Beilage zur Laibacher Zeitung. ^U 43. Vierter Jahrgang. 3V. Oktober KHSV. Herbststille. M'ic schreckt mich doch die tiefe Stille Im Wald und auf den: Wiescnplan. Kein Vogel singt, cö schweigt die Grille, Keiu Lüftchen hebt zu rauschen an. Die Sonne nur zieht goldne Saiten Von Berg zu Berg, von Baum zu Baum, Und durch die Niescnharfe gleiten Viel süße Lieder, wie cm Traum. Und leise sinket von den Zweigen Der Bäume, Blatt nm Blatt herab. So stirbt die Ingcndlust in Schweigen, /"Z , So sinkt die Hoffnung in daö Grab. O dieß crinnrnngsuollc Klingen! Dieß stille, traurige Vcrgch'n! Ich hörte lieber Sturmcöschwiugcn Wild rauschend durchö Gefilde wch'n! Hoch oben. Nouellette. ^3?s war ein lauer, lieblicher Sommerabend. Ich sah von dem alten Kastrich (das ehemalige eaöli'mn luinunum) sinnend und träumend hinab auf die Stadt Mainz. Sie lag schon in der Dämmerung, nur die Thürme ragten noch frei und klar empor in die hellere Luft. Weithin schweifte daö Auge nach dem Odenwald, der rechts in der Ferne slch ausdehnte; vor mir lag der Taunus. Ein leiser Nebel umzog die Bergketten, uur die höchsten Spitzen schimmerten noch in einem eigenthümlichen Dust, der zwar nicht mit dem Glühen der Alpen zu vergleichen, aber für den, der jenes gesehen, wie ^ eine Ahnung, wie ein Traum jenes wunderbaren lichten ! Roth um die Gipfel der Berge mahnt. Fernhin wie einen ! weißen Nebelstreifen, sah das Auge, wenn es von den Höhen herab zur Ebene nch senkte, den Main und eine aufsteigende dunkle Dampfwolke, die aus einem Ncmorqueur, der wohl die Nacht durch nach Köln noch Schiffe schleppen sollte, auf« stieg, zeigte mir den Lauf des Rheins. In einem duftigen Schleier lag links tief unten Wiesbaden, nur die Kuppeln der Kapelle blitzten hie und da im Reflere des Abendroth hell durch die neblige Hülle. Während ich wieder nach der Stadt und ihren Thürmen hiinmtersah, blieb mein Auge an dem nächsten, mir zur rechten — ich glaube, es ist der Stcphansthurm, haften. Mir war, als müßte an ihn irgend eine Geschichte sich knüpfen. Ich sann nach. Da hörte ich aus der benachbarten preußischen Kaserne den Appel schlagen, vorüber an dem Wege schritten hastig ein Paar Soldaten, besorgt, sie möchten zu spät zur abendlichen Ablösung kom« men. Nun war es mir mit einem Male klar und eiue Geschichte tauchte empor in meinem Innern. Ich mußte diese Geschichte einmal gehört haben, wanu, wie uud von wem, konnte ich mir nicht entsinnen. Oder war es wirklich nur ein neckisches Gespenst meiner Phantasie? — Da drüben, es muß wohl viele Jahre her sein, hoch oben in den kleinen Gemächern des Thurmes wohnte der alte Thürmer, der lebte allein mit seinem jungen, schönen Töchtcrlein, die hieß Nanni. Nur selten kam sie aus dieser hohen Region herab in die Menschcnwelt, denn der Vater hielt sie streng an zum Spinnen uud Nähen und zur Besorgung des kleiucn Haushalts. Da er überdem ein kalter, finsterer Mann war, und die Menschen nicht leiden mochte, im Gegentheil sich gefiel in seiuem Einsiedlerleben da oben, wo ihn kein Nachbar besuchen, kein Geräusch der Straße in seinem düstern Sinnen störe», konnte, so hielt er auch die schöne Nanni fern von den Menschen uud ließ sie, wie gesagt, nur höchst selten und wenn be« sonders nöthige Geschäfte es verlangten, herab in die Stadt. Was man an Lebensnütteln, Holz :c. in den kleinen Haushalt brauchte, das wurde in einem Korbe, den man vermittelst einer Nolle herabließ, von unten herauf gezogen an's Fenster und da hereingenommen. Er sprach wenig mit sei» ner Tochter, uud wenn er mit ihr sprach, so war es nur, um seinen Haß über die verderbte böse Welt zu äußern uud immer wiederholte er der Tochter, wie alle Menschen da unten in der Stadt grundschlecht und böse wären und sie thäte am besten, für immer da oben bei ihm zu bleiben, daß sie nii: in Berührung käme, mit dieser argen Vrut. Aber der schönen Nanni, mit ihrem sechzehnjährigen, reinen, unschuldigen Hcrzcn, wollte diese düstere Moral nicht recht einleuchten, und da sie keinen Haß, keine Voshcit gegen ihre Mitmenschen fühlte, so konnte sie nicht glauben, daß diese alle, wie ihr Vater sagte, voll Haß und Bosheit gegen einander wären. Wenn sie so in den einsamen Stunden aus ihrem Thurmzimmer hinausschaute in die herrliche Gegend, da meinte sie, es könnten in einer so schönen Welt unmöglich die Menschen so absolut böse sein. Wie konnten 16« z. V. die schmucken Soldaten da drüben in der Kaserne auf ! demKästrich denn immer so fröhlich singen des Abends, so mun» ! ter und lustig sein, so recht herzbrüderlich Arm in Arm aufdem ! Walle umherwandeln, wenn sie wirklich so schlecht nnd boshaft ! wären? Das konnte doch unmöglich alles Heuchelei und Tau» ! schung sein, wie der Vater ihr vorpredigte. Und dann von Einem wußte sie ja ganz gewiß, der war gut und brav. Hatte er ihr es doch selbst gesagt, als sie vor langer Zeit einmal in der ! Stadt unten einen Gang hatte und schnell eine Freundin besuchte. Vei der hatte sie ihn dann öfter noch gesehen und ! er hatte sie das letzte Mal sogar geleitet bis in die Nähe ! des Thurmes. Mochte es der Vater gesehen haben von seinem Thurmfenster aus, oder war es überhaupt nur seine ! mürrische Laune, sie durfte seitdem gar nicht mehr hinunter in die Stadt. So konnte sie ihren lieben Heinrich — denn lieb war er ihr, trotz der kurzen Zeit, die sie ihn kannte, geworden und eben so sie ihm — lange, lauge nicht mehr ^ sehen. Aber desto fleißiger schrieb er ihr und sie ihm zart- ! liche Briefe. Davon freilich wußle, ahnte der Alte nichts. ! Das hatten die jungen, schlauen Herzen gar glücklich auöge- ^ dacht. Gab's ja doch eine Post und zwar eine Eilpost zwi« ^ schen dem Thurme und der Stadt — den Korb, der fast tag- ! lich hinabgelassen, und mit Lcbensmitteln gefüllt, wieder ! emporgezogen wurde. Daß Nanni da, wenn sie den Korb herabließ — denn sie allein besorgte regelmäßig dieß Geschäft — in eine Spalte des Geflechts ein Briefchcn steckte an ihren Liebsten, daß eine alte Vase von ihm, welche unten am Thurme Obst feil hatte, wohl beordert war, daö Vriefchcn immer schnell herauszunehmen und es Heinrich zu bringen, um am andern Tage ebenso, wenn der Korb sich hcrabscnkte, hinwieder ein Vriefchcn von Heinrich in das Geflechte einzuschieben, welches dann Nanni, kam der Korb oben an, schnell herausnahm und unter ihr Vusentuch versteckte: ja daß die Liebenden sich den Tag über oft unterhielten durch eine förmliche Zeichensprache, sie vom Thurme nach der Kaserne hinüber und er von dort zurück nach dem Thurme — von alldem hatte der menschenscheue und menschenfeindliche Thürmer keine Ahnung. So flössen die Tage des Sommers dahin, und in den Herzen der Liebenden wurde die Sehnsucht immer heißer, einander wieder einmal von Angesicht zu sehen, wieder einmal ein Paar warme, herzliche Worte zu einander zu sprc» chen. Die Rede, das lebendige Wort, hat eine wunderbare Gewalt, und zumal bei Liebenden. Nanni und Heinrich sannen hin und her und jeder ihrer Vriefe enthielt einen neuen — aber leider eben immer unausführbaren Plan. Jeder Versuch Nanui's, einen Grund zu einem Ausgange ihrem Vater gegenüber zu finden, war gescheitert. Hier war also keine Hoffnung. Doch die Liebe ist lühn und erfinderisch. Nanni's Vater mußte zuweilen des Abends in Pflichten seines Amtes ausgehen. Da konnte ja Heinrich sie einmal besuchen im Thurme und sei es auf ein Paar Minuten, zwei Worte, ein einziger Händedruck waren ein Glück für ein so liebendes, junges Her,;,, an dem es lange zehren konnte. Aber ach, der Vater verschloß ja immer die Thurmthüre, wenn er ausging, und von innen konnte sie dem Geliebten nicht öffnen. Als sie wieder einmal im Sinnen, wie sie ihren Heinrich sehen könne, so dasaß, schien sie plötzlich einen Ausweg gefunden zu haben. Sie sprang auf, an's Fenster, prüfte mit scharfen Blicken die Rolle uud den Balken, in dem sie ging, ließ das Seil, d'ran der Korb hing, durch ihre Hände gleiten, und untersuchte endlich noch den Korb selbst. Alles war fest und stark, wie Eisen. Morgen Abend mußte der Vater wieder ausgehen in Geschäften. Man war bereits spät im Herbst, die Abende schon sehr dunkel; es mußte Alles gelingen. Das junge liebende Herz schlug vor Freude und Angst gleich heftig. Doch es war ja keine Gefahr möglich; sie hatte Alles genau untersucht. Heinrich erhielt sogleich auf dem gewöhnlichen Wege Nachricht. Er war entzückt über den Plan der Geliebten; er durfte endlich einmal seine Nanni wiedersehen, mit ihr sprechen und sie (o ja, das mußte sie dießmal zugestehen nach so langer Trennung!) an sein Herz drücken und ihre schönen Lippen küssen. Unter sehnsüchtiger Erwartung verging der heutige Abend und der folgende Tag. Fast war Heinrich zum ersten Male nachlässig im Dienste; seine Kameraden wußten nicht, was ihm sei, er war zerstreut und doch so munter, und sein dunkles Auge funkelte heute noch ein Mal so stark, wie gewöhnlich. — Unruhig trieb eö Nanni in ihrem engen Thuriuzimmerchcn umher, bald sah sie vom Fenster hinab in die Tiefe, bald betrachtete sie den Korb, bald die Rolle. Sie ward blaß/ dann flog wieder glühendes Roth über ihre Wangen. Selbst der sonst so glcichgiltige Vater bemerkte ihr unstetes Wesen. Sie entschuldigte sich mit Kopfschmerz. Immer wicder sprang sie von ihrem Rädchen auf, bald schaute sie nach der Sonne, die schon gegen die westlichen Bergketten sich neigte, bald fragte sie den Vater das wunderlichste Zeug, daß dieser sie erstaunt ansah. Endlich nahte die Stunde. Der alte Thür»-mer schickte sich an, zu geheu. In zwei Stunden längstens werde er wieder da sein, sagte er zu Nanni. Er ging, fest wie gewöhnlich schloß er hinter sich die Thurmthüre. Hein» ! rich hatte schon lange unten im Seitengäßchcn gewartet. Als ! er den Alten in der Dämmerung hatte vorübergehen sehen > und ihn ferne wußte, gab er Nanni, die ihr Köpfchen oben aus dem Fenster neigte, ein verabredetes Zeichen. Bebenden - Herzens mit zitternden Händen löste sich das Seil und der Kord senkte sich herab in die Straße. Leicht saß Heinrich darinnen und gab durch ein Anziehen des Seiles Nanni kund, daß er bereit, sei. Langsam, sehr langsam, hob sich der ^ Korb, fast war er zu schwer für die Kraft Nanni's, endlich l hatte er etwa die Hälfte der Höhe bis zum Tdurmsenstcr ! erreicht, da — Nanni meinte zusammenbrechen zu müssen — hörte üe hinter sich die Thüre öffnen und ihren Vater zu ihr sprechen. Er hatte etwas vergessen, das er holen wollte, darum war er zurückgekommen. Ganz mit dem Korbe beschäftigt, hatte sie sein Heraufkommen überhört. Erfragte was sie mache, weßhalb sie so spät uoch den Korb herab- 167 gelassen. Es sei Holz, das sie heraufziehe, antwortete sie ! zitternd. Der Alte erhob sich, ihr zu helfen, da es ihr ! schwer zu werden scheine; sie wehrte ab, er trat naber und griff nach dem Seil, er bemerkte, daß Nanni eben im Ve- ^ griff war, den Korb niederzulassen, obwohl er schwer ge« ! füllt zu sein schien. Dazu ihr angstliches Gebaren. Da schöpfte er auf einmal Argwohn, noch wußte er nicht, was l er fürchten solle. Plötzlich, o Himmel, drang der Mond ! durch das Gewölk; an eine solche Möglichkeit hatten die Lie- ! benden nicht gedacht. Da sieht der Thürmer seiner zittern« ! den Tochter ins Gesicht, sie war todtenbleich. Zugleich hatte er beim Hinausbeugen aus dem Fenster, ohne daß es Nanni , bemerkte, im Scheine des Mondes den Soldaten im Korbe ^ sitzen gesehen; nun war ihm plötzlich Alles klar. Aber er ^ ließ seiner Tochter nichts merken. Ein höhnisches Lächeln ^ zuckte mn seinen Mund. Der Mond war indessen, als bereue er, hier unvorsichtig ein Liebespaar fremden Augen ^ entdeckt zu haben, auch wieder hinter dem herbstlichen Ge» ! wölke verschwunden, und Alles war dunkel. Nanni athmete leichter auf; da sie nicht bemerkte, daß ihr Vater bei dem kurzen Lichtblicke des Mondes Heinrich entdeckt hatte, so wurde sie schon wieder hoffnungsfroh, als er ruhig das Seil um den Valken schlang, und das Fenster schloß. „Das Holz ist zu schwer, Nanni, wollen's lieber morgen früh vollends heraufziehen, bin heute zu müde und Du auch. Geh' zu Vett, Kind, Du bist krank." Nanni ging in ihre Kammer; würde ja doch Vater bald schlummern, dachte sie, dann wollte sie Heinrich mit dem Korbe wieder herablassen aus seiner gefährlichen Höhe. Aber, o Himmel, als sie in ihr Käm- ! merlein getreten, hörte sie, wie der Vater es von Außen ^ verschloß. Nun war ihr Alles klar, doch Bitten und Thra< ^ uen waren vergeblich. Nuhig ging der Alte selbst zu Vett. ! Nauni lag weinend und betend bis am Morgen schlaftos auf ^ ihrem Lager. Heinrich schwebte die Nacht hindurch zwischen i Himmel und Erde. Sein Zustand war nicht weniger als bcncidcnöwerth. Doch auch diese lange Nacht verging, all-mälig erloschen die helleuchtende» Sterne und die Sonne ' stieg im Osten empor. In der Kaserne drüben wurde es ^ rege, eS ward Morgen, im Hofe versammelten sich die Sol« ^ daten zur Morgeurevcille. Der wachhabende Unteroffizier ^ verlas die Namen. Die Ncihe begann, Name um Name ^ erscholl, jeder mit einem lauten „Hiev" beantwortet. Da ! kam Heinrichs Name, er stand nicht unter seinen Kameraden, ! aber zu Allcr Erstaunen erscholl, als sein Name gerufen ! wurde, hoch aus den Lüften ein lautes „Hier." Alle wand- ! ten sich hin, woher der Ton kam. Noch ein Mal rief der ! Unteroffizier seineu Namen, und noch ein Mal erscholl aus ^ den Lüften ein lautes „Hier", und Aller Blicke, die sich nach ^ dem TonMingelrandt hatten, sahen hoch am Thurme einen Korb in ^r Luft hängen, in dem Korb aber stand ein Soldat, die Hand salutirend an die Mütze gelegt. Selbst in dieser schrecklichen Situation war er der pflichttreue Soldat, und hatte drum, als sein Name beim Verlesen genannt wurde, unwillkürlich sein „Hier" gerufen. Die Geschichte ist nun eigentlich aus. Nanui wurde von ihrem Vater strenger bewacht als je, Heinrich bekam lange Arreststrafe. Dazu kam noch das Lächerliche der ganzen Situation und der gerechte Spott seiner Kameraden. Nichts aber ist der Liebe verderblicher, als lächerlich zu erscheinen, das kühlt ab wie ein Douchebad im Fieber und der Mensch ist nun einmal so, daß selbst im tiefsten Schmerz das Lächerliche lachenerregend auf ihn wirkt und, eben weinend, bricht er, wenn unwillkürlich ein recht komischer Ge< danke über ihn kömmt, in Lachen aus. Und komisch war sicher Heinrichs Situation, das fühlte selbst Nanni. — Als ich endlich ziemlich spät aus diesen Träumereien, denen ich unter Blüthen und Düften bei einer Flasche Nier» steiner ö6er im Garten der „Kleinsburg" nachgehangen, erwachte, war der Mond aufgegangen und mein Blick fiel gerade wieder auf den Thurm, und wunderlich war es, daß m diesem Augenblicke wirklich (oder täuschte mich mein Auge?) ein Korb emporgezogen wurde und, vom Monde beschienen, eine Frauengestalt sich aus dem Thurmfenster beugte. Die Fledermäuse. Wie es sich oft ereignet, daß große Dichter uud seine Beobachter sich begegnen, eben so stimmt der Fabeldichter mit dem Naturforscher in Beziehung auf die Fledermaus überein. Dieses Flatterthicr erhebt sich, einem Vogel gleich, in die Lüfte, uud da es mit einer fleischigen Erhöhung auf der Brust gleich den Zwei- und Vierhandern versehen ist, so stillt es seine neugcbornen Jungen selbst. Die Fledermaus ist eine wunderliche Abnormität: ihre doppelte Kinn« lade ist mit drei Gattungen von Zähnen versehen. Mit den Vorder- und Schileidezähnen zerreißt sie ihre Beute gleich den fleischfressenden Thieren, während sie mit den stumpfen Mahlzähncn die Früchte zerreibt, ähnlich den Nagethicren, von welchen sie auch das enge und längliche Gehirn h.it. Als unvollkommenes vierfüßiges Thier schleppt sie, wenn sie auf der Erde ist, sich mühsam in dem Mantel fort, der gleich dem sich öffnenden und schließenden Taffet eines N^gen» schirmes ihre vier Glieder umgibt. Möchte sie sich erhcbcn? Zum Aufschwünge zu unbeholfen, klettert sie mühsaiu, in» dem sie nur mit Anstrengung ihre länglichen, stäbch<,'»ädu-lichen Finger ausstreckt, die sie bedeckende und verbindende Schwimmhaut entfaltet sich, und das zweideutige Gcthier, seine großen, ledcrartigen und dennoch dünnen, ja fast durch« sichtigen Flügel hastig bewegcud, tummelt sich im Luftraume; dieser federlose Vogel fliegt und erbeutet Insekten, F^lancn, die gleich ihm der Dämmerung angehören, oder stürzt sich mit Begier auf Früchte. Die rothe Fledermaus (l'lel'opus k^vnrsjl) mit großen Flügelu und einer Huudsschnauze, die einzige fruchtfrcsscnde Gattung, gehört dem Archipel des indischen Oceans, den Molukken und Sundainseln an. Auf der Insel Vourlioi, sieht man sie gegen Abeud, schaarenweise wie die Raben fliegen, wo sie sich auf die Vaccou>Väume setzen, deren 168 Früchte sie verzehren. In der schönen Jahreszeit gefangen, st»d sie genießbar, da sie dlirch Farbe und Geschmack an das Fleisch der Hasen erinnern, jedoch weisen die Europäer diese von den Cingebornen als gesund und schmackhaft angenom» mcue Nahrung ihres Moschus'Geruchcs wegen mit Wider« willen von sich. Dieser sonderbare Vierfüßler, der einen so seltenen und schlechten Gebrauch von seinen Füßen macht, bietet, in , seiner gauzen Flügelwcite dargestellt, einen fast erschreckenden ^ Anblick dar, obschon ein Augenzeuge auf der Insel Vourbon ^ die rothe Fledermaus in einem angenehmeren Lichte zeigt. ! Eich auf einem Baume wiegend, weilt sie darauf mit gescnk- ! tcm Kopf, mit gefalteten und an den Körper eng angelegten Flügeln, wodurch ihr Segelwerk, das ihre eigentliche ! Mißgestalt ausmacht, sowie ihre Hinterfüße, welche sie mit- , telst der daran befindlichen Klauen erhalten, unsichtbar wer- > dcn. Man sieht nur einen hängenden, runden, fleischigen, ^ mit einem dunkelbraunen reinlichen Kleide bedeckten Körper, ! worauf,ein Kopf mit lebhaftem und feinem Ausdrucke sitzt. ! Dieß ist die ruhende Stellung der rothen Fledermaus, welche j mir diese annimmt und auch die meiste Zeit des Tages darin verharrt. Man denke sich einen großen Baum, dessen Umfang als Mitte wohl von 100-.1K0, ja selbst 200 solchen Armleuchtern geziert, ohne andere Bewegung, als jene, welche der Wind in den Blattern verursacht, und mau wird den Begriff eines gewiß seltsamen Gemäldes erhalten. Zwei Gattungen des Miinttlupiw uniler, dessen Nase ! mit einer Art Wulst in Hufeisenform bedeckt ist, sind in ! Frankreich ziemlich allgemein. Das Fell dieser Fledermaus, ^ von aschgrauer Farbe auf dem Nucken und einem schmutzigen , Weiß unter dem Bauche, ist lang und weich, und weun ste ^ sich an einer Mauer festhält, so zieht ste sich, von ihrer ! Schwimmhaut umhüllt, so fest zusammen, daß man sie für ! eine Chrysalide halten könnte. z Vemcrkcnswerth ist noch der Noctilion - Hasenschnabel, z so wie der langohrige V^m-tilio, dessen Ohren fast dem ^ Körper an Größe gleichkommen. In Frankreich allgemeiner ! als die gemeine Fledermaus, hält er sich in Häusern und ! Steinbrüchen auf und wird so zahm, daß man ihm mit Ver- z gnügen zusehen und seine Gcderden beobachten mag. So z. V. nahm die Fledermaus die auf der Hand dargereichten ! Fliegen; sobald man ihr etwas zu essen gab, brachte siedle . Flügel an ibrcn Mund, indem sie dabci mit verstecktem Kopfe ! nach Art der Raubvögel schwebte und flatterte. Ihre Ge« ! schicklichkeit, an die Flügel der Fliegen, welche sie beharr- ^ lich von sich wies, zu streifen, war der Aufmerksamkeit und ! Beobachtung würdig, und obschon sie roheö Fleisch nicht ! verschmähte, so zog sie doch Insekten vor, so daß die Bauern z wohl nicht mit Unrecht behaupten möge» , daß die Fleder- > mäusc sich an dcn Kaminen hinablassen, um den Speck zu i benagen. Auch ließ sich dieß merkwürdige Thier mehrmals auf den Boden nieder, und widerlegte, indem es sich mit Leichtigkeit wieder erhob, die allgemein verbreitete Meinung, ^ daß die aNf eine flache Ebene gefallene Fledermaus unfähig sei, sich wieder aufzuschwingen, denn diese lief mit ziemlicher Schnell ! ligkeit, wenngleich auf die sonderbarste und drolligste Weise. (§s ist anzunehmen, daß unter dcn zahlreichen Fledermaus-Gattungen die einen mehr, die andern weniger Leichtigkeit sich zu erheben, oder zu gehen besitzen, je nachdem der sie umhüllende Mantel die untern Glieder mehr oder minder einhüllt. Unvollkommen als Vierfüßler, unvollkommen als Vogel, ! Fleisch- und Insektenflesser, manche der Gattungen von ! vegetabilischer Nahrung lebend, Vogel ohne Schnabel und ! mit Brüsten versehen, Vierfüßler ohne Füße und in ihrem ! leichten und geräuschlosen Fluge nach Gefallen die schnellen ! Flügel erhebend und lenkend — unschuldiger Gegenstand aber-gläubiger Furcht, nützlicher Beistand für dcn Menschen, welchen sie von schädlichen Insekten befreit — bietet da die ! Fledermaus, deren Bildung sie an die Grenze so vieler Ord-; nungen und Klassen stellt, nicht für das Studium des fei-! nen Beobachters der Natur nutzbringende Lösung von Pro« ^ blemen, während sie vielleicht einst noch dem Mechaniker die ^ Kunst lehren wird, sich in die Lüfte zu erbeben, und dem ! Menschen, welcher dem Fische seine Floßfedern entlehnt hat, ! Lederflügel zum Fliegen leihen wird? Aus dem Familienleben der «Störche. In einem Dorfe, dessen mit Stroh gedeckte Gebäude mit vielen Storchnestern besetzt waren, bemerkten die Bewohner des einen Hofes, daß oft, wenn dcr Storch des auf ihrem Hause nistenden P^res sich entfernt hatte, die Stör-l chin von dein Storche eines andern im Dorfe befindlichen Nestes besucht ward. aber dann auch jedesmal, nachdem der gegenseitigen Zärtlichkeit ein volles Genüge geschehen war, nach dem, in dem angrenzenden Garten befindlichen, mit Wasser angefüllten Flachsröttclochc flog und sich cifrig ab« badete. Während nun einstens wieder der fremde Storch sich bei der Störchin, um des Gatten Stelle zn vertreten, i befand, bedeckten die Bewohner des Hofes — um zu sehen, ^ was die Störchin dann wohl beginnen werde — das Flachs-, rötteloch so dicht mit Vaumzweigen, daß die gewohnte Ab« , Waschung nicht stattfinden konnte. Als nun darauf, nachdem ! der fremde Buhle sich entfernt hatte, die Störchin sich zn ^ baden beeilte, aber die Unmöglichkeit, zum Wasser zn ge-, laugen, einsah, ließ sie traurige klagende Laute hören, und ' begab sich unter bemerkbaren Zeichen von Unruhe wieder auf ! ihr Nest. Kaum dort angekommen, stellte sich auch der eigene ^ Gatte ein, flog aber nach kurzem Verweilen mit heftigem Geklapper in die Höhe, machte förmlich bei sämmtlichen auf ! den Dächern hausenden Störchen die Nünde, und kehlte, ! von diesen sämmtlich begleitet, ;u seinem ungetreuen Weibe, ! zurück. Sämmtliche Störche, theils auf dem Dache neben ! dem Neste stehend, theils dieses umkreisend, gaben durch ihr ! unabgcsetzleä Klappern der Vermuthung Raum, daß eine ! ernste Berathung stattfinde. Und so war es deun auch! Denn ! plötzlich stürzten sie sich alle auf die Ehebrecherin und voll« ! »leckten mittelst ihrer langen, spitzen Schnäbel das berathene z und ausgesprochene Todesurtlicil, worauf sie dcn Leichnam ' aus dem Nesie und von dem Dache herabstürzten. Die Störche ! flogen jeder wieder nach seinem Neste, auf welchM ""n aber ' auch jeder, den Hals abwechselnd hoch aufrichtend und auf ^ den Rücken biegend, ciu lauge auhalteudeö Geklapper begann, welches wahrscheinlich für ihre Familien eine Gclchichtscr» ^ za'hlung des erlebten Drama's enthielt. Druck und Vcrlag von Ig». v. Kleinmayr L5 F. Btlmberst in Laibach. — Vcra!itwor.llichcr Ncdaciclir F. ^cnubcrg.