m tiwUeflE NthollscheNlS5wnsMtschrlst ßerausgegeben vom IBiliionshaus 6raz, Paulusiorgaiie 10. Preis ganzjährig: Österreich 2 S, Deutschland 2 ßoldmark, Staffen 8 stire, Ufchechofiowakei 10 čK, Jugoslawien 24 Dinar, Ungarn 3 Pengö, Schweiz 2 Franken, Amerika 2 Goldmai k. Der ßeilige Vater Pius X. hat der Redaktion, den Abonnenten und Wohltätern den Apostolischen Segen erteilt. Für Wohltäter werden wöchentlich zwei heilige Hiessen gelesen. Hlif Empfehlung der hodiwürdigften Oberhirten von Brixen, Brünn, Graz, Lreitmeritz, hinz, Olrnütz, Marburg, Crienf Erlest und Wien. Best 12 Dezember 1927. XXX. Jahrgang. plllen Lesern des „Stern der Neger" und -freunden unserer Mission entbieten wir zum Heiligen Weihnachtsfeste die herzlichsten Grüße und Segenswünsche Das göttliche Kind, das uns alte mit unendlicher Gottesliebe und warmer Menschenliebe liebt, ergieße über uns feine große Varncherzigkeit, beglücke unser ßserZ mit seiner Gnade, mit friede und freude, Tausendfach soll es alle segnen, die ihm zulieb für unser werk gebetet und geopfert gaben Gottes Gruß! Die Schristleitung WW Hü 5 5 Reilandsdurftige Fteidemvelt Vortrag von P. Josef Fräßle, S. 0. J., in der Missionsversammlung zu Dortmund. (Schluß.) E ö Unter heißen Tränen jammerten an der Erde die Frauen und Kinder und mit heiserer Stimme riefen die Männer von den Dorf-straßen und Urwaldpfaden zum Schöpfer-Vater über die Walükroneu hinauf: „Herr aller Kräfte, komm selber, uns zu retten, sonst sind wir verloren!" Ganz genau der alte Adventsruf: Veni ad liberandum nos, domine virtutum! Aber auch die Antwort kehrte wieder: „Mein Volk bist auch du — schnell soll dein Heil erscheinen." Auf seiner hohen Warte hörte Leo XIII. 1897 von diesem Jammer im Urwald und rief den Missionären, die bisher nur an den Küsten gewirkt hatten, zu: „Vorwärts! Von Osten und Westen dringet vor, reicht euch im Innersten Afrikas die Hand." Und uns „Sit-tardern Herz-Jesu-Priestern" — weil unser Stifter ihm geantwortet hatte: „Wenn ich eine Mission übernehmen soll, dann eine, wo es zu sterben gilt, auf daß der Opfergeist in meinen Söhnen lebe" — befahl der Heilige Vater: „Du, junge Gesellschaft, ziehst voran, richtest die Standarte der Welterlösung dort auf, wo die Luftlinien vorn Mittelmeer nach Kapstadt, vom Atlantischen zum Indischen Ozean genau in ihren Mitten sich kreuzen." Wie brannte das Herz in mir, als im Dezember 1897 — vor 30 Jahren — die ersten unserer Missionäre, darunter der jetzige Bischof der Stanley-Fälle vom Sittarder Missionshaus, ausgezogen sind, bis ich sieben Jahre später selber dort ein Gebiet so groß wie Bayern als Arbeitsfeld erhielt. Ja, so groß wie Bayern für mich allein —■ ein Missionär nur für 340.000 Menschen in 260 Ortschaften, nach fünf Jahren waren wir zu drei. Wirklich, das Feld ist zu groß, der Arbeiter sind zu wenig! Jedes deutsche Missionshaus muß ähnliche Bezirke, oft mehrere größere als Deutschland, mit Missionaren versehen. Das können sie nur leisten, wenn ganz Deutschland mit Berufen und Gaben hinter ihnen steht und dem Brot-Vater der Missionäre, dem Franziskus-Taverius-Verein, tüchtig unter die Arme greift. Im Kanu fuhr ich die Flüsse ab, auf sumpfigen Pfaden suchte ich nach Urwalddörfern. Wo ich erschien, flohen die Menschen oder verwehrten mit Lanzen mir den Zutritt, warfen glühende Kohlen auf mein Fahrzeug. „Du bist der Bruder der Mörder unseres Volkes — deine Haut verrät dich." — „Ein langes Gewand trägst du, wirst voller Wunden sein und uns anstecken wollen." — „Auf unsere Kinder hast du's abgesehen, um sie deinen Brüdern abzuliefern, die sie zu Büchsenfleisch machen." — „Ein schlechter Mensch wirst bu wohl sein, den man aus der Heimat vertrieb, wie auch wir schlechte Leute verbannen. Du hast ja weder Soldaten noch Gewehr." — „Dich treibt der Hunger zu uns, möchtest gerne unsere Hühnchen essen." Da schloß ich mich den Karawanen an, die in den Urwald getrieben wurden, und pflegte die verlassenen Kranken, schützte einmal sechs Greise, die sich am Boden die Dornen aus den Füßen zogen, als die Braunen mit Bajonetten sich auf sie stürzten. Wie sie da aufschauten! „Bist du nicht, was deine Haut uns sagte, der Bruder der Mörder unseres Volkes? Wer hat uns zu schützen, uns zu lieben dich gelehrt?" — „Zum Schöpfer-Vater hattet ihr gerufen; er hat mich zu euch gesandt, euch kundzutun, daß er den eigenen Sohn euch zum Erlöser sendet. In seinem Dienste stehe ich, soll euch von ihm erzählen, in seinem Auftrag eure Kranken heilen." Die Kunde flog durchs Land und weiter brachten sie mir Kranke. 150, 180 pflegte ich alltäglich und redete dabei von Christus. Da habe ich's verspürt, wie der Leibesarzt zum Seelenarzt gehört, soll die Mission zugkräftig sein, den Erlöser ganz darstellen. Wir müssen unser missionsärztliches Institut in Würzburg auf die Höhe bringen und so leistungsfähig vom Erlöser uns zu erzählen, daß wir des Glaubens Kinder werden, nicht mehr wie Tiere wandeln. Wir sterben Hungers nach dem Gotteswort." Tagsüber und in Mondes-nächten umkauerten sie mich; und wenn ich ruhte, klopften sie mich beim ersten Hahnenschrei heraus: „Wir sind da, daß du uns lehrest." Solche Massen zu befriedigen, mußte ich mir „Maria Assunta", ein Täufling von „Maria-Trost". (Ostern 1927. Patenkind von jemand aus Graz. Phot, von P. Zorn.) machen, daß es alle unsere Missionen mit Ärzten, Instrumenten, Apotheken ausrüsten kann —• sonst bleiben unsere Neubekehrten hilflos den Zauberern preisgegeben, werden bei natürlichem Todesfall als Sender des Todesgeistes beargwöhnt und der Giftprobe unterzogen, in schwerer Krankheit aufgegeben und lebendig begraben. Bald kamen Volksmassen zehn Tage weit her oder schickten mir Abgesandte: „Komm in unser Dorf, die Pfade Gottes uns zu lehren, eingeborene Hilfslehrer heranbilden. In Bo-mane am Ufer umsaß mich schwarzes Volk in Menge. Da machte ich's wie unser lieber Herr: ich lehrte sie vom Kanu aus. Als ich die Petri-Bitte ausgesprochen: „Herr, geh weg von mir!" riefen alle ganz entrüstet: „Falsch so! Wir hätten gerufen: ,Herr, bleib immer bei uns; denn du bist gut wie keiner!'" Sechzig Jünglinge kamen von Mombana: „Unsere Ortschaft ruft dich, daß du uns Gottes Wege weisest!" — „Ich kann jetzt nicht abkommen." — „Dann gib uns einen Lehrer." — „Die habe ich schon alle ausgesandt." — „Glaubst du, wir seien umsonst gekommen? Kehrten unverrichteter Dinge heim, wo 7000 Menschen nach dem Erlöser schmachten, dahinsterben vor Durst nach seinem Gotteswort? Hier bleiben wir, hier unter diesen Palmen sterben wir, wenn du nicht mit uns ziehst." So sprechend hatten sie sich zur Erde niedergelassen. Ich dachte, der Hunger werde sie vertreiben, — doch sie verteilten unter sich die Rollen: Die Hälfte mußte Fische fangen, die anderen ihre Bitte Tag und Nacht vor mir vertreten. Sechs Wochen harrten sie so aus — dann mußte ich nachgeben, mir die Zeit erzwingen. Am dritten Reisetage jubelte mir von der Uferhöhe eine tausendköpfige Jugendschar den Freudcngruß entgegen, und hoch über den Schultern trug mich das begeisterte Volk durch eine stundenlange Ortschaft händeklatschend und immerfort rufend: „Wir bringen euch den Gottesarzt, kommt aus den Wäldern, kommt von den Flüssen, daß eure Seele gesund und stark werde!" Heilandsdurstige Menschen umringten mich nun wochenlang, und erst als ich für sie einen schwarzen Lehrer wo anders freigemacht hatte, ließen sie mich weiterziehen. Doch da lagerten schon am Ufer 26 Kanus: „Jetzt wollen wir dich haben; auch wir wollen Gotteskinder sein!" Kaum hatte ich in einem Kanu Platz genommen, wurde ich von festen Armen in ein anderes gehoben: „Zu uns kommst du zuerst, weil wir zahlreicher sind." Wieder griffen andere nach mir und rissen mich in ihr Kanu. Da aber zwängte ein übergroßes Fahrzeug sich zwischen alle herein; noch fahrend hatten mich die Ruderer ergriffen, übers Wasser in ihren Baumkahn geschleift und fuhren rasch mit mir davon, pfeilschnell den Fluß hinauf. Nach vier Tagen Eilfahrt waren wir in Kombe, wo gleiche Heilandssehnsucht mich umfing und lange festhielt. Die ganze Heidenwelt möchte gern Jesus sehen — wer leistet ihr Philippusdienst? Wir haben in Deutschland einen Missionsverein katholischer Lehrer und Lehrerinnen, der dem Xaveriusverein angegliedert ist und den ich der verehrten Lehrerschaft eindringlich empfehlen möchte. Er sollte aber nicht bloß in den Lehrfächern die Mission berücksichtigen, die Missionsvereine fördern, die Missionsliteratur verbreiten, die Missionsberufe pflegen — er müßte, meine ich, wie das Würzburger Institut die Ärzte stellt, so in alle Missionen Lehrer senden, die Lehrerseminarien für die Eingebornen schaffen und dirigieren, das ganze Schulwesen in die Hand nehmen, auf daß in allen Ortschaften katholische Schulen entstehen. Freude machen die frischen Talente unverbrauchter Völker. Solch heiße Lernbegierde und tätige Dankbarkeit finden Sie nirgends. Diese kecken Schüler treten bald hervor : Frage mich Katechismus, Bibel, Gebetbuch von einem Deckel zum andern ab —- wenn nur eine Silbe fehle, schulde ich dir hundert Fische, zwanzig Antilopen." Heilandssehnsucht ohnegleichen! In 32 Dörfern des Mobangostammes hatte ich schon Fuß gefaßt; da brach die Verfolgung aus: „Die Lehre, die den Frauen Freiheit bringt, muß sterben!" Wer immer in Unterricht und Gebet kam, wurde abgefaßt und erhielt auf dem Dorsplatz 25 Peitschenhiebe. Da sprach die Jugend zu den Häuptlingen : „Wir wollen einmal sehen, wer stärker ist, es länger aushält — ihr uns zu ver-peitschen oder wir die Qualen mit unserem Führer Christus zu ertragen." Täglich zweimal erlitt die heilsdurstige Jugend die 25 Peitschenhiebe ; doch keiner trat zurück; von Tag zu Tag wuchs ihre Zahl. Nach sechs Wochen ging der Spruch durchs Land: Die Arme des Häuptlings sind erschlafft vom Schlagen, der Wille der Jugend hingegen wird immer stärker für das Gute. Meine letzte Massentaufe spendete ich 386 Männern, während in den gleichen Stunden meine beiden Mitarbeiter über 400 Frauen und Kinder das reinigende Wasser ausgossen und alle nachher zum Tische des Herrn führten. 40.000 Getaufte und 70.000 Taufschüler, das ist nach jüngster Mitteilung meines Amtsnachfolgers der jetzige Stand meines heute zweigeteilten Bezirks. Ähnlich reis steht die Ernte überall, wo die Heidenwelt noch nicht verdorben ist; soll sie uns nicht entgehen, müssen wir die Hände regen. Wie die Neubekehrten ihr Christentum verstehen ? Gleich Ebbe und Flut strömen sie alle Sonn- und Feiertage 60—80 Kilometer wKt dorthin, wo sie den Priester wissen, und keiner bleibt zurück, wenn schwere Krankheit ihn nicht fesselt. Der Häuptling von Bongo ließ in der Sonntag-Frühe die dortigen Christen antreten. „Es ist der Tag eures Herrn: Euer Herr bin ich allein, das sollt ihr mir beweisen: ihr Männer fällt mir Bäume, ihr Frauen macht mir eine Pflanzung, wie eure Mission sie hat — heute, am Tage eures Herrn ! Hört ihr's?" — „Häuptling, die ganze Woche arbeiten wir umsonst für dich; doch dieser Tag gehört dem höchsten Herrn allein. Heute gehen wir in die Kirche, Gott zu huldigen und für ein gutes Leben uns neue Kraft zu holen." Da ließ der Häuptling die stärksten Männer rufen, Christ um Christ auf den Boden werfen und ihnen 50 Nilpferdpeitschenhiebe herunterhauen und sie für die Woche ins Gefängnis sperren. Am folgenden Sonntag wieder vorgeführt und vor die gleiche Wahl gestellt, blieben wieder alle standhaft und erlitten gleiche Qualen; so sechs Wochen lang — kein Christ ist schwach geworden. Ein 14jähriges Kind Elisabeth ward vom Vater in die Polygamie gezwungen, es sträubte sich nach Pflicht. Da band der Käufer ihm die Hände und Füße um einen Baum herum und sägte ihm den Rücken auf, um den Zauberstein herauszuholen, der ihr Herz gegen Männer versteinert. In diesen Todesqualen schrie Elisabeth nur immerfort: „Herr Jesus, höre mich! Heute sterbe ich für dich, wie du für mich gestorben bist!" Eine Familie, Vater, Mutter und zwei Kinder, kamen jeden Sonntag acht Stunden weit zum Gottesdienst. Heimgekehrt stel der Arbeitgeber über sie her: die Eltern erhielten 50, die Kinder 25 Peitschenhiebe. Da wäre jeder Europäer künftig daheimgeblieben — doch diese Schwarzen? Zwei Jahre lang haben sie nicht einen Sonntag gefehlt, obgleich sie jedesmal der Strafe sicher waren. Nach zwei Jahren übermannte die Wut den Arbeitsherrn: mit dem Gewehrkolben schlug er ihnen den Schädel ein. Ähnliche Beispiele könnte ich noch hundert erzählen. Warum ist bei solchem Heldengeist und solcher Heilandssehnsucht die weite Welt noch heidnisch? WeildereingeborneKlerusfehlt! Nicht immer hat unser großer Apostel Bonifatius aus seiner Heimat Priester bezogen, hat nicht gesagt: das Volk in Germaniens Wäldern ist so dumm, kann den Zölibat nicht halten — er hat allerdings auch keine Kolonie aus unserer Heimat gemacht, uns nicht seine Sprache aufgezwungen. Er ließ uns unser Volkstum und unsere Sprache, schuf aber trotzdem alsbald Bildungsstätten und legte den Söhnen unseres Landes die Hände auf. Sein Vertrauen auf uns und Gottes Wirken in den Seelen ist nicht zuschanden geworden! Dieses Missionssystem fordern die Päpste wieder für alle Völker der Erde. Nur dann haben wir richtig missioniert, wenn wir einmal unser Werk baldmöglichst einem einge-bornen Klerus übertragen und weiterziehen können. Unsere ganze Kraft, all unsere Mittel, all unsere Missionswissenschaft sollte darum dieses letzte Ziel erstreben: Seminarien gründen und mit Fachprofessoren ausrüsten. Der Missionär, der tagsüber in Urwaldsumpf oder Savanne den Seelen nachgeht und abends irgendwo erschöpft sein Fieber ausschwitzt, ist noch weniger dazu imstande, einen Lehrstuhl zu bedienen, als unsere überladene Geistlichkeit. — Würden wir auch alle Priester Deutschlands in die Mission werfen, wenn wir keine Seminarien für die Einheimischen gründen, wäre doch kein dauerndes Christentum geschaffen ; nach 10—15 Jahren lägen alle als Klimaopfer unterm Boden oder hilflos in einem Erdenwinkel. Sind doch im Kongo allein in diesen dreißig Jahren über 500 Missionäre gestorben und noch mehr arbeitsunfähig heimgekehrt. Nur die (Sin» gebornen sind ihrem Klima gewachsen, müssen aber in ihrer eigenen Heimat herangebildet werden, weil unser kaltes Land sie ebenso wegfegt wie uns die Tropen, sie dazu noch verzärtelt und verdirbt. Jedes Volk will seinen Helden in den Heimatfarben schauen: meine Christen beten nur immer vor einem schwarzen Bronzekruzifix und vor Fugels dunklem Kreuzweg, überließen uns die anderen. Darum wollte ich einmal selbst erleben, welchen Eindruck ein Negerpriester auf sie machte, lud einen aus Uganda ein. Volksmassen, wie seine Ankunft sie anzog, habe ich nie geschaut. Im Freien mußten wir den Altar errichten. Entzückend fromm und bescheiden las der würdige Herr die heilige Messe, sang mit engelreiner Stimme, von uns Weißen assistiert, das levitierte Pfingsthochamt und predigte danach. „Brüder", begann er — freudigste Bewegung und Schluchzen vor Rührung war das Echo dieses neuen Grußes. Und wie taten sich die Herzen ihm in Vertrauen auf, als er in ihren eigenen Redeblumen und Vergleichen ihren verborgensten Sitten, ihren tiefsten Gedanken, ihrer innigsten Herzensneigung nachging -— wie kein Europäer es erreicht. Dazu das einheimische Rednertalent ! Das ganze Christenvolk umstürmte ihn am Schluß: „Bleib bei uns, bis wir alle einmal bei dir gebeichtet haben, denn so wie du versteht uns niemand. Vor dir brauchen wir auch nicht zu bangen, daß deine Erfahrung im Umgang mit den Weißen unserem Volke schade — du bist ja unser Bruder, kannst nicht wollen, daß unsere Heimat der Europäer Beute werde, unsere Söhne und Brüder für ihre Habgier als Soldaten sterben." Frisches Aufblühen brachte dieser Negerpriester meiner Mission; an zwei Dutzend Knaben wollten mit ihm ziehen, um Priester ihres Volkes zu werden. Mit solchen Priestern käme unser Volk voran, aber Europa bangt um sein Kolonialsystem; die eingebornen Priester müßten für ihres Volkes Recht einstehen. Darum hieß es zuerst, die Eingebornen seien zu dumm. Jetzt weiß man: bei gleichem Unterrichtssystem siegen die unverbrauchten Völker über uns. Jener Negerpriester predigt in drei Europäer- und 14 Negersprachen. — Sprachen, nicht Dialekte, die Wurzeln sind ja ganz verschieden. Fürs Priestertum sei es viel zu früh, sagen andere, man müsse einige Generationen verstreichen lassen. Ich aber meine: Überall hat die erste Generation die Märtyrer gestellt und stellt sie heute noch. Wo man aber für Christus zu sterben versteht, da ist auch Sinn fürs Opferpriestertum. Nun kommt das schlagendste Wort: die Eingebornen können den Zölibat nicht halten; ihr Herz ist viel zu weich und unbeständig. So sprechen die Europäer, weil auf sie die ungewohnte Tropenhitze erschlaffend wirkt und sie es meist nur mit fahrenden und verdorbenen Küstenbewohnern zu tun haben. Beim frischen Naturvolk ist das anders: 900 Jüng- I tinge hatte ich in Mapalmo getauft — kein Fehler ist bekannt geworden, und wenn ich 1 nachforschte, rief man mir entrüstet zu: „Glaubst du, wir haben Gott angelogen bei der Taufe?" In Mongo ließen sich die christlichen Jünglinge von ihresgleichen verbergen, als die heidnischen Väter ihnen Mädchen auf- j zwingen wollten. Tausendmal habe ich es erfahren, daß die Kinder der Wildnis durch Herz, wie Holz vom Feuer, erfaßt und umgebildet bleibt und wie die Magnetnadel auf ihren Pol stets automatisch zurückspringt. Diese Bildung kaun allerdings kein überladener Professor geben; dazu ist ein anderer Fachmann nötig, dessen Mangel den Fehlschlag anderenorts erklärt: ein Spiritual ist nötig, der ganz und allein der Seelenkultur lebt, sie systematisch aufbaut, mit seinen Anvertrauten als forma gregis verwächst. So habe ich auch die Söhne des heiligen Ignatius am Werk gesehen: ihre hunderttausend Christen haben alle die Probe bestanden. Anno 1920 fiel Kibango, der falsche Negerchrisius, der eine politisch-religiöse Sekte gründete, mit seinen zwölf Aposteln und 40.000 Anhängern, die er allen katholischen beharrliches Gebet und häufigen Empfang der heiligen Eucharistie ebenso aloisianisch rein leben können wie unsere Jugend — vielleicht noch leichter, weil sie klarere Begriffe haben. Weich und edel ist ihr Herz von Haus aus. Festigen wir es durch tiefe innere Kenntnis von Gott. Geben wir ihnen tiefe innere Erkenntnis von Gottes menschgewordener Barmherzigkeit, die in Christus schenkend und opfernd den Seelenperlen nachgeht, bis ihr Bei der Außenschule von Enkeldoorn. und evangelischen Missionshäusern abgeschwindelt hatte, auch in diese Mission ein, um ihre Gläubigen sich anzugliedern. Aber er hatte sich verrechnet — diese Christen kannten ihren wahren Meister tiefinnerlich und wankten nicht in seiner Liebe und Treue; nicht einer ist Kibango nachgefolgt. Heute wird in dieser seelisch herrlichsten Mission der Gesellschaft Jesu die erste katholische Universität für Schwarze Afrikas errichtet, und sie wird, dessen (Phot, von P. Beruh Zorn, F. 8. C.) bin ich überzeugt, dem ganzen Erdteil Segen und Aufstieg bringen. Ich fordere, daß man die vielen unsinnigen Missionsgaben in zweckmäßige umwandle. Da schickte man mir z. B. dicke Wintermäntel unter den Äquator'! Eine Riesenkiste großer Frauenhüte, die außer dem Ankauf noch 180 Mark Fracht und Zoll gekostet. Die Hüte mußte ich wegwerfen, weil die Negerinnen barhaupt gehen und ich ans meinen Christen nicht europäische Modepuppen mache. Hätte die Spenderin die ausgeworfenen 800 Mark für einen einheimischen Priester gegeben, hätte sie das Verdienst seiner ganzen Wirksamkeit: viel tausend Seelen wären durch sie gerettet worden. — Ich fordere weiter: das päpstliche Werk der Glaubensverbreitung „Franziskus-Xaverius-Verein" in Aachen und der päpstliche Verlag des Missionshauses Steyl, wie auch alle anderen deutschen Missionshäuser liefern herrliche Literatur für Erbauung und Belehrung: halten wir sie hoch, kaufen wir sie, verbreiten wir sie, denn ihr Erlös ist für die Mission. Wir Europäer sausen auf Gummirädern dahin, bedenken nicht, daß an diesem Gummi das Blut der Urwaldvölker klebt. Wir schmücken Die Religionen der Erde. Der Benediktiner Maternus veröffentlicht in dem Londoner Blatt „The Universe" folgende Zahlen, die seiner Ansicht nach der tatsächlichen Bevölkerungsziffer der Welt und ihrer Verteilung auf die einzelnen Bekenntnisse am ehesten entsprechen. Demnach gibt es 1816 Millionen Erdbewohner. Von diesen sind 684 Millionen Christen und 1132 Millionen Nichtchristen. Zu den Christen zählen 330 Millionen Katholiken, 210 Millionen Protestanten und 144 Millionen Schismatiker. Die Nichtchristen setzen sich zusammen aus 200 Millionen Buddhisten, 217 Millionen Hindus, 300 Millionen Konfuzianer, 25 Millionen Schintoisten, 144 Millionen Animisten, 235 Millionen Mohammedaner und 15 Millionen Juden. Die stärkste Einheit unter allen Religionen bilden die Katholiken. Asien. Nach den neuesten Angaben zählt Vorderindien mit Ceylon und Birma 3,242.000 Katholiken. Drei Viertel von ihnen wohnen in Südindien und auf der Insel Ceylon, so daß auf vier Fünftel des großen indischen Kaiserreiches kaum eine halbe Million Katholiken entfallen. Allerdings ist die neuere indische Heidenmission noch verhältnismäßig jung. Sie begann erst unter Leo XIII., nachdem es diesem gelungen war, das goanesische Schisma (Trennung von Rom) im Jahre 1886 beizulegen. Die Hauptschwierigkeit bildet das indische uns mit Elfenbein aus Zähnen wilder Elefanten, die zu oft dem armen Jäger durch die Brust gegangen. Wir rauchen Tabak, schlürfen Kaffee, zu deren Pflanzung blutige Peitschenhiebe den Eingebornen gezwungen haben. Laßt uns Mitleid mit den armen Menschen haben: für die ihnen grausam abgejagten Erdengüter wollen wir ihnen ewig beglückende spenden, ihnen durch Priester aus ihrem Volk die Himmelsseligkeit bereiten. Kastenwesen. Man versteht darunter die scharfe Scheidung der Bevölkerung in verschiedene Klassen je nach Abstammung, Beruf und Lebensweise.. Jede Kaste hat ihre eigenen religiös-sozialen Gesetze, die streng und steif beobachtet werden müssen.. Die 1167 Ordensmissionäre gehören 16 verschiedenen Ordensgemeinschaften an. Am stärksten vertreten sind die Jesuiten. Aus dem Gebiete bet Schule und der Karitas wirken 13 Lehrorden und 60 Schwesterngenossenschaften. Durchschnittlich steigt die Katholikenziffer um 50.000 int Jahre. In vielen Gebieten nimmt die Seelsorge der Bekehrten die Missionäre fast vollständig in Anspruch, so daß sie nicht mehr in der Lage sind, sich der Glaubensoerbreitung, unter den Heiden zu widmen. Der Priester-und Kräftemangel ist eine der wundesten Seiten des indischen Missionswerkes. In letzter Zeit wurden einige neue Diözesen errichtet, darunter auch das Bistum Ranchi in Chota-Nagpur. Unter den Kols, den keiner Kaste angehörenden Ureinwohnern jener Provinz, hat die katholische Mission einen ihrer schönsten Triumphe errungen. Nach verschiedenen Vorarbeiten begann dortselbst Ende der achtziger Jahre U.Konstantin. Lievens ein äußerst fruchtbares Apostolat. Zn Tausenden und Zehntausenden strömten ihm die Taufbewerber zu. Als er 1893 im Alter von 36 Jahren starb, zählte man bereits 40.000 katholische Kols. Eine neue Massenbewegung zur Umschau. Kirche setzte mit dem Hungerjahre 1897 ein. Heute kann die Jesuitenmission in Chota-Nagpur (einschließlich der Katechumenen) 238.000 Bekehrte buchen. P. Lievens verdankte seine herrlichen Erfolge nicht zuletzt der liebevollen Fürsorge für die Kols in wirtschaftlicher Hinsicht. Amerika. Infolge des Bürgerkrieges in China haben die protestantischen Missionäre massenhaft das Land verlassen. Es steht nun zu befürchten, daß sie sich im katholischen Süd-und Mittel am erika ein neues Arbeitsfeld suchen werden. Sonderbarerweise betrachten ja die Protestanten Nordamerikas das katholische Südamerika als Missionsfeld. Auf dem Panamakongreß im Jahre 1916 wurde die evangelische Christenheit zu einem großen Kreuzzug gegen das katholische Südamerika aufgefordert, wobei politische Beweggründe eine große Rolle spielten; denn man hoffte, durch die englisch-amerikanischen Sendlinge des Protestantismus Südamerika friedlich zu erobern. In Mittelamerika waren im Jahre 1925 alle Gesandten der Union bis auf einen protestantisch. Auch die meist freimaurerischen Regierungen Süd- und Mittelamerikas sind der Einführung des Protestantismus günstig. Protestantische Bibeln und Druckschriften werden zu vielen Millionen im Lande verteilt. In fast allen Staaten Mittel- und Südamerikas bringen protestantische Pastoren in das Schulwesen und in die Unterrichtsministerien ein. Die Zahl der protestantischen Volksschulen in Südamerika „Wie kommt es denn, daß ihr es wagt, nach Buapilli zu kommen? Dieser Ort soll ja auch verzaubert sein und seit dem Brande kommt kein Bahiri mehr zu mir." — „Wir hatten auch zuerst große Angst, hierher zu kommen, aber ich hörte vorgestern von Ulambi, daß du krank gewesen bist und so glaubten wir dich in Not, zu- wuchsen von 892 im Jahre 1913 auf 1487 im Jahre 1925 an, die höheren Schulen von 42 im Jahre 1913 auf über 100 im Jahre 1916. Dazu kamen in den letzten Jahren 17 Lehrerseininarien und 5 Universitätskollegien. Überall entstehen protestantische Spitäler und Kliniken, die namentlich in den kleinen Städten gerne gesehen sind. Die Jugend wird durch den freien Lebensstil und die starke sportliche Tätigkeit an den protestantischen Schulen gewonnen. Die Lage ist vom Standpunkt der katholischen Kirche aus sehr ernst zu nehmen, zumal ein drückender Priestermangel herrscht. Der Katholizismus in Südamerika steht vor einer Lebensfrage, die alle/Aufmerksamkeit nicht bloß der Geistlichen, sondern sämtlicher Katholiken verdient. Zur Hilfeleistung sind freilich an erster Stelle die Katholiken der Vereinigten Staaten berufen. Nach einer Feststellung des „American catholic Directory“ zählten die Vereinigten Staaten zu Beginn des laufenden Jahres 19,432.296 Katholiken. Sie bilden somit ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Seit dem Jahre 1925 hat die Katholikenziffer eine Zunahme von 604.754 erfahren. Die Zahl der Priester beträgt 24.900, die der Seminaristen 13.988, der Kirchen 17.650, der Pfarrschulen 6995 mit 2,167.241 Schülern. Die geistliche Obrigkeit ist vertreten durch 17 Erzbischöfe, darunter 4 Kardinäle, und 99 Bischöfe. mal da es überall bekannt ist, daß selbst Ketam und Beschuba nicht mehr zu Besuch kommen und sich ängstlich von dir fernhalten. Es gehen allerhand Gerüchte um, daß jeder sterben muß, der dir Nahrungsmittel gibt und mit dir verkehrt." — „Und dennoch wagt ihr es, mich zu besuchen?" — „Ja, wir wagen es", sagte fr— - — = 3D er Zauberer der Gahiri. Eine Erzählung aus Kamerun von P. Johannes Emonts, S. C. J. ■ - ^ ^ (Schluß.) b stolz sich aufrichtend Ngemba. „Du hast mich trotz eigener größter Lebensgefahr aus der schrecklichen Kesang ke bänu befreit. Dir verdanke ich mein Leben und weil ich dich in Not glaubte, wollte ich dir helfen und dir eine kleine Freude machen. Weißt du, was ich dir bei meinem Abschiede aus dem Gehöfte Ketams gesagt habe? Ich sagte, du würdest keinen besseren und treueren Freund haben als mich, und so kam ich trotz der Gefahr!" Wie den Missionär diese schlichten Worte freuten! Warm ergriff er die Hand Ngembas und sagte: „Ich glaubte bereits, daß Ulambi allein unter allen Bahiri ein dankbares, treues Herz habe. Schon mehrmals trug ich mich mit dem Gedanken, wieder nach Opolinda zurückzukehren und die undankbaren Bahiri zu verlassen, aber nun werde ich es nochmals überlegen." — „Wie, Weißer, du wolltest fortziehen?" — „Was bleibt mir anders zu tun übrig? Ketam und Beschuba, die anfangs meine Freunde waren, fürchten für ihr Leben. Zwar haben sie mich bis jetzt noch immer im geheimen mit Lebensmitteln versorgt, aber ob sie es auch fernerhin tun, weiß ich nicht. Die geheime Zaubermacht, die gefährlichen dunklen Pläne Tufas, der mit Mord, mit Gift, mit Verbrechen schlimmster Art alle Bahiri bedrohte, schreckt auch sie zurück. Sie sind machtlos dagegen und vorläufig habe ich auch kein Mittel gefunden, den dumpfen Druck der Angst von ihnen zu nehmen. Nur wenn es mir gelingen würde, einige treue Bahiri als Freunde zu haben, nur dann wäre es vielleicht möglich, die noch immer drohenden Gefahren von mir und dem Stamm abzuhalten und hier zu bleiben." — „Wenn du unsere Dienste annehmen willst, so sollst du sie haben, du kannst auf uns rechnen. Haft du irgendeinen Wunsch, den wir dir erfüllen können, dann soll er dir nicht versagt werden; nur können wir nicht am Tage zu dir kommen, da es für uns zu gefährlich ist." Der Mut des Missionärs belebte sich bei diesen Worten des treuen Schwarzen. „Vielleicht werde ich gleich mit einer Bitte an euch herantreten, doch antwortet mir vorher noch auf einige Fragen! — Hat die Opferhütte immer auf der Insel des Schwarzen Wassers gestanden?" — „Solange wir uns erinnern, ja." — „Und ist niemand anders als Dschabala dort gewesen?" —■ „Nein, das war immer und für jeden anderen verboten." — „Und weshalb war es verboten?" —- „Weshalb? Das wissen wir selber nicht. Es , gibt in jedem Dorf verbotene Zauberhütten, verbotene Wege, verbotene Plätze." — „Gut! Ist Dschabala, der Zauberer von Bangua, mit dem Zauberer Tufa verwandt?" — „Nein." — „Oder vielleicht befreundet?" — „Er war mit ihm befreundet, ist es aber nicht mehr." — „Seit wann hat diese Freundschaft aufgehört?" —- „Seit dem Tage, da die Schlechtigkeiten und Verbrechen Tufas bekannt geworden sind, ist Dschabala sein erbittertster Feind. Er hat laut und offen erklärt, daß er mit seinem früheren Freunde nichts mehr zu tun habe. In der großen Gerichtsversammlung, zu der man dich nicht zugezogen hat, sagte er es dem Zauberer ins Gesicht, daß er ihn hasse und seine Schandtaten verabscheue. Niemand hat sich io wie Dschabala an der Suche nach dem entflohenen Tufa beteiligt. Nein, Dschabala hat aufgehört, der Freund Tufas zu sein." — „Sollte es nicht doch möglich sein, daß er nur äußerlich gegen ihn auftritt, um so seinem alten Freunde desto besser helfen zu können?" Die beiden Brüder schauten sich erstaunt an; daran hatten sie noch nicht gedacht. Nach einer Weile des Nachdenkens sagte dann Molozo: „Nein, Weißer, das kann ich kaum glauben; denn Dschabala sprach vor der ganzen Versammlung so zornig und heftig gegen seinen früheren Freund, daß es mir unmöglich scheint, er könne nur so gesprochen haben, um uns zu täuschen. Wären ihm diese Worte nicht ernst gewesen, dann wäre er ebenso schlecht und wohl noch schlechter als Tufa." — „Ihr habt mir vorhin versprochen, mir jeden Wunsch zu erfüllen. War euch das ernst gemeint?" — „Zweifelst du daran?" — „Nein, ich weiß, daß ihr es ehrlich meint; aber vielleicht steigen Bedenken in euch auf, wenn ich jetzt mit einer Bitte an euch herantrete." — „Welche Bitte meinst du?" — „Ich möchte wissen, ob Dschabala nicht dennoch im geheimen zum Schwarzen Wasser geht und die Insel besucht. Der größte Dienst, den ihr mir tun könntet, wäre es, wenn ihr den Weg, der von Bangua dorthin führt, scharf beobachten wolltet." — „Gewiß, dazu sind wir bereit, Weißer. Wir kennen alle Wege dorthin." — „Und ihr meldet mir, wenn jemand zum Schwarzen Wasser geht?" — „Ja, aber weshalb willst du das wissen?" — „Weil ich Tufa fangen will!" — „Wie? Was? Tufa fangen? Wo?" — „Auf der Insel." — „Wer sagt dir denn, daß Tufa auf der Insel ist?" — „Niemand sagte es mir, aber ich vermute es; ich bin beinahe sicher, daß er dort ist. Ihr selber habt mich auf diesen Gedanken gebracht. Ihr sagtet mir, daß Dschabala der Freund Tufas gewesen sei, daß Dschabala erklärt habe, das Schwarze Wasser mit Dschabala die Bahiri, den Häuptling, die Bigleute und groß und klein mit allerhand Verbrechen heimsuchen und sie in Angst und Schrecken jagen. Auf diese Weise gelingt es ihm, sie vom Weißen fernzuhalten, den sie um jeden Preis aus Buabengi vertreiben wollen. Dschabala hat dafür gesorgt, daß die falschen sei giftig und wer sich nur in die Nähe des Sees wage und die Luft einatme, müsse sterben." — „Ja, so ist es, aber was hat das mit Tufa zu tun?" — „Mehr als ihr meint. Ich glaube nämlich nicht, daß ein großes Wasser über Nacht giftig wird. Ich glaube auch nicht, daß derjenige, der die Luft des Sees einatmet, stirbt; aber ich glaube, daß Thchabala seinen Freund Tufa auf der Insel verbirgt und, damit niemand ihn findet, verbreitet er das Gerücht von dem giftigen Wasser und der großen Lebensgefahr. So ist Tufa auf der Insel, ja schon in der Nähe des Schwarzen Wassers in Sicherheit und kann allnächtlich Gerüchte über mich ausgebreitet wurden. Dschabala hat Tufa befreit. Dschabala schimpft und schilt deshalb so laut gegen Tufa, weil er so am leichtesten den Verdacht von sich abwendet, als sei er noch immer des Zauberers Freund." Den beiden Brüdern ging nun ein Licht auf. Sie schauten sich gegenseitig an. Molozo schlug an seine Stirn und sagte: „Weißer, ich bewundere deinen Verstand. Hätte ein anderer als du so etwas gesagt, dann würde ich ihn für verrückt halten. Aber weil du es sagst, möchte ich es beinahe glauben." —- „Also du glaubst es noch nicht ganz. Du wirst nicht mehr daran zweifeln, wenn ich dich bitte, an die Seufzerhöhle zu denken. Wie klug hatte Tufa das Geheimnis der Kesang ke bänu zu einem Schreckgespenst zu machen verstanden! Damals war es das Geheimnis der Seufzerhöhle, heute ist es das Geheimnis der Seufzerinsel. Wer sich der Kesang ke bänu nähert, der müsse sterben, so hieß es damals; wer sich der Insel und dem Schwarzen Wasser naht, der muß sterben, so heißt es jetzt. Damals schmachteten die Opfer der verbrecherischen Pläne Tufas in der Kesang ke bänu, heute werden sie auf der Insel gequält. Damals hatte Tufa an seinem Bruder Buzu einen treuen Helfer, heute ist Dschabala sem bester Freund. Verstehst du mich jetzt besser, Molozo? Und du, Ngemda?" — „Ja, es ist ganz genau so wie damals, Weißer, du hast recht", sagte Ngemba. „Du hast mehr Verstand als tausend Schwarze zusammen. Gib mir deine Hand, daß ich sie drücke. So wahr ich lebe und so wahr ich Ngemba he>ße, ich werde den Tufa fangen." — „Das werden wir!" sagte nun auch laut und feierlich Molozo, der ebenfalls die Hand des Missionärs ergriff. — „Ich hatte nur den Wunsch ausgesprochen, ihr möchtet nachsehen, ob nicht Dschabala trotz des giftigen Schwarzen Wassers zur Insel geht, und nun wollt ihr Tula schon sangen! Es könnte ja sein, daß ich falsch vermutet hätte." — „Es hätte auch damals anders sein können", entgegnete Ngemba, „und dennoch trafst du das Richtige. So wird es auch jetzt sein, ja es ist sicher so, wie du sagst. Tufa hat auf der Insel sein Versteck. Für mich und für Molozo gibt es nicht Ruh', nicht Rast, bis wir den Mörder haben, der mich in die Kesang ke bänu einsperrte und fast zu Tode quälte. Nicht eher denken wir an Schlaf, an Essen und Trinken, als bis unser Todfeind gefangen und gefesselt in unserer Hand ist." — „Und wie wollt ihr das zuwege bringen? Tufa ist klug, heimtückisch, hinterlistig. Ich fürchte, daß ihr ihm in Die Hände fallt, anstatt ihn zu ergreifen." — „Das überlaß uns. Wir zwei kennen das Schwarze Wasser und die ganze Umgebung genau. Vielleicht schon morgen, jedenfalls in einigen Tagen bringen wir den Gefangenen, den Todfeind aller Bahiri." P. Breuer wollte ihnen noch Verhaltungsmaßregeln mit auf den Weg geben, aber sie wollien nichts davon hören. Nach kurzem Gruß stürmten sie davon in die dunkle Nacht hinaus. * * -r- 16. Kapitel. Auf glücklicher Fährte. In dem großen Walde von Bangua lagen zwei Schwarze auf der Lauer. Die nächtliche Stille wurde nur hie und da von bellenden Mandrillaffen, schwirrenden Nachtvögeln und zirpenden Insekten unterbrochen. Die Natur lag im Schlafe. D:e Sterne schimmerten friedlich droben am Himmel und spiegelten sich wider in den schwarzen Wassern des Sees, der aus den Bergwassern des Schadagebirges gespeist wurde. Die einsame Insel in der Mitte, die mit dichtem Kolawald bestanden war, wurde die Toteninsel genannt. Nur der Zauberer von Bangua durfte sie betreten. Nahe am Ufer des Sees hörte man leise flüsternde Stimmen: „Molozo!" — „Ngemba?" antwortete es leise zurück. „Wenn wir lange warten müssen, wird es uns noch recht kalt werden. Hier am Wasser ist es kühler als in unserem Dorfe. Ich wollte, sie kämen." ■— „Nur Geduld, sie werden schon kommen; gleich geht der Mond auf und nicht lange nachher muß auch der Morgen anbrechen. Lange kaun es nicht mehr dauern. Es war schon spät, als wir zum Weißen kamen, und der Weg hierher ist weit. Die Nacht geht zu Ende und dann muß stch's zeigen, ob die Vermutungendes Weißenzutreffen." — „Ich zweifle nicht daran, Molozo. Wenn er etwas behauptet oder auch nur vermutet, dann ist es sicher so. Er ist klüger als alle Schwarzen zusammen, klüger sogar als hundert Zauberer. In einem Punkte hat er schon recht: Das Wasser ünd der Dunst des Wassers sind nicht giftig, wir müßten doch sonst schon tot sein." Die beiden flüsterten noch eine Weile miteinander und schwiegen dann wieder einige Augenblicke, um zu lauschen, ob noch immer niemand komme — oder ob sie vielleicht von der Insel her etwas hörten — alles blieb ruhig. Da begann Molozo von neuem: „Jetzt ist der Mond da. Schau, jetzt können wir die Insel sehen. Ich denke, daß es nun nicht lange mehr dauert. Mir wird kalt, Ngemba, könnte ich nur etwas auf- und abgehen." — „Still! Ich meine etwas gehört zu haben," sagte Ngemba. „Es war ein Tier. Jetzt ist wieder alles ruhig!"------------— Es dauerte noch eine geraume Zeit, da chörte man deutlich menschliche Stimmen. „Sie kommen, Molozo!"—■ „ Stille! Keine Bewegung! Sonst bemerken sie uns!" Die Stimmen wurden deutlicher. „Tufa ist dabei. Hörst du sein Lachen, feine Stimme?" flüsterte Ngemba ganz leise seinem Bruder zu. Den beiden Lauschern schlug das Herz vor Erwartung und Freude. Nun konnten sie bereits hören, was die Ankommenden sich erzählten: „Dein Sohn ist uns entkommen, du entkommst uns nicht. Der Weiße wird nicht dein Retter, sondern dein Mitgefangener sein. Dann kannst du ihn und er kann dich trösten." Der so redete, war Tufa; laut und übermütig lachte er dazu: „Ha, ha! Der große Ketam wird Augen machen, wenn er nun auf die Toteninsel kommt. Das hättest du gestern nicht geträumt, daß du heute mein Gefangener sein würdest! Dieses Glück verdankst du ganz besonders meinem Freunde Dschabala, dem du nachher vor lauter Dank die Füße küssen kannst." — „Es genügt mir," hörten die beiden Lauscher jetzt einen anderen sprechen, der otme Zweifel Dschabala war, „wenn er mir die Hand küßt und mich freundlich lächelnd anschaut." — „Da sind wir ja schon am See. Schau nach, Dschabala, ob das Floß noch im Versteck liegt!" — „Daran brauchst du nicht zu zweifeln. Kein Bahiri wird sich hierhin wagen." Dschabala schlug ein am Ufer stehendes Gesträuch zurück und arbeitete sich auf das kleine Bambusfloß, das da versteckt tag.- Dann brachte er es mit einer langen Stange zu der Stelle, wo Tufa mit dem Gefangenen wartete. Kelam war gebunden, nur die Beine hatten keine Fesseln. Sein Kopf war mit einer Matte fest umwickelt und nur Mund und Nase waren zum Zwecke der Atmung frei. Die beiden Lauscher konnten alles genau beobachten. Ngemba war versucht, sich auf die Übeltäter zu stürzen, aber Molozo, Der das nterfte, hielt ihn fest und flüsterte leise: „Mach' keine Dummheit!" Das Floß lag nun am Ufer und Dschabala sagte: „So, nun kannst du kommen! Halte Ketam fest, daß er nicht ins Wasser fällt!" — „Hab' keine Angst! Die Lianen sind stark, und ich lasse ihn nicht los." Tnfa stieß den Gefangenen voran und das Floß schwamm der Insel zu. Nach einiger Zeit hörte man das Geplätscher des Wassers und dann das frohe Lachen der beiden Zauberer. „Molozo!" sagte Ngemba, als alles ruhig war. „Wir hätten den Tufa schnell niederschlagen sollen, als Dschabala zum Boot ging. Es war eine große Dummheit von uns, den günstigen Augenblick verstreichen zu lassen." — „Im Gegenteil, es wäre eine Dummheit gewesen, sofort loszuschlagen. Ohne Geräusch wären wir nicht aus dem Gesträuch losgekommen und Tufa wäre fort gewesen, ehe wir auch nur bei ihm waren; aber jetzt müssen wir handeln. Dschabala wird, wie er sagt, sofort nach Bangua zurückkehren. Zuerst fangen nur ihn, und wenn wir ihn gefesselt und sicher haben, dann wagen wir uns auf die Insel und an den Zauberer. Wenn ich nur wüßte, ob Dschabala allein zurückfährt?" — „Weshalb wüßtest du das gern?" — „Dann könnten wir nachher hinüberfahren und brauchten nicht zu schwimmen. Das Wasser ist kalt und zu dieser Zeit nehme ich nicht gern ein Bad." — „Wir werden schon sehen; im Notfälle freilich müssen wir warten, bis die Sonne scheint, und dann hinüberschwimmen." Kaum zehn Minuten später war Dschabala gefangen in ihren Händen und mußte sich nicht nur Spott und Verachtung, sondern auch die Ansbrüche ihrer Wut gefallen lassen. In fieberhafter Eile banden die frohbeglückten Brüber ihren Gefangenen an einen Baum, steckten ihm einen Knebel in den Mund und begaben sich dann wieder zum See, um nach dem Floß Ausschau zu halten. Zu ihrer Freude lag es gut versteckt am Ufer. „Welch ein Glück!" flüsterte Ngemba. „Müßte ich jetzt hinüberschwimmen, so wüßte ich nicht, ob ich die weite Strecke bis zur Insel zurücklegen könnte. Ich bin schon ganz steif vor Kälte und freue mich, daß die Sonne nun balo aufgeht." — „Bevor sie erscheint," antwortete Molozo, „müssen wir drüben sein. Drum schnell! Wenn wir uns hier am Ufer halten, trifft uns der helle Mondschein nicht. Du weißt, wir müssen vorsichtig sein, sonst wird Tufa auf uns aufmerksam. Wir fahren bis zur Jnselspitze, wo der Wald ganz dicht ist. Tufa wird uns dann nicht sehen, denn die Opferhütte liegt gewiß in der Mitte der Insel." Ungesehen erreichten sie ihr Ziel, schlichen vorsichtig voran und standen dann endlich einige zwanzig Meter weit hinter der kleinen Blätterhütte, die jedenfalls dem Zauberer jetzt zum Aufenthalt diente. Ein furchtbarer Anblick bot sich ihnen. Tufa stand vor einem Gefangenen, der an einem Baume festgebunden war. Rundum waren noch andere Opfer an Bäume gefesselt, in einem bejammernswerten Zustande! „Haha!" lachte Tusa: „Das war ein köstlicher Fang! Dein Anblick, dein Stöhnen, du mächtiger Bigmann, entschädigt mich für alles, was ich als Gefangener erDulbete! Und morgen wird der Weiße neben dir an diesem Baume angebunden sein! Ha—ha—ha! Ich werde beinahe wahnsinnig vor Freude, wenn ich daran denke! Seine Kleider reiße ich ihm in Fetzen herunter. Er soll sein verfluchtes Leben unter unsagbaren Qualen aushauchen!" Soeben wollte der Zauberer mit seiner Doppelliane zu neuen Streichen ausholen, als Ngemba und Molozo schon ganz leise herangeschlichen waren. Mit sicherem Griff packte Molozo ihn am Halse, als gälte es, den Zauberer zu erwürgen, und dann war auch Ngemba mit einem Sprunge zur Stelle. Jeder Widerstand war umsonst. Ein kurzes Ringen, dann war Tufa überwältigt, gebunden und geknebelt. Unbeschreiblich war das Freudengeheul der beiden Brüder, die in blinder Wut alle Selbstbeherrschung verloren hatten und den Zauberer verhöhnten und mißhandelten. „Tufa, du gemeiner Hund! Nun bist du in unserer Hand!" rief Molozo. ■— „Tufa!" fuhr Ngemba ihn an, „kennst du mich? Ich bin Ngemba, nun bist du mein Gefangener. Mir entrinnst du nicht mehr! Dein Schicksal ist besiegelt! Nimm diese erste Abschlagszahlung hin, du stinkender Schakal!" Molozo hatte unterdessen den Ketam befreit, der vor lauter Freude kaum Worte des Dankes fand.. Er hätte seine Befreier umarmen können, doch schmerzte ihn sein zerschundener Körper derart, daß er sich einige Augenblicke flach auf den Boden legte und, wie ohnmächtig vor Freude und Schmerz, die Augen schloß. Von den übrigen Gefangenen hingen mehrere wie tot da. Alle hatten Gräßliches erduldet. Ganze Schwärme von Stechmücken aus dem nahen See umschwärmten die armen Opfer, die unfähig waren, sich der Tiere zu erwehren. Mehrere Frauen und Mädchen hingen da mit blutunterlaufenen Augen, zerschlagen, zerstochen, Bilder furchtbaren Leides. Ein Knabe aus Elimba war da. Erst in der letzten Nacht hatte der Zauberer ihn in seine Hände bekommen, aber ach, wie sah der arme Bub aus! Ein einziger Tag an diesem Orte hatte genügt, ihn fast unkenntlich zu machen. Nachdem den Gefangenen die erste Hilfe zuteil geworden war, holten Ngemba und Molozo den Zauberer von Bangua herbei. Ketam schlug zwar vor, die beiden Verbrecher nach Buabengi zu schaffen und der Strafe des Stammes auszuliefern, aber sowohl Ngemba als auch Molozo waren dagegen. „Unmöglich, Ketam! Jetzt ist der Augenblick, uns an diesem Scheusal zu rächen. Der Häuptling hat ihn einmal entkommen lassen und der Weiße hat ein zu weiches Herz. Tufa und sein Helfer sollen uns nicht entkommen!" rief Molozo erregt, und Ngemba fügte hinzu: „Was Tusa mir in der Kesang ke bänu angetan hat, und was ich soeben hier gesehen habe, ist zu schrecklich, als daß ich mich noch einen Augenblick beherrschen konnte." Die Rache begann und war so furchtbar, daß die beiden Bösewichte niemals mehr fähig waren, verbrecherische Pläne auszuführen. Das Schicksal hatte sie ereilt. Die vielen Schandtaten hatten ihre Sühne gefunden. Ngemba und Molozo erzählten dem Ketam, wie es ihnen möglich geworden war, der Verbrecher habhaft zu werden. Ketam berichtete, wie er den beiden Zauberern in die Hände gefallen war. Man überlegte, was nun zu tun sei. Molozo bot sich an, die Freudennachricht von der Gefangennahme der beiden Verbrecher nach Buabengi zu bringen. Ngemba und Ketam blieben auf der Insel zurück. 17. Kapitel. Edle Rache. Die Aufregung der Bahiri war groß. Die Nachricht von dem plötzlichen Verschwinden des ersten Bigmanns ging bereits am frühen Morgen wie ein Lauffeuer durch den ganzen Stamm. Beschuba schickte nach allen Richtungen bewaffnete Männer aus, die den Vermißten suchen sollten. Wer war denn schuld daran, daß der Stamm nicht zur Ruhe kam? — Die Schwarzen flüsterten es sich gegenseitig zu: „Seitdem der Weiße hier im Dorf ist. sind wir keinen Tag des Lebens sicher." — „Wenn der Weiße nach Opolinda zurückkehrte, würden wir wieder ruhig unseren Arbeiten und Beschäftigungen, unseren Vergnügungen und sonstigen Gewohnheiten nachkommen können." — „Ja, der Weiße ist an allem schuld. Tufa hat gesagt, daß wir nicht eher Ruhe haben, als bis der Weiße verschwunden ist." Auch von den Bigleuten, die sich zahlreich beim Häuptling eingefunden hatten, wurden ähnliche Ansichten ausgesprochen, und.es kam zu erregten und lärmenden Szenen. Da meldete ein Diener, daß Molozo dringend wünsche, den Häuptling zu sprechen, er habe wichtige Botschaft. Sofort wurde er vorgelassen und grüßte ehrerbietig den Häuptling. „Was hast du zu melden?" — „Ich bringe Grüße von Ketam." — „Von Ketam? Wo ist er?" — „Er war Gefangener des Tufa. Wir haben ihn befreit und so bittet er dich, ihm zwei Dutzend starke Männer zu schicken, damit die anderen Gefangenen heim- gebracht werden können." Molozo wurde von Beschuba und den Bigteuten mit Hunderten von Fragen bestürmt und mußte ausführlich das nächtliche Erlebnis am Schwarzen Wasser berichten. Er vergaß dabei nicht, das Verdienst des Weißen ins richtige Licht zu setzen: „Ja, wahrhaftig, dieser Weiße ist der Mann des großen Geistes", sagte er. „Ihm und nur ihm haben wir es zu verdanken, daß Tufa gefangen ist und uns nicht mehr schaden kann." Eine ganze Schar Häuptlingsdiener erhielt nun den Befehl, sofort zum Schwarzen Wasser zu eilen und die beiden gefesselten Verbrecher sowie die erschöpften Gefangenen nach Bnabengi zu bringen. Die dicke Sprachtrommel wurde gerührt und verkündigte das große Ereignis dem ganzen Stamm. Beschuba und die Big-männer begaben sich nach Buapilli, um dem Weißen die Nachricht zu überbringen. — Pater Breuer war mit den Boys und Ülambi damit beschäftigt, Bambustische und Stühle zu zimmern, um die armselige Ausrüstung seiner Wohnung zu vervollständigen. Wie erstaunte er, als die hohen Gäste ihn in seiner Einsamkeit aufsuchten und ihm Dank und Glückwünsche überbrachten! Beschuba sagte bewegt: „Weißer, es war nicht recht von uns, dir wegen Buapilli 'zu zürnen und dein Gehöft zu meiden. Nick Unrecht glaubten wir, daß du an allem Unglück schuld seiest; aber Molozo hat uns erzählt, was wir dir alles verdanken, und daß du wirklich der Mann des großen Geistes bist. Tufa ist nun zum zweitenmal durch deine Klugheit gefangen. Ketam ist wieder frei und wird uns heute noch berichten, was ihm und den anderen Gefangenen widerfahren ist. Nicht von dir kam unser Unglück, sondern von Tufa, und darum gebührt dir unser Dank, weil der Zauberer durch dich in unsere Hände fiel. Komm mit uns, damit wir auf dem großen Dorsplatz zugegen sind, wenn man die gefangenen Verbrecher und seine befreiten Opfer bringt!" Der Missionär war sprachlos vor Erstaunen und ließ sich alles erzählen, was sie von Molozo gehört hatten. Dann begab er sich mit ihnen zum großen Doifplatz, wo sich nach und nach eine große Volksmasse einfand, die voll Erwartung der Ankunft des Zuges entgegensah und unterdessen das große und wichtige Ereignis lebhaft besprach. Es dauerte noch lange Zeit, ehe die Ausgesandten zurückkehrten. Zuerst brachte man die armen Frauen und Mädchen sowie den Knaben aus Elimba, die als Gefangene des Zauberers Unsägliches erlitten hatten. Mehrere lagen wie tot auf den einfachen Tragbahren. Allen sah man die Folgen der schmählichen Behandlung an. Mehrere waren ganz entstellt, verstümmelt, kaum noch zu erkennen. Die Wut der Bahiri war unbeschreiblich. Unter Flüchen verwünschte man denjenigen, der das getan hatte; alle gelobten, dem unmenschlichen Tufa sein Tun hundertfach heimzuzahlen. Endlich erschienen Moloz» und Ngemba auf dem Platz, und ihnen folgten vier Träger, die auf einer Tragbahre den ersten Bigmann Ketam heimbrachten. Dieser drückte die Hand des Paters und stammelte rührende Dankesworte; dann erzählte er seine Geschichte. Nach einer weiteren Pause wurden unter stürmischen Verwünschungen die beiden Verbrecher gebracht. Die Menge tobte vor Wut. Man schrie wild und aufgeregt durcheinander, man griff zu den Messern und versuchte, sich auf die beiden Unmenschen zu stürzen. Nur mit größter Mühe gelang es dem Häuptling, die Menge abzuhalten. Die Tragbahre wurde auf den Boden gestellt. Tufa und Dschabala lagen darauf, blutüberströmt, schrecklich anzuschauen. Das Wntgeschrei ließ nach, alle schauten auf den Weißen, der nun seinen größten Feind vor sich hatte. Blitzschnell flog ihm ein Gedanke durch den Kopf: die beiden Gefangenen mußten ihm aufgeliefert werden. Eine Weile stand er schweigend von dem Mann, der ihm ewigen Haß un'b unversöhnliche Feindschaft zugeschworen hatte. Dann erhob er den Blick und sah aller Augen auf sich gerichtet. Jetzt war der richtige Augenblick. „Häuptling! Bahiri!" begann er. „Ich verlange, daß man die beiden meiner Rache ausliefert und sie in mein Gehöft bringt. Niemanden hat Tufa so gehaßt wie mich. Vom Tage meiner Ankunft bis heute hat Tufa nur daran gedacht, mich aus Bnabengi zu vertreiben. Der Kampf Tufas war ein Kampf gegen mich und gegen den großen Geist, dessen. Lehre ich verkünden will. Tufa ist unterlegen, ich habe ihn besiegt. Mir gehört also Tufa, mir gehört sein Reifer; ich habe den ersten Anspruch auf ihn. Ich werde Rache an ihnen üben, wie man es in Bnabengi noch nicht erlebte. Ich werde eine Rache ersinnen, wie kein Bahiri sie ersinnen kann. Schaut die beiden Verbrecher an! Ihr habt bereits durch Molozo, durch Ngemba und Ketam euren Anteil an der Rache gehabt. Nun verlange ich die weitere Ausführung und Vollendung. Wer etwas dagegen zu sagen hat, trete vor!" — „Dir gehören die beiden", sagte Beschuba sofort. — „Unser Rachedurst ist gestillt!" sagten Molozo und Ngemba. — „Der Weiße soll die beiden Feinde erhalten, um au ihnen seine Rache auszuüben," riefen die Bahiri. Selbst Ketam und alle jene, die ein Anrecht an die Verbrecher hatten, waren einverstanden und brachten nichts gegen das Ansinnen des Weißen vor, zumal es doch höchst zweifelhaft war, ob Tufa oder Dschabala dem Leben erhalten blieben. An diesen verstümmelten, blutüberströmten Verbrechern wollten sie ihre Wut nicht mehr auslassen. Der Missionär wollte Rache nehmen, eine echt christliche Rache. In seiner eigenen Hütte wollte er sie pflegen, ihnen das Leben erhalten, ihnen Gutes tun, ihnen statt des glühenden Hasses unzählige Werke der Liebe erweisen, ihnen für jeden Fluch, den sie vielleicht ausstoßen würden, Worte der Verzeihung ins Ohr flüstern. So ließ er denn die beiden Verbrecher in seine Hütte, in sein eigenes kleines Zimmer bringen und begann sofort sein christliches Rachewerk, bereitete ihnen mit Hilfe der Boys und Ulambis ein weiches Lager, flößte ihnen stärkenve Nahrung ein, wusch und verband ihnen die schrecklichen Wunden und setzte sich dann, den Rosenkranz betend, daneben. Beide waren blind und würden nie mehr das Tageslicht sehen! Dafür gedachte der Missionär ihnen die Augen des Glaubens zu öffnen und ihnen das Licht der Erleuchtung, das ewige Licht, zu zeigen. Beide waren der Sprache beraubt; mit der verstümmelten Zunge würden sie niemals mehr verbrecherische Pläne besprechen. Als blutstillendes Mittel hatte man ihnen Blätter des wilden Kengombaumes in den Mund gestopft. Die Wirkung war ausgezeichnet, und da der Pater beim Brande seine sämtliche Medizin verloren hatte, erneuerte er das Mittel öfter. Wer weiß, vielleicht gelang es ihm, mit Gottes Hilfe die beiden noch so weit zu bringen, daß sie das Bekenntnis des wahren Glaubens zu stammeln vermochten. Die Rache des Weißen! Schon nach wenigen Tagen sprach man davon in ganz Bahiri! Das ging über den Verstand der Schwarzen! Das konnten sie nicht begreifen! „Der Weiße hegt und pflegt die beiden Feinde! Der Weiße ist wahrhaftig der Mann des großen Geistes!" Der Häuptling, die Bigleute, die anderen Bahiri, die von nun an oft nach Buapilli wanderten, staunten nicht wenig, wenn sie dies unbegreiflich liebevolle Sorgen und die aufopfernde Hingabe des Weißen sahen, aber P. Breuer sagte: „Das ist meine Rache, sie ist anders als die Rache der Schwarzen!" Die Mission wurde wieder aufgebaut, schöner und größer als bisher. Aus allen Dörfern wurden dem Missionär schwarze Buben gebracht, daß er sie unterrichte. Ngemba wohnte auf der Mission; Molozo und sein Bruder waren die ersten, die sich - in das Buch der Katechumenen einschreiben ließen. Ulambi und die beiden Boys waren die ersten Hilfskräfte des estrigen Missionärs. Beschuba und Ketam blieben dem Pater freundlich gesinnt, wenn sie auch noch lange Jahre zögerten, sich unter die Katechumenen aufnehmen zu lassen. Es war ihnen zu schwer, ihre zahlreichen Frauen zu entlassen, aber sie hatten nichts dagegen, daß die Bahiri in den christlichen Unterricht gingen. Mit Rat und Tat standen sie sogar dem Missionär zur Seite und freuten sich über den Aufstieg der neuen Mission, die nach Überwindung der ersten Schwierigkeiten immer weitere Kreise zog, sich prächtig entwickelte, nach und nach die heidnischen Anschauungen und Sitten verdrängte und an ihrer Stelle christlichem Sinnen und Denken, christlichem Handeln und Tun Eingang verschaffte. Tufa und Dschabala, denen der Missionär das Leben erhalten hatte, blieben mehrere Monate auf der Mission und wurden dann in ihre Gehöfte zurückgeschafft. Anfänglich sträubten sie sich gegen die Annahme der neuen Religion; ihre Stunde war noch nicht gekommen. Als aber das Christentum immer mächtiger aufblühte und endlich alles beherrschte, als man die großen Fortschritte erkannte, die der Stamm der neuen Lehre verdankte, da beugten auch sie endlich ihren trotzigen Willen unter das milde Joch Jesu Christi. Eigentümer, Herausgeber und Verleger: Missionshaus der Sühne des heiligsten Herzens Jesu in Graz, Paulustorgasse 10. — Verantwortlicher Schriftleiter: P. Al. Wilsling, Missionshaus, Graz, Paulustorgasse 10. — Unioersttäts-Buchdruckeret .Styria" in Graz.