Folge 103. (Seite 2157 bis 2188.) Blätter für den Abteilungsunterricht. nionatschrift zur Förderung des österr. Schulwesens. (Schriftleiter: Rudolf Peerz.) o o o o o o Inhalt: Seite 1. Ein Wort an die akademische Jugend .... 2157 2. Über die funktionelle Stimmschwäche (Phonasthenie) als Berufskrankheit des Lehrers .... 2159 3. Über Zeugenaussagen der Schüler................2161 4. Des Lehrers Takt und Schliff in der Gesellschaft 2162 5. Monatrüstung...................................2163 6. Das Mütterlein . . . •.........................2164 7. Lesefrüchte....................................2164 8. Die Reform des Rechenunterrichtes . . . . . 2165 9. Die experimentelle Pädagogik im Dienste des Abteilungsunterrichtes.............................2168 10. Ergebnisse der experimentellen Pädagogik und deren Umwertung, für die Praxis.....................2171 11. Kindesseelen — Himmelsgaben....................2172 12. Die Wechselrede................................2173 13. Skizzen aus dem Schulleben.....................2175 14. Randbemerkung zu Folge 82......................2176 15. Aus dem Tagebuche einer Dorfschullehrerin . . 2176 16. Ratschläge zur Vorbereitung für die Bürgerschullehrerprüfung ...........................................2177 17. Schulhumor ...................................2177, 2181 18. Die Berufswahl.................................2178 19. Briefkasten ...............................................2180 20. Gedankensplitter...............................2181 21. Kleine Mitteilungen............................2182 22. Durch Sachsen und Thüringen von Schule zu Schule 2183 23. Blätter für landw. Fortbildungsschulen . . . . 2185 24. Beurteilungen............................................ 2188 Verleg der Blätter für den Abteilungsunterricht in Laibach. — Druck von J. Pavlicek in Gottschee. Jährlicher Bezugspreis 6 K (6 Mk, 7 Frk.). . Schulbank - Spezialgeschäft, Stefan Walter Dludeiy, Vorarlberg. 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(In den Anzeigeteil werden nur Ankündigungen ausgenommen, für die die Güle her Ware erwiesen ift. Eü werden daher vor der Insertion entsprechende Erkundigungen eingeholt. Allfällige Beschwerden mögen sofort bekanntgegeben werden.) Mitteilungen der Verwaltung. 1. Album für Innendekoration. Der Ruf dieses Werkes als eines der inhaltsreichsten und gründlichsten der illustrierten Nachschlagebücher auf dem Gebiete der Wohnungsverschönerung mit Teppichen, Möbelstoffen, Stoff- und Spitzenvorhängen, Decken, Türfellen und sonstigen Kunstgegenständen ist so begründet, daß man über die neue Ausgabe nicht viel zu sagen hat. Das Album für Innendekoration ist in seiner heutigen Gestalt eine Übersicht über alles, was auf diesem Gebiete überhaupt gewählt werden kann. Die Firma Teppichhaus-Möbelhaus S. Schein, k. u. k. Hof- und Kammerlieferant, Wien I. Bauernmarkt 10—14, hat sich bereit erklärt, an unsere Leser und andere Interessenten auf Verlangen ein Exemplar dieses in ihrem Verlage erscheinenden Werkes gratis und franko einzusenden. (Angabe der Adresse auf Postkarte genügt.) 2. Für den Zeichenunterricht 1912/13. Der heutigen Nummer unseres Blattes liegt ein Prospekt Günther Wagner, Wien X/l, bei, der sich durch sein Äußeres besonders bemerkbar macht. Die rätselhaften Gestalten des Rattenfängers und des Stieres deuten auf die neue Modelliermasse „Nakiplast“, aus der sie von Kinderhand geformt wurden. Diese Modelliermasse ist sehr geschmeidig und besitzt dabei genügende Festigkeit, so daß alle Feinheiten leicht zu erzielen sind. „Nakiplast“ wird geliefert in: Graugrün, Rot, Blau, Gelb, Grün, Terrakotta und Weiß in runden und eckigen Stücken zu 18 und 36 Heller, in Päckchen von 1 kg, >/s kg und kg zu K 2 65, K 180 und K 1. Der reichhaltige Prospekt führt die weltbekannten Pelikan-Perl- und Ausziehtuschen in 19 Farbtönen vor. 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Schulwesens. eeiufl»nc6ü6r 6K (6 matf, Schriftleiter: »efchäftllche» ausschließlich 7$rt.)i»6tlld). flHnjelnum« an dt« „Verwaltung der mer 60 h (60 Pf, 70 ct). t? n h n I f Krrrt Blattet für den »ldiellung». Poftfparf. Str. 58.218. »t u v v i f f “*)• nnlerrichi In Laibach". Manuskripte und Bücher an die Schrlsllellmig der Blätter für de» Abtcllungiunterrlcht ln Laibach (Krain). Der Staat braucht jeden, auch den clvls Academicus. Dr. M. Rade. Gm Wort mt die aimdenlijche Jugend. Die Aufschrift mag sonderbar klingen. Was haben die „Blätter für den Abteilungs-unterricht1' mit der akademischen Jugend zu tun? Das soll dargclegt werden. — Als ich unlängst in einer großen Stadt Deutschlands einer Versammlung von Studenten anwohnte, merkte ich zu meinem nicht geringen Erstaunen, daß sich die jungen Herren weniger mit Bierkomment und himmelanstürmendcr Politik befaßten, sondern vielmehr mit der Erörterung von Wirtschaftsfragen, mit Angelegenheiten der verschiedenen Stände, mit den vitalsten Interessen des Volkes. Da ich meiner Verwunderung über solchen Wandel der Dinge Ausdruck verlieh, wurden mir Zweck und plan der eigenartigen Studententätigkeit erklärt, „tüir wollen", so hieß es, „unsere Iungmannschaft fürs Leben rüsten. Viele unter uns sind berufen, im Philistertum sofort in das politische Getriebe einzutreten. Sind sie nun nicht in die Belange der öffentlichen Wohlfahrt eingeführt, so verfallen sie entweder zahlreichen Verstößen oder dem Demagogentume. Zudem geht ihnen die Technik der freien Rede und jene der flotten Debatte ab. Dem wollen wir durch unsere Vortrags- und Diskussionsabende vorbeugen." — lind die Herren verstanden es trefflich. Einer der jungen Doktoren trat an den Vortragstisch und kennzeichnete die gegenwärtige politische Lage aufgrund der Reichstagsverhandlungen. An den formvollendeten Vortrag schloß sich eine lebhafte, durchaus sachliche Wechselrede, die einen erfreulichen Einblick in die Arbeit des Vereines gewährte. Aus dem Statute ersah ich, daß die Korporation ohne Rücksicht auf die Verbindungen und Burschenschaften alle Siudiosen umfaßte, denen es darum zu tun ist, in die Zukunft eine klare Aussicht zu gewinnen. Das Kappenmosaik störte die einheitliche Führung der Verhandlungen in keiner Weise. — In dem mir vorgelegten Programme fand ich neben den Vorträgen eines Wirtschaftspolitikers auch einen Kaufmann, einen Handwerker und einen — Lehrer vermerkt. Unwillkürlich fragte ich mich: Warum ist die Einrichtung nicht auch in Österreich getroffen worden? Warum wird bei uns in jungakademischen Kreisen nicht auch einmal der Lehrer gehört? — Und weiter fiel mir ein Erlebnis bei einem Festkommcrse in Wien ein: Ich kam neben einen „alten Herrn", der eine einflußreiche Stellung bekleidet, zu sitzen. Unter anderm floß das Gespräch auch auf die Notlage der Lehrerschaft. Sofort sprang die Phrase hervor: „Nun ja, die Herren Lehrer klagen wohl immer; ob es ihnen in der Tat so schlecht geht, wer weiß es. Und was soll man übrigens machen?" Ich nahm den Faden auf und spann ihn weiter. Zunächst kam ich mit festen Daten aus den verschiedenen Gehaltsschemen der peripherischen Aronländer. Da wurde das Gesicht meines Nachbars länger und immer länger. Vor allem ward die Notwendigkeit einer Staatsaushilfe klar. Damit war viel gewonnen. — Hierauf griff ich zur Durchführung des für meinen Nachbar ungewohnten Projektes über und kennzeichnete den circulus vitiosus: Der Herr Minister redet sich auf die Abgeordneten aus, die Abgeordneten auf die Wähler; diese hinwiederum weisen auf den Minister. Und so läuft die goldene Augel von Hand zu Hand, ohne ihr Ziel zu erreichen. Würde man die große Masse hinter sich haben, dann wagten die Abgeordneten was, dann erwirkten sie was; würde man in jenen Kreisen, in denen über das Schicksal von Berufsklassen entschieden wird, das rechte Verständnis finden, so rollte die Frage alsbald ins rechte Geleise; würde die Bedeutung der Volksschule den führenden Männern nicht bloß durch Petitionen sondern mit Statistik und Gegenstatistik durch Akademiker nahegerückt werden und den Herren, die ja durchwegs aus dem akademischen Leben hervorgegangen sind, der Volksbildungsgedanke in der Zeit der größten Aufnahmsfähigkeit eingeimpft worden sein: wahrlich, es stünde anders mit unserem Streben. Die Scheidewand, die heute den Lehrer vom Akademiker trennt, muß fallen, damit unsere Arbeit erblickt werde. Um die Würdigung braucht uns sodann nicht bange zu sein. Somit ist es nötig, daß sich allmählich ein Kontakt zwischen den zwei „Kasten" ergebe u. zw. nicht erst dann, wenn der „Dr." ins stille Städtchen einzieht und sogleich den Abstand merkt, sondern in der Zeit des Uberquellens der Gefühle, da man mit seinem Idealismus am liebsten die ganze Welt umarmen möchte. Darum ist nichts so warm zu begrüßen wie die eingangs geschaffene Studentenorganisation. Wie soll nun dieses „Wort an die akademische Jugend" wirken? Erstlings wird die vorliegende Folge der „Bl." an die österr. Studentenvereinigungen versendet werden; in zweiter Linie kann der Lehrer in der Zeit, da die Herren Studenten in die Serien ziehen, unendlich viel tun, wenn er auf die geschilderte Einrichtung verweist, wenn er seine Arbeit im Spiegel der Standespolitik zeigt, wenn er dem zukünftigen Abgeordneten, Hofrate und mehr, Bezirkshauptmanne, Richter usw. naherückt und ihn einen Blick in sein Wirken und in sein Weh tun läßt. Man sehe sich nur die politischen Parteien an! Sie buhlen um die Gunst der Iungmannschaft, weil sie wissen, daß damit ein Stück Zukunft erobert wird. Und der Erfolg bleibt nicht aus. Zur Zeit der Wahl schließen sich die akademischen Kreise und entscheiden gar oft über den Ausgang. Wer da glaubt, angesichts der höheren Studien sei die Kluft zwischen Akademikern und Lehrern nicht zu überbrücken, kennt die Studiosen nicht. Mögen auch einzelne mit ihrem Abiturium und den x Semestern hocherhobenen Hauptes an dem Manne vorüberstolzieren, dem es nicht vergönnt war, den Weg zur Hohen Schule zu nehmen, — der Hauptteil ist anders: er würdigt das Werk des Volksschullehrers, wenn er es einmal kennt. So laßt es ihn sehen! — Zum Schluffe noch etwas: Wird der Betrieb des bürgerkundlichen Unterrichtes es allein vermögen, unsere Lehramtskandidaten für das politische Leben auszureifen? In Deutschland hat man an der Hochschule mit dem Büchlein nicht sein Auskommen gefunden und daher die dargelegte Institution geschaffen. Wie wär's, wenn unsere zukünftigen Kollegen im letzten Stadium ihrer Ausbildung ein paar ernste Worte über Standesinteresse und allgemeine Wirtschaftspolitik hörten? — Nachbemerkung. Das vorstehend erwähnte Programm weist folgende Vortragsordnung auf: 1. „Politischer Idealismus". Dr. K. G. — 2. „Handwerkerfragen". Magistratsrat Hafnermeister A. E. — 3. „Lehrerfragen". Lehrer A.'L. — 4. „Staatsbürgerliche Erziehung". Prof. Dr. H. D. — 5. „Arbeiterfragen". Monteur A. — 6. „Mittelstandsfragen". Landtagsabgeordneter Dr. Sch. — 7. „Die Probleme kolonialer Expansion". Univ.-Prof. Dr. E. — 8. „Politische Schlagworte". Univ.-Prof. Dr. H. — 9. „Wahlrechts-fragen". Llda Gustava H. u. a. — In Aussicht genommene Besichtigungen: 1. Ein Warenhaus, 2. ein Obdachlosenheim, 3. eine Gefängnisanstalt, 4. ein Arbeitsamt, 5. ein Konsumverein. — An den Vereins-abendcn finden ferner Erörterungen über wichtige Tagesereignisse statt. Über die funktionelle Stimmschwäche (Phonasthenie) als Berufskrankheit der Lehrer. Von Karl C. Rothe, Volksschullehrer in Wien. (Schluß.) Noch eine Krankengeschichte aus dem genannten Werke möge als Abschluß dieser Betrachtung dienen, ehe wir zur Behandlung und Verhütung der Phonasthenie übergehen: „Lehrer J . . . g. 44 Jahre. Mittelgroßer, magerer Herr von gesundem Aussehen. Vor 4 Jahren erste Beschwerden im Anschlüsse an besondere Unterrichtsanstrengungen. ,Ich mochte nicht mehr laut und lange sprechen, spürte Kratzen und unwiderstehliche Müdigkeit, keine Schmerzen.“ Später Druckgefühl, als ob der Hals angeschwollen sei, was sich während und nach dem Unterrichte steigerte. Morgens nach dem Schonen war es besser. Die erste Stunde ging noch, die zweite und dritte nur unter Anstrengung und Qual und unter Einschränkung des Sprechens. ,Ich suchte die Kinder still zu beschäftigen. Auch während der großen Ferien blieben die Erscheinungen nicht fort, trotz äußerster Schonung Sprechunlust, ja Furcht vor dem Sprechen.“ Ein Urlaub schien Besserung zu bringen. Nach 14 Tagen des Unterrichtens derselbe Zustand, so daß, zumal mit dem Eintritt kühler Witterung, der Unterricht bereits ganz ausgesetzt werden mußte. Vor drei Jahren laryngologische Behandlung. Es wurde chronischer Katarrh diagnostiziert und durch Inhalationen und Nasenspülungen behandelt — außerdem über ein Quartal lang Enthaltung vom Unterrichten erwirkt. Vor zwei Jahren Wiederbeginn des Unterrichtens ohne die geringste Besserung — besonders Druck, Trockenheit, Ermüdung und äußerste Sprechunlust. Es konnte denn nur ein Teil der Berufsaufgaben erfüllt werden. Trotz erheblicher Verminderung der Stundenzahl andauernde Ermüdung. Vor 1 Vs Jahren erneute Behandlung seitens eines angesehenen Laryngologen durch vier Wochen, danach Inhalationskur in einem Solbad. Hierauf vor etwa einem Jahre, da er sich im ganzen frischer und gestärkt fühlte, versuchte er wieder zu unterrichten und zwar, wie er besonders angibt, gegen den Rat seiner Angehörigen und seiner Vorgesetzten. Der Versuch mißlang wieder, die Ermüdung stellte sich wieder ein. Jetzt begann eine elektrische Lokalbehandlung, nachdem zwischendurch auch noch verschiedene hydropathische Prozeduren versucht wurden. Seit einem halben Jahre hat er keine Unterrichtstätigkeit mehr versucht und will jetzt den Beruf aufgeben.“ (Aus dem genannten Werke Flatau’s, Seiten 23—24.) Da die funktionelle Stimmschwäche durch Mißbrauch des Organes, sehr häufig besonders durch Gebrauch einer zu hohen Stimmlage hervorgerufen und erhalten wird, so hat die Behandlung die Sprache oder den Gesang zu korrigieren. Wie die Hydrotherapie und Orthopädie ist auch die Behandlung der Phonasthenie durch Laien begründet worden. Noch heute glauben Gesangslehrer durch ihre Methode kranke Stimmen heilen zu können. Wenn sie auch sicher in manchen Fällen Erfolg haben, so ist denn doch die Behandlung durch einen tüchtigen Arzt, den Sprach- und Stimm-arzt, unbedingt vorzuziehen. Man darf nicht vergessen, daß außer sprachphysiologischen Kenntnissen, noch psychologische und medizinische nötig sind, um diese Krankheit zu heilen. Es können Komplikationen eintreten, denen nur ein Arzt gewachsen ist. Im Interesse des Schuldienstes ist daher dringend der Ruf nach Schulärzten zu erheben. Der Schularzt muß allerdings auch sprachärztlich gut und zwar theoretisch und praktisch ausgebildet sein. Er wird nicht nur die beste Gelegenheit haben, die — bis zu einem gewissen Grade heute noch keineswegs vollständig geklärte — Phonasthenie genau zu erforschen, sondern auch durch rechtzeitige und zweckmäßige Behandlung der Berufskrankheiten des Lehrers die allzuvielen Supplierungen wegen phonasthenischer Leiden zu beheben. Über die Behandlung der Phonasthenie hier eingehender zu sprechen, hat wohl wenig Wert. Der Patient muß vom Neuen sprechen lernen. Hier kann man nun bemerken, wie sehr noch — auch in Lehrerkreisen — alles Heil von Medizinen erwartet wird und der Arzt, der nicht ein Tränklein verordnet, sondern die Sprache des Patienten korrigieren will, das Vertrauen des durch die bisherigen Kuren enttäuschten Patienten nicht leicht gewinnt. So beobachtete ich einen interessanten Fall. Einem Kollegen wurde vom Spracharzte empfohlen, einen vierwöchigen Urlaub zu nehmen und sich der speziellen Behandlung seiner Phonasthenie zu unterziehen. Dazu konnte er sich nicht entschließen und mußte bald darauf einen sechswöchigen Urlaub antreten, von dem er — zwar ein wenig gebessert — aber keineswegs dauernd geheilt zurückkam. Wenden wir uns der Verhütung dieser Krankheit zul I. Häufig spricht der Lehrer im Dienste in einer unnötig hohen (oder unnötig tiefen) Stimmlage; es ist darauf zu achten, daß in der am wenigsten anstrengenden natürlichen Stimmlage gesprochen wird. II. Der harte Einsatz ist unbedingt zu vermeiden. Dieser harte Einsatz wird sehr leicht angewendet, wenn der erregte Lehrer zu schelten beginnt. Das Anschreien (beim Unterbrechen des Unterrichtes) geschieht stets mit zu hoher Stimmlage und mit hartem Einsätze. Wie eine Bombe in das überraschte Lager des Feindes einschlägt, platzt der Anruf des durch irgend eine Störung erregten Lehrers in die Klasse hinein und mit Macht ausgestoßene Schallwellen schlagen kräftig an die Ohren der Schüler. Wollen wir den weichen Einsatz schriftlich wiedergeben, so dürfte er folgenderweise noch am verständlichsten sein: a a a ä ber Die Stimme fängt piano an und schwillt allmählich zu größerer Kraft an. Der harte Stimmeinsatz wäre so zu schreiben: aber, das a ist kräftig betont und wird mit voller Stimmstärke begonnen. Wird der harte Stimmeinsatz wiederholt angewendet, so entsteht eine bellende, abgehackte Sprache, die — vom hygienischen Standpunkt ganz abgesehen — äußerst unangenehm klingt. III. Genaue Artikulation erhöht die Deutlichkeit der Sprache viel mehr als Schreien. Wenngleich man auch leise und doch deutlich sprechen kann, wenngleich der erfahrene Lehrer durch eine angemessene Tonschwäche die Disziplin erhöhen kann, ist es doch aus mehrfachen Gründen unbedingt zu tadeln, wenn Lehrer so leise sprechen, daß auch bei größter Stille der zuhörende Schüler nur mit angestrengter Aufmerksamkeit den Worten des Lehrers folgen kann. Wird man gezwungen, einem derartig „sich schonenden“ Sprecher zuzuhören, so ermüdet der Hörer sehr rasch, dadurch wird aber gerade auch die Aufmerksamkeit geschwächt und nur besondere Disziplinarmittel, wie strenge Klassifikation u. a. m., erzwingen die Ruhe auf die Dauer. Wie soll der Schüler den Inhalt der Worte des Lehrers aufnehmen und verarbeiten, wenn er mit höchster Aufmerksamkeit die Wortklänge nur mit Mühe wahrnehmen kann? Ich schreibe dies auf Grund besonderer Beobachtungen nieder. IV. Klare Vokalisation trägt ebenso zur Schönheit als Hygiene des Sprechens bei; Überwiegen der Konsenantengeräusche klingt äußerst störend und häßlich. Man höre nur einem „Festredner“ zu, der in längerer Rede Konsonantengeräusche im Übermaß entwickelt! Ist das noch die deutsche Sprache? Da schwirrt, zischt, braust und brodelt es und die Konsonanten jagen und hetzen sich und stolpern übereinander! Man glaubt sich in einem Fabrikssaal mit undichten Dampfrohren! Die Vokale geben der Sprache Kraft und Schönheit, sie dürfen daher nicht unterdrückt werden. Die Schönheit des Gesanges beruht auf einer — natürlich nicht übertriebenen — Vokalisation und nicht vordrängendem, aber auch nicht verschwindendem Konsonantengeräusche. Eine schöne Aussprache ist auch eine hygienisch vorteilhafte. V. Muß der Lehrer (dasselbe gilt auch für den Schüler) im Elementarunterrichte Wörter besonders deutlich, laut und lang aussprechen, so tue er es mit weichem Einsätze, also piano beginnend. VI. Vermeidung von Fehlern gegen die allgemeine Hygiene ist selbstverständlich auch notwendig. (Z. B. erhitzt in kalte Luft gehen, erhitzt kaltes Wasser trinken, Übermaß im Rauchen, Alkoholmißbrauch). Die elende Schulstickluft, die noch immer fast in jeder Schulklasse zu finden ist, schädigt den Lehrer ebenso wie die Schüler. Wird vom Herbste angefangen für gründliche Lüftung, für Ventilation auch während des Unterrichtes gesorgt, so werden Schüler und Lehrer gleichzeitig abgehärtet und das Ventilieren auch während der kalten Jahreszeit ohne Verkühlung ertragen. Im eigensten Interesse kann ich jedem Lehrer die Anschaffung einer Pe-rolinspritze empfehlen. Zum Aufspritzen verwende ich mit besten Erfolgen eine Mischung aus I. Latschenöl -j- Alkohol (1 : 1), II. Terpentin (geruchloses), III. Perolin + Wasser. Ich habe den wohltätigen Einfluß dieser Luftverbesserungsmittel besonders gut empfinden können nach Abenden, an denen ich mich in rauchigen Lokalen aufgehalten und selber stärker als sonst geraucht hatte. Ebenso günstig wirkte dieses Mittel an nebelreichen Wintertagen. E. Barth empfiehlt in seinem trefflichen Werke: Einführung in die Physiologie, Pathologie und Hygiene der menschlichen Stimme (Leipzig 1911, G. Thieme) neben einer vernünftigen Anwendung der Sports noch die Abhärtung. Wer sich vor Katarrhen und Indispositionen bewahren will, möge täglich in der Früh ein sogenanntes Schwammbad nehmen, sich also mit kaltem Wasser den ganzen Körper abspülen, dann mit einem Frottiertuch nicht nur trocken, sondern warm reiben und hierauf eine Reihe von einfachen Zimmerturnübungen ausführen, also z. B. „mtillern“. (Mein System 15 Minuten täglicher Arbeit für die Gesundheit von J. P. Müller. Auslieferung in Deutschland: K. E. Köhler.) Zu verhüten ist beim Heizen das zu starke Austrocknen der Luft; also Anfeuchten der Luft durch auf die Heizung gestellte Gefäße mit Wasser, durch Aufhängen angefeuchteter Tücher, durch Benützung einer Zerstäuberspritze. Über Zeugenaussagen der Schüler. Ein Beitrag zum Kapitel „Schülerzeugnisse im Gerichtssaale“ von Rektor Dammin, enthalten im Märzhefte 1912 der Pädagogischen Warte in Osterwieck. An einer Reihe von Vorkommnissen aus dem Leben weist der Vortragende nach, wie unzuverlässig Schüleraussagen über Erwachsene sind; und dennoch entscheiden dieselben häufig über das Wohl und Wehe eines Menschen. Dozent Dr. Stern in Breslau hat ein Reihe experimenteller Versuche an Erwachsenen und Kindern vorgenommen und Sinnestäuschungen, Gedächtnisfehler, Verschiedenartigkeit der Auffassung (bei Erwachsenen) usw. waren bei Erwachsenen an der Tagesordnung. Wie erst bei Kindern I , Auch äußere Umstände und unklare Fragen sowie Suggestivfragen beeinflussen oft ungünstig die Aussagen der Unmündigen. Der Vortragende knüpft an seine Ausführungen die Forderung, die Schüler sollen erinnerungspädagogischen Maßnahmen in allen Unterrichtsfächern unterworfen sein; auch sollten sie auf die hohe Bedeutung des Eides hingewiesen werden. Zudem mögen die Lehrer mit den Richtern in der Angelegenheit in Verbindung treten, was ja im gesellschaftlichen Leben kleinerer Städte sich leichter durchführen läßt. Eingesendet von J. C. Des Lehrers Takt und Schliss in der Gesellschaft. 20. Pie Kabel d'ijote. Schon das Wort krabbelt einem Sterblichen mittlerer Kategorie wie Geisterspuk über den Nucken. Ein garstiges FremdwortI Wir übersetzen es mit dem Ausdrucke „Gemeinsamer Tisch" ins Deutsche. Nun wird die Sache mit eincininale harmloser. Den gemeinsamen Tisch finden wir in der Familie, bei der Studentenmutter, im Pensionat und anderwärts. Warum sollte er nicht im Gasthofe oder in der Familienpension Geltung haben? Es speist und plaudert sich doch besser, wenn ein Moment der Zusammengehörigkeit obwaltet. Zudem gibt es oft praktische Gründe, die zu der Einrichtung drängen. So läßt sich beispielsweise in entlegenen Sommerstationen nicht täglich eine abwechslungsreiche Speiseliste aufstellen. Da ist es nun am besten, ein gemeinsames Mahl- zu bereiten und hiebei dem Geschmacke der Gäste nach Möglichkeit Rechnung zu tragen. Damit wird dem Aufwärmen von Speisen und magenverderbenden Rückständen vorgebeugt; man hat immer Frisches vor sich und dieses verhältnismäßig billig. Wer demnach die übelbeleumundete Gasthausküche mit ihren verdächtigen Tunken und antiquarischen Braten meiden will, fragt sogleich: „Kann man hier am .gemeinsamen Tische' speisen, bezw. gibt es eitte tadle d’hote?" Scheut man Hiebei die Gesellschaft, so läßt man sich ein Menu geben. Man bekommt diesfalls sein gesondertes Essen aus der tadle d’ hote heraus. Menschenhasser mögen sich damit in eine Ecke knurren; wer jedoch gelegentlich seiner Wanderschaften einen Blick in die Welt tun und was lernen will, setzt sich keck zum langen Tische und riskiert den festgesetzten Preis. Da in vielen Fällen ausschließlich das gemeinsame Mahl möglich ist, muß hier der für dasselbe geltenden Gesellschaftsregeln gedacht werden. — Zuvörderst heischt die tadle d’ hote ein besseres Kleid. Die Forderung ist gerecht. Dem Essen soll das Profane dadurch genommen werden, daß man der geistigen Unterhaltung durch die Gewandung Rechnung trägt. Dieses Moment bestimmt den ganzen Verlauf. Man bestrebt sich, so wenig als möglich, das Eßgeschäft zu verraten. Darum lugt man nicht neugierig nach jeder neuen Speise aus, darum wendet man sich ab, so der Nachbar seinen Teller füllt, darum spricht man nicht mit vollem Munde. — Es ist nicht erlaubt, einen beliebigen Platz zu wählen; vielmehr muß gewartet werden, bis ein bestimmter Stuhl angewiesen wird. Man setzt sich, sobald die Mehrzahl, insbesondere die Damenwelt, sich niedergelassen hat. Sodann rückt man ein, sich vor dem Gegenüber und den beiden Nachbarn verbeugend. Steht eilt Beisammensein durch längere Zeit in Aussicht, so läßt man sich der Tischgesellschaft durch den Hauseigentümer vorstellen oder geht die Runde ab und nennt Stand und Namen. Der Name allein wird selten richtig gehört; darum setzt man das Amt bei. Wer sich dessen schämt, ist ein armer Wicht. In unserem Stande gibt es solcher gerade genug; sie vermeiden es ängstlich, als das zu gelten, was sie sind. Und da soll es mit dem Ansehen besser werden! — Der tadle d’ hote-Unkundige erstaunt zunächst über das reiche Besteck und es wird ihm bange, das rechte zu wählen. Beim ersten Gange, bei der Suppe, wird er es noch treffen und nicht die Gabel statt des Löffels nehmen; dann aber beginnen die Zweifel. Die zweite Folge bringt Fisch. Wie soll er analysiert werden? Mehr schabend als schneidend! Man extrahiert ein Stück vom Kadaver u. zw. mit kluger Berechnung, wie groß das Quantum mit Bezug auf die Teilnehmerzahl sein dürfe. Sodann legt man das Besteck in die Tasse zurück und wendet sich der Vertilgung des Portiönchens zu. Es wäre überaus schlimm, wenn man zum Herausholen aus der Tasse das eigene Eßbesteck benützte oder das zur Tasse gehörige zurückbehielte. Zur Fischspeise gehören eigene (kleine) Messer mit stumpfer, aufwärts gebogener Schneide; sie liegen meist vor dem Teller. Hat man abgegessen, so legt man das Besteck kreuzweise in den Teller mtfa spricht mit dem Nachbar, jedoch erst dann, wenn er auch zuende ist. Selbstverständlich darf der Gesprächsstoff nicht die Speise betreffen. Die Umgebung des Ortes, die Erlebnisse auf der Reife, die Frage nach Partien gibt doch Anhaltspunkte genug; im allerletzten Falle muß das „Wetter" heran. Ein zweitesmal nimmt man von ein und derselben Speise nur dann, wenn hinreichend vorhanden ist und wenn man anfangs zu bescheiden war. Freilich sieht man zuweilen die Tasse mit den leckeren Bissen mit Wehmut entschwinden; allein, was hilft es, man muß sich meistern können! Und zudem sind ja noch zum mindesten drei Speisen zu erwarten; also ist dem Verhungern vorgebeugt. — Der dritte Gang, der dritte Teller, das dritte Besteck! In der Regel gibt es als Nr. 3 einen Braten. Die Stücke sind entsprechend der Anzahl der Personen aufgeteilt. Ein flüchtiger Blick muß entscheiden, ob man ein Stück oder zwei Schnitten nehmen darf. Ist man unsicher, so bescheidet man sich mit dem kleinen Ausmaße und wartet, ob beim Nachserviereu noch etwas abfällt. Für daS Kompott ist ein eigener kleiner Teller rechts; man füllt ihn je nach Quantität des Ganzen, verzehrt aber diese Beigabe erst dann, wenn man mit Braten und Salat zuende ist, indem man das Tellerchen (aus Glas) mit der linken Hand vor sich hält, um das Verschütten des Saftes zu verhindern, und mit einem kleinen Löffel die Süßigkeit zum Munde führt. — Ist die Mehlspeise nicht verteilt, so studiere man die Geometrie des Gebildes und dividiere durch die Anzahl der Personen. — Den Schluß der Mahlzeit bildet zumeist Obst. Man schält nicht den ganzen Apfel, um dann Stück für Stück herabzuschneiden, sondern schneidet die Kugel mit dem „Obstmesser" (metallener Glanz, stumpf) in vier Teile und unterzieht jeden derselben einer gesonderten Behandlung. Die Butter wird auch nur bissenweise aufgestrichen, desgleichen der Käse stückweise genossen. Es soll niemals der Eindruck einer rationellen Vorbereitung zu einem ausgiebigen, ununterbrochenen Essen erweckt werden. — Ist die Tafel zuende, so lege man das Mundtuch (die Serviette) zusammen, warte, bis der Tischvberste sich erhebt und verbeuge sich zu seiner Nachbarschaft mit dem üblichen „Mahlzeit I" — Der gemeinsame Tisch mag in der Regel höher zu stehen kommen als das Speisen nach der Karte (a lä carte); aber im Falle, als man ihm nicht entwischen kann, suche man nicht Ausflüchte und gebärde sich nicht ängstlich. Unser Stand hat mit Vorurteilen verschiedenster Art derart zu kämpfen, daß wir jede Gelegenheit vermeiden müssen, dieselben zu vergrößern. Der „arme" Lehrer soll am wenigsten dort in Erinnerung gebracht werden, wo sich die Nobelwelt zusammenfindet. Man gibt uns nichts für unsere Not als ein mitleidiges Lächeln; und auf dieses sollten wir wahrlich verzichten können. — Wonatrüstung? Juki. 1. Monatsbilder aus den Aussatzheften der Schüler. (F. 54, Jahrg. 1908, S. 667.) 2. Die Rikli- (Sonnen-) kur für Geschwächte und Blutarme. (F. 54, Jahrg. 1908, S. 673 und F. 55, S. 697.) 3. Des Lehrers Takt und Schliff in der Sommerfrische. (F. 65, Jahrg. 1909, S. 1012.) 4. Der Schulgarten im Juli. F. 66, Jahrg. 1909, S. 1025 und F. 91, Jahrg. 1911, S. 1775.) 5. Ferienlektüre. (F. 67, Jahrg. 1909, S. 1040 und F. 68, Jahrg. 1909, S. 1071.) 6. Der Lehrer als Bienenzüchter. (F. 67, Jahrg. 1909, S. 1052.) 7. Bauernregeln als Diktatstoffe. (F. 68, Jahrg. 1909, S. 1067.) 8. Gedenktage im Juli. (F. 91, Jahrg. 1911, S. 1755.) 9. Die Ferienrüstung in F. 91, Jahrg. 1911, S. 1758, lautet: Ioröemcrllung: Erholung des Körpers, Erholung des Geistes! Mit dieser Losung schließen wir die Schultüte. Wer zehn Monate hindurch seine ganze Kraft eingesetzt hat, muß zunächst darauf bedacht sein, die körperliche Frische wieder zu erlangen. Darob darf der geistigen Labe nicht vergessen werden; sie stärkt nicht nur das Denken, sondern träufelt auch neue Hoffnung in das Gemüt. Darum haben die „Bl." allenthalben das vom Büchermärkte vorgeführt, was in die Stube des Lehrers Eingang finden und ihn erquicken sollte. Im Nachfolgenden werden die einschlägigen Abschnitte in Erinnerung gebracht. 1. Was könnte ich zu meiner allgemeinen Fortbildung unternehmen? (Auszug 1904—1906, 3. Aufl., S. 128. — Jahrg. 1909, S. 1033. — Jahrg. 1911, S. 1681.) 2. Welche gesellschaftlichen Regeln werde ich bei meinen Ferienreiseu zu beobachten haben? (Auszug 1904-1906, S. 171 bis 175. - Jahrg. 1909, S. 888, 1012, 1106, 1210. — Jahrg. 1910, S. 1437, 1522. — Jahrg. 1911, S. 1644.) 3. Sollte ich mich nicht zur Bürgerschullehrerprüfung rüsten? Welche Fachgruppe könnte ich wählen? Wie soll ich das Studium beginnen, mit welchen Büchern? (Auszug 1904—1906, S. 175. — Auszug 1907, 4. Aufl., S. 94 bis 103. — Jahrg. 1908, S. 539, 565, 593, 623, 642, 664, 694, 714, 757, 768, 821. — Jahrg. 1909, S. 852, 920, 983, 1044, 1133, 1211. — Jahrg. 1910, S. 1354, 1559.) 4. Ich bin ein Werdender (Absolvent der L. B. A.): Wo sind die Muster, die ich nachahmen soll, wo die Gestalte», von denen man sich abwendet? (Auszug 1904—1906, S. 182 bis 186. — Auszug 1907, 5. 109. — Jahrg. 1908, S. 543, 562, 590, 618, 643, 688, 729, 742, 766, 790, 668, — Jahrg. 1909, S. 1 Alle angeführten alten Jahrgänge der „Bl." können durch die Verwaltung der Blätter für den Abteilungsunterricht in Laibach bezogen werden. 843, 924, 989, 1070, 1139, 1209, 845, 954, 1048, 1088, 1207, 1108. — Jahrg. 1910, S. 1273, 1356, 1358, 1444, 1466, 1496.) 5. Was könnte ich während der Ferien zur Förderung des Volkstums unternehmen? (Auszug 1907, 4. Aufl., S. 60 bis 65.) 6. Was könnte meine Stellung im Volke festigen? (Jahrg. 1908, S. 581, 637, 685, 709, 880, 943.) 7. Worauf habe ich bei meiner Lebensweise zu achten? (Jahrg. 1908, S. 827, 541, 569, 589. — Jahrg. 1909, S. 855, 900, 955. — Jahrg. 1909, S. 964. — Jahrg. 1910, S. 1385.) 8. Wie kann ich mich körperlich starken? (Jahrg. 1908, S. 673, 697, 726, 830. — Jahrg. 1909, S. 1023. — Jahrg. 1910, S. 1385. — Jahrg. 1911, S. 1601.) 9. Welche Verbesserungen könnten am Schulhause vorgenommcn werden? (Jahrg. 1909, S. 976, 1004.) 10. Wie werde ich einen Elternabend veranstalten, was werde ich bieten? (Jahrg. 1909, S. 917, 958, 1117, 1201. — Jahrg. 1910, S. 1233, 1262, 1292, 1319. — Jahrg. 1911, S. 1619, 1639.) 11. Worauf habe ich bei der Vorbereitung für die Lehrbefähigungsprüsung (Volksschulen) zu achten? (Jahrg. 1909, S. 879, 911, 1019, 1067, 1181, 1205. — Jahrg. 1910, S. 1547. — Jahrg. 1911, S. 1610.) 12. Soll ich für de» Unterricht Ansichtskarte» sammeln? Wie kann ich sie verwerten? Wie komme ich leicht zu diesem Lehrmittel? (Jahrg. 1910, S. 1327, 1469.) 13. Jnwiefcrne könnte ich mir während der Ferien einen Nebenverdienst verschaffen? (Jahrg. 1910, 5. 1545.) ______ Das Ulütterlein. Strahlt dir ein Leitstern noch im Leben, Ist eine teure Mutter dein, Dann hat ein König dir gegeben Des Reiches schönsten Edelstein. O, fleh’ ihn an, den Herrn der Welten: „Hör' mein Gebet, o Schöpfer an. Du magst, weil ich zu schwach, vergelten, Was mir das Mütterlein getan!“ Der Mutter Liebe ist die größte, Sie ist so groß wie eine Welt; Seit deinem ersten Wiegenfeste Die Liebe bei dir Wache hält. Es hat in bangen Herzensschlägen Für dich die Mutterbrust geklagt, Es hat auf dornenvollen Wegen Ein Lächeln dir dein Glück erjagt. Die Mutter nur, die dich geboren,, Bereitet dir dein Erdenglück; Hast du das Mütterlein verloren, Kehrt Mutterlieb’ nie mehr zurück. Drum lerne diese Liebe fassen, Solang sie noch in Blüte steht. Wenn liebe Mutterwangen blassen, Ist Gegenliebe schon zu spät. Hat man dein Glück zu Grab getragen Und ruht es auch schon manches Jahr, Du wirst noch immer ... immer klagen: „Ich weiß, was mir die Mutter — war.“ Originalbeitrag von Hans Polaczek. Lesefrüchte. Eingesendet von der Fachlehrerin J. Cernivec, Wien. 1.) Zur Arbeit, Lieb’ und zur Veredlung ward das Leben uns gegeben. Fehlen die, was hat der Mensch am Leben?.Hat er sie, was fehlt ihm? Worüber wollt er klagen? 2.) Je unwilliger, hartnäckiger, träger das Menschengeschlecht ist, desto mehr tut es sich selbst Schaden; diesen Schaden muß es tragen, büßen und entgelten; desto später kommt es zum Ziele. 3.) Sich allein kann kein Mensch leben, wenn er auch wollte. Die Fertigkeiten, die er sich erwirbt, die Tugenden oder Laster, die er ausübt, kommen in einem kleineren oder größeren Kreise anderer zu Leid oder zur Freude. 4.) Geht ein Mensch von hinnen, so nimmt er nichts als das Bewußtsein mit sich, seiner Pflicht, Mensch zu sein, mehr oder minder ein Genüge getan zu haben. Alles andere bleibt hinter ihm, bleibt den Menschen. Der Gebrauch seiner Fähigkeiten, alle Zinsen des Kapitals seiner Kräfte, die das ihm geliehene Stammgut oft hoch übersteigen, fallen seinem Geschlechte anheim. Die Reform des Rechenunterrichtes. 7. Randbemerkung zu Folge 96. Folge 92 brachte im Abschnitte „Bodenständiger Unterricht“ einige beachtenswerte Sätze für das elementare Rechnen u. a.: Nur ein einziges Veranschaulichungsmittel, sofort die Zahlenreihe schaffen, keine Individualbehandlung der Zahlen. In Folge 96 wird nicht mit Unrecht betont, daß heutzutage vielfach die äußere, sinnliche Anschauung im Rechenunterrichte auf Kosten der innerlichen in den Vordergrund gestellt werde. Ich sage noch mehr: Unser Rechenunterricht krankt eben am anschaulichen Zählmechanismus; vom begrifflichen, denkenden Rechnen ist meistenteils kaum die Rede. „Die Kinder sollen denkend rechnen und rechnend denken lernen,“ sagt Professor Ernst Tillich, ein Schüler unseres Altmeisters Pestalozzi. Dazu sind Zahlenbegriffe notwendig. Wie wähnt man solche den Kleinen beizubringen? Man zeigt dem Kinde 3 Äpfel, 3 Nüsse, 3 Pudelmützen, macht 3 Striche, 3 Kreuzlein und ein famoses Zahlenbild an die Schultafel, das alles und manchmal noch mehr soll zu dem Begriffe der „Zahl 3“ hinführen. Fehlgeschossen! Man geht, wenn ich so sagen darf, von der Anwendung aus und vergißt dabei, daß die verschiedenen Teilanschauungen, wie Farbe, Form, Stoff, Geschmack usw., in der Kindesseele Erinnerungen wachrufen, die mehr ablenken als vertiefen und die Vorstellung von der Zahl eher trüben als klären. Das Kind hat zwar 3 Äpfel, 3 Nüsse, drei Punkte im Rechteck u. dgl. wahrgenommen, aber nicht das Verhältnis erfaßt, das sich in der Zahl „drei“ ausspricht. Forderung: Ein einziges, in jeder Hinsicht zweckdienliches Veranschaulichungsmittel! Aus der schier unübersehbaren Menge solcher, ist es schwer, die richtige Wahl zu treffen. Mir ist nur eines als gut bewährt bekannt, das ist der Rechenkasten des obgenannten Professors Ernst Tillich. Seine Vorzüge gegenüber anderen Hilfsmitteln sind: 1. Die Einfachheit. Die Stäbe zeigen nur so viel Merkmale, als zur Bildung von Zahlenbegriffen notwendig sind, nämlich eine gewisse Menge von Einsen und eine Größe. 2. Jede Zahl ist sowohl als Zusammensetzung aus Einsen (Menge) als auch als körperliches Ganzes erkennbar (Größe), so daß das Kind ohne Abzählen jede Zahl als einzige Anschauung erfassen lernt. 3. Das Größenverhältnis und die Rangordnung jedes einzelnen Stäbchens wird durch das räumliche Übereinander am besten dargestellt und begriffen. In den Hohlstäben ist ein vorzügliches Mittel zur Veranschaulichung des Messens gegeben. Warum ist Tillichs Rechenkasten so wenig verbreitet? Je nun, weil eben die Arbeit mit der „patentierten“ russischen Rechen-, pardon Zählmaschine, dem bequemen Lehrer von „Kindesbeinen“ bekannt ist und weil wir Lehrer uns von „altehrwürdigen“ Dingen schwer trennen können. Ich will diese Ansicht nicht für infallibel gehalten wissen; doch kennt meine Wenigkeit bis jetzt kein Rechenhilfsmittel, das dem Tillichschen Rechenapparate an Güte gleich käme, geschweige denn erst ihn überträfe. Nun zum äußeren Lehrgang im elementaren Rechenunterrichte. Hier weist die Rechenliteratur drei Typen auf: Knilling, Grube und Hentschel. Besehen wir unsere Rechenbücher (Mocnik, bearb. v. Kraus-Habernal) näher, so finden wir im 1. Schuljahre Grubes monographische Methode (1842), im Hunderterraum Dagotts verbesserten Lehrgang als Grundlage. Ich fühle mich nicht berufen, an diesen Lehrgängen nähere Kritik zu üben, verweise aber darauf, daß sie dem Grundsätze „vom Leichten zum Schweren“ nicht entsprechen. Nach dem Lehrgänge Hentschels, der von Dittes der „ausgezeichnete Methodiker“ genannt wird und nach dessen Muster viele in Deutschland in Verwendung stehenden Rechenbücher angelegt sind, arbeitete der kürzlich verstorbene Rechenmethodiker Se- minarhauptlehrer Hermann Bräutigam in Bielitz einen auf langjähriger Praxis beruhenden Lehrgang aus, der die Kinder in den denkbar kleinsten Schritten vom Leichten zum Schweren führt. Bräutigam verwirft die Individualbehandlung der Zahlen und verwendet ausschließlich Tillichs Rechenstäbe als Veranschaulichungsmittel. Er entbehrt auch gern den „vielbesungenen natürlichen Rechenapparat“, die Finger, er braucht keine Punkte, Striche und Kreuze, er arbeitet auch ohne Zahlenbilder. Nachdem ich bereits das 5. Jahr an der einklassig-gefeilten Schule nach Bräutigam gearbeitet habe, muß ich gestehen, daß auf solche Weise die Kinder spielend viel weiter gebracht werden als durch den Lehrgang, den unsere Rechenbücher festhalten. Einige Beispiele als Beleg: 1. Schuljahr: Übung (8. XII. 1911). l-(-2= 6 — 4= 1+3 + 2= 4 = 2 + . 3 = 5 — . 2 = 6 — 3 — . 3+3= 5-2= 2+3+1= 6=3+. 1=6—. 1=5—2—, 2+4= 6—5= 6—4—1= 5=1+. 4=5-. 6=2+2+. 1+5= 5—4= 6—5—1= 5=3+. 2=6—. 5=1+2+. Übung (Juli). 5 + 3:4 + 8 — 7= 4 X 2 - 5 + 7 :5 X 2 - I + 5 = 6 - 4 X 2 :4 + 5 = 9 — 7 X 2 : 4 + 7 : 4 X I - 2 = 6 : 3 + 3 X 5 — 4= 10:5 + 7 — 4X2:10 + 2X2 = 4X2 — 4:2 + 7= 3 + 5 : 4 X 1 - I + 7 -2 : 3 = 7X2 — 6:4 + 9= 5 X 3 - 6 + 7 : 8 X 6 - 4+ 9 = 6:3X9 — 9 + 7= 12-8X5:4 + 9:7X9-9 = 12 — 8 + 6X2: 5= 20:5 + 7 — 4X2:2 + 6 — 9 = 7 + 9 : 8 X 7 — 6= 12 + 8:2 — 4X3 + 2-11:3 = 2. und 3. Schuljahr: Übung (8. XII. 1911). 40 + 12 — 5 = 3 X 30 - 25 + 7 = V* v. 60 + 4 — 20 + 7 = 36 — 7 + 40 = 90 : 3 + 42 — 7 = s/s v. 60 - 9 + 30 — 6 = 70 + 21 — 6 = 3 X 20 — 33 + 9 = >/« v. 80 + 8 — 10 + 5 = 84 — 5 + 20 = 100 : 2 + 61 — 9 = */s v. 100 — 27 + 40 — 4 = Übung. (Juli). 933/4 : 10 X 7 = (8 Vs : 5) + (98/s : 7) = 88Vs : 9 X 10 = (323/s : 7) — (17V< : 6) = 28 Vs : 5 X 9 = (5 P/4 : 6) + (69 : 8) = 8PA : 6 X 3 = (977/s : 9) - (603/8 : 7 = Mein Wochenbuch (nach Bräutigam) zeigt für die einklassig-geteilte Volksschule folgendes Bild: 1. Schuljahr: (Die Ziffern sind die Schulwochen.) 1.—5. Anschauungsunterricht mit den Stäben 1 — 6: a. Abschätzen (Erkennen), b. Zeichnen von Stabgruppen, c. Reihenfolge der Stäbchen („vor“, „nach“, „zwischen“), d. Abschätzendes Vergleichen („größer“, „kleiner“). 6. Wiederholung. Ziffernschreiben 1—6. 7. und 8. Zu- und Wegzählen der „ 1 “ bis 6. 9. und 10. Zu- und Wegzählen der „2“. 11. Zu- und Wegzählen der 3, 4 und 5 im Raume 1—6. 12. Zerlegen der „2“, „3“ und „4“. 13. Zerlegen der „5“ und „6". 14. Wieder- holendes Zu- und Wegzählen und Zerlegen von 1—6. 15. Erweiterung des Zahlenraumes bis 10. (Siehe 1.—5.) 16. dto. 17. Zu- und Wegzählen der „1“ bis 10. 18. Zu- und Wegzählen der „2“ bis 10. 19. Zu- und Wegzählen der „3“ und „4“. 20. Zu-, und Wegzählen der übrigen Zahlen. 21. Zerlegen von 1—10. 22: Ergänzen von 1 —10. 23. Vervielfachen der „1“ und „2“. 24, Vervielfachen der übrigen Zahlen bis 10. 25. Messen von 1 — 10. 26. Teilen von 1—10. 27. Messen und Teilen von 1 —10; Messen mit Rest. 28. Wiederholung des Zahlenraumes 1 —10. 29. Erweiterung bis 20. 30. Zu- und Wegzählen von 10—20. 31. Zuzählen zur 9 und Wegzählen von 11. 32. Zuzählen zu 8, Wegzählen von 12. 33. Zuzählen zu 7 und Wegzählen von 13. 34. Übriges Zu- und Wegzählen von 1—20. 35. Wiederholung. 36. Vervielfachen und Messen: Die Zweierreihe. 37. Die 4- und die 8-Reihe. 38. Die 3-Reihe. 39. Die 6- und die 9-Reihe. 40. Die 5- und die 7-Reihe. 41. Wiederholendes Vervielfachen und Messen. 42. bis Schluß Teilen: Vs, ’A, Vs; V», Vs, V»; Vs, Vio, Vz. 2. und 3. Schuljahr. 1. und 2. Wiederholung bis 10. 3. und 4. Wiederholung bis 20. 5. Erweiterung bis 100. 6. und 7. Zu- und Wegzählen mit reinem „Zig“. 8. und 9. Zerlegen der „Zig“ in Form der Addition und Subtraktion. 10. Vervielfachen reiner „Zig“ mit Einern, Messen reiner „Zig“ durch Einer. 11. Entstehen, Lesen und Schreiben gemischter „Zig“. 12. Reine Zig mehr oder weniger Einer. 13. Gemischte „Zig“ mehr oder weniger reine „Zig“. 14. Reine „Zig“ mehr oder weniger gemischte „Zig“. 15. Gemischte „Zig“ mehr oder weniger Einer. 16. Zählen in Intervallen. 17. Gemischte „Zig“ mehr oder weniger gemischte „Zig“ ohne Überschreiten des Zehners. 18. Mit Überschreiten des Zehners. 19. Wiederholendes Rechnen im Zahlenraume 1 —100. 20. Die Einser-, Zehner-, Fünferreihe. 21. Die 2- und die 4-Reihe. 22. Die Achterreihe. Wiederholung der Reihen. 23. Die Dreierreihe. 24. Die Sechserreihe. 25. Die Neunerreihe. Wiederholung. 26. Die 7-Reihe. Wiederholung aller Reihen. 27. Messen mit Rest (durch 10 und 5), 28. durch 2, 4 und 8, 29. durch 3, 6 und 9, 30. durch 7. 31. Wiederholendes Messen. 32. Wiederholung. 33. Bruchrechnen: V2 Zu- und Wegzählen. 34. V2 Messen, Teilen, Vervielfachen. 35. Zu- und Wegzählen mit V*. 36. Vervielfachen, Messen, Teilen. 37. Zu-und Wegzählen mit Vs. 38. Vervielfachen, Messen, Teilen. 39. Zuzählen und Wegzählen mit Vs. 40. Vervielfachen, Messen, Teilen; bis Schluß des Schuljahres nach Maßgabe der Zeit noch Vio; Vs, Vs, Vs. Jede dieser Unterrichtseinheiten gliedert sich selbstredend in: Vorbereitung, Darbietung, Aneignung, Zusammenfassung und Anwendung. Erst bei der schriftlichen Vorbereitung wird man gewahr, daß sich jede neue Einheit auf die vorangegangene stützt, daß ein derartiger Lehrgang ein lückenloses Fortschreiten vom Leichten zum Schweren darstellt. Daß ein Rechenunterricht dieses Stiles „unbequemer“ ist, d. h. vom Anfänger eine intensivere Vorbereitung erheischt, soll den Kollegen nicht ab-schrecken, einmal gründlich umzusatteln; der Erfolg kann nicht ausbleiben. Nun noch eine Bemerkung zu den Ausführungen in F. 96: Als ich las, es sei möglich, die Kinder des 1. Schuljahres bis zum Erfassen des Zahlenraumes „Fünfzig“ zu führen, fuhr mir kein gelinder Schreck durch die Glieder. Ich habe gewöhnlich 3, höchstens 5 Schüler im 1. Schuljahre und bin königlich zufrieden, wenn sie am Ende des Schuljahres zwei Zehner verdaut haben; diese müssen aber wirklich erfaßt sein, sie müssen „sitzen“. Wozu auch die kleinen Menschen so zu quälen I Aus dem vorstehenden Wochenbuche ist ersichtlich, daß wir im nächsten Schuljahre weder die 50, die 40 noch die 30, wohl aber die 20 wegen des Zehnerüberganges beherrschen müssen, um dann den Hunderterraum als Ganzes anfassen zu können. Parole: Im 1. Schuljahre höchstens bis 20, bei ungünstigen Verhältnissen nur bis 10 schreiten nach dem Grundsätze „Wenig, aber gründlich!“ Doch genug! Jeder möge nach seinem besten Dafürhalten zum Ziele gelangen. Ich meine durchaus nicht: „Und wenn ihr mir nicht folgen wollt, so hört ihr im nächsten Frühjahr den Kuckuck nimmer schreien.“ Aber machen wir uns wenigstens frei von dem anschaulichen Zählmechanismus mit allerlei Krims-Krams; denn das ist längst nicht mehr zeitgemäß, sondern hieße, die Methodik um 100 Jahre zurückstellen. Beherzigen wir auch im elementaren Rechenunterrichte die Worte Dittes’, wenn er sagt: „Nicht abwärts, noch rückwärts, sondern aufwärts und vorwärts!“ Paul Kahlig, Einklassiger in Pochmühl bei Breitenau, Schlesien. Die experimentelle Pädagogik im Dienste des Äbteilnngsuntcrrichtes. Aoröemerknng. Einein mehrfach geäußerten Wunsche entsprechend, wird der Fragebogen der Folge 102 hiemit eingeschaltet, auf daß durch die Rucksendung des ausgcfülllen Stückes nicht der Zusammenhang verloren gehe. Gleichzeitig werden zage oder säumige Leser ersucht, die Versuchsanordnung, wenn nicht ganz, so doch zum Teile durchzuführen und das Ergebnis mitzutcilen. Bericht über die 1. Versuchsanordnung, betreffend das reine Rechnen im Abteilungsunterrichte. Geliefert von................................................ in................................ Post ................................, Land ............................... DieSchuleist klassig. Versuch in der Klasse, Schuljahr, am 1912. Allgemeiner Intelligenzgrad der Schüler .............................. Beschäftigung der Bewohner ............................................................... Sind sie dem Alkoholgenusse im besonderen Maße ergeben ? Landschaftscharakter (Gebirge, Ebene usw.) ............................................... Welche Höhe über dem Meeresspiegel ? ..... Ist die Schule einsprachig? ............................. a) Beispiele:1 b) Vorfragen: I. Vor- und Zuname des Schülers 8 3 5 7 9 4 8 2 6 3 5 7 9 4 8 2 6 1 1 8 9 4 7 6 3 2 5 _8_ 9 4 7 ß_ _3_ 2 5 9 9 7 3 9 8 5 6 4 7 7 3 9 8 5 6 4 7 3 3 6 9 5 6 5 8 7 9 6 9 5 6 6 8_ J_ _9_ _6 6 3 4 7 2 5 8 1 9 3 4 7_ 2 5 _8_ 1 9 7_ 7 9 8 2 6 3 5 8 3 _9_ 8_ 2 6 3 _5_ 8_ 3 2 2 9 6 4 5 7 1 9 7 9_ 6_ 4 5 7 1 9 7 5 5 2 8 6 7 5 8 3 6 2 8 6 7 5 8 3 6 8 8 9 4 5 7 9 3 1 7 _9_ 4 5 7 9 3 1 7 2 2 4 9 8 5 9 6 5 7 4 9 8 5 9 6 5 7 4_ 2. Stand der Eltern.................... 3. Vermögensverhältnisse 4. Wohnt derSchülerimSchulortc? 5. Wenn nein, wieviel km beträgt der Schulweg? 6. Wann beginnt der Unterricht im Winter? ......................... 7. Wann beginnt der Unterricht im Sommer? ......................... 8. Kann der Schüler das Mittagessen immer zu Hause einnehmen? 9. Besteht eine Suppenanstalt? 10. Ist der ungeteilte Vormittagsunterricht eingeführt? Mit welchem Erfolge? ................................ 11. Ist der Schüler physisch kräftig? 12. Ist der Schüler geistig normal?1 13. Wie ist er im besonderen geistig veranlagt? (Auszug aus den „Schul-nachrichten“.) 14. Liegt bei den geistig Abnormalen2 erbliche Belastung vor? Wodurch? (Alkohol?) 15. In welchem Alter steht der Schüler? 16. Wielange besucht er die Schule? Welches Schuljahr? 17. Hat er Krankheiten überstanden? Welche?................................. 18. Ist der Schüler im allgemeinen aufmerksam? 1 Es wird vorausgesetzt, daß die Versuchsschüler den Gang der Aufgabe, bezw. die Technik vollauf beherrschen, so daß diese Hemmnisse entfallen. — Die angemerkten Zahlen werden summiert. Reichen die Beispiele nicht aus, so werden durch das Nebeneinandersummieren, also (1. Reihe) 8 + 3 =, 3 + 5=, 5 + 7=, 7 + 9=, 9+4=, 4 + 8=, 8 + 2=, 2 + 6= (ebenso bei den übrigen Reihen) neue Fälle gebildet. Beispiel: 2. Reihe: 3 + 5=, 5 + 7=, 7 + 9= ... 2 Womöglich mindestens ein Beispiel dieser Art erbeten. c) Die Untersuchung. T a g e s s t u n d e n [ E i n einziger Schüler «C1 °C °C °C °C "C | "C (Die Ergebnisse mit der Gruppe von fünf Schillern in derselben Reihenfolge durchführen und das arithm Mittel (2) rot eintragen!) 8- -9 9- 10 10- -11 11- -12 1- _2 2- -3 3- -4 a) b) a) b) a) b) a) b) a) b) a) b) a) b) 1. Keinerlei Störung. Der Schüler rechnet 5' in Gegenwart des Lehrers in einem völlig ruhigen Zimmer.8 Der L. darf nicht schreiben o.auf- u. abgehen. 2. Allgemeine Störung. Der Schüler rechnet 5' in der Klasse. Alle Schüler sind stillbeschäftigt. (Dasselbe bei allen nachfolgenden Punkten mit der Gruppe von fünf Schülern.) 3. Störung durch Sprachlehre. Der Schüler rechnet 5', während iheoret.Grammatik (Sprachübung) betrieben wird. 4. Störung durch Gesang. (Wie bei 3.) 5. Störung durch das Lautieren der Elementarklasse. 6. Störung durch mechan. Lesen einer höheren Stufe. 7. Störung durch die Entwicklung zu einem Aufsatze. 8. Störung durch die Geographie. 9. Störung durch den Anschauungsunterricht. 10. Störung durch eine neue Erzählung. 11. Störung durch Chorlesen. 12. Störung durch Chorsprechen. 13. Störung durch lautes angewandtes Rechnen. 14. Störung durch lautes reines Rechnen. 15. Störung durch Chorrechnen. (1X1 auf sagen. Rechensätzchen im Chore üben.) 16. Wann hat der Schüler zwisch. 8—4 Uhr Mahlzeiten eingenom. 17. Wann waren Spielpausen? 18. Welcher Gegenstand war vor dem Rechen versuche? 19. Lichtverhältnisse (licht,dunkel) 1 Die Zimmertemperatur während des Versuches feststellenI — Bei a) ist einzutragen: Wieviel Beispiele gelöst, bei b): Wieviel davon richtig gelöst wurden. 2 Beispiel: Der Schüler A hat 35, der Schüler B 40, der Schüler C 27, der Schüler D 42, der Schüler E 38 Beispiele gelöst. Mittel: 35 + 40 + 27 + 42 + 38 = 182. 182 : 5 = 36 (36 wird unter das Ergebnis für den einzelnen Schüler rot eingetragen.) » Bei allen Punkten kann noch der Versuch insoweit erweitert werden, als man den Schülern bei der Ausführung der Rechenbeispiele das Lispeln erlaubt. Die diesbezügliche Eintragung hätte mit blauer Tinte zu erfolgen. Der Versuch 1 läßt mit einem Schüler 3 Stufen zu: I. Vollkommen stilles Rechnen. II. Rechnen unter Begleitung des Lispelns. III. Lautes Rechnen. Für III. grüne Tinte verwenden! d) Vorgang beim Versuche. Die fünf Schüler werden so gesetzt, daß ein Abschreiben nicht möglich ist. Jeder Schüler ist mit drei gespitzten Bleistiften versehen, damit im Falle des Abbrechens der Spitze keine Störung eintrete. Die Klasse ist in eine Stillbeschäftigung eingeleitet. Der Lehrer macht die Schüler aufmerksam, rasch und richtig zu rechnen, und vorteilt die mit den Beispielen auf Seite 1 dieses Fragebogens ausgefüllten Blätter; sodann zieht er die Uhr aus der Tasche und gibt das Zeichen: „Jetzt!“ Sofort beginnen die fünf Schüler zu rechnen. Nach der 1. Minute wird halt geboten und von den Schülern der Grenzstrich gemacht. Sofort weiter! So nach jeder weiteren Minute usw. Am Schlüsse der 5. Min. werden die Blätter abgegeben. Zu Beginn der 2. Unterrichtsstunde wird der Versuch mit denselben Schülern (andere Beispiele!) in der gleichen Weise fortgesetzt. Ebenso am Beginn der 3., 4., 5. usw. Stunde. Reicht die Anzahl der Beispiele auch durch das Nebeneinandersummieren nicht aus, so werden die vertikalen Ziffernreihen sprungweise zu Rechenfällen verbunden. Beispiel: Die 1. vertikale Reihe liefert: 8 + 1 —, 3 + 9—, 9 + 3—, 7 + 6—.... Eine beliebige Wahl von Beispielen würde die Basis verrücken; wir bitten daher um die Zusammenstellung in dem angedeuteten Sinne. — Beim Rechnen mit Feder und Tinte hemmt das Eintauchen der Feder. Also Griffel oder Bleistift! 1 Da die Schüler der ungeteilten Schulen noch nicht gewohnt sind, im Abteilungsunterrichte zu arbeiten, so wird den Versuchen von dieser Seite mit besonderem Interesse entgegengesehen. Sind sie zwecklos? Nach den neuesten Bestrebungen, wornach der indirekte Unterricht auch in den Stadt- und Übungsschulen platzgreifen soll, um eine Scheidung nach Individualitäten zu ermöglichen, wäre die Erörterung des Problems gerade hier von großer Bedeutung. — (Anmerkung: Wird auf der Schiefertafel gerechnet, so müssen die Beispiele vor dem Versuche angeschrieben werden; es darf nämlich die Schreibtechnik nicht hineinspielen. Bei b) und c) werden Blätter, enthaltend die Beispiele auf S. 1 dieses Fragebogens, ausgeteilt.) 2. Welches Ergebnis lieferte in einem der 19 Versuche das Rechnen einer ganzen Abteilung der Klasse? 3. Allgemeine Beantwortung der Vorfragen auf S. 1 dieses Fragebogens mit Bezug auf die fünf Schüler. Eine diesbezügliche Tabelle beilegen! 4. Sehr erwünscht sind Momentaufnahmen der Schüler in den verschiedenen Stadien des Versuches; desgleichen wären vor und nach dem Versuche insbesondere bei schwachen Kindern die Pulsschläge zu zählen. Wie stand es mit dem Interesse der Schüler? Wurden sie im Verlaufe unruhig? Weitere Beobachtungen (Kongestion, Schweiß, Ermüdungserscheinungen, Bewegungen usw.) 5. Welches Ergebnis liefert der ungeteilte Vormittagsunterricht zu Beginn der vierten Unterrichtsstunde? 6. Welches Ergebnis lieferte die Versuchsanordnung nach einem Ferialtage, welches' nach zwei Schultagen? 7. Allfällige Bemerkungen: 1 Die Ausführung mit Bleistift ist die vorteilhafteste; so wird es sodann auch möglich, uns die Blätter ausgefüllten einzuliefern. 2 Wenn der Platz nicht reicht, so ein Blatt beilegen I Nach entsprechender Ausfüllung möge dieser Fragebogen als „Manuskript“ offen an die Schriftleitung der „Blätter für den Abteilungsunterricht“ in Laibach gesendet werden. e) Bemerkungen.2 1. Welche Ergebnisse liefert das Rechnen a) auf der Schiefertafel? . . . b) „ dem Papiere mit Bleistift? c) „ „ „ „ Feder? Bei einem der 19 Versuche ermitteln u. hier vermerken! Ergebnisse der experimentellen Pädagogik und deren Umwertung für die Praxis. ^orvemerkung. Es ist außer allem Zweifel, daß es der experimentellen Pädagogik nicht anders ergehen wird wie allen Neuerungen auf pädagogischem Gebiete: Eine ins Ungemessene Überschätzung wird -u Extremen führen und das ganze System ins Wanken bringen, so wir nicht rechtzeitig dazusehen, die Forschung auf einem realen Boden festzuhaltcn und allfälligen Übertreibungen einen Riegel vorzuschieben. Da es mit Rücksicht aus die immer wiederkehrcnde Erscheinung der „Sportpädagogik" berechtigterweise Zweifler gibt und man die experimentelle Pädagogik mancherorts mit Vorbehalt entgegcnnimmt, mögen im folgenden einige exakte Ergebnisse von planvoll angestellten Untersuchungen aufgeführt und nach der praktischen Seite hin erörtert werden. Wir wollen doch bei allem Taten sehen! 1.) pie parstessuugstype» im Aufsahunterrichte. Bi net (französischer Experimental-psycholvge) teilte die Schüler aufgrund schriftlicher Beschreibungen von Gegenständen in einen Beschreibe:-, Beobachter-, Gemüts- und Gelehrtentypus ein. Es ist in der Tat erstaunlich, wiesehr sich die Eigenart gerade im Aussatze und hiebei vor allein in der Beschreibung kundgibt. (Natürlich wird die freie Behandlung vorausgesetzt.) Die Erscheinung wird dem aufmerksamen Schulmanne schon längst ausgefallen sein; nur wird er sie nicht ausgewertet, bezw. im besonderen beobachtet haben. — Es entsteht nun die Frage, ob wir berechtigt sind, von allen Schülern dasselbe Maß einer trocken-sachlichen oder einer detaillierten oder einer mit Gemüts-momenten durchsetzten ober einer logisch aufgebauten Beschreibung eines Gegenstandes, bezw. eines Gegenstandkomplexes zu verlangen, wenn die ausgesprochene Begabung hiezu fehlt. Oder sollten wir die Schüler nach der Begabung trennen und ihnen gruppenweise nur das zuteilen, wozu sie die besondere Eignung verrieten? — Diese Fragen führen uns bereits mitten in den Werdeprozeh der neue» Pädagogik. Das Gleichmaß bedeutet eine tyrannische Regel; sie zwingt den Geist zu Leistungen, die seiner Eigenart nicht entsprechen; die allzuweitgehende Individualisierung verliert sich zu sehr vom Wege der allgemeinen Bildung und löst sich schließlich in hundert und hundert Pfade auf, so daß Übersicht und Allseitigkeit im Wissen und Können verloren gehen. Das Leben fragt eben nicht: „Hast du zu dem und jenem Lust und Begabung?", sondern es tritt gebieterisch heran und fordert in einem bestimmten Ausmaße allgemeine gleichmäßige Bildung von jedem Menschen. Darum werden wir darauf bedacht sein müssen, neben der Rücksichtnahme auf das Charakteristikum nicht des Ausmaßes an allgemeiner positiver Ausrüstung zu vergessen. Im vorliegenden Falle müßte die durch freie Darstellungen erkannte Eigenart des Schülers gepflegt und ausgebildet, dabei aber auch jene Art der Beschreibung, zu der er nicht gerade neigt, vermittelt werden, damit er nicht allzufrüh in eine einseitige Ausbildung gerate. Man verstehe recht: Die Eigenart ist nicht aus dem Auge zu lassen, ebensowenig aber auch die universelle Geschicklichkeit in enggezogenen Grenzen. Ans höheren Stufen wird das Berhältnis immer differenzierter, aber niemals so, daß der eine Teil auf null herabsinkt. Haben wir es bisher nicht auch so gemacht? Vielleicht ja, aber nicht mit Überlegung und Nachsicht I Wir haben die Schüler erbarmungslos uniformiert und zuweilen die individuelle Darstellungsweise geradezu verhöhnt (Schwester, Phantast usw.), ohne das Gerügte auf ein Geleise zu schieben, auf dem es zum rechten Ziele hätte kommen können. Heule prüfen ivir unsere Schülerschar auf Eigenart, stellen diese fest, pflegen sie und bringe» sie mit der allgemeinen Forderung in Einklang. — 2.) Worstessungshikfen. Gleichwie sich in der Auffassung von Gedankenganzeil und deren Wiedergabe Schülerlypeu unterscheiden lassen, sv treten diese auch bei dem Erwerbe und der Reproduktion von Vorstellungen hervor. Nach den Untersuchungen Netschajeffs, Lays, Peder-sens, Fränkls und Pfeiffers perzepiert eine Gruppe von Schülern hauptsächlich durch den Gesichtssinn, eilte andere vornehmlich durch den Gehörsinn, eine dritte durch die Tastvrgane, eine vierte hinwiederum stützt sich fast ausschließlich auf Bewegungsvorstellungen; eine gleichmäßige Inanspruchnahme aller Mittel zur Erreichung einer klaren Anschauung findet sich selten. — Aus den S. 1779 und 1780 (Folge 91) der „Bl." wurde klargelegt, wie notwendig es erscheint, im Anschauungsunterrichte alle Sinne zu beschäftigen und insbesondere den Tastsinn zur Kontrolle heranzuziehen. Wer den Hinweis beherzigt hat, dem wird es ausgefallen sein, daß sich die Schüler zu den verschiedenen Anfnahmskomponenten verschieden stellten. Das liegt vorerst in der Struktur des Körpers. Es wird eben jeder Schüler jenen Sinn ins Vordertreffen schicken, der bei ihm besonders ausgebildet ist. Nach dieser Seite hin ist daS Experiment leicht zu führen. (Ich werde im gegebenen Zeitpunkte die disbezüglichen Untersuchungsmethoden und Apparate, soweit sie der Leser um wenig Geld beschaffen kann, inittcilen bezw. beschreiben.) Jnsolange die experimentelle Feststellung mit Apparaten nicht möglich ist, kann der Versuch auf folgende Weise angestellt werden: Man läßt einen den Schülern unbekannten Gegenstand nur sehen und dann nach gebotenen Gliedernngspnnkten beschreiben oder zeichnen. Ein zweitesmal bietet man nur Reize für das Ohr, ein drittesmal wird ein Objekt bloß betastet usw. Aus dieser Versuchsreihe werden sich alsbald Typen ergeben. Hat man sie festgestellt, so muß man sie berücksichtigen oder doch wenigstens nach den auf S. 1779 und 1780 der „Bl." angegebenen Richtlinien alle Sinne zur Geltung kommen lassen, auf daß jeder Schüler mit seinem Spezifikum herantreten könne. — (Der Abschnitt wird fortgesetzt.) Kinderseelen — Himmelsgaben! (Ein Wort an die Anfänger.) Wie interessant plaudert doch der Türmer über Gurlitts Erziehungslehre! Was dieses Buch birgt! Schon erwacht leise der Wunsch, es zu besitzen, — da fällt in einsamer Stunde der Blick auf eine Bücherreihe: Förster, Lindner, Fenelon, Pestalozzi, Rousseau, Ziehen, Höfler. Ich habe die Vorposten im Lebenskämpfe kennen gelernt, ich weiß um ihr geheimnisvolles Wirken, ich kenne die Waffen, die unser Organismus braucht, um Sieger zu sein im heftigen Kriege gegen die Kräfte der Zerstörung. So-matologie führt zur Psychologie. Die geistvolle Plauderei Dekkers leitet über zu Lindner, der die feste Grundlage bietet, wissenschaftlich erörtert Ziehen, bringt neue Verknüpfungspunkte. Und doch schmerzt der Kopf, es wirbelt toll durcheinander im armen Gehirn. Werde ich nun die Kinderseele verstehen? Werde ich die Frage lesen und beantworten können, die in den Kinderaugen mir vertrauend, scheu, ernst, vorwurfsvoll entgegentritt ? Ich stürze mich in die Erziehungslehre. Fenelon, Telemach, Rousseau, „Emile“ werden im Original gelesen, Pestalozzi, Förster hervorgesucht, Lebenserinnerungen studiert — ich denke an Polack, an Ganghofer, — und der Zeitschriften bunte Menge wird durchgestöbert. Nun kommt die Methodik! Viele Werke liegen auf meinem Arbeitstische. Und dennoch will die bange Furcht nicht weichen und dennoch wird mir feierlich zu Mute, gedenke ich des Schulanfangs. Die Kinderseele habe ich im Spiegel wohl besehen in Besses Werken, in Paul Kellers Schriften; ich habe im Märchenschatz gelesen und mich zurückversetzt in jene selige Zeit, wo in meiner Seele goldene Brunnen rauschten und seltsame Wundervögel sangen. Und doch bin ich so zag, da ich zum erstenmal die Kleinen vor mir sehe. Kinderseelen sind Himmelsgaben. Da ringt sich in mir die Erkenntnis los von der Hoheit jedes Kindes, von der Weihe des Amtes einer Lehrerin. Die Psychologie sinkt zurück ins Dämmerlicht, die Erziehungslehre dünkt mir Schablone. Jedes Kind ist eine köstlich wunderbar gebaute Menschenknospe. Jedes Kind schöpft aus der Erfahrung reichen Schatz, sie alle haben gejubelt und geweint, gehofft und gebangt, sie haben gelebt. Soll nun die Massenerziehung beginnen? Mir ist, als träte ich in kunstvoll zurechtgeschnittene Gärten und nicht in süß duftende, von Sonnenstrahlen übergossene, von Vogelsang durchzitterte Wiesen. — Ich fordere Individualität. Meine Kinder sollen in mir mehr sehen als die gestrenge Lehrerin. Da heißt es ein wachsames Auge haben für die Entfaltung der kindlichen Psyche. Es gehört hiezu nur eine große Helferin, die alles leicht macht, steht sie uns zur Seite: die Liebe. Nicht nur für Schulangelegenheiten gilt der forschende Blick, er sieht auch das armselige Röcklein, die zerrissenen Strümpfchen, die nassen Schuhe, den ungepflegten Körper, die schmalen Backen, die hungrigen Augen, die nach den so schönen roten Äpfeln des Nachbars spähen; er sieht noch mehr: die prickelnde Lebenslust gesunder Glieder, den mißhandelten Leib; er sieht geheimen Trotz, große Ängstlichkeit, reges Interesse, impulsives Verstehen, helle Freude und viel, viel Leid. Und aus dem prüfenden Auge leuchtet die Liebe. Wie aber kann man alle Kleinen so beobachten? Es ist nicht leicht. Ich habe es versucht, erprobt, erfahren; darum möchte ich allen raten, die das Glück haben, Lehrer der Kleinen zu sein. Zu diesem Zwecke habe ich ein Tagebuch angelegt. Ich will aus demselben einiges mitteilen. — 1. Frei sei die Individualität des Kindes und ungescheut die Rede außerhalb des Unterrichtes. Ich darf erfahren, was es zuhause Neues gibt, ich darf die roten Bäckchen der Äpfel bewundern, — ich bekomme sogar einen, um 2173 ihn den armen Kindern schenken zu können, — ich kenne die kleinen Krankheiten und Leiden und habe Mitleid und helfe, wo ich kann; ich kenne auch die kleinen Freuden, ich freue mich mit. Ich habe die Kleinen vom Katheder aus beobachtet, wenn sie ungestört plauderten, habe ihnen heimlich gelauscht; ich stelle ihre Überwindung, ihre Mildtätigkeit auf die Probe, ich kenne ihre Neigungen, ihre Fehler. So begann ich, in ihren Augen lesen zu lernen. — 2. Um meine Kinder noch besser zu verstehen, bin ich zu Vater und Mutter gegangen. Ich lebe gottlob in einem Lande, wo ein Besuch der Lehrperson die Eltern ehrt. Und sind wirklich schulfeindliche Leute da, so gibt es viele Pförtchen, durch die ich schlüpfen kann, um auf einmal mitten im Feindesland zu stehen. Da muß ich doch die kleinen Kranken besuchen; wie oft muß eine mildtätige Hand eingreifen; falscher Stolz darf nicht die Lippen verschließen, wenn es gilt, von reichen Mitmenschen für die armen Kinder etwas zu erhalten. Vorkenntnisse in der Heilkunde schaden auch nicht. Es gibt auf dem Lande so viel falsche Ansichten, die albernsten Hausmittel werden bei Unpäßlichkeiten, die im Kindesleben Vorkommen, gebraucht; ich will nur verraten, daß auch bei uns das „Wenden“ noch ziemlich im Schwünge ist. Schnell durch das offene Pförtchen, ich bin plötzlich da und halte Umschau und spreche mit den Eltern über mancherlei tastend, vorsichtig. Ich glaube, die meisten haben mich lieb und schenken mir Vertrauen. Eines ist namentlich bei einer Lehrerin notwendig, daß sie schweigt. Durch die Liebe zu den Kindern ist der Weg ins Elternhaus nicht schwer. — 3. Noch etwas machte ich mir zur Gewohnheit: Alle 3—4 Wochen wurde ein kurzer Bericht über den Schüler an die Eltern geschickt. Ich hatte kein besonderes Formular. In der Pause wurde der Brief auf die Tafel geschrieben; er kam nächsten Tag mit der Unterschrift zurück. Diese wurde gefordert. Man wird, mir einreden, die Kinder hätten ihre eigene Verurteilung nicht gern übergeben; ich merkte das nie. Es hängt eben von der Art der Abfassung ab. Ich fing an, den braven Kindern eine schöne, fette Null auf die Tafel zu zeichnen, beim zweiten Versuch stand sogar ein Wörtchen droben; das fortzusetzen ist ein leichtes. Die Eltern müssen allerdings zuerst verständigt werden. Nun glitzern vor mir die Mosaikbildchen meiner Kleinen. Sie zu verbessern, ist nicht mehr schwer. Die Lehrerin ist in der Gemeinde heimisch, sie hat vieles von unparteiischer und gegnerischer Seite gehört, sie kennt alle Faktoren, sie weiß, worauf sie aufbauen muß. Nun erst wird Erziehungslehre verstanden, nun ist Methodik eine willkommene Gefährtin. — Kinderseelen sind Himmelsgaben. Ich möchte dies allen sagen, die aus dem Seminar treten, ich möchte sie einladen, anzufangen, die Kleinen zu studieren. Diese Zeilen entstanden, als ich scheiden mußte. Ich scheide schwer, so schwer, als ob ich auf meine Schulkinder ein Anrecht hätte. Süß ist es, sie zu erforschen; die Mühe darf man sich nicht verdrießen lassen, der Lohn ist überreich. M. v. Komlnek. Die tüecbselrede. 26. Krage. (Soll in der Elementarklasse mit der Lateinschrift oder mit der deutschen Schrift begonnen werden?) 8. Urteil. Gertrud S. Schon lange, ehe in den „Blättern“ obige Frage aufgeworfen wurde, regte sich in mir der Gedanke, ob es nicht leichter und vorteilhafter wäre, den Kleinen zunächst nicht das deutsche, sondern das lateinische Alphabet beizubringen. Seitdem ich las, daß auch andere Lehrer sich mit dieser Frage beschäftigen, muß ich immer wieder darüber nachdenken und so will ich heute auch darüber schreiben. Wer in einer ein-, zwei- oder auch dreiklassigen Schule 6 Stunden täglich 50—60 oder noch mehr Kinder zu unterrichten hat, die gar oft wenig geistig geweckt die Schule betreten, daheim für die Schule wenig Anregung erhalten und doch im 2. Schuljahr gut lesen und schreiben können sollen, damit in der Unterklasse noch ein solider Grund für den Aufsatz gelegt werden könne, der wird mir verzeihen, wenn ich trotz der bereits gutbegründeten Urteile in den „Blättern“ die deutsche Schrift doch durch die lateinische Schrift verdrängt zu sehen wünsche — in den Fibeln. Was werden unsere Bauern- und Handwerker- und Fabrikskinder einmal darnach fragen, ob sie in der gleichen Schrift schreiben, in der Goethe u. a. Große ihre Gedanken niedergeschrieben haben. 2174 Es hängt ja doch auch das Verständnis und die Freude an literarischen Schönheiten nicht von der Druckart ab. Und was die Schreibschrift betrifft, so glaube ich sicher, daß jene, die wir jetzt vom Anfänge an lateinisch schreiben lehren würden, sich als Erwachsene ebenso sträuben, wieder deutsch zu schreiben. Das Gewohnte ist dem Menschen halt immer das Liebste. Anders wäre es, wenn mit dem Schriftzeichen auch die Sprache geändert werden müßte. Die lateinische Druckschrift würde viel weniger Geduld vonseite des Lehrers und der Kinder, viel weniger Gedächtnis- und Sehkraft erfordern, dagegen viel mehr Freude erwecken am raschen Erfolge, der sonst trotz der redlichsten Bemühungen des Lehrers so langweiligen Arbeit des Lesenlernens von 48 toten Buchstaben, die namentlich bei den Kleinbuchstaben gar oft zu wenig interessanten Wörtern und Sätzlein zusammengefügt sind. „Bei mir haben die Kinder noch jedesmal trotz der deutschen Buchstaben in 1 Jahre das Lesen erlernt,“ sagt nun wohl mancher. Bei mir auch. Aber warum nicht mir und den Kindern die Arbeit noch freudiger gestalten? Warum auf eine andere Weise nicht noch schneller und leichter zum Ziele kommen? Wie mancher schwache Leser oder zum Aufsteigen nicht reif Erklärte würde nicht immer wie ein Bleigewicht den Fortschritt der ändern hemmenI Beide Arten machen ihrem eigenen Charakter und dem Fortschritte der Schüler manchen Schaden — und den Eltern und Lehrern manchen Verdruß. Aus den angeführten Gründen werde festgelegt: die Lateinschrift in der Elementarklasse! Vorteile: I. Wieviel leichter zu unterscheiden sind ähnliche lateinische als ähnliche deutsche Buchstaben für das ungeübte Kinderauge, da sie das Charakteristische eines Buchstaben mit wenigen sehr einfachen Strichen und Bogen darstellen! Beispiele: a o v dagegen a o v ähnliche deutsche: m n » m n LLG MW © <5 BVNRp u n " u n ähnliche lateinische: r x t k » r x t k EFL BRP OQ CG b d q c e 2. Die Leichtigkeit der lateinischen Druckschrift beweist uns auch die Tatsache, daß sie von vielen Kindern von selbst oder wenigstens ohne viele Mühe von Seite des Lehrers erlernt wird. 3. Ein sehr großer Vorteil wäre es auch, daß die Kinder die lateinischen Druckbuchstaben mit Leichtigkeit auf ihrer Tafel nachmachen und mit Stäbchen und Bogen zusammenstellen könnten. Das wäre eine sofort erkennbaren Nutzen bringende Betätigung des jetzt so viel gepriesenen Handfertigkeitsunterrichtes. (Arbeitsunterricht beim Lesenlernen.) 4. Die lateinische Druck- und Schreibschrift würde sich viel besser als die deutsche eignen, in jenen Fibeln verwendet zu werden, welche aus Rücksicht auf den Anschauungsunterricht mit den kleinen zugleich auch die großen Buchstaben lehren. 5. Oft wird eingewendet, die deutsche Druckschrift sei infolge der Buchstaben mit Ober- und Unterlänge übersichtlicher. Das Wortbild präge sich dadurch leichter ein. Wie es aber uns Erwachsenen nicht einfällt, darüber zu klagen, so wird es dem Kinde die Einprägung des lateinischen Wortbildes eben auch nicht mehr Schwierigkeit bereiten, wenn es die gleiche Übung im Lesen der lateinischen als jetzt der deutschen Druckschrift haben wird. 6. Falls man aber die deutsche Schrift aus den in den „Blättern“ angeführten, anerkennenswerten Gründen doch nicht ganz beiseite legen will, kann man sie ja in den oberen Klassen oder in der Bürgerschule oder in den Mittelschulen lehren. Es wird nicht mehr Mühe kosten, als wenn wir jetzt im 2. oder 3. Schuljahre die lateinische Schrift lehren müssen. Und das 1. Schuljahr, das für ein 6 jähriges Menschenkind die schwerste, eintönigste und langweiligste Arbeit unter allen Schuljahren bietet, wird auf wohltuende Weise entlastet. Kurz: Die gegen die lateinische Schrift zielenden hauptsächlichsten Einwürfe sind viel weniger wichtig infolge der späteren Beschäftigung der meisten Volksschulkinder und der leichteren Erlernung der deutschen Schrift in späteren Jahren — als die für die lateinische Schrift geltenden Gründe; denn durch sie würde der Deutschunterricht in allen seinen Zweigen erleichtert werden. Mit der lateinischen Druckschrift müßte freilich auch die lateinische Schreibschrift einwandern. Dagegen werden sich viele sträuben. Doch hätte nicht auch sie ihre Vorteile, die ich im Nachfolgenden kurz erwähnen will, so würde ich sie schon um der Druckschrift willen wünschen. 1. Die lateinische Schreibschrift ist in manchem leichter als die deutsche, was besonders bei den Kleinbuchstaben wertvoll ist, z. B. a a; r r; t> v; tu w;