für Vaterland, Kunk, Wissenschaft und geselliges Leben. Nedigirt von Leopold Kordesch. «^? <2H. Dinstag den'20. März HO^O. Von dieser Zeitschrift erscheine» wöchentlich zwei Nummern . Dinstag und Samstag. Der Preis des Hlatt.s ist im Comptoir ganzjährig 3 ft., halb- jährig l fl. 30 kr. Durch die Post ganzjährig Ä fi., halbjährig 2 fl. C. M. Memoiren eines Berliner Nachtwachters. Von Dr. Moruell. (S ch l u ß. ) ^^clllnm und stall- vor Einsetzen standen alle Anwesenden um die Gruppe der ohnmächtigen Braut und der ermordeten jungen Frau. Der Lärm war bis auf die Straße gedrungen und der müßige Pöbel hatte sich nicht abhalten lassen, in breiten Zügen, in Masten ins Haus und die Treppe hmauf zn strömen. Die Polizeiofficianten konnten sich kaum Bahn machen bis zu dem Mörder, der noch immer sprachlos dastand, bis er die rochen Kragen erblickte. Herr Vater, »erten Sie mich! rief er in Todesangst aus: retten Sie mich, Ihr Haus hat ja mehrere Ausgänge. Nein, nein! sagte der alce Herr: es kommen da schon ein Paar Leute die Treppe herauf, die Sie in die Mitte nehmen und Sie in ein gnreö Quartier auf der Hausvogtei bringen werden. Sie sind ja ein Herr vom Adel, sonst kämen Sie auf die Stadtoogtei. Barmherziger Gott! schrie der Baron, ich kami nicht nn'c diesen Leucen gehen! Netten! retten Sie mich! Himmlische Nebecka, ich bitte Sie, helfen Sie mir fort! Re-beckchen, bei Allem, was Ihnen heilig nnd iheuerist, bei Ihrer strahlenden Schönheit, bei Ihren glänzenden schwarzen Haaren', bei Ihren elfenbeinernen Zähnen beschwöre ich Sie, rercen Sie mich! Ii'dl's; drang die Polizeiwache durch den verwickelten Menichenknänel immer näher; der Herr Baron ward immer verzweifelter, doch vermochte er weder rechts noch links sich fortzubewegen, denn er war von allen Seiten eng eingeschlossen. Der Hcir Vater machte keine Miene, ihm zur Flucht zu verhelfen, und die Gäste, vor deren Augen beinahe der Mord begangen, schienen eben so wenig geneigt, ihm Gehör zugeben; da faßte er seine Kräfte zusammen, drückte ein Paar der Nahestehenden nieder, schwang sich mit einer un- gemeinen Leichtigkeit über die hinter diesen Befindlichen hinweg, und es wäre ihm vielleicht gelungen, für den Augenblick in irgend einem Winkel des weitläufigen Hauses einen Versteck zu finden, oder wohl gar nach den Linden zu entwischen, wenn nicht gerade von dieser Seite her, nach welcher er sich zur Flucht wandte, ein Polizei - Commissarius, von vier Polizeisergeanten begleitet, ihm entgegen getreten wäre, und ihm ein unsanftes »Halt! Schneidergeselle!" zu» gerufen hätte. Wie vom Blitz gerührt stand der stolze Baron, als er , sich so angereder hörce, und die Gesellschaft nahm mir spöttischem Lächeln ein beinahe noch regeres Interesse an dieser officiellen Entkleidung seiner Wurde, als sie vorher an der gräulichen Mordthat genommen; auf den Herrn Papa und die Braut fielen so brennende, stechende Blicke, daß die Ohnmächtige davon erwachte. Was ist das? wie? Schneidergeselle! der reiche ungarische Baron? so schallte es durch die Menge der Anwesenden von Mund zu Mund. Der Herr Papa mochte für den Augenblick genug haben und wollte seine Tochter hinweg führen, doch diese sproch: Nein, nicht fort, ich will das ganze hoffnungslose Elend meiner Lage kennen lernen. Mit einer Wildheit, die an Wahnsinn gränzte, drängte sie sich durch die Massen bis zu dem Polizeibeamten, diesen nach dem Grunde seines Erscheinens fragend. Eine Dame aus Bremen, antwortete dieser, mir Namen Doris Berndt, hat die durch alle nöthigen Belege beglaubigte Anzeige gemacht, daß der mit ihr unter falschem Namen verehelichte Schneidergeselle, Heinrich Frost, hier wieder unter einem andern Namen, und zwar dem eines Barons von Kißleyti aus Ungarn, aufgetreten und zum zweiten oder vielmehr zum siebenten Male, zetzt mit der Tochter dieses Hauses, verheirathet sey; da die Hochzeit heute Statt gefunden, so hoffte sie, mit der Anzeige noch nicht zu spät zu kommen, um die junge Dame vor größerem Unglück zu retten. 9» Fluch ihr und ihrem guten Willen! rief Fraulein N e-becka. Dort zeigt sie die Sache der Behörde an, hierher kommr sie, um ihren Geliebten vor den Folgen ihrer Anzeige zu warnen; ihn stürzt sie ins Verderben, mich in den Abgrund der Lächerlichkeit und Verachtung, sich selbst in den Tod! O! der grausigste Fluch, den je einer meines Volkes über seinen Todfeind gesprochen — über sie, daß sie nicht schwieg, daß sie mich in Schande stürzte! Ich wäre lieber ins Elend gegangen. Was bin ich? das Weib eines Landstreichers, und nicht ein Mal sein Weib, denn sie, die dort schlummert den ewigen Schlaf, ist mir ja vorangegangen und meine Ehe nicht giltig — fort, ich habe genug! Mit diesen Worten drängte sie sich rasch nach der Treppe, und stieg hinauf, den Vater, der ihr folgen wollte, und jeden Andern entschieden zurückweisend. Der Baron Schneider hatte sich unterdessen erholt; er bat den Herrn Papa, von der Sache, die ihn allein berühre, kein Aufhebens zu machen, und dem Herrn Polizei-Commifsarius zu sagen, daß er keine Genugthuung verlange, da dieser ihn zweifelsohne gehen lassen würde. Freilich verlange ich Genugthuung! sprach der alte Herr: Genugthuung für die Schande, die er meinem Hause ^angethan hat; Genugthuung für das Geld, was ich für ihn ausgegeben habe; Genugthuung für die Wechselchen, die ich morgen bezahlen soll. Nehmen Sie ihn zur Polizei, nehmen Sie ihn! Würde mir ohnedieß die Freiheit erbeten haben, sprach der Commifsär; denn das Crimen der Polygamie kann nicht von der beleidigten Privatperson verziehen, es muß durch mehrjährige Zuchthausarbeit, Staupenschlag, Pranger, even-lualitcr Brandmahl abgebüßt werden. Ein Wink und drei der Begleiter faßten den Baron etwas derb an. Watte, lauter Watte! rief der Eine. Sehen Sie, mein Herr Polizei-Commissarius, wie der Kerl ausgestopft ist — aber nett gemacht, der versteht's! Schade um das Talent, das würden viele unserer jungen Herren nicht unbenutzt lassen, besonders die geschnürten. — Der starre Schreck über das frühere Ereignis; war schon lange gewichen, das Komische der Situation schlug vor, die wattirten Waden und Schenkel, Schultern, Hüften yl,c. brachten Herren und Damen zum Lächeln und Kichern, das Volk aber zu einem lauten Ausbruch wiehernden. Lachens. Darum konnte er auch so großartig voltigiren! riefen Mehrere; — ein Schneider ist leicht; darum hat er auch so haß-liche knochige Finger, sagte eine Dame, wiewohl er sonst ein sehr interessanter Mann schien; — er wird in Paris gewesen seyn, meinte einer der Herren, — jetzt bekommt er aber auf der Stadtvogtei sein Quartier, meinte ein Anderer — oder im Ochsenkopf! rief einer auf der Treppe, — wohl schwerlich! meinte ein Vierter, und zwar einer der zuerst er. schienenen Polizeidiener, welcher sich endlich durch die Menge gedrängt hatte, und die Hand an den seiner Würde entkleideten Baron legte. Dieser Mensch muß mit mir gehen, ich habe ihn wegen ganz anderen Dingen zu arretiren; er ist ein Mörder, dort liegt das, aoi'pnz llelicU, er ist kein Civil, er ist ein Criminel. Die beiden Harren stritten sich eine Zeit lang und zerrten den Armen hm und her, an diesem und an jenem Arm, so daß er dem berüchtigte» Navaillac nicht unähnlich sah, als ob er von vier Pferden zerrissen werden sollte. Endlich schlug ich mich ins Mittel und sprach: Ich als Nachtwächter bin gleich nach der Ermordung dieses jungen Frauenzimmers dazu gekommen; er ist der Mörder, er muß ohne Zwei-fel sogleich in das Criminalgefängniß abgeführt werden. Platz meine Herren und Damen anf der Treppe! Da die Leute sahen, daß die Comödie hier oben schwerlich, wohl aber auf der Straße weiter gespielt werden würde, rückten sie ans auf ihren heimischen Boden, und man konnte bequem die Treppe hinab kommen. Doch als hätten die Gäste den langfingrigen Spitzbuben noch nicht genug gesehen, so hatten sich plötzlich alle Fenster der Belle-Etage des Hoch-zeirshauses mit geputzten Damen- und Herren-Frisuren gefüllt, vor dem Hause ward aber, bevor man heransaustrat, ein welter Kreis von den Zuschauern gesäubert, damit sich der Herr Baron nicht etwa unter dieseu verlieren möchte. An beiden Armen gefaßt, von zwei Wachen voran, von zweien hinterher escortirt, trat der Delinquent aus dem Hause. In diesem Augenblick hörte man hoch in den Lüften einen durchdringenden Schrei, und gleich darauf stürzte eine formlose Masse zu den Füßen des Barons auf das Steinpflaster nieder. Nebecka war aus dem Fenster gesprungen. Die Glocke hat Zwölf geschlagen! Habicht. Tragicomischc Novelle uon I. Löwenthnl. (Fortsetzung,) 2. Endlich ein Mal genoß Habicht eine wahre Geistes-rnhe und innere Zufriedenheit. Seine Bücher und die Anschauung der üppig schönen Natur boten ihm reiche Quellen unerschöpflichen Trostes. Zwar hatte er auch hier der Aufmerksamkeit nichc ausweichen können: begab er sich ins Dorf, so verließen die Kinder ihre Spiele, ui,d standen gaffend mit offenen Angen und Munde beim Anblick seines auffallenden Gesichtes; ging er auf dem Felde mit dem Buche in der Hand spazieren, so hielten die Bauern in dei Arbeit inne, stützten sich auf den Soaten, legten die Hand unter das Kinn und sahen ihn verwundert an; doch wenigstens fluchte man ihm nicht, wagte man es uicht, ihn lauc zu verlachen. Nach und nach gewöhnten sich auch diese einfachen Menschen an ihn, und er wurde von ihnen wegen seiner Leutseligkeit wahrhaft geehrt und geliebt. Bald aber trat eine neue Ledenscpoche für unseru guten Habicht ein. Er liebte eine junge Nachbarin, er liebte die juqendfrische Luise, die schönste Gebirgsblume, die sich in diese Felsen verirrt hatte. Wer liebt, will auch, wie Jeder wissen wird, gefallen, und will man dieß, muß man mindestens ein wenig , Vertrauen zu sich selbst fassen. Die vielen Kränkungen in der 91 Gesellschaft hatten aber unser» Helden kleinmüthig und furchtsam gemacht. „Wie kann Luise mich lieben" sprach er, »mich der von Allen verlache, verspottet, verstoßen worden ist?" Da verfiel er auf d n Gedanken, zur Kunst seine Zu-flucht zu nehmen; er verschrieb aus M * einen geschickten Haarträusler. Dieser kam nach einigen Tagen, und mit ihm ein vollständiges Assortiment Parfümerien und Pomaden. Fleur d' Orange, so hieß der Künstler, gewann bald Habicht's vollkommenes Zurrauen; er ward sein Rarh, sein Factotum, und vermöge seiner Kunst trar auch die Nase immer mehr in den Hintergrund. Habicht trug nun HÜte mit.breiten Krampen, Cravaten mit ungeheuern Schleifen, hohe Vatermörder; sein Gesicht beschattete ein tüchtiger Ba-ckenbarr, dessen Wachsthum durch künstliche Salben beschleu. niger wurde, und das Haupthaar war durch die Künstler-Hand des braven Fleur d' Orange der Art frisirr, daß sich Habicht selbst gestand, niemals so schön, wie jetzt ge. wesen zu seyn, und der Hoffnung Raum gab, Luisens Beifall zu echallen. Kurz, nach drei Monaten war Luise Habicht's Frau. Luise kannte durchaus keinen Widerspruch. Als gute, folgsame Tochter fügte sie sich in die Wünsche ihrer Ältern, die diese Ehe als ein wahres Glück ansahen. Zudem hatte Luise die siegwartisirenden, weinerlichen Romane nicht gelesen, und ihre Ideen waren daher auch nicht überspannt, und wenn ihr auch die Nase ihres Gatten Anfangs einigen Anstoß gab, so fühlte sie sich doch andererseits durch die vortrefflichen Eigenschaften seines Herzens vollkommen befriedigt. Das erste Jahr der Ehe ging glücklich vorüber. Freilich hatte aber auch der wackere Fleur d' Orange ganz im Interesse seines Herrn agirt. Wo er zehn Meilen in der Runde einen Grosinasigen auftreiben konnte, lud er ihn in's Schloß. So bekam Luise lauter Männer und Frauen zu sehen, die mchr oder minder ihrem Gatten ähnlich waren. In seinem Eifer wollte er gar ein Mal der Köchin, der Kammerfrau, dem Scallknechre, den Bauern und sich selbst wächserne Nasen aufsetzen; allein dieses Project scheiterte und mußte aufgegeben werden. Er begnügte sich daher, die Säle des Schlosses mit Porträts aller berühmten Männer zu schmücken die sich zugleich durch ihre merkwürdigen Nasen einen Namen in den Annalen der Geschichte gemacht harren. Die Sammlung soll äußerst vollständig gewesen seyn; sie begann mit Friedrich dem Großen und schloß mit Meyer beer und Paganini. Ich weiß nicht, wie Luise auf den Einfall geriet!), die Residenz zn besuchen, das aber weiß ich, daß bald alles zur Reise bereirer war, und sie sich "ach wenigen Tagen in der Hauptstadt befanden. Habicht spielte hier eine gute Figur; er empfing vicle Besuche, aber ach! viele iunge Leute! Luise ^c>! fortwährend von Anbetern umschwärmt. Habicht fühlte jetzt die Schlangenqualen der Eifersucht. Er wollte bemerkt haben, daß Luisen besonders die Huldigungen eines jungen und liebenswürdigen Edelmannes nicht gleichgültig waren. Ein Mal überraschte er sie gar mit einem parfümirren Billet-Dour in der Hand. Jetzt blieb ihm kein Zweifel mehr an seinein Unglücke. Ohne Jemanden fein Vorhaben mitzutheilen, setzte er die eii:e Hälfte seines Vermögens in Wechsel um, ließ seine Frau im Besitz der an« dern Hälfte, und mit dem nagenden Wurm der Eifersucht im Herzen, schiffte er sich in Triest nach Alerandrien ein, von wo er sich nach Calcutta begab. Hätte er uoch weicer fliehen können, er hätte es gethan. Europa war ihm zu eng und zur Last geworden. (Fortsetzungfolgt.) Brosamen aus der Vergangenheit. Leon Galibert sagt in seiner »Geschichte der Republik Venedig", daß die Venetianer es seyen, denen man die ersten Tagsblatter (gegen den Anfang des siebzehnren Jahrhunderts) verdankt. Da die Angelegenheiren Italiens, die Kriege mit den Türken die ganze Ehristenheit interessirten, und Venedig der Punct, wohin die Nachrichten aus dem Oriente gelangten, und oft auch der Schauplatz der Unterhandlungen war, so kam einer der Drucker dieser Stadt auf den Einfall, die öffentliche Neugierde in Contriburion zu setzen, indem er gedruckte Blätter austheilte, die mit einer «Gazerca", einer damals cursirenden kleinen Münze, bezahlt wurden und daher ihren Namen erhielten; wiewohl einige Woriforscher behauptet haben, das Wort „Gazetta" rühre von der Figur einer Elster (im Italienischen Gäzza) her, die auf dem Titelblatte dieser Drucke angebracht war. ' Feuilleton. Mord und Todtschlag. — In der Rue de Paradies wohnte (wie der „österreichische Courier" berichtet) ein alter Officier von 5l Jahren, welcher mit einem jungen Mädchen von 23 Jahren, mit Namen Sophie Berri, ein Verhältniß hatte. Dieselbe speiste zuweilen bei ihm. Kürzlich als er sie wieder zum Diner erwartete, kam sie erst um '/ys Uhr, und er machte ihr einige Vorwürfe über ihr Ausbleiben, das er auf Rechnung eines unordentlichen Lebenswandels setzte. Das Mädchen war darüber höchst aufgebracht, erhob sich plötzlich vom Stuhl, packte den Alren an den Schultern, warf ihn auf das Sopha zurück und versetzte ihm einige Stiche mir dem Messer, daß das Blut in Strömen hcrabfioß. Zum Glück trat zufällig eine Nachbarin ein, und sie wurde an der Fortsetzung dieser Mißhandlung gehindert. Herr Labir erhob sich und beschwor die Nachbarin, über die-sen Fall zu schweigen, iudem sie sich nun versöhnen wollten. Die Nachbarin, mit diesem Versprechen zufrieden, entfernte sich. Kaum waren fünf Minuten vergangen, als die Portierin ein fürchrcrliches Geschrei hörre. Sie drang in das Zimmer ein und fand Herrn Labit todt, von den Handen des jungen Mädchens erwürgt auf dem Bett liegen. Sie harre ihm mir einer Hand die Gurgel zugedrückt, indem sie mit der andern ihm Mund und Nase zuhielt. Neberdieß hatte sie ihm füuf Stiche im Kopfe, an der Gurgel und in den Seiren beigebracht. Anfangs begriff sie die Größe ihres Verbrechens gar nicht; denn als man sie arretirte, sagte sie: »Ich hoffe, man wird mir sogleich meinen Schlüssel wieder geben, 92 benn ich könnte diesen Abend nicht mehr in meine Wohnung." Sie hat ein sehr hübsches Gesichr, ist aber von einer außerordentlichen Körpel kraft. Nur als man sie mit dem Cadaver confrontirte, verlor sie lhre Sorglosigkeit und fiel in Ohnmacht, aus welcher man sie mehrere Stunden nicht reißen konnte. Gin schauderhafter Anblick. — In Paris häu-fen sich täglich die Beweise von der Entsittlichung der Gesellschaft. Vor einigen Tagen bot die Morgue einen schauderhaften Anblick dar, indem nichr weniger als l i Leichen darin zur Aufstellung kamen. Die Ausgestellten waren alle in Folge gewaltsamen Todes umgekommen. Uncer andern war in der Seine ein Sack mit den Gliedern eines weiblichen Leichnams gefunden worden, eine scheußliche Masse zerhackter Theile, die man zusammengesetzt hatte und so den Leichnam einer jungen Frau dergestalt wieder hergestellt, daß sie erkennbar war, wonach der Cadaver dann in der Morgue ausgestellt wurde. Es ergab sich darauf, daß sie eine Wäscherin der Vorstadt sey, die einen liederlichen Lebenswandel führce und sich weigerte, mit ihrem Manne Paris zu verlassen , wonach derselbe sie aus Erbitterung ermordete. Der wiedererwachte Todte. — Vor einigen Wochen war der Bursche aus einem Pachthofe von Sc. Aig-nan zu einem benachbarten Landmann gesandt; ein Fclsstück, welches auf seinem Pfade dorthin herabfiel, beschädigte ihn sehr am Kopfe, obgleich man keine äußere Wunde sah; bewußtlos ward er von einigen Bauern, die dort vorüberkamen, nach Hause geschafft und dann ein Chirurg herbeigeholt. Nach wenigen Tagen mußte die Procedur des Trepam'rens angewendet werden. Der arme Schelm ertrug die schmerzvolle Operation mit großem Murhe, aber er war darnach unbeschreiblich mact, und hatte durchaus den Gebrauch der Sprache verloren, und von Augenblick zu Augenblick schienen seine Lebensgeister mehr zu erloschen; nach drei Tagen verschied er, und man benachrichtigte seine Aeltern von diesem Trauerfall. Man, machte die Anstalten zu seiner Beerdigung. Der Leichnam wurde in einen kleinen Wagenschoppen neben dein Vtall geschafft, und der Knecht des Pachrhofes sollte, wenn er die Pferde besorgt hatte, dort schlafen. Aber er unterließ das; seine Natur sträubte sich dagegen, er wickelte sich in seinen Mantel, setzce sich in die Scallchür und schlief bald fcst ein. Als der Tag dämmerte, erwachte er indeß wieder und schritt in den Stall, um seine Pfeife und Tabak zu holen. Zu seinem gränzenlosen Schrecken aber gewahrte er, wie eine menschliche Gestalt auf seinem Bette lag. Er zündete die Laterne an, es war — der Todre. — Er brachte das ganze Haus m Alarm und das Räthsel ward bald gelöst. Der Bursche war aus seiner Lethargie wieder zum Leben erwacht, war sich seiner Lage bewußt geworden, wollte in das Haus gehen, da versagte ihm die Ki^ft, er erreichte das Lager des Knechts. — Von diesem Moment an besserte es sich mit seiner Gesundheit und man hofft, ihn bald hergestellt zu sehen. (ventral-Halle. — In Leipzig baut der Stadtrath Hr. Lurg en stein ein kolossales, 10.000 Q- Ellen Flächenraum enthaltendes Gebäude, welches an der Promenade gelegen und den Namen „Cencral-Halle" führen wird. Es soll Folgende? enthalten: l. einen permanenten Bazar zum Verkauf aller Gegenstände des Lurus, der Mode und des häuslichen Bedarfs, nebst Condirorei und Bierhalle; 2. eine Börsenhalle, «200 Q. Ellen groß, welche den Besuchern Lectüre in allcn Sprachen bieten und ein Sammelplatz für Fremde und Emhmmjche seyn soll. In diesen Säle» sollen auch Aufstellungen Start finden, und eine Vorschnßaiistalr auf Waren wird damit verbunden werden. Die dritte Abtheilung, 5000 Q. Ellen groß, soll ein entsprechender Veieinigungs- punct für fortbildende, gemeinnützige und gesellige Zwecke werden, und in dem übrigen 1500 Q. Ellen enthaltenden Raum wird eine Badeanstalt für jede Jahreszeit, verbunden mit einer Milch- und Molkenanstalt, eingerichtet werden. ^apierkorb des Amüsanten. Dieser Tage klagte ein Schuster, (sagt der »Wanderer«) es sey ein honett gekleideter Mann in seine Werkstätte gekommen, und habe sich ein Paar Stiefel ausgesucht und anprobirr. Nach diesem gab der Mann vor, daß der Stiefel vom rechten Fuß ihm nicht passe, und beauftragte den Meister, den Fehler auszubessern, nahm aber den Stiefel vom linken mit sich. Der Schuster frug um die Adresse des Käufers, um später durch den Lehrzungen ihm den zweiten Stiefel zu übersenden. Es wurde dem Meister.eine falsche Adresse angegeben, denn als der Lehrling in die bezeichnete Wohnung kam, fand er weder seinen Mann, noch den bewußten Stiefel. Der Schuster konr.te sich Anfangs nicht erklären, was der mystische Käufer mit einem Stiefel an-, fangen wolle, horte aber zu seinem größten Erstaunen vom Nachbarschuster, daß zu diesem ebenfalls ein Herr gekommen sey, und unter obigen Vorkehrungen den Stiefel vom rechten Fuß mit sich nahm. Nach gepflogener Untersuchung und Zusammentreffen der Umstände ergab sich das Resultat, daß die beiden Schuster angeschmiert wnrden, was mir den Worten bezeichnet werden kann : „Die Schuster haben Pech.« ^. Es entsteht nun hieraus eine Schuster - Pech-Entschädi-qunqsfrage, die wir ausgleichen möchten. Der Schuster mit den/ rechten vereinigte sich mir jenem mit dem linken, und sie haben ein Paar (Stiefels sie verkaufen dieses Paar, und haben Jeder den halben Verlust. — Wir empfehlen den beiden Meistern und ihren sämmtlichen Collcgen,für die Zukunft vorsichtiger zu Werke zu gehen. Eorrespondenz. ^ Tressen am 16, Mälz ,849. So wie der gestriae Tag im Lande ein Tag der allgemeinen Feier war, so ist «r auch für bei, Bezirk Tr.ss.n ein Tag der «rosilen und er» habensten Festivität gewesen. Diele Festivität aalt nämlich, die ungeheu«' chelte Freude und 0e» tiefgefühlten Dank für tie von Sr. Majestät Kaiser Ferdinand I- im Monate Mär, v. I. seinen Völkern verheißene und von Allerhöchstihre.n Nachfolger. Sr. Majestät Kaiser Franz Joseph I. unter tz. d. M. getreulich verwirklichte Reichs - Konstitution. Gin am nächstvorhergcgangenen Sonntage allgemein von der Kir« chenkanzel auf Anordnung des hochwürdigsten f. b. Ordinariates verkün-deteL Hobamt mn1'enn, welkes i„ der Pfarrkirche zu Treffen vom da. sigen Herrn Pfarrdechante unter Assistenz seiner beiden Herren (äooreratoren feierlichst abgehalten wurde und dessen Haurtmomente Pöllerlchusse und Kleingewehrsalven einer von dem dasigen Herrn Finanzwach - Kommissär bei der Kirche aufgestellten Finanzwachlrnpre bezeichneten, fand Glatt, bei w.lcher kirchlichen Feierlichkeit sich in loco Tressen nicht nur das ge-sammle llmlsrerso„ale des dasi.ien l. f. Ve,ircscom,nissari.>tes und sämmtliche Honoratioren des Ortes und der Umgegend belheüigten. sondern man sah auch das Landvolk, wie an jedem andern grössten Festtage dem Tempel der bleibe scharenweise zuströme» . um lem Lenker der Welten für das kaiserlich lojale sten Dank darbringen und c>.s Hnnmels reichlichsten Gegen der Weisheit, des ^tarrmulhes und dcr Wohlfahrt über unsern biedern jugendlichen Monarchen und seine Ralhgeber zu erfl.he,. Diese so allaemeine. au° sichtlich danßerfüllter Rührung hervor-gegangene «elh.lligun., der Landbevölkerung an diesir Feierlichkeit, gepaart mit deren auidrücklichen. lauten Aeusserungen. liefert den un«' widcrsurochlichsten 5cnieis. welch' gesunde» 5i,n, s,> trotz der vielfältigen, im Verlaufe des eben verlebten Jahres erfahren.n Verführungen, Aufreizungen und W>rr»iss>', für ihren angestammten Kaiser zu bewahren wußte, welch' höchst billigenden Anklang das a. h. kais. Manifest vom 5. d. M. uno das demselben zugleich gefolaie Neichsconstitutioi's ° u„d Ur, barialablölungs - Patent unter ihr f,,nd . und wie sehr in ihr. stets fern von all"« Naccnkamvf und Separationsgeiste, der Wunscl, nach cinem, eben in dieser kaiserlichen Constitulions » Urkunde ausgesprochenen einigen und starken Oesterreich liege» Verleger: Iguaz Alais Kleinmayr.