Gesetz- und Verordnungsblatt für das ö|lerreicf)ifcf) = tfftriscf)e3tü|lßii[ttiiD, bestehend aus den gefürsteten Grafschaften Görz und Gradišča, der Markgrafschaft Istrien und der reichsunmittelbaren Stadt Triest mit ihrem Gebiete. Jahrgang L8VO. XIV. Stück. usgegebcn und versendet am 29. Juli 1870. 34. Gesetz vom 30. April 1870, betreffend den Schutz der Bodenenltnr gegen Verheerung durch Raupen, Maikäfer und andere schädliche Insekten, giltig für die gefürstete Grafschaft Görz und Gradišča. Mit Zustimmung des Landtages Meiner gefürsteten Grafschaft Görz und Gradišča finde Ich zu verordnen, wie folgt: §• 1. Alle Besitzer, Frnchtnießer und Pächter von Grundstücken sind verpflichtet bis Ende März eines jeden Jahres, oder innerhalb der von dem Gemeindevorsteher längstens bis Ende April zu verlängernden Frist ihre Obst- und Zierbäume, Gesträuche, Hecken, hölzernen Gartenzäune und Hauswände in den Gärten und Weingärten, auf den Feldern und Wiesen von den eingesponnenen Raupen, Jnsekten-Eiern und Puppen zu reinigen, und die cingesammcltcn Raupcnnester und Eier zu verbrennen oder sonst zu vertilgen. Auf gleiche Weise sind die Raupen, sobald sie tut Frühjahre auf den Obstbäumen und auf solchen, an welchen die Reben gezogen werden, sowie auch Gesträuchen und Ctilturpflanzen zum Vorschein kommen, sowie auch die Puppen innerhalb der von beut Gemeindevorsteher jährlich mittelst öffentlicher Verlautbarung (§. 9) festzusetzenden Frist zu vertilgen. Dieselben Personen (§. 1) sind verpflichtet, Raupen, Larven oder Würmer, sowie die Puppen anderer als der im §. 1 angeführten schädlichen Insekten, sowie diese letzteren selbst, 20 wenn sie zn irgend einer Jahreszeit auf Aeckern und Wiesen auf verheerender Art auftreten, innerhalb der durch öffentliche Verlautbarung des Gemeindevorstehers festgesetzten Frist zu vertilgen. In solchen Fällen ist der Gemeindevorsteher verpflichtet, die hiebei erforderlichen Maßregeln und Verfügungen rechtzeitig zu treffen; zugleich ist derselbe berechtigt, die erforderliche Mitwirkung, soweit diese zur Beseitigung der augenblicklichen Gefahr nothwendig ist, zu verlangen, itub jedes dazu taugliches Gemeindemitglied und selbst Fremde hiezu anzuhaltcn. In allen jenen Fällen aber, wo zur Abwendung der Gefahr die Kräfte der Gemeinde nicht anslangen, hat der Gemeindevorsteher unverzüglich die Anzeige an die politische Bczirksbehörde zu machen. §• 3 Ebenso haben diese Personen in der von dem Gemeindevorsteher anzuberaumenden Frist die Maikäfer (Melolontha vulgaris), die Getreideküser (Melolontha agrieola), die Gartenkäfer (Melolontha horticula), die Weinblattküfer (Melolontha vitis), die Rüsselkäfer (Rynechitis bacchus) durch Abschüttcln der Obst-, Zier- und jener Bäume, an welchen die Reben gezogen werden, sowie der Zicrgestränche der Allecbäume und der Aehren in den behafteten Getreidefeldern täglich in den frühen Morgenstunden einzusammeln. Die genannten Jnsecten sind sonach zu vertilgen. Beim Aufbrechen des Bodens in den Baufeldern sind die Larven oder Würmer der Maikäfer, sowie die Larven und Puppen anderer Insekten hinter dem Pfluge, der Haue oder Schaufel aufzulesen und zu vertilgen. §. 4. Der Gemeindevorsteher hat darüber zu lunchen, daß alle Besitzer, Fruchtnießer und Pächter ihren Verpflichtungen (§§. 1—3) genau Nachkommen. In Ermangelung eines Feldhüters hat der Gemeindevorsteher für die erforderliche Zeit die Aufsicht einem oder mehreren Individuen zu übertragen, welche eventuell aus der Gcmeinde-cassa zu entlohnen sind. Würde die genaue Erfüllung der in den §§. 1—3 angeführten Obliegenheiten innerhalb der anberaumten Frist unterlassen, so ist die Veranstaltung zu treffen, daß dies auf Kosten der Säumigen vorgenommen werde. §• 5. Außerdem ist von dem Gemeindevorsteher und zwei Gemeindedcputirtcn gegen die Säumigen eine in den Landesfond cinznzahlende Geldstrafe bis zu 5 fl. Oe. W. und im Wiederholungsfälle bis zn 10 fl. Oe. W. oder im Falle der Zahlungsunfähigkeit eine Arrcststrafe von 6 Stunden bis 2 Tagen zu verhängen. §• 6. Das Straferkenntniß ist der Partei entweder in schriftlicher Ausfertigung gegen Empfangschein znzustellen, oder aber derselben in Gegenwart zweier Zeugen in der Gemeindekanzlei mündlich kundzumachen. In diesem Falle ist die geschehene Kundmachung und der Tag, an welchem dieselbe erfolgte, von den Zeugen auf dem Straserkenntnisse zu bestätigen. §• 7. Gegen das Erkenntnis; des Gemeindevorstehers und der beiden Gemeindedepntirten geht die Berufung, welche binnen 14 Tage nach der Kundmachung oder Zustellung des Strafer-kenntnisses beim Gemeindevorstande schriftlich oder mündlich cinzubringen ist, an die politische Bezirksbehörde. Gegen zwei gleichlautende Erkenntnisse findet eine weitere Berufung nicht statt. §• 8. Die Bäume, Gesträuche und Hecken, welche sich auf den der Gemeinde eigenthümlichen und von ihr selbst bewirtschafteten Gründen oder ans öffentlichen Wegen oder an den Rändern derselben befinden, sind auf Kosten der Gemeinde abzuraupen und von Maikäfern zu säubern. §• 9. Dieses Gesetz ist zweimal im Jahre, und zwar Anfangs October und Anfangs Februar durch den Gemeindevorsteher zu verlautbaren, und hat derselbe gleichzeitig oder in der Folge die genaue Frist für die Vornahme der einzelnen Verrichtungen bekannt zu machen. §. 10. Den politischen Bezirksbehörden liegt es ob, darüber zu wachen, und sich die Ucber-zeugung zu verschaffen, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes von den Gemeinden ihres Bezirkes genau befolgt werden. §• 11. Wird die Vollziehung dieses Gesetzes durch die Gemeinde vernachläßigt oder entspricht dieselbe nicht den ihr als Grundbesitzer obliegenden Verpflichtungen (§. 8), so hat die politische Bezirksbehörde auf Kosten der Gemeinde die erforderliche Abhilfe zn treffen. Die Unterlassung der dem Gemeindevorsteher in diesem Gesetze vorgezcichneten Verpflichtungen wird von der politischen Bezirksbehörde mit einer Ordnungsstrafe bis 20 fl. Oe. W. zu Gunsten des Landescultnrfondes geahndet. §• 12. Die k. k. Gensdarmerie, das Straßcn-Aufsichts- und Feldschutz-Pcrsonale, sind verpflichtet, jede wahrgenommene Uebertretung dieses Gesetzes dem Gemeinde-Vorstände und falls diesen selbst ein Verschulden hiebei trifft, der politischen Bczirksbehörde anzuzeigen. §. 13. Alle früheren mit den Anordnungen dieses Gesetzes im Widerspruche stehenden Gesetze, Verordnungen und Vorschriften werden hiemit aufgehoben. §• 14. Mit dem Vollzüge dieses Gesetzes ist der Minister des Innern und der Ackerbau-Minister beauftragt. Schönbrnnn, am 30. April 1870. Franz Iasrf m. p. Taaffe m. p. Petrino m. p.