Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) Die Philharmonische Gesellschaft zu Laibach wurde im Jahre 1794 gegründet. Die Anregung kam von dem Laibacher Bürger, Kaminfegermeister und ausgezeichneten Liebhaber-Violoncellisten Karl Moos und von dem Arzt Karl B. Kogl. Die beiden Musiker gewannen noch zwei Mitbürger hinzu und gründeten mit ihnen ein Streichqaartett. Die ersten Werke, die man übte und aufführte, waren Werke von Ignaz Pleyel, Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart. Vom Streichquartett kam die Initiative, in Laibach einen Musikverein zu gründen. Laibach hatte auf diesem Geriet schon eine Tradition, weil im Jahre 1701 eine „Academia philharmonicorum“ neben einer noch älteren „Academia operosorum“ (1693) entstanden war. Die Initiative traf auf positive Resonanz, und bald meldeten sich viele Laibacher Bürger – Kaufleute, Maler, Lehrer, Geistliche und Gewerbetreibende – als Mitglieder. In der neuen Vereinigung waren sowohl „Tonkunstkenner“ als auch „Tonkunstliebhaber“ vertreten. Begeisterung und Verehrung verhalfen zu baldigen öffentlichen Auftretens. Schon die erste „Akademie“ (so hießen die Konzerte bis 1836) wurde durch eine „kurze Symphonie“ eingeleitet. Um welche Sinfonie es sich handelte, ist nicht bekannt, allerdings war der Erfolg sehr groß. Später wurden die Programme hauptsächlich vom Orchester gestaltet. Die Gesellschaft machte sich unverzüglich an die Anschaffung der notwendigen Musikalien und Instrumente. So wurde Notenmaterial von Werken Pleyels, Haydns, Adalbert Gyrowetz’, Ludwig van Beethovens, Franz Anton Rösler-Rosettis und anderer Komponisten angekauft. Die Auswahl der Namen zeigt die Stilrichtung der neuen Gesellschaft an: Sie entschied sich für die damals aktuellen zeitgenössischen Künstler. Weil sich die Mitgliedzahl vergrößerte, wurden die Konstituierung der Vereinigung und die Ausarbeitung von Statuten notwendig. Die erste Fassung mit dem Titel Statuten der musikalischen Gesellschaft zu Laibach wurde im Jahre 1796 gedruckt. Die zweite Fassung folgte schon im Jahre 1801. Die Statuten sind noch heute ein interessantes Dokument: Aus ihnen gehen Tätigkeit und Organisation der Vereinigung hervor. Die Statuten haben auch Ehrenmitgliedschaften vorgesehen. So heißt es im Artikel 25: „Auch auswärtige Musikfreunde, die durch ihre ausgezeichneten musikalischen Talente und Verdienste der Gesellschaft nützen können, werden mit Vergnügen als Ehrenmitglieder aufgenommen.“ Die Mitglieder der Gesellschaft mußten die materiellen Mittel für ihre Tätigkeit selbst aufbringen. Instrumente und Musikalien mußten angeschafft werden, die wöchentlichen Akademien waren mit Auslagen verbunden. Schon früh wurden auswärtige Künstler zum Auftreten verpflichtet und auch honoriert. Alle derartigen Auslagen wurden durch freiwillige Spenden der Mitglieder bestritten.1 Jede Woche Konzerte zu veranstalten, war eine große Leistung für die zumeist doch nicht-professionellen Musiker. Daß Haydns Musik schon damals beliebt war, zeigte eine Akademie, die zu Ehren von Admiral Nelson und Lady Hamilton anläßlich ihrer Reise 78 PRIMO KURET (1935) 1 Vgl. Primo Kuret, „Die Rolle und die Tätigkeit der Philharmonischen Gesellschaft in Ljubljana“, in: Festschrift Rudolf Bockholdt zum 60. Geburtstag, hrsg. von Norbert Dubowy und Sören Meyer-Eller, Ludwig 1990, S. 367. nach Wien im Jahre 1797 veranstaltet wurde, wo auch Haydns Militär-Sinfonie aufgeführt wurde.2 Der außerordentliche Anklang, den das Auftreten der Gesellschaft und ihre Tätigkeit in Laibach gefunden hatten, verhalf zu Selbstvertrauen und veranlaßten – ohne Überheblichkeit – z r Achtung vor den gezeigten Leistungen. So entschloß man sich, den Statuten gemäß, „auswärtige Musikfreunde“, wie es heißt, als Ehrenmitglieder aufzunehmen. Unter den ersten, die eingeladen wurden, war „der Liebling der Nation“ (Wiener Diarium vom 18. Oktober 1766) oder „das erste musikalische Genie des Zeitalters“ (The Morning Chronicle vom 11. März 1791), Joseph Haydn, der die Einladung im Jahre 1800 gern annahm. Später folgten als Ehrenmitglieder Beethoven (1819), Niccolo Paganini (1824), Johannes Brahms (1885), Eduard Hanslick und viele andere. Über Haydns Mitgliedschaft sind einige Einzelheiten bekannt. So schreibt z.B. Dr. Friedrich Keesbacher, Autor des ersten Buches über die Philharmonische Gesellschaft folgendes: „Im Jahre 1800 nahm Haydn, der unsterbliche Tondichter, die Aufnahme in den Verein an. Betreffs dieser Aufnahme will ich einige interessante Details anknüpfen. – Die Gesellschaft hatte nämlich ein Ehrenmitglied in Wien, einen geborenen Krainer, den pens. Landschaftstrompeter Wolfgang Schmith, der allerlei Aufträge für den Verein in Wien besorgte. Um diese Zeit nun reiste der Domherr Pinhak über Wien nach Böhmen und Mähren. Dieser, mit einem Empfehlungsschreiben an Schmith versehen, hatte den Auftrag. Haydn um die Aufnahme der Ehrenmitgliedschaft zu ersuchen. Unser geliebter Haydn aber befand sich damals gerade beim Fürsten [Esterhazy] zu Eisenstadt, berichtete Schmith nach Laibach. Pinhak reiste nun weiter und traf am Rückwege mit Haydn zusammen. Über diese Zusammenkunft schreibt nun Schmith. der Jüngere, der ebenfalls zugegen war, an seinen Freund Johann Novak: ,Es wird ohne Zweifel die ganze löbliche Gesellschaft sehr erfreuen, daß sich unser unsterblicher Haydn so bereitwillig finden ließ, ein Mitglied derselben zu werden und ihr durch seinen Beitritt einen neuen Glanz zu verschaffen. Seine Worte dabei waren: Ich erkenne die Ehre, so mir die philharmonische Gesellschaft in Laibach durch Ihre Einladung erzeigt, und weiß solche zu schätzen, nur bedauere ich, daß ich ihr mit meinem Beitritt nicht viel nützlich sein werde. Er war sehr erfreut, daß eine inländische Gesellschaft schon so weit gediehen ist. Wie stolz war ich nicht in diesem Augenblicke auf meine Vaterstadt. Er gab uns auf Ansuchen sogleich ein neues Amt von seiner Komposition, wo ich für die Kopiatur 12 fl. erlegte; er spielte auf dem Klavier und sang dazu die meisten Anfänge, damit der Herr Kanonikus sowohl die verschiedenen Tempo ’s, als auch hin und da den wahren Ausdruck hören und es alsdann Ihnen, als dem so würdigen (Musik-) Direktor sagen könne, wie es Haydn haben will, auf daß Sie die ausübenden Künstler, sowohl einzeln als auch zusammen, unterrichten und hauptsächlich von aller Art unnöthiger Verzierungen abhalten, welche zu weiter nichts, als zur Verunstaltung so einer äußerst delikaten Komposition beitragen, da diese ohnehin schon allen möglichen Ausdruck, so wie es steht, in sich enthält und die größte Schönheit, wie Sie selbst wohl wissen, nur vom richtigen Tempo, gehörigem Schatten und Licht und genauer Produktion abhängt. Schreiben Sie mir doch, lieber Freund, wenn Sie dieses Amt werden ausgeführt haben, wie es 79 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) 2 Vgl. Friedrich Keesbacher, Die philharmonische Gesellschaft in Laybach, Laybach [Laibach] 1862, S. 30; Roland Tenschert, Frauen um Haydn, Wien 1946, S. 18. Ihnen Allen gefällt. Die Schöpfung, wenn Sie dieselbe ausführen sollten, würde ich aber vorzüglich einer genauem Produktion nach vielen Proben anempfehlen.‘“3 Alles das mußte Pinhak dem damaligen Orchesterdirektor der Philharmonischen Gesellschaft, Janez Krstnik Novak, erklären. Leider ist aber der Brief nicht erhalten. Die Kopie aller Vokal- und Instrumentalstimmen von Haydns Kopist Johann Elssler aus dem Jahr 1800 befindet sich heute in der slowenischen National- und Universitätsbibliothek (NUK). Es ging um die Missa in tempore belli [Messe in Kriegszeit], wegen ihres charakterischen Paukensolos im Agnus Dei als Paukenmesse bekannt, die Haydn im Jahre 1796, also nach englischen Reisen, geschrieben hatte. Die Messe entstand nach einer langen Pause in Haydns kirchenmusikalischem Schaffen. Nikolaus Esterházy wünschte den Namenstag seiner Gattin durch ein musikalisches Hochamt gefeiert zu sehen. Sie ist zu einer Zeit entstanden, in der Österreich im Krieg mit Frankreich verwickelt und in höchster Gefahr war. „Daß Haydn diesen aktuellen Zeitbezug in dieser Messe auch musikalisch zum Ausdruck gebracht hat, entspricht seiner völlig unkomplizierten Religiosität, die nicht zwischen Erhabenem und Irdischem getrennt hat.“4 Ihre erste Aufführung erlebte diese Messe zur Primiz des Paters Joseph Hoffmann aus dem Piaristenorden am 26. Dezember 1796 in der Piaristenkirche Maria Treu in der Wiener Josephstadt. Im Jahre 1797 hatten die Franzosen für ein paar Monate auch Laibach besetzt. Das Jahr 1796 war auch das Jahr der Schöpfung, und als Krainer Besucher bei Haydn waren, war das Werk schon fertig. Solche Auszeichnungen wie die Ehrenmitgliedschaft der Laibacher Philharmonischen Gesellschaft hat Haydn oft bekommen. So wurde er im Jahre 1798 zum Mitglied der Königlich Schwedischen Akademie, im Jahre 1801 zum Ehrenmitglied der Gesellschaft der Verdienste „Felix meritis“ in Amsterdam und gleichzeitig zum auswärtigen Mitglied des Institut de France in Paris ernannt. Schon früher, im Jahre 1791, hatte er das Ehrendoktorat der Universität Oxford erhalten. Nach Laibach erklärten ihn noch die Société académique des enfants d’Apollon in Paris und im Jahre 1808 die Philharmonische Gesellschaft zu St. Petersburg zum Ehrenmitglied. Also alle renommierten ausländischen Musikvereine trugen ihm die Mitgliedschaft an. Vielleicht deshalb betonte Haydn im Gespräch mit Laibacher Besuchern, daß ihm eine inländische Gesellschaft das Ehrendiplom verliehen hat. Die Wiener Gesellschaft der Musikfreunde wurde erst im Jahre 1812 gegründet. Die Messe in C-Dur oder Paukenmesse wurde in Laibach am Sonntag, dem 28. Dezember 1800, aufgeführt. Die Laibacher Zeitung schrieb: „Sonntag den 28. Dezember wurde in der Pfarrkirche zu St. Jakob von der Philharmonischen Gesellschaft allhier ein feierliches Hochamt von der Composition des deutschen Tonkünstlers Haydn im vollständigen Chor abgehalten. Der Künstler hatte mit diesem Hochamt der Gesellschaft selbst ein Geschenke gemacht, als er von selber zum Ehrenmitgliede ernannt worden war. Der Geist Haydn’s waltet unverkennbar in den feyerlichen Accorden seines schöpferischen Productes und da auch die Gesellschaft in der Ausführung dem Künstler durch 80 PRIMO KURET (1935) 3 Keesbacher, Gesselschaft, s. Anm. 2, S. 25. 4 Otto Biba, „Die kirchenmusikalischen Werke Haydns“, in: Joseph Haydn in seiner Zeit. Eisenstadt 1982, S. 142-151 Anstrengung huldigte, so mußte notwendig jene allgemeine Bewunderung folgen, die dieses Unternehmen gefunden hat.“5 Von da an mehrten sich Haydns Werke auf den Programmen der Philharmonischen Gesellschaft, was auch der erhaltene Musicalien-Catalog der philharmonischen Gesellschaft in Laibach zum Gebrauche für auswärtige Herren Mitglieder dieser Gesellschaft. No. 1, Seit 1. Nov. 1794 bis letzten Juni 1804. also aus den ersten Dezennien ihrer Wirkung, bezeugt. Der Katalog ist systematisch in drei Kapitel geordnet: das erste Kapitel umfaßt „Kammer-Musik“, das zweite „Sing- und Kirchen Musik“ und das dritte „Forte-Piano Das erste Kapitel hat noch weitere Unterabteilungen wie „Symphonies”, „Ouvertures“, „Symf. Concertes“, „Serenates, Sept. et Sext.“, „Quintuors“, „Quatuors“, „Trios“ und „Harmonies”. Unter den Sinfonien sind die zahlreichsten eben die von Haydn (42), was auf die damalige große Popularität des Meisters in Laibach hinweist. Haydns Werke finden wir auch in anderen Sparten, so z. B. besaß die Phil-harmonische Gesellschaft alle drei seiner Oratorien: die Sieben Worte (Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze), Die Schöpfung und Die Jahreszeiten. Das Orchester der Philharmonischen Gesellschaft umfaßte zu dieser Zeit 25 Musiker und zwar „Violini primi 4, Violini secondi 4, Viola 2, Violoncello 2, Oboe 2, Clarinetti 2, Flauti 2, Fagotti 2, Corni 2, Clarini 1, Tympani 1, Contrafagotto 1“, was der damaligen Orchesterpraxis entspricht.6 Haydns sakrale Werke, die in Laibach aufgeführt worden sind, können wir in drei Gruppen untergliedern. Zuerst die Messen, dann das Oratorium Sieben Worte, das besonders oft aufgefuhrt wurde, und schließlich die beiden großen Oratorien Die Schöpfung und Die Jahreszeiten, obwohl letzeres nicht gerade ein sakrales Werk ist. 1. MESSEN Haydn schrieb für die Kirche nicht anders als für den Konzertsaal. „Der einzige Unterschied liegt in der Stoff wahl, den Texten und der Bindung an bestimmte traditionelle Formen. Er schrieb seine Kirchenmusik für dieselben Menschen, die seine Sinfonien hörten. Er wußte, daß er in der Kirche sogar noch weitaus breitere Schichten des einfachen Volkes erreichte, als sie in den Konzertsälen zu finden sein konnten. Ihnen allen suchte er mit seiner Kunst zu dienen.“7 Die Haydn-Begeisterung in Laibach war so groß, daß die Philharmonische Gesellschaft schon im nächsten Jahr, also im Jahre 1801, Haydns Oratorium Die Schöpfung aufführte, was später noch oft geschah. Doch zurück zu den Messen. Neben der Paukenmesse führte die Philharmonische Gesellschaft statutengemäß alljährlich in der Domkirche eine Festmesse zu Ehren der hl. Cäcilia auf. Auf den Programmen standen zumindest eine große Messe in B-Dur und eine Messe in C-Dur von Haydn. 81 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) 5 Laibacher Zeitung (im Folgenden: LZ), Dezember 1800, Nr. 105. 6 Keesbacher, Gesselschaft, s. Anm. 2, S. 30. 7 Horst Seeger, Joseph Haydn, Leipzig 1961, S. 125f. Die Laibacher Zeitung schrieb: „Am Sonntag, den 21. XI. 1852, feierte die gedachte Gesellschaft in der Domkirche das heilige Cäcilienfest mit der großen Messe in C-dur von Jos. Haydn, dann mit einem Graduale von Winter und mit dem ausgezeichneten Hymnus von W. A. Mozart, wobei sich die P. T. Mitglieder der Gesellschaft ohne Zweifel zahlreich einfinden werden.“8 Es ist nicht klar, um welche Messe es ging. War es die Cäcilienmesse, Mariazellermesse oder Paukenmessel Alle drei sind nämlich in C-Dur, alle drei sind sog. „große“ Messen. Der Chronist erwähnte des Weiteren am 27. November 1865 „eine große Messe in B-dur“. Um welche Messe in B-Dur es geht, kann man ebenfalls nicht genau feststellen. Haydn hat zwei Messen in B-Dur geschrieben: als erste die Missa brevis Sancti Joannis de Deo und als zweite die Missa Sancti Bernardi von Offida aus dem Jahre 1796. Weil die Missa brevis eine kurze Messe ist, kann man voraussetzen, daß es hier um die andere Messe in B-Dur, die auch den Namen „Heiligmesse“ hat, geht. Der Chronist schrieb des Weiteren: „Haydns große Messe in B-dur erfüllte die Herzen der zahlreich Anwesenden mit den Gefühlen der Andacht. Die Aufführung war eine so gelungene, wie wir solche von der philharmonischen Gesellschaft bereits gewohnt sind. Die Soli waren in den Händen der Damen Fr. Eberhart und Cölestine Pückler und den Herrn Ledenig und Landesrath Dr. Schöppl. Die Einlagen bestanden aus einem ,Ave Maria‘ von Nedved für Sopran-Solo mit Orgelbegleitung, vorgetragen von Frau Leopoldine Gregoric, und einem vierstimmigen gemischten Chor von Nedved ‚Zora jutranja‘. Es tauchte in uns während der Messe, als die herrlichen Klänge und Melodien Haydns an unser Ohr drangen, die alte Frage wieder auf: Warum hat Laibach nicht immer eine solche Kirchenmusik?“9 Neben Haydns Messen waren in diesen Jahren auf den Programmen noch Messen von Albin Mašek (dem Bruder von Kaspar, Kapellmeister der Philharmonischen Gesellschaft), Kamilo Mašek (1851), Bernard Hahn (1867), Anton Nedvfd (1857), Veit (1862) und Jan Nepomuk Vitásek (1858). 2. ORATORIUM SIEBEN WORTE Das Oratorium Sieben Worte des Erlösers war für Haydn ein Glücksfall, das bewies der außerordentliche Erfolg des Werks, welches nicht nur in der Originalfassung, sondern auch in der Bearbeitung für Streichquartett sowie im Klavierauszug stärkste Verbreitung erlangte. „Die Komposition ist auf Einfachheit und leichte Verständlichkeit gestellt, da der Komponist die Wirkung von Herzen zu Herzen – namentlich in dem romanischen Bestimmungsland – mit sparsamen Mitteln am sichersten zu erzielen hoffte.“10 Im Jahr 1846 führte die Gesellschaft ihren Mitgliedern außer ihren üblichen Konzerten zwei große Oratorien vor: „am 3. April die bereits Stereotyp gewordenen ,Sieben Worte‘ 82 PRIMO KURET (1935) 8 LZ vom 19. November 1852. 9 LZ vom 27. November 1865. 10 Karl Geiringer, Joseph Haydn. Potsdam 1932, S. 136. und am 6. Mai das große Oratorium in 3 Abteilungen von Friedrich Schneider ,Das Weltgericht‘“.11 Das Oratorium Sieben Worte war in den folgenden Jahren wegen seiner Eigenschaften neben Beethovens Christus am Ölberg (1852, 1856, 1870) das am häufigsten aufgeführte Oratorium der Philharmonischen Gesellschaft. Nach 1846 folgten weitere Aufführungen am 3. April 1855, 19. April 1859 und in der Saison 1864/65. Besonders nach dem Jahr 1858 hat die Philharmonische Gesellschaft oft größere vokal-instrumentale Werke aufgeführt. Mit eigenem Chor und Orchester, das (nach einigen Krisenjahren) wieder fähig war, solche Werke aufzuführen. Das Verdienst hatte der damalige Musikdirektor der Philharmonischen Gesellschaft, der Tscheche Anton Nedvfd (1829-1896), der im Jahre 1856 als Musiklehrer nach Laibach kam. Bald übernahm er die künstlerische Leitung der Philharmonischen Gesellschaft. Als Komponist (auch slowenischer Chöre und Lieder) und Dirigent nahm er eine zen-trale Position im musikalischen Leben der Stadt ein. Haydns Oratorium Sieben Worte beschrieb die Laibacher Zeitung wie folgt: „Wer die Schönheiten dieser Komposition kennt, diese wunderbare Elegie in Tönen, wie sie nur einem Haydn gelingen konnte, wird nicht versäumen zu erscheinen.“12 Und wenige Tage nach dem Konzert: „Die ersten Tage der Charwoche boten uns einen hohen musikalischen Genuß. Die philharmonische Gesellschaft brachte Haydns Oratorium, die sieben Worte des Erlösers am Kreuze‘ zur Aufführung, ein Kunstwerk, dessen hohe Vollendung hinlänglich bekannt ist, und das auch diesmal ein äußerst zahlreiches Publikum herbeigezogen hatte. Welchen mächtigen Eindruck machen diese sieben Adagios, um denen jedes Einzelne unsere Bewunderung verdient! – Vorher singen ein Chor aus ‚Paulus‘ von Mendelssohn-Bartholdy, und eine Sopran-Arie aus der ,Schöpfung‘ von Haydn. Letztere, sowie die Sopransolos in dem Oratorium sang Fräul. Sofie Glantschnig (Klanènik) und erntete nicht nur durch ihre, namentlich in den höheren Lagen liebliche Stimme, sondern auch durch den in-nigen, warmen, geschmackvollen Vortrag großen Beifall. Auch die übrigen mit Solos Vertrauten lösten ihre Aufgabe zur Zufriedenheit; die ganze Aufführung, obwohl hin und da ein wenig schwankend, war eine vortreffliche zu nennen und sind wir allen Mitwirkenden dafür zu Danke verpflichtet.“13 Sechs Jahre später (am 10. April 1865) stand das Oratorium wieder auf dem Programm. Diesmal war der Redoutensaal nicht so voll und auch nicht so besetzt wie bei den anderen Konzerten der Saison. Den Grund findet der Chronist „in dem durchweg ernsten Charakter der aufgeführten Tonwerke. Das große Publikum neigt sich mehr dem Heiteren, Amüsanten zu, und wenn es zu wählen hätte zwischen einer Offenbach’schen Operette und einer Passionsmusik, so zieht es erstere jedenfalls vor. Wir finden das ganz erklärlich; unsere Zeit, eine mehr und mehr vom Realismus und - gestehen wir es nur – vom Materialismus durchsetzte Zeit, verliert immer mehr das Verständnis für jene Ideale, welche unsere Väter und Großväter noch mit Begeisterung und Entzücken erfüllten. Man lächelt jetzt über die Glaubensinnigkeit, welche die Komponisten des vorigen Jahrhunderts in ihren Tonschöpfungen zum Ausdruck brachten, und doch sind die genialen 83 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) 11 Keesbacher, Gesellschaft, s. Anm. 2, S. 91. 12 LZ vom 16. April 1859, Nr. 86. 13 LZ vom 23. April 1859, Nr. 92. Männer äußerst selten geworden, welche Oratorien, wie ,die sieben Worte‘, oder ,Messias‘, schaffen. Wer aufmerksamen, empfänglichen Sinnes, ver-ständnisvollen Gemüthes, das im Großen und Ganzen ausgezeichnet aufgeführte Oratorium ‚Die sieben Worte des Erlösers‘ von Haydn gestern Abend anhörte, der wird sagen müssen, daß diese Tondichtung überaus reich an musikalischen Schönheiten und daß ihre Wirkung eine erschütternde ist. Es weht uns daraus ,das große, gewaltige Schicksal, welches den Menschen zermalmt, indem es den Menschen erhebt‘ entgegen. Auch das Ernste, Erhabene ergreift und entzückt unser Gemüth, wenn es nur schön ist. Die Aufführung des Oratoriums war. wie gesagt, eine ausgezeichnete, die Chöre sangen vortrefflich und die Soli wurden von Frau Sophie Mozetic, Fräulein Clementine Eberhart, Herrn J. Ledenig und Herrn Dr. Anton Schöppl schön und ausdrucksvoll gesungen. – Nicht minder mächtig wirkte die große Arie: ,Auf starkem Flügel‘ aus Haydns Oratorium ‚die Schöpfung‘ […], die von Fräulein Eberhart vorher gesungen wurde […] Auch ein ,Ave Maria‘ für gemischten Chor, der das Publikum recht anzusprechen schien, ging dem Oratorium voraus. – Das Concert war daher, trotz seines ernsten, der Charwoche entsprechenden Charakters, ein genußreiches.“14 Der Sänger Anton Schöppl war ein Musikliebhaber, sonst ein Landrat, später sogar Hofrat und Adliger „von Sonnenwaiden“ genannt. Er fungierte als Direktor der Philharmonischen Gesellschaft zwischen den Jahren 1859-1874.15 3. DIE SCHÖPFUNG Der große Erfolg von Haydns Paukenmesse ermutigte die Philharmonische Gesellschaft, das Oratorium Die Schöpfung am Ende des Jahres 1801 aufzuführen. Über dieses Ereignis berichtete die Laibacher Zeitung: „Am 25. [Dezember] Abends ist in dem ständischen Redoutensaale allhier die Schöpfung, der Tonkunst größtes Meisterwerk, welches seinem Verfasser, dem Herrn Dr. Joseph Haydn den Lohn der Unsterblichkeit sichert, vom hiesigen Schauspieldirector Herrn Schantroch (nebenbei bemerkt einem der ausgezeichnetsten Leiter der hiesigen Bühne) - in Gegenwart einer Menge Zuhörer gegeben worden. Um alle möglichen Vollkommenheiten diesem großen Werke in der Aufführung zu verschaffen, haben sich die hiesigen P. T. Herrn Dilettanten und Mitglieder der philharmonischen Gesellschaft herbeigelassen mitzuarbeiten. Diesen hat man auch die Akkuratesse und das Erhabene mit Ausdrucke des Gesanges sowol als auch der übrigen musicalischen Instrumente vorzüglich zu verdanken, sowie man andererseits den Wert des von unserem Schauspieldirector gefaßten Entschlusses und seiner unermüdeten Anstrengung nicht verkennen darf. Die beim Eintritte abgereichte Summe hat 200 fl. betragen, wovon die Hälfte von dem Unternemer den Armen unserer Stadt gewidmet wurde. – Der ungeteilte Beifall, der diesem Stücke zugeklatscht worden ist, hat den Herrn Schantroch bewogen, diese musterhafte Cantate am 1. Jänner 1802 im nämlichen Saale zu wiederholen.“16 Leider erwähnte die Laibacher Zeitung keine Namen der Interpreten. Der Direktor Georg Schantroch war nicht nur Sänger und Schauspieler, sondern auch ein guter Dirigent. Das Textbuch des Oratoriums für diese Aufführung ist in der Musealbibliothek in Laibach erhalten. Schantrochs Theatergesellschaft kam von Klagenfurt nach Laibach und unterhielt das Publikum dort in den Saisonen 1801/1802 und 1802/1803 auch mit solchen 84 PRIMO KURET (1935) 14 LZ vom 11. April 1865, Nr. 83. 15 Keesbacher, Gesellschaft, s. Anm. 2, S. 122. 16 LZ vom 29. Dezember 1801. Werken wie Mozarts Zauberflöte, Giovanni Paisiellos Il fanatico in Berlino oder Carl Ditters von Dittersdorfs Hieronimus Knicker usw.17 Die Schöpfung war dann wieder im Jahre 1820 auf dem Programm, und „zwar mit Rücksicht auf den vorausgesehenen großen Besuch in dem mit einer Galerie versehenen großen Redoutensaale der krainischen Stände – dem ehemaligen Theatersaale der Jesuiten –; die Bibliothek des Museums Rudolßnum bewahrt das aus Anlaß dieser Aufführung ausgegebene Textbuch (kl. 8. 24 St.), dasselbe führt den Titel: Die Schöpfung in Musik gesetzt von weiland Herrn Joseph Haydn, Doctor der Tonkunst der hierortigens und wahrer musikalischen Gesellschaften Mitglied und Kapellmeister in wirklichen Diensten Hr. Durchlaucht des Herrn Fürstes von Esterhazy – Aufgeführt im hiesigen Redoutensaale von der philharmonischen Gesellschaft in Laibach - Gedruckt bei Joseph Saffenberg 1820.“18 Die nächste Aufführung fand am 21. März 1823 statt. Über diese Aufführung, die zum Besten des Musikschulfonds der Philharmonischen Gesellschaft gedacht war, besteht eine „Anzeige“19 und ein Bericht im Illyrischen Blatt.20 „Die Aufführung der Schöpfung von Haydn ist ein zu merkwürdiges Ereignis in unserer musikalischen Welt, als daß nicht auch in diesem Blatte etwas darüber gesagt werden sollte. Schon vor einigen Jahren wurde uns der Genuß zu Theil dieses Meisterwerk zu hören, allein man muß gestehen, daß die damalige Aufführung von der gegenwärtigen weit zurück blieb, die Hauptursache lag freylieh in der Besetzung der Chöre: denn damahls zählte man drey Soprane, jetzt ungefähr zwölf. Sämmtliche Solosänger thaten mit lobenswerter Anstrengung, was ihnen möglich war, und Mad. Maschek, wie Hr. Saal (Gabriel und Raphael), verdienten besonders unseren Dank, daß sie sich durch ihre kleine Heiterkeit nicht hindern ließen, uns diesen Kunstgenuß zu bereiten. Bey den Chören blieb uns nichts zu wünschen übrig; alle Piano und Forte waren genau beachtet, und bey den schwierigen Fugen war immer die größte Präcision im Eintreten der Stimmen hörbar. Mit ebenso lobenswerther Püncktlichkeit zeichnete sich das Orchester aus. Dank sey der Direction der philharmonischen Gesellschaft für das Bestreben, dem musikliebenden Publicum schöne Abende zu verschaffen, wovon die Wahl dieses Oratoriums den überzeugendsten Beweis gibt, dessen die damahls Anwesenden sich immer mit Vergnügen erinnern.“ Der Chronist der Gesellschaft, Friedrich Keesbacher, schrieb über dieses Ereignis folgendes: „Am 21. März wurde die Schöpfung von Haydn aufgeführt, unter einer Theilnahme, die nicht bloß der philharmonischen Gesellschaft, sondern dem ganzen Lande Krain Ehre macht. Wie ein Ereignis ging die Nachricht durchs Land und die Musiker aus den entfernsten Theilen des Landes (z. B. Neustadtl) zogen zur Metropole, um dort in der Schöpfung mitzuwirken. Der Chor war nach dem Urtheile der damaligen Presse dergestalt, daß er nichts mehr zu wünschen übrig ließ. Außerdem war der Chor noch verstärkt durch Leute aus der Militärkapelle, welche, ihren Direktor Oberlieutnant Callaus an der Spitze, mitsangen. Der Mädchenchor scheint damals 85 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) 17 Vgl. Joe Sivec, Opera v Stanovskem gledališèu v Ljubljani 1790-1861 [Die Oper im ständischen Theater zu Laibach von 1791 bis 1861], Laibach 1971, S. 26ff. 18 Peter von Radics, Die Geschischte der Philharmonischen Gesselschaft 1701-1907, S. 135. (Manuskript in der National- und Universität Bibliothek in Ljubljana, Musiksammlung. 19 LZ am 18. März 1823: „Freytag Abends, um 7 Uhr, wird von der Laibacher philharmonischen Gesellschaft zum Vortheile ihres Musikschulfondes im hiesigen landständischen Redoutensaale, die ,Schöpfung‘, großes Oratorium von J. Haydn, gegeben, welches hiermit vorläufig zur allgemeinen Kenntnis gebracht wird.“ 20 Illyrisches Blatt 14 vom 4. April 1823. bedeutend in Blüthe gestanden zu sein, denn die Schützengesellschaft gibt ein Gesuch an die philharmonische Gesellschaft ein, wo sie an den Mädchenchor das Ansuchen stellt, er möge aus Anlaß einer Festlichkeit zu Ehren des Geburtsfestes Sr. Maj. Kaiser Franz mitzuwirken die Gefälligkeit haben.“21 Auch Laibacher Bürger spürte instinktiv, daß sich in diesem Werk Außergewöhnliches ereignet und wurde nicht müde, es zu bewundern. Man kann dieser Musik nur zustimmen und sagen, daß sie auch in Laibach ein „Herzenserfolg“ war. Die nächste Aufführung erfolgte am 23. Dezember 1866: „Die, wie bereits erwähnt, unfreiwillig verspätete Wiederaufnahme der Concerte, so wie die Eröffnung des neu restaurirten Saales konnten nicht würdiger inauguriert werden, als durch die am 23. December veranstaltete Vorführung der ,Schöpfung‘ von J. Haydn, welche durch das Gelungene der Vorführung für die Gesellschaft eine hervorragende Erscheinung im Laufe ihrer Geschichte, für Laibach geradezu ein musikalisches Ereignis wurde. Volle dreiundvierzig Jahre, also nahezu ein halbes Jahrhundert, sind verflossen, seit die Phil. Ges. sich nicht mehr an das Meisterwerk Haydns wagte. Die heurige Aufführung war nach dem Urtheile von Leuten, welche derselben von damals beiwohnten, über jeden Vergleich erhaben, und stellenweise geradezu vollendet zu nennen. Die Solopartien fanden in den Händen des Fräuleins Eberhart und der Frau Anna Pessiack, dann der Herren Ander, Melkus und Podhorski, eine nach jeder Richtung künstlerisch gestaltete Vertretung. Letztere drei Herren, Mitglieder unserer landschaftlichen Bühne, haben auf besondere Liebenswürdigkeit und Gefälligkeit gegen die Gesellschaft die betreffenden Parte übernommen, das Publikum nahm jede Nummer, jedes Recitativ, jede Arie, jeden Chor mit stürmischem Beifalle auf und rief nach jeder Abtheilung den Musikdirector Nedved. Der neu restaurierte, mit Gas erleuchtete, von der Gesellschaft durch Anschaffung neuer und eleganter Rohrsessel anstatt der antiquirten und unbequemen Holzbänke, elegant möblirte Saal, machte bei dem äußerst zahlreich versammelten Publikum den wohltuendsten Eindruck, und nur Eine Stimme der Anerkennung wurde laut für den Ingenieur Eugen Brunner, welcher durch seinen geläuterten Geschmack den öden trostlosen Raum des alten Saales zu einem so freundlichen und angenehmen Lokale umgewandelt hat.“22 Auch der Kritiker der Laibacher Zeitung war zufrieden: „Die Besetzung war diesmal eine ganz außergewöhnliche; es mochten an die 150 Mitwirkende am Podium versammelt gewesen sein, eine Anzahl, die für Laibach jedenfalls eine achtunggebietende genannt zu werden verdient […]. Lobenswerth hielt sich das Orchester, daß in manchen Nummern sogar ganz Vorzügliches leistete, so namentlich in der Introduction, das Chaos darstellend, dann bei dem in den blendenden Tönen gemalten Sonnenaufgang und bei der schwierigen Begleitung des Rezitativs ‚Gleich öffnet sich der Erde Schooß‘ […]. Bewunderung aber und Dank gebührt vor allem dem Manne, dessen eisernem Willen, energischer Thatkraft und künstlerisch geläutertem Geschmacke Laibach solche Genüsse verdankt, dem tüchtigen Musikdirector des Vereins, Herrn Anton Nedved, welcher auch den nach jeder Abtheilung folgenden stürmischen Beifall reichlich verdiente und darin eine Anerkennung seiner Bemühungen finden konnte.“23 Der Erfolg war so groß, daß schon am 15. April 1867 auf mehrseitiges Verlangen hin der Verein Die Schöpfung wiederholen mußte. Die Soli sangen Clementine Eberhart, Anna Pessiack, dann die Herren Ander, Lorrmann und Podhorsky. Für den Baßpart berief die 86 PRIMO KURET (1935) 21 Keesbacher, Gesellschaft, s. Anm. 2, S. 62. 22 Vierter Jahres-Bericht der philharmonischen Gesellschaft in Laibach, hrsg. von der Direction, redigiert von Friedrich Keesbacher, Laibach 1866, S. 19-20. 23 LZ vom 27. Dezember 1866, Nr. 294. Direktion eigens Herrn Lorrmann, Mitglied des landschaftlichen Theaters in Graz. Über die Aufführung lesen wir: „Die philharmonische Gesellschaft führte am verflossenen Montag zum zweiten Male in dieser Saison Haydn’s Schöpfung, über mehrseitiges Verlangen, wie uns der Maueranschlag verkündete, […] mit glänzendem Erfolge auf. Wir erinnern uns mit großem Vergnügen an die vollendete erste Aufführung dieses Tonwerkes und müssen gestehen, daß auch Wiederholung derselben eine ganz vorzügliche war. Die Solopartien wurden, mit Ausnahme des Raphaels, welche neue Besetzung durch Herrn Lorrmann nur eine vorteilhafte zu nennen war, von den uns als ausgezeichnet bekannten Kräften gesungen, und die Anerkennung war bei so gediegenen Leistungen eine gewiß wohlverdiente. Was unseren geschätzten Gast Herrn Lorrmann betrifft, so verfügt derselbe nicht nur über eine schöne, umfangreiche, aller Modulationen fähige Stimme, sondern weiß auch durch seine Vortragsweise, die er in der Partie des Raphaels in schönstem Lichte erscheinen ließ, zu fesseln. Wir lernten in ihm den denkenden, verständnisvollen Oratoriumsänger kennen und schätzen, und wünschen ihm zu seinen Mitteln und Fähigkeiten nur aufrichtig Glück. Unsere liebenswürdige und stets der Kunst zu dienen bereite Sängerin Clementine Eberhart verpflichtete das Publicum aufs neue zu großem Danke, wie nicht minder Frau Anna Pessjak, welche die Partie der Eva mit der an dieser Dame gewohnten Vollkommenheit sang. Herr Ander, dessen Stimme und geistige Auffassung wir schon häufig in ausgezeichnedster Weise erwähnt haben, verdient unseren wärmsten Dank für die liebenswürdige Bereitwilligkeit, mit der er allen an ihn gestellten Anforderungen entspricht. Herr Podhorsky sang die Partie des Adam in trefflicher Weise. Chor und Orchester waren präcis, und somit gestaltete sich die ganze Aufführung unter der erprobten und tüchtigen Leitung Herrn Nedveds zu einer äußerst gelungenen. Leider war das Concert nicht so besucht, wie es wünschenwerth gewesen wäre.“24 Die Aufführung am 26.3.1877 erlebte der Berichterstatter der Laibacher Zeitung so: „Wiederholung des Oratoriums, Die Schöpfung‘ im landschaftlichen Theater zugunsten des Vereinsfondes. Das festlich beleuchtete und in allen Räumen gefüllte Haus spendete nach jeder Nummer reichlichen Beifall und außerdem wurde den Wiener Gästen: Frau Mendlik, Fräulein Schüller und Herrn Mendlik, unter stürmischem Applaus eine Blumen-Ovation gebracht, und am Schlüsse der Vorstellung wurde auch Herr Musikdirektor Nedved lebhaftest begrüßt, der sich durch die für Laibach ein musikalisches Ereignis bildende Aufführung der ,Schöpfung‘ so große Verdienste erworben hat.“ Auch diese Aufführung war – nach den Worten des Berichterstatters – „ein hochinteressantes musikalisches Ereignis für unsere Stadt“. Die Gesellschaft hatte große Schwierigkeiten mit den Solisten, also mußte man Sänger aus Wien einladen. Die Künstler kamen zwei Tage vor dem Konzert und machten zwei Generalproben mit. Die Solisten „haben über Einladung der philharmonischen Gesellschaft die Durchführung der Partien Rafael und Adam, Eva und Gabriel in uneigennützigster Weise, ohne jeden Honoraranspruch übernommen und sich daher durch ihre Gefälligkeit allen Anspruch auf den Dank der Gesellschaft erworben. - Der Chor der mitwirkenden Damen und Herren wird aus circa 70 Personen, das Orchester aus 40 bis 50 Musikern bestehen.“25 87 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) 24 LZ vom 18. April 1867. 25 LZ vom 26. März 1877, Nr. 69. Das Konzert wurde nach zwei Tagen im landschaftlichen Theater wiederholt. Der Reinerlös war für den Fond der Gesellschaft bestimmt. Das Publikum war begeistert, und der Kritiker schrieb: „Das Publikum konstatierte durch sein außerordentlich zahlreiches Erscheinen und durch die gespannte Aufmerksamkeit, mit der es der ewig schönen Tondichtungfolgte, sowie mit dem lauten Beifalle, den es den hervorragenden Leistungen spendete, das hohe Interesse auch äußerlich noch gesteigert durch die zahlreichen Hindernisse, die sich der Vorführung der ,Schöpfung‘ vom Anfang her entgegenstellten: zerschlagene Unterhandlungen mit einem berühmten Wiener Bassisten, Wortbrüchigkeit eines anderen, weniger berühmten Bassisten, sowie endlich die Absage vonseiten unserer gefeierten Primadonna, die den Part des Gabriel für die erstprojektierte Aufführung bereits übernommen hatte und ihn nun aus nicht näher bekannten Gründen zurücklegte. Trotz alledem wurde das Tonwerk gestern abends, wenngleich dies nur dadurch möglich wurde, daß man mit Ausnahme des Parts des Uriel, den Herr Razinger übernahm, sämmliche Solisten aus Wien verschrieb, in der That eine wenig schmeichelhafte Thatsache für die Leistungsfähigkeit unserer philharmonischen Gesellschaft, umsoweniger, als selbst die kleinen Solopartien cumulativ von den Gästen übernommen wurden. Die Thatsache erscheint nur deshalb in etwas besserem Lichte, als es gewiß nicht unmöglich gewesen wäre, wenigstens theilweise die Solo-partien mit Mitgliedern der Gesellschaft zu besetzen. Was die Aufführung anbelangt, so waren Orchester und Chor gut studiert und wurde namentlich der grandiose Chor, Die Himmel erzählen‘ in wirksamer Weise exekutiert. Der Damen- und Männerchor haben sich die Sache Ernst sein lassen und so sich ein großes Verdienst erworben.“ Der Kritiker lobte auch die Solisten und den Dirigenten: „Unsere Anerkennung auch Herrn Nedvfd für die mühevolle Arbeit des Einstudierens eines so bedeutenden Werkes.“ Am Ende aber hat er eingewendet: „Der gestrige Abend war zugleich der 50. Sterbetag Beethovens. Hat auch die philharmonische Gesellschaft diesen Tag durch die Vorführung eines Haydn’schen Werkes in hervorragender Weise geehrt, so wäre es vielleicht doch ein Akt der Pietät gewesen, gerade an diesem Tage Beethoven’s Namen nicht ganz vom den Programme zu verbannen.26 Auch die Wiederholung „wurde in jeder Richtung noch besser und vollendeter aufgeführt als das erstemal“. Auch diesmal war das „festlich beleuchtete Haus sehr gut besucht“.27 Die nächste Aufführung der Schöpfung war am 12. April 1892 als außerordentliches Konzert „zum Vortheile des Fondes unter solistischer Mitwirkung der Justine Ritter-Haecker (Gabriel, Eva), Opernsängerin aus Würzburg, sowie der Herren Carl Link (Uriel), sächsischer Kammersänger aus Graz, und Franz von Reichenberg (Raphael, Adam), k. k. Hofopernsänger und k. k. Hofkapellensänger aus Wien; ferner unter Betheiligung des Damen- und Männerchores der Philharmonischen Gesellschaft, letzterer verstärkt durch Mitglieder der Sängerrunde des Laibacher deutschen Turnvereines“. Dieses Konzert dirigierte Josef Zöhrer (1841-1916), ein Wiener, der bei Pirkhert, Epstein und Simon Sechter in Wien studierte, aber schon im Jahre 1865 als Lehrer nach Laibach kam. Im Jahre 1883 – als Nedvfd wegen seiner Krankheit abtrat – wurde Zöhrer 88 PRIMO KURET (1935) 26 LZ vom 27. März 1877, Nr. 70. 27 LZ vom 29. März 1877, Nr. 72. Musikdirektor des Vereines. Seine Ära in der Philharmonischen Gesellschaft war äußerst erfolgreich. Er blieb Musikdirektor bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1912. In dieser Zeit führte er fast alle sinfonischen Neuschöpfungen seiner Zeit auf (Sinfonien von Brahms, Antonin Dvoøák, Pëtr Èajkovskij, Anton Bruckner u. a.). Auch diesmal war die Kritik sehr positiv. Der Kritiker aber konnte sich über die moderne Musik nicht anders als kritisch äußern: „Das erste Jahrhundert, das seit dem Entstehen der, Schöpfung‘ vergangen, hat den unvergänglichen Schönheiten des unsterblichen Werkes, dessen Gründzüge erquickende Herrlichkeit, frische Natürlichkeit, die auch unter Thränen lächelt, sind, nichts anzuhaben vermocht. Den grübelnden Weltschmerz, nervenanfrierendes Stürmen und Grollen, pythisch verzücktes Gestammel und andere, den neuesten Componisten eigene Bilder des Empfindens suchen wir allerdings in der, Schöpfung‘ ebenso vergebens, wie die Jagd nach sinnbetäubenden Instrumentaleffecten. Haydn hat nach seinen eigenen Worten die Gottheit immer nur durch Liebe und Güte ausgedrückt, Liebe und Güte athmet sein Werk und dessen fröhliche Geschöpfe, und die Engelchöre preisen dankbar den gütigen Schöp-fer. Mit Staunen bewundern wir heute die einfachen Mittel, mit denen der Vater der Instrumentation so große Effecte erzielt hat. Wie erhebend wirkt der Aufbau des Dreiklangs in der Stelle, Es werde Licht‘, ferner bei der Schilderung des Sonnenaufganges, wie bezaubert uns die Tonmalerei, welche mitunter, wie im Mondesaufgang ahnungsvoll einem Jahrhundert vorauseilend, an verwandtes Geistesweben moderner Programm-Musiker mahnt. Die Musik muß poetische Ideen wiedergeben, diese Überzeugung der Programm-Musiker hat Haydn, der ursprünglichste Meister in der Schilderung von Naturereignissen, durch die Individualisierung der Instrumente zum beredten Ausdrucke gebracht. Das schöne Werk wurde durch die mustergültige Aufführung unserer Philharmoniker unter der Leitung ihres Musikdirectors Herrn Zöhrer auf das würdigste gefeiert und errang trotz vieler Hindernisse, unter welchen die traditionellen Absagen der Solisten den Vorrang behaupteten, durch die prächtigen Leistungen des Künstlerkleeblattes von Reichenberg, Ritter-Häcker (Gattin des auch dem hiesigen Publicum wohlbekannten Erfinders der Viola alta) und Link einen großen Triumph […]. Der Chor erfüllte seine gewaltige Aufgabe durch die in edlem Stile, mit dem Feuer künstlerischer Begeisterung und äußerster Präzision gesungenen Chöre in ausgezeichneter Weise und kann einen Hauptantheil an dem Gelingen des Concerts für sich in Anspruch nehmen. Nicht minderes Lob gebührt dem Orchester, welches sich auf das Beste den Solisten und dem Chore anschmiegte und sein Können in den mannigfachen charakteristischen Ton-malereien hervorragend dokumentierte… Der Besuch kann als mittelgut bezeichnet werden.“28 Die verschiedenen Arien aus der Schöpfung standen oft auf den Konzertprogrammen der Musikschule der Philharmonischen Gesellschaft und auch auf den Programmen anderer Konzerte. 4. DIE JAHRESZEITEN Die Jahreszeiten wurden in Laibach zum ersten Mal am 30. Dezember 1822 unter dem damaligen Musikdirektor Johann Georg Altenburger zur Aufführung gebracht. Der gemischte Chor zählte damals 40 Sänger und Sängerinnen, das Orchester nahezu 60 Mitglieder. 89 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) 28 LZ vom 13. April 1892, Nr. 84. Die zweite Aufführung fällt ins Jahr 1839 unter Musikdirektor Leopold Ledenig, die dritte ins Jahr 1867 unter Musikdirektor Anton Nedvfd. Das Konzert fand am 23. Dezember zum „Vortheile des Gesellschaftsfonds“ statt. Der Part des Simon wurde von Gustav Moravec, der Hanne von Clementine Eberhart und des Lukas von Adolf Ander, Opernsänger und Mitglied des landschaftlichen Theaters, gesungen. „Die gelungene Aufführung fand großen Beifall von Seite des Publikums, welches dem reizenden Tonwerke Haydns mit gespannter Aufmerksamkeit folgte.“29 Bei der Aufführung im Jahre 1867 soll, nach Mitteilungen von Zuhörern des damaligen Konzerts, das Werk mit starken Kürzungen, u. a. unter Weglassung zweier Chöre, gegeben worden sein.30 Clementine Eberhart war in Laibach eine sehr beliebte Sängerin. Als Hanne feierte sie große Triumphe, und die Philharmonische Gesellschaft übergab ihr ein Ehren-geschenk („sie hat schon so viel zur Verherrlichung der Vereinsproduktionen beigetragen“31 und hat „die schwierigsten Solopartien in der vollendedsten Weise zur Geltung gebracht“).32 Sie verließ Laibach, um sich in Wien zur professionellen Künstlerin ausbilden zu lassen. Wiederholt kam sie nach Laibach und sang z.B. am 15. Dezember 1872 in einem Konzert der Philharmonischen Gesellschaft eine Arie aus den Jahreszeiten. Das nächste Mal wurden die Jahreszeiten in einem außerordentlichen Konzert am 24. April 1898 unter der Leitung des Musikdirektors Josef Zöhrer und solistischer Mitwirkung von Marie Katzmayr, Konzertsängerin aus Wien, sowie von August Kraemer und Dr. Theodor Lierhammer, beide aus Graz, aufgeführt; ferner unter Beteiligung des Damen- und Männerchores der Philharmonischen Gesellschaft und der Sängerrunde des Laibacher deutschen Turnvereins. „Die gestrige Aufführung der Jahreszeiten von Haydn wird mit goldenen Lettern im Ehrenbuche der philharmonischen Gesellschaft verzeichnet sein, denn es vereinigten sich Chor, Solisten und Orchester unter der Leitung des Musik- directors Herrn Zöhrer zu der glänzendsten Vermittlung des unvergänglich schönen Werkes, das einen außerordentlichen Reiz auf die Hörer ausübte.“33 „Wahrscheinlich wird diese Aufführung die erste vollständige gewesen sein.“34 Die letzte Aufführung der Jahreszeiten vor dem Ersten Weltkrieg fand am 16. und 17. Mai 1914 statt. Diesmal dirigierte der Nachfolger des alten Musikdirektors Zöhrer, Rudolf von Weiss-Ostborn. Als Solisten wirkten Irma Wiederwald-Hüttinger und Erwin König, beide aus Graz, und Norbert Moro aus Mailand. „Welche tiefen Quellen die nie versiegende Kunst birgt, werden wir erst beim Genießen eines Kunstwerkes in vollendeter Darstellung gewahr. Freilich steht ein Werk umso höher, je unabhängiger es von seiner Entstehungsepoche bleibt, je ‚unsterblicher‘ es ist. Zutreffend ist daher der Ausdruck eines geistvollen Schriftstellers in einer Abhandlung über die Kunst: ,Da die Natur keine Schablonentypen, sondern nur Individuen schafft und das Wesen des Kunstgenusses phantasiegemäße Erzeugung der Natur ist, soll uns auch die Kunst nur Individuen bieten. Nur das Individuelle, das einzig Charakteristische hat ein Recht zur PRIMO KURET (1935) 90 29 Fünfter Jahres-Bericht der philharmonischen Gesellschaft in Laibach, hg. Von Friedrich Keesbacher, Laibach 1868, S. 24. 30 LZ vom 28. April 1898. 31 Jahres-Bericht, s. Anm. 29, S. 24. 32 Sechster Jahres-Bericht der philharmonischen Gesellschaft in Laibach, hrsg. von Friedrich Keesbacher, Laibach 1869, S. 9. 33 LZ vom 25. April 1898, Nr. 92. 34 LZ vom 28. April 1898, Nr. 95. künstlerischen Existenz. Jede andere Richtung in der Kunst ist als falsch verstandener Klassizismus zu verwerfen‘ Haydns, Schöpfung‘ und, Die Jahreszeiten‘ waren vor ihrer Entstehungsepoche unabhängige Werke, deshalb leben sie als Kunstwerke fort und entzücken heute den Zuhörer ebenso, wie sie seine Vorfahren entzückten. Haydn hat die Orchesterstimmen individualisiert und zum selbständigen Reden gebracht. Die musikalischen Naturschilderungen sind in ihrer köstlichen und anmutsvollen Art von niemandem übertroffen worden, und ein Springquell ewiger Jugend sprudelt aus den natürlichen, reizenden Weisen, aus seiner rührenden Frömmigkeit, seiner keuschen Schönheit. Es ist eine ebenso schöne wie wichtige Aufgabe des Lehrers und Dirigenten, den musikalischen Sinn und das Verständnis für die Meisterwerke der wahren Kunst zu wecken, zu fördern und die künstlerische Mission darin zu suchen, die Brücke von der klassischen zur modernen Kunst hinüberzubauen, das ist, bei aller Pietät für Stileinheit und Stilreinheit auch klassischen Werken modernen Geist einzuflößen, um über gewisse schablonenmäßige, veraltete Formen hinwegzukommen. In dieser Hinsicht gebührt Herrn Musikdirektor Rudolf von Weiss-Ostborn das große Verdienst, ohne Streichung dem Werke durch Schwung, feine Abtönung und beschleunigten Rhythmus frisches, fröhliches Leben eingeflößt zu haben. Das entspricht ja auch dem Charakter des frischen, heiteren Werkes mit seinen lebensfrohen Geschöpfen, die das Leben und seine unschuldigen Freuden genießen und dem Schöpfer für seine Güte danken. Das Werk enthält zudem verblüffende Vorahnungen moderner Toncharakteristik und der Herbst mit seinem aufregenden Jagdleben, die wilde Tanzmusik, in welche die Singstimmen einfallen, der Weinchor mit der ,trunkenen‘ Fuge, sind Meisterwerke, die auch von den , Modernsten‘ kaum übertroffen werden könnten. Den Hauptverdienst am Gelingen der Aufführung erwarb sich der aus ungefähr 60 Sängerinnen und 40 Sängern bestehende Chor, dessen klangvolles, jugendfrisches Stimmaterial sich unter der zielbewußten Leitung seines Lehrers und Sangwartes Herrn von Weiss-Ostborn zu feinen künstlerischen Gesamtwirkungen erhob. Die Sicherheit und die feurige Belebtheit der Chöre besonders in den schwierigen fugierten Chören fand allgemeine Anerkennung, die dem hingebungsvollen Eifer, dem ernsten künstlerischen Streben des Dirigenten und nicht minder der opferfreudigen Kunstbegeisterung der Sänger galt. Wir hoffen, daß auch jene tüchtigen Sänger den Männerchor verstärken werden, die ihm derzeit noch nicht beigetreten sind. Der große Erfolg der Aufführung wird sie vielleicht hierzu bewegen. Die Solopartien waren in den Händen intelligenter Künstler, die stilgerecht den Geist des Werkes erfaßten. Frau Irma Wiederwald-Hüttinger brachte die Partie der Hanne in zarter und poesievoller Weise zu anmutsvollem Ausdrucke. Der helle, schmiegsame Sopran mit seiner trefflichen Durchbildung in allen Lagen und dem leicht ansprechenden Ziergesange eignet sich vorzüglich für die natürliche, einfache und poetisch-süße Anmut der reizvollen Haydnschen Lyrik. Einen Sänger von feiner stimmlicher Kultur lernten wir in Herrn Dr. Norbert Moro kennen. Das Organ ist trefflich geschult, von Kraft und Wohlklang. Seine stilvolle, hervorragend musikalische Interpretation bewies sich besonders in der tiefsinnigen, zu erschütternder Tragik sich erhebenden Arie im Winterbilde, Erblicke hier betörter Mensch‘. Herr Erwin König besitzt einen weichen, biegsamen lyrischen Tenor, der bei lyrischen Stellen angenehm anspricht. Natürlich ist die Gesangskunst des jungen Künstlers noch nicht voll entwickelt und bedarf weiterer fleißiger Schulung. Seine musikalische Intelligenz trat besonders in den geschmackvoll vorgetragenen Rezitativen hervor. Haydns Kunst gibt dem Orchester keinerlei Rätsel auf, bildet aber in ihrer Klarheit und Durchsichtigkeit namentlich für die Streichen welche in charakteristischen Figuren die Kleinmalerei der Naturschilderungen zu besorgen haben, einen Prüfstein. Der Streicherchor 91 Joseph Haydns Sakralwerke in Programmen der Philharmonischen Gesellschaft zu Ljubljana (Laibach) sowie die Bläser bewiesen ihr Können, indem sie mit künstlerischem Verständnis auf die Intentionen ihres Leiters Herrn von Weiss-Ostborn eingingen und durch feine dynamische Schattierungen sowie zartes Anschmiegen an die Sänger schöne Wirkungen erzielten. Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, daß in dem schmucken und vornehmen Theater der Aufbau der Bühne, die Aufstellung des Orchesters und der Sänger einen würdigen, festlichen Eindruck machte und die Akustik ausgezeichnet war.35 Am Ende können wir feststellen, daß die Philharmonische Gesellschaft Haydn ständig auf den Programmen ihrer Konzerte hatte. Es ging nicht nur um die erwähnten sakralen Werke, sondern mehr noch um seine Instrumental- und Kammermusik. Haydn war neben Beethoven oder Mozart sozusagen auch in Laibach einheimischer Komponist. So konnte schon Keesbacher im Jahre 1862 bestätigen, daß „wir uns freuen, einen Haydn und einen Beethoven zu den unseren zu zählen“.36 Dazu hat die Ehrenmitgliedschaft viel, noch mehr aber die Verständlichkeit und Beliebtheit von Haydns Werken verholfen. An seinen großen Vokal- und Instrumentalwerken hat sich die Fähigkeit des Orchesters und des Chores sowie verschiedener künstlerischer Leiter damals und heute bewiesen, damit zugleich aber eine Haydn-Tradition in Laibach begründet. Objavljeno v: Musikgeschichte zwischen Ost– und Westeuropa. Kirchenmusik – geistliche Musik – religiöse Musik. Hg. von Helmut Loos und Klaus–Peter Koch. Sinzig, Studio, 2002. (Edition IME. Reihe 1, Schriften, 7). Str. 281–300. Povzetek Haydnova sakralna dela na sporedih ljubljanske Filharmoniène drube Haydnova sakralna dela, ki so bila izvedena v Ljubljani, lahko razdelimo v tri skupine: maše, oratorij Sedem Jezusovih besed na kriu ter oba velika oratorija: Stvarjenje in Letni èasi, èeprav le-ti ne sodijo med sakralna dela. Maše: skladno s statuti je Filharmonièna druba vsako leto za praznik sv. Cecilije v stolnici izvedla katero od Haydnovih maš. Poleg Paukenmesse sta bili na sporedih Velika maša v B-duru in Maša v C-duru, ena velikih Haydnovih maš. – Oratorij Sedem Jezusovih besed je bil Haydnov veliki doseek in primer izjemnega uspeha. Izvajali so ga v vseh oblikovnih inaèicah, kot jih je ustvaril skladatelj: posebno pogosto kot godalni kvartet in klavirski izvleèek. – Oratorij Stvarjenje je bil v Ljubljani veèkrat izveden, med drugim leta 1820 v redutni dvorani, nekdanji jezuitski gledališki dvorani, nato ponovno leta 1823. Kot poroèajo tedanji dnevniki, vedno s popolnim uspehom. Naslednja izvedba je bila šele leta 1866. Uspeh je bil tako imeniten, da so oratorij ponovno izvedli v naslednji sezoni. Obèinstvo je po vsaki toèki izvajanje prekinjalo s ploskanjem in odobravanjem. Posebno je ugajal velièastni zbor Die Himmel erzählen. - Letne èase so prviè izvedli leta 1822. Pelo je 40 pevcev, igralo pa 60 instrumentalistov. Naslednja izvedba je bila leta 1839, tretja pa leta 1867, takrat pod vodstvom Antona Nedvìda. (Edo Škulj) 92 PRIMO KURET (1935) 35 LZ vom 19. Mai 1914. 36 Keesbacher, Gesellschaft, S. 54.