M. 2O. Laibach den 21. Mai 1864. 8. Jahrgang. Nliilter au5 Urain. (Beilage zur „Laibacher Zeitung.") Die „Blätter aus Krain" erscheinen jeden Samstag, und ist der PränumerationSPrcis ganzjährig 2 fl. östcrr. Währung. Die Vesuviennen ^). In dem Schloß der Tuilerien Sind die Sieger eingezogen; Aus nnd ein durch alle Thore Wälzen sich die Mcnschcuwogen, In den Höfen, in den Hallen Herrscht ein wild und wüst Gedränge; Lustig durch dic stolzen Räume Tönen Horn- uud Ocigcnklänge. In den Prächtigen Gemächern, Die im Kerzcnschimmcr prunken, Schwärmt das Volk, das halb vom Weine, Halb von junger Freiheit trunken. Auf den breiten Marmortrcppen, In den langen Corridorcn Lärmen jcnc Souvcraine, Die St. Antoin geboren. Wie es woget, wie sich'S schiebet, Welch' ein Durchcinanderschwirren! Iubclruf und laut Gezänke, Flötenlon und Gläscrtlirreu l Wildbacchantisch durch dic Säle Rast der Cancan nach dem Tacte; Freche Dirnen constatircn Heute dic Vefrciungsactc. In der Köu'giu keuschen Zimmern Hält die Wollust ihre Feier; Wo dic Herzogiuncn träumten Fällt der Scham zerriss'ner Schleier. In den Boudoirs der Damen, In den stillen Cabinettcn, Schwelgen Barrikadcnhclden Mit den frechsten der Grisettcn. Was das Weib vermag zu zieren, Was wir schön und edel nennen, Ausgetauscht für Lust und Schande Haben es die Vesuvienncn. Wie sie rasen durch die Reihen, Mit den schamlos liist'rcn Blicken! Wie sie mit enthüllten Reizen Locken wollen und berücken! Die sonst unten auf der Straße Suchten ihre Licbesbcntc, Wälzen in dem Königsschlosse Sich auf seid'nen Betten hcntc. Ha, das ist ein tolles Treiben In dem Schloß der Tuilcrieu! Mit den Gcigmklängen mischen Sich dic FrcihcitSmclodicn. Immer lauter wird der Jubel, Und dic Lust, sie hat kciu Ende; Toller zn Quadrille und Cancan Reichen Paare sich die Hände. 5) „Vcsuvicnncn" nannte sich eine Gesellschaft weiblicher Personen in Pariö, welche thätigen Antheil an der Revolution im Jahre 1848 nahm. Die beschriebene Scene ist historisch; sie trug sich ans jenem berüchtigten Vollöballc in den Tmlcricn zn, wenige Tage nach Errichtung der Republik. Schneller drehen sich dic Dirnen, Ihre Augen lodern wilder, Es entfalten dic Megären Immer schamlos wüst're Bilder. Plötzlich klingt Geschrei von Ferne, Wälzt' sich näher, wie die Welle, Dic, vom Sturm gepeitscht, getrieben, Vorwärts rast mit Pfcilcsschncllc. Augenblicklich unterbrochen Ist der Tanz, der sinncntolle; Wiith'gcr Streit und Handgemenge Ucbcrnchmen seine Rolle. Auf von ihren Sitzen taumeln Alle die berauschten Zecher, Zum Geschosse wird dic Flasche Und zur Waffe wird der Becher. Sagt, wer hat den Streit erhoben? Redet doch, um waS sich's handelt? Niemand weiß es; Jeder kämpfet Wie zum Tiger umgewandelt. Jetzt erscheint in einer Thüre Mit verzerrtem Antlitz Eine Von den Dirnen. Ihre Augen Glühen wie vom Hollcnschcine. Ruhe! herrscht dic Pcsuvicnnc. Stille wird es in dem Saale. Nun verkündet die Megäre, Wie sie Liebesdienste zahle. Und sie dcntet nach dem Fenster. Durch dic Menge fährt ein Grauen. Aufgeknüpft an seiner Schärpe Ist der Führer dort zu schauen. Schrecken in den bleichen Zügen Flieh'n dic trunkenen Bacchanten; Stille wird es in den Räumen, Wo die Kerzen niederbrannten. Lächelnd streut der junge Morgen Seine Rosen auf die Stadt, Auf das Schloß der Tuilericn, Das — dic Freiheit inne hat. Knaspensiudien. Novelle von F. W. Hasländer. (Fortsetzung.) „So kaufe Dir ein hübsches Instrument der oben erwähnten Art, einen anständigen Regenschirm, und stelle Dich an einem regnerischen Tage auf die Lauer, das heißt, es sollte ein Tag sein, wie man sie im Frühjahre zuweilen findet, wo ein impertinenter Regenguß wie ohne alle Vorrede Plötzlich aus heiterem Himmel über uns hereinbricht. Hast Du alsdann Glück, woran ich nicht zweifle, so wird sie Dir erscheinen. 58 ängstlich und unentschlossen auf die fallenden Regentropfen blickend, und das ist der Moment, wo Du Dich, eingewickelt in Deine ganz natürliche Liebenswürdigkeit, ihr zu nähern hast, und ich wette alsdann zehn gegen eines, sie läßt sich von Dir nach Hause begleiten. Sorge übrigens dafür, daß Dein Regenschirm selbstredend von Seide aber nicht von auffallender Farbe ist, auch einspännig, wie man zu sagen pflegt, damit Ihr dichter zusammen gehen müßt. Du bietest ihr galant Deinen Arm, sie nimmt ihn an. Er seufzt Schönste, sic spricht Licbstcr, Bald heißt'ö Bräutigam und Braut. Hast Du mich verstanden? hast Du meine Idee in Dich aufgenommen?" „Vollkommen", rief der junge Polytechniker erfreut, „nimm meinen herzlichen Dank dafür, ich bin überzeugt, fo kann mir geholfen werden." „Wie weit Dir damit geholfen ist, weih ich nicht", cnt-gegnete der Andere in trockenem Tone, „probat ist aber das Mittel, darauf kannst Du Dich verlassen, doch da es Dir neu war, reut mich'Z fast, es Dir mitgetheilt zu haben." Damit trennten sie sich, und unser junger Freund kaufte sie noch am selben Tage einen seidenen Regenschirm von dunkelgrüner Farbe, und blickte nun hoffend jeden Morgen auf den blauen Himmel und auf die Wetterfahnen, ob sie nicht so freundlich sein wollten etwas Westwind anzuzeigen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, müssen wir leider gestehen, daß das Experiment mit dem Regenschirm so günstig von Statten ging, als er es sich nur wünschen konnte. Freilich hatte er manche Stunde an der Ecke gewartet, bis sich der ersehnte Regenguß einstellte, dann kam er aber auch so überwältigend und so plötzlich, daß das erschrockene junge Mädchen nicht anders konnte, als das schützende Dach und seinen Arm anzunehmen. Glücklicher Weise wehte ihnen noch ein heftiger Wind gerade ins Gesicht, weßhalb er den Regenschirm tief Herabsenten mußte, und so die Beiden dicht aneinander geschmiegt wie in einem kleinen, behaglichen Stübchen zusammen datin gingen, unbekümmert um den Wind und die prasselnden Regentropfen. Ach es war ein glückseliges Wetter, ! um eine Bekanntschaft so fest anzuknüpfen, daß der hiedurch entstandene Knoten nicht leicht wieder zu lösen war — ein Wetter, wo man sicher war vor jeder Beobachtung und vor dem Anstarren neugieriger Augen; denn der Begegnende wie der ihnen Folgende hatte genug mit sich selber zu thun, um auf unser Pärchen Acht zu geben. Er fühlte auf diesem Gange, so dicht und wann an ihrer Seite, die Wahrheit des Sprichworts, daß nur der erste Schritt auf irgend einer Bahn der ist, welcher uns Mühe verursacht; sind wir erst einmal im Geleise, so geht's munter vorwärts oder abwärts. Wagte er es doch schon in den ersten fünf Minuten, ihr die bittersten und süßesten Vorwürfe zu machen, daß sie fo grausam gewesen sei, und ihm weder einen Blick noch viel weniger ein Wort geschenkt habe. Freilich gab sie ihm im ersten Augenblick allerlei Ausweichendes zur Antwort, ungefähr so: „Aber mein Herr, die Verlegenheit, in die mich das Negenwetter versetzt, sollte Ihnen kein Recht geben, so mit mir zu reden", oder: „Ihr Schutz, den ich nun einmal gezwungen bin anzunehmen, braucht Sie nicht zu veranlassen, mir Dinge zu sagen, auf die zu antworten ich nicht im Stande bin", oder: „Sie erwähnen da etwas, was ich durchaus nicht verstehe und — nicht verstehen darf." „O Sie dürfen, Sie dürfen", rief er hierauf dringend, indem er es wagte, ihren Arm fest an sein klopfendes Herz zu drücken — er ging nämlich auf ihrer rechten Seite, um sie besser vor dem Regen zu bewahren — „gewiß, Sie dürfen und Sie müssen sogar, da Sie gewiß der Versicherung meiner heißen und innigen Liebe Glauben schenken werden, einer Liebe, die so gewaltig ist wie dauernd, so heiß als rein, einer Liebe, die überglücklich wäre für einen kleinen, süßen Blick aus Ihren schönen Augen", — natürlicher Weise für den Anfang, dachte er bei sich selbst, denn wenn er ihre jetzt schalkhaft lächelnden, frisch rothen und schwellenden Lippen sah, so kamen ihm andere noch süßere Wünsche, und sein Blick verwirrte sich momentan dergestalt, daß er ihre zierliche Hand, die so allerliebst zwischen seinem Arme hervorblickte, faßte und sanft drückte, als wenn das nothwendig gewesen wäre, um sie auf die kleine Wasserlache aufmerksam zu machen, die sich vor ihren Füßen befand, und doch tappte er in die nächste dieser Wasserlachen mitten hinein. Das geschah aber, als sie ihm sagte, daß er schon lange nicht unbemerkt von ihr geblieben sei, und daß sie ihm gerade nicht ausgewichen, sondern daß sie hätte abwarten wollen, wie lange er dieses komische Spiel forttreiben würde. „An dessen glücklicher Löfung ich beinahe verzweifelte", gab er seufzend zur Antwort, worauf sie sagte: „und deßhalb lauerten Sie mir mit einem Regenschirm auf? Glauben Sie aber ja nicht, daß Sie Ihren Zweck erreicht hätten, wenn — —." „Nun, wenn?" fragte er dringend, als sie stockte. „Nun, wenn ich nicht mit Ihnen hätte gehen wollen, lieber wäre ich durch und durch naß geworden." ! „So hätte ich in stummer Verzweiflung die Regentropfen ^ beneiden müssen", erwiderte er, ohne sich dessen, was er sagte, in seinem vollen Umfange bewußt zu sein. Erst später fiel ihm ! schauernd ein, welch' ein gefährliches Bild er gewagt, als er die Regentropfen beneidet, von denen sie durch und durch gc-! näßt worden wäre. ! Er mußte sich das Bild einer Rosenknospe vergcgenwärti- ! gen, die, an einem heißen Gewittertage halb geöffnet aufwärts ! blickend wie in träumerischer Sehnsucht, den ersten fallenden ! Regentropfen aufnahm und in sich hineinsaugte — ach und auch das junge Mädchen an seiner Seite, so reizend und frisch, so rund und warm, war so rosenknospenartig — glückselige Regentropfen! ! (Fortsetzung folgt.) Sagen, Sitten und Gebräuche in Kram. (Ein Mahnwort zu deren systematischen Sammlung und Aufzeichnung ' durch den historischen Verein filr Krain.) Von P. v. Nadic s. „Es hieße Wasser in die Donau tragen," wollte ich hier des Weitläufigen von der hohen Bedeutung der Sagen, Sitten und Gebräuche eines Volkes, für dessen eigene, sowie für die Geschichte der Menschheit sprechen; sie ist allbekannt und überall gewürdigt. Und doch ist bei uns für diesen so hochwichtigen Wissenschaftszweig bisher so wenig geschehen. Es soll dies; Wörtchen wenig aber keinen Tadel enthalten für jene periodischen Schriften in unserem Lande, die im Laufe der Jahre auch Beiträge zur Sagen- und Sittenkunde der Heimat brachten, es soll vielmehr ein Mahnwort an den historischen Verein darstellen, der vor Allen berufen ist, systematisch eine Sammlung und Aufzeichnung der Sagen, Sitten und Gebräuche zu veranstalten, die noch in unserem Volke gang und gäbe sind — denn die 11. Stunde ist bereits vorüber — um von dem theuren Erbe zu retten, was noch nicht von der Fluch des Kosmopolitismus hinweggespült worden! Der erste Beobachter und Aufzeichner der Eigenart unserer Nation in Sitte und Art ist unser „Valvasor," der aufgeklärte und vielgereiste Cavalier, der recht viel und innig mit dem Volke muß verkehrt haben, um solche Resultate von „Volks-naturforschung" zu liefern, wie er sie zu Stande gebracht. Nach ihm war es Linhart, der „Valuasors" Bilder vornahm, mit den Zuständen seiner Zeit (Ende des XVIII. Jahrh'.) verglich und nach solchem Vergleiche richtig stellte, an« gab. was sich seit 1689 verändert, was bereits ganz verschwunden war. In gleicher Absicht und Weise verglich Hac-quet (der Zeitgenosse Linhart's) dessen Beschreibung der füdwest-und östlichen Slaven: 1801 erschienen. ' Seit diesem ersten Jahre unseres eben in Betreff der Sagen und Sittenerforschung der Völker epochemachenden Jahrhunderts geschah für diese Wissenschaft gerade in unserem lieben Lande systematisch durchaus nichts. Als 1819 ein Geschichtsforscher-Verein projec-tirt ward, da enthielt das Programm auch die Abtheilung Volks sagen und Volkslieder — der Verein kam aber bekanntlich nicht zu Stande! Das 1631 eröffnete Nationalmuseum nahm zwar — wie es in vielen Punkten das eben genannte Programm zu dem Seinigen machte — auch die Sammlung von Volkstrachten, von Abbildungen und Beschreibungen der landesüblichen Gebräuche bei Hochzeiten, Taufen, Begräbnissen u. s. w. in Betracht; doch die späteren Jahre ließen diese ersten Anläufe des Nationalmuseums: ein „Museum der Nation" zu werden, nebst vielen andern von den Stiftern und ersten Ordnern gehegten Intentionen ver-l aufe n. Die polnischen Ereignisse der 30gcr Jahre brachten einen nach der „dßia I^iM^ana" — dem „weißen" Laibach — internirten Polenjüngling, den in der Blüte seiner Jahre in diesem Exil verstorbenen Emil Korytko, in unser Land. Mit hoher Begeisterung für das Slaventhum ging Korytko bald nach seiner Ankunft in Krain an die Sammlung der Volkslieder und an die Zusammenstellung eines ziemlich umfangreichen Trachtenbuches der Südflaven. Die Lieder erschienen als die bekannte Sammlung sMroänL pßsini) und in meisterhafter deutscher Uebertragung von Anastasius Grün; das Trachtenbuch ist leider noch nicht vollständig veröffentlicht, einzelne Stücke sind in der „Oaruiolia," und meinem „Adelsberg uno seine Grotten" copirt. Doch für die Sagen, Sitten und Gebräuche geschah auch jetzt fast nichts — einzelnes brachten ,,^ovio6," „Illyrische Blätter" und „Oaruiolig.;" doch von einer systematischen Sammlung war keine Rede. In den 40er Jahren erstand der historische Verein für Krain, und obwohl nicht ausdrücklich eine solche Sammlung betonend, nahm er doch unter Costa's und Ullepitsch's Leitung Beiträge dieser Richtung in seine „Mittheilungen" auf. Doch auch in diesem Institute verliefen diese ersten „Quellen" im Sande. Klun'Z Verdienst ist es, 1854 nach Uebernahme der Vereinsleitung einen Aufruf „zur Sammlung der Sitten und Sagen hauptsächlich der Türkenkriege" erlassen zu haben, aber der bloße Aufruf that's nicht. Deßgleichen fruchteten Dr. E. H. Costa's wiederholte Mahnrufe nichts, die er, gestützt auf die Autorität eines IacobGrimm unter Hinweisung auf die directen Wünsche des Altmeisters der Sitten- und Sagenforschung in's Land gehen ließ. EZ waren dieß und würden auch erneuerte Versuche lauter Rufe in der Wüste bleiben, so lange nicht der historische Verein, dem, nebenbei bemerkt , eine ausgesprochene Trennung in Sectionen (wie anderwärts) und eine Fusion mit dem Museum dringend noth thut, es als Hauptaufgabe seines Wirkens erklärt: dem Studium des Volkes, seiner Sagen, Lieder, Sitten und Gebräucheseine vorzüglichsten Kräfte zu widmen. Wenn aber der historische Verei n diese seine eigentliche Bestimmung erfaßt und deren Realisirung bewerkstelliget haben wird, dann wird er als schöne Frucht seines Wirkens der Wissenschaft einen hochwichtigen Beitrag, unserem Volke selbst aber eine unschätzbare Hauspostille in der Sammlung von Sagen, Sitten und Gebräuchen in Krain bieten können. Und schließlich, wenn der historische Verein durch eine Proclamation obgedachter Programmsänderung aus der gegenwärtigen trocken wissenschaftlichen, und daher exclusiven Stellung in die frische, lebensvolle Wechselwirkung mit dem Volke treten würde, so wäre, wir sind dessen gewiß, wie durch einen Zauber seine gegenwärtige, keineswegs rosige finanzielle Lage mit einem Male in eine günstige umgestaltet, denn heutzutage können nur diejenigen Bestrebungen auf eine volle nachhaltige Theilnahme des Volkes, auf seine thatkräftige materielle Unterstützung Zählen, die mit ihren Tendenzen mitten im Herzen des Volkes wurzeln und so sein Int er- j esse unmittelbar fesseln! Plinde Enten. Vielfach hat sich in neuerer Zeit die Aufmerksamkeit' der ! Naturforscher der Frage zugewendet, inwiefern Veränderungen des Clima'Z, der Nahrung und Lebensweise, überhaupt der äußeren Einwirkungen geeignet oder im Stande seien, eine wesentliche und constante Veränderung in der Natur einer Thierart hervorzubringen. Es ist schwer, durch Erfahrungen diese Frage genügend zu beantworten; daher mag es sich rechtfertigen, auf eine hier ! einschlagende Thatsache aufmerksam zu machen, welche freilich schon vor langer Zeit beobachtet, aber bisher wenig beachtet ist. Der berühmte Naturforscher Arago theilt nun in Bezug auf den Eirknitzer See Folgendes mit: „Aus einigen der Oeffnungen, aus denen der See seinen Wasserzufluß erhält, kommen zuweilen mit den zuerst erscheinenden Gewässern aus dem unterirdischen See Enten hervor. In dem Augenblicke, wo diese Enten, so zu sagen, auf die Oberfläche der Erde gelangen, können sie gut schwimmen, sie sind aber vollkommen blind und beinahe ganz nackt. In einiger Zeit erlangen sie die Sehkraft, aber erst nach zwei oder drei Wochen sind ihre Federn fo weit gewachsen, daß sie fliegen können." , . Diese Mittheilungen Arago'Z sind unter andern in einem Auszuge abgedruckt in den Memoiren des Marschalls Mar-mont, Vd. 3, S. 442 der 2. Ausgabe. Der Grund, weß-halb die Enten nicht sofort sehen können, wenn sie zuerst aus ihren unterirdischen Höhlen herauskommen, liegt einfach darin, daß eine Haut ihre Augen bedeckt, welche erst, nachdem sie einige Tage im Sonnenlichte gelebt haben, abspringt. Wir sehen hier nun also, wie ein Wasservogel ganz gegen seine sonstige Natur zeitweise in unterirdischen Höhlen lebt, und wie sich durch diesen Aufenthalt in der That die äußere Natur des Vogels ändert, indem er seine Federn und mit ihnen die Fähigkeit, zu fliegen, und indem er den Gebrauch des Augenlichts verliert, beides wie durch Verwandlung erst wieder erhält, wenn er längere Zeit auf die Erdoberfläche zurückkehrt. Die ganze Erscheinung hat so viel Auffallendes, daß man glauben möchte, Arago irre sich in feinen factischen Angaben; allein, auch die deutschen Berichterstatter bestätigen Arago's Mittheilungen. Wir wollen in dieser Beziehung nur auf den Artikel über den Cirknitzer See in der ersten Ausgabe von Pierer's Universal-Lexicon aufmerksam machen. Freilich ist nun die Umänderung der in die Höhlen des Karstgebirgcs versetzten Wasservögel keine dauernde: wir sehen nicht die Entstehung einer neuen Art, aber wir sehen wenigstens, welche Modisicationcn der thierische Organismus durch Einwirkungen der Außenwelt erleiden kann. Es fragt sich nun, ob, wenn durch irgend ein Ereigniß die Zuflüsse des See's einmal verstopft würden, und daher die Abschließung der Wasservögel in den Höhlen eine dauernde würde, ob im Laufs der Zeit aus den federlosen und blinden Enten, welche sich nur unter sich fortpflanzen könnten, eine neue Thierart erstehen könnte. Die „Natur," der wir Vorstehendes entnehcken, ist weit entfernt davon, dieß zuzugeben. Eine Shakespeare - Novelle. Die „Kölbel'sche Theaterchronil" bringt einen allerliebsten Nachtrag zur Shakespearefeicr in Form einer aus nur achtzehn Zeilen bestehenden Novelle. „Richard" war ein vermögender „Kaufmann von Venedig" und in der ganzen Stadt als „Othello" bekannt, der mehr als oft „Viel Lärm um Nichts" machte. „Julie", seine Gattin, liebte ihn über Alles, hatte „Liebes Leid" und „Liebes Lust" mit ihm getheilt, dennoch Herging kein Tag, wo nicht „der Sturm" im Hause tobte, und sie, endlich der ewigen Eifersüchteleien überdrüssig, beschloß, sich von ihm zu trennen. „Wie es Euch gefällt", rief er: „Heinrich", mir graut vor Dir, sprach sie schluchzend, denkst Du noch der schönen Tage unserer ersten Liebe, ach, es war ein „Sommernachtstraum." Nein, ein „Wintermärchen", ent-gegnete er mürrisch und sie ging, um nie wiederzukehren. Da beschloß er „die Zähmung der Widerspänstigen" und folgte ihr ins Haus der Eltern; diese aber ließen ihren „Cäsar" auf ihn los und riefen: Fort aus unseren Augen, nie erhaltet Ihr zu-rück, „was Ihr wollt!" Jetzt legte er sich auf's Bitten, beschwor ein paar Tanten, sich für ihn zu verwenden, diese lösten „die Comödie der Irrung" auf; er erhielt durch „die lustigen Weiber" seine Gattin zurück, besserte sich und Alles rief vergnügt: „Ende gut, Alles gut!" Das theuerste Elfenbein. Eine berühmte Ballettänzerin tanzte im Berliner Opernhaus einen Elfentanz. Ein Witzbold, der hörte, daß die Sylphide 4000 Thaler jährliche Gage erhielt, also für jedes Bein 2000 Thaler, meinte: „Das ist doch das theuerste Elfenbein, welches ich kenne." Literatur. Die bis jetzt erschienenen 12 Hefte der illustrirten Zeitschrift „Fiir Haus und Familie" (Verlag von ZamarSti und Dittmarsch in Wien) entsprechen besonders mit Berücksichtigung des außerordentlich billigen Preises uon 25 Nkr. pr. Heft wirtlich allen Anforderungen. Unter den 24 Farbendruckbildcrn sind einzelne, besonders die Prächtigen Stickmuster, sehr gelungen. Die Original-Novellen von Kessel, Stugau, Haaö, Reinhardt sind anziehend, die zeitgeschichtlichen Aufsätze, namentlich die über Mexico, Schleswig-Holstein äußerst freisinnig, kurz es findet sich für den litr. Geschmack eines Jeden etwas darin. Auch für dic Damenwelt ist durch eine eigene Beilage mit den neuesten Mustern :c. gesorgt. Verantwortlicher Redacteur I. v. Meinmayv. — Druck und Verlag von Ign. v. Kleinmayr L5 F. Vamberg in Laibach.