- Kleine gewählte B i bli oth e für Seelsorger. E r st e r Band.! s NAt hoher Bewilligung der kais. kö». gofcensur. § r l r r, bey Franz J-^eph Jenko. AOon ?oer schott im Anfänge dieses Jahrs angs- küwdigten kleinen gewählten Bibliothek für Seel¬ sorger erscheint nun gegenwärtig die erste Liefe¬ rung; sie bestehet in dreyen Bänden, und ent¬ hält nachstehende Werke komplet, als: Grundriß der christlichen Moral, nach den vom Herrn Abte von Fabiani herausgegebenen Grundzügen der christlichen Sittsnlehre; Dietls Homilien über dis sonntäglichen Evangelien; Andreß homiletische Abhandlung von der Welt- undMenschenkenntniß des Predigers , und Pauli Entwurf einer kateche- tischen oder populären Theologie, welche alle zu¬ sammen in der Pränumerarion i fl. kosten, bey dem Empfang aber zugleich die Vorauszahlung mit i fl. auf die zweyte Lieferung zu erlegen ist. BiS Ende Februar 1794. erscheint die zweyte Lie¬ ferung , und alle zwey Monate eine Folgende. — Mit der zwölften Lieferung bleibt es der Willkuhr der (?. P.) Herren Pränumeranten überlassen, die Pränumerazion auch fernerhin auf die drey- zehnte Lieferung fortzufttzen, oder aber auszutre¬ ten , wobcy man aber ersteres mit Zuversicht aus dem Grunde anhoffet, weil in gegenwärtige Sammlung immerhin die hetzten Bücher im theo¬ logischen Fache eingeschaltet, und für den äusserst geringen Preis geliefert werden, wie es die gegen¬ wärtige erste Lieferung schon beweiset, deren da¬ rin» enthaltene Bücher denen Herren Pränume¬ ranten nur auf i fl. zu stehen kommen, die vor¬ hin im Verkaufspreiß s fl. 24 kr. kosteten. Die Ursachen, die die Erscheinung dieser er¬ sten Lieferung verzögerten, sind so schmeichrl- s haft, Haft, daß man sie ohumöglich mit Stills^-'vefge« übergehen kann : Mehrere würdige Bischöfe, dis dieses Unternehmen zu unterstützen, dirGnade hat¬ ten, forderten die Verlängerung des Prättumera- zions-Termins , um die Ankündigung des Werkes in ihren weirschichtigeu Sprsngclu bekannt ma¬ chen zu können; diese Bekanntmachung von Seite mehrerer Konsistorien, die gütige Empfehlung deL k. k. Guberniums,uudStudiewConseffes in Lem¬ berg; das günstige Urtheil mehrerer gelehrter Männer über die Auswahl der zu dieser Bibliothek bestimmten Werke; endlich selbst der Eifer dec Herren Seelsorger sich auf diese Art um geringe Kosten eins gewählte Bibliothek ihres Faches an¬ zuschaffen , brachten es dahin , daß die von Zeit zu Zeit eiugelaufene Zahl der Herren Präuumerau- ten, (deren Verzrichniß dem vierten Band in der zweyten Lieferung eingeschaltet wird) die unver- dofte Wiederauflage der ersten Bögen noch vor Erscheinung dieser ersten Lieferung nothwendig machten. Die Herren Pränumeranten werden da¬ her die Güte haben, diesen Aufschub der ersten Lie¬ ferung mit Nachsicht zu übergehen, und sind selbst durch die schmeichelhaften Verzvgeruugsursachen sicher geftellet, daß künftighin kein Hinderniß die pünktliche Fortsetzung hemmen wird. Die weitere Bekanntmachung dieses Unternehmens wirb übrigens bestens empfohlen, und bleibt die Pränumrra- zion noch bis letzten Februar I7V4 oben, bis welchen Zeitpunct jene , die auf ine vorbemUdte Ausgabe noch zu pränumeriren gedenken, sich an die nachstgelegent .Buchhandlung nebst Einsendung des Pränumerazions- Betrags zu verwenden belieben. Wer für acht Prä'nu« merancen die Beycrägc an die Franz Joseph Jenko sche Buchhandlung einsender, erhält das neunte Eremplar unenrgeldltch, und kann sich der prompten Zudeförbe- rung der Exemplare durch die wohlfrustk Lsege gesi¬ chert halten. Den Ll.Dezember 179z. I Grundriß der christlichen Moral, nach den vom Herrn Abte von Fabiani heran«gegeben en Grundzügen der christlichen Sittenlehre. Don einem weltpriesier des Bisthums wirzburg. Mit hoher Bewilligung der kais kön Zofcensnr. C i l l i, bey Franz Joseph Jenko, 1 7 9 4- Inhalt. Erster Th eil. Vorkeuntnisse und Grundsätze der Moral im Allgemeinen, und der christlichen Moral insbesondere. Erstes Zauptstück. Von der Moral überhaupt. 1. Erste nothwendige Kenntnis; von der Be¬ stimmung des Menschen. 2. Wesen des Menschen. tz. z. Eigentliche Bestimmung des Menschen. §. 4. Begriff der Glückseligkeit. g. Z. Moralische Natur des Menschen- §. 6. Moralische Handlungen. §. 7. Begriff der Moral. §. 8. Non den Gesetzen und der Verbindung. 9. Pflicht. §. io. Kollision der Pflichten- Z. ai. Anwendung der Getetze.oder vom Gewissen. Z. ir. Besondere Abbandlungen vom Gewissen. Z. iz. Sünde, kastec, Lugend. tz. 14. Von der Zurechnung und den Graden der¬ selben. Zweites Zauptstüch. Von der christlichen Moral insbesondere. i. Begriff der christlichen Moral. § 2. Vorzug der christlichen Moral. §- z. Erkenntnißgurllen der christlichen Sitten« lehre. §. 4- Von den christlichen Gesetzen. Z- 5- Christliche Lugend Z. 6. Studium der christlichen Moral. §. 7. Geschichte der christlichen Moral. A z Drittes Dritter Kauvtstuck- Dom moralischen Anstande de aher richtig ist- Dar¬ aus entsteht nun ferner eine andere Abkheilung des Ge¬ wissens nach den verschiedenen Um und Gegenständen, u. s. w. — »so heißt das Gewissen das gegründete, geübte oder starke , nämlich m Ansehung der Fertig¬ keit, die man har, einzelne Handlungen nach seiner B tz wahren — ( 22 ) — wahren Erkenntnik und nach dem Erkcnntuißgrundc zu beurtheilen. Der h. Paulus giebt uns hievon ein Bey- spiel, wo er von dem Genüsse der Götzenopfer redet, (i Kor. 8 Kap.) und zeiget, welches in Ansehung der Götzenopfer (daraus läßt sich die Anwendung auch auf andere Gegenstände machen) ein starkes und schwaches Gewissen fty. Ein starkes Gewissen Haden diejenigen, welche die Götzenopfer nicht anders anseben, als jede andere Speise, und daher auch kein Bedenken tragen, von denselben zu essen, aus dem Grunde, weil ein Ab- » gott in der Welt ein Unding ist. Hingegen giebt es schwache, welche diese Wissenschaft nickt haben, und solches Fleisch als ein Opfersteisch ansehen, und wegen dieser ihrer Bedenklichkeit wird ihnen der Genuß dessel¬ ben zur Sünde. — So heißt wieder das Gewissen in Ansehung des Urtbeils selber das weite und enge Ge¬ wissen, je nachdem nämlich das Urtbcil über die Mora¬ lität der Handlungen strenger oder sreper ist. Hieher kann man amvenden, was derHevland von den zweven Wegen, nämlich zum keben und Verderben, sagt: Ge¬ het ein durch das enge Thor: denn das Thor ist weit und der weg breit, der zum verderbe» füh¬ ret. (Matth. 7. Kap.) So heißt ferner das Gewissen in Ansehung der Art unserer Erkenntnis; das klare oder dunkle Gewissen; in Ansehung der Gegenstände das beschauende, wenn es Mcynungen sind, oder das rich¬ tende, wenn es Thaten sind. Auch heißt es in Anse¬ hung der Zeit, in welcher man die Moralität seiner Handlungen prüfet, nämlich vor oder nach der wirkli¬ chen Begehung, das vorhergehende oder nachfolgen¬ de Gewissen. Endlich heißt das Geiviffen in Ansehung des gefällten Kewisseuschlusses, und in Ablicht auf die Wirkungen und Folgen, du es auf unser Geinülh hat, das gewisse, das wahrscheinliche oder zweifelhafte, wovon du schon vorhin gehöret hast: das reine, ruhi¬ ge, beruhigende freudige, unerschrockene, wenn es nämlich uns Zeugniß von unserer Rechtschaffenheit giebt, oder das quälende, unreine, anklagende, ban¬ ge, nagende, je nachdem cs uns Vorwürfe macht. Don beydcn finden wir Benspftle in der heil. Schrift. Von dem guten Gewissen sagt Paulus: Unser Ruhm ist das Zeugniß unser« Gewissens, daß wir in der Gnade Gottes auf der Welt gewandelt haben. (2 Korinth. i.K ) Ich habe einen guten ilvampf ge- kämpfet, de» Lauf vollendet, bin getreu geblieben. (2 Tim. — ( 2Z ) — C- Tim. 4- E.) Die Qualen des bösen Gcivisseus fühlte Kain, Saul und Judas. — §. iz. Sünde, Laster, Tugend. Aust den nun vorausg-schickten Begriffen läßt sich bestimmen, was Sünde, Laster, und Tu¬ gend sey. — Sünde ist also Uibertrctung des Ge¬ setzes, oder Verletzung seines Gewissens. Das ver¬ steht sich ohnehin, daß es eine freiwillige Übertre¬ tung seyn müsse. Denn wir reden fa von morali¬ schen d. i. freien Handlungen. Fertig? i- nun im Sündigen, das heißtLaster. Nicht jede Sünde kann man gleich ein Laster nennen. So ist im Gegen- theile Fertigkeit im Guten, Fertigkeit gute Hand¬ lungen zu verrichten, Tugend. Nicht jeder ist gleich tugendhaft, der hie und da eine gute Handlung verrichtet. Denn sonst könnte der Lasterhafteste tu¬ gendhaft genannt werden, weil er nicht so verderbt ist, daß er nicht hie und da eine gute Handlung verrichte, §. 74. Von der Zurechnung und den Grade» derselbe». Jeder Mensch also, der frey handelt, oder der moralischer Handlungen fähig ist, fället schon selbst das Urthcil über seine Handlungen, ob sie strafbar seyn, oder Belohnung verdienen. Nicht weniger urthcilet die Welt über das Strafbare oder Ve- lohnnngswcrthe seiner Handlungen. Und Gott, der Richter aller Menschen, urtheilet hierüber un- > jrüglich. Ein solches Urthcil heißt bey den Mora- D 4 listen — ( 24 ) — listen die Zurechnung einer Handlung. — Es giebs also, wie du wohl siehst, eine innerliche und äußer¬ liche Zurechnung. Von der ersten schreibt der Apo¬ stel : Ein jeder aber prüfe fein eigenes Merk ; und so wird er an sich allein Auhnr haben (wenn er fin¬ det, daß er dem Gesetze Gottes gemäß gehandelt habe): denn ein jeder wird feine eigene Bürde tra¬ gen, d. i. im Gerichte Gottes wird jeder wegen sei¬ nen eigenen Vergehungen beurtheilt werden, und nicht die Frage seyn, ob andere lasterhafter waren. (Galat. 6. Kap.) Nun aber muß bey der Zurechnung auf zwey Stucke gesehen werden, auf die Handlung an sich selbst, und auf ihre Moralität. So kann eineHand- lnng jemand zuarrechnet werden, ohne daß das Moralische derselben auf ihn fällt. Z. V. der Va¬ ter giebt dem unmündigen Kinde Geld, es den Ar¬ men vor dec Thur zu reichen. Die Darreichung wird dem Kinde, aber das Moralische, das Ällmo- sen, dem Vater zugerechnet. — Ein Bösewicht giebt dem unmündigen Kinde einen Feuerbrand, ihn in das Getra* zu legen. Die Anzündung des Getrai- des wird dem Kinde, aber das Moralische, der ent¬ standene Schaden, dem Bösewichte zugerechnet. — Von der ersten Art der Zurechnung ist hier die Re¬ de nicht, sondern von der zweyten, d. i. von der Zurechnung dec Schuld und des Verdienstes. Von beyden will ich itzt einige Grundsätze geben. — i) Je mehr Gelegenheit der Mensch hat, sich die Kenntnisi des Gesetzes zu erwerben; und je mehr es für ihn Pflicht ist, dasselbe zu studieren : desto größer ist seine Schuld, wenn er das Gesetz übertritt, desto mehr kann ihm die Sünde zugerechnrr werden-und desto schwerer ist seine Lerant' — ( 2s ) — Verantwortung. Dieß sagt der Heyland: wer mehr bekomme» hat, von dem wird mehr gefedert wer¬ den.— Hier gilt also keine Entschuldigung mit der Un- wissenheil; denn es ist sträfliche Unwissenheit. Doch wird die Strafe nicht so schwer seyn, als bey dem» der vollkommene Kenntniß des Gesetzes hat. Der Hey« land lehret beydes in einem Gleichnisse, indem er spricht: Der Anecht, der seines Herrn Wille» weiß, und hat sich nicht bereitet, auch nicht nach seinem Wil¬ len getha», der wird mit vielen Streichen geschla¬ gen werde». Der ihn aber nicht (so gut) weiß, rmd hat doch gethan, was Schläge verdienet, wird we¬ nig Schläge leiden. (Luk. 12. K.) Unsträfliche Unwis¬ senheit aber, unsträflicher Jrrrhum, entschuldiget die Sünde, befreyet von der Schuld — Ob aber eine sol¬ che Unwissenheit bey Christen Statt finde, ist eine an- vere Frage. Hier bedenke man, was Jesus sagt' Wen» ich nicht gekommen wäre, und nicht mit ihnen ge¬ redet hätte, so hätte» sie keine Sünde. Wrn aber können sie nichts vorwende», ihre Sünde zn ent¬ schuldigen. (Ioh. iz.Äap.) Bey Christen last sich vor- züalich aumendcn, was der h. Apostel Jakob schreibt: Wer Gutes zu thun weist, und nicht thut, dem ge¬ reicht es zur Sünde. (Jak. 4. Kap.) 2) Was ich nun hon der Kennrniß des Gesetzes gesagt b he, das gilt auch von andern Umständen. Je mehr Antrieb einer hat, seine Pflichten zu erfüllen, und je weniger Hindernisse ihm in dem Wege stehen; desto grösser ist seine Sünde, desto schwerer seine Verantwortung. Hie- her gehöret, was der Heyland den Städten Kvrvzaim und Bethsaide angedrohet hat, weil in ihrer Mitte so viele Wunder geschehen, sie aber dennoch ungläubig und unbußfertig geblieben waren. (Matth, n. K.) Auch dein wird die Sünde zugerechnet, der auch eine gewis¬ se Handlung ungern unternahm, aber doch daöey sich nicht aus allen Kräften widersetzte; oder der selbst Ur¬ sache an der Betäubung mar, in weicher er die Sündr begieng. Z. B. im Rausche, an dem er Schul» war. Denn er hat sich selbst in die Umstände und Gelegenheit zu sündigen versetzt- Sirach sagt: Wer die Gefahr liebt, wird in derselbe» umkomme». — Z) Endlich wird uns auch das Boje zugercchnet, welches andere auf unstrn Befehl, Rath, Einwilligung u.s. w. begangen haben, und das zwar in dem Grade, in wel¬ chem wir Einfluß auf des andern Handlung halten. V s Diese —- ( 26 ) -— ° Diese Sünden heißen fremde Sünden, werden a§er uns eigen weil mir durch Bese!,le, Zureden, Auffor¬ dern, Versprechen , Drohen, Beispiele, Lob oder Still¬ schweigen dieselben begünstiget, oder daran Lheil ge¬ nommen haben. Beyspielr davon findest du in der heil. Schrift. Der Tod des Urias wurde dem David zuge¬ rechnet weil er den Befehl dazu gegeben hatte- So wurde den Königen Israels, welche Götzenbilder aus- Aelltrn, die Abgöttern, des Volkes -»geschrieben: und Gori l-ek einem unter ihnen sagen: Du hast gemacht, daß mein Volk gesündiget hat. — 4) So wie nun die Sünden nach verschiedenen Graden zu- gerechoer werden; so ge-chieht es auch bey den amen Handlungen: je lauterer die Absicht dab:,; war. desto verdienstlicher find sie- Je mehr Kampf und Muhe sie gekostet haben, desto lobiviirdiger find sie. Ein Hryspiel liefert der üenland im Evangelium von jcnnu armen Weibe, welches nur tween halbe Heller in den Gor- teskasten legte. da hingegen die Reichen vieles Geld nut großen, Geräusche dinemwarftn: Wahrlich ich sage euch, daß diese arme Vvirtwe mehr eingelegt hat, als die andern alte. (Luk- ri. Kap ) Go war gewiß die Keuschheit jenes Jünglings heldenmiikbiger, der sogar seinen Mantel fahren ließ, und davon sieh, als jedes andern, der weniger zur Wollust gereizt wird. (i Mos. L9- Kap.) ZweyLes HaupLstück. Von der christlichen Moral insbesondere. Du hast nun , mein Freund, deine Bestim¬ mung gesehen, und gehöret, daß du selbe durch die Erfüllung deinerPflichten oder durch die Beobach¬ tung du inir kömmt, und seinen Daker, Mur¬ rer , W-il) und Linder nicht hasset, (d- i. mehr liebet als michl der kann mein .lunger nicht scyn." (Luk I4-K-)' Daher sagt auch sein geliebter lunger: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist: denn wenn jemand die Welt lieber; so ist sic Liebe des Dattrs nicht in ihm. (1 Job 2 Hao ) Du mufit aber das Wort LVelk recht verstehen. H-er wird die verdorbene Welt, ihre bösen Grundsätze, Laster, und lasterhafte Menschen ver¬ standen. 2) Cine eifrige und feurige Liebe, die sich der ganten Seele des Menschen bemächtiget, alle Fähigkeiten und Kräf¬ te derselben in Bewegung setzet- Es versteht sich, daß dieses Fener eben nickt im Äörver fühlbar seyn muffe, Z) Eine beständige und unveränderliche Liebe, die sich be? jeder Gelegenheit wirksam beweiset, die herrschende Nei¬ gung des Herzens ausmachet, und nach Möglichkeit dem geliebten Gegenstände, Gott, selbst gleicher. Don dieser Liebe redet der Apostel: „Ich bin versichert, dafi weder Tod noch Leben, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hoheit noch Niedrigkeit, noch eine andere Sache, wird mich trennen können von der Lie¬ be Gottes." (Röm 8-K.) Aus diesen Eigenschaften der Liebe lassen sich zugleich die R.e,inzeichen derselben «b- nehmen- Das allgemeine Kennzeichen ist die Haltung der Gebvtbe. Dieses giebt der Heyland an: „Lieber ihr mich; so haltet meine Gebothe." (Ioh. 14-Kam) Also dankbarer Gehorsam gegen Gott (aus welchem auch die übrigen Pflichten, wovon nachgehends die Rede est, können hergeleitet werden) ist das vorzügliche Kenn,ei¬ chen der Liede gegen Gott. Dieses Kennzeichen glebt sein slünger an: „Wer seine Gebothe hält, in dem ist wahrlich dir Liebe Gottes vollkommen." (1 Ioh. 2. K.) Das andere eben so allgemeine und nvtbwendige Kenn¬ zeichen der Liebe gegen Gott ist die Nächstenliebe. „Nie¬ mand hat Sott je gesehen, sagt der geliebte Iüiiger- Mcstn — (62) — Wenn wir uns unter einander lieben; so bleibt Gott in uns; und seine Liebe ist in uns vollkommen. So je¬ mand sagt, er liebe Gott, hasset aber seinen Bruder, der ist ein Lügner ; denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, wie kann er Gott lieben, den er nicht siehe? Und das Gebvth haben wir von Gott, daß, wer Gott liebet, auch seinen Bruder lieben soll." (i Jvh- 4.K.) Run giebt es noch andere Kenn;eichen, welche Zweige dieses allgemeinen Kennzeichens sind : i) Wenn wir Gor- res Vorschriften mit so sreudiger Wärme erfüllen , daß wir keine Beschwerniß empfinden; r) Stärke der Hoch- schätzung und des Verlangens nach Gott; Z) brennen¬ der Eifer für die Ehre Gottes. ") Cs versteht sich von selbst, daß diese Liebe gegen Gott sich auch auf die Person Zes» Christi erstrecken müs¬ se. Denn sein Jünger sagt: „Ein jeder, der da glaubt, daß Jesus der Messias sey, der ist von Gott gebohren. Und wer da liebet den, der ihn gebohren bat, der liebet auch den, der von ihm gebohren ist." (r Joh-s K.) Und der heil. Paulus sagt: „Darum ist Christus sür alle ge¬ storben , auf daß diejenigen, die da leben, nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstan¬ den ist. (r Kor. z. Kap.) §- Z- Anbethung Gottes und Ehrfurcht gegen aller Heilige. Aus derErkenntniß Gottes entsteht Bewun¬ derung seiner Vollkommenheiten und Ehrfurcht gegen ihn. Darauf folget die Anbethung als der höchste Grad der Hochschätzung gegen die Größe und Güte Gottes. Gott, das höchste und unverän¬ derliche Wesen, verdient stets unsre höchstmögliche Hochachtung : es ist also Pflicht für uns, ihm die¬ selbe zu alle« Zeiten zu erweisen. — Hieraus siehst du, welches die Verletzungen der Gott schuldigen Anbethung sind, nämlich, Mißbrauch seines göttli¬ chen Namens, Flüche, Scherzreden über Religion und heilige Dinge, leichtsinniges Betragen bey got- tesdienft- — ( 6l ) — tesdienstlichen Handlungen und auch in der Ge¬ sellschaft überhaupt. — Dieß wäre nun im Allge¬ meinen von der Anbcthung Gottes geredet. AuS welchen Beweggründen aber muß der Christ seinen Gott anbethen? In dem Anbethen muß die Liebe gegen Gott der herrschende Grundtrieb seyn. „Bey der Liebe aber, sagt der Jünger Jesu, ist keine Furcht, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus." (l Ioh. 4.K.) Die Liebe ist das Ge¬ setz des Christen. Der Christ muß also jene knech tische Furcht gegen Gott aus seinem Herzen ver¬ bannen, und nur von der kindlichen geleitet wer¬ den : er muß mehr die Beleidigung des liebreich¬ sten Vaters, als die Strafen, fürchten : nicht mit ängstlichem und furchtsamem Geiste, sondern mit frohem, dankbarem Herzen muß er Gott anbethen. „Denn Gott, sagt der Apostel, hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft und Liebe und Mäßigung." (2 Tim. i.Kap.) Denn ihr Habt nicht einen knechtiche« Geist empfangen, daß ihr euch abermal fürchten müsset; sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, durch welchen wir schreyen: Abba, lieber Vater. (Röm. 8-Kap.) Eine solche Ehrfurcht also , welche mit der kindlichen Liebe vergesellschaftet ist, sollen wir ge¬ gen Gott haben, und diese Ehrfurcht in uns stets unterhalten. Dieß bewirken wir durch lebhafte Vorstellung und Erinnerung an GotteS Allwissen¬ heit und Allgegenwart. Wenn wir nun aber Ehrfurcht gegen Gott haben; so müssen wir sie auch gegen alles haben, was — ( 62 ) — was auf ih» Beziehung hat. Ferne müße seyn alle Geringschätzung gegen Personen und Dinge, die zur Religion gehören , d. i. die Di ner der Reli¬ gion, und ihre Gebräuche, und ihre Bsthhäuscr , muffen in Ehren gehalten werden, weil alles die¬ ses wegen Gott da ist. §- 4- Demuth vor Gott uud Gehorsam. AuS der Ehrfurcht gegen Gott entsteht in mrs die Demuth, d. i. eine lebhafte Erkrnntniß unserer eigenen Unwürdigkeit in Vergleichung mit der Vollkommenheit Gottes , verbunden mit thä- tiger Unterwerfung gegen ihn. Diese Unterwer¬ fung ist zweyerley. Die eine bezieht sich auf den Willen Gottes , und dann hat sie unfern Gehor¬ sam zur Folge. Um diese thätige Unterwerfung gegen den Willen Gottes i» uns zu gründen; be¬ trachten wir nur unsere Abhängigheit von ihm. Go erkannte Maria die Sache; denn sie sprach : ,, Ich bin eins Magd des Herrn." Und wie fühl¬ bar ist nicht unsre Abhängigkeit von Gott ? „So- ,, bald er unfern Odem wegnimmt, vergehen wir ,, und werden zu Staube." (Ps. log.) Betrachten wir dabey das Beyspiel der Ergebung undDemü- thigung Jesu. Dieser sprach zu seinem Vater : Nicht wie ich will, sondern wie du willst. — „ So geschehe dein Wille." (Matth. 26. K.) Die zweyte Art unserer Unterwerfung be¬ zieht sich auf die Weisheit Gortes, und irr dieser Rücksicht muß unsere Demuth lebhaften Glauben wirken. Wir sind schuldig, Gott zu glauben, un¬ feine - ( 6z ) - feiueAussprüche als untrügliche Wahrheit mir dem völligen Beyfalle zu verehren : denn die Weisheit Gottes ist ein unermeßliches Licht, und unser Ver¬ stand in Vergleichung mit derselben dicke Finster¬ niß. ES liegt ja in der Natur der Dinge, daß der Schwächere von dem Stärkern, der Blinde von dem Sehenden, geleitet wird. Daher sagt der ge¬ liebte Jünger: „So wir der Menschen Zeugniß an- „ nehmen, so ist ja Gottes Zeugniß wichtiger. " (i.Joh.s.K.) Dieser Glaube ist darum keiu blin¬ der, sondern ein vernünftiger Glaube. Wir glau¬ ben ja nicht ehe, als bis wir überzeuget sind, daß es Gott gesagt Habe. Nun ist es gewiß vernünf¬ tig , Gottes Worten zu glauben, weil er untrüg¬ lich ist, und weil er sich nicht widersprechen kann. Wenn ich einem Menschen glaube, von dessen Wahrhaftigkeit ich überzeugt bin, wie soll dieß unvernünftig seyn, Gott zu glauben, wenn ich einmal versichert bin, daß er dieß oder jenes ge- offenbaret habe? Der Glaube ist vielmehr ver¬ dienstlich für uns bey Gott. „ Abraham hat Gott „ geglaubet, und das ist ihm zur Gerechtigkeit an¬ gerechnet worden. Denn er zweifelte nicht an der Verheißung Gottes, sondern war voll starker Zu¬ versicht , und gab Gott die Ehre, völlig überzeugt, daß, was Gott verheißt, er auch thun könne." (Nom. 4. K.) Mit der Demuth ist am nächsten der Gehor¬ sam verwandt, d. i. die willige Unterwerfung un¬ serer Gesinnungen und Handlungen unter dis Vorschriften Gottes und Jesu. Dee Gehorsam ist die erste Frucht und das vorzügliche Kennzei¬ chen §. 6. . - (64) - chen unserer Liebe gegen Gott. Und warum sind »vir ihm Gehorsam schuldig ? Weil er unser Schö¬ pfer und Herr, wir seine Geschöpfe und Unter- gebende sind. — Dankbarkeit gegen Gott. Wenn wir Gott kenne«, so fühlen wir seine Wohlthaten. Sind wir nicht unserm Wohlthäter Dankbarkeit schuldig? Dir Dankbarkeit bestehet aber nicht in einer einzelnen Danksagung, in ei¬ ner einzigen Bezeugung unsrer Erkenntlichkeit für diese oder jene Wohlthat; sondern sie ist ein fort¬ dauernder Zustand des Gemüthes, vermöge des¬ sen wir alle einzelne und alle Wohlthaten insge¬ samt , auch das Glück unserer Mitbrüder, als Wirkungen der göttlichen Güte betrachten. Diesen Begriff giebt uns dec Apostel davon: „ Saget „ Dank allezeit für alles." (Ephes. s. K.) 7, Seyd ,, für alles dankbar: denn das ist der Wille Got- „tes." (t. Theff. s. K.) Zur wahren Dankbarkeit werden daher zwey Stücke erfordert, daß wir die Wohlthaten Got¬ tes mit gerührtem Herzen erkennen, daß wir die¬ selben wohl anwenden. Wir können ihm eigent¬ lich keinen ihm würdigen Gegendienst erweisen. Der vernünftige und zu seiner Ehre gereichende Gebrauch seiner Wohlthaten ist die einzige Dank¬ barkeit, die wir ihm erzeigen können. - ( 6; ) — §- 6. Nachahmung Gottes und Jesu Christi. Es ist Pflicht, Gott zu lieben. Was ist der Liebe mehr eigen , als daß sie ihren geliebten Ge¬ genstand nachahme? Diese Pflicht haben wir eben gegen Gott. Wenn wir ihn wahrhaft lieben , so müssen wir ihn nachahmen. Dazu ermahnet unS der h. Paulus : „ Seyd Nachahmer Gottes, als „seine Geliebten." (Ephes. K.) Durch diese Nachahmung machen wir uns alsdann erst recht würdig, Linder Gottes zu heissen: denn gute Kinder müssen ihrem Vater gleichen. — Worinn soll aber diese Nachahmung bestehen ? Jene Voll¬ kommenheiten , die der Gottheit allein znkommen, als da sind : Ewigkeit, Allmacht, Allgegenwart, können wir nicht nachahmen; aber doch jene, de¬ rer die menschliche Natur fähig ist, als da ist die Liebe gegen die Menschen, von welcher Nachah¬ mung der Heyland sagt: „ Seyd vollkommen, „wie euer himmlischer Vater vollkommen ist." sMatth. 5. K.) Was ich da im Allgemeinen von der Nachahmung Gottes gesagt habe, das gilt vorzüglich von der Nahahmung Jesu. Ec hat sich ja uns als ein Muster vorgestellt. „ Christus hat „ euch ein Beyspiel gegeben , daß ihr seinen Fuß- „ stapfen nachfolgen sollet; welcher keine Sünde „ gethan hat." u. s. wi (1. Petr.^. K.) Er selbst fordert uns auf, daß wir seinem Beyspiele folgen sotten. „ Ihr heisset mich Lehrer und Herr; und „ ihr saget recht.— Ich habe euch ein Beyspiel „ gegeben, damit ihr thut, was ich euch gethan Grunde, d. Mor. E „habe. ( 66 ) - „ habe. — Der Knecht ist nicht größer als sein „Herr." (Joh. rz. K.) Wenn wir also wahre Anhänger Jesu ftyn wollen; so müssen wir so wandeln, wie er gewan- delt hat. — §. 7- Vertrauen auf Gott. Eine von den Hauptpflichten gegen Gott ist das Vertrauen auf ihn. Diese Pflicht gründet sich Theils auf die Erkcnntniß seiner Güte und Vater- liebe , Theils auf unsere Liebe gegen ihn, Theils auf seine alles vermögende Macht, Theils auf sei¬ ne nie irrende Weisheit, Theils auf seine unwan¬ delbare Treue. Von ihm nämlich (das heißt Ver¬ trauen) sollen wir überhaupt und in unfern be- sondern Umständen in der von ihm festgesetzten Ordnung allzeit das Bcßte erwarten, oder, wie die h. Schrift sagt: (i.Petr.s.K.) „alle unsre Sorge auf ihn werfen, weil er für uns sorget." Und mun¬ tert uns nicht alles zu diesem Vertrauen auf? Sei¬ ne Güte und unbegränzte Liebe. „ Alle gute Gabe, „ und alle vollkommene Gabe kömmt von oben „herab.' (Jak. i.K.) „Und wir haben erkannt „ und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat.' (i.Joh. 4. K.) Unsere Liebe gegen ihn: denn werden wir ihn als Vater lieben; so haben wir gewiß Vertrauen auf ihn. Vertrauet nicht das Kind auf seinen Vater ? — Seine alles vermö¬ gende Macht. Soll ich nicht auf den vertrauen, der eine unumschränkte Macht hat, mir zu helfen? „ Bey Gott ist kein Ding unmöglich." (Luk. 1 .K.) Seins — ( 67 ) — Seine nie irrende Weisheit. ,, Q welch eine Tie- „ fe des Reichthums sowohl der Weisheit, als der „Erkenntniß Gottes!" (Röm. n.K.) Seine nnwandelbare Treue. ,, Gott ist treu, und wird „ euch nicht über eure Kräfte versuchen lassen." (i.Kor. io. K.) Welche Beweggründe, aufGott zu vertrauen ! — Wie muß nun dieses Vertrau¬ en beschaffen seyn? Und was sind die Folgen des¬ selben ? i) Eigenschaften unsres Vertrauens auf Gott. Es mus er¬ leuchtet , wohl geordnet und unwandelbar segn- a) Erleuchtet, d. i. gegründet auf die Uiberzeugung von Gottes Allmacht, Weisheit, Liebe, Treue: sonst arte¬ te cs in eine Vermessenheit aus- b) wohlgeordnet, d. i- mit Ausübung unserer Pflichten, die uns seiner Zusage tbeilhaftig macht, und mit eifrigem Gebrauche der von ihm angewiesenen Tugendmmel, ohne ihm dir Zeit und die Art der Hülfe vorzuschreiben. Daher mahnet der Apostel: „ So sehr nun zu, wie ihr vor¬ sichtig wandelt, nicht als Unweise, sondern als Weise." (Ephes. 5- K.) „ Alle eure Sorge werfet auf ihn : denn er sorget für euch. Send nüchtern und wachet: denn euer Widersacher, der Teufel, suchet, welchen er ver¬ schlinge. Dem widerstehet fest im Glauben, und wis¬ set, daß euer» übrigen Brüdern eben dasselbe Leiden widerfährt." (i. Petr. Z- K.) c) Unwandelbar, d- i. so rief gewurzelt, daß es durch keinen Verzug, durch keinen Schein erschüttert werde. Dazu ermahnet un« der h. Petrus: „ Erschrecket nicht vor ihren Drohun¬ gen, und lasser euch nicht aus der Fassung bringen. ' d- Petr. z. K.) Und vorzüglich rührend lind jene Wor¬ te , mit denen uns der Heyland zum Vertrauen auf Gottes Vorsehung ermuntert: „Seher die Lilien aus dem Felde! Ich sage euch, daß Salomo in seiner gan¬ zen Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen sey, wie dersel¬ ben eine. Wenn nun Gott das Gras auf dem Felde also kleidet; sollte er das nicht vielmehr euch thun? u. s. w " (Matth- 6. K.) Ließ dieß Kapitel vom 19 Ver¬ se an bis zu Ende. EL s) — ( 68 ) — r) Folgen des wahren Vertrauens ans Gott sind Zufriedcn- heit und Geduld, s) Infriedenhcit oder stilles Vergnü- gen des GcmürheS mit seinem Schicksasr. Dieses lehret uns der Heyland in seiner Bethsvrmel: „Nein Wille geschehe, wie im «imuni, also auch aus Erden/' Aus dieser Zufriedenheit entsteht eine solche Ergebung in den göttlichen willen , eine solche Dereiniaung nut dem¬ selben , daß wir alles bereitwillig, auch dar Böse, von seiner Hand annehmen, so wie Hiob" »Haben wir das Gute von der Hand Gottes empfangen: warum sollen wir nicht auch daS Böse von seiner Hand annehmen?" (Hiob 2. K.) Ja: so groß war seine Zufriedenheit nut der Vorsehung, das, er sagte: »Sollte er mich auch lösten ; so will ich dennoch auf ihn hoffen." (Hiob iz K.) Und in der That, was fehlet dir zu dieser Zufrieden¬ heit? Hirch wird eine richtige Beucthcilung der Dinge im gegenwärtigen sieben erfordert- Du dar>st nur ein- sehcn i das? irrdifche Güter an sich den Menschen nicht glücklich machen, sondern vielmehr öfters daS wahre Glück hindern Vermeide dabei, wie Anlässe zur llnzu- friedcnhett und zum Mißvergnügen , a!S da sind Streit, Mißgunst, Feindschaft u. s- w. Mäßige dann deine Be¬ gierden und Wünsche. Genügsamkeit ist die Quelle der Zufriedenheit. Darum sagt der Apostel: »Genüngsam- keit ist ein großer Gewinn. Wir haben nichts m die Welt gebracht, werden auch nichts mit hinaus nehmen. Wenn wir Nahrung und Kleider haben ; so wollen wir zufrieden scyn." (r Lim. 6.K.) Daher sagt der heil. Ja- kob : »Woher kommen Streitigkeiten und Kriege unter euch? Kommen sie nicht aus euren düsten ? Ihr begeh- ret, und habt nichts; ihr beneidet, und könnet doch nichts erlangen." (Jak. st-K.) Schränkest du deine Wün¬ sche ein; so wird alsbald Zufriedenheit bcy dir einkeh- ren. Mache daher einen Unterschied zwischen wahren und eingebildeten Bedürfnissen- Die wahren sind leicht zu befriedigen; die eingebildeten sind durch ihre Uner¬ sättlichkeit Feinde der Zufriedenheit. Daher sagt ein Hcyde von dem Geitzhalse: »Er leidet an allem Man¬ gel, sogar an dem, was er hat." — Dor allem aber, um zufrieden zu seyn, mußt du ein gutes Gewissen ha¬ ben- Dieß ist die reinste und reichhaltigste Quelle der Zufriedenheit- Salomo sagt selbst von der Weisheit, die nokhioendiger Weise ein gutes Gewissen mit sich bringt: »Ihre Wege sind schöne Wege, ihre «steig« sind sind snedsam." (Sprüchw- z.K.) Eben dieses behauptet Sirach iui 16. Kapitel? „An? Ende find'st du Ruh bey ihr; See kehrt siri, dir itt Freude/' !,) Die Folge der Zufriedenheit ist Geduld. Der Zu¬ friedene/ der Genügsame ist zuni Dulden schon vorbe¬ reitet? d i. er wirb seine beiden mit uneingeschränkter Ergebung >n den göttlichen Willen aus dankbarer Lie¬ de gcgtn ihn tragen, und durch fromme Gaben auch in Wohlchat verwandeln- Darin besteht die christliche Ge¬ duld. Sic ist keine gefühllose Lage der Seele, keine gänzliche Unempfindlichkeit gegen die Trübsalen? sie lässt sich auch mit Thränen und Trauer vergesellschaf¬ ten, weis, aber bald ihren Trost >u finden. Jesus dienet uns zum Beyspicie. Nachdem er jeui Gefühl, das er von seinen, Leiden balle, gefinstert hatte, be-engte er auch seine Ergebung- „Meine Seele ist betrübt bis in den Tod — Loch nicht wie ich will, sondern wie du willst." (Matth. 26.Lap i Aon deine,» Heylande, mein Christ, lerne also die Geduld. Auf allen Blättern des Evangeliums wirst du Beylpiele derselben lesen. Du hast aber auch andere Beweggründe dazu — Forsche vor allem nach der Quelle deiner Leiden, e-ind sie eine von Gott dir >,»geschickte Züchtigung wegen deiner Ver¬ gehungen ? so hast du wirklich den Trost, daß dich Gott iicbe. „Denn welchen der Herr lieb hat, den züchtiget er? er geißelt aber einen jed-u Sohn den er aufnimmr." (Hebr- 12 K.) Der nämliche Text ist ein Trostgrund für dich, wenn du dich keiner Vergehung schuldig findest. Da hält dich das Zeugniß deines Gewissens hinlänglich schadlos.— Vergleiche deine Leiden mit fremden Leiden. Siehst du mehrere Bedrängte, so tröste dich mil ihnen- Srnd senk noch bedrängter? wieviel mehr mußt du bey de,nein geringen Lewen geduldig scyn?— RurGc- dulv macht deine Leiden erträglich , Ungeduld erschweret sie. — Bist du gottesfürchtig, so muffen ohnehin die Leiden der Welt für dich Freuden und Wohlthaleu seyn. Hier hast du das Beyspicl deines Heylandes. „Er de- theke -um zweyienniale: Ist es nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe? so geschehe dein Wille." (Match. 26 K.) Hier hast du das Beyspicl des Apostels, der seinenL'eiscii entgegen gieng: „Ist) fürchte nichts und achte mein Leben auch nickt rhenrer,- als mich selbst, wenn ich nur mkinen Lauf, und das Amt, bas ich vom Herrn , 3esn cmpfangcü habe, hostende» kann." (Apystg. 20.«,) - (72) — §. 8. Andacht. Den Artikel von dem inner« Gottesdienste beschließe ich mit der Materie von der Andacht. Diese ist eine Folge der Liebe gegen Gott. Wahre Lrebe beschäftiget sich gerne mit ihrem Gegenstän¬ de, folglich der Mensch mit Gott, wenn er ihn wahrhaft liebet. Diese Beschäftigung, oder viel¬ mehr die herrschende Neigung, sich mit Gott zu be¬ schäftigen, um dadurch tugendhaft zu werden, dicß ist die Andacht. Hier kannst du selbst schließen , was für ein Unterschied zwischen Andacht und An- dächteley sey. Weit gefehlt, wenn du Andacht in Dingen suchest, deren die Religion entbehren kann, in gewissen Vethformeln, z. V. in blinder, dem Geiste des Evangeliums und den kirchlichen Vor¬ schriften zuwidcrlauftnder Verehrung gewisser Bilder u. s. w. Die wahre Andacht betrachtet die Eigenschaften und Werke und Gesetze Gottes, und zwar in der Absicht, um dadurch Gott immer ähn¬ licher, weiser und tugendhafter zu werden. Diesen Begriffgicbt uns die heil. Schrift von der wahren Andacht. Was hierüber der heil. Jakob sagt, das habe ich dir oben schon «»gezeigt, wo vom Gottes¬ dienste die Rede war. Hiehcr gehört auch über¬ haupt, was ich dort gesagt habe. Wenn du hierüber wcitläuftigcre Abhandlungen lesen willst, so nimm die wahre Andacht des Herrn Muratori in die Hand. In diesem Buche findest du gründlichen Un¬ terricht und Nahrung für deinen Geist. Hier will ich dir nur kürzlich dieQuellen der Andacht zeigen, nämlich die Natur und die Offenbarung. Die — ( 7' ) — Die Natur, diese- große, heilige und unetr schöpfliche Buch , liefert endlosen Stoff zur Be¬ schäftigung mit Gott und zu tugendhaften Empfin¬ dungen. Die ganze Schöpfung ist ein Spiegel, worin« wir Gott erblicken. Der Donner verkünd diget seine Macht; der gestirnte Himmel ist ein Bild seiner Herrlichkeit; daS kühlende Säuseln des Abcndwindes, der lockende Gesang der Vögel, das Murmeln der Bäche sind Töne seiner Liebe. Und die ganze Ordnung und Harmonie der Natur prediget Gehorsam gegen ihn. Bey der Betrach¬ tung der Natur wird deine Andacht gewecket und angeflammet werden. Hier nimm den i8> und roz. Psalm in die Hand, und lieö sie mit den Empfindungen ihres Verfassers. — Die Offenbarung macht dich nicht nur auf die Natur aufmerksam, sondern sie leitet noch dei¬ ne Beschäftigungen mit Gott zum rechten Zwecke. Denn fie zeiget dir die Schätze der göttlichen Er¬ barmnisse, die Mittel, dieselben zu erwerben, und die Hoffnungen durch Jesum jenseits de- Gra¬ bes. Welchen Stoff zur Andacht! — Diese Betrachtungen nun, begleitet vonAn- hethung, Vertrauen, Liebe, verbunden mit ern¬ sten Entschlüssen, unS immer danEbar und gehor¬ sam gegen Gott zu zeigen , diese machen die An¬ dacht im Geiste und in der Wahrheit aus. S 4 Zwey- — ( 72 > — ZweyLes HaupLstück. Tleusseres rechtschaffenes Verhalten gegen Gott. (Aeufferlicher Gottesdienst.) Bisher haft du vernommen, mein Freund, wie deine Gesinnungen gegen Gott beschaffen seyn muffen. Dein Wandel muß aber denselben ent¬ sprechen. Von diesem will ich in gegenwärtiger Abhandlung mit dir reden. Ich zeige dir nun, worin» der äusserliche Gottesdienst bestehe. Hier Handle ich folgende Materien ab, nämlich von der äufferlichenEbrerbiethung gegcnGott, vom öffent¬ lichen feyerlicheu Gottesdienste, vom Religions¬ bekenntnisse , vom Eifer für die Ehre Gottes, von Verehrung Gottes durch den Eid ; vom kirch¬ lichen Fasten, und von der Sonntagsfeyer. §. i. Aeusserliche Ehrerbiethung gegen Gott. Der Mensch ist nicht ganz Geist, sonder» ein Wesen vermischter Natur; er besteht aus Kör¬ per und Seele. Nun muß der Mensch seinen Gott aus allen Kräften lieben; er muß Ehrfurcht gegen seinen Gott haben. Daraus folgt nun, daß wir auch eine äusserliche Ehrerbttthung gegen Gott bezeigen müssen. Worte, Gebärden, Stellungen und Handlungen müssen Zeugen dieser Ehrerbie- thung seyn, nicht allein bey gottesdienstlichen Handlungen, sondern in unserm ganzen Betra¬ gen. Auf diese Weise erfüllen wir den Inhalt der Worte des Apostels: „ Ihr esset nun, odertrin- „ ket, oder was ihr thrtt, so thnt alles zur Ehrs 7, Gottes. ( 7Z ) „ Gottes.' (r. Kor. io. K.) Wir erweisen Gott diese Ehrerbiethung nicht in der Eigenschaft eines Hofdienstes , nicht als wenn er dabey einen Zu¬ wachs des Vergnügens gewänne, sondern vorzüg¬ lich deswegen, weil die äussere Ehrerbiethung der innern Kraft giebt, und zur Ermunterung unse¬ res Nebenmenschen nöthig ist. — Darum gieng uns Jesus sebst hierinnfalls mit seinem Beyspiele voran. Er lobte Gott öffentlich. „ Ich preise „ dich, Vater und Herr Himmels und der Erde. ' (Matth, ii. K.) Er dankte Gott öffentlich. Er betbetc knieend. „ Und er gieng ein wenig weiter, °, fiel nieder auf sein Angesicht, bethcte und sprach: „ Mein Vater u. s. w." (Matth. 26, u. Lnk. L2K.) §. 2. Gemeinschaftlicher fcyerlicher Gottesdienst. Aus der äusserlichenEhrerbiethung gegenGott entsteht nun der öffentliche gemeinschaftliche und feverliche Gottesdienst. Dieser besteht, imAllge- meinen zu reden, im Lobe Gottes, d. i. indem mündlichen Zeugnisse unserer innerlichen Uiber- zeugnng von seinen Vollkommenheiten, in dem öffentlichen Bekenntnisse unsererHochachtung und Liebe gegen ihn. Darum sagt der Heyland: „Wer „mich vor den Menschen bekennet, den will ich „ auch vor meinem Vater im Himmel erkennen." (Matth. 10. K.) Darum sagt der Apostel: „Mit „dem Herzen glaubet man zur Gerechtigkeit; „ mit -em Munde aber geschieht die Bekenntniß „ zur Seligkeit." (Röm. iQ.K.) Darum sagt auch eben dieser Apostel: „So lasset uns nun Golk E s durch — c 74) — durch ihn (durch Christum) allezeit baS Opfer -es Lobs opfern, das ist, die Frucht der Lippen, die seinen Namen preisen." (Hebr. iz.K.) Was soll ich mehr sagen , um den gemeinschaftlichen Got¬ tesdienst zu empfehlen, oder unsere Pflicht, dem¬ selben beyzuwohnen , zu zeigen ? Der öffentliche Gottesdienst ist nicht nur we¬ gen Gott, sondern vorzüglich um unsertwillen an¬ geordnet. Dadurch erwecken wir nämlich bey uns Ehrerbiethung, Furcht und Liebe gegen ihn, und befördern unsere Erleuchtung undHsiligung: bey- nebst dienen die mit dem Lobe Gottes verbundenen Gemüthsbewegungen uns zur Freudigkeit, zum Troste, zur Beruhigung und zur Vergrößerung unserer Tugend, den Kaltsinnigen zur Aneiferung, den Ruchlosen öfters zurBekehrung. Dazu ist dec gemeinschaftliche Gottesdienst das schönste sichtba¬ re Band unserer Verbrüderung in Christo. Daher waren gleich beym Anbeginne des ChristenthumS gottesdienstliche Versammlungen, wie uns der h. LukaS bezeuget , der uns auch die wesentlichen Vestandtheile desselben beschreibt: „ Sie beharr- „ ten in der Lehre der Apostel, und im gcmcin- „ schaftlichen Brodbrcchen, und im Gebethe.' (Apostelgesch. 2. K.) Und der h. Paulus schrieb den öffentlichen Gottesdienst vor als ein Mittel zur Ausübung des Glaubens und der Liebe, indem er schreibt: „Und lasset uns auf einander Acht haben, damit wir einer den andern zur Liebe und zu guten Werken ermuntern , und von unser» (gottesdienstlichen) Versammlungen nicht weg- bleiben; sondern tröstet einander." (Hebr. 10.K.) Dor — ( 75 ) — Vor allem empfiehlt der Apostel den feyerliche» Gesang als einen Haupttheil des öffentlichen Got¬ tesdienstes. „ Redet untereinander von Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern; finget dem Herrn in euern Herzen , und saget Dank al¬ lezeit für alles." (Ephes. s. K.) Und in derThat, der Gesang war allezeit (und ist es noch) der na- ü rliche Ausbruch freudiger und feyerlichsr Em¬ pfindungen des Herzens. Zeugen davon find die Psalmen Davids , das Lied der Debbora , und anderer im alten Testamente; im neuen Testamen¬ te die Lieder der Elisabeth, -es Zacharias, der seligsten Jungfrau und Simeons. Und Christus selbst und seine Jünger sangen Lieder, da fie die Ostern feyerten. (Matth. 26. K.) Mein Freund, dieß war nun im Allgemei¬ nen vom feyerlichen Gottesdienste geredet. Ich muß nun aber die Sache etwas näher bestimmen. Ich rede also von den Oertern der gottesdienstli¬ chen Versammlungen und von dem pfarrlichen Gottesdienste. Denn in diesen zweyen Stücken läßt fich alles einschliessen , waS die Moral dem Christen hierüber zu sagen hat. r) Allenthalben, wo wir sind, sind wir in Gottes Tempel; und allenthalben können wir ihn anbeihen, wie wir auch verbunden sind, ihm allenthalben zu dienen. So predigte der h. Paulus zu Athen: „Gott, der die Welt gemacht hat, derselbe, weil er ein Herr des Himmels und der Erde ist, wohnet nicht in Tempeln mit Hän¬ den gemacht; ihm wird auch von Menschenhänden nicht gedient, als wenn er etwas bedürfte. — Er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns: denn in ihm le¬ ben, schweben und sind wir." (Apostelg. I7-K. Indessen sind doch die Tempel besonders dazu bestimmt, das: wir in denselben buhen, und Gott unser Opscr Larbruigen sollen. - — ( ?6 ) — sollen. Darum sagt der Heylaud: „Mein Haus soll ein Bethhaus heißen." (Mauk. 2l.Ä.) In den Tempeln al- io mußt du mit Ehrerbiethung, mir versammeltem Gei¬ sse, mit Ehrfurcht erscheinen. Nichts dürfe sich an dir blicken lassen, was diese Wohnungen entehre und ent« heilige. Erinnere dich , was der Hettland dort zu Jeru¬ salem von dem Tempel gesagt, und wie er drswegen mit den Entehret» de« Tempels verfahren ist. „Er machte eine Geisel aus Stricken, und incb sie alle aus dem Tempel hinaus— und sprach: Traget diese Dinge von dannen, und machet meines DatecS Haus nicht zum Kaufhause/' (Joh. r. Kap ) 2) Daß cs Pflicht sey, dein Psacrgoktesdierste Key uwvh- nen, darüber habe ich keinen Bewriß uöibig Dies; ist der Geist der Kirche, und dies ist die von Jesu und seinen Aposteln hcrstammcnde Einrichtung , das; du dem seyrrlichen Gottesdienste beuwohncn follst. Die Znr des¬ selben zu b'stuntuen überließ Jesus den von ihm aus¬ gestellten Hirten. Nun ist dieier seyerliche GotiesLirnst ganz allcin der Pfarrgottesdienst, oder jener, dem der von deinem Bischöfe dir gegebene Srelenh-.rt vorstellet- Den Gottesdienst in andern Kirchen außer demeni Prarr- svieie iniißl du als einen Privakgollesdienst anschen. In ven Versammlungen derer, die u einem Psarrlpiele gehören, und unter denen du wohnest, mußt du er¬ scheinen. Dam verbindet dich das Zick und Ende der Aufrichtung der Psarreyen: dazu verbindet dreh die Verbrüderung oder Gemeinschaft mit den übrigen Gläu¬ bigen; dam verbindet dich -die Pflicht: „Lasset euer Licht vor den Menschen leuchten;" da>u verbindet dich die Dankbarkeit gegen jene Kirche, in der du wiederge- bokrrn wurdest, oder in der du die österlichen Sacra- mrntc empfängst, oder die dich nach deinem Tode in ihren Schoos aufnchmen muß, oder deren Vorsteher dir auf o-mcm Scerbbeite beyiiehen muß.— Worin besteht nun der Pfarrgottesdienst ? Davon will ich nachgehends reden, wo ich von der Heiligung der Feiertage handeln werde- §- Z- Religionsbekenntnis;. Zum öffeulüchen und feyerlichen Gottesdien¬ ste gehöret vor allem das öffentliche Vrkenntnjß der — ( 77 ) — der Religion. Und diese Pflicht verbindet dich so zwar, daß du selbst dein Leben für die Religion aufflwpfern bereit seyn mußt. Aus diesem Ver- pflichtuugsgrunde folg- n nun zwo Pflichten. t) Derne Religion darfst du nie verläugnen- Erinnere dich, was Jesus gesagt bal: „Wer mich vor den.Menscheit verläUgner, den will ich auch vor meinem himmlischen Darer' verläugnen." — Dine VerlL'uzniing kann auf dreyerley Arc geschehen, namhch durch Abfall von der Religion, lun zeitlicher Vveiheile willen durch muth- willige Versäumung des ogcmlichen Gotkksbienstks, oder durch frevelhafte Verletzung der äußerlichen Ehr- erviethnng gegen Gote, durch vorsrtz'iche Milmachung der Gebräuche einer lalschcn Religion. s) Äu iuust bereit seyn, die Religion sogar mit Aufopfe¬ rung deines Lebens zu bekennen. Diese Pflicht legt dir derHepland ans, u dessen Religion du dich bekennest. Der Grund dieser Pflicht ist die Aufrechtkaliung der Religion, die durch dieses Zeugnist welches du able¬ gest, eine Art don Bestctttiaunq bekömmt, und das Wohl deiner Mitmenschen, di? dadurch tkerls in ihrer Religion gestartet, kheils zu derselben angelocket wer¬ den lollen. (darum sagt derHeyland: ,,Ihr feyd daS Licht der Weit Eine Stadt, die aus einem Berge liegt, kann nicht unbemerkt bleiben. So zündet man auch kein Licht an. und setzet es unter einen Schemel, son¬ dern auf einen Leuchter, auf daß es allen, die im Hause stud, leuchte. Also lasset euer Licht vor denMen- schen leuchten, damit ne eure guten Werke sehen, und den himmlischen Vater preisen." (Matth. 5-Kap ) Um dieser Pflicht genug zu thun, scheute auch der h. Pau¬ lus den Tob selbst nicht, und vrrachtcle alles aus der Welt im Vergleiche mit der Religion, wie er reibst von stch schreibt: „Run halte ich alles für Schaden wegen der Vortresslichkeit der Erkenntniß Christi, mei¬ nes Herrn, um dcssenttvillen ich alles habe fahren las¬ sen, und achte es für Ä'oih, ans daß ich Christum ge¬ winne." (Philipp 5 Ä) „ 'sch fürchte nitt-ts, und acht« wem Leben auch nicht theurer, als mich selbst, wenn ich nur meinen Lauf, und bas Amt, welches ich von meinem Herrn Jesu empfangen habe, vollenden kann." (Apostelg. ro.gl) Ein eben so heldenmüthigcS Bcuipiel gaben dir Apostel vor dem jüdischen Senate von ihrer Gk-'.ndhaf. - ( 78 ) — Standhaftigkeit in dem Religionsbekenntnisse, wie wie ebenfalls in der Apostelgeschichte vom PetruS und Jo» Hannes lesen: „Sie giengcn fröhlich von des Raths Angesichte hinweg, weil sie würdig geachtet waren, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden." (Apostelg. z.K.) In welchem Falle nun bist du schuldig, selbst mit Aufopferung deines Lebens , deine Religion öffentlich zu bekennen? a) Wenn die Obrigkeit das Re- kigionsbekenntiliß von dir abfordert. Dieses sagte Jesus seinen Anhängern vor, und ermahnte sie zur Stand¬ haftigkeit in diesen Umständen. „Man wird euch vor Fürsten und Könige um meinetwillen führen. Wenn sie euch nun überantworten werden; so sorget nicht, wie oder was ihr reden sollet-" (Matth, 10.K.) l>)So oft dein Stillschweigen als eine Verläugnung der wahren und al« eine Bestättigung der falschen Religion könnte angesehen werden- Hierinsalls giebt dir Nikodemus ein schönes Beispiel. Als man im Senate heftig gegen Jr- sum, seine Lehre und Anhänger schalt; so schwieg er keineswegs, sondern antwortete: „Richtet auch unser Gesetz einen Menschen, ehe man ihn verhöret, und er» kennet, was er thut?" (Joh. 7. Ä.) Darum ermahnet uns auch der heil. PetruS: „Seyd allezeit bereit, einem jeden Genüge zu thun, der Grund der Hoffnung, die in euch ist, fordert." (1 Petr. z. Kap.) Z) So dringend nun in den angesetzten Fällen die Pflicht des öffentlichen Glaubensbekenntnisses ist; so giebt es doch auch evangelische Klughritsregeln, die man dabey zu beobachten hat- s) Nimm dich vor Zänkereyen in Religionssachen in Acht- Nur dir Wahrheiten der Re¬ ligion mit Freudigkeit, Weisheit und Standhaftigkeit in erheischenden Fällen vortragen, und bis in den Lod verthcidigen , heißt die Religion bekennen, nicht aber für sich und ohne Noth einen Koniroversprediger ma¬ chen. So machte es Johannes der Täufer: „Und er bekennte und läugneke es nicht." (Joh. i. K.) Mehr fvderk auch der Apostel nicht, indem er sagt: „Sodu mit dem Munde von Herzen Jesum bekennest, — so wirst du selig werden " (Rom. io. K.) Ein solches Be- kenntniß schreibt auch der h. Petrus vor, indem er sagt: „ Wir sollen bereit seyn, jedem genug zu thun, der Ursache unserer Hoffnung fordert, und zwar: „Mit Sanfttnurh und Ehrfurcht, und habt ein gutes Ge¬ wissen , auf daß die, so euch Nachreden, beschämt wer¬ den." (i. Petr. z,K.) b) Wenn Privatpersonen unsere Religio» — ( 79 ) — Religion wissen wollen, so sind wir eS schuldig, ihn» zu sag'», aber nur in dem Falle , wenn ihre Frage nicht au« Vorwitze , sondern ans redlichen Absichtm geschah. Ein allzuoffenherzigeS Geständniß ist unbehut¬ sam , und gegen die Klugheit , die Jesus lehrt. Er selbst entdeckte die Geheimnisse seiner Religion nicht, wenn er versah, daß die Bekanntmachung derselben fruchtlos sey. Als die Schristgelehrten ihn fragten, aus welcher Macht er handle und lehre, so gab er ih¬ nen keine entscheidende Antwort, svndern sagte: „Ich will euch auch um etwas fragen, gebet mir Antwort." Da sie ihm aber keine entscheidende Antwort gaben, so versetzte er: >, So sage ich euch auch nicht , auS welcher Macht ich das lhue." (Luk-20. L.) c) ES ist erlaubt, sich zu flüchten, und der Marter um der Re¬ ligion willen zu entgehen , wenn man nach redlicher Untersuchung sich zü schwach findet, ein solche« Be- kenntniß ablegen zu können. Darum sagte der Heyland zu seinen Jüngern: „ Wenn sie euch in einer Stadt verfolgen , so fliehet in eine andere." (Matth. 10. K.) cl) Man muß jede Veranlassung zur Religionsverfol¬ gung vermeiden, und sich nie von einem blinden Eifer hinrriffen lassen. Darum empfiehlt der Heyland Klug¬ heit : „ Sehet , ich sende euch wie die Schafe unter die Wölfe; darum seyd klug , wie die Schlangen. — Hütet euch vor diesen Menschen: denn sie werden euch Vor ihre Gerichte schleppen." (Ebend- io K.) Ans die- sem folget, daß es auch in gewissen Fällen und Um¬ ständen erlaubt sey, seine Religion geheim zu halten, wie es die Esther that; (Esth. 2. K.) ja, daß man ei¬ ner vorhergesehenen Verfolgung durch die Flucht aus- weichen dürfe, wovon uns die ersten Christen ein Bey- spicl gaben, die bry der vom Saulus erregten Verfol¬ gung sich aus Jerusalem flüchteten. (Apostelgesch. 8- K.) -) Endlich muß das Glaubensbekenntniß auf die deut¬ lichste und gründlichste Art sowohl, als auch mir Sanft- murh und Ehrerbiethung gegen die befragende Obrig¬ keit abgelegt werden. Ein Beyspiel davon giebt uns Daniel im alten Testamente. Ec erzählet die Geschichte von den drey Knaben, welche sich weigerten, des Kö¬ nigs goldenes Btldniß anzubethen, weil es gegen ihre Religion war. Ihre Antwort aber war folgende: „Unser Gott, den wir ehren, kann unsans dem bren¬ nenden Feuerofen retten , mid aus deinen Händen, 0 Äyriig, erlösen, Und sollte ec gleichwohl das nicht khnn ibun, so sollst du, König, dennoch wissen , daß wie deine Götten nicht verehren, auch das goldene Bildnis, das du anfgerichlet hast, nicht andeihen ' (Dau. g. K) Im neuen Testamente dienen die Apostel uim Muster: „ Mit großer Kraft gaben die Apostel Zeugnis von der Auferstehung Christi." (Apostg. 4- K.) Besonders erbauend ist das Beyspiel des h. Paulus , da e^ der dem Könige Agrippa sein Glaubensbekennttnk ablegic : „Ich schätze mich glücklich , (so sagte er) o König Agrippa, daß ich mich heute über alles, dessen ich von den Juden beschuldiget werde, vor dir verantivorteu soll. — Nun stehe ich und werde gerichtet wegen der Hoffnung der Verheißung. — Warum wird doch das für unglaublich gehalten , daß Gott die Todten erwe¬ cke." (ebend. :6. K. welches ich ganz zu lesen bitte.) §. 4- Eifer für die Ehre Gottes. Zu dem öffentlichen Religionsbekenntnisse gehört der Eifer für die Ehre Gottes. Nur kömmt es darauf an, daß man hierinfalls Ziel und Maas wisse. Dieser Eifer ist ein kräftiges, immerwäh¬ rendes Bestreben in und äusser unS alles zu beför¬ dern , was die Ehre Gottes unter den Menschen befördern kann. Dieser Eifer ist eine Folge der Liebe gegen Gott. Denn hier läßt sich anwenden, was der Heyland bey einer andern Gelegenheit sagte: „Aus der Fülle des Herzens spricht der „Mund." (Matth. 12. K.) Aber dieser Eifer muß die Klugheit zum Grunde und zur Begleite¬ rin» haben; und die Ganftmuth muß die Zierde der Handlungen des für die Ehre Gottes eifern¬ den Christen seyn. Nur bey schicklichen Gelegen¬ heiten redet der Eiferer für die Ehre Gottes von der Religio». Ich will dir, mein Christ, densel¬ ben schildern, wie er seyn soll. Im Umgänge mit andern andern redet er nicht so leicht von der Religion, sondern nur gelegenheitlich läßt er seine Empfin¬ dungen darüber merken. In gemischten Gesell¬ schaften hütet er sich ohnehin , vermeidet alle Re- ligionsunterredungen, vorzüglich allen NeligionS- sireit. Das thut er aber : in gesellschaftlichen Ge¬ sprächen spricht er von den Spuren der göttlichen Macht, Weisheit und Güte in den Werken der Natur, von den Gängen der göttlichen Vorsehung bey merkwürdigen Vorfällen, von edlen Hand¬ lungen der Mitmenschen , zur Empfehlung der Tugend; und dieß weiß er in gesellschaftliche Ge¬ spräche mit Anmuth einzuführen. Religion und Tugend zieht er nie mit Gewalt herbey; er will sie Niemand aufdringen: denn er weiß, daß dieß sie vielmehr entehre, und den Nächsten zum Sün¬ digen reize. Er befolgt hierin, was der Heyland seinen Jüngern sagte: „ Ihr sollt das Heilige nicht den Hunden geben, und eure Perlen nicht vor die Schweine werfen, daß sie dieselben nicht mit Füssen zertreten, und wenn sie sich umgewandt, euch nicht zerreissen/' (Matth. 7. K.) §. 5. Der Eid. Unter die vorzüglichen Arten deS äusser» Gottesdienstes gehöret auch der Eid. Von diesem muß ich dir, mein Freund, alles sagen, was der in deinem Leben benutzen sollst (denn vor allem mißrathe ich dir denselben.) Ich sage dir also, worin« die Wesenheit desselben bestehe; ob er er¬ laubt sey; welche Regeln der Schwörende bcob- Grunhr. d. Mor. F achten — ( 82 ) — achten müsse; waö Meineid sey.— Hiezu gehö¬ ret noch der Artickel von Gelübden , »vovon ich Las Nothige hinznfügen werde. Was ist also der Cid? Eine freywiliige Bekräftigung einer Aussage oder eines Angelobnisses mit Berufung auf Gott; d-i. das- er Zeuge senu solle, das; man wahr« hast geredet habe. Der Zweck des Eides ist , bey einer Aussage oder Verheissung den höchsten Grad von Gr« wißheil zu erhalte». Cs ist eine alltägliche Sache, das; der Mensch aus Unüberlegtheit etwas sage oder verspreche, worauf man sch nicht so leicht verlassen darf. Gesittete Völker führten es daher ein, daß bey wichtigen Fallen die Möglichkeit des Leichtsinnes und der Uibereilung abgeschnuten, und der Mensch an den höchsten Beweggrund zur Wahrheit erinnert werde. Denn es schien den Nationen nicht möglich zu seyn (uud der b erbosteste Mensch müßte fähig dazu seyn) das; rin Mensch mit der vollkommensten Besonnenheit und Uiberlegung , und mit Anrufung seines Gottes , der fein höchster Beweggrund zu seiner Rechtschaffenheit seyn muß, treulos die Wahrheit sagen, oder falsche Ange- lobniffe thun sollte. — Nur kömmt es darauf an, daß du wissest, was ein eigentlicher Eid sey, oder wo¬ rin» seine Wesenheit bestehe. Sie bestehet darinn, daß der Schwörende erkläret, er sey seinem Gott, den er anbether, Wahrheit schuldig, und daß er um Gottes willen die Wahrheit reden wolle ; darin», das; er sich beym Schwören seines Gottes erinnere , »Ä dmselben gegenwärtig vorstelle, und unter seinen Augen schwö¬ re; darin», daß er den Cid für eine unverbrüchliche und heilige Pflicht halte; darinn, daß er sich der beym Eide gewöhnlichen Formel nicht aus blossem Ceremo- uicle, sondern mir der ganzen Urberzcugung uns St,m- mung seines Herzens, bediene- 2) Nun kömmt es auf die Frage an, die von einigen auf¬ geworfen wird : Ist es erlaubt, zu schwören? Nach¬ dem ersten Anscheine sollte inan im neuen Testamente Nein antworten. Denn dcrHeyland sagt: „Ich sage euch, daß ihr gar nicht schwören sollet; weder beym Himmel: denn er ist der Thron Gottes; noch bey der Erde: denn sie ist der Schemel seiner Füße- Auch sollst du bey deinem Haupte nicht schwören : denn du kannst nicht ein einziges Haar weiß oder schwarz ma¬ chen. — ( 8Z ) — chen. Eure Rede aber sey : Ja ja; nein nein. WaB aber darüber ist, Las ist vom Bösen." (March. 5. K.) Aber wenn inan diese Stelle mit andern Aus¬ sprüchen der h. Schrift, und mit dein Betragen Jesu selbst vergleichet; so sicht man, daß der Sinn der Worte Jesu nur Ker ist : „ du sollst nicht ohne drin¬ gende Noch schwören." Jesus selbst hat einen seyerli- chen Eid bei) Gerichte abgelegt, als ihn dec hohe Prie¬ ster benm lebendigen Gort dazu aufforderte, (ebend.ab. K.) Der Eid ist also erlaubt: aber folgende Regeln muffen beobachtet werden. 2) Schwöre nicht um Klei¬ nigkeiten will.il, sondern nur in wichtigen Dingen, d) Verrichte die Cideshandlung nicht leichtsinnig, son¬ dern mit Ernste und Ehrfurcht: denn du rufest den sttamen deines Gottes an- c) Du mußt in deinem Herzen überzeugt seyn , und darfst den Worten des Eides keinen andern Sinn bei) dir selbst beylegen. cl) Aus Uiberzcugung mußt du schnüren. Wenn du an der Wahrheil deiner Aussage zweifelst; dann ist der Schwur Sünde oder gar Meineid, d. i. ein Eid, den du gegen dein Gewissen ablegest. Welch ein schweres Verbrechen dies; sey, wirst du leicht selbst fühlen. ES ist Kreß eine Beleidigung Gottes, dessen heiligsten Ra¬ inen du zur Besiältigung einer Lüge mißbrauchest. Und dadurch zerreissest du die heiligsten Bande der mensch¬ lichen Gesellschaft, die von dir ein Zeugniß der Wahr¬ heit und Unterstützung der gerechten Sache fordert- *) Der Hcylanv verbierhet das Schwören äusser, Gerichte, oder was das Nämliche ist, ohneNoth. Da¬ von habe rch dir gesagt. Ich setze aber noch etwas hin¬ zu, welches dich von der Gewohnheit zu schwören abhal- ren soll. Ich gebe dir nämlich zween Aussprüche zu be¬ denken ; der eine ist von einem Heiden, der andere von Sirach. Der erste lautet: „ Wer gerne gewohnt ist zu schwören, der schwört leicht falsch." Diesem Verdacht» setzest du dich durch die Gewohnheit zu schwören aus. — Den zweyren siehe Sirach LZ, 9 — 15. z) Vom Gelübde. Gelübd ist eben das , was ein Cid: denn es ist ein Golt geschehenes Versprechen, wodurch man sich zu einem guten Werke verbindet, welches man in der Lage, in welcher man es verspricht , eben nicht schuldig wäre. Gelübde und also eine Art deS Gottesdienstes. Im alten Testamente waren sie häufig; und im Moses findet man mehrere Gesetze in Betreff dttsrlbktt. Im neuen Testamente ließt mau aber keine F I Erklärung - (84) - Erklärung Jesu darüber. Doch sind sie in der katho« lischen Kirche üblich und geduldet. — Der gelobende muß beobachten, was Salomo über diesen Punkt sagt: „ Wenn du Gort etwas gelobet hast, so versäume nicht, es zu entrichten: denn er hat ein Misfallen an einer untreuen und närrischen Verheißung. — Und es ist viel besser, nicht geloben, als geloben , und hernach das Gelobte nicht bemhlen." (Pred. Z. K.) Gelübde müssen rin freywilliges Versprechen seyn , und zwar von solchen geschehen, die Uiberlegung genug haben, und deren Wirkungskreis von keiner höheren Gewalt beschränket wird- Daraus kannst du nun von der Ver¬ bindlichkeit der Gelübde urthcilen , die von Kindern und Eheweibern geschehen , worüber man schon Ver¬ ordnungen im alten Testamente ließt. — (überhaupt sind die Gelübde zu mißralhen, damit man sein Gewis¬ sen nicht in unnöthiqe Fallstricke verwickle. — Dieß könnte genug von den Gelübden gesagt seyn. Indessen könnten doch dem Moralisten noch folgende Fragen ge¬ stellt werden. Was ist von den Gelübden , die man auf Zeitlebens machet, zu halten? Und welches Alter wird dazu erfordert, daß dieselben verbindlich sehen? Darauf laßt sich aber nicht so ganz bestimmt antwor¬ ten, weil das göttliche Gesetz darüber nichts entschie¬ den har, und weil die menschlichen Gesetze sich nach Zeit und Umständen ändern, a) Meine Antwort auf die erste Frage ist also diese. So viel ist gewiß , daß die Ewigkeit der Gelübde , d. i. die Selbstverbindung zu einer Sache bis zum Tode, nicht zur Wesenheit des Gelübd-s gehöre. Man Hal diese Entschliessung immer als eine der wichtigsten Verbindungen angesehen, weil man von Seite der Kirche das Alter bestimmt hatte, in welchem der Mensch fähig seyn sollte, dergleichen ewige Gelübde ablegen zu können. Dabey scheint aber die Kirche nur drey dergleichen Gelübde als ewige gut zu heissen, die nämlich in den geistlichen Ordensstän¬ den abgelegt werden. Daraus entstand der Unterschied, den die Theologen zwischen einfachen und feyerlichen Gelübden machten, daß jene nur auf eine gewisse Zeit» diese aber auf immer verbänden. — Der Kwche muß auch ohne Widerrede die Macht zugestanden werden, zu erklären, welche Gelübde sie für ewig verbindlich halte, welche nicht; eben so, wie nach dem Gesetze Mose es bey dem Hausvater stand» das Gelübd der Frau oder des Kindes gut zu heißen, oder — ( 85 ) — oder zu verwerfen. Der Endzweck der kirchlichen Obrig¬ keit berechtiget uns, zu glauben, daß ihr Stifter ihr diese Macht gegeben habe. K) Dieses nun vorausgesetzt, antworte ich auf die zwcyte Frage. Wie leicht leget der jugendliche Leichtsinn sich ein Joch auf, welches der Mann sich wieder abgeworsrn wünschte! Es wird also ein reifes Alter zu den feyerlichen Gelübden er¬ fordert. Das Conciliurn zu Trient Hal daher verordnet, daß die Ablegung feierlicher Gelübde vor dem sechs- zehnlkn Jahre ungültig sevn sollte. Ob nun aber daS sechzehnte Jahr zur reisen Uiberlrgung einer Sache hinlänglich sey, ist eine andere Frage, die, ohne der dem Concilium schuldigen Ehrfurcht ui nahe zu treten, heutiges Tages angestellet wird, und welche auch zu verschiedenen Verordnungen in Acerets der Älvstcrgc- lübde Gelegenheit gegeben hat. So z. B. verordnete Jo¬ seph der Zweyte. daß die Klostergeistlichen in den öster¬ reichischen Erblanden erst im fünf und zwanzigsten Jahre ihres Alters die Gelübde ablegen sollten So z- B soll im Trierschcn, besonders die Frauenkiöster betreffend, die Einrichtung gemacht worden seyn, daß zwar eine Art von Angelobniß geschieht, nach der Re¬ gel des Klosters und der Vorschrift des Bischofs leben zu wollen, die feyerlichen, auf immer verbindenden Gelübde aber vor dem dreyßigstrn Jahre nicht abgelegt werden sollen. Den Oberhirten der Kirche liegt es ob, zu beherzigen , wie schrecklich die Folgen der zu frühe abgelegten Gelübde seyn , und zu dem Ende die dienlich¬ sten Maaßregeln zu treffen. Da überhaupt der Geist der Zeiten und die Denkart der Menschen sich ändert, und wenige cs für rathfam halten, ihre Äindcr einem geistlichen Stande aufzuopfcrn , wie man Beyspiele aus der Geschichte des Benedickusordcns findet; so kömmt es ben Oberdieten der Kircke zu, zu erwägen und zu entscheiden, ob nickt in Ansehung der Klostergelübde eine andere Verfassung Platz finden kann; z. B- daß in Maunesklöstern keine eigentlichen Gelübde abgelegt, sondern dieselben ganz wie die Wellgeijilickkeir behan¬ delt würden, das einzige Beysammenwohnen austge- nvmmen; und daß in Frauenklöstern die Gelübde inur auf eine Zeit abgelegt würden, nach welcher es sney stünde, dieselben zu erneuern, oder das Kloster zu ver¬ lassen. (Wie vielen Unordnungen dadurch gesteuert und wie leicht allem Mißvergnügen uno aller Beunruhigung des Gewissens der Weg verlegt werde, mrd jeder leicht F z einschen, — ( 86 ) — misebeu , besonder , wenn er in das Innere der Frauen-« kli'ster tiefere Blicke geworfen hat.) So würde eine nütz¬ liche Realität aus dein, was bey den Urselinennnen (fenen Klosterfrauen, deren Stifterin die selige Angela ist, und die sich der Erziehung der weiblichen Jugend widmen) dermal nur als eine Formalität (dis jährliche Erneuerung der Gelübde) geschieht — Dem Moralisten muß es erlaubt seyn, in dieser Sache seine Gedanken zu eröffnen, und auf eine gewisse Art seine Stimme zu geben. — §- 6. F a ft e ». Zum äußerlichen Gottesdienst gehört auch dis in der Kirche übliche feyerliche Fasten. Im al¬ ten Testamente waren viele Fasttage, die vom Ge¬ setze vorgeschrieben waren. Im neuen Testamente findet man aber keinen Befehl Jesu dazu. Als die Jünger desJohannes Issum fragten, warum denn seine Jünger nicht fasteten; so antwortete er „Wie können des Bräutigams Freunde trauern , so lange der Bräutigam bey ihnen ist? Es wird aber die Zeit kommen, daß der Bräutigam von ih¬ nen genommen wird; dann werden sie fasten? (Matth. 9-K.) Die Weißagung Jesu wurde auch erfüllt. So lange Jesus hienicden wandelte, da war Freudenzeit für seine Anhänger. Nach feiner Auffahrt aber findet man gleich Spuren, daß dis Christen gefastet haben. Doch findet man kein eigentliches Gesetz in den christlichen Gemeinden, Vermöge dessen die Faste gebothen war. Die Sache war dem Eifer der Gläubigen heimgestellt, und Den Gewohnheiten einzelner Kirchen überlassen. SoB. fastete man in einigen Kirchen am Frey- tagr, in andern am Samstage. So fasteten einige zur - (87) - zur Nachahmung Jesu vierzig Tage vor Ostern; andere siebensig, sechszig, fünfzig Tage, woher noch die Namen Septtragesima, Sexagesima und Quin- quagestma stammen. Mit der Zeit setzten Pabsts nnd Bischösfe auch noch andere Fasttage vor den Festtagen des Herrn und gewisser Heiligen ein, die in der Kirchensprache Vigilien heißen, weil zu¬ gleich die Christen sich zur Nachtzeit beym Gottes¬ dienste einfanden. Die Faste aber bestand darin, daß man sich den ganzen Tag deö Essens enthielt, nnd erst nach gehaltener Vesper ein mäßiges Mahl einnahm. Daher kömmt noch der Gebrauch, daß man in der vierzigtägiaen Faste die Vesper Vormittags absingt. An Sonntagen und in der österlichen Acit wurde nie gefastet, weil sich die Faste für Freudentage nicht schicket. Die heu¬ tige Faste besteht darin, daß man sich der Fleisch¬ speisen enthalte, wenn -er Bischoss nicht darin dispensirt, und sich des Tages nur einmal sättige. Doch sind davon die Kranken, Schwachen und mit schweren Arbeiten Beladenen ausgenommen. Auch wird das ein und zwanzigste Jahr als der Anfang dieser Faste und dieser Verbindlichkeit angesehen. Uiberharrpt muß man sich, was das Fastengeboth angeht, nach der Sitte des BisthumeS, in dem man wohnet, richten. — Uibrigeus sollen die Fasttage für die Christen heilsame Erinnerungen an die Wohlthaten Got¬ tes und Sporns zu andern guten Werken seyn , als da sind Betrachtungen und Werke der Näch¬ stenliebe. §4 §- 7> — ( 88 ) — §- 7- Feyer der Sonn-- und Festtage. Du bist zum feyerlichen Gottesdienste ver¬ bunden. Nun bringt es die Natur der Sache selbst mit sich, daß ein gewisser Tag dazu bestimmt sey. Dieser ist im neuen Testamente der Sonntag oder der erste Tag in der Wocke. Diesen Tag haben die Apostel und die ersten Christen dazu gewidmet, wie wir aus der Apostelgeschichte im 20. Kapitel sehen, wo die Sache mit diesen Worten ausgedrü- cket ist: „Sonntags, da wir zusammen kamen, das Brod zu brechen." Es geschah dicß zum feyerlichen Angedenken an die Auferstehung Jesu. — Die an¬ dern Festtage stammen theils von dem Eifer der ersten Christen, theils von wirklichen Gesetzen her. Alle diese müssen auf gleiche Art gefeyert werden. Und wie? !) Durch gebührende Abwartung des Pfarrgotkrsdienstes; dieser besteht in der heil Messe, in der Predigt, in der Katechese, und in andern nachmittägigen Andachten.— Wir man Messe und Predigt hören müsse, davon wur¬ dest du in der Katechese unterrichtet; und der Unter» rrcht darin gehöret nicht an diese Stelle; den Pfarr- goktesdienst vernachlässigen, sich dabey unebrerbielhig und leichtsinnig betragen, oder andere darin stören und hindern, ist Verachtung Gottes, Lieblosigkeit und Men¬ schenfeindlichkeit. Ferner ist es Pfficht, an den Gott geheiligten Ta¬ gen dem Lesen erbaulicher Bücher und der Verbesserung seiner selbst obzuliegen, die heiligen Sacramente zu em¬ pfangen , und diese Tage durch allerhand gute Werke zu heiligen. Nur in der Kirche eine kurze Zeit verwei¬ len, und dann weiter nichts Gottseliges thun, heißt > keineswegs den Tag des Herrn feyern- L) Man muß sich aller jener Arbeiten enthalten, dir ohne Abbruch des feyerlichen Gottesdienstes, ohne Störung der Zzuhe (denn diese Tage sind Ruhetage, wie der Gab» balh — ( 89 ) — bath im alten Gesetze,) ohne Anstoß des Publikums nicht geschehen können- Daher lind christliche Herrschaften schuldig, ihren Dienstbvthen an diesen Tagen dir nöthige Ruhe zu ge¬ statten. Entehrend für die Menschheit ist, was von ge¬ winnsüchtigen Kaufleuten erzählet wird, die in Indien ihre Sclaven haben, denen sie es nicht erlauben, sich taufen zu lassen, damit sie nicht verbunden wären, an Sonntagen von der Arbeit auszuruhen- — Es versteht sich aber ohnehin, daß nur von jenen Arbeiten die Rede ist, die unterlassen werden können, ohne daß uns ein Nachthcil daraus zuwächst- So z-B- wenn ein Brand entstünde, so ist es sogar Pflicht - zu arbeiten, obgleich diese Arbeit mit dem größten Geräu¬ sche verbunden ist. Hieher gehören alle Werke der Näch¬ stenliebe. Daher sagt der Hcyland : „Des Menschen Sohn ist ein Herr auck über den Sabbath." (Marth. 12.Kap.) Das heißt: Jesus hat Macht, auch von der Strenge der Sabbathsfeyer zu dispensircn, wenn es der Men¬ schen Wohl fordert. — Daher gestattet auch dir Obrigkeit an gewissen Festtagen gewisse Ergötzungen, die allo nicht in die Klaffe der Arbeiten gesetzt werden können. Uiberhaupt mußt du dich hierinfalls nach der Verordnung der Obrigkeit und nach jedes OrteS Sitte richten- — §5 Zweyter ( 92 ) Zweiter Abschnitt. Pflichten gegen uns selb st. i also demütbig. Und um immer es zu seyn, gebe ich dir folgende Mittel an- a) Erkenntniß deiner selbst, Erkenntniß deiner Schwachheiten und besonders deiner verborgenen Fehler , deren Bekanntmachung dich öffentlich beschämen würde. „ Ein feder prüfe sein ei¬ genes Werk: und so wird er an sich allein Ruhm ha¬ ben. Denn ein feder wird seine eigene Bürde tragen (Gal. 6. K) b) Die (Überzeugung , daß alle Gaben und Vorzüge unverdiente Geschenke Gottes seyen. „LLaS hast du , das du nicht empfangen hast? Und wenn du es geschenkt bekommen haft, was rühmest du dich des¬ sen?" d-Kor. 4. K.) c) Oestere Betrachtung , wie leicht, wie bald wir die Tugend und andere Vorzüge verlieren können- ,, Der steht, der sehe zu , daß er nicht falle." (ebend. io. K.) Bey der Demutb mußt du dich zugleich vor einem entgegengesetzten Fehler, vor der Niederträchtigkeit , in Acht nehmen , d. i. du darfst dich nicht unter die Würde des Menschen, oder unter die gerechten Vorzüge deines Amtes und des Wohlstandes, berabsetzen. Zwei, schöne Beyspiele der Demurh siehst du an dem Vorläufer /sefu und an Jesu. Johannes bekannte nicht mehr von seiner wich¬ tigen — ( 9Z ) — rigni Person , al« er glaubte, daß es nöthig fey zir sagen, um sich da« Ansehen zu verschaffen , mir wel¬ chem er Jesu Christo die Herzen vorbereirete. Die Er¬ zählung von seinem demüthigen Bekenntnisse liefert unS der Evangelist Johannes. (Joh i. K.) UndJsuSver« both sogar denen, welchen er Wohlthaten erwiesen hat¬ te, die Sache bekannt zu machen: und als er erfuhr, daß man ihn zum Könige machen wollte , entfloh er. (Joh. 6. K.) Linen rührenden Wettstreit der Demuth aber zwischen beyden erzählt uns eben das Evangelium. Jesus kam an den Jordan, nm sich, wie andere, lau¬ fen zu lassen. Johannes wollte dirß nicht gestatten: „ Ich soll von dir gerauft werden , und du kömmst zu mir." Jesus erwiederte: „Laß es itzt geschehen: denn also gebühret es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen." (Matth. Z. K.) 2) Christliche Ehrbegierdc. Diese kann wohl bey der Dr- muth bestehen, und ist gleichsam die Scheidewand zwi¬ schen dem Stolze und der Niederträchtigkeit. Worinn besteht die christliche Ehrbegierde? Darinn, daß mau die erhabene Würde und Bestimmung des Menschen fühle, ihr gemäß denke, begehre und handle. Und zu dieser Ehrbegierde fordert uns dir heil. Schrift auf. „ Was wahr, was wohlanständig, was gerecht, was heilig, was liebenswürdig ist , was einen guten Na¬ men macht, ist eine Tugend , ist ein Lob, dem denket nach." (Philip- 4- K.) Daher stellet der h. Paulus den Christen so oft ihre Würde und Erhabenheit vor Au¬ gen. So schreibt er den Korinthern : „ Wisset ihr denn Nicht, daß ihr Gottes Tempel scyd , weil der Geist Gottes in euch wohnet? — Es ist alles euer. — Ihr aber sryd Christi." d. Kor- 4, K.) Der h. Petrus er¬ mahnet die Gläubigen um h. Wandel, weil dieß ihre erhabene Würde von ihnen verlange: „Als gehorsame Kinder folger nicht mehr den vorigen Lüsten eurer Un¬ wissenheit , sondern dem, der euch berufen Hal , und heilig ist, auf daß ihr in allem euerm Mandel auch heilig seyd. Es steht auch geschrieben: Ihr sollet hei¬ lig seyn, weil ich heilig bin." (i Petr. i.K.) Sesters sagt endlich der h. Paulus, der Christ fey seinem Be¬ rufe nach himmlisch gesinnet : „ Unser Wandel aber ist im Himmel, von dannen wir auch den Heyland er¬ warten, der unfern elenden Leib verklären wird , daß er seinem verklärten Leibe ähnlich werde." (Philip z. K.) Hieraus kannst du nun leicht sehen, worinn dn deine deine Ehre sehen müssest. Was Vernunft und Reli¬ gion verbiethen, darum darfst du keineswegs Ehre su¬ chen- Nach dem mußt du streben, was Ehre bringet, was Ehre verdienet- Hier kömmt es nicht aus das Ur- theil der Menschen an , die in Dingen Ehre suchen, welche sie bet) Gott nicht haben. Der heil. Paulus sagt: „Lasset uns nicht nach eitler Ehre streben." (Eal.5 (überhaupt müssen wir den Bet,fall unsers Gewissens und das Urtheil Gottes höher schätzen , als alle Achtung der Welt: „Wie könnt ihr glauben, da ihr einer von dem andern Ehre annehmet? " (Wie könnt ihr an mich glauben - da dis Großen unter euch allem wollen für gerecht angesehen sehn?) „Und da ihr die Ehre, die von Gott allein ist, nicht suchet?" (Ioh.5-Kax.) §. 2. Selbstverläugnung und Selbstbeherrschung. Die Selbstverleugnung ist eine Folge der wohlgeordneten Selbstliebe, ob sie gleich dem er¬ sten Anscheine nach derselben widerstrebet. Bor al¬ lem kömmt cS darauf an, daß du einen richtigen Begriff von der Selbstverläugnung haft. Alsdann wirft du zur Selbstbeherrschung gelangen, welche unstreitig ein Theil der Selbstliebe ist. Die Selbstverläugnung besteht nicht in dec gänzlichen Unterdrückung und Ausrottung aller natürlichen Triebe (dieß wäre unmöglich und ge¬ gen die Absichten desSchöpfers); nicht in derVrr- achtung aller irrdischen Güter; nicht in der Ver¬ meidung alles menschlichen Umganges (das strei¬ tet mit der Natur deS Menschen). Sie besteht über¬ haupt darin, daß wir ein geringeres Gut auf¬ opfern und fahren lassen, um ein größeres zu er¬ halten , ein geringeres Uibel willig übernehmen, um ein größeres zu vermeiden. Diese Art von Selbstverläugnung siehst du alleTage in der Welt. Ach — ( 95 ) — Ich rede aber von der Selbstvrrläugrumg, in so weit sie eine christliche Tugend ist. Und so betrach¬ tet besteht sie darin, daß man bereit und entschlos¬ sen sey, für Gott, für Pflicht und Gewissen, alles aufzuopfern, was uns sonst lieb und werth ist; -aß man lieber allen Verlust, alles Ungemach , ja selbst den Tod leiden wolle, als wider Gottes Be¬ fehl und sein Gewissen handeln. Diese Tugend pre¬ digte der Heyland; und sie ist zu allen Zeiten Pflicht des Christen. „Will mir jemand nachfol¬ gen, der verläugne sich selbst, und nehme sein Kreuz auf sich." (Matth. 16.K.) Der Heyland fetzet auch natürliche Beweggründe hinzu, um den Menschen, so zu sagen, bey seinem eigenen Interesse zu grei¬ fen. Er sagt, jeder sey verbunden, das geringere Gut für das größere hinzugebsn. „Denn, sagt er, wer sein Leben erhalten will, der wird es verlie¬ ren ; und wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es -chas ewige dafür) erhalten. Denn was nützet es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewänne, sich aber selbst (seine Seele) ver¬ löre, und darüber zu Grunde gienge?" (Luk.s.K.) Die Selbftverläugnung erstrecket sich also auf zwey Stücke: i) Auf unsere natürlichen Begierden , indem wir dieselben einschränken, wenn sie mit Gottes Befehlen in Streit kommen- Dieß will Jesus haben, indem er sagt, wir sollen , um des Himmelreichs willen , das Glied, das uns ärgert, hinwegschneidrn : „Aergert dich dein Auge, so reiß es aus und wirf es von dir: denn es ist besser, daß eines deiner Glieder verderbe, als daß der ganee Leib ins höllische Feuer geworfen werde. Und wenn dich deine rechte Hand ärgert, so haue sie ab und wirf sie von dir: denn es ist besser , daß eines deiner Glieder verderbe, — ( 96 ) — verderbe, als daß der ganze Leib in die Hölle geworfen werde." (Matth. 5-Kap.) L) Auf die irdischen Güter , indem wir dieselben willig sah» ren lassen , wenn ww sie nicht ohne Beleidigung Got- tes und ohne Schaden unserer Seele besitzen können. Dieses lehret der Jünger Jesu , indem er sagt , wir sollen die Welt nicht lieben." (Joh. r.K.) „ Denn alles, was m der Welt ist, entweder Wollust des Fleisches, oder Lust der Augen, oder Pracht des Lebens, ist nicht von dem Vater." Dieses lehrt der h. Paulus, indem er sagt, wir sollen die Güter dieser Welt besitzen, oh¬ ne eine anhängliche Liebe gegen dieselben zu haben. „ Die Zeit ist kurz: es bleibt also nichts übrig , als daß diejenigen , die diese Welt gebrauchen, sie so ge¬ brauchen, als brauchten sie selbe nicht." (i.Kor. 7-K.) Eben dieß lehret er uns, wenn er sagt , wir sollen uns durch nichts von der Liebe Gottes abwendig ma¬ chen lassen. „ Wer will uns denn nun von der Liebe Christi scheiden? Trübsal oder Angst? Hunger oder Blöße? Gefahr, Verfolgung oder Schwerdt? " (Röm. K.) Aus dieser Sclbstverläugnung entsteht nun die Selbstbeherrschung , d. i- jene glückliche Fertigkeit, vermöge welcher wir unsere Gedanken und Begierden so in Gewalt haben , und in der Abhängigkeit von der Vernunft erhalten, daß sie nie über die Grämen der Pflicht ausschweifen , sondern sie allezeit dahin richten, was Golt und Religion fordert. Ein Mensch, der diese Herrschaft nicht über sich ausübt, ist ein Sklav seiner Lüste. Im Gcgentheile kann man von dem, der diese Herrschaft hat, sagen, daß er den Sieg über die Welt davon getragen habe. ,, Alles , ivas von Gott gebohren ist , überwindet die Welt; und dieß ist der Sieg, der die Welt überwindet, unser Glau¬ be." (i Joh. 5-K.) Zweytes HaupLstück. Veusseres rechtschaffenes Verhalten gegen uns selbst. Unter dem äusser« Verhalten gegen uns ver¬ stehe ich all jenes Bestreben nach unserer Bestim¬ mung, welches sich auch durch äussere Handlungen zeiget. ( 97 ) "" zeiget. Daher rechne ich erstens überhaupt die Sorge für dis zeitliche und ewige Glückseligkeit, um welche zu erlangen dann die erste Sorge für unsere Seels das Mittel ist. Hieraus folget dis Sorge für unfern Leib und zeitliche Güter. Veyds Stücke haben dann wieder ihreUnterabtheilungen? wovon ich in -er Folge handeln will. Sorge für unsere Glückseligkeit überhaupt. Der Christ ist sich selbst eine wohlgeordnete Selbstliebe schuldig. Davon habe ich bereits mit dir geredet. Wie wird sich aber der Christ lieben, wenn er sich bestrebet, zeitlich und ewig glücklich zu seyn ? Zeitlich in Ansehung dieses gegenwärti¬ gen Lebens überhaupt, sodann in Ansehung fei¬ ner Seele, seines Leibes und seiner Güter. Ervig> theils in Absicht auf die Fähigkeit zur Glückselig¬ keit , theils in Absicht auf die Belohnungen in dem künftigen Leben. Zu diesem Bestreben nach der ewigen Glückseligkeit ermahnet uns der Apo¬ stel , wenn ec spricht: ,, Wirket eure Seligkeit mit Furcht und Zittern." (Phil. 2. K.) (d. i., nicht mit sklavischer Furcht, sondern wie Kinder mit Heiliger und äusserst sorgfältiger Aufmerksamkeit, alles zu vermeiden, was Gott beleidigen und uns seine Ungnade zuziehe« könnte.) Daher sagt auch eben dieser Apostel, jeder werde nach seiner Ar¬ beit belohnt werden. „ Was der Mensch säet, das wird er ärnten. Wer auf das Fleisch säet, (den fleischlichen Lüsten nachhängt) der wird vom Flei¬ sche das Verderben ärnten. Wer aber auf de« Grunde, d. Mor. G Geist — ( 98 ) — Geist säet, (nach der Vorschrift des Geistes lebt) der wird von dem Geiste das ewige Leben ärnten. Lasset uns aber Gutes thu», ohne müde zu wer¬ den : denn zu seiner Zeit werden wir auch ohne Aufhören ärnten." (Gal. 6. K.) Zur Glückseligkeit aber sollen wir nach der weisen Einrichtung des Allgütigsten stufenweise gelangen. Hier fängt sie an , steigt höher , und dort wird sie vollendet. Der Anfang derselben ist di» moralische Umänderung und Besserung des Menschen. Dieses sagte der Heyland zum Niko¬ demus : „ ES scy dann, daß jemand neu geboh- ren werde, so kann er das Reich Gottes nicht se¬ hen." Darum, setzte er hinzu, sey auch er auf die Welt gekommen , dieses durch seine Religion zu bewerkstelligen. ,, Also hat Gott die Welt ge¬ liebt , -aß er seinen eingebohrnen Sohn gab, auf -aß ein jeder, der an ihn glaubt, nicht verlohren gehe, sondern das ewige Leben habe." (Joh. z. K.) Um nun in dieser Vervollkommnung unserer selbst immer weiter fortzuschreiten , muß der Mensch seine Sorge auf drey Hauptgegenftände richten , auf seine Seele, auf seinen Leib, auf seine andern Güter: denn von der rechten Ver¬ wendung dieser Dinge hängt seine Glückseligkeit ab; und zur rechten Verwendung derselben giebt uns das Evangelium Jesu die Anweisung. — Also 2. Sorge für die Seele. Welcher Mensch wird nicht für seine Seele sorgen? Die Seele allein ist es, die dem Men¬ schen schen den entscheidenden Werth vor den Thiercrr giebt. Diese in der Philosophie auSgemachteWahr- Heit wird von der Schrift bestättiget. „ Was nü- yxt es dem Menschen , sagt der Heyland , wenn er die ganze Welt gewänne, aber seine Seele da- bey verlöhre ?" — Diese Sorge aber besteht da¬ rinn, daß wir uns selbst kennen, unsere natürli¬ chen Seclenkrafte ausbilden, nach -er sittlichen Verbesserung und Vervollkommnung derselben trachten. — n) Selbsikenntniß. Sich selbst kennen heißt seine Natur- kräfie, seine Bestimmung , seine Würde und -»gleich seine Niedrigkeit cinsehen. Don diesen Stücken habe ich schon vorher mit dir geredet. — Die Selbstkennt- niß ist aber auch eine der schwersten Wissenschaften. Denn wie leicht kann uns unsere Eigenliebe täuschen, daß wir uns nicht so sehen , wie wir sind, oder, dass wir es dem nachmachen, der, nachdem er sich im Spie¬ gel betrachtet hat , die Flecken, die er gesehen hak, wieder vergißt? Hier muß also beobachtet werden, was ich von der wohlgeordneten Selbstliebe gesagt habe.— Du mußt dich nicht allein selbst erforschen , svnderir öfters deine Handlungen mit den Gesetzen und mit dem Betragen allgemein geschätzter Menschen vergleichen: du mußt dein Temperament, deine Neigungen, deine Lieblingssüude ausforschen, auch anderer Urtheile über dein Betragen einhvlen, nicht nur, was Freunde dar¬ über sagen, sondern auch anderer Leute Reden mußt du beherzigen. Dieß ist dein nothwendigstes Studium, weun du vollkommen werden willst. Dieß sahen die Heiden gar wohl ein, darum haben ihre besten Philo¬ sophen diese Lehre vbenangesetzr: „ Aenne d-ch selbst." Dieß fordert auch der Apostel , wenn er sagt, der Mensch solle sich selbst prüfen ; und darum setzet er hinzu: „Wenn wir uns selbst beurthcilen; so würden wir nicht verurtheilct." (i. Kor. n. Ä.) s) Sorge für die Ausbildung der natürlichen Seelenkrä'ftr. Alle Seelen der Menschen haben, was das Wesentliche angeht, gleiche Seelenkraftr; aber in dem Maaße und Verhältnisse derselben hat der weise Aligütige eine Der» G 2 schieden- — < !OO ) — schiedenheit eingcführt, die aber doch auch vorzüglich von der verschiedenen Ausbildung abhängt- Durch weise Bildung werden mittelmässige Kräfte und Fähig- ketten erhöh« ; durch unrechre oder versäumte Bildung werden auch die vortrefflichsten Anlagen des Verstau- des und Hertens verdorben (welche Sorgfalt haben hicrinsalls Acltern und Erzieher nörhig , damit die so wichtige Bildung ihren Zweck erreiche)?— Das MaaS nnd Verhältnis der Geisteskräfte steht nicht in mensch¬ licher Gewalt, aber die Ausbildung derselben hängt vom Fleiße und von der Sorgfalt der Menschen ab, und gehört in das Gebirch menschlicher Pflichten. —- Diese Ausbildung muß sich auf zwey Stücke erstrecken- a) Auf den Verstand- Dieser muß ausgekläret, d i. mit nöthigen und nützlichen Kenntnissen bereichert werden. Man glaube nur nicht, daß diese Aufklärung auf blos heidnische Weisheit abziele. Nein: die Aus- klä'ung des Verstandes ist die sichere Wegwejserinn zur Religion; und überhaupt muß ja der Unwissende und natürliche Dummkopf zuvor Mensch seyn , ehe man ei¬ nen Christen aus ihm bilde. Frage hierüber diejenigen Manner, die sich mir der Bekehrung der Heiden in Amerika abgeben. Lies hierüber die Schriften derjeni¬ gen , die von dieser Bekehrung geschrieben haben. — Zudem ist es Gvttesbefchs, daß wir unaufhörlich an der Vermehrung berufsmässiger Kenntnisse arbeiten sol¬ len (und dieß heißt an der Aufklärung arbeiten.) Da¬ her will der Apostel , daß unsere Liebe immer mehr und mehr durch alierley Erkenntnis; und Erfahrung zunehme, und dieß deswegen, sagt er: „Aufdaß ihr prüfen könnet, was das Beste sey ; auf daß ihr lauter und unanstößig bis auf den Lag Christi sryd." (Phil, i. K.) b) Auf den Willen. Diesem muß man die gehörige Richtung zum Guten geben. Dieß ist aber nicht zu hoffen, wenn wir nicht unser Empfindungsvermögen, Gedächtnis;, Einbildungskraft und Geschmack, durch Unterricht, Fleiß, Uibung und Erfahrung zu bilden , und immer mehr u veredeln suchen.— Hierüber hier weit¬ läufiger zu seyn , ist nicht am rechten Platze angebracht. In der Folge wirst du noch Lehrstücke finden, wie dein Wille immer besser und dem göttlichen immer gleich¬ förmiger werden müsse. Darinn besteht die eigentliche Ausbildung und Veredlung desselben. Dieß geschieht vorzüglich durch thätjges Bestreben , deine Berufs - pflichten — ( ic>i ) — pflichten zu erfüllen. Und dazu fordert dich die heil. Schrift auf: „ So jemand ein Amr hat, der verwal¬ ke es nach der Kraft, die ihm Gott verleihet, auf daß Gott ru allen Dingen gepriesen werde." (i. Peir. 4. K.) z) Sorge für die sittliche'Besserung und Vollkommenheit der Geelrnkra'ftc- Die Ausbildung unserer natürlichen Seelcnkraste ist die Anlage m unserer Glückseligkeit: denn sie ist die Erfüllung unserer Bestimmung hienie- den. Und die wirkliche Glückseligkeit besteht in der immer zunehmenden sittlichen Besserung uns Vollkom¬ menheit derselben. Drese fordert der Apostel von uns, wenn er sagt: Trachtet, nach dem lliberirdischen < nicht nach dem, was auf Erde ist." (Koloss Z.K.) Und von dieser Zunahme und Vervollkommnung redet der heil. Petrus: „Nehmet immer mehr und mehr zu in der Gnade und Erkenntlich unsecs Herrn Jesu Christi." (2. Petr. z. K.) Von diesem täglichen WachSrhume am Geiste und an moralischen Vollkommenheiten giebc uns selbst un¬ ser Heyland das schönste Beyspiel: denn von ihm steht geschrieben : „ Jesus aber nahm zu an Weisheit, Al¬ ter und Gnade bry Gott und den Menschen." (Luk. 2. K.) Hieher gehört auch das schöne Beyspiel des To¬ bias aus dein alten Testamente, der schon in seiner Jugend sich mannbar betrug. Non ihm sagt die heil. Schrift: „Ob er gleich der jüngste seiner Zunft war, so war doch nichts Kindisches an seinen Werken." (Tob, i.K.) Die Seelcnkräfte müssen also nicht blos entwi¬ ckelt, sondern immer mehr erhöhet werden. Wir müs¬ sen daher (und dazu verbindet uns die wohlgeordnete Selbstliebe) uns um so viele Arten der Güter bestre¬ ben, als wir nur erlangen und neben einander besitzen können. Daher ermahnet der h. Paulus seinen Lehr¬ jünger , er solle die Gnade Gottes, d i. die von Gott empfangene Gabe, zum besten der Kirche nicht unbenutzt lassen. „Ich ermahne dich, die Gnade, die du durch die Händauflegung empfangen hast , in dir anzufachen." (2. Lim. i-K.) Auch befiehlt er , nach immer größe¬ ren Tugenden zu streben- „ Eifert aber den besten Gaben nach; und ich zeige euch einen Weg , der noch vollkommener ist.'' (1. Kor. 12. K.) Der heil Petrus lehrt, jeder solle mir der erhaltenen Gnadrnaabe dem andern dienen, und zwar als ein Verwalter des ihm von Gott auvertrauten Gutes. „ Jeder diene mit sei¬ ner erhaltenen GnaLengabe dem andern > als ein guter G H Verwalter, °- ( !O2 ) — Verwalleo , dre ihm von Gott anbrrtrautrn vielfachen Gnade. Jeder, dem ein Dienst ausgetragen ist, versehe ihn, wie aus Gottes Kraft." (r Pktr. 4. K.) Wir müs- fen daher suchen, uns nicht nur zu unserm Nutzen voll¬ kommen zu machen, sondern auch, um als nützliche Glieder an dem Leibe der Kirche Jesu Christi zu dienen. Dieses qiebt uns der heil. Paulus zu verstehen, indem er uns birrct, „unseriu Berufe gemäß zu handeln, und zwar nach dem Maaße der Gnade, die uns Christus ausgetheilet hat." (Ephes. 4. Kax.) Dazu ermahnet er auch seinen Jünger: „Vernachlässige die Gnade nicht, welche in dir wohnet, und auf göttliche Verordnung dir gegeben ward, da du die Priesterweyhe mit Aufle¬ gung der Hände empfirngst." (r Tim-4-Kap.) §- Z. Gorge für den Leib und für die leibliche Wohlfahrt. Die zweyte Sorgfalt, die uns die wohlgeord¬ nete Selbstliebe auflegt, betrift den Körper. Wir dürfen keineswegs die Wohlfahrt desselben außer Acht lassen. Sein wichtiger Werth ist aus den Grundsätzen der Religion entschieden. Unser Kör¬ per ist nicht nur ein wesentlicher Theil unseres Jchs, sonderir auch das Werkzeug, wodurch wir die mannigfaltigen Gaben Gottes in der sichtba¬ ren Welt genießen, und zugleichGott äußerlich ver¬ herrlichen sollen. Die heil. Schrift nennet unsere Leiber Glieder Jesu Christi und Tempel des heili¬ gen Geistes. „Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Glieder Christi sind?" (1 Kor. 6.K.) „Ihr seyd der Tempel des lebendigen Gottes." (2 Kor.6.K.) Ja: Gott will einst unsere Körper verherrlichen: denn er will sie erwecken und aus ihren Trümmern wieder Herstellen. Dieß lehret uns der h. Paulus, indem er sagt: „Wenn der Geist dessen, der Jesum von den Todten erwecket hat, in euch wohnet; so wird - ( IOZ ) — wird auch derselbe eure sterblichen Leiber lebendig machen." (Röm. 8-Kap.) Die von der Natur uns cingegebene Sorge für unfern Leib, wovon uns der Apostel versichert,-aß nämlich niemand sein eignes Fleisch Haffe, (Ephes. 5. K.) muß aber ver¬ nünftig und durch die Mäßigung eingeschränkt seyn. Von dieser Einschränkung redet der Apostel, indem er spricht: „Leget euren Fleiß nicht aufdaS Fleisch und seineWollüste," (d. i. sorget nicht so für euren Leib, daß er wollüstig werde.) (Röm. i z.K.) Worin besteht nun aber diese Sorge für unfern Leib ? In der Sorge für das Leben, für die Ge¬ sundheit, für die Vollkommenheit des Leibes, in der Mäßigung, in der Keuschheit, in dem rechten Gebrauche sinnlicher Vergnügungen. §- 4- Sorge für das Leben. Unsere erste Sorge für das Wohl unsers Lei¬ bes hat die möglichste Erhaltung und Verlänge¬ rung unferS Lebens zum Zwecke. Hier sind also fol- gendeFragen zu beantworten: Worauf gründet sich diesePflicht? Wieweit erstreckt sichdiesePfiechr? Wie muß diese Sorge für das Leben nach der Vor¬ schrift des Evangeliums beschaffen seyn? — i) Auf die Liebe, die jedem die Natur ringepflalue: hak, noch mehr aber auf die Beleuchtung, daß unser Leben rin Geschenke Gottes sey, welches wir zu seiner Ehre, zum Nutzen der menschlichen Gesellschaft, und zu unse« rer eigenen Vervollkommnung anwenben muffen. Diese Pflicht Verbinder uns, alle innern und äußern Ursachen des Todes von uns zu entfernen. Es ist also eine der strengsten und wichtigsten Pflichten - und folglich der verletzliche Selbstmord eines der größten Verbrechen. G 4 (Wer — ( IQ4 ) — Wir «us Unvorsichtigkeit, oder aus unverschuldetes Schwermuth , die von einer körperlichen Krankheit her¬ rühret , das Band zwischen Seele und Leib getrennte Kac, darf sreylich nicht mir dem schwarzen Namen Selbst- mörd-r gebrandmarket werden.) Welch eine Sünde der Selbstmord sey, erhellet aus folgenden Gründen: s) Es ist ein Eingriff in die göttliche Oberherr¬ schaft : denn Gott allein ist der Herr des Lebens. Da¬ her, wenn der Heiland von der ängstlichen Sorge für Speise und Trank redet: so sagt er, da« Leben sey viel wichtiger, und stehe nicht in des Menschen Gewalt. Seine Morre sind: „Wer ist doch unter euch, der mir semen Gorgen seiner Länge eine Elle zufehen könne?" (Matth. 6. K.) Und der heil. Paulus sagt eS den Athe¬ ist en fern : „Er giebc jedermann das Leben, und den Odem und alle Dinge, und bat gemacht, das; von einem Menschen das ganze menschliche Geschlecht auf dem ganzen Erdboden wohnet, und hat vorhcrZeit und Ziel bestimmt, wie lange und weit sie wohnen sollen.' (Apostclgcsck. 17. Kap.) b) Es ist zweitens eine schändliche Untreue gegen das menschliche Geschlecht, dem dadurch ein Mitglied entzogen wird. Hier gilt keineswegs die Einwendung, das: man Gort das Geschenke des Lebens zurück geben , und kein nützliches Glied der Gesellschaft seyn könne, sobald man in tiefes Elend herabgesunken ist. Denn daS Leben ist ein solches Geschenk, worüber der Mensch nicht freyrr und eigner Herr ist. Er hat das Leben nicht für sich allein , sondern auch zum allgemeinen Be¬ sten bekommen; und er soll die ganze Dauer desselben, welche Gort allein zu bestimmen sich Vorbehalten hat, seinem Schöpfer widmen. Er kann also auch als der elendeste Mensch der Gesellschaft wenigstens durch das Beyspiel der Geduld nützlich seyn, und folglich auch seinem Gocr dienen. c) ES ist eine schimpfliche Feigheit und Nieder¬ trächtigkeit. Gewiß nicht Stärke des Geistes, sonder!) eine elende Memme verrätb der Selbstmörder, weil er zu klein ist, die Widerwärtigkeiten und Unfälle des Lebens zu dulden. Als Rom zu den Zeiten des Tibe¬ rius und Nero in der schändlichsten Weichlichkeit dahin schlummerte, herrschte der Selbstmord unter den Rö¬ mern am meisten- Auch die härtesten Unfälle sind für den Christen, wenn er sie wohl zu bkuutzen weiß, wahre Wohltha» ten, — ( los ) — m«, und ein besonderer Beruf- Zeuge Gottes in der Mele zu werden. Der heil. Paulus nennet die Wider« wärtigketten bitterliche Züchtigungen, und Beweise der Liebe Gottes gegen uns - „Mein Sohn - achte die Züch¬ tigung des Herrn nicht gering , und werde nicht -ag- hasc, wenn du von ihm'grstraftt wirst. Denn welchen der Herr lieb hat, den züchtiget er.- er geißelt aber einen jeden Sohn, den er ansniwwk- Wenn ihr Züch¬ tigungen ausstebet; so gebet Gott wir euch als seinen Höhnen uni. Denn wo ist ein Sohu, den der Tater nicht züchtiger (Hebe. ir. Kap.) Der Selbstmord ist zweysrley, der grobe und feine. Ein grober Selbstmörder ist der, welcher wissentlich uud freywillig eine Handlung mir der Absicht begehet, oder an sich begehen läßt , daß ne unmittelbar und zu¬ nächst seinen Tod bewirken soll. So ließ sich Saul er¬ morden und Judas erhrnkte sich. Des seinen Selbst« uwrdeS machen sich diejenigen Ichuldig, welche enlwr- der durch vernachläßigre Leibespüege, oder durch Ge¬ sundheit zerstörende Handlungen, den Tod beschleuni¬ gen, ob sie gleich den ausdrücklichen Do- satz des Selbst¬ mordes nicht hegen. Sehr viele Leute rind Opfer des Geitzes, der Schwelgereiz und der Ausschweifungen. Der Christ wird für sich zede Art des Selbstmordes verabscheuen; dabey wird er aber auch diejenigen, die als Selbstmörder beschuldiget werden, nicht selbst brur- theilen, sondern die Sache dem Urtheile des Allwissen¬ den überlassen- L) Die Pflicht, sein Leben zn erhalten, erstrecket sich so weit, baß der Christ das Recht bat, sich gegen den Angreistr desselben zu vrrrheidigen, so zwar, daß es ihm erlaubt ist, wenn er sich auf eine gelindere Art nicht retten kann, denselben zu verwunden, oder gar zu tödttn. Dieß nennt man das Recht der gewalrsamen Noth- rvehre, und gründet sich auf die wohlgeordnete Selbst¬ liebe, auf die allgemeine Sicherheit, und auf da« Ge¬ setz Goices im alten Testamente: „Wenn ein Dieb nn Haus ausbrichc, oder untergrabt, und wird darüber betreten, und verwundet, daß er stirbt; so soli der Tod- schläger des Todes nicht schuldig seyn." (rMoj. 22.K.) Doch muß diese Nolhwehrc mit der möglichsten Scho¬ nung des Nächsten, und mit drr gewissenhaftesten Be¬ hutsamkeit äusgeiib-c werden- Hier muß der Angefalle¬ ne vorzüglich aus dir angreifende Person und auf die Arc der Beleidigung Rücksicht nehmen- Besondere Re« G 5 gr'« — ( 106 ) — geln des Verhaltens in dergleichen Umstanden kann man hier nicht geben. Das Gewissen muß dem Christen sagen, wie weit sich seine Nokhwehre erstrecken dürfe. Wenn man freylich die Worte Jesu bc»m ersten An¬ blicke betrachtet: so sollte man glauben, die Nothwshre sei; gegen das Evangelium. Denn er sagt: „Ihr habt gehöret, daß gesagt ist: Auge um Auge, Zahn um Zahn Ich aber sage euch, daß ihr dem Bösen nicht widerstreben sollet: sondern wenn dich jemand auf den rechcen Backen schlägt, dem bieth auch den andern dar." (Matth. 5.K.) Indessen verbiecher Jesus in dieser stelle keineswegs die Nokhwehre, sondern die Selbstrache. Cm anders ist, sich gegen den schlitze», der uns un- rechtmäßiger Weise angreift; ein anders ist, sich selbst Recht verschaffen, da man doch Obrigkeiten hat, die jedem das Recht sprechen. DerHeyland will also nichts anders haben, als daß man kleinere Beleidigungen zur Vermeidung gefährlicher Zänkerepen (zumal in jenen Zeiten der Verfolgung) mit großmüthiger Fassung er¬ dulde, sich nicht rache, sondern lieber Unrecht leide, als sich in gefährliche Streitigkeiten einlaffe. Cr selbst verkheidigte sich, da man ihn beschuldigte. Als man ihm vorwarf, er sey unsinnig (oder, nach der Sprache des Evangeliums, er habe einen Teufel;) so antwor¬ tet« er: „Ich habe keinen Teufel, sondern ich ehre mei¬ nen Vater." (Joh. 8.Kap.) Und als ihn ein Gerichts¬ diener ohne Befehl des Richters schlug; so sagte er ihm: „Warum schlägst dn mich? Habe ich Unrecht; so beweis; es." (Joh. i8-K.) Die vom Naturrechtr uns gestattete Nokhwehre verbirkhet er aber keineswegs. Z) Also, mein Freund, dein Leben mußt du zu erhalten suchen, und sogar vertheidigen- — Wie muß nun aber die Sorge für da« Leben nach der Vorschrift des Evangeliums beschaffen seyn? Davon habe ich bereits schon etwas gesagt. Nur etwas weniges muß ich noch hinznsctzen. Wie liebet der Christ sein Leben? Und wie betrachtet er es ? Er liebt es ganz anders, als der Mensch ohne Religion, oder als der Sclav der Lüste; dieser, wenn man die Sache im Grunde betrachtet, hasset es vielmehr, weil er an dessen Zcrstöhrung ar¬ beitet. Der Christ betrachtet sein Leben als rin anver- kraute« Talent, und als einen Stand der Vorbereitung und moralischen Erziehung zu jenem wahren und eini¬ gen Leben. Denn er beherziget, was ihm hierüber die h. Schrift sagt. Diese sagt ihm , daß er fein Leben deswegen — ( 107 ) — deswegen Habe / damit er sich Verdienste sammle / die einst der Belohner alles Guten , und Bestraf» alles Boßen beurtheilen werde. Diese Lehre findet er in dem Gleichnisse von den Knechten; welches Jesus er¬ zählet hat. (Matth. 25. K.) Dieses sagt ihm , daß er nicht für diese Welk allein da sei;/sondern daß er jen- seits des Grabes erst sein rechtes Ziel erreichen werde, wornach er in diesem Leben trachten müsse. Dieß liest er beym Apostel, wo er sagt: „Wir wissen, daß wir, wiewohl unser irdisches Haus , diese Hüne, abgebro¬ chen wird, ein Gebäude von Gott haben werden, nicht nut Händen gemacht, sondern von ewiger Dauer im Himmel. Denn in diesem seufzen wir, und sehnen uns, mit unserer himmlischen Wohnung überkleidet zu werden- So lange wir in dieser Hütte wohnen, seuf¬ zen wir unter einer schweren Last: daher wünschen wir, nicht entkleidet, sondern überkleidet zu werden, damit das Sterbliche von dem Leben verschlungen wer¬ de. Daher sind wir allezeit getrost, weil wir wissen, daß, so lange wir in diesem Leibe sind, wir nicht bey dein Herrn sryn können. Denn wir wandeln im Glau» ben, nicht im Schauen- — Darum bemühen wir uns such, ihin zu gefallen. Denn wir müssen alle vordem Richterstuhl Christi erscheinen , damit ein jeder, auch dem Leibe nach, seinen Lohn empfange." (r. Kor. 5. K.) Eben dieses stellet der Apostel in eurem Gleichnisse vor, indem er sagt: „ Wisset ihr nicht , daß die, so in der Rennbahn laufen , alle zwar laufen , aber einer nur erhält das Kleinod? So lauset nun so, daß ihrs er¬ langet. — Ich laufe aber so, nicht als auf bas Un¬ gewisse ; ich fechte so, nicht als einer, der leere Lufc- st: eiche rhut, sondern ich zahme meinen Leib, und ma¬ che ihn (dem Geiste) unterwürfig." (i.Kor. 9-K.) Ner Christ liebt also sein Leben aus dankbarer Liebe und aus Gehorsam gegen Gott, und als Vorbereitung zur Ewigkeit- Und diese Liebe zum Leben , um nämlich sich zur Ewigkeit vorbrreiken, und Golt länger dienen zu können , ist Lugend und wahrer Gottesdienst. — Aus diesem kannst du zugleich sehen , welche Liebe des Le« bens sträflich sey. Nämlich: a) Jene Liebe, die blos aus irdischen und fleisch¬ lichen Neigungen entsteht, dergleichen jene der Gott¬ losen ist, von denen im Buche der Weisheit steht: „ Sie sagten Ley sich selbst in ihren Gedanken, wie- wohl unrecht; Die Zeit unser« Leben« ist kurz und Ve.drießiich, — ( loZ ) — verdrießlich , und es ist keine Erquickung im Ende des Menschen — denn wir sind aus nichts gcbohren » und werden hernach scyn , a!s wenn wir niemals gewesen wären.' denn der Odem in unfern Nasenlöchern ist ein Nauch, und die Rede ist ein Fünkchen, unser Herz zu bewegen. Wenn das verloschen ist, alsdann wird un¬ ser Leib zu Asche, und der Geist wird zergehen , wie eine gelinde Luft. So wird unser Leben vorübergehcn, wie die Fußstapfrn einer Wolke , und zergehen, wie der Nebel, der von den Strahlen der Sonne vertrie¬ ben , und durch ihre Hitze niedrrgrdriicket worden. So wirs inan uiisers Namens mit der Zeit vergessen, und Niemand wird daran denken, was wir gethan haben. Denn unsere Zeit ist, als wenn em Scharten vorüber geht, und ist nach unscrm Ende kein Wiederkehren.— Darum kommet herzu, und laßt uns der Güter genie¬ ßen , die wir haben ; wir wollen uns mit köstlichem Wein und Salben erfüllen; und die Blühe dieser Jeir soll uns nicht entgehen. Wir wollen uns mit Rosen krönen, ehe sie verwelken. Keiner aus uns sey von Msern Lüsten ausgeschlossen." (Weish. L. K.) b) Jene Liebe zum Leben, wodurch man sich zur Uiberrreiung höherer Pflichten verleiten läßt , und in¬ dem man dasselbe der Ehre Gottes und dem allgemei¬ nen Besten vorzieht- Gegen diese übermässige Liebe zum Leben rbur der Heyland folgenden Ausspruch: „ Fürchtet euch nicht vor denen , die den Leib tödten - die Seele aber nicht tödten können. Fürchtet euch aber vielmehr vor dem, der die Seele und den Leib in der Hölle verderben kann. Darum wer mich vor den Menschen berläugnrt, den will ich auch vor meinem Vater im Himmel verläugnen. Wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt, und folget mir nach , der ist meiner nicht werth. Wer seine Seele findet, (durch Verlang- nung meiner sein Leben erhält) der wird sic verlieren, (ewig verlohren gehen) Und wer seine Seele um mei¬ netwillen verliert, (sein irdisches Leben für meine Re¬ ligion ausopfert) der wird sie finden (dafür das ewige Leben erhalten.)" (Matth, io. K.) §. s- Sorge für die Gesundheit. Unser Leib ist ein Werkzeug, Gottes Absicht ken auf dieser Welt zu befördern: es ist alsoPflicht- für — ( kO9 ) — für dessen Brauchbarkeit zu sorgen. Was ist aber- das Leben ohne Gesundheit? Diese gehöret unter die größten Geschenke Gottes; sie ist daS erste unter den irdischen Gütern, weil sich, ohne sie, kein Genuß der übrigen denken läßt. Sie ist ein Gut, worüber wir nicht Eigenthümer , sondern nur Wächter sind , um weisen Gebrauch davon zu machen. Sirach sagt uns die Sache gar schön: ZO. 14. — 21. Daß es Pflicht fty, für seine Gesundheit Zu sorgen, wird auch der nicht bezweifeln, der wirk¬ lich dahin lebt, als wenn er dieselbe nicht achte. — Die wohlgeordnete Selbstliebe überzeuget ihn davon. Der heil. Paulus zweifelt auch nicht dar¬ an, indem er seinem Jünger schrieb : „Trink nicht mehr (pures) Wasser, sondern bediene dich des Weines mässig, um deines Magens willens, und wegen deiner öfter» Unpäßlichkeiten." (i. Tim. 5. Kap.) Wie müssen wir also für unsere Gesundheit sorgen? Erstens selbe zu erhalten, zwcytenS selbe wiederherzustellen. i) Mittel, die Gesundheit zu erhalten. Das erste ist Auf¬ merksamkeit auf sich selbst. (wovon Sirach Z7. v. zo. bis ans Ende des Kapitels spricht.) Diese Aufmerksamkeit geschieht durch genaue Be¬ merkung seines Temperaments und seiner Leibesbefchaf- fenheit. Ein denkender Kopf wird eS unter seine vor- zu glichen Pflichten rechnen, bey jeder Veränderung sei ner Gesundheit der Ursache davon nachzuspürcn: er wird beobachten, was seinem Körper behage, oder schäd¬ lich sey, und aus diesen Ersabrungskenntniffen wird er sich selbst für seine Person Gesundheitsregeln ben. Damit er aber nicht zu spät durch Schaden a«n„- tzizet werde, muß er zuerst aus Büchern, oder" aas -em — ( no ) — dem Unterrichte eines Arztes, die allgemeinen Grund« faße zur Erhaltung der Gesundheit, und die für seinen Stand oder Lebensart zweckmäßigen besonder» Vor¬ schriften schöpfen. Dabey muß er aber alles Acngstlichr und Pedantische vermeide», auf daß er nicht, aus über¬ mäßiger Sorge für die Gesundheit, ein eingebildeter Kranker werde, und , aus Furcht zu erkranken, sich sei¬ nen Berusspflichcen entziehe. Sonst wird ihn der Aus¬ spruch treffen: „Wer seine Seele erhalten will (das ist, für sein Leben mehr sorget als für die Erfüllung der RrligiouSpflichtcn), der wird sie verlieren (das ist, er wird zwar sein Leben erhalten, aber ewig unglücklich werden.) Matth. iß.Kap.)" Das zwcote Mittel ist die Mäßigkeit, von welcher nachher die Rede seyn wird. Das dritte Mittel rst die Bezähmung der Begierden, und überhaupt die Selbstbeherrschung, von welcher vorhin gehandelt wurde. Hierüber sagt der heil. Pau¬ lus : „Sv lastet nun die Sünde in eurem sterblichen Leibe nicht herrschen , daß ihr ihren Lüsten Gehorsam leisten solltet." (Röm 6. K.) Und Sirach zo, 26. „Eifer¬ sucht und Zorn verkürzen das Leben, Sorge macht vor der Zeit alc." DaS vierte Mittel ist die Gemüthsruhe, die Zu¬ friedenheit , die Befreyung von drückenden Sorgen. Darum sagt der Apostel: „Genügsamkeit ist ein großer Gewinn." (t Tim. 6. Kap.) Daher sagt Salomo : „Ein fröhliches Gemüth macht ein blühend Alter; aber rin trauriger Geist, macht die Gebeine verdorren." (Sprüchw. 17. Kap.) Das nämliche sagt Sirach im ZV. K. 22-26. B. Das fünfte Mittel ist die Arbeitsamkeit, wovon ebenfalls unten gehandelt wird. In Wahrheit, ein Kör¬ per ohne Beschäftigung und Bewegung gleichet einem stehenden Wasser, welches nothwendig in Fäulniß über¬ gehet- Rostet nicht das Schwerdt, welches beständig in der Scheide stecket? Und die Motten fressen das Kleis, welches ohne Gebrauch in dem Behältnisse bleibt- Die Arbeitsamkeit schreibt Sirach als Vecwahrungsmittel gegen die Krankheiten vor: „In allem, was du vornimmst, sey gewandt; Und keine Krankheit naht sich dir." 2) Verhallen in Krankheiren. Wenn der gesunde Körper un¬ sere Sorge erheischt; so ist der kranke im vorzüglichen Grade dazu berechtiget. ES ist also nicht nur Pflicht, dre Gesundhett j» erhalten und zu befestigen, sondern auch, — ( III ) — 1 such, wnm sie wanket/ wieder herzustellen. Diese , Pflicht prediget uns Sirach im z8- Kapit- und schreibt i uns zugleich die Achtung vor / die wir gegen den Arzt und die Arzneyen hegen sollen. Der Kranke hak also folgende Pflichten: ») So¬ bald sich das Uibel meldet / soll er sich an den Arzt wen« den, und Hülfe suchen, nicht erst, wenn die Krankheit schon einen hohen Grad erreichet hat: dieß hieße von dem Arzte gleichsam Münder fordern. b) Er soll sich aber an einen solchen Arzt wenden, auf den er gegründetes Vertrauen setzen kann, nicht an Marktschrrycr und Quacksalber, denen sein Leben an- vcrtrauen eben so viel ist, als wirklich schon mir einem Fuße in. Grabe stehen. c) Die Vorschriften des ArzteS, sie mögen unsenn Gaumen und Gefühle noch so wenig schmeicheln, müs¬ sen auf das genaueste befolgt werden, und das zwar aus Gehorsam gegen Gott , aus Gründen der Religion, von welcher wir wissen, zu welchem erhabenen Zwecke unsere Leiber bestimmt sind, nicht allein, um lange und vergnügt, sondern, um nützlich zu leben. Die heilige Schrift machet uns die Hoflnung, daß auch unsere Lei¬ ber einstens sollen verherrlichet werden: verdienen sie also nicht diese sorgfältige Pflege, um sie zu erhalten? Der Apostel sagt uns ja, die Liebe zu unserm Körper liege in der Naiur: „Niemand hasset sein eigen Fleisch, sondern er nähret und pfleget dasselbe, gleichwie auch der Herr seine Kirche." (Ephes. 5. Kap.) fl) Die den Kranken zur Beruhigung des Gewis¬ sens von der Religion vorgeschriebenen Mittel und Stärkungen der Seele müssen ohnehin mit Vertrauen auf Gott gebraucht werden; und der Kranke darf nie vergessen, sich in der Geduld zu üben» weil auch ande¬ re wegen seiner Pflege vieles leiden müssen. §. 6. Sorge für die Vollkommenheit der Leibes. Der menschliche Körper ist das schönste, zu Hohen und heiligen Absichten bestimmte M eister¬ stück der Schöpfung: er verdient also nicht nur die nothdürftige allgemeine Pflege, sondern ist auch einer vorzüglichen Aufmerksamkeit würdig, vermö¬ ge - — ( H2 ) gr ivrlcher wir ihm alle Vollkommenheit , derer ek fähig ist, zu verschaffen suchen. Diese Aufmerksam¬ keit begreifet zwo Pflichten in sich, nämlich die Sorge für die Ausbildung der Rräfte desselben, und für die Erhaltung seiner Schönheit. j) Sorge für die Ausbildung der Kräfte des Körper«. Ern starker bebender Körper ist zur Ausrichtung der Ge¬ schäfte und zur Vermeidung mancher Gefahren ungleich fähiger, als ein unbebilflicher, ungelenker und geschick¬ ter Körper. Es ist also Pflicht, unfern Gliedern durch anständige Uibungen eine gewisse Geschmeidigkeit und Wohlanständigkeit in ihren Bewegungen zu verschaffen. Die Griechen wandten auf die Leibes - Uibungen dieser Art vielen Fleiß: zu dem Ende waren ihre Wettläufer und Kampfe angestellt. Diese Ausbildung der körper¬ lichen Kräfte nutzet auch selbst dem Körper , und em¬ pfiehlt den Menschen der menschlichen Gesellschaft > wenn er feinen Gang, Gebährden und jeden Zug des äusseren Betragens so einrichtet , daß er sanfte und rühmliche Neigungen der Seele berräth- Diese Pflicht, die Körpers-Kräfte so auszubilden, gründet sich nicht nur auf die Natur, sondern der Christ findet auch in seiner Religion Beweggründe: denn diese versichert ihm für die gute Verwendung seiner Kräfte auch Beloh¬ nungen in der andern Welt- Daher sagt der Apostel: „Wisset ihr nicht, daß die, so in der Rennbahn lau¬ fen, alle zwar lausen, aber einer nur erhalt das Klei¬ nod? So laufet denn so, daß ihr es erlanget. Aber auch ein jeder Kämpfer enthält sich aller Dinge (die den Leib schwächen können:) jene zwar , daß sie eine ver¬ gängliche Krone empfangen : mir aber eine unvergäng¬ liche-" (i.Kor. 9. K.) (Überhaupt darf hierinnfalls den Christen nicht Eitelkeit, sondern Liebe zu Gott leiten i denn er ist nicht Eigenrhümer, sondern nur Verwah¬ rer seines Körpers' Daher sagt der h. Petrus: „Die¬ net einander, rin jeder mit der Gnade, die er empfan¬ gen bat, als gute Verwalter der mannigfaltigen Gna¬ de Gotte«. — Auf daß Gott in allen Dingen geprie¬ sen werde. (1. Petr. 4. K.) Unser Betragen muß so ein¬ gerichtet sehn, baß es unfern Nächsten erbaue. Darum aikbt der Apostel in Ansehung unserer Reden die Vor¬ schrift : „ Lasset keine unnütze Rede aus euer», Munde gehen, — ( lllllZ ) — gehen , sondern die da gut fty zur Auserbaming." (Eph. 4-K-) Endlich lautet seine Vorschrift in Be¬ treff unsers äusser» Betragens, wie folgt: „Was wahr, was wohlanständig, was gerecht, was heilig, was lie. bensmürdiq ist, was einen guten Namen macht , ist eine Tugend, ist ein Lob, dem denket nach." (Phil. 4. K.) 2) Sorge für die Schönheit des Körpers. Alles spricht heute zu Tage vom verfeinerten Geschmack» , klügelt über Schönheit, verkennet sie aber größkentheils, oder würdiget sie zu niedrigen Absichten herab. Es ist also Pflicht für den Sittenlehrer, die körperliche Schönheit des Menschen unter die Gegenstände seiner Aufmerk» samkeit aufzunehmen. Gott selbst, wie uns die heil- Schrift versichert, hat durch manche tugendhafte Schönheit seine wvhlthä'tigen Abfichten ausgesühret. Zum Bsyspiele dienen Judith und Esther. — Es kömmt also nur darauf an, was wahre Schönheit sey , und welche Regeln der Christ beobachten mü'sse- a) Schönheit ist fene Eigenschaft des Körpers, die durch den Anblick Wohlgefallen und Neigung er¬ reget. Aus diesem Begriffe kannst du nun leicht zwi¬ schen wesentlicher und zufälliger Schönheit unterschei¬ den- Wesentliche Schönheit besteht in dem regelmä¬ ßigen Baue und der Bewegung der Gliedmassen über¬ haupt, und ins Besondere in einer solchen Beschaffen¬ heit der Gesichtszüge, die dem Anschauenden mit Be¬ ständigkeit gefällt, und Zuneigung erwecket. Wenn man nun diesem Gefallen und Reigungerwecken genau nachspürec; so findet mau deutlich, daß es seinen Grund in dem Ausdrucke der Seele hat, der in dec Stellung und den Bewegungen des Körpers sowohl, als in dem Gesichte lesbar ist- Die zufällige Schönheit besteht in Dingen, die blvs körperlich find, und an sich selbst nichts von moralischer Schönheit an,zeigen. b) Moralische Regeln in Ansehung der Schönheit. Strebe erstens nach der wesentlichen Schönheit:, sorg» für die Ausbildung deines Körpers, und verhüte al¬ les , was den regelmässigen Körperbau zerstöhren könnte, (hicher gehöret, was von der Gesundheit ist gesagt worden) Strebe in allem nach der möglichsten Ilei- nigkeit. Sorge sür die Bildung deiner Seele, und be¬ strebe dich, ein heiterer, freundlicher, gefälliger, be¬ scheidener , sanstmüthiger Mensch zu werden, damit sich die schöne Seele in den Bewegungen deines Kör¬ pers und in den Mienen.deines Gesichtes ausdrücke, Gnmdr. V, Mor, H Zweyiens — ( H4 ) Zweytens achte keine zufällige Schönheit, weder an dir, noch au andern, wenn sie nicke von der wesenisi- cben begleitet ist. Was ist die schönste Larve , chne Ausdruck einer menschenfreundlichen und sanstmürhi' gen Seele? Hier gilt, was der Fuchs in der Fabtt sage?, als er e-ne schöne Maske auf dein Theater ec' blickte: Ein schöner uvopf, aber ohne Hirn. Drit» tens verachte dee zufällige Schönheit nicht, den sie ist eine Gabe Gottes , das Meisterstück der Natur , und in Gesellschaft der Tugend eine Wohltbäterinn der Menschheit. Auch der Christ soll die zufällige Schön» heit unter die Gegenstände seiner Sorge rechnen: nur müssen die Absichten dabey rein und die Mittel zweck¬ mässig seyn. §- 7- Mässigkeit. Die Mäßigkeit ist eines der sichersten Mittel, den Körper gesund und schön zu erhalten. Die Stimme der Natur ist es, die uns zurufet: „Willst du nnt Vergnügen und lange geniessen, so genieß mässig." Noch Niemand hat diese mütterlicheWar- nung ungestraft verachtet. — Was ist also Mä¬ ßigkeit? Sie ist die Fertigkeit, alle Bedürfnisse des Körpers so zu stillen, daß der Geist nichts dadurch verliert von seiner Stärke, Gott und dem Nächsten zu dienen. Daher sagt der Heyland: ,, Hütet euch, daß euere Herzen nicht mit Fressen und Saufen beschweret werden." (Luk. 21. K.) Die Mäßigkeit muß also die unzertrennliche Be¬ gleiterin» all unserer Handlungen seyn. Doch ich rede hier nur von derselben in Rücksicht auf dis Nahrungsmittel und Kleidung. i) Mäßigkeit im Essen und Trinken. „Wir leben nicht, um zu essen und zu trinken, sondern wir essen und trinken, um zu leben." Diese Lehre kann dem Chri¬ sten nicht unbekannt seyn. Er weis, daß er seinen Körper - ( lis ) — Körper als Werkzeug der Seele und der Tugend nah« reu müsse, und daher die Nahrung nicht zum Zwecke machen, sondern selbe nur als Mittel brauchen dürfe. Dieß prediget ihm die Schrift fast auf allen Blättern- Darum sagt der h Paulus : „Laßt uns ehrbar wan¬ deln, gleichwie am Tage, nicht in Fressen und Sau¬ fen; sondern ziehet den Herrn Jesum Christum an, und leget euer« Fleiß nicht auf das Fleisch und seine Wollüste." (i. Kor- iz. K.) Er giebl uns auch die Er¬ habenheit unseres Leibes zu verstehen, und ziehet dar¬ aus die Lehre, daß wir ihn mäßig und heilig halten müssen: „Wisset ihr nicht, daß euere Leiber Glieder Christi sind? — Oder wisset ihr nicht, daß euer Leib rin Tempel des heil. Geistes ist? — Denn ihr seyd theuer erkauft worden. Darum so preiset Gott durch ruern Leib." (i. Kor. 6. K.) Hier siehst du , christli¬ cher Leser, den Endzweck; warum du Speise und Trank geniessen sollst. Daraus kannst du nun leicht folgende Lehrstücke ziehen. a) Du mußt aus dein Vermögen und aus deine Gesundheit Rücksicht nehmen, sonst würden Küche und Apotheke im ewigen Streite miteinander bleiben. Ui« berhaupt gehört unter die ersten GesundheitSregcln, niemals bis zur vollkommensten Sättigung essen, son¬ dern da aufhören, wo man noch einige Eßlust fühlet. Gänzlich befriedigte Cßlust har meistens Unverdaulich- keit zur Folge. b) Der Mensch und Christ muß sich bey seinem Essen von den Thieren unterscheiden, und zwar dadurch, daß er sich dabei) des himmlischen Gebers erinnert, in¬ dem er vor und nach dem Tische sein Gebeth zu ihm abschicket. Dieses fryerliche Gebeth machet diese thie- rische Handlung zu einer gottesdienstlichen Handlung. Diese Vorschrift giebt uns der h. Paulus. Er sagt, jedes Geschöpf, jede eßbare Sache , werde durch das Gebeth geheiliget. (i.Lim. 4. K.) Darum giebt er die allgemeine Lehre: „ Ihr möget nun essen oder trinken: so lhuk alles zur Ehre Gottes." (1. Kor. 10 K-) „Alles, was ihr thur, das lhut in dem Namen des Herrn Lesu Christi, und danket dem Vater durch ihn." (Koloss, z- K.) c) Von der Mäßigkeit im Trinken gilt eben das, was vom Essen gesagt wurde. Vorzüglich soll der Christ bedenken, daß die Trunkenheit den Mensche» unter das Vieh herabsetzt : denn dieß trinkt nur nach seinem Bedürfnisse. Und wie schändlich und schädlich H 2 'st ----- ( t! 6 ) — - ist chirg Laster ? Salomo schildert es mit de« häßlichster; Farben : Wo ist Wehe? To ist Leid? Wo ist Zank - Wo Klagen? — Wo man beym Weine liegt, um aus- zusausen, was eingeschenket ist. Er beisset wie eine Schlange, und sticht wie eine Otter." (Sprüchm. az.K.) Welcher Laster der Betrunkene fähig sey, weiß man aus der Erfahrung. Das einzige mag genug segn- was Curkius vom Alexander erzählt, der im Rausche seinen besten Freund ermordete. — Und was geschah dem Könige Balthasar, dessen trauriges Ende beym Schwan, fr und Schwelgen ans den geheiligten Geschirren der Prophet Daniel erzählt? L) Mäßigkeit in der Kleidung. Diese Sittenlehre ist Vorzug- sich hem zu Lage nöthig, wo der Luxus bas allgemei¬ ne Verderben zu seyn scheint- Ware cs nicht vorkheil-' hast für viele Familien, wenn eine Kleiderordnung im Staate festgesetzt würde, und so jede Ciaffe von Men¬ schen ihre bestimmte Tracht hakte? Würde nicht da¬ durch derModesucht, dem Rachahmungsgeiste und den! Aufwande gesteuert, der manche Famüien zu Grunde richtete? Indessen dem sey wie ihm wolle; der Sikten- lehrer erfüllet hierin seine Pflichten so weit, daß er den, Christen hierüber die Vorschriften des Ävanqe- liums vortragt. Diese gehen dahin- Bein Körper fey anständig bedecket, so weit es seine Bedürfnisse, Ehr¬ barkeit und Schaamhastigkrit fordert. Dabey sieh auf deine Perwögcnsumüände, damit du nicht Kleider kra¬ gest, die über dasselbe hinaufsteigen. Auch mußt du Rücksicht auf deinen Stand nehmen, ein Kleid tragen, das demselben angemessen ist. Gott selbst befahl ja dem Moses für seinen Bruder Aaron, der -um hohen Prie¬ ster bestimmt war, ein besonderes Gewand verfertigen zu lassen. (2 Mos. 28.L.) Auch der Heyland tadelt es keineswegs, daß Könige mw ihre Minister prächtigere Kleider tragen, als andere. Darum wenn er von der rau¬ hen Kleidung des Johannes redet: so sagt er: „Wollet ihr einen Menschen in weichen (seidenen und kostbaren) Kleidern sehen? Sieh, die da weiche Kleider tragen, sind in den Palästen der Königs (nicht in der Wüste.)" (Matth. 11. Kap.) Der Christ also muß auch hieriusalls Geschmack Haden; er darf die ungekünstelte und unge¬ zwungene Verschönerung seiner Gestalt m der Kleidung nicht außer Acht lassen; er ist auch berechtiget, die ehr¬ baren, herrschenden Kleisermoden zu beobachten, aber unter gewissen Beschränkungen, wovon vorhin d.rAe- / de de war. Uiberhaupt aber muss er seinen größten Schmuck in der Schönheit der Seele suchen. Darauf muß die hauptsächliche Schönheitssorge des Christen hinauslau« fen; diese allein macht ihn auch bn> Golt, der innere und äußere «Schönheit beurrheiler, beliebt. Darum schreibt der heil. Petrus, wenn er von dem Schmucke der Weiber redet: »Deren Schmuck nicht auswendig, in künstlich geflochtenen Haaren und Umbange des Gol¬ des oder Anlegung kostbarer Kleidung scyn soll, son¬ dern verborgen im Herzen, ein Mensch in der Unver- rücklichkeit eines sanften und stillen Geistes, weicher vor Gott kostbar ist. Denn also haben sich auch vor Zeiten die heiligen Weiber geschmücket." (i Petr. z. K.) Eben diese Vorschrift giebl auch der h. Paulus : »Die Weiber sollen in ehrbarer Kleidung mit Schaamhastig- keil uustZuchc, nicht aber mit künstlich geflochtenen Haaren, oder Gold, oder Perlen, oder kostbarem Ge¬ wände sich schmücken, sondern wie es sich für Weiber geziemt, die sich zur Gottseligkeit bekennen , mit guten Werken." (i Tim. r. Kap.) Wie viel weniger wird sich eitler und gezwungener Putz für Männer schicken? Hier sollte man denen eine derbe Lehre lesen, die ihren Wohl- gcruch, den sie in gewissen Tugenden haben sollten- in gewissen Pomaden und riechenden Wassern odrrSal- Sen suchen. §- 8- Arbeitsamkeit. Welt« von der Arbeitsamkeit die Rede ist, fo verstehet man gemeiniglich Arbeiten, die den Kör¬ per beschäftigen, und die Verwendung seinerKräf- te fordern. Eigentlich aber begreift diese Pflicht in sich alles Bestreben, alle Tharigkeit, alle Betrieb¬ samkeit des Menschen, um dis Pflichten seines Be¬ rufes , den er hiemeden als Geschöpf, als Welt¬ bürger, als Glied der menschlichen Gesellschaft hat, zn erfüllen. Don der Arbeitsamkeit in diesem Ver¬ stände, von dem irdischen Berufe, redet die heilige Schrift in vieler, Stellen. Sie sagt uns, Gott ha- — ( ii8 ) - be jedrni Menschen besondere Talente, besondere . Gaben erlheilt, die er zur Ehre Gottes und zum Vesten anderer Menschen verwenden solle; und Gott hat ans die treue Verwendung derselben Be¬ lohnungen gefegt. Und daher nennt sie den einen faulen und verwerflichen Knecht, der diesem Be¬ rufe nicht nachkömmt. — Von dieser allgemeinen , Pflicht der Acbeilsamkeit sowohl, als von jener, Handarbeiten zu verrichten, rede ich hier, und be¬ sonders von der letzten, in so weit sie zum Wohle unseres Körpers beyträgt. Ich zeige die Art und Weise diesem Berufe abzuwarten, und stelle die Beweggründe dazu vor. r) Seinen Beruf gehörig erfüllen heißt arbeitsam seyn. Zur gehörigen Erfüllung desselben werden erfordert, lebhaf- ter Eifer, christliche Klugheit, redliche Treue, reine Absicht, durch Erfüllung des Berufes Golt zu ehren, andern zu nutzen, unsere Geschäfte zum immerwähren¬ den Gottesdienste zu machen. Dieß lehret uns der Aro- stel, da er schreibt: „Sevd nicht träge in dem, was ihr zu besorgen habt." (Röm. ir.Ä.) Und den Knechten prediget er besonders: „Seyd eurem leiblichen Herrn gehoriam mit Furcht und Zittern, mit Aufrichtigkeit des Herzens, wie Christo; und dienet mir Bereitwillig¬ keit, wie dem Herrn, und nicht dem Menschen (aus blos menschlichen und eigennützigen Absichten); und wisset, daß ein jeder für das, was er thun wird, von dem Herrn wird belohnt werden " (Exhef. 6. K.) Eben dieß wiederholt er im Briefe an die Kolosser im z Kap. r) Beweggründe zur Arbeitsamkeit. Die Arbeitsamkeit hat deswegen so wenige Anhänger, weil man sie für erne Last ansichr. Sie ist aber in der That eine Wohlthat für die Welt und für uns selbst; für die Welt: denn diese märe ohne Arbeitsamkeit eine Wüstenei): für uns selbst: denn sie verschaffet uns leibliche und geistliche » Dortheile. s) Leibliche Dorkhrile; denn sie verschaffet uns un¬ fern Unterhalt. So will es der heil. Paulus haben, daß wir durch unsere Arbeit unser Brod gewinnen sollen. -,Da ( "S ) „Da wir bry euch waren, sagten wir euch, daß, so jemand nicht arbeiten will, auch nicht essen solle. " (rLkess z-Kao.) Und Salomo sagt: „Eine sauleHand schaffet Armulh: aber die Hand des Starken (Arbeit¬ samen) giebt Reichthümer." (Sprüchw. ro.K.) Die Ar¬ beitsamkeit setzet uns auch in den Stand, eine andere Pflicht des Ch> istenthums zu erfüllen,von welcher eben der Apostel prediget: „Arbeite ein jeder, und wirke mit den Händen etwas Gutes, auf daß er im Stande sey, auch den Durstigen etwas mit ,ucheilen.' (Ephes. 4-K.) Und wie vrcl die Arbeitsamkeit zu unserer Gesundheit beylrage. weiß man aus der Erfahrung- Ein schönes Bepspjcl der Arbeitsamkeit sehen wir an dem heil Pau¬ lus- Er selbst rühmte sich (wenn ich so sagen darf) auch damit, und das billig- Als er zu Milet von den Seinigen Abschied nahm, sagte er ihnen: „Ich habe keines Menschen Silber oder Gold, oder Kleid begehrt; ihr wisset selbst wohl, daß mir zu meiner Nolhdurft und derjenigen, die bey mir gewesen sind, diese Hände gedienet haben. Ich habe cs euch allen gezeiget, daß man also durch Arbeit den Unvermögenden Hülfe lei- sten, und an das Wort des Herrn Jesu denken müsse, daß er gesagt Hal: „ES ist seliger, zu geben, als zu nehmen." zApostelgeseh. 20. Kap.) b) Geistliche Lorcbeile: die Arbeitsamkeit vertil¬ get den Müssiggang, sene Quelle aller Laster. Davon versichert uns Sirach im zz.K. 25.V. bis Ende, da er dem Herrn kluge Lehren in Ansehung seines Knechtes giebt. Die Arbeitsamkeit ist die Schule der Tugend, wo Unsere Kräfte und Fähigkeiten vervollkommnet werden, so zwar, daß wir auch des Lohnes rhcilhaftig werden, der in der andern Welt unfern Arbeiten beiheißen ist. Hierüber lies das Gleichniß, welches der Henland von dieser Sache erzählt hat, das Gleichnis; von dem oerrn, der bei; seiner Abreise seinen Knechten seine Güter zur Verwaltung übergab, und dann bep der Rückkehr jeden derselben nach Verdiensten belohnte. Du findest es beym heil. Matthaus im 25. Kap. vom 14- Vers an. *) Wer über diesen Artikel eine weicläuftigere Ab¬ handlung lesen will , der lese den Hirlenbrif des Fürstbi» schoffs von Wirzbnrg vom Jahre 1790, in welchem nach vorausgeschicklem Begriffe der Arbeitsamkeit die Verbind¬ lichkeit derselben aus der Menschennaiur, aus dein Zwe¬ cke der menfchhchen Gesellschaft > aus der ganzen Natur, aus den Zeugnissen der heil. Schrift und aus Beyspwlcn H 4 dargnhan , — ( 120 ) — dsegechan , und dann den reichen und anuni MüffiggL'ii- aeni die traurigen Folgen ibres Miiffjgqauge^ , nämlich Armmh, Stumpfheit, gän>lick>eS moralisches Verderben, vor Augen geleget. und -»letzt nach gehobenen Dorurthei- len des MWggä'ngerS alle zur berufsmässigen Arbeit' famkeit aufgeforderk werden. §- 9- R e u s ch h e i t. Der größte Schmuck unsers Körpers sowohl als des Geistes ist die Reuschheit, d. r. die ver¬ nünftige Beherrschung der natürlichen Neigung zum andren Geschlechte , nach den Vorschriften der Vernunft und Religion. Gott hat diese Nei¬ gung zum andernGeschlechte, oderdenGeschlechts- trieb , aus wohlthätigen und weisen Absichten in unS gelegt; er hat aber auch zugleich die Vor¬ schriften hinzugefüget, nach welchen die Befrie¬ digung derselben geschehen soll. Die Ausartung dieses Triebes, die Befriedigung desselben gegen die von ihm gesetzten Schranken, ist Sünde, die den Namen Unkeuschheit führet. Diese Uibertre- tung der gesetzten Schranken geschieht in Gedan¬ ken , Begierden, Worten und Werken. Die Keuschheit führet also sowohl unser« inner» Sinn, als das äussere Betragen zu den von ihm gemach¬ ten Vorschriften hin. Oder mit andern Worten: Es ist Pflicht, innerlich und äusserlich keusch zu seyn. Ich setze alsdenn noch besonders die Ursa¬ chen hinzu , warum diese Tugend nothwendig sey, und endlich rede ich auch von den Hilfsmitteln der Keuschheit. — Vor allem merke dir den unstrei¬ tigen Satz: Nur allein im Ehestande (diesenStand Hal Gott dazu bestimmt) ist es erlaubt, den Ge¬ schlechts- - "( I2l ) - schlechtstrieb zu befriedigen, und zwar nach dem Ziele und Maaße, welches eben Gott gesetzt hat. Was also zur Befriedigung dieses Triebes auffee dem Ehestands, es sey innerlich , oder äusserlich, geschieht, das ist Sünde; und waS im Ehestän¬ de gegen das Ziel und Maaß geschieht, es sey in¬ nerlich oder äusserlich, das ist Sünde. Ich kcdr hier blos von dem ledigen Stande. Vom Ehestan¬ ds wird nachgehendS noch besonders gehandrlt werden. D Es ist Pflicht, innerlich und äusserlich keusch zu styn. Die innerliche Keuschheit besteht in der Neinigkcit der Gedanken und Begierden, die äussere in dcr Reinig- krit der Worte und Thaten. al Keuschheit in Gedanken. Jedes unreine Bild in der Seele, jede unreine Vorstellung, jede unzüchtige Begierde muß gleich bey ihrer Entstehung unterdrückt und ersticket werden. Wer unreinen Gedanken frey- willig nachhängt, wird nicht lange von unzüchtigen Handlungen frey bleiben. Der Heyland sagt ausdrück¬ lich , daß schon die srcywillige unreine Begierde Sün¬ de sey: „Wer ein Weib ansreht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr in seinem Herzen die Ehe gebro¬ chen." (Mattb. 5. K.) Im Gegentheils sichert er denen, die ein reines Herz haben, ewige Belohnung zu: „Sex- lig sind, die reines Herzens sind: denn sie werden Gott snschauem" (Ebend.) Und der Apostel sagt uns , eS sey Pflicht , innerlich und äusserlich keusch zu seyu. „ Wir müssen uns von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes reinigkn." (2. Kor. 7.K.) „ Sv tob¬ tet nun eure Glieder, die auf Erden sind, (die sinnli¬ chen Lüste, die sich in euern Gliedern regen) nämlich die Hurercy, Unreinigkeit, Weichlichkeit, böse Begier¬ den." (Koloss, z. K.) d) Keuschheit in Worten. Die unreinen Reden sind gleichsam eine doppelte Sünde , erstens gegen den allgemeinen Befehl des Apostels, daß dieses Laster un¬ ter Christen nicht einmal soll genennec werden, zwey- rens gegin die Achtung, die man der Gesellschaft schul¬ dig ist, gegen die Liebe des Nächsten , dem man Acr- H s grrmß ( 122 ) gerniß giebl. Der Apostel schreibt: „ Hurerey und alle Unreinigkeit soll unter euch nicht genennt werden, wie den Heiligen zufteht; auch keine schändliche Wor¬ te , kein zweideutiger Scherz , die unanständig sind." (Erbes Z K.) Dieser zweydeutige Scherz ist für den . Zuhörer weit ansteckender und gefährlicher, als offen¬ bar unreine Reden. Daher merke dir den allgemeinen Ausspruch Jesu: „Wehe dem Menschen , durch den Aergerniß kömmt-" (Matth. i8- Ä.) V', Keuschheit in Thaten. Unser Körper hat die * erhabenste Bestimmung: wir dürfen ihn also nicht durch unreine Handlungen herabwürdigen. Die Be¬ stimmung desselben ist, Gott dadurch zu preisen Und sich zu heiligen. Dieß lagt uns der Apostel: „Wisset ihr nicht, daß euere Leiber Glieder Christi sind ? Soll¬ te ich nun die Glieder Christi nehmen, und die Werk¬ zeuge der Un-ucht daraus machen? Das sey fe ne von nur" Alle Sünden, die der Mensch lhut, sind ausser¬ halb seines Leibes. Wer aber huret , der versündiget stch an seinem eigenen Leibe. — Darum so presset Gott durch euer« Leib." (i. Kor. 6. K) ,, Das ist der Wille Gottes, euere Heiligung, und daß ibr euch von der Hurerey enthaltet, auf daß ein jeder sein Gesäß in Heiligung und Ehren zu erhalten wisse." (i. Thess. 4. K.) Daß die llnreinigkeit mir ewigen Strafen be¬ legt werde, ist ohnehin kein Zweifel. Denn der Apo¬ stel sagt ausdrücklich : „ Das sollt ihr wissen , daß kein Hurer, oder Unreiner an dem Reiche Christi und Gor¬ te« Theil haben werde " (EphesZ-K.) 2) Norhwendigkeit der Keuschheit. Jede Tugend ist noih- wendig, weil ne von Gott besohlen ist. Aber von dieser Norhwendigkeir ist hier die Rede nicht; sondern von der Norhwendigkeit, vermöge welcher die Selbst¬ liebe den Menschen anrreibc, keusch zu seyn ; oder weil ohne diese Tugend keine menschliche Glückseligkeit be¬ stehen kann. Die Keuschheit ist vorzüglich jrne Tu¬ gend, von welcher das Wohl einzelner Menschen und der ganzen menschlichen Gesellschaft abbängt- Um sich davon zu überzeugen, darf man nur diese Folgen des entgegengesetzten Lasters beherzigen- Der Wollüstling richtet seine Gesundheit, seine Ehre und sein Vcrmö- e gen zu Grunde; ja er verliert gewissermassen den ge¬ sunden Menschenverstand. Tin Beyspiel davon scheu wir an dem Salomo, den die ungezähmrs und unmä¬ ßige Liebe so verhörte, daß er in seinem Alter ein Ad- götterer — ( I2Z ) — götterer wurde. Auch die heidnischen Poeten, welche die Steile der Theologen vertraten, scheinen nach der Anmerkung de« h. Klemens von Alerandrien diese Wahrheit wohl cingesehen zu haben, Heim wenn sie die abscheulichen Liebeshändel ihrer Götter beschreiben; so stellen sie dieselben nicht in menschlicher Gestalt vor, sondern geben ihnen die Gestalt lebloser oder unver¬ nünftiger Wesen, So mußte der blutschänderische Iu- piicr, um seine geilen Triebe zu befriedigen, sich bald in einen Regenbogen , bald in einen Skier verwandeln. — Und welche Verheerungen richtet dieses Laster nicht in der menschlichen Gesellschaft an ? Es zerstöbet den Frieden des häuslichen Lebens, stürzet ganze Familien in Armuch und Elend, tödtet jeden Keim des Guten und Erhabenen, und ist eine der ersten Ursachen, wa¬ rum so wenig Großes und Rühmliche« unter den Men¬ schen ausgeübet wird Wollte ich hier die Geschichten ganzer Nationen durchgehen, um die Behauvtung mit Lhatsachrn zu belegen, fo würde ich die Schranken eine« Grundrisses zu weit überschreiten. Wie Gort die¬ ses Laster an dem ganzen Menschengeschlecht? zur Zeit des Noah und an den Städten Sodom und Gomorrha gestraft habe, ist ohnehin jedem Christen bekannt. Aus diesen Gründen nun wird auch die Keuschheit von der christlichen Religion als eine der vorzüglichsten Pach¬ ten gcbothen. Der heil. Paulus sagt , diese Tugend sey die Bestimmung des Christen: „Ihr wisset, wel¬ che Gebothe ich euch durch den Herrn Iefum Christum gegeben habe. Denn dieß ist der Wille Gottes, euere Heiligung, und daß ihr euch von der Hurerei) enthal¬ tet, auf daß ein jeder sein Gefäß in Heiligung und Ehren zu bewahren wisse, nicht in der Leidenschaft der Begierde, wie die Heiden, die von Golt nichts wissen." (t. Theff. 4. K.) Die Unkeuschheit hingegen wird als eines der schimMchstcn und schädlichsten Laster unter¬ sagt. Der h. Paulus mahnet die Christen, sie sollen nicht wie die Heiden leben, „ die als Verzweifelte mit unersättlicher Lüsternheit sich der schändlichsten Unzucht und Geilheit ergeben." Er setzet diese Ursache hinzu: „ Ihr habt Christum nicht so gelcrnet: wenn ihr ihn anders gehöret habt, und in ihm so unterrichtet wor¬ den seyd, wie die Wahrheit in Jesu ist, daß ihr näm¬ lich den alten Menschen nach seinem vorigen Wandel, der durch irre sührcude Lüste sich ins Verderben stür¬ zet , ablegrn sollet." (Lph. 4. K.) Darum schreibt er auch — ( 124 ) — such i» einem andern Briese: „Wandelt nach dem Geiste: so werdet ihr die Lüste des Fleisches nicht voll¬ bringen- Die Werke des Fleisches aber sind offenbar, als da sind Ehebruch, Unzucht, Leichtfertigkeit, u-s. w-, von welchen ich euch sage, und zuvor gesagt ha¬ be , bas;, die dergleichen thuii, das Reich Gottes nicht erben werden." (Gal. 5. K.) Z) Hilfsmittel der Keuschheit- ») Man bewahre mit dem ersinnlichstcn Flcißc die natürliche Schamhaftigkeit, diesen stärksten Wächter der Keuschheit. Die Schamhaftigkeit aber wird da¬ durch befördert, daß man sich die menschliche Würde und die Allgegenwart Gortes lebhaft vorstelle. Diese Regel war dem Seneka so heilig, daß er den Aus¬ spruch that: „Man muffe sich in Gesellschaft mit an¬ dern wie im Angesichte Gottes , und im Verborgenen vor den Augen Gottes wie im Angesichte einer rdlen Gesellschaft betragen." Dieses Gefühl der Schamhaf¬ tigkeit und diese Vorstellung des Allgegenwärtigen war es auch, welche den Joseph und die Susann« in der deftigsten und gefährlichsten Versuchung keusch erhielt- Diese natürliche Schamhaftigkeit war auch Sitte bei¬ den, jüdischen Volke: denn die Mädchen zogen in Ge- aenwarl fremder Mannspersonen ihren Schleyer vor das Gesicht, wie wir von der Rebekka lesen. Auch bey den Griechen war aus dieser Ursache das Frauen¬ zimmer in besonder« Gemächern deS Hauses. b) Man sey mäßig und iveise im Essen und Trin¬ ken, und im Genüsse sinnlicher Ergötzungen- Dazu ermahnet uns der Apostel: „ Lasset uns ehrbar wan¬ deln, gleichwie am Lage; nicht in Fressen und Sau¬ fen ; nicht in Dchlafkammern und Geilheit; sondern ziehet den Herrn Iesum Christum an, und leger eusrn Fleiß nicht auf das Fleisch und seine Wollüste." (Röm. i;. K.) c) Man bewahre die Einbildungskraft vor unkeu¬ schen Vorstellungen, und fliehe alles , was dazu An¬ laß geben kann- Darum sagt Hiob : „ er habe mit feinen Augen einen Bund gemacht, damit er nicht ein¬ mal an ein Mädchen gedenken mochte." (Hiob. zi.K.) Und David fleht zu Gott , er möge seine Augen ab¬ wenden , damit er die Eitelkeit nicht sehen möge." (Ps. ri8-) Hieher gehört auch die Lehre des Heylan- des, daß man das Auge, welches uns ärgert, aus- seiffrn solle. — ( I2s ) — c!) Man meide leichtsinnige Geselischafteu, Sen Um¬ gang mit Personen eines zweydculigen Rufes, über¬ haupt den freyen Umgang. Der Umgang mic den Men¬ schenkindern war die Quelle des Berderbnisses der K-u- der Gottes- Und die Brsuchung der heidnischen Stadt Glchein war die Ursache des Falles der Dina, der Toch-- ter Jacobs- e) Man se» arbeitsani, und habe immer eine gute Beschäftigung. Geschäftigkeit ist eins mächtige Schutz- wehre der Keuschheit, so nur der Müßiggang die Schu¬ le vieler Bosheit ist. k) Ben jeder Gelegenheit erwäge man das Schäd¬ liche und Schändliche der Unk-euschheit, und erneuere den Vorsatz, die Keuschheit nicht zu verletzen- §) Man hüte sich Vor dem ersten Fehltritte nach der Regel : „Gleich anfangs leiste Widerstand; Sonst nimmt das Uibel überhand/' Bist du aber aus Schwachheit gefallen: so ergreife schleunig die Befferungsmittel, ehr das Utbel ciumur- zelt; sonst bist du ohne Rettung verloren- Der kluge Wundarzt schneidet gleich das erste faule Fleisch weg; der kluge Hausvater löschet gleich das erste Fünkchen aus, und das Bert reinigest der vorsichtige Gärtner von dem ersten Unkraure. §. ic. Rechter Gebrauch sinnlicher Vergnügungen. Der allgütige Schöpfer hat uns nicht auf sei¬ ne schöne Welt gesetzt, daß wir wie die Eichsiedler leben und ihre Güter keineswegs genießen sollen. Er selbst pflanzte bey der Schöpfung einen herrlft chen Garten, den er dem Adam anvectraute, nicht nur um ihn zu bauen, sondern auch von seinen Früchten Gebrauch zu machen. Auch das Evange¬ lium hat hierin nichts geändert; nur führet es den Menschen auf den Endzweck hin, zu dem diese Güter bestimmet sind, oder es lehret nnS den rech¬ ten Gebrauch derselben. Und dieser besteht darin, daß - ( 126 ) — -aß wir die sinnlichen Vergnügungen aus dankba¬ rer Liebe gegen Gott, zu seiner Ebre, und zu un¬ serer Glückseligkeit anwcnden. Es kömmt also erstens auf die Wahl, zweytens auf den Genuß selbst an. 1) Die Wahl sinnlicher Freuden- Nur jenen Vergnügungen darfst du Platz geben, die deinem Stande, Alter und Beschäftigung angemessen sind, und dich zur fernern Arbeit fähig erhalten- Aus diesen, Grunde sind nicht nur sündhafte Ergötzungen verkochen, sondern auch die an uch unschuldigen, wenn sie sich mir deinem Stande, Alter oder Vermögen nicht vertragen, folg¬ lich dich verleiten, gegen deine Bestimmung zu handeln» und also auch deine Glückseligkeit zu verscherzen. 2) Der Genuß sinnlicher Vergnügungen. Dieser muß so be¬ schaffen senn, daß er zugleich eine Religionshandlung und eine Art des Gottesdienstes ist. Dazu kann er aber erhoben werden, wenn man klug gewählte Freuden mäßig und dankbar genießt, eben so, ivie ich oben vom Essen und Trinken gesagt habe. Dieser Genuß ist aber mäßig, wenn wir durch denselben zu unfern Berufs¬ arbeiten nicht stumpf, sondern vielmehr aufgemuntert und mit neuen Kräften belebt werden. Dankbar ist die¬ ser Genuß, wenn wir mit demselben das Andenken des allgükigen Gebers verbinden, und uns dadurch in der Liebe gegen ihn stärken. Daher nennet der heil. Paulus diejenigen Jrrlchrer und Lügner, welche die Greisen verbieihrn, die Gott erschaffen bat, daß sie die Gläubi¬ gen mit Dankbarkeit genießen sollen. Er gjebt die Ursa¬ che an: „Eine jede Kreatur Gottes ist gut, und nichts verwerflich, was mit Danksagung genossen wird. Denn es wird durch das Wort Gorres und das Eebrkh gehei- liget." (r Tim. 4. Kap.) Von dem Endzwecke, mit dem wer alles auf der Welt gebrauchen sollen, sagt er: „Alles, was ihr thur, das thur in dem Namen des -Herrn Jesu Christi, und danket Gott, dem Vaier, durch ihn." (Koloss. Z. Kap.) Wer diesen Maaßstab bey jeder sinnlichen Freude anwender, wird leicht urtherien können, ob sie erlaubt oder anständig sey. *) Hier sollte ich sreylich auch die Arten der Ergö¬ tzungen angeben. Ich sollte bestimmen, was zumBeyspie- le vom Spielen, Tanzen und Theater nach der Lehre des Evange- — ( 127 ) — Evangeliums zu halten sey. Man wird aber aus den vor* ausgeschickten Grundsätzen schon hierüber »«heilen kön¬ nend In diesen Stücken hönimt das meiste aus die Absicht und andere Umstände an. Don dem Theater nur muß ich hin »fügen, daß es allerdings zuvor der Untersuchung br- dürfe, ob die auf.usührenden Stücke ihrem Zwecke gemäß emgerichtrt, das ist, zur Verbesserung der Sitten und Vervollkommnung der Sprache abzweckcn, und nicht viel« mehr Schulen des Lasters seyn. §. n. Sorge für die irdische» Güter. Auch die irdischen Güter sind Gegenstände, die der Sorge des Christen werth sind. DerHey- land hat diese Sorge keineswegs verbothen, da er sagte: „ Suchet zuerst das Reich Gottes ; so wird euch das übrige zuqeworfen werden."(Matth. 6. K.) Nur die ängstliche und heidnische Sorge verboth er. Auch für die irdischen Güter soll der Christ sorgen, aber nach den Vorschriften der Vernunft und des Evangeliums. Und diese Gu¬ ter können und sollen auch einen Theil der irdi¬ schen Glückseligkeit ausmachen. Diese Güter sind zwar nicht selten ein wahres Unglück des Menschen; -ieß hängt aber von ihrem Gebrauche ab. Sie können aber auch eine Quelle des Glückes für den Menschen seyn: denn sie sind Mittel zur höheren Ausübung der Nächstenliebe, und folglich Werk¬ zeuge zu einem höheren Grade des Glückes. In¬ dessen aber haben sie ihren Werth nur von der Tugend, mit dec sie vergesellschaftet sind. Dec Heyland giebt uns hierüber Aufklärung durch dass was er sagte, als ihn ein reicher Jüngling fragte, waö er zu thun habe, um in das Himmelreich zu kommen. — ( 128 ) — kümmert. Er sagte diesem Jüugliugo, welcheuGe- Lrauch er vo« seinen Reichthümeru machen könne, nm eine grosse Belohnung davon zu haben. „Ver¬ kaufe alles, was du hast, gieb es den Armen; ss wirst du einen großen Schatz in dem Himmel ha¬ ben." Die Reichtbümer waren aber so an sein Herz gewachsen , daß er traurig von Jesu hinweg- gieug. Hierauf sagte Jesus zu seinen Jüngern : „ Wahrlich ich sage euch , daß ein Reicher schwer¬ lich ins Himmelreich kommen werde." Indessen läugnete ec aber doch die Möglichkeit nicht; nur sagte er, daß die Reichthümer öfters Hindernisse der Seligkeit seyen. Darum setzte er hinzu: „Es ist leichter, daß ein Kameel durch ein Nadelöhr gehe, als daß ein Reicher ins Himmelreich kom¬ me." Als sich hierüber seine Jünger verwunder¬ ten , sagte er : „ Bey den Menschen ist eS unmög¬ lich ; aber bey Gott sind alle Dinge möglich." (Matth. 19. K.) Also auf den Gebrauch der irdi¬ schen Güter kömmt es an. Durch den Gebrauch können sie geheiligt! und für uns Quellen des Glückes werden. Man unterscheidet zwo Arten irdischerGüter, Güter der Ehre, und Güter des Glückes. Von beyden will ich dir die Lehre des Evangeliums vortragen. I) Güter der Ehre, oder Werth der Ebrc, und des guten Namens. Daß der Christ für seine Ehre, für leinen garen Namen sorgen müsse, davon habe ich schon oben etwas gesagt, wo von der christlichen Ehrbegierde die Rede war. — Die Ehre, her gute Name har ber; al¬ len gegirrten Völkern einen Hoden Werth; jeder wohl¬ geordnete Staat belohnet mir Ehrenzeichen und Wür¬ den; hie Religion selbst muntert uns ost durch den Beweg- — ( 129 ) — Beweggrund der Ehre zur Tugend auf. Hier dient dee Drifter unserer Religion, Jesus, selbst zum Beyspiele, der seine und seines Vaters Ehre nicht schmälern ließ. Cs ist also auch Pflicht für den Christen, daß er für seine Ehre und für seinen guten Namen besorgt ist. Das heißt: Er muß sich bestreben, für seinen Verstand und Fähigkeiten Achtung, und sür sein Herz und Be¬ tragen eine günstige Meynung zu erwerben. Da,er fordert uns der h. Paulus an die Philipper auf, wel¬ che Steile schon oben angeführt wurde. — Der Christ darf also seine Talente nicht vergraben: denn dieß wä¬ re Undank gegen die Gaben des 'Schöpfers uud Lieblo¬ sigkeit gegen die Menschen, zu deren Besten er selbe bekommen hat. Dec Christ suchet also die äusserliche Ehre nach dem Maaße seiner Fähigkeiten, suchet sie zum allgemeinen Besten , und hat dabey nicht den eit¬ len Dunst des menschlichen BeyfalleS. sondern die Lie¬ be gegen Gott, Gottes Ehre, das Beste des Neben- menschcn zum Beweggründe. Er ist verpflichtet, sich vor Verachtung zu bewahren, und berechtiget, nach dem Beyspiele des Apostels, gegen boßhaske Nerläum- der sich einer gemäßigten Ehrenrettung zu bedienen. Bey den Korinthern waren falsche Apostel, die sich mancher Vorzüge rühmten , wodurch dann das Anse¬ hen des h. Paulus hätte leiden können. Gegen diese vertheidiget er sich, und rühmet sich auch im gemäßig¬ ten Tone, um seine Ehre zu retten. Er schreibt: „Ich bitte abermal, mich für keinen Thoren zu halten; wo nicht, so nehmet mich als einen Thoren an , daß ich mich auch ein wenig rühme. — Denn weil sich viele nach dem Fleische (äusserlicher Vorzüge wegen) rüh¬ men; so will ich mich auch rühmen. — Worauf nun jemand stolz ist, darauf bin ich auch stolz." Hier füh¬ ret er nun die Stücke an, auf die sich jene etwas Her¬ ausnahmen , und antwortet zugleich. Unter andern sagt er: Sie sind Diener Christi (geben sich wenig¬ stens dafür aus); ich bin's mehr; ich habe mehr ge¬ arbeitet ; ich saß mehr in Gefängnissen u. s. w." Hier erzählte er seine fernern Verdienste um die Verbreitung des Evangeliums. (2. Kor. n. K.) Eben dieses Ver¬ halten muß der Christ in Ansehung der öffentlichen Würden und Ehrenzeichen beobachten. Diese um ih¬ rer selbst willen als Zweck suchen, ist unerlaubt. sich um selbe aber bestreben, um die Ehre Gottes und das Wohl des Nebenmenschen zu befördern, ist Tugend Grundr. d. Mor, I — ( IZO ) — und Gottesdienst. Die äusserliche christliche Deutttth bestehet eben nicht in geringschätzigen Ausdrücken ge¬ gen sich selbst, nicht im unreinlichen Anzuge, der oft wahrer Pharisäer Mantel ist, und bei, Vernünftigen Eckel und Deriuurhuiig erweckt, das; Her, und Den¬ kungsart dem Kleide gleichen; sondern sie bestehet in sittsamer Bescheidenheit, von welcher der heil, Paulus sagt: „ Thuc nichts durch Zank oder eitle Ehre." (Philiv. 2. K.) Sie besteht in einem sanften und ach¬ tungsvollen Betragen gegen andere, wovon der heil- Paulus in der nämlichen Stelle redet: „ Achter euch unter einander einer höher den andern , als sich selbst, und ,eder sehe nicht auf das Seine, sondern auf das , was eines andern ist." L) Güter des Glückes, oder Reichthümer. Der Mensch kommt, wie Hiob sagt, nackend auf die Welt, und bringt, wieder heil. Paulus sagt, mchrS mit in die Welt, wird aber auch nichts mit hinausnehmen Dabei, ist er von seiner Geburt an von allen Teilen mit Bedürf¬ nissen umgeben. Um diesen zu steuern, bedarf er An¬ fangs fremder Hilfe. Sobald sich aber seine Kräfte entwickeln, muß er sich durch rechtmäßige Mittel das nörhige Auskommen verschaffen, oder so viel zu er¬ werben suchen, daß er seine Bedürfnisse seinem Stan¬ de gemäß fortdauernd befriedigen kann: mehr aber soll er nicht suchen. Daher sagt der Heistand : „ Hütet euch vor allem Geize: denn das Leben eines ftziichen bestehet nicht in dem Uiberflusse der Güter, die ec be¬ sitzt.' (Luk-ra. K.) Und derh. Paulus sagt: „Genüg¬ samkeit ist ein großer Gewinn. Denn wir haben nichts in die Welt gebracht, wir werden auch ohne Zweifel nichts mit hinausnehmen. . Wenn ivir aber Nahrung und Kleidung haben, so wollen wir zufrieden seyn." (i. Tim. 6. K.) Dieses nöthige Auskommen ist jener selige Mittelstand , um welchen Salomo bat: „ Ar- muth und Reichthum gftb mir nicht, sondern nur die Nvlhwendige Nahrung : ich mögte sonst, wenn ich zu satt wäre, läugnen und sagen: „ Wer ist der Herr?" (Sprüchw. Zv. K.) Ist der Christ mit Reichthümern gesegnet; so muß sein Denken dahin gehen , wie er den Uiberstus; auf die Gott gefälligste Art zu seinem und des Nebenmenschen Besten anwcnden, und dadurch zeigen könne, daß die ungleiche Vrrthcilung der Glücks¬ güter eine der weisesten und mohlrhätigsten Veranstal¬ tungen in der große» Haushaltung Gottes sey. Uiber din — ( IZl ) — den V'ertb und Gebrauch der Reichthiimer müssen vor¬ züglich folgende Stücke beobachtet werden. at Mau mul? den Rktchchum ohne Geiz , das ist, ohne unmäßige Begierde zu haben, und mit wohlge- vrbiikiem Fleiße durch rechtmässige Mittel sammeln. Daher sagt der h Paulus: „ Die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke des Teufels, und in viele thörichte und schändliche Begierden, wel¬ che die Menschen in das Verderben stürzen und in die Ncrdammmß. Der Geiz is! eine Wurzel alles Uibels, von welchem sich einige haben einnehmen lassen , und sind vom Glauben abgcsallen, und haben sich selbst in viele Schmerzen verwickelt." (i. Tim. 6. K.) Inder That, die Geizigen lassen es sich sehr sauer werden, um Geld zusammcnzuscharren, und sind ängstlich be¬ sorgt, es nicht zu verlieren. d) Das Erworbene muß man ohne Kargheit, das ist. ohne unmäßige Festhaltung des Eigenthums, wirth- schaftl'ch und sparsam verwenden , damit man durch kluge Verwendung sich selbst gegen Mangel sichere, und dem Nebenmenschkn mehr Gnies erweisen könne. Daher sagt der Apostel: „ Lasset uns, so lange wir Zeit haben , Jedermann Gutes rhun." ( Gal- 6. K.) Don dieser klugen Verwendung seines Uiberflußes re¬ det auch der Heyiand in zweyrn Gleichnissen, nämlich von dem ungerechten Haushaiter und von dem reichen Manne. Der Erste wußte sich zu raihen , da sein Herr von ihm Rechenschaft forderte; und der Hcyland zog folgende Lehre daraus : „Machet euch Freunde mit dem Rrichthnme der Ungerechtigkeit (von den be- triiglicben und unsichern Reichlhümern,) auf daß, wenn euch euere Reichihümer verlassen, man euw in dis ewigen Hütten ausnehme." (Luk r6. K.) In dem Gleichnisse von dem reichen Manne aber zeiget er die Strafe der geizigen Reichen , die ohne Barmherzigkeit den Armen schmachten lassen. Denn er sagt von diesem Reichen: „ Zer Reiche starb, und wurde in die Hölle begraben ' (Ebend.) c) Auch an rechtmäßige Reichthiiniee darf man sein Herz nicht besten: sonst wird man sich der Be¬ schuldigung des Apostels aussetzen , welcher sagt : „Die Geizigen seyen Götzendiener ' Man muß seine Rrich- lhiimer blos als Geschenke Gottes betrachten, ihre Un¬ beständigkeit erwägen, und durch wohlthätigen Ge¬ brauch derselben sich schon hienieden himmlische Schätze sammeln. sammeln. Dazu ermahnet uns der Heyland: „ Ihr sollt euch ans Erden keine Schätze sammeln, da fieber Rost und die Monen fressen , und die Diebe auSgra» ben und stehlen. Sammelt euch aber Schätze in dem Himmel, da sie weder Rost noch Motten fressen, noch die Diebe ausgraben und stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz." (Matth. 6. K.) Drik ( lZZ ) Dritter Abschnitt. Pflichten gegen den Neben Menschen. -Kisker kast du, mein Freund , deine Pflichten gegen Gott und gegen dich selbst gesehen. Der na¬ türliche Schritt führt dich nun zu deinem Ncben- menschen. Du bist nicht für dich allein aufder Welt. Wie Gott die menschliche Gesellschaft gründete, und dich ;um Mitglieds derselben machte; so gab er dir auch Weisung in Ansehung der übrigen Mitglieder. Darum sagt Sirach: „Gott gab jedem seines Nächsten halber Weisung." (Sir. 17. Kap.) Wor¬ in bestehen nun diese Pflichten ? Erstens in den rechtschaffenen Gesinnungen gegen andere Men¬ schen , zweytens in dem rechtschaffenen äußeren Verhalten gegen dieselben. Dieses letztere läßt sich wieder in allgemeine und besondere Pflichten ein- theilen. Erstes Hauprstück. RechtschaffeneGesinnungen gegen andereMenschen. §. i- Legrist dieser rechtschaffenen Gesinnungen und Eintyeii- lung derselben. Die rechtschaffene Gesinnung, die wir gegen rmsern Nebenmenschen haben sollen, heißt in der Schriftsprache Liede. Dieses Wort begreifet alle- Grunde, d. Mer. K ill — ( IZ4 ) — in sich, was wir unsirm Nächsten schuldig sind Dic-seS Wort begreifet sowohl das, wie unser In¬ nerstes gegen andere beschaffen segn soll, als auch inner äußeres Betragen, in sich. Hier ist die Nedo nur vom Innern. Es ist also die Frage, was Liebe des Nächsten heiss«; welche Beweggründe uns da¬ zu verbinden; welche Eigenschaften sie habe; wel¬ sches ihre Zweige oder Folgen und dann ihre Stu¬ fen seyn, §. 2. Wesenheit der Nächstenliebe. Die Liebe des Nächsten beißt nichts anders , als eine allgemeine Güte des Herzens, die uns an¬ treibt, lauter liebreiche und wohlthatige Gesinnun¬ gen gegen alle Menschen zu hegen, und sie unver¬ brüchlich bis in den Tod zu üben. Diese Beschrei¬ bung macht uns die heil. Schrift davon, und beson¬ ders der heil. Paulus, indem er schreibt: „Liebet einander mit brüderlicher Liebe. Einer komme dem andern mit Ehrecbiethung zuvor. Kommet den Heiligen zu Hülfe irr ihren Nöthen. Beherberget die Fremden gerne. Segnet, die euch verfolgen, und fluchet ihnen nicht. Freuet euch mit den Fröh¬ lichen, und weinet mit den Weinenden. Seyd ein¬ trächtig und friedsam unter einander. Vergeltet Niemanden Böses mit Bösem. Befleißet euch des Guten nicht allein vor Gott, sondern auch vor al¬ len Menschen." (Röm. 12. K.) In einem andern Briefe beschreibr er die Nächstenliebe noch weit¬ läufiger: „Die Liebe ist geduldig und menschen¬ freundlich ; die Liebe eifert nicht; die Liebe handelt nicht — ( IZs ) — nicht boshaft; sie blähet sich nicht auf; sie ist nicht ehrgeizig; sie ist nicht eigennützig; sie läßt sich nicht erbittern ; sie denket nicht Arges; sie freuet sich nicht über das Unrecht; sie freuet sich aber über die Wahrheit; sie erträgt alles, glaubet alles, dul¬ det alles (sie deckt die Fehler anderer zu , ist nicht argwöhnisch, sondern vielmehr geneigt, von einem jeden das Beste zu denken). ' (l Kor. i z.Kap.) Z- Beweggründe zur Lklichstenliebe. Was verbindet uns zur Nächstenliebe ? Das allgemeine Gesetz: „Du sollst den Nächsten lieben, wie dich selbst. ' (Matth. 22.Kav.) Dieses Geboth zerfällt nun in folgende Beweggründe. a) Der Befehl, Gott zu lieben, ist von jenem, den Nächsten zu lieben, nicht getrennet. Denn es beißt: „Du sollst Gott lieben; dieß ist das erste Geboth. DaS andere aber ist diesem gleich: Du sollst den Nächsten lieben, wie dich selbst'" Wenn wir also den Nächsten nicht lieben, so lieben wir auch Golt nicht, welcher der Darer aller Menschen ist. b) Diese Liebe ist das Band der menschlichen Ge¬ sellschaft, jene große Kette, von welcher der Größte wie der Niedrigste ein Glied ist. Selbst d-r öffentlich verur- theilte Bösewicht ist davon nichc ausgeschlossen. Wir müssen seine Laster Haffen, aber immer noch in dem Verbrecher die Menfchcnnatnr ehren und lieben. c) Diese Liebe-ist das Unterscheidungsmerkmal deS Christen Denn der Heyland sagt: „Ein neues Geboth gebe ich euch, daß ihr einander lieber, so lieber, wie ich euch geliebek habe. Daraus wird Jedermann erken¬ nen, daß ihr meine Jünger seyd, so ihr die Liebe un¬ ter eruander habt.' (Jvh. iz.Kav.) cl) Diese Liebe ist die Summe des ganzen göttli¬ chen Gesetzes. Der Heyland sagt: „An diesen zivryen Gebothen hängt da« ganze Gesetz und die Propheten (alle Pflichten des Gesetzes laufen auf diese >wey Grbo- K 2 che — ( IZ6 ) — the hinaus)." (Matth. ar.Kap.l Der heil. Paulus sagt: „Send Niemand etwas schuldig , als daß ihr einander liebet: denn wer seinen Nächsten liebet, der har das Gesetz erfüllet- Denn folgende Gebothe : Du sollst nicht ehebrechen» nicht tb'dre,,, mehr stehlen, kein falsches Zeugnis; geben und was dergleichen Geborhe mehr stud , das alles wird in dein Geborhe begrisjcn : Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. Die Liebe des Nächsten rhut nichts Böses; demnach ist dir Liebr der Inhalt deS Gesetzes." (Röm. ra.Kap.) o) Die Nächstenliebe ist dke einzige sichere Probe der ächten Liebe gegen Gott. Daher sagt der keil. Jo¬ hannes: „So jemand spricht: er liebeGvtt, und Has¬ ser feinen Bruder, der ist ein Lügner. Denn wer seinen Binder nicht liebet, den er sieht! wie kann er Gott lieben, den er nicht sieht? Und das Geboth haben wir von Gott, daß, wer da Gott liebet, auch seinen Bru« der lieben solle.' (i Jvh- 4 Kav.) t) Die Liebe des Nächsten ist die Liebe GoklcS selbst; in jedem Menschen lieben wir nicht einen Men¬ schen, sondern Gott selbst, wie eben der heil- Johan¬ nes sagt: „Wenn wir uns unter einander lieben: so bleibet Golt in uns, und seine Liebe ist in uns voll¬ kommen. Daran erkennen wir, das; wir in ihm blei¬ ben, und er in uns." (i Jvh. 4. Kap.) §) Nur von dieser Tugend empfangen alle unsere Gesinnungen und Handlungen ihren Werth. Dieß sagt uns der Apostel: „Wenn ich alle mögliche Sprachen der Menschen und Enge! reden könnte, und die Liebe nichl hätte; so wäre ich wie ein tönendes Er;, oder eine klingende Schelle. Und wenn ich weissagen könnte, und rostete alle Geheiurnisse Gottes, und wenn ich alle Erkenntnis; uud allen Glauben hätte, so, daß ich Ber- ge versetzen könnte, und hatte die Liebe nicht; so bin ich nichts." (i >stor. iz. Kap.) K) Endlich JesuS selbst ist das Muster der Men¬ schenliebe, der sich selbst zum Besten der Menschen er¬ niedrigte und biS zum Äreuziode gehorsam war. Er ver¬ spricht aber auch dieser Tugend die höchsten Belohnun¬ gen, und machet sie zur Richtschnur deS künftigen Weltgerichtes ; denn er lagt: fern Ausspruch an jenem Lage werde sich daraus gründen, ob Jemand die Näch¬ stenliebe auSgeübet habe, oder nicht. Seine Worte sind: „AlSdann wird der König zu denen an seiner Rechten sagen: Kommet her, ihr Lieblinge meines Vaters, be¬ sitzet — ( IZ7 ) —' sttzek das Reich , dar euch bcreitct ist vom Anbeginn der Welk Denn ich bin hungrig geivesen, und ihr habt mich gespeiset u.s. w. Alsdann werden ihm dir Gerech¬ ten antworten und sagen: „Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen, und gespeiset? u s. w. Und der König wird antworten : Wahrlich, ich sage euch: Was chr einen unter diesen meinen geringsten Brüdern ge- than habt, das habt ihr mir geihan." (Match 25. K.) Im Gegentheise Verkündiger er denen, die keine Nach« stenliebe ausgeiibet haben, an eben dieser Stelle die ewige Strafe, aus dem Grunde, weil sie keine Liebe ge¬ gen ihn erzeiget batten: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr einem unter diesen Geringsten nicht geihan habt, das habt ihr mir auch nicht gechan." Don eben der Belohnung der Nächstenliebe redet der Apostel, da er schreibt: „Laßt uns Eures thun, ohne müde zu werden : denn zu seiner Zeit werden wir auch ohne Auf- Hören ärndten." (Gal. 6. Kap.) §. 4. Eigenschaften der Nächstenliebe, Die Nächstenliebe muß aber folgende Eigen¬ schaften haben: 3) Sie, muß allgemein ftyn, das ist, alles, was Mensch ist, umfaßen. Dieses sagte der Hepland jenem Schriftgelehcrcn, der ihn fragte, wer sein Nächster sey- Er erzählte ihm nämlich das Gleichniß von dem Men¬ schen , der unter die Mörder gefallen war, und dem ein Samaritan so viele Liebesdienste gerban halte, und fragte hierauf den Schriftgelebrken, wer der Nächste von diesem Elenden gewesen scy- Der Schriftgelebrte antwortete: „Oer die Barmherzigkeit an ihm ausgeiibet hat." Hiercpif antwortete ihm der Hepland: „So gehe bu hin, und thue desgleichen." (Luk. ro. Kap-) d) Diese Liebe muß herzlich, das ist: aufrichtig und thälig seyn. Diese Eigenschaften fordert der Heil- Johannes von ihr, indem er sagt: „Wenn Jemand Güter hat, und seinen Bruder Noch leiden sieht, und sein Herz vor ihm zuschließt: wie bleibt die Liebe Got¬ tes in ihm? Meine Kinder, lasset uns nicht mit Wor- den, noch mit der Zunge, sondern mit der Thal und in .der Wahrheit lieben." (1 Ivh. Z. Kap.) — ( IZ8 ) c) Diese Liebe muß grsßmüthig stan , das is!, ebne Selbstsucht, im Rothsalle auch mit Aufopferung eigener Dvrtheile, ja sogar mit Dahingebuug seines Le¬ bens. Don dieser Großmuth und Uneigennützigkeit redet der Heylanb, da er sagt: „Wenn ihr blvS die liebet, die euch lieben, was werdet ihr für einen Lohn haben? Denn auch die Sünder lieben diejenigen, von denen sie geliebt werden. Und wenn ihr euren Wvhlthätern wohl- tbut: was habt ihr für einen Lohn davon? Denn das thun auch die Sünder. Und wenn ihr denen leihet, von welchen ihr es wieder zu bekommen hoffet: was für einen Lohn habt ihr davon? denn ein Sünder leihet auch dein andern, um ein Gleiches erwarten zu können. Aber liebet eure Feinde; so wird euer Lohn groß seyn, und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten seyn: denn er ist auch gegen Undankbare und Boshafte wohlthäkig." (Luk. 6 Kap.) Und der geliebte Jünger sagt: „Daran haben wir die Liebe Gottes erkannt, daß er sein Leben für uns gelassen hak. Auch wir sollen das Leben für die Brüder lassen." (i Ioh. Z- Kap.) 6) Diese Liebe muh endlich unveränderlich, das ist, von keinem Undanke, Gefahr oder Verlust veriilg- bar, bis in den Tod ausharrend seyn, wie uns eben das Beyspiel Jesu lehret, und wie wir vorhin von der Wesenheit der Nächstenliebe aus dem heil. Paulus ver¬ nommen haben. §> 5- Zweige oder Folgen der Nächstenliebe. Diese Zweige sind Werthschätzmrg, Wohlwol¬ len, Freundschaft, Zärtlichkeit, Liebe gegen die Feinde. i) Werthschätzung. Liebe setzet diese voraus- Denn wie wird mein Her; lieben, was ihm nicht zuvor von dem Ver¬ stände als liebenswerth borgestellet wurde? Welches find nun aber die Beweggründe, unsrrn Nächsten werlh zu schätzen? Erstens die Würde der menschlichen Natur selbst, zweykens jene Würde unscrS Nebenmenschen, daß -r, wie wir, von Jesu Christo erlöset, ein Glied des Leibes Christi, und mir uns zu eben derselben Glückst- ligkeit bestimmt ist. Diese zweyte Würde fordert, daß wir zwischrn Personen keinen Unterschied mache», we¬ der — ( IZ9 ) — der aus Stand noch auf andere Eigenschaften scheu dürfen. So stellet uns die heil- Schrift die Sache vor. Dec Heyland sagt, daß wir alle von ihm erlöset ftyn, And folglich gleiches Recht zu dem von ihm bereiteten Glücke haben. „Also hat Gott die Welt geliebt, dah er seinen emgebohrnen Sohn dargab, auf daß alle, dir an ihn glauben, das ewige Leben haben." (Job. Z K.) Eben dielen Grund führet der heil. PelruS an, indem er schreibt: „Weil ihr den als einen Vater anrufer» der ohne Ansehen der Person rickcer; so führ« euren Wandel die Zeit eurer Pstgriyischast über mir Furcht, und wisset, daß ihr von eurem nreln Wandel nicht mit vergänglichem Golde oder Silber erlöset feyd, sonder» mir dem rheuren Blute Jesu Christi." (t Perr. i. Kap.) Auf den nämlichen Grund führet uns der kril. Paulus hin, da er sagt, die von Jesu Erlösten, ftyn Glieder eines Leibes, wovon Christus das Oberhaupt ist. Er schreibt: Gleichwie wir in einem Leide viele Glieder» aber nicht alle Glieder einerlei) Verrichtung haben, al» so sind wir ein Leid in Christo; ein jeglicher aber ist des andern Mitglied." (Röm. t2. Kaps) Aus dieser Ur» fache giebr er auch seinem lieben Jünger die Vorschrift: s,Vor allen Dingen empfehle ich, daß Gebethr u. s. w. für alle Menschen (Gott) dargebracht werden. Denn dieses ist an sich rühmlich und angenehm vor Gott nn- ferm Heylandc, der will, daß alle Menschen feiig wer¬ ben." Dir Ursache führet er nun weiter aus: „Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich Jesus Christus, der sich selbst zum Lvsegeld für alle gegeben hat." (r Lim-. 2. Kap.) 2) Wohlwollen. Dies; ist ohnehin ein wesentlicher Theil der Liebe, und geht vor dem Wohlthun her. Wohlwol¬ len aber heißt, jedem das Gute herzlich gönnen, und sich dessen aufrichtig freuen, und dann auch von der Noch des stlachsten gerührt werden, und bey jeder Gele¬ genheit gute Wünsche zu seinem Besten thun Dieses Wohlwollen setzec der Heyland voraus, wenn er bestehlt. „Thut Gutes denen, die euch bassen " Aus diesem Wohlwollen entstehet nun theilnebmende Freude und Traurigkeit mir andern, wie der Apostel haben will: „Freuet euch mit den Fröhlichen und meiner mit den Weinenden." (Röm rr. Kap.) In Wahrheit, unsre süs¬ seste Freude auf Erden muß der Anblick froher und glücklicher Menschen seyn; so wie es unser Kummer ftyn muß, wenn wir anderer Elend sehen, und ihnen K 4 nicht — ( 142 ) — ;n m k helfen können. — Wie viel größer muß unsere Wvn- ne sei,» wenn wir unser Wohlwollen betbäligen können' Dieses konnteJesus, und that es- Denn er sagte nicht nur: „Mich dauert das Volk, welches nun drey Tage bey mir verharrte, und liichfs mehr zu essen hat;" svn- dern er hals diesen Elenden auch wirklich durch ein Wunder, vermöge dessen er sie speisete. (Mark-8. Kap.) -K) Freundschaft. Freundschaft ist ein Zweig der Nächsten¬ liebe, und zwar ein Grad derselben, der nur unter we¬ nigen bestehen kann. Sie gehöret nicht in das Fach deS Gebothes; indessen muß sie aber alle Eigenschaften der Nächstenliebe im vollkommensten Grade haben. Denn sie ist das engste Bündnis. Ich ineines Thesis glaube, daß es wenige wahre Freundschaften gebe. Doch will ich auch mein Unheil zurllcknehmen, wenn man mich vom Gegentheile überzeuget. — Von den alten Zeiten weiß ich drey Beyspiele, nämlich jenes des Dämon und Pythias, jenes des David und Jonathas, und dann von Jesu und Johannes. Die zwey ersten Beyspiele will ich hier nicht weiter ausführen : denn das eine ist aus der heil- Schrift, das andere aus dem Cicero be¬ kannt- Von der Freundschaft Jesu aber will ich hier die Stellen aus dem Evangelium anführen, damit man sieht, daß sie durch das Beyspiel Jesu geheiligt sey. Jesu« war ein Freund vom Hause der Maria und Mar¬ tha. Darum, da ihr Bruder Lazarus krank war, lies¬ sen sie ihm sagen: „Herr, sieh, den du lieb hast, der ist krank-" (Joh. er. Kap.) -Jesus war ein Freund des Johannes. Dieß sagt uns das Evangelium, welches uns von ihm erzählt, daß dieser Jünger beyin letzten Abcndmahle so nahe an seiner Seite gelegen sey, und dem auch die andern den Auftrag gegeben haben, .zu fragen, wer der Dcrrälher sey. Jesus Christus har auch diesem Jünger seine Mutter Maria empfohlen. Hierüber verdient das iZ. und 19. Kap. des Johannes gelesen zu werden. Jesu Freundschaft hat noch das Vor¬ zügliche, daß sie nicht auf eine Person eingeschrankec war, welches uns eben sein lieber Jünger Johanne« sagt: „Da er die Seinigcn , die in der Welt waren, ge¬ liebt halte; so liebte er sie bis ans Ende." (Joh. rz.K.) Eines der größten Güter muß es also um die Freund¬ schaft sey». Nun kömmt es auf den rechten Begriff und die Regeln derselben an. Freundschaft ist die Verbindung zweyer gleich ge¬ stimmter Personen und Gemülhcr zur bcsondrrn Thcil- MhMUklg °- ( l4l ) -- mhmung an drn Freuden und Leiden dieses Lebens, und zur gegemeiligcn Beförderung ihrer Vollkommen¬ heit und Glückseligkeit. Dabei, darf aber keineswegs die Ehre Gottes und das Beste des Nebenmcnschen lei¬ den. Das Werkchen des Cicero von der Freundschaft verdient hierüber auch von Christen gelesen zu werden: denn er bestimmt die Gränzen der Freundschaft so, als wenn er seine Grundsätze aus der heil-Schrift gesogen hätte. Hierinfalls will ich nun nicht weitläufiger seyn, sondern berufe mich nur aufSirachs Regeln und Grund¬ sätze der Freundschaft- Sir. 6. K. 6 - r8. V. 4) Zärtlichkeit- Dieser Artikel Hal keinen Namen im Evan¬ gelium. Indessen ist er doch in allen Schriften beliebt- Ich fetze also den ächten Begriff her. Zärtlichkeit ist ein hoher Grad der Fühlbarkeit des Herzens- Hier muß man auf den Grund dieser Fühlbarkeit sehen- Denn wer schmeichelt sich nicht heutiges Tags mit diesem Na¬ men , er habe ein zärtliches Gefühl -f Jesus hatte es , von dem ich vorhin ein Beyspiel ««führte, lind wie viele Beysxiele von ) Dies sind die gebicrhenden Worte, welche die schönste Pflicht des Christen enthalten, eine Pflicht, von welcher die Philosophie nichts mußte, und eine Pflicht welche den Christen von allen andern Men¬ schen unterscheiden, und dem himmlischen Vater ähn¬ lich machen soll. „Darum seyd vollkommen, gleichwie euer himmlischer Later vollkommen ist." (Marrh-s-K.) Wir annehmlich nun dieß Geboth Jesu sey, mein Freund, wirst du aus folgenden Beweggründen, wel¬ che dir die christliche Religion ausstellc, sehen. ») Der erste Beweggrund ist Gott selbst. Dieser geht uns mit seinem Behspiele vor, Er, der des Men¬ schen nicht bedarf. Nun aber find wir verpflichtet, Gol- tes Beyspielen zu folgen, und ihm nach aller Möglich- Leit ähnlich zu werden, wir wir oben vernommen ha¬ ben. Nun aber liebrc Gott auch seine Feinde: denn er thut auch den Bösen Gute«. „Er läßt seine Sonne über die Guten und Bösen aufgchen , und über die Ge¬ rechten und Ungerechten regnen. (Matth. s.Kap.) b) Die Liebe der Feinde ist dir Bedingung, derer Erfüllung uns Verzeihung und Liebe Gottes verschaf¬ fet. „Denn so ihr den Menschen ihre Sünden vergebet; so wird euch euer himmlischer Vater rureSiinden auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebet; ss — c i4Z ) — so wird euch euer Baker eure Sünden auch nicht der» §ebm." (Maith. 6. K.) Eben dieses lehret der Heyland in dem Gleichnisse vom Könige , der mit seinen Knech- ten Rechnung hielt. De» unbarmherzigen Knecht liest er in das Gefangniß werfen. Und der Heyland setzte den Schluß hinzu: „Also wird euch mein himmlischer Daker auch khun, wenn ihr nicht von Herzen Vergeber? (Match-r8-Kap.) Wer also seine Feinde nicht liebet, der ist ein Lügner in seinem täglichen Geberhe: „Ver¬ gilb uns, gleichwie auch wir vergeben-" Die Liebe Jesu, der für seine und seines Vaters Feinde sogar sein Leben aufovferce, ist diese nicht der stärkste Beweggrund, unsere Feinde zu lieben? „Die¬ ser , sagt Petrus, da er gescholten wurde, schalt nicht wieder; da er litk,drohete er nicht, sondern ergab sich dem» der ihn mit Unrechte verurtheilte; auch hat er unsre Sünden an seinem Leibe auf dem Holze getra¬ gen." (i Perr. r. K.) Und flehte nicht Jesus am Kreuze zu seinem Vater für seine Beleidiger? „Vater, vergieb ihnen; denn sie wissen nicht, was sie thun." (Luk-2g.K.) Mach diesem Beyspiele bat auch Stephanus für seine Feinde, und in diesem liebevollen Gedeihe entschlief er in dem Herrn. Don ihm erzählt der heil. Lukas: „Er kniete nieder und schrie laut: Herr, rechne ihnen dieß nicht zur Sünde. Und als er dieß gesagt halte, ent¬ schlief er in dem Herrn. (Apvstelg. 7. Kap.) Welch ein wonnevoller Tod! Noch cinBeyspiel, nämlich vom heil. Johannes Gualterus, öder Gualbertus, kann ich hier nicht übergehen. Dieser hatte dem Mörder seines Bru¬ ders den Tod geschworen- Am Charfreytage traf et- den selbe» ganz allein an, und war fest entschlossen, den¬ selben zu entleiben. Der Unglückliche bath um Verzei¬ hung durch den, der an diesem Tage für seine Feinde gebeten habe. Dieß machte solchen Eindruck aus ihn, daß er den Mörder umfieng, und ihn zum Freunde annahm- 6) Die Liebe ist zur Sicherheit und zum Glücke der menschlichen Gesellschaft nokhwendig. Denn diese mü߬ te tausendfältig zerrüttet werden , wenn cs erlaubt wä¬ re , seine Feinde zu hassen und ihnen Böses mit Bösem zu vergelten. e) Diese Liebe ist uns unentbehrlich, wenn wir anders ruhig und glücklich seyn wollen. Denn wie sehr störet die Rachgierde unsere Ruhe und Zufriedenheit? Zum Deysxielr dienet der feindscligr Aman , der seines Feind — ( 144 ) — Feind MardochäuS gerne aus dem Wege geräumt ivünscbre. Er sagte selbst von ücb: „An allem diesem (Glane des Hofes und der Gunst des Königs) habe ich kein Vergnügen, so lange ich den Juden MardochLnS an des Königs Thore scheu sehe/' (Esih Z.Kap.) k) Endlich wie annehmlich ist diese Tugend ? Himm« lische Wonne ist cs, seine Feinde lieben, eine Wonne, von welcher dir heidnische Philosophie nichts wußte- §. 6. Stufe» der Nächstenliebe Es ist also Pflicht, alle Menschen zu lieben. Go wie das Evangelium unter denselben keinen Unterschied machet, dürfen wir auch keine Ausnah¬ me machen. Indessen giebt cs doch Kollisionsfälle, wo unsere Selbstliebe mit der Nächstenliebe, oder auch die Nächstenliebe gegen mehrere Personen zu- sammentrift. Hier ist also Folgendes zu beobach¬ ten. Wir sind verpflichtet, den Nächsten wie uns selbst zu lieben, nicht aber mehr als uns selbst. Wenn also die Voctheile aufbeyden Seiten gleich sind; so gehet die wohlgeordnete Selbstliebe vor. Weil aber doch die Eigenliebe sich so gerne zur Schiedsrichterin aufwirft; muß dec Christ in der- lcy Fällen den Ausspruch Christi zur Richtschnur nehmen: „Was du willst, daß dir andere thun sol¬ len, das thu auch du ihnen. (Matth. 7.Kap.) Die sicherste Richtschnur aber ist diese, daß du immer das höhere Gut suchest : denn der Apostel will Ha¬ den, daß unsere Liebe immer mehr zunehme und mit Arüchten der Gerechtigkeit erfüllet werde." (Phil. i. Kap.) Wenn also ein höherer Vortheil unsecs Nebenmenschen mit deinem geringer«, oder das zeitliche Wohl Mehrerer mit deinem Privat- wvhlc — ( 145 ) — wohls streitet, dann mußt du nachsteheu. Uiber- haupt aber läßt sich nach der Lehre des Evange¬ liums folgende Rangordnung festsetzen. 3) Oben an stehen diejenigen, die sich in der dringendsten Noth bi finden, in einer Noth, die keinen Aufschub leidet, b) Die Ehegatten. Daß diese sich eine vor¬ zügliche Liebe schuldig scyn, sagt der Apostel: „Ihr Männer liebet eure Weiber, gleichwie Christus die Kirche gcliebet har." (Ephcs. Kap.) Diese Liebe gehet sogar jener gegen die Aeltern vor. Denn bey der Einsetzung des Ehestandes heißt es: „Darum wird der Mensch Vater und Mutter verlassen, und sein.m Weibe anhangen, (i Mos. 2.Kap.) e) Her¬ nach kommen die Aeltern, dann die Kinder und Hausgenossen; denn der Apostel befiehlt seinem Jünger, er solle seinen Gläubigen einschärfe»: „Wenn jemand die Seinigen, besonders seine Hausgenossen, nicht versorget, -er hat den Glau¬ ben verläugnet, und rft ärger als ein Ungläubiger." (1 Tim. s.Kap.) ä) Nun kommen die Wohlthäter, besonders jene des Publicums, die Mitbürger, dis Glaubensgenossen, von denen der Apostel sagt: „Laßt uns Gutes thnn, allermeist an dre Glau¬ bensgenossen." Zweytes HaupLstück. Aeußeres rechtschaffenes Betragen gegen Andere ittögenreiu. Bisher handelten wir von den Gesinnungen der Liebe; nun kommen wib zu den Vorschriften über die Thätigkeit und Handlungen der Liebe. In Wahrheit, ----- ( 146 ) "" Wahrheit , kann wohl eine unthätige Liebe eine aufrichtige und wahre Liebe seyn? Der heil. Pau¬ lus will, „unsere Liebe soll ohne Keuchelev sevu." (Röm. i2. K.) Ist aber eine unthätige Liebe mehr als Heucheley ? Und der Jünger der Liebs befiehlt: „Meine Kinder, laßt uns mit der That und in Wahrheit lieben." (i Joh. z. Kap.) Unsere Liebe muß also thätig seyn. Sie muß es auf eine doppel¬ te Art seyn, nämlich durch Gemeinnützigkeit, oder im Falle des Unvermögens durch Fürbitte. r) Gemeinnützigkeit. Die rhätiqe siebe besteht erstens damn, daß wir unsere Gaben und Kräfte bei; uder Gelegenheit dem allgemeinen Besten widmen, dasselbe zu befördern suchen, und nach dem Maaße unseres Vermögens allge¬ meine Wolstthäter der Welt werden. Diese Vorschrift gicbt der Apostel, wenn er schreibt: „Ein feder sebe nicht bloß auf das Seine, sondern auch aus das, was des Andern ist." (Phil- 2. Kap.) Und der heil. Petrus befiehlt: „Dienet einander rin jeder mit der Gnade, die er empfangen hat." (1 Petr- 4. Kap.) 2) Fürbitte. Befindet man sich in dem Stande des gänzli¬ chen Unvermögens, Andern zu nützen, so kann und soll man wenigstens für sie bethen. Diese Fürbitte ist aus- drneklicher Befehl des Evangeliums, so zwar, daß auch unsere Feinde daran Lheil haben sollen : „Bittet für die, so ruck verfolgen und beleidigen." (Mattb. 5-K.) Und der heil- Paulus schreibt seinem Jünger vor, für wen der Christ besonders bethen solle: „Vor allen Din¬ gen empfehle ich, daß Geberhc, Wünsche, Birten für alle Menschen dargebracht werden , für die Könige und für alle, die hohe Stellen bekleiden." (1 Tim. r. Kap.) Jesus selbst gieng uns hierinfalls mit seinem Beyspiele vor; denn er bath nicht nur für seinc.eünger, (J0H.17.K.) sondern auch für feine Feinde. (Luk. 2z. Kap.) Dieses Eebeth ist auch Gott vorzüglich angenehm , und uns selbst vortheilhaft , wie uns der heil. ApostelJakob ver¬ sichert, indem er schreibt: „Belhrt für emander auf daß ihr selig werdet. Denn das Gebeth des Gerechten vermag viel. Elias war rin Mensch, wie wir, und er bechere, daß es nicht regnen solile; und es regnete nicht drei)Jahre und sechs Monate; und er bechere wie- der — ( 147 ) — der; und der Himmel gad den Regen. (Jak. z. Ka-° Die lhä'tige Liebe begreift als» in !ich die Sorge für die geistliche Wohlfahrt, für Leben und Gesundheit, für die Ehre und das zeitliche Glück anderer Menschen. Da-u gehören, als Zweige der thiftigen Liebe, Fried¬ fertigkeit, Sanftmuth , Pflichten gegen Verstorbene und Patriotismus. §. I. Gorge für das geistliche Wohl anderer Mensche». Der erste und vornehmste Gegenstand unse¬ rer Sorge für den Nächsten muß ohne Zweifel sein geistliches Wohl feyn; denn der Heyland sagt: „WaS hilft eö dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden lei¬ det." (Matth. ift.K.) Daher gab er auch die all¬ gemeine Vorschrift: „Suchet zuerst das Reich Gottes." (Matth, ft. Kap.) Dieser liebevolle Sce- leneifer enthält folgende Pflichten in sich, die der heilige Paulus mit folgenden Worten empfiehlt: „Erbauet euch unter einander, strafet die Unruhi¬ gen , tröstet die Kleinmüthigen, nehmet euch der Schwachen , styd gelassen gegen jedermann." (i Thess. s. Kap.) Diese Pflichten sind also : Un¬ terricht der Unwissenden, Besserung der Lasterhaf¬ ten , Vermeidung alles AergerniffeS , gutes Bey- spiel, Tröstung der Betrübten, Geduld mit den Schwachen. i) Unterricht der Unwissenden. Man kann die Menschen nicht aufrichtiger lieben, als wenn man die Religion , diese einzige Quelle der Glückseligkeit, unrer ihnen be¬ fördert. Diese Beförderung bestehlt uns vorzüglich der heil. Petrus an: „Ihr sehd das auserwahlte Geschlecht, das heilige Volk, daß ihr verkündigen sollt die Voll¬ kommenheiten dessen, der euch von der Finsternis zu seinem wunderbaren Lichte berufe» hat? (i Petr. r.Kn Und — ( 148 ) — Und Paulus «mahnet uns, das Reick Gottes durch Wahrheit und Tugend auSzubreiten (Röm. 14. Kap.) Nicht allein der Religionslehrer ist verpflichtet, durch nützliche Lehren andern zu nützen, sondern es ist allen gesagt: „Lasset keine unnütze Rede aus eurem Munde gehen, sondern die da gut scy zur Auserbauung des Glaubens und den Zuhörern nützlich." (Cpbes. 4 Kap.) Diese Pflicht geht besonders die Hausvater in Ansehung ihrer Kinder und Dienstbvlhcn an. Und was kann da¬ durch ein Freund bey seinem Freunde stiften? 2) Besserung der Lasterhaften. Von dieser schreibt der Apo¬ stel Jakob: „Wenn jemand unter euch sich vergeht - und einer ihn zurechtlcitet, der wisse, daß wer einen Sünder von seinem Irrwege zurücke führet, der rettet seine tLeele vom Unglücke, und bedecket eine Menge von Sünden." (Jak. Z. Kap.) Der Christ soll seinen Nebcnmenschen glücklich machen helfen: er muß also die Quelle seines Unglücks zu verstopfen suchen. Dieß «Hut er, wenn er seine Sünden zu bessern sucht. Hier muß er aber folgende Regeln beobachten. s) Heimliche Fehler muß er ihm auch heimlich ver¬ weisen, um seiner Ehre zu schonen, und das Aerger- niß zu verhüten- K) Unsere Erinnerung und Vorstellung muß nut Eansrinukh und Herablassung geschehen, damit der Keh¬ lende nicht vielmehr erbittert wird. Die Vorschrift giebt der Apostel: „Wenn ein Mensch etwa von einer Sün¬ de übereilet wird; so müsset «hr ihn mit Sauftmuih zurechte weisen." (Gal- 6. Kap.) Er selbst hat uns rin vortreffliches Beyspicl in seiner Rede an die Athenien- ser gegeben, wo er auf dem Areopagus ihren Götzen¬ dienst auf folgende Art bestrafte. Er sagte ihnen,' sie seyn besonders eifrig in ihrer Religion; unter vielen Altären habe er an einem die Aufschrift gelesen: Dein unbekannten Gotte. Hierauf machte er ihnen diesen unbekannten Gott bekannt, und das zwar durch den einfachen Vortrag von der Wahrheit, daß nur ein Gorr, Schöpfer und Regierer des Weltalls sey." (Apostg.i7-K.) Indessen muß aber diese Regel nicht so genommen werden, als wenn öffentliche und verdoßke Sünder nicht auch mit Schärfe und Strenge dürften behandelt werden- Der Vorläufer Jesu und Jesus selbst, nut welchen har¬ ten Ausdrücken rügen sie die Laster der Pharisäer? 0) Ein Theil der liebevollen Bestrafung muß dar- ch bestehen, das man die böse Thal des Nächsten mehr der — ( 149 ) — der Unvorsichtigkeit und dem Leichtsinne, als eines hartnäckigen Boßheit zuschreibe. ci) Bey der Bestrafung muß man auch die dem Range und Alter der sündigenden Personen gebührende Achtung beobachten, nach den Vorschriften des Apo» stets: „Einen Alten schilt du nicht, sondern ermahne ihn als einen Vater, dis alten Weiber als Mutter, die jungen als Schwestern mir aller Keuschheit." (l. Tim- Z. K.) z) Meidung des Aergerniffes. Aergerniß heißt Anlaß zur Sünde. Gegen dasselbe donnert derHeyland: „Wehe der Welk des Aergerniffes wegen ! Wehe dem Men¬ schen, durch den Aergerniß kömmt!" (Matth. i8. K.) Das Aergerniß aber ist nach der Sprache der Theolo¬ gen zweyerley, das gegebene und genommene. Nou dein ersten ist eigentlich hier nur die Rede , denn das zweyte hat in dem verdorbenen Herzen des Nebenmen- schen seinen Grund. Daber versichern uns die beyden Apostelfürsten: „daß Christus selbst ein Eckstein sey, aus welchem das ganze Gebäude ruhe, woran sich aber diele stossen würden; " d. Petr. 2. K.) und daß das Kreutz Christi den Juden ein Aergerniß sey. d- Kor. i. K.) Dieses Aergerniß nennet man das Pharisäische, weil die Pharisäer aus den heiligsten Handlungen Jesu Stoff zu ihren boshaften Absichten nahmen. Dieses Aergerniß zu vermeiden, haben wir keine Pflicht, und Christus selbst lehrt uns durch sein Beyspiel das Ge- gentheil- Als er den Pharisäern ihre schiefen Ausle¬ gungen des Gesetzes vorgeworfen hatte, ärgerten sie sich an seiner Rede. Hieraus antwortete er seinen Jüngern: » Eine jegliche Pflanze , die mein himmli¬ scher Vater nicht gepflanzek Hal, die wird ausgerottet werden. Lasset sie gehen, sie und blinv und Führer der Blinden. Wenn nun ein Blinder den ander!: füh¬ ret, so fallen Beyde in die Grube." (Matth, iß-K.) Indessen muß aber ein Unterschied zwischen den ge« bokhenen und willkührlichen Handlungen gemacht wer¬ den- Wir sind verbunden, unsere Pflichten zu erfüllen, was auch andere davon denken mögen; ja, wenn st«: auch daraus Gelegenheit mhmen sollten, Arges von uns zu verniuthen. Dieß lehrte uns Jesus in vielen Fallen durch sein Beyspiel. — Ist aber die Handlung willkübrlich, so müssen wir darauf sehen, ob wir da¬ durch erbauen, oder Aergerniß geben. Sollten andere sich daran stossen, sy verbindet uns die Nächstenliebe, Gxundr. d.Mor. L dieselbe — ( lsO ) — dieselbe zu unterlassen, uni das 2lergerniß der Schwa¬ che» zu vermeiden. Hierüber giebt uns der Apostel folgende Vorschrift, indem er von den Speisen redet, die nach dem Gesetze Moses unfein, aber im evangeli¬ schen Gesetze nicht verkochen mären- „ Ich bin ver¬ sichert in dem Herrn Jesu , daß an sich nichts unrein ist, sondern dem allein, der es für unrein hält ist es unrein- So dein Bruder über deine Speise betrübt wird, so wandelst du schon nicht nach der Liebe. Ver¬ dirb den nicht mit deiner Speise, für den Christus ge¬ storben ist. Es ist zwar alles rein , aber es ist nicht gut dem Menschen, der es also ißt, daß er Aergerniß dadurch giebt- Es ist besser, du essest kein Fleisch und trinkest keinen Dein, oder thust sonst was, daran sich dein Bruder stößt und ärgert oder schwach wird. " (Röm-14. K.) Die nämliche Lehre predigt der heilige Paulus in einem andern Briese, wo er von den Götzen- vpsern redet, welche zu essen einige für Sünde hiel¬ ten. Hier sagt er, dieser Genuß sey unerlaubt, wenn sich der Mitchrist, der einer andern Meinung sey, dar¬ an ärgere: „ Wenn ihr euch aber auf diese Weise an den Prüdern versündiget, und ihr schwaches Gewissen verwundet, so sündiget ihr an Christo. Darum wenn .eine Speise meinen Bruder ärgert, so will ich lieber ewiglich (Zeit meines Lebens) kein Fleisch essen, auf daß ich meinen Bruder nicht ärgere." (i- Kor. 8-K.) 4) Gutes Beyspiel- Dieses unserem Nebenmenschen zu ge¬ ben , ist ausdrücklicher Befehl Jesu: „ Also lasset euer Licht vor den Menschen leuchten, auf daß sie eure gu¬ ten Werke sehen, und den himmlischen Vater preisen." (Matth. 5- K.) Diese Pflicht gehrt aber vorzüglich angesehene Personen an, dergleichen alle Vorsteher sind- Denn diesen ist gesagt: „daß sie auf dem Leuchter ge- steht seyen, um in dem Hause Goikes zu leuchten." — Dee Beyspiele aber, die wir geben, müssen anwendbar und nachahmungswürdig seyn. Daher widersetzte sich der bkil. Paulus dem Kephas , dessen Betragen radrlns- werih war. (Gal. r. K.) Unsere Beyspiele müssen fer¬ ne -sm Ehrgeitz und eitlen Absichten seyn. Denn der Hkyland sagt: „Hüter euch, daß ihr euere Gerechtig¬ keit nicht vor den Menschen thut, um von ihnen gese¬ hen zu werden. Darum wenn du Allmosen girbst, so sollst du es nicht vor dir ausposaunrn lassen , wir die Heuchler in den Synagogen." (Matth. 6. K ) — Was ich da von den lebendigen Beyspirlrn gesagt habe, das — ( rN ) — gilt auch bon denen, die man in Schriften, besonders in Legenden der Heiligen, ausstellt. Hieraus haben diejenigen zu sehen , denen die Äeurtbeilung der Bü¬ cher aufgetragen ist, damit dem Volk nicht allerhand fades Zeug aufgetischet werde. Z) Tröstung der Betrübten. Diese Pflicht prediget der A- pvstel, wie vorhin gesagt worden- Der Christ näm¬ lich betrachtet dir Welt wie eine ganze Familie, die Familie Gottes. Er nimmt daher an den Betrübnis¬ sen anderer Menschen Theil, wie jedes Glied am Leibe mit den andern leider, nach dem Äusspruche des Apo¬ stels : „ Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit ihm." d- Kor. 12. K.) Und der h. Jakob rechnet diese Tröstung der Betrübten, die thätige Tröstung, unter die ersten Pflichten der Religion : „ Ein reiner rind unbefleckter Gottesdienst ist der, die Waisen und Wittwen in ihrer Trübsal besuchen." (Jak- r. K.) Wir muffen ihnen Lrostgründe beybringen, und in ihre Wunden lindernden Balsam durch Beweggründe zur Geduld und Zufriedenheit gießen. Zum Bryspiele die¬ nen die Freunde Hiobs, doch nicht in allen Stücken. Jesus aber ist hierin« ein vollkommenes Muster. Allen Elenden sprach er wahren Trost zu, und bekhärigte sei¬ ne Tröstungen. Rührend ist der Trost, den er dec über Lazarus Tod bestürzten Martha ertheilte. (Joh-n. K.) 6) Geduld mit den Schwachen. Die reinste Tugend hat ihre Flecken, nach dem Zeugnisse des Apostels: „Wir alle fehlen in vielen Stücken." (Jak. Z. K.) Mensch und Schwachheit sind zwcen untrennbare Begriffe. Und doch sind wir zum gesellschaftlichen Leben bestimmt. Was folgt also natürlicher, als daß wir die Schwach¬ heiten «nit wechselseitiger Geduld und Schonung ver¬ tragen müssen? Darum sagt der h- Paulu« : „ Einer trage des andern Bürde , und so werdet ihr daS Ge¬ setz Christi erfüllen." (Gal. 6. K.) Diese Pflicht geht auch die an , welche einen höheren Grad der Tugend besitzen, diese sollen vorzüglich gegen fremde Schwach¬ heiten Geduld bezeigen. Darum sagt Paulu« in einem andern Briese: „Wir, die wir stärker sind, sotten der Schwachen Gebrechlichkeit tragen." (Röm. 15. K.) 82 §. 2. — ( ) — §.-2. Sorge für dar Leben und die Gesundheit d-s Nächsten. Es ist Pflicht, den Nächsten zu lieben, wie uns selbst. Wie wie also für unser Leben, für un¬ sere Gesundheit sorgen muffen, so sind wir eben diese dem Nächster« schuldig. — Vermöge dieser Pflicht hat der Christ folgende Verbindlichkeiten. 3) Er muß alle Handlungen vermeiden, wodurch -er Tod oder die Gefahr des Todes , Lähmung oder Verstümmelung des Nebenmenschen entste¬ hen könnte. Diese Handlungen nennet der Apostel in der Reihe der Werke des Fleisches, z. B. „Gift- rnischerey, Feindschaft, Hader, Jähzorn, Streit¬ sucht, Zwietracht, Neid, Mord," und feget hin- ~ zu: „ daß , die dergleichen thun, das Reich Got¬ tes Nlcht erben werden." (Gal. ieb- stahl und Betrug entgegengesetzt; und beyde Laster zie¬ het) die Wiedererstattung nach stch. Diebstahl ist Entwendung jeder fremden Sache, ohne srepe Einwilligung des Bentzers; und Betrug ist ein feiner Diebstahl , der eben deswegen sträflicher ist, weil map dem Diebe, wie man sagt , d>e Tbüre ver¬ sperren kann, den Betrüger aber unwissend und unschul¬ dig einläßt Ern gemeiner Dieb ist, der unverwahrt liegende oder gefundene Sachen sich zueigncl ( denn er sollte sich um den Herrn derselben erkundigen.) Wer aber die Abgaben des Staates vorenthält, falsches Ge¬ wicht oder Maaß braucht, dem Käufer die Febler der Maaren verschweiget (o welche Sittenlehre muß da den Kaufleuten gelesen werden, wenn sie anders fruchtet! ) ben ächten Maaren unmässigen Gewinn sucht , Geld borget, ohne vernünftige Ausucht, es je wieder zu be¬ zahlen ; nut einem Morre: wer eine freye Handlung begeht, woraus dem Nächsten ein Nachtheil an seinen zeitlichen-Gütern, Ehre oder guten Namen zufließt, der ist ein Dieb und Betrüger- Dieser angegebene Be¬ griff ist aus dem ganzen Zusammenhänge der b. Schrift genommen. Ich würde viel zu weitläufig seyn, wenn ich die auf jedes Stück paffende Schriftstelle anführe» wollte. Indessen will ich einige hersetzen. Dor allem muß ich mit dem Apostel jene Ungerechtigkeit rügen, die er den Reichen zur Last lrzet: »Sieh, der Lohn — ( l6l ) — der Arbeiter, die euere Felder geschnitten , der ihnen von euch entzogen ist, schreyer; und ihr Geschrey ist zu den Ohren des Herrn Zebaoth gekommen." (Jak. 5. Ä.) Vom Betrüge der Verkaufenden gilt der allgemei¬ ne Spruch Salamons: „ Eine falsche Waage ist ein Ereu! Key dem Herrn; aber ein reiches Gewicht ist sein Wohlgefallen." (Svriichw 11. K.) Gegen den Petrus in den Abgaben, die man dem Staate schuldig ist, ei¬ fert ohnehin der Avostel, indem er lehret: „ Wer sich wider die Obrigkeit austehnk , der widerstrebet Gottes Ordnung. — Daher ist es noshwendig, zu gehorchen, nicht allein aus Furcht vor der Strafe, sondern auch des Gewissens wegen- Aus eben diesem Grunde müs¬ set ihr auch Abgaben entrichten: denn sie sind Gottes Diener, die eben diesem Dienste obliegen." (Röm.rz. K-) — Dieses mag nun gegen Diebstahl und Betrug genug gesagt seyn. — Nun rrde ich von der Wieder¬ erstattung, die diesem Laster als die häßlichste Folge aus dem Fuße nachgehet — Der Grund der Wieder¬ erstattung ist das natürliche und evangelische Gesetz, welches befiehlt, iedem das Seinige zu geben. Das Ge¬ stohlene, oder sonst auf eine Art Entwendete , bleibt allemal das Eiqenrhum dessen, der es zuvor besaß' Es wuß also auch ihm. wieder erstattet werden ; oder was das Nämliche ist, es muß jedem das Srinige gegeben werden. Dieß ist der allgemeine Grundsatz , den Jesus und der Avostel prediget : „ Gebet dem Kaiser , was des Kaisers ist." (Marrh- 22. K.) Und : „ So gebet jedermann, was ihr schuldig se»d: Tribut, dem Tribut gebühret; Zoll, dem Zoll gebühret; u- s. w. (Rom. iz. K.) Wer also die Wiedererstattung wissentlich unterläßt, der setzet die Sünde der Ungerechtigkeit fort, ist ein beständiger Dieb, und kann daher von Gott keine Verzeihung erlangen, bis er das fremde Gut .zu¬ rückgegeben hat. Denn nur dem Hal Golt Verzeihung verheissen, der wahre Reue über seine Sünde har. Wie kann aber der wahre Reue über seine Sünde ha¬ ben , der geflissentlich in der Sünde verharret? — Nichts kann von dieser Pflicht den Besitzer des fremden Guts loszählen, als dir Unwissenheit, Unmöglichkeit, oder rechtmässige Einwilligung des Eigenthümers oder des Beschädigten (denn hier gelten bepbe Benennungen eines- Das Eigenthum dem Herrn zurückstellrn , und den zugefiigten Schaden ersetzen , dieß heißt eigentlich Wiedererstattung.) Wenn also die Frage ist, wer zum Wieder- — ( 162 ) — Wiedererstatten verbunden sey , so ist die natürlichste Antwort: Jeder, der entweder fremdes Gur wissent¬ lich besitzt, oder der den andern beschädiget hat , wel¬ chen Schaden er aber aus Pflicht hätte abwenden sol¬ len. Ans diesem Grundsätze folget zugleich, daß nicht nur der zugefügte Schade, sondern auch der dadurch verlohrne oder gehemmte Gewinn ersetzet werden muffe- Denn jeder Mensch ist verpflichtet, das Seine zu verbessern, und er wünscht es auch. Wer ihn also wissentlich oder geflissentlich daran hindert , der be¬ gehet Ungerechtigkeit, und ist folglich zur Wiedererstat¬ tung verbunden — Nun werden gemeiniglich zwo Fragen aufgeworfen: Wenn und auf welche Art muß die Wiedererstattung geschehen? Hier merke folgende Grundsätze. s) Dem, der unrechtmässigen Schaden erlitten hat, muß Wiedererstattung geschehen , oder nach seinem To¬ de seinen Erben; im Falle, daß beyde nicht mehr aus¬ findig zu machen find , oder nicht mehr leben , muß die Wiedererstattung dem Publikum in den Armen geschehen. d) Hat man die Beschädigung allem verursachet, so muß man auch allein den ganzen Schaden ersetzen. Hat man mehrere beschädiget, so muß ledeni nach dem Maaße der Beschädigung die Wiedererstattung gesche¬ hen. Cs verstehet sich ohnehin, was schon vorher ge¬ sagt worden ist, nämlich, wenn man es im Stande zu thun ist. Es geschieht aber auch, daß mehrere in Ge¬ sellschaft ihren Nächsten beschädigen. Hier kommt es auf den Einfluß an , den jedes Mitglied auf die Be¬ schädigung hat. Uiberhaupt , wenn alle gleichen Ein¬ fluß haben, so ist >eder verbunden, den ganzen Scha¬ den zu ersetzen , im Falle, wo die andern nicht konnten, oder nickt wollten. Sonst aber ist jeder derselben nur verpflichtet, seinen verhältnismässigen Lheil zu vergüten» Aus diesen wenigen Grundsätzen lassen sich denn alle Fälle entscheiden, die über diese Materie Vorkommen können. s) Billigkeit. Mit der Gerechtigkeit ist die Billigkeit in- niqst verbunden , oder sie ist eine Folge davon- Die Billigkeit bringt Dinge ins Gleichgewicht, die nach der Gerechtigkeit nie genau genug können bestimmet wer¬ den- Der Christ muß also das, was ihm andere schul¬ dig sind, nie zu strenge fordern, und im Gcgentheilc muß er ihnen aus Liebe mehr erweisen , als er ihnen nach — ( I6Z ) — nach dem strengen Rechte schuldig ist. Dieser Grund» satz fußet M auf den Ausspruch des Heylandes: „Al¬ les , was ihr tmit Vernunft und Billigkeit) wollet, daß euch die Menschen thun sollen, daß thut auch ih¬ nen." (Matth-7-K.) Diesen Grundsatz müssen sich besonders diejenigen merken, denen Wiedererstattung geschehen muß, damit sse den Bcschadiqer nicht zu hart behandeln, und dabey die christliche Nächstenliebe auf die Seile setzen. Z) Wahrhaftigkeit. Der Schöpfer hat uns die Svrachcfähig- keit zu unserni und der menschlichen Gesellschaft Beßrem verliehen, damit wir unsere Gedanken andern entdecken, die Ihrige erkennen, und einander in unsern Bedürf¬ nissen Erleichterung verschaffen sollen- Aus dieser Ab¬ sicht des Schöpfers folget die Pflicht der Wahrhaftig, seit, welche der h. Paulus besonders cinschärfen „Le- get die Lüge ab, und rin jeder rede mit seinem Näch¬ sten die Wahrheit, weil wir Glieder eines Leibes sind." (Ephes. a. K.) Diese Pflicht gründet sich besonders auf vier Ursachen, auf den Zweck der Sprache , auf die Liebe gegen andere, auf das Wohl der Gesellschaft, endlich auf unsere eigene Ehre. s) Auf den Zweck der Sprache- Dieser ist, un« ser.e Gedanken und Gesinnungen einander mitzurheilen; lügen aber heißt gegen seine eigene Uiberzeugung sprechen. b) Auf die Liebe gegen andere. Diese fordert, daß wir mit ihnen aufrichtig und redlich umgehen; wie kann nu» aber Lüge und Redlichkeit bey einander stehen? Hier kann man anwenden, was der h. Paulus in einer andern Materie sagt: „ Was hat die Gerech¬ tigkeit für Gemeinschaft nut der Ungerechtigkeit." (2. Ävr. 6. K.) c) Auf das Wohl der Gesellschaft- Wie würde Treue und Glaube, von denen doch das Wohl der Ge¬ sellschaft abhängt, bestehen, wenn die Lüge erlaubt wäre? Wer würde sich auf des andern auch noch so heiliges Versprechen verlassen können? cl) Auf unsere eigene Ehre. Denn wer verab¬ scheuet nicht den Lügner? Und müssen wir uns nicht vor uns selbst schämen, wenn uns unser Gewissen ei¬ ner Lüge beschuldiget? Die Lüge ist also allzeit sünd¬ haft und strafbar; ohne Sünde kann nie eine Lüge seyn, man mag Entschuldigungen suchen , wie man will, man mag sie Nothlüge» oder dergleichen nennen, Ivie man will; Lügen sind allemal UibertrettungcudeS Gesetzes — ( 164 ) - Gesetzes Gottes : »Cin jeder rede die Wahrheit mit seinem Nächsten." Ist nun die Lüge noch dazu dem Nächsten an Ehre oder Gitter nachkheilia, so ziehe sie noch die lästige Pflicht der Wiedererstattung nach sich. WaS ich bereits gesagt habe, gründet sich auf den all¬ gemeinen Befehl Jesu: „Euere Rede sen Ja ja/ nein nein. Was darüber ist, gehöret zum Bösen (gehört zur Sünde.") (Matth. 5. K.) 4) Wohlthatigkeit. Diese Tugend müssen wir besonders üben, um das Glück unseres Nächsten zu befördern. Der h. Paulus prediget uns selbe - „ lasset uns Gutes tkun an jedermann." (Galat. 6. K.) Der Christ muß also aus allen Kräften wohllbätig seyn, gegen alle Menschen ivohlthätig seyn. Diese Wohlkhätigkeit er¬ streckt sich aber nicht nur auf Arme und Nvthleidende. Auch Reichen können wir unsere Wohlkhätigkeit erzei¬ gen- Don Armen und Dürftigen wird gleich nachge- . hendS geredet werden. Auch Reichen und Vornehmen können und sollen wir unsere Wohlkhätigkeit beweisen, indem wir für ihr Seelenheil sorgen , sie brüderlich zurcchte weisen, in ihrer Betrübniß trösten, und durch Merkmale unseres Wohlwollens sie zu erquicken suchen. Besonders im Falle unseres Unvermögens tritt hier die Pflicht der Fiirbicre ein , von welcher oben die Rede war- §) Barmherzigkeit und die daraus folgende Pflicht, Allmo¬ sen zu geben. Barmherzigkeit bestehet in Theilnehmung und zärtlichem Mitleids gegen jedes Unglück des Näch¬ sten. Diese nennet man die innerliche Barmherzigkeit die auch Pflicht für den ärmsten ist- Die Barmherzig¬ keit äussere sich aber auch durch Handlungen , und diese ist ein liebevolles Bestreben, das Mitleiden khätig zu bezeigen, indem man nämlich an dem Schicksale des Nächsten Theil nimmt, wie es der Apostel will: Freuet euch mit den Fröhlichen, und weinet mit den Weinen¬ den." Der Heyland selbst har uns hierinnsallS ein schönes Beyspiel gegeben , indem er über den Tod des Lazarus und über das Unglück Jerusalems meinte. Nebst diesem Beysxirle haben wir noch andere Beweggründe, dir uns zur Barmherzigkeit aufmunieru. Der erste ist die Ermahnung Jesu , die zugleich mit unserem eigenen Interesse verwebt zst : „ Seel'.g sind die Barmherzigen: denn sie werden Barmherzigkeit erlangen." (Matth. 5- K.) Der zwepte Beweggrund ist unser leidender Mii- brnder selbst, der ein Mitglied von uns - ein Glied der Leibt« — ( :6s ) — Leibes Jesu Christi ist, wo dann die ihm erwiesene Barmherzigkeit uns so angerechnet wird , als wenn wir sie Jesu Christo selbst erwiesen halten. Auf diese Alvern Beweggründe läuft alles hinaus , was uns hier¬ über die b. Schrift sagt: „ Darum send barmherzig^ wie euer Nacer auch barmherzig ist." (Luk. 6. K.) Und die Worte des Apostels sind : „ Dieß aber sage ich euch: Wer sparsam säet , wird auch sparsam ärnten; und wer reichlich säet, wird auch reichlich ärnten. Ein jeder gebe, wie er sich in seinem Herzen borge¬ nommen bat, nicht ungrrne , oder zwangsweise, beim einen fröhlichen Geber hak Gott lieb. Die Handrei¬ chung dieser Wohlthat (er redet bon der Beysteucr, welche die Korinther den Christen im Judenlande rei¬ chen sollten) hilft nicht allein dem Mangel der Heili¬ gen ab, sondern erfüllet auch viele mir Danke gegen den Herrn und ihr Gebeth für euch, und sie werden euch herzlich lieben wegen der überaus grossen Gnade Gottes gegen euch (denn Gnade Gottes ist es, daß er euch einen so grossen Eifer, den Armen zu Helsen, ge¬ geben hat." (r. Kor. v- K.) „Den Reichen dieser Welt gebi'ethe, daß sie nicht stolz gesinnct sey» , auch ihre Hoffnung nicht auf den ungewissen Reichthum setzen, sondern auf den lebendigen Gott , der uns alle Dinge reichlich giebt; und daß sie Gutes thun, und an guten Werken reich werden, und gerne geben und mittheilen, und sich selbst einen guten Schatz für das Künftige sammeln, der die Grundlage ist, das ewige Leben zu erlangen." (i. Tim. 6. K.) 6) Zur Barmherzigkeit gehöret vorzüglich das Allmosengr« den. Dieß ist besonders ein evangelisches Gesetz, welches uns der Jünger Jesu vorkrägt: „ So lemand diesen Welt Güter Hal, und sieht seinen Bruder darben, und schleußt sein Herz vor ihm zu ; wie bleibet die Liebe Gottes.in ihm? " (i.Ioh. z. K.) Und der Hey- land selbst befiehlt: „So gebet Allmosen von dem, was übrig ist." (nach euein Ve> mögensumständen.) (Luk- ii. K.) Be»m Allnioiengebeii innß mau aber Rücksicht nehmen , wieviel , wem , wie und warum man Allmvsen gebe. »/Wieviel- Hier läßt sich nichts anders bestim¬ men , als daß wir in einer nicht sehr dringenden Noth des Nächsten nur den Uiberfluß von unserm Einkom¬ men hingrben; bey einer ausserordentlichen Noth müs¬ sen wir auch unser Nothdürftigrs mit ihm theilen- Grundr. h, Mor. M Hw - ( lSS ) - Der Mcrsiuß muß auch nicht nach eingebildeten Be< bey euch waren, sägten mir, daß, wer nickt arbeiten will, auch nickt essen solle. Wir hören, daß einige ein unordentliches Leben «führen und nickt, arb^uen. stum/ daß ste in der Stille arbeiten , und ihr eigenes B- od essen." lr. Theff z. K.) Allmosen an Miiss'g-> oanger und Straffenbektler lind Lieblongkeir gegen sol¬ che Bettler selbst, gegen wahre Nvthleidende und gegen da« Publikum. Allmosen unterstützet, derlei) Müssig" ganger in ihrer Trägheit- Dieß sah schon jener Grie¬ che^ rinder einem Gassenbettler^da^Alln^rn ^bsc^lug, ncuck der? Veyspiele der ersten Christen zu Jerusalem, das Geboth der Nächstenliebe zu erfüllen. Von diesen Christen erzählet der h. Lukas: „ Auch waren alle, ^n be^ass^r nachdem ihm nöthig war." Besonders rühme? er ei" neu gewissen Joseph , mik dem Zunamen Barnabas, — ( r67 ) — der scinen Acker verkaufte, und da« Geld zu d-nAso- stcln brachte. (Apostclgrsch 2. u-4 E.) Uiber dies-Ma¬ lerte lese man den Hirftnbricf, den der crhabcnr FürS- bischof zu Bambcrg und Mrzburg, Franz Ludwig, ai» seine Gläubigen ergehen lieh, woriun man sein edles ganz nach dem Geiste de«! Evangeliums gestimmtes Herz mit unverkennbaren Augen steht. c) Wie. DsS Allmvftn musi der Christ mit ge¬ rührtem Herzen und mit heiliger Freude geben- Es will es der Apostel haben: „ Ein jeder gebe nicht mit Unwillen, oder aus Zwange, denn Gort liebet eine« fröhlichen Geber." <2. Kor- S- K.) und 4, rr> §- s- Friedfertigkeit und Sauftmüth. Friedfertigkeit und Sanftmuth müsse« be¬ sonders den Christen schmücken. Darum ermah¬ net der Apostel die Christen: „ Ist es möglich, so haltet mit allen Menschen Frieden; so viel an euch ist." (Röm. 12.K.) Friede ist auch das Kenn¬ zeichen der Kinder Gottes. Denn der Heyland sagt: „Selig sind die Friedsamen; denn sie wer¬ den Kinder Gottes heissen." (Matth. 5. K.) Den Frieden empfiehlt auch Jesus eben dadurch, daß M 2 er — ( i68 ) - er seinen Jüngern sagte: „Meinen Frieden gebe ich such , meinen Frieden lasse ich euch." (Joh. 14. K.) Der Friede aber wird auf folgende Art erhal¬ ten und befestiget, wenn wir alle Beleidigungen des Nächsten vermeiden, die von andern empfan¬ genen Kränkungen mit Geduld tragen, einem je¬ den die ihm schuldigen Pflichten leisten, friedliche Gesinnungen auch bey andern befördern. Alle die¬ se Stücke werden uns in der heil. Schrift empfoh¬ len. Der heil. Paulus sagt: „ Ist jemand unter euch, der Lust hat, zu zanken, der wisse, daß wir diese Gewohnheit nicht haben, die Kirche Got¬ tes auch nicht (über derley Dinge zu streiten.)" (i. Kor. n. K.) Anderwärts sagt er: „ Alls Bitter¬ keit und Geschrey und Lästerung sey ferne von euch," (Ephes. 4. K.) Der heil. Petrus stellet uns das Beyspiel Jesu vor, nach welchem wir alle Kränkungen mit Geduld ertragen sollen. Seine Worte find: „Dieß ist eine Gnade,, so jemand mit Unrecht leidet. Denn was ist das für eine Eh¬ re, wenn ihr als Missethäter Backenstreiche lei¬ det ? Wenn ihr aber eures Wohlverhaltens we¬ gen Streiche leidet, und duldet; dieses ist Ehre bey Gott. Denn dazu seyd ihr berufen, weil auch Christus für uns gelitten und euch ein Beyspiel gegeben hat , daß ihr seinen Fußstapfen nachfol¬ gen sollet; welcher, da er gescholten wurde, nicht wieder schalt." (i. Pet. 2, K.) Und der Heyland sagt: „ Segnet, die euch fluchen; thut wohl de¬ nen, die euch hassen , bittet für die, so euch ver¬ folgen." (Matth, s. K.) Der Apostel trägt die all¬ gemeine Lehre vor: „ Ziehet nun. als Auserwählts Gottes — ( 1'69 ) — Gottes die Herzliche Erbarmnng, Freundlichkeit und Laugmuth an. Einer übertrage den andern, und vergebet einander, so jemand wider den an¬ dern zu klagen Hat; und der Friede Christi herr¬ sche in euren Herzen." (Kol. Z. K.) Salomo spricht: „ Freude folget denen, dir Anschläge zum Frieden machen." (Sprüchw. r2. K.) Der heilige Petrus lehrt eben diese Wahrheit -. ,, Wer das Leben lieben, und gute Tage sehen will, der zäh¬ me seine Zunge; er suche Frieden (mit andern Menschen,) und jage ihm nach." (i.Pet. z, K.) Und endlich ermahnet der heil. Paulus die Ko¬ rinther : ,, Lebet vergnügt, habt einerley Mey- nung , seyd frisdsam." (2. Kor. iz. K.) — Mit der Friedfertigkeit nun ist die Sanftmuth innigst verbunden. Diese ist die schönste Zierde des Chri¬ sten , denn sie ist der Beweis eines hohen Grades der Nächstenliebe, jener Liebe, von welcher der Apostel sagt: ,, Sie entschuldiget alles, sie glau¬ bet alles, sie hoffet alles, und duldet alles." (l. Kor. i z. K.) — Die Sanftmuth besteht in jener allgemeinen, wohlwollenden und ssligenStille des Herzens, die allen noch so bittern Vorfällen hei¬ tere Geduld entgegen setzt, und sich auch so in den äußern Handlungen zeiget. Sie verbreitet nicht nur Gluck über ihren eigenen Besitzer, sondern auch über den Nächsten und die ganze menschliche Gesellschaft. r) Sie beglücket drn Nebcumenschen- Denn sie ennvaffnu feinen Zoen, m d flammet ihn zue Liebe an. Salomo macht uns von diesen Voriheiirn eine schöne Beschrei¬ bung, indem' re spricht: „ Gelinde Antwort bricht den Zorn- Line friedcnlicbcnde Zunge ist rin Baum des M Z Lebens. — ( i7S ) — Lebens- Ein zorniger Mann erwecket Zank, wer aber geduldig ist, der legt den Zank nieder." (Sprücbw.lZ. K.) Unter allen Beispielen, die uns die beil. Schrift ausstellt, verdient jenes der Abigail angemerkt zu wer¬ den, die den Fehler ihres trotzigen und unbescheidenen Mannes Nabal durch ihnSanfkmurh verbesserte, und den aufgebrachten David besänftigte." . L) Sie beglücket die ganze Gesellschaft. Denn str verfeinert ohne Heucheley den menschlichen Umgang , und Ver¬ schönert durch den Reiz wechselseitiger Hochschätzung und Gefälligkeit die Sitten. Darum ermahnet auch der Apostel die Christen : ft Komme einer dem andern Mit Ehrerbiclhung zuvor." (M'm 12. K.) Achtet euch untereinander, einer den andern höher als sich selbst, und jeder sehe nicht aus das Seine, sondern was dem andern nutzet." (Philipp. 2. K. ) E- bestehlt daher seinem Junger Tirus, er solle die Gläubigen da-u an¬ weisen, „daß sie nachgebend feyen, und alle Sanft- muth gegen alle Menschen beweisen.' (Tit. Z- K.) Und den Ephesern schreibt er: Es herrsche in eurem Wan¬ del Demuth, Sanfkmuth, Gelassenheit; und einer tra¬ ge mit dem andern aus Liebe Geduld, und ftyd sorg¬ fältig , die Einigkeit des Geistes durch das Band des Friedens zu erhalten." (Ephes. 4. K.) §. 6. . ' Pflichten gegen Verstorbene. Glaube und Hoffnung endigen sich mit diesem Lebe». Denn jenseits des Grabes sehen wir nicht mehr im Dunkeln, wie hisnieden, sondern im Hellen Lichte; und die Hoffnung des Christen ist durch de« Besitz dessen, was er erwartet, erfüllet. Die Liebe aber hat nie ein Ende. Sie erstrecket sich such jenseits des Grabes. Denn wir bleiben auch mit unser» verstorbenen Brüdern iu Verbin¬ dung ans -em Grunde des Apostels: „ Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen feyd zu einer- !ey Hoffnung eueres Berufes.' (Ephes. 4. K.) Die — c i?i ) - Die Liebe fängt also hier arr, «ich legt den Grund zu einer ewigen Liebe. Wir haben daher nicht nur Pflichten gegen Lebende, sondern auch gegen Verstorbene. Und worin» bestehen diese Pflichten? In einer gemässigten Trauer.über den Tod -es Nächsten, in der Besorgung seines Leich¬ nams , in der Lübs gegen seine in die andere Welt übergegangene Seele, in der Hochschämmz. der Verstorbenen. (Hier siehe Syr. z§, 16. 25.) i) Gemässigte Trauer liker den Todesfall der Nächsten- Thränen sind keine Schande für dich , sie und vielmehr der Zoll der Natur, und der rühmlichste Beweis eines zärtlichen Herzens, und Jesus hat sie durch sein Bch- spiel qeheiliger- Denn er weinre über den Tod des Lazarus. Und den den Thronen der Witlwc zu Naim bezeigte er sein Mitleiden. — Doch mußt du diese Tbränen mässigen.' Die Religion verschaffet dir Trost« gründe genug. L) Dor allem weis sa der Christ, das; des Menschen Leben wie ein Dunst sey, der eine Iditlang gesehen wird , und dann verschwindet. (Jak. 4. K.) Er weis, daß er nicht auf dieser Welt scy , um immer da zu blei¬ ben , sondern daß dieses irdische stellen nur das Erzie¬ hungshaus i nur die Vorbereitung zum künftigen Le¬ ben seh - wo' er dann mit den Eeinigcn ewig vereiniget leben wird. „ Wir haben hier keine bleibende ßöladt, sondern suchen die zukünftige." (Hebr. iz. K.) h) Wie tröstend ist die Hoffnung des sterbenden Christen? Er soll sich durch das ermuntern, was der b. Paulus hierüber schreibt: „Wir mosten euch, liebe Brüder, nicht verhaften von. denen, die entschlossen sind, auf daß ihr nicht etwa traurig seyd, wie oic an¬ dern , die keine Hoffnung haben" (die Heiden, die ent¬ weder nichts von der Ewigkeit wissen, oder keine Ui- berzeugung davon haben.) — Als nun der Avostcl die Währdeir von der Auferstehung vorgktragen Haire, setzte cr hinzu : „ So tröstet euch, nun unlereinander mit diesen Worten." (1. Lheff. 4. K.) r) Pflicht gegnr den leichnam des Verstorbenen. Diese habe ich dir aus Sirach vvrgekragen. Der entseelte Körper, der ein Tempel des he;!. Geistes war, und »er M 4 auch — ( 172 ) — auch selbst killst soll verherrlichet werden, verdienet der nicht noch Achtung auch da^, wo er wirklich in Staus zerfallen, vdec eine Speise der Würmer werden soll Darum batten auch je alle Völker Ehrerbiekhung gegen die Grabstätte selbst. Diese entehren , war eine Art von Verletzung der Religion. Und nicht ehrlich beer¬ diget werden , sah man als Schande und Strafe an, besonder«! den den Juden , welche Sitte auch zu den Christen übergegangen ist. Besonders ehrten die Ju¬ den die Leichname durch Cinwicklung in Leinwand und durch Siubalsamirung , welche Ehre die frommen Weiber auch Jesu anlhun wollten. All diele Ehre, die heutiges Tages von allen gesitteten Völkern den Verstorbenen erwiesen wird, gründet sich aus die ge¬ sicherte Hoffnung der zukünftigen Auferstehung am jüngsten Tage, und auf die Lehre des Apostels , daß unsere Leiber geheiliget sind- Aus dieser Ursache kömmt es auch , daß die allgemeinen Plätze der Begräbnisse Gottesäcker gcnennt werden. Dieser Name must be¬ sonders tröstend für den Christen segn. Sein Grab ist gleichsam der Acker, wo sein Leib ausgesäer wird, daß er einst verherrlichet und erneuert hervorsteigen soll. Es giebt dick Stoff zu Betrachtungen für den Christen, und die Gedanken dazu findet er bevm Apostel, da er spricht: „ES wird unser Leib gesäet verweslich , und wird auferstehen unverweslich. Er wird gesäet in der Unehrc, und wird auferstehen in der Herrlichkeit. Er wird gesäet kraftlos, und wird kraftvoll auserstehen. Es wird gesäet ein thierischrr Leib, und wird aufer¬ stehen ein geistiger Leib." (i. Kor- 15. K-) Zu der nämlichen Betrachtung dienet, was der Heyland gesagt hat: „ Es sey dann , daß das Waizenkorn in die Erde falle, uud (gleichsam) ersterbe, so bleibt es allein. Wenn eS aber erstirbt, so bringt cS viel Frucht." (Joh.rr. K.) z) Pflicht gegen dir abgeschiedene Seele. Wenn sich die christliche Liebe auf den entseelten Körper erstrecket, wie viel mehr wird die abgeschiedene Seele ein Gegen¬ stand derselben seyn? Denn diese ist der edelste Theil drS Menschen-, Aber worinn besteht diese Liebe? In einem wohlthatigrn Andenken an dieselbe, vermöge dessen wir uns ihrer in unserem Tebethe erinnern, da¬ mit sie Gott von den noch anklebenden Flecken bald rei¬ nigen , und in die ewige Ruhe übersetzen möge. Darum brachte Judas der Machabäer für die Seelen der im Treffen Erschlagenen Opfer dar, damit sie Gott von ihren — ( I-Z ) — lbren Sünden erledigen möge. Der h. Gefchichtschrei- der setzet alsdcun hiniu: „ G« ist allo ein heiliger und heilsamer Gedanke - für die verstorbenen bekhen., da¬ mit sie von ihren Sünden aufgeiöset werden." (2. Ma¬ chab. 12. E.i Diesen Glauben bat auch die katholische Kirche, und lehret, daß es nützlich und gut sey , für die Verstorbenen beiden, ?lllmosen geben, und andere gute Werke üben ^arum seyert sie auch jährlich de» sogenannten aller Seelentag, t>. i. das jährliche An¬ denken an die Verstorbenen- In der ersten Christen¬ heit hatte man rin Verzeichnis; aller im Frieden der Kirche verschiedenen Seelen, deren Namen bey dem Opfer dsr h. Messe abgelcsen wurden, welcheDerzeich« Nisse Dlprichcn hiessen- — Monika, die Mutter des h. Augustins, wie er uns selbst bezeugt, verlangte auch von den um ihr Sterbebett versammelten Geistlichen, st» inögtcn ihrer nach dem Tode am Altäre geben- kcn. -- In dem Orden des h. Benedikts ist es be¬ sonders Sitte, daß im Soeisesaale am Platze des Ver¬ storbenen zo Lage lang sein Theil Speise aufgesetzt, und dann als Allmoscn den Armen gegeben wird. 4) Hochschätzung der Verstorbenen. Der Christ soll nie dem Verstorbenen übel Nachreden , sollte- er auch in einem nicht so guten Ruse gestorben seyn. Das Unheil hier¬ über soll er Gott überlassen- Schwachheiten und Feh¬ ler desselben kann ohnehin nur ein gänzlich Liebloser rügen. Der Christ soll vielmehr den Verstorbenen, als seinen Mitbruder, als ein Mitglied der christlichen Kirche, schätzen. Die Hochschä'tzung ist er um so mehr jenen Verstorbenen schuldig, deren erbaulicher Wandel bekannt ist, oder die von der Kirche als Heilige vcr- . ehret werden. Gegen die Vorschriften der'Vernunft streiten diejenigen, die eine solche Verehrung denen ab- sprechen, die doch mit Christo in seinem himmlischen Reiche, worüber die Kirche gewiß ein gegründetes Ur - «heil fällen kann, herrschen. Der Christ so!! also hier befolgen, waS das Konzilium zu Trient erklärt Kat, nämlich, daß es erlaubt und nützlich feg, die Heilige» zu verehren und aiijurufen. In. allen Zeiten der chrifi lieben Kirche findet man Spuren dieser Verehrung Die ersten Christen bauten sogar ihre Altäre auf die Gräber ihrer Märtyrer, woher der Gebrauch kömmt, daß man heutiges Tags Reliquien der Heiligen in den Aitarstein einmauert, Dabey darf aber der Christ nicht vergessen, daß nuk Gott allein der Helfer , Jesus der" T? s Mittler, — ( 174 ) — Mittler, und die Heiligen unsere Fürbitter seyen. Da¬ her schliessen sich auch alle Kirchengebekhe, auch die an den Festtagen der Heiligen , auf diese Art: Durch un¬ ser» Zerr» Jesum Lhrjstum. Endlich soll der Christ wissen, daß die für ihn nützlichste Verehrung der «ei¬ ligen diese sey, daß man ihre Tugenden Nach nahmen suche. Daher sagt ein oewiffer h. Vater: „Wir müs¬ sen uni! bestreben, denen nachjufolgeu, an deren Fest¬ tagen wir un« freuen- §- 7- - pflichte» gegen bar Vaterland, oder Patriotismus. Das eigentliche Vaterland des Christen ist zwar nicht der Winkel, wo er gebohrrn worden, nicht das Reich, worin« er wohnet; sondern die ganze Welt, die griffe Familie, seines GotteS (oder weil diese Erde für rhn keine bleibende Stadt ist; so hat er-eigentlich hicnieden kern Vaterland.) Der Apostel sagt,,Ein Gott und Vater Allec^ -er da über alle ist, und durch alle und in uns al¬ len." (Sphes. 4. K.) Doch muß der Christ dem bürgerlichen Vaterlands, der bürgerlichen Gesell¬ schaft, welcher er einverleiöt ist , einen Vorzug in Erweisung der Liebs einraume». Dies? vorzüg¬ liche Liebe , dis aus der evangelischen Nächstenlie¬ be entspringt, gegen die bürgerliche Gesellschaft, ist der ächte Patriotismus , und b steht in einer vernünftigen Werthschützung femes.Vaterlandeö, im vorzüglichen Diensteifer, Kemftlben durch un¬ sere Kräfte und Fahigk iten nützlich seyn. Dieser Patriotismus wird durch das Bsyspiel Jesu em¬ pfohlen und gebeiliget. Seine Liehe gegen sein indisches Vaterland zeigte er besonders durch sei¬ ne Sorge für die Stadt Jerusalem, und durch 'seine - ( 175 ) - seine Thranen, die er über die Vorherfehnng ih¬ res Unterganges vergoß. Wie liebreich lauten nicht seine Worte: „Jerusalem, Jerusalem, wie oft habe ich deine Kinder versammeln wollen, wie eine Henne ibre Jungen unter ihre Flügel ver¬ sammelt?" (Matth. 2 z. K.) Als er nahe an die Stadt kam, weinte er und sagte: „ O wogtest du doch bedenken, wenigstens zu dieser Zeit, was dir zum Frieden diene an diesem deinem Tage! Aber nun ist es vor deinen Augen verborgen. Denn cs werden die Tage kommen, daß dich deins Fein¬ de mit einem Walle.umringen, und dich von allen Seiten ängstigen werden; und sie werden keinen Stein auf dem andern in dir lassen." (Luk. 19.K.) Als bey seinem Hinauszuge an den Kalvarieberg ihn die frommen Werber beweinten, wandte er sich um, und sprach zu ihnen: „ Ihr Töchter von Je¬ rusalem , weinet nicht über mich , sondern weinet über euch selbst und über euere Kinder. Denn se¬ het, es wird die Zeit kommen, wo man sagen wird : Selig sind die Unfruchtbaren und die Lei¬ ber , die nicht gebohrcn haben." (Luk. 2z. K.) Nur muß der Patriotismus die allumfassende und all¬ gemeine Liebe nicht ausschliessen. Dann der Apo¬ stel schreibt: „ Nehmet euch untereinander auf, gleichwie euch Christus zur Ehre Gottes ausgenom¬ men hat." (Nöm. is . K.) - ( 176 ) - Drittes Hauptftück. Rechtschaffenes äusseres Betragen gegen andere ins Besondere, oder gesellschaftliche Pflichten. Der Mensch ist zum gesellschaftlichen Leben geschaffen. Darum sagte der Schöpfer, es sey nicht gut, daß derMensch allein sey, und gab daher dem Adam eine Gehilfin. Dieß mar die erste Ge¬ sellschaft in der Welt. Mit der Zeit entstanden auch andere Gesellschaften. Jede Gesellschaft aber ent¬ stehet aus der Verbindung mehrerer Personen zu einem Zwecke; und alle.Gesellschaften ohne Aus¬ nahme haben diese allgemeine Pflicht: „Beför¬ dere das gemeinschaftliche Beßte derjenigen Ge¬ sellschaft, deren Glied du bist, oder lebe dem Zwecke der Gesellschaft gemäß." Man kann über¬ haupt die Gesellschaften in drey Hauptstämme oder Hauptgesellschaften einthcilcn, nämlich in die häusliche, bürgerliche und gottesdienstliche oder kirchliche Gesellschaft. ' §. i. Häusliche Gesellschaft. Die häusliche Gesellschaft war, wie bereits gesagt worden, unter allen Gesellschaften die erste. Sie bestand zwar Anfangs nur aus zwoen Perso¬ nen, nämlich auS Mann und Weibe; bald darauf kamen aber auch Kinder dazu. Die häusliche Ge¬ sellschaft kann also wieder in die eheliche und in die Gesellschaft der Aeltern und Kinder abgetheilet werden. "°- ( l77 ) — werderr. Mit der Zeit forderten dis Bedürfnisse der Menschen auch die Veyhilfe anderer. Hier er¬ wuchs eine ander« Gesellschaft, nämlich zwischen Herren und Dienstboten. Diese drei) Klaffen ge¬ hören zur häuslichen Gesellschaft. §. 2. Eheliche Gesellschaft. Uiber diesen Artickel verdienen folgende Stü¬ cke abgchandelt. zu werden, nämlich von der eheli¬ chen Gesellschaft überhaupt, von den Pflichten der Heyrathenden, von den Pflichten der Eheleut ü- berhaupt> und dann des Mannes und der Frau, endlich von unglücklich Verehelichten. i) Eheliche Gesellschaft überhaupt. Dies? war jederzeit von den Völkern als eine heilige Gesellschaft angesehen; und durch die christliche Religion wurde sie zur Würde ei¬ nes Sakraments erhoben. Auch führte sie der Heiz- land auf ihre ursprüngliche Untrennbarkeit zurück- — Dir Ehe ist also ein zwischen Manne und Weibe nach den Gesetzen errichteter Vertrag, welcher die Zeugung und Erziehung der Kinder , dir innigste und standhaf¬ teste Freundschaft und wechselseitige Hilfleistung zum Zwecke hat. Diese Gesellschaft ist die Grundlage der Starke eines Staates, weil dadurch seine Glieder ver¬ mehret werden; sie ist eine reichhaltige Quelle häusli¬ cher Glückseligkeit-, und dann bey den meisten Menschen das einzige Verhütungsmittel gegen die Ausschweifung; sie ist endlich ein von Jesu selbst geheiligter Stand, denn er selbst beehrte durch seine Gegenwart die Hoch¬ zeit zu Kana in Galiläa. (Job. 2. K.) Der h. Paulus empfiehlt diesen Stand besonders denen , die sich nicht enthalten können: „ Um euch auf das , was ihr mir geschrieben habt, zu antworten: Es ist dem Menschen vorthesihafk, kein Weib zu berühren: aber um der Un» keuschheir willen (um selbe zu vermeiden) habe ein.je¬ der sein eigenes Weib, und eine jegliche Frau habe ih¬ ren Mann." (r. Kor. 7. K-) L) Psiich- - ( 178 ) - 2) Pflichten der Heyratbenden- CS giebt eine Menge un- glücklicher Ehen, die für die Zusammengejoch't'N sowohl, als für ibre Kinder rind Familien , j-r leibst für den Staat, die betrübtesten Folgen haben. — ES ist als" sehr wichtig, daß man denen Vorschristen aebe, die sich zu verheyrathen gedenken : und di-ft Vorschriften gehen dahinaus, daß man alle «sinnliche Vorsichtigkeit brau» che. Folgende Stücke sind genau m erwägen : a) Ist man ernstlich entschlossen, den mannigfal¬ tigen und schweren EhestandcSpssichken-beständig Genü¬ gen zu leisten?. d) Kann man mit der größten Wahrscheinlichkeit hoffen, daß man dineniae Person, mit der man sich verehelichen will, beständig werde lieben können? c) Hat die Zuneigung zu dieser Person nicht blvs sinnliche und niedrige, sondern vernünftige, auf Her; und Tugend sich beziehende. Ursachen zum Grunde? Wo nickt llibereinstimmUng edler Gesinnungen, nicht vorzüglich« Eigenschaften, sondern Eigennutz oder thierische Lüste das Eheband geknüpfet haben, da ist weder Glück noch Zufriedenheit zu hoffen. — Uiber- haupt beherzigen die Henrathenden, was die h. Schrift von dem jungen Tobias erzählet. „ Nachdem sie ru Nacht gegessen hatten , führte!! sie den Jüngling zu ihr hinein. Da gedachte Tobias an die Rede des Engels — Da ermahnte Tobias die Jungfrau: Sara, steh' auf, und laß uns heute und morgen und übermorgen Gott bitten, denn diese drey Rächte werden wir mit Gott vereiniget: aber »nenn die dritte Nacht um ist, wollen wir in unserm Ehestande seyn- Denn wir sind Kinder der Heiligen, und können nicht zusammen kommen, wie die Heyden, die Gott nicht kennen." (Tob. 8- K.) z) Pflichten der Eheleute überhaupt. a) Sie müßen, ihren errichteten Vertrag in guten und bösen Tagen treulich, genau, willig und beständig erfüllen, sich auf dir zärtlichste, thäligste und gefällig¬ ste Art lieben. b) Sic müssen alle Versuchungen zur innerlichen und ä'ussern Untreue auf das gewissenhafteste vermeiden, denn sie gehet besonders an , was der Heyland sagt: - „Ihr habt gehört, daß zu den 'Alten gesagt ist : Du sollst nicht ehebrechen ; ich aber sage euch : Wer ein Weib ansieht-, ihrer zu begehren , der bat schon mit ihr die Ehe gebrochen " (Matth, s. K.) Der Ehebruch ist ohnehin das größte Verbrechen gegen Gott, g«grn den — ( !79 ) — den unschuldigen Gatten, gegen die rechtmäffigen Kiu« der, gegen di« Familie und gegen den Staat. c) Sie müssen einander die zärtlichste Freundschaft und zuvorkommende Gefälligkeittn er,eigen. g." (Kol. z. K.) Cs ver¬ steht flch ohnehin , daß dieser Gehorsam sich uur so weit erstrecke, als der Befehl der Aelkern dem Gesetze Gottes nicht widerstrebet- Denn hier gilt , was die Apostel dem jüdischen Rathe geantwortet haben: „Ur- thestet ftlbst, ob es vor Gott recht sey, daß wir euch mehr, als Bott gehorchen sollen.' (Axostelgcsch-4-K-) Daher antwortete auch Jesus, der doch seinen Aelkern untcrtban war , seiner Mutter: „ Wußtet ihr nicht, daß ich in dem seyn muß, was meines DarrcS ist? " (Luk. - K-) d? Hrrstiche, thätige Dankbarkeit. Davon redet Sirach 7, 2Y- 3v- ci siebvolle Pflege und Ernährung der Aelkern in ihrem schwächlichen Älter. (Sir. z, 1.-19.) §- 4- Gesellschaft der Zerren und Dienftbothen. Dis Gesellschaft zwischen Herren und Dienst- bothen bat ihren ersten Grund in d n menschlichen Bedürfnissen. Indessen ist sie aber doch weise An¬ ordnung Gottes, der aus allen Dingen, aus der Verschiedenheit und aus der dem Scheine nach herrschenden Unordnung die schönste Harmonie hervorbringet. Zu dem Ende hat der Allgütige, und besonders durch das christliche Gesetz, beyderr ihre Schranken gefetzt, wodurch diese Harmonie erhalten, nach seinen Absichten geleitet, und danrr r« - ( '8s ) - zu beydeescitiger! Glückseligkeit hingelenket wird. — Vernimm die Pflichten von beyden, und als einen Zusatz etwas von der bäuslicheuFrömmigkeit. i) Pflichten der Herren gegen ihre Dienstbolhem Als all- gemein? Pflicht kann man hier ausflrllen: Dir Herren sollen ihre Niensibothen , wie ihre Kinder, behandeln, denn sie müssen eben so, und noch mehr, zum Beßren der Famil-e arbeiten, und bekommen dasiir einen viel geringern Lohn- Das Worr Knecht har zu unser» Zei¬ ten den Sinn nicht, wie den den alten Römern, der christlichen Religion hat die Welt die Abschaffung der Sklavcrey zu verdanken. Nach, den Vorschriften des Evangeliums har also der christliche Herr folgende Pflichten gegen seine Dienerschaft. s) Der Herr soll seinen Diener und seine Magd als Mitmenschen «»sehen, mit Achtung «»scheu, und sich erinnern, daß es nicht sei» Verdienst sry, das ihn zum Herrn und jene zu Dienern gemacht habe. Ken» Jesus hat den Unterschied, de» die Welt zwischen Knech¬ ten und Frengebohrnen gemacht hat, aufgehoben, wie uns der Apostel versichert: Wissel, daß rin irder für das Gute von dem Herrn wird belohn« werden, er sn¬ et» Knecht oder ein Frn;gedohrner. Ihr Herren thut ihnen (eure» Knechten, desgleichen, und wisset, daß euer und ihr Herr im Himmel ist, und vor Golt kein Ansehen der Personen gilt." (Cphcs. 6. K.) b) Der Herr muß - seinen Dienstbothen ohne Zau¬ dern und Abbruch Sohn und Lkbensuntrrhalt reichen. Der Arostel befiehlt: „IhrHerren, betraget euch ge¬ gen eure Knechte (zu selbiger Zelt gab es noch Knechte im ganzen Sinne des Wortes) wie es recht und billig ist,'und beLenker, daß auch rhr'cinen Herrn im Him- ' inel habt." (Koloss 4 K-) c) Der Hecr muß für das zeitliche und geistliche Wohl seiner Dirustbolhen Sorge tragen, und mit sei- . item Behspiele selbe zur Tugend aufmuntern. Oieher gehöree, was ich schon oben aus dem Apostel gesagt habe: „ Wer nicht für seine Hausgenossen Sorge tragt, ist schlimmer, als ein Ungläubiger." Ein schönes Bey spiel von dem Betragen des Herrn gegen seine Dienst- dothen gab jener Hauptmann, von dem dos Edcmgrii- uni erzählet: »Ein Hauptmann trat zu Jesu, und balh ihn: Herr, mern Knecht liegt zu Hause gelähmer. — N Z Sprich --- ( r86 ) --- Sprich nur rin Work, so wird mein Knecht gesund." (Marth. A-) L) Pflichten der Dienstbsthsn gegen ihre Herrschaft. Dies« sind: Treue, Ehrfurcht und Liebe, Gehorsam. Diese faßte der Apostel zusammen , als er au seinen Tuns schrieb: „Die Knechte ermahne, daß sie ihren Herren mtterthänig, in allen Dmgen gefällig seyen, nicht wi- versprechen, nichts veruntreuen , fonderrr allenkhalbrn Treue beweisen." (Tit. L. K.) Und in andern Briefen bestimmet er die Art und Weise, wie Ließ geschehen soll: „ Ihr Knechte, seyd enern leiblichen Herren ge¬ horsam, mit'Aufrichtigkeit des Herzens, wir Christo; Nicht nur unter ihren Augen, um euch bey den Men¬ schen einzuschmeicheln , sondern als Knechte Christi, die den Willen Gortes von Herzen khun ; und diener mir Bereitwilligkeit, wie den, Herrn, und nicht den Men¬ schen." (Evhes-6.K.) „Alles, wasihrkhut, das rhur von Herzen, als dem Herrn, und nicht den Menschen; und wisset, daß ihr Vergeltung, die Erbschaft (des ewigen Lebens) von dem Herrn empfangen werdet, denn ihr dienet Christo, dem Herrn." (Koloss- Z. K-) Z) Häusliche Frömmigkeit- Aus der Beobachtung der häus¬ lichen Pflichten, welche alle Hausgenossen, sowohl Acl- tern und Kinder, als auch die Lienstbothen, haben, entstehet die häusliche Frömmigkeit, vermöge weicher Ehrfurcht gegen Gott, Liede und Werthschätzung des Nächsten, in der Haushaltung Flris, Ordnung, Mä» siqkett und stille Freude in der ganzen Familie sichtbar ist. In Wahrheit ein glückliches Hauswesen, in wel¬ chem diese Frömmigkeit herrschet- Da ist ein Herz und ein Sinn; einer arbeitet dem andern in dis Hände; al- ses geht glücklich von starim- Za, eine solche Familie verbreitet Mück und Gegen über den ganzen Staat. Bey einem solchen Hause wird in Erfüllung gehen, was Salomo sagt: „ Die Wohnungen der GereVken sollen gesegnec-wcrdcn." (Sprüchw. Z. K.) Im Gegcn- rbeile wird bey einem Hause , wo diese Frömmigkeit keinen Platz bat, wahr werben, was der Heyland sagte Sine jede Stadt oder Haus, wo Uneinigkeit herrschet, kann nicht bestehen." (Maith- rr. K.) Wie soll nun diese häusliche Frömmigkeit unterhalten werden? Hier muß der Hausherr und dre Haussrau mit ihrem Bey- spiele vocangeken, selbst ihäliges Chriftmthmn üben, Und öle Lttujiborbm sowohl s ÄS Ksirdrr - zsm ösftnk- - < r87 ) — richktt und häuslichen Gottesdienste anhalken , u»b n- Srrhauxt gute Aufsicht halten. §- s- Bürgerliche Desellschaft. Aus der häuslichen Gesellschaft entstand bis bürgerliche. Einzelne Menschen und einzelne Fa¬ milien find für sich ünbehilfliche Geschöpfe. Die vereinigte Macht weniger Feinde entscheidet ihren Untergang; Krankheiten und das entkräftete Al¬ ter grben sie dem Hungerstode preis; und an Be¬ quemlichkeiten' dürfen sie gar nicht denken. Dreß waren die Ursachen, warum nicht nur einzelne Menschen, sondern auch ganze Familien in Bünd¬ nisse und Verbindungen traten; hieß waren die Beweggründe, ihre Kräfte zur gemeinsamen Un¬ terstützung und Beihilfe zu' vereinigen, sich um die Sicherheit, des Unterhaltes und der Bequem¬ lichkeiten wegen zu versichern. Ließ war der Ur¬ sprung der bürgerlichen Gesellschaft. Die natürli¬ che Nothwendigkeit war ihr Grund, und die Re¬ ligion war das Band, wodurch sie sich fest hielt. Die Menschen wählten sich also Obrigkeiten, denen sie gewisse Dienste leisteten, wogegen sie aber auch gewisse Dienste forderten. Nachdem nun die bey- Serseitigen Verträge verschieden waren, so wäre« auch die bürgerlichen Gesellschaften oder Staaten verschieden. Wiewohl dieß gehöret eigentlich nicht in die Gittenlehre, sondern nur, welche Pflichten die Glieder hiessrGesellschaft gegeneinander haben. ?) Pflichten der Regenten.' Die bürgerliche Gesellschaft iß eine Verbindung mehrerer FamüiM jtt einem Zwecke, N 4 ' z»r — ( i88 ) — Mr allgemeinen Glückseligkeit. Nun aber gieKt es Ser¬ ver Verschiedenheit der Menschen verschiedene Einsicht ten» Neigungen und Bestrebungen nach jedes eigenem Interesse Diese verschiedenen Neigungen sollten nun aber doch zu einem und eben demselben Zwecke geleitet werden- Daraus folget die Nothwendigke'it eines Ober¬ hauptes , das die Bestrebungen aller einzelner Glnder auf einen Zweck, nämlich auf die Erhaltung und Be¬ förderung des gemeinschaftlichen Letzten, nut Weisheit und Nachdruck hinlknke, und so alle Glieder zu einer Absicht vereinige. . Eine solche Obergewalt , sie mag nun Key einer oder mehrer» Personen seyn., (nachdem nämlich dir Regierungssorm monarchisch , oder aristo¬ kratisch/ oder demokratisch ist) ist und bleibt dennoch göttliche Anordnung. Die Beweise aus der Vernunft will ich hier übergehen. Dem Christen ist es genug, hierüber die Aussprüche der h. Schrift zu brruehmen, Leun diese sehet die Beweise aus der Vernunft in Hel¬ les Licht. Benni Salomo spricht die göttliche Weis¬ heit: „Durch mich regieren die Könige ; durch mich herrschen die Fürsten und alle Regenten auf Erden " (Sprüchw. 8- K.) Nach eben diesem Erundiaye sprach Jesu« zum Pilatus: „Du hättest keine Macht über mich, wenn he dir nicht von oben hirab gegeben wäre." (Ioh. is- K.) Und aus eben diesem Grunde antwortete er den Pharisäern und Herodianern: „ Gebet drm Kai¬ ser , was des Kaisers ist." (Matth-22. K. ) Paulus war von eben dieser Wahrheit überzeugt / indem er schrieb: „Eine jegliche Seele sey der Obrigkeit unter- than: denn es ist keine Gewalt, als von Gott ; die Obrigkeiten aber, die wirklich da sind, die sind von Gott geordnet. Wer sich daher wider die Obrigkeit aus- lehnet, der widerstrebet Gottes Ordnung." (Röm- iZ. K.) Weil nun aber die Regenten eine so herrliche Ge¬ walt haben, so haben sre auch die wichtigste Pflicht, nämlich ihre Unterthanen zeitlich und ewig zu beglücken. Die Schrift nennet die Regenten Götter der Erd; ; (Ioh. ro. K.) sie müssen also in ihrem Wirkungskreise das seyn, was Gott in dem Weltalle ist, nämlich Be¬ glücker und Wohlthäker- Die ferner» Folgen dieser Pflicht hier anzusetzen, wäre gegen meine Absicht» denn ich schreibe nicht für Regenten , deren Weisheit, Ge- rechrigkeit und Macht ich geziemend'verehre, und von reuen ich mich überzeuge, daß j:e den Umfang ihrer Pflichten inne haben. -r) Pflichten — ( 189 ) — r) Pflichten der Unttrthamn sind Gehorsam, Ehrfurcht, unbedingte und eifrige Vollnehung der Befehle, gewis¬ senhafte Entrichtung der aufgelegten Abgaben , und eifriges Eebelh für ihren Landesherrn- Diese Pflichten sind deutlich in der Schrift ausgedriicket: „ESistuoth- wendig, zu gehorchen , nicht allein aus Furcht vor der Straft» sondern auch des Gewissens wegen. Aus eben diesem Grunde müsset ihr auch Abgaben entrichten: denn sie sind Eottrsdirner, die eben diesem Dienste ob» licgm." (Rom. iz. K.) „ Fürcbter Gott, ehret den Kö¬ nig." d. Petr- 2. K.) „ Erinnere sie, daß sie den Für¬ sten und Gewaltigen untertbari, ihren Gebothen gehor¬ sam , und zu allem guten Werke bereit seyrn." (Lit. K-l „ Vor allen Dingen empsehle ich, daß Gebet!-,? und Fürbitte dargebracht werden sür die Könige und für alle, dir hohe Stellen bekleiden." (i. Tim- r. K.) §. 6. Gotterbieirstliche ober kirchliche Gesellschaft. Ohne Religion kann weder die häusliche noch bürgerliche Gesellschaft ihren Zweck erreichen. Da¬ her war gleich bey der erstenEntstehung der mensch¬ lichen Gesellschaft die Religi.on von Gott selbst dem Menschen geoffenbaret worden. Ihr Stifter ist also Gott; und die Gesellschaft, welche die Reli¬ gion zum Zwecke hat, hat vor andern Gesellschaf¬ ten dieses voraus, daß sie unmittelbar von Gott eingesetzet ist, da im Gegentheile die bürgerliche Gesellschaft ihren Ursprung unmittelbar von Gott ^at. Daher kam es auch, daß die ersten Regenten unmittelbar von den Gliedern der Gesellschaft ge¬ währet wurden. In der kirchlichen Gesellschaft aber hat Gott selbst dis Vorsteher bestimmet, und zwar im alten Testamente den Stamm Levi, im neuen Testaments aber die Apostel und Jünger und ihre Nachfolger, die mittels eines Sakramen- N; les -- sfl !90 ) — te- zn diesem Amte eingewribst werhs«. Die kirch- lichs Gesellschaft besteht vermöge dieser göttlichere Einrichtung aus Lehrern mrd Schülern, aus Vor- asssyten und Untergebene«, und im gemilderten Verstände ans Regenten und Unterthanen. Dis Vorsteher dieser Gesellschaft Heissen Klerifty, d. i. sine von Gott besonders auserwählte Klasse; dis übrigen Mitglieder aber Heissen Lsyen. Von Len Pflichten der ersten wird vorzüglich in der Pasto¬ raltheologie gehandelt, weswegen ich hier ganz kurz Non der Würde und dem Amte der Geistlichen reden werde. r) Das Amt und die Würde der Geistlichen besteht darin, daß sie Gott gefttzet hat, die Menschen zu Gott zu füh« ren , für ihr geistliches Wohl zu sorgen, oder wss das Nämliche ist, die Religion zu lehren, die Sakramente zu .verwalte» , Lugend und Glückseligkeit unter den Menschen zu befördern. Der Hrvlaqd nennet seine Apo¬ stel vorzüglich das Kal; der Erde und das Licht der 'Mest. Matth. 5. K.) Zu seinen Aposteln sagt er be- sonders: „ Geher hin , und lehret alle Völker , und raufet sie.". (Matth- 28, K.) „ Wie mich der Vater ge¬ sandt hat, so sende ich such. Denen ihr dis Sünden vergebet, sind sie vergeben; und denen ihr sie behaltet, find sie behalten." (Ioh. 20. K.) Den nämlichen Be¬ griff macht der h. Paulus von dem Amte der Geistli¬ chen : „ Er bat einige zu Aposteln , einige aber zu Pro¬ pheten, einige zu Evangelisten, einige -u Hirten und Lehrern verordnet, zum Dienste (der Kirche), damit die Heiligen (die Christen) vollkommen werden , und der Leib Christi wachse." (Lpües.4-K.) „Sie sind Diener dessen, den ihr geglaubt habt , und das, wie es der Herr einem jezlichen gegeben hat- Wir sind Gottes Mitknechte, ihr aber send Gottes Acker und Bottes Ge- LLudc." (i. Kor- z. K.) Den Inbegriff der Pflichten, welche die Geistlichen haben, setz? ich mit den Worten der h- Schrift her. Der h- Paulus bestimmet folgen¬ de Pflichten eines Bischvffes, und folglich eines jeden Geistlichen, der seinem Bischoffs als Muster folgen muß: Es soll ritt Bischof unsträflich ftyn , nüchtern , -e- scheiden ( sj s 9 ll ) scheiden ; von guten.Sitten , gastfren, gelehrt, gnkich und'friedliebend , nickt geizig er muß aber auch M gutes Zeuqniß von denen, dm draussen sind, haben.— Desgleichen sollen auch die Diakonen seyn, wvhlqesik- trr, nickt weinsüchtig, nickt schändliches Gewinnes be» Sierigsi' (i. Tim. z. K.) Der h. Peerus giebi den Geist¬ lichen diese Vorickrifk: „ Weidet die Heerde Gottes, dir unter euch ist , und habt Aufsicht freywillig und nach dem Willen Gorees , nickt um Les schändlichen Ge- wln>;cs wegen, sondern aus geneigtem Aemüthe; auch nicht als Herren über die Heerde , sondern als Lehrer, die da ein Vorbild der Heerde geworden sind." (i. Petr. S- K-), Dm Kinn dieses Vorbildes erkläret der h. Pau¬ lus , iüdeu! er seinem Jünger schreibt: „ Allenthalben zeige dick selbst als ein Muster guter Werke , in der Lehre, in Redlichkeit, Crusthaftiqkeik." (Lik a.K.) s) Pffichten der Laven. Diese Pffichren sind zweifach - uamlick in Rücknchr auf die Vorgesetzten und gegen sich untereinander. a) Gegen die Relizionslehrer. Diese müssen als Wohltüäter und Wegweiser zur Glückseligkeit mit folg» famer Liebs Verehret Werden. Dreß befiehlt der Avo- stel: „Wir bitten euch, daßibrdiejenigen, dir au euch arbeit-» , und euch in dem Herrn vorstehrn , chmer und werth Halter, daß ihr sie sehr liebet um ihres Wer¬ kes willen, und sricdsam mit ihnen ftyd." (r. Lheff. 5. K.) Diese Liebe rühmet er besonders au Len Galatern: „ Ihr wisset - das; ich euch das. Evangelium gevredigkt habe. Und meine Versuchung in nmnem'Fleische (mei¬ ne Verfolgungen und Leiben) habt ibr nicht verachtet, noch verabscheuet; sonder.» ibr nähmet mich als einen Lvtben Gottes , ja selbst als Iesum Christum , auf. Ich bin euer Z.euge, Laß, wenn es möglich gewnen wäre,, ihr eure Augen ausgenssen und ,mir gegeben hauet." (Bal. 4-E.) Der Httstand befiehlt, die Reli- tzionslehrer so zu behandeln, als wen» er es selbst wä¬ re: „ Wer euch höret, der höret mich; und wer euch berackter, der verachtet wich; wer aber mich verachtet, der verachtet den, der mich gesandt har." (Luk. 10. K. Die Layen müssen auch ihre Lehrer unterstützen., damit die Lehre auch Key cmüer-r Eingang finden möge. Gie inüstkn ferner nur den Schwachheiten der Geistlichen Nachsicht kragen, Weil sie auch Menschs» sind. Darrst» sagt der Heylsnd: »Auf dem Stuhle Mose sitzen die Wchrtftzriehrteii 8sts Phrmsarr; dsrmn hültek und th« — ( 192 ) — ' alles, was sie euch sagen ; aber nach ihren Werken sollet ihr nicht thun." (Matth, rz. K.) Endlich müssen auch die Layen zum llnterhalte der Geistlichen da« Jh- rigr willig beyrragen. Diese« forderte der Apostel nach der Lehre Jesu, daß jeder Arbeiter seines Lohnes werth scy, und schreibt: „ Wer zieht zu Felde aus sei« neu eigenen Sold ? Wer pflanzet einen Weingarten, und ißt nichts von den Früchten desselben? Oder wer weidet eine Heerde, und ißt nicht von der Milch der¬ selben? Rede ich solches auf Menschenweise? Over sa¬ get dieses nicht auch das Gesetz? Denn im Gesetze Mo¬ se steht geschrieben : Du sollst dem Ochsen, der das Getraid austritt, das Maul nicht verbinden. Sorget denn Gott blos für die Ochsen? Ja; unsertwegen ist e« geschrieben. Denn wer da pflüget, soll aus Hoff¬ nung der Aernte pflügen ; und wer da drischt, der drischt in Hoffnung auf den Genuß der Frucht- Wisset ihr nicht, daß diejenigen, die im Tempel arbeiten, von dem Tempel essen, und die dem Altäre dienen , ihren Theil vom Altäre haben? So har auch der Herr be¬ fohlen, daß, die das Evangelium verkündigen, auch vom Evangelium leben sollen." d.Kor. 9. K ) — Alle diese Pflichten sah der grosse Kaiser Konstantin gar wohl «in, her nicht nur die Klerisei) ehrte, sondern auch mir reichlichen Einkünsten versah. Mehr von seiner Shr- rrbirthung gegen die Hirten der Kirche hier anzufttzen, gehr über die Schranken eines Grundrisses. b) Wechselseitige Pflichten der Glieder der Kirche. Nebst den allgemeinen Pflichten der christlichen Liebe sind die Glieder einer Kirche sich einen vorzüglichen Grad der Liebe schuldig, und muffen in geistlichen und leiblichen Anliegen einander alles leisten ,. ivas nach der - Lehre des Apostels die Glieder eines Leibes , dessen Haupt Christus ist , einander schuldig sind. „ Last-» uns allen Gutes rhun, vorzüglich aber den Glaubens¬ genossen." (Gal. 6. K.) ») Hier muß ich zum Beschlüsse noch etwas von den Pflichten gegen andere Religionsparthepen hinzufügen- — Wenn wir fremde ReligionSparthrven dulden, so geschieht es aus christlicher Liebe, weil die Liebe alles duldet, was zu dulde» ist, ohne daß wir uns um das Fernere derselben bekümmern; denn dafür mögen sie Rechenschaft bey dem Richter aller Menschen geben- Und diese Dul¬ dung heißt die bürgerliche, vermöge welcher wir mir ie- uen ReligwnSparthehen, dir in unsrrm Staatr'das Bür¬ gerrecht — ( I9Z ) — gerrecht Haven , im Frieden und Eintracht leben, mit ih- nen zum allgemeinen Zwecke der bürgerlichen Gesellschaft arbeiten, und in Sachen, die blos bürgerlich find, uns ihnen gleich betragen. So find in unserm deutschen Va- tcrlande, nebst den katholischen , auch Lutheraner und Kalvinisten, die iin Bürgerlichen die nämlichen Gerecht¬ same und ihr freyes Religionsexercitium haben, Dis müssen wir wie unsere Brüder lieben, so wie es auch die ersten Christen gegen die Heyden thaten, von denen sie doch gedruckst wurden. — Sind es auch Religionspar- rbeyen, die eigentlich nicht vom Staate geduldet werden, oder deren Dogmatik und Moral wirklich der Sittlichkeit oder den, Staate nachtheilig ist, so bleiben sie doch Men¬ schen , die wir in der Noch nicht verlassen dürfen. Ein¬ zelne Glieder des Staats dürfen hierinnsaUs nichts ent¬ scheiden, sondern müssen sich nach der Einrichtung des Regenten fügen. Dritter Th eil. Lehre von den Tugend Mitteln. «-Visbek, mein Christ, trug ich die Tngendlsßrs vor. Bey jede? Tugend setzte ich zugleich die Mit¬ tel und Beyspiele derselben dazu. Wenn ich also jetzt vonTugendmitteln handle; so verstehe ich dis allgemeinen Mittel, tugendhaft zu werden, oder was das Nämliche ist, die allgemeinen Mittel, ein Christ nach den Vorschriften des Evangeliums zu seyn und zu deiner endlichen Bestimmung zu ge¬ langen. — Es ist nur ein Weg, und zwar ein enger Weg , der zum Leben führet, der anders zum Verderben «st, so zu sagen , viel gebahnter. Indessen gab es doch Leuts, dis den Weg zum Le¬ ben viel Holperichter machte», als ihn der Her¬ land haben will. Denn fein Joch soll ja süß und seine Bürde leicht seyn. (Matth. ir.K.) Unter diesen waren vorzüglich die Pharisäer, dis, wie ihnen der Heyland vorwarf, andern durch ihrs Gasungen und willküörlichr Laster das Himmel¬ reich versperren ; d,e andern schwere Bürden auf-- Halsetrn, die sie aber nickt ernrnal mit einem Fin¬ ger berühre» mochten. (Matth. 2z. K.) So gab eS auch unter den Christen Leute, die, weil fls von einem mehr als stoischen Temperamente wa¬ ren , allerhand ausserordentliche Dmge als Tugen¬ den oder als Tugendmttrel vorschriehen. Von die¬ sen sen falschenTugsudmitteln rede ich im erftenHanpt- stucke ; im zweyten aber handle ich von den wah¬ ren Tugendmitteln, die von der Vernunft und vom Evangelium vorgeschrieben werden. Erstes Hauptstück. Falsche Tugendmittel. Zu den falschen Tugendmitteln rechne ich ei¬ ne übertriebene Strenge gegen sich selbst, Einffr- Lrley und Andachteleyen. Unter diesen Rubriken ist alles enthalten , was gewisse Leute aus übel verstandenen Schrifttexten als Tugenden oder als wahre Tugendmittel ansahen. §. i- UiLertriebene Strenge. Strenge soll zwar der Christ gegen sich feyn. Denn der Heyland sagt: „Q wie enge rst das Thor, und wie schmal der Weg, der da zum Leben führet!" (Matth. 7. K.) Er wollte sagen: Weni¬ ge Menschrtt geben sich die Mühe, den Weg zur wahren Glückseligkeit zu finden; und wenn sie ihn auch gefunden haben, so scheint er ihnen zu steil, zu hart, zu mühsam; denn sie wollen den sünd¬ haften Neigungen ihres verderbten Herzens keine Gewalt anthun , den Eitelkeiten und Wohllüften dieser Welt nicht entsagen , und so gehen sie den breiten und bequemen Weg des Lasters. Der Heg- laud schreibt daher als das Hauptgeboth seiner r- vangelischen Moral die Selbstverlä»gnmrg vov f von — ( ) — tzon welcher oben gehandelt wurde. Wie nun aber diese Strenge auszuüben fty , daran verstieß?» sich manche, und wurden nicht Herren ihrer Nei¬ gungen , sondern Tyrannen gegen ihre Leiber. Dieses nenne ich übertriebene und falsche Strenge, übel verstandene Strenge, von welcher weder dis Vernunft noch das Evangelium etwas weiß. Der Körper des Menschen ist zu erhabnen Absichten be¬ stimmet, und der Mensch hat die Pflicht, für des¬ sen Erhaltung zu sorgen, wie wir ebenfalls aus dem Evangelium vernommen haben. Es ist also jede übertriebene Strenge gegen sich selbst, welche die Schwächung des Körpers und die Verkürzung des Lebens zur Folge hat, dem Geiste des Evan¬ geliums zuwider undftträflich. Hieher gehören un- msnschljcheKafteyungen oder widersinnige Morti- sikationen und alle Arten der Selbstpeinigung. Der Jrrthum scheint aus der alten morgenländi- schen Philosophie entstanden zu seyn, nämlich, Laß die Seels als ein himmlisches Wesen alsdann erst zur Erkenntniß der Wahrheit gelangen könne, wenn der Mensch den Leib als den Feind der See¬ le beynahe gstödtet, und sich schon diesseits des Grabes gletchsam entkörpert hat. Gegen diesen Jrrthum streitet der h. Paulus, indem er schreibt: „ Der albernen und alten Weiberfabeln entschlag dich; übe dich aber in Gottseligkeit. Denn die leib¬ liche Uibung ist wenig nütze; aber ein gottseliges Leben ist zu allen Dingen nützlich, und hat dis Verheissung dieses und des zukünftigen Lebens." (i. Tim. 4. K.) In einem andern Briefe erkläret rr sich noch deutlicher: „ Wenn ihr mit Christo den — ( 197 ) — K?n Unfangsgründsn der Welt gestorben seyd, was lehret ihr denn, ( als lebtet ihr noch nach dieser Welt): Ihr sollet das nicht berühren, ihr sollet das nicht verkosten? Dieses sind Gebothe und Leh¬ ren der Menschen, und haben nur einen Schein der Weisheit bey ihrem Aberglauben und ihrer Demuth, bey der Strenge gegen den Leib, den sie nicht ehren , und das Fleisch nicht sättigen." (Ko¬ loss. 2. K.) Die christliche Strenge besteht nur darinn, daß unsere Neigungen im Zaume gehalten und so gelenket werden, daß sie dem Gesetze Got¬ tes nicht widerstreben. Dazu wird aber jene übel- verstandene Selbstpeinigung nicht erfordert. Die ägyptischen Mönche haben, nach dem Urtheile des Abtes Fleury in seinen Abhandlungen über die Kirchrngeschichte, die Kunst sich abzutödten oder Herren über ihre Neigungen zu werden, besser Verstanden, als die syrischen Mönche. Ihre Ab- Lödtung bestand nämlich in mäßiger Kost und in regelmäßiger Abwechslung der Beschäftigungen mit Handarbeiten und Bethen; da im Gegenthei- le einige von den syrischen Mönchen dabey Ketten und Cilizien trugen. An Geiseln dachte man zu selbigen Zeiten noch nicht. (Fleury 8- Abhandlung über die Kirchengesch.) §. 2. Einsiedelei. Zu den falschen Tugendmitteln gehöret zwey- tenö die Einsiedeley, oder widersinnige Entfer¬ nung von der Welt. Der Mensch ist zum gesell¬ schaftlichen Leben geschaffen. Dreß sagte der Schö- Ermrdr. d.Mor. H «zstx '— ( ?d8 ) pfer selbst, ehe er die Eva bildete: ,, Es ist nicht gut, daß der Mensch all-in sty." Jene alten Ein¬ siedler waren auch wirklich in keinem andern Sin¬ ne Einsiedler, als daß sie in entfernten Wüsten wohncten, aber doch die Verbindung mit andern Menschen nicht gänzlich aufgaben. Denn sie arbei¬ teten , und brachten ihre verfertigten Stücke in die Städte. Sie stoben nnr das grosse Weltgerüm- mel, weil sie eine solche Einsamkeit ihrer Seele für vortheilbaftcr hielten. Hierüber verdient eben¬ falls Fstnry gelesen zn werden. — Der Christ soll also auch auf eine gewisse Art von der Welt ent¬ fernet an , indem er nämlich den Umgang mit Len Bösen verabscheu t, und nicht nach denGrund- sätzen verderbter M> sch u leb t. Eme solche Ein¬ samkeit befiehlt der h. Paulus : „ Ich habe euch in einem Bri fe geschrieben, daß ihr keine Gemein¬ schaft mit den Hurern haben sollet. Das verstand ich aber nicht von den Hurern dieser Welt ( von den Ungläubigen), oder von den Geizigen, oder von den Räubern, oder von den Götzendienern, denn sonst müßtet ihr auS der Welt gehen. Son¬ dern ich habe euch geschrieben , ihr sollet keine Ge¬ meinschaft mit ihnen haben." (l.Kor. s. K.) Be¬ sonders ist dem Christen eine von Zeit zu Zeit frey- willig erneuerte Einsamkeit anzurathen , wo er sich einige Tage lang seiner Geschäfte entschlägt, über sich nachdenkt, und Maasregeln zu seiner Vervollkommnung ergreift. Dergleichen Einsam¬ keiten beißen Geisteöübungen, und werden beson¬ ders von den Ordensgeistlichen, auchWeltgeistli- chen/ theils jährlich, theils vor Empfangung der öb. Hh. Weißen angeftellet. Auch für Weltleute sind sie vortheilyaft. Der h. Vincenz von Paul, der Stifter der Lazaristen, hat in seiner Regel ver- ordnst, daß zu Paris in feinem Priesterhause für alle Weltlente der Plag angewiesen werde, wenn sie dergleichen Uibungen vornehmen wollten. Der Fürstbischof von Bamberg und Wirzburg , Franz Ludwig, hat auch dergleichen Geiftesübungen auf alle vier Jahre für seinen Hof und für dir akade¬ mische Jugend angeordnet. — Mberhaupt kann der Christ bey allen seinen Weltgeschaftsn auf eine gewisse Art ein Einsiedler ftyn. Er wohnst in dec Welt, beträgt sich aber so, daß er alle Stunden und Augenblicke bereit ist, aus derselben zu gehen. Er sieht diese Welt als eins Wanderschaft, den Himmel aber als sein Vaterland an. Bey allen feinen Geschäften kann sein Herz von der Welt ent¬ fernet seyn, und so hat er in sich selbst eine Ein¬ samkeit. Uiber diese Materie lese man das schone Merkchen des h. Franz von SaleS , welches sich betitelt: Je langer, se lieber, oder Anleitung zum geistlichen Leben. Das Werkchen des scl. Thomas von Kempis von der Nachfolge Christi hat hierüber auch schöne Gedanken. Z. Z- Andächteleyen. Was Andächteley sey, wirft du aus dem ver¬ stehen - was oben von der Andacht gesagt wurde. Airdächtelev heißt all das, was gewisse Leute für Gott gefällige Dinge ansehen , dis aber dem Gei¬ ste des Evangeliums und den von der Kirche gut- O 2 geheiffe- ----- ( 202 ) geheissen!'« Andachtsübrmzen widcrsprechm. Irr diese Klaffe gehören alle jene Gebethformeln od'v Gebethbüchelchen, die ohne Anzeige des Druckor¬ tes , ohne Gutheißung eines BischofeS gedruckt find, und von den sogenannten Bilderträgrru vrr- käuflick hernmgetragen w-'vden. Dergleich^nQuack- falberey im h. Fache, als gewisse Segen g-gen Feuer, gegen Gicht u. s. w., hier mit Namen zu nennen, würde diese Blätter entehren, und den rechtschaffenen Katholiken ärgern. Kurz: alles daS ist Andächteley , oder mit einem andern Na¬ men , Aberglaube, auf welches die Morte J-su nrcht können augeweudet werden : „ Gott ist ein Geist; und die wahren Anbether bethen ihn im Geiste und in der Wahrheit an." (Job. 4. K.) Hier wirst du mich fragen , was von Wallfahrten «nd Bmrd'rschaften zu halten fty. Eine Frage, deren Beantwortung aus gewiss n Ursachen schwer ist. Indessen will ich dir meine Mcynang davon sagenso wie ich glaube, daß ich nach dem Geists des Evangeliums selbe behaupten kann. Voraus sage ich dir, daß diese zwey S-ücke, wenn sie nicht so beschaff.n sind , wie ich nnch darüber erklären werde, wirklich unter die Andächteltyen müssen gezählet werden. l) Wallfahrten Sieb hier auf ihren Ursprung , auf ihr Ziel und Ende, auf die daraus entstehenden und ent« staudenen Mißbräuche- Dann schließ selber, was von d. nfelbcn M ballen sey. Das weißt du ohnehin» daß es Nebendinar seyn, die zum Wesentlichen der Religion Jesu nicht geboren. 3) Ursprung der Wallfabrken. Es ist ein unnö« thigeS Bestreben derjenigen - die den Ursprung der Wall« sahnen im alten Testamente aufsuchrn, und in dem jährliche» — ( 2OI ) — jährlichen Zuge der Israeliten nach Jerusalem Spuren f oder Aehnlichkeit ui finde» glauben s gerade, als wenn das auch Wallfahrten waren , wenn entfernte Filiali» sten au den Feyerragen ihre Pfarrkirche besuchen. Wie¬ wohl was liegt daran, ob eine Gewohnheit von diesen oder jenen Zerren uch herleikec? Die Frage in der Mo¬ ral ist nur dre, ob ne gut ser>. Indessen scheinen die Wallfahrten oder a 'dächfigen Besuche entlegener Kir¬ ch,I! ober Hb. Oerter in jenen Jahrhunderten rntstan- si den zu s-yn wo es noch nicht Sirte war, das? mau d>e Reliquien der Heiligen auch and rswohi» verlchirk-e. Die Christen wollten nichts desto weniger die hh. Oer¬ ter und die Gebeine der Ynhgen sehen und verehren; sie unternahmen also Reis i, auch in die entferntesten Länder- Und dich geschah auch noch zu den Zeiten, wo bas römische Reich rn die Hände barbarischer Völ¬ ker gekommen war. Es scheint auch dem krieaerischen und zum Wandern geneigten Genie dieser Völker ange¬ messen gewesen zu seyn. So viel von dem Ursprünge der Walljah-tkn. b) Ziel und Ende der Wallfahrten. Dieses habe ich bereits ange,eiger. Mit der Zeil kam eine andere Ursache hinzu. Es wurden den l allsahrtern Ablässe erlheil?t, welches dann eine mächtige Triebfeder zum Wallfahrten war Reizend war ohnehin schon das Beyspiel v-eler B schösse und Achte, die >bre Bisthü- wer und Avceyen ohne Hirten und Vorsteher liessen, und die Hb- Oerter besuchten Dazu kam noch der Ver¬ fall der öffentlichen Kircheubusse, der dadurch gar m Stande kam daß die Priester, welche die Buffe auf- rriegen mußten, statt den gewöhnlichen Kirchenbuffcn den Beichtenden eine Wallfahrt aufbürdklen. Alles dieses kannst du im Fleury lejcn. — Dieses war mei¬ nes Erachtens das Ziel und Ende der Wallfahrten. Hatten aber jene Wallfahrter auch wahre Busse, d. i. Besserung des Sinnes und Wandels, zum Zwecke? Darüber muß die Geschichte entscheiden. Zur wahren Busse bat weder das Evangelium, noch die Kirche das Wallfahrten für nölhig erachtet. Um sich zu bekehren, um Buffe zu rkun, hat man eben nicht nöthig, an frundc Orte zu wandern; in jeder Pfarrkirche kann man Verzeihung semer Sünden erhallen- Ob Gott an gewissen Orlen mehr Wohltbaten erzeigen wolle, oder erzeige, ist eine Frage, die nicht in die Moral gehöret. So Viel gehöret hieher , daß Gott an keinen Ork ge- O z Kunden — ( 202 ) — Sunden sey, wie der h. Paulus den Atheniensern und der Hevland dem samaritanischen Weibe zu verstehen gab: „Weib, glaube mir, es wird die Zeit kommen, daß ihr weder auf diesem Berge (Garizim- , noch zu Jerusalem de» Pater anbethen werdet. Es kömmt die Zeit, und ist schon jezt, daß die wahren Anbether den Daker im Geiste und in der Wahrheit anbetb-n werden." (Job. 4- lk.) Was wäre also heutiges Tages der Zweck der Wallfahrter? Meines E-arbtens blvs dieser , daß sie sich gleichsam in einem Bilde ihr Leben als eine Wanderschaft vorstellten, wie der alte Jakob ben dem Köniar Pharao seine Lebensjahre die Jahre seiner Wanderschaft nannte, (l. Mos. 47- K) c, Mißbräuche, die aus den Wallfahrten entstan¬ den sind, und entstehen. Welche Mißbräuche daraus entstanden senen , kannst du im Fleury und andern Ge¬ schichtschreibern lesen. Wir wollen nur aus unsere Zei¬ ten sehen. Es entstehen noch wirklich Mißbräuche, die blos von der Obrigkeit gehoben werden können , und chrnrn von jenen Landesfiirsten abgeholsen wird, welche dergleichen Prozessionen an entfernte Oerter untersagen. Dergleichen Mißbräuche sind die Vernachlässigung des pfarriichen Gottesdienstes, die Verachtung seiner Mut¬ terkirche , die Gelegenheit zu Unordnungen und wirkli¬ che Ausschweifungen, die Hintansetzung der häuslichen Geschäfte, und folglich die Verabsäumung feiner Skan- desvstichten- Von Krankheiten, moralischen und phy¬ sichen Uibeln, dir oft Begleiter und Folgen derley Wall¬ fahrten sind, will ich nichts hinzusetzrn. — Aus die¬ sem schliesse nun selbst, was du nach den Lehren der Moral von den Wallfahrten zu halten habest. — Nur noch zwo Anmerkungen muß ich himufügen , die vielleicht dir Sache entschöpfen. Die erste Anmerkung betritt dir Wallfahrter, die andere jene Andachten, denen sie zu Hanse ohne Wallfahrten obliegen können oder sollen. Wer sind also die Wallfahrter? Sind es Leute, die ohne Nachtheil ihres Hauswesens wallfahrten können? Oder leidet dasselbe dabey? Ich wenigstens kann es mir nicht vorstellen, daß jemand ohne allen häuslichen Nachtheil lange abwesend seyn könne, besonders wenn er der Hausvater oder die Hausmutter ist- Sind «S auch Leute, die recht bemittelt sind , so entsteht dis Frage: Könnten diese Reisekosten nicht auf ein weit besseres Werk verwendet werden? Wenn das Hauswe¬ sen durch dergleichen Wallfahrten leidet , so sage ich sogar, — ( 2OZ ) — svaar, sir senen nicht nur nicht verdienstlich , sondern sogar sündhaft. Denn wer seinen, Hause nicht wohl vorstebk, ist ärger, als ein Ungläubiger.'' — Dabei) versäumet der Wallfahrter jene Andachten, denen er ^u Hause obliegen sollte, ich nieine den vfarrlicben Got- erodierst, von dessen Verbindlichkeit ich oben geredet habe Zudem wenn jemand wallfahrten will, so wobne er jenen Bittaanqrn den, die von der Kirche an, Fest¬ tage des h. Markus und in der BiNwoche angestcllkt werden. Dies kann man aber fast durchgängig wahr¬ nehmen, das feilte, die gerne wallfahrten, dergleichen allgemeine Kirchengebräuche geringer schätzen, als ihre Andachtelenen. L) Bruderschaften. Eigentlich ist nur eine Brvdcrschast in der Welt, welche alle Menschen mit einander ver¬ knüpfet, weil alle von einem Stammvater und von ei¬ nem Schöpfer abhängen. Daher sagt der Apostel: „Ein Leib und ein Geist , wie ibr auch berufen send zu einerlei) Hoffnung euers Berufes." Doch machen dre Anhänger Christi, die m seiner wahren Kirche ge¬ hören , eine vorzügliche Bruderschaft aus, wie eben der Apostel sagt: „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller." (Ephes. 4. K.) Diese Bru¬ derschaft wird in den, apostolischen Symbolum Ge- meinscb-aft der Heiligen genennt Zu dieser gehör,» nach der katholischen Lehre alle, sowohl Lebendige, als Verstorbene, die in der Gnade Goices von dieser Welt abgeschieden sind. Was sind §sw andern Bruder¬ schaften , sie mögen Namen haben , wie sie wollen? Entweder Nachahmungen oder Zweige dieser alloemei- nsn Bruderschaft. Wenn diese besonder» Gesellschaften blos darum msammenrrettrn, damit sie zu dem allge¬ meinen Zwecke der allgemeinen Bruderschaft mit verei¬ nigten Kräften arbeiten mögen, so können sie nicht unter die Andachtelepen gerechnet werden. Ob aber dies; wirklich geschehe, darüber haben die Hirten der Kirche zu urcheilen. Wenn ich meine Meymrng sage,, sollte, so gienge sie dakin, daß man die An ahl dersel¬ ben um drei) Theile verringern sollte. Mir gefalle» besonders zwo Bruderschaften in dem ivirzburgssche» Bihrhum, nämlich das sogenannte Institut um Beh¬ len kranker Handwerksgesellen, dessen Einrichtung mei¬ nen Lesern aus öffentliche,' Blättern ichon bekannt ist, und dir Bruderschaft Oorporis ekrilki. die darin» be¬ steht, daß alle Pfarrkinder bey ihrer ersten Kommunion S 4 zum ( 204 ) — zum beständigen Glauben an das heil. Altarssacrament sich besonders verbinden, alle Monate und Jahre in der ihnen zu dem Ende angewiesenen Bethstunde er¬ scheinen, und sich um das Wohl aller ihrer Mitbriider bestreben. Diese Bruderschaft gründet sich auf den ge¬ meinsamen Tisch, den Jesus in seiner Kirche bereiter hat, an welchem wir alle Tbeil nehmen, und von wel¬ cher Verbrüderung die ersten Christen em schönes Bey- spiel gaben. „Sie beharrten in der Lehre der Apostel und im gemeinschaftlichen Brodbrechen und im Gebe- !he." (Apostelg. 2. Kap.) Zweytes Hauptstück. "Yon den wahren Tugendmitteln. Zu den wahren Tug-ndmitteln rechne ich fol¬ gende Stücke: Gebeth, Gelbstprüfung, Eingezo¬ genheit, öffentlichen Gottesdienst, Genuß des heil. Abendmahles, ächten Gebrauch -er heil. Schrift 5 Todrsbetrachtung. §. i° Gebeth. Bethen heißt sein Gemüth zu Gott erheben - Gott seine Empfindungen und Gesinnungen Vor¬ trägen , und sich dabey den Allgegenwärtigen den¬ ken. Aus diesem Begriffe lassen sich alsdann die Form, Nolhwendigkeit und Eigenschaften des Gr- bethes herleiten. 1) Form des Gebethes. Unfir Gebeth ist der Ausdruck uns¬ rer Empfindungen, Bedürfnisse und Wünsche. Seine Form besteht also im Anbelhen, Danken, Ausopsern, Bitten und Bekennen. Diesen Begriss macht uns d?r Apostel davon, indem er schreibt: „Traget allzeit euer Anliegen Gott in einem dankvollen Gebethe vor." (Phi¬ lipp. 4. Kap.) „Haltet in dem Gedeihe an, und wacket in demselben mit Danksagung." (Seyd aufmerksam b?y eurem — ( 22s ) — eurem Gcbcthe; und wenn ihr Gott um Wohlthatev bittet, so danket ihm zugleich für die bereits empfan¬ genen.) (Koloss. 4-Kap.) Hieraus folget, daß wir we¬ nig Bethformcln nothwendig haben. Unsre gegenwärti¬ gen Empfindungen und Bedürfnisse geben uns hinläng¬ lichen Stoff, ohne daß wir nöthig haben, auf Worte zu dcnkett. Der Heyland sagt: „Wenn ihr bethet, sollt ihr nicht viel plappern, wie die Heyden, denn sie mey- nen, sie werden um ihrer Wortmachercy Willen erhö¬ ret. Ahmet ihnen also nicht nach; denn euer Vater weiß, was ihr nölbiq habt, ehe ihr ihn bittet. Darum sollet ihr alw bechen: Barer unser u s. w" (Marth. 6. Kap.)-Dieses Gebtlh, welches Jesus gelehrer hat, fasset alle geistliche und leibliche Bedürfnisse samt der ganzen Anhängigkeit des Menschen von Gott in sich, und soll daher von dem Christen als das Muster seines Gedeihes angesehen wirken. — Auf diese Arc würde man auch die Gemchbücher entbehren können- Sollte der Christ dergleichen bedürfen; so wäre es ungefähr sich derselben unter der heil. Messe zu bedienen. Aber auch da finde ich keine Nothwendigkeit derselben. Hier- infalls bnvlge nur der Christ, was,ich oben vom pfarr- lichen Gottesdienste gesagt habe- r) Nothwendigkeit des Eebethes- Diese findet sich nicht auf Seite Gottes, denn er weiß schon unsere Bedürfnisse, und bedarf weder unsers Dienstes , noch einer bittlichen Vorstellung. Diese Nothwendigkeit ist bloß auf unserer Seite, denn wir bedwrsen einer stäten Verbesserung un- fers lnnern und äußern Zustandes, und find daher zur öfkern heiligen und vertraulichen Unterhaltung mit un- serm liebreichsten Darre verpflichtet. Darum fagt der heil. Paulus: „Bethet stets inbrünstig und anhaltend; wachet, berhkt und bittet für alle Heilige (Christen) und für mich. ' (Ephcs-6. Kap.) Z) Eigenschaften des Gedeihes. Diese sind: a) Lebhafter Glaube. Der Apostel lehret, der Be¬ weggrund unsers Gedeihes und unsrer Hoffnung scu der Glaube an Gott und Lesum Christum: „Denn es ist «in Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Men¬ schen , nämlich Jesus Christus;" d Timvth-2.Kap.) „durch welchen wir auch einen Zutritt (zu Gott) durch den Glauben an diese Gnade haben, darin wir stehen und uns rühmen der Hoffnung der Herrlichkeit der Kin¬ der Gottes. ' (Rom-5-Kap.) „Durch ihn, durch de» Glauben an ihn, haben wir die Frehheit und den Zu- O s tritt — ( 206 ) — tritt und die Hoffnung." (Ephes. z.Kap.) Endlich sagt der Hrpland: Wenn ihr den Diner eiwas m meinem Namen bitten werdet; jv wird er es euch geben." —- (Job 16. Kap.) b) Kindliches Vertraue». Den diesem sagt der Hey- land: „Wenn du bethest; so gehen dein? Kammer, und schiieß dir Thür zu, und bethe zu de,nem Vater im Verborgenen: und dein Vater, der das Verborgene sieht) wird dies vergelten." (Matth- 6. Kay-) lind sein Apostel sagt von dem Herhenden: „Er bitte mit Ver¬ trauen und zweifle nicht; denn wer da zweifelt, der ist gleichwie die Weilen des Meeres, die vom Winde be¬ wegt und hin und her getrieben werden. Darum bilde ein solcher Mensch sich nur nickt ein , das; er etwas von dem Herrn empfangen werde." (Jak. r. Kap.) Von der Kraft des Vertrauens auf Gott siegte der Heyland, als seine Apostel einen Teufel nicht auskreibrn konnten: „Wenn ihr Glauben (Zutrauen) habt, wie ein Senf¬ korn ; so könnet ihr zu diesem Berge sagen: Heb dich von hier dorthin;> so wird er sich heben ; und euch wird nichts unmöglich seyn." (Marth. 17- Kap.) Das näm¬ liche sagte er seinen Jüngern , als sie von ihm verlang¬ ten , er solle ihnen den Glauben (das Vertrauen- ver¬ mehren (Luk. 17. Kap.) c) Gänzliche Unterwerfung und Ergebung in den Willen Gottes. (Eine Eigenschaft, die gemeiniglich den Betheuden fehlt, denn sie verlangen, Gott soll das wollen, was sie wollen.) Wenn wir mit einer solchen Eiimniuug unsers Herzens bechen; dann können wir Rechnung machen, daß uns Gott erhören werde. Dee geliebte Jünger Jesu schreibt: „Wir haben auch dieses Vertrauen zu Gott, daß er uns in allem, was wir nach seinem Willen bitten, erhöret-" (iJvh. g.Kap.- Darum steht auch in der Brthsormel Jesu diese Bitte: Dein Wille geschehe — -l) Das Gebcrh besteht nicht bloß im Aeußerlichen; es gicbt auch ein innerliches Gedeih. J:de fromme Empfindung ist Grbrth. Daher sagt der Apostel, daß uns der Geist Gottes in allem unterstütze, und in uns Empfindungen gegen Gott erwecke, die nicht mit Wor¬ ten können ausgedrückt werden: „Desgleichen unter¬ stützt auch der Geist unsre Schwachheit. Denn wir wis¬ sen nicht, was wir beiden sollen; sondern der Geist bittet für uns mit unaussprechlichen Seufzern." "" (Röm, L. Kap.) e) Kürz? ( 207 ) es Kurze desGebethes- über öftere Wiederholung. Das Gebeth kann nur so lange andauern, als unser Herz bewegt ist. Daß aber dergleichen Bewegungen nicht lange anhalten, kann jeder fühlen. Das Gebet!) muß also öfters wiederholet werden. Um aber oft be- khen zu können, muß das Herz immer in einer gottse¬ ligen Fassung erhalten werden. Zum öftern und auf eine gewisse Art beständigen Gedecke ermähnet uns der Apostel: „Becher ohne Unterlaß." (r Theff. 5. Kap.) Eben dieses lehne Jesus in einem Gleichnisse, nämlich von der Wiltwe, die beym 'Richter nicht nackließ, bis er ihren Prozeß geschlichtet hatte, (Luk. r8- Kap.) Jesus wollte uns da lehren, daß wir nicht kleinnnttkig wer¬ den sollen, wenn wir nicht auf der Stelle erhöret n ro¬ den.— Wie muß nun aber unser Herz beschaffen segn» damit wir immer zum Gedeihe aufgelegt ichn mögen? Es muß ein reines Herz seyn, ein Herz voll Liebe ge¬ gen Gott und uniern Nächsten. Darum sagt der heil. Petrus: „Dor allen unterhaltet unter einander eine beständige Liebe: denn die Liebe bedecket die Menge der Sünden."- (iPekr.4 Kap.) k) Auch auf die äußern Umstände, nämlich des Ortes, der Zeit, der Stellungen und Gedährsen des ^Leibes muß Rücksicht genommen werden. An sich be¬ trachtet sind diese zwar beym Gedeihe gleichgültige Din¬ ge; indessen kann doch dadurch die Andacht befördert werden- — Ueberhaupt unser ganzes Leben soll ein immer¬ währendes Gebelh seyn. So ein beständiges Gedeih ist das erhabenste, wirksamste und seligste Gebelh. Dieses besteht aber nicht im Arußerlichen, sondern im Herzen, das immer bloß darauf gestimmec ist, Gottes Willen zu erfüllen, und das seine Berufsarbeiten immer gerne, genau und aus Liebe gegen Golt verrichtet- Weit ge¬ fehlt , wenn der Christ die Lehre Jesu: Man muss immer bethen und nicht anfhören, so auslegen woll¬ te, als wenn er statt seiner Berufsgeschäfte ein münd¬ liches Gebeth verrichten müsse. Dieß tharen gewisse Ke¬ tzer , die unter dem Namen Meffalianer in der Geschick), re bekannt sind: diese legten sich auf die Erde hin, streckten ihre Glieder zur Ruhe und Faulheit aus, be- rheteu und verlangten dann von den Vvrbeygehendm ein Allmosen. Ein solches Gebeth verabscheuet der All- gütige. — ( 228 ) — §. 2. S el b ft p r ii fn n g. Die Selbftprüfung ist eines der natürlichster« «nd kräftigsten Tugendmittel, ja das allernöthig- ste. Ohne Selbftprüfung, d. i. ohne Untersuchung und Beurtbeilung seines Sinnes und Wandels kann der Mensch nicht zur Selbftkemuniß gelan¬ gen ; und ohne Selbftkenntniß ist keine Wersh.it und Tugend möglich. Daher sagt Salomo : „Die Weisheit des Witzigen ist, daß er seinen Weg ver¬ stehet/' (Sprüchw. 14. K.) Und der Apostel sagt: „Wenn sich jemand düaken läßt, er scy etwas, da er doch nichts ist, der betrügt sich selbst. Ein jeder aber prüfe sein eignes Werk; und so wird er an sich allein Ruhm haben, denn ein jeoer muß seine eigene Bürde tragen " (wird wegen seiner eigenen Vergehungen im Gerichte Gottes hergenommen werden). (Gal. 6. K.) Die Selbftprüfung müsse also eines deiner wichtigsten Geschäfte ftyn. Wie jeder kommende Tag für dich ein neues Leben ist, zu dem du aus dem Schlafe, diesem Bilde des To¬ des , erwachest; so sollst du auch alle Tage eine ge¬ naue Prüfung deiner f lbst anstelle , um so mehr, da du als Christ in geistlichen Geschäften weit er¬ leuchteter ftyn mußt, als die klugen M nschcn in zeitlichen Dingen. Hält nicht der sorgfältigeHaus- vater und der Kaufmann täglich mit sich Rcch- «ung? — Wie soll nun aber dstfe Selbstprüfung beschaffe« ftyn? Davon habe ich schon im ersten Lheile mit dir geredet. Hier setze ich noch folgende Stücke hinzu, u) Die Absicht bey deinerSelbstprü- fmrg muß ftyn, deine eigenen Flecken zu entdecken — ( 209 ) — und zn bessern. Weit gefehlt , wenn du es jenem Pharisäer nachmachest, von d m der Hcylaud sagt, er hibe folgendes Gebeth zn Gott abgeschicket: „Ich danke dir, Gott, daß ich nicht bin, wie ande¬ re Leute, Raub.r, Ungerechte, Ehebrecher, ödes auch wie dieser Zollbedisnte da." (Luk. 18. K.) Zu dem Ende mußt du die Quellen und Absichten dei¬ nes Betragens auf'püren, auch jene Handlungen untersuchen, die andere an dir preisen. Vor al¬ lem mußt du auf das Ende sehen, zu welchem unsere Gesinnungen und Handlungen führen, b) Wende vorzüglichen Fleiß auf die Untersu¬ chung , wie weit du eS mit der Besiegung deines gewöhnlichen Gebrechen nnd besonders deines Lieblingsfehler gebracht habest, und erneuere als- denn Leinen Vorsatz hauptsächlich gegen deine Ge- wohnheitssüude. e)Strlle nicht nur täglich,sondern auch zu andern Zeiten, wo es deine Geschäfte erlau¬ ben, eine besondere und allgemeine Selbftprüfung an; dadurch wirst du deinen Fortgang oder deins Abnahme in derTugend erkennen,und in denStand gefttzet werden , mit verdoppeltem Elfer an deines sittlichen Besserung zu arbeiten. 6) Laß es aber bey Liefer Srlbstprüfung nicht bewenden, sondern ver¬ füge dich auch zu dem Seelenarzte, den Jesus dazu bestimmet hat, daß er nicht nur im Namen Got¬ tes dich von deinen Sünden losfprechen, sondern auch die zweckmässigen H-ilungsmittel vorschrei- ben solle. Weit gefehlt, wenn du das Vekenntniß deiner Sünden vor dem Priester für eine Martes anstehst, da eS vielmehr das kräftigste Mittel ist, dich gegen fernere Fehltritte zu verwahren. Z-Z. — ( 210 ) — §- Z- EittgeZogenheir. Ss unnütz und widersinnig die vorhin be¬ schriebene Emsisdelsy ist, so nothwendig ist von der andern Seite eins vernünftige und christliche Eingezogenheit, oder die Vermeidung jedes weit- läuftigen Umganges mit denen, dir uns eigentlich nicht angehören. Wer sich äusser der Pflicht seines Amtes jedem Menschen zum Gesellschafter auf den Hals wirft, und an allen Vergnügungen und Zu¬ sammenkünften Theil nehmen will; der genießt feine Tage wie ein immerwährend Trunkener, be¬ hält keine Zeit für seine Pflichten übrig, und füh¬ ret im Grunde ein plagevolles Leben. Zwischen Ungeselligkeit und Eingezogenheit darf der Unter¬ schied nicht verkannt werden. Nicht jede Eingezo¬ genheit , nicht jede Abgeschiedenheit von der Welt ist pflichtmäffige und fromme Stille. Hierüber Hast du die Lehre des Apostels vernommen, da von der Einsiedelei) die Rede war. Temperament, verdrüßliche Laune, Stolz, Erwerbsucht und das Alter sind größtenthsils die Beweggründe zur Ein- siedeley. Die vernünftige und christliche Eingezo¬ genheit widmet im erheischenden Falle ihre mem schrnfreundlichen Dienste der ganzen Welt, und verschließt sich nur in einen kleinern Kreis gleich- denkender, edler Seelen, damit sie für ihre Ver¬ vollkommnung mehr Zeit gewinnen möge. In die¬ sem Stücke gab uns IesuS ein schönes Vcyspiel. Immer hielt er sich beym Volke auf, aber zu ge¬ wissen Zeiten war er allein, um sich mit dem Gö- beths z t r a k, is t- o- n- tv h- w- rs- el. ze- Ss- — ( 2H ) — bethe zu beschäftigen. (Joh. 6. K.) Diese Eingezo¬ genheit ist nicht nur Klugheit des Christen, der sich vor allen Gefahren seiner Seele in Acht nimmt, sie ist auch Pflicht. Denn es ist Pflicht, all das zu vermeiden, was je für uns ein Stein des An¬ stoßes ist. Wie oft ist es nicht das Weltgetümmel? Wie oft sind es nicht die rauschenden Gesellschaf¬ ten , die aus Leuten von so entgegengesetzter Denk und Lebensart bestehen? Recht sagte jener Weise: „So oft ich unter Menschen war, kam ich als ein minder vollkommener Mensch zurück.' Beherzigen Ließ jene, der-n ganze Beschäftigung oder ganzes Leben fast nichts ist, als Besuche abstatten, und Besuche annehmsn. §. 4. Oeffentlicher Gottesdienst Der öffentliche Gottesdienst ist Pflicht für den Christen, wie du schon oben vernommen hast. Er ist aber auch zugleich ein kräftiges Mittel, uns zur Tugend anzueifern. Der Mensch ist nicht blos Geist, sondern ein Wesen vermischter Natur, be¬ darf auch äusserlicher und fühlbarer Dinge, wo¬ durch sein inneres Gefühl für Religion und Tu¬ gend gestartet werde. Dazu dienet vorzüglich der äusserliche Gottesdienst. Dieser ist ohnehin nicht sowohl wegen Gott, als wegen uns angeordnet. Sein Hauptzweck ist unsre eigene Erbauung. Denn hiehcr gehöret vorzüglich die Ermahnung Jesu : „ Lasset euer Licht vor den Menschen leuch¬ ten.' — Und in der That, dec von der Gemeine angestimmte allgemeine Gesang macht frohe und heili- — ( 2IL ) — Heilige Gefühle rege; die öffentlichen Predigte» machen kräftigen Eindruck auf uns, und ermun¬ tern unS zu Tugendübungen; das Veyspiel from¬ mer Nebenmrnschen, ist es mcht ein mächtiger Sporn zu gleichen Tugeudhandlungen ? Diese Lek¬ tion mögen besonders die beherzigen, die so selten dem öffentlichen, d. i. dem Pfarrgvttesdienste, beywohnen, und sich mit ihrer Privatandacht be¬ gnügen. Es ist dieß keineswegs nur der Mißbrauch mancher Katholicken, die in Städten wohnen, wo sie an den geheiligten Tagen eine nicht gar wohl halbstündige Meffe nach ihrerGcmächlichkeit gleich¬ sam erschnappen, sich wenig um den feyerlichen Gottesdienst bekümmern, und nicht an die Erbau¬ ung denken, die sie sich und ihren Mitmenschen schuldig sind; nicht all in, ich wiederhole es, der Mißbrauch mancher Katholicken, wie uns die Pro¬ testanten vorwerfen, unter denen ein angesehener Gelehrter die Messe einen Gottesdienst für Faul¬ lenzer nannte, sondern auch ein Mißbrauch, der bey den Protestanten eingeriffen ist, wie sie selbst klagen , daß man bey ihnen die Predigten öfters als Formalitäten ansehe, und glaube, sich selbst predigen zu können. — Wiewohl wie kam ich zu dieser Anmerkung? Ich hätte bedenken sollen, was der h. Paulus sagt: „ Was gehen mich die draussen an, daß ich sie richten sollte ?" (l.Kor. 5. K.) Ja: ich bedachte eS, und setze auch keine Bemerkung bey, als diese, daß die Moralisten von beyden Religionen Ursache haben, die Pflicht des öffentlichen Gottesdienstes ihren Glaubensge- rryssen ejnzuschärfen. §. s- r e .2 v st !S st >ie >r. ns en cht gr- — ( 2IZ ) — §. s- Genuß der h. Abendmähler. Das k. Abendmahl ist ein Sakrament der christlichen Religion , dessen Genüsse der Heyland die Erhaltung unstrs geistlichen Lebens zuschreibt. Dir Kirche befiehlt auch den Christen, dasselbe we¬ nigstens einmal im Jahre zur österlichen Zeit auS der Hand ihres Seelsorgers zu empfangen- — Ich betrachte aber hier dieses Sakrament nicht in dieser Rücksicht: denn das weiß der Christ schon aus dem katechetischen Unterrichte hinlänglich. Ich betrachte jezt den Genuß desselben hlos als Tu¬ gendmittel ; und so betrachtet nenne ich es die vor¬ zügliche Nahrung und Stärke unserer Tugend aus folgenden Ursachen, a) Das h. Abendmahl erneu¬ ert bcy uns das Andenken der unendlichen Liebe Jesu gegen uns, und ermuntert unS daher zu ei¬ ner eben so thätigen Liebe gegen ihn und gegen un¬ sere und seine Mitbrüdcr. Denn was ist das heil. Abendmahl anders, als das Andenken jenes O- pfcrs , welches er am Kreutze für uns dargcbracht hat? Daher sagte Jesus bey dec Einsetzung des¬ selben : „ Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; dieß thut zu meinem Gedächtnisse." (Luk. 22. K. u. i.Kor. ii. K.) Und Johannes , da er die Geschichte des Abendmahls erzählet, beginnet mit diesen Worten: „Wie er die Seinigen ge¬ liebt hatte, so liebte er sie bis ans Ende." ( Joh. rz. K.) b) Es vermehret unsere Gcmüthsruhe; denn weil cs bas Andenken und die Wiederholung jenes blutigen Kreuzopferö ist, so ist cs das Pfand Grunde, d.Msr. P unserer — ( 214 ) — unserer zukünftigen Seligkeit. Es gehöret also al¬ les kicher, was dis Schrift von den Wirkungen und Folgen des blutigen Kreuztodes Jesu sagt, nämlich / daß Gott „Jefum zu einem Versökm- opfer durch den Glauben an fein Blut vorgestellet Habe." (Röm. z. K.) Daß wir durch fein Blut gevechtftrtiget scyn." (Röm. s.K.) Daß wir in jhm die Erlösung durch sein Blut, nämlich dis Vergebung der Sünden, haben." (Eph. i. u.Kol. i. K.) „ Daß diejenigen, die seinen Leib und sein Blut geniessen, das ewige Leben haben.' (Joh.6. K.) c) Damit uns aber diese Vortheile zu Theile werden, müssen wir dieses Sakrament mit der gehörigen Vorbereitung, die jeder meiner Leser schon ans dem katechetische» Unterrichte weiß, und öfters, empfangen. §. 6. Rechter Gebrauch der Herl. Schrift. Go wie unser Körper' der Nahrung bedarf, um entweder seine natürliche Stärks zu erhalten oder zu befestigen ; eben so hat unser Geist seins Nahrung nöthig. Wo wird er sie aber besser fin¬ den , als in der h. Schrift, die das erste und voll¬ kommenste aller Erbauungsbücher ist? Der heil. Pabst Gregorius nennet sie einen Brief Gottes an seine Geschöpfe. Was ermuntert den Sohn mehr zur Tugend, als ein liebreiches Ermahnungsfchrei- ben seines Vaters? Uiberhaupt versichert uns Gott, der Urheber dieses Buches , daß das Lesen dessel¬ ben ungemein beförderlich für -je Tugend sey. Der h. Pau- — ( 217 ) — h. Paulus schreibt seinem lieben Jünger: ,, Ms von Gott eingegebene Schrift ist nützlich zur Lehre, zur Besserung, zur Straft, zur Anleitung , zur Gerechtigkeit (zu einem tugendhaften Leben), daß der Mensch Gottes vollkommen in den Stand ge¬ setzt wird , alle gute Werke zu erfüllen." (2. Tim. z.K.) Daher sagt eben dieser Apostel: „Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist die Kraft Gottes zum Heile allen Gläubigen; denn darinn wird die Gerechtigkeit GotteS auS dem Glauben qeoffenbaret." (Röm. i.K.) Und in Wahrheit, je öfters man darin ließt, desto mehr wird mau aus dieser unerschöpflichen Quelle bereichert. — Es ist ein Jrrthum, wenn man glaubt, die gütige Mutter, die Kirche, habe uns das Bibellesen untersagt. DasKoncilium zu Trient hat zwar hierüber ein Verboth ergehen lassen, eS brtrift aber nur Thcils die Uiberfttzungen der h. Schrift, Theils die besondere Stimmung der Le¬ ser. Zu jenen Zeiten gab eS Uiberfttzungen, in de¬ nen manche Stellen auf Irrlehren hingedrehet waren. Diese verboth es den Layen zu lesen, nicht aber Uiberfttzungen, die von guten Katholiken ge¬ macht waren. Auch geht dieß Verboth nur dieje¬ nigen an, die ohne ein gutes Herz, aus Vorwitze, aus Streitsucht oder aus andern bösen Absichten , dieses h. Buch lesen wollen. Die Kirche wünschet es vielmehr in den Händen aller Christen zu sehen. Die ersten Christen lasen es auch als ihr gewöhn¬ liches Lesebuch, theils um sich mehr zu unterrich¬ ten , theils Trostgründe für sich in den Verfolgun¬ gen zu suchen. Zu diesem letzten Endzwecke dienet P s es — s 2l6 ) — ks vorzüglich , wie uns der h. Paulus ver sichert: „Alles , was geschrieben ist, das ist uns zur Leh¬ re geschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung habe«." (Rom. i s.K.) Aus der ersten Absicht dir h. Schrift zu lesen, leh¬ ret uns besonders das Beyspiel der Einwohner von Beröa, von denen Lukas schreibt: ,, Diese waren edler, als die zu Thsffalonich ; die nahmen das Wort ganz begierig auf, und erforschten täg¬ lich in der Schrift, ob sichs also verhielte. So glaubten uuu viele aus ihnen , und nicht wenigs adeliche Heyden, Männer und Weiber." (Apostg. 17. K.) — Den Christen waren die Bücher der Heyden unheilig , und verderbliche Schriften oh¬ nehin verkochen. Schön ist dasBeyspiel der Gläu¬ bigen zu Ephesus : „Viele, welche magische Kün¬ ste getrieben hatten, brachten die Bücher zusam¬ men , und verbrannten sie öffentlich, und über¬ rechneten ihren Werth, und fanden des Geldes fünfzigtausend Drachmen." (nach unserer Münze über 6oOQ Thaler.) (Apostelgesch. 19. K.) Die h. Schrift war das Buch der Christen ; in diesem la¬ sen sie öfters, nebst dem, daß in den gottesdienst¬ lichen Versammlungen ein Stück aus der Bibel vorgelesen wurde, wovon bey uns die sogenann¬ ten Episteln in der h. Messe noch ein Uiberbleibsel sind. Dieser Eifer erhielt sich bey den Christen, so lange sie noch die Sprache verstunden, in der dieses Buch geschrieben, oder in welche es übersetzt war. Würde doch zu unsern Zeiten dieser Eifer wieder regel Wie manche Christen würden durch Lesung dieses Buches gebessert werden? Den» welches ( 2l7 ) — welches Buch ist wohl fähiger, den Christen zu er¬ bauen, als dasjenige, welches aus Eingebung Gottes und unter Anleitung des h.Geistes geschrie¬ ben ist? — Aber wo find dis guten ^Übersetzungen für den gemeinen Mann? Und soll der gemeine Mann alle Theile der Bibel ohne Unterschied le¬ sen? Ich antworte kurz. Der Studierte, der eben keine Profession von dem Lehramts zu machen Hst, kann sich nnt der Vulgata begnügen, und zum leichtern Verstände derselben sich der Kvmmcnta- ricn Kalmets und Maldouats bedienen. Der Un- studirte nehme entweder Uibersetzungen eines Ro- stckino oder Brentano, oder Huschers Uebersetzung des neuen Testamentes. Ueberhaupt rathe ich den Unstudierten nicht alle Bücher, besonders des alten Testamentes, zu lesen; oder wenn er sic ließt, muß er wohl bedenken, daß nicht alle Beyspiele, die darin erzählet werden, auch nachgsahmet wer¬ den dürfen. Also der Christ soll die heil. Schrift lesen. Was wird nun aber zum ächten Gebrauche dersel¬ ben erfordert? Folgende Stücke, u) Kluge Wahl der lehrceichesten, kräftigsten und jedesmaligem Zustande heilsamsten Stellen. Darum soll der Un¬ studierte das hohe Lied des Salomo , Lis Prophe¬ ten und dis Offenbarung des Johannes überschla¬ gen , weil ec den Sinn dieser Schriften weder er¬ reichen, noch daraus auf sich eins nützliche Anwen¬ dung machen wird, b) Man lese mit vorläufiger Versammlung des Geistes, so wie man jcdcs Buch lesen muß, wenn man Nutzen davon haben will. Der Heiland lehret uns dieses in dem Gleichnisse P Z von — ( 218 ) — von dem Saamen, der auf eine gute Erde fiel: „Das aber auf die gute Erde fiel, sind die, so das Wort hören (oder lesen) und es in einem guten ,md redlichen Herzen behalten, und in Geduld (all- mählig) Frucht bringen/' (Luk. 8. Kap ) e) Man lese mit Verstand und Einsicht, und im nöthigen Falle mit Hülfe eines guten Kommentars, ci) Man lese mit Aufmerksamkeit und Ehrfurcht; denn d v Inhalt ist nicht Menschenwort, sondern das Wvöt Gottes, e) Man wende das Gelesene zugleich auf seine Gesinnungen und Handlungen an. Durch diese Anwendung wird uns das Gelesene erst über¬ zeugend und angenehm werden. Denn der Hcyland sagt von seiner Lehre: „Meine Lehre ist nicht mein, sondern dessen, der mich gesandt hat. Wenn jemand desselben Willen thun will; der wird inne werden, ob diese Lehre von Gott scy , oder ob ich von mir selbst rede. " (Wer meine Lehre vollzieht, der ist im Stande, von der Göttlichkeit derselben zu urthei- len.) (Joh. 7. K.) Daher sagt auch der h. Jakob : „Seyd Lhater des Wortes, und nicht allem Hö¬ rer, und betrüget euch nicht selbst. Denn so jemand nur ein Hörer des Wortes ist, der gleichet einem Manne, der sein natürliches Angesicht Lm Spiegel beschauet. Denn nachdem er sich beschauet hat; geht er hin und vergißt, was er gesehen hat. Wer aber recht hinein sieht, und darin verweilet, und kein vergeßlicher Hörer, sondern ein Thäter des Werks ist, derselbe wird durch sein Thun selig seyu." (Jak. i. Kap.) — Hier sollte ich noch hin- zuseyen, welche .Bücher nebst der heil. Schrift der Christ noch lesen solle. Aber es scheint mir «nnö- — (219 ) — thig zu ftytt. Wer Muss hat, wird in den gelehrte» Anzeigen und Littsraturzcitungen diejenigen be¬ nannt finden , die seinem Stande angemessen sind, und zu seiner Erbauung dienen können. Der Un- studierte hat genug an dem, was ich bereits ge¬ sagt habe. §. 7- Betrachtung des Todes. Betrachtungen überhaupt sind ein kräftiges Tugendmiktel. Denn das Nachdenken über wichti¬ ge Wahrheiten , die lebhafte Vorstellung' unsrer Bestimmung und Pflichten und die daraus für die Zukunft genommenen Maasregeln (dieses zusam¬ men genommen heißt eigentlich betrachten) , muß gewiß uns in der Tugend stärken, gegen fernere Fälle bewahren, und folglich ein kräftiges Tugend¬ mittel seyn. Du würdest also , mein Christ, wün¬ schen, daß man dir eine allgemeine Anleitung gebe, wie man Betrachtungen anstelle« müsse. Allein in dieser Sache kömmt es mehr auf praktische als theoretische Regeln an. Ich setze also hier ein Mu¬ ster an, wie du über den Ted Betrachtungen an¬ stelle« sollest. Daraus kannst du alsdenn leicht se¬ hen, wie du über andere Wahrheiten deiuer Reli¬ gion nachdenken sollest. — Also Betrachtung des Todes. —Die Men¬ schen scheuen die Todesbetrachtung, denn sie halten den Tod für das traurigste aller menschlichen Schicksale, und für ihn daher als ein Ungeheuer. Wie «»gegründet aber ist diese Furcht ? Furcht ist eine Empfindung, die aus der Vorstellung ciueS P4 künftigen — ( 220 ) — künftigen Uebclö entsteht. Dem Menschen ist keine Vorstellung vom Tode angebohren , so kann ihm auch keine Furcht vor dem Tode angebohren seyn. Ein Mensch , der nie einen Sterbenden gesehen, und nix etwas vom Tods gehöret hätte, würde an der Entkräftung des höchsten Alters gewiß sehr ruhig und ohne Furcht entschlafen. Weinende Ge¬ sichter , schwarze Farben, das Scharrerhafte des Leichengepranges haben die Furcht des Todes er¬ zeuget. Wevalfo ein Kind dafür verwahren und veranstalten könnte, daß es beym ersten Anblicke eines Verstorbenen Freudenlieder hörte, fröhliche Menschen sähe, und aus ihren Mienen und Wor¬ ten den Glückwunsch an den Tobten über dessen Befceyung von den Mühseligkeiten dieses Lebens und über seinen Uebergang zu einem bessern Leben vernähme; kurz, wenn man einem Kinde gleich das erstemal den Tod in einer freudigen Gestalt zeige- te; so würde die vermeynte natürliche Furcht sich bald verlieren, und die Todesbetrachtung eine der angenehmsten Beschäftigungen ft-yn. — Wohlan, so laß uns denselben aus dem rechten Gesichts¬ punkte betrachten. Ich behaupte nämlich, diese Betrachtung sey eins der woblthätigsten. Denn sie leistet folgende Stücke, u) Für die Lasterhafte» ist sie ein mächtiger Antrieb zur Bekehrung, indem sie uns die Ungewißheit desselben vor Augen stellet: „Darum so wachet: denn chr wisset nicht, welche Stunde der Herr kommen werde.' (Matth.24.K.) Man lese von diesem Verse an dieß ganze Kapitel und auch das folgende, b) Sie ist für die Gerech¬ ten die nachdrücklichste Warnung zur stäten Wach¬ samkeit — ( L2I ) — samkeit über sich selbst, nach dem Wunsche desApo stels : „Er, der Gott des Friedens, heilige euch ganz, auf daß euer Geist und Leib ganz rrntadel- haft auf die Zukunft unssrs Herrn Jesu Christi erhalten werde." (i Thess. s. Kap.) Diese Vorftel- lung muß dem Gerechten jene Wahrheit unver¬ geßlich machen, daß „der gerechte Richter einem jeglichen nach seinen Werken vergelten, und zwar denen , die durch Standhaftigkeit in guten Wer¬ ken Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit suchen , das ewige Leben ertheilen werde.' (Röm. 2. Kap. > c) Für jene Gerechten, die mit widrigen Schicksa¬ len zu kämpfen haben, ist sie ein labender Vorge¬ schmack der reichlichsten Entschädigung und ewi¬ gen Belohnung, wovon sie folgende Zeugnisse aus der heil. Schrift haben : „ES kömmt die Stunde, in welcher alle, die in den Grabern sind, die Stim- medeS Sohnes Gottes hören werden; und es wer¬ den hervorgehen, die Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens." (Joh. s. Kap.) „Ich Mn die Auferstehung und das Le-en. Wer an mich glaubet, der wird leben, ob er schon gestorben wä¬ re ; und wer da lebet, und an mich glaubet, der wird nicht sterben in Ewigkeit." (sein leiblicher Tod wird für ihn nur ein Uebergang zur seligen Unsterblichkeit feyn). (Joh. n.Kapit.) Diesen Trost gicbt auch der Apostel den Gerechten in sei¬ nem ersten Briefe an die Korinther, dessen fünf¬ zehntes Kapitel vom 20. Verse an verdient mik aller Aufmerksamkeit gelesen zu werden.-- So muß der Christ den Tod betrachten. Was kann ihm nun furchtbar seyn? Die körperliche Auflös P s lung? — ( 222 ) — firng? Gewißlich nicht. Entweder stirbt er eines gewaltsamen oder natürlichen Todes; der erste ist augenblicklich, und bey dem andern ist das Gefühl -er Auflösung durch die vorhergehende Krankheit allmälig abgestumpfet und erträglich gemacht. — Die Trennung von Freunden und Angehörigen ? Auch nicht. Der Tod verursachet nur eine kurze Scheidung, und versetzet uns in einen unendlich besseren Zustand, wo wir ohne Furcht der Tren¬ nung mit ihnen ewig vereinigt styn werden. Dieß war der süße Trost, den Jesus seinen Jüngern in der Nacht vor seinem Leiden zum Unterpfands hinterließ: „Ihr seyd voll Traurigkeit, ich aber werde euch wieder sehen, und euer Herz wird sich erfreuen, und eure Freude soll niemand von euch nehmen." (Joh. 16. K.) >— Die Trennung von unfern Glücksgütern ? Aber eben diese ist tröstlich für uns. Durch den Tod verwechseln wir nur irdi¬ schen Staub gegen ewige Schätze, und geniessen alsdann die Früchte unserer zeitlichen wohl ange¬ wandten Güter. — Die Ungewißheit unstrs Zu¬ standes in jener Welt? Allein eben diese Bangig¬ keit ist ein Beweis unstrs wachenden Gewissens, welches uns eben ermahnet, wie v orthUlhaft für ' , unsere Moralität der Gedanke des Todes sty. In¬ dessen mache uns auch diese Hinsicht in jene Welt bange, so haben wir doch wieder auf der andern Seite aufmunternde Gründe, aus denen wir ei¬ ner glücklichen Ewigkeit entgegen sehen können. Wir haben ja an Gott deu lübreichesteu Vater, dessen Erbarmnisse über alle seine Werke gehen, und an Jesu einen Mittler, der uns von der knech¬ tischen ( 22Z ) —' tischen Furcht des Todes erlöset hat. Von ihm sagt der Apostel: „ Nachdem die Kinder Fleisch und Blut haben, ist er gleichfalls derselben thrjshaftig geworden , auf daß er durch den Tod die Macht nähme dem , der des Todes Gewalt Hat, d. i. dem Teufel, uud dicjsnigen erlösete, dir aus Furcht vor dem Tode lebenslang Sklaven waren." (Hebr. 2. K.) Diese Furcht benimmt uns der Apostel fer¬ ner dadurch: So findet nun weiter keine Ver¬ dammnis an denen statt, die in Christo Jesu find, die nicht nach dem Fleische wandeln." (Röm. 8- K.) Und der Heyland sagte ja: „ Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir nach; und ich gebe ihnen -as ewige Leben, und sie werden nicht verderben ewiglich , und nie¬ mand wird sie aus meiner Hand reiss n. Das , was mir der Vater gegeben hat, ist grösser, als alles; und niemand kann sie ans meines Vaters Hand reissen." (Joh. iv. K.) — Endlich kann nicht der rechtschaffene Christ bry seiner Auflösung sich der Worte des Apostels bedienen? ,, Die Zeit meiner Auflösung ist vorhanden. Ich habe eine» guten Kampf grkämpfet, ich Habs den Lauf voll¬ endet, ich bin treu geblieben. Mbrigens ist mir dis Krone der Gerechtigkeit aufbewahrt, welche mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage geben wird. — Der Herr wird mich von al¬ lem Bösen erretten , und mir in sein himmlisches Reich helfen - welchem sey Ehrs von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen." (2. Tim. 4.,K.) V e r z e i ch n i ß der abgehandetten Materien nach dem Alphabete. Abendmahl Aeltern Allmoftngebeu Anbethung GotlcS Andacht Andächkeley Arbeitsamkeit Barmherzigkeit Bekenntnis! der Religion Besserung -- Begriff -Nothwendigkeit -.-Stufen Billigkeit Bruderschaften Dankbarkeit Deumkh Diebstahl Dienstbothen Duell .... A. Seite -rz rill ° - . - . iSz La .70 - . - . . 199 .. B. 164 7S 44 44 46 46 i6r :oz 62 i6e.< 184 -55 E. p. Patriotismus . . 174 Pflicht ......... IZ -- Kollision ...... 16 R. Regenten ........ 187 Religionsduldung.192 , S- nftmuth ....... ^ 167 ^^WMHrist — Gebrauch ...... 214 ^Srele ......... 98 ' Selbstbeherrschung.94 Selbstliebe 92 Selbstmord ........ ivz Eelbstprüfung 208 Selbstderläugnung ...... 195 Strenge — übertriebene ..... 94 Sünde ........ -z —°— verschiedene Arten ..... 4S T. Lvb -- Betrachtung - - Todtschlaz ..... Tugend ..... —— christliche . . . . v. Verderbe» — erworbenes - natürliches . . - -Folgen . . . . --Hülssmittrl Derehlichte, unglückliche Vergnügungen . . . . Verstorbene Vertrauen auf Gott . . . . Unterthanen w. Wahrhaftigkeit Wallfahrten - . . . Wiedererstattung . ° . Wohl des Nächsten . . . , -geistliches , . . . -leibliches ° . . . Wohlthätigkeit . A. Zärtlichkeit - . . . - . Zurechnung einer Handlung