für Vaterlands Künste Wijsenschaft und geselliges Leben. M^' 75« 8an»8ta3 ÄS« 18. 8opto,uH>o». R847. ^ Die dießjahrige Bienenzucht im Verhältnisse zu der vorjährigen. Von Georg Ionke. ^^bschon es bei der Bienenzucht meistens auf die Gegend, auf das Klima und auf eine zweckmäßige und gehörige Pflege ankommt, so hängt das Gedeihen und der Wohlstand derselben doch auch von der Beschaffenheit der jährlichen Witterung ab. Bei kalten und rauhen Nord- und Ost-, oder bei starken und stüvmischen Süd- und Westwin-den, wie auch bei anhaltendem Regenwetter können die Bienen selbst in den honigreichsten Gegenden auch während der besten Blüthezeit nichts eintragen und müssen vor Hunger sterben, wenn man ihnen nicht zur gehörigen Zeit aus der Noth hilft; wie dieses solchen Bienenzüchtern gewiß schon mehrmal widerfahren ist, welche sich um ihre Bienen wenig kümmern und sie nur ihrem Schicksale überlassen. Im vorigen Jahre war die Witterung fast durchaus günstig für die Bienenzucht, denn sowohl der Winter, als auch der Frühling waren sehr gelinde, und in den Monaten Februar, März und April konnten sie schon häufig Blumen, staub sammeln und viel Brüt ansetzen, folglich auch frühzeitig schwärmen, und da das Wetter für sie auch in den Sommermonaten und in der Heidenblüthe günstig war, so ist die Honigernte so reichlich ausgefallen, daß die Honigftreise tief sanken und manche Honigspeculanten, welche dieses bei ihrem Einkaufen nicht berücksichtigten, dadurch bedeutende Verluste erleiden mußten. Ganz anders aber war die dießjährige Witterung für die Bienen, denn schon der Winter war ziemlich kalt und dauerte in manchen Orten bis zum Monate Mai, weß-wegen in den niedern und früher vegetirenden Gegenden auch die meisten Baumflüchte erfroren sind und die Bienen dadurch ihre erste und beste Weide verloren haben; auch regierten in dem gewöhnlich milden und holden Monate Mai, dann in dem, den Bienen so lieben Schwarmmonate Juni, bei anhaltender Trockenheit größtentheils so rauhe Nord- und Ostwinde, daß nur die Honig- und volkreichsten Stöcke einige Schwärme abgeben konnten. Ob mir nun schon deßwegen nur einige Stöcke geschwärmt, so haben indeß doch mehrere von diesen wenigen ausgeschwärmten Mutterstöcken die Weisel bei ihrer Sommerung eingebüßt, waS sonst noch kein Jahr so häusig geschehen ist. Ich habe zwar den meisten von diesen Stöcken wieder andere Weisel gegeben, aber doch einige in ihrem wcisellosen Zustande belassen, um zu sehen und auch andern Bienenfreun-den zu zeigen, woher doch die Drohnenbrüte, von welcher die Bienenzüchter so verschiedene Meinungen haben, in manchen Stöcken kommen kann. Es hat sich nun auch wirklich gezeigt, daß ein Stock, welcher seinen Weisel bei seiner Sommerung de» zwölften Tag nach dem Auszuge seines Vorschwarmes verloren hatte, nach ungefähr vier Wochen durchaus voll kleiner Drohnenoder Buckelbrut war, und ein anderer, dessen Königin am sechzehnten Tage auch auf solche Weise in Verlust gerieth, eben solche Drohnenbruc hatte. Sie haben sich also beide aus der noch von ihrer alten, mit dem Erstschwarme bereits ausgezogenen Bi»nen-mutter vorhanden gewesenen, und sich damals schon im Nymphenzustande befundenen genieinen Bienenbrut erst wieder neue Weisel erbrüten müssen, welche, wegen der schon zu alten Brüt, aus der sie entstanden sind, doch unvollkommen blieben und deßwegen auf eine unbegreifliche Art nur Droh-nenbrur erzeugen konnten. Von diesen zwei Stöcken wollte nun in seinem dieß-fälligen Zustande auch keiner einen andern Weisel annehmen, weil sie die Untauglichkeit ihrer gegenwärtigen Afterweisel nicht erkannten. Zwei andere aber, wovon der eine seine junge Koni' gin den neunzehnten und der andere erst den zweiundzwan-zigsten Tag verloren hatte, sind beide weisel-, folglich auch ganz brmlos geblieben, und weil sie sich beim Verluste ihrer Weisel aus der zu dieser Zeit schon zu alten Brur, oder aus gänzlichem Mangel derselben keine neuen Weisel erzeugen konnten, so haben sie die ihnen hieraus gegebenen Königinen gern angenommen und mit denselben ihre Wirthschaft und naturgemäße Beschäftigung, gleich andern fehlerfreien Stöcken, wieder fortzusetzen angefangen. Es ist nun hierdurch wieder neuerdings genugsam erwiesen, daß die bei manchem Stocke in den gemeinen Vie-nenzellen enthaltene kleine Drohnenbrut nur von den unvoll- — 298 — kommenen, nämlich von den aus der schon zu alten Bienen-brut entstandenen, sogenannten Afterweiseln, nicht aber, wie Manche wähnen, von den gemeinen Arbeitsbienen herrühren könne. Nachdem also die dießjährige Witterung auch in den andern Sommermonaten, so wie zur Zeit der Heidenblülhe, für die Bienen fast durchgängig ungünstig war, so muß man das heurige Jahr aus dieser Ursache vielmehr unter die schlechten, als guten Bienelljahre rechnen, weßwegen die Honigpreise auch steigen müßten, wenn nicht noch viele alte Vorräthe vom vorigen Jahre vorhanden waren. Das Gespenst um Mitternacht. Erzählt von Oarl H i l a r i u s, Ja. es hat nicht gut begonnen. Glaubt mir, und es endet »ickt gut-. Denn gebüßt wird unter den Honne» Jeder Gehorsam verachtende Muth. Die Nacht mit ihren Schauern war herangerückt, schwarze Wolken umflorten den Dom der Unendlichkeit, kein Stemlein glänzte am Himmelssaume — liefe Finsterniß deckte die Erde. Aeolus wüthete gewaltig in den Fichten des Harzgebirges und entwurzelte so manchen Stamm, der Jahrhunderte gesehen. Kalt und frostig war die Luft und schlüpfrig die dunklen Pfade des Waldes. — Wahrend dieseS schauerlichen Aufruhrs in der Natur schritt emsig ein Mann, in einen weiten Mantel gehüllt, den Hui tief in's Gesicht ge» drückt, den Thalweg herauf; je näher er zur Bergspitze gelangte, desto freudiger schlug sein Herz, da es der Boden seiner Heimat war, den er betreten und welchen er schon viele Jahre nicht gesehen halte. Oden am Berge lag ein Schloß, das väterliche Asyl unseres Wanderers. Mit glänzenden Augen, in denen sich Freudenthränen spiegelten, blickte er empor nach der stattlichen Burg, wo er seinen theuren Vater, seinen lieben Bruder Etwald wieder treffen sollte. Er sah sie Beide schon in seinen Armen liegen und die Seligkeit des Wiedersehens mit ihm theilen. „Vater! Vater!" rief er won-netrunken in die sturmbewegte Luft, »ich sehe Dich wieder, obwohl ich schon für ewig von Dir Abschied genommen!" — Neue Kraft belebte die ermatteten Glieder, noch eine halbe Stunde Weges hatte er zurückzulegen, um an die Thore deS väterlichen HauseS zu gelangen; da brach plötzlich das Unwetter mit solch' einer Wuth los, daß es dem Wanderer unmöglich wurde, den ohnedieß beschwerlichen Bergweg weiter fortzusetzen. Er kehrte um und eilte der Schenke zu, die am Fuße des Berges stand, mir dem Entschlüsse, diese Nacht des Schreckens da zuzubringen. Er trar ein lind verlangte eine Nachtherberge. — Alle Momente der Jugend traten hier dem Fremden neuerdings vor die Seele: er erkannte die Bank, wo er als Kind an der Seite seines Vaters oft gesessen, sah alle die Gestalten lebhaft vor sich, die damals ihn umgaben, und doch verweilte kein Auge von all' den Anwesenden erkennend an seinem Antlitze, keine befreundete Stimme begrüßte ihn __ er war ein Fremder geworden unter den Bekannten. Der Wirth brachte indessen Wein und Gebäck herbei und setzte es seinem Gaste zur Labung vor. Dieser erquickte sich nach Herzenslust, stopfte dann seine Pfeife und trieb, seinen Gedanken freien Lauf lassend, den N>,uch in kräuselnden Wolken behaglich vor sich hin. Plötzlich lenkte ein seilsames Gespräch die Aufmerksamkeit des Fremden auf einige Gäste, die zunächst mit ge. heimnißvoller Miene an einem Tische beisammen saßen. »Ja," nahm einer dieser Männer das Wort, ,Ihr könnt sagen, was Ihr immer wollt, klügere Menschen, als wir alle sind, haben es gesehen und sich von der Wahrheit alles dessen überzeugt, was Ihr bezweifelt." »Ich selbst," siel ein Zweiter in die Rede, »war Augenzeuge, doch kann ich mir diese Sache nimmer erklären, und will es nicht wieder versuchen," «Ein Fluch, wie Jörge meint, kann auf dem Hause nicht lasten," sagte ein Dritter, »denn der alte Herr, Gott hab' ihn selig, war ein Ehrenmann, ihn betrauert das ganze Land; aber seinen Sohn trifft alle Schuld, er h^i sich selbst und uns den best.« Vater geraubt; sein Leichtsinn brachte ihn unter die Erde, er mag es büßen." Diese Worte drangen wie Pfeile in das Herz des Fremden; starr blickte er die Sprecher an, sein Körper zitterte, sein Gesicht ward blaß und mit Hastigkeit fragte er den Dritten seiner Tischnachbarn: von wem eben die Rede sey. «Ihr wißt das noch nicht?" entgegnete dieser, „jawohl, Ihr könnt es nicht wissen, Ihr seyd ja ein Fremder. — Habt ihr das Schloß dort oben am Berge gesehen?" »O ja, ja!" rief drängend der Gast, „was soll's mit dem Schlosse?" »Dieses stattliche Gebäude gehörte einem gar biedern, echten deutschen Mann, dessen Ahnen hoch und erlaucht sind. Er hatte zwei Söhne, wovon der ältere, der Elbe des Majorats, der Stolz und die Freude seines Vaters — mit einer Dirne entfloh, weil es der Vater nicht zugeben konnte, noch durfte, daß der Sprößling solch eines edlen Hauses eine unwürdige Magd sich zur Gemahlin erwähle. Seit zehn Jahren weiß man nichts von ihm. — Darob grämce sich der gute Mann, dem mit der Flucht seines SohneS jede Freude zu Grabe gegangen war, bis zu Tode und starb auch vor wenig Monden. Seil seinem Adl.ben aber, dessen Schuld schwer auf dem Erstgebornen lastet, zeigt sich allnächtlich am rechten Flügel des Schlosses ein Gespenst, das um Mitternacht die Mauer umschreitel und spurlos verschwindet." Der Mann hacte aufgehört zu sprechen, kein Laut ließ sich mehr im Zimmer vernehmen, Alle saßen gedrängt an einander und in ihren Gesichtern spiegelten sich die seltensten Gefühle. — Der Fremde aber stand bleich und regungslos am Tische und bebend faßte er das Glas, mit Wein gefüllt, und stürzte es mit Hast hinunter; dann ader rief er mit einer Donnerstimme, daß die Stube erdröhnte: ^Ihr sagtet, er sey todt — Ihr Lügner! widerruft es — es ist — es kann nicht wahr seyn — oder, bei Gott! ich zerschmettere Dir den Schädel!" bei diesen Worten zog er ein Terzerol aus der Brustlasche und wandte es gegen den Einen der Gesellschaft. — Keiner wagte eine Antwort, doch in ihren Gesichtern las der Fremde nur zu deutlich die bejahende Erwiederung. . 299 »Und mein Bruder Etwald, waS ist's mit ihm?" »Euer Bruder? — Ihr seyd Heinrich, der Majo-ratserbe?" scholl es wie aus einer Kehle, und sie sprangen alle vom Tische auf und verließen eilends die Stube, als ob ein Scheusal sie zur Fluche gejagt. — Der Fremde stand allein im Zimmer — krampfhaft ballten sich die Hände, ver. zweiflungsvoll blickte er empor zur aitersschwarzen Decke, wählend Thränen ihm über die sonnverbrannten Wangen rollten. »O Schicksal! ich fluche Dir!" so rief der Mann. «ich fluche Dir und der Stunde, die mich geboren." — Er drückte den Hut fest auf das Haupt, schwang den Mantel um die Schulter und stürzte hinaus aus der Hütte, die ihn um Alles — um s.iiie Seelenruhe gebracht. (Schluß folgt.) Einiges zu Spieß' Biographie. Von L.W.....l. » s S ch l u ß.) Spieß soll ein schöner, schlankgewachsener Mann, mit einnehmenden Gesichtszügen und offenem, männlichem Benehmen gewesen seyn. Er hielr oiel auf das Aeußere und ver-wendere bedeutendes Geld auf seinen An;ug. Der greise Forstmann zeigt noch Spiegelknöpfe — die dazumal modern gewesen — welche Spieß an seinem Oderrocke, den der Diener geerbt, getragen. »Viele vornehme Herren und Frauen aus der Stadt und den nahen Schlössern kamen zu ihm in Kutschen gefahren; er war ein gar freundlicher, beredsamer Herr und Jeder blieb gerne mic ihm in Gesellschaft," so drückte sich mein alter Cicerone aus. «Doch wenn er allein war, n»ar er trübsinnig und schweigsam. Er schrieb fleißig in der Nacht und am Tage; Früh und Abends machte er Ausflüge in die Umgegend. Sein liebster Aufenthaltsort war ein Felsen, der in einem Walde rechts von der Straße über die Bäume hinaus ragt und heute noch »Spießfelsen" genannt wird. Von dieser Anhöhe kann man das ganze Angelthal, Städte, Dörfer, Schlösser, Kii-chen, Friedhöfe, Ruinen, kul" Alles weithin überschauen; ringsumher das wellenförmige Gebirqe deS Böhmerwaldes, gegen Süden der zweizackige Osscr, der langgestreckte Hohebogen, — deßhalb hatte sich Spieß diesen Platz gewählt. Hier sind feine „Löwenrilter," «zwölf schlafende Jungfrauen" und »tzlara von Hoheneichen," wenn auch nicht geschrieben, doch größtenlheils gedichtet worden, dazu wahrscheinlich die finstere Burg von Klenau, die Ruine Bayereck den Stoff hergegeben haben. Manchmal machte er auch Fusireisen in's sogenannte Kinische; er kam öfters über das Gebirge in's Allsland bis nach Deggendorf, Cham, Straubing." In den ersten glücklichen Tagen, wo noch Körper und Geist ungetrübt waren, schrieb Spieß fleißig; seine Phantasie war damals noch kbhafc, seine Sprache kräftig —und in diese Periode fallen seine besseren Arbeiten — die matteren, schleppenden Romane und Geistergeschichten schrieb Spieß später, als er schon, von Eifersucht und Zweifel gefoltert, kränkelte. Er konnte damals nur stehend schreiben und das nicht anhaltend. Auf seinem Lieblingsfelsen ließ er sich eine Hütte von ungezin.mertem Holze erbauen, daneben einen Friedhof mit falschen Grabeshügeln und Kreuzen; überhaupt war er in der letzten Zeit sehr düster und trübsinnig. Er starb im 44. Jahre und ward auf dem Friedhofe zu Bez.-dekau in ein besonderes ausgewölbies Grab gelegt. Die Grab-schrifl lautet ganz einfach: »Hier ruhet Christian Heinrich Spieß, geboren den 4. April l?ö5, gestorben den 17. August l799." Ueber Spieß' Werke Hai die Kritik längst schon den Stab gebrochen, doch hat man wohl dem gucen Manne, der vielen Tausenden unzählige angenehme Stunden bereitet, ein wenig Unrecht gethan. Wahr ist's, Spieß hat zur Erye. bung der deutschen Sprache wenig geleistet, doch kann man ihm schöpferisches Talent und Phantasie durchaus nicht absprechen ; er hätte mit seiner Eifindungsgabe hundert unserer Novellisten, die über jede trockene Begebenheit ein Langes und Breites schwatzen, betheilen können. S p i e ß'Zweck wai: angenehm unterhalten, und den hat er erreicht, wenigstens bei seinem Publikum. Auch vergesse man nicht den damaligen Stand der Liieialur und Volksbildung. Mag die Kritik sagen, was sie will: Spieß' Name wird in der Litera--tur unvergeßlich bleiben, wenn auch seine Werke keinen Werth mehr haben; denn er war der Begründer der Ritter.-und Gei-sterromane, die so lange, ob zwar durch seine Nachfolger de< generirt, in Deutschland blühten und noch immer ihre heimlichen Verehrer zahlen. — Ich weiß nicht, ob die jetzt so beliebten Romane eines Alexander Dumas, Eugen Sue .'c. nach vierzig Jahren noch zu finden seyn werden. Wie viele Gattungen Romane sind seit dreißig Jahren ent-standen, deren jede ihr goldenes Zeitalter gehabt hat: Cramer, Lafontaine, Walter Scott, Spindler, Bul-«ver, Marryal, Boz. — Jetzt ist die Nomantik, kränk-lichkeichalber auf's Land gezogen — und schreibt „Dorfgeschichten;" — darin erfahren wir vieles, was wir nie g<-wußt haben, daß auch die »Burschen" und »Dirnel" lieben, — die Wiesen grün, die Wälder dunkel sind, — daß es im Sommer warm, im Winter kalt ist, — daß es auf dem Lande so gut, wie in der Stadt, ehrliche Leute und Spitzbuben gibt Aber auch diese «Dorfgeschichten" werden mit der Zeit verschwinden, so gut wie die Geistergeschichten von Christian Heinrich Spieß. Feuilleton. Hinrichtung einer Giftmischerin. — Am 27. August fand in Breslau die Hinrichtung der 59 Jahre alten Giflmücheim, M. E. I. Dastig aus Hundsfeld, durcl, das B„ Bewußtseyn, solch' einen gewalligen Crösus geführr zu haben, noch immer nicht genug. So hörte man in Raab einen Po-stillon, nachdem er sein empfangenes Trinkgeld in der Hand abwog, kopfschüttelnd ausrufen: „Na, is das a Trinkgeld von an Nothschild! Der muß a nimmer so viel hab'n, wie er g'habt hac!" — Die Frau eines berühmten Schriftstellers, welcher aber zu dem Geschlechte der Amphibien gehörte, indem er ganze Nachte eben sowohl in der Weinstube oder auf trockenem Lande, oder im Betle zubringen konnte, pflegte ein Tagebuch zu führen, in welches alle häuslichen Begebenheiten, besonders aber jene, welche auf die Lebensweise ihres Gemahls Bezug hatten, genau verzeichnet wurden. Im Monat Julius fand sich da folgende Bemerkung: »Den 6. Juli ist mein Mann den 7. Juli Morgens halb neun Uhr nach Hause gekommen." Menagerie des Hrn. Advinent H5 Eomp. Seit Sonntag, den 12. dieses, befindet sich die große Menagerie des Herrn A 0 vinent rt Compagnie hinter dem M a r ti n t sck i t sck'-schen Hause (Wienerstraße Nr. 3) zur Besichtigung aufgestellt. Der vortheilhafte Ruf, dessen sich der kühne, unerschrockene Thierbändiger. Herr Advinent. seit langer Zeit erfreut, und seine reichhaltige Menagerie, bestehend aus den seltensten, größtentheils bezähmten wilden Thieren, waren wohl starke Motive zur Erregung der Neugierde und der Schau» lust des Publikums, als diese Menagerie einige Tage vor ihrem Eintreffen in Laibach an allen Straßenecken angekündigt erschien. Das Zuströmen der Menge war daher gleich am Eröffnungstag? ungemein groß und glich einer förmlichen Prozession. Und in der That, wer seine Kenntniß über die fremde, uns so fern liegende Thierwelt bereichern, wer sehen will, wie weit es der menschliche Geist im Bändigen der allerwil-delte», allergrausamsten Raubihiere Afrika's, Amcrika's und Asien's gebracht hat, der gehe hin, schaue und staune! Wen» uns die schöne üppige Flora fremder Welltheile entzückt und unsere Naturkenntnisse erwci« tert, warum sollt,: der Anblick der fremden Thiere > die in den Gegenden jenes Pflanzcnreichthums ihre ferne Heimath haben, nicht auch erfreuend und zugleich belehrend auf uns einwirken? Ist aber der Anblick der wilden Thiere fremder Zonen für Erwachsene lehrreich und unterhaltend . so ist er dieß in nock höherem Grade für Kinder, die ihre in den Bilderbüchern abgemalten Thiere hier lebend vor sich sehen und bewundern können. Welch' eine Freude, welche Neugierde, welches Staunen! Man muß diese Kinderwelt nur sehen. mit welcher Aufmerksamkeit sie die Thiere betrachtet, uon denen sie schon so Vieles gelesen oder geHort, und man empfindet das rein? kindliche Vergnügen wahrhaftig selbst mit!— Das größte Interesse vor allen Thieren, die man hier sieht, erregt der schöne Seelöwe aus dem Polarmeere- Aber nicht die Seltenheit des Beclöwen allein ist es. die den Bück des Beschauers fesselt, sondern vorzüglich der stauncnswerthe Grad der Zahmnng und Gelehrigkeit dieses lieben Thieres; denn kaum hat der Wärter d.-n Deckel seiner Wanne aufgehoben, so erhebt es den Kopf mit dem freundlichen Gischte und den schönen, klaren und llugen Augen, die Versammlung gleichsam begrüßend. Auf einen Wink des Wärters entsteigt es seinem nassen Elemente und schiebt sich zum allgemeinsten Ergehen auf den umgeschlagenen Deckel der Wanne. Hier macht es die artigsten Complimente nach allen Seiten, gibt dem Wärter so zierlich Küsse und wendet sich so geschickt im Kreise, daß man ^der wunderbaren Dressur dieses Amphibiums die lauteste Anerkennung zollen muß- Auf ein Commando steigt der Seelöwe nun wieder in die Wasserwanne zurück und gibt zum Schlüsse noch die Vorstellung des durch Sturm aufger?gt?n Eismeeres, indem er das Wasser mit seinen Flossen dermaßen peitscht, daß es hoch aufsprudelt. Im Jahre 1838 war ein Exemplar dieses Thieres zwar hier bei Tiuoli zu sehen, abrr ohne die excellente Dressur, die wir an Advinen t's Seelöwen bewundern. Nach dem Scelöwen nimmt das schöne Löwenpaar aus Afrika (Männchen und Weibchen) die Aufmerksamkeit des Beschauers in Anspruch, worauf wiedel der prachtvoll gefleckte brasilianische Tiger (Jaguar) den Blick abenkt und auf sich ziebt. Dieses große Raubthier ist so zahm. nämlich für Herrn , und Mad. Advinent, daß beide wie mit einem Windspiel mit ihn» verfahren. Auch ein ausnehmend schön gezeichneter Leopard und ein Pan« ther sind sehenswerth. Von den gefurchtsten lcichenräuberiscken Hyäne? besitzt die Menagerie 4 Exemplare von belonderer Schönheit, nämlich eine graue Hyäne von Senegal, eine gestreifte, eine gefleckte und eine Tiger-Hyäne. Wir erwähnen unter den besonders merkwürdigen Thieren der Menagerie nur noch des Steinbären aus Norwegen, des wunderhübschen rosenfarbiqen Pelikans, der Riesenschlange, des 3jährigen neu-holländischen Straußes und des Condors aus Brasilien als vorzüglicher Exemplare, und übergehen neben andern Thieren eine ganze Sammlung von den verschiedenen Affen - und Vogelgattungen , als : Kakadu's , Pa« pageien :c,< weil der beschränkte Raum uns eine nähere Erörterung nicht gestattet. Die Zahmungs-Production gewahrt ein eben so überraschendes, als seltenes Schauspiel. Herr Advin cnt verfährt, eingesperrt in dem Käfig < mit dem großen Jaguar und mit der großen gefleckten Hyäne, wie mit dressirten Pudeln. Er läsjt sie allerhand Künste machen. feuert Pistolen über ihren Köpfen ab. reißt ihnen den Nacken auf, und lcgt seinen Kopf. seine Arme hinein, während Mad. Advinent ihm nicht an Muth nachsteht, indem sie fast dieselben Muthproben mit dem Jaguar, der Hyäne und dem Leoparden vornimmt. Sichtbare Angst ergreift die Zuschauer, wenn sie den kleinen 5jährigen Abvinent in den Käsig der gefleckten Hyäne treten sehen; allein der muthvolle Knabe ist der Liebling dieses gefürchteten Thieres und mit ihm aufgewachsen, weßkalb er seine furchtbare Spielgenossin reizen und herumzerrcn kann, wie einen zahmen Mopps. Bei dem Umstände, daß die Unterhaltung so vieler Thiere, dan« ihr Transport den Eigenthümern sehr bedeutende Auslagen verursacht und in Anbetracht der täglichen Gefahr, der die Bändiger wilder Bestien zur Befriedigung der Schaulust des Publikums sich immerhin aussetzen, ist diese in jeder Beziehung äußerst merkwürdige Menagerie des Herr« Advinent des zahlreichen Zuspruches, den sie überall, und auch hier findet, vollkommen würdig, zumal als ier Beschauer den Schauplatz immer befriedigt verläßt. Leopold Kordesch. Verleger: Ignaz Aldis Edler v. Kleinmayr.