Separatabdruck aus ,,Mediziniscbe Blatter" Nr, 43 — 1902, Rohitsch - Sauerbrunn, mit besonderer Berticksichtigung der „Styriaquelle“. Von Dr. Maximilian Stransky in Wien. Es ist ein alter Erfahrungssatz, dass auf jeglichem Ge- biete menschlicher Arbeit und menschlichen Forschens zeit- wei!ige Aenderungen der Ansichten zu beobachten sind, dass sich in allen Wissenschaften Stromungen geltend machen, die man als „modern“ bezeichnen mochte, wiirde dieser Ausdruck fiir die ernste Wissenschaft nicht zu profan klingen. Man kann diese typisch gewordene Erscheinung mit der Wellenbewegung des wogenden Meeres vergleichen, in dem die Abwechs!ung der Wellenberge und Wellentaler ein prachtiges, abwechslungsreiches Schauspiel darbietet. Das Wechselspiel der Richtungen in der arztlichen Wissenschaft ist ungemein interessant. Auf den unheilvollen „Nihilismus“ in der Therapie, wie ihn die Wiener Schule in der ersten Halfte des verflossenen Jahrhundertes kiindete, folgte am Ende desseiben eine Polypragmasie, die alle zu- lassigen Grenzen iiberschritt, fast alle frtiheren Heilmethoden briisk tiber Bord warf und nur der Chemie in der Therapie das Biirgerrecht verlieh, und dies alles mit einer solchen Hast und Impetuositat, dass der strebsame Arzt in die Un- nroglichkeit versetzt wurde, den rastlosen Fortschritten zu folgen und alle Neuerungen seinem Wissen einzuverleiben. Statt in den chemischen Laboratorien der Hochschulen, forschte man in denen der chemischen Fabriken ; in nicht ganz einwandfreier Weise wurden neue Heilmittel nach kurzer Prtifung und olrne griindliche klinische Erprobung in iiber- stiirzter Weise auf den Markt gebracht. Selbstveptandlich erlebten die Aerzte und mit ihnen die Kranken grosse Ent- tauschungen, viele dieser neuen Heilmittel hielten nicht, was Einleitung. 2 deren Fabrikanten von ihnen versprachen, manche Droguen wirkten direkt schadlich und verschwanden bald vom Schauplatze. Wenngleich auch ein groš ser Teil der neuen Mittel der strengsten Prtifung standhielt und wir sie als eine wertvolle Bereicherung des Heilschatzes bezeichnen iniissen, so ver- sagte ein grosserTeil dieser zumeist dem grossen Publikum mit Umgehung der Aerzte direkt durch die politischen Blatter empfohlenen Droguen ganzlich. Es ist daher nicht zu verwundern, wenn sich ein grosser Teil und leider gerade des intelligenteren Publikums, insbesondere in Deutschland, von der medikamentosen Be- handlung lossagte, dass ein grosser Teil der Aerzte ihnen Gefolgschaft leistete und sich der „physikalisch-diatetischen“, falschlich „Naturheilmethode“ genannt, zuvvendete. Diese naturnotvvendige Reaktion, deren derivatorische Wirkung eigentlich hatte segensreich werden konnen, nahm durch die Intervention spekulativer, nur auf Gewinn sinnen- der Laien die hasslichsten Formen an. Wilde Laienspekulation geschaftslusterner Leute be- machtigte sich dieser rein wissenschaftlichen Angelegenheit und das liebe urteilslose Publikum schlittete das Kind mit dem Bade aus und zog scharenvveise in das Lager der falschen Propheten Kuhne, Bilzetc. liber, die hasserfiillt der „Giftmedizin“ und den „Giftarzten“ den Krieg bis aufs Messer erklarten. Unsinnige Beschuldigungen, kommune Beschimpfungen der Aerzte waren die Waffen, mit denen diese Helden kampften. Mit Hilfe dieser Waffen fabrizierten diese un- berufenen Laien, besonders in Deutschland, eine alle Men- schen angeblich gesundmachenwollende „Naturheilmethode“, zu deren Fahne sich vor allem interessierte Geschaftsleute und eine Schar Phantasten in grosser Zahl gesellten und hatten die genannten Heilapostel mit Einschluss des Pralaten Kneipp grossen Zulauf aus aller Herren Lander. Schliesslich sahen das Publikum und leider allzuspat auch die Aerzte ein, dass eine Reform der Heilkunde denn doch nur von berufener arztlicher Seite ausgehen konne. — 3 Es ist ein grosses Verdienst der Klinik Leyden in Berlin, dass von derselben ex cathedra nach genauer wissen- schaftlicher Prufung der richtige Kern der physikalisch- diatetischen Methode gefunden wurde, dass diese zwar nicht neue, aber in Vergessenheit gekommene Lehre nach genauer wissenschaftlicher Prufung in ein System gebracht wurde und eine klinische Basis erhielt. Die Lehren eines Hahn, Ferro, Winternitz, Zander und andere Forscher kamen zu Ehren, ihre und vieler anderer Mitstreiter Lehren bekamen die klinische Sanktion. Deshalb kam die medikamentose Therapie nicht ab, jedoch die Kumuiierung derselben mit der physikalisch- diatetischen Methode, das ist die „Sezession“ in der Medizin, das ist das neue wissenschaftliche Glaubensbekenntnis wohl der meisten Aerzte der Jetztzeit. Dasselbe ist beileibe keine Konzession an die genannte Reaktionsbewegung, kein Zuruckweichen vor der „naturheilfreundlichen“ Stromung im Publikum, sondern sie ist die Frucht vorurteilsloser Prufung, ein Zeichen grosser wissenschaftlicher Reife der Aerzte, die in Erkenntnis der Richtigkeit kritisch erforschter Lehren alt- gewohnte Bahnen teilweise verlassend, neue, sorgfaitig ge- pflegte, gut vorbereitete und heilsame Wege auf dem Gebiete der Therapie betreten. Es ware ein Dcktrinarismus der oster- reichischen Aerzte, sich der Bewegung, die die wissen- schaftliche physikalisch-diatetische Methode propagiert, entgegenstellen zu vvollen, weil unsere klinischen Lehren derselben die Pforten der Alma mater bisher ieider hart- nackig verschliessen. Es niitzt nichts, „la methode est en marche!“ Man muss auch mit dem Publikum rechnen, dem das „iurare in verba medici" heute nicht mehr gelaufig ist, illius medici, der bei Krankenkassen Kreuzer-„honorare“ fiir seine Leistungen erhalt. Das Publikum halt in Konsequenz des Vorschreitens der sieghaften Bewegung jenen Arzt nicht mit Unrecht fur „veraltet“ und nicht auf der Hohe der Wissenschaft stehend, der nicht Kenntnisse in der Klimato- und Balneotherapie, der Hydro-, Mechano- und Radiotherapie besitzt und der in seiner Praxis diese Methoden nicht zum Besten seiner Patienten anwendet. Es sei damit jedoch nicht gesagt, dass — 4 derselbe die in vielen Fallen bevvahrte und sogar teilweise unentbehrliche medikamentose Therapie verlassen miisse. Im Gegenteil! Es gibt keinen Zweig der medikamentosen Therapie, der mehr Forderung verdient als die Balneotherapie, die die „Naturheil“-anhanger als in ihr Gebiet gehorend arrogieren, wahrend dieselbe eine rein medikamentose ist. Denn die vielen Heilquellen sind gar gewaltig differente Medikamente, die, unverniinftig angewendet, weit mehr schaden konnen, als Heilmittel aus der „Gifthohle“, wie die Naturheilanhanger die Apotheken in liebenswiirdiger Weise zu bezeichnen pflegen. Es lasst sich jedoch nicht leugnen, dass die Baderlehre ein Stiefkind unserer Kliniker ist oder bis vor kurzem war; jedoch mit Unrecht! In den Badern und Heilquellen besitzen wir ideale Medikamente, nicht bereitet in chemischen Fabriken, die Menschenhand erbaute, sondern im Tempel der Natur nach bevvahrten Rezepten erzeugt. Insbesondere unser schones Oesterreich ist die idealste Apotheke dieser Art, die auf Gottes Welt existiert. In den Heilquellen Oesterreichs ist eine materia medica angehauft, deren Wert und Giite zwar nicht aus den Lehr- biicherH der Pharmakologie zu ersehen ist, sondern deren Heilkraft der Arzt auf Grund seines Wissens selbst zu er- forschen die Pflicht hat, denn es gibt fast kein wirksames Agens, das nicht in Form von kostlich sprudelnden Quellen den Kranken von der allgiitigen Natur dargeboten werden wtirde und fast keine Krankheit, fiir die nicht ein kostbares Heiltranklein aus der Mutter Erde hervorsprudeln wiirde. Jedoch — habent sua fata non sosum libelli, sondern auch die Heilquellen! Und so kommt es, dass manchen Kurorten Kranke in nicht zu bevvaltigender Anzahl zustromen, vvahrend andere ebenso oder annahernd wirksame, unverdient in den Hintergrund gedrangt werden und sich nur langsam und allmahlich zu ihrer verdienten Stellung emporarbeiten. Es ist die schonste Aufgabe der Publizistik, durch streng exakte, wissenschaftliche Abhandlungen in objektivster Weise den Wert derartiger vveniger gekannter und gewiirdigter 5 Que!len und.Kurorte hervorzuheben. Einen derartigen Kur- ort der Kenntnis der Aerzte Oesterreichs ein wenig naher zu bringen, sei der Zweck nachstehender Zeilen. ; Im Siiden der griinen Steiermark liegt .228 m 'tiber der L ’$ft n “ nd - Adria, gegen Ošten lind'Nordeh durch- Gebirge geschiitzt, der altbekannteKurort .Rohitšeh-Sauerbrunn. • • Das Klima ’ desselben ist milde, der F-euchtigkeitsgehalt der Luft ist wegen der Lage inmitten: grošser Waldungen und Wiesen •.ein sehr hoher,’ weshalb er al.s subalpiner klimatischer Luft- kurort seit altersher grošse Belieb-theit geniesst. Die Natur hat den Kurort. mit landschgftlichen Schon- Nat t"f ch " heiten geschmiickt,sodass sich in diesem iaubwaldumrauschten weltfremden Tale, einem entziiekenden Sttickchen Erde,. Gesunde und Kranke wolrl recht behaglich befinden. Der. Urspriing von Rohitsch reicht bis in die altesten °^^icht- Zeiten zurtick. Zur Kenntnis eines grosseren Kreises kam der Kurort. erst durch den Grafen Zriny, der im Jahre 1645 durch diesen Sauerbrunnen Heilung von- schwerem Leiden fand und ihii der Fiirsorge des kaiserlichen Leibarztes . Dr. S o r b e i t empfahl, welcher ihn durch wissenschaftliche Publikationen bei den Aerzten seines. Heimatlandes bekannt machte und in welchem Streben er durch die Aerzte Dr. W a g n e r in Graz- und Dr..Grtin.del in Marburg unterstiitzf wurde. Die machtige Forderung des popularen Erzherzogs Johann ■ brachte; im Anfange. des. 19. jahrhunderts den Kurort zu einer -.zwar langsamen, jedoch stetigen En.t- ' . wicklung,. sodass er heute in der Reihe der osterreichischen und auslandischen Kurorje einen’ achtunggebietenden Rang einnimmt. Und dies mit Recht! „In Rohitsch-Sauerbrunn wasGeoioge besitzen wir“, nach dem Ausspruche Prof. Peters, „eine sa st- Heilquellengruppe, die als 'Vermittlung zwischen reinei Natrokrene und Glaubersalzwasser einzig in ihrer Art ist.“ 'Die wertvoIlste Guelle des Kurortes ist die „Styria“- Di « Qoeiien , C . • ■ von Rohitsčb- Quelle, auf der wir spater des Ausfiihrlichen zu sprechen sauerbrunn. kommen werden. Ausserdem besitzt Rohitsch-Sauerbrunn Die Styria- quelle im Be sonderen. — 6 — noch die „Tempel“-Quelle (10" Temperatur), die in ihrer Zusanimensetzung der Styriaquelle ahnlich ist und ebenfalls zum Trinken verwendet wird. Die Tempelquelle ist ein seit Jahrhunderten bekanntes und geschatztes diatetisches Erfrischungsgetrank, das an Geschmack und Wirkung vielen Genussvvassern iiberlegen ist und wegen seines Glaubersalz- gehaltes alien jenen, die im Berufe viel sitzen mussen, ins- besondere jenen, die an Hamorrhoidalbeschwerden leiden, gute Wirkungen bei regelmassigem Genusse als Tafelwasser hervorrufen wird. Ausserdem wird die „Waldqueile“, ein eisenreicher Sauerling,- zum Trinken vervvendet und leistet gleich vielen anderen Quellen dieser Art gute Dienste bei Anamie und Chlorose. Alle iibrigen Quellen werden nur zur Herstellung der kohlensaurereichen Bader verwendet. Die Styriaquelle von Rohitsch-Sauerbrunn, ein Heil- wasser von hervorragendem Werte, hat eine ungemein. interessante Zusanimensetzung. Dieselbe steht w e ge n ihres Glaubersalzgehaltes den verschiedenen Karlsbader Quellen a m nachsten, unterscheidet sich jedoch von denselben durch die niedere Temperatur, durch den iiberaus grossen Gehalt an freier Kohlensaure und insbesondere durch den uberraschend hohen Gehalt an kohlensaurem Kalk und kohlensaurem Megnesium. D i e Summe der fixen Bestandteile der Styriaquelle ist eine hohere, wie jene der Karlsbader Quellen und steht jener der Marienbader Quellen am nachsten. Nachfolgende Tabelle moge die Angaben vor Augen fiihren: Es ist in 10.000 Teilen enthalten: 7 Die Gruppe der Krankheiten, ftir die wir die Styria- Jndikationen quelle als Indikation aufstellen konnen umfasst vorerst die verschiedenen pathologischen Zustande. des Magens und Ma g c 1 " m und Darmes, ftir die die alkalisch-salinischen Quellen seit den altesten Zeiten als wichtiges Heiimittel gekannt sind. Durch die Alkalisierung des Mageninhaites wird die Salzsaure- sekretion angeregt, die Alkalikarbonate haben eine. schleim- losende Wirkung, die Kohlensaure belebt die motorische Tatigkeit der Magenv/ande (P e n z o 1 d t). Jene Mineral- wasser, die einen geniigend hohen Grad von Natriumbikar- bonat neben geringem Chiornatriumgehalt und eine reiche Menge freier Kohlensaure enthalten, wirken nach Ansicht des genannten Autors sauretilgend, schleimlosend und durch die Koldensaure p eri s tal ti sc h anregend. Unter den Sauerlingen, die er ftir geeignet halt, diesen Indikationen zu geniigen, fiihrt P e n z o 1 d t in s e i n e m Hand- buche der Therapie der inneren Krankheiten die Rohitscher Quellen an erster S t e 11 e an und denselben folgend jenevon Vichy,Bilin, Fachingen, Obersalzbrunn und Neuenahr. . Den glaubersalzhaltigen alkalischen Quellen schreibt Penzoldt einen noch hoheren Wert bei der Behandlung derMagen- und Darmkrankheiten zu. Als Hauptbestandteil ent¬ halten dieselben Glaubersalz, daneben auch Natriumbikarbonat und Kochsalz; dieser „glUcklichen Mischung“, wie man sie oft genannt hat, kommt wohl unter den Mineralwassern die hervorragendste Bedeutung zu, wie dies die in diese Gruppe gehbrigen Weltbader Karlsbad und Marienbad beweisen. Der Glaubersalzgehalt der Styriaquelle steht jenem der Karlsbader Quellen sehr nahe und ist daher die Styriaquelle als Heilfaktor ebenfalls unter die genannten Quellen ein- zureihen. Diese Quelle wird in geeigneten Fallen wegen ihrer Sauretilgung und Anregung der Peristaltik des Magen- darmkanals zu empfehlen sein und ist die niedrige Te m parat ur gleich je n er der Marienbader Q u e 11 e n gerade zur Erreich u ng derPeristaltik e in fordernder Faktor, wahrend in Karlsbad beim Genusse der heissen Quellen bisweilen zum Missvergniigen des Arztes und des Kranken Verstopfung eintritt und die Anwendung von Laxantien notwen'dig wird. Dyspepsie. Chronisches Magen- geschwiir. Atonie des Digestipns- traktes. . - — 8 - Unter den w i c h t i g s t e n G l a u b e r s a I z w a s s e r n fiihrt P e li z o-l d t nebst Karlsbad, Marienbad, Fra.nzensbad, Elster und' Tarasp auch die Ro.hitscher Quellenan. Oft Jkommt der Arzt in die Lage, nervosen, von .cjiro- nischer Gastritis geplagten Kranken, die die.Magenspiilung. . perhorreszieren, eine Trinkkur zu verordhen. Atich fur die chronische Gastritis ist die Štyriaquelle ein heilungsfOrdenider Faktor, ebenso bei der Behandlung der Magengeschvviire im Heilungsstadium,-in dem nebst der Liegekur der.Gebrauch alkalischer \Vasser indiziert ist. Auch bei diesen Krankheiteri . wirkt die Styriaquel!e gleich den anderen bekannten Que!len. sauretilgend : durch die Trinkkur wird eine schnellere Ent- leerung des 'Magens bewirkt, die Saftsekretion wird, den Untersuchungen J a w o r s k i s zufolge, herabgesetzt, dadurch aber die iibermassige Ausscheidung der Salzsaure, der' die Krankheit erregenden Ursache, -gehindert. Auch der Glauber- salzgehalt ist durch seine A6fuhrwirkung kein zu -unter- . sčhatzendes Heilagens. Ortner stellt in seinem Handbuche der Therapie. der inneren Krankheiten folgende Indikationen fur den Gebrauch der alkalischen''und aikalisch-salinisčheii Queilen ;auf:,„Die mit abnormer Salzsaurebildung einhergehenden Formen von D y s p 6 p s i e nsoweit dieselben nicht nervoser Natur, sind, ferner den sogenannten s a u r e ri Katarrh des Magens, speziell dort, wo er mit reichlicher Schleimbildung einher- geht, das c h r o n i s c h e G e s c h w il r des Magens und . Z w o 1 f f i n g e r d a r m s, besondgrs jene, die mit muriatischer Hyperaciditat-verbunden sind, die leichten Falle von Atonie des Digestionstraktes, die in folge v o. n si tz en der L eb e n s w e i s e u n d u n z w e c k m a's s i ge r E r n a h r u ng en tšte hf und endlich Dyspepsie mit- nur geringer Reduk- tion der Verdauungskraft des Magens. Als Hauptindikation fiir die Heilung dieser genannteri Krankheiten fiihrt Ortner die Karisbader Quellen an und tausendfaltige Erfahrung bestatigen seine Erfahrungen. Jedoch sah man wiederum, dass viele Patienten, die die heissen Quellen n cht vertrugen durch. die kalten Quellen Marienbads ihre Gesundheit wieder erlangten. Gleich e Erjolge hat d i e • Sty riaquelle nach den Erfahrungen. v. Stoffellas gezeitigt. 9 Stoffellasagt tibeV dieseQuelle: „Die Styriaquelle zeigt auf G run d meiner Erfahrungen die grosste Aehnlichkeit mit d en Karlsbader Quellen und unterscheidet sicli v o n d i e s e n nur durch den hohen Kohle nsauregehalt und die niedere Tempe¬ ratur. DieStyriaquelle h a t d e m n a c h d i e s e 1 b e n Indikationen, wie die Karlsbader Q u e 11 e n, ist d e n s e 1 b e n meiner Erfahrung z u f o 1 g e j e d o c h in j e n e n F a U e n v o r z u z i e h e n, in d e n e n e s s i c h um nervose P a ti en ten handelt.“ Stoffella riihmt auch die „ausgezeic h n eteWirkun g derStyriaquellebei habitueller Stuhlverstopf ung“, bei d er er in ei- nigen F a 11 e n n i c h t nur e i n e n voriibergehenden, sond er n auch bleibenden Erfolg s a h. Fiir die ganz grosse Gruppe der Krankheiten der Leber, leterus catarrhalis, Stauungen im Pfortadersystem, Milz- und Leberschwellung, Gallensteinkrankheit sind die alk ali s ch- s a 1 i n i s c h e n H e i 1 q u e 11 e n eine w a h r e Panacee, ebenso flir die Hamorrhoiden und ihre Folgezustande. Durch systematische Trinkkuren mit den genannten Quellen kann man diese Krankheiten, sofern sie n i c h t bereits zu weit vorgeschritten sind, der vollstandigen Heilung zuftihren. Bei leterus, ferner dem Katarrh des Duodenums und der Gallen- wege, wirken diese Quellen spezifisch antikatarrhalisch, nach Stadelmanns Angaben sogar nicht nur auf die Schleim- haut des Dannes, sondern auch auf jene des Gallenganges und des Ductus hepaticus, ja sogar auf die kleinsten Gallen- gange. Sogar eine aufiosende Wirkung auf Gallensteine schreibt Stadelmann diesen Quellen zu. Lewaschev fand ; dass durch diese Queilen eine Ver- dtinnung und Vermehrung der secernierten Galle hervorgerufen wird, wodurch die gallentreibende Wirkung dieser Heilwasser und die augenscheinlichen Heilerfolge erklart werden. Selbst Liechtenstern, ein den Heilbadern ziemlich skeptisch gegeniiberstehender Kliniker, gibt zu, dass diese Heilwasser giinstig wirken, obgleich das klinische Experi- ment diese Wirkung nicht nachweisen kann. Der „Genius loči“ lasst sich nicht experimentell nach- weisen! Bei der Gallensteinkrankheit erklart man sich die Grosste Aehn¬ lichkeit mit den Karlsba¬ der Quellen. Habituelle Stuhl- verstopfung. Krankheiten der Leber, Milz. Gallensteine. Haniorrhoi- den. 10 — Diabetes (Zucker- krankheit). Diathesis uri¬ ca, chron. Ob- stipation, Le- berschwel- lung. Harnsaure Diathese, Gicht, Nieren- konkreinente. Heilv/irkung dadurch, „dass die alkalisch-salinischen Quellen eine raschere Entfernung der Gallenkonkremente aus der Gallenblase und den Lebergangen bewirken, ferner indem sie durch Normalisierung der Galle der Neubildung der Steine entgegenwirken“. Es haben die Erfahrungen vieler Aerzte, insbesondere der Rohitscher Kurarzte, ergeben, dass auch kalte Quellen, zu denen die Styriaquelle gehort, fiir viele der genannten Krankheiten, besonders fiir die leichteren Formen derselben, die besten Erfolge aufzuweisen haben. Dasselbe gilt fiir die Behandlung des Diabetes mellitus. Nach den Untersuchungen von Gans ist es erwiesen, dass das Glycogen bei gleichzeitiger Anwesenheit von kohlen- saurem Natron in langsamerer Weise bei Zusatz von Diastase in Zucker umgewandelt wird, als bei dem Mange! an Alkalien. Dieser Indikation des Na Co 2 -Gehaltes geniigt die Styria- quelle, bat aber gleich den Marienbader Quellen wegen des Glaubersalzgehaltes eine wohltatige Wirkung auf die Begleit- erscheinungen des Diabetes, die uratische Diathese, die chronische Obstipation und kongestive Leberschwellung. Eine grosse Bedeutung, ja geradezu eine spezifische Wirkung kann man der Styriaquelle wegen ihres abnorm hohen Gehaltes an ko h le n- saurem Kalk und insbesondere a n kohlensaurem Magnesium zuschreiben, die ihr fiir die Behand¬ lung der h ar n s a ur en Diathese, der Gicht und der Nierenkonkremente eine n hohen Rang an- w e i s e n. D e r G e h a 11 a n ko h 1 e n s a u e r e m M a g n e s i u m wird von keinem anderen H e i 1 was.se r ti b ertr off e n. Folgende Angaben mogen dies erharten ; auf 10.000 Teile 11 Der abnorm h oh e Gehalt a n kohlensaurem Calcium und Mag nesi urn, de n nach obigen An- gaben wohl keine Quelle auch nur a n n a h e r u n g s- weise erreicht, ist hoch bedeutsam. „Die pharma- kodynamische VVertschatzung der Kalkvvasser ist in letzter Zeit sehr gestiegen und riickt sie in gewisser Beziehung in den Vordergrund der balneotherapeutischen Heilagentien." Die kalten kohlensaurereichen, erdigen Quelien haben vor allem eine diuretische Wirkung, ferner ist unanfechtbar nachgewiesen, dass Sedimente von harnsauren Salzen im Urin verschwinden, ohne dass der Urin neutral oder alkalisch gevvorden war. Untersuchungen von Noorden, L. und E. Leh- mann, Pfeiffer, Rosner und Strauss wiesen nach, dass dure h Darreichung v. Magnesium und Cal- ciumcarbonat eine fur die Losu n g der Harnsaure g ti n s t i g e Zusammensetzung des Urins erzielt vvorden war. Besonders vonNoorden hat dieBe- handlung von harnsauren Nierenkonkrementen mit kohlensaurem Kalk empfohlen und durch- geftihrtundberichtetiibersehrgiinstigeResultate. Berichte tiber die Heilvvirkung der Styriaquelle b e harnsaurer Diathese liegen uns nicht vor,* diese Quelle ist jedoch infolge des so iiberaus reichen Gehaltes an diesen Salzen augenscheinlich sehr geeignet, die harnsauere Dia¬ these und deren hohere Stufen, die Gicht und Nierenkon- kremente, giinstig zu beeinflussen. Ausgedehnte Versuche vvaren sehr wiinschenswert und ware es gewiss eine dank- bare Aufgabe fiir Aerzte, die eine grosse Zahl derartige Patien- ten zu beobachten Gel^genheit haben, die Styriaquelle und ihre Anwendung bei harnsauerer Diathese einer genauen vor- urteilslosen, durch chemische Analysen gestiitzten Prtifung zu unterziehen, um zu ersehen, ob die Suppositionen der genannten Forscher auch in praxi ihre Bestatigung finden. *) Diese Angabe des Veriassers bestatigt sich nicht. Ueber die Heilwirkung der Rohitscher,Quellen, speziell der „Styriaqueile“ bei harnsaurer Diathese berichtet Sanitatsrat Dr. Hoisel eingehend in einer Abhandlung der „Wiener inedizinischen Presse" 1806 Nr. 18 und 19 (Ueber das Wesen und die Therapie der harnsauren Diathese nud Gicht) und auch Prof. Glax anerkennt inseineni „Lehrbuch der Balueo- therapie" (Band I, Seite 269 und Band II, Seite 49) die „Styriaquelle“ als Heilagens bei diesen Krankheiten, indein er nocli ausdriicklich hervorhebt, dass bei Fettleibigen und an Obstipation leidenden Gichtkranken, „die an doppeltkohlensauren Erden be- sonders reiche „Styriaquelle“ den Vorzug verdient*. 12 Nach allem dem Gesagten konnen wir vorurteilsfrei behaupten, dass die Rohitscher QueUen, insbesondere die Styriaquelle, wertvolle Quellen sind, die wenngleich sie nicht geeignet sind, die altberuhmten Karlsbader Quellen in allen Fallen zu ersetzen, dennoch bei vielen der genannten Krank- heiten, ebenso wie die Marienbader Quellen, in geeigneten Fallen von segensreichster Wirkung sind und nach Stof- fellas Erfahrung in gewissen Fallen de n Karlsbader Quellen vorzuziehen sind. Die aus den anderen Quellen bereiteten kohlensaure- haltigen Mineralbader, die in Rohitsch-Sauerbrunn in der vollig hygienisch und vornehm ausgestatteten Badeanstalt verabreicht werden, werden die Trinkkur gewiss unterstiitzen, insbesondere der ungemein hohe CO.-Gehalt (1583'37 cm per Liter Wasser) macht diese Bader wertvoll. Der Steier- markische Landesausschuss, der die im Besitze des Kron- landes Steiermark befindliche Anstalt nach Kraften fordert, bemiiht sich, durch alle hygienischen Neuerungen und welt- stadtischen Komfort das Seinige zur Hebung des Kurortes beizutragen. Es ist zweifellos, dass, wenn sich die Kenntnisse der machtigen Heilfaktoren des Kurortes Rohitsch-Sauerbrunn bei den Aerzten mehr Eingang verschafft haben werden, derselbe der Bliitezeit entgegengeht, die ihm zukommt. Jeder Arzt, der den Kurort fordert, macht sich um eine gute Sache verdient. Sein eigenes Gefiihl, die griine Steiermark und last not least — seine Kranken werden ihm daftir Dank vvissen. VEHEINS8UCH DRUCKERFI CELEGA'