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in der Versammlung österreichischer Anthropologen
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Ktibach, 1879.

-

Ueber

Drls- und Pkrsnnknnamkn

in krnin.

Vortrag von Pros Arnokä Kulctiin v. Ebengreutü

gehalten am 28. Juli 1879 zu Laibach

in der Versammlung österreichischer Anthropologen und

Vrgeschichtssorscher.

Mibach, 1879.

Druck und Verlag von Jg. v. Kleimnayr <L Fed. Bamberg.

Emin liegt an einer uralten Völkerstraße. Die
Gründung von Laibach trifft mit dem Mythos der
Argonautenfahrt zusammen. Jene Urbewohner des
Landes, welche nach des Sozomenos Bericht dem Jason
bei Fortschaffung der Argo behilflich waren, mögen
in den Pfahlbauten auf dem Laibacher Moore gehaust
haben und jene Geräthe aus Hirschhorn und Bein
angefertigt haben, welche man jetzt in den Sammlun¬
gen des Museums besichtigen kann. Doch wir stehen
hier auf heute noch vorgeschichtlichem Boden und
kommen darum nicht über mehr minder begründete
Vermuthungen hinaus.

Aber auch die geschichtlichen Ureinwohner
Krains sind aus diesem Laude schon zu Beginn
unserer Zeitrechnung verschwunden. Sie gehörten nach
Herodots Zeugnisse zum Zweige der Alt - Illyrier,
welcher vordem die Küsten der Adria nordwärts vom
Jonischen Meer bis zum Meerbusen von Triest und
von hier ab westwärts bis zur Pomündung umsäumte,
heutzutage aber nur noch in den gerade jetzt viel¬
genannten Skipetaren oder Albanesen (Arnauten) fort¬
lebt. Der Volksmund hat die Pannonier und Libur-
ner vergessen. An die Eneti (von den umwohnenden
Kelten in Veneti umgestaltet) erinnert heute noch
Venedig, die Colapiaui waren Uferbewohner der Kulpa,
und ähnlich bewahrt uns Istrien den Namen der Ur¬
einwohner, der alt-illyrischen Jstrier.

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Unbekannt ist, unter welchen Umständen etwas
später die Ansiedlung der Kelten in Kram erfolgte.
Von den verschiedenen Völkerschaften dieses Stammes,
deren Aufenthalt in unseren Gegenden beglaubigt ist,
sind die Latobiker, mit Sitzen zwischen Save und
Gurk, gänzlich verschollen; Kataler sucht Dr. Kandier
(dessen Autorität freilich nicht unanfechtbar ist) an der
Poik, wo noch heutzutage ein Berg Katalan heißen
soll. Dagegen hat uns das innerkrainische Dörfchen
Metule den Namen der von Octavianus Augustus
zerstörten Hauptstadt der illyro-keltischen Japoden (Me-
tullum) und der lateinische Name des Landes Car-
niolia die Erinnerung an die keltischen Karner be¬
wahrt.

Ortsnamen aus der Zeit, da Illyrier und Kelten
in voller Freiheit in Kram lebten, gibt es meines
Wissens nicht mehr, wofern wir von dem schon früher
erwähnten Metule abseheu wollen. Beständiger als die
künstliche Wohnung des Menschen sind die natürlichen
Bodenverhältnisse, Berg und Thal und die rasch dahin¬
fließenden Gewässer. Die Karawanken (mons Oarvau-
eas), Mons Oaru8aä der Karst, die Save (Labus,

n-roch, die Gurk (Uoilco, Lorüoras), die Kulpa
(Lolapis) reichen mit ihren Benennungen bis in die
Zeit der Urbewohner zurück.

Der überlegenen Kriegskunst und Macht der
Römer erlag die Tapferkeit der illyro-keltischen Be¬
wohner Krams in den Tagen des Octavianus Augustus.
Ein großer Theil der streittüchtigen Freiheitskämpfer
war in diesen Kriegen gefallen, viele der Ueberleben-
den mögen ausgewandert sein, der Rest der früheren
Bevölkerung wurde während der ein halbes Jahrtausend
umfassenden Dauer der Römerherrschaft romanisiert.
Die Römer haben das Land auf einen hohen Grad
der Kultur gebracht, ein Netz von Straßen in Krain
gebaut und zahlreiche Ortschaften angelegt. Der Name
der Station aä UouZatieum lebt heute in Uogateo

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(Loitsch) fort, die Station ack IZrum, summa» LIpos,
ist im Birnbaumerwalde (Hrušica) zu suchen. Die
Jütischen Alpen (Lckxos Julias) und der Dranberg
(mous ^.ckrans), vielleicht selbst der Ortsname Mo-
saua (Lärants) gehen gleichfalls auf römische Benen¬
nungen zurück.

Aber auch noch in anderer Weise lebt die Erin¬
nerung an die Römerherrschaft in Ortsnamen fort.
Die Stätte der römischen Station am Hubelbache (aä
RriZickum) heißt Heidenschaft (^jckovseina); altrömische
Mauerreste und Schutzwälle werden als ^fckovski rück
angesprochen, das römische Bleibergwerk in Petschar-
berg bei Nassenfuß heißt ^fckovsks gams; die Reste
eines uralten Schmelzwerkes bei Bitno in der Wochein
(die Stelle, wo vielleicht das alte Jdunum stand) sind
Xfckovski grack, und die Ueberbleibsel einer römischen
Wasserleitung bei Dragomer und Slategg heißen ge¬
radezu Rimski stuck mm e, (Römerquelle).

Auch ein Personenname ist uns aus römi¬
scher Zeit überliefert worden. Unter den eingewanderten
Familien erscheint das Geschlecht der Cantius, und ein
Mitglied der von ihm abstammenden Cantiane, der
heilige Cantianus, wurde Landespatron. Viele Kirchen
der Diöcese Aquileja, nordwärts bis zur Save, sind ihm
zu Ehren geweiht.

Den Expansivbewegungen der Römer, welche von
Italien aus Krain durchquerten, um ihre Herrschaft
bis an die Donau und in die ungarische Tiefebene
vorzuschieben, folgten im Rückschlag unzählbare Völker¬
schaften der verschiedensten Abstammung, die vom Norden
und Osten her nach den sonnigen Gefilden Italiens
strebten. Gewiß ist, daß die Westgothen unter Alarich
längere Zeit im östlichen Jllyricum und später auch
im westlichen standen, wenngleich es unstatthaft wäre,
das nächst Rudolfswerth bestehende Gotendorf (Llotns,
vus) oder die Gottscheer mit diesen Zeiten in Verbin¬
dung zu bringen. Ersterem Ortsnamen, welcher früher

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wol Gottinisdorf oder ähnlich gelautet haben dürfte,
liegt ein Personenname des Stammes God (Godo,
Gotti, Goding ) zugrunde. Was hingegen die
Gotisch eer betrifft, so ist selbst die von Zeuß be¬
fürwortete Ableitung von den oberdeutschen Vandalen
aufgegeben worden, seitdem einerseits Dümmler die
Gudiscani als Bewohner des kroatischen Gaues Gadska
nachgewiesen hat, andererseits Elze und Schrör für
die fränkische Abstammung der Gottscheer aus ge¬
schichtlichen und sprachlichen Gründen eingetreten sind.

Den deutschen Völkerschaften, welche nach
kurzem Verweilen ihre Wanderungen süd- oder west¬
wärts fortsetzten, folgte im sechsten Jahrhunderte der
Slave. Dieser blieb im Lande, und von ihm stammt
der größte Theil der heutigen Bewohnerschaft Krams.
Es waren Slov en en, welche, im Gefolge der Avaren
auftretend und in Abhängigkeit von diesen, nach dem
Abzug der Langobarden während der Jahre 568—592
ganz Pannonien, dann das heutige Kärnten und Kram
erfüllten und dem Laufe der Flüsse folgend auch nach
Oberösterreich und Tirol drangen. Windisch-Garsten
und Windisch-Matrei seien nur beispielsweise als Be¬
lege für die Thatsache angeführt.

Die Slov en en, welche sich in Kram ansiedelten,
fanden ein verwüstetes, menschenarmes Land vor. Die
romanisierte Bevölkerung südlich der Donaugrenze hatte
sich in zahlreichen Scharen nach Italien geflüchtet,
wohin sie Graf Pierius im Auftrage Odovakers be¬
rufen hatte, als man (488) Noricum und Pannonien
preisgeben mußte. Die geringen Reste, welche zurück¬
geblieben waren, verloren im Laufe der Zeit *ihre
Volksthümlichkeit und gingen in den Slaven unter.
Es wird nach dem Gesagten begreiflich, daß Md wes¬
halb weitaus der größte Theil der Orts- und Per¬
sonennamen in Kram slavischen Ursprunges ist, und
es mag hier nur beiläufig auf die Thatsache hin¬
gewiesen werden, daß im allgemeinen die altüber-

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lieferten slavischm Benennungen, mit den gegenwärtigen
verglichen, einen viel geringeren Grad der Abschleifung
zeigen, als dies bei deutschen der Fall ist. Ich greife
da aufs Gerathewohl einige Beispiele aus dem Urbar
der Freisingischen Herrschaft Bischoflack vom I. 1291
heraus und stelle die heute übliche officielle Schrei¬
bung des Ortsrepertoriums daneben:

Die Slovenen waren, als sie ihre Wohnsitze in
Jnnerösterreich anfschlugen, in Abhängigkeit von den
Avaren und geriethen theilweise auch unter die Bot¬
mäßigkeit der Langobarden. Selbst dann, als sich im
achten Jahrhunderte ein nationales Herzogthum bei
den Karantaner Slaven unter Boruth, Cacatius, Chei-
tumar erhob, waren die Slovenen außer stände, für
sich allein den Avaren zu trotzen. Sie traten in ein
Schutzverhältnis zu den bäurischen Agilolfingern und
gelangten so nach deren Sturze in den Rahmen der
karolingischen Weltmonarchie.

Die noch heute üblichen Namen des Landes: Krain
und Carniolia, reichen in diese Epoche zurück.—
Den Namen Carniolia, oder streng genommen Carniola,
haben, wie es scheint, die Langobarden aufgebracht,
welche damit den Landstrich bezeichneten, in welchem

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ihnen zinspflichtige Karantaner Slaven wohnten. Wie
Linhart, der sich mit dieser Frage am eingehendsten
beschäftigte, ausführt, braucht also Paulus Diaconus
den Namen Carniola für ein Gebiet außerhalb Krain,
für das heutige Gailthal in Kärnten, „allein die Ver¬
fasser der Diplome des zehnten Jahrhunderts —
denn früher kommt der Name nicht wieder vor —
nahmen das Wort gierig auf, bemerkten die zufällige
Ähnlichkeit mit dem slavischen Krajna und glaubten
nun, das Land lateinisch zu benennen." So ward Car¬
niola (Klein-Karnien, im Gegensatz zum friaulischen
Herzogthum Kärnten) durch eine mißverstandene Stelle
des longobardischen Geschichtsschreibers der lateinische
Name für Krain. Spätere Geschichtsschreiber ohne Aus¬
nahme schrieben ihn sorglos nach und bildeten daraus
in neueren Zeiten, um dem Worte die Gestalt des
Diminitivums zu nehmen: Carniolia.

Was hingegen den Namen Krain betrifft, so ist
derselbe, wie nun allgemein zugegeben wird, slavi¬
schen Ursprunges, Krajn, Krajna, und bezeichnet ein
Grenzland. Zu Valvasors Zeiten hat freilich Erasmus
Francisci im ersten Buch der „Ehre des Herzogthums
Krain" mit nutzloser Verschwendung von Gelehrsam¬
keit von dem Namen der Carnorum und Crainer, wie
auch von sothaner Namen wahrem Ursprung und Be¬
deutung gehandelt und Phöniker, Gallier, Syrer,
Makedonier, Hebräisch und Arabisch durcheinander ge¬
worfen, um die Identität von Carnus und Cranus
und einen möglichst fremden Ursprung nachzuweisen.
Nach Linhart hießen die Slovenen Krajni, die vorne
„an der Grenze Wohnenden, in der Sprache des
„Muttervolkes, von dem sie auswanderten, weil ihr
„Land Kraj, Krajna die Grenze, das Ende ihrer
„Wohnsitze gegen Italien war". Der Name Krajnci
wäre also zu den deutschen Markomannen geradezu
in Parallele zu stellen und mit Beziehung auf die
östlicher wohnenden Südslaven gedacht.

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Zugegeben, daß der Name Kram aus der slavi-
scheu Sprache hervorgegangen ist, so läßt sich doch dessen
Ursprung auch noch in anderer Weise erklären. Seit
den Tagen Carl des Großen war Kram dem Marken-
sistem eingereiht, das als schützender Wall das Reich
im Süden und Osten umfing. Erst ein Bestandtheil
der ausgedehnten Friauler Mark, kam es nach Auf¬
lösung des fränkischen Reiches in engere Verbindung
zum karantanischen Herzogthum und wurde so unmit¬
telbares Grenzland für dieses, beziehungsweise für das
deutsche Reich. Was nun für den Deutschen ein Grenz¬
land überhaupt war, dessen nähere Bezeichnung damals
nur durch den Namen des eben fungierenden königlichen
Beamten gegeben war, das war für den Slaven in
wörtlicher Uebersetzung Kraiu, Lrans. In regious
vulgari vooabulo Olirsius st in maredu 6t
in somitatu kaponis eomitis situ waren jene Güter,
welche K. Otto II. am 23. November 973 an das
Bisthum Freising verschenkte. In eomitatu kaponis
somitw guoä Oarniola vosatur st guoll vulgo
6rsinn mar ebn uppsllatur, lagen die Güter einer
anderen Schenkung, welche kurz vorher von Tribur aus
erfolgt war (30. Juui 973). Was aber für den Slaven
eine allgemeine Bezeichnung war, das wurde für den
Deutschen mit der Zeit zum nomsn proprium. Der
Name der Markomannen ist im Stammnamen der Baiern
u. s. w. untergegangen, seitdem die betreffenden Völker¬
schaften aufgehört hatten, die Grenzwächter der Deutschen
gegen Rom zu sein. Dem Slovenen hingegen kommt der
Name Lrafue, Grenzbewohner, nur insoweit zu, als
derselbe dem von den Deutschen Krain genannten Lande
angehört. Gerade die westlichsten Slovenen, die eigent¬
lichsten Grenzwächter der Staven gegen Italien, die
Görzer Slovenen, zählen nicht zu den Lrajnei und
ebenso wenig die Slovenen in Istrien, in Kärnten oder
Steiermark.

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Seit mehr als einem Jahrtausend waren und bis
zur Gegenwart blieben die Gefilde Krams mit den
Geschicken deutscher Laude innig vereint. Der Adel,
die vornehmste Klasse der Bevölkerung, war deutsch.
Nicht als ob eine völlige Ausrottung des slavischen
Uradels durch die Deutschen erfolgt wäre. Slavische
Edle und selbst hohe Würdenträger finden wir auch
außerhalb Krams in Kärnten und Steiermark bis in das
12. und 13. Jahrhundert. Eine Urkunde K. Arnulfs
vom Jahre 898 nennt den vir proMnis bonus no-
bilitutis sxortuin 2vvsntibolob, im 10. Jahrhunderte
werden ein UoMir eoinos (926) und ein anderer
^usntipolebo nobilis vir in Salzburger Traditions¬
urkunden erwähnt; 1023 erscheint ein eoinos lürrclo-
govi im Mürzthal, die Zeltschacher Grafen werden
als Slaven bezeichnet u. s. w. Die Entnationalisierung
des slavischen Adels in Krain erfolgte immer im fried¬
lichen Wege, durch freiwilligen Anschluß an die deut¬
schen Standesgenossen.

Höchst bezeichnend für das Gesagte sind die Worte,
mit welchen Valvasor im Jahre 1689 das erste Ka¬
pitel des 6. Buches „von der crainerischen und scla-
vonischen Sprache" einleitet. In allen Theilen Krains,
berichtet er, herrschen „zweyerley Sprachen, nemlich
die Selavonische (oder Windische) und die Deutsche;
unter welchen aber die letzte nur bey den Edlen und
politen Leuten meisteutheils gebräuchlich, wie nicht
weniger alle Rechtsführungen teutsch ausgeführt, in¬
gleichen alle Schriften und Briefe in selbiger Sprache
verfaßt werden, dahingegen die andere, nemlich die
Windische oder Selavonische, sich der Dorfzungen und
anderer gemeiner Lippen bedient."

Es kann nach dem Gesagten nicht überraschen,
weshalb die Namen der meisten Edelsitze deutsch und
die sloveuischen Benennungen gutentheils nur Ueber-
setzung oder Verstümmelung sind. Ich führe mit Be¬
rufung auf die von Valvasor im 2. Buche seiner

11

Wolfspichel (Volösi xo-
tolr)

Stein, Kamen

Schenckenthurn (Änllvv

turn)

„Ehre des Herzogthums Krain" gebotenen Zusammen
stellungen der adeligen Sitze als Beispiele aus Ober
krain an :

Bruunfeld (Pruufeld)
Galenberg (Galenberg)
Grafenweg (Knstzi pot)
Mansburq (LIsnZuK)
Rattmausdorf, kaäolsiea
Veldes (Fels), Lleä

u. s. w.

Bei anderen Schlössern hat allerdings jede Sprache
ihre eigene Bezeichnung:

Ebensfeld, Kroble Liechteueck,^ öesenoe

Egg, Loräo Neuthal, äxitallo

Galuek, Nuclia

u. s. w.

Wieder bei anderen ist der slavische Ursprung
unverkennbar:

Drogembl (vergomen) Januna (llama)

Dupplach (vuxle) Sdusch (^äusa)

u. s. w.

Wie unstatthaft die Annahme wäre, daß die herr¬
schende Klasse des Adels im Lande einzig deutscher
Herkunft gewesen sei, das ist schon früher dargethan
worden. Noch irriger aber wäre die Meinung, die
Urbarmachung des Landes wäre vom Slaven allein
bestritten worden. Die Kulturarbeit, durch welche Krain
in Stadt und Land auf den heutigen Zustand gebracht
wurde, ist nur durch das Zusammenwirken der Slo¬
vencu mit deutschen und italienischen Einwanderern
vollbracht worden, und die Rolle des Kulturträgers ist
dabei den zwei letztgenannten Nationalitäten zugefallen.

Der deutsche Edelmann, das deutsche Hochstift,
dem die Gnade des Kaisers weite Strecken Kronlandes
in Krain überließ, brachte regelmäßig auch deutsche
Hörige zur Besiedlung seines neuen, dünn bevölkerten

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Besitzes mit. Das älteste Freisinger Urbar vom Jahre
1160 zählt in der Hofmark Bischoflack 14 Kärntner
und 94 Bairische, im ganzen also 108 deutsche Huben
gegen 153 Slavenhuben; die Besiedlung Gottschee's
durch 300 fränkische Familien zu Zeiten K. Carl IV.
ist bekannt.

Es kann daher nicht überraschen, daß deutsche
Ortsnamen in Krain schon in den ältesten Urkunden
austreten, welche uns überliefert sind, xraockium 6lur-
olrovelt ultra tluvlum 8orvam (895), praoäium,
rospooUvo oastollum Voläos (1004, 1011), Niusa-
zinhun (circa 1030, später Niusazze, Neusaezze 1291,
1318) bei Bischoflack, Herzogenbach (1058) u. s. w.

Einzelne Ortsnamen deuten auch ausdrücklich auf
Deutsche als ursprüngliche Ansiedler hin, so Deutsch¬
gereuth (Minski Lovt) in der Wochein, Ober- und
Unterdeutschau (Loronja Loka und Romska Loka)
bei Gottschee, Deutschberg (Minska 6ora) bei Gurk¬
feld, die verschiedenen Deutschdorf (Romska vas) bei
Gurkfeld, St. Peter am Karst, Reifniz, Laas Teisen¬
berg u. s. w., dann die verschiedenen Gesieze, Gesies
(8olo), heutzutage in Geschieh verunstaltet, so Luter-
geschieß (Lutoreo 8olo) bei Rudolfswerth, das ungefähr
Ludgeresgestezze gelautet haben dürfte, Rappelgeschieß
(Laojo 8olo) mit einer offenbaren Beziehung auf
jenen Comes Rapoto, welcher 1062 in einer Urkunde
als Grundbesitzer in der Nähe von Obergurk erscheint,
Mannsburg (Kongos), das ehedem Meingozpurch lau¬
tete, Gotendorf u. dgl. m.

Ueber die Herkunft der deutschen Ansiedler in
Krain erfahren wir aus den heute üblichen Ortsnamen
sehr wenig, denn der Weiler Schwabou (8vadovo) bei
St. Barthelmä in Unterkrain enthält sicherlich keinen
Bolksnamen, sondern nur eine Beziehung auf den Per¬
sonennamen Schwab. Es wäre da höchstens Karner-
vellach (RoroSka Lola) in Oberkrain, Karndorf (Ro-

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roška vas) bei Rudolfswerth und Rorosoo bei Laas
als Hiudeutung auf Ansiedlungen deutscher Kärntner
zu nennen, deren Huben ja auch in den Freisinger
Urbaren von den Baiern und Slaven abgesondert
aufgeführt werden. Der fränkischen Abstammung der
Gottscheer haben wir schon gedacht; die Mehrzahl der
deutschen Colonen waren aber nachweislich Baiern.
Vereinzelt werden auch Tiroler als freisingische Hörige
in Kram erwähnt; apuä Inäiolrorios, bei den Jnni-
chenern, heißt es in den Urbaren von 1291 und 1318,
und auch die Bewohner des Hochthals Zarz (8orioa,
1291: Zäuritz) sollen von Tirolern abstammen.

Geringer ist der Antheil, welcher dem Italie¬
ner bei der Urbarmachung von Kram zugefallen ist.
Dem Dorfe Welsch-Gereuth (Raški Rovt) in der Wochein
könnte noch Rasko bei Selzach zur Seite gestellt wer¬
den. Im Freisinger Urbar von 1291 werden überdies
Mach bei Hotavlje (heute wol Volaka) als Ortschaft
und vom6U68 Romdaräus als hörige Persönlichkeit
angeführt. Bedeutender wurden die Ansiedlungen von
Italienern erst seit den Tagen Ferdinand I. und II.,
als das romanische Element einerseits zur Belebung
der Industrie (Eisengewerkschaften, Messingfabriken
u. dgl.) ins Land gezogen wurde und es andererseits
nach Durchführung der Gegenreformation in die Lücken
des Adels und des Bürgerstandes eintrat, welche
durch den Abzug der protestantischen Krainer entstan¬
den waren.

Die Zahl der deutschen Hörigen war in Kram
während des Mittelalters nicht unbedeutend, allein da
sie weder geschlossene Bezirke bewohnten noch auf die
Erhaltung der Nationalität ein Gewicht gelegt wurde,
so trat auf dem flachen Lande im Laufe der Genera¬
tionen eine vollkommene Slavisierung der deutschen
Colonien ein. Nur die Familiennamen geben zu¬
weilen noch Kunde von der Herkunft des Stamm-

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Vaters. Es sind darum die altern Urbare in Kram
nicht selten ziemlich reich an deutschen Familiennamen.
Ich hebe beispielsweise aus einem Urbar des Frauen¬
klosters Michelstetten vom Jahre 1458 (dessen Ori¬
ginal sich im hiesigen Museum befindet) nachstehende
deutsche Zunamen hervor, welche, nach den Taufnamen
Juri, Jaxe, Marin, Janko u. s. w. zu urtheilen, be¬
reits slavisierten Bauern angehörten: Adelmann, Aswin,
Bruder, Dinstmann (heute durch Abschleifung Desch-
mann), Grüm, Haubmann, Kern, Kastner, Knafel,
Kysling, Lueger, Leber, Mawrer, Payer, Purger,
Puzzel, Rosmaun, Rudell, Sarmann, Steinprecher,
Stürzt, Tänzer, Vogler, Walland, Walcher, Zaichen,
Czainflegk (später Zaunfleck) u. s. w. u. s. w.

Anders als auf dem Lande verhielt sich die Na¬
tionalität in den Städten, zumal in der Landeshaupt¬
stadt Laibach. Hier spielte in der eigentlichen Stadt,
wenn man die Namen in dem ältest erhaltenen Steuer¬
buchs von 1600 zu Rathe zieht, unbedingt das d e u t s che
Element die erste Rolle, ihm folgen die Träger ita¬
lienischer Namen; das s l a v i s che Element herrscht
nur in den ärmlichen Vorstädten, zumal in der Tirnau,
vor. Exacter gesprochen, kommen unter 443 verschie¬
denen Familiennamen, welche ich im Steuerbuchs vom
Jahre 1600 zählte, 247 auf deutsche, 154 auf slavische
und 41 auf italienische Abstammung. Die Nationalität
des Harum Pascha, welcher 1600—1603 im Purgstall,
im Wobner'schen Maierhof, wohnte und jährlich 12 kr.
steuerte, lasse ich dabei außer Spiel.

Die Bevölkernngselemente in der Stadt Laibach
wechselten übrigens rasch. Vergleichungen, welche ich
zur Ermittlung der beiläufigen Lebensdauer einer Fa¬
milie anstellte, indem ich die Steuerbücher von 1650,
1700 und 1750 zu Rathe zog, ergaben, daß von obi¬
gen 247 deutschen Familiennamen fünfzig Jahre später
nur 45 oder 18 Perzent, von den 154 slavischen nur

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26 oder 17 Perzent, von den 41 italienischen dagegen
14 oder mehr als 33 Perzent der Anfangszahl vor¬
handen waren. Wieder fünfzig Jahre später (1700)
hatte sich die Zahl der betreffenden Familien um wei¬
tere 24, beziehungsweise 15 und 5 Namen, also aus
8, 7 und 21 Perzent der Anfangsziffer vermindert.

Durchlaufend durch 150 Jahre erhalten sich in
den Laibacher Steuerbüchern von 1600, 1650, 1700
und 1750 nur die deutschen Namen: Auersperg, Gall,
Gottscheuer, Chramer, Krabat, Ruß, Schwitz, Sitter,
Unger, Watz und Witz (11, d. i. etwas über 4 Perzent).
Die slavischen Namen: Dolleniz, Kos, Nouakh, Perez,
Verbetz und Wokhalscheg (6, d. i. 4 Perzent). Die
italienischen: Cividatort, Gajanzel, Posarelli und
Rubida (4, oder 10 Perzent). Man ersieht daraus,
daß das größte Beharrungsvermögen bei Familien
italienischer Herkunft war, zumal da auch die Abgänge
ziemlich gleichmäßig ersetzt wurden. Das Steuerbuch
von 1650 zeigt nämlich einen Zuwachs von 23, jene
von 1700 und 1750 weisen 20 und 16 neue italieni¬
sche Familiennamen auf. Weniger beharrlich war
jedoch die Nationalität dieser Italiener. Die meisten
Familien, welche in Laibach blieben, wurden in zweiter
oder dritter Generation germanisiert, einige wenige auch
slavisiert.

Die Mängel, welche meinen lediglich aus der
Herkunft der Namen abgeleiteten Resultaten anhaften,
sind mir nicht unbewußt. Die Identität gleichnamiger
Familien mußte schlechtweg angenommen werden, obgleich
mitunter noch nähere Untersuchungen erforderlich wären,
auf die Fragen nach der socialen Stellung der ein¬
zelnen Familien, nach den Ursachen des Verschwindens
und Wiederauftauchens einzelner Namen konnte hier

— 16 —

gar nicht eingegangen werden. All' dieses kann nur
der Lokalforscher thun, welcher den Quellen näher
steht und überdies mit den heimatlichen Familien¬
verhältnissen und deren Geschichte besser vertraut ist
als ich. Meine Aufgabe war lediglich, an einigen Bei¬
spielen zu zeigen, in welcher Art scheinbar fern ab¬
liegende Quellen zur Lösung wichtiger Probleme der
Ethnographie herangezogen werden können. Fällt meine
Anregung bei einem der Berufenen auf günstigen
Boden, dann ist der Zweck erfüllt, welcher mir bei
Abfassung dieses Vortrages vorgeschwebt hat.