Vortrag, grhattrn bei der General-Versammlung des Laibacher Äushilfs Lassa - Vereins am 12. Februar 1860 von D' L. U. k<»8t rr. Verehile Versammlung! ch hoffe auf Ihre freundliche Nachsicht rechnen zu dürfen, wenn ich von der bisherigen Uebung, wornach die Generalversammlung lediglich zur Abthuung geschäftlicher den Verein unmittelbar betreffender Gegenstände bestimmt war, abweiche, und — die günstige Gelegenheit ergreifend, hier eine Frage zur Sprache bringe, welche für alle Mitglieder deö Vereins von um größerer Wichtigkeit ist, je näher der 1. Mai und mit ihm eine neue gesetzliche Gestaltung des gewerblichen Lebens an uns herantritt. Die Bedeutung des Genossenschaftswesens für die Gegenwart ist cs — die ich mit einigen Erörterungen zu be¬ leuchten mir erlauben will, und wofür ich Ihre gütige Aufmerksamkeit auf einige Augenblicke mir erbitte. — Es ist ein nicht wegzuläugnender Grundzug der menschlichen Natur, daß ter Mensch — das Edelste aller Geschöpfe — mehr als alle übrigen auf die Hilfe und Unterstützung seiner Mitgeschöpfe gleicher Art — seiner Mitmenschen gewiesen ist. Schon in der heiligen Schrift wird dieses Bedürfniß der Menschen anerkannt. Im Buche der Schöpfung (Gen. 2, 18.) heißt es: „Und Gott der Ewige sprach: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei." Die tägliche Erfahrung bestätigt dessen Nich¬ tigkeit. Das neugeborne Kind würde alsbald sein junges Leben einbüssen, wenn nicht die liebevolle Pflege und Wartung der Mutter für es wachte und sorgte. Welche Resultate erzielt werden, wenn ein junger Mensch von seinem frühesten Alter sich selbst überlassen wird und der nöthigeu Anleitungen entbehren muß — zeigt die traurige, auch bis zur Stunde noch nicht ganz aufgeklärte Lebensgeschichte Caspar Hauser's, deS Nürnberger Findlings, der in seinem 17. Jahre — bei seiner Auffindung — sich als ganz ünbehilflich in Sprache und Benehmen und als gänzlich unwissend zeigte. — So finden wir denn in der Geschichte gar mannigfache Verbände der Menschen. Die Familie, die unterste Gliederung in der menschlichen Ge¬ sellschaft, ist so alt, als das Menschengeschlecht. Stammverwandtschaft bedingt die älteste, die patriar¬ chalische Staatsform. Mit der Ausbreitung der Menschen setzten sich die Nationalunterschiede, mit der Verfeinerung der Cultur die Verschiedenheiten der Berufsstände fest. Während sich aus diese Weise die Menschen nach Elasten und Gruppen sonderten, schloßen sich die Zusammengehörenden um so fester an einander. Aus welches Volk, aus welchen Staat der alten, Mittlern oder neuen Zeit wir blicken mögen, — nirgends finden wir den Menschen alleinstehend, immer in Gesellschaft, unterstützt von seinen Mitmen¬ schen, gewiesen aus ihre Hilfe und Theiluahme. Lassen Sie mich nun einen Blick werfen auf die mancherlei Gestaltungen, welche die gewerblichen Verbände, die Verbindungen von Gewerbeleuten, im w. S. des Wortes, in den verschiedenen Zeital¬ tern angenommen haben. Vorerst will ich eine kurze Bemerkung machen, die sich mir bei Betrachtung der Geschichte der Menschheit aufdrängt. Je mehr ein Volk in seiner Bildung fortschreitet, desto mehr ver¬ liert die starre Naturnolhwcndigkeit ihre Kraft, und gelangt der freie menschliche Wille zur Geltung. Der wilde Nomade, der mit seinem Stamme von Weide zu Weide zieht, und der bcdürfniß- — ja beinahe gefühl- und empfindungslos kein anberes Vergnügen kennt, als in träger Ruhe in der Hänge¬ matte seines Zeltes zu liegen — fast nie tritt er während seines langen Lebens aus den kleinen Kreis seiner Familie. Er findet keine Veranlassung, sich mit Genossen nach freier Wahl zu vereinigen. Kommt cs ja einmal zu Händeln mit einem Nachbarstamme, so läßt ihm seine Stammesverbindung keine Wahl. Dem 2 gegenüber blicken wir auf die Culturvölker der Gegenwart. Stammes- und nationale Sympathien müssen einem nivellirenden Weltbürgersinne weichen. Selbst die Bedeutung der Familie schwindet, und an deren Stelle tritt vielfach die auf freier Wahl beruhende Association. Das gleiche Gesetz offenbart sich auch in der Entwickelungsgeschichte der Gewerbsverbindungen, deren verschiedene Phasen wir mit den drei Schlagworten: Kaste, Zunft, Association - bezeich¬ nen können. Die orientalischen Völker des Alterthums waren in Kasten geschieden, welche eine unüber- steigliche Kluft zwischen den Volkstheilen bildeten. Meist aus Stammesverschiedenheit entstanden, bildete jede Kaste ein streng abgeschlossenes Ganze für sich. Die vornehmeren, die Priester- und Kriegerkasten sahen mit Verachtung auf die armseligen Ackerbau und Handel treibenden Kasten herab. Die Ehe war nur zwischen Angehörigen derselben gestattet, und dem Sohne war es nicht erlaubt, aus der Kaste seines Vaters zu treten. Ob er Freude und Geschick zum Stande dieses letztem hatte, es war gleichgiltig: der Sohn des Tischlers mußte auch Tischler, der Sohn des Schulmeisters ebenfalls Schulmeister werden! Die alten Griechen und Römer, dann die alten Deutschen hielten gewerbliche Hanthie- rungen mit der Ehre eines freien Mannes unverträglich, und überließen sie ihren Sclaven. Im Mittelalter entstanden die Gilden und Zünste. Sie waren sür ihre Zeit von großem Vortheile und erheblicher Bedeutung. In den Städten bildeten sie das oppositionelle, das demokratische Element gegen den Stadtadel, das s. g. Patriziat. Oft gelang es ihnen erst nach wiederholten vergeb¬ lichen Versuchen, oft erst nach blutigen Kämpfen das Stadt-Regiment, oder wenigstens einen Antheil daran sich zu erringen. Die Zünfte sahen aus die ungeschmälerte Aufrechthaltung der Standesehre, sie machten es den jungen Leuten möglich, sich in ihrem Gewerbe vollständig auszubilden, sie schrieben aber dann auch die Bedingungen vor, von welchen sie die Ausübung derselben abhängig machten. Brauchte ein Zunft- mitgliek Unterstützung, so fand er sie bei den Bruder- und Zechladen. So groß aber die Vortheile der Gilden und Zünfte sein mochten, — heut zu Tage haben sie sich überlebt, heut zu Tage sind sie nichts als ein Todtengerippe, dem Leben einzuhauchen nie gelin¬ gen wird. An ihre Stelle tritt das auf frejer Vereinbarung beruhende Princip der Association, treten die Genossenschaften. Sollen diese lebenskräftig sein, soll es sich nicht darum handeln, die alten Zünfte unter einem neuen Namen einzuschwärzen, sondern darum, den Gewerbeleuten wirklich die Mittel an die Hand zu geben, den erhöheten Anforderungen der Neuzeit zu genügen, ihr voran zu schreiten, nicht hinkend und akhemlos nachzufolgen, dann müssen bei Bildung dieser Genossenschaften die Grundsätze beobachtet werden, welche der kenntnißreiche und freisinnige Sekretär der oberösterreichischen Handels- und Gewer¬ bekammer I)r. v. Figuly ausgestellt, und! die genannte Kammer in ihrer Sitzung vom 9. Jänner l. I. einstimmig angenommen hat. Sie erlauben mir, m. H., die wichtigsten dieser Grundsätze hier einzuschalten: „ch Nur freie Vereinbarung durch Ueberzeugung der Zweckmäßigkeit, nach Maß der speziellen Landes-, Orts- und Gewerbsverhältnisse möge den Grundpfeiler der neuen Genossenschaften bilden. — Die Zeit, die Erfahrung, die wachsende Bildung wird dann das weitere dazuthun. 2. Nicht Ausschließung, Hinderung, Beschränkung oder Erschwerung des Gewerbebetriebs zwischen den Genossen, sondern vereintes wohlwollendes Zusammenwirken zum gemeinsamen Fortschritte Aller soll thatsächlich angestrebt werden. 3. Eine zwangsweise Vereinbarung von Genossen wider den ausdrücklichen Willen möge niemals Platz greifen. Nicht das todte Wort, — sondern der Geist des Wohlwollens möge die Glieder an einander knüpfen." Jede zwangsweise Bildung von Genossenschaften würde also ihren Zweck verfehlen. Die Mitglieder, genöthigt sich an einem Vereine zu betheiligen, für dessen Bedeutung ihnen das richtige Verständnis! mangelt, werden vielleicht ihre äußern, erzwingbaren Pflichten erfüllen, aber es wird ihnen die opferwillige Begeisterung — welche allein Großes zu erzeugen vermag — fehlen. Es gibt nur ein Mittel, zum gewünschten Ziele zu gelangen: Fortschritt der Bildung, Erhöhung der Einsicht in die Nothwendigkeit und Zweckmäßigkeit der Genossenschaften. Je größer die Anzahl der Schulen wird, je mehr deren Besuch wächst, desto mehr wird die herrschende Apathie gegen alle Bestrebungen zum Wohle der Gesammtheit, der Man¬ gel jedes öffentlichen Interesses, der aller Voraussicht bare Egoismus aufhören, und einer verständigen Unter¬ ordnung unter die Gemeinsamkeit, einer festen Einigung zu gemeinschaftlichen Zwecken weichen. Diese auf freiem Willen der Betheiligten beruhende Vereinigung — die Association thut heut zu Tage um so mehr Noch, je mehr die alten Verbände, wie ich früher zu zeigen versuchte, an Bedeutung und Lebenskraft verlieren, und je allgewaltiger die Macht des Capitales wirkt. 3 Jeder von ihnen, meine Herren, wird bereits beobachtet Men, wie lavinenartig sich das Capital in den Händen eines industriösen Menschen vermehrt, wie es aller Geschäftszweige sich zu bemächtigen sucht, und alle ärmern Gewerbsleute zu verschlingen droht. Diese Gefahren werden sich mit Einführung der neuen Gewerbeordnung, welche auf dem Princip der Gewerbefreiheit beruht, und sowohl die Cumulirung verschiedener Gewerbe als auch die Verpachtung des Gewerbebefugnisses zuläßt, noch steigern. Diesen drohenden Gefahren nun können wir nur auf einem Wege begegnen — nur auf dem Wege der Association. In der Vereinigung zu Genossenschaften müssen wir Kraft suchen, müssen wir die Bildung eines verhältnißmäßig bedeutenden Ka¬ pitals anstreben, uno es so ermöglichen, dem Kapitalisten eine wirksame Concurrenz zu bieten. In diesem Kampfe werden sich ebenbürtige Gegner gegenüberstehen, unv es wird sich der Sieg dorthin neigen, wo die größere Ausdauer, das mehrere Verständniß liegt — also der menschlichen Berechnung nach, auf die Seite der Association. — Die Beoeutung der Association ist in den fortgeschrittenen westlichen Culturstaaten bereits allseitig anerkannt und dieses Princip in den mannigfachsten Formen zur Anwendung gebracht. In Oesterreich sind wir in dieser Beziehung noch weit zurück und nur die eine Form derselben — die Actiengesellschaft, welche gerade für unsere Zwecke von weniger Bedeutung ist — hat bei uns eine größere Ausbreitung erlangt. Werfen wir nun einen Blick auf die verschiedenen Formen der Association, die wir in Deutschland und Eng¬ land in thätiger Wirksamkeit finden, wobei ich aber durchaus keinen Anspruch auf Vollständigkeit in meiner Zusammenstellung mache, sondern nur einige Beispiele auSwähle, um die Mannigfaltigkeit der Formen der ge¬ werblichen Vereinigungen zu zeigen. Die Konsumvereine (s. g. Oooporutivo storos) haben den Zweck ihre Mitglieder mit wohlfeilen Lebensmitteln zu versehen. Huber berichtet, daß in England deren mehr als 200 bestehen und trefflich ge¬ deihen. Die Mitglieder erhalten die gewöhnlichen Consumtionsmiktel des kleinen Haushalts, welche vom Ver¬ eine im Großen angeschasst werden —zum Anschaffungspreise, mit einem mäßigen Aufschläge für Verwaltungs¬ kosten, Neservefond und Capitalsinteressen — jedenfalls aber noch immer viel billiger und besser, als dieß beim Krämer möglich ist. Die bedeutendsten derselben sind mit Getreidemühlen oder Bäckereien, , und Schläch¬ tereien verbunden. Das Capital wird theils durch Eintrittsgelder und Beiträge der Mitglieder, theis durch Darlehen beschafft. Von der Blüthe dieser Vereine gibt die cooperative Mühle in Leeds ein Beispiel. Sie begann 1850 unter großen Schwierigkeiten und mit manchen Mißgriffen und Unglücksfällen, und hatte den¬ noch 1853 schon über 26000 fl_, 1854 über 30000 fl. reinen Gewinn. Der Frankfurter Konsum- Verein hat in 6 Monaten 180 Stecken Holz, 530 Malter Kartoffeln und 3000 Malter Steinkohlen zur Verthcilung gebracht und aus seiner eigenen Bäckerei 34000 Laib Brod abgesetzt. Vorzügliche Resultate werden von der s. g. „Association in Erfurt" erzählt, welche seit 1. April 1856 in Wirksamkeit ist, und mit Mehl, Brot, Flcischwaaren und Heizmaterialien handelte, auch das Brot in 2 eigenen Bäckereien selbst fabricirte. Der Betriebsumsatz ergab im 1. Jahre 30000 Thl., im 2. Jahre 40000 fl. Die Mitglieder erhielten schon im ersten Jahre 25"/„ Gewinn. Das anfänglich nur 2040 Th. betragende Gesellschafts- capital stieg Ende des 2. Jahres auf 8010 Thl. Am 1. Mai 1858 vollzog die Gesellschaft eine Reorga¬ nisation, wornach sie außer der früher» Geschäfte auch noch a) Detailhandel mit Landesproducten, Colonial- und andern Maaren, sowie mit Rohmaterialien für Handwerker (Holz, Leder u. s. w.), >>) bluxros- und Kom¬ missionshandel mit alledem, e) eine Sparcasse unV Vorschußbank, 4) die Anlegung einer Bierbrauerei, Ziegelbrennerei und was sich sonst noch als vortheilhaft ergeben möchte, zu unternehmen beabsichtigte. Roh¬ stoff-Vereine versorgen ihre Mitglieder mit guten und wohlfeilen, allenfalls auch auf Kredit verabfolgten, zum Gewerbebetriebe nöthigen Rohstoffen. Von Leipzig, Zwickau, Hildesheim haben wir Berichte über dieselben. In Leipzig besteht eine derartige Association für Schuhmacher und eine andere für Schneider. Die letztere hatte nach 10 Monaten ihres Bestehens 20 Mitglieder, hatte in dieser Zeit um 8554 Thlr. Maaren gekauft, von welchen um 7232 Thlr. an die Mitglieder (daher an jedes circa 362 Thlr.) abgesetzt wurden. Die Dividende ergab 3^ °/g, der Werth des wohl assortirten Lagers war am Schluffe des Rech¬ nungsjahres 1896 Thlr. Die gemeinnützigen Baugesellschaften, wie solche zu Chemnitz, Leipzig, Berlin bestehen, stellen billige, gesunde und hübsche Wohnungen für Arbeiter u. dgl. her. Die Berliner erbaut in den verschiedenen Stadttheilen und in der nächsten Umgegend Gruppen von Häusern zu 4—9 Wohnungen der besten Qualität für Arbeiter, Handwerker u. dgl., nach Umständen mit etwas Garten- und Kartoffelland. Die Miethe betragt 4"/„ der Baukosten (nach Verhältnis! der Qualität der Wohnungen sehr viel billiger als die gewöhnlichen Miethwohnungen) und 2°/^ Zuschlag zur Amortisirung des Bau- capitals, so daß binnen 30 Jahren jeder Miether Eigenthümer seiner Wohnung ist. In großartigem Ma߬ stabe hat Napoleon in seinen Arbeiterkasernen (Oitos ouvriöro«) den mittellosen Arbeitern billige und gesunde Wohnungen zu verschaffen gesucht. Vereine ganz trefflicher Art sind die Kranken- und die Begrägniß- cassen; über welche ich nichts Näheres auszuführen brauche, da wir in unserer Stadt am Handlungs- Kranken-Unterstützungsvereine und an der Marienbrudcrfchaft die erfolgreichsten Beispiele dieser Art haben. Ebenso ist die Organisation und wirksame Thätigkeit der Gewerbevereine bekannt genug, und eS sei mir daher hier nur noch erlaubt, den Wunsch auszusprechen, daß auch die gewerblichen Interessen Krains recht bald in einem kräftig blühenden Gewerbevereine ihre Stütze und ihren Mittelpunkt finden möchten. Denn leider zählt Krain gegenwärtig nach den Ergebnissen der letzten Volkszählung vom 31. Octo¬ ber 1857 (wie es vor Kurzem in der offiziellen Wiener Ztg. zu lesen war) — neben der Militärgrenze, der Bukowina und Dalmatien — zu den gewerbeärmsten Kronländern Oesterreichs. — Beispielsweise will ich noch auf den Handwerkervsrein zu Husum Hinweisen, dessen Zweck die Beförderung des Wohles der Handwerker ist, und der wesentlich auf dem nicht hoch genug anzuschlagenden Princip der Selbsthilfe beruht. Die gewählten Mittel zur Erreichung seines Zweckes sind: ein Leseverein, eine Gewerbe¬ schule, eine Leih- und Sparcasse, eine Krankencasse, Ausstellung von Handwerkserzeugnissen und gesellige Zusammenkünfte. Von noch umfassenderer Wirksamkeit ist die Gesellschaft zur Förderung gemein¬ nütziger Thätigkeit in Lübeck, welche eine Kleinkinder- und eine Industrieschule, eine Gewerbe-, Turn- und Schwimmschule, Taubstummenanstalt, Schullehrerseminar, Gesangclasse, Bibliothek, Naturaliencabinet, Vereine für lübeckische Geschichte, für Sammlung und Erhaltung lübeckischer Kunstalterthümer und für Statistik, ferners eine Gewerbshalle, eine Rettungsanstalt für im Wasser Verunglückte, einen Verein zur Fürsorge für entlassene Sträflinge und sittlich Verwahrloste, und eine Seemannscasse unterhält. — Wie einem Gemeinwesen oft durch patriotische zu einem Vereine zusammentretende Männer bedeutende Kosten erspart werden können, zeigt die Leipziger Turnerfeuerwehr. Bekanntlich kosten die Löschmannschaften in großen Städten so in Wien, Berlin u. dgl. ungemein viel. Diese Auslage entfällt in Leipzig gänzlich. Dort haben sich junge, gewandte, muthige Leute, etwa 100 an der Zahl, zusammengefundcn, welche — geübte Turner — ein förmlich organisirtes Feuerlöschcorps bilden, mit allen nöthigen Rettungsgeräthschaften aus¬ gerüstet sind, und auf das erste Allarmzeichen herbeieilen, um zu löschen und zu retten. Aehnliche Vereine könnten überall in's Leben gerufen werden, — da an jungen und gewiß auch hiezu bereitwilligen Leuten kein Mangel ist. Es bedarf eben nur der Anregung. Am nächsten stehen uns die Vorschußvereine (gewerblichen Darlehensvereine), daher es mir gestattet sein wird, auch bei ihnen noch einige Zeit zu verweilen. Schulze-Delitzsch, dessen Verdienste um Gründung, zweckmäßige Organisation und Verbreitung dieser Vereine unbestreitbar sind, und der eben deß- halb auch in die Reihe unserer verehrten Ehrenmitglieder erwählt wurde, gibt folgende Statistik der Vor- schußvereine: Preußen Sachsen Hannover Das übrige Deutschland Oesterreich 55 ri 13 18 1 (in Laibach) im Ganzen 118. In Bezug aus Oesterreich ist diese Angabe sehr mangelhaft. Es ist wunderbar, wie Herr Schulze übersehen konnte, daß Herr Professor Stubenrauch am Frankfurter volkswirthschaftlichen Congresse ausdrücklich der Aushilfscassenvereine von Laibach und Klagenfurt erwähnte. (Siehe das Werk: „vouKros international lle bienlaisanoech 1858 I. p. 77.) Außerdem ist mir das Bestehen derartiger Vereine zu Vlaöim in Böhmen, Reichenberg, Troppau, Aussig, Pest, Preßburg, Fiume, Klausenburg, Grätz, Linz, Lemberg, CzaSlau in Böhmen bekannt. Mehrere von diesen haben sich unmittelbar an unfern Verein um Mittheilung der Statuten, Geschäftsordnung u. dgl. gewendet. Das gleiche Ansuchen wurde auch von Fünfkirchen, Temcßvar, Kronstadt, Marburg und Wiener Neustadt an uns gestellt. Ich habe aber nicht in Erfahrung bringen können, ob die Vereine in diesen letztem Orten ins Leben getreten sind, oder nicht. — Schulze hat einen Auszug aus den Jahresberichten von 45 derartigen Vereinen zusammen¬ gestellt, aus welchem zu ersehen ist, daß dieselben im Jahre 1858 Vorschüsse und Prolongationen im Be¬ trage von gegen 2,100.000 Thaler gewährt haben. Das gesammte Einlagscapital der Mitglieder betrug fast 300,000 Thl-, der Reservefond gegen 14,600 Thlr. Gewiß sehr ansehnliche Resultate! Am 14., 15. und 16. Juni 1859 wurde unter Schulze's Vorsitz und auf seine Anregung ein Vereinstag deutscher Vorschußvereine zu Weimar abgehalten, wobei auch unser Verein vertreten war. Auf demselben wurden die Grundsätze berathen, welche den Vorschußvereinen zu Grunde zu legen sind. Das wesentlichste Princip für dieselben ist das der Selbsthilfe. Zahlen reden besser als Worte. Ich will daher einige Zahlen voraussenden. c» t 3K Gedruckt bei J. Rud. Millitz in Laibach. Zn Nördlingen (in Baiern) besteht eine Leihcasse kes Gewerbevcrcins, 1849 nach dem Principe der Subvention begründet, deren Fond 4858: 13183 fl. betrug, wovon jedoch nur 9486 fl. als Vorschüsse gegeben, ja — wie der Bericht sagt — kaum mehr begehrt wurden. Also wurde ter Fond des Vereins nicht einmal umgesetzt. Damit vergleiche man dann unfern Verein, welcher im verwichenen Jahre über 72,700 fl. an Darlehen auSgegeben hat! Aehnlich ist es mit den Berliner Bezirksdar- lehenscassen. Wohldenkende Männer aus der bemittelten Classe sammelten durch Geschenke, fortlaufende milde Beiträge und zinsfreie Darlehen den Fond, aus welchem sie unbemittelten Handwerkern rind Arbeitern die Darlehen meist ohne Zins verabreichen. Laut der von Schulze gemachten Zusammenstellung haben 84 solcher Berliner Bezirksdarlehenscassen bei einem Vermögensstande von mehr als 85,000 Thl. nicht einmal ganz um 68,800 Thl. Darlehen im Jahre 1857 gegeben. Dieses Gcsammtresultat wird nicht selten von den Leistungen eines einzigen der auf Selbsthilfe gegründeten Institute, in manchen kleinen deutschen Land¬ städtchen (so im Luckenwalde und Colberg) im ersten Jahre von deren Bestehen übertroffen. Ganz besonders sind aber die bei diesen Vereinen vielfach vorkommenden Verluste durch Zahlungsunfähigkeit der Vorschu߬ nehmer zu beachten. Ein einziger dieser Bezirksvereine hat seit seinem Bestehen 33,500 Thaler Vorschüsse gewährt und davon 1260 Thaler, also etwas über 3"/g verloren, ein so ungünstiges Verhältniß, wie es sonst nirgends vorkommt. Bei Vergleichung solcher Resultate kann man daher die Worte Schulze'S nur billigen: „Die Erweckung der Vorstellung bei unserem Handwerker- und Arbeiterstande, als könnten diese Leute nicht durch eigene Kraft bestehen, und bedürften dazu irgend einer Unterstützung ihrer wohlhabenden Mitbürger, wirkt verderblich in sittlicher und wirthschaftlicher Beziehung." Obige Beispiele — denen sich verschiedene andere anreihen ließen — beweisen vielmehr, „daß die der Subvention sich zuneigenden Anstalten in keiner Hin¬ sicht dem überall vorhandenen Creditsbedürsniß derjenigen Classen genügen, welchen der eigentliche Bank¬ verkehr verschlossen ist, und daß ihre Leistungen gegen die unsrer Vereine höchst kümmerlich sind; daß die arbeitende Classe sich zum Theil selbst von der ihnen in jenen Anstalten gebotenen Hilfe ferne hält, indem bei den meisten der vorhandene, für das wirkliche Bedürfniß durchaus unzureichende Fond, nicht einmal ganz benutzt wird, sondern zum großen Theile müssig liegt. Ja, wenn irgend etwas für die Kernhaftigkeit unserer Handwerker- und Arbeiterclasse und für ihre Reife zur Selbsthilfe spricht, so ist es gerade dieser letztere Umstand, der sich in Berlin, Leipzig, Chemnitz und sonst ganz unverkennbar herausstellte. Ueberall strömen die wackern Leute herzu, wo ihnen die Betheiiigung bei einem Unternehmen geboten wird, dessen Leitung, Risico und Gewinn ihnen selbst gehört, und das ihrem Creditbedürfniß in dessen vollem Um¬ fange zu genügen verspricht, ohne daß sie dabei der Gönnerschaft irgend Jemandes verpflichtet werden. Stets finden sich die zur Verwaltung geeigneten Personen in ihrer Mitte. Sie wollen keine Unterstützung, sie wollen auf eigenen Füßen stehen, denn Vorschüsse aus solchen Unterstütznngsanstalten schaden ihrem sonstigen Kredite. Deßhalb formte sich der Hilssverein in 'Chemnitz zum selbstständigen Creditverein um, und die Mitgliederzahl wie Verkehr verdoppelte sich sofort im 1. Jahre. Deßhalb bildete sich in Berlin der Verein selbstständiger Handwerker, trotzdem, daß mehr als 100 Bezirksvereine müßig ihre Gelder liegen hatten, und übertrifft diese zusammen genommen am Umfange." — Doch wozu brauche ich weit in die Ferne zu schweifen? Bildet unser Verein nicht das schönste Beispiel? Sind die Resultate unserer Ge¬ schäftsgebarung — namentlich wenn Sie den so mächtig steigenden Fortschritt von Jahr zn Jahr beachten — nicht wahrhaft bewunderungswerth? Ja, unser Verein gereicht dem Laibacher Gewerbestande zur Ehre, er gibt Zeugniß ab für seine Solidität, für sein richtiges Verständniß der neuzeitlichen Forderungen und für seinen Gemeinsinn. Haben Sic sich, meine Herren, die schönen Resultate unseres Vereins auch wirklich zunächst selbst zu danken, so gebührt doch auch den Herren Verwaltungsräthen überhaupt, und namentlich dem Herrn VereinSvorstande Horak unumwundene Anerkennung und alles Lob. Mit nie rastender Thätigkeit hat dieser letztere das Wohl des Vereins überall wahrgenommen, mit sicherm Tacte hat er die Geschäfte geleitet und überwacht, den Verein vor jedem Verluste zn bewahren gewußt, und dessen Wirkungskreis fortwährend erweitert. Daß der Verein so geachtet dasteht, und selbst in den weitesten Kreisen — bis über die Grenzen der Monarchie sich der verdienten Anerkennung erfreut — ist nicht zu einem kleinen Theile das Verdienst unsers verehrten Herrn Vorstandes. Ich bin mir daher gewiß, daß ich nur einem allgemeinen Wunsche Ausdruck gebe, wenn ich die Hoffnung ausspreche: ihn noch recht lange an un¬ serer Spitze wirken zu sehen!