^/N F O. ^»843^ Sinngedicht. Hv^it vierzig Jahren ist der Vcrg erstiegen, Wir stehen still und schau'n zurück, Dort sehen wir der Kindheit Stille liegen Und dort der Jugend lautes Glück. Noch einmal schau, und dann gekräftigt weiter Erhebe deinen Wanderstab! Hin dehnt ein Vcrgesrucken stch, ein breiter, Und hier nicht, drüben gehc'6 hinab. Nicht athmend aufwärts brauchst du mehr zu ftcigcn Die Ebne zieht von selbst dich fort; Dann wird sie sich mit dir unmerklich neigen, Und eh, du'ö denkst, bis du im Port. Fr. Nüclert. Vaterl n n d ifch e s Ersteigung des Orimoux in den Steiner-Alpen. Eme kleine Mittheilung über die Ersteigung dis (3riut0U2 dürfte dcn Freunden unseres schönen AlpenlandeS nicht unwillkommen seyn. Sie lautet wörtlich: 12. August 1838. An diesem Tage endlich bestieg ich die Steiner Alpen, dcren Besuch ich, ungeachtet ihrer Nähe und meines steten Vorhabens, nicht früher vornahm, wie man wohl gewöhnlich das Naheliegende vernachlässigt und das Ferne emsiger sucht, andererseits aber auch mancherlei Hindernisse dagegen waren. __ Mit meinem Freunde K. kam ich gestern von Laibach/ über d'aS zwischen Bergen eingeklemmte Städtchen Slcin, durch die wilde, malerische Thalschlucht dcs Feistrizbachcs, am Ursprünge desselben an. Nach einigen Stunden Ruhe in der Eagcmeister. Hütte begannen wir, unter Führung des mit Erfrischungen wohl bcladcncn Holzaldcncls Anton Hillar, die Elsteigung in der Richtung nach dcm höchsten Gipfel dcr Alpe, den Ki'mloux,. Es war trei Uhr Morgens; Mond und Etclnc lich- teten hcll, und eine frische belebende Gcbirgsluft schwellte die Brust. Während einer Stunde zogen wir in einem dichten, mit kleinen, freien, von blühenden Hcraclecn duftenden Grasplätzen abwechseln« den Walde, durch welchen das Mondlicht magisch flimmerte, sachte aufwärts, und gelangten an das trockene Bett eines Bcrgstrcmcs, in wclchcm man, da hart an beiden Seiten dichtes Gebüsch und starrende Bergwände das Umgehen hindern, von Stein zu Stein mühevoll emporklettern muß. Stunde und Stunde verrinnet, endlos scheint der beschwerliche, wilde Pfad, über dcn sonst brauftnde Wasser stürzen. Die Sonne war aufgegangen; man zeigt einen ti.fen Gebirgscinschnitt, wo hinaus es geht; er scheint nicht fern, leicht durchstiegt das Auge den Raum, indeß Fuß und Hände in wcchsclwciser Hilfeleistung erst nach mehrstündigen Anstrengungen hinschleppen. Man steht an einem sogenannten Sattel zwischen dcr Xlmlsckna ^or» und eincm Ausläufer dcs 6riMou2, welcher rechts hoch in die Luft ragt; dieser Sattel scheidet die Voralpc Hloki-ina vom (lrintouL. Eine gefällige Aussicht in das jenseitige Kankerthal lohnt einstweilen für die bestandene Ar< bcit; dcr Blick rückwärts fällt in dcn düstern Schlund, aus welchem man herausgekrochen kam. — Kalk ist die Bodenbildung ohne Ausnahme, und selbst die ticfcn Einrisse deS Fcistrizbaches decken kein anderes Gestein auf. An seltenern Pflanzen fand mein Freund, ein eifriger Jünger Florens, außer dcn gewöhnlichen unserer Alpen, — unter welchen nuch Laien das Mlocloc^nlli-ou, die 8il«ü6 5., N)080lI« n., im-mcr so lieblich ansprechen, da sie durch ihre lebhaften Farben das Auge ergehen, — nur die Oamzia-iniw L0)'8ii und 8ilxil'i'n^a nplulw. — Nach eunr kurzen Nast sctztcn wir uns wieder in Bcwcgung; cs war acht Uhr. Einen zackigen Mücken hinan, der si'ttwärts schrcff abstürzt, ging es largftm und be-huisüM wcitcr. Um die sanfteste, eil^'g cisieigdale 154 Absenkung des lxrlntou?. zu gewinnen, mußt« man «ine schneegefüllte Thalung passiren, diese zu erleid chtn, einen gähen Felsenabhang auf einer schmalen Leiste überschreiten. Es geschah. Hier verrieth uns fallendes Gerölle die Anwesenheit von Gemsen, und wirklich ward uns das seltene Vergnügen, zwei der» selben in fluchtigen Sprüngen oie Einthalung quer hin und zurück eilen zu sehen, wo sie dann über einer Höhe verschwanden. Mein rüstiger Genosse drang nun rascher vor; ermüdet und von der heißen Sonne, deren Strahlen auf dem nun ganz kahlen Gestein glühend zurückströmten, gequält, folgte ich langsam dem Führer; öfter sank ich nieder, um das laut schlagende Herz zu stillen, und den Durst mit Schnee zu beschwichtigen. Endlich, endlich erreichte ich die Spitze, auf welcher mich K. schon slit einer Stunde erwarrete. Es war Mittag gewor» ten. Die vorhergegangene schlaflose Nacht, die ungewöhnliche Anstrengung und die Hitze hatten mich erschöpft; ich warf mich auf den Steinen nieder und schlummerte, indeß eine wohlthätige Hand meinen Mantel auf den Alpenstäben zum Schutze gegen die stechende Sonne über mir ausspannte. — Als ich die Augen aufschlug, streifte mein Blick »om schwarzblauen Himmel nördlich bis zum bleichen Horizont meder, welchen im weiten Halbkreise die norischen Alpen begrä'nzten. Welch ein Anblick! Wie damals vom ^ri^I»u, der in voller Reinheit nahe zur Lmken alle Höhen überragt, trübte kein Wölkchen die Aussicht. Der Glockner, im frischen Andenken vom jüngsten Besuche, der Watzmann, der Thor, und Dachstein treten über alle Alpenzüge mächtig hervor; das Gewühle der steyermärkischen und kärntnerischen Alpen liegt zu unsern Füßen. Ich erhob mich, um den Süden zu durchforschen, der Höhenrauch aber trübte die Gegenden; nur der Schneeberg und der Nanos Innerkrains ließen sich in matten Umrissen ausnehmen. Mit dem Fernrohre das Land in einer immer engern Spirale umkrei» send, durchlief der Blick die heimathlichen Thäler, «nd traf endlich auf den Standpunct selbst. Westlich die wild zerspaltene Kotseim», östlich zunächst d»e 3e,llla, dann weiter die LriM5 und Osli'i/.xn, ztia,cn in reißender Verwitterung ein schi-eckhafccs BUd der Zerstörung; tiefe Nisse, Bergblü'che, schauer-.lichc Schlünde gähnen umher, und drohen die Ver-N'lgcneu hiliabzuzichen. Man tritt scheu zurück. Nun erst nahm ich dcn engen Naum der Spitze wahr, auf der ich mich befand; es sind nur einige Schritte, cin Windstoß wiift dich hinunter; doch nur leise l'ilfcchel: umspielen uns kühlend, und trieben z«r. stäubte Wolkenschlei?r um uns her, die von tlN Schneefeldern aufflogen und höher sich zertheilten. Beruhigt kann man sich dcn Betrachtungen über" lassen, zu welchen ungewöhnliche Momente im L<» ben stets aufregen, und hat das Auge die Gegen* stände um sich her sattsam beschaut, dann wendet sich der Blick auch Igern nacb Innen. — Da ge» denke ich immer des Ausspruchs unseres verehrten Vest, in seinen Mittheilungen über das kärntner^ sche Hochland: Der Mensch soll das Hochgebirg und das Meer, diese erhabenen Naturbildcr, gesehen ha< ben; er soll Zeuge gewesen seyn von dem Eintritt« seines Mitbrudcrs in die Wclt, und von dem Scheiden aus derselben — gewiß, solche Scenen müssen entscheidend auf die Gestaltung des Charakters wi»< ken, denn cs bedarf solch mächtiger Erschütterungen, bis dieß kleine, schwache Wesen in Demuth di« Hand auf daSHerz legt, und das unselige Hemmniß der Veredlung, die Eitelkeit abstreift. Da sieht man nur nach zwei Richtungen: unter sich das Grab, ober sich Gott, — und all das nichtige Treiben, in welchem wir t>as kurze Daseyn so unwürdig v<»< bringen, erscheinet fahl und eckel. Wohl mit Un< recht tadelt Man daher ähnliche, wenn auch zuweilen mit Gefahren verbundene Alpenreisen, in soweit sie nicht zu wissenschaftlichen Zwecken gemacht we»-dcn. Mag immerhin der Physiker, der Mincraloge, der Botaniker in diesen, außer dem gewöhnlichen Bereiche unserer Thätigkeit liegenden Höhen sein« Beobachtungen mit Nutzen anstellen; die Kräftigung des Körpers durch eine lebhafte, dauernde Be< wegung beim Gcnussc dieser reinen Luft sey auch Andern vergönnt, und die Erhebung der Seele im Beschauen einer großartigen Natur, die Bereicherung unserer Phantasie mit seltenen, prachtvollen Bil-dcrn, so wenigen zugänglich, — mögen jene Vor-theile wohl aufwiegcn, ich möchte sagen, überwi^ gen, welche die vielleicht einseitige Verfolgung einer Wissenschaft gewähret; denn der Adel, die Heiligung unseres Geistes, unseres besten Theileö, ist dem Nutzen jener Bestrebungen vorzuziehen, die gewöhnlich nur den behaglichen Genuß eines vorüber gehenden Daseyns bezielcn, äußerst selten aber phi« losophischen Forschern zum Stufengange einer ho-Hern Entwicklung und Erkenntniß dienen, obgleich sie cs können und sollen. Man kann daher empfang» lichen Gemüthern derlei Wanderungen dringend ei,,' pfehlen; dieß thut auch j^'ner gefeierte Mann, des, scn Worr mich zu vorstehenden Betrachtungen lei-tcte. Dem das schätzbare Geschenk eines rüstigen Köip.rbaueS zu Theil würd, der steige also immer' 155 hm die Alpcnfürstcn hinan, und erfreue sich an ihren herrliche Blumen, auch ohne sie zu zerfasern Und «n Herbarien einzupressen; schaue die aben-theuerlichen Felsgebilde, ohne sie zu bchämmern, genieße die bezaubernde Fernsicht, auch ohne mit zahl. losen Metren und Instrumenten Messungen und Beobachtungen anzustellen; begegne aber den mci» fiens übertrieben geschilderten Gefahren mit Beson«-uenheit, er wird sich für die Mühewaltung reich belohnt fühlen, und sich für spätere Tage eine rei» zende Erinnerung begründen. — Wir verweilten drei heitere Stunden auf der luftigen Stells. Allmählig streckten sich Schatten in die Tiefen und mahnten zur Heimkehr. Mit dem Gefühle von Wehmuth, mit welchem man von Jemanden ohne Hoffnung des Wiedersehens scheidet, traten wir den Rückweg an. Dieß ist immer die schlimmere Aufgabe bei Alpenreisen. Abgesehen davon, daß man einen Theil der Kraft beim Aufgange zugesetzt hat, ermüdet das Absteigen auch mehr durch dln schweren Stoß auf die Füße, bei ungewissen Tritten, und der Uebcrgang aus der frischen, stä'r« kendcn Höhenluft in die Schwüle der Thäler. In-lassen ging eS bis zum Sattel gut; auch war unS die Abfahrt üdcr eine Schneelähne, welche auf eine höchst komische.Weise all.n Dreien mißlang, eine sehr ergetzliche Episode dieser Unternehmung, und gab viel zu lachen. Aber der weitere Weg, die Was-ferrisse hinab, in welcher wir theils auf losem Gerölle abrutschten, theils von FclSblock zu Felsblock uns niederließen, war kaum mehr zu besiegen. Wir rathen daher Nachfolgern, den Uoi-«««n) Anna Mal'ia Dalle-Donne, die Sonne zum letz, ten Male auf, und mit jener ward unser Bologna einer seiner Ichönsten Zierden beraubt; denn diese berühmte Nachfolgerinn der Manzolini und dci Bassl hatte cs »n seinem alcen Glänze und AnO hcn auch dadurch erhalten, daß sie die Schar jener ausgezeichneten Frauen vermehrte, die durch den Nuf lhrer tiefen wissenschaftlichen Kenntnisse ,cS, je.-, . derzeit berühmt machten. Diese ausgezeichnete Dame, Professorinn der Geburtshilfe an der Univcrsi» tät Bologna, und Mitglied der ^cen^omia dw-lliuiull, war, bei all' den seltenen Gaben ihres G^i» ,. stes und Herzens, von einer außerordentlichen Bescheidenheit, And so wie sie im ärztlichen Facht er^ c.'llirte, besaß sie äußerst gründlich dle lateinische Sprache, in welcher sie auch mehrere schr elegante Gedichte zurück ließ. Im Jahre 1800 trug sie öf^ fentlich auf der Universität Bologna vor, und ver» theidigte mit ungcmeinem Veifalle Thesen aus der Philosophie, Medicin und Chirurgie, und nach einer abermaligen öffentlichen Disputation erhielt sie daselbst den Dcctorgradus und das Mitglieds »Diplom. AlsNapole 2 n durch Bologna reisce, fühlte cr sich von dem Wissen und von den sonstigen hervorragenden Eigenschaften der Dame Dalle-Don-n e so betroffen, daß cr die Lehrkanzel der Geburts. Hilfe, in welcher dieselbe sich später so vielen Ruhm erwarb, eigends für sie stiftete. St. Verleger: Ignaz Alois Edler v. Kleinmayl.