Der Apostel Petrus. Nach dm Mittheilungen der heiligen Schrift. Laibach 1834. Druck von Lgna) v, Kleinrrrayr s- Fcdor Aamberg. An den fruchtbaren Ufern des fischreichen gali¬ läischen Meeres (oder Sees Genezareth) lagen zu Jesus Zeiten zahlreiche, wohlbevölkerte Städte und Dörfer, deren arbeitsame Bewohner nch eines blü¬ henden Wohlstandes erfreuten. Auf der Westseite des Sees, am Ausfluß eines Baches, lag Bethsaida (auf deutsch: Fischhauscn) in Galiläa, ein ansehnlicher Ort, der ursprünglich aus einem Fischerdorfe ent¬ standen war, wie denn auch damals noch die Fischerei eine Hauptbeschäftigung und Hauptnahrungsquclle seiner Bewohner bildete. In diese Gegend wandte sich der Heiland zunächst, als er mit der Botschaft von der nahe bevorstehenden Erscheinung des Gottes¬ reiches auf Erden zuerst öffentlich auftrat, und aus den Bewohnern Bethsaida'S wählte er nicht weniger als fünf seiner Apostel, nämlich: Petrus, Andreas, Jakobus, Johannes und Philippus, von denen die vier ersten: — über Philippus erwähnt die heilige Schrift in dieser Beziehung nichts — ihrem Beruf nach Fischer waren. Doch waren es gerade diese vier Männer, — zwei Brüderpaare: Petrus und An¬ dreas, die Söhne des Jona, Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebcdäus,— welche die hervorragend¬ sten und bedeutendsten unter den unmittelbaren Schü¬ lern Jesus von Nazareth wurden und (ohneAndreas) 2 den engsten, vertrautesten Jüngerkreis des Herrn bildeten, aus welchem auch nach des Herrn Tode noch Petrus und Jobanues (mit Jakobus dem Jüngern, dem Sohn desAlphäus) als „Säulen," d.h.Stutzen und Häupter der jungen christlichen Gemeinschaft ge¬ nannt werden. Der erste unter diesen, Simon, gewöhnlich Petrus genannt, erscheint in allen Apostelaufzäh- lungen der heil. Schrift als der erste, und war, wie schon gesagt, ein Sohn des Jona (d. i. Johannes), und gleich seinem Bruder Andreas ein Fischer. Mit¬ ten aus der Beschäftigung seines Berufes, in welcher er auf das Wort des Herrn nach langer vergeblicher Arbeit so reichen Ertrag fand, daß dadurch sein Herz zu tiefer Rührung bewegt wurde, ward Simon von Jesus zur erhabenen Thätigkeit eines Menschen¬ fischers, zur Jüngerschaft und zum Apostelamt beru¬ fen, und verließ auf diesen Ruf mit seinem Bruder Andreas freudig nicht nur Geschäft und Schiff, son¬ dern auchHaus und Weib, um dem Herrn zu folgen, den er von nun an durch alle wuchtigen Ereignisse seines öffentlichen Lebens treu begleitete. Don Anfang an bekannte Simon die Uebcrzeugung, daß Jesus sei Christus, der verheißene Messias, des lebendigen Gottes Sohn, und empfing von diesem dafür den anerkennenden Beinamen Kephas (syro-chaldäisch) oder Petrus (griechisch), d. h. Fels, weil die von ihm bekannte Ueberzeugung der feste Grund des christlichen Glaubens, der Felsengrund ist, auf wel¬ chen das Gottesreich auf Erden erbaut ist. Zugleich empfing er das — nicht lange nachher auch den übrigen 3 Aposteln und der Gemeinde ertheiltc —> Versprechen der „Schlussel des Himmelreichs," d. h. das Recht, auf Gruud solchen Bekenntnisses in die christliche Gemein¬ schaft aufznnehmcn und von derselben ausznschließen- Auch verschmähete der Herr bei einer später» Anwesen¬ heit zu Bethsaida nicht, in der nieder» Fischerhütte des Petrus einznkehre», bei welcher Gelegenheit er die daselbst gerade krank daiüederliegende Schwieger¬ mutter seines geliebte» Jüngers vom Fieber heilte. Als einer der vertrautesten Jünger des Herrn wurde Petrus — mit Jakobus und Johannes — von diesem auch zu den Begebenheiten hinzugezogen, deren unmittelbare Zeuge» die übrigen Junger nicht waren. So durfte er bei der Auferweckung der Toch¬ ter des Jairns gegenwärtig sein. Bald darauf finden wir ihn auf dem See wandelnd und sehen, wie er im Kampf mit de» Welle» die rettende Hand des Mei¬ sters ergreift. Als später der Herr seinen Schülern mitthcilte, welchem leidcnsvolle» Lebensende er ent¬ gegengehe, ließ Petrus von seiner heißen persön¬ lichen Liebe zum Herrn sich bewegen, ihn von solchem Leiden abzumahnen und ihn zu bitten, seiner doch schonen zu wollen, worüber ihn jedoch der Herr hart tadelte, weil solche menschliche Liebe mit dem Willen Gottes und der rechten Selbstverleugnung nicht in Einklang stehe. Wenige Tage darauf aber machte der Herr den Petrus — mit Jakobus und Johannes — zum erstaunten Zeugen seiner Verklärung, ließ durch ihn in Kapernaum den Zinsgroschen für sie Beide zahlen, und belehrte ihn in Folge seiner besondern Anfrage über die Pflicht der steten Bereitwilligkeit 4 zu liebevollem Vergeben- Petrus erscheint also fort¬ dauernd sowol in den geistig-höchsten, wie auch in den alltäglichsten Lebensereignissen Jesus als der un¬ verändert treue Schuler, Begleiter uud Diener seines Meisters. Noch ausgezeichneter ist die Stellung, welche Petrus in den letzten Tagen des Lebens und Lei¬ dens des Herrn einniinmt. Petrus uud Johannes wurden von Jesus beim Beginn des Osterfestes aus Bethanien nach der Stadt (Jerusalem) gesendet, um das Osterlamm zu bereiten- Und als der Herr, nach¬ dem er jenes festliche Ostermahl mit seinen Jüngern genommen und das Abendmahl als ein feierliches Gedächtnißmahl seines Todes eingesetzt hatte, sich nun anschickte, wie den übrigen Jüngern, so auch dem Petrus die Füße zu waschen, da wollte dieser im Gefühl seiner Stellung, als des Jüngers zum Meister, solches nicht zulassen, bis er die hohe Be¬ deutung dieser Handlung begriff und dann mit war¬ mem Eifer derselben sich zu unterwerfen einwiliigtc. Eben so erklärte er in feuriger Weise, dem Herrn überallhin folgen, sich an ihm nicht ärgern, sondern sein Leben für ihn lassen zu wollen, indem er, sich selbst zu viel vertrauend, in seiner innigen Liebe zum Herrn es nicht für möglich hielt, selbst in den schwer¬ sten Versuchungen, diesen zu verlassen. Aber schon in Gethsemane, wohin Jesus bei anbrechender Nacht mit seinen Jüngern gegangen war, schlief Petrus, wie Jakobus und Johannes, — welche Drei Jesus mit sich tiefer in den Garten genommen hatte, wäh¬ rend er die übrigen Jünger zurückbleiben ließ, — 8 vor Müdigkeit ein, denn der Geist war willig, aber das Fleisch war schwach. Kanin waren die schlafenden Jünger vom Herrn erweckt, als durch das Dunkel der Nacht der Verräther Judas mit einer bewaffneten Schaar bei Fackelschein sich näherte, nm Jesus ge¬ fangen zu nehmen. Da, von Liebe und Zorn ent¬ brannt, zog Petrus das Schwert, um seinenHerrn zu vertheidigen und verwundete Einen aus der Schaar, steckte aber sodann auf Befehl des Herrn sein Schwert wieder in die Scheide. Mit den übrigen Jüngern ent¬ floh, von Furcht getrieben, endlich auch Petrus, kehrte jedoch wieder um und folgte seinem gefangenen Meister von ferne bis in den Palast des Hohepricsters. Indem er im Hofe deS Palastes den Ausgang des von dem Hohepriester mit Jesus eingestellten Verhörs abwarten wollte, und bei der Nachtkälte an dem dort angezündeten Reistgfeuer sich wärmte, wurde er von den Dienerinnen und Andern, besonders auch an seiner Aussprache, als Galiläer und Jünger Jesus erkannt; er aber ließ sich verleiten, dreimal zu be- theuern, daß dieß nicht der Fall sei und er den Men¬ schen nicht kenne. So erfüllte er, was Jesus voraus¬ gesagt hatte, daß nämlich Petrus in jener Nacht, ehe der Hahn krähe, ihn dreimal verleugnen werde. Als nun aber der Hahn krähete und Jesus sich um¬ wandte und einen herzdurchdringenden Blick auf seinen schwachen Jünger warf, da erinnerte sich Petrus der Worte seines Meisters, verließ in Gewissensgual und Reue den Hof des Palastes, ging hinaus und weinte bitterlich. — 6 Jesus war am Kreuze gestorben und von seinen Freunden wegen des anbrechenden Festtages eilig in's Grab gelegt worden. Schmerzliche Trauer, tiefe Weh- niuth erfüllten dieHcrzen seinerAnhänger undJünger, aber wol bitterer noch war die Reue, die Petrus im Herzen trug. Da ließ der in's Leben zunickgekchrte Herr am Morgen des ersten Festtages durch die Jün¬ gerinnen, die zu seinem Grabe gegangen waren, seine Auferstehung dem tief bereuenden Petrus besonders melden. Welcher Trost für diesen! Nun konnte er ja den Herrn wegen seines Vergehens um Vergebung bitten. Eilig lief er zum Grabe, aber siehe! es war leer, und der Herr war nirgends zu finden. Dennoch im Laufe desselben Tages zeigte sich der Anferstan- dene dem Petrus allein zuerst vor den andern Jün¬ gern. Mit diesen war Petrus noch öfter Zeuge der Erscheinung des Heilandes und endlich auch der Him¬ melfahrt. Auf seinen Vorschlag wurde sodann an Stelle des Judas Jscharioth einem andern Augen¬ zeugen des Lebens, Leidens und Sterbens, wie der Auferstehung Jesus, Dienst und Apostelamt übertragen, und so durch Matthias die Zwölfzahl ergänzt. Als nun bald nachher, am Tage der Pfingsten, die Jünger einmüthig versammelt waren, trat Pe¬ trus als gottbegeisterter Redner im Namen aller auf mit der Predigt von Jesus, dem Gestorbenen und Auferstandenen, dem Herrn und Christ, und gewann durch seine Rede bei dreitausend Seelen für das Mes¬ siasreich. Da ging des Herrn Wort in Erfüllung; der Fischer Petrus war zum Menschenfischer gewor¬ den und begründete durch seinen reich gesegneten 7 Fischzug den ersten Anfang der christlichen Kirche. Auch späterhin wirkte er unausgesetzt und äußerst thätig für die Verbreitung des christlichen Glaubens, besonders in Gemeinschaft mit Johannes. Zwar hatte er mit diesem dafür Gefangenschaft und Mißhandlung zu erdulden, allein sein Zeugniß von Christus, als dem alleinigen Heilande der Menschen, verstummte nicht und die Kraft seiner Worte, wie die von ihm ausgehenden wunderbaren Krankcnheilungen und Thaten wendeten immer mehr Herzen zum Glauben an Jesus den Messias. Nachdem Philippus, einer der sieben ersten Diakonen, das Evangelium von Jesus Christus in Samarien verkündigt hatte, wurden Petrus und Johannes von den Aposteln dorthin gesandt, um diese neuen Bekenner im Glauben zu stärken und zu vollenden. In gleicher Thätigkeit reiste Petrus, begleitet von seiner Frau, durch Judäa, Samaria, Galiläa, — nach Lydda, Joppe, Cäsarea, wo er überall durch Wort und That für Ausbreitung der christlichen Lehre wirkte. Obwol er das Evange¬ lium zunächst nur für die Juden bestimmt glaubte, so kam er auf diesen Reisen (in Joppe) doch zu der Erkenntniß, daß Gott das Volk und die Person nicht ansiehet, sondern die Rechtschaffenheit und Frömmig¬ keit des Herzens, und nahm demzufolge selbst (in Cäsarea) vom heil. Geist erfüllte Heiden durch die Taufe in die christliche Gemeinschaft auf. Darüber in Jerusalem von einigen, noch streng an die jüdischen Sitten sich haltenden Brüdern gescholten, verthei- digte er seine Handlungsweise nachdrücklich. Bei einer größern Verfolgung der Jünger in Jerusalem unter 8 dem König Herodes Agrippa (um d. I. 44) wurde Petrus, wegen seiner Verkündigung des Evange¬ liums von Christus, in's Gefängniß geworfen, jedoch ans demselben und der drohenden Todesgefahr wun¬ derbar gerettet. Noch in derselben Nacht verließ er aber Jerusalem, wo er erst bei der großen Apostel¬ versammlung (im J. öv) wieder erscheint, bei welcher er durch sein Ansehen und Zeugniß die unbeschwerte Aufnahme der gläubigen Heiden in die christliche Gemeinschaft zur Geltung brachte. Zuletzt finden wir den Apostel Petrus in An¬ tiochien, wo er mit dem Apostel Paulus znsammen- traf, der ihn bereits früher (im I. 36), um seine Bekanntschaft zu macken, in Jerusalem besucht hatte, und bet der erwähnten Apostelversammlnug mit ihm uud den übrigen Aposteln übereingekommen war, daß diese den Juden, Paulus aber den Heiden das Evan¬ gelium predigen solle. Nach der von ihm früher ver¬ tretenen, freier» Ansicht lebte Petrus mit den meist aus dem Heidenthum herstammenden Christen in An¬ tiochien, bis er nach Ankunft einiger Schüler des Jako¬ bus aus Rücksicht auf diese plötzlich sein Benehmen änderte und auch Andere veranlaßte, nach strenger jüdischer Weise zu leben, wodurch er sich einem strengen Tadel von Seiten des Apostels Paulus aussetzte. — Weiteres über das Leben und den Tod des Apostels Petrus erzählt die heil. Schrift nicht, die übrigens zwei von ihm — angeblich in Babylon — geschrie¬ bene Briefe enthält.