k a i b a ch e r. W o ch c n b l a t t zum Nußen und Vergnügen. Nro. 27. Freytag den 7. Iuny. 1315. Nähere Umstände über die Haupturheber des Complottes wegen Bo-napaltes Rückkehr nach Frankreich. »^aum waren drey Monats seit Wiedereinsetzung der Bourbons auf den Französisch«, Thron verstoßen, als die Republikaner ihre Unzufriedenheit an den Tag 1 legten , und die Verschwörungen gegen die ! Regierung der Bourbons begannen. Car-not, Fo'uche und Thibaudeau faßten zuerst den Plan, sie zu stürzen. Sie versammelten sich gewöhnlich bey Tallien, der wegen der Gicht das Zimmer hüten wußte. Obwohl diese Leute "unter Bo-navarte Stellen bekleidet hatten 5 so lieör ten sie doch weder ihn noch sein System, und noch weniger seine früheren Minister und Günstlinge, und wünschten daher gar nicht seine Rückkehr. Inzwischen konnte man auf keinen Fall etwas ohne die Armee unternehmen, wo er, wie man glaubte, viele Anhänger haben würde. Um sich von der Sache zu überzeugen, bediente man sich her Generäle Fressmet und Excelmans, die man republikanisch gesinnt glaubte. Diese wünschten jedoch nichts sehnlicher als Bonaparte's Rückkehr. Da man sah, wie die Armee gestimmt sey, gab man den Gedanken auf, dem Herzog von Orleans direkte oder indirekt te Vorschläge zu machen, oder eine republikanische Regierung einzuführen. Hierauf wurden den Freunden Bonaparte.s Eröffnungen gemacht; Thibaudeau erhielt diesen Auftrag; er fieng damit an, Fom-che mit Röderer und Savary auszusöh^ nen. Dann wurden nach und nach unvers merkt mehrere Freunde Bonaparte's in's Geheimniß gezogen, und im Sept. wurde der Plan zum ersienmahle Bonaparte mitgetheilt. Ein junger Mensch, Namens Harel, der unter Bonaparte's Regierung Auditeur beym Staatsrath gewesen, und nachher zum Präfekten ernannt worden war, erhielt diese« Auftrag. Bonaparte zeigte sich, wie zu erwarten war, sehr geneigt, zurückzukehren. Als seine Freunde dieß erfuhren, waren sie darüber so erfreut, daß sie ein großes Gastmahl von 1Z0 Gedecken bey Dery im Pasais Ro? yal veranstalteten." „Das erste, womit man sich beschäftigte, war, sich Geld zu verschaffen. Emn? baceres, Fouchs und Savary, die sehr reich sind, machten auf der Stelle grosse Vorschüsse, welche an Carnot abgeliefert wurden den man zum Schatzmeister ernanns te. Man suchte die Gesinnungen der Mar< schalle zu erforschen. Massena, Soult, Suchet und Ney vereinigten sich nicht nur allein mit den Perschwornsn, sondern lieferten auch bedeutende Summen Geldes. Ttzibaudeau ward ms Ausland geschickt; er durchreiste Italien, die Schweiz, Deutschland und die Niederlande. Er hatte Confersnzen mit General Bertrand zu Neapel und Florenz. Murat war damahls schon mit im Geheimnisse. Lu-cian und Joseph Bonaparte hatten sick erboten, bedeutende Summen vorzufthies-seu." Im Monat Dezember suchte man die Gesinnungen der Soldaten in ganz Frankreich zu erforschen. Sobald man sie kannte , wurden die Verschwornen verwegener. Am meisten zu verwundern ist, daß der General - Polizeydivektor, Herr Dandre, oft zu Tallien kam, und sehr vertraut mit ihm war. Er befand sich solchergestalt, ohne es zu wissen, im Brennpuncte der Conspiration, wo er häufig den exaltirtesten Bonapartisten und Iacobinern begegnete, welche oft scherzhafter Weise zu ihm sagten: „Murds'der König Bo, „naparte'n wohl erlauben, seine Freunde „in Frankreich zu besuchen?" worauf der-„selbe erwiederte: „O! er wird mit und „ohne Erlaubniß nach Frankreich kommen, „wenn er es zur Wiederherstellung seiner Gesundheit fur nöthig hält." Der größte Theil des Winters verfloß mit Anstalten, welche die Verschwornen zu Altsführung ihres Planes fur nöthig hielten, bis endltch Bonaparte am ;. März in Frankreich erschien, und die augenblicklichen Fruchte eines lange vorbereitetenVer-raths erntete, der ihm zwar den vorübergehenden Besitz eines Thrones, den er nur allzulange mit seiner Herrschast befleckte, verschaffte, aber zugleich einen um so tieferem>F^ll bereitet hat, als der-Frevel unerhört ist, durch dcn er, wenn auch für noch so kurze Zeit, neuerdings zur Herrschaft gelangte! Napoleons Haß gegen den Pabst. Gegen Niemand trug vielleicht Napoleon einen bitterern Haß als gegen den Pabst Pius den Siebenten, die bisher wenig bekannte Veranlassung hiezu war folgende: Als sich nämlich Napoleon zum Kaiser hatte wählen lassen, lud er den Pabft dringend ein, den Einweihungsakt in Paris zu vollziehen. Der heilige Väter lehnte dieses ab, und erhielt darauf eine so drohende erneuerte Einladung, daß cr sich veranlaßt sah, die Sache dem Kar-dinalkollegio vorzulegen. Dieses riech, zur Vermeidung größerer Unfälle, zum Nachgeben, und Pius, der dieses voraus gesehen hatte, übergab dem Kollegio in einem verschlossenen Kapsel sein Testament, mit der Bestimmung , es zu öffnen, wenn er nicht ü's zu Ende Februars wieder m Rom seyn sollte, und reiste darauf nach Paris , wo er die KcSnung vollzog. Wahrend seines Dortigen Aufenthalts wurde ihm der Vorschlag zu einem neuen Konkordat gemacht, durch dessen Annahme er auf die weftntlichjlen Gerechtsame des römischen Stuhls üoer die gallikanischo Kirche verzichtet haben würde. Pius wies den Vorschlag mit Festigkeit zurück, und verlangte Reisepässe. Diese wurden ihm Anfangs in schmeichelhaften Ausdrucken und zuletzt mit der Drohung verweigert, daß er sie nicht eher erhalten^ und in Frankreich zurückbleiben würde bis er die Vorschläge angenomnieu hätte. Hierauf verlangte der Pabsi eine Pnvat-Audienz bey Napoleon, worinn er ihm zu seinem Erstaunen erklärte, daß, wenn er nicht zur rechten Zeit in Rom wäre, die ganze Welt erfahren wurde, daß er nicht von dem Oberhaupte der Kirche, sondern nur von einem Mönch gesalbt worden sey. Er habe nämlich seine Resignation auf die päbsiliche Wurde verschlossen dem Kardinalskollegium mit der Bedingung übergeben, das Dokument darüber zu öffnen, wenn er länger, als bis Ende des Monats Februar abwesend bleiben würde, auch zur Gichersiellung seiner letzten VMensmeinung gleichlautende Abschriften au die Höfe von Wien und Madrid zu senden. Der erwünschte Erfolg dieser alle Drohungen Napoleons lähmenden Erklärung konnte nicht ausbleiben, die Reisepässe wurden sofort aus-gefertigt, der Pabst kehrte nach Rom zurück, und Napoleon trug von der Stunde an den bittersten Haß. gegen den heiligen Vater in seinem Innern. Neue Einrichtung bey Bekanntmachung des Todesurtheils. Der Großtzerzog von Darmstadt hat, in Erwägung, daß die gleichbaldige Bekanntmachung erkannter Todesstrafen auf den Geist? und Gemuthszustand der Ver-brecher oft sehr nachtheiligen Einfluß hat, die Menschlichkeit aber erfordert, daß die Strafe d:s zum Tode Verurtheilten nach geschehener Bekanntmachung in der kürzesten Zeicsrist vollzogen werde, unter an-derm verordnet, die Erkenntnisse auf Todesstrafen nicht dem Inquisiten selbst, sondern seinem Defensor zu eröffnen, und erst dann, wen« von dem Großhers zog die Bestätigung des Urtheils ode» Begnadigung des Verbrechers erfolgt ist, soii diesem das Erkenntniß eröffnet werden. Fränkische Redensarten. Wenn man einen Bauer in Franken fragl; warum er noch nicht gcheyrathet habe, so antwortet er vielleicht: „Gehey-rathet habe ich schon, aber noch nicht Hochzeit gemacht," weil heyrathen bey ihm so viel bedeutet, als verloben. Fragt man weuer: warum er nicht bald Hoch« zeit mache, so erwiedert er wohl: „ich haöe meine Hausfamilie (d. h. die Mö-bcls) noch nicht beysammen, und das Weibsbild ist noch sehr liederlich (krank)." Wird er eine große Hochzeit ausrichten? „Ach nein, die Zeiten sind schlecht, ick bitte blos meine gröbsten (vertrautesten) Freunde, und da Sie so ein niederträchtiger (leutseliger) Herr sind, so nehme ich mir die Gnad, Sie auch zu inveu^ tirsn (invitircn)." Sprachbemerkung. In unserer urlebendigen Sprache ha> bcn bekanntlick die Weiblaute 2, e, j, u , u, — je nach dcm bestimmenden Sprachton, - an sich noch verschiedene Bedeutnisse ; was aber gar nicht bekannt, und dabey noch schwerlich in einer der Nachbar-Sprachen sich wiederfindet, ist, daß eines der mattesten Mcnschenwörttr, in ihr durch alle diese fünf Laute sich wandelnd , immer auch ein eignes, gesetzlich bestimmtes Bedeutniß annimmt. ^)as altdeutsche Atta,' Vater, gestaltet aus si ch die isländische Edda, Mutter; dann die altschwäbische, noch im baierischen Gebirge befindliche Ida, Tochter, Mädchen; ferner den Otto, vormals den kräf tigen Sohn, Stammhalter des Hauses; und endlich die Utta, Alt-Mutter, ehemals Benamung alter Frauen, und wahrscheinlich auch den Udo, Utto, dem alten, zur Weibesschwäche entkräfteten Mann. Die Wandelung des männlichen r. in das'! der weiblichen Namen, ist ebenfalls malerisch. Besonderer Fall hon der Anhänalich-keit eines Wolfes an den Menschen. Ein französischer Oberst von der Garde gab vor ungefähr einem Jahre einen Wolf in die Menagerie zu Paris. Der Oberst gmg mit Napoleon nach Elba, kam mit ihm zurück, und besuchte vor t'migen Tagen in seiner Gesellschaft den Pfianzengarten. Der Wolf erkannte ihn, machte heftige Bewegungen und wollte zu seinem ehemaligen Herrn. Auf dessen Aufforderung öffnete der Thierwärter das Behältniß und das dankbare Thier stürzte auf seinen Wohlthäter, und suchte ihm durch tausenderley Liebkosungen seine Erkenntlichkeit zu bezeigen. — (Es scheint, daß in Frankreich die Wölfe ein besseres Gedächtniß für empfangene Wohlthaten haben, als die Menschen.) Schauderhafte Begebenheit. Am iy. April d. I. erschlug ein Wirthschafter , zu Engelsberg, einem Städtchen in Schlesien, nachdem er Abends spät nach Hause gekommen war, sein hoch« schwangeres Weib; hierauf ermordete er seine Schwiegermutter und seine zwey eigenen Kinder, ein Mädchen von 7 und einen Knaben von 8 Jahren. Letzterer lebte noch nach Aussage des Mörders, beynahe vier Tage, wahrend welcher Zeit sich der Bösewicht zu Hause aufhielt, und den um seine Familie forschenden Nachbarn erzählte, sie wäre nach Vogelssei-sen (einem benachbarten Dorfs, seines Weibes Geburtsort) gegangen- Aber eben dieser Todeskampf des Knaben rührte des Vaters Herz. Er vermochte es nicht länger an seinem Sterbelager auszuhalten ; warf die Gemordeten in die Kammer , bedeckte sie mit Stroh , sperrte seine Wohnung zu und ging so in der Irre vier Tage lang umher. Endlich kam er in das Dorf Klein - Morau, ging zu einer seiner Freundinnen, und erzählte dieser sein ganzes Verbrechen mit dem Bedeuten, solches der Obrigkeit anzuzeigen. Diese eröffnete den Vorfall dem Pfarrer, welcher auch sogleich nach Engelsberg Bericht erstattete; in der Zwischenzeit war aber der Mörder wieder entsiohen. Nun ward die Thüre seiner Wohnung in Engelsberg in Beyseyn einiger Gerichtspersonen eröffnet, die Leichnatzme, welche bereits 3 Tage daselbst lagen, gesun« den, und den 23. April in vier Särgen zur Erde bestattet. Der Mörder stand während des Leichenzuges auf dem sogenannten Annaberg , nahe an der Stadt, und sah der Bestattung zu. Von hiergieng er auf Carlsdorf (bey Klein-Morau) stellte sich selbst vor Gericht, klagte sich als den Mörder seiner Familie an, und verlangte verhaftet zu werden. Nachdem er vor Gericht sein Geständniß wiederhohlte, wurde er nach einigen Verhören am 9. May nach Troppau abgeführt. Verschiedene Umstände machen es wahrscheinlich (und es ist zur Ehre der Menschen-Natur wänschenswerth) daß eine Geisteszerrüttung die Quelle dieses vierfachen Mordes gewesen sey.