T 7 XXXVI. Programm des k. k. Staats-Gymnasiums zu Klagenfurt. Herausgegeben am Schlusse des Studienjahres 1886 von dem k. k. Gymnasial- Director Dr. Franz Svoboda. 1886 . Bruck der St. Hermagoras - Buchdruckerei in Klagenfurt. Im Selbsverlage des Gymnasiums. XXXVI. Programm k. k, Staats-G-ymnasinms Klagenfurt. Herausgegeben am Schlusse des Studienjahres 1886 von dem k. k. Gymnasial - Director Dr. Franz Svoboda. 1880 . Bruck der St. Hermagoras - Buchdruckerei in Klagenfurt. Im Selbstverlage des Gymnasiums. I n h a 1 t : Seite BeitrSge zur Geschiclite der Pest in Kiirnten. Von A 1 o i s G r i 11 i t s e h. (Programm - Arbeit.) Einleitung .. 3 Die Pest im Jahre 1715. 4 Schulnacliricliten vom Director. 19 Beitrage zur Geschiclite der Pest in Karaten , 1 Yon Alois Grillitsch. E i n 1 e i t u n g. ■ fllf ie Sanderbands Vorderindiens, die Sumpfgebiete der Dschesirah und 'jUg andere giftaushauchende Niederungen Asiens sind die Geburtsstatten f jener fiirchterlichen Krankheit, die unter dem Namen der Pest bekannt l ist. Voii da aus flackerte das verderbenbringende „Giftfeuer“ von Zeit zu Zeit nach Europa lieriiber, weniger vor, mehr nach dem 6. saec. und trotz der Quarantaine, die zuerst durch die Venetianer im Jabre 1484 ein- gefuhrt wurde. Das Wesen 2 der Pestseuche, deren Weiterverbreitung (Infection) und Heilung ganz zu ergriinden, ist der medicinischen Wissenschaft noch nicht gelungen. Die auffalligste pathognomische Erscheinung dieser Krankheit sind die „Pestbeulen“ 3 und sie iiussert sicli folgendermassen: „Ungleich dem Aussatze tragt sie einen hitzigen, fieberhaften Charakter, zuweilen in solehem Grade, dass der Betroffene, wie vom Blitzstrahle beriihrt, leblos niedersinkt. 4 Gewohnlich beginnt sie mit Frost, Erbrechen, Angst und Kopfsckmerz. Es brechen im Aclisel- und Schenkelgelenk mehrere huhnerei- grosse Driisengeschwtilste, die „Pestbeulen“ hervor, die in Eiterung iiber- gehen. Die Genesung ktindigt sich durch Schweiss an, der Tod durch die Gescinviire, welche neben den Beulen an Rumpf, Oberarm und Oberschenkel sich bilden, zunachst als blutrothliche Hautflecken, dann als kleine Blas- clien, die aufplatzen und eine schwarze, brandige Flache zeigen. Wahrend der Brand um sich und in die Tiefe greift und alle lebenden Theile zer- stort, zeigt sich eine allgemeine Saftezersetzung mit iibelm Geruch ver- bunden; es folgen Blutungen, Schlafsucht und endlich der Tod durch schlagflussartige Anfalle. 1 ' 5 1 Die nahereu Daten eutnehme ich aus Acten des Landgeriehtes Maria Saal aus den Jahren 1715 —1717. In diese Einsicht zu nehmen ennogliehte mir mein guter Preund A. Ritter v. Jaisch, Archivar am Rudolphinum in Klagenfurt, wofiir ich ihm an dieser Stelle besten Dank sage. 2 Sieke Dr. Rich.. Peinlich: „Geschichte der Pest in Steiermark. Graz, 1877.“ I. B. pp. 7 — 31. — Ncuere Arzte wollen die Pest als specifische Krankheit nicht, anerkennen, sondern subsummieren alle epidemischen Krankheit.en miter diesem Namen. Vergl. Dr. Alex. Rittmann: „Kulturkrankheiten der Volker. G eschichIliche Untersuchungen iiber die Pesten und die Heilkunst der Torzeit. Briinn 1807.“ 3 Daber ist es aueh unrichtig, von einer „perikleischen Pest,“ (anno 430) zu sprechen, da ihr diese Erscheinung fehlt; sie dtirfte am riclitigsten als Blatternseuche charakteri- siert worden. 4 Beispiele iverden spiiter gebracht. 5 Dr. J. J. Egli: „Neue Erdkunde. St. Gallen, 1876.“ 1 * 4 Von der Mitte des 14. 1 bis in die ersten Decenien des 18. saec. werden 70 Jahre als „Pestjahrc“ bezeichnet 2 : anno 1715 und 1716 hauste die Seuche zum letztenmale in hervorragender Weise — es ist die Zeit des „grossen Sterbens". Auch Karnten gehort in den letztgenannten Jahren zn den inficierten Landern. Besonders hart mitgenommen wurde der ostliche Theil mit den Confinen: Friesach, Althofen, Volkermarkt, Bleiburg, St. 1 eit u. a. Die meisten Opfer fordert sie im Sommer und Herbste 1715 , weniger in der 2. Halfte 1716, um am Ende dieses Jahres endlich zu ersticken. Die Pest im Jahre 1715, Der Begina der Infeetion ist in die ersten Juli-, vielleicht letzten Junitage zu setzen, denn bereits Mitte Juli functioniert in Ivlagenfurt die vom loblichen Ausscliusse des „Ertz-Herzogthumbs Karntkcn" eingesetzte .Jlaupt-Gommission in Colitagions-Sachen“. Die Commission war zusammen- gesetzt aus den Mannern: Franz Cliristof Graf v. Ursenbeck und Massimi als Obmann und den Commissarien: Franz Andreas Graf v. Grottenegg und Wolff Franz Freiberr v. Ottenfels. „Aus zuverliissigem Bericlitscbreiben £< (so lieisst es eingangs des spiiter zu citierenden Patentes) erfubr die Commission, dass „leider! aucb unweit Metnitz das leidige Pestiibel zu verspiiren sei“. Auf dasbin erlasst sie am 21. Juli ein Patent an alle Landgerichte, Burgfriede, Venvalter, Stadte und Markte mit Betonung der strengsten Darnachacbtung und Androhung von „grossen Leibesstrafen“ im entgegengesetzten Falle. Das Patent bestimmt folgendes: 3 „1.) Alle miissigen Leute sind abzuschaffen, die Bettler in ibre Pfarren (in denen sie geburtig sind): da sind sie mit gewissen Zeiclien zu versehen, damit man sie, falls sie sicli in andere Orte einscbleichen vvollten, sofort erkenne; dabei ist Obsorge zu treffen, dass diese Zeiclien nicbt venvecliselt oder „veralieniert“ werden. 2.) Die Stadte und Markte baben „Feden“ 4 auszustellen, obne Fede niemand einzulassen, die Unterscbrift den Ankommenden gratis 5 zu ver- abfolgen. Dies soli in jedem Orte gehorig publiciert werden, sowie es aucb in Ivlagenfurt gescbeben wird, damit sicb niemand mit der Umvissen- lieit, Feden nelimen zu mussen, entschuldigen konne. 1 Der „schwarze Tod“ anno 1349. 2 Dr. Friedrich Schnurrer: ^Chronik der Seuchen". — Peinlieh, I. u. II. Bd. 3 Einige Patente liegen mir in Abschriften, andere im Originale vor. 4 Walscher Ausdruck fiir Schein (Beseheinigung). Eine solclio Fede lautete: „lch Endosunterschriebener urkunde hiemit tragenden Amtswillen offentlieh, dass alhier, und der Orton herumb (Gott seye Lob!) nit allein frisoh- und gesunder Lufft, sondern auch von ein- oder anderer verdachtigen Krankheit, noeh contagiosen Sucht, oder derley Ybel im wcnigsten etwas vorhanden: minder zu Verspiirren seye; Dahcro hab icli fiinveisern diess.nach.abgeschiekt. Zu wahren Urkundt dessen, diese Fede, damit derselbe unbedenklichen freven Pass und Ropass erhalten konne, mit meinem hierauff gedruckten Petschafft verfortigter hinauss ertliailt. Geben zu Maria Saal den . . . Hoch-Fiirstl. Ertz - Bischoffl. Salzburg. Verwalter der Herrschafft Taggenbrunn und Land-Richter des Land- Gerichts Zool alda im Saal. n , , ,, Georg Andre Verwesser.“ Auf den Feden sind die Bestatigungen von den Landgerichten, Stadt-Kanzleien, IVach-Inspectoren etc. miter Beifugung des Datums der Passierung (oder Repassierung) 5 3. ) Zur eigenen und des ganzen Landes Conservation siiid die liochst- uotliwendigen Wachen aufzustellen. 4. ) Sobald ein Ort fiir suspect befunden wird, ist dies sofort der Hanpt - Commission anzuzeigen. 5. ) Von diesem Patente haben alle Landrichter, Burgfriedherren, Ver- walter, Stadt- und Marktvertreter und Seelsorger Extracte zu machen; die letztern sollen sie auf der Kanzel verkiinden.“ Die Pest besckrankt sich nicht lange auf den Metnitzer District, sondern aussert sich bald ostlich davon, gegen die Saualpe zu und audi jenseits derselben: Friesach und Guttaring erscheinen suspect, die Ort- schaften um Friesacli inficiert. „In allen Orten ringsum grassiert das con- tagiose Ubel“ meldet am 3. August der Vicedom - Amtsverweser Johann Adam Lasser dem Georg Andreas Verwesser Edi. v. Wessenthal, Pfieger der (salzburgischen) Herrschaft Taggenbruuu und Richter des (salzburgisclien) Landgerichtes Maria Saal. Die inficierten Orte werden im Patente der II.-C. v. 2. Aug. genannt: Zossendorf (nordlich von Huttenberg), St. Johann am Pressen, Grosz- und Kleinpressen, die Mosinz, die Vorhauser von Hiitten- berg, der Bamberg’sclie Ort Reichenfels im Lavantthale und die Umgebung voii Althofen. Am 31. Juli bereits ergieng an obgenanntes Vicedom-Amt von der I laupt - Commission folgender Befehl: „ 1.) Zwei Magazine siud zu errichten: eines zu Friesach (am sicher- sten Ort entweder in oder vor der „Stadt“) und eines zu Guttaring nicht nur zum Unterhalt der zur Bewachung dorthin abgeschickten Soldateska, sondern auch damit notlileidende Personen dorthin erigiert werden konnen und die wegen des Contagions - Ubels zu befiirchtende Hungersnoth ver- hiitet werde. 2. ) Die in Folge der einreissenden Contagion nothwendigen Geld- mittel sind den untergebenen Beamten einstweilen vorzustrecken; diese Auslagen vverden spiiter gebiihrend contentiert werden. 3. ) Den Beamten ist die gemessene und scharfe Ordre zu ertheilen: Sie hatteu sich in allen Fallen vigilant zu halten, den Haupt-Commissions- Befehlen genau nachzuleben, in den Orten, in vvelchen die Contagion sich zeigt, von selbst ohne Cunctierung die Interims-Anstalten zu treffen und fiir gehorige Verpflegung und Bewacliung zu sorgen, da bis zur Einholung des Befehles viel Zeit verloren gelien und sich das Ubel nur vergrossern wiirde. 4. ) Aus den suspecteir und inficierten Orten darf kein Eisen, Erz und Flossen ausgefiihrt werden, da diese Dinge selir „atractin‘ n sind und die Contagion leiclit iibertragen werden konnte. 5. ) An allen Orten, welche in der Nahe von suspecten oder inficier¬ ten sich befindeu, sind die offenen Wochen- und Jahrmarkte generaliter angegeben und bei jeder ist die ausdriiCkliche Bemerkung hinzugeftigt: „Gott Lob! ein Ort mit friseher und gesunder Luft“. Damit kam man dem Befehle der Haupt-Commission v. 2. August naeb: „An der Fede muss der Ort und die Zeit, wo und wie lange der Durch- passiereude an einem Orte sich aufgehalten und dass er keinen suspecten oder inficierten Ort betreten babe, speeifice inseriert werden“. 6 Von diesem Befehle smrde hie und da Umgang genommen: Der Maria Saaler Bote beklagt sich beim Landrichter, dass er fiir Unterschriften in Oberkarnten 2 bis 3 Krcii/.iT bezahlen musste. 1 An einer anderen Stelle (Patent v. 2. August) heisst es: propt.er summum periculum eontagionis. Im Gegensatze zum „atractinen“ Metali rvurden Salz und warmes Brod als Praservativmittel angeseben. Vergl. Peinlicli: B. I., pp. 147, 150 u. 151; B. II., pag. 272. 6 sammt den Pri vat- und offentlichen Kirchfahrten zu inliibieren; aucb siiid Tanze 1 und „otfeiitliclie Spielleute“ abzuschaffen. 6. ) Die salzburgiscben Beamten baben in den jetzt und kiinftig hin (was Gott gnadigst bebiiten wolle!) inficierten Orten Kasernen fur die Infi¬ cierten, Contumazhauser fur die Reconvalescenten aufzurichten; fur letztere koiinen „Badstuben“ oder „Stadel“ ampluriert werden. 7. ) Die Correspoudenz mit der Haupt-Commission ist genau zu fiihren; in gegebener Nothwendigkeit soli mit dem daselbst bestellten Unter-Com- missar 2 : Franz Balthassar Ebner Unterredung gepflogen werden.“ „ Damit nun das contagiose Ubel sich niclit in mehrere und volk- reichere Orte verbreite", ergeht ein Patent (2. August) aucb an die iibrigen Behorden Karntens. Es entbalt theihveise Verscbarfungen des Patentes vom 21. Juli, dann Bestimmungen, wie sie im vorenvahnten Befeble an das Vicedom-Amt entbalten sind (Einstellung der Tanze, der „particularen und ofienen Wallfahrten“, der Ausfuhr von Eisen), endlicb die kategorisclie Aufforderung, die notliigen Praecautions - Anstalten zu treffen : „Die Aufstellung der hochstnothwendigen Wacben durfe niclit unter- lassen werden; diese batten genau zu invigilieren, dass niemand ob ne authen- tisclie und gebiihrend unterschriebene Fede die Grenze iibersclireite." „Die vorgescbriebene Bettlerordnung miisse genau gebandhabt werden: den oline Zeicben kommenden Bettlern diirfe nichts gereicbt, die auslan- discben sollen aus dem Lande ,getrieben‘ werden.“ „In den inficierten Orten sei die iiinigste Vorsorge an Getreide zu treffen. “ „Die inficierten Orte sollen ,immediate‘ bewacbt und die Anzeigen an die Haupt-Commission bei Tag und bei Naclit abgescliickt werden, damit die entsprechenden Anstalten vorgekebrt wiirden.“ „Auch dieses Patent soli publiciert werden zur Conservatiou des Landes, damit es niclit in ganzlicben Ruin gerathe/' Ich lasse bier gleicb ein anderes Patent folgen, welcb.es die Einstellung der Jagd befiehlt. Es ist datiert vom 1. October und lautet: „Bei den jetzigen Conjuncturen und da bereits an unterschiedliclien Orten die Contagions-Flammen sicli zeigen, stelit es der Haupt-Commission zu, alle ersehnlichen Praecautions-Anstalten zu macben. Damit nun dies absclieulicbe Ubel niclit das ganze Land obruiere und in dato nocli ge- sunde und unmaculierte Orte extendiere, so geschielit an alle Landgerichts- und Burgfriedberren etc. der ernstlicbe Befebl, in bac urgenti summa necessitate die Jagd absolute zu inliibieren: es ist namlicb zu besorgen, dass in Folge der gewobnlichen Zusammeukunft bei der Jagd sowobl durcli die hiezu notliigen Lente, bei welchen sicb solclie einfinden konnten, die die Contagion besorgend in Walder retirierten, wo schon ein oder der andere inficierte Todte aufgefunden wurde, als aucb durcli die Jagdliunde, welcbe an unterschiedliclien Orten sich verlaufen, genanntes Ubel leiclit iiber- tragen werden konnte — ividrigenfalls empfindlicbe Bestrafung folgt.“ 1 Die Zeit war zu ernst fur derlei Vergniigungen. Und nocli ein anderer Ctrund: „Weil dureh Tanz in den wiirthshausern nichts andere als rauffhandl, Muetivillen und leiehtfertige that.ten entstehen, und der zorn Gottes ervvecket wird“. 2 In den inficierten (namentlich Grenz-) Orten wurden Pest- (Contagions-) Com- missare aufgestellt. Ihnen rnusste unbedingte „Parition“ geleistet werden. Sie hatten miter anderem aucli darauf zu sehen, dass nicht „Eaitzen und Juden wegen ihren ver- dachtigen Handels und Wandels und ihrer meistent.heils uusaubern Lebensart" selbst wenn sie mit einem Gesundheitspasse versehen waren, die Grenze passierten. 7 Anfangs August \vird die Grenze gegen das Salzburgische ganzlich abgesperrt 1 und das (salzbnrgische) Vicedom-Amt zu Friesacb siebt sicb genotlrigt, Amtsgelder in der Hoke vou 14.175 Gulden zur einstweiligen Aufbewahrung an das Landgericbt Maria Saal, als an einen Ort mit „frisch- und gesunder Lufft“ abzuschicken. Friesacb war damals schon -inficiert .und man wusste es aucli an anderen Orten. „In dem Vorstattl von den Teutschenkerren 2 hinein soli es bereits ein iibles Aussehen liaben 1 '. 3 Das Hof-Kamer-Praesidium (Pra- sident: Graf v. Platz) ist erstaunt, vvarum schon die zweite Friesacher Post ausbleibt und vermuthet die Pest daselbst. Das Landgerickt Maria Saal klart dasselbe auf mit Bericht vom 13. August: „Alle Wege von Friesacb nacb Salzburg sind abgesclinitten, denn in den Hausern von Friesacb. welcbe der deutschen Commende gehoren, ist dem sicliersten Vernehmen nacb eine ansteckende Krankbeit ausgebrocben, so dass die Vorstadt grosstentkeils schon ausgestorben ist. Die Krankbeit wird jedocb niclit fur die Pest gehalten, sondern fiir die schwarze ,,Herzbrein“, welclie der- art zusetzt, dass einer vom anderen angesteckt wird“. 4 Wie es sich spater lierausstellte, war es die Pest. 5 6 Es ist begreiflich, wie unangebehm es dem Landricbter von M. Saal war, Briefe aus diesem Orte zu erhalten. Er ersucht daber das Vicedom- Amt, dem kiinftighih abgebenden Boten zu bedeuten, dass er keinesfalls mehr M. Saal oder gar den Pfiegbof betrete, sondern die Briefscbaften bei einem Bauer binterlege ; denn erstens sei es verboten, Fremde, noch dazu von einem inficierten Orte kommende, einzulassen, zvveitens sei Maria Saal ein offener Ort, der taglich von vielen Wallfabrern besuclit werde. „Gott, der Allmachtige, konne uns zwar iiberall mit dem leidigen tlbel lieim- suclien, nichtsdestoweniger sei es ernste Scbuldigkeit, die Gefabr auf diese Weise hintanzuhaltenA Er fiudet es fur gerathen, eine Wacbe aufzustellen und den Durchgang zum Pflegebof' und Maiereigebaude abzusperren. Der Verkehr mit Friesacb wird erschwert, durcb den Haupt-Commissions-Befehl vom 13. August, welcber bestimmte, dass kein Bote melir bis nacb Friesacb abgeben, noch ein solcher von dort eingelassen werden diirfe. Ausnabmen in dringenden Fallen wurden in ersterer Zeit allerdings gemacbt. Die nacb Friesacb bestimmten Briefe vvurden zunacbst derart befordert, dass sie ein Bote nacb Molbling (Ortsg. liabing) braclite, wo sie der Friesacher Bote abholte. Es kamen aber andere Sclroierigkeiten dazu. Der M. Saaler Bote berichtet: „Die wacbliabenden Soldaten nabmen die Briefscbaften nicht an; endlicb acceptierte sie der daselbst bestellte Wacb-Inspector Ilamis v. Kellerberg, bedeutete jedocb, man solle keine melir hieber bringen, denn er gebe keinen Postmeister ab und konne sie aucli niclit nacb Frie¬ sacb expedieren.“ Noch schwieriger war es, Nacbricbten aus Friesacb zu erhalten, weil die Wachen die Briefe verb rami ten oder unleserlich macbten, „was daber rtihrt, dass man sie solchergestalt raucbert und zu nacbent an die Gluet halt, dass die Petscbaiften vollig zerschmelzen und auch wobl gar aufspringen m Hessen. “ 1 Ersichtlich aus einer Zuschrift des Vicedom - Amtes vom 3. August. 2 Vorstadt des Deutschen Ordens. 3 M. Saaler Landgerichts - Act, 4. August. 4 Es liegt auf der Hand, dass man den Leuten zur Beruhigung absiohtlich eine andere Krankheit nannte. Siehe aucli pag. 11, Anm. 1. 6 Siehe pp. 9 u. 12. 8 Mit grosser Angstlicbkeit suchte man die Einschleppung der Pest zu verhiiten. Einige Beispiele: Es wurde der Haupt - Commission hinter- bracht, dass sicli zwei „Iverle“ aus dem inficierten Htittenberg fortge- schlichen hatten; der eine babe sicb an die Gurk (zum Bauer Perkounigg), der andere in das Grafensteiner Burgfried begeben. Sofort wurden Mass- nabmen getrotfen. Das M. Saaler Landgericht erhalt den Befebl, den an der Gurk sich aufhaltenden „Kerl unpraejudicierlich anderer Gerichte mit aller Praecaution aufsucben, ihn bei Androhung des Todtscliiessens, sofern er nicbt parieren solite, in einen ganzlich scparierten Ort oder in eine Badstube treiben und bei Verabreickung der alimenta bevvachen zu lassen“. Der „Kerl“ wird auf ,,offener Weit“ angetroffen und nacli (Sag) Groblach 1 in eine Badstube gebracht. Unter „offenem HimmeF wird mit ihm cin „Examen“ vorgenommen und das Protokoli der Haupt - Commission ein- gescbickt. Er gestand, er habe in Maria-Waitschach 2 als Schuhmaclier gearbeitet. Er sei entwichen aus Furcht vor der Pest. In Waitscbacb sei allerdings nichts davon zu verspiiren, docli redeten dort die Leute, dass auf der Zossen viele sterben. Acht Tage irre er schon berum; niemand habe ibm Herberge gegeben. Ein gleicbes Schicksal trat' einen Weber- knecht, der von Lolling kam. Auch in Lolling wisse man nichts von der Pest, wohl aber wiithe sie in Htittenberg und auf der Zossen. Trotz der Fede, die ihm der geistliche Herr von Silberegg ausstellte, sei er nirgends eingelassen worden; die Nahrung habe man ihm von vveitem gereicht. Obvvohl es sich berausstellte, dass beide „vom contagiosen Gift nicht beleckt waren“, so wurden sie docli durcli einige Wochen hindurch bevvacht und erst dann freigelassen, als sie sich in einem Bache im Beisein einer AVache gut gereinigt und frische Kleider angezogen liatten. Die alte Ivleidung wurde verbrannt, das A^erbot des Besuches inficierter Orte ihnen mitgegeben. Als die Pestseuche sich immer melir ausbreitete und Klagenfurt zu umstricken drohte, wurden diese Vorsichts-Massregeln natiirlich verscliarft, und es erliisst die Haupt - Commission deii Befebl, die 42tiigige Contumaz der aus inficierten Orten herbeigekommenen Personen „bei A'erlierung des Kopfes“ auf das „scharpfeste zu continuiren“, die „liabenden Pinggl im Beyseiu eines Ehrlich beglaubten Undterthans mit geziemend achtnembung, dass es nit zu nachend neben ihnen gescliehe, verbrenneii zu lassen, 3 die alimenta praecautione zu verabreichen und die mit inficirten Persohnen communicirenden in Verwabrung zu nehmen.“ 4 * Schliesslicb vvurde diese Bestimmung auf alle, auch aus gesunden Orten kommende Personen ausgedebut und nicht nur „herbeygelaulfene Kerle“ liatten die Strenge des Befehles zu ftihlen, auch ein Ilerr Baron Gabelkoven sammt Familie, der von Frauenstein nacli Alaria Saal zum „ Organistenwirth“ gekommen war: er musste daselbst trotz der „lamen- tationes der gnadigen Fran Baronesin“ und trotz der „Cavalliers parolla“, 1 Bei Maria Saal. 2 Nachst Htittenberg. 3 Diesem Befehle kam auch der Landrichter von Maria Saal getreulich nacli. Als ein aus dem inficierten Wietting kommeuder Schuster aufgegritfen vvurde, musste er sofort seinen „Pinggl“ abliefern, damit er verbrannt wtirde. „IJud ist diese Verbrennung im Beysein des Kreuzenvirthes und des hiesigen Gerichtsdieners, vvelche von \veithen gestanden und diessen zugesehen, dass alles vollstandig beiverket vvorden, gesehehen 11 . (Ber. a. d. H.-C.) 4 Auch die Todtengraber und selbst die Priester,- die den an der Pest verstorbenen die letzte Ohlung reichten, vvurden liingere Zeit bewacht. 9 class er von einem gesunden Ort komme, eine (allerdings kurzere) Con- turnaz 1 mitmachen. Am 21. August ergeht von der Haupt - Commission durch das Vice- domamt an das Landgericlit M. Saal der Befelil, einen Boten nach Salz¬ burg 2 abzuschicken, dani it von dort ein magister sanitatis 3 und ein Bader nach Karaten abgeorduet werde. Der Bote iiberbriugt dem Landrichter in M. Saal ein Schreiben aus Friesach (unterzeichnet: Jos. Ant. Fischer) unter gleichem Datum, dass vergangenen Samstag Herr Clement Josef Aichwalder, Stadtpfarrer zu Friesach, an der Pest gestorben sei. Seit nahezu 4 Wochen habe die verheerende Seuche bereits 170 Personen hin- vveggerafft: Die „Deutschhauser Vorstadt“ sei bis auf 2, das ,,Deutsche Haus“ bis auf 4 Personen ausgestorben. Am 20. August erhalt der Landrichter vom Hof - Kamer - Praesidium in Salzburg den Befelil, iiber den Stand der Contagion in Karnten von Zeit zu Zeit Sr. hochfurstlichen Gnaden zu relationieren. Diesem Befehle kommt der Landrichter mit grosser Piinktlichkeit nach und es gelien von nun an, in der bedrangten Zeit, die Berichte 4 in Intervallen von 8 bis 14 Tagen dahin ab. Bericht vom 22. August: „Das Hinsterben der Menschen in Hiitten- berg soli nicht melir so stark, der Ort Metnitz von dem Ubel schon ziem- lich befreit sein. In Friesach starben bereits 170 Personen, u. zw. 127 in den letzten 14 Tagen. 5 Auch der hochwiirdige Herr Stadtpfarrer Clement Josef Aichwalder wurde ein Opfer seines hoclist erbaulichen Seeleneifers. Er war des hochfurstlichen Bestandt - Maiers zu Taggenbrunn leibliclier Solm und sein Stolz und seine Stiitze. Der Viccdom - Amtsvenveser hat sich mit den seinigen und mit Hineinnahme eines P. Dominicaners im 1 I)ie contumacierenden Personen vermoglichen Standes hatten alle Unkosten selbst zu tragen; fiir die armeren bezahlten einstweilon die Herrscbaften und Geriebte, docli vvurden die Auslagen durch allgemeine Gerichtsanlagen spater \vieder gedeckt. 2 Der Bote muss den Weg iiber Velden-Villach-Paternion-Spittal-Gmund-Muhlbach- Katschberg nehinen, urn zum salzburgischen Pflegamt Moosham (bei Tamsweg) zu gelangen, von wo aus die Briefsehaften naeh Salzburg befordert wurden. Diesen Weg macht ubrigens rvochentlich ein Bote mit Briefsehaften des M. Saaler Landgerichts und den Amtssaehen (der salzb.) Pflegamter Sachsenburg und Stali, die ihm in Gmund eingehandigt vrurden. 3 „Die magistri sanitatis waren vornehmlieh dazu berufen, die Inflcierten in die iirztliche Kur zu nehmen. Die Pestmedicamente, auf Kosten des Landes angekauft, vrurden von ihnen den Patienten unentgeltlich verabreicht, jedoch hatten sie den Auftrag, „mit der Medicin gewahrsam und gesperrig umzugehen“. Da es der gepriiften Wundarzte iiberhaupt nicht viele gab und keiner gezwungen werden konnte, das Anit eines magister sanitatis zu ubernehmen, so kam es ofters vor, dass man Leute zu diesem so iviehtigen Anite aufnehmen musste, wo und wie immer man sie fand, wcnn sie auch nur geringes arztliches Wissen hatten, wie Bader, Barbiere, Apot.heker oder auch nur deren Gesellen.“ Siehe Peinlich: B. I., pp. 260 u. 261. 4 Die Berichte des Landrichters verdienen volle Glaubwiir.digkeit, denn sie sind grosstentheils die IViedergabe der Mittheilungen der Haupt - Commission, die er stets um Auskunft ersucht. Obrvohl er dies in den Berichten nicht immer ausdrucklich envahnt, so geht. es doch aus der Stelle liervor, die sich einigeinale vorfindet: „Ich habe de novo die H.-C. befragt." Schopft er seine Mittheilungen aus anderen Quellen, so gibt er sie an. Unterlauft ihm liie und da eine Unrichtigkeit, so corrigiert er sie spater. Ziveifel- hafte Nachrichten bringt er mit grosser Beservo. Der ehrenwerthe Charakter dieses Mannes steht ausser Zweifel und er wird in vielen Zuschriften hervorgehoben, ganz besonders in einem Schreiben des Bischofs von Lavant, Carl Philipp, vom 20. September 1715. — Ich gebe diese Berichte, die mir in Abseliriften vorliegen, im Auszuge. 5 Es wird hiemit die Angabe des Jos. Fischer aus Friesach erganzt. 10 Amtshof eingesperrt und lasst niemanden hinein. 1 Dem sichersteii Ver- nehmen uach leiden die armen Lente in Friesacli grossen Hunger vegen Mangel der Zufuhr und Abgang der Lebensmittel. Ilass nicbt friiher besser gesorgt wurde! 2 Briefe nach Friesach zu bringen ist jetzt ebenso unmog- lich, als Wolken vom Himmel zu zielien. Auf Befebl der H. - C. wurde die Althofer, Linder- 3 und Gumiscber 4 Brucke abgetragen. “ 5 Das Pestiibel macht nun einen gewaltigen Sprung nacli Volkermarkt. In der Naclit vom 24. — 25. August starben daselbst die ersten 3 Personen. Diese betriibende Nachricbt erhielt der Landrichter am 25. August vom Tainaclier Propst, dem sie wiederum vom Volkermarkter Medicus zukam. Bestatigt wird sie aucli durch einen Brief vom Kreuzerwirt Josef Knappitscli (unvveit Tainacli) und erganzt durcb die Mittheilung, dass der Herr Medicus von Volkermarkt durchgieng, 6 als er die Pest versptirte. Bericht vom 29. August: „Schon seit 8 Tagen kam der H.-C. kein Bericbt melir aus Friesach zu, 7 und so muss man das Schlimmste fur diesen Ort befurchten. Die nun aucli in Volkermarkt ausgebrocherie Pest machte es notlnvendig, dass die Piisse gegen das Lavanttbal abgesperrt \vurden ; es ist daber unmoglicb, Amtsbriefe an das Pflegamt 8 St. Andra zu befordern. Tainacli wird Tag und Naclit bewacht.“ 9 Bericht vom 5. September: ,,Es ist mir die glaubwiirdige Zeitung zugekommen: In Friesach wetzt der Tod nocli ziemlich seiiie Sensen und nur wenig Biirgershauser sind mehr iibrig, die uoch nicht iuliciert sind. Die Zalil der Todten belauft sich bereits auf 200. In der Mosinz soli der grimme Tod last alle Ilauser durchstrichen und fast alle Menschen envtirgt haben. Nicht minder todtete sein Pfeil im Markte Reichenfels viele In- vvohner: nur nock etliche sind verscliont. Vor zwei Tagen sagte mir ein Klagenfurter Medicus, dass Lavamiind suspect sei. Die Stadt Volkermarkt empfindet liart das Joch der pestilenzischen Seuch: seit 14 Tagen mussten 1 „Die Furcht vor der Contagion (Beriihrung mit infioierten Personen) ist eine wohlbegrimdete und die Verhtitung und Venneidung derselben fast das einzige und jeden- falls das kliigste Mittel, um sich vor der Pestilenz zu bewahren.“ Dass zuweilen alle Vorsicht und Behutsamkeit zuniehte gemaeht wurde und die Pest dann in den abgesperrteu Raumen lieftiger als auswarts vviithete, zeigt Peinlieh an verschiedenen Beispielen in B. I. pag. 157 u. a. Aueh der Vieedomamts -Verweser komite die Seuche vom Amtshof« nicht letne halten, denn am 9. October meldet. er dem Landrichter, dass seme Kochin an den vvirklichen Pestbeulen gestorben sei. 2 Es scheint also der Punkt 1 des Patentes vom 31. Juli schleclit befolgt worden zu sein. Siehe auch pag. 12. 8 Linderbriicke (heute Annabrucke) am Zusammenfluss der Drau und Gurk. 4 Bei Zapfendorf (Grafenstein). 5 Der Bericht schliesst: „Ich bin ein vielgeplagter Mann. Das, Gott Lob! gesunde Landgericht mit frischer Luft wird von verdachtigen Menschen so sehr heimgesucht, dass ich vor Strapazen und Miihewaltungen puncto contagionis scbier krank zu werden fiirchte, ich bitte daber um einen 2. SehreiberA' Der zweite Schreiber wird bevvilligt und erha.lt vvochentlich 1 Gulden Lohn und 1 Gulden 30 kr. Kostgeld. 8 Er beherzigte vielleicht folgenden Rath: „Naht sich die Infection, so kaufe dir ein Paar starke Schuhe und laufe so lange und so iveit fort, bis die Sohlen durcblochert sind“ oder es war ihm die erste Regel im „Regiment, wie man sich in der greulichen Pestilenz bevvahren und erretten soll“ von Dr. Johann Saltzmann a. d. J. 1522 bekaunt: „Von dieser erschrecklichen Plag sich zu verhiiten ist die sicherste und bewahrteste Arznei: Fliehe bald, fern hindan und komme langsam zuriick". 7 Namlieh iiber Molbling. 8 Salzburgisch. 9 Die Wachen an den Greuzen, Lazarethen, Contumazhausern hatten die Unter- thanen unentgeltlich zu stellen. Die Landschaft gab kein Geld hiezu her. 11 sclion uber 20 Personen die Scliuld der Natur mit ilrrem Leben bezalilen. Eiii aus einem verdachtigen Orte gekommener Schuster soli sie dahin ge- bracht liabeu. Am Maraunberg 1 sind 20 oder 25 Personen in 5 inficierten Hausern gestorben. Sicherem Vernehmen nach soli die Pest aucli in Sirnitz und Glodnitz (Albecker Landgericht) ausgebrochen und sich geaussert haben. Der von Moshaam zuriickgekehrte Bote meldete, dass aucli in Treffen und im Landskroner Bezirk das Giftfeuer zum Vorschein gekommen sei. Die H.-C. bestiitigte es: in Treffen sind 4 Hauser gesperrt und am Ossiacherberg zeigt sich das "Obel an; durch verdachtige Personen soli es aucli in das Bibersteiner Landgericht gebracht rvorden sein. 2 M. Saal ist noch gesund, docli ist die Furcht der Bewohuer unbeschreiblich. Das Elend nimmt in Karaten zu und haben viele arme Leute in M. Saal weder Salz noch j;Machet“. Es ware hochst wunschenswcrt, dass mit Almosen aus der Amtscassa bedacht wurden.“ 3 Bericht vom 12. September: „Icli habe die sicherste Nachricht er- halten, dass in Hiittenberg die leidige Contagion 4 noch arg vviithe. Sclilimm sieht es auch in Treffen aus, besser am Ossiacherberg und Umgebung. Lavamiind, das man fiir suspect hielt, soli befreit sein von jeglichem Ver- daclit. Am Maraunberg, den man fiir erlost hielt, starben heute wieder zwei Personen. Nun ist auch St. Margaretlien 5 6 inficiert und Neudenstein im Maierhof des Baron Kometter starben drei Personen. Damit die Pest nicht iiber die Gurk gebracht werde, ist es nothvvendig, die Briicken stark zu bewachen: jene von Sillebriicken 7 und Schopfendorf ivurden mit ver- 1 Umveit St. Veit. Schon am 11. August verbreitete sich in Klagenfurt ein starkes „Spargament“, dass am Maraunberg in einem Bauernhause ganz jah ein Knecht und cine Magd an den Pestbeulen gestorben seien. Die H.-C. sehickte sofort einen „Palbierer“ daliin ab, der jedoeh nicht die Pestkrankheit constatierte, sondern die schwarzen „Petetschen“: Blattern, die geoftiiet ivurden, und aus denen „ain Materie, gleich einer Galle“ herausfloss. Dass es die Pest vvar, geht aus obigem Bericht hervor und weil der Maraunberg als ver- dachtiger Ort sehon von dieser Zeit an von Soldaten bewacht wurde. 3 Es lag die Furcht nahe, dass der M. Saaler Bote nicht mehr werde diese Gegenden passieren konnen. Die H.-C. gestattete es jedoeh, nur miisse der Bote sich „hubsch ab- seits“ halten. Zur grosseren Sicherheit erbittet sich der Landrichter einen „Bothenschildt“ aus Salzburg. 3 Der edle Erzbischof von Salzburg befiehlt (Zuschriften des Hof- Kamer -Praes. v. 13. Sept. u. 22. Nov.), dass wochentlich um 20 fl. aus der Amtscassa Victualien gekauft und an die armen Leute vertheilt werden sollen, „da zu besorgen, dass bey diessen be- trangten Zeiten wegen der ermanglendt geimegsamben nahrung und alseitiger Sporr ein nachtheilliges Ybel entstehen komite". Diese Summe flndet selbst der Landrichter tur zu hoch und meint (Schr. v. 4. Dec.), dass eine wocheutliche Beisteuer von 3 ti. geniigend sei. Weniger angenehm war ihm die Verordnung des Vicedom-Amtes v. 20. Nov., die aus- standigen Gelder bei allen Unterthanen mit allem Ernste einzutreiben, zumal dies auch in Althofen, wo doch die Pest wuthet, gesehehe. 4 „Die Begriffe Contagion, Infection und Pest werden hauflg nicht von einander geschieden und der eine Name fiir den anderen gebraueht. Die Infection ist die Ursache der Pest, die Contagion die Wirkung derselben, denn diese tritt erst danu ein, wenn das Pestgift, das in eines Menschen Leib kam , eine eigenthtimliche Umwandlung und Ver- schiirfung seiner Wirkungsfahigkeit erlangt hat. Der Athem, den der Kranke aushaucht, der Dunst und Schiveiss, den er ausscheidet, kurz alles, was von demselben herruhrt, ist verpestet und hat die Kraft andere zu verpesten. Wer auf diesem Wege die Pest erhalt, der erfahrt die Wirkung der Contagion." Peinlich, B. L, pp. 130 u. 131. 5 n.-w. v. Volkermarkt. 6 Zrvisehen Volkermarkt und Tainaeh. Die erste Nachricht iiber den Ausbruch der Pest in Neudenstein erhielt der Landrichter vom Kreuzenvirt (8. Sept.): „Die Euchldirn starb an den wirklichen Pestbeulen, die Saudirn liegt im Sterben". Dies bestatigt auch ein Schreiben des Baders Sille aus Sillebriicken (9. Sept,). 7 Ortsg. St. Thomas am Zeisselberg. 12 schliessbaren Thoren versehen. Tainach bevvachen nun doppelte Wacben. 1 Nur kiimmerlich kam mir ein Brief von einem guten Freund aus Friesach zu, der den elenden Zustand dieses Ortes erbarmungstvurdig anzeigt. Der Brief lautet: „ Datum 6. Septbr. Bas laidige Contagions - Ybel ist alhier solcher gestalten eingerissen, dass die negsten 6 Wochen bero bis in die 250 Personen, mithin gleicbsamb die Helffte hiesiger Statt unter die Erden geleget tvorden, vvorunter das Ungliick H. Stattpfarrer Aichwalder, H. Martin Canonicum, ein P. Dominicaner auss den Geistlichen, Weltlich Vornember aber H. Obereinnemmer Ebner, als gewessten Contagions - Commissarium, den liier commandirten H. Leutnandt, nebst der Helffte Ratbsbiirger, llbri- gens aber gemeiner Handtwerch-, Dienst- und armer Leute so viele ge- troffen, wass alhier bey diessen Contagions-Conjuucturen vor ein notli, aufruehr und Elend, 2 ist leiclit zu erachten; Es ist nit allein -ein Abgang an Krankenwarthern, Palbieren und Todtengrabern,. sondern aucli an Seel- sorgern und Geistlichen. Und seyent tiber die 50 Hauser in der Statt inficirt, denn doch in allem nur biss in etlich und 80 Hauser seyn. Uiesse 2 tag hero hat es ein anselien, alss vvollte das laidige Ybel in etwas nacli- lassen, dami nit mer er, alss 9 Personen verstorben." Der Brief schliesst mit der Bitte, mit eifrigen Gebeton vor dem wunderthatigen Gnadenbilde zu M. Saal zu gedenken und bei der aller- soligsten Mutter Gottes um Abwendung dieses Ubels zu bitten. Und der Bericht schliesst: „Dieses grosse Unheil abzinvenden, unterlasse ich nebst meinen besclrvverlichen Strapazeu nicht, der hier angeordneten taglichen Andacht mit den meinigen beizuvvohnen, um den gottlichen Zorn zu ver- solinen und diese androhende Strafruthe zu verhindern.“ Bericht vom 26. September: „Ich babe mich de novo bei der H.-C. liber den Stand der Contagion erkundigt. In Friesach steht es iiber alle Massen schleclit: nur 11 Hauser sind noch frei vom bosen L bel. Hiittenberg ist noch inflciert. In Althofen soli das Giftfeuer bereits im oberen Theile des Marktes tviithen. Guttaring soli noch frei spin, doch hat sich unweit davon die Pest auf einem Berge eingenistet. In Neudenstein und am Maraun- berge gelit es, Gott ewig Dank gesagt! etwas besser. Aus dem Briefe eines Freundes aus Volkermarkt zu schliessen, ist es dort šehr gefalirlich und siliti bereits 98 Personen liingerafft \vorden. 3 Viele „einschichtige Ortl“ 4 herum sind inflciert, “ 1 Mit den Waohen ist hauflger Anstand. Auch dem Propst von Tainach verweigern sie den Gehorsam. Er wollte auch „in antecessum et omneni eventum“ Todtengraber und Krankenwarter gegen Verabfolgung eines wochentlichen Lohnes bestellen, allein niemand Hess sich ..trot/. angewendt Eleiss persuadieren". Er beklagt sich iiber den Undank der Leute und lehnt in zieinlich gereiztem Tone jede weitere Verantivortung ab (Sch. a. d. Ldg. 2. Oct.): ,.Das Landgericht, das er unterstiitzen wollte, moge nun selbst alle Anstalten treffen“. Der Laudrichter enthebt, den Propst der Miihewaltung und betraut damit (Auf- stelluug der Waehen, Visitierung derselben etc.) den Kreuzenvirt. Dieser soli sich nun auch um Todtengraber und Krankemvarter bekiimmern: erstere erhalten laut H.-C.-Erl. wochentlich 1 Gulden, letztere werden vom Landgericht hezahlt. Solite sich gutwillig niemand gebrauchen lassen, so soli er ni.cht lange fragen und den nachstbesten Keuschler dazu zvvingen, jedoch gegen Verabreichung der entsprechenden Gebiihr. — Am 7. Oct. erbitt.et sich der' Laudrichter die Vollmacht, 3 Bauern, die sich weigerten Wachen aufzu- stellen, bestrafen zu dttrfen. Die H. C. liberlasst ihm die Jurisdiction und ermachtigt ihn, die renitenten Bauern mit Gewalt aus ihren Wohnungen zur Wache hinauszutreiben. 2 Den Geldmangel in Friesach illustriert eine Zuschrift des Vicedom-Amtes an das Ldg. M. Saal (9. Oct.): „Die lobi. H.-C. wolle um Erlaubnis ersucht vverden, die in M. Saal betindlichen Amtsgelder von Stali nach Molbling abschicken zu lassen. da in der Vicedom- Amtscassa kein Kreuzer Geld mehr vorhanden sei.“ 13 Bericht vom 9. October : „Das Contagions-tlhel vergrossert sicb immer mebr. In Lavamiind ist es ebenfalls ausgebrochen. Erharmlich wiitliet es in Bleiburg: 30 Hauser sollen angesteckt sein. In Neudenstein 1 ist es noch nicht gestillt. Audi in der Ruhestadt 2 bat es schon mehrere Per- sonen aufgerieben. Im Waiseuburger 3 Landgericht geht es schwimghaft. In und um Friesacb bat es bereits 419 4 5 Personen ganz gierig versdilungen. 6 Noch inficierte Orte sind: Mosinz, Zossen, Hiittenberg, Tretfen und Ossiadi (im Villaclier Revier in der „Abseit“); dazu kommen: Guttaring, Lolling und Altbofen.“ Bericht vom 17. October: „Keine Verringerung der leidigen Sucht.“ Bericht vom 30. October: „Statt in der Herbstzeit sich zu legen, fangt das tJbel heftiger nur zu wuthen an. Nunmehr geht es aucli in Schwung im Lavantthal: oberhalb und unterlialb St. Andra. Wie es jetzt in Friesacb aussieht, ist mir nicht bekannt. Hiittenberg, Guttaring und Althofen in recht schlechtem Zustand. Bis Molbling schon dringt das Feuer vor. Siebeneich und die Gegend ausserhalb der kaiserlichen Stadt St. Veit 15 ist gross suspect. Ja die Vorstadt, in der die PP. Franziscaner vvohnen, soli inficiert sein; ebenso: Wiendorf, Bruckendorf, Hoch-Osterwitz. 7 Aus Bleiburg und aus Volkermarkt, 8 von Ruhestadt und Neudenstein 9 hort man niclits Gutes: keine Abualime der Pestilenz. Zu Biberstein (Graf Lodron’sche Herrschaft) sind in den vervviclienen Wochen bereits 50 Per¬ sonen verblichen. Graf Grotenegg erzahlte mir: Zu Treffen lasse die iible Sucht in etwas nacli, docli babe sie den Barbier ergriffen; 2 Beulen babe er und aucli Karfunkeln. „Hingegen der grundtguttigsten Majestat Gottes unentlicher Dank gesagt, ist M. Saal, sambt dem mir gnadigist anverthrauten 3 Naeh einer Zuschrift des Propstes von Tainach vmn 22. Sept. war darnals die innere Stadt versohont; dagegen hiitten in den herumliegenden Hiitten viele Lente „in das Grass peussen miiessen". L)ie Hiitten wurden verbrannt. 4 Ebenda wird aueh von der Infeetion in Eubestadt und St. Peter gesprochen. 1 Der Propst von Tainach beziffert am 2. Oot. (Zusch. a. d. Ldg.) die in der Br. KiimetteFsehen Maierei an der Pest verstorbenen auf 7. 2 Ebenda: „Beim Kummer in der Ruhestadt sind 2 suspecte Weiber gestorben." 3 Waisenburg n.-w. v. Volkermarkt. 4 Das Vicedom-Amt gibt am 9. October die Zahl der bis jetzt in Friesacb an der Pest verstorbenen auf 449 an. 5 Zuschrift des Ferd. Steiner, Stiftschaffers des Collegiat-Stift.es St. Bar.tlma zu Friesach dato 30. Sept. Wenn diese und vorstehende Angabe ricbtig ist, so starben zu Friesacb vom 30. Sept. bis 9. Oct. 30 Personen. — Diese Zuschrift onthiilt auch Angaben iiber die Mortalitat in einigen inflcierten Orten Steiermarks: „In Neumarkt sind nur noch 100 Personen iibrig; in St. Marein sind die meisten Leute in die Ewigkeit. abgegangen; in der Pfarre St. Lambrecht starben 300, zu Murau uber 100, zu Stadl, Einach und St. Georgen iiber 400.“ 0 Die Correspondenz mit St. Veit und den herumliegenden inflcierten Ortschaften wurde derart besorgt, dass ein Bote mit den Briefen nach St. Donat abgeschickt \vurde, von wo aus sie ein Gastvvirt Pflegerl an die betreffendeu Adressen zu expedieren hatte. 7 Die Orte vvurden von Wachcn umstellt. Dabei kommt es zum Streit: Der Pfleger zu Hoeh - Ostenvitz gestattete den Wachen, die Zaune der hochfiirstlichen Maierschafts- nnd anderer Urbarsgriinde der Herrschaft Taggenbruun abreissen und verbrennen zu durfen. „vvodurch die armen Untertlianen, ivelche ohnediess ein jedes Zaunholz umbs ]iaare gelt erkauffen und beyschaffen miiessen in IJnverantwortliche sehadon verlaithet und Vorsetzlicli gestiirzet werden'“. Der Landrichter, als Pfleger von Taggenbrunn, heklagt sich bei der H.-C. und erwirkt einen strengen Venveis. s Zuschrift des Kreuzervvirtes dato 1. Nov. bestiitigt dies: „In Volkermarkt wiithet stark die Pest: 20 Personen starben diese Woche. Auch in vornehme Hauser riss sie ein“. 8 Ebenda: „In Neudenstein starb cine Dirn und bei einem Bauer nachst dem Br. Iv6metter’schen Hause 2 Personen. 11 14 Landgericlits-District dato nocli ganz rein, und aucli nit von einer einzigen Kranlcheit etwas zu lioren. Gott, der Allgevvaltige, beliiitte es nur nocli ferners, gleicli wie es bisliero bescbebcn.“ 3 Bericht vom 7. November: „Nocb immer grosse Gefabren in Karaten. Es ist verburgte Nacbricht: 42 inficierte Orte befinden sicli allda im Land; 6000 Personen sind vvabrend der Contagions -Zeit bereits gestorben; 327 Reconvalescente, Ivranke und Impestierte befinden sicli nocb allerseits. Alle Nacbricbten bestatigen: „Yor 8‘Tagen ist in der Statt Volkermarkt die Pestilenz dermassen vviittend vvorden, dass selbe bis 30 Persohnen ganz Eylfertig bimveckgenommen, und sollen die maisten, was von unvermig- lichen standt ist, fast vor Notb und Hunger crepircn.“ St. Veit 1 2 in grossem Verdacbt: es sollen vvirklich sclion einige Personen dariunen aufgerieben und etvvelcbe Burgersbauser inficiert worden sein. Desgleicben sollen Mautli- briicken 3 und Paternion angesteckt sein. 4 Das Land Karnten leidet grosses Elend. Aller Handel und Wandel liegt darnieder, 5 alle Orte sind mit Wachen besetzt, fast keine Person darf zu einer anderen geben.“ Bericbt vom 27. November: „Soviel babe icli glaubvviirdig erfabren: An keinem inficierten Ort nocb bat sicli das bedrangte Pestubel zur Rube 1 Die entsprechende Vorsieht liess man jedoch liieht bei Seite und es wurden Ende Oetober die Wachen auf der ganzen Lienie des Landgerichts-Districtes verstarkt. Auch diesmal kommt es zu Streitigkeiten: Das Waisenburger Landgerieht vveigert sieh „in eventum ob summum periculum in mora“ Waeben an der „Rackentraten“ aufzustellen. Auch diesmal ist die Intervention der H.-C. nothig. — Als Wachinspeetoren fungierten Josef Knappitsch und Peter Perkounigg, Bauer an der Gurk. Ersterer erhalt sehliesslieh fiir seine Miihevvaltung 16 fl., letzterer 10 fl. 30 kr. Die Feden des Kreuzenvirtes werden haufig nicht respectiert, daher musste sie spater bis zum Ende der Infection 1. H.-C.-Befehl der Propst von Tainach ausstellen. 8 Es ist die innere (eigentliche) Stadt gemeiut. — Die St. Veiter Strasse vrurde stark bevvacht. Da sieh nun die Leute, die nach Klagenfurt gelangen vvollten. nach M. Saal begaben, vvo sie ihre Feden unterschrieben erhielten (was ihnen bei den Wachen an der Landstrasse nicht so leicht gelang), so erliess die H.-C. an den Landrichter den Befehl, „die von unten (dh. von der Strasse) seitwerts herauffkommendte Piiass nit so leichtlich zu admittiren, noch zu undte: schreiben, sondern selbe biss fehrnere Ordre zuruckweissen“. 3 Bei Stockenboi. 4 Diese Naehricht bringt den Landrichter in nicht geringe Verlegenheit. ,,Weillen diesse orth an der Landstrasse liegen, so stehet zu befiirchten, ob der wochentlich nach Mosshamb von hier abgeschickt werdende Both, in mangi der abweg noch ferners vvird abgeschickt vverden khilnen, den mithin vvurde ich von dem wiittenden Abel solchergestalten eingeschlossen, dass ich nun nit vriisste ein mittel ausszufiinden, die espeditiones ferner nach Salzburg bringen zu khiinen". Soweit kam es jedoch nicht. Allerdings wird der Bole in Villach angehalten und nicht iveitergelassen. Es wird ihm bedeutet, dass er ohnedies nicht nach Paternion gelangen konne, da die „Clausen“ vollig abgesperrt seion; iibrigens sei ja M. Saal ein verdachtiger Ort. Man hielt es fiir suspect wegen der Nahe des inficierten St. Veit. Der Landrichter envirkt jedoch von der H.-C. ein Patent, in ivolchem M. Saal als gesunder Ort hervorgehoben ivird. Mit diesem Patente musste dem Boten die Passierung iiberall gestattet werden. Der Bote wollte iibrigens ohne entspre- chendes „Trinkgeld“ die Briefe gar nieht mehr expedieren, „da er viel ungemaeh tragen und erdulden miisse, in beherzigung, dass man ihn in kem Hauss lassen, noch beherbergen darff“. 5 Dass zu dieser Zeit jedvveder Handel stockte, ist wohl leicht erklarlieh. Es vrurde friiher (pag. 7) ervvahnt, dass zu Beginn der Tnfection (2. Aug.) in Friesach Vicedom-Amts- gelder (14175 fl.) nach M. Saal gebracht vvurden. Dieses Geld solite urspriinglieh in M. Saal bleiben, spater dem hachfiirstl. salzb. Agenten in Graz ubcrmittelt werden. Dies gieng nicht an, da nach Ausbruch der Pest in Volkermarkt alle Piisse von Karnten nach Stoier- mark abgesperrt vvurden. Auf das hin befiehlt die Hof-Kamer, das Geld in IVechsel um- zusetzen und diese dem salzb. Agenten nach Wien zu schicken. Der Landrichter gibt sieh alle erdenkliche Miihe, bei Villacher und Klagenfurter Kaufleuten (Anton Schluga und Franz Hoger, zugleich Biirgermeister) Wechsel zu erhalten. Es konnte jedoch „absolute 15 gelegt. Es vviithet im Lavantthal: im Markte Lavamiind sollen kaum melir 10 Biirgersleute leben, die Gegend um St. Paul soli angesteckt sein. Es wird mir aucli erzahlt, dass ein Ort eine Stunde von Sebdmveg im Lavantthal inficiert sei. * 1 In und ausserhalb d er Stadt Volkermarkt beliiuft sicli die Zahl der an der Pestseuche bereits verstorbenen auf 324. 2 Im Stadtchen Bleiburg starben sclion gegen 200 Personen. In der Ruhestadt und Umgebung lasst das Ubel aucli nocli niclit imeli. In Hoch-Ostenvitz (Khevenhuller’sches Landgericht) sind gleichfalls Dorfer inficiert; einige 50 Personen sind bereits verscharrt worden. In Dassendorf sind j ah 5 Leu te in einem Hause gestorben. St. Veit befindet sicli, nachdem etliche Personen 3 mit Pestbeulen versehen liingerissen wurden, imrvvendig Gott Lob! gesund; ausserhalb jedoch sind inficiert: Kreug und Meiselding, Weitensfeld und Gurk. Zu Eberstein und in dessen Umgebung sieht es recht erbarmlich aus. Wie es in Althofen, Hiittenberg und Guttaring zu- geht, ist mir niclit bekannt. Friesach scheint erlost zu sein, denn seit langerer Zeit starb dort nur mehr eine alte Weibsperson und es ist zu hoffen, „dass diess leidige giifftfeuer sich nun algemach werde vergniiegen lassen und die Flammen einziechenL In Oberkaruten sind nocli Orte im- pestiert. 4 Die Zahl derjenigen, die wahrend der Contagions - Zeit allda in Karnten an der Seuche starben und aucli „vor Hungersnoth in den rachen dos todts haben fallen muessen“, wird nun auf 7000 angegeben. „Und weillen das betriebte Pestybel sich annoch zu keinem gueten standt schicken oder anlassen will, so seynt alle gefahren der weitern betrangten Ellendigkeiten annoch schmerzlich zu gewahrten, und kan das ohnedem erarmbte Land Ciirnthen im Speculum alles Ellendts abgemahlen vverden. Was aber M. Saal und das mir gnadigst anverthraute Landtgericht betrifft, ivaiss ich der Unentlichen Guttigkeit Gottes genuegsamben Dank nit abzustatten, dass die Gottliche Barmherzigkeit so mildreich ist, diessen grossen District, ungeacht negst denen Confinen desselben, die laidige Sucht schon lange Zeit ihren lauff fortsetzet, gleichwohl noch vollig von so yblen Krankheiten, genadiglichen zu beschtltzen, als vvelche Bewahrung unmitlbahr durch die nit der geringste Wexel aufgebracht werden, da bei dieser betriebten Conjunctur allor Handel u. Wandel und alle Wexel gestort seien“. Und so blieb nichts anderes iibrig, als die 14175 fl. als Contributions-, Steuer- und Eistgelder bei der Landschaft in Klagenfurt zu erlegen. „Und die Landsehafft bat diesses auch iiber alle massen guet und wohl auf- genommen, da man bei itzig betrangten Zeiten, wo selbe den grossten geltmangl leydet, diessen Erlag gethan.“ 1 Andere infleierte Orte im Lavantthal vverden nieht genannt. Dass jedoch solche nocli vorhanden waren, geht aus dem H,- C.-Bef. dato 10. Dec. an den Landrichter bervor, Personen, die von Wolfsberg kommen, nicht passieren zu lassen, da St. Margarethen (1 St. von Wolfsberg) und „andre Ortl“ inficiert seien. Die Stadt St. Andra war damals gesund, da den von diesem Orte kommenden Personen die Passierung gestattet war. Erst am 31. Dec. (Ber. d. Ldr.) wird St. Andra als suspect. angegeben: „Der scbickbueb des magister sanitatis sei urplitzlieh todt hingefahlen“. 2 Das Elend in Volkermarkt schildert der dortige Stadtschreiber Kratzer in einem Scbreiben an den Landrichter dato 26. November: „ln Volkermarkt ist Alles voller Be- trubnis, da nicht die geringste Verminderung sich zeigt. Vom 24. August bis jetzt sind 20 Biirgershauser vollig ausgestorben, die meisten anderen inficiert. „Es ist eine solche Miserablitat und Ellend, dass es nit zu beschreiben, man kan sich nit genuegsamb vor diesem abscheulich giifft hiietten; Gott hilf uns und dem ganzen Landt Carnthen vviedenunb einmal aus diessem Trangsaal". 8 In einem Schreiben an das Hof-Kamer-Prasidium dato 4. Dec. werden vom Land¬ richter 7 Todte in St. Veit angegeben. 4 In einer Zuschrift an das Vieedomamt vom 26. Nov. werden unter den inficierten Orten auch Ziebl, Hammergraben und Tragail (bei Stockenboi) angefiihrt. 16 grosse Firbitt der yberseligisten Mutter Gottes und alzeit Jungfraue Maria. welche alda ihren gnaden Tliron bat, herfliiessen und entspringen thuet, dann sonst schon so ville gelegenheiten entstanden seyn, dass es gleich- samb Miraculum ist, dass alhier oder in diesem Landtgericht, nit schon lengsten das betriebte ybel gleichfahls auch den sitz genommen hat.“ Das ist der letzte betriibende Bericht, den der Landrichter im Jahre 1715 nach Salzburg abschickte. liber 7000 Opfer hatte die Pest in fiinf Monaten gefordert und sie begnugte sich einstweilen damit. Allgemein ist die Abnahme der Infection im Monate December; sie fallt zusammen mit dem Eintritte der grossen Kitite, die sicli in Karnten geltend macht. Bericht vom 12. December: „Nunmehr, dem AUerhochsten Dank gesagt, tliut sich’s seit 10 Tagen her aussern, als ob sich das Pestiibel im Lande Karnten, u. z. fast in allen inficierten Orten, wider alles Vermuthen ver- ringern wollte und hort man von einem neuerlichen Ausbruch desselben nichts mehr. Allerdings hielt sie in Volkermarkt zu Beginn dieses Monats noch ziemlich an, doch wurde dem sichersten Vernehmen nach seit einigen Tagen dort niemand mehr begraben. 1 Die eingefallene Kitite nahrt die Hoffnung auf baldige Erlosung vom grossen Elend.“ Bericht vom 31. Dezember: „Oberkiiroten ist nun in gutem Stanci. Zur Ruhe gelegt hat sich das Obel auch in Ruliestadt und Neudenstein, Bleiburg, Friesach und St. Veit. Gefahrlich soli es noch sein in Weitens- feld und Althofen.“ Bericht vom 16. Janner 1716: „Yber ali genaue nachforschung kann ich nit mehr vernehmben, dass weder an ein- noch andern orth fehrner jemandts erkrankete, minder an solchen ybel versterbete, freilich ist noch zu befurchten, dass bey kitnftigs emporsteigenden Erddampf sich solches de novo an den tag lege. Der giittigiste Gott verleyhe anun dem armcn Land Carnthen seine Gottliche gnad.“ Mit der Reinigung der inficierten Hiiuser wurde nun begonnen. Man hielt sich dabei an das Sauberungs- Patent der Haupt - Commission vom 14. October 1715. Es lautet: 2 „Dass „1.) Wann innerhalb 40 Tagen in ein oder andern von dem con- tagiosen Ubel ergriffen gewesten Hauss niemand an der laidigen Seuche erkranket, die Zimmer zwar mit folgender Praecaution widerumben eroffnet, die Leuth aber nicht nach jedes Gefahlen hineingelassen, sondern erst- besagt- von dem laidigen Ubl ergriffen geweste Hausser, wo es anderst seyn kan, durch aigends hierzu auffgenommene, von aller Communication aussgeschlossene, und von Rechts wegen in einem separirten Orth ver- wachte, nicht allein F ruhe zu denen inficirten Haussern, sondern auch Abends durch die Wacht cum praecautione von weithen zuruck beglaite Persohnen (welche nicht gar nitchtern, und ohne dasselbe was zum riechen, vnd schmecken zu sich genommen, sowol in dem Hinein- als Heraus-Gang deren inficirten Oerthern sich jedesmahlen wol ausszurauchen haben) ehe- bevor gesiiubert, und gereiniget werden. 2.) Dass bey Verliehrung Haab und Guts auch offentlicher Leibs- Straff sich niemand, wer der auch iminer seye, die Sporr vor sich selbsten zu eroffnen unterstehe, sondern wann die bestimbte Zeit ist, alle und jede bey ilirer Obrigkeit, oder der Gegend etwo befindlichen Commissarien sich 1 Wird bestlitigt durch ein Schreibon des Iireuzenvirtes v. 23. Dec. 2 W5rtlieh nach dem. Originale. 17 anmelden lassea, damit die Eroflnung durcli die obverstandene liierzu aigends verordnete Leuthe vnd nothwendigeu Mittlen beschehen konne, sintemahlen sich jederman vvohl zu hutten bat, dass er in dergleichen nicht mit hiimachfolgender guter Ordnung gereinigte Oerther eingehe, weilen die ge\visse Erfahrenbeit gegeben, dass vili deren Leuthen, wegen ihrer Unachtsambkeit solches mit dem Leben bezahlen miissen, solte aber die Pest nacli der Reinigung in einem Hauss oder Zimmer sich hervorthun, so solle, so offt die Infection versptirret vvird, das Hauss und Zimmer widerumben gesporret, vnd vor 40. Ta g keineswegs eroffnet werden. 3.) Sollen die zum saubern auffgenommene Leuthe Anfangs die inficirte Hiiusser mit einem von Cronabeth-Stauden beli brennenden Feur, vnd dann absonderlich mit einem vou Cronabet - Stauden, vnd Beer Aiclien - Laub, Bocks-Horn, "VVein-Reben, Wein-Rautheu, oder Wein-Krautl 2 , etwas vvenig zu Ausrottung des Pestilentzischen Gilfts sonderbar dienlichen Schweffel. Bueclien- vnd Thanen-Holtz praeparirten Rauch wol aussrauchen, hernach iii denen Zimmern, wo es anderst oline beysorglicher Feurs-Gefahr gescben mag, mit Pistollen, Tertzerollen, vnd andern Gewohr etliche Scliuss tbun, oder aber auf 3, 4 Orthen, als auff einem Tiscb, Banck, oder Bretl etliche Schuss Pulver auffstrahen, vnd anzinden, die Tliurn und Fenster eine gantze halbe Stund vollig zugemacht halten, nacli verflossener balben Stund hingegen alle Fenster eroffnen, die vnder- vnd obere Boden, Tlitirn, Kasten, Trucben, Stollen, Fenster, Tisch, Stiel vnd Bank, in Summa alles Holtz- werck, aucli sowol methalene, als hiltzerne Falirnussen, und Iiauss-Rath mit scharffer Laugen, worinnen das Cronabetb-Holtz, vnd Beer, aucli Wein- Krautl, und der darunter gegossene Essig 3 gesotten, wohl abvvaschen, die Wand und Gemauer abschaben, vnd mit dem in Zimmern obgemelter massen abgeloscbten Kaleh wobl ilberfabren vnd vveissen, die Zimmer hernach mit vorgemelten Rauch widerumben offters aussrauchen, etliche Schaff frisches Wasser in die Zimmer setzen, selbes aber hernach entweder in ein rinnendes Wasser oder eygene Grueben schitten, vnd aussgiessen, die Kliifften in Zimmern wohl vermachen, die inficirte Kleyder 4 , Peltziverch, B5th - Lein- Gewandt, vnd alle andere gefahrliche, das Gifft leicht fangende Falirnussen, absonderlich aber das Botli vnd Stroh, ivorauff der inficirte gelegen, wie nicht iveniger als dasjenige, was der inficirte in seiner Krankheit gebrauchet, vollig verbrennet, vnd keiner verschonnet. 1 Kranabitbeeren wurden als gutes Praservativmittel gegen die Pest ganz besonderš angesohen. In einem Gedichte: „Yon der Pestilenz eine gnete lere“ (Mamiscript i. d. k. 1;. Universitats-Bibliothek zu Graz, theihv. abgedruckt in Peinlich, B. I. pp, 198—201) heist es: „Meid den luft von meridien vnd oceident Empfach in von septentrion vnd orient. Mit kranpitper vnd weiracb spreng dein glut Vor bosen nebel luft du dich bebuett.“ 2 Scbon Dr. Ohatarin, Physiker in Graz, versebreibt 1680 flir die Pest: Becipe: „3 Pfd. Feigen, 3 Pfd. gemeine Nusskern, 2 1 /* Pfd. tVeinkhreitl .... Praeservirt ohn- felilbar ausser absonderlieher gottlieber Straff 24 bis 30 Stundt von allen Gifft“ (Hand- selirift im Arebive des Stiftes Admont. Abgedruckt in Peinlich, B. I. p. 209). 3 Im vorcitierten Gedichte heist es miter den Vorsiehtsmassregeln: „Mit essieh rvasek hannt mund vnd angesicht Sclilind sein ein wenig das vergis nicht.“ Ebenda. „Fleuch die siiechen vnd die stat Seine rock vnd sein gewandt vnd waz er bat. Den gemacb darili er gelegen ist Versclileus sechs monat Frist.“ 2 18 4.) Und zvvar belangend die andere Fahrnussen, ivelclie zwar im Zimmer, wo der inficirte gelegen, sich befinden, jedoch von selben nie gebrauchet, noch beruhrt Avorden, als Bilder, vnd was etcvann in dennen Kasten, vnd Truchen verbliben, oder wo kein Zweiffel, absonderlich in denen AVurths-Haussern, dass etwanu nicht inficirte Persohnen alda gewesen, allerhand Leingewandt, vnd dergleichen Sachen mehr, die sollen 24 Stund in scharffer sub § 3 angegebener Laugen, oder in einem mit Essig ange- saurten AVasser eingewaichet, hernach aussgewaschen, in frejeii Lutft ge- triicknet, vnd sodami liber einer starcken Glut mit eben aucli sub § 3 gemelten Rauch aussgerauchet: Item die Gewandter von Tucli, Leder oder Seiden gleichfals ge\vaschen, oder da es oline Verderbung derselben nicht beschelien konte, dieselbe Avenigst mit einem von dem durch Laugen oder Essig angesaurten Wasser angefevcbtet, in freyen Lutft gelianget, vnd wol aussgerauchet, nicht weniger aucli an Seiten deren Both-Gewandtern, als \vorautf kein inficirter gelegen, die Feder-Bother, vnd Madratzen erotfnet, Federn und \Volil herauss genommen, solclie gelautert, vnd geschlagen, die Ziechen aber gewaschen, geltitftert, vnd mit ali sclioii offters gemelten Rauch gerauchet, clas findende baare Gelt in einen Essig, \velcher ebenfalls in ein rinnendes AVasser oder Grueben zu giessen, geworffeu, die Schrifften, wie sie aucli immer Nahmen haben mogen, gut aussgerauchet, endlichen aucli und letztlichen der Verkauft' 1 2 alter gebrauchter Kleydungen, Leingewandt, Peltz- Averch, und aller anderer Alobilien, \vodurch vilmahlen gantze Gemeinde vnd Lander in iiusserste Gefalir, vnd Jamiiier gesetzt Avorden, denen zum saubern auffgenommenen Leuthen so wol als allen andern, aucli denen etwann adjun- girten Comissarien bey Leib- vnd Lebens-Straff verbotten Averden solle.“ Von Mitte Janner an bis Mitte August 1716 starb im ganzen Lande Karaten niemand mehr an der Pest. a Das Geriicht, dass anfangs Februar in Treffen bei der Sauberung der inficierten Hiluser neuerdings die Pest ausgebrochen wiire, bestatigte sicli nicht. Die Contagions-AVachen wurden nach und nach aufgehoben, aber in jedem Orte erst danil, bis die vorge- schriebene Contumaz zu Ende war: in Volkermarkt erst Mitte April, gegen St. Veit schon am 21. Janner, als 7 AVochen hindurch kein Pest- fall mehr vorgekommen war. Die Passierung der St. Veiter-Strasse Avar jedoch durch langere Zeit ftir „Kerle“ noch verboten, Avahrend sie vor- nelimen Personen gestattet Avar, die vom Hauptmann De AValde in St. Veit einen Pass aufzuAveisen liatten. Diese konnten sich aucli am Feste Maria Reinigung (2. Febr.) zur feierlichen Messe in M. Saal einfinden und die Klagenfurter Kramer und Lebzelter durften dort ihre AVaren verkaufen; andere Avurden abgeAviesen. Die Piisse gegen Steiermark Avurden Alitte April 3 Avieder gebffnet und der Verkelir dahin freigegeben. (Sehluss folgt,) Klagenfurt, Ende Mai 1886. 1 Schon die „New fiirgenommene Infection Ordnung v. J. 1562 (Gedruckt zu Wienn durch Michael Zimmerman)" verbietet den Verkauf von altem BettgeAvand, Leingewand, Decken, „Tuchanten“, Kleidungen und anderen alten „Gekhrumbl“. 2 Am mcisten hat.te sie sich in Volkermarkt verbissen und der Propst von Tainach und der Kreuzenvirt Avussten noch anfangs Janner von einigen Pestfiillen daselbst zu sprechcn (Schr. a. d. Ldg. 14. Janner). Es scheint, dass dem Landrichter diese Naehricht bei Abfassung seines Ber. vom 16. Janner noch nicht zugekommen war. 3 Ersichtlich aus einer Zuschrift des Vicedom-Amtes vom 15. April. Schulnachrichten i. Personalstand des Lehrkorpers und Lehrfachervertheilung ain Sehlusse