MITTHEILUNGEN des historischen Vereines für Krain int Juni 18L4. Redigirt vom «»-. V. F. KIuII. V ereins - Se cretär und Gcschüftsleiter :c. je. BEITRÄGE zur Literaturgeschichte von Krain, von Dr. T. F. Klun. VIII. Thomas Chrön und das XVII. Jahrhundert. «Sie im vorangegangenen Aufsähe dargelegten Bestrebungen und literarischen Erzeugnisse will ich als die erste Periode der slovenischen Literatur bezeichnen, da sic sowohl in Hinsicht ihres Entstehens, als ihres Gegenstandes, oder nach Form und Inhalt ein für sich abgeschlossenes Ganzes bilden, welches Kopitar, wie früher citirt, in scharfer und bitterer, aber nicht ganz unrichtiger Weise skizzirt hat. Man könnte diese Periode auch die protestantische, im Gegensatze zu der darauffolgenden, der katholischen nennen, da vorzugsweise die Verbreitung der protestantischen Lehren der Zweck derselben war, rmd fast alle Bücher dieses Inhaltes sind. Mit dem Auftreten der Reformations-Commission in Krain, deren Augenmerk auf Erstickung des Protestantis-nms und Bclebnirg des Katholicismus gerichtet war, mußte als ganz natürliche Folge auch in der slovenischen Literatur dieser Umschwung vor sich gehen, da zur Bekämpfung der im Lande verbreiteten protestantischen Druckschriften katholische erscheinen mußte«. Und jener gelehrte und energische Mann, der im frommen Glaubenscifer den mächtigen Streich gegen die Gegner der römisch-katholischen Kirche führte, derselbe Mann — Thomas Chrön — betrat arich in der siovenischcn Literatur eine neue Bahn, indem er dieser eine andere Richtung vorzeichnete, die ich mit allem Grunde die katholische oder die zweite Periode der slovenischen Literaüir nenne. Mit dem Auftreten des Bischofs Thomas Chrön war das Schicksal der Schriften der Begründer der slovenischen Literatur entschieden. Allein traf auch den Inhalt ihrer Schriften das Verdict, in sprachlicher Beziehung wurden dieselben doch oftmals zu Rathe gezogen, und sie behalten fortwährend in dieser Hinsicht ihren wenn gleich relativeir Werth. Waren sie doch zugleich die mittelbare Ursache, daß ihre Mcinungsgegner, die Katholiken, denselben Pfad — durch Volksschriften zu wirken — betraten, und bis auf unsere Tage mit so entschiedenem Glücke sort-wandcln. Wie ii: der böhmisch-slavischen Literatur ein großer Theil der Verdienste der katholischen Geistlichkeit vindicirt werden muß "), ebenso verhält es sich bei der slovenischen. Seit dem XVI. Jahrhunderte bis aus unsere Gegenwart kann die katholische Geistlichkeit der Hauptträ-gcr der slovenischen Literatur, der eifrigste und thätigste Förderer der Sprachentwicklung und Fortbildung genannt werden. Der stete Verkehr mit dem slovenischen Landvolke nöthigt sie gleichsam, den tieferen Geist der Sprache zu erfassen; durch das Ucbersiedeln der Geistlichkeit in die verschiedenen Theile des Landes wird sie sodann aus die selbst leisesten Abweichungen im Accent, der Anssprache der einzelnen Vocale, auf die Redensarten und Constructionen u. s. w. aufmerksam gemacht. Natürlich läßt sich aus diesen Varianten des Dialectes bei nur einiger Kenntniß eines verivandtei: flavischen Idioms so nmnchcs Ersprießliche für die Ausbildung der Sprache leisten. Die Stellung der Geistlichkeit bringt es somit fast iwthwcndig mit sich, und die bestehende slovenische, wenn gleich noch schwache Literatur beweiset es thatsächlich, daß eben die katholische Geistlichkeit vorzugsweise der Repräsentant des Slovenismus ist, und unsere Zeiten erst haben gediegene literarische Pro-ducte auch in anderei: Richtungen der wissenschaftlichen For-schumgen aufzuwcisei:. Aus den: Obigen läßt sich nun von selbst folgern, daß die slovenische Literatur bis jetzt uoch nicht von Miß- *) Siche „Ocstcrr. Bl. f. Lit- u. Kunst", Nr. 10. gebürten entweihet wurde, wie sic die Fabrikation des Dumas, oder die excentrische Grellfarberei des Sue, oder so manche „Romanschriftsteller Albions" zu Tage förderten. Der gesunde Sinn des Volkes würde derlei Machwerke ■— falls es ja einem slovenischen Literaten jemals beifnUcn sollte, sich auf Verfassung oder Uebersetzung ähnlicher Mache zu verlegen, woran wir jedoch zur Ehre unserer Landsleute höchst zweifeln — sicherlich mit Entrüstung zurückweisen. Der Slovene ist zu sehr Freund der praktischen Tendenz — ohne ihm deßhalb Sinn und Liebe für die ernste Wissenschaft, als solche, absprechen zu wollen — als daß er Lustgebilden, die eine erhitzte Fieberphantasie erzeugte, sic mit dem eitlen Flitter von Rauschgold umhängte, und als Verkappung utopischer Schwindeleien, in religiöser wie politischer Beziehung, mit schwülstigen Phrasen für Pnrteizwcckc in den Vordergrund schiebt, nur die geringste Aufmerksamkeit schenken würde. Wir Slovencu haben — Gottlob — die Scylla jener Zcitcpochc, in welcher derlei „Romane" in „Mode" waren, glücklich passirt, und segeln nüchtern und unbeirrt, das Ziel sest im Auge behaltend, einer für die Literatur schönen Zukunft entgegen. Wenn wir die Periode unserer Gegenwart richtig auffassen wollen, so müssen wir auch in dieser Richtung auf ihre ersten Anfänge zurückgehen. Diese finden wir in eben demselben scchszehntcu Jahrhunderte, in welchem die protestantischen Begründer der slovenischen Literatur den Anfang und den Schluß in ihrer Richtung machten. Der hervorragendste Mann in dieser Periode, durch tiefe Gelehrsamkeit und heroischen Glaubenseifer gleich ausgezeichnet, war der Laibacher Bischof Thomas Chrön. Ich übergehe seine Vorgänger aus dem bischöflichen Stuhle in jenem Jahrhunderte, da deren energisches Entgegentreten dem in Kram immer mehr sich ausbreitenden Protcstantis-mus mehr in die Kirchen- und Landesgeschichte gehört, wäh-rend Chrön auch für die slovenische Literaturgeschichte nicht ohne Bedeutung ist und ich in diesen Aufsätzen zunächst der Letzteren meine Aufincrksamkeit widmen will. Werfen wir einen Blick auf das Leben dieses thatenreichen Mannes."). Thomas Chrön wurde im I. 1560 zu Laibach, wo sein Vater Bürgermeister war, geboren. Der Vater schickte den talentvollen Knaben zu seinem Schwager Dr. Caspar Sittuickh nach Wien, wo er die Humaniora und die philosophischen Studien beendete. Er kehrte nach Laibach mit dem festen Vorhaben zurück, auf irgend einer italienischen Universität die Rechtsgelchrsamkeit zu studircn. Eine schwere Krankheit verzögerte die Abreise. Die ernsten Betrachtungen am Krankenlager stimmten ihn zum Gelübde, falls er genesen würde, sich dem geistlichen Stande zu widmen. Wiederhergestellt betrat er die theologische Laufbahn, nach deren Beendigung er im I. 1588 in Seekau zum Priester geweiht und bald als Pfarrer daselbst angestellt wurde. Später erhielt Chrön das Canonicat in Laibach, >vclches vormals Trüber innegehabt hatte, und nach dem Tode Sebastian Samungen's auch die Würde eines Domdecha,,-tcs in Laibach, die er aber kaum Ein Jahr bekleidete; beim Johann Tautscher, der damalige Fürstbischof in Laibach, war so sehr überzeugt, er könne nach seinem Absterben keinen würdigeren und tüchtigeren Nachfolger aus dem Bischof-stuhle finden, daß er ihn bei dem Kaiser selbst als den tüchtigsten und würdigsten Nachfolger empfahl. Tautscher starb zu Graz ant 24. August 1597, uni) der Domdcchant Thomas Chrön wurde allsogleich von Laibach dahin berufen, um ihm das feierliche Lcichcnbcgäiig-niß zu halten. Einige Tage nach Tantscher's Beerdigung ernannte ihn Ferdinand ii. im Schloßhofe zu Graz „eigen-mündig" zum Fürstbischöfe v. Laibach; Papst Clemens VIII. bestätigte die vom Kaiser getroffene Wahl unter 29. März 1599, worauf am 12. September desselben Jahres zu Graz die Consecration stattfand. *) Chrön's Lebenspcriodc fällt in ein Zeitalter, welches in der Geschichte Krain's unstreitig das wichtigste und thateii-rcichste ist. In diesem Jahrhunderte zeugte Kram Helden und Gelehrte. Herbert Freiherr von Auersperg fiel bei Budaski als Held, und Andreas von Auersperg erfocht bei Sissek den glänzendsten Sieg, der je von Krain's Waffe» erkämpft wurde.—• Trüber, Dalmatin, Bohorizh und Khicscl, nebst mehreren Anderen, fanden ihren Ruhm in den Wissenschaften. Die Theologie vorzüglich konnte sich da die glänzendsten Verdienste um die römisch - katholischc Kirche erwerben, und kein Bischof von Laibach lebte noch je in einem Zeitalter, in dem er sich eine größere Summe von Verdiensten dieser Art hätte sammeln können, als Chrön. Er war der Mann, vielleicht aus Tausenden da Einzige, der dem reißenden Strome der Religionsnenermi-gcn durch unerschütterlichen Widerstand einen festen Damm in jener Periode entgegensetzte, als die Zahl der evangelischen R'eligionsbekenner in Kram so hoch angewachsen mm; daß man befürchtete, die römisch-katholische Religionslehrk werde aus dem Lande bald gänzlich verschwinden. Ich übergehe seine vielen Verdienste, die er sich während seiner dreißigjährigen Amtsführung als Fürstbischof cp worben, worüber er an Papst Clemens berichtete, daß er über 41.000 Menschen in den Schoß der katholischen Kirche zurückgeführt habe, und übergehe zu den wissenschaftlich» Verdiensten Chrön's um Kram. In jüngeren Jahren waren es vornehmlich historische Studien, denen er sich widmete. Er besuchte mehrere Archive in Kram, copirte und sammelte Urkunden. Unter diesen it jene bemerkenswertst, die er im Archive zu Bischoflack copirte welcher zufolge Kaiser Carl IV. dem Grafen von Ortern bürg, der vom Patriarchen von Aquilcja Gottschcc