glimmen, Lieblich schwebt der Mond heran, Weißer Nebel deckt die Haine, Und im fahlen Dammerscheine Ruht der große Schöpfungsplan. In des Mondes blassem Glanze Weil' ich nächtlich einsam hier, Und im lichten Sternenkranze Webt Erinnerung vor mir; Zeiten, Welt und Seyn verrinnen, Und vor den entglühten Sinnen Gaukelt dunkles Traumgewirr. Bilder reihen sich an Bilder, Szenen der Vergangenheit Wechseln, mahlig blasser, milder, Mit den Wünschen grauer Zeit, ^5 —° Und aus dem Gemisch entfalten Sich die freundlichen Gestalten: Hoffnung und Unsterblichkeit. Thranen, die das Kind gewcinet, Wandeln sich zu Perlen um ; Eine Huldgestalt erscheinet An des Jünglings Heiligthum; ' Liebe heißt die hohe Schönes Ihr nur opfern Erdensöhne Reichthum, Thatendurst und Ruhm. D> auch ich bin ihn gegangen, Diesen zauberischen Pfad! Sehnsucht, Argwohn und Verlangen Hemmten streitend jede That, Durch die Himmel wollt' ich dringen, Ach! und meine leichten Schwingen Waren fesselschwer und matt. Trauter Mond! an deinem Schimmer Hieng so oft mein trunkner Blick, Und im zweifelhaften Flimmer Schwand das All um mich zurück; Liebe flöteten die Musen, Taumelnd lag ich ihr am Busen, Und ein Kuß erschwang mein Glück. Doch ein Augenblick enthüllte Dieser Täuschung Truggesialt, 76 Und mein ganzes Wesen fühlte Sich so herzlos, öd' und kalt. Selbst mein Seyn ward zur Beschwerde, Und die holde Gotteserde Mir ein wüster Aufenthalt. Lange narbte diese Wunde, Trüber floß der Pulse Blut; — In des Kummers bangster Stunde Hob sich plötzlich all' mein Muth; Rachen wollt' ich, und vergessen, Mich durch Hindernisse pressen, Trotzen meines Schicksals Wuth. Stolz durchbrach ich alle Granzen, Und der Ruhm war nun mein Ziel, Unter Helden wollt' ich glanzen, Niederstürmen mein Gefühl! Aufgeregt vom Seelenkrampfe, Sucht' ich Tod im heissen Kampfe, Ehrentod im Schlachtgewühl. Aber eilig floh'n die Szenen Dieser Trunkenheit dahin, Und ein göttergleiches Sehnen Drängte meinen stolzen Sinn, Meine volle Brust schlug freyer, Weggerissen war der Schleyer, Lächelnd stand ich am Ruin. 77 In der Erde reichen Schlünden, Wo das Gold der Habsucht gleißt, In des Raumes Labyrinthen, Wo der schnelle Irrstem kreist, In des Meeres tiesem Schooße, Und im Honigkelch der Rose Weilte dann der srohe Geist. Schaudernd sah ich auf die Bahne Meiner Irrungen hinab, Rasch entriß ich mich dem Wahne, Der mir Schmerz und Täuschung gäb, Überstieg getrost die steile Klippe greiser Vorurtheile, Und durchspahte selbst das Grab. Auch im Grabe fand ich Leben, Auch im Grabe Trost und Licht; Weisheit suchen, Freude geben, Ward mir nun die höchste Pflicht; An der Wahrheit Feuerspiegel Schmilzt der Mystik falsches Siegel, Und die Scheidewand zerbricht. Offen liegt der Schöpfung Fülle, Alles wird jetzt rein und klar, Was mir in erborgter Hülle Einst so tief verschlossen war; Freude winket im Gebilde - 78 - Tiefer blühenden Gefilde, Die Natur ist ihr Altar. Nie versiegen wird die Duelle, Die mir hier entgegen rauscht, Wenn die aufgereizte Seele Dieses große Werk belauscht; Hier ist Schwarmerey so süße, Wenn man wirkliche Genüsse Für ein Ideal vertauscht. Schwelgen will ich im Vergnügen, Schwelgen in dem Blüthenmeer, Tborheit will ich kühn bekriegen, Nichts sey meiner Kraft zu schwer! Walle denn, mein Geist, o walle Durch die düstre Zeitenhalle, Tilge Nacht und Ungefähr! An mein Herz heran, ihr Wesen! An mein Herz, du Allnatur! Weg mit dunkeln Hypothesen, Hier ist Licht Und Wahrheit nur! Alles ist so schön hienieden, Und, voll stillem Gottesfrieden, Ruht mein Herz, wie diese Flur. Hin zum Monde möcht' ich fliegen, Schweben durch den Abendduft, Auf dem Silbcrstrahl mich wiegen , 79 Bis des Morgens Stunde ruft, Durch die Sphären möcht' ich eilen, Und mit Seherblicken weilen Db dem Pünktchen meiner Gruft I Halle sanfter, gold'ne Leyer! Flieht, ihr Zittertöne! flicht! Rauscht, ihr Sterne! Gottes Fexer, Und die Erde jauchze mit! Säuselt leise, Abendwinde! Jeder bange Laut entschwinde In ein volles Jubellied! j 00 A b e n d l l e V. ^m Abend, rvenn's düstert, Da wird mir so wohl, Der Frühlingswind finstert So klagend und hohl; Da wähn' ich im Hain Die Elfen zu sehen, Die ringelnd sich drehen Dey mondlichem Schein- Am Abend, wenn Schatten Sich formen aus Duft, - Die Grille mit matten Gezirpe nur ruft, Wenn alles entschläft; Dann ist die Betrachtung, Der Sterne Beachtung Mein stilles Geschäft. — 8i Am Abend, wenn traulich Der Silbermond stimmt, Das Hochgebirg graulich Im Nebel verschwimmt; Dann eil' ich hinaus, Und weide mit Sehnen Das Auge voll Thrancn Am schimmernden Haus. Am Abend, wenn kühlend Die Nachtschauer weh'n, Wenn Herzen sich fühlend Und freyer versteh'»; Da weil'ich so gern, Da werd' ich zum Dichter, Cs sind mir die Lichter Des Himmels nicht fern. Am Abend, wenn's grauet, Da fühl' ich mich ganz, Mein Feuergeist bauet Sich Welten im Glanz, Aus Wolken geballt, Die über mir ziehen; Die Wolken entfliehen, Doch steht die Gestalt. 6 82 Am Abend, wenn Stille Die Gegend bedeckt, Cntrafft sich der Hülle, Von Ahnung erweckt, Der dürstende Geist, Der, spottend dem Wahne , Das Band der Drgane Zm Fluge zerreißt. Am Abend, am Abend Empfind' ich so frcy, Die Luft ist so labend, Das Leben so neu. Nichts störet den Blick; Es wandeln die Dinge - Im nächtlichen Ringe Zum Ursprung zurück. 83 Der kleine Krieg. Ein Scherz. §)as Herz führt stets den kleinen Krieg Mit seinem Gegner Kopf, Und meistens krönt das Herz der Sieg, Es fallt der Sauertopf; Mit tausend seinen Listen Wird's gegen ihn sich rüsten, Fangt hie und da zu necken an, Und sieget ohne Plan. Das Feuer aus dem Kleingervehr Don schönen Augen hat Schon manchmal ein Sophismen - Heer Besiegt mit kühner That; Es plänkeln Händedrücke, Und scharmuziren Blicke, Und sagen da, und drangen dort Gedankenmafsen fort. 6 - — 3/, — Der Kopf mag sinnen , wie er will, Das Herz gewinnt das Feld , Es halt nicht Stand, und steht nicht still, Und bleibt ein luft'ger Held; Doch wird es still einst stehen, Jst's um den Kopf geschehen, Es reißt in seiner Todesqual Den Gegner mit im Fall. Partheygang ist des Herzens Kunst , Es macht, so gut es kann, Durch Hokus Pokus blauen Dunst , Und überrumpelt dann; Bald muß der Kopf ermüden, Und sinnt er auch auf Frieden, So seht ihr, was ayr Tage liegt, Daß ihn das Herz betrügt. Darum ist auch der Friede nie Definitiv und fest, Weil sich das Köpfchen allzufrüh Auf Herzenstreu verlaßt; Das Herz hat tausend Nanke, Präliminare Schwanke , Durch dieß und das und jenes wird Der Kopf stets irrgeführt. 85- Und bricht der Krieg nun wieder aus, So ist's das alte Spiel, Das Herzchen treibet, bunt und kraus, Der Stratageme viel; Und will's der Kopf forciren, Verstand'squarr« formiren, So wird er lachend eingeengt, Und durch den Witz gesprengt. Denn wißt! der WiH ist schlimmer Art, Spion und Deserteur, Er dienet bald dem Gegenpart, Und bald dem Monsieur Coeur; Er wird sogleich verrathen, Was die fünf Sinne thaten, Und darauf baut das Herzchen schon Die Operation. Wenn gleich der Kopf sich dicht verschanzt, Mit Gründen rings umher, Die Logik fpallisaden pflanzt, Und solcher Dinge mehr; Da kommt so ganz im Stillen Das Herz mit den Gefühlen, Und stürmt mit Leidenschaft und Schein Rasch auf das Köpfchen ein. — L6 — Und, kurz gesagt, der Kops ertragt Den Much des Herzens nicht. Wenn sich das Herz aus Liebe schlägt, Schlagt sich der Kopf aus Pflicht; Man weißes ja, mit Pflichten Ist wenig auszurichten, Wenn nicht das Herz, das lebt und liebt. Hiezu sein Werde! gibt. So isi's; und auch ich lasse sie Im regen Wechselsireit, Wer lang bedenkt, gewinnet nie, Und altert vor der Zeit; Zch weiß, daß durch Beschwerden Sie einst noch Freunde werden, Und sind sie Freunde, Kops und Herz, Dann schwinden Gram und Schmerz. 8? Der Nam e. ^Oelch' süßer Zauber wehet Aus ihres Namens Klang! Und wie der Klang vergehet , Wird mir so wohl und bang; Der Lüste reine Wellen, Sie tragen gern den Hellen, Melodischen Gesang. Gesang ist mir der Name; Tief in des Herzens Raum Erglüht die stille Flamme, Erwacht der schönste Traum; Es bebt mir jede Fiber, Das Leben rauscht vorüber, Und ich erfaß' es kaum. 83 Der Name weckt die Bilder, Die uns die Jugend mahlt, Des Herzens Sturm wird milder, Wenn mir der Name hallt; Die zarten Sylben gleiten Durch des Gcmüthes Saiten Mit lieblicher Gewalt. Der Name tönt so reizend, Wenn ihn die Liebe spricht, Doch nenn' ich, liebegeitzend, Zu ost den Namen nicht; Nur in der süßen Stunde Mit kußentflammtem Munde Ist Tändeln zarte Pflicht. Nennt mir die großen Namen Der Welt hinab , hinauf! Sie wiegen all' zusammen Den weichen Schall nicht auf. Soll ich den Namen nennen? — Ihr dürft ihn ja nicht kennen, Still ist der Liebe Lauf! - 8g - Die Lüftchen. 3hr säuselt So freundlich, llnd kräuselt Im Thale So scherzend Das fahle, Gesunkene Laub! Was wehet Ihr Lüftchen? Was drehet Ihr Lose Die Blätter Der Rose Im Wirbel dahin? Es flirren Die Geister Im Schwirren Der Winde, Im Wipfel Der Linde Verbergen sie sich. S« Sie buhlen Um Küsse, Und lullen Den Müden In Schlummer Voll Frieden Und Ahnungen ein. Die reinen Sylphiden, Sie weinen, Und theilen Die Leiden, Und heilen Den brennenden Schmerz. Sie kreisen Und wandern Mit leisen Getane; Da singen Die Söhne Des Äthers ihr Lied. Da streuen Sie Blüthen, Und freuen Sich innig, Wo schwärmend Und sinnig Ein Liebender richt. Sie wecken Den Träumer, Und necken , Und kühlen Von heißen Gefühlen Das schwellende Herz. Sie tragen So traulich Die Klagen Des Dangen, Das laute Verlangen Der Liebe hinweg. Ost stehlen Die leichten Gesellen Den Schleyer Der Mädchen In frepcr Verwegener Lust. Ihr lauen Zephyre! Ihr blauen §2 Gedüste! Ihr Geister Der Lüfte! Umwehet mich jetzt! Durchbebet Die Saiten, Und webet Ins Wilde Des Lebens Die Milde Der Dichtungen mir! Ihr Haber Mit Hymnen Gelabet Die Seele, Ihr wäret Die Quelle Der lieblichen Kunst. Zerstäubet Die Nebel, Und treibet Die Wellen Des Lebens Im schnellen Bewege hinab! 5)3 Trinklied. ^?as ist Leben, was ist Liebe, Was ist Freundschaft ohne Wein? Ohne Wein ist alles trübe, Bloßer Traum und Schein! Chor. Brüder, füllet! Seht,, es quillct Rebensaft, wie Gold so rein! Füllt und stürzet! Glaubt, es würzet Alles nur der Wein! Bey dem frohen Rundgesange Schwillt so hoch das treue Herz, Und bey reinem Glascrklange Fliehen Gram und Schmerz. — g.r — Zeiten schwinden, Sonnen kreisen, Und Vollendung nahet sich; Doch isi selbst das Grab dem Weisen Wohl nicht fürchterlich. Sollen wir uns ängstlich kümmern, Daß wir Menschen sterblich sind, Daß der Stern mit leichtem Flimmern In ein Nichts verrinnt? Soll dieß schöne Erdenleben Unter Zweifeln uns entflieh'n? Freude nehmen, Freude geben, Ist ja Menschcnsinn. Leben heißt ja wohl: genießen! Nur Genuß ist Lebensglück. Seht, wie schnell die Stunden fließen! Hascht den Augenblick! Becher klingen, Trauben blühen, Und die volle Schale blinkt, Und des Mädchens Lippen glühen; Brüder! küßt und trinkt! Brüder! blicket niemals trübe, Denkt, es reift die Traube noch! Sprecht: Es leben Wahrheit, Liebe, Lust und Menschheit hoch! - ZS — Chor. Füllet wieder, Wackre Brüder! Füllt die Tummler schweppernd voll! Stürzt dann alle Die Pokale Aus auf Freundes Wohl! 96 T 6 g e s r u f. Hieran! Herauf! Sleig' aus der schlummernden Tiefe Herauf, du werdender Tag! Schon ruft in schnelleren Zügen Der wachende Hahn; Heran! Herauf! So schwarz, so wüst! Im weiten, düsteren Raume Erknistcrt fallendes Laub, Und gelbe, staubende Funken Durchflinkcrn den Moor, So wüst, so schwarz! Dahin! dahin! Im Forste sauset die Windsbraut, Der Strom schlagt brüllend am Fels, Die hohen Wogen verrinnen; Cs rollet die Zeit Dahin! dahin! 97 Halt cin! halt ein! Du großes, furchtbares Wesen, Das kein Gedächtniß umfaßt, Das hier und überall herrschet, Du ewige Fluch! Halt ein! halt ein! Umsonst! umsonst! Kein Machtruf bringet ste wieder l Die Erde kreiset so bang, Es kämpft der röthliche Morgen Mit feindlicher Nacht; Umsonst! umsonst! Wohin? wohin? Du rastlos wandelnde Quelle! Was beut dein schaumender Born? Jst's hohe, geistige Labung? Jst's giftiger Trank? Wohin? wohin? Wohlan! wohlan! Laß rollen Stunden und Jahre! Laß heulen Wellen und Wind! Ich steh' mit ruhiger Stirne Zn hehrer Gewalt; Wohlan! wohlan! 7 - L8 - Hinweg! hinweg! Du grausenerregendes Dunkel! In Dsten flimmert ein Stern So traut und freundlich hernieder, Schon schwindet die Nacht; Hinweg! hinweg! Wohl mir! wohl uns! Dort grauen fliegende Wölkchen, Dort schwanket zweifelndes Licht; Sie kömmt die göttliche Sonne, Die alles erhellt! Wohl uns! wohl mir! S9 Die Fahnenweihe. Stadt erwacht, die Halle dröhnt Vom ernsten Morgcnsang, Die Tuba und die Cxmbel tönt Den Strassenraum entlang. Und als die frühe Sonne glüht, Da knarrt das Thor, und schweigend zieht Hervor der Krieger Menge Im festlichen Gepränge. Was will die rauhe Kriegerschaar Am frühen Tage schon? Vielleicht erweckte die Gefahr Den deutschen Heldensohn? — „Kolonne, marsch !" erschallt das Wort, Die langen Züge wallen fort, Voran mit blankem Schwerte Die Führer hoch zu Pferde. 7 100 Hinab, hinauf, im Regelschritt, Aks gieng' es in die Schlacht, Ein Wort, ein Klang, ein Blick, ein Tritt, In hoher Einheit Pracht, So zieh'n des Landes Söhne hin. Die Helme schmücket Eichengrün, Es klingen Horn und Zinken, Und Wehr' und Waffen blinken. Und „Halt!" die Reihen ordnen sich Zur Andacht um das Zelt, Der Mcßgesang schallt feyerlich Durch's nebeldüst're Feld, Es dränget sich der Manner Schwur Hinan zum Lenker der Natur, Und Aller Herzen dürsten Nach Kampf für ihren Fürsten. Was sammelt euch, ihk Krieger all'l In weißer Waffentracht? Was tönet eurer Tuba Schall? Wem gilt die rauhe Pracht? — Die Krieger steh'n am Heiligthum, Es rufet sie der alte Ruhm Zum Feste deutscher Treue, Zur hehren Fahnenweihe. IVI Wohlauf, Genossen! reihet euch Um eure Fahne her! Wir stehen einst den Felsen gleich Im wildempörten Meer, Dann siegen oder fallen wir Um dieses Bundeszeichen hier; Die Gottheit soll uns hören: Wir schwören es!— wir schwören! Den Feigen treffe Hohn und Schmach, Der seinen Eid nicht hält! Dem Braven stürme Jubel nach, Der in dem Kampfe fallt! Wie Schröder am Adige-Strand Und in Tirols Gebirgen stand, So wollen in Gefahren Die Fahne wir bewahren. Dem tapfern Führer folgen gern Die Männer in den Kampf, Er leuchte wie ein Heller Stern - Voran in Graus und Dampf, Und, hurrah! fort in Mord und Tod ! -Da färbe sich die Fahne roth! Wir wanken nicht, noch weichen Im Sandgesild der Leichen 102 f"Auch Kärntens Volk hat hohen Sinn Für Recht und Vaterland, Auch Chrentod ist Hochgewinn Für unfern Ehrenstand, Und Hohenlohe- Bartenstein Soll stets voraus in Schlachten seyn, Es will mit frischen Kränzen Zn Heermanns Tempel glänzen. Zum Nägelschlage rottet euch, Soldat und Offizier! Es klinge fxoh der Hammerstreich Am flatternden Panier! Es halte wie der Nagel fest Die Treue, die uns nie verläßt? Zn Gottes Namen schlaget! Wir stehep unverzaget. Zhr, die ihr einen Zweck erkennt, Ihr Edle dieser Stadt! Zhr Wackern! welche der Regent Zur Pflicht berufen hat! Zhr Bürger! schließt an uns euch an, Und wer den Hammer schwingen kann, Der mehre rasch die neue, Bedeutungsvolle Reihe! — Iv3 — Ihr Schönen! schlingt mit zarter Hand Der Tugend schönsten Zoll, Der Liebe holdes Zauberband Um unser Schlacht - Symbol! Denn Friede heißt das reine Ziel, Das jedem guten Menschen siel, Und Liebe war nicht selten Der höchste Lohn des Helden. Die Fahne schwinget in die Luft! — Ha ! wie sie schwebt und wallt! Der hohe Doppeladler ruft, Und lauter Paan Hallt; Glück auf! mit uns ist Sieg und Heil! Sey auch die Bahne schroff und steil; Wir wollen auf die Schanzen Des Feindes Palmen pflanzen. Die Weihe singt der Seelenhirt, Da rauscht es: "Bataillon! Acht! Prasentirt!,,— die Wehre klirrt, Es wirbelt Trommelton, Die Feldmusik ertönt ringsum, Die Glieder harren starr und stumm: Nun tritt nach alter Sirte Der Führer in die Mitte^ ic>L — Und höher wogt der Seidenschwall Der Fahne durch den Wind , Und Jubel schmettert überall, Es jauchzen Greis und Kind; Der Krieger hebt den stolzen Blick, Ihm scheint der Tod der Ehre Glück, Für Franzen will er sterben, Den Kranz sich zu erwerben. Rasch eingerückt, die Waffen ab, Den Becher in die Hand! Dann weiht er, was das Loos ihm gab Dem theuern Vaterland, Und süßer mundet ihm der Wein, Die Freudenthrane stürzt darein; Er spricht mit frohem Beben: HausÖsterreich soll leben! — ic>5 — Morgenbilder. « So regt sich alles in der Gcgenrrart, Und denket nicht an einer Zukunft Grauen; Der Schöpfer gab den Guten dieß Vertrauen, Das sich in reinen Seelen offenbart, Den Guten schirmen ewige Gesetze, Und die Natur enthüllt ihm ihre Schatze. Da bin ich denn in trauter Einsamkeit, Tief unter mir erbraust des Stromes Wüthen, Vom Apfelbaume schneyen welke Blüthen, Und Blüthen reicht mir die Vergangenheit ; Zu meinen Füßen seh' ich Blatter gleiten , Und Sonnen trümmern im Gewühl der Zeiten. Am Hügel weil' ich sinnig und entzückt, Und schaue bethend in die Molkenmassen; Mein Auge kann das Ganze nicht umfassen, Das vielgestaltig mir vorüberrückt; Die Erde und der Ätherbogen scheinen Sich in der Ferne freundlich zu vereinen. I2r Erhebung. ^on des Himmels reiner -Blaue Blinket freundlich - mild der Mond, Und der Welten Flimmer- Reihe Schwimmt im weiten Horizont. Alles liegt ringsum so stille. Auf der thaubenäßten Flur Tönet durch die Nacht der Grille Zirpen mählig schwächer nur. Leise, kühle Lüftchen wehen Durch des Wäldchens Schattengrän, Abgeflockte Blüthcn drehen Sich in kleinen Kreisen hin. Feperliche Dämmerschatten Hüllen das Naturgefild, Und vor jedem schluknmermatten Auge schwebt ein Traumgebild. 122 Sorglos ruhen alle Müden, Ich nur wandle ganz allein, Meine Brust voll stillem Frieden, Einsam durch den Eichenhain. Meine Blicke irren thranend Zn des Mondes Zauberlichl, Und im Drang hinan sich sehnend Fühlt mein Geist die Bande nicht. Zm bewegten Herzen glühet Selige Begeisterung, Alles Irdische entfliehet Zn der Seele kühnem Schwung. D! dann wandelt unter Sternen Stolz der losgewund'ne Geist, Forscht in ungemefs'nen Fernen, Was Vergeh'» und Werden heißt. Über schwarze Tiefen gleiten Niescnträume, graß und hehr, Sinn, Vernunft und Ahnung streiten, Und der Busen klopft so schwer. Ach! was ist des Menschen Sehnen? Was der Hoffnung Gaukelspiel? Kommen, athmen und sich trennen, War sein angeerbtes Ziel! 123 Soll dem Glauben ich entsagen, Wenn mich Schauer kalt umweh'n? Soll ich bei der Menschheit Plagen In der Zweifel Angst vergehn? Nein! mich soll kein Wahn beschränken! Eile, Zukunft! winke, Tod! Hoffend will ich immer denken: Droben lebt ein guter Gott! Ströme denn, du stille Quelle Meines Daseyns! riesle fort! Einst wird alles klar und Helle An der Ewigkeiten Port. 124 — Der Friede. -willkommen, lächelnder Engel' Dein Hauch ist liebliches Melos, Und Lerchengejubel dein Gruß. Du schwebest, rosenbekränzet, Aus besseren Zonen herüber, Und träufelst heilenden Thau. Willkommen, o Friede! Willkommen, segnender Schußgeist, Im Lande würgender Zwietracht! L tilge den blutigen Haß, Versöhne die weinende Menschheit, Und lehre mit schonender Liebe Den Völkern ihr hohes Gesetz! Willkommen, o Friede ! — 125 - Willkommen auf dampfender Haide, Wo grausig der Schlachtenruf heulet, Und Krieger an Krieger sich drangt! Zerstäube den täuschenden Nebel, Der dumpf ihre Sinne beflorte, Zerstäube den irrenden Wahn! Willkommen, o Friede! Des Lebens wechselnder Schimmer Erstarb im nächtliche,: Dunkel, Und Düsterniß hüllte die Flur; Da welkte das Blümchen der Freude Im Wirbel der wüthenden Windsbraut, Da bebte der ewige Fels Im Sturme des Schicksals. Des Glückes rollende Würfel Entfliehen der lenkenden Urkraft, Und sieh! das Vaterland weint! Im rauhen Gebrülle der Harste, Im Sterbcgewinsel der Schlachten Verhallte das ländliche Lied. Das Vaterland weinet! Wo freundliche Kinder sich neckten, Da schwärmen nun tobende Krieger, Und Dliße durchzischen die Lust; Wo liebende Paare sich kosten. 126 —-° Dort schlagen sich Brüder mit Brüdern, Dort rasselt statt Nachtigallsang Der gräßliche Blutkampf. Im Schutte hoher Pallaste Ächzt Armuth und drückendes Elend, Es iammert der hungernde Greis; Wo einst unter rauschenden Cymbeln Der Grazien Reigen sich schlangen, Dort wankt nun ein trübes Gespenst, Das Bildniß des Todes. Wo Schnitter der Ernte sich freuten, Dort liegt nun in starrender Hde Die niedergetrettene Saat; Wo üppige Reben sich rankten, Wo einst ein Halmenmeer wogte, Durchirret die Stoppeln der Wolf, Und wittert nach Leichen. Thuiskons Enkel erblaßten Im Ausblick grauender Zukunft, Von jauchzenden Feinden umringt; Doch immer noch trotzten die Helden, Doch immer noch haschte die Rechte Mit kräftigem Zorne das Schwert, Und zückt' es zur Rache. — r 27 Schon wälzten die mächtigen Heere Mit schweigender, dumpfer Erwartung Sich näher und näher heran; Nun tönte die schreckliche Losung , Nun würgten sich tausend und tausend, Und ach! vom nordischen Blut' Schwoll brausend der Jster. Wo seyd ihr, Männer aus Norden? Wo weilt ihr, deutsche Gefährten, In jener friedlichen Welt? Dort wandeln verbrüderte Schaaren, Dort reicht auch der Krieger von Kiew Dem Franken zur Sühne die Hand; Der Dritte verzeihet. Der Nachwelt fernste Annalen, Sie werden des Tages gedenken, Der hier so vieles entschied, Wo drey Monarchen die Kronen Im größten gefährlichsten Spiele Zum Preise des Sieges gesetzt, Drep Kronen und Leben! Noch schaudert die klagende Menschheit Vor jenem Gemählde des Tages Mit zürnendem Beben zurück: 128 Selbst Kampfer voll härteren Sinnes Erstarrten im heißen Gewühle, Im Felde des Mordes. Ha! nun schien Deutschland gefallen, Zersplittert die alternde Eiche, Erloschen der heimische Ruhm; Schon jubelten Galliens Schaaren, Vergaßen die eigenen Wunden, Und bauten auf Leichen sich jetzt Das Denkmal des Sieges! Da hob mit gewaltigem Arme Der große Racher und Retter Noch einmal das drohende Schwert; Er drängte mit muthiger Klugheit Durch feindliche Heere sich vorwärts, Und, nie besiegt, stand er allein, Ein Schrecken dem Kühnen l Allein umfaßt' er voll Weisheit Des Siegers schwindelnde Plane, Und dämmte die wachsende Fluth; Allein noch flirrte sein Panner Durch Deutschlands waldige Höhen, Er stand, und harrte der Schlacht Mit stolzer Empfindung. 129 Doch wehmüthig blickten die Herrscher Auf ihre verstümmelten Manner, Und über das Modergefild; Der Menschlichkeit schöne Gefühle Erwachten im eisernen Busen: Sie boten die kämpfende Faust Zum ewigen Bunde. Nun lächelte milder die Sonne , Die prasselnden Donner verstummten, Das schwarze Gewvlke verblich,- Und aus dem reineren Äther Stieg holder Friede hernieder, Und kränzre das nahende Jahr Mit Blüthen des.Llbaums. O weile, du himmlischer Bote! Und gieße lindernden Balsam In jedes beklommene Herz! Daun harschen die gähnenden Wunden, Dann weint auf die bleibende Narbe Der kommende Enkel wohl einst Noch Zähren der Freude. — i3o — O weile , du Liebling der Wahrheit! Schon wallt dir zum süßeren Opfer Der Dank deiner Völker empor ; Schon bebt durch die schüchterne Harfe Der zitternde Nachhall des Päans , Und ruft dir mit Tönen der Lust: Willkommen, o Friede! Vergangenheit. ^in leichtes Wölkchen siehst du oben schwimmen; Es wandelt sich in mancherley Gestalten, Dein Auge kann die Bilder nicht behalten , Die immer neu im Wellengang sich krümmen. Du willst die Formen naher dir bestimmen, EH' noch die Sonnenblicke dort erkalten; - Doch mit den Fernen kann der Sinn nicht schalten, Ein Hauch, ein Augenblick, und sie verglimmen. Zm zarten Geiste nur wird das bestehen, Was rettungslos zerfließet vor den Sinnen, Im Wiederscheine muß dein Blick es sehen. Das Schöne wird in jedem Keim beginnen, Aus dir hervor muß alles wieder gehen. Was freundlich im Gemükhe dir erschienen.' S l32 G e Z e n w 6 r t. ^ie Welt versinkt in farbenlose Hde, Der Sinn verschmilzt in des Genußes Fülle, Die Ewigkeit liegt in der weilen Stille, Geschlichtet ist des Lebens wilde Fehde. Zn Frieden ruht das Menschenherz, und jede Mrborg'ne Kraft, und jeder stolze Wille, Der Geist wirkt frisch in der gestärkten Hülle, Die Kraft wird That, und der Gedanke Rede; Und aus der Ruhe quillt ein reges Leben , Ein Ganzes formet sich aus dunkeln Bildern, Die einst uns die Vergangenheit gegeben. Die Seele will den Schmerz der Trennung mildern, Das Schöne soll noch einmal abhin schrvebcn, Die Gegenwart im Spiegel uns zu schildern. -ZZ Zukunft. 2bjr schauen freudenahnend in den Spiegel, Den uns die schlaue Gegenwart gestellet, Doch nur ein kleiner Kreis isr aufgehcllet, Der Mond beleuchtet einen Rasenhügel. Da rauscht ein Genius mit leisem Flügel, Vergessen ist , was unsern Kelch vergället, Die Gegenwart und Zukunft sind vermählet, Und abgerissen liegt der Zeiten Siegel. Es kehret wieder, was wir einst ersonnen, Die Sinne schwelgen liebend in den Klüthen., Die Kräfte spinnen, was sie einst gesponnen; Selbst die Vergessenheit muß das vergüten, Was unter ihrem Winterhauch zerronnen, Und Balsam jedem wunden Herzen bieten. — iZ4 Trinklied für Handelsfreunde. L^ie Zeit entfliehet wie ein Traum, Bald trüb, bald wieder Helle, Das Leben gleicht dem leichten Schaum Der raschen Meereswelle; D'rum, Brüder l hurtig! schenket ein, Und laßt uns bey dem Nektarwein Dem Tod entgegen jubeln! Wir wollen jede Menschenpflicht Mit heiterm Sinn vollführen, Und unsers Wechsels kurze Sicht Mit Fröhlichkeit saldiren; Wenn einst der Zahlungstag erscheint, Wird ihn der große Handelssreund Gewiß auch acceptiren. Doch wer des Unmuths schwere Fracht Für seinen Part geladen, Wer nie ein Risiko gemacht, Der handelt nur mit Schaden; — i38 — Wir aber wollen früh und spat, Wenn's auch sila minul, geht, Uns Munterkeit verschreiben. Der wichtigste Artikel ist Von allen Kaufmannswaaren, Und was das Leben uns versüßt In Stürmen und Gefahren, Ein Liebchen und ein Gläschen Wein. Auf, Brüder! stimmet fröhlich ein: Es leben Wein und Mädchen! Des Kummers Tara wieget viel, Oft mehr als unsre Freuden, Doch wer sie ganz verzeichnen will. Verstärkt sich seine Leiden; Wir geben alles leichter hin, Und sind vergnügt mit dem Gewinn Von wenigen Prozenten. Wir sind bereit, mit stolzer Brust Und ruhigem Gewissen, UnS keines Falliments bewußt, Die Rechnung abzuschließen; Der Gott, der dort die Handlung führt. Hat uns dieß Leben kreditirt; Wir müssen einst bezahlen. iZ6 Er trägt die Posten, groß und klein , Die Tugenden und Schwächen, Genau in seinem Hauptbuch ein, Und wird das Urtheil sprechen; Wohl jenem, der sein Debet dann Durch edle Thaten tilgen kann In richtiger Valuta! D'rum Freunde I laßt uns immerdar Den reinsten Freuden weihen! Nie soll die treue Brüderschaar Ein niedrer Zank entzweyen! Reicht euch die Hand voll deutscher Krast, Und rüst: Es leb' die Brüderschaft Der biedern Handelssreunde! Der Todtenkopf sey unser Schild, Sey unser Ferme - Zeichen! Bey diesem ernsten Schauerbild Soll jeder Jrrthum weichen! Und Unser Wahlspruch heiße stets r Verehret das Naturgesetz, Und freuet euch des Daseyns! -37 Die WinLernacht. '-'s ist so kühl, so schauerlich Im starrenden Gefild', Die Auen trauern rings um mich, In weißen Dunst gehüllt, Und ob dem trüben Horizont Erhebt sich still und blaß der Mond. Der Hügel stimmt im Dämmerstrahl, Es glimmern Feld und Wald, Der Teich erglänzt im Erlenthal, Vom Abendroth bemahlt, Und überall blinkt Helles Weiß , Und überall starrt rauhes Eis. Kein Mückchen tanzt, kein Vogel schwirrt, Es säuselt hier kein Laub, Im öden Wintcrfelde irrt Der grimme Wolf nach Raub, Und fernher läutet rasch und bang Der Schlittenglvcken dumpfer Klang. ISS Doch unter dieser kalten Last Ruht frisches Lenzesgrün, Um nach der langen Winterrast Einst duftender zu blüh'n: So ruht im stillen Moderhaus Der Geist zu neuem Leben aus. Aus Grabern keimt die große Saat Der Nachwelt hoch empor, So windet sich zur höhern That Der künft'ge Mensch hervor, So sinkt in steter Ebb' und Fluth, Was groß und edel war, und gut. Auch ich will ruh'n, bis rasch und kühn Mein Geist sich wieder hebt, Und Phantasie und Bildungsflnn Durch neue Gluth belebt; — Vielleicht entreißt mich deinem Liebesschooße Die ticfverhüllte Schicksalsmutter Zeit, Vielleicht bin ich dem dunkelsten der Loose Im weiten Kreis der Schöpfungen geweiht; Doch will ich aus der Ferne mit Entzücken Herüber nach den blauen Hügeln blicken, Mein letztes Wort sey liebend noch und stark: Mein Fürst — die Freyheit, und — du Stei ermark! ,06 MenschenkrafL. schweigend sinkt des Meisen Blick Aus dem unendlichen Blau zurück, Fragend mißt er die Erde; Und aus der Mutter düsterm Schoos, Reißt sich der Keim der Ideen los, Und der Genius ruft das mächtige: Werde! Willig formt Verwandtes sich, Aber die Leere gähnt fürchterlich, Die uns schreckend umfaltet. Rings überall bist du gebannt; Nimm aus der mütterlich - milden Hand , Was sie, wesengleich, deinem Wesen gestattet Welten rollen durch den Raum, Aber dein Auge bemerkt sie kaum: Dennoch wirst du sie kennen, Flüstert dir still ein Etwas zu, Ähnlich und schicksalsverwandt bist du! Und den Busen schwellt bang ein drängendes Sehnen. 167 Willst du dort hinan so kühn, Wo die Gedanken der Menschheit glüh'n? Willst mit Strahlen dich kränzen? Schüttle den Staub hinweg, o Geist! Wenn dich der Wille hinüber reißt Durch der Ahnungen leichte, dämmernde Gränzen. * Dort ist's ewig klar und licht! Schüttle den Moder ab! Ziktrc nicht! — Doch du zögerst und starrest. Kühner! wo starb die hohe Kraft? Hast du des Nächtlichen Wissenschaft, Das du über der Gruft so sehnlich erharrest? " In den Kreis der Wirklichkeit Warf dich die mächtige Fluth der Zeit, Die dich wieder zerstäubet; Aber den Strom erhemmt ein Wort, Namen - und Körperwelt gleiten fort, Nur die Eigenheit deiner Wirkungen bleibet. Mensch ! die Geister sterben nie, Wie die vertonende Melodie; Ewig währet die Schwingung. Hauche den Geist in Thaten hin, Hauch' in die Werke den Schöpfnngssinn, Und die Ewigkeit stockt in eig'ner Bezwingung. i63 Der Forscher. Kessellos sicht der menschliche Gcisi An des Lebens gebrechlichen Schranken, Und was den Kühnen hinüber reißt, Stammt vom höchsten, schönsten Gedanken; Fort muß er, fort, hinaus und von hinnen, Und eilend will er den Vorsprung gewinnen. Niedergeklebet wie Stäubchen am Staub, Weilt er in der zerrinnenden Masse, Aber ergriffen, des Sturmes Raub, Sieht er fern die sonnige Strasse; Höher gedrängt, erhebt er sich höher, Es führt der Schmerz den Unsterblichen näher. Freudige Kinder spielen wir da , Rings umlagert von Todesgesialten, Was des Entfesselten Auge sah, Wird sich nie dem Frohen entfalten; Nur durch der Lhränen dunkelnden Spiegel Erkennt der Seher die heiligen Siegel. 169 Tief aus der Zeiten Ncbelgefild', Hell im düsteren, nächtlichen Grunde, Lächelt ein liebliches Götterbild, Winkt uns mit verschlossenem Munde; Magische Kräfte zwingen den Müden, Er sucht im rastlosen Kampfe den Frieden. Freundlicher wird es, lichter der Raum, Leben wirbelt in ewigen Kreisen, Nieder zur Wirklichkeit steigt der Traum, Webet in fantastischen Weisen; Stiller durchgeht der Forscher die Welten, Und Wahres nur kann für Schönheit ihm gelten. 170 Der Kampf mit dem Lindwurm. Eine kärntnerische Volkssage. «2-^ie Sonne sinkt, der Abend graut, Die Schatten laufen schneller, Und von dem hohen Söller schaut Der Markgraf in die Thaler ; Er schaut hinauf, er schaut hinab, Doch wie ein weites Riesengrab Liegt Stadt und Land, verschlungen In weiche Dämmerungen. Das Licht erlischt, noch glimmt allein Der Sterne Silberfunkel, Doch schaut der Graf so stier hinein Jn's farbenlose Dunkel; Der Wachter ruft, es kräht der Hahn, Ihn weht der Frost des Morgens an, Erloschen sind die Sterne, Doch starrt er in die Ferne. — -71 — Da tönt aus offner Gadenthür Der Mutter leises Weinen, Es will kein sanfter Engel ihr, Kein Retter will erscheinen; Und vor der kranken Gräfin» liegt, An ihren Busen angeschmiegt, Mit zärtlichem Bemühen Die Tochter auf den Knieen. O süße Mutter, weine nicht! Was jammerst du vergebens? Mir wird es ja zur hohen Pflicht, Dieß Dpfer meines Lebens! Es segne mich die Mutterhand, Ich sterbe für mein Vaterland, Dort will im Himmelsgarten Ich freudig dich erwarten! Die Mutter stöhnt: O Kind! o Kind! Was haben wir verschuldet? Ist wohl der Vorsicht Auge blind, Das solchen Frevel duldet? Ist Kärntens junge Ritterschaft Im feigen Taumel schon erschlafft? Mill sich kein Braver wagen, Den Lindwurm zu erschlagen? O Mutter ! sag' , wer kann ihm steh'n? Willst du die Edlen morden? Sind nicht bereits der Ritter zehn Des Unthiers Beute worden? Noch hallet mir das Urtheil nach, Das jener greise Siedler sprach, Als wir, das Land zu retten, Um Bexsiand ihn gebeten. Er sprach: Es hat in seinem Grimm Der unerkannte Racher Heraufgeschickt das Ungethüm, Zu strafen die Verbrecher, Zu züchtigen die Heidenschaar, Die umgestürzt den Weihaltar, Und sich mit Rauberhänden Erfrecht, das Kreutz zu schänden. Du! — donnert' er den Vater an — Du schontest jener Kühnen, Und sieh! das Blut der Reinsten kann Den Rächer nur versühnen! Der Drache wüthet, heult und frißt, Bis deine T och ter sich entschließt, -Ob deines Reichs Verderben Als Opferlamm zu sterben. — i?Z — Und morgen schon—hier unterbricht Des Grafen Schrey die Beyden, Er sah das erste Morgenlicht In Schmelz die Gipfel kleiden: Weh' mir! es tagt! —so ruft er aus ; Ihn saßt der Ahnung wilder Graus, Er schließt die Augenlieder, Und wankt und taumelt nieder. Und aus der Kammer stürzt hervor Die Frau , ein bleicher Schatten, Gehüllt in dichten Trauerflor, Zum todtengleichen Gatten; Ihr folgt Swanilde, fromm und mild Ein liebliches Madonnenbild, Und sinkt im tiefen Leide Dem Vater an die Seite. Die Nebel schwimmen durch das Thal, Die leichten Wolken, thauen, Ein rosenfarb'ner Tagesstrahl Durchzuckt die weiten Auen; Noch immer halt des Grafen Blick, Ein wirrer Tvdesschlaf zurück, Des Klosters Glocken summen , Doch nichts erweckt hie Stummen. — 174 — Die dumpfen Seufzer künden kaum Das gramdurchwühlte Leben, Die Hoffnung will, ein leiser Traum, Im Dunkel niederschweben, Doch aus des Hstens Flammenthor Tritt rasch die Wirklichkeit hervor, Und bohrt den Dolch der Schmerzen Nur tiefer in die Herzen. — Horch auf! horch auf! was rauscht heran? Dieß ist der Ruf der Freude! Dort blitzen Fackeln an der Glan, Sie blitzen durch die Haide, Und sieh! und sieh! im vollen Lauf, Im Wirbelsiaube wallt's herauf, Es tönen Horn und Zinken, Und Wehr' und Waffen blinken. Rasch auf das Thor! Schon naht der Zug, Schon füllen sich die Strassen, Und vorwärts geht's im schnellen Flug, Hindurch der Hauptstadt Gassen; Der Lärmen tönt von Haus zu Haus: Heraus! ihr Traurigen! Heraus ! Der Lindwurm ist getödtet, Und- Heerd und Saar gerettet ! — I7S — Der Jubel stürmt den Bürger wach, Er wirst sich in die Kleider, Und alles strömt dem Helden nach, Und alles walzt sich weiter; Hinab zum Schlosse wogt der Schwarm , Wo sich, in seiner Lieben Arm, Der Graf am Erker lehnet, Und noch zu träumen wähnet. Ein süßes Zittern hebt die Brust Der zarten Edelfrauen, Sie wagen's nicht, der hohen Lust Der Wirklichkeit zu trauen, Erschüttert schwindelt der Verstand, Und jede saßt des Grafen Hand. Der Boden scheint zu wanken, Sie stammeln: Gott! wir danken! -Erstaunet blickt der Graf um sich : Auf hochgebäumtem Rappen Ersieht er seinen W a lerich, Den liebsten Edelknappen; Der Jüngling scheint erschöpft und matt, Doch hinter ihm, 0 Wunderthat! Trägt man auf Lanzenstangen Die gräßlichste der Schlangen. — 176 — Ein Ungeheuer selt'ner Art, Halb Vogel, halb Gewürme, Die Schuppenhaut, so dicht und hart, Dient ihm zum Panzerschirme, Zrvey Reihen Zähne, spitz und rund, Bewaffnen seinen weiten Schlund, Und aus des Rückens Hügel Enlfalten sich die Flügel. Die Menge iauchzt, der Jüngling schweigt, Und sieht beschämt zur Erde, Nachdem er sittig sich geneigt, Cvtschwingt er sich dem Pferde; Ihn ehret der bescheidne Sinn, Er tritt zum wackern Grafen hin, Und bittet nun die Schönen, Ihm Rede zu vergönnen. Der Markgraf winkt, und lautlos harrt Im wimmelnden Gedränge , In seines Herrschers Gegenwart Die wilde Menschenmenge, Und aus dem Schwarme nahet sich Der edle blonde W a lerich , Und ohne lang zu wählen, Beginnt er zu erzählen: 177 D Herr! seit jener Siedler dir Die Tochter abgesodert, Hat immer wunderbar in mir Geheime Gluth gelodert; Ich dachte: Gut ist unser Gott, Und jenes Urtheil Thorenspott! Er kann der Tugendvollen, Der Guten Tod nicht wollen. Und nun, mein Fürst! bemüht' ich mich, Mir Urlaub auszuwcrben, Swanilden wollt' ich ritterlich Befreyen, oder sterben; Ich schlich , gehüllt in Slaventracht, In einer stillen Mitternacht, Voll unnennbarem Ahnen, Entschlossen mich von dannen. Auf jener Flache, wo die Stadt Der Römer einst verfallen, Da dehnet sich ein wüster Pfad Durch eingestürzte Hallen; Ich tappte sorglich und gemach Dem unbekannten Pfade nach, Und forschte durch's Gemäuer Nach jenem Ungeheuer- t2 i7? Und plötzlich öffnet sich's vor mir Ln eine weite Runde, Ich sehe das erboßte Thier Im tiefen Modergrunde, Es strecket aus Gesträuch und Moor Den ekeln Rachen hoch empor, Und spielet mit den Knochen, Die seine Wuth zerbrochen. Ich ziehe leise mich zurück, Und berge mich in Zweige , Dann nehm' ich Ballen, drepßig Stück', Von Pech und Schwefelteige, Ich zünde sie verstohlen an, Und werfe ungesehen dann Dem irrgesührten Drachen Die Kugeln in den Rachen. Er schlagt sich über, schäumt und sp.ept, Und kann sich doch nicht heben, Ich nütze weise meine Zeit, Ihm schnell den Tod zu geben. Er naht dem Strauche, der mich birgt: Jndeß er sich am Feuer würgt, Hab' ich ihm schon die Klauen Mit scharfem Schwert zerhauen. — 179 — Doch nun erhebet sich ein Kampf, Zu furchtbar ihn zu mahlen, Der Recken speyet Blut und Dampf, Und wüthet in den Lualen, Er schießt, ein Bliß, auf mich heran, Ich wende mich so gut ich kann, In Mauern und Gesträuchen Dem llnthier auszuweichem Bald spring ich vor und schleudre Gluth , Bald bin ich ihm entschwunden, Er schadet sich in eigner Wuth, Und stirbt an tausend Wunden; Doch sterbend faßt mich noch sein Schwanz, Er drehet mich im Kräuseltanz, Und wirst mich ohne Sinnen Hinaus in die Ruinen. Nach Stunden erst erwach'ich dort, Auf Blut und Stein gebettet, Doch rasch empor, der Schmerz ist fort, Swanilde ist gerettet, Der GaU ist frey, die Saat verschont? Ich fühle mich so hoch belohnt, Denn wie wir dich verehren, Soll diese Lhat bewähren. — i8c> — Der Knapp' verstummt, der Markgraf steht Von stiller Lust durchdrungen, Ein frohes Beysallssäuseln weht Von aller Frauen Zungen, Und nur die holde Jungfrau sitzt, Im Mädchenkreis errbthend itzt, Und sinnt mit sanftem Schwanken, Dem Helden recht zu danken. " Da nimmt der stolze Graf das Wort: Ein Denkmahl will ich bauen, Der Enkel soll am Platze dort Noch deine Großthat schauen! Des Drachen Bild in Felsenstein Soll deines Muthes Zeuge sepn, Es sey zum Ruhm des Knappen Der Hauptstadt erstes Wappen! Doch dich belohnen kann ich nicht, Das kann wohl nur Swanilde. Er spricht es, und ihr Angesicht Umstrahlt der Neigung Milde; Da drängt der Graf mit süßem Scherz Dem Helden sie an's volle Herz, Und Alle jubeln Segen Den Liebenden entgegen. Dre Haarflechte. §)u gabst die Flechte mir zum Angedenken, Ein ewig' Denkmahl mir der stillen Treue; Wie auch das Leben wechselnd sich erneue, Mir kann es nichts, das jenem gleiche, schenken. Es wird den Gang des Küstern Wandlers lenken, Ein Talisman der Sehnsucht, wie der Reue, Und wenn ich je mich einer Stunde freue, Wird sich mein Blick auf diese Locke senken. Dann wird kein Zweifel, wird kein Wahn mich quälen, Aus Leiden wird der Talisman mich retten. Neu finden mußten wir uns einst, und wählen! So will ich fest und männlich weiter treten ; Wohl ewig ist die Liebe reiner Seelen, Und Liebe bildet auch aus Locken Ketten. I?2 Gutes. Das Gute glänzet nicht in grellem Schimmer, Es wärmet sanft, wie stille Morgenstrahlen, Vor ihm entflieh'« des Zweifels dumpfe Qualen, Und Veilchen duften durch die Weltentrümmer. Das Gute bleibet stets, es welket nimmer, Es nennt sich fort in unerdachten Zahlen, Doch keine Folge wird mit Folgen prahlen, Der Funke glühet ewig ohne Flimmer. Was auch das Schicksal über dich verhänge, So laß' die schönen Kräfte nicht verwildern, Damit das Edle nicht von dir sich wende! Der Same stirbt nicht kn des Winters Strenge, Das Gute wirket fort in Wechselbildern, Die Gottheit kennt nicht Anfang und nicht Ende.' i85 Die Harmonie. Goldes Kind erwachender Gefühle, Dem ein Gott die Sprache lieh, Du, der Dichtung lieblicher Gespiele, Freuden - Engel, Harmonie! Schwebe nieder in des Tempels Halle, Die so lang verschlossen war! Sieh! der Priester gießt die Hpferfchale Dankend dir auf den Altar. Duster war's, und öde lag die Erde, Dunkel deckte Hain und Flur, Glanzlos stand der bleiche Nachtgefahrte Hb der schlummernden Natur, Keine Stimme weckte da die Saiten Der verhüllten Wirkungskraft, Dumpf versiegte dort im Strom der Zeiten Jede hehre Leidenschaft. i»4 Ha' da säuselte dein Ldem zitternd Durch das bilderreiche All, Und durch jedes Wesen drang erschütternd Deiner Lyra sanfter Schall! Lüste rauschten, Nachtigallen schlugen, Und dem Menschen war so wohl, Eichen lispelten, und Wellen trugen Deinen Sang zum fernsten Pol. Liebend schuf der Mensch sich neue Laute, Lockte nun aus Schilf und Rohr, Dem er flüsternd sein Gefühl vertraute, Hohen Päan kühn hervor; Völker lernten sich in dir verstehen, Wilde zähmte deine Macht, Thränen trocknete dein leises Wehen, Und erröthend schwand die Nacht. D! auch hier in heiliger Rotunde Schmilzt dein Zauber Herz und Sinn, Und dein Weihgesang aus schönem Munde Reißtuns allgewaltig hin; Pallas lächelt, Grazien umschlingen Hier in süßer Eintracht sich, Pulse pochen, und auf Geisterschwingen Hebt die Seele sich durch dich. i85 Flöten wimmern, Engelssiimmen schmelzen, Sylben rieseln ab und auf, An der schwanken Silberleiter walzen Töne sich im Trillerlaus; , Aus den starken aufgeregten Tiefen Rufet Mozart's Genius, Alle Triebe, die im Busen schliefen, Wecket er zum Hochgenuß. Durch die hohe Cherubsharfe wallet C h c rubini 's Liederfluth, Mit dem seltnen Zauberpinsel mahlet Henneberg der Liebe Gluth; Par und Danzi schwimmt in raschen Tönen Auf zum ernsten Helden-Chor, Und mit weichem wollustvollen Stöhnen Flattert Mehül's Sang empor. Haydn's wandelnde Sonanzen rollen, Flüchtigen Gestalten gleich, Neue Schöpfungen, aus ihm entquollen. Füllen das Ideenreich; Wie des Hänflings Buhllied um den Gatten Trällert d' A llay r a c 's Accord, Wie der West durch schwere Halmensaaten Woget Mozart's Hymne fort. i36 Schweigend liegt im blassen Mondenglanze Eine lebenvollc Welt, Ruhe hauchet Mensch und Thier und Pflanze, Nur der Glühwurm irrt im Feld; Horch! da weinet durch die weite Stille Call's und Winter's Phantasie, Leiser wieget sich im Tongewühle Die verhallte Melodie. O! wer hat euch mein Gefühl verrathen? Wer zerriß den grauen Flor ? Gleiten hier der Skalden hohe Schatten? Schlagt ihr Sang mein lauschend Ohr? Nein! dieß ist der edlen Menschheit Feyer, Die sich sanfter Freude weiht, Und, der schöneren Natur getreuer, An Vergnügen Bildung reiht! Edle deutsche Mädchen! nehmt die Kranze, Die der Kenner Dank euch flicht! Schon in eures Lebens erstem Lenze Ward die Kunst euch süße Pflicht, Reiner strömt von eurer Rosenlippe Der Bardale höchstes Lied, Trunken von der Liebe Aganippe Jauchzt es jede Seels mit. — 187 —" Künstler des verkannten Vaterlandes! Manner! deren Zweck es ward, -Daß Geschmack und Bildung des Verstandes Sich mit stiller Lust gepaart, Selbstbewußtseyn wird euch größer lohnen, Als mein schlichter Dank es kann, Thaten zieren mehr als Lorberkronen, Zartheit schmücket auch den Mann. — -L8 — 1 Distichen. Das Leben. düster rollen die Wogen , gleiten die Wolken vorüber, Aber der ruhige Blick haftet am hohen Gestirn; Die Gestalten vergeh'n, es kommen und schwinden die Zeiten, Und vom stillen Genuß bleibt die Erinnerung nur. Wünsche. Weit her glanzet ein Ziel, es drangen und keuchen die Lauser, Doch nicht Einer umspringt furchtlos das nähere Grab. * Welt. l Rosen verwelken und Völker, Sonnensysteme zertrüm¬ mern ; Alles Endliche strebt zu der Unendlichkeit aus. — i8g — Hoffnung. Über dem Todtengefild' und in der Mitternacht Schauern Säet ein lächelnder Geist Blüthen der Ewigkeit aus. Meinungen. Was in den Koch der Spanier tritt, bewahrt der Bengale; Kein bestimmtes Gesetz schranket die Sinnenwelt ein. Glaube. Dunkle Gebilde formet die warheitdürstende Seele, Und ein leuchtender Punkt funkelt aus jedem Gebild. Glück. In der friedlichen Brust entglüht ein zartes Bewußtseyn, Und der Glückliche schaut heiter iu's Leben hinaus. Liebe. Wie der Quelle Spiegel versieget in einzelnen Tropfen, So versieget das Sepn dem , der die Liebe nicht kennt. — iZO - J Ü N gliN g s g e N Ü s s k. Weichheit und Kraft, Verlangen und Opfer und heim¬ liches Sehnen, Geisteszartheit und Harm — sieh' da der Liebenden Spiel! Fr eund sch ast. Wenn chaotisches Dunkel die schlummernden Erden umgürtet, Kömmt der trauliche Mond, sanft wie ein sorgender Freund. Größe. Horch! es donnert im Krater, stumm erbeben die Reiche, Doch im wüthenden Sturm, Ätna! verzehrst du dich . - selbst. Ehre« Tief verhüllt ist die Göttinn, und jeder denkt sie sich anders; Reistet den Schleper doch weg! Wahrheit und Ehre sind eins. — Igl — Ruhm. Wer diese Felder verwüstet, erzählt die feile Geschichte; Besser! sagte sie mir, wer sie bebaut und bepflanzt. Vaterland. Lautere heimische Lust, der Jugend süße Gewohnheit, Dehnen die dankbare Brust, flammen zu Thatenmich an. S elb sibcw u ßtscxn.^ ' Wer die Wahrheit erkannt, sieht, folgsam der Stimme des Herzens, In dem Wirbel der Welt immerdar friedlich und groß. Freude. In dem Strahle des Lichts, im weichen Gesäusel des Abends, Überall haucht cs mich an: Freue dich, sinniges Kind! S ch merz. Auch des Schmerzens Thronen sind Thau der lechzenden Seele, Und die Blümchen der Lust keimen dann schneller empor. — 192 Weisheit.. Kennst du das Leben, den Zweck der kleinsten Ephe- meride? Weiser! erröthest du nicht in dem Gefühle des Nichts ? Bestimmung. Höher hinauf will der kühnere Geist und tiefer hinunter; Doch ein ewig' Gesetz halt an der Erde dich fest. T o d. Wie die Harfe verhallt, verweht der einsame Name, Nur die höhere Thal webt in den Zeiten sich fort. Sehnsucht. kennst du das leise, geheime Verlangen, Das deine Seele so himmelwärts zieht ? Kennst du das stille, verschmelzende Bangen, Wenn dort im Abend die Rothe verglüht? Immer und immer hinauf und hernieder Schwebt der Gedanke mit leichtem Gefieder, Wo uns die fromme Erinnerung blüht. Liebliche Wesen, aus Traumen gewoben, Tanzen in flatternden Wolken umher, Immer im denkenden Fluge nach oben Werden die irdischen Lasten nicht schwer; Endlose Weiten belebet mein Sehnen, Und in der Wehmuth verquellenden Thranen Fühl' ich die Leiden des Tages nicht mehr. — — Weilet , o weilet , ihr losen Gestalten! Forme dich fest, idealische Welt! Was ich nicht konnte hienieden entfalten , Glänzet dort oben im luftigen Zelt; Ewig bestehet der kindliche Glaube, Trümmern auch Sonnensysteme zu Staube , Nimmer vergeht, was die Hoffnung erhelle. Schimmert herunter, ihr freundlichen Sterne! Walze dich weiter, du Wolkengebild! Eilender dringet der Geist in die Ferne, Schwärmet im duftigen Himmelsgefild; Was sich der Sterbliche selber erzogen, Wird nur mit fröhlichem Danke gewogen, Süß ist die kindliche Täuschung, und mild. Immer zerstiebet das tägliche Nahe, Fernes umfasset der menschliche Blick, Was ich mit sehnenden Armen umsahe, Schwindet wie leeres Gewölke zurück; Ach! in der Nähe zerdrücket uns Größe, Doch in der Ferne enthüllt sich die Blöße, Selbst der verschwundene Kummer wird Gluck. Hebe dich höher, verworr'ner Gedanke! Dränge dich vyrwärts, entfesselter Geist! Brich sie darnieder, die hemmende Schranke, Die dich zum dunkeln Planeten verweist! —IgZ — Höher und höher, und immer nach oben , Wenn dich die Wetter der Erde umtoben, Bis einst ein Zufall die Kette zerreißt! Sieh' nicht herab auf das dumpfe Gemeine, Sich' nicht zurück auf die dämmernde Bahn! Dort ist das Schöne, das ewige Reine, Hier nur umnebelt uns finsterer Wahn; All' deine Freuden wirf unter die Tobten, Was dir das schmeichelnde Heute geboten, Fraß dir schon wieder sein neidischer Zahn. Freundschaft und Liebe! der Zauber der Worte Tönet wohl süß im unendlichen Raum, Tritt an des Jenseits ergähnende Pforte, Ach! und die Freundschaft und Liebe sind Traum; Was sich der Wandler phantastisch ersonnen, Ist in den Kreisen der Erde verronnen, Seine Gefährten erinnern sich kaum. Schönes entfaltet sich freundlich im Strahle, Schönes gebiert nur der edlere Sinn, Such' in der Wirklichkeit nicht Ideale, Schmerz und Erbitterung sind dein Gewinn; Wo sich die Körper an Körper zerreiben, Kann auch das geistige Schöne nicht bleiben, Morgen verweht, was ich heute noch bin. -3 " lg6 Freundschaft und Frohsinn. Om Kreise der Freundschaft webt trauliche Lust, Da hebt sich so innig die klopfende Brust, Da gaukelt die Freude im leichten Gewand, Da bieten sich König und Bettler die Hand. Was soll ich mich kümmern? das Leben ist klein, Wir wandeln so sorglos hinaus und herein, Wir tändeln wie Kinder im wonnigen Spiel, Und hegen der lieblichen Täuschungen viel! Was hinter dem Schleyer der Nachzciten steckt, Das hat noch kein grübelnder Weiser entdeckt, Vergebens ist Forschen und eitles Bemüh'n, Man Härmet sich ab, und die Stunden entflieh'n. Geselligkeit windet ein rosiges Band, Zertrümmert des Vorurtheils trotzende Wand, Sie gibt uns der irdischen Freuden so viel. Und leitet uns schäkernd zum' winkenden Ziel. IS7 Die Freundschaft, wo Seele an Seele sich schließt, Wo nimmer der Bruder des Bruders vergißt, Die Freundschaft ist höher als Fürstengebot, Ist fester als Liebe und starker als Tod. Wenn Jammer dir bängliche Seufzer entlockt, Wenn starrend im Schmerze die Thräne dir stockt, Wenn Kummer dir naget am blutenden Herz', Dann lindert die Freundschaft dirJammer.und Schmerz. Sie hauchet dir Tröstung und labende Ruh', Sie lispelt dir schönere Hoffnungen zu, Sie trocknet die strömenden Zähren dir ab, Und folget dem schlummernden Müden in's Grab. Die Freundschaft ermuntert den Trägen zur That, Sie warnet und sorget mit freundlichem Rath, Sie reißt den Verführten vom Abgrund zurück, Und scheuchet das Laster mit sonnigem Blick. Sie bietet den Schrecken der Folterbank Hohn, Sie stützet der Tugend erschütterten Thron, Sie sprenget die Kerker, sie trotzet dem Spott, Und gibt sich so willig für uns in den Tod. Mir lächelt das Daseyn noch einmal so schön, Wenn Stunden der Freundschaft die Freuden erhöh'«, Mir schwindet das Leben so schnell und beglückt, Wenn jubelnd ein Freund an den Busen mich drückt. — L herrliche Tochter aus besserer Welt! Du bleibst uns auch dann noch, wenn alles zerfallt, Dich hat aus der Wahrheit bezaubertem Land Ein Gott auf die klagende Erde gesandt! Was soll ich denn klagen, so lange du bist? Was soll ich versäumen die eilende Frist? Das Leben ist kurz, und die Freuden so karg, Bald dunkelt mein Auge im kühligen Sarg! Was nützet das Haschen nach weichendem Dunst? Die Zeit zu genießen ist achtere Kunst, Der Dumme verzahnt, es vergällt sie der Thor, Der Weise nur schwinget mit ihr sich empor. Genieße des Dasepns, so lange dir nicht Der Zufall die Pforten der Zukunft erbricht, Genieße mit friedlichem, fröhlichem Sinn, Und pflücke dir Blumen , so lange sie blüh'n I Bald welken die Blumen, bald dorret der Krattz, Bald eilet das Leben im flüchtigen Tanz, Es eilet im bunten Gewühle hinab, Und mählig und plötzlich umgähnt uns das Grab. Erschrick nicht, du Feiger! auch dort wird es licht, Auch Sterben ist ernstere, menschliche Pflicht, Steig' muthig hinab in die finstere Nacht, Die Hoffnung erhebt dich mit edlerer Macht! — 199 -- Steig' muthig hinab in die Arme der Zeit, Auch sie kehret wieder, auch sie wird erneut, Und kehret sie wieder, und ruhst du in ihr, So winket auch hohe Unsterblichkeit dir! So laß' sic denn rollen« die rauschende Fluth, Und leere den Becher mit heiterem Muth! Genieß' jetzt und fühle! Die Freundschaft« umlaubt Mit duftenden Rosen dein finkendes Haupt. 200 Erscheinungen. r)hr geliebte Tobte! Hört ihr meinen Sang? Weckt aus kühler Grotte Euch der Harfe Klang? Ist das dunkle Ahnen Nicht ein Kuß von euch? Kehren eure Manen Aus dem Sonnenreich? Ja! ihr schwebet leise Durch den Wolkendust, Wenn euch aus dem Gleise Meine Klage ruft; Ja! ihr säuselt nieder, Ewig frey und jung, Auf dem Nachtgefieder Der Erinnerung. 201 Ihr geliebte Schatten! Sichtbar schaukelt ihr In des Lichtes matten Zweifelndem Gewirr, Aus den bleichen, kalten Nebeln formen sich Freundliche Gestalten, Und umringeln mich. Alle find' ich wieder, Die ich einst verlor, Mutter, Freunde, Brüder Drangen sich hervor, Und ich baue heiter Die Vergangenheit, Forschend immer weiter Nach dem Raub der Zeit. Und es öffnen Hügel Ihren Grabesraum, Und auf gold'nem Flügel Webt ein süßer Traum; Alle meine Lieben Hat mein Geist beseelt, Aus dem Dunkel drüben Schafft sich meine Welt. 202 Alle Liebeslaute, Jedes zarte Wort, Dem ich mich vertraute, Tönet mir von dort; Was ich froh gelesen Aus dem Mutterblick, Jedes stille Wesen Gibt sich mir zurück. Ach! sie waren alle. Sind auch jetzt noch mein, Mein im Gegenhalle, Mein im Wiederschein; Ihre reinsten Bilder Sog ich still in mich, Als ihr engelsmilder Lebensstern erblich. Und so wallen immer Liebend sie heran, Holder Rosenflimmer Kündet sie mir an. Und ein leises Sehnen Zieht mich über's Grab, Und die weichen Lhranen Rieseln da hinab. 2c>3 Ihr geliebte Tobte! Schwebet um die Gruft, Wenn der Schlummerboche Mich hinüber ruft! Scheucht das bange Grausen, Wenn die Hülle bricht, Wo die Geister Hausen Weilt der Zweifel nicht! Wohl! vielleicht erscheinet Einst mein stiller Geist Dem , der mich beweinet, Der mich kommen heißt, Der, wie ich, die Tobten Freundlich neu belebt, Vis der Tag auf rochen Strahlen sich erhebt. 20/j Abschied. ^ebt wohl, ihr Guten! die mir hold gewesen, Mich drangt es fort, mir ist so bang, so weich, Und werdet ihr die stillen Worte lesen, Dann bin ich einsam, ferne schon von euch; Die Freude flieht, die Thränen träufeln milder, Mir bleiben nur die ewig schönen Bilder, Die ich in meines Lebens Finsterniß Der lächelnden Vergangenheit entriß. Da steh' ich nun auf den beschneyten Hügeln, Und schaue mir das feuchte Auge matt, Und wünsche mich auf meiner Ahnung Flügeln Hinab zu schwingen in die traute Stadt; Ich möchte gleiten auf der Sterne Gleise, Mich heimlich stehlen in die Freundeskreise, Und eh' sie noch des Nahenden bewußt, Mich jauchzend stürzen an die treue Brust! 2vS Umsonst! umsonst! die Wünsche sind nur Schatten, Und hüllen tiefer mich in's Dunkel ein, Mir will das Schicksal Ruhe nicht gestatten, Ich soll und muß ein Ball des Schicksals sepn; Es sieht von dem Verhangniß ausgeschrieben. Ich soll nicht heiter bleiben, soll nicht lieben ! Denn welche Blumen mir das Leben gab, Sie blühten schnell in Winterstürmen ab. Zwar sind auch hier der guten Menschen viele, Zwar keimt auch hier manch' süßes Blümchen auf. Doch stirbt es bald in meines Abends Kühle, Und immer dunkler wird mein Erdenlauf; Ich hasche nicht so heiß nach neuen Schaßen, Die alten Bilder kann mir nichts ersetzen, Der neuen Szenen wechselvolles Spiel Gibt mir ein unbehagliches Gefühl. Sie sind es nicht, die lieblichen Gestalten, Die meines Daseyns Stundenkreis umtanzt, Ich fühle nicht der Liebe sanftes Walten, Und pflücke nicht, was ich mir selbst gepflanzt; Es ist nicht mehr das traulich gleiche Weben, Wo Seele sich der Seele hingegeben, Und wo in seiner Bildung leisem Gang Sich das Gemüth um gleiche Wesen schlang. 206 Da steh' ich nun, und schaue durch die Weiten , Und zürne mit den Bergen rings umher, Daß sie verhüllend sich durch Lander breiten, Und hadre mit dem Glücke mehr und mehr; Da drangt es mich, den Stachel noch zu scharen, Die Eisenfessel weg von mir zu werfen, Und dennoch hält mich, wenn das Herz auch bricht, Der straffe Faden meiner Ehrenpflicht. Ich darf nicht fort, Gesetz und Ehre hüten Des Schwärmers Gränzen immer fest und treu, Der Eichenkranz entschädige für Blüthen, Der Mann empfinde, daß er Bürger sey; Ich war bestimmt, zu wirken und zu handeln, Wie auch die Aussendinge sich verwandeln, Das Herz muß schweigen, wo die Pflicht gebeut, Und unsre That bestimmet nicht die Zeit. So lebt denn wohl! ich will nicht wieder klagen, Ich bin um euch, wenn See und Land uns trennt, Das Wort soll mein Gefühl hinüber tragen, Denn Rede ist der Geister Element; Erinnerung wird mir den Griffel reichen, Kein liebes Bild wird je vor mir erbleichen, Die Zeit verstummt , und jedes zarte Wort Spricht sich in freundlichen Gesängen fort. — 2c>7 — Lebt wohl, lebt wohl, ihr, die mir gut gewesen! Ich kann nicht mehr, mir wird das Licht so bleich. Und werdet ihr die düstern Züge lesen, Dann, wisset! denkt ein ferner Freund an euch; Vielleicht, wenn meine Tage bald verwehen, Daß wir hienieden nie uns wieder sehen, O dann, wenn mein Gebeinschon deckt die Gruft, Umsäuselt euch mein Geist in ssüller Lust!