DIE BERUFSNOT JUGENDLICHER IM PERIPHEREN RAUM ALS GEGENSTAND REGIONALPOLITISCHER UBERLEGUNGEN - EINE ANALYSE AM BEISPIEL NORDBAVERNS Jürgen Weber* IZVLEČEK UDK. 911.3:331.6(430,1-43.6-04) -30 PROBLEM ZAPOSLOVANJA MLADIH V OBROBNIH OBMOČJIH KOT PREDMET RAZMIŠLJANJA O SPREMEMBI REGIONALNIH RAZVOJNIH SHEM - NA PRIMERU SEVERNE BAVARSKE Regionalna politika naj bi težila k odpravljanju regionalnih razlik, ki se kažejo v negativnem razvoju prebivalstva, neugodni infrastrukturi, pomanjkanju ustreznih delovnih mest in v pogojih izobraževanja. V razpravi so predlagani ukrepi za odpravo razvojnih razlik. ABSTRACT UDC 911.3:331.6(430.1-43.6-04) =30 VOUNG PEOPLE EMPLOYMENT PROBLEMS IN PERIPHERE AREAS -EXAMPLES OF NORTHERN BAVARIA The regional policy should tend to dispatch regional differences which are shown as negative population development, inconvenient infrastructure, lack of corresponding working places and educational conditions. The discussion suggest measures to dispatch development differences. 1. Problemstellung Die Chancen einer Realisierung von alternativen Strategien einer regionalen Regionalpolitik werden daran gemessen, inwieweit diese einen Beitrag zur LSsung der weitreichenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme der Bundesrepublik Deutschland leisten kSnnen. Geht man davon aus, dass Regionalpolitik auf einen Abbau regionaler Disparitaten abzielt bzw. die Gleichwertigkeit von Lebensund Arbeitsbedingungen^ zur Norm erhoben hat, so mdssen aus der Sicht der peripheren RSume zumindest folgende Themenkreise eingehender diskutiert werden: * Dr., univ. doc, Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie und Regionalplanung, Universitat Bayreuth, Universitatsstrasse 31 - 71 - J. Weber____________________________________________Die Berufsnot . . . - das Problem der negativen BevOlkerungsbewegung in vielen Teilbereichen des peripheren Raumes und damit zusammenhSngend - das Problem der Errichtung und Auslastung von Infrastruktureinrichtungen - ausserdem das Problem der ArbeitsmSglichkeiten sowie - der Themenkreis der Bildungschancen in diesen RSumen. Der Artikel wird sich mit den beiden zuletzt genannten Problemaspekten beschaftigen. Das Beispiel der beruflichen Grundbildung wurde deshalb gewahlt, weil in den letzten Jahren durch bildungspolitische Massnahmen vor allem der Bereich der Allgemeinbildung (Realschule, Gymnasie, Universltaten) eine starke Forderung und daraus resultierend einen entsprechenden Kapazitatsausbau erfahren hat, wahrend die berufliche Bildung - obwohl deren Einrichtungen sehr viel weniger zentralisiert und daher als Innovationszentren für eine Entwicklung peripherer Raume besser geeignet sind - seit jeher das Stiefkind vieler Bildungspolitiker behandelt wurde. An dieser Stelle müssen einige Bemerkungen zum Aufbau und zur Struktur der beruflichen Grundbildung in der Bundesrepublik Deutschland gemacht werden.^ Die berufliche Ausbildung findet im sogenannten dualen System statt und dauert in der Regel drei Jahre. Die betriebliche Unterweisung wird dabei von Unternehmen oder wie z. B. im Handwerk von Oberbetrieblichen Ausbildungsstatten übernommen, während der berufsbildende Unterricht in Berufsschulen unter staatlicher Aufsicht stattfindet. Der berufliche Unterricht erfolgt je nach angestrebtem Beruf an einem Tag pro Woche oder in Form der Blockbeschulung, also mehrere Wochen hintereinander ein- oder zweimal pro Jahr. Aufgrund dieser Konstruktion ist es notwendig, dass die Jugendlichen, die in der Regel zwischen 15 und 18 Jahre alt sind, zusammen mit ihren eltern und dem Lehrherrn einen Ausbildungsvertrag schliessen. Das beudetet, dass eine qualifizierte Ausbildung im beruflichen Bereich davon abhangig ist, dass genügend Lehrstellen von seiten der Wirtschaftsunternehmen bzw. des Staates und der Gemeinden bereitgehalten werden müssen, um den Ausbildungsbedarf zu decken. Aufgrund besonders geburtenstarker JahrgSnge und einer anhaltenden okonomischen Rezession ist in den letzten Jahren ein Ausgleich zwischen Ausbildungsangebot und -nachfrage in der Bundesrepublik Deutschland sehr schwierig geworden. Zur Charakterisierung dieses Phanomens wird von manchen Verbanden der Begriff der "Berufsnot" ^ gebraucht. Zum Gegenstand regionalwissenschaftlicher Uberlegungen wird dieser Problemkreis dann, wenn die entwicklungspsvchologische und pSdagogische Seite 4 eingehend berücksichtigt wird. Der Jugendliche im Alter - 72 - i 73 J. Weber_________________________________________Die Berufsnot .. . von 15 bis 18 Jahren befindet sich auf dem Weg des Erwachsenwerdens; er entwickelt erste Vorstellungen von seinem Leben in einer Welt der Erwachsenen. In dieser Umbruchsphase ist er stark auf die ROcksprachemeglichkeit mit seinen Eltern angewiesen. Daraus folgt, dass der Ausbildungsplatz so gewahlt werden solite, dass eine tagliche Rückkehr in das Elternhaus mCglich ist. Demnach ist es notwendig, die Versorgung mit Ausbildungsplätzen auf der Ebene von Mittelbereichen (z.B. auf der Ebene von Arbeitsmarktregionen nach Klemmer) in ausreichendem Masse sicherzustellen. Aufgabe der Regionalforschung und -politik ist es hier, regionale Versorgungslücken zu ermitteln und Massnahmen vorzuschlagen, wie diese beseitigt werden kOnnen. Beides soli für das regionale Beispiel Nordbayern im folgenden vorgetragen werden. 2. Zur regionalen Versorgung mit Ausbildungsplätzen in Nordbayern Die Ermittlung von regionalen Versorgungslücken soli in zwei Stufen erfolgen; die quantitative Analyse stellt zunachst die Ausbildungsnachfrage dem -angebot gegenüber, während in der qualitativen Analyse Defizite in ausgewahlten Berufsbereichen aufgezeigt werden sollen. Die Karte 1 gibt einen ersten Uberblick Uber die Lehrstellenbilanz in den Arbeitsamtsbezirken des Landesarbeitsamtes Nordbayern zwischen 1975/76 und 1981/82. 5 Danach wurden dem Landesarbeitsamt im Schuljahr 1975/76 20 818 und 1981/82 36 417 Berufsausbildungsstellen gemeldet. Diesem Lehrstellenangebot stand 1975/76 ein Bedarf von 41 102 und 1981/82 von 41 440 jugendlichen Bewerbern gegenüber. Dies bedeutet, dass ungeachtet des Berufsbereichs 1975/76 nur jeder zweite Bewerber mit einer Lehrstelle rechnen konnte, während 1981/ 82 etwa nur 10 % auf eine Lehrstelle verzichten mussten. Auch regional kommt die Verringerung der Ausbildungsplatzdefizite deutlich zum Ausdruck Wahrend die Versorgungslücken pro Arbeitsamtsbezirk bis zum Jahr 1978/79 oft mehr als 1000 Stellen ausmachte, trat in den Jahren danach pinp wesentliche Bessenincr ein Erst im Jahr 1981/82 haben die Von dem Problem besonders betroffen sind die Raume Ašchaffenburg. Coburg, Bamberg, Schwandorf und ganz besonders Schweinfurt. Gerade hier betrug das Defizit an Ausbildungsstellen mit Ausnahme der Jahre 1978/79 und 1979/80 immer mehr als 1000. Auf der anderen Seite zeigen die Arbeitsmarkte Nürnberg und zum Teil Hof mit Ausnahme der ersten drei Jahre positive Lehrstellenbilanzen. 74 UM 1 II « 1 * i 1 il I I I I I I - 75 J. Weber Die Berufsnot .. . Die problematische Situation hinsichtlich der beruflichen Ausbildungssituation im Bereich von Schweinfurt, Ašchaffenburg und zum Teil Schwandorf zeigt auch die Karte 2. Hier wurde versucht, für die Jahre 1981/82 die Zahl der Absolventen des Berufsgrundschuljahres an der Gesamtzahl der SchulabgSnger regional gegenüberzustellen. Das Berufsgrundschuljahr wurde Ende der siebziger Jahre eingerichtet, um jenen Schulabgangern eine berufsvorbereitende Ausbildung zu gewahren, die keine Lehrstelle gefunden haben. Damit kann die Inanspruchnahme des Berufsgrundschuljahres als Index für Lehrstellendefizite angewandt werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die berufliche Ausbildungssituation in den peripheren Regionen (besonders der Raum Schweinfurt/Hassfurt/Bad Neustadt a.d. Saale und Bad Kissingen) zum Teil gravierend ist, während das Verdichtungszentrum Ntrnberg/Firth/Erlangen eine sehr viel positivere Lehrstellenbilanz aufweist. Die einseitige Orientierung auf nur wenige, hinsichtlich der Mitarbeiterzahl stagnierende Betriebe mit hohen Anteilen angelernter Arbeitskrafte, die geringe Auspragung des tertiSren Bereichs in den peripheren Regionen Nordbaverns und damit die geringe Anzahl von Lehrstellen im Handels- und Dienstleistungsbereich, die zunehmende Konzentration der industriellen Produktion sowie daraus folgend die geringe Bereitschaft ausserhalb der Zen-tralverwaltungen ein breitgefachertes Angebot an Ausbildungsplätzen be-reitzuhalten sowie das Auftreten besonders geburtenstarker Jahrgänge sind die wahrscheinlichen Gründe fOr diese problematische SituaUon Diese Probleme werden durch die Einbeziehung qualitativer Faktoren zum Teil noch verscharft. Die allgemeine Hinwendung vieler Jugendlicher zu Organisations-, Verwaltungs- und Büroberufen sowie zu solchen der KOrperpflege und des gesundheitlichen Sektors wirkt sich in Nordbayern insofern als besonders gravierend aus, als mSgliche Arbeitgeber hier im Vergleich zu Sadbayern unterreprasentiert sind (vgl. Abb. 1, unten rechts). Auf der anderen Seite gibt es eine Reihe von Berufs-' gruppen, die bei Jugendlichen in Nordbayern wenig gefragt sind; dazu zahlen die Bau- und Baunebenberufe ebenso wie die Ernahrungsberufe sowie eines Grossteils der Metallberufe. In diesen Bereichen Obersteigt das Angebot seit Jahren die Nachfrage oft um einige 1000 Stellen (vgl. Abb. 1).6 Insgesamt leisten diese BerufsgruoDen einen relativ geringen Beitrag zu den insgesamt 1983 durchschnittlich etwa 20 000 arLftslosen Jugendlichen im Zuständigkeitsbereich des Landesarbeitsamtes Nord bayern so dass die Übernahme inein Ls^ü^n^verSt^e nach Abschluss der Lehre in dies« Bereichen ^«geETgesichert ist - 76 - Abb,t Die Entwicklung dee Lehrstellenangebots und der -nachfrage in den Arbeitsamtsbezlrken des LandesarbeltearateB Kordbayern Yon 1975/76 bi» 1981/82 (au8pewahlte Berufsbereiche) E22 OberechuB an Bewerbern jTTj OberechuB an Lehrstellen lehrstellen/ Ketallberufe Bewerber 8000 6000 4000 2000 75/ 76 77/ 78 Lehrst. Ernahrungsberufe Bew. 1, Tsd. 8 6 1 4 2 J 79/ 61/ 80 82 Zeit 75/ 76 77/ 78 79/ 81/ 80 82 Zeit lehrstellen/ Bewerber 8000 6000 4000 2C00 • 3au- und Bauneber.berufe Lehrst. Oreanisations-, Tervaltunge- "---------'--------- Bew. und Biiroberufe i. Tsd, 78/ 81/ 79 82 Zeit 75/ 76 77/ 78 79/ 81/ 80 82 Zeit auelle: Statistische Unterlspen des landesarbeitsamtes Nordbayern, verech. Jahrgc.npe Entwurf und Bearbeltung: J. Weber, Lehrstuhl Virtschaftsseographie und Regionalplanung der DniTersitaiLBayreuth, 1984 - 77 - J. Weber Die Berufsnot ... 3. Regionalpolitische Konsequenzen Lassen Sie mich zum Abschluss meines Referates noch einige Vorschläge zur LSsung des Problems formulieren ! Eine auf regionale Selbstverwirklichung ausgerichtete Politik muss versuchen, das Problembewusstsein in jenen Regionen besonders zu fSrdern, in denen die aufgezeigten Probleme besonders schv/erwiegend sind. Für die RSume Ašchaffenburg, Schweinfurt, Bamberg, Schwandorf sowie Ansbach/Weissenburg schlage ich folgende Massnahmen vor: - Gründung einer Informations- und Beratungsorganisation zur F5rderung des Problembewusstseins im Zusammenhang mit der beruflichen Bildung; - Gründung einer AusbildungsstellenbSrse mit regionalem Einzugsbereich und regionaler Entscheidungshoheit bei einer eigenen Finanzausstattung und schliesslich; - Gründung eines Berufsbildungszentrums im Raum Hassfurt, um jene Jugendliche, die keine Lehrstelle haben, eine Ihren FShigkeiten entsprechende Ausbildung zu gewahren. Literatur: 1. vgl. Hübler u.a., 1980: Zur Problematik der Herstellung gleichwertiger Lebensverhaltnisse, in: VerSffentlichungen der Akademie fUr Raumforschung und Landesplanung, Bd. 80, Hannover 2. vgl. Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, Projekt Gruppe Bildungsbericht (Hrsg.), Bildung in der Bundesrepublik Deutschland, Daten und Analysen, Hamburg, S'. 935-1052 3. vgl. D6rschel, A., 1975: EinfUhrung in die Wirtschaftspadagogik, 4. Auflage, München, S. 67-69 4. vgl. ebd., S. 48 ff. 5. vgl. Landesarbeitsamt Nordbayern (Hrsg.)., Der Arbeitsmarkt in Nordbayern, Nürnberg, versch. Jahrgange 6. vgl. ebd. 78 J. Weber Die Berufsnot . PROBLEM ZAPOSLOVANJA MLADIH V OBROBNIH OBMOČJIH KOT PREDMET RAZMIŠLJANJA O SPREMEMBI REGIONALNIH RAZVOJNIH SHEM - NA PRIMERU SEVERNE BAVARSKE Regionalna politika bi naj težila k odpravljanju regionalnih disparitet, oziroma bi morala ustvarjati pogoje, ki bi vsem omogočali kolikor toliko enake življenjske in delovne pogoje. Ob tem se v perifernih območjih pojavljajo nekateri problemi, predvsem negativni prebivalstveni saldo, izgradnja in raba infrastrukturnih naprav, možnosti dela in pogoji izobraževanja. Članek poizkuša povezati vse omenjene elemente, izhodišče pa je izobraževalni sistem. V želji ohraniti prebivalstvo v perifernih območjih bo najbrž nujno tako organizirati sistem šolanja, vsaj na nižji in srednji stopnji, da se bodo otroci dnevno vračali na dom staršev. Le ob njihovi pomoči lahko "vzljubijo" domačo regijo in se pripravijo na zaposlitev v tem območju. V praksi to velja na nižji stopnji, na srednji pa ne. Študija za severno Bavarsko je želela opredeliti ponudbo in povpraševanje po srednješolskem izobraževanju. Deficit srednjih izobraževalnih ustanov je v izrazito perifernih območjih, medtem ko so območja Nfrn-berga in Hofa izkazovala njihov presežek. Še večja so ta nasprotja pri poklicnem izobraževanju. Ker je to vezano neposredno na delovno organizacijo, ostajajo obsolventi iz perifernih območij nezaposleni. Za profil, za katerega se izobražujejo v domači regiji, ni delovnih mest, dnevna migracija v podjetje, ki je omogočilo izobraževanje, pa bi bila predolga. Razvojna politika, ki bi temeljila na konceptu regionalne samobitnosti, bi morala predvsem za območja Aschaffenburga, Schweinfurta, Bamber-ga, Schwandorfa in Ansbach/Weissenburga predlagati naslednje ukrepe: - ustanovitev informacijskega in svetovalnega urada za usmerjanje poklicnega izobraževanja, - ustanovitev borze izobraževalnih ustanov določenih regij in - ustanovitev centra poklicnega izobraževanja na območju Hassfurta. - 79 -