Unmün» In vmvnrrttetn» knj!rn!«n v I.>ndlM!_ NU Leitfaden für dm Unterricht an Mittelschulen. Bon vr. V. F. Klim, Professor der Geographie und Statistik an der Handels-Akademie, Docent an der k. k. Universität, Mitglied der geographischen Gesellschaften in Wien, Berlin und Leipzig, des Gelehrten-Ausschusses beim germanischen National-Museum in Nürnberg, der königl. preuß. 'Akademie in Erfurt, der historischen Gesellschaften in Altenburg, Graz, Klagenfurt, Laibach, München, Rovigo u. s. w. Auflage. Das Recht der Nebersehnngvorbehatten. Wien. Druck uud Verlag von Carl Gerold'L Sohn. 1887. o Borrede zur sechsten Auflage. Die günstige Aufnahme, welche dieser „Leitfaden für den geogra¬ phischen Unterricht an Mittelschulen" bei den Schulmännern gefunden, in Folge deren er sofort in sehr vielen Mittelschulen zum Lehrgebranche ein- geführt worden ist, machte in dem Zeiträume von fünf Jahren sechs Auf¬ lagen, jede von 5000 Exemplaren, nothwendig. Dieser große Erfolg ist die thatsächliche Bestätigung der Urtheile, welche nur darüber von einigen un¬ serer tüchtigsten Geographen und bewährtesten Schulmänner zugekommen sind, und welche Anlage, Methode und Stoffvertheilung des Leitfadens voll¬ ständig billigten. Deßhalb wurde in dieser Richtung keinerlei Aenderung vorgenommen. Die Verbesserungen und Berichtigungen in der neuen Auf¬ lage beziehen sich also zumeist auf die neuesten statistischen Angaben und die Aufnahme von Resultaten neuer wissenschaftlichen Forschungen und Ent¬ deckungen; denn jede neue Auflage soll alles das Nachträgen, was die wissen¬ schaftliche Forschung — gegenwärtig rege und voll Erfolge wie kaum jemals — den Schulen Schönes und Nützliches zuführt. Für fachgemäße Bemer¬ kungen werde ich den Herren Fachkollegen jederzeit recht dankbar sein. Wien, Juni 1866. Prof. I)r. K l u n. Einleitung. Z. I. Vorbcgrissc. Jene Wissenschaft, welche uns die Oberfläche der Erde kennen lehrt, heißt Erdbeschreibung oder Geographie. Betrachtet man die Erde als einen Weltkörper überhaupt und deren Verhältniß zu anderen Weltkörpern, so heißt dieser Theil der Erdbeschreibung mathematische oder astronomische Geographie. Die topische Geo- graphie beschreibt die Theile der Erdoberfläche bloß nach ihrem äußeren, räumlichen Zusammenhänge; — die pHhfische (physikalische) betrachtet hin¬ gegen die Theile der Erdrinde und die Gegenstände auf derselben nach ihrer inneren natürlichen Verbindung und Verwandtschaft. Die politische schil dert die Erde als den Schauplatz für die Thätigkeit und Entwickelung der Menschen; sie theilt die Erde ein nach Völkern und Staaten. Nach dem Zeitalter kann sie eingetheilt werden in: Geographie des AUerthums, des Mittelalters, der Neuzeit und anderer historischer Perioden. — Nach dem Zwecke, den man mit der Darstellung erreichen will, unterscheidet man: landwirthschaftliche, In dustrie-, Handels-, Militär-Geographie u. s. w. Die Geognosie lehrt uns den Ban der Erdrinde in ihrem gegenwärtigen Zu¬ stande kennen; die Geologie beschäftigt sich mit den Veränderungen des Erdkörpers bis zu seinem gegenwärtigen Zustande. Chorographie ist die Beschreibung einzelner Länder; Topographie eine genauere Ortsbeschreibung; Ethnographie die Völker- kunde(Völkerbeschreibung);Oro gr ap hie die Beschreibung der Unebenheiten des Bodens; Oceanographiedie Beschreibung der Meere; Hydrographie die Beschreibung der Erdgewässer (des Siißwassers); Klimatographie die Äeschreibnng der Luftbcschassen- keit in den verschiedenen Erdgegenden. —-«tzch-Kas — «tun, Geographie, ö. Aust. l 2 l. Mathematische Geographie. Die Erde als mathematischer Körper. tz. 2. Gestalt und Abbildungen der Erde. Die Erde hat eine kugel ähnliche (sphäroidische Gestalt; d. i. sie ist eine an zwei entgegengesetzten Seiten abgeplattete Kugel. Beweise dafür sind: u) die Erde ist öfter umschifft worden (Magelhaens 1519 bis 1521; — Franz Drake 1577 — 1580; — Cook dreimal 1768 — 1779; — die k. k. österreichische Fregatte Novara vom 30. April 1857 bis 26. August 1859); d) bei einer Reise von Nord nach Süd (und umgekehrt) verschwinden einzelne Gestirne und andere werden sichtbar; — o) von ankommenden Schiffen erblickt man zuerst die Spitzen der Mastbäume, bei größerer Annäherung erscheint erst der Schiffskörper; — ä) der Schatten der Erde ist bei Verfinsterungen des Mondes rund. Um sich die Erde vorzustellen, bedient man sich künstlicher Abbil¬ dungen. Ein künstliches Abbild der Erdkugel nennt man Globus; Pla- nigloben versinnlichen die Erde in kreisförmiger Gestalt auf einer ebenen Fläche; Erdkarten stellen die ganze Erdoberfläche auf einer Ebene, aber nicht in kreisrunder Gestalt dar; Landkarten sind Abbildungen ein¬ zelner Theile der Erdoberfläche in stark verkleinertem Maßstabe (20.000- bis viele millionenmal); Seekarten heißen Darstellungen der mit Wasser be¬ deckten Räume. Topographische Karten stellen kleinere Erdabschnitte in größerem Maßstabe dar (1 : 10.000 der natürlichen Größe, auch noch in einen; lOmal kleineren Maßstabe als diesem); — Pläne stellen noch kleinere Erdabschniite in bedeutend größerem Ma߬ stabe dar. Z. B. Karte von Nieder-Oesterreich, Böhmen, Ungarn u. dgl.; — topo¬ graphische Karte der Umgebungen von Wien; Plan von Wien, Prag, Pest. Nach dm besonderen Beziehungen oder Zwecken heißen die Karten: physikalische, orographische, hydrographische, ethnographische, geognostische, historische, Jndustriekarten u. dgl. Eine Sammlung von Karten, die nach einem bestimmten Plane alle Länder der Erde bildlich darstellen, heißt geographischer Atlas. Z. 3. Mathematische Punkte und Linien. Befinden wir uns auf freiem Felde, wo wir eine Umsicht haben, so übersehen wir ein Stück der Erdoberfläche, auf welchem rings im Kreise der Himmel (das Firmament) wie eine Halbkugel aufzuliegen scheint. Dieser Kreis, den das Himmelsgewölbe auf dem Erdboden bildet und in dessen Mitte wir stehen, heißt (der scheinbare) Gesichtskreis oder Hori¬ zont. Denkt sich der Beobachter eine vertikale Linie von seinem Scheitel bis an das Himmelsgewölbe verlängert, so heißt der Endpunkt derselben Scheitelpunkt oder Zenith, der entgegengesetzte unter dem Beobachter heißt Fußpunkt oder Nadir. Je höher der Standpunkt des Beobachters ist, desto größer ist der Gesichtskreis. Die bildliche Darstellung der ganzen Rundsicht heißt: Panorama; einer halben Hemiorama; eine Viertel-Rundsicht: Tetrorama. — Scheinbarer und wahrer Horizont. — Der wahre Gesichtskreis ist jene Kreislinie, welche mit der Himmels¬ kugel einen gemeinschaftlichen Mittelpunkt hat, die Himmelskugel in zwei gleiche Hälften theilt und genau in der Mitte zwischen Zenith und Nadir sich befindet. Der scheinbare und der wahre Gesichtskreis lausen mit einander Parallel und stehen um einen Erd¬ halbmesser von einander entfernt ab. Von dem Standpunkte des Beobachters kann man sich unendlich viele Linien strahlenförmig an den Horizont gezogen denken; man nennt ihre Rich 3 tungen Welt ge g end en. Die vier Hauptrichtungen sind: Osten (Morgen Orient, Levante), wo die Sonne am 21. März und 23. September aufzugehen scheint; Westen (Abend, Occident), wo sie an den genannten Tagen unter¬ zugehen scheint; Süden (Mittag), wo sie zu Mittag uns erscheint; Norden Mitternacht), dem Süden gerade gegenüber, oder die Richtung, in welcher zur Mittagszeit unser Schatten fällt. Auf den Landkarten ist rechts Osten, links Westen, oben Norden und unten Süden. An jedem Orte, wo man sich befindet, die Weltgegenden verläßlich bestimmen, nennt man sich orien- tire n. Zwischen den Hauptrichtungen liegen die Nebeurichtungen ersten Ranges oder Neb en w e l t g egenden: Nordost, Nordwest, Siidost, Südwest. Bei einer abermaligen Teilung der Zwischenräume entstehen: dMO., N ippfl uth en oder todte Fluthen). Diese Erscheinung ist die monatliche Peri ode. Die j ährl ich e Period c der Gezeiten besteht darin, daß um die Zeit der Tag- und Nachtgleichen die Springfluthen bei den Syzygien viel stärker, und die Nippfluthen bei den Quadraturen schwächer sind als gewöhnlich; daß hingegen um die Zeit der Sonneuwenden die Springfluthen bei den Syzygien viel schwächer, und die Nippfluthen bei den Quadra¬ turen viel stärker als gewöhnlich sind. Die Zeit des Eintrittes des hohen Wassers sür einen bestimmten Hafen heißt Hafenzeit. o) Die Meeresströmungen sind jene Bewegungen der See, in welchen einzelne Theile derselben wie in einem Bette zwischen zwei Ufern durch die übrige Wassermasse dahinfließen. Es sind wirklich sehr breite Ströme im Ocean, welche an gewissen Stellen des Meeres theils beständig theils periodisch nach bestimmten Richtungen streichen. Die Anzahl der Strö¬ mungen ist sehr groß, aber noch unvollständig gekannt. Die Meeresströ¬ mungen sind gleichsam die natürlichen Straßen für die Schiffe. Die zuneh¬ mende Kenntniß derselben, verbunden mit der Benützung der periodischen Windströmungen, hat die Zwischenräume für die Schifffahrt sehr abgekürzt. Nach der Richtung unterscheidet man Polar- und Aeq natori al strömungen; erstere fließen von den Polen gegen den Aequator, letztere in der Richtung der Pa¬ rallelkreise von Osten nach Westen. Nach der G es chwin digkei t: D rift strömungen, eine langsame und wenig tiefe Bewegung, welche durch Einwirkung des Windes aus die Oberfläche de« Meeres hervorgebracht wird, und Meeresströme, welche bei einer außerordentlichen Breite auch sehr tief und mit einer Geschwindigkeit fließen, welche nicht selten jene der Ströme des Festlandes übertrifft. Nach der Temperatur: kalte und warme Ströme, welche sich nicht leicht vermischen, sondern sich zu verdrängen suchen. Die Temperatur ist ein hauptsächliches Unterscheidungszeichen der Meeresströme. Nach der Zeit: beständige und periodische. Einige der bedeutenderen beständigen Strömungen sind.- im Indischen Ocean von der Westküste Nenhollands zur Ostküste Afrikas uni das Kap der guten Hoffnung und als südatlantische Strömung nordwärts längs der Westküste Afrikas. In der Nähe des Acquators wendet sie sich gegen Westen und fließt als Aequatorial- strom quer über den Ocean in das Caraibische Meer und den Golf von Mexiko, ans welchem sie als warmer Golfstrom heraustritt, längs der nordamerikanischen Küste strömt und bis an die Küsten von Nord-Europa gelangt. Zum Theile wird diese von der arktischen, aus dem nördlichen Polarmccre südwärts fließende Strömung nach Süden abgelcnkt, trifft auf die slldatlantischc Strömung, wodurch ein Kreislauf im Atlantischen Ocean entsteht. Aus dem südlichen Polarmccre kommt die antarktische Strömung zur Westküste Süd-Amerikas, welche sic als perua¬ nischer Strom nordwärts begleitet, worauf sie zu beiden Seiten des Acquators westwärts über den großen Ocean bis zur Ostküste von Asien und Neu-Holland stießt und sich dann in mehrere kleinere Strömungen verzweigt. — Periodische Strö¬ mungen kommen zumeist im nördlichen Theile des Indischen Oceans und an mehreren Küsten vor. Treffen zwei Ströme in entgegengesetzter Richtung auf einander, so daß das Wasser trichterförmig umgedreht wird, so entstehen Meeres strudel oder Meeres- Wirbel, wie die (im Alterthume berüchtigte) Scylla und Charybdis in der Straße von Messina, der Malstrom bei der südlichsten der Lofoden-Jnseln (Norwegen). 19 Z. 16. Die Erhebungen und Vertiefungen des Festlandes. Die Erde ist nicht eine glatte Kugel. Sowie die Meere als Vertie¬ fungen in die Erdrinde anzuschen sind, so bildet der starre Bestandtheil des Erdkörpers Erhebungen, in welchen das Süßwasser Gräben (Flüsse) und Becken (Seen) einschueidet. Um die Vertiefungen und Erhebungen zu messen, hat man eine zwi¬ schen beiden liegende gemeinschaftliche Grundfläche (Normal-Ebene) ange¬ nommen, nämlich die Fläche des Meeres (den Meeresspiegel, das Ni¬ veau, spr. Niwoh), weil diese in allen ihren Theilen fast gleichweit von, Mittelpunkte der Erde entfernt ist. Die räumliche Ausdehnung der einzelnen Theile des Festlandes in die Höhe, d. i. nach den äußeren Grenzen der Lufthülle zu, nennt man vertikale (lothrechte) Gliederung. — Die Lehre von den Unebenheiten des Festlandes heißt Orographie, jene von den Snßwassern des Festlandes Hydrographie. Z. 17. Vorbegrisse der Drographie. Denkt man sich die Fläche des Meeres unter dem Festlande fort¬ gesetzt (da sich (mit höchst seltenen Ausnahmen) das Festland stets über den Meeresspiegel erhebt) und berechnet dann die lothrechte Erhebung z. B. eines Berges vom Meeresspiegel bis zur höchsten Spitze des Berges, so nennt man diese Höhe die absolute (allgemeine) Bergeshöhe oder die Seehöhe. Die Erhebungen eines Punktes über die nächste Umgebung (z. B. über einen See oder das unmittelbar anliegende Land) heißt die relative Höhe. In der Geographie wird, wenn man nicht ausdrücklich das Gegen- theil bemerkt, immer die erstere verstanden. Liegen größere Länberstrecken tiefer als die Meeresflächc, so nennt man dieses Ver¬ hältnis; Senkung oder Depression. Als Höhemnaß dient das Längenmaß. In unserem Vaterlands dieWiener Klafter (°), der Wiener Fuß sy. Sehr häufig ist das altfranzösische Maß, der Pariser Fuß im Gebrauche, oder die Toise (DoLs) zu 6 Fuß; auch das neu französische Maß Meter, welcher als der zehnmillionste Theil des Erdqnadranten berechnet worden ist. Die Eng¬ länder und Amerikaner gebrauchen den englischen Fuß. Zieht man von den W iener Fußen 2^°/„ ab, so erhält man Pariser Fuße; — bei englischen müssen 6-,abgezogen werden, um sie in Pariser umznwandein. Die HhV some trie (Höhenmessung) bestimmt die Höhen. (Trigonometrische und barometrische Messungen; Isohypsen, d. i. Linien, welche Punkte gleicher Seehöhe mit einander verbinden; Höhennetz, Höhcnleiter.) Als allgemeiner Gegensatz in der Bodenerhebung stehen Tiefland, das sich nur wenig (bis beiläufig 600") über den Meeresspiegel erhebt, und Hochland. Breitet sich das eine oder das andere in ziemlich gleichmäßi¬ ger Höhe aus, so heißt das Land eine Tiefebene oder eine Hochebene (Plateau — Platüh). Den Uebcrgang von der Tief- zur Hochebene ver¬ mitteln Stufen oder Terrassen (Stufen- oder Terrassenländer), welche mn Rande bisweilen von Gebirgen (Randgebirgen) eingefaßt sind. Einzelerhebungen bis etwa 1000" heißen Hügel (auch Hohen, Bühel) und bilden zusammen ein Hügelland. Größere Erhebungen sind Berge, deren unterster Theil der Fuß, der oberste Scheitel, Gipfel, Rücken oder Platte heißt; die Erhebungsfläche zwischen beiden ist die Seite (oder Abdachung, Abhang; — steil, sanft, convex, concav). Die sanft ab- 2». 20 gerundete Wölbung des obersten Thciles heißt Scheitel (auch Kogel sKugels, Kuppe sKoppe,Kopfs, Dom, Haub e, Ballon, u. dgl.), Gipfel ist die spitze Erhebung des obersten Theiles; je nach Aehnlichkeit heißt der Gipfel Zacke (Zinken), Spitz oder Pik, Nadel, Thurm, Horn, Zahn u. s. f. — Der Rücken ist ein verlängerter Gipfel, und zwar ein Schneide- (wenn felsig Grath, in Spanien Storno, s-Säges, sonst auch der Kamm genannt) oder ein Flachrücken. Ist der oberste Theil eine Fläche, p nennt man ihn Platte. Stehen Hügel oder Berge in verbundenen Reihen, so nennt man sie Hügel- oder Bergketten; zerstreute, aber doch mit einander in Verbin¬ dung stehende Höhen heißen Massen; — die zu einem Ganzen zusammen¬ gehörigen Bergketten und Bergmassen bilden ein Gebirge; das Zusam¬ menstößen von Gebirgsketten bildet Gebirgsknoten, und aus der An¬ häufung von Berg mass en entsteht ein Gebirgsstock. Der Zug von Ketten nnd Massen, die ein zusammenhängendes Ganzes bilden, ist der Hauptstamm; alle Einzelnheiten desselben bilden die Verzweigung, und zwar nennt man die Ketten und Gruppen Gebirgszweige (oder Gebirgsglieder), die niederen Fortsetzungen der Hanptgebirge aber Aus¬ läufer. Nebengebirge nennt man solche, welche mit Hauptgebirgen in Verbindung stehen, aber durch veränderte Richtung oder andere (innere und äußere) Merkmale sich unterscheiden. Die Zusammenfügnng mehrerer Ge¬ birge zu einem Ganzen nennt man ein Gebirgssh st em. Die Verbindung von Ketten und Gruppen unter einander geschieht durch Joche und Sättel, d. i. niedere Einschnitte oder Einsenkungen zwischen den Gipfeln; jene, welche zu Uebergängen am häufigsten benützt werden, heißen Pässe. Die Summe der einzelnen Sattelhöhen getheilt durch deren Anzahl nennt man die mittlere Kammhöhe. Randgebirge; Scheidegebirge; Vorgebirge; Küstengebirge; Mittel- oder Central¬ kette; Vorkette; Meridiangebirge; Ringgebirge; fächerartige Gebirge. Den Bergen als Erhebungen sind die Thäler als Vertiefungen zwischen Bergen und Gebirgsketten entgegengesetzt. Wenn sie mit der Haupt- richtnng des Gebirges parallel laufen, heißen sie Längestthäler; Quer- thäler brechen quer durch die Hanptrichtung. Letztere sind in der Regel kürzer, enger und enthalten die meisten Engpässe. In die Hauptt heiler münden die Nebenthäler, in diese die Sei t enth äler. Trichter ist der Gegensatz von Gipfel, die Vertiefung läuft am Grunde spitz zusammen; — derKesselj Gegensatz vom Scheitel, hat einen abgerundeten Boden ; — ist die flache Sohle ein erweitertes Thal, so entsteht ein Becken; — ein verlängerter Kessel mit steilen Rändern ist eine Mulde; — ein enges, kurzes Thal mit steilen Rändern heißt eine Schlucht. (Engpaß, Klause, Thor, Pforte.) Die obersten Thäler der höchsten Gebirge sind mit Eis erfüllt, welches ans den Höhen aus dem Schmelzen des Schnee's und Firns (körnigen Schnee's) entsteht nnd durch seine Schwere in die Thäler sich hinabschiebt. Solche Eisthäler heißen Gletscher (in Tirol Ferner, in Salzburg und Kärnten Keese). Bei ihrer Abwärtsbewegung hänfen sie zu beiden Seiten Schnttwälle von Geröll (d. i. von hcrabstürzenden Felstrümmern) an, die man Moränen nennt. Im hohen Norden (Island) erstrecken sich die Gletscher bis an das Meer herab. Die Gletscher wachsen nnd nehmen ab; das Vorschreiten erfolgt nach strengen Wintern und kalten Sommern, das 21 Zurllckziehen nach milden Wintern und heißen Sommern. Die Bewegung der Gletscher verursacht Spaltungen im Eise (Schründe), die das Ueber- schreiten sehr erschweren und das Besteigen sehr hoher Berge gefährlich machen. A. 18. Jimcrr Bcschaffcuhrit Aus der nach dem Innern der Erde zunehmenden Wärme, aus den geschmolzenen Massen, welche feuerspeiende Berge auswcrfen, und aus der Beschaffenheit der Felsmassen, welche den Kern der Gebirge bilden, schließt man, daß der Erdball einst eine feurig-flüssige Kugel gewesen sei, deren Ober¬ fläche durch allmälige Erkaltung starr wurde und die Erdrinde bildete, während das Innere noch glühend heiß blieb. Ueber die Beschaffenheit des Inneren der Erde hat man nur Mnthmaßnngen; gewiß ist, daß die Erde eine ihr eigenthümliche, von der Sonne unabhängige Wärme im Innern besitzt. Von der Erdrinde haben wir durch Bergwerksschachte, Bohrungen u. dgl. nur einen so unendlich kleinen Theil kennen gelernt, daß man ans deren Dicke kaum einen bestimmten Schluß ziehen kann. Aber soviel ist gewiß, daß Feuer und Wasser, einzeln und in Gemeinschaft, die äußeren und inneren Veränderungen der Erdrinde, d. i. die Unebenheiten und Gesteins¬ schichten hervorgebracht haben. Die Erdrinde besteht aus zwei verschiedenen Gesteinsarten: Massen¬ gestein (Granit, Gneiß u. a.) und geschichtetes Gestein (Thonschiefer, Grauwacke, Steinkohle, Kalk, Kreide u. a.); ersteres ist Feuerbildung (plu- tonische Bildung), letzteres Wasserbildung (neptunische Bildung) verschie¬ dener Zeiträume. Au den Steinen kann inan deutlich Regeln der Schichtung oder Lagerung beobachten und noch mehr gibt das Vorkommen versteinerter Pflanzen und Thierreste (Peirefactcn) einen Anhaltspunkt, um die stufenweise Bildung der Erdrinde daraus zu erkennen. Die Mas sen g estci u e (Granit, Gneist, Glimmerschiefer u. a.) enthalten keine Versteinerungen; sie bilden in der Regel die unterste Schichte, aber, durch Kräfte im Innern emporgehoben, bisweilen auch die höchsten Gipfel der Gebirge. In diesem Falle haben sie die über ihnen gelagerter: Schichten durchbrochen und diesen dadurch schiefe oder unrechte Stellungen gegeben. Auf diesen Gesteinen des ersten Zeitraumes (primitive oder Urgebirge) liegen Schichten von Ueb ergan g s gesteinen (Thon¬ schiefer, Grauwacke, Steinkohlen u. a.) mit reichen Erzlagern und versteinerten Resten einer längst untcrgegangenen Pflanzen- und Thierwelt niederer Gattung. Daun erscheint als zweite (secundäre) Schichteureihc die Flötzbildung (Salzlager, Kalk, Kreide n. a.) mit Resten höherer, ebenfalls nntcrgegaugener Pflanzen- und Wasserthierc. Ueber den¬ selben liegt die dritte (ternäre) Schichteureihc ^Braunkohle, Thon u. a ) mit Resten nntergegangencr Landthiere (Mainuth). Endlich erscheint der Niederschlag aus einer jüngeren Zeit, Diluvial-Bildung (ansgeschwemmtes Land) genannt, mit versteinerten Gerippen noch vorkommender Thierc. Der Niederschlag aus der neuesten Zeit, wie er sich an den Mündungen der Ströme noch fortbildet, heißt Alluvium (angeschwemmtes Land.) - Für die Geologie und Gcognosie Oesterreichs besteht eine k. k. Geologische Reichs anstalt in Wien. Die gleichen Kräfte, welche das Massengestein bilden, wirken in schwächerem Maße noch fort. Sie haben sich bis znr Oberfläche der Erde schlottähnliche Canäle gebahnt, durch welche sie geschmolzene, flüssige Massen (Lava, oder auch Schlamm, Wasser) unter heftigen Erschütterungen der Umgebung (Erdbeben) answerfen. Diese Auswurfsorte heißen Vulkane, und das ansgeworfenc Gestein (Grünstein, Basalt, Lava n. st w.) vulka¬ nisches Gestein. 22 Kein Gebiet der Erde ist von Erdbeben ganz frei; doch ist deren häu¬ fige Erscheinung zumeist auf mehrere Erdstriche ausgedehnt, welche mau Erdbeben-Zonen nennt. Die Vulkane theilt man ein in: Central-Vulkane, d. i. einzelne Gruppen, die einen Hauptvulkau einschließen (Aetna, Vesuv Hekla, ans den Inseln des großen Oceans u. a.),—und Reihen-Vulkane, d. i. große Reihen, welche sich in bedeutenden Strecken, oft in der Nähe der Meere, hinziehen (Central- und Südamerika, Knrilen, Alöuten, japanische Inseln u. a. m.). Der Krater ist der obere Theil oder die Oeffnmig einer aus dem Inneren des Vulkans bis zu seinem Gipfel empmsteigenden, schlottähnlichen Röhre, welche den gasigen, flüssigen und festen Auswürfen (vulkanische Eruption) deu Ausgang gestattet. Solche Krater heißen Eruptionskrater; — Erhe buugs krater sind nach einem einmaligen Ausbruche nicht mehr thätig. — Von den 225 bekannten thätigen Vul¬ kanen (an 170 sind bereits erloschen) liegen etwa 70 ans den Kontinenten und 155 aus Inseln. Von den 70 kontinentalen gehören 53 zu Amerika, 15 zu Asien, 1 zu Europa (Vesuv), 2 zu den bisher bekannten Gegenden Afrikas. Auf den siidasiatischen Inseln (Sunda-Jnseln und Molukken), wie ans den Alöuten und Kurilen, liegt ans dem engsten Raume die größte Menge der Insel-Vulkane. — Die aus den Spalten der Lava hervorbrechenden Dämpfe heißen Fumarolen. Jene Krater, aus denen Schweseldämpfe herauöströmen, werden Solsataren genannt. Jene Vulkane, welche einen halbflüssigen, thonigen Schlamm auswerfen, nennt man Schlamm-Vulkane oder Sals en. Z. 19. Vorbegrissc der Hydrographie. Das Gewässer des Festlandes theilt man ein in stehendes und fließendes. Natürliche Wasserbecken heißen Seen; künstliche Teiche; ein vom Wasser durchdrungener Boden ist ein Sumpf. Das fließende Wasser tritt als Quelle (Ursprung) aus dem Boden hervor; die Ver¬ tiefung, in welcher das Wasser fließt, ist sein Bett; die tiefste Stelle im Bette das Rinnsal; das Festland zu beiden Seiten sind seine Ufer, und zwar in der Richtung nach der Mündung rechtes und linkes User; sein Ausfluß in ein anderes Gewässer ist die Mündung. Spaltet sich der Fluß vor der Mündung in mehrere Arme, welche ein dreieckiges Tiefland ein¬ schließen, so nennt man sie Delta-Mündung; eine erweiterte Flußmün¬ dung mit Inseln vor derselben ist ein Liman; eine seeartige Erweiterung des Flusses mit schmaler Einfahrt in das Meer ist ein Haff, und die Landzunge zwischen dem Haff und dem Meere ist die Nehrung. Die ge¬ rade Linie (Luftlinie) von der Quelle zur Mündung ist der directe Ab¬ stand; der wirklich zurückgelegte Weg mit allen Krümmungen und Schlan¬ genwindungen (Serpentinen) ist die Fluß entwicklung. Es gibt kalte, warme und heiße Quellen; enthalten sie aufgelöste mineralische Bestandtheile (Salze, Schwefel u. dgl.), so nennt man sie Mineralquellen, welche als Heilbäder und Gesundbrunnen benützt werden. Nach der Wassermenge theilt man die fließenden Wasser in Bäche und Flüsse. Ein Hauptfluß (oder Strom) ergießt sich in das Meer und nimmt während seines Laufes Nebenflüsse auf, in welche die Zuflüsse münden. Flüsse, die nach kurzem Laufe in das Meer mün¬ den, heißen Küstenflüsse; wenn sie hingegen durch steppen, d. i. mehr ober minder fruchtbare Grasebenen ohne Baumwuchs ihren Lauf nehmen und nicht selten in einen See sich ergießen, so werden sie Steppenflüsse genannt. Ein Hauptfluß mit allen Neben- und Zuflüssen heißt Flnßge- äder; der gesammte Flächenraum, von welchem das Wasser einem Flusse 23 zurimit, ist dessen Flußgebiet. Die Grenze zweier Flußgebiete ist die Wasserscheide. Die Schnelligkeit des Fliehens hängt vom Gefälle oder vom Falle des Wassers ab, d. i. von dem Unterschiede der Bodenhöhe des Bettes an verschiedenen Orten des Laufes. Verengt sich das Bett zwi¬ schen steilen Ufern, so strömt das Wasser schneller und es entstehen Strom- schnellen; wenn der Fluß von einer bedeutenden Höhe auf einmal herab¬ stürzt, bildet er einen Wasserfall; seichte Stellen im Flußbette bezeichnet man mit dem Namen Untiefen. Von der Länge und dem Wasserrcichthum des Flusses, von der vertikalen Erbebuug des Ursprunges über dem Meere, der Regelmäßigkeit des Rinnsale« und dem Gefälle hängt die Benutzbarkeit des Flusses für die Schiffahrt ab. „Manche Flüsse sind gar nicht, andere nur für die Thalfahrt (stromabwärts); andere für die Berg- (stromaufwärts) und Thalfahrt schiffbar. Letztere sind daher von viel größerer Bedeutung. Die Seen liegen bisweilen auf bedeutenden Höhen, —Hoch feen (z. B. Titicaca-See 12.000s); oder im flachen Lande, — Land feen; in grasbedeckten Ebenen, — Steppenseen; mitunter sogar unter der Erde, in Höhlen, — Höhlenseen. An der Meeresküste liegen Strandseen; sind diese durch Oeffnungen mit dem Meere in Verbindung, so heißen sie Lagunen; von Gebirgen eingeschloffen sind Gebirgsseen; am Rande der Gletscher liegen Gletscherseen, Eisseen. Nach ihrer Verbindung mit fließenden Gewässern nennt man sie Flu߬ seen, wenn durch dieselben ein Fluß oder mehrere Flüsse den Lauf nehmen; — geben sie einem Flusse bloß den Ursprung, so heißen sie Quellseen; — nehmen sie fließendes Gewässer auf, ohne daß sie auch einen sichtbaren Abfluß hätten, so nennt man sie Binnenseen. Ein Binnensee mit allen seinen Zuflüssen bildet ein abgeschlossenes Seegebiet, während die Quell- und Flußscen zum Geäder des Hauptflusses gehören. Aus periodischen Seen fließt das Wasser zeitweise durch Sauglöcher ab und verliert sich im kalkhaltigen Boden (z. B. Karstseen, darunter der Zirk nizer See in Kram). H. 20. Beo-hydrographische Rebcrficht von Europa. a) Orographie. Mannigfaltig, wenn auch minder großartig, ist die vertikale Gliederung Europas; hier finden sich alle Hauptformen der Bodenbildung (Hochgebirge, Mittelgebirge, Tafelland, Tiefebene) in vielfältiger Berührung. Eine Linie von der Rhein- zur Dnjestr-Mündung scheidet im Stamme Europas das große zusammenhängende n o rdöstliche Tiefland von dem südw e st l i ch e n Gebirgslande. Ersteres nimmt etwa 115.000 Meilen, letzteres nur 53.000 (H Meilen ein; in Europa ist daher die Form des Tieflandes vor¬ herrschend. In den Gliedern (Halbinseln sowohl als Inseln) ist die Form des Berglandes vorwiegend. I. Das bedeutendste Gebirgsshstem in Europa sind die Alpen, das schönste und durch vielgestaltige Gliederung zugänglichste Hochgebirge der Erde. Sie ziehen sich zwischen den Golfen von Genua und Lyon zuerst in einfacher Kette von Süd nach Nord; dann nach dem Eintritte der östlichen Richtung in mehreren Ketten strahlenartig ausgebreitet bis an die Donau und an das adriarische Meer, wo sie mit dem Karstgebirge in Verbindung treten. In horizontaler Richtung theilt man sie gewöhnlich ein in West-Alpen (oder sardinisch-französische), Central-Alpen (Schweizer) und 24 Ost-Alpen (österreichische); — in vertikaler unterscheidet man drei Ab¬ stufungen: u) Voralpen (2000—5000') hauptsächlich au der Nordscitc, st) Mittelalpen (5000—8000') und o) Hoch alp en mit Schueefeldern, Eisspitzen und Gletschern. Auf ihrem Zuge von Süden nach Norden nehmen in den Westalpen die mittlere Kammhöhc sowie die Höhen der Gipfel zu, der Westabhang ist breiter, der Ostabhang vielfach steil. Schroffheit und Wildheit der Gestaltung, Höhe der Gipfel, enger geschlossene Thaler cha- raktcrisiren sie. Der höchste Gipfel der Alpen und zugleich der höchste Punkt Europas, der Mont Blanc (14.800'), erhebt sich fast im Winkel des Um- bnges gegen Osten. Bon hier an ziehen sie sich in längeren Ketten, sie werden stets niederer, je breiter sie sich entfalten, und bestehen aus einer Mittelzone (Central- oder Ur-Alpen) und aus zwei sic begleitenden Ne¬ benzonen (nördliche und südliche Kalkalpen). Einzelne Theile derselben sind: >. Die See-Alpen, von dem Bocchelta-Passe (bei Genua) bis zur Po-Quelle (Monte Viso I 1 800'). 2. Die cot tisch en Alpen bis zum Thale der Dora Ripera; sie reichen am weitesten nach Westen (Mont Cenis s — Sseuls 8670'). S. Die grafischen oder grauen Alpen zwischen den Nhouethälern, dem Genfersee, der Einsattlung am großen St. Bernhard und dem Lhale der Dora Balten (Mont Blanc 14.800'). (In der Centralkette): 1. Die penninischen oder Walliser Alpen zwischen den Einsattlungen am großen St. Bernhard und Simplon (Monte Rosa 14.284'). 2. Die lepoutinischen oder Adnlar-Alpcn vom Simplonpasse bis zur Splügen¬ scharte (St. Gotthards-Paßhöhe 6400', Splügen-Paßhöhe 6600'). 3. Die rhä tischen Alpen bis zur Einsenkung des Brennerpasses (4425'). 4. Seitenzwcige sind: die Rhätikon-Kette zwischen Rhein und Inn; die Ortels- gruppe zwischen Adda und Etsch (Ortels-Spitze 12.350'). 5. Die Hauptkctte, welche mehrere Seitenzwcige hat, heißt vom Dreiherrnspitz (11.349') bis zur Gabelung an den Mur-Quellen hohe Tauern (Großglockner 12.000'); östlicher folgt die Kette der niederen Tanern zwischen Enns und Mur; dann die Steierischen und Kärntner Alpen. Die letzten Ausläufer der Voralpen sind das L ey thagebirge und der Bakony-Wald. (Nördliche Alpenkette): Diese erstreckt sich im Halbbogen von der Rhone bis zur Donau; deren einzelne Theile sind: 1. Die Berner Alpen zwischen der Rhone und der Aar (Finsteraarhorn 13.160', Jung¬ frau 12.800'). 2. Die Tödikette bis zum Rhein (Tödi 11.100'). 3. Die Algauer oder Baierischen Alpen bis zum Inn bei Kufstein. (Marlins¬ wand 8000' (Kaiser Maximilian l.s). 4. Die Salzburger Alpen zu beiden Seiten der Salza (Watzmann 9058'). 5. Die Oesterreichischcn Alpen lzuletzt als Wiener-Wald) bis an die Donau (Dach¬ stein 9490', Schasberg 5630', Hochschwab 7174', Schneeberg 6566', Oetscher 5969', Kahlenberg 1329'). (Südliche Alpenkette): Diese zieht sich vom I-uxo mn^^iorv (spr. madschore) im Norden der lombardisch¬ venezianischen Ebene, des Karstes nnd der Save bis gegenüber der Thcißmündnng. Die einzelnen Theile sind: 1. Die Lombardischen oder Veltliner Alpen bis zur Etsch. 2. Die Venezianischen oder Trieutiner Alpen bis zum Tagliamento. 3. Die Karuischen Alpen, in ihrer Fortsetzung die Karawanken (Loibl - Ueber- gang 3900'). 4. Die Juli sch en Alpen ziehen gegen Süden (Triglav 9037'). 5. Die letzten östlichen Ausläufer des Matzcl- und Warasdiuer Gebirges zwischen Drave nnd Save; Fruschka Gora und Wrdnik-Gebirge in Shrmicn. 25 II. An die Alpen schließt sich im Süden das öde Kalkplateau des KatsteS an, welcher sich zum adriatischen Meere und längs desselben, sowie ans den Inseln und in die Türkei bis zn den Vorbergen des Hämus hin¬ zieht. Viele Mulden, Trichter und Höhlen, unterirdische Grotten, Mangel an offenen Flußthälern, geringe Höhe mit vereinzelt emporragenden Berg¬ höhen charakterisiren den Karst. III. Im Nordwesten der Alpen, und von diesen durch die schweize¬ rische Hochebene getrennt, zieht sich der Jura hin. IV. Den Älpengürtel umgeben im Halbbogen die französischen und deutschen Bergländcr. In Frankreich sind die Sevenen und die Gebirge der Auvergne (spr. Owernj) im südlichen Theile; im Osten die Vogesen; im Norden der Ardennenwald. -—-In Deutschland sind der Schwarzwald und der schwäbische Jura zwischen Rhein, Main und Donau; der Taunus, der Spessart, das Rhöngebirge, der Thüringer Wald, der Harz, der Teutoburger Wald im Norden des Main; im Osten der Böhmer¬ wald, das Fichtelgebirge, das Erz- und Riesengebirge. (Französisches Bergland.) Jin Westen des Rhoncthales erheben sich die Scvcnnen; an diese schließt sich westlich die Auvergne, das Hochland Frankreichs (Oantal 5700', Mont ä'or 5800'), welches nördlich und westlich terrassenförmig zum französischen Tief¬ lande abfallt. Die Seveuncn gehen durch das Oots ä'or und das Plateau von Langrcs ( — Laugr) iu daS Hügelland von Lothringen über, an welches sich der Ardcnncn- wald und das westrheinische Bergland mit den Vogesen, dem Hunsrück und der Eifel ««schließt. (Deutsches Bergland). Parallel mit den Vogesen zieht am rechten Rheinufer der Schwarzwald, an welchen sich im Norden der Neckarwald und an diesen der Odenwald anschließt, der bis zum Main zieht. Jenseits des Main setzen diese Rich¬ tung der Spessart und das Rhöngebirge fort. Der HunSrück hat seine Fortsetzung im Taunus (zwischen Main, Rhein und Lahn) und Vogelsberg (im Westen der Fulda). Der Eifel gegenüber ist der Westerwald (zwischen Lahn, Rhein und Sieg) mit dem Siebengebirge (am Rhein). — Eine Fortsetzung des Schweizer-Jura ist im Norden des Rhein und der baicrischen Hochebene der schwäbische Jura oder die Rauhe Alp und der fränkische Jura. — Fast in der Mitte Deutschland erhebt sich das Fichtelgebirge, an dieses schließt sich im Nord-Ost das Erzgebirge an; gegen Nord-West zieht der Thüringer- dann der Teutoburgerwald. Im Norden de« Thüringerwaldes ist der Harz (Brocken 3500'). — Im Osten der Elbe sind die Sudeten mit dem Ries eng ebirge und Glatzergebirge, welches gegen die Quellen der Oder in das mährische Gesenke verlaust. An das deutsche Bergland schließen sich im-Norden die niederrheinische und die norddeutsche Tiefebene an. V. Die Karpathen, von den Alpen und dem Balkan durch die Donau geschieden, umschließen bogenförmig das ungarische Tiefland. Sie beginnen im Osten der March-Mündung in die Donau als kleine Karpathen und setzen ihren Zug als Bieskiben sort, über welche der Jablunka-Paß (2000') führt. Ihre höchste Bodenerhebung haben sie in der hohen Tatra (Gerlsdorser Spitze 8354', Lomnitzer Spitze 8304'); einzelne Züge des inneren Berglandes, im Süden der Tatra, werden durch Nebenflüsse der Donau von einander getrennt. Der äußere Gebirgs¬ zug zieht als karpathische« Waldgebirge in südöstlicher Richtung bis zu den Quellen des Pruth und der Theiß. Sie bilden endlich das Randgebirge des sicben- bürgischen Hochlandes; der Ostrand heißt siebend ürgische Karpathen, der Südrand das Fvgarascher Gebirge, der Westrand das siebenbürgische Erz¬ gebirge. Die bedeutenden Halbinseln und Inseln Europas gehören vorzugs¬ weise der Form des Gebirgslandes an. I. Türkisch-griechische Halbinsel. Der Hauptknoten des Gebirgssystems ist am Schar Dagh (42" n., 40" ö.), welcher im Nordwest mit den 26 Karsthöhen zusammenhängt, nach Osten aber bis zum schwarzen Meere den Balkan (Hämus) entsendet. Gegen Süden zieht der Pindus, von welchem gegen das Aegäische Meer mehrere Ketten auslaufen. Das südliche Bergland, Peloponnes oder Mvröa, ist ein abgesondertes Hochland, welches in drei gebirgige Halbinseln ausläuft. 2. Die apenninische Halbinsel ist fast ganz mit Gebirgen erfüllt. Die Apenninen nehmen ihren Anfang im Osten des Boechetta-Passes (bei Genua) streichen anfangs hart an der ligurischen Küste, ziehen sich dann gegen die adriatische, gewinnen etwa in der Mitte der Halbinsel ihre größte l^öhe (Arun sasso ä'Itaiirr 10.000^) und Breite, steigen jedoch nirgends zur Höhe des ewigen Schnees. Den Hochapenuiuen sind niedere parallele Ketten als Subapenninen vorgelagert. Getrennt von den Apenninen erhebt sich aus der campanischen Ebene der Vulkan Vesuv (3700'). Eine Fortsetzung der Apenninen sind die pelorischen und nebro- bischen Gebirge auf Sicilien; der Vulkan Aetna (10.200') steigt aus der Ebene von Catanea in die Eisregion empor. Auch die Inseln Sardinien und Corsica sind vorwiegend gebirgig. 3. Die pyrenäischc (oder hesperische) Halbinsel, nach den Pyrenäen, welche sie durchziehen, so genannt, bildet ein abgeschlossenes Gebirgsganzes, in welchem vier fast parallel von Osten nach Westen streichende Gebirgszüge hervortreten. Der nördlichste und südlichste haben Hochgebirgscharakter, die zwei mittleren begrenzen zwei Hochebenen. Das nördliche Randgebirge sind die Pyrenäen, in ihrer Fortsetzung gegen Westen bas kantabrische, asturische und galizische Gebirge genannt. Die zweite Kette ist das castilische Scheidegebirge, welches die beiden Hochebenen von Alt-Ca- stilien (im Nordwesten) und Neu-Castilien (im Südosten) trennt; letztere wird im Süden vom andalusischen Scheidegebirge begrenzt, an dessen südwestlicher Seite sich die andalusische Tiefebene ausbreitet. Nahe der Küste am Mittelmeere erheben sich die Gebirge von Granada mit der Sierra Nevada. 4. Die Insel Großbritannien ist im Westen und Norden Hochland, im Osten Tiefland; ersteres zerfällt in mehrere Gruppen. Aehnliche Boden¬ beschaffenheit wie Nord-Schottland haben die Hebriden, Orkaden und Shetlands-Inseln. — Irland ist im Innern Tiefebene; an den Küsten erheben sich Felskämme und vereinzelte Felshöhen. Das Gebirge von CornwalliS im Südwesteu (bis zum Cup Landsend); — das Hochland von Wales ( — Uähls) im Norden des Canals von Bristol; — die Gebirge von Nord-England in eine westliche kleinere Hälfte, das Bcrgland von Cumberland (---Kömmberländ), und eine östliche größere, das Peak (Pikh) Gebirge, getrennt; — das Cheviot- ( — Tschiviot) Gebirge an der Grenze gegen Schottland; — das schot¬ tische Hochland wird durch ein tieferes Längenthal in einen südlichen Theil, den Grampian ( — Grämpiän, Berg: Ben Ncwis-, spr. Ben Njuhis 4100'), und einen nördlichen, das nordkaledv nische Gebirge getrennt. 5. Die skandinavische Halbinsel ist überwiegend Hochland, namentlich im Westen und Norden. Gegen Westen ist der Abfall steil zur zerrissenen Fjordenküste; gegen Osten und Süden allmälig,zum Theil terrassenförmig. Im südlichen Norwegen sind die größten Erhebungen in den Fjelds (Longfjeld und Dovrefjeld, Berge: Skagastöl 7700' Suöhättan 7100'), an welche sich nördlich die Kjöleu ( — Dschöleu) mit einer Mittelböhe von 2500' (Sulitelma 5800') und an dieses das lappländische Gebirge anschließen. — Die dänischen und Ostsee-Inseln sind Fortsetzungen der benachbarten Tiefländer; Gebirgsbildung findet sich nirgends als aus den Klippeuinseln (Skären). — Die Färöer sind kahle, baumlose, bis über 2000' 27 hohe Felseiünseln. — Auf Island erheben sich kahle, bis 0000' hohe Berge, die von 2500' an mit ewigem Schnee bedeckt sind; Gletscher, die bis zum Meere herabreichen, reißende Bergströme, Schwefelfliichcu und heiße Quellen (die beiden periodisch fließenden 80—100' emporspriilgenden Springquellen — die Geiser). 6. Im Osten Europas erhebt sich aus dem Sarmatischen Tieflande die Waldai-Höhe, eine Fortsetzung des uralisch-baltischen Land¬ rückens; dann die uralisch-karpathische Landhöhe (oder südrussische Steppenplatte) zwischen den Karpathen und der Wolga. Die Grenze zwischen Europa und Asien bildet das Meridiangebirge Ural mit einer Mittelhöhe von 3500" und mit 5000' hohen Gipfeln. Tiefland von Europa. — Der nördliche Theil Europas ist Tief¬ land, welches durch den Lauf der Weichsel in die (östliche) sarm atische (oder slavische) und in die (westliche) germanische (deutsche) Tiefebene geschieden wird. — Zwischen dem Canal, den Berglandschaften der Bretagne (— Bretajn), dem Busen von Biscaha und den französischen Mittelgebirgen liegt das französische Tiefland, und vom Südrande der Sevennen bis zum Mittelmeere das provenyalische (— prowanßalische). — - Im Süden der phrenäischen Halbinsel dehnt sich die andalusische, längs dem Süd¬ fuße der Alpen auf der apenninischen Halbinsel die lombardisch-vene¬ zianische (600^M.) Tiefebene aus. Am Südfuße der Karpathen ist die große ungarische (1700^M.), im Nordwesten des Bakonhwaldes die kleine ungarische Ebene. Das skandinavische Flachland liegt im östlichen und südlichen Theile der gleichnamigen Halbinsel. Die nördlichen Halbinseln Kola, Kanin, Jütland und Holland sind ebenfalls Flachländer. Kleinere Tiefebenen sind: die oberrheinische, die niederrheinische, die österreichische bei Wien (50^M.), die walachische u. a. b) Hydrographie. Flüsse. — Das europäische Flußgeäder gehört drei Meeresgebieten an: 1. dem Gebiete des nördlichen Eismeeres, 2. des Atlantischen Oceans und dessen Theilen, 3. des Caspischen Sees. In das nördliche Eismeer fließen: 1. die zwar schiffbare, aber meist zugefrorene Petschora mit un- wirthlichen Ufern, kommt vom Ural; 2. aus der gefrorenen Sumpfsteppe (Tundra) der Mesen; 3. bei Archangel mündet die ans den Flüssen Suchona und Jug entstandene Dwina; 4. die Onega in den gleichnamigen Busen. In die Ostsee: 1. die Newa (St. Petersburg) kommt aus dem Ladoga-See; 2. die Düna (Riga) ans dem Wolchonski-Walde; 3. der Njem en (im Unterlaufe Memel) in das kurische Haff; 4. der größte Fluß dieses Gebietes ist die Weichsel, deren Quellen in den schlesischen Bieskiden liegen (Krakau, Warschau, Danzig); sie ergießt sich mitDeltabilduug in das frische Haff und in die Ostsee; Nebenflüsse rechts: Duuajec, San, Bug; 28 5. die Oder vom mährischen Gesenke (Breslau, Frankfurt, Stettin); Mündnng in das Stettiner Hass; Nebenflüsse: Oppa (Troppau), Glatzer-Neisse, Warthe; 6. die Flüsse (Elfe) der skandinavischen Halbinsel, meist mit vielen Stromschnellen, darunter die bedeutenderen: Tornea, Angermal, Dal. In die Nordsee: 1. die Göta-Elf aus dem Wenern-See; 2. der Glomen ans dem Oresund-See; 3. die Eider, Deutschlands Grenzfluß (Rendsburg); 4. die Elbe vom Südabhange des Riesengebirges, von Aussig ab mit Dampfschiffen befahren, der größte Flnß der norddeutschen Tiefebene, mündet unterhalb Hamb u rg (Dresden, Magdeburg, Hamburg); Nebenflüsse (links): Moldau (Prag), Eger, sächsische Saale (Jena, Halle); — (rechts) die mit der Spree (Berlin) vereinigte Havel; 5. die Weser entsteht aus der Vereinigung der Werra und Fulda (Cassel), und mündet unterhalb Bremen; Nebenfluß: Aller; 6. die Ems vom Teutoburger-Walde in den Dollart; 7. der Rhein entspringt auf dem St. Gotthard in der Schweiz, fließt durch den Bodensee, bildet bei Schaffhausen den 70^ hohen Wasserfall, geht durch die oberrheinische Tiefebene (von Basel bis Mainz), dann zwischen dem Tamms und Hunsrück, tritt unterhalb Bonn in das niederrheinische Tiefland, spaltet sich an der Grenze Deutschlands in die Waal, als Haupt- siuß, und den Rhein, der sich abermals in die Issel (spr. Eissel), den Leck und den krummen Rhein theilt. Mündung des alten Rhein bei Katwik (unterhalb Lehden); Nebenflüsse (rechts): Neckar (Tübingen, Stuttgart, Heidelberg). Main (Frankfurt), Lahn, Ruhr und Lippe; — (links) Aar (Bern) mit dem wilden Alpenflusse Reuß (Luzern), Mosel (Trier); 8. die Maas, vom Plateau von Langres, vereinigt sich mit der Waal, und bildet einen Theil des Rheindelta (Verdun, spr. Werdöhn, Lüttich); 9. die Schelde, der westlichste Fluß des norddeutschen Tieflandes (Gent, Antwerpen); 10. die Themse, Englands wichtigster Flnß (Oxford, London); 11. der H n m b e r (spr. Ömbr) und der Tw e e d (spr. Twihd) in England. < In den Atlantischen Ocean: 1. der Clhde (spr. Kleid) in Schottland, der Severn in England, und der Schau non (spr. Schännön) in Irland; 2. die Seine (spr. Sehn) in Frankreich (Paris, Havre de Grace (spr. Hawr dö Graß) mit den Nebenflüssen Marne (spr. Marn), Oise (spr. Oahs'), Jonne (spr. Jonu); 3. die Loire (spr. Loahr), Frankreichs größter Fluß, kommt ans den Sevennen (Orleans, spr. Orlean, Nantes, spr. Nant); 4. die Garonne (spr. Garonn), heißt an der Mündnng Gironde (spr. Dschirond), Bordeaux (spr. Bordoh); 5. der Küstenfluß Adour (spr. Aduhr); 8. von der phrenäischen Halbinsel: der Minho, Duero (Oporto), der Tajo (spr. Tacho), in Portugal Tejo (spr. Tedscho) genannt (Toledo, Lissabon); 7. die Guardiana und der Gnaldalq niv ir. 29 In das Mittelländische Meer: t. Die Rhone entspringt in der Schweiz, fließt durch den Genfer- See; nimmt in Frankreich die Saone (spr. Ssohn) nnd den Doubs (spr. Duh) auf; 2. der Arno auf der apenniuischen Halbinsel (Florenz); 3. die Tiber (Rom); der Po (Turin) mit den Nebenflüssen: Tessin, Adda, Oglio, Mincio; 4. die Etsch aus Tirol (Verona): 5. die Küstenflüsse Tagliamento (sp. Taljamento) und Isonzo; 6. auf der Balkan-Halbinsel: Drin, Vardar, Strhmon und Maritza (Adrianopel). In das Schwarze Meer: 1. Die Donau entspringt im Schwarzwalde und mündet in mehreren Armen; der bedeutendste Fluß für Oesterreich und Süddeutschland, welche er mit dem Oriente in Verbindung setzt (Regensburg, Wien, Ofen-Pest, Belgrad, Silistria, Galacz). Wichtigere Nebenflüsse (rechts): Lech sAugs- bnrg), Isar (München), Inn (Innsbruck), Enns, Raab mit der L ehtha, die Drave (Marburg) mit der Mur (Graz), die Save (Agram, Sem- lin), die Morawa in Serbien; — (links): A ltm ühl. Nab, Regen, March (Olmütz), Waag, Gran, Theiß, Aluta, Pruth; 2. der Dnjestr aus den Karpathen mündet bei Akjermann; 3. der Dnjepr mündet unterhalb Cherson (Kiew); 4. der Don mit dem Nebenfluß Donez. In den Caspische» See: 1. Die Wolga, der größte Fluß Europas, entspringt im Wolchonski- Gebirge, nimmt unterhalb Kasan die Kama nnd bei Nischnji - Nowgorod die Oka auf, und mündet in einem vielarmigen Delta unterhalb Astrachan; 2. der Ural, Grenzfluß zwischen Europa und Asien. Vergleichende Uebersicht einiger Hauptflnsse Europas. 30 Secn. — Europa hat viele, aber verhältnißmäßig kleine Seen. Um die Ostsee zieht sich im angrenzenden Tieflande ein Ring von zahlreichen Fluß- und Quellscen; im skandinavischen Tieflande der Wettern-, We- nern-, Hjälmar- und Mälar-See; auf der Ostseite der finnischen Seeplatte: der Saima-, Ladoga-, Onega-, Jlmen-, Pöipus- See u. a.; längs der Südküste liegen viele kleine Seen im norddeutschen Tieflaude. Auf der Halbinsel Jütland und in Großbritannien sind gleichfalls mehrere kleine Seen. Die in den Hochthälern der Alpen liegenden Seen sind sämmtlich klein; dagegen die um den Fuß derselben an der Nord- und Südseite ansgebreiteten von beträchtlicher Größe. Hieher gehören: der Genfer-, Neuenb urger-, Thuner-, Vierwaldstätter-, Zürcher-, Boden- See in der Schweiz; die vielen Seen der nördlichen Kalkalpen, der Chiem- See (Baiern), der Trann-, Atter-, Mond-See u. v. a.; — am Süd¬ abhange der Alpen: der Lago maggiore (spr. madschore), Lago di Como, Lago di Garda. Der N en si edler- und der Platten fee im ungarischen Tieflande. Auf der apenuinischen und der türkisch - griechischen Halbinsel kommen nur wenige kleine Seen vor. Größe einiger europäischer Seen. Ladoga-See . Onega-See Hjälmar-See . Mälar-See. Genfer-Tee 325 fMM. 195 „ 10 „ Boden-See Platten-Sce Neusiedler-See Garda-See. Lago maggiore 8 ÜW. 2 „ 7 „ 6 „ 4 „ 21. Bro-hydrographische Ncbersicht von Asien. n) Orographic. Asien, der erste Wohnort des Menschengeschlechtes nud die Wiege der ältesten Kultur, hat die ausgedehnteste Masseuerhebnng, die höchsten Berg¬ spitzen, die größten Hochflächen und die mächtigsten Randgebirge. Der Cha¬ rakter dieses Erdtheiles ist der des Hochlandes. Auf das Bergland kommen beiläufig 317.000, auf das Tiefland 292,000 ^M. Die massenhafte Erhebung ist fast in der Mitte Asiens, wo das System des Hindu Kho (90" ö. L.) das Bergland in ein westliches (vorder-asiatisches) und ein östliches (hin ter-asiatisches) Hochland scheidet. Das Hochland von Hinter-Asien, mit einer durchschnittlichen absoluten Höhe von 8—10.000' und einer Ausdehnung, die dem Drittheil der Ge- sammtfläche Asiens gleichkommt, wird von vier Randgebirgen begrenzt und die Scheitelfläche durchziehen mächtige Parallelketten. Im Süden ist der Himalaya, im Osten das chinesische und mandschurisch e Alpen¬ land, im Norden das mongolische Gebirge und der Altai, im Westen der Muz Dagh und der Belur Dagh. Auf der Scheitelfläche erheben sich der Thi an Sch an und der Küen Lün. Den Südrand bildet das höchste Niesengebirge der Erde, der Himalaya, mit seinen amphithcatralisch aussteigeudeu Parallelketten, deren nördlichste und höchste bei einer mittleren Kammhöhe von 15.000 die größten bekannten Erhebungen der Erde besitzt (Gaurisänkar oder Llount Lvorost sspr. Mannt Jwrists 27.200', Tschamalari, Kin- chinjinga sspr. Kintschindschingas 26.400', Dhawalagiri 26.300' und viele über 20.000'). Querthäler durchbrechen gleich Spalten das ganze mehrteilige Hochgebirge; eine Er- 31 scheininig, die außer diesem kolossalen Randgebirge in so ausgezeichneter Weise nirgends mehr auf der Erde vorkömmt. Der vielverzweigte Ostrand wird durch das Flußthal des Uantsekiang in einen südlichen Theil — das chinesische Alpenland — und in einen nördlichen — das mandschurische Alpenland — getrennt. Den Nordrand bildet bis zum Baikal-See das mongolische Grenzgebirge; von da zieht sich westwärts bis zum Dzaisang-See der Altai. Den Westrand bildet nördlich der Muz Dagh, südlich bis znm Hindu Kho der Bel ur Dagh. Die zwei Parallelketten auf der Scheitel¬ fläche sind Fortsetzungen des Westrandes, u. z. nördlich der Thian Schan, südlich der Kiten Lün. Zwischen dem Himalaya und dem Kiien Lün liegt das Hochland Tübet; zwischen dem Kiien Lün und dem Thian Schan die hohe Tartarci; zwischen dem Thian Schan und dem Nordrand liegt im Westen die Dsungarei, im Osten die Mongolei. Die Mongolei, der östliche Theil der Dsungarei und der hohen Tartarei, ist theils baumlose, öde Steppe, theils sandig steinige Wüste, Gobi oder Schamo genannt; sie erstreckt sich etwa 406 M. in die Länge und tOO M. in die Breite. Das Hochland von Vorder - Asien, mit einer mittleren Erhebung von nur 4000' und einer Ausdehnung, die etwa dem eilften Theile der Gesammtfläche Asiens gleichkommt, zerfällt in drei Hochflächen: das Plateau von Iran, das Hochland Armenien und die Hochfläche von Kleinasien oder Anatolien. 1. Das Plateau von Iran, Steppenboden mit vielen Salzseen, nördlich vom ParopamisnS und Elbrus (Vulkan Demavend 16.000'), östlich vom Soliman begrenzt; — 2. das Hochland Armenien (Ararat 16.060') senkt sich im Süden in die Tiefebene des Euphrat und nach Westen zur 3. Hochfläche von Anatolien (oder Kleinasien) mit dem Taurus als Slldrand. An diesen schließt sich das Syrische Gebirge (Libanon 9000'), welches in zwei Parallelketteu, zwischen denen sich das tief eingeschnittene Thal des Jordan befindet, bis zum Rothen Meere (Sinai 8500') zieht. Durch viele Ebenen vom Hauptstamme getrennt, erhebt sich das Meridian-Gebirge Ural. — Das Plateau von Dekan oder Vorder- Jndien ist eine von Randgebirgen begrenzte Hochfläche. Im Norden Vindhya-Gebirge, im Westen die West-Ghats, im Osten die Ost- Ghats, im Süden die Nil-Gerri. Vom hinterasiatischen Hochlande laufen im Norden aus: das Jablo- uoi-Chrebet (— Rücken), Stanowoi-Chrebet und die Gebirge von Kamtschatka; letztere mit einer Doppelreihe von 21 thätigen Vulkanen. Im Süden die mala hi sch en Parallelketteu in Hinter-Jndien. Das nördlich auslaufende GebirgSglied Vorder-AsieuS — der Kau¬ kasus — hängt durch bergige Landschaften mit dem armenischen Hochlande zusammen. Arabien ist ein Hochland, das sich nach allen Richtungen in Terrassen abdacht. Die meisten asiatischen Inseln sind gebirgiger Natur. Tiefland von Asien. — Den Ncbergang von dem mächtigen Hochlande zum Tieflande, welches mehr als ein Drittheil der Gesammtfläche Asiens einnimmt, bilden reichgegliederte Stufe nländ er mit weitverzweigtem Flu߬ geäder, welches sich strahlenförmig nach allen Richtungen des Kontinentes ergießt. Im Norden liegt das ungeheuere Tiefland Sibirien (186.000^M.); dessen südwestliche Fortsetzung bildet Turan (53.700 ^M.), der Uebergang des asiatischen Tieflandes znm sarmatischen in Europa. Gegen den großen Ocean breitet sich das reichlich bewässerte und vortrefflich angebaute chine¬ sische Tiefland (10.000 ^M.) aus, und an den Ufern der hinterindi¬ schen Ströme das gleichnamige Tiefland. Zwischen dem Himalaya und dem Vindhya liegt das vom Indus und Ganges bewässerte Tiefland von 32 Hindostan (24.000 OM); zwischen dem armenischen Berglande und dem persischen Meerbusen das Tiefland von Mesopotamien und Babylon. Westlich davon dehnt sich die syrisch-arabische Wüste aus, bereits ein Uebergang zu den Sandwüstcn Afrikas. b) Hydrographie. In das nördliche Eismeer fließen: 1. Der Ob, vom kleinen Altai, hat das größte Flußgebiet unter den asiatischen Flüssen, und nimmt den Irti sch (Tobolsk) auf, der den Dzai- sang-See durchfließt; 2. der Jeni sei kommt aus dem Altai (im chinesischen Reiche), und nimmt die obere Tunguska (oder Angara), welche den Baikal-See durchfließt, dann die mittlere und untere Tnngnska ans; 3. die Lena mit Delta- und Limanbildung und den Nebenflüssen Witim und Aldan; 4. die Jndigirka und Kolyma. Gebiet des Großen Oceans: 1. Der Amur entsteht ans der Vereinigung des Schilka mit dem Argun (oder Kerlon), ist reich an Nebenflüssen und Inseln; wichtige Ver¬ bindung zwischen.dem asiatischen Rußland und dem Ocean, doch ist die Mündung nur drei Monate eisfrei; 2. die Zwillingsströme Hoang-Ho (gelber Fluß) und Uan-tse- Kiang (blauer Fluß; Nanking), insbesondere herrscht ans dem letzteren eine sehr lebhafte Schifffahrt; großartige Canalvcrbindung; 3. der Mcnam-Kong (oder Eombodscha) und der Menam; Gebiet des Indischen Occans: 1. Ira waddy (Awa, Rangun); 2. Brahmaputra, Zwillingsflnß des Ganges, mit dem er gemein¬ schaftlich das größte Delta der Erde bildet und Bengalen bewässert, begleitet im Oberlaufe den Himalaya und durchbricht dessen Südeude; 3. der Ganges (Benares, Calcntta), der heilige Fluß der Indier. Durch zahlreiche Nebenflüsse verstärkt, tritt er jährlich über seine niederen Ufer und befruchtet durch Ueberschwemmungen das Land; 4. der Jnd ns und mehrere andere Flüsse Indiens entspringen hinter den Himalayaketten und durchbrechen sie sämmtlich. Am östlichen Ufer seines Mittellaufes liegt das fruchtbare Hügelland Pendschab, d. i. Fünfstromland, und des Unterlaufes die Wüste Thur; er spaltet sich unter Hydrabad in ein großes Delta; 5. die Zwillingsflüsse Euphrat und Tigris vom armenischen Hoch¬ lande vereinigen sich zum Schat-el-Arab (Basra), der in Deltaform in den persischen Meerbusen mündet. In das Mittelmeer münden der Assy (im Alterthume Orontes) und einige Küstenflüsse; Seihuu (i. A. CydunS), Minder (i. A. Mäander) u. a. In das Schwarze Mccr der Kisil-Irmak (i. A. Halys) und der Kuban. Stcppcnfliisse: in den Caspi-See der Kur mit dem Nebenflüsse Aras (i. A. Araxes); dann der Ter eck; 33 in den Aral-See der Gihon (i- A. Oxus) und der Sihon (i. A. Jaxartes); der Jordan kommt ans dem Anti-Libanon, durchfließt den See Ge- nesareth und mundet in das bittersalzige todte Meer. Vergleichende Uebersicht einiger Hanptflnsse Asiens: Seen. — Die meisten Seen Asiens liegen im nördlichen Theile und auf der Scheitelfläche Ost-Asiens. Die Seen von Inner-Asien liegen meist sehr hoch über dem Meere; tiefer liegen die sibirischen, am tiefsten die west¬ lichen Seen (Aral-See nur 34' über, — das Todte Meer 1340' unter dem Niveau des Mittelmeeres). Größe einiger Seen in Asien. Easpi-See etwa 7500 eM. Aral-See „ .1380 „ Baikal-See „ . 558 „ Balkasch-See etwa . 300 0M. Dzaisang-See „ . 56 „ Todtes Meer „ . 20 „ Z. 22. Bro-hydrographische Ilebersicht von Afrika. a) Orographie. Afrika bietet in Hinsicht der Bodenerhebung ein Bild der Massen¬ haftigkeit dar; doch ist die Einförmigkeit eine geringere, die vertikale Gliederung und Zugänglichkeit eine größere, als man ehemals angenommen hatte. Nach den bisherigen Forschungen dürfte beiläufig nur ein Sechstel der Gesammtflächc der Tieslaudsform angehören, fünf Sechstel aber sind Hochland. Nordafrika. — Im Nordwcsten des Erdtheiles erhebt sich das Hock land der Berberei, durchzogen vom Atlas-Gebirge. Im Westen der hohe Atlas mit Gipfeln von 13.000' (über die Schneelinie hinaus); im Norden längs des Mittelmeeres der kleine Atlas und im Süden der große Atlas. Oestlich von diesem Hochlande, und durch den Wüstenstreis der L-ultiu- Ebene davon getrennt, ist das Plateau von Barka, steil zur Küste ab¬ fallend. Den Nil begleiten die Ly bische und Arabische Bergkette; letztere Klan, Geographie, o-AM. ' 3 34 geht in das Alpenland Habesch (oder Abhssinieii) über. —Hochsudan mit dem Kong-Gebirge im Norden des Golfes von Guinea, fällt westlich zum Tieflande Senegambien, nordöstlich gebt es in Flachsudan über. Zwischen den genannten Hochländern breitet sich vom Atlantischen Ocean bis zu den Bergwänden des Nil-Thales die größte Wüste der Erde, die Hoch¬ ebene Sahara aus. Ein Zug klippiger Höhen, Felsenriffe und Oasen zieht sich von Tripoli nach dem Tsad-See (13° n-, 32° ö.) und theilt die Wüste in zwei au Umfang, Bodeubeschafsen- heit und Charakter verschiedene Hälften. Die größere Westhälfte, die SLHel, ist das eigentliche Flngsandmeer, dessen Anhäufung an der Meeresküste die höchsten Dünen der Erde gebildet hat (bis 400' am Kap Bojador), so wie die höchst gefährlichen Sand¬ bänke im Meere. Sie hat wenig Oasen, wenig Brunnen, eine große Armnth der Pflanzen- und Thierwelt. Die kleinere Osthälfte, die eigentlicheSLHara oder die lybische Wüste, hat geringere Massen von Flugsand, an der Oberfläche treten Kalk- und Thonboden, Kieset, Salzflächen u. a. hervor. Quellen gelangen leichter zur Oberfläche, künstliche Brunnen geben schon bei geringer Tiefe Wasser, die Oasen sind zahlreicher und größer, am Ost- und Nordrande bilden sich Kulturstellen. Südafrika. — Die Südhälfte von Afrika ist in ihrem Inneren ein noch wenig gekanntes Hochland (Hoch-Afrika), von Randgebirgen um¬ geben, welche in terrassenförmigen Absätzen fast dis zum Meere abfallen und einen nur schmalen Küstensaum übrig lassen. Der Siidrand oder das Kapland ist eine Terrasse von mehreren Stufen. Die unterste bilden die KUstenebenen des Kaplandes; die zweite Stufe ist die (an 3000' hohe) Karroo- (spr. Karnh) Ebene; die dritte (an 5000' hoch) die Hochebene des Oranje-StromeS; dann folgt das Tafelland der Wüste Kalihari, welche wahr¬ scheinlich schon ein Theil der Scheitelfläche Hochafrikas ist. Jede Stufe ist von der nächst höheren durch Randgebirge geschieden und zwar die erste von der zweiten gegen den Atlantik durch das Bo kkcv eld-Gebirge, gegen das indische Meer durch die Zwarten- Berge; die zweite von der dritten durch die Roggeveld-, Nieuweveld- und Koudveld-Berge mit Gipfeln von 10.000'. Aehnlich ist der Ostrand gebaut; zwischen 2—13" s. ist die Ostküste eine Ebene; zwischen 1—5° s. erheben sich bedeutende Gebirgsmassen, ans denen der Kenia und der Kilimandscharo an 18.000'—20.000' in die Region des ewigen Schnees ragen. Der Nordrand ist nur in seinen östlichen und westlichen Erhebungen theilweise bekannt, und zwar au der Ostseite die Terrassen von Habesch, au der Westseite das Kong-Gebirge. Etwas genauer kennt man die Vorstufen an den Baien von Benin und Biafra. Der Westrand steigt aus der Bai von Biafra zum Hochlande der Ambroser empor. Zwischen 6 — 16" s. wiederholt sich die Terrassenbildung des Kaplandes; doch ist auch der Westrand im Ganzen wenig bekannt. Die Insel Mad ag as car ist von einer hohen Bergkette, mit Gipfeln über 10.000', durchzogen. Unter den can arischen Inseln hat Teneriffa den Vulkan Pic de Tehde (11.500'). b) Hydrographie. Die hhdographischen Verhältnisse Afrikas sind gleichfalls noch wenig bekannt. In Hoch-Sudan und in Hoch-Afrika liegen die Quellen der meisten und bedeutendsten Flüsse; doch ist wegen der häufigen Stromschnellen und Katarakte das Eindringen in das Innere des Kontinentes ungemein erschwert. Gebiet des Mittelmecrcs: Der Nil entsteht aus den Flüssen Bahr el Azrak, (blauer Fluß), welcher in Habesch entspringt und den Tsana-See durchfließt, — und dem Bähr el Abiad (weißer Fluß), der aus dem See Nhausa (oder Ukerewe-, oder Victoria-See) kömmt, wie es die englichen Reisenden Speke ( — Spihk) 35 und Grant im Jahre 1863 festgestellt haben. Nach der Vereinigung bei Chartum nimmt der Nil den einzigen Nebenfluß Atbara (im Oberlaufe Tacazze) aus. Die Schiffbarkeit des Nil beginnt erst im Unterlaufe nach den letzten Katarakten bei Shene. Än Folge der tropischen Regen in seinem Quellgebiete schwillt er vom Ende Juni bis Ende September an, über¬ schwemmt das ganze Thal, führt guten Fruchtboden herbei und erhöht allmälich das Flußbett. Künstliche Seen und Canäle führen das Wasser auch in entferntere Gegenden. Im Frühjahre ist das Land eine dürre Wüste; im Sommer ein See, aus welchem Häuser und Dörfer gleich Inseln hervor¬ ragen; im Herbste die reichste Kulturlandschaft, seit dem Altcrthume eine Kornkammer. Unterhalb Kairo erweitert sich das Thal, die Ufer sind wüste, es beginnt die Deltabildnng, deren bedeutendsten Arme bei Nosette und bei Damiette in das Meer sich ergießen. Gebiet des Atlantischen Oceans: 1. der Oranje (spr. Orandsch) oder G arip, die Nordgrenze des Kap- landes, mündet beim Kap Voltas (29" s., 34° ö.); 2. der Cong o oder Zaire mit Katarakten und jährlichem Anschwellen, wie der Nil (7" s-, 30° ö.); 3. der Niger (im Oberlaufe sbis Timbuktus Dscholiba, im Mittelläufe Quorra); das Mündungsgebiet ist ein sumpfiges, von undurchdringlichen Waldungen bedecktes Delta, die starken Schlammablagerungen erweitern stets die Küste; sein wasserreicher Nebenfluß Tschadda kommt aus dem Tu- bori-See, südöstlich vom Tsad-See, und scheint die einzige natürliche Straße nach dem Inneren des Kontinentes zu sein, da Stromschnellen, Katarakte und Felsbänke die Schifffahrt auf dem Niger vielfach hemmen; 4. der Gambia und der Senegal bilden große Deltamündungen; sie überschwemmen vom Juli bis October das Land (Senegambien), wovon eine so außerordentliche Fruchtbarkeit herrührt, daß künstlicher Ackerbau gar nicht Bedürfniß ist. Das Steigen der Meeresfluth bis etwa 40 Meilen aufwärts macht die Flüsse auch für Seeschiffe fahrbar. Gebiet des Indischen Oceans: Der Zambeze (spr. Sambese), einer der größten Flüsse Südafrikas, durchbricht das Lupata-Gebirge, hat jährliche Ueberschwemmungen und Delta¬ mündung. Das Mündungsgebiet (18° s., 54° ö.) hat reiche Vegetation, ist aber wegen der Versumpfungen höchst ungesund. See». — Unter den afrikanischen Binnenseen sind verhältnißmäßig am besten bekannt: der Ng ami-See, im Norden der Wüste Kalihari (40° ö., 20° s.); der Nhassi-See mit zahlreichen Zuflüssen (50° ö., 10° s.); der Nhansa- (oder Ukerewe-, oder Victoria-See), Quellensee des weißen Nil (50° ö. und Aequator); der Tsad-See mit vielen bewohnten Inseln und mehreren Zuflüssen (32° ö., 13° n.); der Tsana- oder Dembea-See, mit vielen Inseln, der größte der abhssinischen Alpenseen (etwa 150 (sM.). Von Marokko bis an das Gebiet von Tunis, im und südlich vom Atlas zieht sich ein Gürtel von Salzseen hin. 36 Z. 23. Pro-hydrographische Uckersicht von Amerika. -st Orographic. In Amerika ist die Form des Tieflandes vorherrschend. Die Ebene nimmt etwa das Bergland '/z der Gcsammtfläche ein. Die Erhebung des Bodens tritt als das größte System der Kettengebirge mit untergeord¬ neter Plateaubildung auf. Die Cordilleren oder Anden sind das Haupt gebirge der neuen Welt; sie lagern sich nahe der Westgestade; aus den im Osten ansgebreiteten Flächen erheben sich isolirte Gebirge. Die Tafelländer Central-Amerikas scheiden die Cordilleren von Süd- und Nord-Amerika. In Süd-Amerika sind: die Cordilleren von Patagonien, von Chile Tschile), Bolivia, Quito und Neu-Granada; — in Central-Ame¬ rika die Tafelländer von: Costa Rica, Honduras und Guatemala; — in Nordamerika die Hochflächen von Anahuac und Mexiko (— Mechjiko), dann an der Westseite die Cordilleren von Sonora und die Seealpcn von Californien, östlich von diesen die Sierra Madre und die Rocky Mountains (--- Rokki Manntins). Siid-Amcriktl. Nach dem Bau des Gebirges werden sie eingetheilt in einkettige Süd-Anden, doppelseitige Mittel-Anden und divergirende Nord- Anden. — Nach den Landschaften in: Cordilleren von Patagonien; von Chile (spr. Tschili) mit der höchsten Bergspitze Amerikas (Aconcagua 21.800') und metall- reichen Berglandschaften (Erzgebirge von Uspallata); — von Bolivia mit den Plateaux von Potosi, des Titicaca-Sees, von Peru und Bolivia, mit einer Kette theils erloschener, theils noch thätiger Bulkane; — von Quito, bestehend aus Parallelkettcn, welche das gleichnamige, reizende und gesunde Hochthal cinschlieszen, mit mehreren Bulkanen und bedeutenden Berghohen (Chimborazo, spr. Tschimborasso, 20.150', Cotopaxi, spr. Koto- pachi, 17.700'); die Anden von Neu-Granada lösen sich in drei divergirende Ketten auf. Central - Amerika. Central - Amerika bildet ein System breiter Tafelländer, von einzelnen Gebirgsketten durchzogen und au den Rändern von hohen Vnlkangipfeln über¬ ragt. Don der Einsenkuug bei Panama bis zu jener von Tehuautepec werden sie in drei Gruppen zerlegt; das Plateau vvu Costa Ricca, welches nordwärts in die Ebene von Nicaragua absällt; — das Plateau von Honduras, an dessen Ostseite sich das Tief¬ land der Mosguito-Küste ausbreiiet, während es im Westen in steilen Terrassen absällt; — das Tafelland von Guatemala, welches nach Nordosten zum Hügelland von Uncatan abfällt und zur Theilspalte von Tehuautepec sich herabsenkt. Nord-Amerika. Im Nordwesten der Einsenkung von Tehuautepec erhebt sich das Plateau von Anahuac (Vulkan Popocatepeti 01.600'), welches mit der Hochfläche von Mexiko (spr. Mcchjiko, in Verbindung steht. Nördlich vom 24" n. Br. beginnen Parallelketten mit cingeschlosseneu Hochflächen; au der Westküste der Cordilleren von Sonora, die Seealpen von Californien und Oregon mit einer Reihe erloschener und thätiger Vulkane, von denen der Eliasberg (16.700') der höchste Berg Nord- Amerikas ist. Die östlichen Cordilleren, im Süden Sierra Madre, in der Fort¬ setzung gegen das nördliche Eismeer R o cky Mountains (spr. Rokki Mauritius) oder Felsengebirge genannt, haben im Westen ein großes und hohes Wüstenbecken mit einem abgeschlossenen System von Seen und Flüssen. Isolirte Gebirge sind: das Bergland von Brasilien, bestehend aus Plateauflächeu ; auf denen bedeutende, der Küste parallel streichende Ketten hervortreten; — das Hoch¬ land von Guyana mit der Sierra Parime; — das Küstengebirge von Beuezuäla; — das Massengebirge Sierra nevada de Santa Marta mit Schneegipfeln von 18.000'; — das Alleghany- (spr. Allegäni) Gebirge, ans mehreren Parallelketteu bestehend; eine Fortsetzung desselben ist das Felsenplatcau von Labrador. Alle großen und fast alle kleinen Antillen sind gebirgig, am höchsten Jamaica (blaue Berge 7000"), Cuba, Haiti. Die östlichen der kleinen An¬ tillen, die Bahama-Inselu u. a. sind flach und nieder. 37 Tiefland. — Die südamerikanischen Ebenen bedecken zwei Drittel, die nordamerikanischen ein Drittel ihres Festlandes. In Südamerika: die patagonisch e Steppe, eine nnwirthliche Kalkebene mit dürftiger Vegetation, von Salzseen und Morästen durchzogen; — die Pampas des Rio de la Plata (zwischen den Cordilleren von Chile und Peru und dem brasilianischen Berglande), eine unübersehbare hohe Grasfläche ohne Banmwnchs, mit sehr wenig Flüssen, dagegen vielen Lachen, in der heißen Jahreszeit vollständig aus¬ gebrannt ; — die S e l v a s des A m a z o n e n str o m e s (l 46.000 fisf M.), un¬ durchdringliche sumpfige Urwälder; — die Llanos (spr. Ljanos) im O ri n o co- Gebiete, in der trockenen Jahreszeit eine dürre, baumlose Steppe, nach der Regenzeit aber das „Kräutermeer" genannt, mit mannshohen Gräsern; — die Ebene am Magd al en en ströme, eine heiße, wellenförmige Knltnrfläche. In Nord-Amerika: die Savannen (spr. Säwännen) und Prai- r i en (spr. Prährien) am Missisippi und Missouri, deren östliche Hälfte theils noch mit Waldungen bedeckt, lheils fruchtbares, schon augebauteö Hügelland ist, — die westliche Hälfte bilden theils unübersehbare Grasflnrcn, theils Wald¬ land — die wellenförmige Ebene der atlantischen Küstenflüsse ist frucht¬ bar, die südlichen Küstenstriche (besonders in Florida) sind sumpfig; — die Ebene der arktischen Abdachung oder die arktische Fels- und See¬ platte ist bis zum äußersten Norden ohne Gebirge, steinig, und deßhalb (sowie wegen der Ungunst des Klimas) kaum empfänglich für die Kultur. i>) Hydrographie. Amerika hat die größten Ströme und Seen der Erde und ist der wasserreichste Kontinent. Gebiet des nördlichen Eismeeres: 1. der Mackenzie (spr. Mäckenßi) entspringt als Athapaska im Felsen- gebirge, durchfließt den Athapaska-See, tritt als Sklavenflnß ans diesem heraus und in den Sklavensee, welchen er als Mackenzie verläßt. Vom großen Bärensee nimmt er den großen Bärenfluß auf; 2. der Kupferminenfluß, ein Abfluß mehrerer kleiner Seen. Gebiet des Großen Oceans: 3. der Fraser, Grenzfluß zwischen den britischen Besitzungen nnd den Vereinigten Staaten; 4. der Columbia oder Oregon: der Sacrameuto mündet in die Bai von St. Francisko. Gebiet des Atlantischen Oceans: 1. der Saskatschawan fließt in den Winipeg-See, dessen Abflüsse in die Hudsons- (spr. Hödsns-) Bai Nelson, Hill nnd Severn heißen; 2. der St. Lorenz-Strom ist ein Abfluß der fünf großen Canadi- schen Seen (der Obere, der Michigan- sspr. Mitschigänn-s, der Hu¬ r'onen- sspr. Juhrön-s, der Erie- sspr. Jhri-s und der Ontario- sspr. Ontärio-s See); 3. die Atlantischen Küstenflüsse: Hudson (— Hödsn; New- Jork, spr. Nju-Jork), Dela ware (—Delawär; Philadelphia), Susqne¬ tz an na (— Söskihännä) in die Chesapeak-Bai (— Tschisepihk); 4. der Missisippi, der zweitgrößte Strom der Erde, kommt aus dem Itasca-See, sein Mündungsgebiet ist ein sumpfiges, vielarmiges Delta, welches 38 jährlich überschwemmt wird. Seine wichtigeren Nebenflüsse sind (rechts): der wasserreiche Missouri, der Arkansaö und Red River (—rother Fluß); (links): der Illinois (—Jllineis), der Ohio (—Ohmo; Cin¬ cinnati) mit dem Tenessee (— Tenneßih). (In Süd-Amerika:) 1. der Magdalenenfluß mit dem Cauca in das Antillen-Meer; 2. der Orinoko vom Hochlande von Guyana; 3. der Amazonenstrom oder Maranon, der größte Strom der Erde, nimmt eine Menge großer Flüsse aus den westlichen Hochgebirgen auf, ist gegen 3 Meilen breit, 600' tief, die Meeresfluth ist an 100 Meilen stromaufwärts, sein Wasser im Meere an 60 Meilen weit bemerkbar; mündet in zwei großen Armen, Maranon (12 Meilen breit) und Park (6 Meilen breit); 4. der San Francisco aus dem brasilianischen Hochlande; 5. der Rio d e la Plata, eigentlich ein Meerbusen, der ans dem Zusammenflüsse des Paraguay und der Paranü (mit dem Uruguay) gebildet wird. Vergleichende Uebersicht einiger Hanptflüsse Amerikas: Seen. — Nord-Amerika ist reicher an Seen als Süd-Amerika, es übertrifft hierin auch alle übrigen Erdtheile; die Süßwasserseen Nord-Amerikas enthalten mehr als die Hälfte des süßen Wassers der ganzen Erde. Alle diese Wasserflächen sind Fluß- oder Quellseeu, und nirgends ist in Nord-Amerika ein Steppensee von Bedeutung. In Süd-Amerika findet sich nicht dieser Seenreichthum, indem nur zwei größere Binnenseen nebst einer Anzahl kleinerer Steppenseen bekannt sind. Größe einiger Seen in Amerika. Der große Bärensee. 390 UW. „ Sclavensee. 490 „ „ Athapasca-See. 120 „ „ Winipeg-See. 55: „ „ Maracaibo-See . 281 „ „ Nicaragua-See. 242 „ „ Salzsee Titicaca. 240 „ Der Obere See 1518 oM. „ Michigan-See. 1124 „ „ Huronen-See. 1114 „ „ Erie-See. 446 „ „ Ontario-See. . 360 „ „ große Salzsee. 120 „ 39 Z. 24. Dro-hydrographische Nebersicht »on Australien. ») Orographic. Drei Viertheile des australischen Kontinentes sind noch gänzlich unerforscht, und selbst die von Europäern besuchten Landstriche sind nur zum kleineren Theile genauer untersucht. Auf dem Kontinente scheint das Flach¬ land vorzuherrschen; ans den Küstenlandschaften steigen isolirte Bergketten als Naud- und Küstengebirge auf, die sich jedoch weder durch Mannigfaltig¬ keit noch durch Großartigkeit auszeichneu. An der Südostküste ist das Berg land von Neu-Südwales (spr. Süduähls) eine Reihe schmaler Hochebenen nm Bergketten, die nach Norden ziehen (Australische Alpen; die blauen Berge; die Liverpool-Kette u. a.). Für das Dasein eines nördlichen Gebirgslaudes sprechen die in den Car- Pentaria-Golf mündenden, ziemlich bedeutenden Flüsse. An der Westküste streicht die Darling-Kette als Rand eines Tafellandes. Land¬ einwärts der Südküste besitzen wir nur wenige Andeutungen eines Gebirgslandes. Von den australischen Inseln gehört die Mehrzahl den hohen Gebirgsinseln an, theils mit erloschenen, theils mit noch thätigen Vulkanen. Die Ausbrüche der Vulkane auf einigen Inseln (insbesondere des Mauna Roa s12.600'j auf Owaihi) sind sehr heftig. Die niederen Inseln sind Korallen-Inseln, in deren Mitte gewöhnlich eine Lagune liegt, welche mit dem Ocean in Verbindung steht (Atolle oder Lagun en-Jnse ln), oder es sind Korallenriffe oder Korallenbänke. b) Hydrographie. Die hydrographischen Verhältnisse Neu-Hollands sind ebenfalls nur sehr wenig bekannt. Australien scheint der wasserärmste Erdtheil zu seiu; er besitzt nur wenig beständig fließende Gewässer. Die meisten Flüsse schwellen nur bei heftigen Regengüssen an; sonst trocknen sie zu einer Reihe zusammen¬ hängender Pfützen aus, oder versiegen bald nach ihrem Austritte ans der Berglandschaft. Sie zerstören vielmehr die Landschaft, als daß sie zu deren Befruchtung beitrügen. Die meisten bis jetzt bekannten Flüsse bieten die gleichen Erscheinungen dar: flaches, meist seenartig erweitertes Flußbett und viele Hindernisse für die Schifffahrt, wodurch das Vordringen in das Innere fast zur Unmöglichkeit wird. 1. Der bekannteste Fluß ist der Murray (spr. Mörreh), der aus dcu australischen Alpen kommt, vom Juni bis Januar das Land über¬ schwemmt, mit Dampfern befahren wird, und dessen ansehnlichster Neben¬ fluß der Darling ist; 2. der Schwane nfluß, im Westen des Kontinentes, mündet bei Perth in den indischen Ocean. Von Seen sind der Torrens in Süd-Australien und der Salzsee Gairduer im Westen des Vorigen bekannt. Ersterer liegt etwa 900'tiefer als das Meer, sein Boden ist mit Salzkrystallen bedeckt. Vergleichende Nebersicht einiger Höhen. Asien. Gaurisankar. Kinchinjmga . Dhawataairi Hindu Kho .. . Bcrgspihcn: 27.200' 26.400' 26.300' 19.000' Aconcagua. Chimborazo Popocatepetl Eliasberg .. Amerika. 21.800' 20.150' 16.600' 16.700' 40 Afrika. Kilimandscharo Pic de Teyde . Hoher Atlas (Bergspitzen:) Europa. 18.000' Monte Rosa. 14.300' 11.500' Ortelsspitze. 12.390' 10.700' Großglockner . >2.000' Monte Blanc 14.800' Hochland Tiibet „ Habesch „ Mexico (Hochflächen:) 12.000' Hochebene in Spanien. 2.000' 7.000' „ in Baiern.>.500' 7.000' „ in Siebenbürgen. 1 200' Städte: Potosi in Bolivia . Quito .-. - - Jerusalem. . . Madrid. München . 12.500' 9.000' 2.100' 2.000' 1.620' Wien Moskau Paris Berlin Kaudrnkmalc: 470' 360' 200' 110' Cheops-Ppramide 456' I Straßburger Münster . 438' Wiener Stephansthurm 445'. I!. Klima und Produkte der Erde. Z. 25. Wärine-Vrrhättnissc. Der Luftkreis (Luftocean) umhüllt die Erde bis zu einer Höhe von 8— 9 Meilen, gewissermaßen in Schichten, welche nach unten wegen des Druckes der übergelagerten au Dichtigkeit zuuehmen. Die Luft durchdringt überall den Erdorganismus; sie ist die Grundbedingung des Pflanzen-, Thier- und Menschenlebens. Der unterste Theil des Lnftoceaus, etwa bis zu 1 Meile Höhe, heißt Dunstkreis oder Atmosphäre. Die Luft besitzt, sowie alle Körper der Erde, ein gewisses, sehr oft wechselndes Maß don Wärme. Die jedesmalige fühlbare Wärme der Körper heißt ihre Temperatur. Die Temperatur der Erdoberfläche ist von der Wärmemenge abhängig, welche uns durch die Sonnenstrahlen zugeführt wird. Deßhalb gibt es eine tägliche und eine jährliche Periode der Tempe¬ ratur-Veränderung. Aus dem Grundsätze, daß Wärme die Körper ausdehnt und Kälte zusammenzielst, beruht das Thermometer (Rsaumnr fspr. Reomürs, Fahrenheit, Celsius). Um die Temperatur eines Ortes zu bestimmen, wird das Thermometer gewöhnlich 3 Mal im Tage beobachtet (6 Uhr Morgens, 2 Uhr Mittags und 10 Uhr Abends); diese durch Beobachtung gefundenen Größen werden addirt und durch 3 (die Anzahl der Beobach¬ tungen) dividirt; so erhält mau die mittlere Temperatur des Tages. In ana¬ loger Weise die mittlere Monats- und die mittlere Jahres-Temperatur. Das arithmetische Mittel aus den mittleren Temperaturen vieler Jahre gibt die mitt¬ lere Temperatur des Ortes. Die geringste Tageswärme ist etwa eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang; die größte im Winter beiläufig um 1 Uhr, im Sommer zwischen 2 und 3 Uhr Mittags. Die geringste Jsahreswärme fällt bei uns in die Mitte Januar, die größte in die zweite Hälfte Juli. Die Temperatur eines Ortes ist abhängig: u) von dessen geogra¬ phischer Breite,— b) von dessen Höhe über dem Meeresspiegel, und o) von anderen örtlichen Verhältnissen. u) Die Orte unter dem nämlichen Parallelkreise haben nicht immer gleiche Jahres-Temperatur. Verbindet man die Orte, welche gleiche mittlere 41 Jahres-Temperatur haben, miteinander, so erhält inan krumme Linien, welche Isothermen (Linien gleicher Wärme) heißen. Jene Linien, welche Orte von gleicher Sommerwärme mit einander verbinden, heißen Isotheren; durch Berbindung der Orte von gleicher Winterwärme erhält man J s ochi - menen. Jene Li-nie, welche die Orte der höchsten Temperatur mit ein¬ ander verbindet, heißt Wärme-Aegu ato r. Die kältesten Punkte ans der Erdoberfläche sind die Kälte-Pole, welche nicht mit den mathematischen Polen zusammenfallen. Die Isothermen lausen mit den Breitenkreisen nicht Parallel, nur unter den Wendekreisen ist dieses ziemlich der Fall. Den meisten Einfluß ans deren Krümmungen haben die Veriheiluug von Land und Wasser, große Gebirgsketten, Luft- und Meeres¬ strömungen. Die nördliche Halbkugel ist verhälluißmäßig wärmer als die südliche, Eu¬ ropa wärmer als Nord-Amerika (unter gleichen Breitegraden) u. s. w. Der Wärme- Aeqnator schneidet den mathematischen zweimal (im Meridian der Sandwichs - Insel Hawaii und in Hinter-Jndien, Singapore), trifft mit ihm bei Neu-Guinea zusammen, sonst lauft er mit verschiedenen Biegungen nördlich von dein mathematischen. — Bei¬ spiele von Iah re sw arme: Singapore (1° 17' n) — 26./' 6.; — Konstantinopel (41° n.) --- 13.7°; — Wien (48° 13' n.) ---- 10° 9'; Berlin (52° 31' n.) — 8° 6' ; — Petersburg (59° 56'n.) —3'5°; — n. s. w. Amerikanischer Kälte-Pol (77'//n., 78" w.); asiatischer (78'// n., 140'/, ö.); der südliche scheint vom mathematischen kaum abzuweichen. — Auch die Isotheren und Jsochimencn laufen weder mit den Breitenkreisen, noch mit den Isothermen parallel. d) Je höher ein Ort über dem Meere liegt, desto niederer ist im All¬ gemeinen seine Temperatur; denn die Luft wird unmittelbar durch die Sonne nur wenig erwärmt, die untersten Luftschichten erhalten vielmehr ihre Wärme fast ausschließlich von der Erde und theileu sie den oberen Schichten mit. Die unteren Schichten sind ferners dichter, deßhalb wärmer; die oberen dünner und kälter. In Folge dieser Wärmeabnahme kann man in jeder Zone bis zu einer Höhe gelangen, wo der Schnee das ganze Jahr gar nicht schmilzt. Diese Grenzlinie heißt SchneeliniesSchneegrenze, Region des ewigen Schnees). Die Schneelinie ist am höchsten unter dem Aeguator, nimmt von da gegen Norden und Süden ab, so daß sie. in den Polargegenden bis zur Meeresküste herabsinkt. In unseren Gegenden (43-50° n.) liegt die Schncclinie in einer Höhe von 9000' bis 8000'; —im Innern von Norwegen (61 -67" n.j ungefähr 3600', an den Küsten (71" n.)2200'; — in den Cordilleren von Quito (1—l'//s.) 15.000'. Im Mittel nimmt die Temperatur bei je 500—600' Höhe um 1" ab. Die Vegetation verliert an Mannigfaltigkeit, je mehr man sich der Schueelinie nähert; an die Stelle der Bäume treten staudenartige Gewächse, dann Gräser, Moose, Flechten. Die Spitzen hoher Berge endlich sind fortwährend mit Schnee bedeckt. o) Auf die Temperatur eines Ortes haben endlich besonders die Ver- theilung von Land nnd Wasser, die Richtung der Gebirgszüge und die herr¬ schenden Winde bedeutenden Einfluß, wodurch das Klima eines Ortes be¬ dingt wird. — Das Wasser erwärmt sich langsamer und kühlt sich auch langsamer ab; deshalb haben Küstculandschaften weniger kalten Winter und weniger heißen Sommer, also verhältnißmäßig geringeren Temperatnrwechsel, als weiter im Kontinente liegende Gegenden. Erstere haben oceanischeS (Insel-, Küsten- oder Seeklima), letztere kontinentales Klima. 8. 26. Winde. Dnrch Störung des Gleichgewichtes der Atmosphäre (in Folge der Wärmcunterschiede in verschiedenen Gegenden) entstehen Bewegungen der Luft, welche Winde genannt werden. Die Richtung der Winde wird 42 durch die Weltgegend bezeichnet, aus welcher sie kommen (Nord-, Ost-, Süd-, Nordost- rc. Wind; Windrose). Nach der Geschwindigkeit, mit welcher sich die atmosphärische Luft bewegt, unterscheidet man: Brisen oder sanfte Winde, mäßige Winde, Stürme, Orkane; letztere fast nur in den Tropen- gegenden. Nach der Zeit des Entstehens: regelmäßig-e oder unregel¬ mäßige; erstere sind Land- und Seewinde, Passate, Monsune. Das Land erwärmt sich bei Tage rascher und stärker als das Wasser, deßhalb zieht die kältere Seeluft landwärts (Seewind); das Wasser kühlt sich hingegen langsamer ab als das Land, deßhalb zieht der kältere Landwind des Nachts seewärts. — Die Passate wehen nördlich und südlich vom Aequator (bis etwa 25 — 30") das ganze Jahr hindurch, und zwar auf der Nordhalbe der Nordost-, auf der Südhalbe der Süd¬ ostwind. In dem Raume zwischen beiden Winden herrscht größteutheils Windstille, die jedoch häufig durch Orkane unterbrochen wird. Dieser Zwischenraum heißt die Region der Calmen. Die Passatwindeeutstehen dadurch, daß die Luft in den Aequatprial- Gegenden stark erwärmt wird, daher in die Höhe steigt, weßhalb in den oberen Luft¬ schichten eine Luftströmung vom Aequator nach den Polen, und in den unteren von den Polen nach dem Aequator entsteht (Pvlarströmung en). Es würde also auf der Nord¬ halbe ein Nordwind, aus der Südhalbe ein Südwind entstehen. Allein die Erde dreht sich in 24 Stunden um ihre Achse; ein Punct des Aequators legt in dieser Zeit einen Weg von 4500 geogr. Meilen zurück, an welcher Bewegung auch die Luft Antheil nimmt. Die Tropengegenden haben die größte Geschwindigkeit, die Luftmassen der kälteren Zone dagegen eine geringere; die Luft bleibt nun gegen Westen zurück, und es scheint als ob sie von Osten käme. (Aequatorial-Strömung en.) Aus der Polar-und Aequatorial- Strömung entsteht auf der Nordhalbe der Nordost-, auf der Südhalbe der Südost- Passat. — Die Monsune wehen ein Halbjahr aus der einen, das andere Halbjahr ans der beinahe entgegengesetzten Richtung in den Indischen Gewässern. Befinden sich nämlich die Küstenstriche Asiens und Afrikas zur Sommerszeit im Zustande der größten Erwärmung, so steigt die darüber ruhende Luft in anhaltendem Strome empor, so daß der Nordost-Passat stellenweise abgelenkt wird. Er wendet sich also nm und wird zum Südwest-Monsun des indischen Oceans, der von April bis October weht. Wird zur Winterszeit das Land nördlich vom Aequator kühler und die über ihm ruhende Luft dichter, südlich vom Aequator aber erfolgt ein lebhaftes Aufsteigen der Luft, dann strömt die kältere Luft vom Lande gegen das Meer, und es entsteht der Nordost- Monsnn, der vom November bis März weht. Unregelmäßige Winde wehen besonders auf der Nordhalbe nnd haben ihren Entstehungsgrund hauptsächlich in örtlichen Wärineverändcrungen der Atmosphäre. — Manche Winde sind der Gesundheit der Menschen, dem Leben der Thiere und dem Pflanzenwuchse schädlich, als: die heißen aus Afrika herüberwehenden Sirocco (in Italien), Solano (in Spanien); der sehr heiße nnd trockene Harmattan an den Westküsten Afrikas; der Chamsin und der Samum in Egypten. Letzterer herrscht besonders in der Sühara und ist der gefährlichste aller Winde. (Wirbelwinde; Sand- und Wasserhosen.) Z. 27. Lufterscheinungen. Die Atmosphäre ist der Schauplatz der Lufterscheinungen oder Meteore, welche in wässerige lThau, Reif, Regen, Schnee u. a.), in elektrische (Gewitter, Wetterleuchten u. a.) und in optische (Regen¬ bogen, Höfe, Nebensonnen und Nebenmonde, Luftspiegelungen slata luor§an^, Morgen- und Abendröthe u. a. eingetheilt werden. a) Die wässerigen Meteore nennt man auch den Niederschlag. Man unterscheidet fünf Niederschlags-Regionen: I. Region des flüssigen Niederschlags (Regenzone), in der es (mit Ausnahme bedeutender Gebirgs- Höhen) niemals schneit: sie liegt zu beiden Seiten des Aequators; — 2 die zwei Regionen des veränderlichen Niederschlages, wo der Niederschlag 43 im Sommer als Regen, im Winter als Schnee herabfällt; in den gemäßigten Zonen der nördlichen nnd südlichen Hemisphäre; — 3. die zwei Regionen des festen Niederschlages, d. h. des bloßen Schneefalles; um die Pole bis zu den Polarkreisen, und auf den über die Schneegrenze ragenden Gebirgs¬ höhen innerhalb der anderen Regionen. Die Regenmenge nimmt wie die Wärme vom Aequator nach den Polen ab, ebenso von den Meeresküsten nach dem Inneren der Kontinente. In den meisten Ge¬ genden der heißen Zone zerfällt das Jahr in die Regenzeit und in die der gänzlichen Trockenheit. Näher den Wendekreisen zu gibt es zwei Regenperioden. Je mehr man sich von der tropischen Zone entfernt, nm so gleichmäßiger vertheilt sich die jährliche Regenmenge aus das ganze Jahr; auf diese Vertheilung aber haben, sowie auch auf die Regenmenge selbst die örtlichen Verhältnisse einen sehr großen Einfluß ^Ombrometer; regenlose Zone; Zahl der Regentage au einem Orte). b) Die Gewitter. In der Zone der Passate (besonders auf dem Meere) ist der Himmel in der Regel heiter und wolkenlos. Nur in jenem schmalen Gürtel, welcher die Passate von einander trennt, kommen fast täglich die furchtbarsten Gewitter vor, und es heißt davon die Zone der ewigen Gewitter. Außerhalb dieser Zone ereignen sich die Gewitter in den Tropenländern meistens zur Regenzeit. In der gemäßigten Zone herrschen die Gewitter hanptsächlich in der wärmeren Jahreszeit, ihre Zahl und Stärke nimmt gegen die Pole und das Innere der Kontinente ab; sie sind häufiger an Gebirgsabhängen als in der Ebene; in der kalten Zone nur selten. Das Wetterleuchten ist theils der Widerschein von Blitzen eines fernen Gewitters, theils ein langsames und sanftes Entladen der Elektrizität. (Nordlicht; St. Elmsfeuer.) o) Die optischen Lichterscheinungen entstehen durch die Verände¬ rungen, welche das Sonnen- und Mondlicht in der Atmosphäre erleidet. Z. 28. Produkte der Erde. Boden und Klima sind die Erzeuger ver natürlichen Produkte der Erde, welche der Mensch dann mannigfach verpflanzt und veredelt. Alles, was die Erde hervorbringt, nennt man Naturprodukte. Man theilt diese ein in Produkte des Mineralreiches, des Pflanzenreiches und des Thierreiches. a) Die Mineralien sind Bestandtheile des festen Erdkernes. Ihre Ver¬ breitung ist an kein geographisches Gesetz gebunden; keine Zone hat eigen- thümliche, sie besonders kennzeichnende Gattungen; auch läßt sich über die vorhandene Menge einer Mineralgattung nichts Zuverlässiges angebeu. Mau theilt sie ein in Erden und Steine, Erze und Metalle (edle und unedle), brennbare Mineralien und Salze oder überhaupt lösliche Mineralien. Die Länder der heißen Zone sind reich an edlen Steinen und Metallen; die meisten nutzbaren Metalle und brennbaren Mineralien findet man iin gemäßigten Klima. b) Die Pflanzen sind das sicherste Kennzeichen für das wahre Klima; ihr Gedeihen hängt besonders von der Feuchtigkeit, dem Lichte und der Wärme ab. Die Pflanzenwelt erstreckt sich über die ganze Oberfläche der Erde, jedoch unendlich verschieden in der Menge der Arten und der Mannigfaltig¬ keit der Pflanzen. Von den Polen gegen den Aequator nehmen die Zahl der Pflanzenarten, die Mannigfaltigkeit und Schönheit der Formen und des Farbengemisches, die Frische, Kraft und Größe des Pslanzenlebens zu. In der heißen Zone herrscht die üppigste Vegetation; hier findet man die 44 meisten und größten Bäume; Gräser und Farrenkräuter werden baumartig; die Gewächse sind saftreich, viele haben lebhaft gefärbte und stark duftende Blüthen (Gewürze); einige tragen köstliche Früchte; die meisten Gewächse bleiben stets grün (perennirend). Inden mittleren Breitegraden schwinden Pracht und Fülle; die Laubbäume verlieren im Herbste ihre Blätter und bekommen sie im Frühlinge wieder; die Blüthen sind kleiner, die Früchte jedoch schmackhaft und nährend. In den kalten Zonen kommen nur mehr spärlich niederes Strauchwerk, Beeren und Moose vor. Jede Pflanze hat ihre ursprüngliche Heimath (das Vaterland) und ihren geographischen V e rbr e itu n g s b e z irk; jedem Erdstrich hat der gütige Schöpfer seine weit verbreitete Nahrungspflanze verliehen. Diejenigen Pflanzen, welche der Mensch zu irgend einem Zwecke erzieht, aubaut und mit Sorgfalt pflegt (kultivirt), heißen Kulturpflanzen. Viele Pflanzen hat der Mensch in Gegenden, wo sie ursprünglich nicht einheimisch waren, akklimatisirt, d. h. er hat sie unter Bedingungen gebracht, welche ihrem Gedeihen in dem neuen Batcrlande zusagen. Die Erdoberfläche wird nach horizontaler Richtung in Pflanzenzonen, und nach vertikaler in Pflanzenregionen eingctheilt. Der Inbegriff der Pflanzen eines Erdrau- ineS beißt dessen Flora — Vegetations-Grenzen der wichtigsten Pflrnzenarten. — Die Kulturpflanzen werden in verschiedene Gruppen eingciheilt: l. die Kulturpflanzen, welche dem Menschen die gewöhnliche Nahrung liefern, als: Getreidepflanzen, Reis, Mais, Kartoffel n. a.; — 2. welche Lnxns-Nahrungsstoffe liefern, als: das Zuckerrohr, der Kaffecbanm, der Theestrauch, der Zimmlbanm n. a.; — 3. welche geistige Getränke liefern, als: der Weinstock, mehrere Palmenarten u. a.; — 4. welche bloS zum Luxus benützt werden, als: Tabak, Mohn u. a.: — 5>. welche Bekleidnngsstofse liefern, als: die Lein-, Hanf-, Banmwollpflanze, neuseeländischer Flachs u. a.; — 6- welche Farbcstofse liesern, als: Indigo, Waid, Krapp, Safran, Farbhölzer n. a. e) Für die Verbreitung der Thierc gilt, wie bei den Pflanzen, das Gesetz, daß sie innerhalb der Tropen auf der höchsten Stufe der Entwicke¬ lung stehen, gegen die Pole aber sowohl an Größe, Stärke und Schönheit, als auch an Menge abnehmen. Nur die Seethiere folgen dem umgekehrten Gesetze; sie nehmen gegen die Pole an Umfang und Masse zu. In der Regel ist eine große Mannigfaltigkeit und üppige Entwicklung des Pflanzen¬ wuchses auch von einer entsprechenden Mannigfaltigkeit und Fülle der Thier¬ formen begleitet. Unter den Thieren der heißen Zone sind vorzüglich zu erwähnen: die Riesenthiere, wie der Elephant, das Nashorn, das Flußpferd, - die grimmigen Raubthiere Löwe, Tiger, Panther n. a.; viele Affenarten, Amphibien von ungeheuerer Größe und Stärke, wie Krokodile, Schlangen; unzählige gefährliche Insekten. Von den Vögel¬ arten gehören etwa °/>« den Tropen, darunter die größten (Strauß, Kondor) und mit dem buntesten Gefieder, lPfau, Paradiesvogel, Papagei, Kolibri); doch zeichnet sie jener angenehme Gesang nicht aus, wie die der gemäßigten Zone. Die gemäßigte Zone hat an reißenden Thieren nur den Wolf, Bär und Luchs; an anderen Jagd- thiercn den Hirsch, das Reh, den Hasen u. a ; die Amphibien und Insekten nehmen an Zahl und Schädlichkeit ab; dagegen werden viele nützliche Hausthiere gehalten, als das Pferd, das Rind, dassSchaf, der Esel u. a.; die Vögel sind meistens kleiner, mit minder schönem Gefieder, aber im ganzen sangreicher. Einige ziehen zur Winterszeit in wärmere Gegenden (Zugvögel). Die kalte Zone liefert hauptsächlich Pelzthiere wie den Zobel, das Hermelin; sie ist die Heimat des Rennthieres und des Eisbären; ihre Gewässer sind reich an Häringen, Robben und Fischottern, Wallrossen und Wall¬ fischen. Die Reptilien sind äußerst spärlich, dagegen schwärmen im kurzen Sommer ungeheuere Schaaren von Mücken n. dergl., da die Menge der Insekten weniger an die geographische Breite gebunden ist. Der Inbegriff der Thiere eines gewissen Erdraumes heißt dessen Fauna. Die Thiere haben ebenfalls ihre ursprüngliche Heimath und ihren Verb r e itnn g§bezirk. 45 Der Selbsterhaltungstrieb oder große Elementar-Ereignisse haben deren Verbreitnngs- bezirke ost ausgedehnt: noch häufiger hat sie der Mensch ihres Nutzens wegen in ferne Gegenden verpflanzt (HanSthiere). Unter verschiedenen Verhältnissen erleiden die Tbiere auch mancherlei Veränderungen. Das Schaf trägt z. B. in der gemäßigten Zone die feinste Wolle, in heißen Ländern wird sie grob; der Fuchs, desgleichen der Bär, ist in warmen Ländern dünn und grob behaart, nr kalten trägt er den weichsten Pelz u. s. s. Endlich hat auch jeder der zwei großen Kontinente seine eigene Thierwelt; doch sind die Formen ans dem alten Konlinente gewaltiger und kolossaler als auf dem neuen Kontinente. III. Politische Geographie. Die Völker. tz. 29 Die Bevölkerung der Erde im Allgemeinen. Der Mensch allein ist unter allen Geschöpfen ein Bürger der ganzen Erde. Ausgezeichnet durch äußere Gestalt, begabt mit geistigen Kräften, vermöge welcher er sich bis zu einem gewissen Grade die Natur dienstbar macht, ist der Mensch weder au eine bestimmte geographische Breite, noch an vertikale Erhebungen oder Vertiefungen, noch an bestimmte Nahrungs¬ mittel gebunden. Nur wenige Erdräume (die Polar-Jnseln und die höchsten Regionen der Gebirge) sind daher gänzlich unbewohnbar. Die Erde ist aber nicht bloß der Wohnplatz, sie ist auch der Schau¬ platz für die geistige und sittliche Entwickelung der Menschen. Wird die Erde von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, so heißt deren Beschreibung die politische Geographie. Die Zahl der Menschen ans der Erde genau zu bestimmen ist nicht möglich. Gewiß ist, daß dieselbe auf die verschiedenen Erdtheile und Länder sehr ungleich vertheilt ist. Ein Land hat ini Allgemeinen desto mehr Be¬ wohner, je leichter es dieselben ernähren kann. Gegliederte Erdtheile und am Meere gelegene Länder haben mehr Bewohner als solche, deren Küsten fast gerade Linien bilden. Weil die Gliederung den Verkehr unter den Menschen erleichtert, bietet sie dadurch eine reichere Quelle für die Ernährung. Ein Land, dessen Bodcnbeschaffenheit und Gewässer den Verkehr begünstigen, kann mehr Bewohner ernähren, als ein unwegsames, wasserarmes Land; ebenso fördert ein milder Himmelsstrich die Zunahme der Bevölkerung. Die Bevölkerung der Erde wird gegenwärtig theils nach Zählungen, theilS nach Schätzungen auf beiläufig l300 Millionen Menschen gerechnet, wovon annähernd auf Europa 280 Millionen, auf Asien 760, auf Afrika 200, auf Amerika 70 und auf Australien 4 Millionen kommen. H. 30. Die Bevölkerung Ker Erde nach ihren körperlichen Verschiedenheiten. Das Eine Menschengeschlecht pflegt man nach der Verschiedenheit der körperlichen Beschaffenheit in 5 Hauptstämme (Racen) einzutheilen; in den kaukasischen, mongolischen, äthiopischen, amerikanischen und malahischen Hanptstamm. I. Der kaukasische oder Weiße. Zu diesem gehören die Europäer (mit Ausnahme der Lappen und Finnen), West-Asiaten diesseits des Ob und des Kaspischen Meeres, theilweise sogar bis zum Ganges, die Nord-Afrikaner, 46 endlich die in Amerika und den europäischen Colonien wohnenden Europäer; zusammen beiläufig 370 Millionen. 2. Der mongolische: gelb, mit geschlitzten Augen, hervortretenden Backenknochen. Dazu gehören die Chinesen, Mongolen, überhaupt Asiaten, (mit Ausnahme der bei 1. Genannten und der Malahen); — zusammen über 520 Millionen. 3. Der äthiopische: schwarz, mit krausem Haar, vortretenden Kiefern, wulstigen Lippen, stumpfer Nase. Hieher gehören die afrikanischen Neger, zusammen 196 Millionen. 4. Der amerikanische: röthlich-braun, schwarzes, straffes Haar, breite aber nicht platte Gesichtsbildung, meist stark ausgeprägte Züge. Hie¬ her gehören die Ureinwohner Amerika's, gegenwärtig nur noch beiläufig eine Million. 5. Der malahische: braun, schwarzes Haar, breite Nase, großer Mund. Zu diesem gehören die Südsee-Jnsulaner, die Bewohner der Philip¬ pinen, Molukken, der Sunda-Jnseln, die Australier; zusammen etwa 200 Millionen. Es gehören somit von der Gesammtbevölkerung der Erde über 40°/^ dem mongo¬ lischen, an 29°/y dem kaukasischen, über 15°/y dem malayischen, 15°/„ dem äthiopischen und nicht ganz V, dem amerikanischen Hanptstamme an. K. 31. Die Bevölkerung der Erde nach ihren geistigen Verschiedenheiten. Die geistigen Verschiedenheiten unter den Menschen beziehen sich auf die Sprache, die Religion und den Kulturgrad. 1. Die Sprache. Man unterscheidet drei große Sprachenreiche: u) Die flectirenden Sprachen, in welchen den Worten durch innere Veränderung (Flexion) eine wechselnde Bedeutung gegeben wird; st) die flexionslosen einsilbigen Sprachen, in welchen die Worte unverändert bleiben, und alle grammatischen Formen durch Vorsetzworte, deren Stellung und den Zusammenhang des Sinnes angedeutet werden; o) die agglutinir enden (anleimenden) Sprachen, welche zwar keine Flexion haben, bei denen jedoch durch äußeren Zuwachs am Ende oder in der Mitte die Bedeutung des Wortes gewechselt wird. Die sle c tirenden Sprachen (oder der indo-europäische Sprachstamm), von der kaukasischen Race und von fast der Hälfte des Menschengeschlechtes gesprochen, sind am meisten ausgebildet (indisch, persisch, griechisch, lateinisch, italienisch, französisch, englisch, deutsch, slavisch, shrisch, chaldäisch, hebräisch, arabisch u. s. w.). — Die flexionslosen einsilbigen sprechen an 500 Millionen Menschen in China, Japan und dem größten Theile von Hinter-Jndien. — Die agglutinirenden Sprachen, zu welchen der Zahl nach die meisten gehören, bilden eine Mittelstufe zwischen den früher ge¬ nannten, und werden von vielen Völkerschaften in Asien und von einigen auch in Europa gesprochen (magyarisch, finnisch, lappisch, estnisch, türkisch, mongolisch, baskisch u. s. w.). Die Angaben über die muthmaßliche Anzahl der Sprachen wechseln zwischen 800 und 3000 nebst einigen Tausend Mundarten; doch ist deren Menge von keiner Be¬ deutung, weil einerseits manche Sprachen vielleicht nur von etlichen 20.000 Menschen gesprochen werden (in Amerika), anderseits breiten sich die Sprachen der kultivirten Völker immer mehr auf Kosten der ungleich zahlreicheren Sprachen der ungebildeten Völker aus. So sind z. B. die mehr als 100 einheimischen Sprachen der Amerikaner von drei europäischen (der spanischen, portugiesischen und englischen) zum Theil schon verdrängt worden. 47 2. Die Religion. — Das dem Menschen angeborne Gottesbewußtsein sucht Gott, und es hat nie ein Volk ohne Religion gegeben. Die Religion der Völker, oder die Art und Weise, wie sie ihr Verhältuiß zn Gott auffassen, ist nach dem Grade der Gesittung, sowie nach der historischen Entwickelung und Heranbildung verschieden. In der politischen Geographie theilt man in dieser Beziehung das Menschengeschlecht in zwei Classen: Bekenner Eines Gottes oder Mo¬ notheisten, und Bekenner mehrerer Gottheiten oder Polytheisten. Zu den Ersteren gehören die Christen, Inden und Muhamedaner; die Letz¬ teren nennt man Heiden. Die Bevölkerung der Erde vertheilt sich (nach Millionen gezählt) in: 1. Christen . 335 Von den Christen sind: 2. Juden ....... 5 römisch-katholisch . . . .170 3. Muhamedaner.160 Griechen ...... 76 4. Heiden. 800 Protestanten ..... 89 Zum Christcnthume bekennen sich in Europa über 262, in Amerika an 68 (unter 70), in Asien zwischen 10—11, in Afrika an 4 und in Australien an 2'/2 Millionen Menschen. Die Juden leben in allen Erdtheilen unter fast allen ansässigen Völ¬ kern zerstreut. In Europa können iO/2 Millionen, in der asiatischen Türkei mindestens 350.000 angenommen werden. Sie leben auch in den übrigen Theilen Asiens, in Nord-Afrika, Australien, auf den Südsee-Jnseln und in Amerika (etwa 100.000). Mohamcdaner wohnen in Europa etwa 6'/2 Millionen, in Asien 50, in Afrika an 100 (nach Barth's Annahme) Millionen. In Amerika und Australien ist deren Zahl nur gering. Unter den Heiden sind der Buddha'tsmns und der Brahma Is¬ mus die verbreitetsten Religionen (an 600 Mill.); jener in Hinter-Jndien, aus deu malahischen Inseln, in China und Japan; dieser in Vordcr-Jndicn. — Die mongolischen Völker bekennen sich zum Schamanenthum, einem von Zauberwahn und Dämoneufurcht befangenen Geisterdienst. — Die niederste Stufe des Heidenthums, der Fetischdienst, welcher Gegenstände der be¬ lebten und unbelebten Natur bis zu Klötzen und Holzpuppen herunter für Kultusobjecte nimmt, findet sich nur noch bei Negern. 3. Der Kulturgrad. — Die verschiedene Lebensweise und die Kultur¬ stufe der Völker beruht hauptsächlich auf dem Begriffe des Eigeuthumes. Man unterscheidet: a) Völker ohne Eigenthum, und st) Völker mit Eigen- thum. Zu den ersteren gehören die Sammel-, Jäger und Fischeroölker; zu den zweiten die Wandervölker und die ansässigen Völker. u) Auf der untersten Stufe stehen die Sammel- oder vegetirenden Völker, welche von wilden Pflanzen und Thieren leben, wie sie ihnen eben vorkommen, und wenn der Nahrungstrieb sie zum Aufsuchen von Nahrungs¬ mitteln drängt. Die Jäger- und Fischervölker stellen bisweilen mit großer Gewandtheit den Thieren des Waldes und Wassers nach, erwerben sich die Mittel zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse stets von Neuem, haben kein bleibendes Besitzthum, vereinigen sich nur widerstrebend zn größeren Gesell¬ schaften, und ihre Geisteskräfte gelangen daher zu keiner höheren Entwickelung. st) Die Lebensweise der Wandervölker (Hirtenvölker, Noma den) ist eine friedlichere. Sie zähmen nnd nähren die Thiere, ihr Lebensunterhalt 48 ist weniger dem Zufall ausgesetzt, cS entwickeln sich die ersten Begriffe von Eigenthum und geordneten geselligen Verhältnissen; die Betrachtung der Natur belehrt und erhebt Geist und Gemüth. Doch folgt der Nomade mit seinem beweglichen Zelte der weidesuchenden Heerde von Steppe zu Steppe; er hat keine Heimath; die feindseligen Reibungen der Nomadenstämme unter einander halten sie noch aus einer niederen Kulturstufe. — Vom Hirtcnleben zum Ackerbau ist ein kleiner Schritt. Mit den festen Ansiedlungen beginnt die zusammenhängende Kette der menschlichen Entwickelung und der geordneten Verhältnisse. Der Ackerbau mit der Viehzucht begünstigt das Zusammenleben Vieler und begründet feste Wohnsitze und Ortschaften. Das Bedürfniß der uothigen Gerüche und Werkzeuge ruft das Handwerk her¬ vor, welches zuerst die nothweudigen, dann die nützlichen nnd endlich luxu¬ riöse Gegenstände für Wohnung, Bekleidung und Bequemlichkeit liefert. Der Uebcrfluß an Produkten der Natnr oder des Gewerbesleißes führt zu fried¬ lichem Verkehr, zum Handel mit den benachbarten, dann auch mit ent¬ fernteren Völkern. An die Befriedigung der bloß leiblichen Bedürfnisse knüpft sich in der Folge auch das Streben nach Befriedigung der geistigen; die Fähigkeiten des menschlichen Geistes entwickeln sich in Wissenschaft und Kunst zur höchsten Stufe der Kultur eines Volkes. Sammelvölker findet man ans Neu-Holland, ans einigen austra¬ lischen Inseln, vielleicht auch im Innern von Afrika. Jägerhorden streifen in Amerika (in den Hudsons-Bai-Ländern, im Innern des amerikanischen Kontinentes); zu den Fisch er Völkern gehören mehrere Stämme am arktischen Polarmeere und auf der Inselwelt Australiens. Wandervölker trifft man in Europa, Amerika und Australien fast gar nicht; dagegen sind sie zahl¬ reich auf den ausgedehnten Steppen Asiens und Afrikas. Fast V« der ge¬ stimmten Menschheit führen die Lebensweise der ansässigen Völker. k. Die Staaten. Z. 32. Die Ataatsmrhältnisse. Die ansässigen Menschen haben sich in Gesellschaften unter bestimmten Gesetzen vereinigt, um in äußerer Ruhe und Sicherheit zu leben und ihren physischen und geistigen Interessen materiellen Schutz zu verleihen. Diese Gesellschaften heißen Staaten. Für die Ertheilung und Vollziehung der Gesetze, für den Schutz der Personen und des Eigenthumes, für die Beförderung der öffentlichen Wohl fahrt des Staates im Allgemeinen sorgt die Regierung. Diese zerfällt in die Staat s ver fassung und Staatsverwaltung. Jäger-, Fischer- und Hirtenvölker bilden keine Stauten. Die einzelnen Familien leben unter der väterlichen (Patriarchalischen) Leitung von Familieuältestcu oder Häuptlingen. Die Form der Regierung heißt Verfassung. Ist die Regierung einem einzigen Oberhaupte anvcrtraut, so ist sie eine monarchische; wird die höchste Staatsgewalt voin Volke selbst uud durch die von ihm selbst ge¬ wählten Beamten (gewöhnlich mit einem verantwortlichen Präsidenten an der Spitze) ausgeübt, so ist sie eine republikanische. Erstere Staaten heißen Monarchien (Kaiserthum, Königreich, Herzogthum u. s. f.), letztere Re publiken. Eine Monarchie heißt erblich, wenn sich die höchste Gewalt in der Familie des Regierenden (Dynastie) forterbt; wird nach dem Ableben 49 des Monarchen ein Anderer an seine Stelle gewählt, so heißt sie ein Wahl re ich (z. B. der Kirchenstaat). Verwaltet der Monarch die Regierung selbst, nach Gesetzen, denen er selbst mit unterworfen ist und durch nur ihm allein verantwortliche Behörden, so heißt die Regierung eine unumschränkte (absolute) Monarchie? ist durch organische Grundgesetze (Constitution, Charte) die Gesetzgebung und die allgemeine Controle der Staatsverwaltuug zwischen dem Monarchen und den Vertretern einzelner Stände oder des gesummten Volkes getheilt, so nennt man sie eine eingeschränkte (kon¬ stitutionelle) Monarchie. Kann ein Monarch willkürlich über Besitz, Freiheit und Leben seiner Uuterthanen verfügen, ist er dabei an kein Gesetz, höchstens an ein gewisses Herkommen gebunden, so ist die Regierung eine despotische, der Staat eine Despotie. Die Republiken (Freistaaten) heißen demokratische, in denen die Gesammt- heit des Volkes durch ihre gewählten Vertreter die höchste Staatsgewalt ausübt; arist o- kr arische, in denen zur Verwaltung der Staatsangelegenheiten nnr ein bestimmter Kreis von Familien berusen ist. Die Ausartung der ersteren ist Ochlokratie ?Pödel- Herrschast), ein Zustand, der jedem gesetzmäßigen und geordneten Staatsleben bald ein Ende macht; die Ausartung der zweiten ist Oli g archie, die widerrechtliche Anmaßung der Herrschaft durch einige Gewalthaber. Die Staatsverwaltung ist die Ausübung der Staatsgewalt, um den gesetzlichen Zustand zur Erhaltung und Fortentwicklung des Staatslebens zu leiten. Das Staatsoberhaupt bedient sich zu diesem Zwecke einer Anzahl von Behörden, denen ein bestimmter Geschäftskreis zugewiesen ist. Diese sind theils Centra lbehörden, die höchsten, um das Staatsoberhaupt ver¬ sammelten, welche die Geschäfte des Gesammtstaates leiten; theils Pro¬ vinzialbehörden, welche den Centralbehörden untergeordnet sind und die Staatsgeschäfte innerhalb eines bestimmten Verwaltungsgebietes und Ver¬ waltungszweiges besorgen. Das Verhaltniß, in welchem ein Staat zu anderen Staaten steht, ist entweder ein se l bst ständiges und unabhängiges (souveraine Staaten), d. h. der Staat ist in Hinsicht auf innere Verwaltung und äußere Verhält¬ nisse von keinem anderen Staate abhängig; ist dieses nicht der Fall, so heißen sie Halbsouveraine Staaten. Vereinigen sich Staaten zu einem immerwährenden Bunde, so heißen sie conf öderirte (Staatenbund); wenn sie sich nnr zu einem bestimmten Zwecke auf unbestimmte Zeit verbinden, alliirte Staaten. Jene Wissenschaft, welche das innere und äußere Leben der Reiche und Staaten im Kreise der Gegenwart darstellt, heißt Staat en künde oder Statistik (im weiteren Sinne). Z. 33. Europäische Staaten. 1. Kaiserthum Oesterreich. Das Kaiserthum Oesterreich liegt in der nördlich-gemäßigten Zone, fast in der Mitte von Europa. Es ist an 11.762 geogr. ^Meilen groß und überwiegend gebirgig. Beiläufig drei Viertel der Bodenfläche gehören dem Berglaude an; doch dehnen sich auch weite Ebenen und viele Thaler aus, welche dem Lande eine große Mannigfaltigkeit verleihen. Im Süden und Westen der Donau erheben sich die Alpen; längs dem adriatischeu Meere breitet sich der Karst aus; im Flußgebiete der Elbe ziehen sich an den Neichsgrenzen der Böhmerwald, das Fichtel-, Erz- und Riesen- Klun, Geographie. 6. Aufl. 4 50 geb ir g e hin; in den Flußgebieten der Weichsel und des Dnjestr bilden die Karpathen einen großen Halbbogen. Die Flüsse ergießen sich in vier Meere. Die Donau und der Dnjestr in das Schwarze, die Etsch und der Po in das Adriatische Meer, der Grenzfluß Rhein und die Elbe in die Nordsee, die Oder und Weichsel in die Ostsee. Der größte Theil der Monarchie gehört zum Flußgebiete der Donau. Im Süden bespült das Adriatische Meer den Kaiserstaat. In den Alpenländern sind die meisten, in Ungarn die zwei größten Seen. Oesterreich ist mit den mannigfaltigsten Produkten aus den drei Natur¬ reichen ausgestattet. Der Boden ist größtentheils sehr fruchtbar. Den größten Reichthnm des Landes bildet die Landwirthschaft, welche an fünf Sechstel der Bewohner beschäftigt. An Mannigfaltigkeit der Produkte des Mineral¬ reiches wird es von keinem europäischen Staate übertroffen. In der stei¬ genden Industrie sind erfreuliche Fortschritte bemerkbar und der Handel im Inneren des Reiches wie mit dem Auslande gewinnt an Ausdehnung. Für die sittliche und geistige Veredlung sorgt die Regierung; in allen Zweigen der Kultur findet ein Aufschwung statt. Von den mehr als 36 Millionen Einwohnern sind über 8 Millionen Deutsche, 15 Millionen Slaven, 5 Millionen Romanen (zur Hälfte Italiener, zur Hälfte Romanen), 5 Millionen Magyaren, dann noch andere Stämme. Die überwiegende Mehrzahl (über 24 Millionen) bekennt sich zur römisch- katholischen Kirche; über 6^ Millionen sind Griechen; über 3 Millionen Protestanten, dann verschiedene christliche Sekten; über k Million Juden. Das Kaiserthum besteht ans achtzehn Königreichen und Ländern und der Militärgrenze: 1. Erzherzogthum Oesterreich: k. Land unter der Enns (Nieder-Oesterreich): Wien (Donan, 575.000 E.), Reichshaupt- und Re¬ sidenzstadt des Kaisers (Franz Josef I.), Sitz der höchsten Reichsbehörden, Mittelpunkt des geistigen, industriellen und kommerziellen Lebens der Monarchie; Wiener-Neustadt; Baden, Schwefelbäder; St. Pölten; Krems. 2. LandobderEnns (Ober-Oesterreich): Linz (Donau, 27.000 E.), viel Industrie; Steher, Eisen- und Stahlwaaren; Gmunden (Gmundner See); Ischl, Badeort. Das „Salzkammergut". 3. Herzogthnm Salzburg: Salzburg (Salza, 17.000 E.), Erzbis- thum; Halle in, Salzgewinnung; Gastein, Badeort. 4. Herzogthnm Steiermark: Graz (Mur, 63.000 E.), Universität, Industrie; Bruck (Mur), Eisenindustrie; Leoben, Bergschule; Mar¬ burg; Cilli. 5. Herzogthum Kärnthen: Klagenfurt (Glan, 13.000 E.), Industrie; Villach, Bleihandel; Wolfsberg, Eisen. 6. Herzogthum Krain: Laibach (Laibach, 2k.000 E.), Jdria, Queck¬ silber; Adelsberg, Karsthöhlen; Krainburg. 7. Das Küstenland: Triest (am Meere, 105.000 E.), wichtige Handelsstadt, Lloyd; Görz (Jsonzo); —(in Istrien:) Capo d'Jstria und der Kriegshafen Pola (am Meere). 8. Gefürstete Grafschaft Tirol mit Vorarlberg: Innsbruck (Inn, 14.000 E.); Brixen; Botzen, Handelsplatz; Tri en t und Ro ver cdo, Seide; Bregenz (am Bodensee); Feldkirch. 9. Königreich Bö h m e n: Prag (Moldau, 143.000 E.), älteste Universität Deutschlands, Denkmäler und Prachtgebäude, schwunghafte Industrie; Rei- 51 chenberg und Pilsen, sehr industriereiche Orte; Leitmeritz; Karls¬ bad, heiße Quellen; Budwe is. .— Sehr wichtiger Bergbau auf Silber. 10. Markgrafschaft Mähren: Brünn (Schwarzawa und Zwittawa, 59.000 E.), wichtige Industriestadt, Tuch; Olmütz; Znaim; Jglau. I I. Herzogthnm Schlesien: Trosipau (Oppa, 13.000 E.); Tesch en; Bielitz. 12. Königreich Galizien und Lodomerien: Lemberg (70.000 E.)< Universität; Krakau (Weichsel), Universität, Denkmäler; Bochnia und Wieliczka, Salzgewinnung; Brodh, Handel; Tarnow. 13. Herzogthnm Bukowina:Czcrnowitz (Pruth,26.000E.); S u c z awa. 14. 'Königreich Ungarn mit der Wojwodina: Ofen (Donau); Pest, Universität, Industrie, Handel (zusammen 187.000 E.); Pr eßbnrg, Krönungsstadt; Komo rn; Gran (alle vier an der Donaust Dom, Erzbischof und Primas von Ungarn; Erlau; Kaschau (Hernad); Sch emnitz, Gold, Berg-Akademie; Debreczin, Jahrmärkte; Tokah, Weinbau; Groß- wardein; Arad; Oedenburg. In der Wojwodina: Temesbnr (Bega); Wersez; Zombor. 15. Königreich Kro atien u. S lavonien: Agram (Save, 16.000 E.); Essek (Drave); Fiume (am Meere); Karlstadt. Warasdin. 16. Großfürstenthum Siebenbürgen: Hermannstadt (18.000 E.); Kronstadt, Industrie und Handel; Klausenburg. 17. Königreich Dalmatien: Zara (7.000 E.); Spälato, römische Alterthümer; Nagusa, Cattaro (alle am Meere). 18. L ombardisch-V enetianisches Königreich: Venedig (in den Lagunen, 118.000 E.), Markuskirche, Dogenpalast, Paläste und Monumente, Industrie und Handel; Padua, Universität, Vaterstadt berühmter Männer; Vicenza; Verona und Mantua, Festungen; Udine. 19. Militärgrenze: Peterwardciu und Semlin (Donau); Carlo Witz, griechischer Patriarch. 2. Deutschland. Deutschland ist ein Staatenbund von fünfunddreißig selbstständigen Staaten. (Grenzen?) Der südliche Theil ist Alpenland, diesem ist nord¬ wärts die süddeutsche Hochebene vorgelagert, aus welcher sich mehrere Gebirgszüge erheben; die Hochebene senkt sich zum norddeutschen Flach- und Tieflande herab. Zahlreiche Flüsse bewässern das Land, als: Donau, Rhein, Elbe, Weser, Ems, Oder. Der Süden und der Norden sind reich au Seen. Deutschland ist im Allgemeinen ein sehr fruchtbares Land; der fleißig bebaute Boden bringt alle Produkte der gemäßigten Zone hervor, die meisten über den Bedarf der Bewohner. Gleicher Sorgfalt erfreut sich die Vieh¬ zucht. Deutschland, der Begründer des wissenschaftlichen Bergbaues, besitzt mannigfaltige Produkte aus dem Mineralreiche. Die gewerbliche Thätigkeit hat in mehreren Staaten eine hohe Stufe der Vollkommenheit erreicht. Die günstige Lage nnd der Reichthum an Natur- und Knustprodukteu vermitteln und befördern den Handel. In geistiger Entwickelung gehören die Deutschen zu den gebildetsten Völkern der Erde. Die Bevölkerung, nahezu 45z Millionen (inbegriffen die österreichisch¬ deutschen Kronländer), gehört zum größten Theile (über vier Fünftel) dem deutschen Stamme an. Dem Glaubensbekenntnisse nach sind etwa drei Fünftel römisch-katholisch (Süd-Deutschland) und zwei Fünftel Protestanten (Nord- Deutschland). 4* 52 Zum deutschen Staatenbunde gehören: (a) Süd-Deutschland: 1. Kaiserthum Oesterreich (die früher von 1—II genannten Reiche und Länder). 2. Königreich Baiern: München (Isar, 148.200 E.), Haupt« und Residenzstadt, schöne Gebäude, reich an Kunst und Alterthumssammlungen; — Regensburg (Donau); — das gewerbreiche Nürnberg (Pegnitz); — Augsburg (Lech), alte Handelsstadt; — Würzburg (Main), Uni¬ versität; — Speher (Rhein), Dom. 5. Königreich Würtemberg: Stuttgart (Neckar, 61.300 Einw.), Haupt- und Residenzstadt, Industrie; — Tübingen (Neckar), Universität; — Ulm (Donau), Dom, Schifffahrt. 4. Großherzogthum Baden: Karlsruhe (27.000 E.), Haupt- und Re¬ sidenzstadt; — Mannheim (Neckar-Rhein), Industrie und Handel; — Heidelberg (Neckar), Universität; — Freiburg (im Breisgau), Erzbis- thum, katholische Universität; — Cvnstanz Bodensee). 5. Fürstenthum Liechtenstein: Baduz (Rhein). (b) Wcst-Tcutschland: 6. Churfürstenthum Hessen-Cassel: Cassel (Fulda, 39.000 C.), Hauptstadt; — Marburg (Lahn), Universität; — Fulda (Fulda), be¬ rühmte Abtei; Hanau (Kinzig und Main), Industrie. 7. Großherzogthum Hessen-Darmstadt: Darmstadt (32.400 E.), Industrie; — Mainz (Main-Rhein), Bundesscstung; römische Alterthümer; Gutenberg, Erfinder der Buchdruckerkunst (1436); — Worms (Rhein), Dom; — Giessen, Universität. 8. Landgrafschaft Hessen-Homburg: Homburg (7000 E.). 9. Herzogthum Nassau: Wiesbaden (21.200 E.). Biel und aus¬ gezeichneter Rheinwein. 10. Fürstenthum Waldeck: Arolsen (2300 E.), Pyrmont. 11. Großherzogthum Luxemburg und Herzogthnm Limburg: Luxemburg (13.200 G.), Mastricht. (c) Mittel-Deutschland: 12. Königreich Sachsen: Dresden (Elbe, 128.200 E.), Residenz; Kuustschätze; — Leipzig, Universität, Buchhandel; — die gewerbreichen Städte: Zwickau, Chemnitz, Bautzen. 13. Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach: Weimar (Ilm, 14.000 E.); — Jena (Saale), Universität; — Eisenach. 14. Herzogthum Sachsen - Meiningen - Hildburghausen: Meiningen (Werra, 7000 E.), Hildburghausen. 15. Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha: Coburg (10.700 E.), Gotha. 16. Herzogthum Sachsen-Altenburg: Altenburg (17.200 E.). 17. Fürstenth.Schwarzburg-Sondershausen: Sondershausen (6000 E.). 18. Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt: Rudolstadt (5800 E.). 19. Fürstenthum Reuß, ältere Linie: Greiz (7000 E.). 20. Fürstenthum Neuß, jüngere Linie: Schleiz (6000 E.), Gera. (>>) Nord-Dciitschlaiid: 21. Königreich Preußen (5103 ^M., I8x Mill. Einwohner) u) Provinz Brandenburg: Berlin (Spree, 550.000 E.), Residenz; wissen¬ schaftliche und Kunstsammlungen, Industrie; Potsdam, Fr an k furt an der Oder. 53 s) Provinz Pommern: S t e ttin (Oder-Ostsee), Stralsund (Ostsee), a) Provinz Schlesien: Breslau (Oder), Görlitz. ä) Provinz Sachsen: Magdeburg (Elbe), Halle (Saale), Erfurt, a) Provinz Westphalen: Münster, Minden (Weser). t) Rhein-Provinz: Düsseldorf (Rhein), Aachen, Eöln, berühmter Dom (Rhein); — Koblenz (Mosel-Rhein), Elberfeld, Krefeld. Z) Provinz Preußen: Königsberg (Pregel), Danzig (Weichsel-Ostsee). I>) Provinz Posen: Posen (Warthe), Ä r o m b e rg. i) Fürstenthum Hohenzollern, Sigmaringen, Hechingen. 22. Königreich Hannover: Hannover (Leine, 71.200 E.), Göttin gen, Universität. 23. Großherzogthum Oldenburg: Oldenburg (Hunte), Eutin. 24. Großherzogthum Braunschweig: Braunschweig (Ocker, 12.000 E.), W o l f e n b ü t t e l. 25. Fürstenthum Lippe-Detmold: Detmold (5300 E ). 26. Fürstenthum Lippe-Schaumburg: Bückeburg (4000 E.). 27. Herzogthum Anhalt-Dessau-Köthen: Dessau (14.000 E.), Zerb st. 28- Herzogthum Anhalt-Bernburg: Bernburg (11.000 E.). 29. Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin: Schwerin «Schweriner See; 22.200 E.). 30. Großherzogth. Mecklenbnrg-Strelitz: Strelih (Zirker-See, 7.400E.). 31. Herzogthum Holstein und Lauenburg: Glückstadt, Altona (Elbe), Kiel (Ostsee). Lauenburg. 32—35. Die freien Städte Frankfurt am Main (Bundesstadt, 76.000 E. ; Lübeck (Trave-Ostsee, 32.000 E.); Bremen (Weser, 67.300 E.), Hamburg (Elbe, 179.000 E.). 3 Die Schweiz. Die schweizerische Eidgenossenschaft ist ein Staatenbund von fünfund¬ zwanzig souverainen Cantonen (Republiken), begrenzt von Frankreich, Italien, Oesterreich und Süd-Deutschland. Das höchste Gebirgsland in Europa. Zwischen dem Alpenlande und dem Jura breitet sich die Hochebene vom Genfer- bis zum Bodensee aus. Großartige Alpennatur, reich an Seen (Genfer-, Boden-, Vierwaldstätter-, Neuenburger-See u. a.) und an fließen¬ den Gewässern (Rhein, Rhone, Aar, Limmat, Neuß). Die Landwirthschaft deckt, wegen der vielen Gebirge, Gletscher und sonstigen nicht anbaufähigen Strecken, nicht den Bedarf des Landes an Getreide; musterhafte Viehzucht; schwungvolle Industrie; lebhafter Handel, selbst nach den anderen Erdtheilen. Die Bevölkerung (2,500.000) im Norden und Osten deutsch, im Süden italienisch, iin Westen französisch. Mehr Protestanten als Katholiken. Be¬ deutendere Orte: Bern (Bundesstadt, 29.300 E.), Zürich (Universität, Polytechnikum, große Industrie), Genf, Lausanne (spr. Losann'), Basel, Luzern, St. Gallen, Chur, Aarau. 4. Italienische Staaten. Die apenuinische Halbinsel oder Italien ist zum größeren Theile (an vier Fünftel), Bergland. Im Norden und Westen ziehen die Alpen; durch die Halbinsel bis zur Südspitze die —Po-Ebene, die toscanische, eampanische, apulische Ebene. — Die Vulkane Vesnv nno Aetna. — Die Halbinsel wird vom Mittelländischen und Adriatischen Meere bespült. Be¬ deutende Flüsse: Po, Arno, Tiber, sonst meistens Knstenflüsse. Eintheilnng in Ober-, Mittel- und Unter-Italien. In Ober-Italien: Reis, Mais, 54 Weizen, Maulbeerbaum; in Mittel-Italien: Oelbaum, Südfrüchte, Süßweine; Unter-Italien: Südfrüchte, Baumwollstaude. Ackerbau vielfach vernachlässigt; Viehzucht iu Ober- und Mittel-Italien nennenswerth. Bergbau unbedeutend; deßgleichen (mit wenigen Ausnahmen in Ober-Italien) die Industrie. Der Handel noch immer erheblich, obwohl von der hohen Stufe im Mittelalter herabgesunken. Der allgemeine Stand der geistigen Kultur ein verhältnißmäßig geringer. Knnstschütze und römische Alterthümer. -st Ober-Italien: 1. Königreich Sardinien (über 7 Mill. E.): Turin (Po,205.000 E.), Genna, Hafenstadt, Mailand, Pavia; Insel Sardinien. 2. Fürstenthum Monaco (7700 E.): Monaco. 3. Herzogthum Parma (500-000 E.): Parma, Piacenza. 4. Herzogthnm Modena (600.00 E.): Modena. b) Mittel-Italien: 5. Großherzogthum Toscana (1,800.000 Einw.): Florenz (Arno, l 15.000 E.), eine der schönsten Städte Europas; Lucca, Livorno, Hafen¬ stadt; Insel Elba. 6. Kirchenstaat (3,100.000 Einw.): Rom (an der Tiber, 197.000 E.), die „ewige" Stadt, Residenz des Papstes, Mittelpunkt der christlichen Welt; ehemals Hauptstadt des heidnischen Römerreiches; Kunstschätze, Alterthümer; — Ancona (Seestadt), Bologna, Ferrara, Ravenna. 7. Republik San Marino (8000 Einw.): San Marino. e) Niiter-Jtalien: 8. Königreich beider Sicilien (8,700.000 E.): Neapel (447.000 E.), größte Stadt Italiens, prachtvolle Lage am Meere; Kunstdenkmale, Lazzaroni, Vesuv. — Caserta, Reggio. Insel Sicilien: Palermo, griechische Alterthümer; viel Industrie und Handel; — Messina. 5. Pyreniiischc Halbinsel. Ein abgeschlossenes Hochland; im Norden die Pyrenäen; parallele Ge¬ birgszüge im Inneren. Flüs se: Ebro, Duero, Tajo (spr. Tacho), Guadiana, Guadalquivir. — Verhältnißmäßig wenig Ackerbau; wichtige Schafzucht und andalusische Pferde; ansehnlicher Bergbau; ausgezeichnetes Seesalz; wenig Industrie; der Handel beginnt sich wieder zu heben. —Bewohner: Katho¬ liken (16^ Millionen). n) Königreich Spanien: Madrid (282.000 E.), Residenz der Königin; Sevilla (—Sewilja); Cadix ( — Kadis), berühmter Seehafen; Ma¬ laga, Weinbau; Barcelona, starke Festung; Gibraltar, Festung (seit 1704 den Engländern gehörig). Die Balearischen Inseln Ma- lorka und Menorka. b) Königreich Portugal (3ij Mill. Einw.): Lissabon, (276.000 E.), herrliche Lage an der Mündung des Tejo (spr. Tetscho), Residenz¬ stadt; — Oporto, Weinhandel. 7- Kaiscrthum Frankreich. Vom Atlantischen Ocean und dem Canal bis zum Rhein, Jura, den Alpen und Pyrenäen. — Gebirge: die Alpen, der Jura, die Sevenneu, die Pyrenäen. — Flüsse: Loire (—Loar), Seine (Sehn), Garonne, Rhone, 55 Rhein. — Landbau im Aufschwünge, aber nicht ausreichende Getreidepro- duction; Reichthum an Wein, Oel, Seide. — Viehzucht und Bergbau für den Bedarf nicht genügend. — Die Industrie bedeutend in eleganten, ge¬ schmackvollen Fabrikaten; der Handel schwunghaft. — 10.000 ^M., Bevöl¬ kerung 37^ Millionen) katholisch. — Paris (1H Millionen Einwohner), kaiserliche Residenz, reich an wissenschaftlichen und Kunstinstituten, Industrie und Handel; prächtige Paläste; —Lyon, Seidenindustrie; Orleans und Nantes (spr. Nant) an der Loire; Bordeaux (spr. Bordoh), Wein¬ handel; — Straßburg (Rhein), berühmter Dom; Marseille und Toulon, wichtige Seestädte am Mittelmeere. — Auf der Insel Corsika: Ajaccio, Geburtsort Napoleons I. 7. Königreich Belgien- Zwischen Frankreich, Deutschland, den Niederlanden und der Nordsee. Meist Ebene, nur im Süden gebirgig (Ardennen); Flüsse: Maas und Schelde. — Das Land ist fruchtbar, sehr gut angebaut; doch reicht die Produktion für die dichte Bevölkerung (4H Mill, auf 537 ^Meilen) nicht aus; großer Reichthum an Steinkohlen; — blühende Industrie (Maschinen, Webewaaren); ansehnlicher Handel. — Fast nur Katholiken. Brüssel (175.000 E.), Residenz, in fortwährender Zunahme; — Antwerpen, berühmter Handelsplatz und bedeutende Industrie; — Gent; wichtiger Fabriksplatz; — Lüttich, Metallwaaren-Fabrikation. 8. Königreich der Niederlande. Begrenzt von Belgien, Deutschland und der Nordsee, welche die Zuyder- lspr. Sender-) See bildet. Die durch Fleiß und Kunst dem Meere abgewon¬ nene Fläche wird durch Dämme gegen hohe Flnthen nnd Stürme geschützt; großes Canalsystem; Mündnngsland von Rhein, Maas und Schelde. Muster¬ hafte Bodenkultur, doch unzureichend die Production; treffliche Viehweiden, ausgezeichnete Rindviehzucht; ausgedehnte Seefischerei; — Industrie in Lein¬ wand, Tuch, Papier. Sehr wichtiger Handel nach Ostindien (Java, „Perle der Niederlande"). — Bevölkerung (in Europa) 3H- Mill. (Colonien über 18 Millionen) Einwohner. — Ueberwiegend Protestanten. Amsterdam (248.500 E.), Hauptstadt, eine der wichtigsten Han¬ delsstädte der Erde; — Haag, königliche Residenz; — Rotterdam, Industrie und Handel (Erasmus von Rotterdam). !>. Königreich Großbritannien. Zwei große und viele kleine Inseln, bespült von der Nordsee, dem Canal und dem Atlantischen Ocean. Bestandtheile: England, Schottland und Irland. In England das Hochland von Wales (spr. Uäls) und das Peak- Gebirge (spr. Pihk-); in Schottland das Grampian-Gebirge (spr. Grämpiän-); Irland zumeist Tiefland. — Flüsse: Temse, Hnmber (spr. Ömbr). — Land¬ bau und Viehzucht ausgezeichnet; — großer Reichthum an Steinkohlen, Eisen, Zinn, Kupfer und Blei. — Das größte Industrieland der Erde (Baumwolle, Eisenwaaren, Leder). Der erste Handelsstaat mit ungeheurer Flotte und Colonien in allen Erdtheilen, die bedeutendsten in Ostindien. In Europa nahezu 3o, in den Colonien 145 Millionen Einwohner. London (2^. Millionen Einwohner), größte Handelsstadt der Erde; großartig in allen Richtungen menschlicher Thätigkeit; Residenz der Königin —; Universitätsstadt Oxford (Oeksförrd). — Liverpool (Liwerpuhl), der 56 erste Platz für Baumwollhandel, Verbindungen mit allen Theilen der Erde; — Manchester (Männtschester) undBir m i n g h a m (Börrmingäm), wichtige Fabriksstädte. — (In Schottland:) Edinburg, Hauptstadt, Glasgow (Gläsko), Fabriksstadt; - — (in Irland:) Dublin, Hauptstadt, Belfast, Cork. Die Gruppen der Hebriden, Orkaden und Shetlands-Inseln; — die Insel Malta; die Stadt Gibraltar in Spanien. l(>. Königreich Dänemark. Halbinsel Jütland und dänische Inseln in der Ostsee, die größte See¬ land; die Färöer-Inseln und Island. — Im Hauptkunde ansehnlicher Acker¬ bau, bedeutende Viehzucht, daun Fischfang und Handel. Industrie im Ent¬ stehen. Kopenhagen (155.000 E.). Residenzstadt (auf Seeland). 11. Königreich Schweden und Norwegen. Skandinavische Halbinsel, größer als Deutschland, aber nur ein Achtel so viel Bewohner. Im Süd-Osten Flachland, sonst Hochgebirge, die Kjölen; Fjorden- und Skärenküste. Viele Seen (Wenern-, Wettern-, Mälarsee). Flüsse: Dal-, Angermaun-, Göta-Elf. Im Flachlande Landwirthschaft; in den Berglandschaften ungeheurer Reichthum an Eisen, auch Kupfer und Silber; viel Holz. Wenig Industrie, Handel lebhaft. — (Schweden:) Stockholm (117.000 E.), Residenzstadt, Upsäla, Universität, Danemora, Berg¬ werke; — (Norwegen:) Christiania (40.000 E.), Hauptstadt, Bergen, Handelsstadt, Drontheim, Krönungsstadt. 12. Kaiscrthnm Rußland. Das europäische Rußland ist größer als halb Europa, die Bevölkerung desselben jedoch nur etwa ein Fünftel von Europa. (In Europa: 90.000 ^M-, 59^ Mill. Einwohner; — ganz Rußland 394.000 OM, 74 Mill. Einw.). Ural, Grenzgebirge gegen Asien. Große sarmatische Tiefebene, durchzogen vom Uralisch-Baltischen und vom Uralisch-Karpathischen Landrücken. Vom ersten bis zum Eismeere der Boden unfruchtbar, strenge Kälte, Seen und Moräste; zwischen beiden Landrücken wasserreiche, fruchtbare, gut angebaute Landstriche; im Süden des zweiten Landrückens Steppenland. — Flüsse: Wolga, Dnjestr, Dnjepr, Don, Dwina, Petschora, Weichsel; — Seen: Onega- und Ladoga-See. — Viel Getreide, Vieh, Pelzthiere; im Ural: Eisen, Kupfer, Gold Platina; Salz (auch Salzseen). Industrie nur im mittleren Rußland; Handel bedeutend. Die Bevölkerung gehört verschiedenen Stämmen an, beiläufig vier Fünftel Slaven. St. Petersburg (Newa, 520.000 E.), die moderne Residenzstadt; Moskau, die alte Hauptstadt; der Kreml; — Nishu ij-Nowg orod, berühmte Messe; Odessa (Schwar¬ zes Meer), Archangel (Weißes Meer), Kasan und Astrachan, wich¬ tige Handelsstädte; Dorpat, deutsche Universität; W ar schau (Weichsel), Hauptstadt von Russisch-Polen. 13. Königreich Griechenland Zwei Halbinseln: Livadien und Morea, durch die Landenge von Korinth verbunden, dann mehrere Inseln im Aegäischeu Meere (Negroponte und die Chkladen). Gebirgig, aber schwach bewässert; sehr reiche Küstengliederuug. Mildes Klima; Ackerbau, Viehzucht und Industrie heben sich allmälich seit 57 der Selbstständigkeit des Reiches; Handelst: rascher Zunahme. Für geistige Bildung wird jetzt sehr gut gesorgt (Universität in Athen, Gymnasium und zahlreiche Volksschulen). Die griechische Religion ist Staatsreligion. Athen, Haupt- und Residenzstadt des Königs (Georg I.) seit 1835, griechische Alterthümer, Handel; auf Morea: Nanplia. Die Ionischen Inseln, die seit dem Jahre 1815 als eine Republik unter englischem Schutze gestanden sind, wurden im Jahre 1863 mit Grie¬ chenland vereinigt. Sieben größere und mehrere kleinere Inseln im Joni¬ schen Meere. Durchaus gebirgig, wenig bewässert, doch größtentheils frucht¬ bar und gut angebaut. Treffliche Häfen, wichtiger Handel. Corfst, Uni¬ versität; Handel; — Kepyalonia; — Zante. 14. Das tiirlische Kaiscrthum. Die Türkei oderBalkan-Halbinscl ist größtentheilsGebirgsland. Haupt¬ gebirge Balkan; im Nord-West Kursstand. Reiche Küstengliederung; gut be¬ wässerter Boden. Flüsse: Donau mit vielen Nebenflüssen (Save, Morawa, Prnth), dann zahlreiche Küstenflüsse. Das Klima angenehm mild, der Boden fruchtbar aber nicht gnt knltivirt. Klima und Boden sind der physischen und technischen Kultnr sehr günstig; leider stehen beide noch auf niederer Stufe. Dem Ackerbau wird zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Besser ist die Viehzucht, insbesondere die Pferdezucht. Der Bergbau vernachlässigt; die Industrie nur durch wenige Fabrikate einiger größerer Städte vertreten. Der Handel bedeutend. Von geistiger Kultur iin Sinne des veredelnden Christenthums kann nicht die Rede sein; die Bekenner des Islam sind von geistigen Anstrengungen keine Freunde. Konstantinopel (900.000 E.), prachtvoll gelegene Hauptstadt, un¬ gemein wichtig für die Handels-Verbindungen zwischen Enropa und Asien; herrliche Gebäude, aber auch elende Hütten; Verschmelzung des Abend- und Morgenlandes; — Adrianopel, wichtige Industriestadt (Saffian, Ro¬ senöl); — Larissa, bedeutendster Jndnstrieort; Saloniki, Seehandel, Industrie; — Galacz, Jassy, Belgrad, Donauhandel. — Insel Caudia (Creta) und die Sporaden. K. 34. Staaten und Länder in Asien. 1. Asiatische Türkei Dreimal größer als die europäische Türkei. Im Westen das Hochland von Kleinasien (die Levante), mit dem Tanrns als Südrand. Fruchtbar, reich an edlen Weinen, Obst, Südfrüchten und mit bedeutender Viehzucht. Wichtige Städte: Smyrna, Handelsstadt; Skutari; Trebisonde (oder Trapezuut). — Längs der Küste des Mittelmeeres Syrien und das „hei¬ lige Land" Palästina, wenig fruchtbar, nur Südfrüchte, Oel und Wein gedeihen gut. Hier die heiligen Städte Jerusalem, Bethlehem, Na¬ zareth und die Handelsplätze Damaskus und Aleppo. —- Im türki- st^" ^E-eile Arabiens die von den Türken für geheiligt gehaltenen Städte s ..""d Medina; dann die Sinai-Halbinsel. — An der Ostgrenze erhebt sich das rauhe Hochland von Armenien, das Quellenland des Euphrat und Tigris, mit dem Handelsplätze Erze rum. Zwischen dem ar¬ menischen Hochlande und dem persischen Meerbusen liegt Mesopotamie n (zum Theile das alte Babylon) mit den bedeutenden Städten Bagdad, Basra und Mossul. 58 L Arabien. Zwischen dem persischen Meerbusen und dem Rothen Meere. Bekannt durch seine Beduinen, Kameele und Rosse, seinen Weihrauch, Balsam und Kaffee, und als Wiege des Islam. Eine große, trockene und sandige Pla¬ teaufläche; heißes Klima. Der südliche Theil ist Jemen, das „glückliche Arabien," mit dein Reichthum an Kaffee und der Stadt Mokka. Am per¬ sischen Meerbusen ist das Gebiet des mächtigen Imam von Maskat. 3. Iran. Das Hochplateau von Iran liegt zwischen dem Kaspischen Meere und den Tiefländern des Oxus, zwischen dem Tigris, Indus und dem persischen Golfe. Der westliche Theil ist Persien, der östliche im Norden Afgha¬ nistan (oder Kabulistan), im Süden Beludschistan. Die westliche Hälfte genügend bewässert und gut angebaut, die östliche eine trockene «Latz- und Sandwüste. Bedeutende Städte (in Persien:) Teheran, Residenz des Schah von Persien; Jspahan, Industrie nud Handel; Täbris, die wich¬ tigste Stadt für ausländischen Handel; — (in Afghanistan:) Kabul, Kan¬ dahar und Herat; — (in Beludschistan:) Kelat. 4. Vorder-Jndien. Beinahe sechsmal so groß als Oesterreich, mit einer mehr als fünfmal so starken Bevölkerung, ist es das reichste Land der Erde, seit den ältesten Zeiten das Ziel der erobernden und handeltreibenden Völker; jetzt fast ganz unter englischer Herrschaft. Im Norden das Riesengebirge Himalaya mit den Quellen des Indus und Ganges; letzterer bewässert mit seinen zahl¬ reichen Nebenflüssen die fruchtbare Tiefebene, an welche sich südwärts das Plateau von Dekan anschließt. Großer Reichthum an Bodenprodnkten aller Art (Reis, Weizen, Baumwolle, Indigo, Zuckerrohr, Thee, Kaffee, Ge¬ würze u. a.), sowie an animalischen (Seide, Schafwolle). Diamanten und andere Pracht- und werthvolle Edelsteine. Industrie wachsend; Mittelpunkt eines großartigen Handels. Städte: Calcutta (Ganges — nahe l Mill. Einw.), die wichtigste Handelsstadt in Asien, große Industrie: — Madras (^- Mill. Eiuw.), die bedeutendste Industriestadt Asiens; — Bombay, Hanptstation der britischen Flotte; — Hyderabad, Diamanlengruben; Kaschmir und Lahore, Industriestädte; — die fruchtbare, reiche und schöne Insel Ceylon, die „Juwele der östlichen Meere," reich an Edel¬ steinen. — Die portugiesischen Besitzungen Goa und Din; die französische Pondichery. 5- Hinter-Jnbien- Die Halbinsel jenseits des Ganges, etwa dreieinhalbmal so groß als Oesterreich, ist vielfach noch unbekannt. Zweige des hinterasiatischen Hoch¬ landes ziehen von Nord nach Süd, zwischen denen mächtige Ströme (Jra- waddy, Cambodja) große Langenthaler bewässern Sehr sruchtbar, aber nicht gut bebaut. Produkte wie in Vorder-Jndien. Viel Zinn und andere Me¬ talle. Industrie gering; der Handel in den Händen der Chinesen und Eng¬ länder. Städte: Rangun (britisch), Malakka, Singapore (spr. Sin¬ gapur), einer der bedeutendsten Plätze im Oriente; Goldhandel. — Die Reiche Birma, Siam und Anam. 59 6. Der indische Archipel. Zwischen Indien, China nnd Neu-Holland. — Die großen Sunda- Inseln: Sumatra, reich an Gold, Diamanten, tropischen Gewächsen; — Java (holländisch), Kafsee, Zucker, Indigo, Baumwolle; Hauptort Bata¬ via; — Borneo, wenig bekannt, Gold, Diamanten, Pfeffer; — Ce¬ lebes, Gold, Kaffee. — Die kleinen Sunda-, die Molukken-, die Philip¬ pinen-Inseln (spanisch; — Manilla). — Die meisten gebirgig, reich an allen Produkten; der Handel in den Händen der Niederländer. 7- China. Der größte und bevölkertste Staat der Erde; fast anderthalbmal so groß als Europa nnd mehr als zehnmal soviel Einwohner als Oesterreich. Im Norden und Westen hohe Gebirge; — Wüste Gobi; in den Mündungs- landschasten der Hanptflüsse Hoango und Aantsekiang des fruchtbarste, muster¬ haft angebaute, sehr dicht bevölkerte Tiefland. Reich an Thee, Reis, Zucker¬ rohr, Baumwolle. Viel Industrie: Porzellan, Seidenzeug, Nanking, lackirte Waareu. Binnenhandel sehr lebhaft (Canäle, viele Straßen); Karawanen¬ handel; Seehandel nur in wenigen Häfen. Ein altes Kulturvolk. Sprache Städte: Peking, Residenz des Kaisers (2 Mill. Einw.); — Nanking (1 Million Einwohner), Hauptsitz der Gelehrsamkeit; bedeutende Industrie; Kanton (I Million Einwohner) und Schanghai, auch den Europäern zugängliche Seestädte. — Die Insel Hainan und Formosa. — Unter¬ worfene und tributpflichtige Länder: die Mandschurei, die Mongolei (Stadt: Maimatschin), die hohe Tartarei; das großartigste Hochland der Erde, Tübet; die Halbinsel Korea nnd die 8ikejo-Juseln. 8- Japan. Vier größere nnd viele kleinen Inseln. Gebirgig und vulkanisch, aber noch wenig bekannt. Sehr kräftige und thätige Bevölkerung, das aufgeklär¬ teste Volk Asiens. Reis, Baumwolle, Thee, Seide. Industrie bedeutend: Porzellan, Stahlwaaren, Seiden-, Gold- nnd Silberstoffe. Handel mit den Ausländern in Nangasaki (auf Kiusiu). Ein weltlicher und ein geistlicher Herrscher. Die größten Städte fleddo (14 bis 2 Millionen Einwohner) und Miako. 9. Turkestan. Im Norden von Iran, zwischen dem Caspi-See und China; im Osten und Süden hochgebirgig, sonst überwiegend Steppen und Wüstenland. In den Aral - See münden der Amu und der Sir. Ackerbau und ansehnliche Viehzucht; Türkise, Rubine und Lazursteine; Karawauenhandel nach China und Rußland. Vielfach Nomaden unter Anführung von Khanen. — Orte: Buchara, Mittelpunkt des Handelsverkehrs in Mittel-Asien; Samar¬ kand, ein berühmter Sitz muhamedanischer Gelehrsamkeit; Chiwa in fruchtbarer Gegend, Karawanen- und Sklavenhandel. 10 Asiatisches Rußland. Mehr als ein Viertel dieses großen Erdtheiles. Sibirien, fast an¬ derthalbmal so groß als Europa. Im Süden und Osten Gebirgsland, im Westen und Norden Tiefland, größtentheils gefrorener Morastboden (Tundra). — Wenig Ackerbau; kostbares Pelzwerk; Gold und Silber im Ural und Altai. Fast durchgehends heidnische Nomadeustämme, Jäger- und Fischervölker Ostjaken, Tuuguseu, Jakuten, Samojeden, Kamtschadalen). Tobolsk und 60 Irkutsk, wichtig für den Handel; Kjachta, Handel mit China. — Das Amurland. - Die vulkanischen Inselgruppen derAläuten und Kurilen. Die Kirgisensteppe (zwischen Ural, Caspi-See und dem Jrtisch), eine salzige und steinige Hochfläche. Nomaden; Viehzucht; Karawanenzüge. 8. 35. Staaten und Länder in Afrika. 1. Aegypten und Nubien. Zwischen der Sahara und dem Rothen Meere, vom Mittelmeere bis zum Alpculaude Habesch liegen die unter türkischer Oberhoheit stehenden Länder. Vom N i l durchströmt, dessen Ufer überaus fruchtbar sind. Perio¬ dische Ueberschwemmuug. Klima trocken und heiß. Wind Chamsin. Pro¬ dukte: Reis, Weizen, Datteln, Baumwolle. Landhandel mit Karawanen. Be¬ wohner: Araber, theilS Landbauer (Fellahö), theils Beduinen; Kopten, Nachkommen der alten Aeghpter; Europäer (Türken, Griechen, Juden u. a.). In Nubien sind Hauptcrwerbsquellen: Handel mit Sklaven, Ka- meelen, Straußfedern, Elfenbein, Gold, Perlen u. a. — Orte: Kairo, Residenz des Vice-Königs, größte Stadt in Afrika; Mittelpunkt des Han¬ dels in Nordafrika; — Alexandria, Haupthafen von Nord-Afrika, Denk¬ mäler des Alterthums. — (In Nubien:) C har tum, am Zusammenflüsse des weißen und blauen Nil; katholische Missionsstation (zumeist österrei¬ chische Priester). 2. Habesch. Ein Hochland im Süden von Nubien. Oberlauf des blauen Nil. Tsaua-See. Klima in den Berglandschaften gemäßigt, in den Thälern sehr- heiß. Produkte: Kaffee, Baumwolle, Salz. Bewohner: Abhssinier, kop¬ tische Christen; die wilden Schangalla- oder Galla-Neger. „Kaiser Theodor I." ist für Civilisation und Verbreitung des Christenthums thätig. Hauptstadt: Gondor. 3. Berbern. Das Hochland der Berberei, längs der Nordküste Afrikas, zerfällt in die Staaten Tripolis, Tunis, Algier und Marokko, mit den gleich¬ namigen Hauptstädten. Zwischen dem Hochlande und der Sähara ist das 'Dattelland Beledulgerid. Bevölkerung: Berber (Eingeborue, meist in den Gebirgen, auch Kabhlen genannt), Araber und Mauren. Tripolis und Tunis sind unter türkischer Oberhoheit; Algier, mit den Städten Algier, Oran und Constantine, seit l830 französisch. Marokko, unter eigenem Sultan, mit den Städten Marokko, Fez und Mogador. 4. Die Sähara. Zehnmal so groß als Oesterreich, mit wenigen Oasen als Stations- Plätzen für die Karawanen, darunter die größte Fezzau, mit der Stadt Murzuk. Bewohner; im Westen die Beduinen; im mittleren Gebiete Tuarik, Führer der Karawanen, Mäkler, Kaufleute, wohl auch Räuber; im Norden und Osten die Tibbu. 5- Sudan- Südlich der Sahara, vom Atlantischen Ocean bis zum oberen Nil. Die Neger sind in sehr viele Staaten und Stämme getheilt, meist unter despotischen Häuptlingen, theils Fetischdiener, theils Muhamedaner, in den europäischen Colonien auch Christen. Ackerbau, Viehzucht und Handel mit 61 den Landeserzengnisseu sind die Erwerbsquellen. Das Stnfenland am Se¬ negal und Gambia hat sehr heißes Klima, Gummi- und Palmenwälder; französische Niederlassungen am Senegal, englische am Gambia. Ober-Gui¬ nea mit der Sklaven-, Gold-, Elfenbein- und Pfcfferküsie. — Im östlichen Theile, Flachsndan, ist das mächtigste Reich B oruu. l>. Hoch-Afrika. 1. Der Westrand. — Unter den einheimischen Reichen sind die bedeutendsten: rr) Loango, mit dem gleichnamigen Hauptorte, vom Cap Lopez bis zum Zatre -Fluß, exportirt Elfenbein, Gummi, Farbhölzer; — l>) Congo, mit der Hauptstadt gleichen Namens, reich bewässert, sehr fruchtbar, reich an Eisen und Kupfer; — o) die portugiesischen Be¬ sitzungen Angola und Bengnela exportiren Elfenbein, Wachs, Gummi, rothes Sandelholz. 2. Der Südrand. — Ein Terrassenland, die unterste Terrasse, das Kapland, englische Besitzung; fortwährende Kämpfe mit den Hottentotten und Koffern. Die Colonisteu treiben Ackerbau, Weinbau (Kapwein) und Viehzucht. An der Tafelbai, am Fuße des Tafelberges, liegt die Kapstadt; südlich davon das „Kap der guten Hoffnung". 3. Der Ostrand. — a.) Natal, mit einer englischen Colonie, von Kaffern bevölkert. — b) So sala, reich an Pflanzen und Thieren, aber sumpfig und sehr ungesund. — «.-) Mozambique (spr. Mosambik), mit der Stadt gleichen Namens, ähnliche Naturbeschaffenheit wie Sofa la; die Portugiesen betrachten es als ihr Besitzthum. — 6) Zanguebar steht unter der Herrschaft des Imam von Maskat. — s) So mal vom Kap Guardafui bis zur Straße Bab-el-Mandeb, von Viehzucht und Handel trei¬ benden Somalis bewohnt. 4. Das innere Hoch-Afrika ist noch weniger bekannt als dessen Ränder. Die Bevölkerung scheint dem Negervolke Bunda anzugehören, unter denen die Betfchuanen die bekanntesten sind. Sie haben einen milderen Charakter, leben in Ortschaften, treiben Ackerbau, Viehzucht, auch mancherlei Gewerbe; die Bergvölker gewinnen nnd verarbeiten Eisen nnd Kupfer. Der Handel beschränkt sich auf Elfenbein, Thierhäute, Sklaven. Andere Stämme sind die Hottentotten, Kaffern, Galla u. a. Z. 36. Staaten und Länder in Amerika. H. Nord-Amerika. 1 Grönland. Nächst Nen-Holland die größte Insel der Erde. Rauhes Klima, spär¬ liche Vegetation: Bewohner: Eskimos und dänische Colonisten, letz¬ tere in den Herrnhuter-Missionen und Handelsstationeu. Härings- nnd See¬ hundsfang. Nur die Süd- und Westküste sind stellenweise colinisirt, das Nord-Ende ist noch ganz unbekannt. 2 Britisches Nord-Amerika Ein Gebiet, beiläufig so groß als Europa, aber spärlich bevölkert, voll großer Seen nnd Flüsse; rauhes Klima, geringe Vegetation, der Haupt- reichthmu sind die Pelzthiere. Die Bewohner rothhäutige Indianer; am Nordrande Eskimos; am St. Lorenzflusse Franzosen und Engländer. Be- staudtheile: u) Kanada am linken Ufer des St. Lorenzflusses milden 62 fünf kanadischen Seen, Haupstadt Quebek (spr. Kebek); — b) Neu- Braunschweig am rechten Ufer des St. Lorcnzslusses, mit der Halbinsel Neu-Schottland, Hauptstadt Halifax; — a) Insel Neufundland, berühmter Stockfischfang; -— ä) Labrador, mit Herrnhuter-Stationen, gehört zu den ranhesten und ödesten Ländern der Erde. 3. Russisches Nord-Amerika. Der nordwestliche Theil des Kontinentes, ein rauhes, kaltes Gebirgs¬ land, etwa doppelt so groß als Oesterreich, mit vielen Felseninseln, Buchten und Schneebergen. Die heidnischen Eingeborncn (Eskimos, Tschuktschen, Indianer) leben von Jagd, Fischerei und dem Tauschhandel mit der russisch- amerikanischen Handels-Gesellschaft, der sie Pelzwerk liefern. Die bedeutendste Ansiedlung ist Nen-Arch angel. 4 Republik der Vereinigten Staaten. Vom Atlantischen bis zum großen Ocean, im Süden der früher ge¬ nannten Länder, breitet sich dieser Staatenbund aus; mehr als zehnmal so groß als Oesterreich, mit beiläufig 31 Millionen Einwohnern. DasAlleghanh- und das Felsengebirge scheiden es in drei Theile: das Ostland, vom At¬ lantik bis zu den Alleghanh,— das Mittelland, zwischen den Alleghanh und dem Felsengebirge (oder das Mississippi-Gebiet), — das Westland, am großen Ocean. Klima sehr veränderlich, durchschnittlich kälter als in Europa unter gleicher Breite; Boden meist außerordentlich fruchtbar. Un¬ ermeßliche Waldungen, Savannen, auch Sümpfe. Produkte: Getreide, Baum¬ wolle, Zucker; Gold (Californien), Eisen, Steinkohlen. Ansgebreitete Industrie; nächst England der erste Handelsstaat der Erde. Bewohner: im Westen freie Indianer, an Zahl stets abnehmend; — eingewanderte Engländer, Deutsche u. a. — Der Bundesstaat (Union) besteht aus dem: Bundes-Distrikt Columbia, mit dem Hauptorte Washington (spr. Uashingtn), Sitz des Congresses und des Bundes-Präsidenten; aus 32 Staaten und 8 Terri¬ torien.—-Städte: New-Jork (spr. Nju-Joark), die größte Stadt Amerikas, wichtig in Industrie und Handel; — Philadelphia, New-Orleans, (spr. Nju-Orlins), im Mündungsgebiete des Mississippi; St. Louis (spr. San Lui), am Zusammenflüsse des Mississippi und Missouri; Boston, Bal¬ timore; San Franzisco (Californien). L. Mittel-Amerika. 1. Kaiserthum Mexiko. Seit 10. April 1864 ein Kaiserthum (Kaiser Maximilian I., Bruder des Kaisers von Oesterreich Franz Joseph I.), südlich von den Vereinigten Staaten, zwischen dem Golf gleichen Namens und dem großen Ocean. Eine Hochfläche, welche terrassenförmig abfällt. Mannigfaltigkeit der Pflanzen- und Thierwelt, Reichthum an Silber und Gold. 40.300 OM. mit 8j, Mill. Einwohnern. Städte: Mexiko (Mechjiko, 205.000 E.), schön und" regel¬ mäßig gebaut, prachtvolle Kathedrale, viel Gold- und Silberarbeiter. Der bedeutendste Handelsplatz ist Vera Cruz; Guatalaxara; Puebla, Gua¬ najuato; Colima; Zacatecas. 2. Central - amerikanische Republiken. Zwischen den Landengen von Tehuantepec und von Panama. Viele Vulkane; Reichthum an Pflanzen und Mineralien; Ackerbau, Plantagen- Wirthschaft und Handel (Indigo, Mais, Cacao, Colonicll-Waaren); Klima 63 wärmer als in Mexiko. Die einzelnen Städte: I. Guatemala mit der Hauptstadt gleichen Namens, — 2. San Salvador, — 3. Honduras, — 4. Nicaragua, — 5. Costarica, — 6. Panama. 3. West-Indien. Bestandtheile: die großen und die kleinen Antillen und die Bahama-Jnseln. Die Antillen, gebirgig, die Bahama flach. Herrliches Klima. Außerordentlicher Reichthum an einheimischen und hieher verpflanzten Produkten; erstes Plantagenland der Erde. Produkte: Kaffee, Zucker, Tabak, Baumwolle u. a. Der größte Theil gehört den Europäern. -r) Große Antillen: Cuba, die größte, fruchtbarste und reichste der An¬ tillen, mit der Halbinsel Ha vannah, und Porlorico sind spanisch; — Jamaica (mit der Stadt Kingston) ist englisch; Haiti (oder St. Domingo, vormals Hispaniola), mit zwei freien Negerstaaten. k) Unter den kleinen Antillen sind Guadeloupe und Martinique (spr. Gadelup und Martinick) französisch; — Barbados, Antigua und Trinidad englisch. a) Auf der Bahama-Jnsel Guauahani landete zuerst Columbus am 12. October 1492. 0. Süd-Amerika. 1. Europäische Besitzungen. Guyana, mit reichem Plantagenbau, aber sumpfig, heiß und ungesund. Kaffee, Baumwolle, Zucker, Cacao, Pfeffer, Tabak, Indigo sind Haupt¬ produkte. 1. Französisches Guyana mit Cayenne auf einer Insel, sehr vernachlässigt, höchst ungesund; 2. niederländisches Guyana (oder Surinam), gut angebaut, frucht¬ bar, gesund; Hauptorte Paramaribo, ganz holländisch eingerichtet; 3. englisches Guyana, am Esequibo, mit dem Hauptorte George¬ town (spr. Dschordsch'taun). 2. Die Republiken. 1. Venezuela, mit den Städten Caracas nnd Maracaibo. 2. Neu-Grauüda; Hauptort Santa Fe de Bogota, auf einer 8000' hohen Hochebene; Carthagcna, nahe der Mündung des Magda- lenenflusses. 3. Equadör (das Land am Aequator), Hauptort Quito, 9000' hoch, prachtvoll gelegen, in der Nähe der Bergriesen Chimborazo, Antisana und Cotopaxi. 4. Perü. Ein Hochgebirgsland, ehemals das goldreichste Land. Lima, Hauptstadt, mit der ältesten nnd berühmtesten Universität in Amerika. 5. Bolivia, so genannt nach Simon Bolivar (1825), Hochgebirgs¬ land. Hauptstadt Chuquisaca; die bedeutendste Industriestadt La Paz; die wichtigste Bergstadt Potosi liegt über 12.000' über dem Meere. .0- Chile (— Tschile), ein herrlicher, gesunder Küstenstrich, an der Westseite der Anden, die hier ihre größte Höhe erreichen (Anconcagua 21.800'), Hauptort St. Jago; der bedeutendste Hafenplatz ist Valparaiso (das paradiesische Thal). 7. Paraguay, wald- nnd weideureich, zwischen dem Parana und Paraguay. Hauptstadt Assuncion. 64 8. Rio de la Plata, auch Argentina genannt, zn beiden Seiten des La Plata (Parana, Paraguay, Uruguay), eine ungemein grasreiche Nie¬ derung voll wilder Hecrdeu; im Norden Wälder, im Westen schneebedeckte Anden. Buenos Ayr es, Haupthaudelsplatz. 9. Uruguay, meist weite Pampas; am 8a Plata liegt die Handels¬ stadt Montevideo. 3. KaUcrthiim Brasilien. Fast zwölfmal so groß als Oesterreich, aber kaum ein Viertel so viel Einwohner. Ein Drittheil Bergland, zwei Drittheile Ebene. Außer dem Maranon hat das Land über hundert schiffbare Flüsse. Klima ziemlich gleich¬ mäßig, meist gesund und angenehm. Eine Fülle der Pflanzen- und Thier¬ welt, wie sonst nirgends; die reichste Flora der Erde; eines der ersten Plantagen- nnd Minenländer. — Reichthum an Kaffee, Zucker, Baumwolle, Tabak, Fernambukholz: das reichste Diamantenland, dann Gold, Edelsteine u. a. Hauptstadt Rio Janeiro (300.000 E.), die erste Industrie- und Han¬ delsstadt Brasiliens; — Bahia, an der Aller-Heiligen-Bai, wichtige See¬ stadt ; — Perna m b n c o, die östlichste Stadt Brasiliens. 4. Patagonien und die Inseln. Der südlichste Theil des Festlandes wird von wilden und heidnischen Jndianerstämmen bewohnt, die sich meist von der Jagd ernähren. Euro¬ päische Niederlassungen bestehen noch nicht, daher ist das Land wenig be¬ kannt. — An der Magelhaens - Straße nnd ans den südlicheren Inseln wohnen die wenig zahlreichen, auf der untersten Stufe der Kultur stehenden Pescheräh, die „Eskimos des Südens." — Wallfisch- und Robbenfänger besuchen die Inseln. Z. 37. Staaten und Länder in Australien. 1. Kontinent. Der Kontinent oder Neu-Holland ist nur an den Küsten, insbe¬ sondere an der Ost- nnd Südküste näher bekannt. Die Berge sind von mäßiger Höhe; es ist nur Ein großer Fluß im Süden, der Murray, bekannt. Das Klima ist mild nnd gesund. Der Pflanzcnreichthum ist groß, des¬ gleichen der an Gold und Steinkohlen; große Vierfüßer oder Raubthiere gibt es nicht. Die Einwohner sind theils Austral-Neger, auf der niedersten Stufe der Gesittung, theils Europäer, besonders Engländer. —- Die Eng¬ länder haben fünf Colonien; die wichtigsten sind: Neu-Süd-Wales, an der Südostseite, mit dem Hauptorte Sydney (spr. Sidni); — Victoria, das Land der Goldgräber; auch großer Reichthum an Wolle, Hanptort Melbourne (spr. Mel'börn); Süd-Australien, trefflicher Ackerbau; auch Viehzucht und Bergbau, Hauptort Adelaide. 2- Die Inseln- Man thcilt die Inselgruppen in: u) den inneren Jnselgürtel, zu dem Tasmania (Van Diemens-Land), Neu-Seeland, Neu-Caledonien, Reu-Hebriden, Neu-Guinea und einige andere gehören; 6) den äußeren Jnselgürtel: die Marianen-, Carolinen-, Freundschafts., Gesellschaft-, Marquesas-, Sandwichs- (spr. Sänduitsch-) Inseln. Blos auf den Sandwichs-Jnseln ist ein geordnetes, christliches Staats¬ leben mit monarchischer Verfassung. Nur wenige australische Inseln . sind von den Europäern bis jetzt colonisirt wordeu. Die Stinten von Europa. I. Das Kaiserthnm Oesterreich. Z. 38. Das Land im Allgemeinen. Lage. Grenzen. Größe. — Das Kaiserthnm Oesterreich liegt zwi¬ schen 42» 10' und 51° 3' n. Br. und zwischen 27° 15' und 44» 7' ö. L. Es breitet sich somit zwischen fast 9 Breiten- und doppelt so viel Längen¬ graden aus. —' Im Norden grenzt es an Sachsen, Preußen und Rußland; im Osten an Rußland und die Türkei; im Süden an die Türkei, das adria- tische Meer und die italienischen Staaten; im Westen an Sardinien, Liech¬ tenstein, die Schweiz und Baiern. — Der Flächeninhalt beträgt nahezu 11.762 geogr. ^Meilen. Bestandtheile. — Oesterreich, eine der fünf europäischen Großmächte (Oesterreich, Preußen, Rußland, Großbritannien und Frankreich), ist eine erb¬ liche, untheilbare, constitutiouelle Monarchie. Die Thronfolge ist nach dem Rechte der Erstgeburt in dem römisch-katholischen Hause Habsburg- Lothringen erblich; erst nach dem Erlöschendes gesammteu Manusstam- mes sind Prinzessineu und ihre Nachkommen in der gleichen Ordnung zum Throne berechtigt. Gegenwärtig regiert Se. kaiserlich-königliche Apostolische Majestät Franz Joseph I., geboren am 18. August 1830, zur Regie¬ rung gelangt am 2. December 1848. Als Mitglied des deutschen Bundes führt Oesterreich in der deutschen Bundesversammlung zu Frankfurt a. M. den Vorsitz, und nimmt im engeren Rathe derselben die erste Stelle mit einer Virilstimme ein; im Plenum (oder der weiteren Bundesversammlung) hat es vier Stimmen. Die Bestandtheile der Monarchie bilden 18 Königreiche und Länder nebst der Militärgrenze: Königreiche und Länder Bevölke¬ rung Hauptstadt und deren Bevölkerung (Zu dem deutschen Bunde gehörig): I. u. 2. Erzherzogthum Oesterreich: o.) Land inner der Enns. b) „ ob der Enns. 3. Herzogtum Salzburg. 4. „ Steiermark. 5. „ Kärnten.. 6. „ Kram. 7. Das Küstenland*). 8. Gefürst.Grafsch.Tirol m. Borarlberg 9. Königreich Böhmen. IO. Markgrasschaft Mähren. II. Herzogthnm Schlesien. 3M 218 130 408 188 181 145 523 944 404 93 1,720.000 714.000 147.000 1,077.000 338.000 459.000 545.000 862.000 4,925.000 1,925.000 471.000 Wien.. .575.000 Linz. 27.700 Salzburg. 17.800 Graz-.i. 63.200 Klagenfurt. 13.500 Laibach. 21.000 - . 1 66 000 (die Stadt) ^"est s 105.000 (St. s. G.) Innsbruck. 14.300 Prag. Brünn. . 59.000 Troppau. 13.900 *) Die gefürstete Grafschaft Görz und Gradišča, die Markgrafschaft Istrien und die Stadt Triest sind der Kürze halber oft unter dem Namen „Küstenland" zusammengesaßt, Mu», Geographie. 6. Ausl. 5 66 Königreiche und Länder Bevölke¬ rung Hauptstadt und deren Bevölkerung (Außer-deutsche Kronländcr): 12. Königreich Galizien und Lodomericn 13. Herzogthum Bukowina 14. Königreich Ungarn (mit d. Woiwod-t schäft Serbien n.d.Temeser Banat)! 15. Königreich Kroatien und Slavonien 16. Großfürstenthnm Siebenbürgen... 17. Königreich Dalmatien...... 18. Lombard.-venezianisches Königreich 19. Die Militärgrenze. K. k. Militär. 1422 4,900.000 Lemberg. 70.000 190 587.000 Czernowiz. 26.400 3897 10,172 000 Ofen-Pest.187.« 00 350 998 232 457 609 920.000 2,027.000 437.000 2,523.000 1,090.000 565.000 Agram. 16.700 Hermannstadt 18.600 Zara. 7.600 Venedig 180.000 (die Stadt) Die commandirenden Gene¬ rale haben ihren Sitz zu Agram und zu Temcsvar. B o d e n v e rh ält n i s sc. Das Bergland- — Der Boden des Kaiserstaatcs ist größtentheils ge¬ birgig, denn über der gestimmten Oberfläche gehören dem Berglande an; doch dehnen sich auch weite Ebenen und Thäler aus und verleihen dem Lande eine große Mannigfaltigkeit. Eigentliche Gebirgsländer sind Tirol, der süd¬ liche Theil Oesterreichs, Salzburg, Ober-Steiermark, Kram und Küsten¬ land, Kärnten, Ober-Ungarn und Siebenbürgen, in welchen Ländern auch die höchsten Bergspitzen der Monarchie emporragen. — Zwischen der schwä¬ bisch-bairischen Hochebene und der lombardisch-venezianischen Tiefebene, dann zwischen dem Donanthale und dem adriatischen Meere liegt das Alpen¬ land mit vielen Längen- und Querthälern, aber ohne größere Ebenen. Im Nord-Osten des Alpenlandes schließen die böhmisch-mährischen Gebirge ein Terrassenland ein; im Osten der March zieht sich das kar¬ pathische Gebirge halbbogenförmig zwischen Mähren, Schlesien, Galizien, der Bukowina und Ungarn zum s i e b e nbür g i s ch c n Hochlande, welches ziemlich steil zum moldau-walachischen Tieflande abfällt. Eingeschlossen von Ausläufern der Alpen und Karpathen breitet sich die ungarische Tiefebene in fast gleicher Seehöhe wie die oberitalische aus. Einen Zweig der Alpen bildet der Karst, der sich um das adria- tische Meer herumzieht, durch ganz Dalmatien fortsetzt und in die benach barte Türkei hinein erstreckt; auch das Bergland der quarnerischen und dal matinifchen Inseln gehört dem Karste an. Die Alpen. Die Central- oder Ura lp en erstrecken sich von der Reschenscheidek bis zum Wechsel, und laufen im Leitha-Gebirge und dem B-'rkony-Waldc ans. Ortles- Gruppe (Ortles 12.390'); Oetzthaler-Gruppe (Wildspitze 11,910'); hohe Tauern (Gro߬ glockner 12.000'); niedere Tauern (Hochgolling 9050'). — Pässe: Finstermünz, Liönzer und Brixncr-Klausc, Klamm, Mandling. I o ch-U ebcrg äug c: Stilfser-Joch (8850'), Brenner (4450'). Nadstätter- 5500') und Rottcnmanner- (4700') Tanern. — Die nördlichen Kalkalpen ziehen sich vom Bodensee bis zum Kahlenberge bei Wien. Unregelmäßige Formen, zerrissene, lichtgrane Felsen, zahlreiche Engpässe. (Dachstein 9490'.) Pässe: Ehrenberger Klause, Scharnitz. Joch-Uebergäng e: Phhrn, Semmering. — Die südlichen Kalkalpen erstrecken sich in Oesterreich vom Garda-See bis gegen¬ über der Theißmündnng. (Voürottn äi lUnrinolnta 10.520', Triglav 9037'.) Pässe: Etschklause, Ponteba, Malborghet. Joch-Uebergänge: Predil, Loibl. Der Karst ist ein ödes Kalkplateau mit vielen Mulden, Trichtern und Höhlen, unter¬ irdischen Grotten und Gewässern, fast ohne offene Flußthäler; aus der Hochfläche ragen nur vereinzelte Hohcnzüge und Berghöhen empor. (Niederer Karst iin W., Tschitscher 67 Bodeu, hoher Karst in Krain; Vcllebi« (55700 in der kroatischen Militärgrenzc, große und kleine Kapella; in Dalmatien der Berg Dinara (57000. Die böhmisch-lilührischeii RMdgelurgc:' Der Böhmcrwald (Plöckeustein 4314') mit zahlreichen Passen; das Fichtelgebirge; das Erzgebirge (Keilberg 3937') mit häufigen Joch-Ucbergängen; das Jfer-Gebirge (Tafelfichte 4716'); das Riesen¬ gebirge (Schueckoppe 5022'); das Glatzer Randgcbirge (Spieglitzer Schneeberg 4428'); das Gesenke (Altvater 4704'), gewöhnlich mährisches Grenzgebirgc, mit zahl¬ reichen Joch-Uebergängeu. Die letzteren vier, oft unter dem Namen der Su d eten zu- sammengefaßt, mit vielen Joch-Uebergängen. Die Karpathen: u) Central-Karpathen, das nordungarische Gebirgsland bis zum Durchbruche des Poprad. Die hohe Tatra (Gerlsdorfcr Spitze 8350', Lomnitzer Spitze 8300'); die Gebirgsgruppcn im östlichen Nordungaru; das siebenbur- gischc Hochland. Pässe: Oytos, Törzburg, Nothenthurm, Vulkan, Eisernes Thor, d) Nördliche äußere Karpathen: Kleine Karpathen und Biäskiden; das Wald¬ gebirge bis zu den Quellen des Viso und der Bistritz. Pässe: Jablunka, Dukla, De- iatyu. o) Südliche äußere Karpathen: Fatra und Matra: Hegyallya; sieben- bürgisches Erzgebirge; Bihar. Die Ebenen nehmen etwa H der Oberfläche ein; die größten sind in Ungarn, Galizien und im lomb.-venez. Königreiche. Die große unga¬ rische Tiefebene (1800 OM) von den Karpathen bis zur südlichen Donau, vom Bäkonhwalde bis zum siebenbürgischen Hochlande. Größtentheils Ge¬ treidebau oder Steppe, an einzelnen Stellen dürre Haide oder Sumpfland. Zwischen der Donau und der Theiß: die Kecskemeter-, zwischen der Theiß und Körös die Debrecziner-Haide. Im südlichen Theile, an welchem sich längs der Drave und Save die kroatisch-slavonische Tiefebene (140 ^M.) anschließt, gedeiht das beste Getreide in reichem Maße. Zwischen dem Bä- konhwalde, den westlichen Zügen der äußeren Karpathen und dem Leitha- gebirge ist die kleine ungarische Tiefebene (160 ^M>), welche nach Nie¬ derösterreich und Steiermark hincinreicht. — Am Nordabhange der Karpa¬ then breitet sich die galizische Ebene (900 ^M.) aus, eigentlich ein von mäßigen Hügeln durchzogenes, wellenförmiges Plateau. — Sehr fruchtbar ist die lombardisch-venezianische Tiefebene (100 ^M. auf österrei¬ chischem Gebiete) zwischen dem Südabhange der Alpen und dem Po. Die Gewässer. Das adliaüsche Meer bespült auf einer Länge von 255 Meilen die vielfach gegliederte österreichische Küste von der Po-Mündung bis südlich von Cattaro. Die venezianische Küste (von der Po-Mündung bis jenseits des Tagliamento) ist flach und nieder; vor den Mündungen der Flüsse haben sich Bänke von Sand und Schlamm gelagert; eine Reihe schmaler Dünen (IHi) trennt die Lagunen vom offenen Meere. Die illhrische (wenig¬ stens vom Jsonzo bis nächst Fiume) ist steiler, zum Theile felsig, die vielen Buchten bilden sichere Häfen. Die kroatische (bis südlich von Carlopago) ist ebenfalls felsig, aber minder zugänglich als die frühere. Die dalmatinische ist theilS sehr steil und zerrissen, theils gänzlich unzugänglich; dagegen haben die Inseln viele treffliche Ankerplätze. — Die größten Golfe sind jene von Ve¬ nedig, Triest, Fiume (Qnarnero) und die llooosts (spr. bokke) äi Oätturo. Geringste Tiefe bei der Po-Miindimg, größte bei der Insel Mcleda (2800'). Meeres¬ grund an der Westküste lehmig oder sandig: an der Ostküste mitunter Korallcnstämme. An der Ostküste großer Salzgehalt. Ebbe und Fluth nicht bedeutend. Strömung an der Ost- küstc nordwärts, au der Westküste südwärts. Hanptwinde Sirocco (Sud) und Bora (Nordost); im Spätherbste und Winter bedeutende Stürme. Oesterreichs Seeverkehr durch Vermittlung des „österreichischen Lloyd" in Triest; vorzügliche Kriegshafen Pola und CLttaro- Ehemalige Bedeutung Venedigs und Dalmatiens, das die vestcn^Seelente lieferte. 68 Flüsse. — Der nördliche kleinere Theil des Kaiserstaates gehört zum Ge¬ biete der Nord- und Ostsee; der südliche, größere zu den Gebieten des Adria- scheu und Schwarzen Meeres. Mit Ausnahme von Istrien, welches selbst an Küstenflüssen arm ist, erfreuen sich alle Länder einer entsprechenden An¬ zahl von fließenden Gewässern. Die Hauptflüsse sind: Donau, Dnjestr (schwarzes Meer), Weichsel, Oder (Ostsee), Elbe, Rhein (Nordsee), Po und Etsch (Adriatisches Meer). Das größte Flußgebiet innerhalb Oesterreich hat die Donau (8000 ^>M.), das kleinste der Rhein (40 L>M.). 1. Der Rhein bespült die Reichsgrenze (Vorarlberg). 2. Die Elbe führt die böhmischen Gewässer der Nordsee (Hamburg) zu. Ursprung am Südabhange des Riesengebirges; von Melnik mit Schis¬ sen (auch Dampfern) befahren. Nebenflüsse: Moldau (schiffbar von Bud- weis) mit den Zuflüssen: LuLnic, Sazawa, Wottawa, Beraun; — dann Eger und (rechts) Iser. 3. Die Oder entspringt in den Sudeten in Mähren und nimmt den schlesischen Grenzfluß Oppa auf; tritt dann nach Preußen über. 4. Die Weichsel entspringt in den schlesischen Bieskiden, Grenzfluß gegen Preußen und Rußland, nimmt den Dunajec (mit dem Poprad), die Wisloka und San auf, Austritt nach Rußland. 5. Der Dnj estr, vom Nordabhange der Karpathen, Bett und Wasser- schlammig, tritt nach Rußland aus. Nebenflüsse: der Stryj, die Lomnica und Bistrica. 6. Der Po, Grenzfluß gegen die italienischen Staaten; flache Ufer, Dampfschifffahrt, Ueberschwemmungen an den Mündnngen. Nebenfluß: Mincio (Garda-See, Sümpfe von Mantua). 7. Die Etsch erhält ihre Wasser aus dem Oetzthaler Fernerstock; von Botzen an schiffbar; das Bett im Oberlaufe felsig, im Mündungsgebiete schlammreich (Polesine). Nebenfluß Eisak. 8. Die Donau, Ursprung im Schwarzwalde (Brege, Briegach, Ver¬ einigung bei Donaueschingen). Die wichtigste Verkehrsstraße für Oester¬ reich, welches sie bei Passau betritt und nach einem 176 Meilen langen Laufe bei Orsova verläßt. Im Oberlaufe von Passau bis Wien treten häufige Ver¬ engungen des Flußbettes ein, und auf jede Verengung folgt ein Becken, welche im Mittelläufe (Wien—Orsova) an Größe zunehmen. (Engen: Passau, Grein bis Krems mit Strudel und Wirbel, Greifenstein, Preßburg, Waitzen, oberhalb Orsova; Becken: bei Linz, Tuln, Wien, kleine und große unga¬ rische Tiefebene). Im Oberlaufe starkes Gefälle, im Mittelläufe träger, auen- nnd inselreich. (Ursprung 2210' Seehöhe, bei Passau beiläug 900', Preßburg 400'; — während sie also auf dieser 120 Meilen langen Strecke (Ursprung—Preßburgs ein Gefälle von 1700' hat, kommen auf den weite¬ ren 254 Meilen langen Weg sPreßburg-Mündungs nur 400'; daher im Mittel- und Unterlauf träger Lauf). In Oesterreich und bis zur Mündung wird sie von Dampfschiffen (Donau-Dampfschifffahrls-Gesellschaft) befahren. Ihre schiffbaren Nebenflüsse sind links die March (mit der Thaha und deren Zuflüssen), Waag, Neutra, Gran, Eipel, Theiß (mit der Sza- mos, Körös und Maros, dem Bodrog und Hernad u. a.), Temes, Aluta, Sereth und Pruth (letztere drei münden außerhalb der Monarchie in die Donau); — rechts: der Inn, die Traun, Enns, Leitha, Raab, Drave (nut der Mnr) und Save (mit der Kulpa und Unna). Seen- — Die meisten Seen liegen im Alpengebiete; in den Karpa¬ then kommen zahlreiche Gebirgsseen („Meeraugen") vor; die größten Seen 69 sind im ungarischen Tieflande; die Länder des böhmisch-mährischen Gebirgs- Shstems haben keine nennenswerthen Seen. Mit Ausnahme des Garda- See's im Venezianischen gehören alle dem Donaugebiete an. Mehrere Seen werden mit Dampfschiffen befahren. Die wichtigeren sind: Der erwähnte Garda-See (Sarca — Mincio); der Bodensee (Rhein), — der Hallstätter-, Traun-, St. Wolfgang-, Mond-, Atter- und Wallersee; — der Neusiedler- und. der Plattensee im ungarischen Tieflande; — der Millstätter-, Ossiacher- und Wör¬ thersee in Kärnthen; — der Veldessee in Kram. Merkwürdig sind die Karstseen (Cir knitz er-See) wegen ihres wechselnden Wasserstandes. In Böhmen kommen viele Teiche vor. An 200 ^M. der Bodeufläche des Kaiser¬ staates sind mit Sümpfen bedeckt, zumeist in der ungarischen Tiefebene, namentlich längs der Theiß und in der Nachbarschaft des Neusiedler See's, daun in Galizien. Die Torfgrlludc liefern ein stets mehr benütztes Brennmaterial. Klim a. Oesterreich liegt in der gemäßigten Zone und hat im Allgemeinen ein mildes, dem Pflanzen- und Thierleben zuträgliches Klima, wovon nur die Hochgebirgsgegenden eine Ausnahme machen. Die kontinentale Lage, die Ausbreitung gegen Osten, vorzüglich aber der Wechsel in den Boden¬ erhebungen bewirken eine große Verschiedenheit in der mittleren Jahres- Temperatur. Der stärkste Temparaturwechsel findet in der ungarischen Ebene statt; die Küstenstriche sind im Allgemeinen geringeren Schwankungen aus¬ gesetzt als die Binnenländer. Man unterscheidet in Oesterreich 3 klimatische Regionen: n) Die südliche (42 — 46° n. Br.) begreift das lombardisch-vene¬ zianische Kölligreich, Südtirol, das Küstenland, den südlichen Theil von Kroatien, Slavonien, die Militärgrenze, die Wojwodina und Dalmatien. Kürzer Winter mit wenig Schnee und Eis; es gedeihen außer den Getreide¬ arten der Maulbeer- und Oelbaum, Reis, Mais, Wein, die Feigen, hie und da auch andere Südfrüchte. b) Die mittlere (46—50" n. Br.), das Erzherzogthum Oester¬ reich, Salzburg, Steiermark, Kärnten, Kram, Nord-Tirol, Mähren mit einem Theile Schlesiens, Süd-Böhmen, der größte Theil Galiziens, Ungarn, Bukowina, Siebenbürgen. Längerer, strengerer Winter; noch gedeihen alle Getreide-Gattungen und Mais in Fülle, in einigen Landstrichen sehr gute Wein- und Obstsorten. «) Die nördliche (über 50" n. Br.), Nord-Böhmen, der Rest von Schlesien und Galizien; minder ergiebiger Getreidebau, Flachs, Hanf, aber in der Regel kein Mais- und Weinbau. Die Regenmenge ist in den Mpenländcrn am größten, in Dalmatien, Istrien und der ungarischen Ebene am geringsten; hier jedoch häufiger Thau. Gewitter am wenigsten in Niederösterreich, ihre Zahl und Heftigkeit nimmt gegen Süden zu, die häufigsten in der italienischen Ebene in den hohen Alpen- uud Karpathengegenden, auch im Böhmerwalde. Hagel am häufigsten in Tirol, Südsteiermark und Unterkrain. Unter den Winden der feuchte Westwind vorherrschend; in der venezianischen Ebene auch der Nordwind und der Siroccv (in Tirol „warmer Wind"), der im Frühlinge den Schnee auf den Alpen rasch schmilzt und dadurch häufig Lawinenstürze und Ueber- schwemmuugen verursacht. Auf dem Karstplateau der Nordostwind (Bora). CLttaro Venedig Triest Fiume Trient Wien Ofen. Graz.. Troppau. Rumburg 12.0» 10.9 10.5 9.5 Mittlere Jahreswärme einiger Orte: 14.8" L. "" - 13.1 „ 13.0 „ 12.8 „ 9.4" C. 9.1 „ 7.0 „ 70 §. 39. Die Bevölkerung im Allgemeinen. Die drei Hauptvölker Europa's: Deutsche, Slaven und Roma¬ nen vertheilen sich in den Gebirgsländern der Monarchie, während der später hinzngekouunene Volksstamm der M a g h a r e n vorzüglich das Flach¬ land der mittleren Donau bewohnt. In Hauptmassen genommen gehören die Nordabhänge der Alpen, daun die Gebirgsstrecken des Böhmerwaldes, des Erz-, Riesen- und Sudeten- Gebirges den Deutschen an, welche auch in vielen Sprachinseln längs der Donau und an beiden Seiten der Karpathen weit nach Osten sich aus¬ dehnen. Sie sind in vielfacher Beziehung die Träger der Industrie, der Wissenschaft und des geistigen Lebens. — An den Südabhängen der Alpen wohnen im Südwesten die West-Romanen (Italiener, Ladiner, Friauler); im Südosten die Süd-Slaven (Slovenen, Kroaten und Serben). — In den Gebieten der Sudeten und Karpathen sind die Wohnstätten der Nord-Slaven (Czecken, Mährer, Slovaken, Polen und Ruthenen); in den östlichen Karpathen wohnen die Ost-Romanen (Walachen und Mol¬ dauer). — Die Magyaren verbreiten sich in der Ebene an der mittleren Donau und Theiß, sowie die stammverwandten Szekler im siebenbürgi- schen Hochlande. Die kleineren Stämme leben zerstreut in den verschiede¬ nen Königreichen und Ländern. Die Bevölkerung vertheilt sich annähernd in: 8,200.000 Deutsche, 15,300.000 Slaven (11,300.000 Nord-, 4,000.000 Süd-Slaven), 5,700.000 Romanen (3,000.000 wälscher Stamm, und 2,700.000 Ru¬ mänen), 5,050.000 Magyaren, 1,400.000 kleinere Stämme (16.000 Armenier, über 1,060.000 Juden, 84.000 Zigeuner u. s. w.). Im Ganzen beläuft sich die Zahl der Bewohner gegenwärtig auf nahezu 36 Millionen. Die dichteste Bevölkerung (7671 bis 6646 auf 1 ^Meile) lebt in den Delegationen Venedig, Padua, Treviso, Mantua und im Kreise Leit- meritz (Böhmen); S der Monarchie gehören dem mittleren Durchschnitts- Verhältnisse an (3798 bis 2083); die schwächste Volksdichtigkeit (1161 bis 975) kommt nur im Alpengebiete Salzburgs, des Innsbrucker und Brücker Kreises, in den ödesten Karpathenstrichen und in der Marmaros vor. Die überwiegende Mehrzahl der Bewohner des Kaiserstaates (an 24 Millionen) bekennt sich zur römisch-katholischen Kirche; — zur grie¬ chischen Religion gehören etwa 6^ Millionen, (davon A nuirte und Z nicht-unirte), welche hauptsächlich in Galizien, der Bukowina, Ungarn, der Wojwodschaft, Militärgrenze und in Dalmatien leben. — Die Zahl der Evangelischen (Protestanten) beträgt über 3 Millionen (zumeist in Un¬ garn) ; ferner leben in Oesterreich Unitarier (meist in Siebenbürgen), einige Anhänger kleinerer Seelen und über 1 Million Israeliten. Die Katholiken des lateinischen Ritus stehen unter 13 wirklichen Erzbischöfen, 53 Bischöfen, einem Vicar des nicht-österreichischen Bischvfes zu Breslau, einem mit bischöflicher Jurisdiction versehenen Abte nud dem apostolischen Feld-Vicar in der Armee. Die Katholiken des griechischen Ritus (unirte Griechen) haben 2 Erzbischöfe und 7 Bischöfe; jene des armenischen Ritns 1 Erzbischof. Die Angehörigen der g riech isch-ni chtn ni r te n Kirchehaben in Karlowitz einen Patriarchen nnd außer- 71 dem 10 Bischöfe. Die Ev ang e lische» (Augsburger und Helvetischer Confession) haben mit Ausnahme der ungarischen Länder und Siebenbürgen je ein Consistorium in Wien. Die Israeliten haben Rabbiner und Prediger. Z. 40. Materielle Kultur. Unser Vaterland ist mit den mannigfaltigsten Produkten ans den drei Reichen der Natur gesegnet. Der Boden ist im Allgemeinen fruchtbar, obwohl hierin vielfache Abstufungen unter den einzelnen Ländern Vorkommen, welche von der geographischen Lage der vertikalen Erhebung, der Tempe¬ ratur, der Menge des Niederschlages n. s. f. abhängen. Ueber H der Ge- sammtfläche sind anbaufähiger Boden, auf welchem alle wesentlichen Ernäh¬ rungsmittel in ausreichender Menge für die Bevölkerung gewonnen werden. Ungarn mit der Wojwodschaft, Slavonien, Böhmen, Mähren, Galizien und das Venezianische sind eigentliche G et r eid eländer; — Tirol, Salzburg, Steiermark, Kärnten und Oberösterreich sind besonders zur Viehzucht geeignet, die aber auch in Galizien und Ungarn einen beträchtlichen Theil der Produktion bildet; — die Alpen- und Karpathen-Gegenden sind reich an Salz und Erzen. Die Grundlage des Nationalwohlstandes liegt im Kaiserstaate in den Ergebnissen der Bodenbenützung. An 24 Millionen Einwohner beschäftigen sich theils ausschließlich, theils überwiegend mit der Lnnüwirthschast (im weitesten Sinne), und der Werth der jährlichen Bo- denerzengnisse wird ans 1700 Millionen Gulden veranschlagt. Verhältnißmäßig, d. i. im Verhältnisse zur Gesammtfläche des betreffenden Landes, haben: Mähren die meisten Aecker, Salzburg die meisten Waldungen, Dalmatien die meisten Weiden, Oberösterreich die meisten Wie¬ sen, Kroatien die meisten Weingärten; — dagegen haben: Tirol die wenig¬ sten Aecker, Venedig die wenigsten Waldungen, Dalmatien die wenigsten Wiesen, Oberösterreich, Salzburg, Schlesien, Galizien und die Bukowina haben entweder gar keinen, oder doch keinen nennenswerthen Weinbau. Die Viehzucht hat im Allgemeinen bis jetzt noch nicht jenen Stand¬ punkt erreicht, daß sie als genügend für den Bedarf des Reiches anzusehen wäre. Die Zucht der Pferde, der veredelten Schafe und der Seidenraupe ist zunehmend und befriedigend. Da jedoch die Grundbedingungen für eine ausgiebige Entwickelung in der Größe des Graslandes und der Alpen vor¬ handen sind, so steht ein Aufschwung in diesem wichtigen Zweige der Land- wirthschaft zu erwarten. Mannigfaltig sind die Produkte des Mineralreiches. Gold (etwa 7600 Mark) und Silber (über 125.000 Mark) liefern hauptsächlich Sie¬ benbürgen und Ungarn, Silber auch Böhmen; Eisen (6^ Mill. Ztr.) von vorzüglicher Güte Steiermark, Kärnten, Ober-Ungarn, Böhmen und Mäh¬ ren; Kupfer (52.000 Ztr.) Ungarn, Benezien, Tirol, das Banat; Blei (über 140.000 Ztr.) Kärnten, Böhmen, Siebenbürgen und das Banat; Quecksilber (4000 Ztr.) Kram; Zinn Böhmen; Schwefel Kroatien; Graphit Oesterreich u. s. f. An Salz ist die Monarchie außerordentlich reich (über 7 Mill. Ztr. liefern Galizien, die Bukowina, die Marmaros, Siebenbürgen, Oberösterreich, Salzburg, Ober-Steiermark, Nord-Tirol, dann viel Meersalz); desgleichen besitzt Oesterreich unerschöpfliche Lager von Brann- und Steinkohlen (im böhmisch-mährischen Gebirgsshsteme, Steiermark, Ober- und Niederösterreich, Kärnten, Kram, Galizien, Ungarn, im Banat; gegenwärtig beträgt die Jahresausbeute über 73 Mill. Ztr. (ge¬ gen nur 4 Mill. Ztr. im Jahre 1831); Asphalt in Dalmatien u. a. m. 72 Der Reichthum an mannigfaltigen Rohstoffen, Wasserkräften und Brennstoffen, — das große Absatzgebiet im Innern des Reiches und in den benachbarten südlichen und östlichen Ländern, — schützende und begünstigende Gesetze haben in letzter Zeit ein rühriges Leben auf dem Felde gewerblicher Thätigkeit erzeugt, und die Industrie in Oesterreich weiset sehr erfreuliche Fortschritte auf. Allerdings herrscht hierin noch eine große Verschiedenheit unter den einzelnen Ländern. In Böhmen, Mähren, Nieder - Oesterreich, Schlesien, Vorarlberg ist das Fabriks- und Manufakturwesen bereits sehr blühend; — in anderen Provinzen sind zwar größere Fabriksunternehmun¬ gen noch seltener, aber das gewöhnliche Handwerk ist in ausreichender An¬ zahl vertreten; — in Kroatien, Slavonien, der Militärgrenze und Dal¬ matien kommt hingegen selbst das Kleingewerbe nicht hinreichend vor. Den Glanzpunkt des vaterländischen Gewerbefleißes bilden Leinen-, Wollen-, Seiden-, Leder-, Gold-, Silber-, Eisen-, Stahl-, Glas- und Thonwaaren. Auch in Holzwaaren, Chemikalien, Maschinen, musikalischen Instrumenten, Bier, Branntwein, Zucker u. a. hat Oesterreich sich Anerkennung erwor¬ ben. Man schätzt den Werth der jährlichen Industrie-Erzeugnisse auf 1200 bis 1500 Mill. Gnlden, wovon auf Böhmen, s ans Niederösterreich, auf Mähren mit Schlesien entfallen; Dalmatien und die Militärgrenze haben den geringsten Antheil daran. Der Handel Oesterreichs ist verhältnißmäßig ansehnlich, und zwar so¬ wohl der Verkehr unter den einzelnen Provinzen, als mit dem Auslande; er wird durch die Lage der Monarchie in hohem Grade begünstigt. Oester¬ reich bezieht Colonial-Prodnkte, feine Südfrüchte, Vieh, Roh- und Hilfs¬ stoffe für die Industrie aus dem Auslande, und führt Holz, Stahl, Glas und andere Erzeugnisse des Gewerbefleißes ans. Von hoher Bedeutung fin¬ den Handelsverkehr sind die Eisenbahnen, Reichs- und Landesstraßen, die Frachtschifffahrt auf dem Adriatischen Meere und den Flüssen. Die wich¬ tigsten Handelsplätze sind: Wien, Triest, Fiume, Prag, Pest, Brodh, Botzen, Kronstadt u. a. m. Z. 4l. Förderungsmittet der materiellen Kultur. Für die Benützung, Hebung und Erweiterung der natürlichen Hilfs¬ quellen und Schätze, für Förderung der materiellen und geistigen Kultur des Volkes sorgen Staats- und Privatanstalten. Landwirthschafts-Gesellschaften, landwirthschaftliche Ausstellungen mit Prämien-Vertheilung an verdienstliche Landwirthe, Ackerbanschulen, höhere landwirthschaftliche Lehranstalten und Fachzeitschriften, Versicherungsgesellschaften für Gebäude und Bodeuprodukte, Geld- und Kredit - Institute n. s. w. arbeiten unmittelbar an der Hebung der Landwirthschaft. Wichtige Hebel, welche auf mittelbare Verwer- thung der Natur- und Knnstprodukte des Landes abzielen, sind die Kom- mnnikationsmittel: die Straßen, Eisenbahnen, die Dampfschifffahrt, das Post- und Telegraphenwesen. n) Die Lmldsttnßcn. — Nothwendige Bedingungen für die Unter¬ haltung des Verkehres sind die Straßen. Alle bedeutenderen Orte der Monarchie sind zwar mit einander verbunden, doch nimmt die Menge der Straßen von Westen nach Osten sehr ab. Die wichtigsten Linien werden vom Staate erhalten und heißen Reichs- (oder Aerarial-) Straßen; an¬ dere bauen und erhalten dis einzelnen Länder, Bezirke und Gemeinden (Landes-, Bezirks-, Kommunalstraßen). 73 d) Die Eisenbahnen. — Oesterreich besitzt ein eigentliches Eisenbahn- System. Von der Hauptstadt des Reiches laufen vier Harptarme aus: 1. Die Nordbahn, in welche die nördlichen Bahnen Mittel-Europa's ein¬ münden; — 2. die Westbahn für den Verkehr mit Süd-Deutschland und Frankreich; — 3. die Süd bahn für den Verkehr mit Triest und der apenniiiischen Halbinsel; — 4. der östliche Arm reicht nach Ungarn und den südlichen Donauländern. Von den Hauptrichtungen laufen Verzweigun¬ gen aus, deren mehrere wieder unter einander in Verbindung stehen, und dadurch den Verkehr zwischen den einzelnen Theilen der Monarchie und mit dem Auslande erleichtern. Die einzelnen Bahnen im Jahre 1864 sind: 1. Die Kaiser Ferdinands-Norbahn, von Wien nach Krakau und dem An¬ schlüsse an die galizische Bahn, mit zahlreichen Ansäflnngen; 82'/, 'osir. Meilen Länge. Eröffnung 1837. Eigene Maschinen-Werkstätten und Kohlcnwerke. 2. Die Bahnen der österreichischen Staatseisenbahngesellschaft: n) die nördliche Staatsbahn von Brünn und Olmiitz über Prag nach Bodenbach; Länge 62 ö. M.; t>) die südöstliche Stastsbahu, Anschluß an die Norddahn, dann über Preßbnrg, Pest, Szegedin, TemesvLr, Bazias; Länge 91) ö. M.; o) die Wien-Neu-Szöuy-Bahn, 21 ö. M. Eigene Maschinenfabriken, Bergwerke und Waldungen. 3. Die galizischeKarl-Ludwigbahn , von Krakau durch Galizien über Lem¬ berg uach Brody; noch nicht ausgebaut; im Jahre 1863 bis Lemberg, mit zwei Flügel¬ bahnen; Länge 35 ö. M. 4. Die süd-norddeutsche Verbindungsbahn von Pardubitz nach Reichen¬ berg; Länge 27 ö. M. 5. Die Theiß-Bahn zur Verbindung des Ostens von Ungarn mit Galizien und mit dem Süden. Beendet: Von Szegled nach Kaschau; Szolnok nach Arad; Püspök- Ladanh nach Großwardein. 6. Die südliche Staats-und lombardisch- venezianische Eisenbahn, seit 1858 Actiengesellschaft. Befahren auf etwa 160 ö. M. Linien: Wien — Triest 76 ö. M.; Mödling — Laxenburg; Wiener- Neustadt — Oedenburg 4'/, ö. M.. KaniLa — Pragerhof in Steiermark; Uj-Szöny nach Stuhlweihenburg; Verona — Botzen und Innsbruck — Kufstein 29'/, ö. M.; — Marburg — Villach; KaniLa — Ofen und Steinbrück — Agram — Sissek; Nabrestna (bei Triest) — Udine — Peschiera mit den Flügeln nach Venedig und Mantua; Länge 49 ö. M. 7. Die Kaiserin Elisabeth-Westbahn (mit den Zweigbahnen Linz — Bud- Weis und Lambach — Gmunden) von Wien an die bairische Grenze; 64 ö. M. lang. 8. Kleinere Bahnen sind: h) Graz — Köflach, 5 ö. M.; b) Kralup — BMöhrad — Kladno und Prag — Lana, 10 ö. M.; a) Preßburg — Tyrnau — Szered, 8'/) ö. M.; ä) Wolfsegg — Traunthaler-Kohlenbahnen, 3. ö. M.; e) Aussig - Teplitz, 2'/, ». M.; 1) Briiuu — Rossitz. 3 ö. M; Fünfkirchen — Mohacz, 8 o. M.; b) Reichenberg — Zittau, in Oesterreich 3 ö. M.; i) Verbindungsbahn in Wien (zwischen dem Nord- und Südbahnhofe), I. ö. M. 9. Die böhmische West bahn von Prag über Pilsen nach Baiern, mit einigen Abzweigungen. «) Die Schifffahrt. — Das Meer, die Seen und Flüsse sind na¬ türliche, die Canäle künstliche Wasserstraßen. Im Verhältnisse zu den zahlreichen natürlichen Wasserstraßen muß die Länge der künstlichen nur eine geringe genannt werden, denn das Berhältniß der künstlichen zu den natürlichen Wasserstraßen ist in Oesterreich wie 1:10. — Von größter Wich¬ tigkeit für die Flußschifffahrt ist die Donau. Die Donau-Dampfschiff- fahrts-Gesellschaft befährt die Donau von Linz bis Galacz, die Theiß bis Tokai, die Save bis Sissek, die Drave bis Essegg. Die Elbe, Weichsel 74 und der Po werden gleichfalls von Dampfern befahren. Wichtigere Wasser¬ straßen sind ferner die Moldau, der Inn, die Etsch, der Dnjestr und an¬ dere. — Dampfschiffe fahren auf dem Boden-, Traun-, Platten- und Wörthersee. — Auf dem Adriatischen Meere und in der ganzen Levante vertritt am stärksten der „österreichische Lloyd in Triest" die öster¬ reichische Handelsflagge. — Canäle sind nur im Venezianischen, in Nie¬ derösterreich und Ungarn, n. z. stellt der Canal Tür taro mit dem 6. 6i- nuvo, dem 0. Kcii^etto (spr. Adidschetto) und jenem von (spr. Lenjago) eine Verbindung des unteren Po und der Etsch her, welche ihrer¬ seits durch den Oauai cli valle mit der Brenta verbunden ist. — In Nie- derösterreich ist der Wiener-Neustädter Canal; — in der Wojwodina ver¬ bindet der Franzens-Canal die Donau mit der Theiß und der Bega-Canal macht die Bega schiffbar; — in Ungarn entwässert der Särviz-Canal den Sumpfboden zwischen Stuhlweißenburg und Szekßard und der Albrecht- Karasicza-Canal jenen in der Baranya. Die D onau-Damps ch iffahrt s-Gesellschast hat 130 Personenboote und Remor- qneure mit 30.000 Pferdckraft, dann 490 Schleppschiffe. Kapital 28 Mill. Gulden. Der österreichische Lloyd, gegründet im Jahre 1833, hat 68 Dampfer und ein be¬ rühmtes Arsenal in Triest. Actienkapital 9,450.000 fl. 6) Das Postwescn und die Telegraphen sind Staatsanstalten und in fortwährender Zunahme begriffen. Im Jahre 1860 wurden bei sämmtlichen Postämtern der Monarchie über 79^ Mill. Privatbriefe, 26j Mill, amt liche Packete, an 14^ Mill. Fahrpostsendungen und Geldsendungen im Werthe von nahe 3400 Mill. Gulden befördert. Die Anlegung von Telegraphenlinien hat in Oesterreich im Jahre 1847 begonnen; gegenwärtig beträgt deren Länge schon über 1660 deutsche Meilen mit mehr als 200 Stationen. Längs der Eisenbahnen und Post¬ straßen, über Berge und Flüsse spannen sich die Fäden des Telegraphen¬ netzes und knüpfen sich an 24 Punkten der Reichsgrenze an die Linien be¬ nachbarter Staaten an. Von Ragusa wird nach den jonischen Inseln, nach Griechenland und Aegypten ein unterseeischer Telegraph gelegt werden. Weitere Förderungsmittel der materiellen Kultur sind die Geld- und Kredit-Institute (Nationalbank, Kreditanstalt, Escomptegesellschaft u. a.), die Versicherungsanstalten, Sparkassen, Handels und Gewerbekammern, Gewerbe¬ vereine, Gewerbeschulen, Industrie-Ausstellungen, Industrie-Privilegien u. s. f. Z. 42. Geistige Kultur. Für die sittliche Veredlung und geistige Ausbildung der Nation sorgen Kirche und Schule. Die Schulen werden in Volks-, Mittel- und Hochschulen eingetheilt. Die niederen Schulen (Volks- und Elementarschulen, Trivial-, Hanpt- Wiederholungsschulen) sollen in der Regel von allen Kindern im Alter von 6 — 12 Jahren besucht werden. Im ganzen Reiche gibt es über 32.000 (kath. und akath.) Volksschulen, die von mehr als 2^- Millionen Kindern besucht werden. Im Allgemeinen entfallen in der Monarchie auf 100 schul- pflichtige 64 schulbesuchende Kinder; doch ist der Schulbesuch in den verschiedenen Ländern der Monarchie noch vielfach ungleich*). Steiermark.100 : 80 Böhmen.100 : gg *) So ist z. B. dasVerhältniß der schul pflichti gen zu den schul besuch end en Kindern in d. Bukowina wie 100 : 10 in Ungarn ...100 : 61 in Ob. -u.N.-Ost. 109 : 98 „ Galizien . 100 : 16 „ Dalmatien.100 : 13 100 : 61 in Ob. -u.N.-Ost. 109 : 98 Mähren. 100 : 99 Tirol m. Voralb. 100 : 103 „ Venedig.100 : 32 d- h. der Schulbesuch wird noch über die Grenze des Pflichtigen Alters fortgesetzt n. s. w. 75 Die Mittelschulen sind Gymnasien und Realschulen; erstere be¬ reiten für die gelehrte Laufbahn (Priester, Lehrer, Staatsbeamte, Acrzte, Rechtsgelehrte u. a.) vor, letztere für die industrielle und kaufmännische. Gymnasien bestehen etwa 220 mit über 50,000 Schülern; — Realschulen (selbstständige und unselbstständige) beiläufig 150 mit etwa 25.000 Schülern. Die Zahl der Letzteren ist besonders in rascher Zunahme begriffen. Ueber- dies bestehen viele Landwirthschafts-, Gewerbe- und Handelsschulen. Zu den Hochschulen gehören die Universitäten und technischen In¬ stitute. Vollständige Universitäten bestehen in Wien, Prag, Krakau, Pest, Graz und .Padua, unvollständige zu Lemberg und Innsbruck. Polytechnische Institute sind in Wien und Prag, das Joanneum in Graz, die technischen Anstalten in Brünn, Krakau und Lemberg, das Josephs - Polytechnikum in Ofen. Außerdem bestehen in Oesterreich höhere Special-Fachschulen: 113 kath. theologische Lehranstalten aller drei Riten, die k. k. evangelisch-theologische Facultät in Wien und andere für christliche Confessione» in den Provinzen; 5 Rechtsakademien, die orientalische Akademie in Wien, landwirthschaftliche, Forst- und Bergakademien, höhere montanistische Lehranstalten, Akademien der Künste, Akademie für Handel und Schiff¬ fahrt in Triest, die Handelsakademie in Wien, höhere Handclslehranstalten in Pest und Prag, nautische Schulen, Thierarznei-Jnstitutc. Zahlreiche Unterrichtsanstalten für das Militär. Elementare Sp ccialschnlcn für Blinde, Taubstumme und Waisen, sowie für die weibliche Jugend. Die Vermehrung und Hebung der Volksschulen, die Organisirung der Mittelschulen und Hochschulen, die Errichtung zahlreicher Specialschulen haben in neuester Zeit große Fortschritte gemacht, und üben jetzt einen nicht zu verkennenden Einfluß aus Wissen¬ schaft, Kunst, Gewerbe und Handel. Z. 43. Verfassung und Verwaltung. L. Verfassung. Die staatliche Grundlage der Gesammt-Monarchie bilden: a) die pragmatische San ction Kaiser Karl des VI. vom 19. April 1713, — d) daö Kaiser-Patent Kaiser Franz des I. vom I. Ang. 1804, — o) das October-Diplom vom 20. October 1860 und — ck) das Februar-Patent vom 26. Februar 1861 — beide von Kaiser Franz Joseph I., unserem regierenden Monarchen. Die pragmatische Sanction bestimmt die Successions-Ordnung und begründet die Zusammengehörigkeit und Untrennbarkeit aller Länder der Monarchie. Dieses Staatsgrundgesetz wurde zuerst von den Ständen Nieder- Oesterreichs (im I. 1720) anerkannt, dann von jenen in Steiermark. Kärn¬ ten und Kram, Tirol, Schlesien und Mähren. Im gleichen Jahre nahmen die böhmischen Stände die pragmatische Sanction, als mit den Grundge¬ setzen des Landes vollständig übereinstimmend, an, und erklärten sich bereit, „dieselbe in allen Zeiten zu vertheidigen". Auf dem Landtage des I. 1722 wurde sie den ungarischen Ständen vorgelegt „und von allen Ständen des Reiches mit Bereitwilligkeit und Freudigkeit ausgenommen". Dieser Beschluß wurde dem Landtags-Decret vom I. 1723 einverleibt; die Erb¬ folge des Hauses Oesterreich, die unlösbare Verbindung Ungarns mit der Gesammt-Monarchie ist dadurch ein unverrückbares Laudesgesetz geworden. In dem gleichen Jahre (1722) haben auch die Stände von Kroatien und vAj. Swbenbürgen die pragmatische Sanction angenommen. Mit dem Patente vom I. August 1804 legte Kaiser Franz I. dem Hause von Oesterreich mit Rücksicht auf dessen unabhängige Staaten den erblichen Kaffertitel bei: „Kaiserthnm Oesterreich." 76 Das Diplom vom 20. October 1860 enthält die maßgebende Norm für den aufzuführenden Verfassungsbau des Reiches. Mit dein Patente vom 26. Februar 1861 sind die Grundgesetze für die Reichsvertretung und die Landesvertretungeu für die Landtage der „Königreiche nnd Länder" veröffentlicht worden. — Zur Reich s vertre- iung wäre, dem Febrnarpateute zufolge, der Reichsrath berufen. Der Reichsrath besteht aus zwei Häusern: dem Herrenhause und dem Hause der Abgeordneten; die Mitglieder des Herrenhauses werden vom Kaiser ernannt, die Mitglieder des Abgeordnetenhauses von den einzelnen Land¬ tagen aus ihrer Mitte gewählt. Die Mitglieder des Herrenhauses sind solche, denen der Kaiser die erbliche Reichsrathswürde verleiht, oder eS ist diese Würde mit einer gewissen Stellung verbunden, oder sie wird auf Lebensdauer verliehen. In das Haus der Abgeordneten soll¬ ten durch Wahl der Landtage 343 Abgeordnete kommen. Das Recht, Ge¬ setze zu geben, abzuändern nnd aufzuheben, wird nur unter Mitwirkung der Landtage beziehungsweise des Reichsrath es ausgeübt. Mit Patent vom 20. September 1865 ist die Februar-Verfassung sistirt worden. — In Lan¬ desangelegenheiten wird jedes Kronland vom Landtage vertreten, welcher nebst den Kirchenfürsten der Provinz und dem Rscrtor LluAniticms der Uni¬ versität aus gewählten Abgeordneten besteht, die vom großen Grundbesitz, von Städten und Märkten, von den Handels- und Gewerbekammern und von Landgemeinden gewählt werden. Als verwaltendes und ausführendes Organ der Landesvertretung besteht in jedem Kronlande ein Landes aus¬ schuß, gewählt vom Landtage aus seiner Mitte, unter dem Vorsitze des Landmarschalls oder Landeshauptmanns. II. Verwaltung. Die Staatsverwaltung wird im Namen Sr. Majestät des Kaisers von den Staatsbehörden geübt. Zum unmittelbaren Dienste des Kaisers bestehen: für Civilangelegenheiten die geheime Ca- binetskanzlei, -- für Militärangelegenheiten die G eneral- Adju¬ tantu r. Die höchste Verwaltungsbehörde des Reiches ist das Ministerium. Unter Gesammt-Ministerium versteht man die einzelnen Ministerien unter ihrem Minister-Präsidenten vereinigt. Die einzelnen Ministerien sind: Prä¬ sidium des Ministerrathes, — Ministerium des kaiserlichen Hauses und für auswärtige Angelegenheiten, — Staatsministerium,— Ministerium des Krie¬ ges, — Ministerium der Finanzen, — Ministerium für Handel und Volks- wirthschaft, — Ministerium der Justiz, — Ministerium der Polizei. — Ueber- dies bestehen drei Hofkanzleien: die ungarische, die siebenbürgische und die kroatisch-slavonische; — die oberste Rechnungscontrollsbehörde und andere Centralstelleu. Eine berathend e Behörde ist der Staatsrath, welcher dem Kaiser und seinem Ministerium zur Seite steht, dessen Präsident Minister¬ rang hat. Der Staatsrath hat zunächst die Gesetzentwürfe, welche zur Vor¬ lage an die Landtage oder den Reichsrath kommen sollen, oder welche von diesen Bertretnngskörperu ausgegangen, zur kaiserlichen Genehmigung (Sanc- lion) vorzulegeu sind, sowie andere wichtigere Verwaltungsangelegenheiten zu berathen. Der Kaiser behält es sich vor, das Gutachten des Staatsrathes auch in anderen Angelegenheiten einzuholen. An der Spitze der Verwaltung steht in jeder Provinz ein kaiserlicher Statthalter (auch Landesregierungs-Präsident) als Chef der Statthal- 77 terei und der ihr unterstehenden Kreise (Comitate, Delegationen), welche in Bezirke (Stuhlbezirke, Districte, Präturen) zerfallen. Die unterste Stufe im Verwaltungsorgauismus ist die Gemeinde, sie ist die eigent¬ liche Grundlage desselben. Die Gemeinde wird vom gewählten Gemeinde- rathe vertreten; die ausübende Behörde ist der Magistrat. An der Spitze der Gemeinde- (Communal-) Vertretung und Verwaltung steht der Bür¬ germeister. Die einzelnen Bestandtheile der Monarchie. Z. 44. Das ErchrrMthum Desterrnch (unter der Cnns), (Nicdeeösterreich.) 360 ^Meilen; 1,720.000 Einwohner; (mit Ausnahme der Residenz) fast durchgehends Katholiken und deutschen Stammes. — Grenzen? Das Land- — Niederösterreich ist zu I Bergland. Südlich von der Donau ziehen Theile der nördlichen Kalkalpen, welche aus Oberösterreich und Steiermark in das Land streichen (Oetscher, Raxalpe, Schneeberg); im Südosten tritt die letzte Bergreihe der Centralalpeu (Wechsel) in das Land; der Wienerwald mit dem Kahlengebirge bildet einen Ausläufer der ersteren, das Leithagebirge einen der letzteren. Nördlich von der Donau bildet die Südabdachung des böhmisch-mährischen Gebirges bergige Hochflächen, deren Rand gegen das östliche Hügelland der Manuhartsberg heißt. Die größte Ebene enthält das Wiener-Becken an beiden Donau-Ufern. Am linken Ufer bis zu deu kleinen Karpathen liegt das fruchtbare Marchfeld, sowie das Tulner-Feld, nordwestlich vom Wiener-Walde; am rechten das anmuthige, fruchtbare Wiener-Beckeu im engeren Sinne, in dessen südöstlichem Theile sich das unfruchtbare Neustädter-Steinfeld ausbreitet. Der Hauptfluß des Landes ist die Donau, welche fast alle Gewässer des Landes aufnimmt. Rechts: die Enns, Jps, Vielach, Erlaf, Traisen, Wien, Fischa, Leitha; — links: die Kamp und March (mit der Thaya). Schiffbar sind nur die Enns und March; die übrigen werden theils zur Holztriftung, theils für industrielle Zwecke benützt. Das starke Gefälle der Älpeugewässer bietet der Industrie bedeutende Wasserkräfte für die zahlrei¬ chen Mühlen und Hammerwerke; der Wasserreichthum in der Ebene für Spinnereien. Der Wien-Neustädter Canal dient zumeist für den Transport von Brenn- und Baumaterialien nach der Residenz (Schiffe mit 500 bis 800 Zentnern.) Landesverfassung, Landcsverwaltung, Orte: Der niederösterreichische Landtag besteht aus 66 Mitgliedern: dem Fiirsterzbischofe von Wien und dem Bischöfe von St. Pölten — dem Usetor-NnAniLous der Wiener Universität, 1ö Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 24 der Städte und Märkte, 4 der Wiener Handelskammer und 20 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Niedcrösterreich 18 Vertreter. Die oberste Verwaltungsbehörde ist die k. k. nied.-Lsterr. Statthalterei, welcher die k. k. Bezirksämter unterstehen. Die keinem Bezirksamte unterstehende Landes-, zugleich Rerchshaupt- und Residenzstadt des Kaisers ist Wien (Uber 5t5,000E.), die größte, bevölkertste und bedeutendste Stadt der Mon¬ archie. Die Stadt mit ihren 36 Vorstädten hat einen Flächeninhalt von mehr als 1 78 OM. und au 9090 Hauser. Sie ist der Sitz der halbsten Reichsbehörden und eines Erzbischofes. Vorzügliche Kirchen sind: die im gothischcn Style erbaute Metropolitan- kirche zu St. Stephan, die Karlskirche, Maria Stiegen, Augustiner - Hofpfarrkirche (Mausoleum der Erzherzogin Maria Christiana, von Canova), Kapnzinerkirche mit der kaiserlichen Gruft, Minoritenkirche mit dem Mosaik nach Osoimi-ao ä-r VIuoi, Alt-Ler- chenselderkirche, die im Bau begriffene Votivkirche u. v. a. Unter den Gebäuden verdienen Hervorhebung: die kaiserliche Burg, das Arsenal, das Belvedere (mit Gemäldegalleric), viele Staats- und Privat-Paläste, Akademie der Wissenschaften, Miinzgebäude, Haupt¬ zollamt, die Palais des Erzherzogs Albrecht, Fürst Liechtenstein, Graf Harrach, Fürst Schwarzenberg; das neue Bankgebäude, die Credit-Anstalt, die Handelsakademie, die Bahnhöfe n. 'v. a. Berühmt sind die großen kaiserlichen Sammlungen: Hofbibliothek, Naturalien-, Münz- und Antikenkabinet, Schatzkammer, Ambraser-Sammlung, Aka¬ demie der bildenden Künste, Kunstvereine. Mehrere Monumente (Kaiser Joseph-, Kaiser Franz- und Erzherzog Karl-Monument), Theseustempel im Bolksgarten u. a. Wissen¬ schaftliche Anstalten: Akademie der Wissenschaften, Universität mit großartigen Samm¬ lungen, geologische Reichsanstalt, geographische Gesellschaft, Seminar, Augustineum, Theresianum, polytechnisches Institut, Josephs-Akademie zur Bildung von Militärärzten, orientalische Akademie, Handelsakademie, 4 Gymnasien, 4 vollständige Realschulen, Privat-Real- und Handelsschulen u. s. w. Für Handel und Industrie: Natioualbauk, Creditanstalt, Escompte-Anstalt, Geld- und Waarenbörse, Sparcasse, mehrere Assecu- ranz-Gesellschaftcn, Douau-Dampsschiffsahrtsgesellschaft, Handels- und Gcwerbekammer, Gewerbeverein, Gewerbeschulen, Landwirthschafts- und Gartenbau-Gesellschaft. Viele Sanitäts- und Wohlthätigkeits-Anstalten, darunter: Spitäler, Taubstummen- und Blin¬ denanstalt, Irrenhaus, Waisenhaus, Jnvalidenhaus. Belustigungs- und Erholungsorte: der Prater, Augarten und andere Gärten, 6 Theater, herrliche Umgebungen mit schönen Landhäusern. Erste Fabrik«- und Handelsstadt de« Reiches. Kaiserliche Lustschlösser: Schönbrunn, Hetzendorf, Laxenburg. Bcmerkenswerthe Orte sind ferner: 1. Wiener-Neustadt (13.000 E.) Militär- Akademie, wichtige Industrie (Maschinen, Baumwollspinnerei, Seidenwaaren, Band¬ fabriken, Zuckerrafsinerienl; Geburtsort und Grab Kaiser Max I. Baden, warme Schwefelbäder, reizende Umgebungen. Jndustr ie plä tz e: Neunkirchen, Eisen¬ gießerei, Baumwollspinnerei; Potte udor f, die größte Baumwollspinnerei Oesterreichs (200 Maschinen, 62.000 Spindeln, über 1300 Arbeiter); für Baumwollspinnerei noch: Waltersdorf, Truman, Schwadorf, Fahrafeld, Felixdorf u. a.; Pitten, Klein-Neu- siedel und Ebenfurth Papier; Jnzersdorf am Wienerberge, die größte Ziegel- brennerei der Erde. Schwechat und Liesing, Bierbrauereien. Mödling, Gum¬ poldskirchen, Bö slau,G rin zing, Weidling, Kl ost er ne »bürg, Weinbau. Hainburg (Henneburg im Nibelungenliede), große Tabakfabrik. Stifte: Kloster¬ neuburg und Heiligenkreuz von Leopold dem Heiligen errichtet (in den Jahren 1108 und 1135); im ersten Reliquien des Stifters, im zweiten Gruft der Babenberger. 2. St. Pölten, Bischofssitz; berühmte Abteien: Melk, Seitenstätten, Her¬ zogenburg, Lilienfeld. Jndustrieorte für Eisenwaaren: Waidh o fe n an derJps, Schcibs, St. Egyd; Tuln, Tulnerfeld. 3. Körnen bürg, Werste der Dampfschifffahrtsgesellschaft: S to ckeran, Montnrs- Oekonomie-Haupt-Lommission: Aspern, Sieg des Erzherzogs Karl über Napoleoni. (22. Mai 1809): bei Jedenspeigen Sieg Rudolph's von Habsburg über Ottokar von Böhmen (1278); Rötz, Mallberg und Bisamberg, Weinbau; Maissan Sasrankultur; Dürnkrut, Absdorf, Rübenzucker. 4. Krems (5390 E.); St ein, Stapelplatz für den Donauhaudel. Abteien: Zwettl und Geras; Maria Taferl, Wallfahrtsort; Waidhofen an der Thaya und Groß-Si eghardt, Leinen- und Baumwollindustrie. Burgen: Dürrcnstein und Rosenburg bei Horn, Persenbeug. Ku lturditd. Der größte Theil des Landes ist Berg- und Hügelland mit saud- und kalkhaltigen Lchmabhängen. Mehr als 90°/„ des Bodens sind anbau¬ fähig; davon entfallen über 40°/„ auf das Ackerland, .^4°/, auf Waldun¬ gen, 14V« auf Wiesen und Gärten. Der Ackerboden ist im Allgemeinen nur mittelgut, die fruchtbarsten Theile sind das Tulner- und Marchfeld. 79 Der stärkste Ackerbau herrscht in den Donanebenen, an der March und Thaya; doch reicht die jährliche Erzeugung für den Bedarf des Landes, zu¬ nächst der Residenz mit der starken Bevölkerung nicht aus. Der Anbau von Flachs rind Hanf ist abnehmend; Senf wird bei Krems, Saffran bei Maissan gebaut. Wichtig ist der Weinbau auf etwa 8 ^W., der an 2 Mill. Eimer Wein, mitunter von ausgezeichneter Güte liefert (Gumpoldskirchen, VöSlau, Rotz u. a.). Im westlichen Thcile wird die Viehzucht betrieben (Rindvieh, veredelte Schafe, Geflügel, Bienen). — Unter den Produkten des Berg¬ baues ist die Gewinnung der Steinkohle im Umkreise des Wiener-WaldeS bedeutend; außerdem gewinnt man Eisen, Alaun, Graphit, vortrefflichen Kalk, Ghps und Mühlsteine. In' der Industrie nimmt Niederöstereeich den ersten Rang unter den österreichischen Kronländern ein; insbesondere bildet Wien nebst Um¬ gebung den Mittelpunkt dafür; zunächst steht der südöstliche Landcstheil. Der jährliche Crzeugungswerth dürfte wohl auf mehr als 150 Millionen Gulden veranschlagt werden, wovon auf die Residenz über Vz entfallen. Die Ge- werbethätigkeit liefert die mannigfaltigsten Erzeugnisse. Für Wien sind von Bedeutung: die Seidenwaaren, Shawls, Galanterieartikel (aus Gold, Sil¬ ber, Legirungen, Leder, Meerschaum), Modewaaren, Leder, Maschinen, phy¬ sikalische und musikalische Instrumente, chemische Produkte; für Wien und den übrigen Theil des Landes: Bamwollgespinnste (46 große Spinnereien mit über 550.000 Spindeln), gedruckte Baumwoll- und Schafwollwaaren, Papier und Papierwaaren, Zucker und Eisenwaaren. Auch die Leinen- und Zwirnerzeugung, Oelfabriken, Glashütten, Spiegelfabrikation und die Bier¬ brauereien sind bedeutend. Aerarische Etablissements: Staatsdruckerei und Porzellanfabrik in Wien, Papierfabrik Schlögelmühle bei Gloggnitz, Tabak¬ fabrik Hamburg. In Nieder-Oesterreich sind alle namhafteren Zweige des Gewcrbfleißes vertreten; die meisten großen Fabriken der Monarchie haben hier ihre Niederlagen; Wien bildet gleichsam eine permanente Industrie- Ausstellung. In den meisten Zweigen ist ein Aufschwung bemerkbar. Die Residenz ist ferner der Hanptsitz des österreichischen Handels, indem von da aus die Artikel des Gewerbefleißes nicht nur nach allen Provinzen, sondern auch in das, Ausland abgesetzt und von allen Seiten Rohstoffe und Fabrikate bezogen werden. Die Donau, die Eisenbahnen, gute Steinstraßen fördern den Verkehr, für dessen Hebung zahlreiche Geld-, Assekuranz- und Kreditinstitute, Gesellschaften und Vereine thätig sind, welche sich der Unter¬ stützung der Regierung erfreuen. Für die geistige Kultur sorgen nebst den (bei der Residenz) erwähnten wissenschaftlichen Anstalten des Staates, der Kommune und der Privaten auf dem Flachlande nahezu 1100 Volksschulen, mehrere Realschulen (Kor- neuburg, Wiener-Neustadt, Baden, Krems, St. Pölten n. a.) und Gymnasien (Wiener-Neustadt, Melk, Krems, vollständige; Seitenstctteu und Horn Unter- Gymnasien). Von 100 schulfähigen Kindern besuchen 98 wirklich die Schule, während die übrigen größtenteils häuslichen Unterricht genießen. — Die Residenzstadt Wien ist der Mittelpunkt für die technische und geistige Kultur in allen ihren Richtungen, sowie sie der Mittelpunkt des staatlichen Lebens 80 Z. 45. Das Erchcrzogthum Dcstcrrnch (ob der Enns). (Oberöstcrrcich.) 218 ^Meilen; 714.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken und deutschen Stammes. — Grenzen? Das Land. — Oberösterreich ist größtentheils Gebirgsland; seine südliche Hälfte füllen Theile und Ausläufer der nördlichen Kalkalpen, den nördlichen Theil Zweige des herzinischen Berg-Shstemes aus. Im Quell¬ gebiete der Traun erhebt sich die Dachsteingruppe, mit dem einzigen Gletscher und dem höchsten Punkte des Landes (Dachstein 9490J; zwischen der Traun uud Steier ist die Gruppe des großen Priel; zwischen der Steier und Enns jene des Phrgas; niedere Vorgruppen erfüllen den Raum zwischen Traun und Enns bis gegen die Donau. Zwischen der Traun und dem Inn liegt der Hausruckwald. Das linke Donauufer erfüllen Abhänge und Ausläufer des Böhmerwaldes. — Das Hauptthal des Landes ist das Donauthal, die bedeutendsten Nebenthäler sind an der Südseite (Inn-, Traun- und Ennsthal). Von Linz bis über Wels breitet sich die größte Ebene des Landes aus, die Welser Haide, welche nur durch unsäg¬ lichen Fleiß der Kultur gewonnen wurde. Das Land ist wasserreich und gehört fast ganz zum Donaugebiete. Die Donau tritt unterhalb Passau mit dem rechten, bei Engelhartszell auch mit dem linken Ufer in das Land, welches sie an der Enns-Mündnng mit dem rechten, bei Sarmingstein mit dem linken Ufer verläßt. Der für die Schiffahrt früher gefährliche „Strudel" und der „Wirbel" (unterhalb Grein) sind durch Felsensprengungen fast unschädlich gemacht worden. Die größten Nebenflüsse sind am rechten Ufer: der Jun, die reißende Traun, welche durch den Hallstädter- und Gmundner-See fließt, bald nach dem Austritte aus dem letzteren einen herrlichen Fall bildet, und deren oberes Thal mit den umliegenden malerischen Alpengruppen („Panorama des Schafberges") und zahlreichen Seen das „schöne Salzkammergut" heißt, — daun die Enns mit der Steier. Am linken Ufer fließt ihr die Mühl zu, auf welcher sehr viel Holz geschwemmt wird. Die prachtvollen Seen (Gosau-, Hallstätter-, Gmundner-, Atter-, Mond-, St. Wolfgang-See u. a.) liegen im Gebiete der Traun. — Das Klima ist rauher als in Niederösterreich, wovon die Flora des Landes abhängt. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: Der Sitz der Landesregierung ist Linz. In Landesangelegeüheiteu wird Oberösterreich vom Landtage vertreten. Der Landtag besteht aus 50 Mitgliedern: dem Bischöfe von Linz, 10 Abgeordneten des großen Grund¬ besitzes, 17 Abg. der Städte uud Jndustrievrte, 3 der Liuzer Handelskammer uud 19 Abg. der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet er 10 Venreter. Die Hauptstadt ist Linz (27,700 E.), Slatthalterei, Bisthum; 32 Befestigungsthiirme (Maximiliaus- Thürme); Museum l?runLiseo-6nrc>Iinuin, Gymnasium, Oberrealschule, Institute für Blinde und Taubstumme, Privatschuleu. Steigende Industrie (Schafwvllstoffe, Leder u. a-l; Schifsswerfte, Stapelplatz für den Donauhandel; Handels- und Gewerbekammer, Sparcasse, Feuer-Assecurauz. Reich au Wohlthätigkeits- uud Humanitätsanstalten. Vor¬ stadt Urfahr. JndustrielleOrte: K l ei nmüncheu,Kuustmühle, Baumwollspinnereien; Stru¬ del!, Zündwaarenfabrik; Haslach, Leinenwcberei; Vorder- und H in t erw eißen- bach, Leinwandbleichen; Mauthhausen, Granitbrüche, Pflastersteine für Wien. 2. Ried (3500 E.), Weberei, Getreidehandel; Schärding, Bierbrauerei, Holz¬ handel, Jnnbrücke; Brauuau, Schiffbau, Bierbrauerei, Weberei. 81 3. Wels (6000 E.), Kaiser Max I- starb hier am 12. Jänner ISIS; Hallstatt, Ischl und Ebcnsee Salzfudwerke, in Ischl stark besuchte Solenbäder; Gmunden, Hanptniederlage des im Salzkammergute gewonnenen Kochsalzes, Eisenbahn über Liuz nach Budweis; bei St. Wolfgang der Schafberg. Benediktinerstift Lambach (vom I- 1056); Fiechtau (Viechtau), Hauptsitz der Erzeugung von Holzspielwaaren; Wolfs¬ egg, mächtige Braunkohlenlager. 4. St ei er (10.000 E.), berühmte Eisen- und Stahlwaaren-Erzeugung (das öster¬ reichische „Birmingham"); Realschule; wichtiger Handel mit Eisenwaaren ; Enns, sehr alte gewerbefleißige Stadt, in der Nähe das Dorf L o rch (römische Colonie I-auriueuiu; ch 304 der heilige Märtyrer Florian); berühmte Stifte; St. Florian (im I. 1071) und Kremsmnnster (im I. 777). Industrielle Orte: Mölln (Maultrommeln); die Werke der Stahlwerksgesellschaft: Weyer, Groß- und Reichrami ng (Gußstahl¬ erzeugung); Micheldors, Spital am Pyhrn, Kirchdorf u. a. Sensencrzeugung. Hall, berühmte Jod-Heilquellen. Kutturbi 1 d. Dieses an Naturschönheiten reiche, von einer fleißigen, vorwärts stre¬ benden Bevölkerung bewohnte Land zeigt in allen Zweigen menschlicher Thä- tigkeit erfreuliche Ergebnisse, welche zu noch schöneren Hoffnungen berechti¬ gen. Ueber 90^ der Gesammtfläche sind productiv; über entfällt davon auf das Ackerland und fast ebenso viel auf den Waldstand. Die fleißige Bebauung liefert Getreide über den Bedarf; der Wiesenbau und sehr gute Alpenweiden befördern die Viehzucht. Die öberösterreichischen Bauernwirth- schaften könnten vielfach als Muster dienen. Außer Roggen und Weizen, die im Flachlande gebaut werden, ist die Kultur von Most-Obst, woraus der Eider (Aepfelwein, Birucn- und Aepfelmost) bereitet wird, sehr ausge¬ dehnt. — Der Bergbau liefert hauptsächlich Braunkohle und Salz; erstere zu Wolfsegg u. a. O. (über eine Million Zentner), an letzterem liefern Hallstadt, Ischl, Ebensee jährlich über eine Million Zentner. — Den wich¬ tigsten Industriezweig bildet die theils fabriksmäßige, häufiger jedoch handwerksmäßige Erzeugung von Eisen- und Stahlwaareu, wofür das Roh¬ material auf der Enns ans Steiermark bezogen wird. In Sensen und Sicheln behauptet es den ersten Rang (Micheldorf - Kirchdorfer Innung im Kremsthale); doch werden auch Messer (Steier), Nägel (Loseustein), Hand¬ werkzeuge und Geräthschaften sehr geschätzt. Der Mittelpunkt für diese In¬ dustrie, für welche über 700 Etablissements bestehen, und deren jährliche Erzeugung auf 4 Mill. Gulden bewerthet wird, ist Steier. Die Erzeugnisse finden nicht nur im Jnlaude Absatz; sie gehen in den Orient, nach den Donaufürstenthümern, auch nach Rußland, bis nach Kamtschatka und nach Nord-Amerika. — Die Baumwollindustrie macht glänzende Fortschritte; die Baumwollspinnerei hat die Scnsen-Jndustrie im Prodnctionswerthe so¬ gar schon überflügelt. In der Le inen Weberei herrscht, namentlich im ehe¬ maligen Mühlkreise, reges Leben. Die Schafwollwaaren finden überall Anerkennung. Die Leder- und P a p i e r erzeugung schreiten ebenfalls vor¬ wärts. Die Holzindustrie ist bedeutend (Schiffbau, ordinäre Holzwaaren und Berchtesgadnerwaaren oder Schnitzereien). Die Bierbrauereien ? s f" gutem Rufe. — Für den Handel und Verkehr ist die Schiff¬ fahrt auf der Donau, der Enns und der Traun mit ihren Zuflüssen von Bedeutung. Außer den zahlreichen schiffbaren Flüssen (Donau, Inn, Traun, Enns,^ Salzach) und flößbaren Bächen hat das Land ein ausgedehntes Netz von Reichs- und Landstraßen, die Gmnnden-Linz-Budweis- und die Elisa¬ beth-Westbahn (mit einer Abzweigung nach Passau), letztere als die kürzeste Linie von Wien über Süddeutschland nach Frankreich. Oberösterreich führt Klun, Geographie 0. Auflage. ß 82 sowohl Bodenprodukte als Industrie-Erzeugnisse aus; der Wohlstand der Bevölkerung ist zunehmend. Staats- und Gemeindeanstalten sorgen für die geistige Ausbildung. An Volksschulen bestehen etwa 500; in Linz, Freien¬ berg (bei Linz) und Kremsmünster sind Oberghmnasien; eine Oberreal- und eine Handelsschule sind in Linz; in Steier, Wels und Ried Unterrealschu¬ len. Humanitäts-Anstalten und Vereine sind für das leibliche und geistige Wohl der arbeitenden Bevölkerung sehr thätig. §. 46. Das HerMthum Salzburg. 130 ^Meilen; 147.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken und deutschen Stammes. — Grenzen? Das Land. — Salzburg ist ein Gebirgsland, eine Fortsetzung des Tiroler Alpenlandes; nur im Norden geht das Salzathal in die bairische Ebene über. An der Südgrenze (gegen Tirol und Kärnten) sind die hohen Tauern, mit Gletschern bedeckt. (Krimmler-, Felber-, Fuscher- und Hei¬ ligenbluter-, Mallnitzer-' und Radstädter-Taueru.) Die höchsten Spitzen, welche sich aus den Eisfeldern erheben, sind: die Dreiherrnspitze (11.350*), der Sulzbacher Venediger (11.600"), das Wießbachhorn 10.300"), der Hoch¬ narr (10.900"), der Ankogel (10.300"). — Die nördlich en Kalkalpen werden durch die Saale und die Salza in mehrere Gruppen geschieden, deren östlichste, das Tännengebirge, mit der Dachsteingruppe in Ver¬ bindung steht. Die vorgelagerten Parallelketten verlaufen sich allmälig gegen das Flachlands Ueber 90 ^M. nehmen die Gebirge ein und 6^ M. soll die Fläche der Gletscher („Keese"") betragen. Die bedeutendsten Thäler führen volksthümliche Benennungen: Pinzgau (oberes Salzathal), Pongau (mitt¬ leres Salzathal), Lungau (Murthal) und Salzachgau oder Flachland (unteres Salzathal). An Engpässen ist das Land ebenfalls reich: Klamm, Lueg, Mandling, Gschütt u. a. Der größte Fluß des Landes ist die Salza. In ihrem Oberlaufe bildet sie die Pinzgauer Sümpfe; durchbricht, nachdem sie rechts mehrere Wildbäche (darunter die Krimmler Ache der bedeutendste) ausgenommen, die Kalkalpen bei dem Passe Lueg, verschwindet fast ganz unter den Fels¬ massen („Oefen""), wird von Golling ab flößbar, von Hallein ab schiffbar und tritt unterhalb Salzburg mit der Einmündung der Saale an die bai¬ risch-österreichische Grenze. Die Krimmler Aache bildet den großartigsten Wasserfall in der Monarchie. — Die Enns bricht durch den Mandling- Paß nach Steiermark; auch die Mur tritt nach kurzem Laufe durch den Lungau nach Steiermark. — Salzburg hat viele kleine Gletscher- und Hoch¬ gebirgsseen; nur der Zeller-See im Pinzgau ist etwas größer. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: Der Sitz der Landesregierung ist Salz¬ burg. In Landesangelegenheiten wird Salzburg vom Landtage vertreten Der Landtag besteht aus 2t> Mitgliedern: dem Fürstbischöfe von Salzburg, 5 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 10 her Städte und Märkte, 2 der Salzburger Handelskammer und 8 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet er 3 Ver¬ treter. Die Hauptstadt ist Salzburg (17.300 E.), sehr schön gelegen, mit mehreren Denkmälern, schönen Kirchen und Palästen (häufig „das deutsche Rom"" genannt); Fürst-Erzbischof (ehemals reichs¬ unmittelbar); erzbischöfliche Residenz, kais. Lustschloß Mirabell; prachtvoller Marstall; in der Kirche St. Peter das Grab des heil. Rupertus, des ersten Bischofes von Salz- *) Hier grenzten ehemals „dreier Herren Länder"' — Kärnten, Salzburg und Tirol an einander. 83 bürg; Geburtsort des berühmten Tonkünstlers M ozart mit dessen Statue (geb. 17S6, -s 5. Dec. 1791 zu Wien). Theologische Facultät, Obergymnasium, Realschule, Biblio¬ thek, Museum Onroliiro-^uZustsuiu ; zahlreiche Wohlthatigkeits-Anstalten. Ledersabri¬ kation, lebhafter Transit- und Sheditionshandel, Eisenbahn. Handels- und Gewerbe¬ kammer. Ha klein (4000 E.), große Salzwerke im Dürrenberge, Salzsiederei, Solenbad, In¬ dustrie in Holzwaaren , Schiffbau; Wildbad-Gastein, berühmte heiße Quellen, malerische Umgebung, Wasserfall der Gasteiuer Ache; Hof-Gast ein, Badeort, das Wasser wird aus dem Wildbach geleitet. Rauris, Gold an der Schneegrenze. Flachau, Eisenindustrie; Ober-Alm, Chemikalien, Marmorbrüche am Untersberge. Kulturbi l d. Sind auch beiläufig 80 des Bodens produktiv, so ist doch wegen der ungünstigen Bodenverhältnisse und des Klima's der Ertrag des müh¬ samen Ackerbaues so gering, daß fast die Hälfte des jährlichen Bedarfes an Körnerfrüchten eingeführt werden mnß. Den größten Theil des produk¬ tiven Bodens nehmen Wälder und Almen ein ; auf letztere entfallen etwa 22^, auf den Waldstand überhaupt an 54-^ der Gesammtfläche; die Almen begünstigen die Viehzucht und die Milchwirthschaft. Die Rindviehzucht ist auf einer so bedeutenden Höhe, wie nur in wenigen Theilen des Reiches, besonders im Pinzgau und Pongau. In der Pferdezucht gilt die Pinzgauer Gebirgsrasse als das ausgezeichnetste schwere Zugpferd in Oesterreich. — Unter den Produkten des Bergbaues ist das Salz das wichtigste (Hallein liefert an 400.000 Zentner jährlich); die Eisengrnben in der Flachau lie¬ fern zu wenig Erz für den Bedarf, der aus Steiermark und Kärnten gedeckt werden muß. Nickel, Kobalt und Arsenik (an 900 Ztr.) finden Absatz auch im Auslande. Großen Reichthum hat das Land im Marmor des Unters- berges und an Ghps. Die Gold- und Silbergewinnuug ist verhältnismäßig gering. — Die Industrie dieses dünn bevölkerten Landes, in welchem der Alpencharakter am reinsten in Oesterreich ausgeprägt ist, genügt weder durch die Menge noch durch die Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse. In neuerer Zeit ist jedoch ein nachhaltiger Fortschritt bemerkbar und einige Artikel wer¬ den bereits exportirt: chemische Produkte (aus Oberalm), Holzwaaren (aus Hallein), Thon- und Eisenwaaren, Salzburger Kirschengeist u. a. m. Für den Verkehr hat die Salza Bedeutung, auf welcher Holz, Salz, Ghps (an 700.000 Ztr.) verschifft werden. Für den Ein- und Durchfuhrhandel sind die Landstraßen und die Elisabeth-Westbahn erwähnenswerth. — Außer den bei der Landeshauptstadt erwähnten Lehranstalten bestehen im Lande gegen 150 Volksschulen, sowie einige Humanitäts-Anstalten. 8- 47. Das Hcrzogthum Steiermark. 408 eMcilen; 1,077.000 Einwohner, fast durchgehends Katholiken (etwa 6000 Pro¬ testanten); beiläufig V- Deutsche, über '/^ Slaven (Slovenen). Grenzen? Das Land. — Steiermark gehört zn den Alpenländern und ist gleich ausgezeichnet durch deu Reichthum malerischer Landschaften und großartiger ^penpartien, wie durch die Fülle und Ueppigkeit des Pflauzenwuchses in den Ebenen. Der nördliche und westliche Theil sind Gebirgsland; im süd¬ lichen und östlichen wechseln Berg- und Hügellandschaften mit fruchtbaren Thälern und Ebenen. Das Gebirgsland hat Antheil an allen drei Alpen¬ zügen. Die Eentral-Alpen treten aus Salzburg ein (Hochgolling 900(ll). Die Hanptkette (Uebergang des Rottenmanner Tauerns) endet nahe der 84 Mündung der Liesing in die Mur; eine zweite Kette bildet die Scheide¬ wand zwischen Mur und Drave, entsendet einen nordöstlichen Ast bis Bruck, setzt auf dem linken Ufer der Mur seinen Zug fort und endet mit dem Wechsel; der südöstliche Ast zieht gegen die Drave (Pack- und Koralpe), überschreitet sie und endet mit dem Bacher-Gebirge; zwischen dem Wechsel und Bacher ist das Land mit Zweigen und Ausläufern der Seitenketten erfüllt. — Die nördlichen Kalkalpen treten mit der Dachstein- und Prielgruppe als Grenzgebirge gegen Oesterreich ob der Enns in das Land und ziehen sich, von dem Durchbruche der Enns bei Altenmarkt tief ein¬ geschnitten, mittelst der Hochschwab-Grnppe bis zur Schnee- und Rax-Alpe. — Die südlichen Kalkalpen beginnen mit den Salzbacher-Alpen (an der Grenze von Steiermark, Kärnten und Krain), breiten sich zwischen Save und Sann aus, werden von letzterer durchschnitten und treten später als Matzelgebirge nach Kroatien über. Die Kalkalp'en sind reich an Engpässen, wilden Schluchten und malerischen Thälern. — Die bedeutendste Ebene des Landes ist das Pettauer-Feld, dann das anmuthige Grazer- und das frucht¬ bare Leibnitzer-Feld. Das Land ist reich an fließenden Wassern, welche sämmtlich zum Flu߬ geäder der Donau gehören, und von denen die meisten zu Verkehrs- oder industriellen Zwecken benutzt werden. Der größte und für den Verkehr wich¬ tigste Fluß ist die Mur, der wesentlichste Nebenfluß die ans Kärnten schon schiffbar kommende Drave. Die Enns durchfließt größteutheils als rei¬ ßender Bergstrom vom Mandlingpaß bis Altenmarkt das Land und wird erst nach der Einmündung der (steirischen) Salza (vor Altenmarkt) schiff¬ bar. Wichtiger für den Verkehr ist die Save. Sie kömmt aus Krain, bildet die Grenze zwischen Steiermark und Krain und nimmt die aus den Sulzbacher Alpen kommende Sann auf. Die Traun und die Raab ent¬ springen in Steiermark. — Wasserfälle und Seen hat das Land verhältuiß- mäßig weniger als die übrigen Alpenländer; dagegen besitzt es viele Mi¬ neralquellen, die Mehrzahl Säuerlinge, unter diesen den Rohitscher Sauer¬ brunnen. Sehr in der Aufnahme ist auch der reizende Knrort Gleichenberg. Landcsversassnug, Verwaltung und Orte: Der Sitz der Landesregierung und des Landtages ist Graz. Der Landtag besteht aus 63 Mitgliedern: den Fürstbischöfen von Seckau (Graz) nnb Lavant (Marburg), dem tisetor UnZuiüvus der Grazer Universität, 12 Abg. des großen Grundbesitzes, je 3 von den Handelskammern von Graz und Leoben, 19 Abg. der Städte und Märkte, 23 von den Landgemeinden. In das Hans der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Steiermark 13 Vertreter. Landeshauptstadt ist Graz (63.200 E-), in einem reizenden Thale an der Mur, am Fuße des befestigten Schloßberges; Sitz des Statthalters, des Bischof von Seckau; Domkirche, Mausoleum Kaiser Ferdinand II. und seiner Faniilic, kaiserliche Burg, das Landhaus; Universität, höhere technische Lehranstalt mit reichen naturgeschichtlichen und technischen Sammlungen (Joanneum), Akademie für Handel und Industrie; Gymnasium, Realschule; Handels¬ und Gewerbekammer, mehrere Humanitätsanstalten, wissenschaftliche und industrielle Vereine. Industrie in der Zunahme, sehr lebhafter Handel. Schöne Umgebungen: Hil merteich, Schloß Eggenberg, Gösting u. a. Bruck an der Mur, Handel mit Eisen und Eisenwaaren, Realschule; Vordernberg und Eisenerz, berühmter Eisenbergban am Erzberge; in der Roheisenerzeugung sind bedeutend: Turrach, Ne ub er g, Go llrat h, Hiefl an, L i ctz e n; für Sensen und Sicheln: Rottenmann, Krieglach, Frohnleitcu, Leoben, Kindberg, 'Mürzzuschlag; Schladming hat Kobalt- und Nikelbergwerke; das große Eisen werk N euberg erzeugt Eisenbahnschienen; das käis. Gußwerk bei dem berühmten Wallfahrtsorte Mariazell Kanonen und große Gußwaaren (die Gnadenkirche im I. 1366 erbaut, 1644 erneuert), herrliche Umgebung; Mu ran, Stahl- und Schmied¬ eisenerzeugung; Leoben , montanistische Lehranstalt, Realschule, Handels- und Gewerbe kammer, starker Eisenhandel, Hammerwerke, Drahtzug, vorzügliche Steinkohlen. Präli- 85 miuarsriede am 18. April 1797. Aussee, im steirischen Salzkammergute, Steinsalz au« dem Sandling, Sndsalz; Judenburg, im Mittelalter Stapelplatz sür den Handel aus Deutschland nach Italien; Benediktinerstifte Admoud und St. Lambrecht. 2 Fürstenfeld, kais. Tabakfabrik; Glcichenbcrg, berühmte Heilquellen, gute Badeanstalten, Parkanlagen n. a.; Tobelbad (Doppelbad), Badeort; Radkersburg, auf einer Mnrinsel, Weinbau, Handel mit Landesprodnkten; Rein, Cisterzienserstift, gegr. 1128; Grabmäler mehrerer steirischer Herzoge, reiche Bibliothek; Vorau, Chor- herrcnstift, gegr. 1163; bei Eibiswald und Voitsberg reiche Steinkohlengruben. 3. Marburg (8000 E.), Sitz des Bischofes von Lavant, Gymnasium, Realschule; Obst- und Weinbau-, Leder- und Rosogliofabrikeu, bedeutender Handel. Cilli am Sanuflusse, Gynasium, Realschule; römische Stadt Osteia; Pettau tinuin 1545 — 1563) abhielten. Bisthum, Gymnasium. Bedeutende Industrie, lebhafter Handel. Roveredo, Seiden-Jndustrie und wichtiger Handel in Seide, Südfrüchten. Ala, Mori und Arco, Seidenzucht; Riva, malerisch gelegen am Gardasee mit Orangen- und Olivenhainen. Schifffahrt, Handel. 4. Bregenz (3200 E.), am Bodensee, lebhafte Industrie und ausgedehnter Handel , mit del: Schweiz. Sitz des Landtages für Vorarlberg. In der Nähe der Gebhardtsberg mit herrlicher Fernsicht und den Ruinen der Burg Montfort. Feldkirch, Baumwoll¬ industrie und andere Fabriken, Handel; Sitz des General-Vicars der Bischofes von Brixen, Gymnasium der k. k. Jesuiten. Bedeutend für die Baumwollindustrie sind in Vorarlberg noch: Bludenz, Hohenems, Dornbirn u. a. K ulturb i l d. Die Bodenverhältnisse des Landes sind mit Ausnahme einiger Thäler für die Landwirthschaft nicht günstig. Rechnet man auch über 58 A auf produktiven Boden, so entfallen davon doch nur wenig über 5A auf das Ackerland, ungefähr 26 A auf das Grasland und beiläufig 6 ^Meilen auf Weingärten, während dem Waldstand über 28 X zufallen. Keine Provinz hat so viel unbenützbaren Boden; denn beiläufig 190 ^Meilen sind der landwirthschaftlichen Benützung entzogen. Zudem ist der Ackerbau mit großen Schwierigkeiten verbunden. Das Land kann somit den Bedarf an Getreide nicht decken, welches aus Baiern eingesührt werden muß. Die Obstkultnr ist bedeutend, namentlich bei Meran; die Citronengärten am Gardasee dürften schwerlich ihres Gleichen finden; auch im Montafon-Thal ist starker Obstbau. Der Wein ist ein Hauptprodukt Süd-Tirols, doch gibt es nur wenig bessere Sorten; bei Feldkirch kommt ebenfalls einiger Wein¬ bau vor. Flachs, Hanf und Tabak werden in größeren Mengen bebaut. Den besten Flachs liefert das Oetzthal; der Leinsamen ans dem Oetz- und Jnnthale wird exportirt. Auf den Wiesenbau wird große Sorgfalt ver¬ wendet; auch befördern die vortrefflichen Alpenwiesen („Almen") sehr die Viehzucht (Rindviehzucht im Bregenzer Walde, Lechthal, Pusterthal), welche eine Hauptnahrungsquelle bildet. Trotz des großen heimischen Bedarfes an , Milchprodukten gelangt doch vorzüglicher Käse (aus dem Bregenzer-Walde) zur Ausfuhr. In Süd-Tirol wird die Seidenraupenzucht sehr schwunghaft betrieben. — Der ehemalige Reichthum an Metallen besteht nicht mehr; am meisten gewinnt man Salz, Kohle und Eisen; doch erreichen die Pro¬ dukte des Bergbaues (mit Ausnahme von Salz) kaum den Werth von '/2 Million Gulden. Tirol mit Vorarlberg ist zwar im großen Ganzen kein Iud ustrie- land, doch lassen sich in dieser Beziehung drei Hauptgruppen unterscheiden. Vorarlberg (vornehmlich das Rheinthal und der Wallgau) hat eine schwung¬ hafte Industrie, insbesondere in Baumwplle, und ist nächst Niederöster¬ reich und Böhmen, der stärkste Produzent in Oesterreich, dessen Fabrikate jährlich mit 2 Millionen Gulden bcwerthet werden. (Kennelbach, Feldkirch, Blndenz, Dornbirn, Hohenems n. a.) Wichtig sind noch der Maschinenbau (Frastanz, Feldkirch), die Gnßwerke (Dornbirn, Frastanz), die Papierfabri¬ kation, der Schiffbau und die Verfertigung von Alpeuhütteu für die Schweiz. — In Deutsch-Tirol kömmt die Industrie nur vereinzelt, hauptsächlich in den Thälern vor, und sind^verhältnißmäßig am stärksten die Leder- und Eisenarbeiten vertreten (Stubai-, Puster- und Fleimser-Thal). Im Oetz-, Passeier-, Inn- und Pusterthal kömmt die Leinen-Handweberei, die Verser- 95 tigung von Lodentuch und Teppichen vor; — das Ziller- und Pustexthal erzeugen Handschuhe; im Grödner-Thate herrschen die Holzschnitzerei und Spitzenklöppelel vor. Bedeutendere Industrieorte in diesem LandeStheile sind: Imst, Innsbruck, Telfs (Baumwollwaaren); Brixlegg, Achenrain, Stans, Schwatz (Metallwaaren); endlich kommen einzelne Papier- und Tabakfabri¬ ken, Zuckerraffinerieu nnd andere gewerbliche Unternehmungen vor. — In Süd-Tirol, mit dem Charakter der italienischen Landschaft, gibt die Seide den Haupterwerb. Zahlreich sind die Filanden (über 800) und Filatorien (über 50); dagegen bestehen nur wenige Etablissements für die Verferti¬ gung von Seidenwaaren (Sammtfabrikation in Ala seit 1640). Die grö߬ ten Filanden (zu Lizzanella) und Filatorien der Monarchie sind um Rove- redo, Mori, Borgo u. s. w. Tirol hat große, mitunter Kunststraßen und zwei Eisenbahnen (von Innsbruck über Kufstein nach Rosenheim in Baiern, von Botzen nach Ve¬ rona), welche wichtig für den HandelSverkehr sind. Die Brenner-Bahn (Innsbruck—Botzen) wird vorbereitet. Das Land führt Getreide, Colonial- waaren und vielerlei Industrie-Erzeugnisse ein; seine Hauptausfuhrartikel sind Wein, Seide, Rindvieh, Holz, Salz und Baumwollwaaren; doch ist der Werth der Einfuhr größer als jener der Ausfuhr. Bedeutend für den Handel sind: Innsbruck, Botzen (mit 4 Messen), Feldkirch (Speditions- Handel), Trient (Viehhandel), Roveredo (Haupthandelsplatz für Seide), Riva (Haupthafen am Garda-See). Auch der Hausirhandel wird bedeutend be¬ trieben. Tausende von Tirolern durchziehen halb Europa; aber mit dem er¬ sparten Gewinne kehren sie gerne in die liebe, schöne Heimat zurück. Die Deutsch-Tiroler sind ein schöner, kräftiger Menschenschlag, gemäch¬ lich, tren, tapfer und gottesfürchtig; gute Schützen und wackere Patrioten. Die Wälsch-Tiroler haben den italienischen Charakter im Aenßeren, wie in Sitten und Beschäftigungen. Das Land hat über 1800 Volksschulen, welche sich einer sorgsamen Pflege erfreuen. Der Besuch ist in Deutsch-Tirol und Vorarlberg sehr stark, und wird häufig über das schulpflichtige Alter hin¬ aus fortgesetzt; in Wälsch-Tirol bleibt der Unterricht insbesondere des weib¬ lichen Geschlechtes sehr zurück. Mehrere Gymnasien und Realschulen berei¬ ten für die höhere gelehrte und gewerbliche Ausbildung vor. Innsbruck ist der Mittelpunkt des geistigen Lebens in Tirol. tz 52. Das lombardisch-venetianische Königreich. 456 ^Meilen; 2,523.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken; nach der Nationalität etwa 2 Mill. Italiener, 350.000 Friauler (oder Fnrlaner), dann Slaven (Slovencn) und Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Dieses Kronland ist überwiegend Flachland, an der Küste Tiefland; nur den nördlichen und zum Theil den östlichen Landestheil erfüllen vom Garda-See bis zum Jsonzo Gruppen der südlichen Kalk¬ alpen unter dem gemeinschaftlichen Namen der Trientiner (oder Ve¬ nezianischen), dann der Karn i sch en Alpen. Zwischen der Etsch und der oberen Brenta sind die lessini scheu Gebirge; zwischen den oberen Fluß- thälern von Brenta und Piave ist die Gruppe des Monte Marino lata mit Gletscherbildung und wildem Gebirgscharakter; zwischen der Piave und dem Tagliamento sind die Alpen von Cadore (Monte Antclao 10.300') und mehrere in die friaulische Ebene abfallende Parallelketten. Im Nord¬ osten sind die Karnisch en Alpen, im Westen des Jsonzo die Gruppe des 96 Monte Can in. — Am Südabhange dieser Gebirge breitet sich die ve¬ nezianische Tiefebene aus, aus welcher sich nur vereinzelte Hügelgruppen erheben (Oolii fHügelf Lärioi bei Vicenza, Ovili DuA-irmi bei Padua). Gegen die Küste ist das Land theils von Sümpfen, theils von Gerolle, welches die Alpenflüsse absetzen, bedeckt. Das Land ist verhältnißmäßig reich an fließenden Wassern, welche mit starkem Gefälle aus dem Berglande in die Ebene stürzen, viel Gerolle mit sich führen, dadurch das Flußbett erhöhen und häufig Ueberschwemmun- gen verursachen. Mehrere gut unterhaltene Dämme bilden künstliche Ufer und gewähren Schutz gegen Ueberschwemmungeu. Die bedeutendsten Flüsse sind: die Etsch, kommt aus Tirol und mündet unterhalb Chioggia (— Ki- odscha); der Bacchiglione (— Bakkiljoue), die Brenta, die Piave, der Tagliamento (Taljameuto), Friauls größter Fluß; — Grenzflüsse sind: der Po im Süden, welcher von Dampfern befahren wird, und der Mincio (— Mintscho), der bei Peschiera (— Peskiöra) aus dem Garda- See tritt, die Sümpfe bei Mantua bildet und bei Governolo in den Po mündet. — Von hoher Wichtigkeit sind das Adriatische Meer und die zahl¬ reichen Canäle. Der östliche Theil des Garda-Sees, welcher mit Dampf¬ schiffen befahren wird, gehört zum lomb.-venez.-Königreiche. Landesverfassung, Verwaltung nnd Orte: In Laudesangelegenheiten wirb dieses Königreich von der Central-Congregation in Venedig und den Provinzial-Congrega- tionen bei den einzelnen Delegationen vertreten, welche 20 Mitglieder in das Haus der Abgeordneten des Jleichsrathes entsenden. Für die Verwaltung besteht eine Statt¬ haltern in Venedig; das Berwaltungsgebiet wird in Provinzen oder Delegationen (Kreise) eingetheilt, welche in Districte (Bezirke) zerfallen. Die Provinzen werden nach ihren Hanptorten benannt: Venedig, Padua, Rovigo (oder Polösine), Verona, Vicenza, Treviso, Belluno, Udine (oder Friaul), Mantua. Die Hauptstadt ist Venedig (Vsnöi-in, 118.000 E., über 18.000 Hausnummern). Anfänglich eine in den Stürmen der Völkerwanderung als Zufluchtsstätte ost benützte Inselgruppe, erwuchs Vs- netias bald zu einer Stadt, nach und nach zu einer der ersten Handelsstädte der Erde, in welcher Wissenschaften und Künste blühten, während sie an Reichthum und Macht fast alle Städte Europa's überragte. Die Auffindung eines westlichen Seeweges nach Ostindien und die Kämpse mit den Osmanen brachen im 16. Jahrhunderte die Macht der auch innerlich verfallenen Republik. Der Friede von Campo Formio (1797) brachte Venedig und sein Gebiet an Oesterreich. Aus 117 Inseln in den Lagunen erbaut, ist die Stadt durch die Lidi und einen zwei Meilen langen Steindainm (muraLm) gegen das Meer geschützt. 147 Canäle (der wichtigste Canal grande in 8-Form), auf denen man in schwarzen gedeckten Schiffchen (Gondeln) fährt, vertreten die Hauptstraßen; doch kann inan in den sehr engen Straßen (3—6' breit) über 308 Brücken (unter denen die berühmte Rialto-Brücke) fast überall hin auch zu Fuße gelangen. Pferde und Wagen sieht man nicht. Die altberühmte Stadt hat 51 Plätze (oumpi — Felder), worunter der prächtige Marcus-Platz (pisLSm) mit den alten und neuen Procnratien (den Palästen der Procuratoren der alten Republik) nud der prachtvollen St. Marcus-Kirche, eine der schönsten aus der Erde. Der (322'hohe) Glockenthnrm (campnnils) steht frei. Au dicseu Platz stößt die Piazetta (kleiner Platz) mit dem an Kunstwerken aller Art überreichen Dogen- (Dodschen) Palast, der berühmten Münze (useea, davon der Name ILsaobino — Dukaten) nnd zwei kolossalen Granitsäulen mit dem geflügelten Marcus-Löwen nnd dem Standbilde des h. Theodor auf denselben. Venedig ist eine der reichsten Städte der Erde an großartigen Palästen (besonders ani Canal grande), reichen und prachtvollen Kirchen mit Kunstwerken der Malerei und Bildhauerkunst, überhaupt an Kunstschätzen jeder Art, an Monumenten, Prachtbauten, Gemäldegallerien. Die Stadt hat ferner öffentliche Bibliotheken, darunter die berühmte von St. Marcus im Dogen-Palaste, das reiche Staatsarchiv, viele Privatarchive, Antiken- und Kunstsammlungen, das Institut der Wissenschaften, Athenäum, die Akademie der schönen Künste mit großer Bildergallerie (von Tizian, Rafael, Tintoretto, Palma, Paolo Veronese, und anderen Künstlern), mehrere gelehrte Gesellschaften, 3 Gymnasien, 2 Realschulen und andere Lehranstalten, sowie viele Humanitätsanstaltcn. Hier ist der Sitz des katholischen Patriarchen. Venedig hat bedeutende Industrie in Bijouterien (Goldwaaren), Glasperlen (vorzüglich auf der 97 benachbarten Insel Murano), Mosaikwaaren, Spiegeln, Seife, Posamentirwaaren u. a. Der Handel, bei weitem nicht aus jener Höhe als im Mittelalter, ist ansehnlich, und hebt sich, seitdem Venedig ein Freihafen ist. Auch die Eisenbahnverbindung mit dem Festlande mittelst der großartigen Brücke über die Lagune tragt zur Hebung des Handels bei, sowie die Börse, die Handelskammer und mehrere commerzielle Institute. Consuln der meisten Handelsvölker restdiren in Venedig. Der österr. Lloyd unterhält tägliche Dampfschiffverbindung mit Trieft. Merkenswerth sind noch das großartige Arsenal; dann die Insel St. Lazzaro, Mechitaristen, deren Abt den Titel Erzbischof führt. k. Chio g g ia (--- Kiodscha, 26.000 E.), ans einer Insel, Fischfang und Gewerbe in den für den Schiffbau erforderlichen Artikeln. — 2. Padua (54.000 E.), alterthüm- liche Stadt, berühmte Universität, schöne Kirchen, vorzüglich jene des h. Anton mit dem prächtigen Grabmale dieses Heiligen, die h. Justina-Kirche vom Baumeister Palladio (1530); das Rathhaus mit dem ungeheuren Saale (il salone). Geburtsort deS IUvins. Etwas Industrie, lebhafter Handel, stark besuchte Messe. In den Euganeen die warmen Bäder von Abano und Battaglia. Das Dörfchen ArquL, Lieblingssitz und Grab Pctrarca's (ff 1374), und die Stadt Este, von der eine Fürstenfamilie den Namen und jetzt die Tertio-Genitur unseres Kaiserhauses den Titel führt (Oesterreich-Este).— 3. Rovigo (1.0000 E.), alterthümliches Städtchen; Adria, einst noch am Meers gelegen, dem das Städtchen den Namen gab. — 4. Verona (59.000 E.j, Festung ersten Ranges, sehr unregelmäßig gebaute Stadt, enge Gasseu, aber große Plätze und herrliche Gebäude; reich an römischen Alterthümern, darunter die Arena (22.000 Per¬ sonen fassend). Viele alte Kirchen (Domkirche S. Zeno und Sa. Anastasia); das herr¬ liche Grabmal der della Scala. Geburtsort des Ooruslius blspos, kliuius des Äelteren und VItruvius. Mehrere Bilbungsanstalteu, reiche wissenschaftliche und Kunstsammlungen. Seidenspinnerei, Lederfabrikation, Salamiwürste; starker Handel, jährlich zwei Messen. Pcschiera (---- Peskiära), Festung am Ausflusse .des Mincio aus dem Gardasee. (Ju der Kriegsgeschichte bekannt: Arcolc, Rivoli, Santa Lucia, Custozza, Somma Cam¬ pagna.) Die Veroneser Klause. Ju der Provinz Verona sind die 13 Gemeinden (trsüivi eomuui), in jener von Vicenza die 7 Gemeinden (sstte eomuui). Leg nago, Festung. (Festungs-Viereck: Peschiera, Mantua, Verona, Legnago.) — 5. V i Deutsche.— Grenz e u? Das Land. — Böhmen ist fast durchgehends Hochland. Das böhmisch-mährische Plateau mit wellenförmigem Charakter (1200 bis 99 2000) erfüllt den größten Theil des Landes, welches von Gebirgen und Höhenzügen eingefaßt ist. Im Westen ist der dichtbewaldete Böhmerwald mit seinem langgezcgenen Rücken, durch Langenthaler von einander getrennt; er erstreckt sich vom Egerthale bis zur Südspitze Böhmens und wird durch die Einsattlung von Neumark in einen höheren südlichen (Plöckenstein 4350) und einen niederen nördlichen Theil getrennt. Das Fichtelge¬ birge gehört nur zum geringsten Theile nach Böhmen. Der Fuß dieses Schieferplateau's zieht sich nach Böhmen bis Eger. Durch die Einsenkung im Nordosten von Eger ist davon das Erzgebirge getrennt, welches nach Böhmen steil abfällt, von vielen kleinen Thälern durchschnitten ist und eine mittlere Kammhöhe von 2200' mit einzelnen höheren Kuppen besitzt. Am rechten Elbeufer ist das Lausitzer-Plateau (2000), bestehend aus einzel¬ nen, unzusammenhängenden Gruppen. Höher erheben sich die parallelen Kämme des Jsergebirges, welches durch die Einsattlung von Neuwelt vom noch höheren Granitrücken desRiesengebirges getrennt ist. (Schnee¬ koppe 5100). Das Adlergebirge beginnt mit der „hohen Meiste'" und ist durch die Trübauer Einsenkung vom böhmisch - mährischen Plateau ge¬ schieden. — Breite Thäler hat das Land wenige. Böhmen ist sehr wasserreich und gehört fast ganz zum Gebiete der Elb e, welche jedoch sowohl an Wassermenge, als durch die Länge des Laufes und der Schiffbarkeit, sowie die Größe des Gebietes innerhalb Böh¬ mens von ihrem bedeutendsten Nebenflüsse, der Moldau, übertroffen wird. Andere Nebenflüsse der Elbe sind: (rechts) die Äser; (links) die Adler, die Moldau, die Eger und die Biela. In die Moldau ergießen sich: (rechts) die LuLnic und Sazawa; (links) dieWotawa und Beraun. — Außer einigen kleinen Gebirgsseen im Böhmerwalde hat das Land keine Seen, dagegen im Süden viele, mitunter große T e i ch e. - Weltberühmt sind die böhmischen Bäder, welche jährlich von Tausenden von Curgästen aus allen Ländern besucht werden. Besonders sind bekannt: Karlsbad, Fran¬ zensbad, Marienbad, Teplitz. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: Da« Königreich Böhmen wird in Landes- angelegenheitcu vom Landtage vertreten, welcher «ns 241 Mitgliedern besteht, und zwar: dem Fürsterzbischofe von Prag und den Bischösen von Leitmeritz, Königgrätz und Bud- Weis, dem siootvr LlnAniiious der Prager Universität, 70 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 72 der Städte und Jndnstrieorte, IS der Handelskammern (Prag und Rcichenberg je 4, Eger 3, Pilsen und Bndweis je 2) und 79 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten sendet Böhmen L4 Vertreter. An der Spitze der Verwaltung des Landes, welches in 13 Kreise eingetheilt ist, steht die Statthaltcrei. Der Sitz der Statthalterei ist die Landeshauptstadt Prag (öechisch Praha, 143.000 E.). Sic besteht aus vier Städten, der Altstadt (mit der Josephs- oder Judcnstadt) und Neustadt, der Kleiuseite und dem Hradschin , der kleinen Bergstadt Wysehrab und den als Vorstädte betrachteten Orten Smichow und Karolinenthal. Sowohl die herrlich- Lage der Stadt an Leiden Usern der Moldau und zum Theile auf den sie begleitenden Anhöhen, als auch die Menge monumentaler Ge¬ bäude zeichnen die altehrwürdige Residenz der böhmischen Könige vor den meisten anderen Städten der Monarchie aus. Zahlreiche Paläste, darunter die k. k. Burg, Altstädter Rathhans, am Franzeus-Quai, Clementiuum und Carolinum, Clam-Gallas,' Gchwarzcu- TE°na, Czernin, Lobkowitz, Waldstciu, Nostiz , Thun u. a. ; herrliche Kirchen l^ceMpolttankirche St. Beit mit dem silbernen Grabmale des h. Johann v. Nepomuk und Grabmälcrn böhmischer Herzoge und Könige, die Teinkirche u. in. a.), die große Karlsbrücke ^von welcher der h. Johann von Nepomuk in die Moldau gestürzt wurde) nut vielen Standbildern, die lange Kettenbrücke und mehrere historische Monumente (Karl IV., Franz l., Radetzky) gehören zu den Sehenswürdigkeiten. Die Stadt ist der Sitz der höchsten Landesbehörden und eines Fürsterzbischoses. An Bildungsanstalten be¬ sitzt Prag die älteste Universität in Deutschland (gegründet von Kaiser Karl IV. im I. 100 1348) mit allen nöthigen Hilfsanstalten ; die k. Gesellschaft der Wissenschaften, die Ge¬ sellschaft des vaterländischen Museum« seine Abtheilnng bildet die Matice öeskü für die wissenschaftliche Pflege der Lechischen Sprache und Literatur), die patriotisch-ökonomische Gesellschaft und andere wissenschaftliche Vereine. Eine ständisch-technische Lehranstalt, drei Gymnasien, zwei vollständige Realschulen (öechisch und deutsch', eine höhere Handelslehr¬ anstalt, Kunstakademie, Konservatorium der Musik u. s. w. Zahlreich sind die Wohl- thätigkeits- und Heilanstalten. Sehr bedeutend ist der Gewerbefleiß, die meisten Zweige sind sehr rühmenSwerth vertreten, besonders Kattuudruckerei, chemische Produkte, Leder, Handschuhe, Maschinen, mechanische Spielwerke n. v. a. Hier ist der Mittelpunkt des Handels, zu dessen Hebung mehrere Anstalten bestehen. (Anfang des 30jährigen Krieges sam 23. Mai 1618s; der „weiße Berg," Schlachtfeld vom 8. November 1620, Sieg Kaiser Ferdinand II. über Friedrich von der Pfalz; Friedenscongreß 1813.) 1. Pribram*), Silberbergwerk (40—S0.000 Mark jährlich), höhere montanistische Lehranstalt. Am linken Moldaunfer große Eisenwerke (Horovic, Komarov) und reiche Kohlengruben tBustShrad, Kladno). Melnik, Weinbau Alt-B nnz lau , am Thore der Kapelle wurde der h. Wenzel ermordet. Branders, Ra konic, S chla n, industrielleOrle. 2. Leitmeritz (7500E.), Bisthum, Gymnasium, Realschule; Rumburg, berühmte Leinwand ; Stein schönan, H ai da, Glasindustrie, Glashandel; Schönlinde, Böh¬ misch - L e i P a (Realschule), Warnsdorf, G e o r g sw a l d e, wichtige Jndustrieorte; Tetschen, Schloß und Park, Elbehaudel; Theresienstadt, Festung; Teplitz, warme Bäder ; das Teplitzer Kohlenrevier; B o d e u b ach, Grenzstation, Stationsplatz für Handelsgüter ans dein deutschen Zollverein; An s cha, wichtiger Hopfenhandel; Aussig (Elbe), Handel mit Getreide, Obst, Holz; Eisenbahn nach Teplitz. 3. Jiöin (5700 E.), Gymnasium, schönes Schloß, Hohenelbe, Papier-, Leinen- und Baumwollindustrie; S t arke n b ach, Leinenindustrie: T ra n t c n a u, Mittelpunkt der Leincuweberei des diiesengebirges; 9! en welk, Glasfabrikation. 4. In ug-Bu nzlau (7800 E), Kattuudruckerei, Handel; Reichen berg (18.500 E.), berühmte Fabrikation von Tuch und anderen schafwollwaaren, Baumwollwaarcn; nächst Prag die bedeutendste Industriestadt Böhmens; Handelskammer, vollständige Realschule; Gabtouz, weltberühmte Erzeugung von Glasschmnckwaaren; Friedland, Industrie, auf dem Schlosse historische Sammlungen; mehre bedeutende Fabriksplätze (Reichstadt, Tannwald, Kosmanos, Hirschberg n. a.). 5. König grätz (5000 E.), Festung, Bischofssitz, Gymnasium; J osesstadt, starke Festung; Königinhof, Dechanteikirche (Königinhvfer Handschrift). Mehrere Fabriks¬ plätze iBraunan, Senftenberg, Nachod, Adersbach, Weckelsdorf, Grnlich u. a.) 6. Chrudim (7700 E.), Real-Gymnasinm; Pferdehandel; Pardnbi c, Ausgangs¬ punkt der Pardubic-Reichenbergcr Eisenbahn, Realschule, Pferdezucht (kaiserl. Hofgestiit Kladrub); Leito mischl, Gymnasium; Hohenmauth, Tuchweberei: Lands kron und Polieka, Leinwandmannsaktur und Leinwandhandel. 7. vaslan (5400 E.), Schlacht l742; Knttcnberg (12.7O«> E.); Bergbau; Realschule. Kolin, Sieg des Generals Dann über die Preußen (am l8. Juni 1757; Maria-Theresieu-Orden). 8. Tabor (5200 E.), ursprünglich ein hussitisches Lager; Real-Gyuasinm. Patz au und Pilgram, Tuchweberei. 9. Budweis (15.000 E.), Endpunkt der Linz-Budweis-Eiseubahn, Handel mit Ge¬ treide, Salz und Steinkohlen, lebhafte Industrie, Handels- und Gewerbekammer; Bischofs¬ sitz, Gymnasium; K r n m a u, Holzhandel; Rosenberg und W i t t i n g an, viele und große Fischteiche; Neuhaus, Goldenkrvn, Gratzen, Adolfsthal u. a. Jndustrieorte. 10. Pisek (8200 E.), Gymnasium, Tuchweberei, Handel; Strakonic(Feß), Schn t- tenhofen (Zündhölzchen), Jndustrieorte; ElcvnorenHain nebst anderen zahlreichen Glashütten, GlaSsabrikation; die Spiegelfabrik Nenhnrkenthal. 11. Pilsen (l ,.000 E.) wichtiger Handelsplatz, Realschule; Eisenbahn nach Furth in Baiern (seit Oktober 1801), zahlreiche Eisen- und Steiukohlcnwerkc, dann Vitriol¬ schieferbaue in der Nähe. Eine zweite Gruppe um Rad nie. Klat tau (7400 E.), Tuch¬ weberei; Nepomuk, Geburtsort des li. Johann von Nepomuk. Nengcd ein, große Schaswollzeugsabrik; Plas, Eisenwerk, Gußwaarensabrikation; Mies, silberhaltige Bleierzgruben, Schwefelhütte, chem. Fabrik, Getrcidemärkte. 12. E g er (11.000 E-), lebhafte Industrie und Handel, Ruinen des vormal« festen Schlos¬ ses; Wallensteins Ermordnng am 25. Februar 1634; berühmte Heilquellen in Karlsbad. *) Zur Lechischen Aussprache: e ---- r:; c lscli; L ---j oi - gelindes r ----- gelinde« selr; 8 -°- scharfe« sok; r -- rtz; V V. 101 Marienbad, Frau zen sbad; Joachim sthal, Silberbergwerk (8600 Mark); Asch, '' wichtiger Jndustrieort, Baum-und Schafwollwaaren, Slrumpfwirkerei; bedeutende Por¬ zellan-und Steingutindnstrie Volksschulen, mehrere vollständige Realschulen und Gymnasien 103 zahlreiche Unterrealschulen, sowie Spezial- und Gewerbeschulen. Böhmen war seit jeher ein wichtiger Sitz für die Pflege der Wissenschaft und die Heimat ausgezeichneter Staatsmänner und Gelehrter; die Geschichte unseres Vaterlandes weiset auf fast jedem Blatte Männer, welche diesem Lande an¬ gehörten und sich in den verschiedensten Kreisen menschlicher Thätigkeit um Oesterreich verdient gemacht haben. ß. 54. Die Markgrasschast Mähren 404 «Meilen; 1,955.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (an 53 000 Protestanten, 40.000 Israeliten); nach der Nationalität über sg» Slaven, sonst Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Mähren ist im Allgemeinen ein wellenförmiges Pla¬ teau, welches im Westen, Norden und Osten von größeren Bodenerhebun¬ gen eingeschlossen ist; die Hauptabdachung ist eine südliche. Von Westen her reicht das bö h m i s ch - mä h ri s ch e P l a t e a n bis zum Thale der March, an deren Ursprung (im Nordwesten des Landes) das Adlergebirge mit dem Gesenke zusammentrifft, welches vom Spieglitzer Schneeberge zum Alt¬ vater (4700") streicht und an der Nordgrenze Mährens sich bis zur Oder fortsetzt. Das südöstliche Hügelland heißt das Odergebirge. Im Osten des Landes sind die mährischen Karpathen, durch das Beäwa - Thal in zwei Theile geschieden: n) die kleinen Karpathen zwischen der March und Waag; b) die Bjeskiden, zwischen der Bevwa und den Zuflüssen der Oder. —- Das Innere des Landes ist größtentheilS Hügelland, strichweise auch Ebene. Unter den Thälern ist das bedeutendste das der March, dann das Oderthal („Kuhländchen"), die fruchtbare weite Hanna südlich von Olmütz, endlich das Thal der Thaya und ihrer Zuflüsse. Mähren hat weiters gro߬ artige Erdfälle (die „Mncocha") und nächst dem Karstlande, welchem das „dürre Thal" fast vollkommen gleicht, die meisten Höhlen. Mit Ausnahme der geringen Nebenflüsse der Oder gehören alle Flüsse zum Geäder der Donau. Der wichtigste Fluß ist die March, welche vom Spieglitzer Schneeberge kommt. Ihr bedeutendster Nebenfluß ist die Thaya, welche den ganzen Süden des Landes durchzieht und die (durch die Jglawa und Zwittawa verstärkte) Schwarzaw a aufnimmt. — Seen hat das Land keine, dagegen ziemlich viele Teiche. Laiidksvcrfassmig, Verwaltung und Orte: Die Markgrafschast Mähren wird in Lan- dcSangelegenheiten vom Landtage vertreten, welcher ans 100 Mitgliedern besteht, nämlich: dem Fürsterzbischose von Olmütz und dem Bischöfe von Brünn, 30 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 3l der Städte, 0 der Handelskammern (Brünn und Olmütz je 3) und 31 der Landgemeinden. In das Hans der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Mähren 22 Vertreter. An der Spitze der Verwaltung steht die Statthalterei, welcher Bezirksämter unterstehen. Der Sitz der Statthalterci ist in der Landeshauptstadt. Brünn (50.000 E.), wichtige Fabriksstadt (vorzüglich Tuch und alle Schafwollwaaren), starker Handel, sehr besuchte Jahrmärkte; Bisthnm, schöne Kirchen; technische Lehranstalt, vollständiges Gymnasium und Realschule; wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalteu. Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde mit dem Franzensmnseum, Werner-Verein. Mnthige Vertheidignng gegen die Schweden im 1.1645. Schöne, an Natnrseltenheiten reiche Umgebungen. Bei Brünn der befestigte Spielberg. t. Zwittan, Mährisch-Trüb an, Boökowic n.m.a. erzeugen Tuch; Rosic und Os lava n, reiche Steinkohlenlager; Blaus ko und Adam schal, große Eisen¬ werke; Austerlitz, Drei-Kaiser-Schlacht am 2. December 1805; An spitz, bedeu¬ tender Biehhandcl; Ray gern, Benedictinerabtei ans dem 11. Jahrhunderte. 2. Olmütz (14.000 E.), Festung, Erzbisthnm, Gymnasium, Realschule; Handel nut Leder, Schlachtvieh, Flachs und Rohproducten; schöne Kirchen, erzbischöfliche Residenz; Sternberg <12.000 E.) und Schönberg, wichtige Leinen-und Baumwollmdustrie; Proßnitz, (8000 E.), Baumwollindustrie, Hauptgctreidemarkt der Hanna; Pre rau und Mäh risch-Neustadt, gewerbfleißige Städte. 104 3. Neutitschein (SOVO E.), Tuch- und Wollenzcuge, Wagen; Fuluek, im Kuh- kändchm, Tuch und Wollenzcuge. Industrielle Orte sind: Weißkirchen (Export nach der Levante), Mi stek und Frankstadt; Mährisch-Ostrau, Steinkohlen; Witko- witz, berühmte Eisenwerke; Ro»naii, Molkeukuraustalt; Freiberg, starke Tuch¬ weberei; Leipnik, Tuch- und Wvllenzeugweberei, bedeutende Viehmärkte. 4. Hradisch (2700 E ), gegenüber das Dors Altstadt (Velehrad), einst die Residenz Svatopluks; Kremsier, Gymnasium, erzbischöfliches Schloß; Göding, Biseuz, Weinbau; Holleschau, Leinweberei, Weinbau. 5. Znaim (8700 E.), Gymnasium, Ledersabrikatiou, Handel mit LaudeSprodueten; Weinbau. Waffenstillstand am l2. Juli 1809; Nikolsburg, Gymnasium, Handel mit Rohprodukten, Schloß; Namiest, Tuchfabrik; Fraiu, Steingutgeschirrfabrik. 6. Jglau (48.00N E.), Gymnasium, bedeutende Tuch-, Wollenzeug- und Leder¬ fabrikation; Groß-MeseriL, TelS und Trebie, Tnchmanufacturcu. K u l t u r b i t d. Der größte Reichthum des Landes liegt in den Produkten der Land- wirthschaft. Von der Gesammtfläche sind über 95^ produktiv und mehr als die Hälfte davon ist dem sorgfältig betriebenen Ackerbaus gewidmet, worin es den ersten Rang unter den Kronländern Oesterreichs einnimmt. Die Jahresproduktion übersteigt den Bedarf; bedeutende Mengen von Kör¬ nerfrüchten werden exportirt. Der fruchtbarste Landestheil ist die Hanna, wo nebst den gewöhnlichen Körnerfrüchten auch sehr viel Mohn gebaut wird. Die Wiesenkultur ist verhältnißmäßig geringer; auf das Grasland entfallen an I9S, auf den Waldstand ungefähr 26^. Der Obst- (im Kuhländchen) und Gemüsebau werden sorgfältiger betrieben. Wein wird wenig, aber von ziemlich guter Qualität in der Gegend von Bisenz, so wie an den Hügeln längs der Thaya gebaut. In der Viehzucht nehmen die hochveredelten Schafe den ersten Rang ein, die mährische Wolle gehört zu den feinsten und gesuchtesten. Ueberdieß hat das Land schönes Rindvieh; die Hanna liefert starke, schöne Pferde und Gänse in großer Menge. Endlich verdient die Bienenzucht Beachtung; das mährische Wachs ist vorzüglich. Mähren besitzt kein Kochsalz und keine edlen Metalle; der Bergbau ist auf Eisen, Steinkohlen, Graphit und Alaun beschäukt. An Steinkohlen wer¬ den über 5 Mill. Ztr. gewonnen (Rosic, Mährisch-Ostran, Oslavan, Oejö u. a.); an Roheisen 2^/z, an Gußeisen V, Mill., an Graphit bei 20.000 Ctr. Die Industrie steht in Mähren auf einer hohen Stufe. An Man¬ nigfaltigkeit der Produkte steht sie zwar der böhmischen nach, doch ist der Werth der Produktion verhältnißmäßig größer. Die wichtigsten Artikel sind Tuch, Leinen und Rübenzucker. Der Hauptsitz des Gewerbefleißes ist Brünn. In Schaswollwaare n niuunt Mähren sowohl wegen der Menge als Mannigfaltigkeit der Erzeugnisse, von den ordinärsten bis zu den fein¬ sten Qualitäten, den ersten Rang in Oesterreich ein; der Werth der jähr¬ lichen Erzeugung ist über 25 Mill. Gulden. Die bedeutendsten Orte hiefür sind: Brünn, Jglan, Zwittau, Namiest, Telo, Groß-Meserio u. a. — Die Leine nindustrie blüht im „Gesenke" und im „böhmischen Scheidegebirge." Hauptsitz ist Schönberg, dann Groß-Meseriö (mit Flachsspinnschnlen), Stern¬ berg, Letowic (Bobbinetfabrik), Brünn n. a. O. — Die Industrie in Baumwoll- undHalbwollstoffen schließt sich an das Gebiet der Lei¬ nenindustrie an, ist in rascher Zunahme begriffen und wird nur von Böh¬ men übertroffen. Sie liefert hauptsächlich Barchents, Kanevas, Sack- und Kopftücher („Tüchel"). Am schwunghaftesten ist sie in und um Sternberg, dann in Proßnitz, Zwittau, Trebiö, Mistel u. a. O. — Die Rübenzucker- Erzeugung ist stets steigend, insbesondere sind Selowitz, Doloplas, Gruß- 105 bach (nebst einigen andern) bedeutend. — An Eisenwa ar en liefern BlanSko: Gußwaaren und Maschinen; Friedland und Witkowitz: Maschinenbestand- theile; Zöptau: Eisenbahnschienen. Wichtig sind endlich die Lederfabrikation (Brünn, Trebiö, Jglau, Znaim), die Rosoglio- und Branntweinerzeugung, die Bierbrauerei und Steingutfabrikation ; minder bedeutend sind die Papier- und Glasfabrikation. Der Handel ist bedeutend, denn es werden sowohl Rohprodukte als auch Manufakturwaaren exportirt; Salz, Colonialwaaren, Roh- und Hilfs¬ stoffe der Industrie importirt. Besonders wichtig sind die Brunner Märkte, welche zu den besuchtesten in Oesterreich gehören. Dem Mangel an Wasser¬ straßen helfen gute Landstraßen und die Eisenbahnen ab. — Zahlreiche Volks¬ schulen (gegen 1600), Realschulen und Gymnasien, so wie gewerbliche Spezial¬ schulen sorgen für die Pflege der geistigen Kultur der Bevölkerung , so daß auf allen Gebieten ein erfreulicher Fortschritt bemerkbar ist. Mähren gehört in jeder Beziehung zu den kultivirtesten Ländern des Kaiserstaates. 8. 55. Das Herzogtum Schlesien. 93 eMeilen; 471.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (au 62.000 Protestanten und 2500 Israeliten); nach der Nationalität nahezu die Hälfte Deutsche (im westlichen Theils, die anderen Slaven (Mährer und Polen). — Grenzen? Das Land. — Schlesien, welches aus zwei getrennten Gebietstheilen besteht, ist im Ganzen ein Gebirgsland; insbesondere ist der westliche Theil sehr gebirgig, wo theils der Hauptkamiu, theils Auszweignngen des Ge¬ senkes sich erheben. Der kleinere östliche Theil liegt am Nordabhange der Bjeskiden mit dem Jablunka-Passe, der Schlesien mit Ungarn verbindet (Lissahora 4170"). Die flachen Stellen sind an der Oppa, Oder, Olsa, Weichsel und Biöla. Schlesien gehört zum Gebiete der Ostsee, wohin sich die beiden Haupt¬ flüsse Oder und Weichsel ergießen. Die bedeutendsten Nebenflüsse der Oder sind die Oppa und Olsa; die Weichsel nimmt die Bi öla, den Grenzfluß gegen Galizien, auf. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: Der Landesregierung unterstehen die Be¬ zirksämter. In LandeSaugelegenheiten wird da« Herzogthnm Ober- und Niederschlesicn vom Landtage vertreten, welcher an« 3t Mitgliedern besteht: dein Fürstbischöfe von Breslau, 9 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 10 der Städte, 2 der Handelskammer in Troppau und 9 der Landgemeinden. In das Haus der Abgeordneten de« Reichs« rathes sendet Schlesien 6 Vertreter. Die Landeshauptstadt ist 1. Troppau (14 OOO E.), an der Oppa, Gymnasium, Realschule, Museum mit Bi¬ bliothek; bedeutende Tuchweberei; Kongreß im I. 1820. Jägcrndorf, Zuckmantel, Wiegstadtl, Würbenthal, Wagstadt, Odran, Jndnstrieorte; Freudenthal und Freiwaldau, Leinen-, Wollen^ und Banmwollindustrie; in der Nähe der letzteren Stadt ist Gräfenberg, berühmte WasserheNanstalt (Vinzenz Priesnitz). 2. Tesch en (8000 E.), zwei Gmnnasien, Mnsenm mit Bibliothek, Tuch-, Liqueur- fabrikation; Friedensschluß 1779; Bielitz, Schaswollzeugfabriken; Polnisch-Ostrau und Hruschau, Steinkohlenwerke; Fricdek, BaumwoÜfabrikation; Sitz des General- Vikars für den zur Breslauer Diöcese gehörigen Antheil von österreichisch Schlesien; Oderberg, Eisenbahn-Ansgangsstation nach Preußen K n i t n r b i k d. Von der Gesanuntfläche sind beiläufig 96^ produktiv; davon entfallen an 32^ (über 28 oMeil.) auf den Waldstand, 18^ auf das Grasland und gegen 47L (an 42 ^Meil.) auf das Ackerland. Trotz des Fleißes und der rationellen Bebauung deckt wegen des rauhen Klimas der verhältniß- mäßig minder fruchtbare Boden selbst in guten Jahren nicht den Bedarf der dichten Bevölkerung. Besondere Erwähnung verdient nebst dem Hafer 106 und Roggen als Hauptfrüchten noch der Flachsbau an der Oder, um Frei- waldau und Freudenthal. Die übrigen Zweige der Landwirthschaft sind nicht vom Belange. — In der Vieh zücht bildet die musterhaft veredelte Schafzucht den Glanzpunkt; einige Schäfereien (Freistadt, Hennersdorf, Hotzenplotz u. a.) genießen europäischen Ruf. Die hochfeine Wolle wird nach Brünn, Reichen¬ berg und Frankreich ausgeführt; während zur einheimischen Verarbeitung ge¬ ringere Qualitäten der ungarischen und russischen Wolle eingeführt werden. Der Bergbau wird in größerem Umfange nur auf Steinkohlen und Eisen betrieben. In Bezug der Steinkohlenausbeute (ungefähr 10 Mill. Ztr.) wird es nur von Böhmen übertroffen; die größte Menge sehr guter Kohle liefern Polnisch-Ostrau, Karwin u. e. a. In der Gegend von Troppau wird überdies; vorzüglicher Schiefer gebrochen. Die Bevölkerung zeichnet sich durch Gewerbsleiß sowie durch Genüg¬ samkeit aus. Unter den mehrfach geschätzten Produkten schlesischen Gewerb- fleißes nehmen die Leinenwaaren und Zwirnprodukte den ersten Platz ein. Musterbleichen und Flachsspiunschulen tragen zur Hebung dieser Industrie wesentlich bei; die ärmere Gebirgsbevölkerung beschäftigt sich auch mit der wenig lohnenden Handweberei (Freiwaldau, Zuckmantel, Würbenthal, Ben- nisch, Wiegstadt u. a. O.). Für Tuch sind nennenswerth: Bielitz, Jägern- dors, Troppau, Wagstadt. Baumwollzeuge geringerer Qualität werden nm Friedeck von der Landbevölkerung erzeugt und nach Ungarn und Galizien abgesetzt. Die Runkelrübenzucker-Fabrikation gewinnt an Ausdehnung; die Fabrikanten sind meist große Grundbesitzer. Die Eisenindustrie findet sich sowohl in den Thälern des Gesenkes als der Karpathen; die Draht- und Blecherzeugung, so wie der Maschinenbau (Freudenthal und Bielitz) sind erwähnenswerth. Ueberdies bilden die Branntweinbrennereien, Liqueur- Fabriken, die Käsebereitung und die Ledererzengnng eine namhafte Erwerbs¬ quelle. Der Handel beschäftigt sich mit dem Import von Getreide und Rohstoffen für die Industrie; zum Export kommen die erwähnten Industrie- Produkte; auch der Speditions- und Commissionshandel ist lebhaft. Eisen¬ bahnen (Wien-Breslau, Oderberg-Krakau und Seitenflügel) und genügende Verbindungsstraßen erleichtern den Verkehr; die Flüsse werden jedoch erst an der Landesgreuze schiffbar. — Die Schlesier sind ein anspruchsloses und genügsames Volk; für die geistige Ausbildung sorgen über 400 Volksschu¬ len (Schulbesuch 100 : 93), mehrere Realschulen und die Ghmuasien in Troppan und Teschen. 56. Das Königreich Galisien und Lodomcrien (mit den Hcrzogthiimml Auschwitz mid Zatoe und dem Großfürstcuthmuc Krakau). 1422 OMxiU; 4,900.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (davon beiläufig die Hälfte römisch-katholisch, und die Hälfte griechisch-katholisch >, 30.000 Protestanten nnd 4SO.000 Israeliten. Nach der Nationalität fast ausschließlich Slaven (etwa SOX Ruthenen, 48^ Polen, Slovaken n. a.), 1 Deutsche. — Grenzen? Das Land- — Galizien ist im südlichen Theile Bergland, im nörd¬ lichen Tiefland. Aus Schlesien treten die Bj eskid eu in das Land, breiten sich zwischen der Sola und Skava aus und werden durch das Thal des Dunajec von den Central-Karpathen geschieden, welche Hochgebirgs- Charakter, aber keine Gletscher haben und den ungarischen an Höhe nach¬ stehen. Oestlich von Poprad beginnt das karpathische Waldgebirge (Werchownya), ein steiler, minder hoher, jäh abfallender Gebirgszug mit einigen Pässen (Dukla-Paß) und kurzen Querthälern. Zwischen den Karpathen 107 und der podolischenLand höhe (einem wellenförmigen Plateau um Lem¬ berg) erheben sich die mazurischen Hügel, welche das ganze Land, von den Vorbergen der Bjeskiden bei Bochnia bis an den Dnjestr erfüllen. Die Tarnowitzer (oder polnische) Platte reicht nur in den Umgebungen von Krakau nach Galizien herein. Jenseits des Dnjestr und der podolischen Land¬ höhe dehnt sich die galizische Ebene aus, welche zur großen slavischen Ebene Nordvst-Europa's gehört. Galizien ist ein wasserreiches Land. Die Hauptflüsse sind: dieW e ich s e l. Welche die Flüsse Westgaliziens aufnimmt und sich in die Ostsee ergießt; — der Dnjestr führt die Flüsse Ostgaliziens dem schwarzen Meere zu. Die schiffbare Weichsel bildet aus einer großen Strecke die Reichsgrenze , ihre Nebenflüsse sind die Skawa, Sola, der Dunaj ec (mit dem Poprad), W istoka, der San und Bug; — in den Dnjestr münden der Strh, die Lomnica, der Sered und der Grenzfluß Podhorze. Der Pruth, der sich in die Donau ergießt, hat in Galizien wenig Bedeutung. — Seen hat das Land (außer den „Meeraugen" in den Karpathen) keine, aber viele fisch¬ reiche Teiche. San und Dnjestr bilden im Oberlaufe ausgedehnte Sümpfe. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: *) An der Spitze der Landcsverwaltung steht die Statthalterei in Lemberg, welcher die Kreisämter unterstehen, denen die Bezirks¬ ämter untergeordnet sind. Das Königreich Galizien und Lodomericn sammt dem Groß- herzogthume Krakau wird in Landrsangelegenheiten vom Landtage vertreten, der aus 150 Mitgliedern besteht: den 3 Erzbischöfen in Lemberg, den 2 Bischöfen in Przemysl, den Bischöfen in Tarnow und Stanislav, dem kioator Irln^nikons der Krakauer und jenem der Lemberger Universität, 44 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 20 der Städte, 3 der Handelskammern (Krakau, Lemberg, Brody je I) und 74 der Landgemeinden. In das Hans der Abgeordneten des Reichsrathcs sendet es 38 Vertreter. Die Landeshaupt¬ stadt ist 1. Lemberg (poln. Lwow, 70.000 E.), Sitz eines lateinisch-katholischen, eines arme¬ nisch-katholischen und eines griechisch-katholischen Erzbischoses, hat schöne Kirchen (Domi¬ nikanerkirche, griech. kathol. Kathedrale) und einige ansehnliche Gebäude (NathhauS, erz- bischöfliche Residenz), Universität, Oss o linski'scheS literarisches Institut mit reicher Bibliothek und artistischen Sammlungen, technische Lehranstalt, 2 Gymnasien, Realschule, mehrere andere Bildungs- nnd WohlthätigkeitSanstalten. Bedeutendster Gewerbe- und Handelsplatz des Landes; alle Arten von Gewerben, namentlich Rosoglio-, Essig- und Seifenfabriken, drei stark besuchte Jahrmärkte. Historisch interessante nnd schöne Um¬ gebungen. Grodek (2400 E.), Flachshandel; Winniki, k. k. Tabakfabrik. (Mehrere deutsche Colonien.) 2. Xolkiew (4500 E.), einst der Familie Sobieski gehörig (Johann III. Sobicski befreit Wien von den Türken 1683), gothische Kirche mit historischen Gemälden. Leder- verferligung ; Beiz, in sehr fruchtbarer Gegend, reich an Bau- nnd Brennmaterial. In Glinško wird das beste Tafelgeschirr im Lande gemacht. 3. Zkoczöw (5200 E.), ausgedehnte Waldungen, Holzhandel nach Danzig; Brody (23.000 E.), Freihandelsplatz an der russischen Grenze, starker Kommission«- und Spe- ditionshandel: Schafwolle aus Rußland, Baumwoll- und Scidenwaarcn aus dem Westen und Süden, Sensen aus Oberöstcrreick. Historisch bekannter Platz. Realschule, Handels¬ kammer, russisches Consulat. Gerbereien, Leinweberei, lebhafte Messe. 4. Brze-au (8000 E.), Gymnasium; starke Gerbereien; Rohatyu (3000 E.), reichhaltige Gypsgruben. 5. Tarnopol (18.000 E.), Gymnasium, lebhafter Handel, bedeutende Pferdemärkte nnd Pferdewettrennen; Mikulince, Mnsterschäserei, Tuchfabrik, Wachs nnd Honig¬ handel, Branntweinbrennerei. „6. Czortkow (3300 E.), Handelsplatz; Ulaszkowce, großer Jahrmarkt für ordi¬ näre Schnittwaaren aus Wien, Brünn und Prag nnd galizische Rohprodukte. Zalesz- czyki (S2t)0 E.), Hauptstapelplatz für den Getreide- nnd Holzhandel ans dem Dnjestr. *) Zur Polnischen Aussprache: -- sprich sehr gelindes 2 spr. sehr gelindes seli; v spr. s; as spr. tsoü; 1-7. spr. rsek (gleich dem eechischen r -- rn ; 1 spr. harte« polnisch I. 108 7. Ko to me a (15.000 L), mit sehr vielen Töpferwerkstätten ; Kuty, Saffianfabri- kation; Sniatyn (11.000 E.) treffliche Gerbereien, Handel mit Pferden und Horn¬ vieh; Kossow, Salzsiedereien. 8. Stanislaw ow (oder Stanislau, 13.000 E.), in freundlicher Ebene, in der schönen Pfarrkirche Grabmäler mehrerer Glieder der Familie Potozki; Standbild des Kaisers Franz 1., Gymnasium, ansehnlicher Handel; Halicz, feste Stadt amDnjestr; die Burg des ehemaligen Fürsten von Halicz (Galizien). Tlnmacz, Runkelrüben. Zuckerfabrik; Delatyn, Solenbader, Molkenknranstalt; Verfertigung von Holzwaaren. 9. Stryj (9200 E,), ansehnlicher Gewerbefleiß; Zakla, Skole n. a., Eisen¬ industrie; Botechow, Hauptsitz der Lederfabrikation. (Mehrere deutsche Colonien.) 10. Sambor (11.000 E.), Gymnasium, Leinenwcberei uud Handel; Drohobycz (11.000 E.), Handel mit Getreide, Leder, Leinwand und Töpserwaaren. In der Um¬ gegend reiche Salzgruben, Salinen; Komarno, wichtige Fischerei in den nahen Tei¬ chen, starke Leinenweberei, vorzüglicher Zwillich. 11. Sanok (2800 E-), unregelmäßig gebaut, schönes Schloß; Jwoniez mit einer Mineralquelle. (Mehrere deutsche Colonien.) 12. Przemyöl (10.000 E.), eine der ältesten Städte des Landes, Sitz eines lateinisch¬ katholischen und eines griechisch-katholischen Bischofes, mehrere schöne Kirchen, Gymna¬ sium; Bibliothek des griechisch-unirten Domcapitels, reich an alten Urkunden. Verferti¬ gung von Leder, Leinwand und Holzwaaren; J a r o s law (8800 E.), bedeutender Handel mit Garn, Leinwand, Wachs, Honig und Getreide bis Danzig ; große Erzeugung von ordinärer Leinwand (für die Militärverwaltung). Ebenso Radymno. (Mehrere deutsche Colonien.) 13. Krakau (41 ooo E.), in einer schönen uud fruchtbaren Ebene, einst oftmalige Residenz nnd Krönungsstadt der polnischen Könige, mit prächtigen Gebäuden, darunter das Nefidenzschloß, die damit verbundene Kathedrale mit reicher Schatzkammer und vielen prachtvollen Monumenten (das silberne Grabmal mit den Reliquien des heil. Stanislaus, die Grabmäler mehrerer Polnischer Könige vom I. l l63 — 1733, mehrerer Bischöfe und Generale); die im gothischeu Style gebaute Marienkirche, die St. Anuenkirche mit dem Denkmal des Kopernikus, die Kapelle des h. Adalbert ani Ringplatze u. a.; das Castell, das Universitätsgebäude, Regierungsgebäude am Strodom n. a. Universität mit reicher Bibliothek uud Sternwarte, technisches Institut. Gymnasium, mehrere andere Lehranstalten, wissenschaftliche Vereine und Wohlthätigkeitsanstalteu. Unter den Gewerben sind die Tnch- und Lederfabriken wichtig. Günstige Lage für den Handel, der mitGetreide, Holz, Salz, Wein, Leinwand und Borstenvieh schwunghaft betrieben wird. Zwei große Jahrmärkte. Mehrere Steinkohlenwerke (Jaworzno), Gruben mit feuerfestem Thon. Zinkhütten. 14. B o ch n ia (5500 E.), in der Nähe ein Salzflötz, welches jährlich an 300.000 Ztr. Steinsalz liefert. Noch bedeutender sind die Gruben bei Wieliczka (4500 E), aus welchen jährlich über 1 Mill. Ztr. Salz gewonnen werden. In den unterirdischen Räu¬ men befinden sich eine Kapelle, ein großer Tauzsaal, ein Salzsee, viele Monumente aus Salz. P o d g orze, Lederfabrik, Dampfmühle. .15. Tar uüw (8500 E.), Bisthum, Gymnasium; Kathedralkirche mit schönen Grab- mouumenten; Leinenmannfaktnr, Lederfabrikation, bedeutender Handel. 16. Rzeszäw (6700 E.), Gymnasium, Leinenindustrie, Schmnckwaareu ans unechten Metallen, Pserdcmärktc; Lancut, Runkelrübenzuckerfabrik; Przeworsk (3500 E.), prachtvolles Schloß mit Park und Bibliothek; Seidenraupenzucht. 17. Jasto (2400 E.); Dukla, Krosno und G orlice, Handel mit Leinwand, Getreide, ungarischen Weinen, starker Verkehr mit Ungarn; große Leinwandbleichereien bei Szymbark. 18. Neu-Sand ec (7100 E ), Gymnasium; Alt-San dec (3000 E.), ansehn¬ licher Handelsplatz; altes, berühmtes Franenklvster; Nenmarkt, bedeutender Wein- und Leinwandhandel. 19. Wadowice (3200 E.), in fruchtbarer Gegend: Auschwitz (Oswiecim) uud Z a tor, einst Hauptorte der gleichnamigen Herzogthiimer, gehören zum deutschen Bunde. Biata (4700 E.). große Tuchfabrikation, sehr wichtiger Spebitiousplatz; Andr ich au, bedeutende Fabrikation von Leinwand, Baumwollzeugen, Zwillich und Packleinwand; Wegierska uud Obszar, wichtige Eisenwerke (Verarbeitung unga¬ rischer Eisenerze). K n l t u r b i i d. Die wichtigste Nahrungs- und Erwerbsquelle für die Bevölkerung dieses Königreiches bildet die Landwir t hschaf t. Das Klima ist zwar theilweise IY9 rauh; ungefähr 90A des Bodens (gegen 1200 ^M.) sind produktiv, und davon entfallen über 41 auf Aecker, etwa 25^ auf den Waldstand und über 21A auf das Grasland. Der Boden ist dem Ackerbau günstig, ins¬ besondere die Ebene im nödlichen und vorzüglich im nordöstlichen Theile. Das Erträgniß wechselt jedoch derart, daß in schlechten Jahren der Bedarf des Landes an Körnerfrüchten nicht gedeckt wird, während in guten ein großer Uebersluß sich herausstellt. Wegen Mangels ausreichender Kommunikations¬ mittel und der mitunter großen Entfernung von den Kornmärkten kann aber in letzterem Falle der Ueberschuß nicht entsprechend verwerthct werden und er wird in die Spiritusbrennereien gebracht, deren es eine große Anzahl im Lande gibt, und bei denen auch die Viehmastung betrieben wird. Private und Vereine arbeiten au der Hebung des Landbaues und der landwirthschaftlichen Industrie. Hauptfrüchte sind Roggen, Gerste und Hafer, auch der Buchweizen wird start angebaut. Im südöstlichen Theile ist der Anbau von Tabak, Mais und Melonen, in den Karpathen jener von Flachs und Kartoffeln ansehnlich. Der Weinbau fehlt. Die Karpathen sind reich an Holz; hingegen herrscht auf der polnischen Platte und der podolischen Landhöhe empfindlicher Holzmangel. Auf der Weichsel uud dem Dnjester wird der Holzhandel nach Danzig und Odessa schwunghaft betrieben. — Die Menge Grasland begünstigt die Vieh¬ zucht, insbesondere jene des Rindviehes. Das in Rußland und der Moldau eingckanfte Jungvieh wird gemästet und nach dem Westen verkauft. — Die Pferdezucht ist in der Aufnahme. Die Schafzucht, sowie die Zucht der Bienen und des Geflügels erfreuen sich guter Pflege. Unter den Produkten des Bergbaues nimmt das Salz den ersten Rang ein. Das nnerschöpflliche Salzflötz dehnt sich von Wieliczka bis in die Bukowina im Halbkreise aus ; bergmännisch wird es zu Wieliczka uud Boch¬ um zu Tage gefördert; in Ost-Galizien bestehen eilf Eoctnren, deren jähr¬ liche «Salzgewinnung über 2 Mill. Ztr. beträgt. Auch an Steinkohlen wird viel gewonnen (etwa l'/, Mill. Ztr.); die Ausbeute an GhpS, Eisen, Zink, Kreide n. s. f. ist hingegen minder belangreich. In der Industrie ist zumeist nur in jenen Zweigen ein Aufschwung bemerkbar, welche sich auf die Landwirthschaft stützen. Der Rcichthum an Flachs und Hanf begünstigt die Leinenindnstrie im westlichen Theile, wo sowohl ordinäre Leinen, als auch Damaste und feinere Maaren erzeugt werden; im östlichen Laudestheile werden fast nur ordinäre Leinen fabrizirt. Mit der Weberei beschäftigt sich überwiegend das Landvolk zur Winterszeit; in den Städten bestehen Weberzünfte. Zunächst steht die Spiritusbren¬ nerei, welche, obwohl in den letzten Jahren abnehmend, noch immer sehr bedeutend ist. Wichtig ist ferner, die Led ererzeugnng mit den vielen Ger¬ bereien in den Kreisen Strhj, Xoikiew, Przemysl, Sanok, Sambor, Sta- nisiawow und Koiomea. Bedeutend ist endlich die Runkelrüben-Zucker- fabrikation. Die Fabriken von TIumacz und Lancut gehören zu den größten in der Monarchie; erstere verarbeitete i. I. 1858 über '/? Mill. Ztr. Rüben. Nebst diesen Hauptindustrien sind noch erwähnenswerth: Tuch (in Miknlince, Brzezanh, Zoikiew, Jarosiaw, Biaia); ordinäres Glas in Sokal, Milkow); Papier, Baumwoll und Galanteriewaaren,; Stearin¬ kerzen, Snrrogatkaffee, Zündhölzchen Pottasche, Fayence n..a. m. Die Montanindustrie ist vorherrschend in den Kreisen von Kra¬ kau und Bochum; in den Städten ist die Metallw a ar e »-Industrie durch Kleingewerbe vertreten, welche meist ordinäre Maare liefern und bei denen nur ein geringer Fortschritt bemerkbar ist. 110 Der Handel umfaßt in der Ausfuhr zumeist Rohprodukte, als: Getreide, Salz, Rindvieh, Holz, Honig und Wachs, ordinäre Webe- und Seilerwaaren; österreichische Industrie-Erzeugnisse werden nach Rußland durchgeführt; zur Einfuhr kommen Kolonialwaaren. Manufacte und Kunst¬ produkte. Auf vie Verbesserung und Ausdehnung der Kommunikationen wird große Sorgfalt verwendet; die Karl-Ludwigbahn schreitet im Bau vorwärts und wird nebst den Verzweigungen von hohem Werthe für Galizien werden; im Oktober 1861 wurde sie bereits b is Lemb e rg eröffnet. Auch die Re- gulirung und Schiffbarmachung mehrere Flüsse wird die gesammte Pro¬ duktion und den Verkehr heben. In Hinsicht der ge istigen Kultur herrscht uoch ein großer Unterschied zwischen der ländlichen Bevölkerung und dem großen Grundbesitze oder den vornehmen Polen. Während das Landvolk in der Aufklärung zurückgeblieben ist, hat sich der vornehme Pole vorzüglich französische Sitten angeeignet. In neuester Zeit wird im Wege der Schule und gemeinnütziger Vereine auf die Hebung der unteren Bevölkerungsklassen gearbeitet. Es bestehen bereits an 2300 Volksschulen, mehrere Gymnasien und Realschulen; dennoch ist der Schulbesuch verhältnißmäßig noch ein sehr geringer. Von je 100 schulfähigen Kindern besuchen in Galizien nur 15 die Schule. Der Ruthe ne (östlich vom Sanflusse) steht in der Entwickelung dem Polen, dessen ausgebildete Sprache eine reiche Literatur besitzt, sehr zurück. Die Israeliten sind Handels-und Wirthsleute des Landes, auch betreiben sie viele Gewerbe fast ausschließlich. Die Deutschen bilden mehrere Sprachinseln auf dem Lande und bewohnen überdieß gemeinschaft¬ lich mit anderen Nationalitäten Städte und Märkte. Uebrigeys herrscht eine große Verschiedenheit im Volkscharakter, in Sitten und Bräuchen, in Wohnung und Tracht in den entlegenen Landestheilen. Z. 57. Das Herzogtum Bukowina. rNO OMeil.; 487.000 Einwohner; überwiegend nicht-unirte Griechen (an 36.000 Katho¬ liken, >0.000 unirte Griechen, 8000 Protestanten, tS.000Israeliten); nach der Nationa¬ lität 48°/, Ruthcnen, 40/, Romanen, dann Deutsche, Polen, Magyaren. — Grenzen? Das Land. — Die Bukowina ist im Ganzen Hochland; nur am Dnjestr und Pruth ist Tiefland. Zwischen diesen Flüssen befindet sich ein wellenförmiges Plateau, das vom Dnjestr-Ufer rasch aussteigt, dagegen zum Pruth sich allmählich herabseukt. Am rechten Pruth-Ufer findet wieder eine rasche Stufenerhebung statt. Diese terrassenförmige Erhebung der Flußthäler wiederholt sich noch beim Sereth und bei der goldenen Bistriz. Im Westen des Landes erheben sich die Karpathen, die theils Ausläufer des Waldge¬ birges, theits der Central-Karpathen und des sie begleitenden Systems vulkanischer Gesteinsarten sind, die Schneegrenze zwar nicht erreichen, aber die Waldrcgion überragen, größtentheils mit dichten Wäldern besetzt sind, ihre höchsten Spitzen jedoch nicht im Lande haben. Größere Ebenen besitzt das Land nicht (die größte bei Nadautz an 4 M.), sondern nur mehr oder we¬ niger erweiterte Flußthäler. Einige Jochübergänge führen in die Nachbarländer. DieF küsse der Bukowina gehören zum Gebiete des schwarzen Meeres; sie fließen untereinander fast parallel von West nach Ost. Sie sind im Sommer meist wasserarm; im Frühlinge und nach starken Regengüssen übersteigen sie häufig ihre Ufer und richten arge Verwüstungen an. Der Dnjestr bildet im Norden die Grenze und ist die hauptsächlich benützte Wasserstraße Der wich¬ tigste Fluß des Landes ist der Pruth, dann der Sereth, welchem außer- 111 halb der Monarchie die Suczawa, die Moldawa und die „goldene" Bi¬ strih aus der Bukowina zufließen. Das Land hat keine Seen; einige Teiche liegen zwischen dem Pruth und Dnjestr. — Das Klima ist zwar theilweise rauh aber gesund, mit starken vorherrschenden Sommerregen und Sommer- gewittern, worauf ein längerer angenehmer Herbst folgt. Laudcsvcrsassinig, Verwaltung und Orte: Die LandeSangclegeuheiNm der Bukowina werden vom Landtage vertreten. Dieser besteht ans 30 Mitgliedern: dem Bischöfe von Czernowiz, 10 Abgeordneten des großen Grundbesitzes, 5 der Städte, 2 der Handels¬ kammer in Czernowiz und 12 der Landgemeiudeu. In das Hans der Abgeordneten des Reichsrathes sendet er 5 Mitglieder. Der Landesregierung sind die Bezirksämter untergeordnet. Die Landeshauptstadt ist Czernowiz (Czernüuz. 2» 000 E.s, ans einer Anhöhe am rechten Ufer des Pruth, Sitz der Landesbehörden, eines griechisch-nichtunirteu Bischoses; Obergymnasium, Real¬ schule, Landesbibliothek; Handelskammer, Verein für Landeskunde; lebhafter Gewerbc- fleiß und Handel nach der Moldau und Bessarabien. Suczawa (6030 E.), einst Residenz der moldauischen Fürsten ; schöne Stadt; Gym¬ nasium, Grab des gr. n. u. Landespatrou« h. Johann von Novi ; bedeutende Safsiau- und Cordnanlcderfabrikeu; wichtiger Speditionshandel; Serelh (4500 E.), eine der ältesten Städte der Bukowina ; Radau; (4500 E.) Militärgestüt, Zucht arabisch, Stand bei 2000 Pferde; auch in Radauz Fürsteugräber; Äirlib a ba (auch Marienscc genannt h vormals Silber- und Bleibergwerk; Posz orita, reichhaltiges Kupferbergwerke Jaku- deni, bedeutende Eisenwerke; Nvwosetiza, hart au der Grenze, wo sich das tripksx ooiiüninni der drei Kaiserreiche befindet; Eisenau, Freudenthal und andere; Putna, am Samuc großer Wälder, mit berühmtem Kloster, in dessen Kirche die Gebeine des moldauischen Fürsten Stephan des Großen ruhen; Sadagura, der wichtigste Platz für den Ochsenhaudcl mit Bessarabien und der Moldau; Foutina alba (Biela Kiernicai, Kloster und Metropolie der Lippowauer, welche daselbst, in Klimo uz und in Mittvka ganz abgesondert leben, außerhalb dieser Orte aber hauptsächlich Teich¬ gräberei und Obsthandel treiben. K u l t u r l> i t d. Beiläufig 96 A der Gesammtfläche find produktiver Boden, doch entfällt davon fast die Hälfte (au 46 M) auf Waldungen, von denen ein großer Theil noch unbenutzt ist. Dem Ackerlande gehören nur etwa 45 (an 24^), dem Graslande an 49OMeil. (27 an. Das eigentliche Kulturland liegt zwischen dem Dnjestr und der Suczawa, so wie am Unterlaufe der letzteren, wo viel Ackerbau betrieben wird. Nur die größeren Grundbesitzer und der mit Land- eigenthum dotirte CleruS sowie die fremden Ansiedler haben eine bessere Be- wirthschaftung eingeführt; der Bildungsgrad des Bauers ist meist noch ein geringer. Trotz dieser noch nicht befriedigenden Bearbeitung gibt der fruchtbare Boden doch ein lohnendes Erträgnis;. Die Hauptfrucht ist der Mais („Mama¬ liga" -Maiskuchen ist eine sehr verbreitete Nationalspeise), doch wird davon ans Bessarabien und der Moldau noch eingeführt. Zunächst steht der Hafer; die übrigen Produkte des Ackerbaues werden nicht in hinreichender Menge ge¬ wonnen. Auch die Obstbaumzucht entspricht nicht den günstigen klimatischen Verhältnissen. Selbst die Viehzucht, für deren Gedeihen die günstigsten Be¬ dingnisse vorhanden sind, hat nicht die wünschenöwerthe Ausdehnung. Berhält- nißmäßig am stärksten sind die Hornvieh- und Schafzucht; die Pferdezucht im k. k. Militärgestüte zu Nadauz nimmt in Oesterreich den ersten Rang ein, Die Bienenzucht deckt kaum den Bedarf an Wachs; Honig wird exportirt. Die Industrie ist kaum im Entstehen, selbst das Kleingewerbe ist nicht in ausreichender Menge vorhanden. Capital und Arbeitskraft sind verhältnißmäßig theuer, die Bildungsstufe der Bewohner eine geringe, die Communicationen ungenügend. Am ausgedehntesten sind die Branntwein¬ brennereien; die Bierbrauereien decken eben den Bedarf; die Pottaschen- 112 siederei wird nicht mehr in der früheren Ausdehnung betrieben. In der Eisenindustrie nimmt Äakubeni mit den dazu gehörigen Hammerwerken einen beachtenswerthen Rang ein*). Die Gewinnung des Waschgoldes aus der Bistriz ist unbedeutend; in Poszoritta wird Kupfer gewonnen; eine Saline ist in Kaczka, die zahlreichen Salzquellen sind der Benützung fast ganz entzogen. Fabriksmäßig, werden betrieben zwei Papierfabriken (Radauz und Czernowiz), die Maschinen- und Bronzefabrik in Czernowiz, einige Glashütten. Ausgedehnt ist die Saffian- und Corduanerzeugung in Suczawa. Im Handel ist nur der Grenzverkehr nach Bessarabien und der Moldau wichtig, zunächst der Grenzort Folticzenh (in der Moldau), wohin österreichische Fabrikate epportirt werden. Auch der Transit nach Galizien, Ungarn nnd Siebenbürgen ist belangreich. In den größeren Orten werden stark besuchte Jahrmärkte abgehalten. Die Bevölkerung ist ziemlich gemischt. Bei der österreichischen Besitz¬ nahme zählte mau 50.000 Romanen und etwa 20.000 Ruthenen. Die fünf¬ zigjährige Rekrutirungsfreiheit und förmliche Colonisation führten galizische und Marmaroser Ruthenen, dann Groß-Russen, Deutsche, Magyaren, Ar¬ menier, Israeliten in das Land. Zwischen dem Dnjestr und Pruth und im Hochgebirge verschwand selbst ein Theil der romänischeu Bevölkerung unter den Ruthenen; doch stammt das Uebergewicht der letzteren erst aus dem jüng¬ sten Decennium. Die Zahl der Magyaren und Deutschen ist geringe; die Zigeuner haben sich größtentheils schon seßhaft gemacht. Im Allgemeinen ist der Stand der geistigen Kultur noch ein geringer; es gibt nur etwas mehr als 40 Volksschulen, der Schulbesuch ist verhältnißmäßig der geringste in der Monarchie (auf 100 schulpflichtige Kinder kommen kaum 10 schul¬ de such en de). Das Land hat nur eine Unterrealschule in Czernowiz und dort auch ein Obergymnasium; ein zweites entsteht auf Landeskosten in Suczawa. Die rege Thätigkeit für Bildung, welche seit der Abtrennung des Landes von Galizien erwacht ist, läßt die allmälige Behebung vieler Mängel und Gebrechen erwarten. 58. Das Königreich Ungarn. 3897**) ^Meilen, >0,172.000 Einwohner, darunter über 5,050.000 Magyaren, 1,222.000 Deutsche, an 2,000.000 slavischcn Stamme«, 1,173.000 Romanen, gegen 304.000 Juden, dann kleinere Stämme. — Nach der Consessiou: gegen 6 Mill. Katholiken (des lateinischen, armenischen nnd griechischen Ritus), über 4 Mill, nicht unirte Griechen, über 2,150.000 Protestanten, dann Juden. — Grenzen? Das Land. — Uugaru ist zum Th eile Tiefland, zum Theile Gebirgs ¬ land. Zum Tieflande gehören die kleine und die große ungarische Ebene; das *) Bon großer Wichtigkeit snr die technische Kultur des Lande« ist die Thätigkeit des Gewcrksbesitzer« Vinzenz Manz von Mariensee. Er unterhält 6 Bergwerks-Colonien mit 5 Kirchen, t> Schulen, 50 Werksgebäuden und 785 Wohnhäusern, welche gegen raten¬ weise Abzahlung der Baukosten Eigcnthum der Arbeiter werden. Die Bevölkerung dieser Bergwerks-Colonien beträgt über 4500 Seelen. **) Nach der Eintheilung vor 1849: n) Ungarn (mit dem Temescr Banat).-. 3689 OMeil. b) Besondere Districte (darunter ungar. Litorale mit 6 OMeil.) 110 „ „ ü) Kroatien... ... 173 „ „ ll) Slavonien.. . 17k „ „ 4143 UMeil. Oben sind ausgenommen n und t> (mit Ausnahme des Litorale, welche« bei Kroatien vorkömmt), dagegen kommen zu Ungarn noch die „re-incorporirten Theile"; — Kroatien und Slavonien sind in einem besonderen Paragraph behandelt. 113 Borgland gehört theils den Karpathen an, theils sind es Ausläufer der Alpen, и. z. das Leithagebirge, derBakonhwald, die minder hohe Fünfkirchner Gruppe zwischen der Drave, Sarviz und dem Plattensee. Der gebirgigste Theil ist Nord¬ ungarn, während sich im Innern des Landes die größte Tiefebene Oesterreichs ausbreitet. Gewässer. — Ungarn gehört fast ganz zum Gebiete der Donau, welche bei Preßburg in das Land kömmt. Sie strömt durch die kleine ungarische Ebene; unterhalb Gran treten Berghöhen an beide Ufer heran, welche sie am rechten Ufer bis unterhalb Ofen begleiten. Mit geringem Gefälle fließt sie dann zum Theil zwischen morastigen Ufern durch die große Tiefebene bis unter¬ halb Neusatz, wo sie in die Militärgrenze tritt. Sie bildet mehrere Inseln; die große und kleine Schütt (unterhalb Preßburg), die St. Andreas-Insel, Margarita und Csepel in der großen Ebene. Zu den bedeutenden Nebenflüssen gehören: (links): die March (mit der Miava); die Waa g, welche bei Frei- stadtl in die Ebene tritt, sich bei Guta im Sumpflande mit der Neuhäusler Donau verbindet und als Bägduna bei Komorn mündet, nachdem sie kurz vor¬ her die Neutra aufgenommen; die Gran (vom Königsberge, Kirälhhegh) fließt im Unterlaufe durch Sumpfstrecken und mündet, ohne schiffbar zu sein, gegenüber von Gran; die Eipel (Ipolh) mündet nach einem trägen, zwischen engen Hngelreihcn vielfach gekrümmten Laufe bei Szobb; die Theiß (Tißa) entspringt in der Marmaros (schwarze und weiße Theiß), welche sie mit star¬ kem Gefälle durchfließt, wird bei Szigeth für kleine Fahrzeuge schiffbar, trägt von Tokah an Dampfschiffe. In zahllosen Windungen (Serpentinen) zwischen ausgedehnten Sümpfen fließt sie durch das Tiefland und mündet unterhalb Titel. Für die Rcgnlirung dieses auch wegen des Fischreichthums bekannten Flusses ist bereits viel geschehen. Die Theiß nimmt (rechts): die Borzova, den Bodrog, denHernad, die Eger und Zaghva,— (links): die Szamos, Körös und Maros auf. — Die Teures durchfließt das Banat und mündet bei Pan- öova. — (Rechts): DieLehtha, mehrfach Grenzfluß gegen Niederösterreich, mündet unterhalb Ungarisch-Altenburg. Die Raab kömmt aus Steiermark und wird von Körmend, wo sie in die kleine Ebene tritt, bis zu ihrer Mündung bei Raab befahren. Die Sarviz entsteht aus den Sümpfen des Bakonh- waldeS, hat vielfach sumpfige Ufer, fließt von Stuhlweißenburg an in einem Canale und nimmt vom Plattensee den Sio und von der Fünfkirchner Hoch¬ ebene den Kapos auf. Die Drau bildet die Grenze gegen Kroatien und Sla- vonien. — Die bedeutendsten Seen sind der Platten- und der Neusiedler- See; erwähncnswerth sind auch die vielen Hochgebirgsseen in den Karpathen- („Meeraugen"). In beiden Tiefebenen gibt es viele Moräste. — Canäle: der Franzens- (oder Baöker-) und der Bega-Canal; der Sarviz Canal; der Albrecht-Kara sicza-Canal in der Baranha und einige klei¬ nere. Auch an Mineralquellen ist das Land sehr reich. Verfassung, Verwaltung und Orte: Mittelst kais. Diploms v. 20. OctoLer l860 sind die verfassungsmäßigen Institutionen des Königreichs Ungarn wieder ins Leben gerufen. Die Grundgesetze vom I. 1222 (goldene Bulle K. Andreas II.) und 1687; die pragma¬ tische Sanction Kaiser Carl's VI. vom I. 1713 (in Ungarn einstimmig angenommen durch den Art I. und II des Reichstages vom I. 1722/23); verschiedene Gesetzartikel der Landtage, insbesondere jene von 1847/48, bilden nebst dem erwähnten Diplom die Grundlagen der Verfassung. Der ungarische Landtag bestebt aus 333 Mitgliedern, und soll nach der Verfassung vom 26. Febr. 1861 in das Hau« der Abgeordneten des Reichs- rathes 85 Mitglieder entsenden. Er besteht aus dem Hause der Abgeordneten (Unter¬ haus) und der Magnatentafel (Oberbaus). Unmittelbar zur Seite des Königs steht die к. ungar. Hofkanzlei (6anesUg,riu roxl-r-rulio-r) mit einem Hofkanzler tOomes vnn- csllnrius) und dem nöthigcn Personale. Die vier höchsten Reichsbarone sind: der P a- K l u n, Geographie S. Auflage. 8 114 latin (Lomes Uulrrtimis), der H o f- und Landrichter (ckuäex Lurius), der B a n u s von Cr oatie n und der kön. Scha tz meister (lllsveriiious). DerPalatin ist Statt¬ halter des Königs, Präsident des Landtages, des Statthaltereirathes, Vormund des minder¬ jährigen Königs in s. w. Die höchste Verwaltungsbehörde ist der k. Statthalterei¬ rath (Oonslllum lollnmtensLtiale rsj-ium) zu Osen. Das Land ist in Gespanschaften (Comitate) eingetheilt, an deren Spitze der Obergespau (Lomes) steht (theils erblich, theils mit einer Würde verbunden, theils ernannt); ihm unterstehen gewählte Vicege- späne (Vioooomss) und andere Fnnctionäre. Das Conntatzersällt in Bezirke (provessus), an deren Spitze je ein Stuhlrichter (cku-isx dlobilinm, lluälium) uud Viecestuhlrichter. Di« Verwaltung der k. Frei stä die führt der innere und der äußere Rath. Dcrllucksx- 6urins ist Stellvertreter des Palatins. Das oberste Gericht ist die k. Curie (Ourin regia.), welche aus der Septemviraltasel (Naknlri, »extern viralis, höchste Revisions-Instanz) und der k. Gerichtstafel (Appellations-Instanz) besteht. An der Spitze der letzten steht der Personal (kersoimlis xrusssntiae regia. Loomntensirs). Weitere Gerichtsbehörden sind: die 4 Districtnaltafeln zu Thrnan, Güns, Eperies und Debreczin, dann Taver- nical-Stühle, Comitatsgerichte u. s. w. Das Königreich Ungarn (ohne Cro atien und Slavonien) wird in 46 Comi¬ tate und vier Districte eingetheilt. Bemerkenswerthe Orte sind*): 1. Comitat Preßburg. - Preßburg (Posony **), 45.000 E.), k. Freistadt und Krönungsstadt mit dem „Königshügel"; langjähriger Sitz des Landtages; Domkirche, Landhaus, das k. Schloß; Rechtsakademie, Gymnasium, Realschule; lebhafte Industrie starker Weinbau, Handel mit Landesprodukten. Thrnan (Nagy-Szombath), k. Freistadt, großes Jnvalidenhaus; Leineniudustrie; Wein- und Wollhandel. BL sing (Baziny), Mineralbad, Gold- und Schwefelbergwerk. Modern (Modor), k. Freistadt, viele Tuch¬ macher und Töpfer; Weinbau. Theben, Burg-Ruinen. M arienthal, Wallfahrtsort. 2. Com- Neutra. — Neutra (Nyitra, 9500 E.) Bischosssitz; viele Weingärten. Neuhäusel, (.Ersek UjvLr), ehemals wichtige Festung. Miava erzeugt Beuteltuch für die Mühlen. Skalitz (Szukolcza), k. Freistadt, viel Tuch und Wollenzeuge. Pisch- tiau (Pösteny), warme Mineralbädcr. Freistadtl (Galgocz), Holz- und Viehhan¬ del; im Schlosse reiche Sammlungen 3. Com. Tre ncsin. — Trencsin (Trencsöny), k. Freistadt, warme Mineralbä¬ der; berühmtes Felsenschloß. Teplitz, Schwefelquellen, großartige Badeanstalt (Tren- csiner Bäder). 4. Com. Thnräcz. — St. Martin (Szent-MLrton). 5. Com. Arva. — Alsä-Kubin; Arva, großes Schloß an der Arva, befestig¬ ter Ort. 6. Com. Liptau. — Szent-Miklos, Hauptort an der Waag. Mazurka, Deutsch-Liptsch(Nömeth Lipcse) und Boba, Bergbau aus Gold, Silber und Antimon. 7. Com. Zohl. — Neusohl (Besztercze-BLnya, 6000 E.), Bergstadt, Bischofssitz; große Kupfer- und Eisenwerke. Bries, große Viehzucht (besonders Schafe), Brimscn- käse. Altgebirg, Bergbau auf silberhaltiges Küpser. Rhonicz (HLmoz), Mittel¬ punkt der Eisenverarbcitung in diesem Comitate. Brezova, großes Rails-Walzwerk. 8. Tom. Bars. — Kremnitz (Körmöcz-B-'mya, 5000 E ), k. Freistadt, Bergver¬ waltung, berühmtes Gold- und Silberbergwerk, kais. Müuzamt. Königsberg (Uj- Birnya), Bergstadt. Zsarnocz (öiarnovic), Silberhütte (ll.OM Mark Silber). S. Com. Gran. — Gran (Eßtergom, I3.000E.), Sitz des Fürst-Erzbischofes und Primas von Ungarn; großartiger, prachtvoller Dom. 10. Com. Honth. — Jpoly-SLg (2000 E.), Hauptort des Comitate«; Schem- nitz (Selmecz, 14.000 E.), k. Freistadt; Berg- und Forstakademie, reiche Gold- und Silbergrnben (24.000 Mark Silber, 850 Mark Gold). 11. Com. Neograd. — Balassa-Gyarmath (5500 E.), Hauptort. Gacs, Zuckerfabrikation. Losoncz, starke Gewerbs- und Handelsthätigkeit. Fülek, vorzüg¬ liche OLstkultur. Neograd, altes Schloß. 12. Com. Pest-Pilis-Solt. Ofen (Buda, 55.200 E.). Auf dem rechten Donauuser, theils aus einem Berge, (Festung), durch welchen ein Tunnel führt, theils ringsum am Fuße desselben. König!. Resideuzschloß, Schloßkirche mit den Rcichskleinodicu; Hentzi - Monument, Joscphs- *) Zur Aussprache magyarischer Worte: L — lautes gedehntes u: -r oa; ä — Mittellant zwischen o und i; es --- tsoll; 02 — 2; äs — cksed; gx — ej; II — nur vor Vocalen wie Ii, am Ende fast lautlos; Ix — li; nx --- nj; s — sell; sr --- ss! v — rv; 2 — gelindes s; LS oder 's - - gelindes soll (— dem franz, j). "*)Jn der Klammer sind die Ortsbenenuungen magyarisch angegeben. 115 Polytechnikum, Gymnasium, Realschule. Am Fuße des Blocksberges warme Schwefel¬ bäder ; in den schönen Umgebungen ausgezeichneter Weinbau. Zwei Dampfmühlen; Arsenal und Alt-Ofner Schiffswerste der Donau-Dampsschifsfahrts-Gesellschaft. Mittelst einer Kettenbrücke (1230' Spannung) mit Ofen verbunden, liegt die schönste, reichste und bevölkertste Stadt Ungarns : Pest (mag. Pest, 131.700 E-). Schöne Plätze, Straßen und stattliche Gebäude zie¬ ren diese raich anfblühende Stadt. Wissenschaftliche Anstalten sind: Universität, unga¬ rische Akademie der Wissenschaften, sehr reiches National-Museum, General-Seminar, mehrere wissenschaftliche Vereine, Handelsakademie, Malerakademie, drei Gymnasien, Realschule u. a. Für den Handel und die Industrie sind thätig: die Handelskammer, der Lloyd, die nng. Commercialbank, nug. Assecuranz-Gesellschaft, Filialen der Na¬ tionalbank und der Creditanstalt. Pest hat ansehnliche Fabriken für Seidenwaarcn, Tuch, Leder, Oel, Tabak, Bijouterien; besonders wichtig ist die Branntwein-und Mehlerzeugung. Mittelpunkt des ungarischen Handels; vier große Messen; Hauptstation der Dampfschiffe; Eisenbahnverbindung mit den bedeutendsten Städten des Landes. In der Umgebung vortrefflicher Weinbau. Waizen (VLcz), Bisthum, prächtige Doin- kirchc; Weinbau. Kecskemät (40-OiX) E.), Kecskemetcr Heide, starke Viehzucht, Ta- bak- und Weinbau, Seifen- und Lederbereitung. Wissegrad, die Veste einst häufig von den Königen bewohnt. Die Inseln St. Audrä und Csepel. Kaloesa, Erz- bisthum. 13. Com. B-ics -- Bodrog. — Zombor (22.000 E-), k. Freistadt, bedeutende: Korn- und Viehhandel. Maria-Theref iop el (Szabotka, 53.000 E.), k. Freistadt, sehr starker Produktenhandel. Baja (19.000 E.), Jahrmärkte. Apatin, vorzügliche Seidenzucht, Hanfbau, Oelpressen. Zenta, Schlacht 1697. Neusatz (10.000 E.), k. Frcistadt, sehr lebhafter Handel; gr. u. u. Bisthum. 14. Com. Wieselburg. — Ungarisch-Altenburg, höhere landwirthschaftliche Lehranstalt, Wieselburg (Mosony), der wichtigste Handelsplatz für Getreide (3 —4 Mill. Metzen Umsatz). Neusiedl (Nenstedlersee), Getreidemärkte, starker Getreide- und Weinbau, Papier. Szent-Miklo s, großartige Zucker- und Spiritusfabrikatiou. 15. Com. Oedenburg. — Oedcnbnrg (Soprouy, 19.000 E.), k. Freistadt; zwei Gymnasien, viel Industrie, Obst- und Weinban, ansehnlicher Producteu- und SpeditionShandel. In der Nähe ausgedehnter Stcinkohlenbau. Rust, k. Freistadt; Weinbau. St. Magaretheu, Sandsteine vorzüglicher Art. Im Comitate mehrere Zuckersabriken. Eiscnstadt, k. Freistadt. 16. Com. Raab. — Raab (Györ, 18.000 E.), Bisthum, Handels- und Spedi¬ tionsplatz. Martin sberg, berühmte Erzabtei mit bischöflicher Jurisdiction (Lions saeer kannonias), 17. Com. Komorn. — Komorn (KomLrom, 12.000 E.), k. Freistadt, starke Fe¬ stung. Babolna, k- Gestüte. Alt-Szöny mit zahlreichen römischen Alterthümern. 18. Com. Stuhlweißenburg. — Stuhlwcißenburg (SzskeS - Fehsrvür, 24.0M E.), k. Freistadt, Bisthum; langjähriger Krönnngs- und Begräbnißort der Könige; lebhafte Industrie in Leder und Eisenwaaren. In diesem Comitate trefflicher Ackerbau, Weinbau. 19. Com. Eiscnburg. — S tein am angcr (Szombathely, 5000 E.), Bisthum; Kathedrale; röm. Alterthumer. Güus (Köszegh) , k- Frcistadt, Obst- und Weinban. Pinkafeld, bedeutende Tuchmanufaktnr, Verfertigung hölzerner HauSgcrälhe. Eisen¬ burg, sehr besuchte Jahrmärkte. Körmcud mit prachtvollem Schlosse. St. Gott¬ hard, Abtei; Schlacht 1664. 20. Com. Tolna. — SzckszLrd (10.000 E.) , berühmter Weinbau. Tolna, Saflorbau und Hausenfang. 21. Com. Zalad. — Zala-Egcrszeg, Hauptort. Groß-Kanisza (12.000 E.), ehemals starke Festung, wichtiger Handel und große Viehmärkte. Bedeutende Tabak¬ pflanzungen. 22. Com. Veszprim. — V e szprim (11.060 E.), Bischofssitz; Tuchfabriken, Gärbereien, Produktenhandel. Pa löta, am Anfänge des Bakonywaldes und des Sumpfes SLrrät. Papa (13.000 E.), der größte Ort des Comitates. 23. Com. Sümegh. — KaposvLr, Hanptort. Grenz-Szigeth (Szigetvar), starke Festung. (Verlheidigunz durch Nikolaus Zriny im I. 1566.) 24. Com. Baranya. — F ünf kirch en (Pecs, 17.000 E.), k. Freistadt, Bisthum; prachtvolle Kathedrale; Handel; vorzügliche Steinkohle und Marmor; Eisenbahn. MohLcs, Schlachten in den Jahren 1526 und 1687. VillLny, Weinban. 25. Com. Zips. — Leutschau (Löcse, 6000 E.), k. Freistadt; berühmte Mcth- brauereien; Leinwand, Leinendamasl, Schafkäse. Käsmark, k. Freistadt; Industrie und 8* 116 Handel Neu-Lublau, eine der 16 Zipfer Kronstädte mit bekanntem Sanerbrnnnen. Schmölnitz (Szomolnok), wichtiger Bergbau auf Silber, Kupfer, Eisen und Antimon. Jglü (Neudorf), Bergbau auf Kupfer und Eisen, Hammerwerke; Bad. Göllnitz, sehr wichtige Eisenwerke. Sehr viele Orte in der Zips treiben Bergbau auf Eisen und Kupfer. TLtra-Füred, Schwefelquellen, Sauerbrunnen, Kaltwasser-Heilanstalt. Alt-Lublau, berühmtes Bergschloß. Javorina, großes Eisenwerk. 26. Com. Gömör und Kle iii-H onth. — Rim a - Szombath(4000 E.), Industrie und Handel. Rosenau (Rosnyo), Biöthum; Bergbau auf Kupfer, Asphalt, Nickel; Gerbereien, Wachslichter-Erzeugung. Osg yLn, Töpfereien »nd großer Geschirrhandel. Groß-Röcze, Topase nnd Bergkrystalle. Mehrere Eisenwerke in diesem Comiiate. 27- Com. Hcvcs und Auß er-Szolnok. — Erlau (19.000 E.), Erzbislhum ; schöne Kathedrale; wichtiger Weinbau und Handel; Leinenweberei, Ledcrbearbeitnng. Pürad, sehr besuchte Heilquellen. Ghöngyös (l6.Ol)l> E-), Gartenbau. Szolnok 14.000 E.), Maschinenfabrik, wichtiger Speditionsplatz; für die Eisenbahn- und Theiß- dampfschiffsahrt ist hier der Mittelpunkt. 2s. Com. Borsod. — Miskolcz (20.000 E.), Wein- und Melonenbau; der beste Weizen Ungarns; lebhafter Handel. Diäsghör, vortrefsliche Eisenwerke; Bad in romantischer Lage. 29. Com. Torna. — Torna, Hauptort. 30. Com. AbanjvLr. — Kaschau (Kassa, 14.002 E.), k. Freistadt, Bisthum, schöne Kathedrale, Rechtsakademie, Gymnasium, Realschule; viele Weinberge, sehr be¬ denkender Handel. Ober- und Untermetzenseifen, deutsche Bergflccken; Erzeu¬ gung von Eisenwaaren. Szüntü, trefflicher Weinbau, Anfang der Hegyallya. 31 Com. Süros. — Eperies (10.000 E.), k. Freistadt, griech.-kath. Bisthum, Leinwand-und Tuchweberei, Handel. Bartfe ld (Bartfa), k. Freistadt, Badeort, Papier¬ mühlen, Eisenhämmer, Weinhandel. SoovLr, große Saline, Holzflvßanstalt. VöröS- vLgLs, berühmte Opalgruben. 32. Com. UnghvLr. — UnghvLr (6000 E.), Hauptort; griech.-kath. Bisthum. Felsö-Remete, treffliche Eisenwerke. 33. Com. Zempliu - Sator-Allha-Ujhely, Hauptort. Tokay, vortrefflicher Wein- und Obstbau. SLros-PLtak, ref. theol. Collegium mit Bibliothek In die¬ sem Comitate starker Weinbau; mehrere Orte mit Ouecksilbergruben. 34. Com. Beregh. — BereghszLSz, Hauptort. Munkäcs, festes Bergschloß, Staatsgefänguiß. In der Umgebung schöne Bergkrhstalle und sogenannte ungarische Diamanten. In diesem Comiiate sehr viele Alannsicdereieu. 35. Com. Szabolcs. — Groß-Kallo (5000 E.), Hauptort, zwischen Sümpfe» gelegen. Nyir-EgyhLza, Sodasabrikation und starker Handel. Hier und in der Nachbarschaft viele Oelmühlen. 36. Com. Szathmür. — Groß-Käroly (11.600E), Hauptort. Nagh-Banya, k. Freistadt, reiches Gold-, Silber- und Bleibergwerk; Verfertigung von Töpferwaa- ren. Felsö-Bauha, reiches Gold- und Silberbergwerk, Kupfer- und Bleischmelz- Hütt c. SzathmLr-Nemeti (14.000 E.), k. Freistadt, Bisthum; Slivovic-Berei- tung; Friede 1711. 37. Com. Mar maros. — Szigeth, Hauptort, Rhänaszek, große Steinsalz¬ gruben (1 Mill. Ztr.). Visö, Hauptsitz des Flachsbaues. Mehrere Orte mit Eisenwerken. Borfa, vorzügliche Mineralquelle. 38. Com. Bihar. — Großw a rd ein (Nagy-VLrad, 23.000 E.), lateiu. und griech.- kath. Bisthum, Rechtsakademie, Gymnasium; starker Getreide- und Weinbau. Viehzucht, Handel mit Landesprodukten; Eisenbahn. Debreczin (40.000 E.), theologische Aka¬ demie; Getreide-, Melonen- und Tabakbau, zahlreiche Handwerker für wollene Zeuge, Leder, Seife, Tabakspfeifen; vier Messen mit großem Handelsverkehr. Röz-Banya, Bergbau auf Kupfer. Bihar, altes Schloß. Szalonta, Mittelpunkt der Schweinezucht. Schwarzwald, deutsche Colonie mit Glasfabrikation und Kunstmühle. In diesem Comitate ansehnliche Glasfabrikation, vorzüglicher Tabakbau, Soda-Seen. 39. Com. Ugocsa. — Ragy-Szöllös, Hauptort. In der Umgegend bedeutende Schweinezucht 40. Com. Bäkes. — Gyula (16.000 E.) nnd Bekes (20.090 E-), sehr getreide¬ reiche Gegend. Csaba, das größte und volkreichste Dorf in Ungarn (28.000 E-). 41. Com. Csougrad — Szegcdin (40.000 E.), k. Frcistadt, Festung; Tabak- fabrikcu, starke Viehzucht, Seifensiederei, Hauptwerfte für die Theißschifje. Csougrad (16.000 E ). 42. Lom. Csana d. — Makö (26.000 E.), Hauptort. Mezöhcghes, große Puszta. Militärgestnte. 117 43. Com. Arad. — Alt-Arad (27.000 E.), k. Freistadt, Festung; griech.-orient. Bisthum. In der Umgegend vorzüglicher Getreide-, Wein- und Gemüsebau, Tabak¬ pflanzungen. Menes, berühmter Weinbau. 44. Com. Temes. — TemesvLr (22.500 E.), k. Freistabt, Festung; Bisthum, General-Militärkommando; bedeutende Industrie (Tuch, Seide, Papier, Oel); starker Commissionshandel. Ver»ec, Wein- nnd Seidenbau; griech. n. u. BiSthum mit zwei theologischen Lehranstalten. Römerschauze. 45. Com. Torontal. — Groß-Beökerek (17.000 E.), starker Handel mit Roh¬ produkten. Neu-BcSe, Hauptsitz des Getreidehandels. Starker Tabakbau. Groß- Szeut-Miklos und Groß-Kikinda, ansehnliche Orte mit vorzüglichem Getreide¬ bau und Viehzucht. 46. Com. Krassov. — Lugos (10.000 E.), Hauptort; griech. kathol. Bisthum. Oravicza, Bergbau auf Gold, Silber, Kupfer, Eisen und Steinkohle». Steindorf, Hauptsitz des Steinkohlenbaues (1 Mill. Ztr.). In der Umgegend mehrere Bergbau- und Eisenwerke. DognacSka, Gold, Silber, Kupfer und Eisen. Distrikte: Jazygicn mit Klein- nnd Groß-Kumauicn nnd den Haiduckcuflccken haben ihre eigenen Capitäue mit der gleichen Municipal-Organisation wie die Comitate. Bedeu¬ tendere Orte sind: Jüsz-Bereny (111.000 E.). FLlegyhllza (19.000 E-), Kardszag- Uj-SzLllas (13.000 E.), Bbszörmsuy, JLsz-Apathi (S000 E.), Kuu-Sz.- Märton (10.000 E.1 und andere Marktflecken über weite Räume zerstreut. Re-incorporirte Theilc. Distrikt Kövär: Kapnik-Bknya, mit bedeutenden Gold-,Silber- und Bleibergwerken. — Com.Kraszua: Szilngy-Somlyä (4000 E.), Hauptort. ZovLny, Mineralquellen nnd Bad. — Com. Mittel-Szolno k: Zilah (4500 E.)/Hanptort. Tasnäd, starker Weinbau. SzilLgp - S z e g, Stammschloß der Familie Szilügp. — Com. ZarLnd: Körös-Bnuya, Hauptort; Goldbcrgbau und Goldwascherei in der ganzen Gegend. K u l t u r b i l d. Von der Gesammtfläche Ungarns sind über 8S^ produktiver Boden, wovon 35 A (an 1300 oMeil.) auf Aecker, 23 (an 850 lüMeil.) auf Waldungen, etwa 43 ^Meil. auf Weingärten entfallen, den Rest nehmen Wiesen und Weiden ein. Die Landwirthschaftwird in neuerer Zeit, besonders aufden großen Grnndcomplexen, weit rationeller betrieben als ehemals. Die Produktion übersteigt jederzeit den heimischen Bedarf, daher kommen ansehnliche Quan¬ titäten jährlich zum Export. Das eigentliche Getreideland sind die beiden Tief¬ ebenen, vorzüglich die Ebene jenseits der Theiß und die Bacska; der Flugsand an der Donau und Theiß, so wie die häufigen Ueberschwemmungen sind jedoch Hindernisse für den Getreidebau. Das Land erzeugt große Mengen an Hafer, Gerste, Roggen, Mais und Weizen. Der Weizen wird am stärksten in jenen Gegenden eingebaut, wo geregeltere Verkehrsverbindungeu den Absatz erleichtern (vorzügliche Qualität von Miskolcz und Arad, Arader Mehl). Der Roggen wird zwar überall, aber vorwiegend von den Slaven in den nördlichen Theileu gebaut; das Gleiche gilt vom Buchweizen, Hirse und Hafer. Vorzüglich ist der Mais, dessen Produktion insbesondere in dem östlichen und südlichen Theile sehr groß ist. — Unter den Handelspflanzen nimmt der T ab ak den ersten Rang ein; die Jahres-Produktion wird auf mehr als Vs Mill. Ztr. berechnet. Die besten Sorten liefern Oedcuburg(Lettinger), Heves, Neograd, Komorn, Eisen¬ burg u. a. Hopfen wird nicht genügend gebaut; dagegen kommt der vanf in großer Menge und guter Qualität in den südlichen Landestheilen vor. Der An¬ bau von Reps und Runkelrüben ist im Steigen; zudem ist Ungarn reich an Farbpflanzen, Zwiebelgewächsen, Melonen, Kürbissen, Hülsenfrüchten. Die Obstkultnr, obwohl gegenwärtig im erfreulichen Aufschwünge, steht doch nicht auf jener Stnfe, zn der sie durch Klima und Boden befähigt ist. In den Handel kömmt das Oedenburger Obst, bekannt ist jenes aus Gömör, dann die „Brünner- Zwetschke" aus den deutschen Colonien der niederen Karpathen. — Ungarn ist 1l8 v e rhältnißmäßig auch das ersteWeinland derErde; denn in Hinsicht der Güte der Weine wird es von keinem Lande, in Hinsicht der Menge nur von Frankreich übertroffen. Den ersten Rang nimmt der aufdcrHcgyallha auf S^M. wachsende ein, worunter der Tokayer die vorzüglichste Sorte bildet; weiters sind sehr Vortheilhaft bekannt der Menescher, Rüster, Ofner, Visontaer, Billa- nher, Schomlaner, Szekszarder u a. m. Die Weinkultur ist übrigens noch einer großen Vervollkommnung fähig. — Die Waldkultur läßt noch Vieles zu wünschen übrig. Zudem ist die ungleichmäßige Vertheilnng von Waldungen nachtheilig, in¬ dem im Innern des Landes, in den Tiefebenen empfindlicher Holzmangel herrscht. Der reiche Bi eh stand, der übrigens noch bedeutend gehoben werden könnte, liefert einen einträglichen Handelsartikel. Das Hornvieh, die mitunterhoch veredelten Schafe, die dauerhaften Pferde werden in den Ebenen gezogen; in den fruchtbareren Gegenden kommt das ungarische Zackelschaf vor; in den sumpfigen Landstrichen und den großen Eichenwäldern der Baranha, des Zalaer, Arader, Biharer Comitates, im Bakonywalde u. a. O. in großer Menge das Borsten¬ vieh. Auch die Zucht der Ziegen und des Geflügels ist sehr ansgebreitet; dagegen ist jene der Bienen von untergeordneter Bedeutung und jene der Seidenraupen erst im Entstehen. Jagd und Fischfang bieten reiche Ausbeute; in letzterer Hin¬ sicht sind namentlich die Theiß, die Donau, der Poprad und der Plattensee be¬ kannt. Dieser reiche Segen an Naturprodukten begründete den ungarischen Spruch: iLxtra IIunAariaii» non sst vita, st si ost vita, non sst ita. Ungarn ist ebenso durch die Mannigfaltigkeit an Mineralien überhaupt, als auch durch deren Menge und die Qualität der edlen Metalle ausgezeichnet. Die reichsten Goldgruben sind zu Schemnitz, Kremnitz, NagybLnya, Neusvhl, welche nebst den geringen Goldwäschereien in letzter Zeit über 220 Mark (d. 385 fl. öst. W.) lieferten. Silber wird ebenfalls in den erwähnten Berg¬ werken, dann in Schmöllnitz, Kapnik n. a. O. gewonnen (in jüngsterZeit über 66.000 Mark L 25 fl. öst. W.). An Kupfer ist Ungarn die reichste Provinz Oesterreichs, zumeist im Schmöllnitzer Distrikte (mehr als 40.000 Ztr.). Ober- Ungarn ist reich an Eis en, welches jedoch in der Qualität dem steirischen Nach¬ sicht. Am meisten wird im Gömörer Komitat und in der Zips gewonnen. Stein¬ salz liefert die Marmaros über IMill. Ztr.; Sudsalz das Saroser Comitat (an 200.000 Ztr.). Soda, Glaubersalz, Salpeter, Alaun u. a. kommen in er¬ heblicher Menge in den Handel. — An Steinkohlen betrug die Ausbeute im I. 1855 nahezu an 3Vz Mill. Ztr., gegenwärtig über 9 Mill. Ztr.; insbeson¬ dere kommt die Braunkohle sehr häufig und in großer Mächtigkeit vor. Beson¬ ders erwähnenswerth sind die Steinkohlen von Fünfkirchen und Oravicza. Ungarn ist bis jetzt noch kein Industrieland; doch gewann die Industrie in den letzten Jahren sowohl an Umfang als an Ausdehnung. Im Allgemeinen wird die Verarbeitung der Rohstoffe überwiegend gewerbsmäßig betrieben; die Zahl der Fabriken, sowie der in Verwendung stehenden Dampfmaschinen ist verhältnißmäßig erst geringe, obwohl hierin von Jahr zu Jahr riesige Fortschritte gemacht und die neuen Erablissements größtentheils in großartigem Umfange und nach den neuesten Systemen angelegt werden. Die Hauptsitze gewerblicher Thätigkeit sind im Westen und Norden des Landes. Die Industrie Ungarns deckt gegenwärtig bei Weitem nicht den Bedarf; allein, da die Natur so viele natürliche Grundlagen der Industrie geboten hat und ein Vorwärtsstreben in dieser Beziehung thatsächlich sich kundgibt, so ist an dem Aufschwünge der Be¬ völkerung in der technischen Kultur nicht zu zweifeln. Am ausgedehntesten wird die Lederbereitung betrieben, obwohl überwiegend nur handwerksmäßig. 119 Die L e i n e n i n d ustrie hat den Hauptsitz im slovakischen Ober-Ungarn; fabriks- mäßig wird sie nur au der westlichen Grenze betrieben. Bon einer Industrie in Schafw ollwaaren kann trotz der Menge und Güte des im Lande gewonnenen Rohstoffes noch nicht gesprochen werden; dagegen ist Pest ein sehr wichtiger Handelsplatz sowohl für Wolle als für Wollwaaren. Die Eisenindustrie ist am stärksten in Nord-Ungarn und fortwährend wachsend; hierbei sind in der That erfreuliche Fortschritte bemerkbar. Beachtenswerth sind die vielen Glas¬ hütten und Pap iermüh len (im Norden), die Gerbereien, Tuchwebereien, Runkelrübenzuckerfabriken, Branntweinbrennereien, Bierbrauereien (im Westen). Im mittleren Ungarn ist P est der wichtigste Platz für das niedere Gewerbe und das Fabrikswesen, für den Handel und die geistigen Interessen des Landes. Die größte Anzahl der Gewerbe entfällt auf den westlichen Theil, zunächst steht Ofen - Pest, dann Preßburg (sammt deren Umgebungen); in der Gegend um Kaschau ist deren Anzahl schon geringer, am schwächsten im Osten der Theiß. Die Aus¬ breitung der technischenKulturnimmtsonach ihren Weg von Westen nach Osten. — Der Handel ist sowohl im Innern als mit den benachbarten Ländern wegen des UeberflusseS an Rohprodukten und des Mangels an Jndustrieerzeugnissen aller Art von Wichtigkeit. Seit dem A n s l as s e n d e rZ o ll s ch r an k e n gegen über den westlichen Kronländern (im J. 1851) und der Energie, mit welcher au Commuuications-Verbindnngen durch die Erweiterung der Schiff¬ fahrt, die Regn lirung der Flüsse, den Bau der Eisenbahnen, die Verbesserung der Landstraßen u. s. f. gearbeitet wird, ist der Verkehr stets im Wachsen. — Ungarn exportirt Getreide, Mehl, Wein, Thiere und thierische Produkte; es bezieht dagegen Colonialartikel, sowie eine Menge Industrie-Er¬ zeugnisse aus den Nachbarprovinzen. Der Haupthandel concentrirt sich auf den vielen Jahrmärkten, welche in mehr als 900 Ortschaften gehalten werden. Die bedeutendsten Märkte sind in Pest, Debreczin, Arad und Szegedin. Für einzelne Artikel sind wichtig: die Viehmärkte in Pest, Waizen, Kecskemet, Debreczin, Arad, Oedenburg; die Pferdemärkte in Raab, Debreczin, Stuhlweißenburg; die Woll¬ märkte iu Pest und Losoncz; die Tuchmärkte in Thrnau; die Getreidemärkte in Wieselburg, Groß-Kanisza,Miskolcz, Debreczin, Kaschau, Szegediu, Raab u. a. Auch für die Hebung der geistigen Kultur ist durch Errichtung zahl¬ reicher Volksschulen (unter denen die Puszta-Schulen besondere Erwähnung verdienen), von Realschulen, und Gymnasien nach der neuen Organisation un¬ gemein viel geschehen. Diese Thatsache gewinnt um somehr an Werth, wenn man die eigentümlichen Verhältnisse des Landes mit seinen weiten unbewohnten Flächen und zerstreuten Ortschaften, die Verschiedenheit der Bevölkerung nach Nationalität, Sitte und Glaubensbekenntniß hierbei berücksichtigt. Es bleibt nur zu wünschen, daß auf der betretenen Bahn des Fortschrittes auch in dieser Richtung fortgeschritten werde. Z. 59. Das GroMrstenthum Siebenbürgen. 998 KOMeil.; 2 027.000 Einwohner. Nach der Nationalität: über 1,000.009 Romanen, etwa 518.000 Magyaren, über 200.000 Deutsche, gegen 90.000 kleinere Stämme, an 14.000 Juden; — nach der Confession: an 780.000 Katholiken (lat., arm. und gricch. Ritus), 025.000 nichtunirte Griechen, ungefähr 470 OVO Protestanten, gegen 48.000 sonstige Con- fessionen, an 14.000 Inden. — Grenzen? DasLand. — Siebenbürgen ist ein Hochland. Die in Gestalt eines Vier¬ eckes emporgehobene Bergmasse hängt nur im Nord-Osten mit den Hauptketten der Karpathen zusammen; die Randgebirge erheben sich bis 4 — 6000'. Im Osten sind die siebenbürgischen Hoch-Karpathen; im Süden dasFogaraser-Ge- birge; am Nordrande zieht das Nagh-Bünya-Gebirge; am Westrande das 120 siebenbürgische Erzgebirge (Reußgebirge und Bihar). Im Inneren streichen zahlreiche Berggruppen und Hügelreihen; nirgends kömmt eine ausgedehnte Hochebene vor. Eine der am meisten ebenen Gegenden ist die Klausenburger „Kampia" oder "Mezössg". Für den Verkehr mit den Nachbarländern sind mehrere Pässe wichtig; der Paß Rodna (in die Bukowina); der Ghmes- und der Ojtos-Paß (nach der Moldau); der Törzbnrger-, Rothenthurm-, Vulkan- Paß (nach der Walachei); der Paß des eisernen Thores in die Militärgrenze. Siebenbürgen gehört znm Donangebiete. Die wasserreiche Maros nimmt die Ar an hos, die Kokel (Kükülö) und den Streh lbach auf. Von Bedeutung sind noch die Szamos und die Aluta (oder Alt). Keine nennens- werthen Seen und Teiche. Viele Heilquellen und einige gut besuchte Badeorte (Borszük Elöpatak, Torda u. a.). Verfassung, Verwaltung und Orte: Die Grundlage der Verfassung bildet das Leo- poldinische Tiplom vom 4i Dezember 1691, welches den Bestand der „drei ständischen Nationen" (Ungarn, Szekler und Sachsen), jetzt auch der vierten Nation — Romanen — und der vier recipirten Religionen (Katholiken, Lutheraner, Reformirte, Unitarier) gewährleistet. Ein Reaierungsrath (Gubernium), bestehend ans Mitgliedern der vier Nationen, leitet die Verwaltung des Landes. Der siebenbürgische Landtag zählt folgende Mitglieder: 1. das Gubernium; 2. die kön. Gerichtstafel; 3. die Ober¬ beamten der ungarischen Comitate und Districte, sowie der Szeklerstllhle; 4. die De- putirten der vier ständischen Nationen und der kön. Freistädte und Taxalorte; 5. die Regalisteu, welche der König nach freiem Willen ans dem grnndbesitzenden Adel wählt. Der Landtag entwirft oder ändert Gesetze, welche jedoch erst nach der Sanction des Königs in Kraft treten. Er erstattet Vorschläge für die Ernennung des Hoskanzlers, Gu¬ bernators, Ständepräsidenten, der Gnbernialräthe n. s. w. — Jede der vier Nationen, welche zusammen die Union bilden, hat ihre besonderen Rechte und Privilegien. Jene der Ungarn sind ähnlich denen des Adels in den ungarischen Comitaten; unter den Szeklern genossen nur die Primores eigentliche Adelsvorrechte, die Grafenwiirde ist eingcaangen. An der Spitze der sächsischen Nation steht eine Oberbehörde, die „Uni¬ versität", mit unmittelbarer Unterordnung unter den Fürsten; der Chef der Behörde ist der Graf (Ooms» nutionis saxonieus), der von den Sachsen frei gewählt und vom Für¬ sten bestätigt wirb; er ist einer der Räthe des Gnberuiums. Dem Ooms» stehen zur Berathnng und Beschließung (unter Vorbehalt der landessiirstlichen Genehmigung) in allgemeinen Nationalaugclegenheiten Deputirte zur Seite, welche sich in Hermanustadt versammeln. — Nach dem Staatsgrundgesetze vom 26. Februar 1861 soll Siebenbür¬ gen 26 Vertreter in das Haus der Abgeordneten des Ncichsrathcs entsenden. In der Landtagssitzung vom 1t). Oktober 1863 wurden in den Rcichsrath gewählt: 6 Ab¬ geordnete für die ungarischen Städte und Szekler-Stühle, 6 Abgeordnete aus den Rega- listen, 8 der romanischen Städte, 3 der sächsischen Städte und 3 der sächsischen Stühle. Das Land zerfällt in: a.) das Land der Sachsen (Unterabtheilung: Stühle und Districte), b) Land der Szekler (Unterabtheilung: Stühle), o)Land der Ungarn (Unterabtheilung: Comitate und Districte). a) Land dec Sachsen: Stuhl Hermannstadt: Hermannstadt (Nagy-Szeben, 18.000 E.), k. Freistadt, gr. n. n. Bischof; Rechtsakademie, zwei Gymnasien, mehrere Lehr« und Humanitätsanstalten und gelehrte Vereine; Bruckcnthal'sches Museum. Viel Gewcrbe- fleiß (Tuch-, Wolldecken-, Leder-, Töpferwaaren, Tabakpfeifen und andere Fabrikate); lebhafter Commission«- und Speditionshandel. — Stuhl Leschkirch: Leschkirch, vorzüglicher Feldbau und Viehzucht. — S tu hl Mediasch: Mcdiasch, Hanptsitz des Wein- und Getreidebaues. — Stuhl Renßmarkt: Rcnßmarkt, Feld- und Wein¬ bau. — Stuhl Groß-Schenk: Groß-Schenk, Flachsbau und Leinwebern. Ag- ncthlen, starker Gewerbebetrieb und Pferdehandcl. — Stuhl Reps: Reps, Schwefel¬ quellen und Bad. — Stuhl Mühlenbach: Mühlenbach (5000 E.), Feld- und Weinbau, Tuchweberei. — St uh l Schäßb ura: Schäßbnra (8000 E.), Gymnasium, wissenschaftliche Thätigkeit; Obstbau; Bamnwoll-, Tuch- und Leineuweberei. — Stuhl Bros?: Broos (4300 E.), Gymnasium, Bibliothek; starker Melonenbau. Kudsir, Puddliugs- und Walzwerke. Neu-Sebeshely, Eisenhämmer. — District Bistriz: Bistriz (3500 E.), ein Hauptplatz des Binnenhandels. — District Kronstadt: Kronstadt (Brassö, 27.000 E.), die größte und meistbevölkerte, zugleich erste Fabriks¬ und Handelsstadt des Landes. Eisen- und Kupferhammerwerke, Papiermühlen, Türkisch- roth-Färbereien, Fabriken für Tuch, Wolleuzeug, Leinwand, Leder u. a. Sehr bedeu¬ tender Handel mit Landesprodukten und österreichischen Fabrikaten. Angenehmes geselliges 12! Leben. Die Umgegend heißt das „Burzenlcmd" (vom Misse Bnrzeu). Rosenau, Tabak- und Flachsbau. Törzburg, festes Schloß. — Di strick NLszod: NLszod, schon gebauter Markt (1700 E.). Rodna, silberhaltiges Blei, Bäder. — DistrictFogaras: Fogaras, Veste, Tabakbau. i>) Land dcrSzeller: Stuhl Aranyos: Felvincz, sehr verfallener Hauptort. — Stuhl HLromszek: Bereczk, Naphtha-Quellen. Kezdi-VLsLrhely: Mastvieh¬ handel und Branntweinbrennerei. Kovaszna, Miueralbad. Torja, mit dem vul¬ kanischen Berge Büdös und seinen Schwefellagern. — Stuhl Maros: Maroö- V-is-irhely (11.000 E.), Hanptort der Szekler; Gymnasium, Bibliothek; starker Tabak-, Wein- und Obstbau. — Stuhl Csik: Borszck, berühmter Sauerbrunnen. Szent- Domokos, Knpferwerk. — Stuhl UdvLrhely: Ndvärhely (4n00 E.), Gymna¬ sium, Tabakbau und Produktenhandel; Ledcrarbeiten. OlLfahln, Verarbeitung von Holz und Holzhandel, Sauerbrunnen. Parajd und Süfalva, Salzbergwerke. o) Land der Ungarn: Com. Ober. Weißenburg: Viz-Akna, Salzgewinnung und Soolenbäder. Elöpatak, stark besuchtes Bad. - Com. Nied cr-W e ißen bürg: Karlsburg (Karoly-FchdrvLr, 12.000 E.), Festung, kou. Freistadt, Bisthum, in der Kathedrale viele Grabmäler siebenbürgischer Fürsten; kais. Münze. Zalatna, jährl. an 1000 Mark Gold, 2300 Mark Silber, 140 Ztr. Quecksilber. Blasendorf (BalLssalva, 4000 E.), griech. kath. Erzbisthnm und Lehranstalten. Maros-Ujvar und Njvär Akna, 800.000 Ztr. Steinsalz. ALrud-BLnya mit V'ör'ösprtak, jährl. an 1400 Mark Gold, 300 Mark Silber; römischer Bergbau. O ffeu-Bllnya, 200 Mark Gold, 1300 Mark Silber, Kupfer, Blei. — Com. Doboka: Szck, Hauptort. — Com. Hunyad: Deva (3000 E.), Kupfergruben. Nagy-A'g, 500 Mark Gold, 700 Mark Silber, Bergschule. HLtszeg und Värhely, mit Resten aus der dako-römischen Zeit (Zarmazigethusa). Vojda-Hunyad, mit der alten Burg der Corviner. Bübolnai, warme inkrustirende Quellen. Ki rLl y -BLny a, Eisenwerke. Cse rtes, 600 Mark Gold, 1100 Mark Silber. Gowasdia, großartiges Eisenwerk. — Com. Kolos: Klausen¬ burg (Kolosvar, 21.000 E.), mehrere Lehranstalten mit ansehnlichen Bibliotheken und Sammlungen; geringe Industrie, Geburtsort des Mathias Corvinns im Jahre 1440. — BLnffi-Huuyad, lebhafter Handel. — Com. Kokelburg: Elisabeth st abt, k. Freistadt mit meist armenischer Bevölkerung. — Com. Inner - Szolnok: Deos (5000 E.), Hauptort. Szam os-Ujv ür, k. Freistadt, griech. kath. Bisthum; viel Armenier; Tuchmanufactur, bedeutender Handel. Olah-LLpos-BLnya. 120 Mark Gold, 2000 Mark Silber, 600 Ztr. Kupfer. — Com.Torda: Tor da, Steinsalzwerk; der Felsenpaß „Thorenburger Kluft". Sächsisch-Rcen (5000 E ), sehr industriell. Ku ltu rbild. Von der Gesammtfläche Siebenbürgens sind beiläufig 86 produktiv, wovon über 38 auf Waldungen entfallen, während die Ackerfläche eine ver- HMnißmäßig geringe, ungefähr 23 (an 220 oMeil.) ist. Das Bergland besitzt herrliche Laubwälder mit sanften Abhängen, welche gut gebaut und mit Rebeuaulagen geschmückt sind; in den wiesenreichen Thälcru stehen Dörfer mit vielen Obstgärten; das Grasland nimmt etwa 26^ der Gesammtfläche ein. In Folge der mangelhaften Bewirthschaftuug ist der Ertrag in der Regel zu geringe, um das Bedürfuiß des Landes an Körnerfrüchten zu decken. Wein wird im Szamos-Thale, in den unteren Thälern der Kokel und Maros von guter Qualität und in erheblicher Menge gewonnen. Die Obstkultur ist ziem¬ lich ausgedehnt, desgleichen der Tabak-, Hanf- und Flachsbau. — Der Vieh¬ zucht wird eine größere Pflege zugeweudet als der Bodenkultur. In der Pferdezucht steht das Land am höchsten in Oesterreich; auch die Zucht des Rindviehes, der Schafe nnd Schweine ist sehr bedeutend. Siebenbürgen ge¬ hört endlich zu den wildreichsten Ländern der Monarchie; doch bilden haupt¬ sächlich nur Hasen- und Fuchsfelle einen ergiebigen Handel nach der Walachei. —- Der Bergbau liefert große Mengen an edlen Metallen und Salz. Voran steht die Goldgewinnung (mit beiläufig 5300 Mark), die stärkste in der Mon¬ archie, dann jene von Silber (nahe an 8000 Mark). Die wichtigsten Fundorte von Golderzen sind: Zalatna, Abrudbänya, Vöröspatak; die wichtigsten Gold¬ wäschereien an der Maros, Szamos, AranyoS. Auch die Ausbeute an 122 Quecksilber und Kupfer ist erheblich; dagegen jene von Eisen und fossiler Kohle noch geringe. — Die Industrie beschränkt sich größtentheils auf die Befrie¬ digung der geringen Bedürfnisse des Landes und kommt nur vereinzelt in we¬ nigen Zweigen vor. Dem Werthe nach steht am höchsten die Led ererzeugung (im Lande der Szekler); unter den Sachsen findet man die Leinen- und Schafwollweberei, doch hauptsächlich als häusliche Nebenbeschäftigung; mit der Eis en Verarbeitung beschäftigen sich die Hammerwerke im Laude der Ungarn. Der Süden enthält sehr thätige Glasfabriken. Um Kronstadt, Hermannstadt, Schäßburg, Karlsburg u. a.O. kommen anch große industrielle Unternehmungen vor. Die wichtigste Fabriks-und Handelsstadt ist Kronstadt. Zur Ausfuhr gelangen zumeist Rohprodukte; zur Einfuhr Ma- uufacte; im Ganzen ist jedoch der Handel von geringer Bedeutung. An hinrei¬ chenden und guten Landstraßen ist Mangel; Eisenbahnen hat das Land noch keine. Den überwiegenden Theil der Bevölkerung bilden die Romänen, welche den Nord-Westen und Süden des Landes (mit Ausnahme einiger ma¬ gyarischer und deutscher Sprachinseln) einnehmen. Die Szekler bewohnen den östlichen Theil; im ganzen Westen durchziehen furchenartig magyarische Niederlassungen die Flußthäler; im Süden und Nordosten leben Deutsche, theils im 13. Jahrhundert eingewanderte Colonisten aus Nieder-Deutschlaud (Sachsen), theils später eingewanderte Ober-Deutsche (Landler), welche gro- ßentheilö Sitte und Sprache bewahrt haben. Nebstdiesen Hauptstämmen leben Armenier, Bulgaren, Zigeuner n. a. im Lande. An 2200 Volksschulen (von 100 schulpflichtigen Kindern besuchen 68 die Schule), mehrere Gymnasien und Vereine sorgen für die geistige Entwickelung; die Handelskammern in Kron¬ stadt und Klausenburg für den materiellen Fortschritt. 8- 60. Die Mililürgrenzc. 600 UWeil.; 1,090.000 Einwohner. An 84°/° Slaven, I2°/° Romänen, 4°/° Deutsche. Nach dem Glaubensbekenntnisse: 45°/° Katholiken, 52°/° Griechen, 2°/° Protestanten, sehr wenig Israeliten. — Grenzen? Das Land. — Die Militärgrenze ist theils Bergland, theils Tiefland. Das Bergland des westlichen Theiles gehört zum Karstgcbiete, in welchem die parallelen Arme der großen und kleineren Kapella so wie des Velebiö hcr- vortreten. Jener Theil, welcher südlich der Drave, zwischen Kroatien und Sla- vonien liegt, wird von Vorbergen der Alpen (Warasdiner Gebirge) erfüllt. In dem äußersten Osten ziehen sich mächtige Ausläufer der siebcnbürgischen Karpathen in's Land. — Das adriatische Meer bespült die kroatische Militärgrenze auf einer Länge von 16 Weil.; die Küste ist steil und hat wenig zugängliche Buchten. Unter den Karstgewässern mit ihrem periodischen Ver¬ siegen ist die Lika der ansehnlichste Fluß. Das ganze übrige Land gehört zum Gebiete der Donau, welche das Land von Peterwardein bis Semlin durch¬ fließt. Die Drave scheidet einen Theil des Landes von Ungarn: die Save kommt aus Kroatien, nimmt die (durch die Glina verstärkte) Kulpa und den Grenzfluß Unna ans und bildet bis zu ihrer Münduug bei Semlin — Belgrad die Reichgrenze. Auch die Temes und Theiß gehören zum Theil der Mi¬ litärgrenze an. Unter den Mineralquellen haben die schwefelhältigen Herknles- bäder von Mchadia verbreiteten Ruf. Landesversassima, Verwaltung und Orte: Die Eintheilung und Verwaltung des Landes ist militärischer Natur. Die Militärgreuze ist in zwei Lande S-Militär- Commando's eingetheilt: das kroatisch-slavonische mit dem Sitze des Commandanten in Agram, das banatisch-serbische mit dem Sitze in Temesv.r. Jedes Landes-Militär- Commando-Gebiet wird in Negimcntsbezirke, jeder derselben, so wie der Titel'cr Ba¬ taillons-Bezirk zerfallen in Compagniebezirke. Einen Compaguiebezirk bilden eine oder mehrere kleinereOrtSgcmcindcii. Ferner bestehen 12 freie Militär-Communitätcn, 123 welche von der besonderen Wehrpflicht der Grenzer ausgenommen und nur der allge¬ meinen Wehrpflicht des Reiches unterworfen sind. Sie haben die Bestimmung, Gewerbe und Handel zu treiben und die Produktion wie den Absatz zu erleichtern und zu sördern. (Diese sind: Carlopago, Zengg, Petrini«, Kostainica, Bellovär, JvaniL, Brod, Peter- warbciu, Karlovic, Semliu, Panöova, Weißkirchcn.) Diese Stadtbezirke liegen nur geo¬ graphisch innerhalb der Regimentsbezirke, unterstehen aber den Regiments-Commanden nicht. 1. Kroatisch-slavonischc MiMrgrenze: Likaner Reg.: (die „Lika"): Carlopago cslav Bag), kleine Seestadt mit Freihafen. GospiL, Sitz des Regimentsstabcs. — Otoöaner Reg.: Otoöac, Stabsort; Zengg (slav. Senj), Freihafen, BiSthum, Gym¬ nasium, furchtbare Bora-Stürme. Oguliner Reg.: Ogulin, Stabsort. — Im Sluiner Reg.: Sluiu mit altem festen Schlosse. Sichelburg im Uskoken-Gebirge. Der Stab liegt in Karlstadt. — In der Banalgrenze: Stabsort des 1. Regiments: Gliua, starker Handel mit Borstenvieh. ZnTopusko warme Mineralbäder. Petrinja, Stab des 2. Regimentes; Kostainica, Hauptcinbruchstation an der Unna für den Bcrkchr nach Bosnien; Ncu-Sissek, wichtiger Handclsort. — BelovLr, Sitz der beiden Regimentsstäbe für das Warasdin-Krenzer und WaraSdin-St.-Georger Regiment. — Gradiscaner Reg : Festung Alt-Grad isca an der Save; Nen-Gradisca, Stabs¬ ort. — Broder Reg.: Brod, Festung, lebhafte Handelsstadt; Vinkovce, Rcgimeiits- stab, Gymnasium. 2. Banatlsch-scrbischc Militärgrcnze: Pcierwardeiner Reg.: Peterwardein (3700 E.), eine der stärksten Festungen des Reiches am rechten Donannser; Schlacht 1716. Karlo vic (4400 E.), am Nordabhangc der FruSka gora, Sih des gr. n. u. Patriarchen für die ungarischen Länder; trefflicher Weinbau. Friede 1699; National-Congreß. — Semlin <8800 E.), wichtiger Stapelplatz des österreichisch-türkischen Handels an der Mündung der Save in die Donau. Stabsort ist Mitrovič ander Save; in der Nähe Ruinen der römischen Stadt Struckum (davon die Landschaft „Syrmieu"). — Titler Bataillon: Titel, Stabsort, Schiffswerfte. — Deutsch-Banater Reg.«Bezirk: Pan« Lova (12.750 E.), starke Seibenzucht, lebhafter Handel mit Serbien. Serbisch-Banater Reg.-Bezirk: Weißkirchen (6600 E.), vortrefflicher Weinbau und Seidenzucht. — Romanisch - Banater Neg.-Bezirk. Alt-Orsov a, bedeutender Handelsplatz, starke Festung; römische Alterthiimer. Stabsort ist Karansebes. Der Badeort Mehadia. Rnskberg (Ruska), eisen- und silberhaltige Bleiminen, Steinkohlen. In RuSkica und Ferdinandsthal Eisenwerke. Kultur bild. Die eigenthümlichen Einrichtungen und das patriarchalische Leben des Grenzvolkes üben ihren unmittelbaren Einfluß auf Ackerbau und Viehzucht, Gewerbe und Handel aus. All< waffenfähigen Männer sind vom 20. Lebens¬ jahre waffenpflichtig. DicbesondereWehr pflicht der Grenzer besteht in der Bewachung und Vertheidigung der Reichsgrenze, in der Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung im Inneren und der Pflicht, auch außer Landes in's Feld zu rücken. Der Grenzsoldat erhält vom Staate vollständige Bekleidung, Be¬ waffnung und Munition; den Sold jedoch nur im Felddienste. Zur Erfüllung der Zwecke der Grenze besteht der Cordon, der nach Maßgabe der Gefahr 5000, 7000, chei naher Gefahr 11.000 Mann bedarf. Den Cordon bilden Wachhäuser (Oartake) längs der ganzen Grenzlinie, jedes mit 4, 8 oder 12 Mann; in den sumpfigen Niederungen stehen die Wachhäuser auf erhöhtem Mauerwerke und sind durch Dammwege mit einander verbunden. In der Regel ist der Grenzer eine Woche „im Dienste" und zwei Wochen bei seiner Wirthschaft. Im Falle der Noth bilden die Grenzer ein Kriegsheer von 100.000 Mann, welche zu den besten Truppen gehören. Die nicht im aktiven Dienste stehenden Grenzer beschäftigen sich mit Ackerbau, Viehzucht, Gewerben und Handel. häuslicher Beziehung führen die Grenzer ein patriarchalisches Familienleben und diese Nationalsitte steht unter dem Schutze des Gesetzes. Die Folge dieser Verhältnisse ist, daß Gewerbe und Handel sich größtentheils auf die Militär-Lommuuitäten beschränken, während die Mehrzahl der Bevölkerung sich mit Ackerbau und Viehzucht beschäftigt und die höchst geringen Bedürfnisse an Kleidung durch die Hausfrauen befriedigt werden, welche die Kleider für Mann und Kind spinnen, weben, färben und nähen. — Mehrere verwandte, verschwägerte oder frei in die Hausgesellschaft ansgcnoimneue Personen oder Familien bewohnen Ein Haus nnd bilden zusammen cine H aus-Com in uu ion. Alle liegenden Güter der Grenzbewohner sind gegen Erfüllung der Grenz-Obliegenheiten 124 vollständiges Eigenthnui der Greuz-Communionen. Alle Männer der Haus-Commnnion haben gleiche Rechte auf das unbewegliche Eigenthum des Hauses; bei dem Austritte aus dem Hause verliert jedoch das Mitglied sein Recht, welches von selbst den übrigen zuwächst. Ist kein Mann mehr im Hause, so geht das Recht in gleicher Weise ans die Weiber über. Der letzte Sprosse einer Haus-Commnnion kann über das unbewegliche Vermögen letztwillig verfugen; ist kein Testament und keine erbberechtigte Person vor¬ handen, so fällt das Vermögen dem Grenz-Institute anheim. Als Familie eines Hauses werden alle Personen betrachtet, welche bei dem Hause conscribirt und nicht Dienstboten sind. Um Ruhe, Ordnung, Eintracht, Religiosität und Sittlichkeit unter der Hans-Commuuion zu erhalten, hat in der Regel der älteste, fähige dienstfreie Manu die Hansvaterstelle zu führen; sein oder ein hiezu geeignetes Weib hat die Hausmutter zu sein. Die Wahl des Hausvaters muß durch die Familie geschehen und der Behörde augezeigt werden. Alle Mitglieder der Hans-Commnnion nehmen alle Obliegenheiten des Hauses und der Feldwirthschaft ohne Lohn auf sich; was mit ge¬ meinsamen Kräften erworben wird, ist gemeinsames Hausgut, welches zur Bestreitung der Auslagen des Hauses und des Unterhaltes aller Familienglieder dient. Kein Haus¬ genosse darf für sich oder seine Familie eine abgesonderte Wirtschaft treiben, überhaupt nichts unternehmen, was die gemeinsame Hausarbeit stört. Nur wenn an Zeit erübrigt wird, darf er dieselbe für sich verwenden, Geld, Geräthe erwerben und besitzen; doch muß ein Theil davon in die HanScasse abgegeben werden. Die Theilung der Commu- nion ist nur unter gewissen Bedingungen gestattet. Von der Gesammtfläche sind nur etwa 79-^ produktiv nnd zwar wegen der vielen Snmpfstrecken in den Ebenen nnd der steinigen Hochfläche des Karst¬ gebietes. Von der produktiven Fläche entfällt auf das Ackerland, >/g auf Waldungen, 5 ^Meilen auf Weingärten, der Rest auf die übrigen Kulturarten. Die Produktion des Ackerbaues gem'igt nicht für den Bedarf, es findet daher ein ansehnlicher Import statt. Futterkränter gedeihen in großer Menge; Wein wird stark gebaut (über r/^Mill. Eimer), der beste wächst um Karlovic, Weißkircheu uud Mehadia. Unter den Obstsorten nimmt die Zwetschke den ersten Rang ein, die Bereitung von Slivovie (von Sliva °— Zwetschke) ist sehr bedeutend. Die Waldungen liefern viel Bau-und Schiffsbauholz Der Vieh¬ stand ist groß, aber, mit Ausnahme der shrmischen Pferde, von geringer Qua¬ lität. Noch bedeutender ist der Bergbau, erst in dem Karpathenlande be¬ ginnt seine lebhaftere Entwickelung. Von höherer Industrie ist kaum die Rede; die Communitäten decken den geringen Bedarf. Verhaltnißmäßig am stärksten sind die Arbeiten in Leder, Leinwand und Schafwollwaaren. Die Sei- denzncht nimmt zu, da Klima und Bodenbeschasfenhcit hierzu sehr günstig sind. In Jasenovac (au der Save) und in Zengg ist auch der Schiffbau ziemlich an¬ sehnlich, desgleichen die Verfertigung von Thongeschirren, Holzwaaren, die Branntweinbrennereien n. s. f. — Der Eigenhandel ist geringe; wichtiger der Transithandel, vornehmlich inSemlin, Panöova, Orsova, Brod, Mitrovič und in den Seestädten. Jmportirt werden Getreide nnd Salz, exportirt Holz nnd Vieh; transito gehen die österreichischen Mannfacte und Rohprodukte der Donauländer. Die Landstraßen sind besser und zahlreicher, als in den Nach¬ barländern; wichtiger noch sind die Wasserstraßen. Die Militärgrenze wird nur durch einen Ausläufer der südöstlichen Staatsbahn in das Eisenbahnnetz der Monarchie einbezogen. — In geistiger Beziehung steht sie so ziemlich ans gleicher Stufe mit den benachbarten österreichischen Provinzen. Die Volks¬ schule erfreut sich aus militärischen Rücksichten etwas stärkeren Besuches. Z. 61. Die Königreiche Kroatien und Stavonicn. 350 f^Meil., 920.000 Einwohner. — Nach der Nationalität 820.000 Slaven, 25.000 Deutfche, 13.000 Magyaren, 9000 kleinere Stämme; nach der Confeffion: 723.000 Katholiken (lat., arm. und griech. Ritus), 130.000 nicht-unirte Griechen, 5500 Protestanten, 5000 Juden. — Grenzen? Das Land. — Es sind zwei getrennte, nur im Süden nahe an einander reichende Theile. In Kroatien ist das Bergland, in Slavonien das Tiefland 125 vorherrschend. Den nördlichen Theil des ersteren durchzieht das Warasdiner- Gebirge, den südlichen das Uskokengebirge. In Slavonien erheben sich die Fruska gora und das Wrdnik-Gebirge als letzte Ausläufer der südlichen Kalk¬ alpen. Das Tiefland ist meist sehr fruchtbar; nur die Dravenfer in Slavonien sind stellenweise sumpfig und morastig. Mit Ausnahme der Reöina und einiger anderer Küstenflüsse, die dem Adriatischen Meere znfließen, gehört das Land zum Donaugebicte. Der bedeu¬ tendste Fluß ist die Save (mit der Kulpa); den Grenzfluß gegen Ungarn bildet die Drave; von der Dravemündnng an bespült die Donau die Nordgrenze. — Eigentliche Seen hat das Land keine; im Karstlande finden sich deren klei¬ nere, periodische. Mineralquellen sind mehrere bekannt (Krapina, Toplice bei Warasdin, Daruvar u. a. m.). Verfassung und Verwaltung: Für die Verwaltung der Angelegenheiten der König¬ reiche Kroatien und Slavonien besteht der köuigl. Statthaltereirath in Agram, welcher der Hoskanzlci in Wien untersteht. Der Landtag vertritt die LaudeSangelegenheiten. Jedes der beiden Königreiche wird in 3 Comitate eingetheilt, mit je einem Obergcspan an der Spitze. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes soll das vereinigte Königreich 9 Vertreter entsenden. 1. Kroatien: l Com. Agram. — Agram (16.700 E.), k. Freistadt au der Save; Sitz des Banns, des Gencralcommandos, eines Erzbischofes, des vereinigten Landtages. Schöne Domkirche; Rcchtsakademie, Gymnasium, Realschule, Gesellschaft für südslavischc Geschichte, Nationalmuseum; blatiea ilirska. Handel mit Landesprodukten, auch wichtig: CommissionS- und Speditionsgeschäfte. Karlstadt, (9.5VO E.), befestigte k. Freistadt an der Kulpa, Sitz eines griech. n. u. Bischofes; Gymnasium, Zeughaus, Rosogliobrenuerei; wichtiger Speditionshandel, große Wochcnmärkte. Sissek (Knlpa-Save; das alte Sisoia), sehr wichtiger Platz für den Getreidehandel, lebhafte Schifffahrt. Rude, Kupfer- nnd Eisenwerk. 2. Com. Warasdin. — Warasdin (9000E.), k. Freistadt an der Drau; Gymnasium; starker Weinbau; Handel mit Landesprodukten; Seidenkultur, Tabakfabrikation. Kra¬ pina. warme Mineralbäder. Toplice, Schwefelbäder. Radoboj, jährl. 2500 Ztr. Schwefel. 3. Com. Kreuz. — Kreuz, Sitz eines g. u. Bischofes, Seidenbau. Kopreinic, mit befestigtem Schlosse. Zu Kroatien gehört auch als Fimnaner Comitat, das „ungarische Küstenland" oder „Litorale" mit Fiume (lS.000 E.), k. Freistadt am Golf von Öuarnero, Freihafen, Schiffswerft-, lebhafte Industrie und bedeutender Handel; jährl. besuchen 7000 Schisse den Hasen. Gymnasium, Handelskammer. — Die Freihafenstädte Buccari und Por¬ to rL. Novi, gewöhnliche Residenz des Bischofes von Zengg. Tersat, Stammschloß der Frangipani. 2. Slavonien: 1. Com. Veröcz. — Essek (14.000 E.), k. Freistadt und Festung an der Drau. Damm und Brücken; Zeughaus; Gymnasium; ansehnliche Industrie, Dampf¬ schifffahrt, lebhafter Handel in Landesprodnkten. Djakovar, Sitz eines Bischofes. 2. Com. PoLega. — Po Lega (2700 E.), k. Freistadt, Tabak- und Scidenknltur. PakraL, Sitz eines griech. n. u. Bischofes. Heimat des Paudurcnführcrs Trenk. 3. Com. Syrmicn. — Jllok, Haupiort an der Dran, starker Weinbau. Vukovar (5409 E.). Seidenkultur, Fischerei, Dampsschifffahrt, lebhafter Handel. In diesem Co¬ mitate ausgezeichneter Seidenbau, vortreffliche Weingebirge. K u t t u r b i l d. Von der Gesammtfläche sind beiläufig 87L produktiv, wovon Über37^ auf Waldungen , und an 27^ auf das Ackerland entfallen. Kroatien erzeugt nicht genügend Getreide für den Bedarf; dagegen liefert Slavonien einen an- sehnlichen Ueberschuß zum Export. Der Weinbau ist sehr ergiebig, eben so der viel Zwetschken, ans welchen der Slivovic gebrannt wird. Die Walder liefern treffliches Bauholz und sind auch wegen der Mästung (Ei- cheln) von Bedeutung. Die Viehzucht ist unzulänglich und auf niederer Stufe, mit Ausnahme der Schweinezucht, insbesondere in den großen Eichenwäldern Slavomens. Kroatien üb ertrifft nur in der Zucht des Geflügels und der Schafe 126 (zum Theile schon veredelt) sein Nachbarland. Die Bienen- und Seidenraupen¬ zucht steigt fortwährend. Die Teiche und Sümpfe nm Essek liefern viel Blut¬ egel in den Handel. — Von Produkten des Mineralreiches sind nur der vorzügliche Schwefel von Radoboj, das Kupfer (bei Szamobor), Marmor und Bausteine im Küstenlande erwähnenswerth. Die Jnd ustr ie beschränkt sich auf die städtischen Gewerbe und die Hausindustrie auf dem Lande; eine selbststän¬ dige, von der Urproduktion des Landes unabhängige Fabriksindustrie ist kaum im Entstehen. — Bedeutendere Etalissements sind in Fiume (Papier, Zucker, Seife, Nosoglio, Tabak, chemische Produkte, Schiffbau, Segeltuch u. a.); Agram liefert Porzellan, Eisenwaareu, Leder; überdieß werden erzeugt: Glas, Steingut, Holz- waareu, Slivovic, ordinäre Leinwand und derlei Tücher. Der Handel ist haupt¬ sächlich Zwischenhandel für Körnerfrüchte und sonstige Naturprodukte, welche aus den östlichen Kornkammern des Reiches nach dem Westen abgesetzt werden; dann Holz- und Weinhandel. Im Küstenlande ist der Export an Nutzholz, wie der gesammte Verkehr sehr im Wachsen. Slavonien hat bedeutende Ausfuhr in Getreide nach Sissek, in rohen Häuten und Fellen nach Essek; dann Ochsen, Schweinen, Honig und Wachs. Eingeführt werden alle Arten Manufakte, Luxus- und Kunstgcgenstände. Die wichtigeren Handelsplätze sind: Fiume, Buccari und Portorä, Agram, Sissek, Essek und Karlstadt. Insbesondere nimmt Fiume einen großen Aufschwung, und der jährliche Seeverkehr dieser Stadt übersteigt den Werth über 10 Mill. Gulden. An der Verbesserung der Straßen, dem Bau der Eisenbahn wird rüstig gearbeitet; dieSchifffahrt auf der Save, Drau und Kulpa ist beachtenswerth; insbesondere macht Fiume große Fortschritte. Der Stand der gei stigen Kultur ist verhältnißmäßig noch ein niederer. An Volksschulen bestehen über 230; von je 100 schulpflichtigen Kindern besuchen nur 29 die Schule. Mehrere Gymnasien und Realschulen sind in neuester Zeit errichtet worden. Für die Hebung der Sprache und National-Literatur herrscht in den gebildeten Kreisen eine große Thätigkeit. Z. 63. Das Königreich Dalmatien. 232 ^Weilen; 437.000 Einwohner; überwiegend Katholiken lan 80.000 Griechen, einige wenige Protestanten und Israeliten). Nach der Nationalität über 90°/„ Slaven, dann Italiener (an der Küste), Deutsche. — Grenze«? Das Land. — Dalmatien ist ein Terrassenland, welches (sowie die vor¬ gelagerten Inseln) zum Karstgebiete gehört. Der Hochrand streicht aus der Militärgrenze unter dem Namen V e lebiöauf einer längeren Strecke als Kron¬ landsgrenze; mehrere parallele Gruppen ziehen in südöstlicher Richtung, erheben sich jedoch nirgends über die Mittelhöhe. Vom Urlica-Berge bei Knin zieht sich der eine Zug als Reichsgrenze gegen die Türkei in südöstlicher Richtung (DinLra 5700"); bei Sebenico erhebt sich das Türta r o-, südlicher das M o s s o r- Gebirge. Hier beginnt ein eigentliches Bergland mit zahlreichen, fruchtbaren Mulden und Thalfurchen, welches gegen die zerrissene Küste steil abfällt. Gleiche Bodenbildnng haben die Inseln. Das Land besitzt keine größeren offenen Fluß- thäler; sehr reich ist es an Engpässen und Höhlen. Unter den wenigen Flüssen des Landes sind die bedeutendsten; die Zer- magna (spr. Dsermanja)aus derLikka, mündet bei Novigrad: die Ke rka (Krka) bildet den herrlichen Wasserfall bei Skardona und mündet bei Sebenico; die Cöttina, prächtiger Wasserfall bei Duare, Mündung bei Almissa; die N a- r enta ans der Herzegowina mündet unterhalb Fort Opus. Die meisten Flüsse haben verhältnißmäßig kurzen Lauf, starkes Gefälle, bilden häufig Wasserfälle, sind daher für die Schifffahrt minder geeignet. Die Landseen Dalmatiens trock- 127 nen, mit Ausnahme des salzigen Sees von Br ana, im Sommer großentheils aus. — Das Adriatische Meer bespült die dalmatinische Küste auf einer Länge von 153 Meilen. Die Küste ist meist sehr steil, zerrissen und schwer zugäng¬ lich; dagegen bilden die vielen Inseln in ihren Buchten treffliche Ankerplätze. Landesverfassung, Verwaltung und Orte: — Der Sitz der Landesregierung und des dalmatinischen Landtages für die Landesangelegenheiten ist Zara. Der Landtag besteht aus 43 Mitgliedern: dem Erzbischöfe von Zara, lO Abgeordneten der Höchstbesteuerten, 8 der Städte, 3 der Handelskammern (Zara, Spalato, Ragusa je I), 20 der Land¬ gemeinden. In das Haus der Abgeordneten des Reichsrathes sendet Dalmatien 5 Ver¬ treter. Die Hauptstadt des Landes ist 1. Zara (7600 E.), befestigte Seestadt auf öder, steiniger Erdzunge, in venezianischer Bauart init engen Gassen und steinernen Häusern ohne Kalktiinche Die port» umrittimn besteht aus Resten eines römischen Triumphbogens, das Thor zur tsrrs kormn ist ein Meisterstück venezianischer Baukunst. Sitz eines Erzbischoses und eines gr. u. Bischofes; schöne Domkirche (vom Dogen Heinrich DLndolo zu Anfang des 13. Jahrhunderts erbaut). Gymnasium, Realschule, öffentliche Bibliothek, Landwirthschaftsgesellschaft, Han¬ delskammer. Sehr bedeutende Rosogliosabriken (Maraschino --- Maraskino), ansehnlicher Handel. In der Nähe das Albaneser-Dörfchen Borgo Erizzo. — Sebenico, Bisthum, eine der schönsten gothischen Kirchen des Landes; am Abhange eines Hügels stufenartig erbaut, daß man auf Stiegen in die höheren Straßen hinanfsteigt. Weinbau, Fischfang. Nona, römische Alterthümer. Knin, Festung. Bei Scardona der großartigste Wasser¬ fall der Kerka. Obrovazzo, an der Straße über den VellebiL nach Kroatien und Bosnien. — Hieher gehören auch die Inseln Arbe und Pago. 2. Spälato (ll.000 E.). Die Altstadt ist innerhalb des vom Kaiser Diocletian (im I. 304 n. CH ) erbauten Palastes; die Domkirche (mit den Gebeinen des h. Dri- mus, Schülers des h. Petrus und ersten Bischofes von Salona) war ein heidnischer Tempel; die Taufkapelle wird für Diocletian» Mausoleum gehalten; der Aesculap-Tem- pel steht noch. Ein Museum verwahrt die Ergebnisse der Ausgrabungen in den Um¬ gebungen von Salona. Gymnasium. Die freundlichsten Umgebungen unter allen dal¬ matinischen Städten. Clissa, Vergvcste. Berlicca, Tropfsteinhöhle. Trau, mit schöner Lollegial-Kirche; die Umgebung ist fruchtbar an Wein, Mandeln, Feigen und Oliven. Sign, ansehnlicher Handel mit den Türken; Alterthümer. — Die Inseln Brazza, die größte und bevölkerteste (16.000 E.). Große Waldungen, Wein-, Oel-, Feigen- und Getreidebau. Läsina, Bisthum, Rosmariuöl-Erzeugung. Lissa, vortreff¬ licher Wein; starker Sardellenfang; militärisch wichtig. 3. Ragusa (5000 E.), alterthümliche großartige Befestignngswerke, von Bergen eingeschlossen. Bisthum, Gymnasium. Mehre ausgezeichnete Gebäude; der ehemalige Rcgierungspalast, das Zollhaus, die Domkirche, das Jesnitenkloster. Die alten Palrizier¬ familien haben an der Meeresküste schöne Villen. Im 16. und 17- Jahrhundert für die südslavische Literatur von Bedeutung (Dichter Gund ulic ch 1638). Die Hajenstation ist Gravosa. Stagno, am Anfänge der Halbinsel Sabioncello, in ungesunder snny- pfiger Bucht; Salinen; häufig Erdbeben (im I. 1850). — Inseln: Mele da, Cur- zola und La gosta, mit starkem Weinbau. 4. CLttaro (2000 E.) in der Bucht dovolio äi Oattaro (spr. Bokke . . . ), von hohen kahlen Bergen eingeschlossen, stark befestigt, in steter Handelsverbindung mit Montenegro. Kriegshafen ersten Ranges. Die südlichste Stadt Oesterreichs ist Budna >1000 E.), das südlichste Fort: Castel Laftua. Noch südlicher einige kleine Dörfer des Küstenstriches. Kult urbitd. Die wichtigsten Erwerbsquellen der Dalmatiner sind der Ackerbau, die Viehzucht, der Fischfang, die Schifffahrt und der Handel; alle diese Nahrungs¬ quellen bieten jedoch einen verhältnißmäßig nur geringen Ertrag. — Der Acker¬ bau befindet sich größtentheils noch in einem traurigen Zustande; deshalb be¬ zieht der Grundbesitzer von seinen Grundstücken ein höchst geringes Einkom¬ men. Nur die Hälfte der gejammten Bodenfläche ist kultivirt und die Produc¬ tion der Landwirthschaft ist nicht im Stande, den Bedarf der Bevölkerung zu decken. Der karstartige Boden, die große Zerstückelung der Gründe, Mangel an Arbeitskräften und die geringe Bildungsstufe der Bewohner dürften die Haupt¬ gründe der ungünstigen agricolen Verhältnisse sein. Relativ am meisten werden Mais und Gerste, gewonnen. Die werthvollsten Produkte sind Wein, Oel und 128 einige Südfrüchte. Für die Bereitung des sehr geschätzten Maraschino-Rosoglio ist die Steinweichsel(marsslen) von Wichtigkeit. Auch die Viehzucht steht auf sehr niederer Stufe; zahlreich sind die Ziegen und grobwolligen Schafe. Sehr bedeutend ist der Fischfang an der Küste. Die Seidenzucht nimmt in neuester Zeit ungemein zn und dürfte für dieses arme Land nach nnd nach die größte Eiunahmsquelle werden. Die Negierung, welche jährlich Hunderttausende von Maulbeerbäumen durch dieLandwirthschafts-Gesellschaft unentgeltlich im Lande vertheilen ließ, sieht ihre Bemühungen von gutem Erfolge gekrönt; in den letz¬ teren Jahren sind bereits ansehnliche Geldsummen für den Samen in das Land geflossen. Dalmatien scheint für die Seidcnkultur mindestens gleich günstige Verhältnisse wie das Venezianische zu besitzen; Kenner behaupten sogar, Dal¬ matien sei dafür noch geeigneter. Wein, Oel, Seide, Fische und Seesalz können noch bedeutende Capitalien in das Land bringen. Gelingt es, Dalmatien durch eine Reihe vou Jahren auf der Bahn des Fortschrittes zu erhalten und die Ge¬ wohnheiten des Landmannes den eigenthümlichen Anforderungen der Seideu- kultur in allen ihren Stadien anzupassen; so wird sich die Physiognomie Dal¬ matiens ändern und aus einem armen Lande kann ein wohlhabendes werden. An Produkten des Mineralreiches ist Dalmatien das ärmste Land der Monar¬ chie; die Ausbeute an Steinkohlen (bei Dernis und Sign) ist unbedeutend; ans Brazza werden asphalthältige Steine gebrochen, aus welchen dann in Venedig der Dalmatiner-Asphalt destillirt wird. Sehr ausgedehnt könnte noch die Meer¬ salz-Gewinnung betrieben werden. Auch in Bezug auf gewerbliche Indu¬ strie ist es das schwächste Kronland. Große industrielle Etablissements bestehen gar nicht, aber auch die Zahl der Kleingewerbe ist eine geringe. Der Schiffbau ist in Gravosa und Curzola ansehnlich. Die meisten Gewerbe hat Zara (Mara¬ schino- und Nosoglio - Fabriken); ordinäre Schafwoll- und Lederwaaren wer¬ den für den dringendstenBedarf erzeugt. — Dalmatien bildet ein eigenesZoll- gebiet wegen der langen Küste und der schwer zu überwachenden Landesgrenze. Relativ der stärkste Verkehr ist in Zara, dann Spalato, Ragusa und Cättaro, welche vou den Dampfschiffen des österreichischen Lloyd regelmäßig besucht werden. Zur Ausfuhr gelangen: Baumöl, Wein, Feigen, Sardellen, rohe Häute, Schafwolle, Rosoglio, Meersalz; — eingeführt werden: Getreide, Mehl, alle Arten von Webe- nnd Wirkwaaren, Tabak, Rindvieh nnd die Jndustrie- vrzeugnisse der deutschen Kronländer. Lebhafter Verkehr findet zur See, dann auch zu Lande mittelst Karawanen und Saumthieren nach derTürkei und Mon¬ tenegro statt. In Cättaro und au mehreren Punkten längs der türkischen Grenze bestehen deshalb Bazare. Ziemlich bedeutend ist auch der Transithandel. Die HauptstadtZ ara weiset die größte Einfuhr und die größte Geldcirculation auö; der Großhandel und die Schifffahrt sind jedoch von geringerer Ausdeh¬ nung. Wichtiger in diesen beiden Beziehungen sowie für den Binnenhandel ist Spalato. Cättaro unterhält den Hauptverkehr mit Montenegro; Ragusa treibt Schiffbau und ziemlich ansehnlichen Handel. Die Juse lu finden ihren Haupterwerb in der Seefischerei. Auch in geistiger Kultur ist das Land noch wenig vorgeschritten; na¬ mentlich steht die slavische Bevölkerung (die Morlakken) noch ans niederer Stufe; höher steht die Bevölkerung in den Städten, wo der italienische Cha¬ rakter vorherrscht. Das Land hat ungefähr 180 Volksschulen; von 100 schul¬ pflichtigen Kindern besuchen nur etwa 20 die Schule. Gymnasien bestehen in Zara, Spalato und Ragusa, in Zara ist auch eine Realschule. Im Ganzen bietet somit Dalmatien gegenwärtig ein noch wenig erfreuliches Kulturbild. 129 II. Deutschland. (11.462 ^Meilen; 46,060.00!) Einwohner.) Lage. Grenzen. — Deutschland liegt beiläufig zwischen 23 und 37° ö. L., dann 45 und 55° n. Br., und wird von drei Meeren, der Nordsee, der Ostsee und dem Adriatischen Meere bespült. Es grenzt im Süden an Italien und die Schweiz; im Westen an Frankreich, Belgien und die Nieder¬ lande ; im Norden zum Theil an Dänemark; im Osten an Rußland und an die außerdeutschen Provinzen von Preußen und Oesterreich. Bestandtheile. — Deutschland besteht aus 31 Monarchien und 4 Frei¬ staaten, welche zusammen den deutschen Bund bilden, dessen Angelegen¬ heiten in der Bundesversammlung (Bundestag) zu Frankfurt a. M. verhandelt werden. Nach der geographischen Lage können die Staaten des deutschen Bundes geordnet werden: 1. die 5 südlichen Staaten: Oesterreich, Baiern, Württemberg, Baden, Liechtenstein; 2. die 7 westlichen: Hessen-Cassel, Hessen-Darmstadt, Hessen-Hom¬ burg, Nassau, Frankfurt a. M-, Waldeck, Luxemburg und Limburg; 3. die 9 mittleren: Sachsen, Sachseu-Weimar-Eisenach, Sachsen- Meiningen, Sachsen-Coburg-Gotha, Sachsen-Altenburg, Schwarzburg-Rudol¬ stadt, Schwarzburg-Sondershauseu, Reuß ältere Linie, Reuß jüngere Linie; 4. die 14 nördlichen: Preußen, Hannover, Braunschweig, Olden¬ burg, Lippe-Detmold, Lippe-Schaumburg, Auhalt-Dessau-Köthen, Anhalt- Bernburg, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Holsteiu-Lauenburg, Lübeck, Bremen, Hamburg. Frankfurt a. M-, Lübeck, Hamburg und Bremen sind Freistaaten, die übrigen Monarchien. An die Stelle des im I. 1808 aufgelösten „heiligen römischen Reiches deutscher Nation" trat nach der Befreiung von der Fremdherrschaft im I. 1815 der „deutsche B u n d". Zweck desselben ist die Erhaltung der äußeren und inneren Sicherheit Deutsch¬ lands, sowie der Unabhängigkeit und Unverletzlichkeit der deutschen Staaten. Die oberste Behörde ist der Bundestag oder die Bundesversammlung zu Frankfurt a. M., bestehend ans den bevollmächtigten Gesandten sämmtlicher Bundesglieder. Oesterreich führt den Vorsitz. Zum Schutze wider innere und äußere Feinde stellen die Bundes¬ staaten ein Bundesheer (im Jahre 1863 zählte das Bundesheer nach den Standes- listeu 734.599 Mann). Bundesfestungen sind: Luxemburg, Rastatt, Ulm, Landau, Ger¬ mersheim und Mainz. Oro-hydrographische Ucbcrsicht. — Nach der vertikalen Erhebung des Bodens zerfällt Deutschland in 3 Partien: das südliche Alpenland, — die Hochebene Mittel-Deutschlands, — und die norddeutsche Tiefebene. — Die Alpen bilden die Scheidewand zwischen dem ger¬ manischen und romanischen Kulturleben. An ihrem Fuße dehnt sich nord¬ wärts die bairische Hochebene (1500') aus. Die mitteldeutsche, an allen laudwirthschaftlichen Produkten reiche Hochebene wird von Gebirgen durchzogen, deren mittlere Kammhöhe nur bis 2000" reicht, indessen die Hoch¬ ebene selbst nur mehr an 600" über dem Meere sich erhebt, die norddeutsche Ebene (au 7000 ^Meilen) liegt nur wenig über, in einzelnen Strichen Klun, Geographie. 6. Auflage. 9 130 im Nord-West sogar unter der Fläche des Meeres, gegen dessen Andrang das Land durch Düneu (Sandhügel) und Deiche (Erdwälle) geschützt werden muß. In dieser Ebene ziehen einige unbedeutende Hügelreihen, an deren Fuße Haiden oder Moore liegen; nur an den Ufern der bedeutenderen Flüsse findet sich fruchtbares Marschland. Der Lauf des Main scheidet das deutsche Bergland in ein südliches und ein nördliches. Im süddeutschen Berglande treten 3 Bergzüge hervor: der westliche erhebt sich aus der Oberrheinischen Ebene, u. z. der Schwarz¬ wald (Feldberg 460tU), an den sich im Norden der Neckarwald und an diesen der Odenwald bis zum Main anschließt; — der mittlere erstreckt sich als Rauhe Alp oder schwäbischer Jura vom Rhein bis zur Altmühl; jenseits der Altmühl zieht der fränkische Jura bogenförmig bis zum oberen Main; —als östlicher erhebt sich am linken Donauufer der bairische Wald, als Vorgruppe des Böhmerwaldes. — Nördlich vom Main ist das norddeutsche Bergland. Fast in der Mitte Deutschlands erhebt sich das Fichtelgebirge mit den Main- und Egerqnelleu; gegen Nord-Ost zieht sich das Erzgebirge, welchem das sächsische Hügelland vorgelagert ist. Nordlvestlich vom Fichtelgebirge, von den Quellen der weißen Elster bis zu jenen der Werra, sind das Voigtland und der Frankenwald; au der Werra zieht sich der Thüringerwald. Nördlich von diesem ist der Harz (Brocken 350(V). In der nordwestlichen Verlängerung des thüringi¬ schen Plateaus und des Harzes liegt das Wesergcb irge. Als das nörd¬ lichste Gebirge Deutschlands schließt sich an das Wcserbergland der Ten Lo¬ burger Wald an. Zwischen der fränkischen Saale, der Fulda und der Werra erhebt sich die hohe Rhön, an welche sich im Süd-West der Spessart anschließt. Im Westen der Fulda ist der Vogelsberg. — Zu beiden Seiten des Rheins breitet sich das niederrheinische Schiefer- gebirge aus. In der östlichen Hälfte sind: der Taunus, zwischen Lahn, Rhein und Main; der Westerwald zwischen Lahn, Rhein und Sieg; am Rheine die Gruppe des Siebengebirges; zwischen Sieg und Ruhr die Hochfläche des Sauerlandes; nördlich der Ruhr ist der Haarstrang, allmählich zur norddeutschen Tiefebene abfallend. Die westliche Hälfte steht mit dem französischen Mittelgebirge in Verbindung und zerfällt in folgende Gruppen: der Hardt, das Nordende der Vogesen; das p fälzi sch-saar- brück'sche Gebirge; das Plateau des Hunsrück mit steilen felsigen Thä- lern; die Eifel zwischen Mosel und Our; die waldlose mit Torfmooren bedeckte Hochebene der hohen Veen; die Ardennen am rechten Maasufer. Zwischen der Elbe und Oder ist das sude tische Berg sh st em, dessen Theile bereits bei Oesterreich angegeben worden sind. Unter den Meeren ist die Nordsee, in welche die bedeutendsten Flüsse Deutschlands münden, für Deutschlands Seehandel und die Verbin¬ dungen mit Großbritannien und Amerika die wichtigste; ihre größten Busen sind an den Mündungen der Flüsse Ems (Dollart), Jahde, Elbe und Eider. — Eine Eigenthümlichkeit der Ostsee, welche den Verkehr mit Rußland und den nordischen Staaten vermittelt, sind die Strandseen, „Haff" ge¬ nannt, und die „Nehrungen", welche aus den Sandablagerungen der Flüsse durch den Wellenschlag zu Erdzungen verbunden sind. Die bedeuten¬ deren Busen sind: der Schleswiger Busen, die Lübecker Bucht, der Busen von Greifswalde (Bodden), die Swinemünder Bucht (mit 131 dem kleinen und großen Stettiner Haff), die Danziger Bucht (mit dem frischen Haff) und das kurische Haff. — Das Adria tische Meer hat die größte Bedeutung zunächst für Oesterreich, dann auch für einen Theil Süd¬ deutschlands. Die Flüsse Deutschlands ergießen sich in vier Meere; in die Nord- und Ostsee, in das Schwarze und Adriatische Meer. Bei der vorherrschenden Senkung des Bodens gegen Norden fließen ?/» der Gewässer den nördlichen Meeren zu; '/3, größtentheils der Donau gehörig, in das Schwarze Meer; einige österreichische Flüsse gehen in das Adriatische Meer. Die bedeutend¬ sten Flüsse sind: der Rhein, die Donau, die Elbe, die Weser, die Ooer, die Weichsel, die Etsch mit ihren Neben- und Zuflüssen; serners einige Küstenflüsse: die Ems, Eider, Trave. Pregel, der Jsonzo u. a. m. Der Süden und der Norden sind reich an Seen, dagegen hat Mitteldeutschland keine eigentlichen Seen. Die meisten sind in Baiern, Holstein, Mecklenburg und Pommern. Die meisten Sümpfe und Moore kommen im norddeutschen Tieflande vor. Mehrere Canäle befördern die Schiffahrt. Klima. — Deutschland hat im Allgemeinen ein Mittel-Klima, welches den Uebergaug vom Küstenklima West-Europa's zum continentaleu Klima Ost-Europas bildet. In der Mitte der gemäßigten Zone gelegen, ist es fast ebenso weit entfernt von der Armuth des Nordens, als von der üppigen Fülle des Südens. Das Klima ist sonach im Ganzen gesund, für die Vege¬ tation zuträglich und der Wechsel der Jahreszeiten ziemlich regelmäßig. Durchschnittliche Jahrestemperatur 8—9 k. Vorherrschend Südwestwinde, im Winter Nordost- und Ostwinde. Mittlere Regenmenge 25"; durchschnittlich im Jahre 19 Ge¬ witter an einem Orte. Im Westen die mittlere Jahreswärme größer alt! im Osten (nnter gleichen Breitegraden). Allgemeines Kulturbild. Die wichtigste Nahrungsquelle gewährt die Bodenkultur. Deutsch¬ land ist im Allgemeinen ein sehr fruchtbares Land. Der mit vielem Fleiße bebaute Boden bringt alle Erzeugnisse der mittleren gemäßigten Zone hervor; er liefert Getreide über den Bedarf; überdieß mehrere Handelspflanzen (Flachs, Hanf, Tabak), in vielen Gegenden gutes Obst, am Rheine und in den südlichen Gegenden mitunter vortrefflichen Wein. Gleich sorgfältiger Pflege erfreut sich die Viehzucht. Die vortrefflichen Pferde aus Mecklen¬ burg, Holstein, Westphalen sind allbekannt; die Rindviehzucht ist besonders in den Marschländern des Nordens höchst bedeutend, das ostfriesische und holsteinische Vieh wird am meisten geschätzt. Einen außerordentlichen Auf¬ schwung hat die veredelte Schafzucht genommen; sächsische und schlesische Wolle wird sogar der spanischen vorgezogen. Mannigfaltig sind die Produkte des Bergbaues, der von den meisten deutschen Staaten betrieben wird. Die Ausbeute an edlen Metallen ist zwar eine verhältnißmäßig geringe; dagegen sind viele Gebirge reich an Eisen, Blei, Kupfer, an Steinkohlen und Salz. Von Deutschland ist die erste gründliche Kenntniß der Mineralien aus¬ gegangen, und der deutsche Bergbau diente mehreren Völkern als Muster. Die gewerbliche Thäti gleit hat in Deutschland bereits eine hohe Stufe der Vollkommenheit erreicht. Steht der deutsche Kunstflciß noch nicht auf gleicher Höhe mit jenem Großbritanniens, so kommt er doch dem französischen und belgischen vielfach nahe, in manchen Artikeln übertrifft er sogar diesen. Manufakturen und Fabriken sind zahlreich vorhanden, welche 132 den einheimischen Bedarf in vielen Zweigen decken, in mehreren findet eine namhafte Ausfuhr statt. Die industriellsten deutschen (außerösterreichischen) Länder sind Schlesien, Sachsen und die Rheinprovinz, zunächst stehen Fran¬ ken, Schwaben, Thüringen, Westphalen und Brandenburg. Zu den wichtig¬ sten Jndustrieprodukten gehören die Leinen- und Wollwaaren, die Eisen- und Holzwaaren; in allen Zweigen gewerblicher Thätigkeit findet sich übrigens ein erfreulicher Fortschritt. Deutschland ist durch seine Lage, die Richtung der zahlreichen schiff¬ baren Flüsse, die Mannigfaltigkeit und den Reichthum an Natur- und Kunst- Produkten und die hohe geistige und sittliche Kultur der Bewohner ein für den Handel und Verkehr sehr günstiges Land. Die Dampfschifffahrt ans mehreren Flüssen, das große Eisenbahnnetz, die zahlreichen Geld- und "Kreditinstitute fördern den gesammten Verkehr. Insbesondere haben die Gründung des Zollvereines und der Abschluß von Zoll- und Handelsver¬ trägen zur Belebung des Handels beigetragen. Von der Bevölkerung gehören über dem deutschen und etwa dem slavischeu Stamme an; überdies wohnen im Bundesgebiete Wal¬ lonen, Franzosen, Italiener u. a. Die dichteste Bevölkerung findet sich in Sachsen, in einigen Rheingegenden und im Württembergischen Neckarkreise; am schwächsten sind die Alpenländer Oesterreichs und die Länder an der Ostsee bevölkert. Der Sprache und dem Charakter nach scheidet man die Deutschen in Ober- und Niederdeutsche, erstere im Süden, letztere im Norden. Dem Religionsbekenntnisse nach gibt es an 23 Millionen Katho¬ liken (vorzüglich in Oesterreich, Baiern, den Rheinlanden und Schlesien), über 20 Millionen Protestanten. Ein gewisser Grad allgemeiner Bildung herrscht > im ganzen Volke wie in keinem anderen Lande, und an streng wissenschaft¬ licher Bildung werden die Deutschen von keiner der gebildetsten Nationen übertroffen. Diesen hohen Grad geistiger Knlhir verdankt Deutschland den vielen trefflichen Lehranstalten (darunter über 20 Universitäten, mehrere Hundert Gymnasien, Real- und technische Schulen), seinen Akademien, ge¬ lehrten Gesellschaften, den vielen Bibliotheken und der Menge mitunter aus¬ gezeichneter Schriftsteller. Rechtsgefühl und Treue, religiöse Innigkeit des Gemüthes, Forschbegierde, Gründlichkeit und Ausdauer kennzeichnen den Deutschen. Ans solchen festen Grundlagen ruht die Hoffnung auf den ma¬ teriellen nnd geistigen Fortschritt Deutschlands. I. Südliche Staaten. 1. Das Königreich Baiern. 1385 OMeilen: — 4,807.000 Einwohner, Uber V, Katholiken, fast Protestanten, Uber 60.000 Israeliten; fast ausschließlich Deutsche. — Zwei Gebiete: -r) das Hauptland (an beiden L>eiten der oberen Donau, des oberen nnd mittleren Main), 1277 ^Meilen, Uber 4 Millionen Einwohner; — d) die Rheinpsalz, 108 ^Meilen, über 625.000 Einwohner. — Grenzen? Das Land. — Baiern ist theils Gebirgsland, theils Hochebene. Im Süden das bairische Hochland (Alganer, bairische und Salzburger- Alpen); im Osten der bairische Wald; im Norden das Fichtel¬ gebirge, der Frankenwald, die Rhön und der Spessart; von Westen ziehen Verzweigungen der Rauhen Alp, dann der Spessart und Steigerwald in das Land. Die Pfalz wird von den Vogesen und 133 dem Hardt durchzogen. Dem bairischen Hochlande ist die wenig fruchtbare Hochebene vorgelagert, die sich zur Donau herabsenkt; nördlich der Donau sind die hügeligen Gegenden fruchtbarer und milder; die Main-Ufer aber gehören zu den schönsten Landstrichen in Deutschland. Der Hauptfluß ist die Donau, welche von Ulm bis Passau das Land durchfließt. Von Ulm ist sie schiffbar, bei Donauwörth beginnt die Dampf¬ schifffahrt. Sie nimmt rechts die Iller, den Lech, die Isar nnd den Inn, — links die Altmühl, Nab und den Regen auf. Der Main fließt von Osten nach Westen, nimmt rechts die fränkische Saale und Kinzig, — links die Regnitz und Tauber auf, und wird auch von Dampfschiffen befahren. Der Ludwigs-Canal (Bamberg-Kehlheim) verbindet den Main mit der Donau. In der Pfalz nimmt der Rhein einige kleinere Flüsse auf, Zum Geäder der Weser gehört die Fulda; der Elbe fließen zu die Eger und die säch¬ sische Saale. — Im Süden gibt es fischreiche Seen und Teiche (Boden¬ see, Chiem-, Königs-, Staremberger- und Ammer-See). Politische Verwaltung und Orte: Baiern wird in 8 Kreise eingetheilt: 1- Oberbaiern (vom Lech zur Salzach): München (167.000 E.), an der Isar, auf einer Hochebene, Reichshaupt- nnd Residenzstadt, eine der schönsten Städte Deutschlands, reich an Prachtbauten (von König Ludwig ausgeführt) und Kunstschätzen jeder Art; herrliche Kirchen: italienische Ludwigskirche, gothische Kirche in der Au, byzantinische Allerheiligen-Kapelle, Basilika des h. Bonifacius; Erzbisthum; — der Königsbau, die Pinakothek (Gemäldehaus), die Glyptothek (Statuenhaus), Arkaden des Hofgartens, Siegesthor, Ruhmeshalle mit der kolossalen Erzstatue Bavaria u. a. m. — Akademie der Wissenschaften, Universität, große Bibliothek, polytechnisches Central-Museum für Baiern, Akademie der Künste, reiche Kunstsammlungen, viele Humanitäts- und Sani- täts - Anstalten. — Institute für mathematische nnd astronomische Instrumente, Steindruckerei (hier erfunden von Sennefelder 1786), weltberühmte Erzgießcrei, Glasmalerei, Maschinenfabrik, ausgedehnte Bierbrauereien n. s. w. In der Nähe die kön. Lustschlösser Nymphenburg (k. Porzellaufabrik) und Schleißheim (land- wirthschastliche Centralschule). Freising (Isar), wissenschaftliche Lehranstalten; — Ingolstadt (Donau, — 19.500 E.), Festung; — Reichen hall, Mittelpunkt bedeutender Salzwerke und Soolbad; — Berchtesgaden, in der Nähe des Watzmanns und des Königssees, großartige Holzschnitzereien; Schlachtfelder: Hohenlinden (3. Dec. 1800), Mühl¬ dorf 1322). 2. Niederbaicrn. — Passau (Donau, 13.400 E. — Latsv» eastr-r), ansehnlicher Han¬ del; Passauer Vertrag 1552; — Landshut (Isar 12.900 E.); Fabriksstadt; Straubing (Donau 10.800 E.), Handel, Bierbrauereien; — Kehlheim (Lud- wigskanal), wichtige Kalksteinbrüche (Kehlheimer-Platten). 3- Oberpfalz nnd Regensburg. — Regensburg (Regen und Donau, 29.000 E., oastra Regina), früher freie Reichsstadt nnd Sitz des Reichstages (1663 — 1806), ehemals wichtiger Stapelplatz Deutschlands für den levantiner und indischen Handel; prächtiger Dom mit Grabdenkmälern. (Astronom Keppler, geb. am 27. Dec. 1571 zu Magstatt in Württemberg; ch in Regensburg am S. Nov. 1630.) In der Nähe (zu Donaustauf) der deutsche Ehrentempel Walhalla mit Büsten berühmter Deutschen. — Amberg (12.000 E.), lebhafte Industrie. 4. Schwaben und Neuburg. — Augsburg (Lech 49.400 E., ^nAnsta Vinäeücornin), ehemals freie Reichs- und blühende Handelsstadt, wichtiger Jndustrieplatz (Damast-, Banmwoll-, Seiden-, Wollweberei, Maschinenbau), Wechselplatz; Reichstag 1530 (AugSbnrger Lonfession), Rcligionsfriedc 1555. In der Nähe bas L echfeld, Schlacht 955. — Donauwörth (Donanh Handelsplatz; Schlachtfelder von Hochstädt (1800) und Nördlingen (1634); Lindau (5000 E.), auf einer Insel im Bodensee, wich¬ tiger Handel; ansehnliche Judustrieorte sind: Kempten (10.700 E.), Memmingen, Kaufbeuern, Günzburg. 5. Oberfranken. - Bayreuth (rother Main, 19.200 E.), viel Gewerbfleiß; — Bamberg (Regnitz, 2s.300 E.), k. Residenzschloß, schöner Dom (Grabmäler Hein¬ rich II. und Konrad III.), Erzbisthum, Lyceum; sehr gute Gartenkultur, Gemüse- und Obstbau, Eisengießerei, Schiffbau und Schifffahrt; — Hof (Saale 13.200 E.), 134 Industrie, Handel, Eisenbahn (Leipzig-Hof-AugSburg - Lindau, Augsburg-München- Wien). — Kranach, Geburtsort des Lucas Kranach, geb. 1472, 1- 16. Oct. 1553 in Weimar. — Wunsiedl, Jean Paul (Friedrich Richter) geb. 1763, ff 14. No¬ vember 1825. 6. Mittclfcanken. — Ansbach (Rezat, 13.000 E.), viel Industrie; — Nürnberg (Peguitz, 70.500 E.), ehemals freie Reichsstavt, reprasentirt vielfach das deutsche Mittelalter; Reichsschloß, Rathhaus (mit Gemälden von Albrecht Dürer, St. See bald- und Lorenzkirche mit Kunstdenkmälern und Glasmalereien, germanisches Na- tional-Museum: Gymnasium, polytechnische Schule, Handelsschule, Kunstschule u. a.; die gewerbreichste Stadt in Südwest-Deutschland, schon seit dem Mittelalter („Nürn¬ berger, Maaren"); k. Bank, wichtiger Handel. (Albrecht Dürer, HanS Sachs, Peter Helle (Erfinder der Sackuhren, „Nürnberger Eier") u. v. a.); — Fürth tRegnitz und Pegnitz, 21.000 E.), sehr viel Industrie, lebhafter Handel, jüdische hohe Schule (erste Eisenbahn in Deutschland zwischen Fürth und Nürnberg). — Erlangen (Regnitz, 11.200 E.), Prot. Universität; — Eichstädt und Schwabach, ansehn¬ liche Jndustrieplätze; — Spalt, berühmter Hopfen. 7. Unterfranken und Aschaffenburg. — Würzburg (Main, 41.000 E.), Bisthum (ge¬ stiftet vom heil. Bonisacius 741), alte Universität, prächtiges Hospital; wichtige Fabrikstadt, Mainschifffahrt, Bergveste Marienberg. — S ch wcinfur t (Main, 8000 E.), Weinbau, viel Industrie, besuchte Messen, Handel und Schifffahrt (Fried¬ rich Rückert, geb. 1789); — Aschaffenburg (Main, 10.509 E.), gewerbliche, landwirthschaftliche und Forstschule; Industrie, Holzhandel; — Kissing en, vielbe¬ suchte Heilquelle, Salzwerke. 8. Pfalz am Rheiu. — Speier (Rhein, 13.000 E., ^.nZnstu biemvtum), ehemals Reichsstadt, berühmter Dom mit den Grabstätten mehrerer deutscher Kaiser (Rudolph von Habsburg u. a.), Lycenm; Wein- und Tabakbau, Freihafen, Rheinhandel; Reichs¬ kammergericht bis 1689; Reichstag 1529; — Land au (12.200 E.), Bundesfestuug; Ludwigshafen, Freihafen. — Jndustrieorte sind: Kaiserslautern (13.500 E.), und Zweibrücken; — Göllheim; Schlacht 1298 (Adolph von Nassau ff). K u t t u r b i 1 d. Die wichtigste Erwerbsquelle ist die Landwirthschaft. Der Acker¬ bau, dem fast die Hälfte der Gesammtfläche gewidmet ist, liefert Getreide über deu Bedarf, welches nach Tirol und der Schweiz ausgeführt wird. Unter den Handelspflauzeu nimmt der Hopfen den ersten Rang ein (Spalter- Hopfen) ; auch Hanf, Flachs und Tabak (überwiegend in der Pfalz) werden viel gebaut. — Die Viehzucht ist ebeufalls bedeutend; sie deckt nicht bloß den inländischen Bedarf, es kann auch Vieh ausgetriebeu werden. Ins¬ besondere sind erheblich die Rindviehzucht (in den Alpengegenden), die Zucht der Schweine, Schafe und Pferde. — Der Bergbau liefert relativ am meisten Eisen und Salz; ersteres bei Kaiserslautern (Pfalz) und Wunsiedl (Oberfranken), jedoch nicht ausreichend für den Bedarf; letzteres in den Salinen zn Reichenhall, Berchtesgaden, Traunstein, Kissingen u. a. O. Er¬ wähnenswerth sind noch Porzellanerde, Graphit und lithographische Steine. — Die gewerbliche Thätigkeit stand im Mittelalter auf einer sehr hohen Stufe; später wurde Baiern von einigen deutschen Staaten über¬ flügelt; gegenwärtig hat sich die Industrie wieder bedeutend gehoben. Am bedeutendsten ist die Industrie in Mittel- und Oberfranken, doch kommen eigentliche Fabriken meist mir in den größeren Städten vor. Die Baum¬ wollindustrie ist stets steigend, obwohl sie jetzt den inländischen Bedarf noch nicht deckt (Augsburg, Hof, Kempten, Schweinburg, Zweibrücken u. m. a.). Die Leinweberei liefert meist gröbere Waare; feinere wird eingeführt (Augs¬ burg, München). In der Papiererzeugung ist das bunte Papier vortheilhaft bekannt. Ein eigentliches Natioualgewerbe ist die Bierbrauerei; an 5000 Brauereien erzeugen jährlich über lO Mill. Eimer Bier. Die Metallwaa- ren - Industrie zeigt iu den verschiedenen Zweigen erfreulichen Fortschritt (München, Augsburg, Nürnberg, Würzburg und in der Pfalz). Weit be- 135 kannt sind die mannigfachen Erzeugnisse des Nürnberger Gewerbfleißes. Bemerkenswerth sind noch: die Steindruckereien, Zucker-, Glas- und Por¬ zellan-Fabriken, die Tabakfabrikation. — Sehr lebhaft ist der Handels¬ verkehr, insbesondere in Nürnberg (Materialhandel) und Augsburg (Wech¬ selplatz); Passau ist Stapelplatz für den Salzhandel; Lindau (das deutsche Venedig) unterhält den Verkehr mit der Schweiz; große Wollmärkte sind in Augsburg, dann mehrere Getreide-, Hopfen- und Viehmärkte. Zur Pflege wissenschaftlicher Bildung bestehen drei Universitäten (München, Würzburg, Erlangen), mehrere Lyceen, viele Gymnasien, gelehrte Vereine; für künstlerische und gewerbliche Ausbildung bestehen Akademien, Gewerbe- und Fachschulen. Für die geistige Bildung, für die Pflege von Wissenschaft und Kunst wird überhaupt bestens gesorgt, und die Residenz¬ stadt mit ihren zahlreichen und ausgezeichneten wissenschaftlichen und Kunst¬ sammlungen nimmt in neuerer Zeit hierin einen der ersten Plätze in Deutsch¬ land ein. 2. Das Königreich Württemberg. 354 ^Meilen; — 1,748.400 Einwohner, etwa -/z Protestanten und Vb Katholiken, auch Juden; nach der Nationalität Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Das Königreich Württemberg ist mehr gebirgig als eben; fast die Hälfte des Landes ist Hügelland, je ein Viertel entfällt auf das Gebirgsland und auf die Ebene. Es herrscht eine mannigfaltige Abwechs¬ lung von Gebirgen, Hügellandschaften, reizenden Thälern und fruchtbaren Ebenen, wodurch dieses Land zu einem der schönsten in Deutschland wird. Im Westen bildet ein Theil des Schwarz Waldes mit seinen dunklen Nadelwaldungen die Grenze, während der schwäbischeIura (oder Rauhe Alp) in der Höhe von 1800' — 2800' von Südwest nach Nordost das ganze Land durchzieht. Gegen Nordwest fällt dieser steil ab, gegen Süden senkt er sich allmäligs zur Donau herab, und ist durch Höhlen mit Ver¬ steinerungen und fossilen Knochen vorweltlicher Thiere ausgezeichnet. Südlich der Alp und der Donau dehnt sich die Hochebene Oberschwabens bis zum Bodensee aus, in deren Flächenthälern häufig Moorgründe Vorkommen. Mit Ausnahme der Hochfläche der Alp ist Württemberg reich be¬ wässert, und gehört theils zum Donau-, theils zum Rheingebiete. Die Donau durchfließt das Land von Tuttlingen bis Ulm und nimmt die Iller und mehrere kleine Flüsse auf. Der wichtigste Fluß ist der Neckar, welcher aus dem Schwarzwalde kommt, bei Kannstadt schiffbar wird und nach einem Laufe von 40 Meilen das Land verläßt. Unter den vielen Zu¬ flüssen sind bemerkenswerth der Kochers, die Iaxt und die Enz. In den Rhein fließen auch die Murg und Kinzig; in den Main die Tauber. Der Bodensee und der Federsee sind die bedeutendsten Seen; in Schwaben sind überdieß mehrere kleine Seen. Durch den Wilhelms-Canal wird der Neckar von Kannstadt bis Heilbronn schiffbar. Politische Verwaltung und Orte. — Württemberg wird in 4 Kreise cingetheilt, deren Unterabtheilungen Oberämter heißen. 1. Neckarkreis. — Stuttgart. (69.000 E.) Haupt- und Residenzstadt, schön gelegen; prachtvolles königl. Schloß, reiche Bibliothek, Kunstsammlungen, Gymnasium, poly¬ technische und Kunstschule; Schiller'« Standbild von Thorwaldsen; viel Industrie und Handel, Buchhandel, Tnchmesse. — Kannstadt (Neckar, 7400 E.), Sauer¬ brunnen, bedeutendeJndustcie, wich tiger Handelsplatz; —sin der Nähe die BurgWaib- lingen (davon „Ghibellinen"); — Ludwigsburg (11.600 E.), zweite Residenz, prächtiges Schloß, wichtigster Waffenplatz des Landes, Osfizierbildnugsanstalt; — in 136 der Nähe das Bergschloß Hohenasperg, ein Staatsgefängniß; Marb ach (Neckar, 2S00 E.), Geburtsort Schiller's (am tv, Nov. 1759, ch am 9. Mai 1805 in Wei¬ mar); — Heilbronn (Neckar, 16 500 E.), früher freie Reichsstadt, Weinbau, Tabak-, Messer-, Papier-, Bleiweißfabriken, Freihafen; — Eßlingen (Neckar, 15.600 E.), Obst- und Weinbau, Tuch-, Blechwaaren- und Maschinenfabrikation; — Hohenheim, berühmtes landwirthschastlicheS Institut. 2- Schwarzwaldkrcis. — Reutlingen (am Fuße der Alp, 13.500 E.), Gerberei, Tuchfabrikation, Weberei, Strumpfwirkerei; — Tübingen (Neckar, 8700 E.), be¬ rühmte Universität, Seminarien, Bibliothek; - Urach (3500 E.), große mechanische Flachsgarnfpinnerei, Leinweberei, Leinwandhandel; Ehingen (5000 E.), sehr bedeu¬ tender Handel, zwei stark besuchte Messen; — Calw (5000 E.), sehr bedeutende Fabriks- und Handelsstadt (Wollen-, Baumwollen- und Leder-Industrie). 3- Jaxtkreis. - Elwaugen (Jaxt, 4000 E.), Gymnasinm; — Gmünd (8360 E.), be¬ kannte Bijouteriewaaren; — Schwäbisch-H all (Kocher, 7000 E.), großes Salzwerk (jährl. 175.000 Ctr.); - Mergentheim (Tauber), seit 1526 Sitz des deutschen Ordens, Museum (begründet vom berühmten Reisenden Paul, Herzog von Württemberg). 4. Donaukreis. — Ulm (Donau, 23.100 E.), ehemals freie Reichsstadt, großer Münster, lebhafte Industrie (Ulmer Pfeifen), starker Produktenhandel, Donauschifffahrt, Bundes¬ festung; — Göppingen (6700 E.-, Sauerbrunnen; in der Nähe der Marktflecken Hohenstaufen, am gleichnamigen Berg erhob sich die (1525 zerstörte) Stammburg der Hohenstaufen; Friedrichshafen (Bodensee, 1200 E.), ansehnlicher Speditions- Handel, Dampfschifffahrt. Kultnrbi ld. Die Hauptnahrungsquelle der Bewohner ist die sorgfältig betriebene Landwirthschaft. Das verhältnißmäßig mildeste Klima und die größte Fruchtbarkeit ist im Neckarthale und dessen Seitenthälern. Fast 60^ der Gesammtfläche werden landwirthschaftlich benützt und über 30^ entfallen ans Waldungen. Das Land ist reich an Getreide, Gemüse, an trefflichem Flachs, Hanf und Tabak. Der Obst- und Weinbau ist bedeutender als in fast jedem anderen deutschen Staate. Die Viehzucht ist ansehnlich, ins¬ besondere wird der Zucht veredelter Schafe große Sorgfalt gewidmet. Unter den Produkten des Bergbaues sind nur Salz und Eisen von Belang; dagegen ist der Mangel an Steinkohlen empfindlich. Besitzt Württemberg auch nicht viele große Fabriken, so herrscht doch ans dem Felde gewerblicher Thätigkeit ein sehr reges Leben, welches von Jahr zu Jahr an Umfang und Ausdehnung gewinnt. Einer der wich¬ tigsten Zweige ist die Leinenindustrie, welche über den Bedarf des Landes erzeugt. Die Wollindustrie, eine der ältesten im Lande, ist am stärksten ver¬ treten in Calw, Kannstadt, Heilbronn, Reutlingen; bedeutend sind die Tuch¬ fabriken, die Teppichfabrikation und Wollstickerei; Ausgezeichnetes leisten die Färbereien. Die Baumwollindnstrie wächst ebenfalls fortwährend, die me¬ chanischen Spinnereien, Webereien und Färbereien sind vortheilhaft bekannt. Guten Ruf genießen die Holzwaaren ans dem Schwarzwalde (Schwarz¬ wälder-Uhren). Wichtig sind die Eisen- und Stahlwerke, die Eisengießereien, Maschinenfabriken, lackirten Blechwaaren. Beachtenswerth sind überdies; die Fabrikation von Papier, Glas, von mathematischen und physikalischen In¬ strumenten, die Gold- und Silberstickerci. In der Industrie macht Würt¬ temberg sehr erfreuliche Fortschritte, wobei die sorgsame Unterstützung von Seite der Regierung nach allen Richtungen nicht zu verkeimen ist. — Der Binnen- und der Durchfuhrh a ndel sind ansehnlich; die bedeutendsten Han¬ delsplätze sind: Heilbronn, Kannstadt, Ulm, Stuttgart, Friedrichshafen. Zahlreiche Märkte dienen zur Hebung des inneren Verkehrs. 137 Die geistige Bildung erfreut sich sorgsamer Pflege. Die zahlrei¬ chen Volks- und Mittelschulen, die Gewerbe- und andere Fachschulen, die Universität Tübingen üben einen großen Einfluß auf die Entwickelung der Bevölkerung aus. Selbst unter den unteren Volksklassen herrscht ein befriedi¬ gender Grad allgemeiner Bildung. Württemberg ist die Heimath vieler Männer, welche aus dem Gebiete der Wissenschaft und Kunst die deutsche Nation verherrlicht haben, als: die Dichter Schiller, Wieland, Uh- land, der Mathematiker Keppler, die Philosophen Schelling und Hegel, der Bildhauer Daunecker u. v. a. — Württemberg bietet so¬ nach in allen Richtungen ein erfreuliches Bild. 3. Das Großherzogthum Baden. 278 oMeilen; — 1,435.000 Einwohner, beiläufig V- Katholiken, nahezu '/3 Pro¬ testanten, an 24.000 Israeliten; nach der Nationalität Deutsche. — Grenzen? Das Land. — Baden gehört seinem größten Theile nach zum süd¬ deutschen Berg- und Hügellande, auf welches an °/g der Gesammtfläche ent¬ fallen, während auf die Ebenen nur '/g gerechnet wird. Fast parallel mit dem Rheine zieht der Schwarzwald mit steilem Abfall in die oberrhei¬ nische Tiefebene, mit sanfterem gegen Osten und Norden. Auch das Neckar¬ gebirge, der Odenwald, die Rauhe Alp und die schwäbische Hoch¬ ebene streichen in das Land herein. Das Bergland ist reich an fruchtbaren gut angebauten Thälern. Am Rheine nnd am Bodensee ist das Klima mild, nur die Höhen des Schwarzwaldes haben rauhes Klima. Der Hauptfluß ist der Rhein, in welchen sich die meisten Gewässer ergießen, darunter der Neckar, die Murg nnd Kinzig. Der Main berührt nur die Nordgreuze. Die Do nau hat ihre Hauptquelle (die Brege) am Schwarzwalde, welche sich unter Donaueschingen mit der Brigach vereinigt; von hier an heißen die vereinigten Flüßchen Donau, welche nach einem 16 Meilen langen Laufe nach Württemberg tritt. Unter den Seen ist der Bodensee (Ueberlingersee mit der Insel Mainau) für Baden der bedeutendste. — Sehr reich ist das Land an Mineralquellen, unter denen Baden-Baden, Badenweiler und Rippoldsau die bekann¬ testen sind. Politische Verwaltung und Orte: Baden wird in 4 Kreise eingetheilt: 1. Mittel-Rhcinkreis. — Karlsruhe (30.300 E.), Haupt- und Residenzstadt, schön ge¬ baut; vom Residenzschlosse laufen neun Straßen fächerartig ans; bedeutende wissen¬ schaftliche und Kunstsammlungen, Lyceum, berühmtes Polytechnikum, Kriegsschule. Kunst¬ schule u. a.; ansehnliche Industrie (große Maschinenfabrik, Verfertigung von Bijouterie- waaren, Steinschleifereien, Tabaksabrikation).— Durlach, ehemalige Residenz; — Pforzheim (Enz, 16.300 E.), sehr bedeutende Industrie in Gold-, Silber- nnd Bijonteriewaaren, Tuch und Leder, Eisen-, Stahlwaaren, mehrereHnmanitätsanstaltcn; Reuchlin ward hier geboren 1455; — Rastatt (Murg, 7000 E.), Bundesfestnug, ehemals Residenz des Markgrafen von Baden-Baden, Fabrikation von Stahlwaaren, Waffen; Friede 1714. — Baden (8090 T.), herrliche Lage, berühmte Schwefelbäder; Museum römischer Alterthümer; — Kehl (Mündung der Kinzig), gegenüber von Straßburg; Rheinbrücke. Wichtige Jndustrieorte sind: Lahr (7000 E , Tabak, Lcincn- waaren), EttlingernBaumwolle, Papier) und Bruchsal. 2. Ober-Rheinkreis,— Freiburg (im Breisgau, am Dreisam, 19.100 E.), Erzbis- thum, berühmter Dom, katholische Universität «gegründet 1454); — nördlich davon Zähringen mit den Trümmern der Stammburg der Großherzoge von Baden; — Tryberg, Furtwangen u. a., bekannt wegen Erzeugung von Schwarzwäldcruhren und Strohgeflechten; — Lörrach nnd St. Blasien «ehemals gefürstete Abtei), wichtige Jndustrieorte (Woll- und Baumwollwaarenb 138 3- Seekreis. — Constanz (oder Kostnitz, am Bodensee, 8000 E.), lebhafte Baum- wollindustrie und Handel, zwei Messen; Kirchenversammlung (1414—1418, Joh. Huß f); — die Inseln Mainau und Reichenau liefern viel Getreide, Obst und Wein; — Billigen, Eisenhämmer, Getreidehandel; — Neustadt, hölzerne und metallene Uhren, Strohflechterei. 4. Untcr-Rheinkrcis. — Mannheim (Neckar-Rhein, 30.400E.), sehr regelmäßig gebaut, prächtiges Schloß, reiche wissenschaftliche und Kunstsammlungen, Lyceum, Handels¬ akademie; ansehnliche Industrie (Tabak, Tapeten, Liqueur, Spiegel u. a.), erster Han¬ delsplatz am Oberrhein für den Verkehr zwischen der Schweiz, Südwestdeutschland und Holland, Freihafen, lebhafte Schifffahrt; — Heidelberg (Neckar, 17. 700 E.), berühmte Universität (gestiftet 1386), reiche Bibliothek; großartige Ruinen des ehe¬ maligen Residcnzschlosses der Chnrfürsten von der Pfalz; von hier die Bergstraße nach Darmstadt; — Wertheim (Tauber-Main, 4000 E?, Weinbau, Mainhandel; — Schwetzingen, großherzogl. Schloß mit berühmtem Park. Kulturb ild. Der fruchtbare Boden und das günstige Klima fördern in hohem Grade die Landwirthschaft, welche eine der wichtigsten Nahrungsquellen der Bewohner bildet. Der Ertrag übersteigt weit den Bedarf. Vorzügliches Getreide gedeiht in der Rheinebene; überdieß sind bedeutend die Erträgnisse von Hans, Flachs, des besten Tabaks in Deutschland und anderer Produkte. Der Wiesenbau ist musterhaft; sehr gutes Obst wächst in Menge an der Bergstraße; der Weinbau ist beträchtlich (etwa 700.000 Eimer: Markgräfler, Affenthaler, Wertheimer, Seewein). Die blühende Landwirthschaft hat eine vortreffliche Viehzucht im Gefolge, insbesondere des Rindviehes, der Pferde und Schafe. Von Produkten des Bergbaues verdienen nur Eisen und Salz besondere Hervorhebung. Ist auch Baden überwiegend ein Agrikulturstaat, so erfreuen sich doch mehrere Fabrikate des Gewerbefleißes eines guten Rufes. Im Klein¬ gewerbe herrscht große Rührigkeit; die nur vereinzelt vorkommenden Fabriken stehen größtentheils in hoher Blüthe. Die Garnspinnerei und Leinenindustrie ist im Breisgau, im Oden- und Schwarzwalde am stärksten in und bei Lahr; in der Baumwollindustrie sind bedeutend St. Blasien, Constanz, Lahr; Papier wird viel und in guter Qualität erzeugt (Ettlingen). Von Bedeutung sind weiters die Lederfabriken (Pforzheim, Karlsruhe, Rastatt, Heidelberg), Strohflechtereien und Holzwaaren, besonders Holzuhren (Schwarz¬ wald), die ausgedehnte Tabakfabrikation, der Maschinenbau in Karlsruhe, endlich Eisenwerke, Bierbrauereien u. a. Die gewerbreichsten Orte sind: Mannheim, Pforzheim, Karlsruhe, Lahr, Heidelberg, St. Blasien. — Der Handel ist sehr lebhaft. Der Bodensee, der Rhein, Neckar und Main werden mit Dampfschiffen befahren; die vielen Straßen befinden sich im besten Zustande und durchschneiden nebst den Eisenbahnen, welche alle wichtigen Städte verbinden, das Land nach allen Richtungen. Besonders wichtig ist der Speditionshandel zwischen Frankreich, der Schweiz, den deut¬ schen Nachbarstaaten und Holland. Die geistige Kultur erfreut sich ganz besonderer Pflege. Die Volks¬ bildung steht im Allgemeinen auf einer sehr achtungswerthen Stufe; alle Unterrichtsanstalten sind vortrefflich eingerichtet. Rühmenswerthe Hervor¬ hebung verdienen die beiden Universitäten zu Freiburg und Heidelberg, das Polytechnikum in Karlsruhe und die Handelsakademie in Mannheim. Wissen¬ schaften nnd Künste blühen in diesem schönen, fruchtbaren und betriebsamen Lande. 139 4. Das Fürstenthum Liechtenstein. Dieses nicht ganz 3 ^Meilen große Fürstenthum ist von Vorarlberg und der Schweiz umgeben, meist von hohen Bergen bedeckt, vom Rheine und einigen Bächen bewässert. Es besteht aus den Herrschaften Vaduz und Schellenberg. Die Bewohner, 7200 an der Zahl, sind deutschen Stammes, katholischer Religion. Hauptort ist Vaduz (1000 E.). Die vorzüglichste Erwerbsquelle ist die Landwirtschaft; auch die Zucht des Rindviehes wird gut gepflegt. Die gewerbliche Thätigkeit beschränkt sich auf die Baumwollspinnerei für die benachbarten Schweizer Fabriken und auf ordinäre Holzwaaren. Posten, Münzen, Maße und Gewichte sind die österreichischen. II. W e st l i ch e S t a a t e n. 5. Das Kurfiirstenthum Hessen. (Hessen-Kassel oder Kurhessen.) 174 ^Meilen; — 745.WO Einwohner, überwiegend Protestanten (an 120.000 Katholiken, — 11.000 Juden). — 3 Bestandtheile: a) das Hauptland vom Main bis zur Weser;—b) die Grafschaft Schaumburg im Wefergebiete; — ). — Getrennt vom Hauptlande (zwischen Baden und Württemberg) Wimpfen, und in der Nähe die Saline Ludwigs h all (über 100.000 Ctr. jährl.). 2. Rheinhessen lauf dem linken Rhein-Ufer); Mainz (Main-Rhein, 42.700 E.), stärkste Vundcsfestnng, berühmter Dom, das älteste Erzbisthum in Deutschland (seit der Mitte des 8. Jahrhunderts;; wichtiger Wafsenplatz zur Zeit der Römer (Llo^nntinenin); Sammlung römischer Alterthümer; Fabrikation von Leder, Möbeln, Tabak; bedeu¬ tender Handel, Schifffahrt; Gutenberg, Erfinder derBuchdruckerkunst 1436. —Worms (Rhein, 12.000 E.), Domkirche; Leder- und Tabakfabrikation, Schifffahrt; Stadt der alten deutschen Heldensage (Nibelungen), die Residenz ostfränkischer Könige, Lieblings¬ sitz mehrerer Kaiser; viele Reichstage, besonders wichtige 1495 und 1521. — Bingen (Nahe-Rhein, 6000 E.), Binger Loch (enges Felscnthal, durch welches der Rhein strömt; der Mäuscthnrin; Weinbau. Wegen des ausgezeichneten Weines sind bekannt: Laubenheim, Bodenheim, Nierenstein, Ingelheim. 3. Obcrhesscu (Fürstenthuin): Gießen (Lahn, 9500 E.), Universität, Gymnasium, Forst- lchraustalt; - Biedenkopf (Lahn, 4000 E.), Eisenwerk, Gerberei, Wollmaunsak- tnr; — Friedberg in der Wetterau. 7. Landgrnfschaft Hessen-Homburg. 5 OMeileu; 27.400 Einwohner, überwiegend Protestanten; — zwei getrennte Gebiete: n) Herrschaft Homburg vor der Höhe in der Wetterau, nördlich von Frankfurt; b) Herrschaft Meisenheim an der Nahe. Der Boden ist im Ganzen gebirgig, aber gut angebaut, reichlich be¬ wässert; das Klima angenehm. Die Hauptbeschäftigung bilden Ackerbau uud Viehzucht; sehr groß ist der Waldstaud; in Meisenheim werden Eisen und Steinkohlen gewonnen. Die gewerbliche Thätigkeit ist auf Webe- und Wirk- waaren gerichtet. Hauptort ist Homburg (7400 E.), Mineralquellen, gro߬ artige Einrichtungen für die Curgäste, berüchtigte Spielbank. Vom Mine¬ ralwasser werden jährlich über 300.000 Krüge versendet. Meisenheim (2600 E.), Eisenwerke, Steiukohlengruben, Glashütte. 8. Das Hcrzogthum Nassau. 86 OMeiien; 46S.300 Einwohner; die größere Halste Protestanten, die andere katholisch. — Grenzen? Das Land. — Nassau, in dem Rheinwinkel au der Maiu-Münduug gelegen, ist fast durchgehends bergig und das waldreichste Landin Deutschland. Im südlichen Theile ist der waldige Taunus, gegen Südosten steil ab¬ fallend in die höchst fruchtbare, herrliche Landschaft am Rhein und Main mit mildem Klima („der Rheingau"). Nördlich von der Lahu, welche fast mitten durch das Land fließt, ist der rauhe Westerwald. — In die ge¬ nannten Flüsse: Rhein, Main und Lahn ergießen sich die kleineren Ge¬ wässer des Landes. Sehr reich ist Nassau an Mineralquellen, unter denen Wiesbaden, Selters und Ems die berühmtesten sind. Kulturberhältnisse. — Die Landwirthschaft mit der Viehzucht uud dem Bergbau bilden die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Der größte Theil des Landes ist gut kultivirt und gibt ansehnlichen Ertrag an Getreide, Flachs, Hanf, Tabak. Im schönen Rheiugau uud am Main ist der Obst- 142 und Weinbau bedeutend; in Nassau gedeihen die edelsten Rheinweine. Die ausgezeichnetste Wiesenkultur befördert die Viehzucht, und die ansehnliche Forstkultur bietet viel Holz zur Ausfuhr. Im Westerwalde, namentlich im Lahnthale, sind reiche Eisen- und Braunsteingruben; außerdem werden Zink und Braunkohlen gewonnen. Im Verhältnisse zur Urproduktion ist die ge¬ werbliche Thätigkeit, mit Ausnahme des Hüttenbetriebes, eine nur ge¬ ringe. Erwähnenswerth sind übrigens die Leinen- und Wollweberei, die Gerberei, Töpferwaaren, die Papiererzeugung, Branntweinbrennereien; wich¬ tiger ist die Eisen- und Stahlfabrikation. — Nassau ist kein Handelsstaat; den Handel vermitteln überwiegend Frankfurt, Mainz, Koblenz und Bingen. Für die geistige Kultur der Bevölkerung ist bestens gesorgt. Politische Einthcilung und Orte: Nassau wird in 28 Aemter eingetheilt. Landes¬ hauptstadt ist Wiesbaden (26.600 E), Residenzschloß, berühmte warme Bäder, präch¬ tiger Kursal (jährt, au 25.000 Kurgäste;; Gymnasium, römische Alterthümer. — Be¬ rühmter Weinbau: Johannisberg, Rüdesheim, Geisenheim, Asmannshausen, Hat¬ tenheim (Markobrunner), Hochheim; — Gesundbrunnen: Wiesbaden, Selters, Ems, Fachingen, Geilnau, Schmalbach, Schlangenbad, Soden, Weilbach. — Limburg (3700 E.), Sitz eines Bischoses, Priesterseminar; — Biberich (Rhein), Residcnz- schloß, Freihafen; — Höchst (Main), Baumwoll- und Tabakfabrikation; — Idstein, Mnsterwirthschast, Gerbereien. 9. Die freie Stadt Frankfurt am Main. Frankfurt, zu beiden Seiten des Main, ist der natürliche Mittelpunkt für den Handel des gesammten Reichsgebietes. Zum Staatsgebiete gehören außer der Stadt noch mehrere kleine Gebiete, zusammen nahe an 2 ^Meilen groß, mit 91.200 meist protestantischen Einwohnern. Die Stadt selbst, mit der Vorstadt Sachsenhausen, hat an 76.000 Einwohner. Zahlreich sind die Fabriken und Manufakturen; noch wichtiger ist der Handel mit Wein, Wolle, Seide, Leder, Tabak, Bauholz. Sehr bedeutend sind der Geld- und Wechsel¬ handel und das Speditionswesen; berühmte Messen. Frankfurt ist eine der ersten Handelsstädte Deutschlands, überhaupt durch Handel, Gewerbefleiß, Reichthum und schöne Umgebungen eine der bedeutendsten Städte Deutsch¬ lands. Zahlreiche Lehranstalten, städtisches Kunstinstitut, Gemäldegallerie, Stadtbibliothek, Museum, gelehrte und Kuustvereine, Zeitschriften, starker Buch- und Kunsthandel. — Merkwürdige Gebäude sind: der Dom oder die St. Bartholomäuskirche, in der die römisch-deutschen Kaiser gewählt und gekrönt wurden; der „Römer", das jetzige Rathhaus, bei Krönungsfesten (seit 1558) wurde der „Kaisersaal," jetzt geschmückt mit den Bildnissen der deut¬ schen Kaiser, als Speisesaal benützt. Die Paulskirche (lutherische Haupt¬ kirche), Sitz der deutsche« Nationalversammlung im I. 1848; die schönste Straße ist die „Zeil". Das Göthe-Denkmal (hier geboren am 28. August 1749, gestorben in Weimar am 22. März l832). — Ehemals freie Reichs¬ stadt; seit 1815 Sitz des deutschen Bundestages. 10. Das Fürstenthum Waldeck. 22 ^Meilen; " 59.200 Einw.; -Waldeck 20 oM., Pyrmont über 1>/, OM. Waldeck besteht aus zwei getrennten Gebieten. In dem zwischen Eder und Diemel gelegenen Hauptlande Waldeck (zwischen Westphalen und Niederhessen) sind viele Waldungen und öde Gegenden; doch wird die Land- wirthschaft fleißig betrieben; einigen Erwerb bieten auch die Viehzucht, der 143 Eisenbergbau und die Leinenweberei. Residenz ist Arolsen. (2000 E.) — In der Grafschaft Pyrmont (zwischen Hannover, Braunschweig, Lippe und Preußen) ist der gleichnamige Hauptort, der berühmteste Stahlbrunnen Deutsch¬ lands, von welchem jährlich über 400.000 Flaschen versendet werden. 11. Das Großherzogthum Luxemburg uud das Herzogthum Limburg- (Siehe das Königreich der Niederlande.) III. Mittlere Staaten. 12- Das Königreich Sachsen- 272 oMeilen; 2,337.200 Einwohner, vorherrschend Protestanten (an 42.000 Katho¬ liken, darunter die regierende Familie); fast ausschließlich Deutsche (gegen 50.000 Wenden, slav. Abkunft); Grenzen? Das Land. — Beiläufig 2. des Gesammtbodens gehören dem Ge¬ birgslande, ebenso viel dem Hügellande und der Ebene an. Im süd¬ lichen Theile zieht sich das Erzgebirge längs der böhmischen Grenze hin, au welches sich östlich das niedere Elbesandsteiugebirge mit seinen Abgründen, romantischen Thälern, Höhlen uud Felsenspalteu („säch¬ sische Schweiz") anschließt. Noch weiter im Osten erhebt sich das nördlichste Glied der Sudeten, das Lausitzer Gebirge. Das Bergland geht nord¬ wärts allmalig in das Hügelland und dieses in das Flachland über. In dieser Stufenfolge ändert sich auch das Klima, welches im Erzgebirge rauh, im fruchtbaren Elbethale milde ist. Das Land ist gut bewässert und gehört fast ganz zum Gebiete der Elbe, welche auf ihrem 16 Meilen langen Laufe durch Sachsen von Dampf¬ schiffen befahren wird, uud in welche die wichtigeren Flüsse des Landes (jedoch nicht auf sächsischem Gebiete) münden; n. z. rechts: die schwarze Elster und Spree, links: die Mulde (Zwickauer uud Freiberger Mulde) und weiße Elster. Aus der Lausitz fließt die Neisse der Oder zu. Seen hat das Land keine, aber viele Teiche. Politische Eiuthcilung der Orte : Das Königreich Sachsen wird in 4 Kreis- dircktionen eingetheilt, welchen AnttShauptmannschaften und Aemtcr unterstehen. 1. Kreisdirectioil Dresden — Dresden. (M5k00 E.) Reichshaupt- und Residenzstadt in lieblicher Gegend an der Elbe, über welche zwei steinerne Brücken führen. Königl. Schloß mit dem „grünen Gewölbe" (Schatzkammer) und sehenswerthe Kostbarkeiten; neues Museum mit berühmter Bildergallerie („Sixtinische Madonna" von Raphael, „Zinsgroschcn" von Tizian, „heilige Nacht" von Correggio), Klipferstichkabinet; der Zwinger mit dem historischen Museum, Naturaliensammlung; japanischer Palast, Bibliothek, Autiken-, Münz- und Porzellansammlung; schöne kath. Pfarrkirche, Frauen- und Kreuzkirche. Akademie -der Künste, mcd. - chirurg. Akademie, polytechnische und Kriegsschule, Haudelslehranstalt, 2 Gymnasien, zahlreiche Privatlehranstalteu In¬ dustrie in Phys, und chirurg. Instrumenten, Bijouterien, Tapeten u. a. Bierbrauerei, Rübenzuckerfabrik, Stllckgießerci , künstliche Mineralwässer. Lebhafter Handel und Verkehr auf der Elbe uud den Eisenbahnen; sehr starke Frcmdenfrequenz (das „deutsche Florenz"). — Schlacht am 26. und 27. August 1813. — In der Nahe das k. Lustschloß Pillnitz (Elbe), Eintritt in die vielbesuchte sächsische Schweiz. — Der Plaun'sche Grund, durch geognostische Merkwürdigkeiten, Steiukohlengrubeu und großes Fabrikswesen ausgezeichnet ; am Anfänge desselben die Forstakademie und laudwirthschaftliche Anstalt Tharand: — Pirna (Elbe, 6500 E-), große Sandsteinbrüche; Schandau (Elbe) in der Mitte der sächsischen Schweiz; — Meißen (Elbe 10.400 E.), berühmt durch sein Porzellan (die älteste Fabrikation 144 Europa, seit 1710), die Fürstenschule und den Dom (Begrälmißstätte der ersten Kur¬ fürsten aus dem Hause Wettin), Weinbau, Produktenhandel; — Freiberg (nahe an der Mulde, 18 900 E.), die vorzüglichste Berg - Akademie in Europa, Verarbei¬ tung der Bergwerksprodukte, reiches Silberbergwerk seit dem 12. Jahrh. (JahresauS- beute im Freiberger Revier etwa 80.000 Mark.) 2. Kceisdircktioii Leipzig. Leipzig (weiße Elster und Pleiße, 85.400 E.), berühmte Universität (gestiftet 1409), 8 Gymnasien, Conservatorium für Musik, Zeichen-Aka¬ demie, polytechnische und Handelsschule, zahlreiche Anstalten für Beförderung von Wissenschaft, Kunst, Gewerbe und Handel. Ausgedehnte Industrie (Bijouterie, Leder, Kunstblumen, Messer- und Nadelwaarcn, Wachstuch, Liqueur, musik. Instrumente u. a.); großartig sind die Buchdruckercicn in allen Richtungen dieses Kunstzweiges. Mittelpunkt des deutschen Binnen- und des norddeutschen Buchhandels , nächst Ham¬ burg die bedeutendste Handelsstadt Deutschlands; großartiger Warenverkehr auf den Messen (durchschnittlich im Jahre 75 Mill. Thaler) ; — Geburtsort des Leibnitz (geb. 3. Juli 1640, st 14. Nov. 1716). — Schlachten 1631, 1642, vom 16.-18. Okt. 1313. — Jagdschloß Hubertsburg, Friede im I. 1763; — Grimma, Oschatz, Roßwein, Döbeln u. a. m. bedeutende Industrie; — Hainichen, Gellerts Geburtsort (geb. 4. Juli 17IS, st 13. Dez. 1769). 3. Kreisdirektion Zwickau. — Zwickau (Mulde 22.000 E-), Glas- und Porzellan- fabrikätiou, wichtige Baumwvllindnstrie; in der Umgebung Steinkohlengruben, Eisen¬ hütten. — Chemnitz (54.900 E.), erste Fabriksstadt des Landes, großartige Baum¬ wollindustrie in allen Zweigen, Maschinenbau. Wichtige Jndustrieorte sind: Plauen (18.600 E., —Baumwollwaaren), Annaberg (10.600 E., Spitzenklöppelei), Glauchau (19.300 E., — Wollenzeug), Kirchberg, Kri mitschau (12.300 E.), Werdau (10.600 E., Tuch- uud Wollzeuge) u. a. m. 5. Kreisdirektion Bautzen «die „OLerlausitz"). — Bautzen (Spree, 12 500 E.), gro߬ artige Fabrikation von Schafwollwaaren, Leinwandhaudel; Zittau (Reisse, 14.300 E.), Hauptsitz der Leinenindustrie, in der Umgebung zahlreicher Weberdörfer. Hirsch selb (Maschinenspiunerei), Groß-Schönau, ausgezeichneter Damastu. v. a. — Kamenz, Tuchweberei; Lessing's Geburtsort (geboren 22. Januar 1729, ch in Braunschweig 15. Febr. 1781). — Herruhu.t (Stammort uud Hauptsitz der unter dem Namen der „evangelischen Brüder" (Herrnhuter) genannten Religionssekte (gegr. durch Graf Zinzendorf im I 1722). Ku lt ur bil d. Sachsen gehört in jeder Beziehung zu den kultivirtesten Ländern Europa's. Der große Wohlstand hat in der Thätigkeit seiner intelligenten Bewohner eine feste Grundlage. Unter den deutschen Staaten hat Sachsen die relativ stärkste Bevölkerung; am dichtesten ist sie in der Umgegend von Chemnitz und Zittau (10—15.000 auf 1 ^M.), am dünnsten in den östlichen Gegen¬ den des Erzgebirges. Trotz der sehr rationell betriebenen Landwirth- schaft kann wegen des vielfach ungünstigen Bodens der Ackerbau den Be¬ darf der starken Bevölkerung nicht decken; nur die niederen Gegenden haben fruchtbaren Boden und gesegnete Ernten, auch Obst- und theilweise Wein¬ bau. Handelspftanzen werden ebenfalls sorgsam kultivirt. Die Forstkultur ist ausgezeichnet und erfreut sich europäischen Rufes. Unter der bedeutenden Viehzucht nimmt die Zucht feinwolliger Schafe den ersten Rang in Deutschland ein (sächsische Elektoralwolle), welche durch die berühmten k. Schäfereien (Rennersdorf, Hohnstein, Lohmen) sehr gefördert wird. Zunächst steht die Rindviehzucht im Voigtlande und im Erzgebirge. — Im Berg¬ bau behauptet Sachsen den ersten Rang in Deutschland; der sächsische Bergbau hat in wissenschaftlicher und technischer Beziehung eine hohe Stufe der Vollkommenheit erreicht, wozu die Bergakademie in Freiberg wesentlich beigetragen hat. Die jährliche Ausbeute an Silber (80.000 Mark), Eisen (150.000 Ctr.), Zinn (über 700 Ctr.) übersteigt den Werth von 4 Mill. Thlr. Reiche Steinkohlenlager sind im Plauen'schen Grunde, bei Dresden und Zwickau; Braunkohlenlager in der Oberlausitz. Nur Salz fehlt; dieses erhält Sachsen von Preußen zu einem bestimmten Preise. 145 Bon größerer Wichtigkeit, als die Urproduktion, ist die gewerbliche Thätigkeit; sie ist die Hauptgrundlage des Nationalreichthums. Seit Jahrhunderten schon genießen manche Fabrikate begründeten Ruf, der sich in neuerer Zeit noch gesteigert hat. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung findet in der Industrie ihre wichtigste Nahruugsquclle, und außer Großbri¬ tannien besitzt kein Land verhältnißmäßig so viele Fabriken als Sachsen. Den ersten Rang nimmt die Baumwollindustrie in allen ihren Zweigen ein; der Hauptsitz ist Chemnitz, das ganze Voigtlaud und ein Theil der Oberlausitz (um Zittau). Bon kaum geringerer Wichtigkeit ist die auf das ausgezeichnete sächsische Rohprodukt sich stützende Wollwaareufabrikation (Tuch, Casimir, Merinos, Thibet, Flanell u. a.), mit dem Hauptsitze um Zwickau, zum Theile auch in der Oberlausitz. Der älteste Industriezweig ist die Fabrikation von Leinenwaaren, zumeist in der Lausitz, mit dem Mittelpunkte Zittan. Ausgezeichnet sind Damaste (in Groß - Schönau), Zwilliche, dann Spitzen, Blonden u. dgl. (aus dem Erzgebirge), welche mit den schweizerischen, belgischen und englischen koukurrireu. Die bedeutenden Papierfabriken decken nicht den großen Bedarf der großartigen Leipziger Druckereien. Sehr blühend ist die Industrie in Metallwaaren; vor- theilhaft bekannt sind auch die Lederfabrikate, Chemikalien, Holzwaaren, daö Porzellan, die musikalischen Instrumente, Farben, Strohwaaren, der Tabak u. v. a. Mit der ausgebreiteten technischen Kultur steht der lebhafte Handel in Verbindung. Die Elbeschiffahrt, gute Straßen, Eisenbahnen, Geld- und Kredit-Institute, die weltberühmten drei Leipziger Messen (Reu¬ jahr, Ostern, Michaelis), welche von Käufern und Verkäufern fast aller- europäischer (auch einiger außer-europäischer) Staaten besucht werden, för¬ dern ungemein den Handel, der Welthandel genannt werden kann. Nebst dem Eigeuhandel ist der Speditions- und Commisiionshandel, und vorzüglich der Buchhandel bedeutend. Die ansehnlichsten Handelsplätze sind: Leipzig, Chemnitz, Dresden, Plauen, Zwickau, Zittau und Bautzen. Diese hohe Stufe in der materiellen Kultur ist vielfach eine Folge der hohen geistigen Kultur des Volkes. Die zahlreichen Volksschulen, die gelehrten und technischen Mittelschulen, die sehr vielen Specialschulen (Handels-, Buchhändler-, Weber-, Klöppel-, Näh-, Stick-, Zeichenschulen m v. a.) sind trefflich eingerichtet, sie genießen sorgfältige Pflege und Unter¬ stützung. Das Polytechnikum in Dresden, die Bergakademie in Freiberg, die Akademie in Tharand, die Anstalten zu Lütschena, Chemnitz, Zittau, Plauen u. a. sorgen für höhere Ausbildung; die Universität Leipzig gehört zu den berühmtesten Hochschulen. Die allgemeine Bildung des Volkes ist bedeutend; das Land hat einen mächtigen Einfluß auf die Entwickelung Deutschlands jederzeit und in den verschiedensten Richtungen genommen. 13. Düs Großherzogthum Sachsen-Weimar-Eisenach. s>6 ^Meilen; 280.000 Einwohner; meist Protestanten (an 10.000 Katholiken). Das Großherzogthum besteht aus 3 größeren, getrennten^ Gebieten und mehreren Enclaven. Das Hauptlaud (Kreis Weimar) liegt im Thüringer Hügelland, bewässert von der Sale und der Ilm;— Eisenach, den gebirgigsten Theil, durchziehen der Thüringcrwald (Wartburg 1315') und das Rhöngebirge; der ansehnlichste Fluß ist die Werra; — Neustadt (an der Elster und Orla) gehört dem Voigtlande an; — Ilmenau (an Alun, Geographie. 6. Aufl. IN 146 der Quelle der Ilm) liegt im Thüringerwalde; — Allstedt am Nord¬ laufe der Unstrut. Die wichtigste Nahrungsquelle ist die Landwirthschaft mit der Vieh¬ zucht. Der Bergbau ist unbedeutend. Die gewerbliche Thätigkeit ist über¬ wiegend durch das Kleingewerbe (insbesondere in Eisenach und Ruhla) vertreten. Der Durchfuhrhandel ist ansehnlich. In Hinsicht der geistigen Kultur hat das Land seit jeher einen hervorragenden Einfluß ans die Ent¬ wickelung Deutschlands genommen. Bemcrkenswerthe Orte sind: 1. Weimar (Ilm, 14.300 E.), Resideuzschlotz mit den Dichtersälen, Fürstengrust, Anstalten und Sammlungen sür Wissenschaft und Kunst (geograph. Institut); Bank, bedeu¬ tende Wollmärkte; goldenes Zeitalter der deutschen Literatur; hier lebten und wirkten Lucas Kran ach (P1563), S chiller (ch 1805), Herder (1803), Wieland (ch 1813), Göthe (chI832); — Jena (Saale, 7300 E.), berühmte Universität (gegr. 1558), mit trefflichen Sammlungen und Anstalten; Schlacht 14. Qkt. 1806; — Apolda (8700 E.), Ilmenau, Neustadt, sehr gewerbfleißige Orte. 2. Eisenach (Hörsel, 12.100 E.), am Fuße der Wartburg, ehemals Sitz der Landgrafen von Thüringen; zu Anfang des 13. Jahrhunderts Sammelplatz großer Dichter (Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide u. a.); — Ruhla (halb zu Gotha gehörig), Mineralquelle und ansehnliche Industrie. 14. Das Hcrzogthum Sachscn-Meiningen-Hildburghausen. 45 ^Meilen; — 178.000 Einwohner, meist Protestanten. Das Hauptland zieht sich in einem Halbkreise von etwa 20 Meilen Länge und nur 2 Meilen Breite am Südabhange des Thüringerwaldes hin; die Parzelle Kranichfeld liegt zwischen Preußen, Weimar und Schwarzburg; Kamburg an der Saale zwischen Preußen und Weimar; überdies noch mehrere Enclaven. Das Bergland gehört dem Thüringerwalde und der Rhön an; die Werra durchfließt den größeren Theil, die Saale den kleineren. Das ge¬ birgige Land hat fruchtbare Thäler mit gutem Ackerbau und ansehnlichem Vtehstand. Der Bergbau ist ziemlick bedeutend, desgleichen die gewerbliche Industrie; in letzterer Beziehung ist namentlich Sonnenberg wichtig, welches seine Fabrikate selbst nach Amerika absetzt. Die geistige Kultur wie in den benachbarten Staaten. Meiningen (Werra, 7300 E.), wissenschaftliche Anstalten, lebhafte Industrie, Kre¬ ditbank; — Hildburghausen (Werra, 4200 E.), bibliographisches Institut; — Sonnenberg (5500 E.), die gewerbreichste Stadt, Holzspielwaaren, Schiefertafeln, Kurzwaaren aller Art; lebhafter Handel nach Amerika und England, beiläufig 2 Mill. Gulden im Werthc; — Saalseld, lebhafte Industrie. 15- Das Herzogthnm Sachsen-Koburg-Gotha. 36 ^Meilen; — 164.600 Einwohner, meist Protestanten. Zwei durch Sachsen-Meiningen und Preußen von einander getrennte Gebiete. Koburg am südlichen, Gotha am nördlichen Abhange des Thüringerwaldes; ersteres ist Hügelland, letzteres gebirgig. Koburg durch¬ fließt die Jtz, — Gotha die Leine, Nesse und Unstrut. Hauptbeschäftigung der Bewohner ist die Landwirthschaft, zum Theil auch der Bergbau. Die gewerbliche Thätigkeit ist in Gotha lebhafter, wo auch mehrere Geldinstitute bestehen. Reges wissenschaftliches Leben. Koburg (10.700 E.), Prächtiges Residenzschloß; starke Bierbrauerei, Kreditanstalt; — Gotha (18.000 E.), Gymnasium, Bibliothek, Münzsammlungen, das älteste 147 Schullehrerseminar in Deutschland; Lebens-und Feuer-Assekuranz; Buch-und Land- kartenhandlung, geograph. Institut; auf dem Seeberge eine Sternwarte; — Schne¬ pfenthal , berühmte Salzmann'fche Erziehungsanstalt (gestiftet 1785); -Blasien- zell (oder Zella), Industrie in Eisenwaaren; — Ruhla (halb Wermarisch). 16. Das Herzogtum Sachsen-Altenburg- 24 ^Meilen; — 142.000 Einwohner, meist Protestanten. Zwei getrennte Landestheile zwischen Weimar und dem Königreiche Sachsen. Gute Landwirthschaft, bedeutende Viehzucht, wohlhabender Bauern¬ stand mit eigenthümlicher Tracht. Lebhafter Getreide- und Viehhandel, auch einige gewerbliche Thätigkeit. Altenburg (Pleitze, 18.000 E.), hochgelegenes Residenzschloß; Prinzenraub (1455); wissenschaftliche Anstalten und Sammlungen; ziemlich viel Industrie; Getreide« und Liehhandel; — Eisenberg, Roda und Kahla, gewcrbfleißige Orte. 17. und 18. Die Fürstenthümer Schwarzburg. 1. Schwarzburg-Nudolstadt (17 ^Meilen, 74.000 Einwohner, lutherisch). — Es besteht aus einer größeren „oberen" Herrschaft am Nordab¬ hange des Thüringerwaldes, von der Saale und Ilm bewässert — und einer- kleineren „unteren" Herrschaft im Thüringer Hügellande (Khffhäuser 1400'). Agrikultur, Forstwirthschaft, zum Theil der Bergbau und einige gewerbliche Thätigkeit bilden die Nahrungsquellen der fleißigen Bewohner. Hauptstadt ist Rudolstadt (Saale, 6500 E.), schön gelegen, mit einem fürs». Schlosse, Gymnasium; — Frankenhausen (5200 E.), Landesschnle, Salzwerk, Soolbad (Schlacht 1525; Thomas Münzer); in der Nähe der Khffhäuser. 2- Schwurzburg-Sondershausen (15 ^Meilen, 66.200 Einwohner, lutherisch). — Es besteht ebenfalls aus 2 Gebieten. Hier ist die obere Herrschaft (au der Gera und am Thüringerwalde) kleiner; die größere untere Herrschaft liegt im Thüringer Hügellande von der Wipper be¬ wässert. Produkte wie im anderen Fürstenthume, mit Ausnahme von Salz, welches hier fehlt. Sondershausen (Wipper, 6000 E.), Gymnasium, thüringische Bank; — Arn¬ stadt (7300 E) und Breitenbach sind industrielle Orte. 19. und 20. Die Fürstenthümer Reich. Die beiden Fürstenthümer liegen (in mehrere Gebiete zcrtheilt) im Voigtlande, am Frankenwalde, an der weißen Elster und Saale. Die wich¬ tigste Beschäftigung der Bewohner ist die Landwirthschaft, insbesondere im Elsterthale. Die Viehzucht ist ansehnlich, desgleichen verhältnißmäßig der Bergbau, in der Saalegegend auf Eisen und Kupfer. Auch die Weberei und einige andere Industriezweige sind gut vertreten. 1. Reust, ältere Linie (oder Renß-Greiz; 7 ^Meilen; 44.000 Einwohner, Protestanten). — Hauptort: Greiz (weiße Elster, 11,000 E.), Woll- und Baumwollindustrie. — Zeulenroda, wichtige Zeng- und Strumpf-Fabrikation. 2. Reust, jüngere Linie (oder Reuß-Schleiz; 15 ^Meilen, 87.500 prot. Einwohner). — Schleiz (6000 E.), Residenz, Tuch- und Mnssclinwebcrei; — Gera (Elster, 15.400 E.), bedeutende Industrie, Handel, Bank; — Lobenstein und Ebersdorf bildeten (bis 1848) einen be onderen Staat; viel Gewerbefleiß. 10* IV. Norddeutsche Staaten. 21. Das Königreich Preußen. 5123 oM-ilen; — 19,305.000 Einwohner, darunter 61X Protestanten, 37X Katholiken, mehrere christliche Sekten und Israeliten. Nach der Nationalität 75X Deutsche, an 4 Mill. Slaven. — 5 getrennte Gebiete (und mehrere Enklaven): 1. östlicher Theil, 4227 oM., 13 Mill. Einwohner; — 2. westlicher Theil, 855 OM., 5 Mill. Einw.; — 3. Hoheuzollern, 21 lOM., 64.759 E.; — 4. am Jahdebusen, V, oM., 1600 Eiuw.; — 5. Lauenburg, 19 oM, 49,700 Einwohner. — Grenzen? Das Land. — Der östliche Haupttheil bildet mit geringen Aus¬ nahmen theils eine ebene, theils eine wellenförmige Flüche, und gehört fast ganz zum norddeutschen Tieflande; nur am südlichen Rande erheben sich die Sudeten, der Harz und der Thüringerwald. Der westliche Haupttheil zu beiden Seiten des Rheins ist größtentheils Hügel- und Bergland, und wird von Verzweigungen des Wesergebirges, des Westerwaldes, des Hunsrück, der Eifel und der hohen Veen durchzogen; nur der nördliche Theil ist eben. Hoheuzollern ist theils hügellig, theils gebirgig (Rauhe Alp); das Iahdegebiet ist Tiefland. (Siehe auch das „deutsche Bergland".) Preußen wird im Norden von der Ostsee bespült; das Iahdegebiet liegt an der Nordsee. Die Küsten der Ostsee („Baltisches Meer") sind meist nieder nnd sandig; bessere Häfen finden sich nur an den Flußmün¬ dungen, die jedoch wegen der Winde und des Wellenschlages häufig ver¬ sandet sind. Im östlicheren Theile beginnt die Bildung der Haffe, welche durch schmale Mündungen mit dem Meere verbunden, dagegen durch Neh¬ rungen (schmale, lange Landzungen mit Dünenbildnng) vom Meere ge¬ trennt sind. (Das frische und das kurische Haff.) Mit Ausnahme der Gewässer von Hoheuzollern, welches zum Don au gebiete gehört, ergießen sich alle Flüsse Preußens in die genannten 2 Meere. In die Ostsee fließen: die Memel (Njömen), der Pregel, die Weichsel und die Oder; — in die Nordsee: die Elbe, die Weser, die EmS, der Rhein. — Die vielen Seen sind Strand- nnd Landseen; von der Eider und der unteren Elbe zieht sich in der Richtung der Ostküstc ein Gürtel zahlloser Seen; die meisten und größten liegen in Ost- und Westpreußen, in Brandenburg nnd Pommern. Sümpfe und Moore werden immer mehr ansgetrocknet nnd in Kulturboden verwandelt. Kanäle sind zahlreich, welche zur Schiffahrt, zum Holzflössen oder zur Entwässerung dienen. Endlich gibt es viele Mineralquellen (in Schlesien, der Rheinprovinz und Westphalen). Politische Eiiithcilung und Orte. Der preußische Staat wird eingethcilt III 8 Provinzen (Brandenburg, Pommern, Sachsen, Schlesien, Posen, Preußen, Westphalen und Rheinprovinz), dann den Regierungsbezirk der Hohenzollern'schen Lande und in das IahdegebietDie Provinzen weiden in Regierungsbezirke (25), die Bezirke in Kreise eingethcilt. Mit Ausnahme von Preußen und Posen gehören alle übrigen zum deutschen Bunde. ") Brandenburg 734 OM- Pommern .. 577 „ Sachsen.... 460 „ Schlesien... 742 „ Posen. 536 „ Preußen ... 1178 „ 2,617.000 1,437.000 2,044.000 3,511.000 1,524.000 3,015.000 E., Reg.-Be;.: Potsdam, Frankfurt a. d. O. Stettin, Stralsund, Köslin. Magdebrg., Mersebg., Ersin t. Breslau, Liegnitz, Oppeln. Posen, Bromberg. Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Marienwerder. 149 i. Prov. (Mark) Brandenburg- — Berlin (Spree, 633.000 E.), Haupt- und Nesidenz- stadt, Sitz aller hohen Staatsbehörden- Neucrbaute, regelmäßige Stadttheile, sehr schöne Straßen und öffentliche Platze, unter denen: der Wi'lhelmsplatz mit Bildsäulen Preu- - ßischer Generale, der Lustgarten, der Pariserplatz an dem schönen (mit der Quadriga geschmückten) Brandenburger Thore. Die Friedrichsstraße; „unter den Linden"; Opern- Platz, G-nsdarmenplatz, das Schloß, Museum, Universität«- und Bibliotheksgebäude, viele Paläste, schöne Kirchen (Hedwigs-, Werder'sche-, Petri-Kirche u. v. a.). Berlin ist der Mittelpunkt für Wissenschaften und Künste in Norddeutschland. Akademie der Wissenschaften und der bildenden Künste, Universität (im I. 1810 gestiftet) mit aus¬ gezeichneten Sammlungen und Anstalten, 6 Gymnasien, viele öffentliche und private Spezial- und Mittelschulen. Die erste Industrie- und Mannfakturstadt Deutschlands (Seiden-, Baumwoll-, Gold-, Silber- und Lackwaaren, Möbel, Maschinen, Eisen- gußwaaren, Porzellan n a.); eine der bedeutendsten Städte für den Binnenhandel Europas, bedeutende Geldinstitute, Börse, wichtiger Geld-, Buch- und Wollhandel. Viele Humanität«- und Sanätsanstalten. Potsdam*) (Havel, 42.500 E-), in reizender Gegend, zweite Residenz, Soldaten- waisenhaus, in der Garnisouskirche Grab Friedrich II-, Gewehrsabrikation; in der Nähe das k. Lustschloß Sanssouci (spr. Sanßußi), Charlottenbnrg (Spree, 12.000 E.), k. Lustschloß mit Park, Mausoleum Friedrich Wilhelm des III. und der Königin Luise. Spandau (Havel und Spree, 11.003 E.), Festung, bedeutende Gewehr- sabrik. Brandenburg (Havel, 26000 E.), älteste Stadt der Mark Brandenburg, Ritter-Akademie, — Jndustrieorte: Neustadt (Dosse), spiegel; Neustadt-Ebers¬ walde, Eisenwerke. Kupferhämmer, Forst-Akademie; Rathenow, Oranienburg n. a. — Frankfurt (Oder, 40.000 E ), wichtige Handelsstadt mit drei großen Messen, bedeutender Schiffahrtsvcrkehr, lebhafte Industrie; in der Nähe das Schlachtfeld von Kunersdorf (1759); Küstrin (Warthe und Oder), starke Festung in sumpfiger Gegend. — Ansehnliche Jndustrieorte: Landsberg (Warthe, 18.000 E.), Guben (Neisse, 17.500 E.), Kottbus (Spree, 10.000 E.). 2- Prov. (Hcrzogthnm) Pommern- — Stettin (Oder, 7i.ooo E), wichtigster Stapel¬ platz für die Oder-Gegenden, bedeutender Handel, Schiffbau, Schiffahrt, Arsenal, Börse, Banken, lebhafte Industrie (Segeltuch, Leder, Cigarren, Zucker u. a.), Naviga¬ tionsschule und andere Lehranstalten; der Seehafen ist Swinemünde, mit vielseitiger Dampfschiffahrtsverbindnng. Stargard (17.000 E.), bedeutender Jndnstricort. — Stralsund (Ostsee, 27.000 E-), alte befestigte Seestadt; viel Industrie, Schiffbau, starker Handel; Belagerung durch Wallenstein (1628). Greifswalde (Hafenstadt, l6.600 E.), Universität. Die Insel Rügen (18 ^Meilen, 40.000 E.), reich an Ge¬ treide, mit fruchtbaren, reizenden Landschaften. Hanpton Bergen (3600 E.); im Osten der Insel die Stubeukammer, hohe Ufer von Kreidefelsen; der Buchen¬ wald Stubenitz mit Hertha's Burg und schwarzem See. — Köslin (11.000 E.), ge- werbfleißige Stadt am Gvllcnberge. Kolbcrg (Persante), starke Festung, Sechandel, Fischerei. Stolpe (12.000 E.), viel Industrie, Handel mit Bernstein. 3. Prov- (Herzogthnm) Sachsen- — Magdeburg (Elbe, 98.500 E-), ehemals Sitz eines (1648 sacular'isirten) Erzbisthums, herrlicher Dom mit dem Grabmale Otto I-, mehrere Lehranstalten; wichtige Industrie (Rübenzucker, Cichorie, Tabak, Webewaaren, Fayence, gebrannte Flüssigkeiten, Leder u. a.), bedeutender Handel, Elbcschiffahrt; Zerstörung'durch Lilly (1631). — Schönebeck, das reichste Salzwerk in Preußen (jähr. 800.000 Ctr.). — Billig (15.000 E.), sehr bedeutende Tuchfabrikalion. Aschers¬ leben (Wipper), Fabriksfladt. Halberstadt (24000 E-), Domkirche, ansehnlicher Jndnstrieort. Quedlinburg (17.000 E.), viel Industrie (Rübenzucker, Webcwaareu), blühende Gärtnerei; Stiftskirche mit großem Kirchcnschatz und dem Grabmal Heinrich I., Denkmal Klopstocks, der hier 1725 geboren ward. Wernigerode, in reizender Gegend am Fuße des Brocken. — Erfurt (40.500 E.), alte Hauptstadt von Thürin¬ gen, Festung; schöner Dom; viel Industrie (Schuhmacher- und Webewaaren); starker Gemüsebau'; Congreß 1808. — Langensalza, Nordhausen und Mühlhausen Westphalen . 368 OM. 1,667-000 E., Reg.-Bez.: Münster, Minden, Arnsberg. Rheinprovinz 487 „ 3 346.000 „ „ Köln, Düsseldorf, Koblenz, Trier, Aachen. Hohenzollern 21 „ gg.000 „ Jahdegebiet. „ i.gOO Lanenburg - 19 „ 49.70g „ „ Lanenburg. *) Die mit fetter Schrift gedruckten Orte sind Hauptstädte der gleichnamigen Re- gierungs-Bezirke. 150 durch Landbau, Brennereien und Industrie wohlhabende Städte. — Merseburg (Saale, 12.009 E.), schöner Dom, Industrie, in der Nähe Salzwerke. — Halle (Saale, 46.000 E.), Universität (1694 gestiftet), viele Fabriken, m der Nähe Salz¬ werke und Braunkohleulager; die (im I. 1696) von Franke gegründeten Stiftungen mit Waisenhaus, Lateinschule, Pädagogium und andere Lehranstalten, in welchen über 3000 Kinder unterrichtet werden; Buchhandel u. a. m. Wittenberg und Torgau, Festungen an der Elbe. Naumburg (Saale, 14.000 E.), Weinbau, starker Handel, wichtige Messe. In der Nähe Schülp fort« mit berühmter Schule (Klopstock, Wolf, Fichte u. a.). Zeitz (12.000 E.), wichtige Fabriken, starker Obst- und Gartenbau. Bekannte Schlachtfelder bei Lützen (ch Gnstav Adolf, 1622), Keusch berg (Heinrich I. schlägt die Ungarn 93st), Roßbach (1757), Auerstädt (1806), Groß-Görschen (1813) u. a. 4. Prob. (Herzogthum) Schlesien. — Breslau (Oder und Ohlau, 164.000 E.), Uni¬ versität, 4 Gymnasien, Handelsschule und andere Lehranstalten, Bibliotheken, wissen¬ schaftliche Sammlungen, kathol. Bisthum; großer Marktplatz ; sehr wichtige Handels¬ stadt, große Wollmärkte, Schiffahrt, Bank, Eisenbahnverbindung mit Wien; zahl¬ reiche Fabriken in verschiedenen Artikeln. Glatz (Neisse, 11.000 E-), starke Festung. Schweidnitz (15.000 E ), Festung, Manufakturen, Getreide- und Wollhandel. In der Umgebung der Fabriksstadt Reichenbach viele und große Weberdörfer. Ansehn« - liche Jndustrieorte sind überdies: Ohlau, Oels, Trebnitz, Brieg (13.000 E.), n. a. — Liegttitz (Katzbach, 20.000 E-), starker Gemüsebau, bedeutende Industrie (Sieg der Sachsen über die Schweden 1634; Blüchers Sieg >813 bei dem Dorfe Wahlstatt). Görlitz (Lausitzer Neisse, 31.000 E.), berühmte Tuchfrbrikation. Grüne- bcrg, Weinbau, Tuchmanufaktur. Bunzlau, bedeutende Töpfereien. Hirschberg, wichtige Leinen- und Schleiermanufaktur. Groß-Glogau (Oder, 17.000 E.), Ge¬ treidehandel, viel Industrie. Als industrielle Orte sind noch hervorzuheben: Schmiede¬ berg (am Fuße der Schueekoppe), Jauer, Laubau, Goldberg. — Oppeln (Oder, 8000 E.), Viehmärkte, Handel mit Bergwerksprodukten. Bedeutende Eisen¬ werke: Malapane, Tarnowitz, Gleiwitz. Neisse (18.500 E.), Festung, Pulver- und Gewehrfabrik. Natibor (Oder, 10.000 E.), Fabriks- und Handelsstadt. 5- Prob. (Großherzogthnm) Posen. — Posen (Warthe, 53.500 E.), Festung; Erzbis- thnm, viele Kirchen; Handel mit Landcsprodukten, Wollmärkte. Ansehnliche Jndustrie¬ orte: Meseritsch (Tuch), Fraustadt (Tuch, Leinen, Landesproduktenhandel), Liss a (10.000 E., Leder, Tabak, Tuch), Krotoschiu (Leinen, Tuch, Leder), Kempen (Wolleuzeug, Wachs). — Bromberg (Brahe und Bromberger-Kanal, 24.500 E.), starke Fabrikation, lebhafte Schiffahrt, Getreidehandel. G nesen (7000 E.), Erzbischof, prachtvolle Kathedrale mit dm Gebeinen des heil. Adalbert; Handel mitLandesprodukten. — Im östlichen Theile dieser Provinz fast nur polnische Bevölkerung und viele Juden. 6. Pro». (Königreich) Preußen. — Königsberg (Pregel, 102.000 EI, Universität (gest. 1544), viele Lehranstalten und wissenschaftliche Sammlungen; Festung; schwunghafte Industrie (Woll- und Ledermanufaktur, Liqueur, Tabak), Fluß- und Seeschiffahrt, wichtiger Handel. Eine Zeit (1466—1525) Residenz des deutschen Ordens. Immanuel Kant (der „Königsberger Philosoph") ward hier am 22. April 1724 geboren und starb hier am 12. Februar 1804. Pillau, Vorhafen und wichtige Festung am Eingänge in das frische Haff; Navigationsschule, Schiffbau. Seehandel, Bernsteinfischerei. Memel (18.000 E.), befestigte See- u. Handelsstadt am Eingänge in das kurische Haff. Brauns¬ berg (10.000 E ), l^asum Hosiunum, kath. philvs. und theol. Lehranstalt, Priester- unb Lehrerseminar. Frauenburg, am frischen Haff, Bisthum (von Ermeland), im Dome das Grab des Nik. Koperniku s (fi 1543). Mohrungen, Geburtsort Herder's (1744). — Gumbinnen (in Prenßisch-Lithanen), Wollmannfaktur. Tilsit (Memel, 17.000 E.), wichtiger Getreide-, Flachs- und Holzhandel; Friedcnsschluß (9. Juli 1807). Insterburg, Handelsstadt. — Danzig (Weichsel, 91.000 E), alte Hansestadt, starke Festung; wichtiger Handel, Stapelplatz für polnisches Getreide und Holz; bedeutende Industrie (Zucker, Ligueur, Dampsmühlen, Schiffbau); Navigations¬ schule, Handelsakademie, Gymnasium und andere Lehranstalten. Merkwürdige Bauten in der alterthümlichen Stadt: (Marienkirche, Rathhaus, Zeughaus, der Arthus- oder Junkerhof). Am Ausflusse der Weichsel liegt links der Hafen Neufahrwasser, rechts das Fort Weichselmünde. Marienburg (Nogat), Schloß der Hochmeister des deutschen Ritterordens ; Handel. Elbing (27.500 E.), wichtige Industriestadt (Tabak, Oel, Lichter, Seife), Fischfang, Seehandel. — Marienwerder (6500 E.), in sehr fruchtbarer Gegend. Gaudenz, Festung und Handelsstadt. Kulm, alte Hauptstadt von Preußen; Thorn (15.000 E.), Festung „im Kulmerlande"; Nikolaus Koper¬ niku« ward hier am 19. Februar 1473 geboren, er starb am 11. Juni 1543. 151 7. Pro». Westphalen — Minister (unweit der Ems, 27.700 E.), Bisthum, kathol. theol. und philos. und andere Lehranstalten; Handel in landwirthschaftlichen Pro¬ dukten. Wiedcrtäuferkrieg 1533. Westphälischer Friede 24. Okt. 1648. Warndorf, Baumwoll- und Leinenindustrie, Leinwandhandel. — Minden (Weser, 14.009 E.), in der Nähe der ?orta Msstpkalieu. Fabrikation von Leder, Eisen« und Stahlwaren. Weserschiffahrt. In der Nähe Kohlengruben. Bielefeld (16.500 E.), Hauptsitz des westphälischen Leinwandhaudels; in der Umgebung starke Lcinwandindnstrie. Fader« born (11.000 E.), alte Stadt, Bischossitz. Zwischen Paderborn und Herfort die berühmte „Hermannsschlacht" (im I. 9 n. CH.). — Arnsberg (Ruhr, 4600 E.), Trümmer des alten Schlosses, ehemals Hauptfreistuhl des Vehmgerichtes. Soest (spr. Sohst, 10.000 E), ehemals berühmte Handelsstadt. Von Hagen bis Gevels¬ berg die 2 Meilen lange „Emper-Straße" (von der Empe durchflossenes Thal), mit vielen großen Eisenwerken. In diesem Regierungs-Bezirke sehr viele, auch be¬ deutende Jndustrieorte: Iserlohn (14.000 E.) und Altena, wichtige Stahl-, Eisen- nnd Messingwaaren-, großartige Nadelfabrikation. Dortmund (27.400 E.), Berg¬ bau auf Blei und Zink, Metallwaarenfabrikation. Ehemals Freistuhl des Vehmgerichtes, dessen Archiv noch vorhanden ist. 8- Rheinprovinz (ehemalige Gebiete von Köln, Trier und die Herzogthümer Jülich, Kleve, Berg). — Köln (Oolonia ^^rippinn, Rhein, 122.500 E.), Festung, durch eine Schiffbrücke mit dem ebenfalls befestigten Deutz verbunden. Ehemal römisches Castrum, dann Hanptort der fränkischen Macht, Metropole für die Ausbreitung des Christen- thums in Nieder-Deutschland, freie Reichsstadt bis 1797. Erzbisihnm, berühmter Dom, das herrlichste Denkmal gotbischen Styles, aber noch nicht vollendet (begründet im I. 1248), Reichthum an Reliquien; zahlreiche andere Kirchen und sonstige Merk¬ würdigkeiten. Seit alter Zeit sehr blühende Industrie (Webewaaren, Leber, Tabak, Zucker, Oel, Eisengießereien, Maschinenbau, „Kölnisch Wasser" u. a.). Freihafen, Schiffahrt, sehr bedeutender Handel nach Holland und dem übrigen Deutschland. Wichtig für Wissenschaft und Kunst (Peter Paul Rubens ward hier geboren am 28. Juni 1577, er starb zu Antwerpen am 30. Mai >640). Bonn (Rhein, 22.000 E.), berühmte Universität; römische Alterthümer. Geburtsort des Ludwig von Beethoven, geboren am 17. Dez. 1770, gestorben zu Wien am 26. März 1827. — Düsseldorf (Rhein, 44.000 E.), schön gebaute Fabriks- und Handelsstadt, berühmte Kunstakademie. Rhein¬ hafen für die gewerbreichen Städte des „Wupperthales", deren Fabrikate Weltruf genießen. Elberfeld und Barmen (zusammen an 122.000 E.), zahlreiche gro߬ artige Fabriken für alle Zweige der Webeindustrie (Baumwoll- und Scidenwaarcn, Bänder, Spitzen, bann Zwirn, Rothfärbereien, Bleichereien). Weiter hinab im Wup- perthal sind Remscheid (18.500 E.), Solingen, Lennep die Hauplsitze der be¬ rühmten rheinischen Eisen- und Stahlwaaren-Jndustrie. Fast gleich industriereich ist das an Steinkohlen reiche Ruhrthal, mit den Fabriksorten Essen (8t.400 Ei, Wer¬ den, Mühlheim, Ruhrort. — Crefeld (Rhein, 54.000 E.), Hauptsitz der Fa¬ brikation von Sammt und Seidenzeugen. Tanten (Vstora tCustra), römische Alter¬ thümer. Wesel und Emmerich am Rhein, wichtige Handelsstädte. — Koblenz (Mosel und Rhein, vonSusutss, 29.000 E.), ansehnlich- Fabriken, Freihafen, wichst- ges Bollwerk des Rheins. Kreuznach (Nahe, ii.oooE l, wichtige Salzwerke, Sool- bad. Minder wichtig sind die Nheinstäbte: Andernach, Bacharach, S>t Goar (Lorteifelsen). — Trier ^rsvirorur», Mosel, 21.500 E.), sehr alte Stadt, Ueberreste aus der Nömerzeit, längere Sitz römischer Casaren; spater mächtige Stadt geistlicher Fürsten. Herrliche K^hedrale (mit dem „heil. Rock")- Weinbau, Schiffahrt. Saarlouis, Festung, und Saarbriick (beide an der Saar), mit Fabri- ken und Steinkohlengrubeu. Aachen (LgnisArauum, 64.000 E.(, alte berühmte Stabt Residenz Karl des Großen und späterer Kaiser, Krönungsstadt der Kaiser. Berühmter Münster (unter Karl d. Gr. 796 begründet). Grabstädte dieses Kaisers mit dessen und vielen anderen Reliquien; Rathhaus mit Krönungssaal. Wichtig- Tuch-, Nadel-, Maschinen- Spiegel- und Lederfabrikation. Berühmte warme Bäder. Frie- densschlüsse 1668 und 1743: Congreß 1818. Nabe dabei Burtscheid, wichtig we- gen der bedeutenden Industrie und der warmen Quellen. Malmedy, die wichtigsten Lederfabriken in Preußen. Jülich (Festung), Eupen, Düren, Stollberg u. a. ansehnliche FabrikSvrte. 9. Die Fiirsteiithiimer Hohenzollern. - Theils hügelig, theils gebirgig. Spärlicher Ge¬ treidebau, aber ansehnliche Viehzucht; viel Holz und Eisen, seit 1850 bei Preußen. Der Reg.-Bez. Sigmaringen untersteht (seit 1853) der Rheinprovinz. — Sigma« 152 ringen (2700 E.); Hechingen (3000 E.), Schwefelbad. Auf einem Bergkegel der schwäbischen Alp (2600') das restaurirte Stammschloß des Preußischen Königshauses Hohenzollern. 10. Das kleine Gebiet am Jahdebliseil, im I. 1853 zur Anlegung eines KriegShasens erworben, hat seine eigene, unter der Admiralität stehende Verwaltung. 11. Lanenbnrg. — Laueuburg (Il00 E-), Hauptort des gleichnamigen Hcrzogthnms, an der Elbe. — RatzeLurg (am gleichnamigen See, 3800 E.). Die mecklenburgische Grenze geht mitten durch die Stadt. Kutturbild. Die Hauptqnelle des Erwerbes bildet in Preußen die Landwirth- schaft, mit welcher sich mehr als die Hälfte der Bevölkerung beschäftigt. Ist auch der Boden nicht überall fruchtbar, das Klima zwar gemäßigt und gesund, aber in einzelnen Landstrichen doch ziemlich rauh und feucht; so deckt doch die Getreideernte nicht nur den Bedarf, es kommen Körnerfrüchte noch zum Export. Die getreidereichsten Provinzen sind Preußen, Posen und Sachsen, daun auch das östliche Schlesien und die Rheinprovinz. Verhältniß- mäßig wird am meisten Roggen und Hafer gebaut; aber der Export des Weizens ist doppelt so groß als jener des Roggens. An Hülsenfrüchten und Gemüse werden große Mengen gewonnen; nicht ausreichend sind die Färbe¬ pflanzen vertreten. Die Runkelrüben für die Zuckerbereitung gewinnen stets an Ausdehnung, besonders in Sachsen, Schlesien, Brandenburg und der Rheinprovinz. Besondere Hervorhebung verdienen noch Flachs (Schlesien und Westphalen), Hanf, Tabak (am stärksten in Brandenburg, Gesammt- produktion im Jahre 200.000 Ctr.), Hvpfen. Das beste Obst wächst am Rhein und an der Mosel. Der Weinbau ist nur in der Rheinprovinz von Bedeutung, auf welche an 8O'/o der Gesammtproduktion (mit etwa V2 Mill. Eimer) entfallen. Beinahe 20°/g der Gesammtfläche des Reiches nehmen die Waldungen ein (beiläufig V« Staatswaldungen); der größte Holzreich- thnm ist in Preußen, dann Schlesien, Brandenburg und in den Berg¬ gegenden der Rheinprovinz. Mit den Fortschritten des Wiesen- und Ackerbaues hat sich auch die Viehzucht gehoben. Rindvieh besonders in den Flußmarschen, Pferde in Ostpreußen und Westphalen; am blühendsten aber ist die Schafzucht (über 16 Mill.; davon so«/» Merinos, 50"/g halbveredelt, die übrigen Land¬ schafe), namentlich in Schlesien, Sachsen und Brandenburg. Die Ziegen¬ zucht findet sich vorzugsweise in den Gebirgsgegenden; die Zucht der Schweine in Westphalen und östlich der Oder; Federvieh in Pommern (Gänse); die Bienenzucht unter der slavischm Bevölkerung. Der Bergbau und das Hüttenwesen stehen auf sehr hoher Stufe; insbesondere haben der Kohlenbergbau und das Eisenhüttenwesen einen bei¬ spiellosen Aufschwung genommen. Der Werth der Erzeugnisse betrug in den letzten Jahren an 100 Mill. Thaler, wovon ans die Rheinprovinz an 36°ch, auf Westphalen 24"/g entfielen. Die Goldgewinnung ist unbedeutend, da¬ gegen betrug jene des Silbers an 53.000 Mark (in den Bezirken Oppeln, Merseburg und in der Rheinprovinz). Das meiste Eisen liefert die Rhein¬ provinz und Schlesien (im ganzen Reiche über 1 60V Gruben, über 3'^ Mill. Tonnen Eisenerz); Steinkohlen vorzüglich in Westphalen, Rheinprovinz und Schlesien; Braunkohlen in Sachsen (zusammen au 53^ Mill. Tonnen). Großen Reichthum hat Preußen an Salz (23 Salinen, nahezu 77.000 Lasten im Werthe von 1,750.000 Thlru.), insbesondere in Sachsen. Endlich ist 158 erwähnenswerth die Gewinnung von Zink, Galmei, Kupfer, Blei und Bern¬ stein (an der Ostsee im Königsberger Bezirke). In Hinsicht der gewerblichen Industrie gehört Preußen unter die wichtigsten Mannfakturstaaten Europas. Die meiste Fabriksthätigkeit finden wir in der Rheinprovinz, in Westphalen, Schlesien, Sachsen und in einigen Gegenden der Mark. Die wichtigsten Erzeugnisse sind Leinen-, Schafwoll-, Baumwoll- nud Metallwaaren. Die meisten und besten Leinenwaaren (in allen Artikeln) liefern Schlesien (Reg.-Bezirk Liegnitz und Breslau), Westphalen (Reg.-Bcz. Münster und Minden) und die Rheinprovinz (das Wnppcrthal). Die Gcsammtprodnktion beträgt dermalen im Jahre etwa 300.000 Ctr. (120 Mill. Ellen) und die Mehrausfuhr an 50.000 Ctr.— In der Schafwoll-Jndustrie erzeugen am meisten die Rheinprovinz, Bran¬ denburg, Schlesien nnd Sachsen (insbesondere Tuch, Shawls, Teppiche u. dgl.). Die Jahresproduktion an Wollen- nnd Halbwollengeweben beträgt beiläufig 70 Mill. Ellen (darunter 56 Mill. Ell. Tuch). — Auch die Baumwoll- Industrie macht große Fortschritte; die Produktion (an 320 Mill. Ellen) ist stärker als der inländische Bedarf, mehr als ein Viertheil gelaugt zur Aus¬ fuhr. An der Spitze stehen Westphalen und die Rheinprovinz, dann Schlesien und Brandenburg. —> In der Fabrikation der Metallwaaren nimmt die Eisenindustrie den ersten Rang ein. Am ansgebreitetsten und großartig¬ sten ist diese in Westphalen (Iserlohn, Altena, die Empcrstraße) nnd in der Rheinprovinz, (Remscheid, Solingen, Köln, Aachen, Lennep u. a.), in einzelnen Zweigen wohl auch in Schlesien (Gleiwitz, Malapane, Breslau), Brandenburg (Berlin nebst Umgebung) und Sachsen. Ueberdieß tragen viele Fabriken und Manufakturen für einzelne Zweige dieser reichgegliederten Industrie dazu bei, dieselbe zu einer der wichtigsten in Preußen zu gestalten. Nebst diesen Hanptindustrien sind noch viele andere von Bedeutung. Die Industrie in Seide in der Rheinprovinz (Krefeld, Elberfeld; in Leder gleichfalls in der Rheinprovinz (MalmedH, Köln u. a. O.); die Tabakfabri¬ kation in der Rheinprovinz in Westphalen nnd Brandenburg; die Runk ek¬ rü ben-Zuckerfabriken in Sachsen und die Raffinerien für Colonialzucker. Sehr gutes Papier liefern die Fabriken in der Nheinprovinz, in Westphalen und in Berlin; bedeutend ist die Glasfabrikation in Schlesien, Westphalen und in der Nheinprovinz. Endlich verdienen hervorgehoben zn werden: Por¬ zellan, Chemikalien, Oel, Wachstuch, Cichorie, Seife, gebrannte und ge- gohrene Flüssigkeiten n. a. m. Der Handel ist sehr lebhaft. Viele schiffbare Flüsse und Kanäle, gute Landstraßen, ein vielverzweigtes Eisenbahnnetz, treffliche Post- und Tele- graphenanstaltcn, die lange Seeküste, eine ansehnliche Handelsmarine, die Jahrmärkte, Messen, viele Geld- und Kreditgesellschaften u. s. w. wirken fördernd auf denselben ein. Von besonderem Einflüsse sind der „deutsche Zollverein," die Consulate, Zoll-, Handels- und Schiffahrtsverträge und der hohe Stand der geistigen Kultur. Für den Seehandcl sind wichtig: Stettin, Danzig, Königsberg, Memel, Stralsund, Greifswalde; -— für den Landhandel: Berlin, Magdeburg, Frankfurt a. d. Oder, Breslau, Köln, Aachen, Posen u. v. a. Die wichtigsten Ausfuhrartikel sind: Getreide, Holz und Fabrikate der Industrie; eingeführt werden Wein, Obst, Kolonialwaareu Roh- und Hilfsstoffe der Industrie. Der stärkste Verkehr ist mit Gro߬ britannien, dann mit den Niederlanden, Frankreich und den nordischen Staaten. Die geistige Bildung des preußischen Volkes ist eine höchst be- 154 deutende. Die Elementarkenntnisse sind allgemein verbreitet, besonders unter der deutschen Bevölkerung. Die Lehranstalten sind in der Regel trefflich ein¬ gerichtet, gut geleitet und werden stark besucht. Zahlreich sind die Gym¬ nasien (über 120), Realschulen (etwa 60), Schullehrerseminarien; die Uni¬ versitäten (protest. Berlin, Königsberg, Halle, Greifswalde, — kathol. und Protest. Breslau, Bonn), — die kathol. theol. Anstalten (in Münster und Braunsberg), — die Kunstakademien, die vielen technischen und Special¬ schulen u. s. w. üben einen mächtigen Einfluß auf die gesammte Entwickelung der Nation, welche an Bildung keiner nachsteht. Preußen gehört somit in jeder Richtung zu den kultivirtesten Staaten in Europa. 22. Das Königreich Hannover. 700 m Meilen; — 1,924.000 Einwohner, überwiegend Protestanten (an 20.000 Katho¬ liken, 12.000 Israeliten). Zwei dnrch Braunschweig getrennte Haupttheile, einige kleinere Gebiete. — Grenzen? Das Land. — Der größte Theil Hannovers gehört dem norddeutschen Tieflande, nur etwa dem Hügel- und Berglande an. Gebirgig ist der ganze südliche Theil und der Südrand des nördlichen. . Das Hauptgebirge ist der Wald- und metallreiche Harz; ferner streichen in das Land Theile des Thüringerwaldes und des Wesergebirges (Teutoburger-Wald), Solingerwald, Süntel, Deister). Das ebene Land ist theils noch wenig kultivirtes Geest-, theils fruchtbares Marschland. Das Tiefland an der Nordsee wird durch Deiche (Dämme) und Siele (Schleußeu) vor Ueber- schwemmungen geschützt. Das Geestland, darunter die „Lüneburger-Haide", wird immer mehr kultivirt. Die vielen Moore sind wegen des Torfstiches von Bedeutung; mehrere sind durch Entwässerung in fruchtbares Land ver¬ wandelt worden. Die Nordsee, welche das Land bespült, bildet mehrere Busen, unter denen der Dollart (Ems-Mündung) der bedeutendste ist. Sämmtliche Flüsse ergießen sich in die Nordsee: die Elbe (mit der Ilmenau), die Weser (mit der Aller), die Ems (mit der Hase); im Osnabrück'schen die Vechta. Unter den Seen sind der Dümmersee und das Steinhirder - Meer die größten. Zahlreiche Kanäle burchschneiden das Land: der EmSkanal (zwischen Lingen und Meppen) mündet in die Hase; der Treckschuitenkanal (zwischen Emden und Aurich); der Hadeln'sche Kanal führt in die Elbe u. a. Politische Emtheilung und Orte: Das Königreich Hannover ist in 6. Landdrosteien und eine Berghauptmannschaft eingetheilt; den Landdrosteien sind die „Aemter" und die Magistrate der selbstständigen Städte untergeordnet. 1. Landdroster Hannover. (Fürstenthum Kahlenberg mit den Grafschaften Hoya und Diepholz): Hannover (Leine, (mit den Vorstädten und dem Vororte Lindens au 80.000 E.), Haupt- und Residenzstadt, berühmte technische Lehranstalt, Gymnasium, reiche Sammlungen für Wissenschaft und Kunst; Industrie und Handel lebhaft, Bank; Waterloo-Denkmal; Leibnitz -s 1716; Herschel geb. 1738, ff 1822. In der Nähe die Lustschlösser Herriehausen und Monbrillant. — Hameln (Weser), mehrere Fa¬ briken, Fischerei, Schiffahrt. — Rehburg, unweit des Steinhuder-Meeres, Bade¬ ort, Steinkohlen. — Nienburg (Weser), Tabakbau, Handel. 2. Landd. Hildesheim. (Fürstenthum Hildesheim, Göttingen, Grubenhagen und Graf¬ schaft Hohnstein): Hildesheim (18.000 E.), Bisthum, Dom, Gymnasium und an¬ dere Lehranstalten; Garn- und Leinwandhandel. Göttingen (Leine, (12.700 E.), berühmte Universität (seit 1737), große Bibliothek, Sternwarte, königl. Societät der Wissenschaften, reiche wissenschaftliche Sammlungen. — Münden (Werra - Fulda), ansehnliche Industrie (Wolle, Tabak, Leder, Schlffswerfte n. a.). — Osterode (SbOO E.), wichtigste Fabriksstadt (Chemikalien, Holz- und Wollwaaren). — Elbin¬ gerode, älteste Industrieschule Deutschlands (seit 1771). — Rothehütte, größtes 155 Eisenwerk in Hannover. — Goslar, am Fuße des silberreichen Rammelsberges („Communionharz"), Bergbau; alte Stadt, ost Sitz deutscher Kaiser. 3. Berghauptmanilschaft Klausih al (oder Oberharz): Klausthal (9090 E), wichtige Bcrgsiadt, Berg- nud Forstschule, Blei- und Silbergruben; SpitzenMppelei. — In der Nahe Zellerfeld und Andreasberg mit bedeutendem Bergbau. 1. Laudd. Lüneburg (Fiirsteuth. Litneburg, ein Theil von Sachsen-Lauenburg): Lüne¬ burg (Ilmenau, 15.700 E.), wichtiges Salzwcrk (jährlich 300.000 Ctr.), —Celle (Aller 15.209 E.), ehemals herzogliche Residenz, Wachsbleichen, Schiffahrt. — Har¬ burg (Elbe, 13.500 E.), gegenüber von Hamburg, starke Industrie, Kautschukfabriken, Schiffbau und Handel. 5. Landü. Stade (Herzogih. Bremen und Verden mit dem Lande Hadeln): Stade (8500 E.), befestigte Handelsstadt, lebhafte Schiffahrt. Verden (Aller), Dom, Gym¬ nasium; Karl d. Gr. läßt (782) 4500 Sachsen hinrichteu. — Buxtehude, Verkehr mit Hamburg, Seife- uud Stärkefabriken, Zwiebackbäckereien. 6. Laudd. Osnabrück (Fürstenth. Osnabrück, Herzogih. Aremberg-Meppen, Großfürsten- thum Lingen uud Beutheim): Osnabrück (Hase, 18.000 E-). altberühmte Stadt; westphälischer Friede 1648; wichtiger Leinen- und Segeltuchhandel, Wollenzeug-Manu- fakturcn; Bergbau. — Lingen und Meppen, gewerbefleißige Orte. — Pappen- burg, bedeutender Schiffbau, Schiffahrt, Torfstecher«. 7. Laudd. Aurich (Ostfriesland, Harlinger Land und die Inseln Hannovers): Aurich (5000 E.), Handel mit landwirthschaftlicheu Produkten und Pferden. — Emden (Dollart, 12.000 E.), Freihafen, wichtiger Stapelplatz für "Nordwcst-Deutschland, bedeutende Fischerei (Häringssang), lebhafte Industrie. — Leer, wachsende See¬ schiffahrt, HäringSfang. — Norden, Fabriks- und Handelsplatz. >— Inseln: Nor¬ derney, Seebadeanstalt, Borkum, Baltrum u. e. a. Aulturbitd. Die wichtigsten Nahrungsquellen der Bevölkerung sind die Landwirth schäft und der Bergbau. Allerdings liegen noch manche Strecken Landes öde, wenig oder gar nicht kulturfähig; deßungeachtet ist im Ganzen die Bodenkultur ziemlich bedeutend, namentlich sind die Marschen an der Elbe, Weser und Nordsee sehr fruchtbar. Im Flachlande wird Getreide über den Bedarf gewonnen, am Harze jedoch fast keines. Die besten Getreidepro¬ vinzen sind Ostfriesland, Bremen, Hildesheim und Göttingen. Auch die Produktion an Hülsenfrüchtcn, Gemüse, Kartoffeln u. dgl. ist bedeutend. Von besonderer Wichtigkeit ist der Flachs-, zum Theil auch der Hanfbau. — In Ostfriesland, Lüneburg und am Harze ist die Viehzucht sehr ausge¬ breitet, namentlich die Pferde- und Rindviehzucht. Die Zucht der ver¬ edelten Schafe ist zunehmend; in den Haiden sind eine Eigenthümlichkeit die „Haidschnucken", d. i. kleine Schafe mit Hörnern und grober Wolle. Sehr verbreitet ist die Schweinezucht; in der größtentheils von wohlhabenden Landwirthen bewohnten Lüneburger Haide auch die Bienenzucht. Emden und Ostfriesland senden auf den Häringsfang aus; überhaupt ist die Fischerei sehr lebhaft. — Auf dem Harze ist der Bergbau von hoher Wichtigkeit, den Mittelpunkt bildet Klausthal. Im Oberharze wird der Bergbau zum Theile gemeinschaftlich mit Braunschweig betrieben („Communionharz"), wo¬ von '/7 auf Hannover, ^/7 auf Braunschweig entfallen. Bedeutend ist die Ausbeute an Silber (jährlich an 44.000 Mark), Blei, Eisen (300.000 Ctr.) Kupfer, Stein- und Braunkohlen (6 Vs Mill. Ctr.). Sehr reich ist das Land an Salz (15 Salzwerke, Jahresproduktion über '/-> Mill. Ctr.). Die ungeheure Menge Torf ersetzt den Holzmaugel in den Niederungen. Die Industrie ist verhältnißmäßig geringe. Am ausgebreitetsten ist die Leinen-Industrie, darunter Segeltuch (Pappenburg, Entden, Leer). Die Baumwoll- und Schafwoll-Fabrikation deckt nur den Bedarf an ordinärer Waare; feine wird importirt. Erwähnenswerth sind Papier, Cichorie, Tabak, Zucker, Seife und einige andere Artikel des inländischen Gewerbefleißes. 156 Ansehnlich ist der Schiffbau zu Pappenburg, Leer, Emden und um Stade. Von Bedeutung ist die Metallwaaren-Erzeugung im Harze, wo viele Eisen¬ hämmer, Hüttenwerke und Gießereien thätig sind; die weitere Verarbeitung von Eisen und Stahl findet in mehreren Orten statt (Uslar, Osterode, Linden, Osnabrück u. a.). Die natürliche Beschaffenheit und die Lage des Landes sind dem Han del sehr günstig. An der Nordsee sind sichere Häfen; zahlreiche schiffbare Flüsse, gute Landstraßen und Eisenbahnen durchschneiden das Land. Der wichtigste Seeplatz ist Emden, überdieß sind hierin bedeutend: Haarbnrg, Leer, Brenier- lehe, Pappenburg, Geestemünde; für den Handel in Bergwerksprodukten Goslar und Osterode. Ueberdieß bestehen Pferde-, Getreide- und Wollmärkte. Für den Speditions- und Durchfuhrhandel ist Celle von Bedeutung. Der Beitritt zum deutschen Zollvereine beginnt bereits seinen Einfluß auf Hebung der Industrie und des Handels auszuüben. Die dichteste Bevölkerung ist in der Landdr. Hildesheim (4400 Men¬ schen auf die die schächste im Lüneburgischen (1660 — I ^M.). Die Volksbildung steht im Allgemeinen auf einer erfreulichen Höhe, der Schulbesuch ist sehr stark. Für höhere Ausbildung sorgen die Gymnasien und die zahlreichen Spezialschulen. Die Universität Göttingen, so wie die königl. Societät der Wissenschaften sind weltberühmt; die polytechnische Schule in Hannover gehört zu den vorzüglichsten auf dem Kontinente. Gelehrte Gesell¬ schaften, landwirthschaftliche und gewerbliche Vereine vermitteln den geistigen Verkehr in diesem aufstrebenden Lande. 23. Das Großhcrzogthum Oldenburg. 114 HWcilen; — 302.000 Einwohner, überwiegend Protestanten (73.000 Katholiken, ISOO Juden). — Drei getrennte Gebiete: a) Herzogth. Oldenburg (zwischen Hannover, Bremen und der Nordsee): — N) Fürsteuth. Lübeck (oder Eutin, zerstreute Parzelle» in Holstein); — o) Fürsteuth. Birkenfeld (im sübl. Theile der preuß. Rheinprovinz). Das Land. — Das Hauptland (Herzogih. Oldenburg) gehört zum norddeutschen Tieflande. An der Nordsee, Weser und Jahde ist sehr frucht¬ bares Marschland, welches durch kostspielige Deiche gegen das Eindringen des Meeres geschützt wird. Das Innere des Landes ist Geestland, theils Haide oder Sandboden, oder Torfmoor (50 ^Meilen). — Lübeck ist eben¬ falls fast durchgehends flach, mehr geest- als marschartig, hat anmuthige Hügel und Seen, welche mit Buchenwäldern umkräuzt sind. — Birken¬ feld ist ein meist steiniges Bergland mit vielen kleinen Thälern; die wald¬ reichen Höhen sind Zweige des Hunsrück. Die Nordsee mit dem Jahdebusen bespült Oldenburg; die Ostsee das Fürstenthum Lübeck. Der wichtigste Fluß in Oldenburg ist die Weser, welche die schiffbare Hunte (bei Elsfleth) aufnimmt. Im Norden ist der Küstenfluß Jahde, im Süden fließt die Hunte. Än Lübeck ist die schiffbare Trave, in Birkenfeld die Nahe von Bedeutung. Die meisten Seen hat Lübeck (Plöner-, Eutinersee u. a.); in Oldenburg sind der Zwischenahn- und der Dümmersee die größten. Die vielen kleinen Kanäle („Sieltiefe") dienen hauptsächlich zur Entwässerung, werden aber auch zur Schiffahrt benützt. Das Klima ist im Ganzen gemäßigt; an den Küsten feucht und nebelig, mit häufigen Winden; in Birkenfeld ist es rauher. Politische Eiutheiluiig und Orte: 1. Herzogih. Oldenburg. — Oldenburg (Hunte, 11.700 E ), Haupt- und Residenzstadt, Flnßschiffahrt, die bedeutendsten Pferdemärkte in Nord-Deutschland. — Elsfleth (Hunte, Weser), Schiffbau. Barel (3500 E.), unweit des Jahdebusens, Jndustrieort, 157 Schiffahrt. Jever (4500 E.), an einem Kanale, gewerbreiche Handelsstadt. — Insel Wang erode, besuchtes Seebad. 2. Fiirstciith. Lübeck- - Eutin (3000 E-), am fischreichen See gl. N., schone Anlagen. :r. Fürstenth. Birkenfeld. — Birkenfeld (Stahe, 2800 E.), Stcinschleiferei, Vieh¬ märkte. In der Umgegend von Oberstein (Nahe) Achalbriiche und Steinschleifereieu. Kultnrbild. Die Wichtigste Erwerbsquelle der Bewohner bilden der Ackerbau und die Viehzucht, welche sorgfältig betrieben werden. Sehr ergiebig ist der Ackerbau im Marschlande, namentlich im Butjadinger-8ande (zwischen Iahde und Weser) und um Jever. Auch in Lübeck gibt der gute Boden reichen Ertrag; hingegen deckt in Birkenfeld der Ackerbau nicht den Be¬ darf. Der Waldboden nimmt nur au I2°/o der Gesammtsläche ein, zu¬ meist in Birkenfeld und zum Theil im Geestlande; in den Marschen herrscht Holzmangel, der aber durch unerschöpfliche Torfmoore ausgewogen wird. In den Marschen von Oldenburg und Lübeck mit dcu üppigen Wiesen werden vorzüglich Pferde und Rinder gezogen; im Geestlande herrscht die Schafzucht (besonders viel Haidschnucken). Bedeutend ist die Seefischerei. Der Bergbau, vorzüglich aus Eisen, wird in Birkenfeld betrieben. Wichtig ist die Gewinnung von Seesalz. — Die Industrie ist vou geringem Be¬ lange. Berhältuißmäßig sind am stärksten die Garnspiuuerei, Leinwand- Weberei, Wollstrnmpfstrickerei, dann Gerbereien, die Verfertigung vou Holz waareu, die Steinschleiferei n. a. m. Der wichtigste Jndustrieort ist Varel. Viele Bewohner aus dem norddeutschen Tieflands (Hannover, Oldenburg) suchen während des Sommers ihren Verdienst in Holland („das Holland¬ gehen"), wo sie Torf stechen, mähen und an Deichen arbeiten. — Schiff¬ bau, Schiffahrt und Fischerei sind nicht bedeutend, deßgleichcn der Handel, obwohl die Lage hierzu günstig ist. Relativ am thätigsten hierin sind: Olden¬ burg, Varel, Elsfleth, Jever. — Die vereinzelten Wohnungen im Geest- laude erschweren den Schulbesuch, und die Volksbildung ist daher geringer, als in manchen anderen deutschen Staaten. Uebrigens wird an der Ver¬ mehrung von Schulen und an der Hebung der geistigen und materiellen Kultur des Volkes eifrig gearbeitet. 24. Das Herzogtum Braunschweig. 67 (^Meilen; — 294.000 Einw. (fast ausschließlich Protestanten). — Drei getrennte Gebiete und einige kleine Parzellen, rr) Das nördliche Gebiet: Braunschweig, Wolfen- biitiel, Helmstedt; — b) das mittlere: Holzminden, Gandersheim,' — «) das süd¬ liche: Blankenburg; — alle von Hannover, Preußen und Anhalt-Bernburg eingeschlossen. Das Land. — Der südliche und der mittlere Theil sind gebirgig; der nördliche ist flach. Blankenburg und Gandersheim durchzieht der Wald- und metallreiche Harz, mit weiten, gut angebauten Thälern und Höhlen mit Tropfsteiugebilden (Baumann's- und Bielshöhle). In den Kreis Holz¬ minden streichen Theile des Sollingerwaldes herein; das nördliche Gebiet gehört dem Tieflande an. Die Flüsse gehören zum Geäder der Weser und der Elbe. In die Weser ergießen sich: die Aller, Ocker uud Leine; in die Elbe: die Bode und Ohre. Das Land hat sehr viele Teiche und einige Mineralquellen. Braunschweig (Ocker 45.S00 E.), altkrthümliche, aber auch neue große Gebäude, wissenschaftliche Lehranstalten und Sammlungen; lebhafte Industrie (Leder, Pfefferkuchen, Bier, Chemikalien, Blechwaaren u. a.), starker Handel nach den Hansestädten und Eng¬ land, Bank. — Wolfenbüttel (Ocker, 6.400 E.), berühmte Bibliothek (einst Lessing 158 Bibliothekar); Garn-und Getreidehandel. — Helmstedt, Fabriksstadt, Gesundbrunnen. — Holzminden (Weser), Baugewerksschule, Eisengießerei und Stahlwaaren-Fabri- kation, Schiffahrt, wichtiger Handelsplatz. — Lutter am Barenberge, Tilly siegt über die Dänen 1626. — Blankenburg (am Harz), die „Teufelsmauer", die Bau¬ manns- und Bielshöhle; Marmorbruch. Kniturbild. Braunschweig zeichnet sich sowohl durch den Reichthum seiner Ur¬ produktion, als auch durch ansehnliche Industrie und lebhaften Handel aus. Es ist ein reiches Getreideland; der Uebersluß in den nördlichen Lan- destheilen deckt nicht nur den Mangel des gebirgigen Südens, sondern liefert auch für den Export. Sehr bedeutend ist die Viehzucht, namentlich im Harze; bekannt sind das starke Hornvieh, die schönen Pferde, die ver¬ edelten Schafe. — In Blankenburg, insbesondere im „Communionharze" sind der Bergbau und das Hüttenwesen sehr blühend. Die Ausbeute an Eisen, Blei, Silber und Kupfer ist relativ bedeutend; die Staatssalinen liefern Salz. — In der gewerblichen Industrie tritt neben der Verar¬ beitung der Landesprodukte das Kleingewerbe überwiegend hervor; Fabriken bestehen nur in den größeren Städten. Außer der Garnspinuerei und Lein¬ wandweberei sind erwähnenswert!): die Oelmühlen, Branntweinbrennereien, Bierbrauereien, die Fabrikation von Tabak, Papier, Leder, Farben, Glas, Spiegeln, Porzellan, lackirten Maaren. Mittelpunkt für die Fabrikation und den Handel ist Braunschweig, eine der wichtigsten Handelsstädte Nord¬ deutschlands mit 2 stark besuchten Messen und bedeutenden Wollmärkten. Für den Flußhandel ist Holzminden der Hauptstapelplatz. — Die geistige Kultur ist sehr ansehnlich, wie es die große Anzahl gut eingerichteter und stark besuchter Schulen zur Genüge beweiset. 25. u. 26. Die Fürstenthiimer Lippe. u) Fiirstenthum Lippe (Lippe-Detmold); 20 ^Meilen, 108.500 Ein¬ wohner, Protestanten. — Von den Quellen der Lippe und Ems im Süd- westeu bis zum linken Weser-Ufer im Nordosten, durchflossen vom Flüßchen Werre. Größtentheils gebirgig (Fortsetzung des Teutoburger-Waldes), in den Thälern gnt angebaut. Die Jahresproduktion der Landwirthschaft ist größer als der Bedarf der Bevölkerung. Ansehnliche Viehzucht (Rinder, veredelte Schafe, „Seunerpferde" in der Senner-Haide). Salz. Starke Leinenweberei und andere Industriezweige. Detmold (Werre, 6000 E.), Residenz; iu der Nähe die Grotenburg mit dem Her¬ mannsdenkmal. — Lemgo (S000E.), lebhafte Industrie (Meerschaumpfeifen). In der Nähe von Horn, auf dem Wege nach Paderborn;, die merkwürdigen Extersteine, vier hohe Sandsteinfelsen mit alten Büdnereien und Höhlen. — Salzquellen in Salzuflen; Badeort Meinberg. 5) Fürstenthum Schaumburg-Lippe; 8 ^Meilen, 30.800 protest. Ein¬ wohner. — Vom Steinhuder-Meere bis in die Nähe der Weser an den Abhängen des Süntel. Theils hügelig, theils flach. Gute Landwirthschaft, viel Holz und Steinkohlen. Leineuweberei. Bückeburg (Aue, 4200 E.), Residenz, Gymnasium, niedersächsische Bank. — Stadt¬ hagen, Gesundbrunnen, Steinkohlen. — Auf dieser künstlichen Insel im Steinhnder- Meere die Festung Wilhelmsstein. — Eilsen, Schwefelquellen und Schlammbäder. 159 27. Das Herzogthum Anhalt. 48 ss)M. 193.000 Einwohner, säst ausschließlich Protestanten. (Nach dem Erlöschen der Linie Anhalt-Bernburg am 19. August 1863 bilden gegenwärtig die anhaltinischen Länder nur Einen Staat.) Die zwei getrennten Haupttheile liegen nordwestlich von Sachsen und östlich von Braunschweig, fast ringsum von Preußen eingeschlossen. Der größere östliche Theil ist flach, von der Elbe, Mulde und Saale bewässert; der kleinere westliche ist theilweise von den Vorbergen des Unterharzes durch¬ zogen. Fast gartenmäßige Bodenkultur auf der linken Seite der Elbe; im Harzlande und in der sandigen Gegend von Zerbst unfruchtbarer Boden. Bergbau und Hüttenwesen nur im Harz; kein Salz. Wollen- und Baum- Wollen-Jndustrie; der Handel relativ geringe. Dessau (Mulde 16.300 E.), Haupt- und Residenzstadt, gute Lehranstalten; Industrie (Tuch, Leder, Bier), Wollhandel; Bank und Kreditanstalt, Mendelssohn hier geboren 1729. — Zerbst (11.400 E.), Fabrikation von Gold- und Silbergespinnsien, Pferde¬ märkte. — Köthen (12.000 E.), Gerbereien, Wollhandel und Bortenfabrikation. Bernburg (Saale, 12.200 E.), Hauptstadt, Getreidehandel. — Ballenstedt (4500 E.), gewöhnliche Residenz; Bierbrauereien, Töpferei. — Koswig, Tuchweberei, starker Tabakbau. Harzgerode, Silber-und Eiseubergbau. Im lieblichen Selkethale auf dem Wolfsberge die Ruinen der Burg Anhalt (Lsoauia). 28- Das Großherzogthum Mecklenburg-Schwerin. 244 Meilen; 552.700 Einwohner, fast ausschließlich Protestanten; wendischen (slavischen) Ursprunges, aber vollständig germanisirt. — Grenzen? Das Land. — Mecklenburg liegt im norddeutschen Tieflande, hie und da durchzogen von einzelnen Hügelketten (bis höchstens 570' hoch). Der größere Theil des Bodens (in Nordwest) ist fruchtbar; im Süden kommen Sandflächen und Torfmoore vor. — Das Land ist sehr wasserreich. Im Norden wird es von der Ostsee bespült, welche mehrere Buchten einschneidet (Wismar, Warnemünde sbei Rostocks u. a). Der bedeutendste Fluß, die Warnow, fließt in die Ostsee; die Elde und einige kleinere ergießen sich in die Elbe. Mehr als 300 größtentheils kleine Seen. Die größten sind der Müritz-, Plauer-, Schweriner-, Malchin-See; zahlreich sind die Schifs- fahrts- und Entwässerungskanäle. Schwerin (am See gl. N., 23.300 E.), Haupt- und Residenzstadt, schönes Residenz« schloß; Lack-und Tabakfabrikation, Branntweinbrennereien, Essigsiedereien. Dobberan, Seebadeort,. Pferderennen. Ludwigslust, frühere Residenz. Güstrow (11.000 E.), Mittelpunkt des Binnenhandels (Landesprodukte, Wolle). Malchin, die Landtage werden abwechselnd hier und in Sternberg gehalten. Boitzenbnrg (Elbe), Elbehandcl. Wismar (13.200 E.), wichtige Handelsstadt an der Ostsee, Schiffbau, Fischerei (von 1648 bis 1803 schwedisch). Insel Poel. — Rostock (26.400 E.), Universität (seit 1419) und andere Lehranstalten; erste Industrie- und Handelsstadt (Gerberei, Tabak, Bier, Branntwein, Zucker, Schiffbau u. a.); Hasen Warnemünde an der Mündung der Warnow; Seebad. — Pachim (Elbe, 7000 E.), Handel mit landwirthschaftlichen Produkten. Basedow, berühmte Perde- und Schafzucht. Kulturbild. Die wichtigste Nahrungsquelle der Bewohner ist die sorgfältig be¬ triebene Landwirts) sch ast; dem Ackerbaue sind fast I der Gesammt- fläche zugewiesen; der Ertrag übersteigt den Bedarf. Fast die Hälfte des Landes besteht in landesherrlichen Domänen; der unabhängige Bauernstand ist sehr geringe. Ausgezeichnet ist die Viehzucht; den ersten Rang nehmen die kräftigen Mecklenburger Pferde ein, welche auch vom Auslande stark gekauft werden. Die Zucht des Rindviehes, der veredelten Schafe, 160 dcr Schweine und des Federviehes ist bedeutend; der Handel damit ein an¬ sehnlicher. Dagegen besitzt das Land keine Metalle. In der gewerb¬ lichen Industrie ist nur das Kleingewerbe nennenswerth, das in den Städten für den Lokalbedarf arbeitet. Fabriken gibt es wenige; die meiste industrielle Thätigkeit ist in Nostock. Wichtig sind dcr Schiffbau und die Fischerei. Bedeutender ist der Schiffahrtsverkehr und Handel auf der Ostsee und Elbe sowie im Inneren; die geographische Lage ist hierzu be¬ sonders günstig. Haupthanbelsplätze sind Wismar nnd Rostock. In der Volksbildung steht das Land zwar den meisten deutschen Staaten zurück; doch sind in jüngster Zeit hierin erfreuliche Fortschritte gemacht worden. 29. Das Großherzogthmu Mkckleulmrg-Strclitz. 50 UMeile; — 100.000 Einwohner, fast ausschließlich Protestanten. — Zwei durcb Mecklenburg-Schwerin getrennte Gebiete; östlich davon: Herrschaft Stargard, — westlich: Herrschaft Ratze bürg. Der Boden ist durchaus flach, mit unr wenig Hügelketten, nnd jenem des benachbarten Großherzogthums gleich. — Der bedeutendste Fluß ist die Havel, welche mehrere Seen mit einander verbindet und ihren Lauf südwärts (nach Brandenburg) nimmt. Die Trave ist Grenzfluß gegen Lübeck, deß- gleichen deren Nebenfluß, die Wakenitz. Unter den sehr zahlreichen Seen ist der Tollensee der größte. Viele Kanäle. Die Landwirthschaft bildet die Hauptnahrungsquelle der Bevölkerung, insbesondere der treffliche Ackerbau und die sehr ansehnliche Viehzucht, welche den inländischen Bedarf vollständig decken und auch für den Export liefern. Metalle hat das Land keine; aber viel Torf und mehrere nutzbare Erdarten. Die Industrie ist unbedeutend; der Handel verhältuißmäßig lebhaft. Auch hinsichtlich der geistigen Kultur walten die gleichen Verhältnisse vor, wie in Mecklenburg-Schwerin. Ncu-Strclitz (Zirker-See, 7800 E.>, Haupt- und Residenzstadt, in Form eines acht¬ eckigen Sternes erbaut, so daß die 8 geraden Straßen auf dem Markte zusammentreffen; ziemlich lebhafte Industrie und Handel (Leder, Tabak, Bier; Pferdemärkte). — Neu- Brandenburg (Tollensee, 7000 E.), viel Industrie, Wollmärkte. Fürstenberg (Havel), Getreide- und Butter-Handel nach Berlin und Hamburg. — Ratzeburg, nur der kleinere Theil davon ist mecklenburgisch (Domkirche, die Schul- und Collegiengebäude, das Hospital). 30. Die Herzogthümcr Schleswig-Holstein. Schleswig: 166 ^Meilen, 410.000 Einw. Holstein: 155 ^Meilen, 961.000 Einw. Schleswig. Im Süden der jütischen Halbinsel, zwischen Jütland (N.), dem kleinen Belt und der Ostsee HO.), der Nordsee (W.), Holstein (S.); vom letztern durch die Eider und den Kieler-Kanal geschieden. Das Land besteht beinahe zur Hälfte aus Geestpflugland, etwa 30 coM. nehmen Haiden nnd der Flugsand ein, auf das Marschland entfallen an 18 ^M., auf Moor- und Wiesengrund !5, ans den Waldstand an 7 ^M. Die Küsten sind sehr zerrissen und haben tief einschneidende Buchten. (Buchten: Kiel, Eckernförde, die Schleh, die Fjorde von Flensburg, Apenrade, Hadersleben, Kolding; — im Westen: Eidermündnng, Husum). Vor beiden Küsten liegen zahlreiche Inseln. Die Flüsse sind außer Nr Eider unbedeutende Küstenflüsse. — Ackerbau, Viehzucht, Fischerei, Schiffahrt und Handel sind die Hanptnah- xungszweige. 161 Orte-: — Schleswig (12.200 E.), am Westende des verschlammten Meerbusens Schley, amphitheatralisch gebaut. Kathedrale mit dem Grabmal Friedrich's I.; Hafen, Schiffahrt, Handel. Im Süden Reste des „Danewerk", des alten Grenzwalles (aus dem IX. Jahrhundert) zwischen Dänen und Deutschen. — Eckernförde, Seefischerei. — Flensburg (20.200 E.), der wichtigste Fabrik«- und Handelsplatz Schleswigs.— Die anmnthige Insel Alsen mit Stadt und Schloß Sonderburg. Holstein. Mitten im Lande zieht ein Höhenrücken, der bei Bornhöved eine Hochebene bildet, auf der die meisten Gewässer Holsteins entspringen; der höchste Punkt ist der Kalkberg bei Segeberg (270"). Ostwärts laufen wellenförmige Hügel aus, durch Wiesen, Moore und Landseen von einander getrennt. Die Westseite ist Marschland. Längs der Westküste (von der Elbe bis zur Eider) liegen Sandbänke („Watten"). An der Südwest- und Westküste gibt es zahlreiche Häfen. — Die wichtigsten Flüsse sind Elbe und Eider; zahlreich sind die Seen (Pläner-, Seelenter-, Gruber-, Westen- See u. a.). — Das Klima, dem des nördlichen Deutschlands ungefähr entsprechend, ist feucht, rauh und stürmisch. — Der Boden ist im Allge¬ meinen sehr fruchtbar, in den Marschen üppig. Nebst der rationellen Boden- cnltur wird die Viehzucht vorzüglich betrieben. Die Industrie ist verhältniß- mäßig gering; sie reicht kaum für den inländischen Bedarf aus. Der Handel, in neuester Zeit durch Eisenbahnen gehoben, und die Schiffahrt sind ansehnlich Orte: — Glückstadt (an der Elbe, 5100 E.), Hauptstadt mit einem Freihafen. — Kiel (18.000 E.), vortrefflicher Hafen, Dampfschiffahrtsverbindnngcn, Fischerei, lebhafter Handel, berühmte Messe („Kieler Umschlag"); Eisengießerei, Maschinenbau. Die im Jahre 1685 gestiftete Universität ist der Mittelpunkt des geistigen Lebens im Lande. — Rendsburg (9500 E., an der Eider), Festung und Handelsstadt. — Itzehoe (7400 E.), die älteste Stadt Holsteins, bedeutender Getreide- und Biehhandel. — Altona („all' zn nah", 53.000 E.), unmittelbar an Hamburg sich anschließend, sehr bedeutende In¬ dustrie, wichtige Handelsstadt mit lebhaftem Verkehr nach Amerika; Schiffbau, See¬ fischerei (auch Wallfisch- und Häringssang). Beim Dorfe Ottensce berühmter Kirchhof (Klopstock's Grab). — Oberselk und Jagel, Sieg der Oestcrreicher Uber die Dänen (am 3. Febr. 1864), die Oesterreicher erstürmen den Königsberg. — Oeversee, siegreiches Gefecht der Oesterreicher über die Dänen (am 6. Febr. 1864), letztere ziehen sich in die verschanzte Geltung bei Düppel zurück. 31. Die freie und Hansestadt Lübeck. Das Staatsgebiet, etwa 6 ^Meilen groß, liegt sehr zerstreut und ist von beiläufig 55.000 (meist lutherischen) Einwohnern bewohnt. — Die Stadt Lübeck (32.000 E.) liegt an der Trave, 2 Meilen vor deren Mündung in die Ostsee (Travemünde, Hafen und Seebad). Zur Zeit der fränkischen Einfälle unter Ludwig dem Frommen erbaut, breitete die Stadt, das Haupt der mächtigen Hansa, im Mittelalter den Handel und die Schiff¬ fahrt großartig aus. Von dieser Höhe ist Lübeck allerdings herabgesnnken; doch ist der Handel nach den Ostseehafen noch immer bedeutend, besonders nach Kopenhagen, Stock¬ holm und St. Petersburg, mit welchen Orten es direkte Dampfschiffahrt unterhält. Die wichtigsten Handelsartikel sind: russische Produkte, Eisen und Holz (ans Schweden), Getreide (ans Deutschland), Wein (ans Frankreich), verschiedene Mannfakte des deut¬ schen Zollvereines. Die Industrie ist ziemlich altsehnlich (Schiffbau, Tabak, Wollwaaren, Maschinenbau, Oel, Leder, Essig, Branntwein, Lichter, Spielkarten n. a.). — Die Stadt hat alte Baudenkmäler, namentlich Kirchen; mehrere wissenschaftliche und kommerzielle Anstalten und das Ober-Appellationsgericht der vier freien Städte. 32. Die freie und Hansestadt Bremen. Znm Staatsgebiete (3H ^Meilen, 104.100 meist protest. Einwohner) gehören außer der Stadt Bremen (Weser, 71.000 E.) die Hafengebiete Vegesack (Weser, Schiffbau und Eisengießerei) und Bremerhafen Klun, Geographie. 6. Anfi. 11 162 (Nordsee, großes Auswaudererhaus, Docks), dann Lilienthal (in Han¬ nover, mit berühmter Sternwarte) und andere Dörfer. Bremen bestand schon zur Zeit Karl's d. Gr. Hier konzentrirt sich der gesamntte Verkehr des Wesergebietes sowohl für die Ausfuhr deutscher Erzeugnisse und Fabrikate, als für die Einfuhr fremder Produkte. Durch die Begründung non Bremerhafen (im I. 1830) ist die Bedeutung der Stadt ungemein gewachsen. Nächst Hamburg der wichtigste See¬ handelsplatz Deutschlands, große und unternehmende Handelsmarine; wichtiger Verkehr mit Amerika) Aussendung aus den Härings- und Wallfischfang; Haupthafen für die Ueberfahrt der Auswanderer nach Amerika. Großartige Verarbeitung überseeischer Produkte, namentlich Tabak- und Zigarren-Fabrikation; wichtiger Schiffbau, Börse, Bremerbank, Norddeutscher Lloyd, See-Assekuranz-Compagnien. Große und alterthümliche Gebäude, treffliche Lehranstalten für gewerbliche, kommerzielle und gelehrte Bildung. 33. Die freie und Hansestadt Hamburg. Das Gebiet der freien Stadt Hamburg (über 6 ^Meilen, 230.000 Protest. Einwohner) liegt an der unteren Elbe im norddeutschen Tieflande, und besteht aus 2 Städten, Hamburg (176.000 E.) und Bergedorf (2500 E.), 2 Marktflecken (Ritzebüttel und Kuxhafen, Seebad, Loot- senstation, vortrefflicher Hafen), über 50 Dörfern; mit Lübeck gemein¬ schaftlich besitzt es das Amt Bergedors. Für die Landbevölkerung bildet die Landwirtschaft mit der Viehzucht die wichtigste Nahrungsquelle; in der Stadt herrscht großartiges kommer¬ zielles und industrielles Leben. Hamburg (Elbe und Alster) hat 2 Häsen für die Fluß- und Seeschiffe, großes Alsterbassin in dem schönsten Stadttheile (der „Jungfernstieg"), viele Kanäle („Fleeten"), ans denen die Waaren bis vor die Magazine gebracht werden. Seit dem großen Brande (am 5.-8. Mai 1842, über 4200 Gebäude wurden zerstört) ist ein großer Theil der Stadt Prächtig aufgebaut; große private und öffentliche Gebäude (Michaelis-und Petri- kirche, Schulgebäude mit Bibliothek und Museum, Börsehalle, Zeughäuser, Waisen- und Krankenhäuser u. a.), Lehranstalten für gelehrte, kommerzielle und technische Ausbildung, Sammlungen und Vereine. Viele und großartige Fabriken (200 Zuckerraffinerien und Zuckersiedereien, Tabak, Zigarren, Eisengießereien, Maschinenbau, Wollen-, Leder- und Papiersabrikation, Dampsmllhlen, Seifen- n. Leimsiedereien, Bereitung von Schreib¬ federn u. a. m.). Hamburg ist der erste Handelsplatz des europäischen Kontinentes; die Stadt steht mit allen bedeutenderen Handelsländern der Erde in Verbindung, und Deutschland bezieht den größten Theil der Colonialwaaren über Hamburg. Den größten Seeverkehr unterhält es mit England, Frankreich, Nord-Amerika, Westindien, Süd- Amerika und Rußland; den Flußverkehr mit den Elbestaaten. Zahlreich und ausge¬ breitet sind die Dampfschiffahrtsverbindungen, die privaten Assekuranzen und Agen¬ turen fremder Versicherungsgesellschaften und sonstigen Förderungsmittel des Handels (Börse, Banken, Handels- und Schiffahrtsverträge, Consularwesen u. ». in.). In allen Richtungen herrscht somit in Hamburg eine großartige Thätigkeit. Nachtrag. In Folge des im I. 1866 erfolgten Ablebens des Landgrafen von Hessen-Homburg siel das Gebiet der Landgrafschaft an das Großherzogthum-Hessen- — Der Bogen Nr. 9 war schon gedruckt, und konnte diese Veränderung dort nicht mehr vorge- nommcn werden. III. Die Schweiz. 740 ^Meilen; 2,534.000 Einwohner, darunter über 1,420.000 Protestanten und 972.000 Katholiken. — Nach der Rationalität: 1,825.000 Deutsche, gegen 530.000 Franzosen, 143.000 Italiener, etwa 49.000 Romanen (in Graubündten). — Grenzen? Das Land. — Die Schweiz ist das höchste Gebirgsland in Europa. An sind Akpenland, der Rest entfällt auf die Hochebene und den Jura; Tiefland kommt gar nicht vor. Von den Alpen durchziehen Zweige der grajischen und ein großer Theil der Centralalpen das Land, als: die 163 Walliser-, Adular-, Berner-, Glarner-, Vierwaldstätter-, Schwyzer-, Thur- und Graubnndtner - Alpen (siehe auch S. 24). Große Schneefelder und Gletscher, zahlreiche Kuppen und Bergspitzen (die höchsten in Europa), viele Alpenthäler mit wildromantischen Naturscenen, prachtvolle Wasserfälle und Seen gestalten dieses Land zum schönsten Gebirgskunde Europa's. Leider sind die Thäler auch öfters Überschwemmungen, verheerenden Lawinen und Bergstürzen ausgesetzt. Vom Genfer- bis zum Bodensee breitet sich im Halbkreise die fruchtbare, secnreiche Hochebene aus, im Westen begrenzt vom Kettengebirge Jura. In den ausgedehnten Schnee- und Gletscherfeldern sind die Quellen zahlreicher Flüsse, doch sind nur wenige schiffbar. Im Quellgebiete sind sie meist Wildbäche, welche, über Felsen herabstürzend, prachtvolle Wasser¬ fälle bilden (Staub bach bei Lauterbrunnen, Gießbach bei Brisnz, Rheinfall bei Schaffhausen u. v. a.). Die wichtigsten sind: der Rhein mit den Nebenflüssen Thur und Aar (mit der Reuß aus dem Vierwald¬ stätter-, und der Limmat aus dem Zürcher-See); die Rhone durchfließt den Genfer-See; der Tessin geht durch den nmMiors (spr. irmäsollore) in den Po; der Inn mündet in die Donau. Unter den vielen Seen, von denen mehrere mit Dampfschiffen befahren werden, sind die größten: der Genfer-, Boden-, Neuenburger-, Vierwaldstätter-, Zürcher-See u. m. a. Auch an Heilquellen ist die Schweiz reich (Pfäffers, St. Moritz, Leuk). — In den südlichen Thälern ist das Klima milde, auf der Hochebene ge¬ mäßigt; in den höheren Alpenthälern folgt auf einen kurzen heißen Sommer ein langer, strenger Winter. Im Ganzen ist die Luft scharf und rein, das Klima gesund. Politische Einthciluug und Orte: Die Schweiz ist ein republikanischer Bundesstaat von 22 Kantonen, deren drei (Appenzell, Unterwalden. Basel) wieder in je 2 selbst¬ ständige Staaten getheilt sind. Jeder Kanton hat seine eigene Verfassung und Verwaltung; an der Spitze sämmtlicher vereinigter Kantone („Eidgenossenschaft") steht der Bunde s- raih mit einem Präsidenten. Die gesetzgebende Gewalt übt die Bundesversamm¬ lung aus, welche aus dem Nationalrath (l20 Mitglieder) und dem Ständerath (44 Mit¬ glieder) besteht. Die Bundesbehörden haben ihren Sitz in Bern*). 1. Bern. — Bern (Aar, 29.600 E.), Bundesstadt, schöner Münster, Bundespalast, Universität, viele wissenschaftliche Sammlungen und Gesellschaften; Industrie und Han¬ del lebhaft. — Biel (Bieler-See, 4N00E.), getreidereiche Ebene. — Thun lThuner« See), eidgenössische Militärschule. — Interlaken (zwischen Brienzer- und Lhuner- See), Hauptstationsplatz sllr Reisende und Molkenkurort. Thäler: Hasli-Thai, mit einem Sanmweg über die „Grimsel" in das obere Rhone-Thal, Zugang zum „Finsteraarhorn". — Lantcrbrun neu-Thal, von der „Jungfrau", dem „Finsteraarhorn" und anderen hohen Bergen eingeschlosscn, viele Wasserfälle (Staubbachfall). — Griudelwald-Thal mit tief herabreichenden Glet¬ schern, Weg auf das „Faulhorn". — Simm en-Thal, mit schönen Alpen, vorzüglicher *) Den Grund zur „Eidgenossenschaft" legten die „Urkamoue" Uri, Schwyz, Unter¬ walden durch den „Bund der Eidgenossen im I. 1307; — bis 1353 traten dem Bunde bei : Luzörn, Zürich, Glarus, Zug, Bern; — von 1481 bis 1513: Freiburg, Solothurn, Basel, Schaffhausen, Appenzell. Dieß sind die 13 „alten Kantone". Die 9 „neuen" sind erst seit dem Jahre 1803 beigetreten. In sprachlicher Beziehung: „welsche Schweiz" (Tessin, zum Theil Graubündten); „französische" (Wallis, Waadt, Genf, Neuenburg, zum Theil Freiburg); die übrigen Kantone die „deutsche Schweiz". — Zum größeren Theil katholisch sind: Solothurn, Luzern, Zug, Schwyz, Uri, Unterwalden, Freiburg, Wallis, Tessin; — überwiegend protestantisch: Glarus, Zürich, Schaff¬ hausen, Basel, Bern, Neuenburg, Waadt; — gemischt (paritätisch): Graubündten, St. Gallen, Appenzell, Thurgau, Aargau, Genf. II* 164 Hornvieh, berühmte Käsereien. — Emmen-Thal, sehr sruchtbar nnd wohlhabend, Emmcnthaler-Käse. — Im Jura: das Erguel (oder St. Jmmer-Thal), gewerb- fleißigc wohlhabende französische Bevölkerung, Uhrmacherei, Spitzensabrikation. Mün¬ ster-Thal mit Eisenhämmern. 2. Zürich. — Zürich (Zürcher-See, Limmat, Nurwum, 20.400 E., mit den „Außen¬ gemeinden" 43.400 E.), geistiger Mittelpunkt der deutschen Schweiz, Universität, Poly¬ technikum, viele wissenschaftliche Sammlungen und Gesellschaften. Sehr wichtige Sei¬ den-, Baumwoll-, Maschiueu-Jndustrie. Zwingli (1520); Salomon Geßner (geb. 1. April 1730, st 2. März 1787), Lavater (geb. 15. Nov. 1741, st 2. Jan. 1801). — Winterthur (Vitockuruiri, 6600 E.), eine der schönsten Schweizer-Städte; treff¬ liche Lehranstalten; bedeutende Industrie undHandel. Horgen, Wädeuschwyl nnd mehrere andere sehr gewerbfleißige Orte am Zürcher-See. 3. Luzbrn. — Luzärn (Renß und Vierwaldstätter-See, 11.600 E.), Handel, Dampf- schifsahrt. In der Nähe der ,,Pilatus"-Berg. — Sempach, Schlacht am 9. Juli 1386. — Das große fruchtbare Thal Entlibuch mit einer heiteren Bevölkerung, bekannt auch durch gymnastische Feste. 4. Uri- — Altdorf (unweit des Einflusses der Renß in den Vierwaldstätter-See, 2000 E., Hafenort ist Flnelen. — Biirglen im Schächen-Thal, W. Tell's Geburtsort. — Das Urssren-Thal von der Furka zum Urner-Loch (ein durch Felsen gesprengter Stollen, St. Gottharts-Straße); — am Fuße des Axen-Berges hart am See die „Tell's-Platte"; am jenseitigen See-Ufer, am Fuße des Seelis-Berges die Berg¬ wiese ,,Grütli" (Bundesschwur 1307). 5- Schwyz. — Schwyz (5000 E.), am Fuße des Mythen-Berges. — Maria Ein¬ siedeln, berühmter Wallfahrtsort. — Brunnen, Hafen, Schiffahrt; hier schwuren 1315 die Urkantoue den „ewigen Bund". — Bei Küßnacht (am See) die „hohle Gasse" mit „Tell's Kapelle"; — der Rigi -Berg (5540' hoch), zwischen dem Vier¬ waldstätter-, Zuger- nud Lowerzer-See, nut prachtvoller Rundsicht, ungemein stark von Reisenden besucht; — das alte Schloß Neu-Habsburg, Lieblingssitz Rn- dolph's von Habsburg; — das schöne Alpenthal Muotta-Thal (Frauenkloster). —> Am 2. September 1806 wurden S Dörfer (Goldau, Busiugen u. a.) durch einen gewaltigen Bergsturz des Roßberges verschüttet. 6. Unterwalden. — (Obwalden:) Sarnen (3200 E.), Hauptort; das schöne Alpenthal von Engelberg mit Benediktiner-Abtei; das romantische Melchthal. — (Nid¬ walden:) Hauptort Stanz, Standbild Aruold's von Winkelried. 7. Glarus. — Glarus (4800 E.), durch einen furchtbaren Brand im I. 1861 ganz zerstört, daun regelmäßig neu aufgebant. Euneda und Mollis, sehr bedeutende Industrie. — Näsels, Schlacht 1388. — Der Linthkanal verbindet den Wallen- stätter- mit dem Zürcher-See. 8. Zug- — Zug (3500 E>), freundliche Lage am Zuger-See; — Moor garten, Schlacht 1315. 9. Freiburg. — Freiburg (am hohen Felsennfer der Saane, 10.500 E.), alte Bauart, Kirche mit prächtigem Thurm und großartiger Orgel, Residenz des Titnlar-Bischofes von Lausanne (spr. LofLn); gute Lehranstalten; zwei sehr hohe Drahthängebrücken.— Greyerz (Gruybr, sp. Grü'jer), berühmte Käfebereitung.— Murten (Murten-See), Schlacht 1476. — Die sumpfige Landschaft zwischen dem Neuenburger-, Bieler- und Murteu-See heißt das Uechtland. 10-Solothurn. — Solothurn (Aar, 5500 E.); — 6sstruin Loloänrsnss (franz. Loleurs ssp. Svlöbrs), Residenz des Bischofes von Basel, Zeughaus, ausgezeichnete Naturaliensammlung. — In der Nähe das romantische Vsronn-Thal. 11. Basel. — (Baselstadt:) Basel (Rhein, 38.000 E.), sehr reiche Stadt, Münster, Universität (gest. 1460), prot. Seminar; wichtige Seidenband- und Papierfabrikation; bedeutende Handelsstadt. Mathematiker Euler hier geb. 1707, st in St. Petersburg 1783; die Maler Hans Holbein (der ältere nud der jüngere) lebten hier am Schluffe des 15. und am Anfänge des 16. Jahrhunderts ; Loncilinm 1431—1448; Friede 1795. Sieg der Schweizer bei St-Jakob an der Birs 1444. — (Baselland:)Liest al (2800 E.), Augst (nahe am Rhein, 4.u^usta. llauracorum). Saline Schweizerhall. 12. Schaffhausen. — Schaffhausen (Rhein, 8700 E.), wichtige Industrie. Beim Dorfe Laufe n der berühmte „Rheinfall". Geschichtsschreiber Johannes von Müller hier geb. 3. Januar 1752, st zn Kassel 29. Mai 1809. 13. Appenzell- — (Inner-Rhoden, kath.) Appenzell (2900 E.), viel Leinenindustrie. — (Außer-Nhoden, protest.)Trogen (2600 E.) u. Herisau, viel Industrie, besonders Weißstickerei. 165 14- St. Gilten. — St. Gallen (14.700 E.), ehemals berühmte, gefürstete Benediktiner- Abtei, gegründet vom heil. Gallns (630), wichtiges Archiv und Bibliothek (mittel¬ hochdeutsche Mamrscripte); sehr bedeutende Industrie, ansehnlicher Handel. Rorschach (Bodensee), Haupthafen der Schweiz, Kornhandel. Bad Pfäffers (bei Ragatz) im wilden Tamina-Lhale. Grab des Philosophen Schelling. In der industriereichen Landschaft Toggenburg sind gewerbfleißige Orte Lichtensteig, Wyl, Wattwyl. Rappe rschwyl (Zürcher-See), Brücke über den See, alte Burg der Grafen von Habsburg. 15. Graubiiudteu. —Chur (Plessur, 7000 E., 0m-iu kliaotoruw), sehr bedeutender Transithandel. Reiche nan (Rhein); oberhalb Thnsis beginnt die Straße via mala durch eine der schauerlichsten Felsenschluchten in der Schweiz. Sie führt über den Splügen nach Chiavenna. Thaler: Das vordererRheinthal mit vielen großen Seitenthälern. — Das milde und fruchtbare Rheinthal zwischen Chur und Mayenfeld (in der Nähe der befestigte Engpaß Luziensteig). — Das Prättigan, ein wildromantisches Thal am Fuße der Rhätikonkette, bewässert vom Landquart. — Das Engadin, ein langes, herrliches Hochthal, das Quellenlanb des Inn, mit vielen Seitenthälern, schönen Dörfern, einer wohlhabenden romanischen Bevölkerung und den Badeorten St. Moriz und T arasp. Der Majola-Paß verbindet das Engadin mit dem Bregdlthal, der Bernina- Paß mit dem Puschlav, mehrere Jochübergänge und Pässe mit dem Veltlin und dem Rheinthal. — Das Müusterthal, Weg über das Wormser-Joch in das Veltlin. — Das Mifoxer-Thal zum St. Bernhardin-Paß. Bon Misocco an italienischer Himmel, ita¬ lienische Vegetation und Bevölkerung. — Die Landschaft Pusch lav (Poschiavo), Hoch¬ land von Bernina bis zum Veltlin, im Süden italienischer Charakter. 16. Aargau. — Aarau (Aar, 6000 E.), gute Lehranstalten, rationelle Landwirthschaft, lebhafte Industrie. Auf einer Anhöhe in der Nähe des Badeortes Schinzuach stehen die Ruinen des Stammschlosses Habsburg. Baden (Limmat), warmeBäder, ehemals wichtige Habsburgische Festung (der „Stein"). Windisch an der Stelle des alten Viullonissa, Hauptstapelplatz des helvetischen Handels unter den Römern. Königsfelden, ehemals Kloster, jetzt Spital, an der Stelle, wo Kaiser Albrecht im I. 1308 ermordet wurde. Sehr gewerbfleißig sind Zofingen, Aarburg, Zurzach, das Frick-Thal u. a. 17. Thurgau. — Frauenfeld (3500 E.), treffliche Landwirthschaft. Romanshorn, Hafen am Bodensee. 18. Tessin. — Bellinzona (2000 E.), Handel mit Seide und Vieh. — Locarno (See gl. N., 3000 E.) und Lugano (See gl. N., 5000 E.), ansehnlicher Handel nach Italien. Airolo an der St. Gotthards-Straße. 10. Waadt. — Lausanne (sp. Loflm, Genfer-See, 20.500 E.), herrliche Lage, starker Fremdenbesuch, Wademie, wissenschaftliche Anstalten: Gold-, Silber- und Spitzen- arbeiten. Bei Morges (spr. Morsch) und Vevey (spr. Wewd) in reizender Lage ausgezeichneter Weinbau. Yverdon (Nenenbnrger-See), lebhafte Industrie, Handel-, berühmte Erziehungsanstalt von Pestalozzi (1805—1825), dann von Niederer geleitet. Grand son (spr. Granßon, Nenenbnrger-See), Sieg der Schweizer über Karl den Kühnen 1476. Tabakfabrikation. Im Jonx- (spr. Schu-) Thale aus¬ gebreitete großartige Jnstustrie. 20. Wallis. — Sion (oder Sitten, 3000 E.), Hauptort. Martigny (oder Mar- tinach), Weinbau. Auf dem St. Bernhard ein Hospiz der ?. I". Augustiner zur Ver¬ pflegung der Reisenden. (Benützung der Hunde zum Ausstichen der im Schnee Der- irrten.) Am Fuße der „Gemmi", das berühmte heiße Leuk'er Bad. 21. Neuenburg (od. Neufchatel, sp. Nö'schatLl). — Neuenburg (See gl. N., 10.400 E.), gute Lehranstalten, viele milde Stiftungen, Industrie und Handel. Großartige Industrie (Uhren, Goldarbeiten, Eisen- und Stahlwaaren, Spitzenklöppelci n. a.) in den Jura- thälein: Hauptfitze: I-u Okuux üs koncks (spr. La schod'fon, 17.000 E.); I-o I-ools (spr. Lö Lokl', 9400 E-); Vuk lis '1'ruvsrs (spr. Wal dö Trawer), eines der reichsten Schweizer-Thälcr; Vulsn^in (spr. Walanschän) n. a. 22. Gens oder Olonbvo, (svr. Schnüs). - Genf (Genfer- oder Leinaner-See, 41.M0 E.), prachtvolle Lage, Akademie, öffentliche und Privat-Lehranstalten, wissenschaftliche Samm¬ lungen und Vereine, reqeS geistiges Leben; großartige Industrie (Uhren, BiMitene- waaren, Seide u. v. a.), schwunghafter Handel, viel Rerchthum. Das „kleine Pans". Calvin 1541; J. I. Rousseau (spr. Nußü) hier geb. 1712, f 1794. !66 Kutturbitd. Dieses Hochgebirgsland mit den großen unproduktiven Flächen (Seen, Gletschern u. a.) kann trotz der im Allgemeinen fleißig und verständig be¬ triebenen Landwirthschaft den Bedarf der dichten Bevölkerung nicht decken, und an des benöthigten Getreides muß es aus Süddeutschland beziehen. Der ansehnliche Obstbau befriedigt den starken Consum, auch wird viel Obstmost erzeugt und Obst in gedörrtem Zustande noch exportirt. Flachs, Hanf und Oelpflanzen werden zumeist auf der schweizerischen Hoch¬ ebene, der Tabak in den Kantonen Freiburg, Waadt und Tessin gebaut. An¬ sehnlicher ist der Weinbau, besonders am Genfer-See (la Goto, spr. la Küt>, in Waat (Rhfwein), Neuenburg, in Schaffhausen, Thurgau, am Zürcher- See, im Rheinthal und in Tessin. — Einen Glanzpunkt bildet die Rind¬ viehzucht, gefördert durch die vortrefflichen Weiden in den Alpenthälern und au den kräuterreichen Bergabhängcu, wo die Alpenwirthschaft musterhaft betrieben wird und wo auf die Veredelung der Racen (Schwhzer-, Frei¬ burger-, Berner-Race) große Sorgfalt verwendet wird. Im Sommer wird der Stand der Rinder auf 900.000, im Winter auf 600.000 geschätzt; der Ab¬ satz geht hauptsächlich nach Italien. Berühmt ist die Butter und der Schweizer- Käse, der nach fast allen Theilen der Erde ausgeführt wird (gegenwärtige Produktion an 150.000 Ctr. im Jahre); vorzüglich der Emmenthaler (Bern), Gruhäres (Groher, aus Freiburg) u. a. Sorten. Der Bergbau ist von geringer Bedeutung, da Metalle, namentlich edle, fast gänzlich fehlen. Die Eisengewinnung (im Jura) deckt kaum den halben Bedarf; an fossiler Kohle ist gleichfalls Mangel; der große Bedarf an Salz (insbesondere für den Käse) wird durch die heimischen Salinen kaum zum vierten Theile gedeckt. Die Industrie hingegen steht auf sehr hoher Stufe. Die bedeu¬ tendsten Zweige sind die Baumwoll-, Leinen-, Seidenindustrie und die Uhrenfabrikation. In der Baumwollindustrie stehen am höchsten die Kantone Zürich (Uster, Winterthur, Wädenschwhl u. a.), Glarus (Glarus, Mollis), die Landschaft Toggenburg in St. Gallen (Will, Wattwhl u. a.), dann Frauenfeld, Schaffhausen u. a. Das Land verarbeitet über 26 Mill. Pfund Baumwolle im Jahre (über Mill. Spindeln); ausgezeichnet sind die feinen Gewebe und die Türkischroth - Färbereien (Glarus); diese Artikel werden nach der Levante und Indien abgesetzt. Für Leinen bildet St. Gallen den Mittelpunkt, so wie das benachbarte Appenzell, wo feine Stoffe und die berühmten schweizerischen Weißstickereien erzeugt werden. Die Fabrikation von Seidenwaaren ist in Zürich (Seidenstoffe) und Basel (Bänder) am großartigsten; der Werth der Schweizer Seiden-Fabrikate wird im Jahre auf mehr als 230 Mill. Francs geschätzt; die Erzeugnisse finden nicht blos in Europa, sondern auch in Amerika guten Absatz. In der Uhren¬ fabrikation behauptet dieses Land den ersten Platz auf dem Weltmärkte. Der Hauptsitz ist Genf nebst Umgebung; dann sind berühmt die Jurathäler (Locle, La Chaux de fonds, Val Travers). Im Durchschnitte werden jähr¬ lich über 200.000 Taschenuhren, darunter über 80.000 goldene Damen¬ uhren erzeugt, und der Werth der exportirten betrug in letzterer Zeit im Jahresdurchschnitte an l00 Mill. Frcs. — Auch Stahlwaaren (in den Jura- thälern), Maschinen (Zürich, Schaffhausen), mathematische Instrumente (Aarau, Genf), Papier, Holzwaaren (Berner Oberland), Strohgeflechte u. s. w. erfreuen sich guten Rufes. 167 Mit der großartigen Alpenwirthschaft und der sehr schwunghaften In¬ dustrie hält der Handel gleichen Schritt. Ausgezeichnete Land- und Alpen¬ straßen, ein ausgebreitetes Eisenbahnnetz, die Dampfschiffahrt auf den meisten Seen, zahlreiche Geldinstitute, viele Commanditeu von Schweizer Häusern auf fast allen Handelsplätzen der Erde fördern den Verkehr im Innern und nach Außen. Der Durchfuhrhandel aus Deutschland nach Italien geht über den kleinen St. Bernhard oder über den Splügen. Die Einfuhr wird nahe an 500, die Ausfuhr an 550 Mill. Frcs. bewerthet. In Hinsicht der geistigen Kultur steht die Schweiz auf gleicher Stufe mit den benachbarten deutschen Staaten. Zürich steht in der deut¬ schen, Genf in der französischen Schweiz auf der höchsten Bildungsstufe. Der Elementarunterricht ist sehr gut bestellt. Zahlreiche Real- und Special- und die Kantonsschulen, sehr viele und gute Privatlehraustalten, Seminarien zur Heranbildung von Lehrern und Lehrerinnen sorgen für gewerbliche und gelehrte Bildung. Besondere Erwähnung verdienen die Universitäten in Zürich, Basel und Bern, die Akademien in Genf und Lausanne und das Eidgenössische Polytechnikum iu Zürich. Ein erfreulicher Grad allgemeiner Bildung herrscht im ganzen Volke, das sich durch innige Anhänglichkeit und begeisterte Hingebung an die schöne Heimath auszeichnet. In Wissenschaft, Kunst und Industrie hat die Schweiz zu jeder Zeit tüchtige Männer besessen, und dieses Land gehört somit in materieller wie geistiger Beziehung zu den hochkultivirten Staaten unseres Erdtheiles. IV. Italien. Bestandtheilc und Bevölkerung. Italien wird gewöhnlich in drei Theile eingetheilt: Oberitalien, wozu Sardinien, die Po-Ebene und die Herzogthümer Parma und Modena gehören; — Mittelitalien: Toscana, der Kirchenstaat und San Ma¬ rino; — Unteritalien: das Königreich beider Sicilien. *) Nach den officiellen Ausweisen und der Eintheilung vom November 1859. **) Durch Decret des Königs von Sardinien vom 18. März 1860 sind Parma, Modena, Toscana und die Romagna (d. i. die päpstlichen Legationen: Fort«, Bologna, Ferrara und Ravenna), im Winter 1860/61 das Königreich beider Stellten mit Sardinien annexirt worden. Diese Annexion ist von einigen Mächten anerkannt worden; die legi¬ timen Souveräne haben dagegen protestirt. Sardinien hat das Herzogthum Savoyen und die Grafschaft Nizza an Frankreich abgetreten. In diesem Leitfaden ist m der Topo¬ graphie die alte politische Eintheilung beibehalten worden. 168 Nahe an der Halbinsel sind Bergland, welches den Alpen und den Apenninen angehört. Die Alpen ziehen westlich vom Bocchetta-Passe (spr. Bokketta) bei Genua längs dem Golfe von Genna (See-Alpen); dann nord¬ wärts als Grenze zwischen Italien und Frankreich (lettische nnd grafische Alpen); endlich nach Osten als Scheidewand Italiens gegen Frankreich, die Schweiz und Deutschland (penninische, lepontinische, rhätische Alpen). — Im Osten der Bocchetta beginnen die Apenninen, welche sich durch die ganze Halbinsel bis zu den Vorgebirgen Cap di Lonca (Apulien) und Cap Spar- tiveuto (Calabrien) ziehen, und dann nach Sicilien übersetzen. Anfänglich bilden sie eine vom Ligurischen zum Adriaiischeu Meere streichende Kette; — den Apenninen in Mittelitalien sind an der Westseite mehrere niedere Pa¬ rallelketten vorgelagert; — im Hochlande der Abruzzen spalten sie sich in die apulischen und calabrischen. Von den Alpen im Norden und Westen, von den Apenninen im Süden eingeschlossen, breitet sich die fruchtbare Tiefebene des Po aus. Kleinere Ebenen sind: die toscanische am unteren Arno; — die römische (aain- pÄAma , mit dem lieblichen Städtchen Cantü, reich an Natur- und Kunstschönheiten, liefert die beste Seide in großer Menge. — Chiaveuna oder Cläven ( am Fuße des Splügen, über welchen eine Kunststraße in das Rheinthal (nach Chur) in der Schweiz führt (Splügen-Joch 6697')- — Bon Bürmio oder Worms geht die herrliche Straße über das Wormser- und Stilffer-Joch nach Tirol, die höchste Straße in Europa (Stilffer-Joch 8628'), merkwürdig durch den kunstvollen Bau und den Reichthum an Naturschönheiten. — Sondrio (a. d. Adda), Hauptort des bis 1797 zu Grau- bünbten gehörigen Beltlin (Val Teglino). — Bergamo (Lor^amum , 38.800 E.), im Mittelpunkte des Seidenbaues, wichtige Industrie in Seide, Wolle und Eisen; schwunghafter Handel, große Messe; wissenschaftliche und Kunstinstitute; Geburtsort des Dichters Bernardo Tasso. — Brescia (spr. Breschia, Lrixia, 40.500 E.), be¬ rühmte Fabrikation in Eisen- und Stahlwaaren, besonders Waffen, dann Seiden¬ kultur; schöne Kathedrale, Bisthum; große Seidenmesse. — Pavia (Dioinum, am Tessin, 30.500 E.), alte Hauptstadt des longobardischen Reiches; berühmte Universität (gest. 1361), reiche wissenschaftliche Sammlungen, lebhafter Handel mit Landespro¬ dukten. König Desiderius von Karl d. Gr. gefangen 774, desgleichen Franz I. von Frankreich von Karl V. im I. 1524. — Lodi (au der Adda, 20.000 E.), Käse- bereituug und Käsehandel (Parmesaukäse). Crema und Cremona (31.000 E.), ansehnliche Fabriks- und Handelsorte; in letzter Stadt Violinen-Fabrikation (Cremo- neser-Geigen). >1) Cagliari (Seestadt, 31.000 E.), Erzbischof, Universität, Salinen, Fischfang, Seehandel. — SLssari (25.000 E.), Erzbischof, Universität, Festung. Die Insel ist gut bewässert, fruchtbar, aber schlecht angebaut; viel Holz, schöne Pferde, viel Seesalz, starke Fischerei. Die Bewohner im Innern der Insel roh (Blutrache); fast keine Industrie, schlechte und wenige Straßen, geringer Verkehr. 2. Monaco: befestigter Hauptort gl. N.; Mentone, Hafenstadt. 3- Parma. — Parma (47.500 E.), schöne, reinliche Stadt, wissenschaftliche Samm- langen und Bildungsanstalten, Universität, Sternwarte; einige Industrie, lebhafter Handel. — Piacenza (Ulrresntia , am Po, 39.400 E.), Festung. In der Nähe die ronkalische Ebene, auf welcher die deutschen Kaiser Reichstage hielten; und Campo morto an der Trebbia, wo Hannibal im I. 218 v. CH. die Römer schlug. 4. Mädena. — Mödena (blntina, 55.600 E.l, schöne Stadt, prächtiges Schloß, be¬ rühmte Sammlungen. — Reggio (spr. Redscho, 50.400 E.), Seidenindustrie, natur¬ historisches Museum. Geburtsort des Dichters Ariosto (geb. 1474). In der Nähe die Trümmer des Schlosses Canossa (Heinrich IV. Buße 1077). — Correggio (spr. Korredscho), Geburtsort des Malers Ant. Allegri (Correggio, geb. 1494). An der Küste die Herzogthümer Massa und Carrara mit Kunst-Akademien, berühmte Marmorbrllche (carrarischer Marmor). 5. Toskana. — Florenz (am Arno, ital. Firönze, lat. bUorsntia, 115.000 E.), die neue Haupt- und Residenzstadt des „Königreich Italien", iu fruchtbarer, reizender Gegend, eine der schönsten Städte in Europa (la bslla). Prächtige Kirchen (Kathedrale St. Maria del Fiore, die St. Lorenzkirche mit den Begräbnissen der Medici und dem berühmten Battisterio, die Kirche zum heil. Kreuz mit den Grabmälern von Dante, Michel-Angelo, Macchiavelli, Galilei u. a.); große Paläste, durch architektonische Schönheit und Kunstwerke aller Art ausgezeichnet; kalužo Uitti, früher großherz. Residenz, mit herrlicher Gemäldegallerie; xal. äoxli iiEss. mit einer der ersten Kunst¬ sammlungen der Erde (Medicöische Venns, Gruppe der Niobe, andere Antiken); die IvMia äei lanni , die schönste Hauptwache der Erde. Universität, ^.ooaäsmia clella ornsoa, Lyceum der Musik, Akademie der bildenden Künste; überhaupt vorzügliche Sammlungen für Wissenschaften und Künste. Industrie in Seide, Strohflechterci, Kunst¬ blumen, plastische Arbeiten in Marmor, Alabaster, Mosaik und Korallen. — Livorno (96.500 E.), Freihafen; Handel mit der Levante, Odessa, in Colonialwaaren, englischen, französischen und schweizer Manusakten; regelmäßige Dampfschiffahrt nach Marseille, Malta, Neapel nnd der Levante; viel Juden, dann Armenier, Griechen und Türken. Die Industrie stets wachsend. — Pisa (am Arno, 51.000 E.), im Mittelalter Haupt- 171 stadt eines blühenden Freistaates mit 150.000 E. ; Universität, schöner Dom, der berühmte schiefe Thurm, der herrliche Gottesacker (eampo sauto) mit alten Fresco- gemälden; Vaterstadt Galilei's. In der Nähe warme Schwe'llbäder. — Siena l8ena ckulia, 22 600 E.), Erzbischof, Universität, prächtiger Dom, ansehnliche Fabrikation, Siegelerde; ehemals Hauptstadt eines Freistaates mit 100.000 E. — Lucca (65.500E.), in herrlicher Gegend mit dichter und fleißiger Bevölkerung (die Gypssigurenhändler aus Lucca in ganz Europa), ehemals Republik (von 1370—1805); Erzbisthum; wichtige Vieh- und Seidenzucht; Seideusabrikation, starker Osthandel. — Pistoja (Uistoiin, 12.000 E-), Eisenwerke, Straße über den Appennin nach Modena. — Arezzo j>rrstium, 37.000 E.), Geburtsort des Dichters Petrarca (geb. 1304) und des Noten-Erfinders Guido von Arezzo. — Die gebirgige Insel Elba, reich an Eisen und Wein, starker Fischfang. Napoleons Aufenthalt 1814 — 1815. Hauptort und Festung Porto Ferrajo (Eisenhafen), große Salinen. 6. Kirchenstaat. — Rom (Koma, an der Tiber, 197.100 E.), die „ewige, einzige" Stadt, eine Weltstadt, wie es in diesem Sinne keine zweite gibt. Hier stand die (753 v. Chr. gegründete) große Metropole des heidnischen Römerreiches, und hier ist nach Besiegung des Heidenthums der Mittelpunkt der christlichen Welt, denn der Statt¬ halter Christi auf Erden, der Papst, hat hier seinen Sitz. An beiden Ufern der Tiber auf 12 Hügeln erhebt sich die Stadt voll großartiger Bau- und Bilderwerke des Alterthums, reich an Kirchen (328) und Palästen mit herrlichen Kunstschätzen. Die St. Peterskirche, die größte und prachtvollste ans der Erde, mit dem Grabe der Apostelfürsten (h. Petrus und h. Paulus) und der berühmten, auf 4 kolossalen Pfeilern ruhenden Kuppel; vor der Kirche der St. Peters-Platz, der schönste auf Erden, mit kreisförmigem Säulengang und kolossalen Statuen*) — Die eigentliche Hanpt- Pfarrkirche des Papstes ist St. Johannes im Lateran (omuinm «solssiarum nrbis st ordis matsr st snput) mit der überaus prächtigen Kapelle Corstni, dem Battisterio (Taufe von Juden und Türken am Charsamstage). Andere berühmte Kirchen sind: die St. PaulS-Kirche, 8t. Nuria all inartxrss (das Pantheon des heidnischen Rom, eine Rotonda), St. Onofrio am Hügel Gianicolo (spr. Dschanicolo, ckauieulus) mit Tor¬ quato Tasso's Grab; die deutsche Nativnalkirche 8t. Nuria äell' auima, deren Pfarrer Oesterreich ernennt, u. v. a. Päpstliche Paläste: der Vatican, der größte Palast in Europa (22 Höfe, 220 Treppen, 4422 (nach anderen Angaben über 11.000s Zimmer und Säle, aber in der Regel nur zur Zeit des Conclave bewohnt) mit der Sixtini¬ schen und Paulinischen Kapelle, den Logen und Sälen mit Raphael's unsterblichen Meisterwerken; die berühmteste Bibliothek mit wichtigen Handschriften; Gemälde¬ sammlung; erste Antikensammluug der Erde im Belvedere (Laokoon, Apollo vom Belvedere, der Torso u. a. m.); Museum Chiaramonti, Gregorianum u. a. — Der Lateran, bis 1304 päpstliche Residenz. Der Quirinal (Nonts vavallo), gewöhn¬ liche Residenz Sr. Heiligkeit. Man zählt überdies; über 60 große Paläste und nicht weniger prächtige Landhäuser (Villen, — villa Lorgks8s) mit Gärten, ausgezeichnet durch Bauart, Pracht- uud Kunstwerke. Die Engelsburg (OastsIIo cli 8unt Ln^slo), aus dem Grabmal Hadrians (moles Naäriani) entstanden, mit dem Erzengel Michael (aus Bronze) ans der Spitze, dient als Arsenal, Staatsgefängniß, Archiv, Aufbe¬ wahrungsort der päpstlichen Kleinodien. Campidoglio an der Stelle des alten 6api- tolinin mit vielen Kunstwerken. Zahlreiche Ueberreste von Tempeln, Amphitheatern, Bädern, Triumphbögen, Säulen, Obelisken, Katakomben u. s. w. Bedeutende wiffeu- schaftlichc Anstalten; Universität; OoUsgsium lls propa^ucls. klSs für Zöglinge aus allen Erdtheilen zur Heranbildung von Missionären; die Leaüomia äl 8au I-uea für alle Zweige bildender Kunst; viele Akademien, Schulen, Klöster. Großer Zusammen- fluß von Fremden, namentlich Künstlern, Kunstfreunden und Alterthmnssorschcrn. — Die Industrie ist ansehnlich in Seidenwaaren, kirchlichen Stoffen, Farbwaaren, Kunstblumen, Darmsaiten, Essenzen u. a. — Einige Theile der Stadt und der Umgebung («amxsxna äi Koma) sind im Sommer wegen der schlechten Luft (malkria) ungesund. Im Sabiner- und Albaner-Gebirge: Tivöli sil'ibur) am Teverone (Lnio), der hier einen prächtigen Wasserfall bildet; FrascLti (Nuseulum) und Albirno (LIda lon^a), LieblingSsitze der Römer im Sommer. — Civita Vccchia (spr. Tschiwita Wekkia, *) Zu der St. Peterskirche wurde im I. 1450 ein Anfang gemacht, 1506 der Grundstein gelegt, eingeweiht ward sie 1626. Die Kosten beliefen sich auf 100 Millionen Gulden. 172 10.000 E.), Festung, Freihafen, Standort der päpstlichen Marine, der beste Hafen zwischen Livorno und Neapel. — Perugia (spr. Perndscha, 44.200 E.). zwischen der Tiber und dein Trasimenischen See (Hannibal's Sieg im I. 217 v. Chr.); Univer¬ sität, Akademie der Künste, Fabriken. — Velletri, Rieti, Spoleto mit vielen römischen Alterthümcrn. — Terracina (^.nxnr) am Ende der pontinischcn Sümpfe. — Mont esiascone, berühmter Weinbau (Moscatcllo - Wein). — Ferrara (Po, 68.000 E.), Festung, Universität, ehemals Hauptstadt des Fürstenthums gl. N., dem Hause Este gehörig. Commachio, an großen Sümpfen (den Maremmen). Bologna (Uouonin, 109.400 E-), bis 1512 Hauptstadt einer Republik unter der Herrschaft der Bentivoglio; älteste Universität (seit 1458, auf dem Stadtthore: „Lononia clocet"), Bibliothek, musikalische Schule; Erzbischof, viele Kirchen, 2 schiefe Thürme; viel In¬ dustrie (Seidenwaaren, Liqneure, Confitllren, Würste). Ravenna (57.300 E.), ehe¬ mals Residenz mehrerer römischer Kaiser und gothischer Könige; Denkmal Theodorich's; Erzbischof. Siuigaglia (23.000 E.), Hafenstadt, stark besuchte Messe. Urbino (13.000 E.), bis 4626 Hauptstadt eines Herzogthumes; der Maler Raphael Saucio ward hier geboren (4483, ch 4520). Ancona (46.000 E.), stark befestigte Seestadt, lebhafter Handel nach Triest, Griechenland und der Levante. Loretto, be¬ rühmter Wallfahrtsort, Hauptkirche mit dem heil. Hause Maria's aus Nazareth, welches nach der Legende von Engeln hiehcr gebracht worden. — Erwähnenswert!) sind endlich: Rimini (Xrimininm, 33 400 E.), Faönza (36.400 E., Geschirrfabriken, Fayence), Forli (39.000 E., Seidenwaaren), Pöfaro (Rossini'S Geburtsort). —Von Neapel sind eingeschlossen: Pontecorvo (mn Garigliano), 4806—4810 Eigenthnm Berna- dotte's; — Benevento (am Volturno), ehemals Hauptstadt eines longobardischen Herzogthumes, 4806—4815 dem Fürsten Tallcyraud gehörig; ansehnlicher Handel. 7. San Marino. — Diese Republick besteht ans der Stadt gl. R. und 3 Landgemeinden. Die Bewohner nähren sich vom Landban. An der Spitze der Verwaltung stehen 2 re¬ gierende Hauptleute (onxitäni regAsnti, spr. redschenti), auf 6 Monate gewählt. 8. Königreich beider Sicilien. n) Campanien: — Neapel (IMpoli, vnrtllsnopo, 447.000 E., darunter 70- bis 80.000 I-u^aroni), weltberühmte herrliche Lage am Golfe gl. R. zwischen den Bergen Vesuv und Posilippo. Das Innere der Stadt entspricht wenig der reizenden Lage, denn die Stadt mit beiläufig 50.000 Häusern ist weder regelmäßig noch schön gebaut. Die Alt¬ stadt, mit deni Aussehen des ital. Mittelalters, durchkreuzen enge Gassen in regellosen Windungen; die Plätze (Inrg-Iü) sind unbedeutende Erweiterungen. Prachtvoll ist da¬ gegen die Neustadt, insbesondere der palastreiche Quai „Chiaja", die Villa Reale, Straße Toledo u. a. Neapel ist die reichste und belebteste Stadt Italiens, mit schönen Kirchen, Palästen und vielen Klöstern, Hospitälern, Armen- und Arbeitshäusern. Universität, Akademie, Schulen für Musik und bildende Künste; große Kunst- und Altcrthumssamm- lungen (aus vomxsji und Horoulnnum), bourbonisches Museum. Das größte Theater in Europa (8nn vnrlo). Die Industrie ist erst im Beginne; der Handel bedeutend; einer der wichtigsten Handelsplätze am Mittelmecre; mehrere Geld- und Kreditinstitute. Die Umgebungen sind schön und reich an Sehenswürdigkeiten aller Art. — Inseln: Ischia (spr. Jßkia) mit heißen Quellen. Procld a (Flottenstation unter den Römern) und Capri mit der „blauen Grotte"; Aufenthalt des Tiberius. — Pnzznoli (kutsoli), Puzzuolcmerde; in der Nähe Pie „Hundsgrotte" und die „Solfatara" (die vampi Plllasxiasi der Alten). — Portici, k. Schloß, in der Nähe der im I. 79 n. CH. verschütteten, aber seit 1713 wieder ansgegrabenen Städte Herculauum und Pompeji (ch Plinius); Re sina, vortrefflicher Wein (I-aorimas vllristi); von hier aus wird der Vesuv bestiegen. Castel amare (48.000 E.), ans den Ruinen der alten Stadt 8tadins erbaut. Sorrento, Torquato Tasso's Geburtsort (geb. 4544). Gaöta (11.000 E.), starke Festung, Seestadt. Caserta (28.000 E.), Capua, Seiden-, Oel- und Weinbau; Hanuibal's Waffenplatz. — Arpino (Lrpinnm), Geburtsort des Marius uud Cicero. Salerno (Lnlornnm, 29.000 E.), Grabmal des Papstes Gregor VII.; ehemals be¬ rühmte medicinische Schule. Bei Sarno die berühmten Tempetruinen Von knsstum. b) Abruzzo. — Aqnila (14.000 E.), befestigte Stadt. Teramo, Seidenspinnerei. Sulmona (8ulmo), Ovid's Geburtsort. e) Apulien. — Lecce (49.000 E.), malerische Lage, Oelhandel. TarLnto, Bari und Manfredünia, ansehnlicher Scehandel. Brindisi (Urnnänsinm), ehe¬ mals berühmter, jetzt versandeter Hasen. Foggia (spr. Fodscha, 34.000 E.), bedeutende Messe. ll) Calabrien. — Reggio (spr. Redscho, 30.600 E.), reiche Haudelstadt au der Straße von Messina (Scylla und Charybdis). Losen za (14.000 E.), Fabrikation 17.3 von Eisenwaarcii, Thouwaarcu. In der Nähe der Fluß Biscnzio (Lussnto) , in welchem der Golhenkönig Manch begraben wurde. V e n o s a (Veuusiuin), Geburts¬ ort des Horaz. Catanzaro, Seidenfabrikation, Oelban. s) Insel Sicilien. — Palermo (200.000 E.), in fruchtbarer Gegend, regelmäßig gebaut; prachtvolle Kathedrale; Kapuzinerkloster mit berühmter Gruft; Grabmal Kaiser Friedrich II. Griechische Denkmäler, großer k. Palast mit berühmter Sternwarte, Uni¬ versität, Navigationsschule. Bedeutende Industrie (Scidenzeug, Leder, Wachs, Korallen), lebhafter Handel. Dampfschiffahrt. Nosalienfest im Juli. — Messina (Llessana, 103.400 E.), Universität, Seidenindnstrie, wichtiger Handel mit Südfrüchten. Catania (Latansu, 69.000 E.), am südöstl. Fuße des Aetna, Universität, viele römische Alter- thiimer, Seideniudustrie, Handel. Siracusa (Syrnousas, 19.000 E.), Ruinen der alten berühmten Stadt Shracus; Kathedrale, große Stciubrüche. Girgeuti (spr. Dschirdschenti, L^risssntuiu, 19.000 E.), Rninen des alten Agrigent; Schwefclminen, Wein-, Oel-, Getreidehandel. Trapani (27.000 E.), Festung, Salzwerke, wichtige Industrie (Korallen-, Elfenbein-, Alabaster-, Marmorarbeitcn n. a.). — Marsala (31.400 E.), Marmor, Wein, Seesalz. — Calt anisetta 17.009 E.) und Castro Giovanni, ungemein reiche Schwefelgruben. — Die Liparischen Inseln (im Norden von Sicilien) sind vulkanisch; die Äe gadi sch en liegen unweit der Westspitze; die Insel Pantelaria, nur 6 Meilen von Afrika entfernt, reich an Wein, Rosinen, Feigen. Kuiturbild. Der Boden Italiens ist von der Natnr reich begünstigt und bringt ohne große Anstrengung in der Bebauung einen Nebenfluß der gewöhnlichen Ackerprodukte hervor. Der Norden Italiens ist in Hinsicht derLandwirthschaft, der Industrie und des Handels, sowie des sich daran knüpfenden Wohlstandes und der geistigen Kultur dem Süden überlegen. Weizen, Mais, Maulbeer¬ bäume und Wein gedeihen in großer Menge in ganz Italien. In Ober¬ italien ist der Reis nebst Weizen und Mais charakteristisch, dann der Kastanien- und der Maulbeerbaum; — der Oelbaum, Südfrüchte und Sü߬ weine beginnen erst jenseits der Apenninen in Mittelitalien, doch haben auch Nizza und Genua die gleichen Produkte; Orangen werden erst allgemein von Neapels Nordgrenze; — Tropenprodnkte kommen nur im äußersten Süden vor) in U n t e ri t a li e n, wo die Baumwollstaude, Mandeln, Feigen, Datteln, Granatäpfel u. dgl. gedeihen. Die Wälder in den unteren Regionen der Apenninen sind reich an immergrünen Bäumen (Pinien, Cypresse«, Lorbeer, Myrten); im höheren Appennin nnd in den Alpen stehen Eichen, Buchen und Nadelhölzer. Die Thiere spielen in Hinsicht der Physiognomie des Landes keine so wichtige Rolle als die Pflanzen; mit Ausnahme des Büffels, der als Lastthier viel verwendet wird, kommen die übrigen europäischen Haus- thiere vor; nur der Esel und Maulesel sind viel zahlreicher. Dem Berg baue wird nicht die wünschcnswcrthe Aufmerksamkeit zu- gewendet; er bietet keine große Mannigfaltigkeit. Die Ausbeute an edlen Me¬ tallen ist kaum nennenswerth. An Eisen hat Elba den größten Reichthum; auch die Lombardei, Parma und Calabrien liefern einiges; doch ist die Eisengewinnung lange nicht ausreichend für den Bedarf. Für Sicilien und die liparischen Inseln ist der Schwefel ein wichtiger Exportartikel. Reich ist das Land an Marmor (Carrara, Massa, Pisa, Siöna) und einigen nutz¬ baren Erdarten. In der Industrie ist Italien von der hohen Stufe, auf der es ehemals gestanden, sehr hcrabgekommcn. Eine Concurrenz mit den übrigen europäischen Staaten, deren Lehrmeisterin diese Halbinsel in manchen Ge¬ werben gewesen ist, vermag sie nicht mehr auszuhalten. Große Jndustriebe- zirke gibt es gar nicht; nur einzelne Orte liefern in einzelnen Artikeln Aner- 174 kennendes, und hierin haben die Lombardei und Piemont die meisten Fort¬ schritte aufzuweisen. Die wichtigsten Jndustrieprodukte sind: Seidenwaaren, Korallenarbeiten, Glas- und Thonwaaren, Bijouterien, Seife, Strohhüte, Papier, Kunstblumen, Essenzen u. a. m. Im Handel hat Italien seine welthistorische Bedeutung, die es im Mittelalter inne hatte, eingebüßt, seitdem der Atlantik die Hauptstraße für den Welthandel geworden ist. Deßungeachtet ist er noch ansehnlich nach der Levante und Nordafrika, nach Westeuropa, der Schweiz und Deutschland. Genua, Livorno, Civitavecchia, Neapel, Messina, Palermo, Gallipoli und Ancona vermitteln den Seeverkehr; Turin, Mailand, Florenz, Rom, die Messen zu Sinigalia und Foggio sind für den Binnenverkehr wichtig. Die Bevölkerung ist sehr ungleichmäßig vertheilt. Die dichteste ist in der Umgebung von Lucca (8400 — l ^M.) und in der Lombardei (7660); die dünnste auf Sardinien (etwa 1240). In nur wenigen Ländern gibt es verhältnißmäßig so viele und so große Städte als in Italien. Einst beherrschte Italien durch Waffengewalt und materielle Macht säst die ganze damals bekannte Erde; später war Italia die Wiege europäischer Kultur, die Wiedererweckerin wissenschaftlichen Lebens, die Heimat der Künste, die Beherrscherin des Welthandels; seit l8 Jahrhunderten ist Rom die Metropole des Christenthums, der Brennpunkt des christlichen Glaubens, dessen Strah¬ len bis in die entferntesten Länder der Erde reichen. Seit jeher war also dieses Land von hoher Bedeutung für die Entwickelung der Völker. Leider steht Italien jetzt nicht mehr auf jener hohen Stufe. Die geistige Bildung dieses reichbegabten Volkes ist eine geringe, der Stand des öffentlichen Un¬ terrichtes nur in Norditalien und Toskana ein theilweise befriedigender. Ver¬ hältnißmäßig ist in den Naturwissenschaften noch am meisten geleistet worden. Daß einzelne strebsame Geister auch in unseren Tagen als würdige Stützen und Träger der Wissenschaft emporragen, ist nicht zu leugnen; aber die große Masse des Volkes wächst vielfach fast ohne allen Unterricht auf. Für gelehrte Bildung bestehen relativ ziemlich viel Anstalten, obwohl von den vielen Uni¬ versitäten nur sehr wenige sich den deutschen Hochschulen nähern. Für die technische und kommerzielle Ausbildung geschieht wenig. Auf dem Gebiete der schönen Künste behauptet Italien (Rom, Florenz, Venedig) immer noch einen hohen Rang, wozu nebst der glücklichen Begabung des Volkes und nebst der herrlichen Natur die vielen Kunstanstalten und Schätze, welche in Kirchen, Palästen, Museen und Gallerten von der einstigen Größe des Landes Zeug- niß geben, sehr viel beitragen. Gelehrte und Künstler bereisen dieses schöne, historisch wichtige Land, welches immerdar von Einfluß für die geistige Ent¬ wickelung der Menschheit bleiben wird. V. Das Königreich Spanien. In Europa: 9200 ^Meilen; 16,561.000 Einw. (in den Colonien: 5846 OM., 4,729.000 Einw-)*); saft ausschließlich Spanier ('/- Mill. Basken; Reste der Mauren; deutsche Colonisten). — Katholiken. — Grenzen? Das Land. — Die hesperische Halbinsel ist ein zusammenhängendes Hochland, in welchem vier von Osten nach Westen streichende Gebirgszüge *) In Afrika 24 ^Meilen 17.000 Einwohner. „ Asien und Australien .... 2507 „ 2,700.000 „ „ Amerika (mit St. Domingo) 3314 „ 2,032.000 „ 175 besonders hervortreten. Der nördlichste und südlichste Gebirgszug haben Hochgebirgscharakter, die zwei mittleren begrenzen zwei Hochebenen. (Siehe S. 26, Nr. 3.) Die Tiefebenen an den Küsten sind von geringer Aus¬ dehnung; die aragonische am unteren Ebro, die andalusische am unteren Guadalquivir. — Der atlantische Ocean und das Mittelmeer bespülen das Land und schneiden mehrere Golfe ein. (Cadix, Cartagena, Valencia.) — Die Flüsse, welche im Sommer wasserarm sind (die kleinen trocknen ganz aus), ergießen sich in die beiden Meere. Dem Atlantik fließen zu: der Min h o (zum Theil Grenzfluß gegen Portugal), Duero (Spaniens größter Fluß), Tajo, Guadiana und der (wichtigste und wasserreichste) Gu ada lquivir; in das Mittelmeer der Segura, Tucar, Guadalaviar und der schiff¬ bare Ebro. Größere Landseen gibt es nicht. Unter den wenigen Kanälen ist nur der Kaiserkanal (von Karl V. begonnen) von Bedeutung. — Das Klima ist sehr verschieden. Der nördliche Landestheil ist sehr bewässert, bäum- und wiesenreich und hat mildes Klima; das Innere Spaniens ist dürr, im Winter kalt, im Sommer heiß, ausgebrannt, fast ganz baumlos; die südliche sehr heiße Zone erzeugt Südfrüchte und feurige Weine. Während .auf den Hoch¬ ebenen die mittlere Jahreswärme etwa 15" U. beträgt, ist diese an den Küsten um ein paar Grade höher, in Granäda und Andalusien steigt die Sommer¬ wärme fast zur afrikanischen. Die Regenmenge ist eine geringe. Winde sind: im Nordwesten der kalte Galego, im Süden der erstickend heiße Solano. Politische Einthciluug und Orte: Die Gesammtmonarchie wird administrativ in 49 Provinzen eingetheilt; gebräuchlicher ist die historische EiMheilung in Lander der Kronen von Častili en und Aragonien, die Landschaften Navarra nnd die bas¬ kischen Provinzen; endlich die überseeischen Colonien. 1. Castilicu. 1. Kgr. Neucastilien: Madrid (am Manzanares, 302,000 E.), Haupt- und Residenzstadt, auf einer wasserarmen Hochebene. Prachtvoller k. Palast; Universität, mehrere Akademien nnd gelehrte Institute, Kunstsammlungen, Gcinäldegallcrien. Große Cigarrensabrik, sonst nicht viel Industrie. Schöne Spaziergänge (krucko), Amphitheater für Stiergefechte. Kgl. Lustschlösser, darunter El Escorial mit prachtvollem Kloster (erbaut von Philipp II. nach dem Siege von St. Quentin sspr. San Kantäns im I. 1557). Begrabnißort der spanischen Könige; reiche Bibliothek, Gemäldesammlung. - Toledo (Tajo, 18.000 E.), ehemalige Residenz der maurischen Könige, Sitz des ersten Erzbischöfe« von Spanien. — Almadön, das reichste Qnecksilberbergwerk in Europa. — Alcala ) in Afrika (Cap-Verdische Inseln, Senegambien, An¬ gola, Benguela, Mozambique u. s. w.) ^'^9 " 2,399.000 „ o) in Asien (Goa, Diu, Makao, auf Timor rc.) 200(?)„ 1,288.000 „ Klun, Geographie. 6. Aust. 12 178 sich die rauhen Bergmassen erheben. Zwischen Minho und Donro ist die Serra de Montez inho; zwischen Donro und Tejo die Serra Estre lla; zwischen Tejo und Guadiana die Serra de Monhique bis zum Cap St. Vincenz. — Größere Landseen kommen nicht vor. — Das Land liegt in der Zone des Oelbaumes und der Südfrüchte; die Küstenstriche werden durch Seewinde abgekühlt, im Inneren herrscht afrikanische Hitze. Schnee und Hagel sind Seltenheiten, aber Regen und Gewitter häufig. Erdbeben haben öfters Verheerungen angerichtet (Lissabon am I. November 1755). Politische Eintheilung und Orte. — Die Gesammtmonarchie wird in 8 Provinzen eingetheilt, von denen 6 auf das Festland, 2 auf die Inseln entfallen. Bemerkenswerthe Orte sind: Lissabon (Tejo-Müuduug, 224.000 C.), prachtvolle Lage, aber sehr unreinliche Stadt; viele Kirchen und Klöster; mehrere Paläste; seit dem furchtbaren Erdbeben (1755) nicht ganz heraestellt. König!. Residenz und Sitz eines Patriarchen; Akademie. Zahl¬ reiche prachtvolle Landhäuser (Quinta's). Wichtig für den Handel, der sich fast ganz in den Händen der Engländer befindet. Kriegshafen mit dem Fort Belem, wo die Schiffe anlegen. Bank,'Börse, Schiffswerft-; große Wasserleitung von Alcantara. — Setuval (14.000 E), Salinen, Wein- und Südsriichtenhandel. — Santaräm (Tejo), ehemals Residenz vieler portng. Könige, königl. Grabmäler; Hauptwasjenplatz. — Coimbra (18.200 E-), Universität. — Porto oder Oporto (Donro, 86.300 E.), starker Handel mit Wein (Portwein), hauptsächlich nach England. — Braga (20.000 E.), Erzbischof; Fabrikation. — Bra ganz a, Stammschloß der Königsfamilie. — Evora (12,000 E.), Erzbischof; Weinhandel; römische Alterthümer. — Clvas (12.000 E.), stärkste Festung; Handel mit Spanien. Faro (10.000 E.), Tavir» (11.000 E. Prov. Algarve), bedeutender Fischfang, lebhafter Handel. Die Gruppe der Azoren (0 Inseln), vulkanischer Natur, mit mildem Klima. Der Ackerbau ist nicht erheblich; dagegen viel Wein, vortreffliche Südfrüchte, lebhafter Handel. Die wichtigsten Hafenplätze sind: anf Tereeira: Angra (10.600 E.), ans S. Miguel: Punta Delgado (13.100 E.). Die vulkanische Gebirgstnsel Madeira, mit dem Hauptorte Funchal (17.400 E.), hat ein gleichförmiges, sehr gesundes Klima und ausgezeichneten Weinbau. Die Inseln des grünen Vorgebirges (capverdische) sind ungesund und wenig fruchtbar; Hanptprodukt ist Salz. KutturbUd. Der Boden ist sehr fruchtbar, das Klima günstig; die Bodenkultur jedoch eine höchst geringe. Kanin '/s der Gesammtfläche entfällt auf das Ackerland und die Produktion deckt kaum den Bedarf. Der Reisbau gewinnt an Ausdehnung. Reich ist das Land an edlen Südfrüchten (in Algarve) und vortrefflichen Weinen (Oporto, Setuval). Besser ist die Viehzucht bestellt, insbesondere die Zucht der Schafe, des Rindviehes, der Esel und Maulesel. Der Bergbau ist fast ganz vernachlässigt. An Seesalz werden große Mengen gewonnen. Die Industrie beginnt sich zwar zu heben, allein sie befriedigt jetzt weder durch die Quantität noch durch die Qualität der Produkte. Die industriellsten Orte sind Lissabon und Oporto, namentlich in den verschiedenen Zweigen der Webe- und Wirkwaarenindustrie. Der äußere Handel, ehemals großartiger Welthandel, beschränkt sich gegen¬ wärtig auf die Seeplätze Lissabon, Oporto, Setuval und Faro, und für den Verkehr mit Spanien auf Elvas; er ist beim Import fast ganz in den Hän¬ den der Engländer. Der Verkehr kann sich bei dem schlechten Zustande der ungenügenden Kommunikatiousmittel noch nicht entwickeln. Auch in geistiger Beziehung weiset Portugal kein erfreuliches Bild. Mangel an Schulen und der geringe Besuch derselben treten überall hervor. Jetzt beginnt man zwar an der Errichtung von Mittel- und Spezialschulen zu arbeiten; die Universität 179 zu Coimbra, das Polytechnikum in Oporto, mehrere nautische, Ackerbau- und Handelsschulen beleben die Hoffnung ans eine bessere Zukunft, welche an den ernstlichen Bestrebungen der Regierung eine Stütze findet. VII. Das Kaisertum Frankreich. In Europa: 10.035 ^Meilen, 37,500.000 Einwohner, überwiegend Katholiken (nah- an '/- MM. Protestanten, 270.000 Israeliten); — Algerien: 7100 ^Meilen, 3 Mill. Einwohner (meist Muhamedaner); — sonstige Colonien in Afrika, Amerika, Asien und Australien: über 8860 ^Meilen, 1,060.000 Einwohner. — Grenzen? Das Land- — Frankreich liegt zwischen 2 Meeren (dem Atlantik und dem Mittelmecre) und 2 Hochgebirgen Europas (den Pyrenäen und den Alpen). Getrennt von den beiden Gebirgssystemen erhebt sich Hochfrankreich (oder das südfranzösische Bergland), welches durch Plateau-Landschaften mit dem nördlichen deutschen Berglande in Verbindung steht. Mehr als die Hälfte des Landes ist theils wellenförmige Ebene, theils Tiefland. Grenzgebirge: Die Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien, reich an Schneefeldern und Gletschern, mit Jochübergängen nnd Kunststraßen. — Im Südosten sind Grenzgebirge die Alpen und der Jura. Zum Alpen¬ gebiete gehören: zwischen dem Mittelmcere und der Durance (spr. Dürünß) die Seealpen; — zwischen den Thälern der Durance und der Jssre die kottischen (mit den Kunststraßen über den Mont Genovre sspr. Mon Schnsvrs und M. Cenis sspr. Sems); — zwischen der Rhone und Jsüre die grafischen Alpen (M. Olan, 12.960"). — Zwischen den Thälern der Rhone, Saone (spr. Ssohn) und Doubs (spr. Du) zieht sich das Grenz¬ gebirge Jura. Inneres Berg land: Im Westen des Rhonethales erhebt sich Hoch¬ frankreich (Cautal 5700h Mont d'or 5800"). Die Sevennen ziehen bis zum Kanal von Languedoc; gegen Norden ziehen 3 Bergketten: u) die Gebirge von Lionnais (spr. Lionnä) und Charolais (spr. Scharolä) zwischen der Rhone und der Loire (spr. LoLr); — b) von Forez (spr. Foreh) zwischen Loire und Allier (spr. Aljeh); — cr) das Hochland von Auvergne (spr. Owernj). Im Norden von Hochfrankreich ist das Cote d'or, welchem nördlich das Plateau von Langres (spr. Lang'r) und nordöstlich jenes von Hochburgund vorgelagert sind. Ersteres geht in das Hügelland von Lothringen über, an welches sich der Ardennenwald und das west-rheinische Bergland mit den Vogesen anschließt. — Im äußersten Westen erheben sich die Bergland¬ schaften der Bretagne und Normandie. Zwischen den letzten und den früher genannten Berglandschaften breitet sich das Plateau von Orleans aus, welches sich zu den Tieflandschaften der Seine (spr. Ssehn) nnd der Loire herab¬ senkt. — Der Küstenstrich zwischen den Mündungen der Adour (spr. Aduhr) und der Gironde (spr. Schirond) ist Haideland (Des 1uncie8 — spr. leh land'); von der Gironde- bis znr Loire - Mündung sind Sand- und Moor¬ flächen. Am Mittelmeere ist die durch landschaftliche Reize nnd Fruchtbar¬ keit bekannte proveuyalische (spr. provanßalische) Tiefebene. Im Westen der Rhone - Mündung sind jedoch Sumpfgegenden, im Osten das unfruchtbare Kieselfeld Crau (spr. Kroh). 12* 180 In die genannten Meere ergießen sich die Flüsse Frankreichs, von denen über 100 schiffbar, und die bedeutendsten die Loire, Seine, Ga¬ r'onne und Rhone sind. (Sieh' S. 28.) Der Rhein bildet eine Strecke die Grenze, und nimmt ans Frankreich die Mosel und Maas auf. Auch die Schelde hat hier ihre Quellen. Landseen von Bedeutung gibt es nicht in Frank¬ reich. — Sehr verzweigt ist das Kanalshstem. Die größten Kanäle sind: der Südkanal (Kanal von Languedoc) verbindet die Garonne mit dem Mittel¬ meere; — der Kanal du centre (— Kanal dü ßant'r) zwischen der Loire nnd Saone; Kanal von Burgund (Seine — Saöne — Rhone); — Kanal zwischen Rhone —> Saone — Rhein; — zwischen Rhein — Seine; — zwischen Seine — Oise (spr. Oahs) — Schelde u. a. Das Klima ist im Allgemeinen gemäßigt, milde. An den Südküsten ist italienisches Klima mit Oelbau; im Norden etwa wie im nördlichen Deutschland; in den Gebirgsgegenden ist es rauh. Politische Eiutheiluiig mid Orte: Frankreich war ehemals in 36 Provinzen, ge- schichllich in 2k Landschaften, eingetheiu. Jetzt zerfällt cs (mit Savoyen und Nizza) in 88 Departements (sp. Döpart'man'), welche meistens nach Flüssen und Gebirgen benannt sind. Uebersichtlicher ist die Eintheilung nach Provinzen. 1. Jelc de France (--- Jl de franß'): Paris (Imtstia. knrisiorum) an der Seine, 1,900.000 Einw., stark befestigt, Residenz des Kaisers, Sitz der höchsten Staats¬ behörden, eines Erzbischofes. Zwischen der Stadt nnd den Vorstädten sind die Boule¬ vards (Bul'war') mir eleganten HStels, Kaffeehäusern, Kaufladen, zugleich Spazier¬ gänge. Große mit Monumenten gezierte Plätze (Carousfel-Platz, Eintrachtsplatz vor dem Tnileriengarlen mit dem Obelisk von Luxor, Vendbme- (Wandom) Platz u. a.), Gothisckcr Dom (Notre Dame, aus dem 12. Jahrh.). Jnvaliden-Dom mit Napo- leon's Gruft, Magdalenenkirche; der schönste Kirchhof der Erde Vers la Oimms (fp. Per la Schätz'). Kaiser!. Palast der Tnilerien mit dem Louvre (--- Lnw r) mit pracht¬ vollen Kunstsammlungen, Palais Royal (-- Palä Roajal) mit Gallerien, Palast Bourbon, das Stadthaus, Börsengebäude. Militärschule in der Nähe des großen Marsfeltes. Großartige wissenschaftliche Anstalten und Sammlungen: das Institut von Frankreich (kais. Akademie), Universität, Polytechnikum, viele höhere Lehranstalten und Spezialschulen; die größte Bibliothek, viele gelehrte Gesellschaften, Mittelpunkt des geistigen, technischen nnd kommerziellen Lebens in Frankreich. Erste Fabriks- und Handelsstadt des Reiches, große Geldinstitute, wichtiger Wechselplatz; Tonangeberin in Mode und Luxus, häufig auch in Kunst und einigen Zweigen der Literatur. Weltstadt in großartigem Sinne. Kaiserl. Lustschlösser: St. Cloud (fp. Sän Kln); Fontainebleau (-- Fon- tänblü), prächtiger Garten; Thronentsagung Napoleons I. am 1k. April 1814; Ver- s aill es (— Wcrßail, 39.000 E.), seit Ludwig XIV. gewöhnliche Residenz der Könige, große Gemäldesammlungen, berühmte Wasserkünste. — St. Denis (-- Sän Deni, 18.000 E.), Begräbnißort der Könige. Vincennes (Wänßenn) befestigt, Rcsideuz- schloß der Könige bis Ludwig XIII. Sevres (-- Säwr'), berühmte kais. Porzel¬ lanfabrik. Soissons (--- Soaßon), Königssitz der Merowinger; Chlodwig'« Sieg 486. St. Quentin (Sän Kantän, 31.000 E-), große Leinen- und Baumwollindustrie. Schlacht 1557. Compibgne (Kom'pjen, 10.000 E.), Lustschloß, Artillerieschule; Gefangennahme der Johanna von Orleans am 25. Mai 1430. 2. Picardie mit Artois (— Artoa) und Flandern. Amiens (-- Amjen an der Somme, 59.000 E.), Festung, wissenschaftliche Lehr¬ anstalten und Sammlungen; Sammt- und Wollwaaren; einst die Haupt- und Königsstadt der Frauken; Geburtsort Peter's von Amiens (Kreuzzug); Friede 1802. Arras (— Arrahß, 26.000 E.), Rübenzucker, Baumwolle, Tuch, Spitzen. Robes- pibrre hier geboren 1759. Calais (— Kaläh, 13.000 E.), Uebersabrt nach Dover in England, Seebad, Handel. Boulogne (— Bulonj, 35.000 E.), Uebersahrt nach England. Lille (132.000 E.), starke Festung, wichtige Fabriks- und Handels¬ stadt (Wolle, Leinen). Cambray (— Kambrä, 21.000 E.), Festung, Erzbischof, große Manusakturstadt (feine Leinen-Spitzen. Baumwollwaaren); Liga von Cambray 1507; Friede 1529. Valencie unes (—Walanßjen, 24.000 E.), Industrie (Batist- 181 und Spitzenfabrikation). Dünkirchen ob. Dunkerque (--- Dünkerk, 30.000 E.), guter Hafen; Wallfischfänger. — Diese Provinzen zeichnen sich durch großartige In¬ dustrie und lebhaften Handel aus; auch hier viele Festungen. 3. Normandie. — Rouen (--: Ruau', UotomnAus, a. d. Seine, 104.000 E.), Erz¬ bischof, große Kathedrale, viele gelehrte Anstalten, berühmte Tnch-, Wollenzeug- und Baumwollmanufakturen; Denkmal der Jungfrau von Orleans (hier verbrannt 1431); Geburtsort von Peter und Thomas Corneille. — Havre-de-Grace (---- Hawr' dö Graß, Seine-Mündung, 74.500 E.), wichtiger Seehandcl, besonders mit Amerika, befestigt. Caen (—Kan', 45.000 E.), Akademie, Seehandel, Fabrikation von Blon¬ den und Spitzen. Cherbourg (— Scherbur', 38.000 E.), großartig befestigter Kriegshafen, Arsenal, Schifsswerfte. Dieppe (— Djepp, 19.000 E.), Elboeus (El'böf, 18.000 E.) und Louviers (--- Luwje, 10.000 E.), ansehnliche Industrie, die zwei letzten vorzüglich für Tuch. Alcnyon (-- Alanßon, 16.00c> E.), lebhafte Industrie; in der Nähe das Kloster in Nrapxs (Trappisten, 1662 gestiftet). 4. Bretagne (^ Bretajn). — Nantes (— Nant', a. d. Loire, 114.000 Einw.), viel Fabriken, Schiffbau, schwunghafter Handel, der Hasen ist Paimboeuf (--- Pämböf); Edikt von Nantes IS98, aufgehoben 1685. Rennes (--- Renn', 46 000 E ), alte Hauptstadt der Bretagne; Fabriken und Handel; viel Segeltuch in der Umgebung. St. Malü (11.000 Einw.), auf einer Insel, Sechandel, Austernfaug. L'Orient (--- Lorjan', 28.000 E ), großer Kriegshafen. Brest (68.000 E.i, erster Kriegshafen Frankreichs, Schiffahrtsschule. 5. Anson (--- Anschul, Tonraine (^- Turän) nub Mainc (--- Män). — Angers (—Anschs, a.d. Maine, 51.000 E.), viel Industrie. Tours (—Tur, 6aesarc>äunum, a. d. Loire, 38.000 E.), herrliche fruchtbare Gegend, der Garten Frankreichs; Erz¬ bischof; große Seidenindustrie; Sieg Karl Martclls 732. Amboise (— Amboas), Residenzschloß vieler Könige; Ausbruch der Religionskriege (die Calviuisten erhielten den Namen Hugenotten). Le Mans (Lö Man, an der Sarthe, 35.000 E.) und Laval (21.000 E.) an der Mapenne, ansehnliche Jndustrieorte. 6. Orlslinais (Orleanäh). — Orleans (— Orlean, Lureiia, a. d. Loire, 51.000 E.), schöne Kathedrale; bedeutende Industrie -Wolle, Baumwolle, Zucker); Bildsäule der Jungfrau von Orleans, welche am 8. Mai 1429 die Stadt von der Belagerung der Engländer befreite. Chartres (---- Schart'r, a. d. Eure, 19.000 E.), der herr¬ liche Dom, der älteste in Frankreich, und Blois (— Bloa, a. d. Loire, 18.000 E.), Fabriksstädte 7. Bonrbomrais (Bourbonnäh), Nivernais (-- Niwernäh) und Berry. — Allier (— Alljä), Eisen- und Stahlindustrie. In der Nähe mehrere kleine Badeorte. Nevers (— New'r, 18.000 E.), das beste Fayence, Glasperlen, Stückgießerei. In der Umgebung Eisenfabrikation. Bourges (--- Bursch, Lvarieum, 26.000 E.), Erzbischof, große Kathedrale, Fabriken (Messer, Tuch), besuchte Messen. LHLteau- roux (— Schatdrnh) und Monlins <— Mulän), lebhafte Eisenindustrie. 8. Champagne (--- Schampajn). — Rheims (--- Rehms, Ouroeortum, 56.000 E.), Erzbischof, prächtige Kathedrale, einst Krönungsstadt der Könige; Weinbau, Tuch¬ fabrikation. Epernay t ---- Epernäh, a. d. Marne, 9000E.), wichtiger Weinhandel, der beste Champagner. Troyes (--- Troa, a. d. Seine, 33.000 E.), Baumwoll¬ industrie; einst Hauptstadt der Champagne. CHalo ns für Marne (Schalon-sür- Marn, ciatal-runi, 17.000 E.), Fabriksstadt; große Hunnenschlacht im Jahre 451. S6dan (15.000 E-), berühmte Fabrikation feiner Tücher, Geburtsort des Mar¬ schalls Turenne (—Türen) 1611. Langres (— Laug'r) und Umgebung, wichtige Eisenwerke, Eisen- und Stahlindustrie. Mszibres (--- Mestdr), Charlemont (--- Scharl'mvn) u. a., Festungen an der Maas. 9. Lothringen (frz .lwrramk --- Lorrän). — Nancy (--- Nanßia. d. Menrthe, 49.50!) E.), eine der schönsten Städte Frankreichs, Akademie, lebhafte Industrie in der Stadt und Umgebung; Grabmal Karl d. Kühnen von Burgund, f 1477. Lun Ville (--- Lünewill'), Handschuhsabrikation; Friede 1801. Toul (Mosel) und Metz (65.000 E.), starke Festung; in letzterer Stadt viel Industrie. Ber dun (— Werdön a. d. Maas; Vertrag im I. 843. Varennes (— Warenn), Gefangennahme Ludwig XVI. am 21. Juni 1791. Das Dorf Domremy, Geburtsort der Jungfrau von Orleans (geb. 1411, ch 1431). Plombidres (—Plombier), stark besuchte Bäder. Bar-le- Duc (— Barlödück, 14.000 E.), Fabrik«- und Handelsstadt. Ist. Elsaß. — Straßburg k Lr^entoratum, 82.000 E.), am Rhein- und Jll-Kanal 1'/, M. vom Rhein), in einer fruchtbaren, gewerbreichcn Gegend, seit 1681 sran- 182 z'ösisch, starke Festung. Berühmter Münster (1015—1273 erbaut) mit dem von Er¬ win von Steinbach vollendeten 438' hohen Thnrrne; Fakultät für prot. Theologie sehemals berühmte Universität), bedeutende Unterrichtsanstalten und öffentliche Bi¬ bliotheken. Guttenberg machte 1439 hier den ersten Versuch mit beweglichen Lettern zu drucken (erste deutsche Bibel 1466 von Mentel gedruckt). Großartige Industrie m Baumwolle, Wolle und Seide, Kutschen, Leder, Handschuhe, Pasteten u. a., starker Eigenhandel, Pserdemärkte; Haupthandels- und Speditionsplatz zwischen Frank¬ reich und Deutschland. Colmar, Baumwollindustrie, Tabak- und Weinhandel. Mühlhausen <38.000 E.), sehr wichtige Fabriksstadt (Baumwollwaaren, Kattun¬ druckerei, Maschinenbau); seit 1797 französisch, ehemals mit der Schweiz verbundene Republik. 11. Fcanche Comtä Frausch' Konteh, die Freigrafschaft Burgund, Hochburgund). — Besanyon (am Doubs, 44.000 E.), Festung, Akademie, Uhren und Linnenfabrika¬ tion. Dole (--- Dol), Festung und Fabriksstadt am Doubs. 12. Bourgognc (— Burgojn, Hzgth. Burgund). — Dijon (— Dischon, 34.000 E.> am Kanal von Burgund, zwischen dem CSte d'Or und dem Plateau von Langrcs; Akademie und andere Bildungsanstalteu; Getreide- und Weinhandel. Auxerre Ohßärr, 15.000 E.), a. d. Donne, Weinhandel, lebhafte Industrie. Chalons für SaSne (-- Schalon-ßür-ßoyn, 20.000 E.), wichtige Handelsstadt am Canal du Centre. — In dieser Landschaft bedeutende Eisenwerke. 13. Dauphins (--- Dofineh). Grenoble (a. d. Jsbre, 33.000 E.), Festung, Akademie, Rechts- und Artillerieschule; sehr wichtige Handschuh- und Liquenrfabrikation; Bayard hier geboren (dessen Grab in der Andreaskirche). Vienne (— Wien, Vinäobonrr a. d. Rhone, 20.000 E-), bedeutende Industrie in Tuch, Leder, Eisen- und Stahl- waaren, Weiuhandel. Balenee (— Walanß, an der Rhone) Seidenfabriken. Briano n (a. d. Durance), starke Festung mit dem höchst gelegenen Fort in Europa. In der Umgebung die höchst gelegenen bewohnten Orte Frankreichs. 14. Lyonnais <--- Lionnäh). — Lyon (Saonc — Rhone, 320.000 E.), nach Paris die größte Stadt Frankreichs; Erzbischof, Akademie, Bibliothek; großartige Seiden¬ industrie, der bedeutendste Seidenmarkt in Europa (Productionswerth jährlich über IOO Millionen Frcs.); wichtiger Commissions- und Speditionshandel. Schon zur Römerzeit sehr bedeutende Stadt; auch in militärischer Beziehung sehr wichtig. St. Etienne (--- Sänt Etien, 96.000 E.), berühmte Seidenband- und Sammtfabrikeu; großartige Eisen- und Stahlwaarenfabrikation (das „französische Birmingham"!- 15. Auvergne (--- Owerjn), Limoilsiil <--- Limnsän') und March (--° Marsch). — Cler¬ mont (38.00 OE.), in reizender Lage, alte Hauptstadt, schöne Kathedrale, Akademie; Industrie und Handel lebhaft; römische Alterthümcr; Kirchenversammlung 1095. Limoges (--- Limosch, a. d. Vienne, 51.000 E.), Porzellan, blühende Industrie. Aurillac (--- Oriljak), Mineralquellen. 16. Poitou (--- Poatuh), Vendse (-- Wan'deh), Annis (--- Onih) mit Saintongc (---- Säntonsch) und AngllUMllis (^- Angumoa). — Poitiers (— Poatjeh, ?io- tirvluiu, 31.000 E.), Leder, Tuck; Sieg Chlodwigs über die Westgothen 507; Sieg der Engländer (schwarzer Prinz) über die Franzosen 1356. Napolson-Vend«e, hieß früher Bourbon-Vendse. In der Vendse (ganz Nieder-Poitou) wüthete der Bürgerkrieg in den Religionskämpfen des 16. Jahrhundertes und in der Re¬ volution von 1792; die Bewohner zeichnen sich durch ihre Treue an das legitime Königshaus aus. Niort (20.000 E.), Bleigruben, Handschuhe. La Rochelle (--- La Roschell'), Festung, Seehandel. Belagerung 1628. Geburtsort des Rsaumur 1683. Rochefort (—Rosch'for, 30.000 E.), KriegShafen, Schiffswerft«. Einschiffung Na¬ poleons am 15. Juli 1815 zur Fahrt nach St. Helena. Angoulsme (— Angulehm, 23.000 E.l, a. d. Charante; viele Fabriken. Cognac (---- Konjak), Branntwein. Die Inseln Rtz und Olerou mit Festungswerken. 17. Guienne (-- Gü'jen, L-quitanisn), Gascogne (— Gaß'konj, Land der Basken), Na¬ varra und Bvarn. — Bordeaux (Bordoh, 163.000 E., a. d. Garonne), Erzbi¬ schof, Akademie; große Zucker-, Branntwein-, Essigfabriken; wichtiger Handel mit westindischen Produkten und Bordeaux-Wein. Bayonne (—- Bajonn, 20.000 E.), Festung a. d. Mündung des Adour; Seehandel, Schiffbau; Erfindung der Bayonette 1679. Pau, sehr milde Luft, k. Schloß, wo Heinrich IV. geboren ward. Barsges (--- Baresch) und Bagusres de Bigorre (-- Banjer dö Bigorr), berühmte Badeorte. 18. Lanqucdoc --- (Langedohk) mit Foix (--- Foa) und Roussilon (---- Rußiljon). — Tou¬ louse (---- Tuluhs, l 14.000 E., a. d. Garoune), Erzbischof, Akademie; bedeutende Industrie in Eisen, Wolle, Leder; Getreide- und Wcinhaudel; einst Hauptstadt des westgothischen Reiches; Welliugton's Sieg über die Franzosen 1814. Alby, Albi¬ genser im 13. Jahrhunderte. Narbonne (btarbo iAartius in der OlaUis. Hm-bo- llkusis), Seiden-, Oel-und Weinbau; röm. Alterthümer. Montpellier (--Mon'- peljeh, 52.000 E.), berühmte medizinische Fakultät; Spiritus und chemische Produkte. Cctte, wichtiger Sechandel für Montpellier. Nimes (-- Nihm, bssmuusus, 57.300 E.), wissenschaftliche und Kunstanstalten, röm. Baudenkmäler; Seiden-, Wollcn- uudBamnwollenindustrie. Beaucair (---Bokähr), berühmte Messe im Juli. Car- cassone (20.000 E.), Wollindustrie, Wcinhandel. Foix (---Foa) Eiseu- und Kupferwerke. Perpignan (— Perpiujan, 23.000 E.), Grenzfestung, Kanvnen- gießerei, Seidenbau, Weinhandel. 19- Provence (— Provanß', mit Avignon --- Awinjon), Venaissin Wneßän) und Orange (--- Orausch' oder Oranieu). — Marseille l— Marßelj, 261.000 E.; Ll-rssilia Kolonie der Phokäer), die größte Seestadt Frankreicbs, großartiger Handel nach der Levante nud Algier; bedeutende Industrie; viele wissenschaftliche Anstalten; in der Umgebung reizende Landhäuser. Aix (— Ahfz, 27.000 E., Lgnas Ssxtins), warme Bäder, Oel, Sammt und Baumwolle; Marius schlägt die Teutonen 102 v. CH. Arles (— Arl, Lrolntnm, 25.000 E.), im Mittelalter Hauptstadt des arela- tischen Reiches, röm. Alterthümer. Fröjus (-- Freschn, b'orum llulii), Haupt¬ station der römischen Flotte in Gallien. Toulon (1?s1o Llm-tius, 85.000 E.), Festung und Kriegshafen; Belagerung 1793. Avignon (-^ Awinjon, 37 000 E.), a. d. Rohne, in fruchtbarer, schöner Gegend: Erzbischof; Seidenmanufaktur, be¬ rühmter Krappbau und Krappfärbereien. Residenz der Päpste 1309—1378, Grab¬ mal Petrarca's. Orange (Oranien), bis 1531 Sitz eigener Fürsten, dann kam cs an Nassau, von dem es Preußen erbte; 1714 an Frankreich abgetreten. Römische Alterthümer. 20. Hcrzogthum Savoyen und Grafschaft Nizza. (Im Jahre 1860 von Sardinien an Frankreich abgetreten.) — Chamberh (-- Schamberi, 17.000 E.), Bäder, Spitzen- uud Seidenfabrikation. Rechts an der Arve, am Fuße des Mont Blanc, das gro߬ artige Chamouny- (Schamuiü) Thal. Unfruchtbarer Boden, höchstes Gebirgsland in Europa. Die Savoyarden ziehen als Kaminfeger, Murmclthierfübrer u. dgl. zahlreich in das Ausland. — Nizza (37.000 E.l, am Mittelmeer, sehr mildes und gesundes Klima, daher von Brustkranken stark besucht; Freihafen, Seebäder. 21. Insel Corsico. — Rauhes Klima, hohe Gebirge, schöne Waldungen; in den milderen Thälern fruchtbarer Boden, aber schlecht bebaut. Die Corsen sind meist ungebildet, tapfer, rachsüchtig. Eisen, Holz, an den Küsten Südfrüchte. Schafe (Moufflons) sind die Hauptprodukte. Nach vielfachem Wechsel der Fremdherrschaft seit 1768 französisch. Ajaccio (--- Ajatscho, 12.000 E.j, Festnng, Hafen, Geburtsort Napo- leon's (15. August 1769, ch 5. Mai 1821 auf St. Helena). Bastia (17.000 E.), an der Ostküste, ansehnlicher Handel. 22. Auswärtige Besitzungen: 1. In Afrika. — Algier, seit 1830. — Die Niederlassungen am Senegal. Räunion und mehrere kleine Inseln an der Nordwest-Küste von Madagascar, '2. In Asien: Pondichery, Tschaudernagore und einige andere Punkte in Ost- Indien. — Nieder-Conchinchina (Saigon), ungefähr 500 mit 2/. Mill. Einwohnern. 3. In Amerika: Ein Theil von Guyana mit Cayenne (Deportationsort); die kleinen Antillen: Martinique (-^ Martinik), Guadeloupe (— Gadelup) u. a.; die Fischerinseln St. Pierre und Miquelon bei Neu-Foundland. 4. In Australien: Die Marqnesas-Jnseln und die Oberhoheit über die Gesell- schaftsinseln. Kuiturbiid. Die Bodenbeschasfenheit ist im Allgemeinen für den Ackerbau günstig. Das Land besitzt mannigfaltige Produkte der Landwirthschast, welche im Aufschwünge begriffen ist, und mit welcher sich fast Vs der Bewohner be¬ schäftigen. Am sorgfältigsten wird der Ackerbau an der Loire und in den nordwestlichen Landesthcilen betrieben; doch deckt die Produktion nicht den 184 innern Bedarf, welcher durch Zufuhren aus Südrußland (Odessa-Marseille) gedeckt wird. Der Waldstand hat seit der Revolution 1789 Wohl um die Hälfte abgenommen, weshalb einige Provinzen schon holzarm geworden sind. Das Hauptprodukt ist der Wein, der mit Ausnahme der 10 nördlichen De¬ partements überall, namentlich um Bordeaux, an der Charaute, an der unteren Loire, in der Champagne n. a. O. gebaut wird. In Bezug ans die Menge des erzeugten Weines ist Frankreich das erste Land der Erde, denn es er¬ zeugt jetzt über 100 Mill. Eimer im Jahre. Die nördlichen Departements erzeugen viel, die südlichen Departements feines Obst. Auch mehrere Handelspflanzen werden in großem Umfange angebant. Steht schon der Acker¬ bau gegen jenen mehrerer Länder Europas zurück, so ist die Viehzucht noch geringer, welche den großen Bedarf Frankreichs ebenfalls nicht deckt. Der Bergbau ist, obwohl fortschreitend, doch unzureichend; sowohl an Eisen als an Kohlen findet ein erheblicher Import Statt. Der Franzose hat im Allgemeinen mehr Sinn und Geschmack für den Kunstfleiß und die feine, elegante Bearbeitung, als für die mühsame Ge¬ winnung der Rohstoffe. Daher sind die Landwirthschaft und Viehzucht relativ geringer; die Fabriksindustrie ist dagegen nächst England die größte, in manchen Zweigen wird letztere sogar übertroffen. Obwohl in allen Theilen des Landes kleinere oder größere industrielle Unternehmungen bestehen, so bildet doch Paris sammt Umgebung den Hauptsitz. Zunächst hat im Norden und Osten in den letzten 30 Jahren ein außerordentlicher Aufschwung stattge¬ funden. Die wichtigsten Zweige sind: die Seidenindustrie im Rhonethale mit dem Mittelpunkt Lyon und St. Etienne; der Gesammtwerth sämmt- licher Seidenfabrikate, die sich durch Geschmack, Schönheit und Güte aus¬ zeichnen, beläuft sich jährlich auf 450 Mill. Frcs. In Baumwolle steht es zunächst England; Frankreich erzeugt alle Arten von Fabrikaten, u. z. in der Normandie (mit dem Mittelpunkt Rouen) gröbere und billigere Stoffe; im Elsaß (Mühlhausen s. Umgebung) feine und gedruckte Stoffe, die keine Konkurrenz auf dem Weltmärkte scheuen; und in französisch Flandern (St. Quentin, Lille u. a.) die feinsten Tülls und Spitzen (ValsneisiEs). Die¬ ser Industriezweig ist sehr blühend; der Verbrauch an Baumwolle betrug vor dem Ausbruche des nordamerikanischen Krieges (186!) 185 Mill. Pfund, der Werth der Fabrikate an 600 Millionen Frcs. im Jahre. Für die Le in enindustrie sind wichtig Flandern, die Normandie, Picardie und Bretagne; doch können die Fabrikate mit den irischen, belgischen und deutschen nicht concurriren. Auch die Wollindustrie ist zumeist in diesen Gegenden verbreitet; sie liefert ausgezeichnete Tücher (Sedan, Louviers, Elboeuf u. a.), Teppiche, Shawls u. s. w., im Gesammtwerthe von etwa 500 Mill. Frcs. — Nächst diesen Zweigen sind von Bedeutung die ele¬ ganten „Pariser Fabrikate", Mode- und Putzwaaren, Lederwaaren, Papier, Metallwaaren, Glas, Spiegel, Porzellan, Chemikalien, Runkelrübenzucker und viele andere. Frankreich ist einer der mächtigsten Han del s st aaten. Die geogra¬ phische Lage, die zahlreichen schiffbaren Flüsse, ein vielverzweigtes Netz von Landstrassen, Eisenbahnen und Kanälen, der hohe Stand der Industrie, viele Geld- und Creditinstitute, der steigende Associationsgeist sind die Gründe des stets wachsenden Handels. Für den Seeverkehr sind die wichtigsten Plätze: Marseille, Havre, Bordeaux, dann Cette, Nonen und Nantes; für den inneren Handel: Paris, Lyon, St. Etienne, Straßburg und Veaucaire. 185 Der Stand der geistigen Kultur dieses reichbegabten Volkes ist ein vielfach verschiedener. Die unteren Volksklassen, insbesondere im Süden und Westen, sind in der Bildung sehr zurückgeblieben; es fehlen oft die ge¬ wöhnlichsten Elementarkenntnisse, da die Anzahl und die Einrichtung der Volksschulen vielfach ungenügend sind. Unter den im Jahre 1854 militär¬ pflichtigen jungen Männern befand sich fast ein Drittheil, der des Lesens unkundig war. Im Ganzen genommen entbehrt fast die Hälfte der Fran¬ zosen der nothwendigsten Schulkenntnisse; während man in Deutschland, mit nur geringen Ausnahmen, Menschen ohne alle Schulbildung höchst selten antrifft. Dagegen ist cs nicht zu läugnen, daß die „große Nation" zu jeder Zeit eine Menge wahrhaft großer Männer besessen hat, auf dem Throne, in der Kirche, im Kabinet und im Felde, sowie in den mannigfaltigsten Kul- tnrzweigen. Die französische Literatur ist eine der reichsten in Europa. In allen Zweigen der exacten Wissenschaften besaß Frankreich eine namhafte Zahl Celebritäten ersten Ranges. Der Einfluß der Wissenschaft auf indu¬ strielle Technik ist hier ganz besonders bedeutend. Zahlreich sind die An¬ stalten für Wissenschaften und Künste, die Akademien, Collegien (Gymnasien und Lyeeen), die kommerziellen und technischen Schulen. Durch Hebung und Vermehrung der Volks- und Mittelschulen werden sich die gegenwärtigen Gegensätze in der geistigen Kultur des Volkes verlieren. Frankreich gehört im Allgemeinen zu den Knlturstaaten ersten Ranges. VIII. Tas Königreich Belgien. 537 E) Meilen, 4,900.000 Einwohner, fast ausschließlich Katholiken. Nach der Nationa¬ lität über 6VX viämischcn Stammes (im Tieflandes, nahe 40 X Wallonen (in den Ar¬ dennen), an 40.000 Deutsche, Engländer n. a. Schrift- und Staatssprache französisch. — Grenzen? Dlls Land- — Belgien besteht thcils aus einem mäßigen Berglande, den Ardennen (bis 1200ft mit dem mittleren Becken der Maas, theils ge¬ hört es dem Tieflande mit dem Flußgeäher der Schelde an. Den Ardennen ist ein Hügelland vorgelagert, welches sich allmählig zur überaus fruchtbaren Ebene in Flandern und Südbrabant verflacht; während in den Provinzen Antwerpen und Limburg große Haidestrecken und Moore (die Campine um Antwerpen) sich ausbreiten. An den Küsten der Nordsee liegt das Flach¬ land so tief, daß es durch Dämme (Deiche) gegen die Ueberschwemmungen geschützt werden muß. Die durch Dämine geschützten Landstriche heißen Polder. — Auf 10 Meilen Länge bespült die Nordsee das Land. Die be¬ deutendsten Flüsse sind die Schelde, in deren Gebiet alle großen Städte des Landes (außer Lüttich) liegen, und die Maas. Zahlreiche Kanäle be¬ fördern die Schiffahrt im Inneren. — Das Klima ist gemäßigtes See¬ klima; im Flachlande feucht und veränderlich, in den Poldern ungesund. Politische Eintheilmig und Orte- — Belgien ist in 9 Provinzen eingetheilt, 5 vlä- mische und 4 wallonische. L. Vlämische Provinzen: 1. Süd-Bralnint. — Brüssel (Bruxelles*) spr. Brüssel!', 300.000 E., an der Senne). Die neue Ober- und die alte Unterstadt scheiden sich scharf. In der ersten ist die *) In der Klammer sind die häufig französisch gebrauchten Städtenamen. 186 Residenz des Königs, der Sitz der höchsten Staatsbehörden, des Adels, mit franz. Sprache und Lebensart; in der schlecht gebauten Altstadt, dem Ccntrum für Handel und Gewerbe, wird viel deutsch gesprochen. Die Stadt blüht rasch empor. Univer¬ sität (seit 1833), Akademie der Wissenschaften und Künste, Museum, Gemäldegallerie, Bibliotheken, mehrere andere wissenschaftliche und Kunstinstitnte und Sammlungen. Schwunghafte Industrie in Spitzen, Webe- und Wirkwaaren, Tapeten, Leder, Papier, Kristallglas, Chemikalien, Maschinen, bedeutende Buchdruckerei u. a. Centralschule für Handel und Gewerbe mit reichen Sammlungen. Börse, Banken, große Geldinstitute, lebhafter Handel. In der Nähe das königl. Schloß Lacken (— Lahken), und die Dörfer Waterloo, Mont Saint Jean (— Mon' San Schau) mit dem Vor¬ werke Belle Alliance (— Ball' Aljanß'), Sieg der Preußen und Engländer über Napoleon I. am 18. Juni 1815. — Löwen (Louvain — Luwän', 32.600, einst an 200.000 E.), kath. Universität (seit 1426; im 16ten Jahrhundert die berühmteste in Europa). 2. Antwerpen. — Antwerpen (Anvers, 121.000 E., a. d. Schelde), starke Festung; Welthandelsstadt mit der ältesten Börse in Europa; große Messen, Bank, Assekuranz- und Handelsgesellschaften, Dampfschiffahrt; den Hafen besuchen jährlich über 3000 Schiffe. Im löten Jahrhunderte stand sie in der Blüthe. Sehr bedeutende Industrie (Tuch, Seiden- und Baumwollwaaren, Spitzen, Leder, Gold- und Silberwaaren, Diamantschleiferci, Schiffswerften u. a.). Belagerungen in den I. 1576 und 1585; Bombardement durch die Holländer am 4. Nov. 1830, durch die Franzosen im De¬ cember 1832. Mech elu (Malines---Malin, 35.000 E.), im Centrum des belgischen Eisenbahnnetzes; Sitz des Erzbischofes (Primas von Belgien), herrliche Kathedrale; Handel und Fabrikation (Gerbereien u. a.). 3. Ostflanderii. — Gent (Gand, 123.000E.), auf 25 von der Schelde, der Lys (n Leist) nnd vielen Kanälen gebildeten Inseln, die durch mehr als 300 Brücken verbunden sind; Universität, mehrere Spezialschulen; der wichtigste Manufakturplatz für Baum- woll- und Lederwaaren, Maschinenbau, Schiffbau, Blumenzucht. Im Mittelalter un¬ gemein mächtig. Kaiser Karl V. ward am 25. Februar 1500 hier geboren. Empö¬ rung 1539. Vertrag 1576. Friede 1814. 4. Westflandern. — Brügge (51.000 E.) am Vereiuigungspunkte mehrerer Kanäle. Ehemals die Hauptniederlage der Hansa mit weltberühmten Messen. Die Wichtigkeit als Handelsplatz hat die Stadt verloren; aber bedeutend durch Industrie (Leinwand, Damast, Spitzen, Baumwoll- und Schafwollzenge); ansehnlicher Handel in Leinwand und Landesprodukten. — Ost en de (17 400 E.), Hafenstadt, lebhafter Verkehr mit England (Ostende-Dover). Seebad, Fischerei, Rhederei und Leinenindustrie. Kortryk (Lourtray ----- Kurträh, 23.500 E.), Fabrikation der feinsten Leinenwaaren und Spitzen; großartige Leinenindustrie. 5- Limburg. — Hasselt (10.000 E.), Branntweinbrennerei. Tongern und St. Tron (oder Truijen — Trenjen), Käsehandel. u. Wallonische Provinzen: 8. Hcnnegau (Hainolt — Häuolt. — Bergen (Mons, 27.200 E.), starker Steinkoh- lenban. Dvornik (Tournay — Turnäh, 31.500 E), Festung, zahlreiche Fabriken, besonders Teppichweberei. Charleroy (—Scharl'roa, 13.400 E.), Festung, Fabri¬ kation von Eisenwaaren; in der Umgebung bedeutende Eisenwerke, Glashütten, Stein¬ kohlengruben. Schlachtfelder bei JemappeS (—Schemapp, im I. 1792), Fleurus (--- Flörüh) in den I. 1622, 1690, 1794, 1815. 7. Namur (---Namührl. — Namur (26.300E., Maas-Sambre), Festung; Stahl-und Messingwaaren, Gerberei, Steinkohlen- und Cisengruben; wichtige Messe. 8. Lüttich (Libge — Libfch'). — Lüttich (Libge, 102.000 E., a. d. Maas), berühmte Fabrikation von Eisen- und Stahlwaaren, Leinen- und Schafwollwaaren. Jährlich an V, Mill, ausgezeichneter Gewehre; Geschütze, Maschinen, Lederindustrie; in der Nähe Eisenwerke und Steinkoblengruben. Steiukohlenhandel. Universität, viele Spezial¬ schulen. Bis 1794 deutsches Bisthum, dann bis 1814 französisch. Herstal a. d. Maas, unterhalb Lüttich, ist der Geburtsort Pipin's, Vaters Karl d. Gr. — Seraing --- Serähn, 17.000 E.), berühmt durch großartigen Maschinenbau lbegriindet durch den Engländer Cockerill) und Eisenwerkstätten, Eisenhütten und Steinkohlengruben. Bcr- vier« (----- Werwjeh, 30.000 E.), großartige Tuch - und Kasimirfabrikation. L i m- burg, berühmt durch seine Käse; Spaa (5000 E.), berühmte Eisenquelle, stark be¬ suchter Badeort; Fabrikation von feinen und lackirten Holzwaaren. 9. Luxemburg. Arlon (6000 E.), Ledersabrikation. Bouillon (---Buj'ljon) Felsen- fchloß, Stammort des Kreuzfahrers Gottfried von Bouillon. 187 Kutturbitd. Der Boden ist nur in wenig Provinzen dem Ackerbau günstig; die Bearbeitung ist sehr fleißig und rationell; doch reicht der Ertrag für die dichte Bevölkerung (im Durchschnitt über 8700 auf 1 ^Meile) nicht aus. Jährlich werden 1—2 Mill. Ctr. Körnerfrüchte eingesührt. Durch Aus¬ trocknung der Sümpfe und Moräste wird jedoch fortwährend neuer Boden für den Feldbau gewonnen. Handelspflanzen, namentlich Flachs, Hanf, Krapp, Oelpflauzen, werden in erheblicher Menge exportirt. Vorzüglich sind über- dieß die Obstkultur (in den Thälern der Maas und Sambre) und die Blu¬ menzucht (in Brabant und zu Gentl, deren Produktionswerth auf 2 M. Gulden geschätzt wird. — In der Viehzucht ist das Hornvieh aus Flan¬ dern, Brabant, Limburg und Luxemburg geschätzt; Brabant und Henuegau liefern gute Pferde, obgleich nicht in ausreichender Menge. Flandern schickt jährlich über 2Mill, abgehäutete Kaninchen nach England. Die Schweine¬ zucht ist sehr verbreitet; deßgleichen die Bienenzucht in der Campine. Der relativ größte Rcichthum liegt im Bergbau. Hennegau, Namur, Luxemburg und Lüttich besitzen einen fast unerschöpflichen Neichthum an Steinkohlen und Eisen (Lüttich, Mons, Namur, Charleroi). Die dermalige Ausbeute au Steinkohlen wirb jährlich auf nahezu 190 Mill. Ctr. berech¬ net, wovon weitmehr als nach Frankreich exportirt wird; die Produktion an Roh-, Guß- und Stabeisen beträgt über 4 Mill. Ctr., wovon fast s/g nach Frankreich und Deutschland ausgeführt wird. Erwähnenswerth sind noch die Gewinnung von Zink, Blei, Schiefer, schwarzem Marmor und Torf. Der reiche Ertrag der Urproduktion wird von jenem des berühmten belgischen Gewerbefleißes noch übertroffen. Flandern und Brabant ver¬ sorgten schon vor Jahrhunderten fast alle europäischen Märkte mit ihren ausgezeichneten Fabrikaten. Nach vielfachen Wechselfällen hat sich Belgien (insbesondere seit der LoStrcnnung von Holland im I. 1830) auf eine Höhe emporgeschwuugeu, daß es jetzt eine industrielle Macht ersten Ranges genannt werden kann. Großartige Etablissements, nach den neuesten Methoden und Systemen eingerichtet, mit ungefähr 5000 Dampfmaschinen konkurriren auf dem Weltmärkte mit allen Ländern. Die industriellsten Provinzen sind: Hennegau, Lüttich, Flandern und Brabant. Den Glanzpunkt der Erzeugnisse bilden die Metallwaaren, worin Lüttich nebst Umgebung den Mittel¬ punkt bildet. Der älteste Industriezweig Belgiens, die Leinenmanufaktur von Flandern, Brabant, Antwerpen und im Henuegau ist weltberühmt; auf gleich hoher Stufe stehen die Schafwoll-, Baumwoll- und Leder¬ industrie, welche ihre Fabrikate nach allen Märkten absetzen. Ausgezeichnet sind überdies): Glaswaaren (Hennegau, Namur, Brabant, Lüttich), Porzel¬ lan, Papier, Zucker u. a. m. Daß bei diesem Stande der Industrie der Handel schwunghaft ist, versteht sich von selbst. Im I. 1861 war der Werth der Einfuhr beiläufig 557, jener der Ausfuhr an 454 Mill. Frcs. Schiffbare Flüsse, Kanäle, treffliche Landstraßen, zahlreiche Eisenbahnen begünstigen den Handel im Innern; der Seeverkehr bedient sich zumeist fremder Schiffe, da die eigene Handelsmarine zu Anfang des Jahres 1862 nur 111 eigene Schiffe zählte. Handelsplätze sind: Antwerpen, Brüssel, Gent, Brügge, Ostende, Mecheln, Löwen und Lüttich. Belgien ist eines der am dichtesten bevölkerten Länder in Europa. Die 188 Volksbildung ist im Ganzen ziemlich befriedigend, obgleich Volksschulen noch nicht in hinreichender Anzahl vorhanden sind. Zahlreich sind die Schu¬ len für gewerbliche und kommerzielle Ausbildung. Jede größere Stadt hat zu¬ dem ein Ghmnasium („^tllsimsum"); zwei Staats-Universitäten (Gent und Lüttich) und zwei freie Universitäten (Löwen und Brüssel) sorgen für die Pflege der Wissenschaften. Das Land hat bedeutende wissenschaftliche und Kunsianstalten; insbesondere erfreuen sich seit jeher die schönen Künste einer sorgsamen Pflege (flandrische Malerschule), und deren Einfluß auf die Ge¬ werbe ist nicht zu verkennen. In Belgien herrscht somit auf dem Felde der materiellen und der geistigen Interessen ein höchst erfreulicher Fortschritt. IX. Das Königreich der Niederlande (Holland) mit -em Herzogih. Limtmrg nn- -em Grosih. Luxemburg. In Europa 641 ^Meilen, 3,706.000 Einwohner; in Luxemburg und Limburg Katholiken, sonst meist Protestanten tauch Israeliten). Alt 27r Mill. Holländer, 350.000 Blamländer, dann Niederdeutsche. — Grenzen? — Colonien: 35.253 OM, 18,376.000 Einw.*). Das Land. — Mit Ausnahme von Luxemburg, in welches der Ar- denuenwald (bis 1500J hineinstreicht, ist der übrige Landestheil Tiefland. Insbesondere ist das Mündungsgebiet des Rhein, der Maas und Schelde ein Produkt der Anschwemmung dieser Flüsse, welches gegen das Hereindrin¬ gen der höher als das Land liegenden Nordsee künstlich geschützt und be¬ wohnbar gemacht wurde. Eine ähnliche durch Knust gebildete Oberfläche findet sich sonst nirgends auf der Erde. Der einförmige Boden ist theils Morast, theils Haide- und Sandland ohne Wald und mit wenig Quellen, theils fruchtbares Marschland. Viele Sumpfgegenden sind durch Abzugs¬ gräben („Slooten"), Einfassung mit Dämmen (Deichen) und durch Aus¬ pumpen in Polder mit ergiebigem Acker- und Wiesenboden verwandelt wor¬ den. Vor den Flußmündungen und vor der Zuider-See (spr. Sender) lie¬ gen flache, sehr fruchtbare Inseln. Hohe Fluchen und gewaltige Stürme mit Einbrüchen des Meeres haben nicht selten die Deiche durchbrochen, ganze Landstrecken mit zahlreichen Ortschaften und Tausenden von Bewohnern durch Ueberschwemmungen verschlungen. Der Biesbosch (spr. Bihsbos'ch), gegenwärtig zum Theil in Polder verwandelt, ist durch eine Ueberschwem- mung gebildet worden, welche 72 Ortschaften verschlang (im I. 1421); das jetzt trockengelegte Harlemer-Meer, die Zuider-See, der Dollart u. a. sind ebenfalls durch große Ueberschwemmungen, deren man seit dem sechsten Jahrhundert an 190 zählte, entstanden. Die Anlage und Unterhaltung der Deiche haben einen besonderen Zweig der Wasserbaukunst hervorgerufen, Wovon die ganze Existenz des Landes abhängig ist. — Der Westen und *) In Asim: (Gunda-, Banda-, Molukken-Inseln rc.) 28.923 „ Amerika: (Westindien, Surinam). 2.830 „ Afrika (Ober-Guinea). 500 „ Australien (Westtheil von Neuguinea). 3.000 0M-; 17,980.000 E. „ 86.000 „ „ 110.900 „ „ 200.000 „ 35.253 OM.; 18,376.000 E. Dazu in Europa 641 „ 3,700.000 „ Gesammtstaat 35,894 OM.; 22,076.000 E. 189 Norden des Landes werden von der Nordsee bespült, welche die Z nid er- See und den Dollart in das Land schneidet. Unter den Flüssen nehmen die Mündungen des Rhein, der Maas und Schelde den ersten Rang ein. (Siehe S. 28.). Die vielen Seen, Sümpfe, Moore und Kanäle geben dem Lande einen insolaren Charakter. Der bedeutendste Kanal in Europa ist der Nordhollandsch-Kanal (Antwerpen-Nordholland), auf welchem jährlich über 5000 Schiffe fahren. Das Klima ist oceanisch, mit ziemlich kühlem Sommer und mildem Winter. Die große Wassermenge bedingt eine sehr feuchte Luft mit dich¬ ten Nebeln (die Herbstnebel heißen „Nicht") und vielen Regentagen. Im südöstlichen Theile ist es weniger feucht und gesünder. Politische Einthciluug und Orte: Das Königreich wird in l l Provinzen eingetheiit. Ms Herzog von Luxenbürg und Limbnrg ist der König Mitglied des deutschen Bundes. 1. Holland (Nord- und Südholland); sehr nieder, wenig Getreide, viel Viehzucht und Gewerbefleiß; stark bevölkert. — Haag (der Haag, oder 's Gravenhage, 86.060 E.s, k. Residenz mit vielen Palästen, Kanälen; Gartenbau. Scheveningen (— S'che- veningen), prächtige Seebadeanstalt. Delft (21.800 E), Akademie zu Heranbildung für den ostindischen Dienst; Wilh. von Oranien, ch 1584. Leyden ll-u^äunum Ls- tuvorum, am Rhein, 37.400 E.), Universität, älteste Stadt Hollands: Wollindustrie. Rotterdam (114.000 E.), Sitz der niederländischen Dampfsäüffahrtsgcscllschaft, be¬ deutender Verkehr mit den europäischen und transatlantischen Häsen, viele Kanäle in der Stadt, auf welchen Seeschiffe bis zu den Magazinen fahren. Wichtige Fabriken für Zucker, Tabak, Papier, Korkpfropfen, Bleiwciß, Seife, Maschinenbau. Große Kirche mit Grabmälern berühmter Niederländer (de Witt, Brätel u. a.); Statue des be¬ rühmten Erasmus (geb. 1467). Dortrecht (24.000 E.), Schiffahrt und Handel auf dem Rhein nach Deulschland, Holzhandel. Kirchenvcrsammlung l6I8. — Amsterdam (264.000 E), mit einem geräumigen tiefen Hasen, berühmten Schiffswerften, Haupt¬ markt für Getreide, franz. Rothweine, amerikanische Tabakblätter und alle Colomal- waaren; ferner für Wechselgeschäfte und Staatspapiere. Große Waarenhäuser, mannig¬ faltige Industrie (darunter bedeutende Diamantenschlciferei und Diamantenhandel). Die Stadt ist an der Amstel und den A (spr. Ei) mittelst Pfahlwerkes auf 90 moo¬ rigen Inseln, die mit 290 Brücken verbunden sind, in Form eines Halbmondes er¬ baut. König!. Schloß, Stadthaus, Börse, Admiralitätsgebäude; zahlreiche Kirchen, Bcthäuser und Synagogen. K. Institut der Wissenschaften und Künste, Athenäum, Seemannsschule, Kunst- und Natnraliensammlung, große Hospitäler, Armen- und Waisenhäuser. Broek (spr. Bruk), ein von reichen Rentnern bewohntes Dorf, be¬ rühmt als Muster holländischer Reinlichkeit. Zaandam (unrichtig Sardam, 12.400 E.), große Schiffswerften. Aufenthalt Peter d. Großen 1698. Ueber 500 Windmühlen in der Umgebung. Haarlem (29.500 E. nahe dem ausgetrockneten „Haarlemer Meer"), ausgezeichnete Bodenkultur, Blumen (Tulpen), schwunghafte Industrie; große Kathedrale mit berühmter Orgel. Aus der Rhede der Insel Texel versammeln sich die Ostin¬ dienfahrer. 2. Zeeland (Seeland): Mehrere bewohnte, fruchtbare Inseln innerhalb der Schelde- Mündungen: Middelburg (16000 E.), Hauptort und der Kriegshafen Vlies¬ singen (10.000 E.), beide auf Walcheren. 3. Nord-Brabant, südlich der Maas, zum Theil Haide und Moor (de Peel), mit den Grenzfestungen Herzogenbusch (s'Hertogenbos'ch, 21.900 E.), Bredü („breite An", 15.300 E.), Bergen op Zoom. 4. Utrecht, zwischen Leck und Zuider-See, trefflich angebaut. — Utrecht crrsfsvtus sä lillouum, 57.400 E-), viele Kanäle, befestigter Hafen, Universität; bedeutende In¬ dustrie. Union IS79; Friede 1713. 5. Geldern, zwischen Maas und Zuider-See, großentheils sehr fruchtbar. Land der alten Bataver (iusuls. Lstuvorum) zwischen Maas und Rhein. Die alte Assel (Issla.) gab den salischen Franken den Namen. „Hoch an Muth, klein an Gut, das Schwert in der Hand, ist das Wappen von Gelderland." Arnheim «Rhein, 29.000 E.); Nym- wegen (dloviomuAus, 22.400 E.), Friede 1678 und 1679. Zütphen (15.400 E.) an der Assel. 190 6. Ober-Mstl (— Ower Eisse!). — Zwolle (an der Aa, 20.400 E.), Hafen, Baum¬ wolle. Dänen ter (oder Demter a. d. Assel, 17.600 E.), viel Industrie. Die Festung Kämpen. 7. Drciithe, die ärmste, wenigst bewohnte Provinz, mit Armen-Colonien. — Hauptort Assen. 8. Friesland, fruchtbarer Marschboden. — Leenwarden (-- Whwarden, 25.600 E.), am Zusammenfluß mehrerer Kanäle; lebhafte Industrie. 9. Gröiittiiigeu, am Dollart; das Bourtanger Moor an der Ostgrenze. — Grönningen (38.300 E.), llniversität; Papierfabrikatiou, Schiffahrt. 10. Herzogthnm Limburg gehört, mit Ausnahme der Festungen Mastricht (28.600 E., große Gerbereien, Glasfabrikation, Steinbrnche) und Venloo (17.000 E.), zum deutschen Bunde. Es wurde im I. 1839 als Entschädigung siir die an Belgien ge¬ kommene größere Hälfte Lnxemburg's an die Niederlande zuriickgegebcn. 11. Großherzoglhum Luxemburg (Lützclburg) an der Mosel und Sure. Alte deutsche Grafschaft, seit 1354 Herzoglhum, 1815 für die verlornen Nassau'schen Stammlande als Entschädigung den Niederlanden übergeben, aber im I. 1830 getrennt (zwischen dem neuen Königreiche Belgien und den Niederlanden). Zum deutschen Bunde ge¬ hörig. — Luxemburg (12.000 E.), starke Bundesfestung mit Preuß. und nieder¬ ländischer Besatzung. Große Gerbereien; Eiscngruben. Kutturbitd. Die Einförmigkeit des Bodens bedingt auch Einförmigkeit in der Pflan¬ zenwelt. Bon der Gesammtsläche sind etwa kultivirtes Land; die Größe des unkultivirten vermindert sich durch Entwässern fortwährend. Wo es das Terrain gestattet, wird die Bodenkultur musterhaft betrieben. Was Fleiß und Kunst einem dürftigen Boden abzugcwinnen vermögen, ist in Holland geschehen, und dieses zum Theil dem Meere abgewonueue Land ist durch die Intelligenz und Ausdauer seiner Bewohner vielfach in einen Garten verwandelt worden. Deßungeachtet kann die Produktion des Landbaues den Bedarf der dichten Bevölkerung nicht decken. Nebst Weizen und Roggen werden mehrere Handelspflanzen (Tabak, Hanf, Flachs, Krapp) gebaut; die Blumenzucht ist bedeutend, namentlich um Haarlem. Sehr arm ist das Land an Holz, welches es aus dem Schwarzwalde und den Ostseeländern bezieht. Einen großen Reichthum besitzt das Land in der Viehzucht; Butter und Käse sind die bedeutendsten im Lande gewonnenen Handelsartikel. Die fetten Weiden, der Fleiß und die sprichwörtliche Reinlichkeit der Bewohner fördern ungemein diesen Erwerbszweig. Der Export an Käse wird aus 20 Mill. Gulden bewerthet. Sehr wichtig ist auch die Seefischerei, insbe¬ sondere der Häringsfang an der englischen und schottischen Küste. Die hol¬ ländischen Häringe sind die beliebtesten, da die Holländer die Zubereitung am besten verstehen, das beste Salz (spanisches und portugiesisches) ver¬ wenden, und äußerst pünktlich und sauber dabei zu Werke gehen. Im Jah¬ resdurchschnitt beläuft sich die Menge der gefangenen Häringe auf 60 Mill. Der Sammelplatz der Häringsfänger ist Vlaardingen; die Rückkehr vom Fischfänge ist mit nationalen Festlichkeiten und alten Gebräuchen verbunden. An Mineralien ist das Land arm; selbst Bausteine und gutes Trinkwasser fehlen in vielen Gegenden. — Die Niederlande sind kein Fabrik öl and, obwohl einige Industriezweige blühen und das Handwerk Fortschritte macht. Ehemals behaupteten holländische Leinen, Niederländer- Tuch und holländisches Papier den ersten Rang. Die Leinen gehören noch immer zn den vorzüglichsten; die Wollindustrie ist stark nach Belgien übersiedelt; im Papier behaupten die 130 Fabriken auch jetzt noch hohen Ruf. Ansehnlich sind die Branntweinbrennereien, die Tuchfabriken, die Er- 191 zeugung von Thonpfeifen, wovon bei der großen Liebhaberei deö Tabak¬ rauchens enorme Mengen im Lande selbst abgesetzt werden, und die Leder- Fabrikation in Mastricht. Weltberühmt in der Diamantenschleiferei ist Am¬ sterdam. Für den ausgedehnten Schiffbau bestehen über 600 Werften; aus¬ gezeichnet sind die holländischen Ostindienfahrer (die größten Kauffahrteischiffe). In der Mitte des 17. Jahrhunderts war Holland die erste Handels¬ macht Europas, und der Handel ist noch immer bedeutend, zu welchem Zwecke großartige Gesellschaften bestehen. Amsterdam und Rotterdam ver¬ mitteln einen großen Theil des europäischen Verkehrs mit Amerika, Ost¬ indien, China und Japan; namentlich nehmen die Geschäftsverbindungen mit den Colonien fortwährend an Umfang zu. Im I. 1861 belief sich der Werth der Ausfuhr aus mehr als 400, jener der Einfuhr auf fast 470 Mill. Gulden. Auch der Binnenhandel ist sehr schwunghaft. Die Holländer haben die Vorzüge und Schattenseiten eines echten Kaufmannsvolkes. Der Volkscharakter hat durch den fortwährenden Kampf mit der Natur ein festes Gepräge erhalten. Phlegmatisch, kalt berechnend, sparsam, unternehmend und ausdauernd, liebt der Holländer Ordnung und Reinlichkeit bis in das Kleinliche; er fühlt sich als Herr des Landes, das er mühsam dem Meere abgetrotzt. Er halt auf Zucht uud strenge Sitte, hängt am Alten, liebt sein Vaterland, und der Wohlstand gibt ihm das Bewußtsein von Sicherheit uud Unabhängigkeit. Dieses kräftige uud arbeit¬ same Volk ist in der geistigen Kultur weit vorgeschritten. Die zahlreichen Volksschulen sind gut eingerichtet; treffliche wissenschaftliche und Kunstan¬ stalten und Sammlungen beleben stets den Sinn für das Schöne und Große. Holland hat zu jeder Zeit ausgezeichnete Männer besessen, welche als Künstler, Gelehrte, Staatsmänner und Seehelden den Ruhm des Va¬ terlandes erhöht haben. X. Tas Königreich Großbritannien. In Europa: 5764 eiMeil., 29,600.000 Einw.; stz sind germanischen Stammes, Eng¬ länder, st, Irländer, Galen u. a.; meist Protestanten, in Irland Katholiken. Viele Dissenters (--- Andersdenkende) nnd Juden im ganzen Reiche zerstreut. — Grenzen? — In den Colonien beiläufig: 223.382 HMeilen, 144.371.000 E.*). Das Land. — Großbritannien hat in Hinsicht seiner horizontalen Gestaltung in Europa die meiste Aehnlichkeit mit der südöstlichsten Halb¬ insel, nämlich: bedeutende Kustenentwickelung, tief einschneidende Buchten und hervorragende Halbinseln, isthmische Verengungen und zahlreiche Inseln und Gruppen an der Nord- und Westseite. Der Einfluß dieser Gestaltung auf die gesammten Kulturverhältniffe des Landes, so wie auf die mit ihm in *) In Asien (Indo-britisches Reich nebst den Schutzstaaten). „ Amerika (nebst denHudsonsbai-LLndern) „ Afrika (Capland, Natal u. a.) „ Australien (Neuholland u. a.) Dazu in Europa 69.980 geogr. ^M.; >37,675.000 E. 122.632 „ „ 4,423.000 „ 6.636 „ „ 915.000 „ 24.134 „ „ 1,358.000 „ 223.3W geogr. OM.; 144,371.000 E. 5.764 „ „ 29,600.000 „ Gesammt-Mvlmrchie 229.146 geogr. oM.; 173,971.000 E. 192 Verkehr tretenden Staaten ist ein mächtiger. Auch die vertikalen Verhält¬ nisse sind der Kultur günstig. Vom Cap Landesend (Südwest) erhebt sich steil das kahle Bergland von Cornwall (— Karn'uahl) *), ausge¬ zeichnet durch den Reichthum an Zinn und Kupfer. Fast parallel mit dem St. Georgscanal streicht das Hochgebirge von Wales (— Uehls), die „britische Schweiz", reich an Steinkohlen und Eisen, im Snowdon (— Snohd'n, 3500') kahl und baumlos. Fast in der Mitte Englands zieht das Peak- (— Pihk) Gebirge über Manchester (— Mäuntschester) und Leeds (^ Lihds) bis zur schottischen Grenze, von reichen, gut angebauten Flußthälern durchschnitten, und mit höchst ergiebigen Steinkohlengruben und Eisenminen an seinen Abhängen. Im Nordwesten Englands ist das schroffe Gebirge von Cumberland (— Kömmbr'länd) mit Ablagerung von Stein¬ kohlen und Graphit. Als Schcidegebirge zwischen England und Schottland erhebt sich das plateauförmige Cheviot- (— Tschihwiot) Gebirge, an dessen Nordseite sich das schottische Niederland oder die Lowlands (— Loh- länds) ausbreitet. Nördlich davon erhebt sich Hochschottland, bestehend aus dem Grampian- (— Grämpian) Gebirge mit dem Ben Nevis (— Ben Njuhis, 4100') und dem nordkaledonischen Gebirge; zwischen beiden ist der tiefe Einschnitt bei Inverness, wo vermittelst des Loch- (— Lock, d. i. See) Neß der Kaledonische Kanal die Ost- und Westküste verbindet. Im westlichen Theile gibt es viele Seen (Loch), der größte Loch Lomond. Auch die langen schmalen Meerbusen, Frith (— Friß) genannt, haben häufig den Charakter von Landseen. — Die Gebirge Irlands lagern sich vorzüglich an der Nord- und Südküste und fallen steil znm Meere ab. Das Flachland im Inneren der Insel hat noch viel nnangebaute Gegenden, Mangel an Holz und Salz. Die beiden Inseln (Großbritannien und Irland) werden vom Atlan¬ tischen Ocean und seinen Theilen (der Nordsee, dem Kanal mit der Straße von Dover soder Calaiss, und der irischen See mit dem St. Georgs- und dem Nordkanal) bespült, welche bedeutende Meerbusen und sehr zahlreiche Buchten und Häfen in das Land schneiden, wodurch Schiff¬ fahrt und Handelsverkehr ungemein begünstigt werden. Die Flüsse der britischen Inseln haben zwar relativ kurzen Lauf; doch geben ihnen das geringe Gefälle, der große Wasserreichthnm und die weiten Mündungen eine hohe Bedeutung für die Schiffahrt. Sie ergießen sich theils in die Nordsee, theils in den Ocean. Zu deu ersteren gehören: Die Themse, Großbritanniens wichtigster Fluß, mit ungemein lebhafter Dampf- und Segelschiffahrt; der Hu mb er (—Oembr), gebildet aus der Nord-Ouse (— Aus) und Trent, die Thne (— Tein) und der Tweed (-- Tuihd); — zu den letzteren der Severn (— Sewern), in Schottland der Clyde (— Kleid), in Irland der Shannon (— Schänön). Das Land zeichnet sich ferner durch die Menge, Größe und Nutzbarkeit seiner Ka¬ näle vor allen Ländern in Europa aus. Das Inselklima Großbritanniens ist ziemlich gleichförmig mit nicht sehr großem Temperaturwechsel. Der Winter ist verhältnißmäßig milde, der Sommer nicht gar heiß; der Himmet ist in der Regel trübe, dichte Nebel mit großer Feuchtigkeit und vielem Regen sind häufig. Der Schnee bleibt *) In der Klammer ist die englische Aussprache annähernd angegeben. 193 nur in den höheren Berglandschaften länger liegen. Wegen der großen Feuchtigkeit ist die Insel den größten Theil des Jahres mit saftigem Grün bekleidet. Politische Eintheilung und Orte: Bestandteile Großbritanniens sind: 1. Komgr. England; 2. Fürstenth. Wales; з. Könige. Schottland; 4. Königr. Irland; 5. die europäischen Neben¬ länder. — Das Reich ist in Shires (— Schihrs) oder Counties <— Kauntis), d. i. Grafschaften eingetheilt. Nebstbei ist noch die alte Eintheilung im Gebrauche. 1. England (7 Königreiche mit 40 Grafschaften) und Wales (mit 12 Grafschaften): 1. Königr. Essex: London, an beiden Usern der Themse, im Mittelpunkte der reichsten und fruchtbarsten Provinzen, mit 3,020.000 Einwohnern (im 1.1861). Re¬ sidenz und Hauptstadt des britischen Reiches, der größte und reichste Handelsplatz der Erde. Stadtthcile: Westminster und Westend, Sitz des Hofes, des hohen Adels, des Parlamentes und der höchsten Staatsbehörden. — City, Handelswclt, Geld- und Kreditinstitute; — Sonthwark (—Saudswärk), eigentlicherFabriksbezirk; — East-End ist der erste Seehasen des Landes mit seinen Docks, Schiffswerften, La¬ gerhäusern u. s. f. Wenig große Privatpaläste, aber viele prachtvolle öffentliche und Staatsgebäude: Pauls-Kirche, Erzbischof von Westminster mit 12 Sufsraganen, Westminsterabtei mit den Monumenten der Könige und berühmter Männer, die k. Paläste St. James (— Dschäms) und Buckingham (— Böckiug'häm, Residenz), Wcst- minsterhall, der oberste Gerichtshof; die neuen Parlamentshäufer; der Tower (—Taur), früher Staatsgefängniß, jetzt Zeughaus, Münze, Reichsarchiv, Juwelenkammer u. s. w.; das britische Museum mit Kunstgcgcnständeu, Naturalien, Handschriften und Büchern; das ostiudische Haus; über 500 Gebäude für den Gottesdienst. Ueber die Themse führen 7 Brücken und unter derselben der Tunnel (1843 vollendet). — Mittelpunkt des geistigen Lebens, viele gelehrte Gesellschaften, Universität, polyt. Institut, über 4000 Erziehungsanstalten, 18 öffentliche Bibliotheken. — Viele Humanitätsanstalten, 107 Armenhäuser, 22 Krankenhäuser, Waisen-, Irren-, Jnvalideuhäuser; über 100 wohlthätige Gesellschaften. — Industrie im großartigsten Maßstabe in Gold- und Silberwaaren, Uhren, optischen und physikalischen Instrumenten, die kolossalsten Bier¬ brauereien der Erde u. v. a. — Die City, Mittelpunkt des Welthandels. Täglich laufen an 50 Schiffe ein, jährlich über 10.000 Dampfer und Küstenfahrer; der Zoll beträgt jährlich 120 bis 140 Mill. Gulden, der Werth der Ein- und Ausfuhr an 700 Mill. Gulden. Nach allen Richtungen laufen Eisenbahnen und Telegraphen ans. Die großartigsten Institute sür Hebung des Handels. Ostindische Compagnie, Hud- sonsbai-, Lloyd- und viele andere Gesellschaften; die Bank von England ist das größte Institut dieser Art, über 100 Privatbanken, viele Assekuranz- und Aktiengesellschaften; Stockbörse, königl. Börse, Kornbörse, Cleariughouse (^ Klihringhous', tägliche Ver¬ sammlung der Commis der Banquiers zur Abrechnung; große Docks, Waarenhäuser и. f. w. Belustigungsorte: 14 Theater, St. James- und Hydepark (— Heidepark) u. a. — Weltindullrie-Ausstellungen im 1.1851 und 1862. — Milton (--- Milt'n) geb. 1608, P 1674 (Dichter des „verlornes Paradies"), Gibbon (--- Gibb'n, Geschichtschreiber, 1737, ch 1794. — Harwich (— Härritsch, 25.000 E), Uebcrfahrt nach Holland, Schweden und Hamburg. 2. Königr. Kent: Canterbury (-- Känterbri), Sitz des ersten anglikanischen Erzbischofes, prächtige Kathedrale. Dover (22.000 E.), Uebcrfahrt nach Frankreich (nach Calais in 3 Stunden); unterseeischer Telegraph nach Calais. Lhatlam (— Tschättäm, 28.0V0 E.), Hauptstation der Kriegsschiffe. Woolwich (— Wullitsch), großartiges Arsenal, Kanonengießerei. Greenwich (—Grihnitsch, Themse, 30.000 E.), berühmte Sternwarte t>7° 39' 38" östl. von Ferro, die Briten rechnen nach dieser Länge); Marine-Jnvalidenhaus, Erziehungsanstalt für Matrosenkinder. 3. Königr. Sussex (—Söffex): Brighton (—Breit'n, 78.000 E.), Seebäder, Uebcrfahrt nach Dieppe. R i ch m o nt (— Ritschmönd), k. Schloß. 4. Königr. Wessex: Portsmouth (---- Pordsmöds, 95.000 E ), Festung, Kriegs- Hafen, Seearsenal. Gegenüber die fruchtbare, reizende Insel Wight (--> Ueit) und die große Rhede von Spithead (-- Spithedd , wo sich große Kriegs- und Handels¬ flotten vor dem Auslaufen versammeln. Southampton (---Saußhämmtn, 3S.000E ), Fabriken, Färbereien, Seehandel, Haupthafen für Frankreich und die Pyrenäenhalb¬ insel. Londons Hauptstation für die Packetboote nach Westindien und dem Oriente. Plymouth (--- Plimmöds, 63.000 E.), Kriegshafen mit dem berühmten Damme K l u u Geographie, S. Aust, 13 194 (Vreakwater) vor dem Hafen; südwestlich auf einer Klippe der kühn gebaute Leucht¬ thurm Eddystone (Eddistohu). Exeter (40.000 E.), Fabrikation, Handel. Fal¬ mouth (--- Fahlmöds), befestigter Hafen, Packetbootfahrt nach Spanien, Portugal und Amerika. Bristol Brist'l, 154.000 E.), Festung; Fabrikation in Messing- waaren, wichtiger Handel mit beiden Indien; dritte Handelsstadt des Reiches. Bath (—Bähds, 75.000 E.), viele Paläste, Schwefelbäder, sehr besuchter Badeort. Salis¬ bury (— Sahlsbri), Bischofssitz, schöne gothische Kathedrale; Fabrikation, Viehzucht. Windsor (a. d. Themse, 10.000 E.), königl. Schloß. — Unweit der französischen Küste liegen die normannischen Inseln, von denen Guernsey (-- Gern'ßi; Hanptorl St. Pierre, 15.000 E.), und Jersey (— Dscher'ßi, Hauptort St. Hillier s— Sant' Jljeh, 20.000 E.j) die größten sind. 5. Königr. Ostangeln; Norwich (--- Norritsch, 74.000 E.), große Wollindustrie; Schuhmacherei für die Colonien; Kornmarkt. Jarmouth (Jarmöds, 30.000 E.), Hafen,Häringsfischerei; Nelson's Denkmal. Cambridge (— Kämmbritsch,28.000 E.), berühmte Universität (seit dem dreizehnten Jahrhundert). 6. Königr. Mercia (--Mersch): Oxford (— Oaksförd, a. d. Themse, 25.000E.), älteste, schon unter Alfred gegründete Universität, berühmte Bibliothek. Leicester (---Lester, 68.000 E.), großartige Fabrikation von Slrumpfwaaren. Nottingham (--- Noatting'hämm, am Trent, 75.000 E.), die wichtigsten Strumpfwebereien Eng¬ lands und andere Fabriken. Richard Arkwright (—Aerkrcit), Erfinder der Baum- wollmaschinc 1768, geb. 1740, f 1702. — Derby (4I.000E.), Seidenindustrie,Spin¬ nereien, Porzellan. Etruria, Hauptort des 6 Meilen großen Töpferbezirkes, „rds Uvtlerios" (tsi Pott'ris), wo über 50.000 Arbeiter mit Erzeugung des Wedgewood- (---Wedschwuhd) Geschirres beschäftigt sind *). Stockport (55.000 E.), sehr bedeu¬ tende Baumwollfabriken. Chester (— Tschestr, 25.000 E.), starker Käsehandel; Ueber- fahrt nach Irland. Shrewsbury (— Schruhsbri), große Wollmanufaktur. Wol¬ verhampton (— Wolwerhämpt'n, 61.000 E.), Eisen- und Steinkohlenbergwerke; sehr bedeutende Eisenindustrie. Birmingham (— BLrming'hämm, 328.000 E.), erste Fabriksstadt Englands im Mittelpunkt eines ausgedehnten Eisenbahn- und Kanalfystemes, in der Nähe großer Eisen- und Steiukohlenminen. Fabrikation aller Arten von Metallwaaren (Maschinen, Waffen, Messer, Nägel, Nadeln, Kupfer- und Goldwaaren, jede Art Kurzwaaren u. s. f.) In letzterer Zeit berechnete man im Jahre: um 6 Mill. Gulden Knopfe, 115 Mill. Stahlfedern, monatlich 6000 Flinten¬ röhre, wöchentlich 2000 Millionen Stecknadeln, stündlich 30—40.000 Kupfermünzen n. s. w. Vervollkommnung der Dampfmaschinen dnrch Watt und Boulton. — Worcester (—Wüster, 30.000 E.), Handschuh- und Porzellanfabrikation. Strat- sort (am Avon), Geburtsort des Dichters Shakespeare (---- Schehks'pihr, geb. 23. April 1564, f 23. April 1616). 7. Königr. Northumberlaub (--- Noards'ömberländ). — Hüll (--- Höll', am Hnmber, 99.000 E ), Fischerei, sehr bedeutender Handel, WaUfischfang; große Dock«, viele Fabriken (vierte Handelsstadt Englands). Uork (Lborueuin, 40.000 E ), sehr alte Stadt an der Ouse, herrliche Kathedrale, zweites Erzbisthum. Sunder¬ land (--- Sönderländ, 80.000 E.), Fabriken, starke Steinkohlenausfuhr. New¬ castle (--- Njukaßl, an der Tyne, 10S.000E.), Mittelpunkt des ungeheuren Stein¬ kohlengebietes (25.000 Bergleute, 4000 Schiffe für den Kohlenhandel; an 460 Mill Ctr. Kohlen Jahresproduktion). Neberdieß Fabrikation von Dampfmaschinen, Eisen- und Stahlwaaren, chemischen Produkten u. a. Liverpool (---- Liwerpuhl, Mündung des Mersey, 477.000 E.', zweite Handelsstadt des Reiches, eine Menge der ältesten und schönsten Docks in England; Packetbootfahrtcu nach Nord- und Süd-Amerika, dem Mittelmeere, Portugal und vielen anderen Plätzen; Tausende von Auswanderern schiffen sich jährlich hier ein. Handel mit Irland in Getreide, Mehl, Vieh; erster Platz für den Baumwollhandel in Europa durch seine Verbindung mit Manchester (— Mäntschestr); Handel "mit den Ostseeländern, Guinea, China, Ostindien u. s. s.; mehr als 1600 eigene Schiffe, über 14.000 besuchen jährlich den Hasen. Ein- und Ausfuhr im Werlhe jährlich über 500 Mill. Gulden. Erste größere Eisenbahn (zwischenLiverpool und Manchester) imJ. 1828 beendet. Manchester (^Mäntschestr, über 355.000 E.), Hauptsitz der großartigen englischen Banmwollindustrie und der erste Fabriksplatz der Erde in diesem Zweige (in der Nähe sind viele Orte mit -) Nach Josua Wedgewood, dem Begründer von Etruria, der die Töpferei ver¬ vollkommnet hat, so benannt. (Geboren 1730, -f 1795.) 195 diesem Fabrikatiouszweige beschäftigt, darunter 10 Städte mit 40- bis 140.000 E.); überdies; berühmte Schafwoll- und Leinenwaarenfabriken, Färbereien, Maschinenbau u. a. Aus den Steinkohlengruben von Worslei führt nach Manchester der Bridge¬ water- (— Breitschuatr) Kanal über Berge, Thäler, Flüsse, durch Felsen (über den schiffbaren Jrwell und unter der Erde), erbaut 1758— 1761. — Sheffield (^- Sch-ffihld, 185 000 E.), größter Fabriksort für Stahlwaaren, besonders Messer¬ schmiedarbeiten, Sägen, Feilen, Blecharbciten, Werkzeuge, landwirthschastliche Geräthe. — Leeds (-- Lihds, 224.000 E.), Hauptsitz der Tuchfabrikation und der gesammten Wollindustrie: in der Nähe bedeutende Fabriksorte in diesem Zweige (Bradford (106.000 E s, Halifax, Huddersfield sHöddersfihld, 2l.OOOE.f, u. v. a.) — Carlisle (--- Kahrleil', am Eden, 26.000 E.), von hier geht die Pikten-Mauer (von Kaiser Hadrian im I. 120 n. CH. erbaut) nach Newcastle. — Keswik, in der schönsten Gegend Englands, erzeugt die besten Bleistifte. — Insel Man (-- Man) mit 45.000 E., keltischer Abkunft. 8. Fürstenthum Wales. — Sehr gebirgig, großer Reichthum an Eisen; große Städte fehlen. Pembroke, Hauptort, mit dem trefflichen Milfordhafen (zusammen 70.000 E.), starker Handel. — Dem Snowdon gegenüber die flache, kupferreiche Insel Anglesea (— Aengl'ßih), mittelst einer Kettenbrücke und der Britannia- Tunnelbrücke mit dem Festland« verbunden. II. Schottland (Süd-, Mittel- und Nordschottland mit 33 Grafschaften). Süd-Schottland: Edinburg mit dem Hafen Leith (— Lihß'über 200.000 E.), herrliche Lage auf drei Hügelreihen, welche durch tiefe Schluchten von einander ge¬ trennt und durch große Brücken mit einander verbunden sind; meist enge Gassen mit sehr hohen Häusern (sogar 10—12 Stockwerke). Ausgezeichnet durch Bildung, der Pflege von Wissenschaft und Kunst; Universität, mehrere Bildungsanstalten und gelehrte Gesellschaften; starker Handel. In der Altstadt der k. Palast (Holyrood --- Hal'liruhd, heiliges Kreuz). Der Romandichter Walter Scott, geboren 1771, f auf seinem Landsitze bei Edinburg 1882. — Glasgow (-- Gläsko, 424.000 E-, am Clyde), Universität; erste Fabriks- und Handelsstadt Schottlands (Baumwolle, Leinen, Steingut, Glas, Leder u. a.); großer Glasgow-Kanal; unerschöpfliche Stein¬ kohlengruben. Paisley (--- Pehsli, 60.000 E.), wichtiger Fabriksort (Baumwolle, Seide u. a.), Bleichen, Kohlengrnben. Greenock (---- Grihuöck, 37.000 E.), wich¬ tiger Hafen mit Docks, Seehandel, Zuckerrasfinerien. Mittel-Schottland: — New-Aberdeen (--- Njn Aebberdihn, 74.000 E.), Universität, Fabrikation (Tuch, Zwirn, Leinen, Eisenwerke), Schiffbau, Hafen, starker Handel. Perth (Perds, 25.000 E.), bedeutender Jndustrieort (Leinen, Baumwolle, Leder, Bleichen); einst Krönungsstadt der schottischen Könige. Dundee (Döndi, 91.000 E.), große Fabriken, Hafen mit schönen Docks; merkwürdiger Leuchtthurm aus Bellrock. Nord-Schottland: — Jnverneß (17.000 E.), am Nordende des kaledonischen Kanals; viel Fabrikation und Handel; Hauptmarkt der Bergschotten. Hierzu die Hebriden, an 300 Inseln in zwei parallelen Reihen, davon bei¬ läufig 200 bewohnt (von 70,000 E), Viehzucht, Fisch- und Vogelfang. Kaltes, sehr feuchtes Klima. — Von den 67 Orkney's-Jnseln sind 29 bewohnt, die übrigen dienen als Viehweiden. — Die 86 Shetland's-Jnseln (mit 30.000 E.), meist als Viehweiden benutzt. III. Irland; die 4 alten Königreiche zerfallen in 32 Grafschaften (Countis ---- Kauntis). Leinster (— Linster): — Dublin (318.000 E.), Sitz desVice-KönigS, des engl. Erzbischofes und Primas des Reiches, viele Klöster; Protest. Universität, zahlreiche öffentliche Schulen. Handel mit Getreide, Leinwand, Fleisch ; Banken. Ulster (---Oelster): — Belfast (Bellfäst, 120.000 E.), großartige Spinnereien hier und in der Umgebung, Leinen- und Baumwoll-Fabrikation, Zuckersiedereien u. a.; wichtiger Handelsplatz; kath. Bisthum, kön. Kollegium- Londonderry (20.000 E.), Handel mit Leinwand und landwirthschastlichen Produkten; starke Fischerei. — Down-Patrick (Daun Pätrik), in der Kathedrale die Gebeine des heil. Patrick, des Schutzheiligen von Irland, f 483 (?). Lonnaught (--Kannaht): — Galway (---- Gallueh, 40.000 E.), kathol. Bis- thum, königl. Kollegium. Munster (— Mönnster) : — Waterford (25.000 E.), Zucker- und Salz¬ siedereien, Leinen, Glas, Eisenwaaren; Fleischhandel; Hafen. L o r k (79.000 E.), zweite Stadt Irlands, engl. und kathol. Bisthum, Fabrikation von groben Leinen, Wollwaaren, Papier, Glas ; wichtiger Schiffbau ; Handel mit Butter und Pöckel- 13* 196 fleisch („Schlachthaus bes britischen Reiches"). Limmerik (45.000 E.), Festung, starker Handel. IV. Britische Kolonien: In Europa: Gibraltar, Malta, Helgoland. „ Afrika: Capland, Sierra Leone, Gambia-Kllste, Goldküste; die Inseln: Ascen¬ sion, St. Helena, Mauritius, die Sechellen, Sokotora. „ Asien: Aden (in Arabien), Vorder-Indien (bis 1858 der englisch-ostindischen Compagnie gehörig), Ceylon, Theile von Hinter-Jndien, Singapore, Insel Hongkong (vor Kanton in China). „ Amerika: Das Festland im Norden der Union (größtentheils), Bermudas- und Bahama-Jnseln, einige der kleinen Antillen, Jamaika, Theile von Uncatan, Mosqnltia »nd Guyana, Falklandsinseln. „ Australien : Niederlassungen auf Neu-Holland, Tasmania, Norfolk, Neuseeland- Kulturbild. Die Landwirthschaft hat in Großbritannien, insbesondere in den östlichen Theilen Englands, die bedeutendsten Erfolge erzielt. Trotz der sorgfältigen Bebauung und der dielfachen Anwendung von landwirthschaft- lichen Maschinen, genügt jedoch die Produktion nicht für den Bedarf ver¬ dichten Bevölkerung. Der Ertrag an Körnerfrüchten wird im vereinigten Königreiche jährlich auf 80 Mill. Quarter (u 4"/, Wiener-Metzen) berech¬ net. Auch der große Bedarf von Handelspslanzen, sowie an Nutz- und Bau¬ holz muß durch Zufuhren gedeckt werden. — Einen Glanzpunkt bildet die Viehzucht sowohl durch die Anzahl der Heerden, Oekonomiehöfe und Meiereien und deren zweckmäßige Einrichtungen, als durch den wissenschaft¬ lich-praktischen Betrieb, unterstützt durch günstige klimatische Verhältnisse. Großbritannien nimmt hierin den ersten Rang auf der Erde ein. Die Pferdezucht ist ein Gegenstand des Nationalstolzes, die Race steht der ara¬ bischen zunächst. (Pferderennen.) Ausgezeichnet ist die Zucht des Rindviehes, der Schafe, des Borstenviehes. Sehr umfangreich wird die Seefischerei betrieben, vorzüglich au der schottischen Küste. Auch der Härings- und Wallfischfang ist wichtig. Von höchster Bedeutung für die Industrie und somit eine der Grund¬ lagen des Nationalreichthums sind die Produkte des Bergbaues. In erster Linie steht die ungeheuere Ausbeute von vorzüglicher Steinkohle (Nort- humberland, Durham n. a. O.); über 3000 Gruben lieferten in letzter Zeit an 1700 Mill. Ctr. im Jahre, und der Werth der exportirten Kohle übersteigt im Jahre 30 Mill. Gulden. Von nicht geringerer Wichtigkeit sind die Eisenbergwerke, von denen die meisten in der Nähe von Kohlengruben, des Meeres oder schiffbarer Flüsse liegen. Die reichsten Lagerstätten sind im südlichen Wales, in Stafford, Derbh, MA, Schottland u. a. O. Die Roh- eisenproduction ist stets im Wachsen; während vor 100 Jahren nur etwa 1 '/z Mill. Ctr. an Eisen jährlich gewonnen wurden, gewinnt Großbritannien jetzt nahezu 70 Mill. Ctr., wovon große Mengen zur Ausfuhr gelangen. In den letzten Jahren betrug der Werth des exportirten Eisens und Stahles (ohne Maschinen und Knrzwaaren) über 135 Mill. Gulden, also fast 20 Mill. Gulden mehr als die Goldausbeute Californiens in jenem Jahre. Bedeutend ist ferner die Ausbeute von Zinn (über 90)^ der Gesammtaus- beute Europa's, vorzüglicher Qualität), Kupfer (über 7 Mill. Ctr.), Zink und ausgezeichnetem Graphit. Großen Neichthum hat es an Salz, Por¬ zellan- und Töpserthon, Mineralwässern und vielen andern mineralischen Produkten. 197 In keinem Lande der Erde hat die Industrie eine solche Höhe und Ausdehnung erreicht, als in Großbritannien. Auf dem Grundsätze der freien Thätigkeit und der Theilung der Arbeit ruhend, — unterstützt durch hohe technische Ausbildung, welche die von der Natur gebotenen Schätze gro߬ artig auszubeuten versteht, — durch ein Maschinenwesen, durch welches fast alle Fabrikate zur möglichsten Vollkommenheit gebracht wurden, — endlich durch den steigenden Associationsgeist, wodurch große Kapitalien zu verhält- nißmäßig niederem Zinsfüße den industriellen Unternehmungen zustießen; — durch diese Vorbedingungen hat das Reich in manchen Zweigen der tech¬ nischen Kultur eine Änsbildung gewonnen, wie unö die Kulturgeschichte der Völker kein zweites Beispiel liefert. In der Mitte von England, dem Haupt¬ sitze des großen Reichthmns an Mineralien, ist seit lange auch der Hauptsitz der Metallwaareu-Fabrikation; das nördliche England ist ausgezeichnet durch die Wollen-, Baumwollen- und Leiuenindustrie; — im südlichen Theile sind meist jene Gewerbe vertreten, welche mit Handel, Künsten und Wissen¬ schaften in unmittelbarer Berührung stehen. Schottland und Irland stehen nur in einzelnen Zweigen auf gleicher Höhe mit England. Der wichtigste Zweig ist die Baumwollen-Manufaktur, worin England den Weltmarkt beherrscht. Vor etwa 70 Jahren exportirte es Baumwollwaaren im Werthe von beiläufig 3 Mill. Guldeu; gegenwärtig verarbeitet es beinahe der auf den Weltmarkt gelangenden Baumwolle, d. i. über 12 Mill. Ctr.; der Werth der Erzeugnisse übersteigt 670 Mill. Guldeu, wovcn um nahezu 500 Mill. Gulden exportirt werden. Manchester sammt Umgebung ist hie- für der erste Platz auf der Erde; überdieß sind berühmt: Blackburn, Nor¬ wich, Glasgow, Paisley und Belfast nebst vielen andern Orten. Sehr wichtig ist die Fabrikation in Schafwolle, wozu jetzt der Rohstoff aus Australien, Ostindien, Südafrika, daun aus Deutschland, Spanien u. s. w. bezogen wird. Die meisten und größten Fabriken sind in Iorkshire und Lancaster; der Produktionswerth beträgt über 300, der Werth der expor- tirten Waareu über 135 Mill. Gulden. Von relativ geringerer Bedeutung sind die L ein eufabrikation (am stärksten im nördlichen Irland, im östlichen Schottland und nördlichen England) und die Seidenindustrie. In Me- tallwaaren nimmt England den ersten Rang aus der Erde ein. Die Fabrikate zeichnen sich durch höchste Vollendung der Arbeit aus, wenn sie bisweilen auch von minder gefälligem Style sind. Der Werth wird jährlich auf mindestens 220 Mill. Gulden veranschlagt, wovon um etwa 200 Mill. Gulden zur Ausfuhr kommen. Der Hauptsitz ist Birmingham, dann sind bekannt: Soho und Wolwerhampton (Schlosserwaaren), Sheffield (Schneide- Werkzeuge), Salisbury (Scheereu), Redditsch (Nadeln), London (Instrumente), Bristol (Messingwaaren), Stafford, Shrop (Eisenbahnschienen), Woolwich (Kanonen), Manchester, Birmingham (Maschinen) u. v. a. — Ausgezeich¬ net sind Leder und Lederfabrikate im Produktionswerthe von 180 Mill. Gulden. Hierbei ist der Einfluß der technischen Chemie von ungeheueren Erfolgen begleitet. Wichtig find Bermondsey, London, Bristol (Sattler- und Riemerwaaren); großartig sind die Schuhmacherwaaren (Werth an 100 Mill. Gulden); Luxus- und Galanteriewaaren u. a. Bon nicht zu un¬ terschätzender Bedeutung sind ferners der Schiffbau, dann Papier, Krystall- glas, Porzellan und Wedgewood, Tabak, die enormen Bierbrauereien, Branntweinbrennereien, Gold- und Silberwaaren, und fast alle Zweige 198 gewerblicher Thätigkeit. Die Intelligenz, Betriebsamkeit und Ausdauer ha¬ ben in diesem Lande hierin unermeßliche Erfolge erzielt. Nicht minder kolossal als die Industrie ist der Handel; Großbri¬ tannien ist die erste Handelsmacht der Erde. Nach allen Ländern der Erde gehen englische Erzeugnisse; auf allen Meeren schwimmen englische Handels¬ schiffe; in allen Theileu der bewohnten Erde haben die Briten Nieder¬ lassungen oder Vortheilhafte Handelsverbindungen. Die glückliche Vertheilung und Schiffbarkeit der Flüsse, die vortrefflichen Landstraßen nach fast jedem Dorfe, das ausgedehnte Kanalsystem, die außerordentlich lebhafte Dampf¬ schiffahrt, die große Menge von Eisenbahnen (mit einem Aktienkapital von nahezu 4000 Mill. Gulden) und Telegraphenlinien befördern den inneren Handel. Im auswärtigen Handel umfaßt der Import Roh- und Hilfs¬ stoffe der Industrie und Konsumtionsgegenstände (darunter Getreide um mehr als 190 Mill. Gulden, Wein f40 Mill. Guldens, Spirituosen s30 Mill. Guldens, Zucker, Thee, Kaffee u. s. w.), im deklarirten Gesammtwerthe von über 1650 Mill. Gulden. Zum Exporte gelangen hauptsächlich die Fabrikate des Gewerbefleißes im deklarirten Werthe von 1420 Millionen Gulden (beide im I. 1864). Großartig ist die Rhederei. Die Handels¬ marine (ohne Colonien) zählte zu Anfang 1865: 40.778 Schiffe mit über 7 Mill. Tonnen. Unter den Förderungsmitteln des Handels stehen obenan die Banken (mit den Filialen ungefähr 1500 im I. 1865, darunter beson¬ ders wichtig die Bank von England), Handelsge sellschaften,Geld- und Kredit¬ institute u. v. a. Bei allem Reichthume Englands, neben welchem wir leider auch tief¬ stes Volkselend in Irland finden, sind die Unterrichtsanstalten noch immer unzureichend und mangelhaft; für die Volksbildung ist noch zu wenig gesorgt, Tausende wachsen ohne Unterricht auf und Hunderte von Ortschaf¬ ten sind ohne Schulen. Religiöse und moralische Bildung sind mehr durch Lebensgewohnheiten als durch Unterricht gefördert. In neuerer Zeit sind übrigens durch Privat-Gesellschaften und in Fabriksorten viele Schulen ein¬ gerichtet worden. Dagegen bestehen viele Vereine und Bibliotheken, welche diesem Uebelstande zum Theile abhelfen. Auch die Mittelschulen und Uni¬ versitäten (Oxford, Cambridge, Edinburg, Glasgow, Aberdeeu, St. Andrews, Dublin) können mit den deutschen nicht in eine Linie gestellt werden. Die meisten Lehranstalten sind Privatschulen ohne öffentliche Aufsicht; wohlha¬ bende Leute lassen ihre Kinder zumeist zu Hause unterrichten. Deßunge- achtet befördern die Gunst der Großen des Reiches, einflußreiche Gesell¬ schaften, ausgezeichnete Sammlungen, der großartige Weltverkehr u. dgl. ungemein die Wissenschaften und Künste. Keine Nation hat eine so große Menge ausgezeichneter Staatsmänner, Seehelden, denen tiefe Denker, große Gelehrte und Dichter würdig zur Seite stehen. Die englische Literatur ge¬ hört zu den reichsten Europa's, namentlich in physikalischen und technischen Wissenschaften, in der Poesie und Geschichtschreibung. Dagegen besaß Eng¬ land bis jetztwerhältnißmäßig wenig hervorragende Künstler. — Großbritannien ist somit eines der reichsten, kultivirtesten Länder der Erde; überhaupt ist in Wohlstand, Sitte und Kultur überall und fortwährend ein erfreulicher Fortschritt sichtbar. IW XI. Das Königreich Dänemark. 2596 ^Meilen, — 1,824.000 Einwohner*). Das Königreich bewohnen Dänen; fast ausschließlich Protestanten. — Bestandtheile: 1. Dänische Inseln in der Ostsee, — 2. Halbinsel Jütland, — 3. Färöer-Inseln, — 4. Island, — S. die Colonien. Das Land. — Die Halbinsel Jütland (0st0N80OL8!i8 Oinadrioa) ge¬ hört dem nordeuropäischen Hochlande an. Längs der Ostküste zieht sich ein niederer Landrücken (200'— 500') bis zur Nordspitze (Cap Skagen); im Inneren ist viel Haideland; im Westen fruchtbares Marschland. Die In¬ seln sind meist flach; an den Südküsten von Seeland, Fünen und Moen erheben sich Kreidefelsen. Die Färöer-Inseln sind kahle, baumlose, bis über 2000' hohe Felseninseln, aus vulkanischen Gesteinen bestehend, von Stür¬ men umbraust, mit rauhem, feuchtem Klima. Häufige und starke Nordlichter. Halbwilde Schafe; Eiderdunen; Fisch- und Seehundsfang. Island ist blos an den buchtenreichen Küsten bewohnbar; uur hier finden sich Weide¬ plätze und von Bäumen die Birke. Das Innere ist eine schauerliche Ein¬ öde. Kahle (bis 6000' hohe) Berge, die von 2500' an mit ewigem Schnee bedeckt sind; Gletscher, die dis zum Meere herabreichen; schroffe Felsen, öde Hochflächen, tiefe Thäler, reißende Bergströme, gegen 60 Vulkane (im Süden der Hekla, im Norden der Krabla), Schwefclflächen und heiße Quellen (die beiden 80—100' hoch aufsteigenden Geisir) geben der Insel ein wildes Aussehen. Jütland wird vom Skagerak und dem Kattegat bespült. Aus dem Letzten führen der Sund (zwischen Schweden und Seeland), der große Belt (Seeland-Fünen) nnd der kleine Belt (Fünen-Jütland) in die Ostsee. VieleBäche, kleine Seen, Torfmoore und Sümpfe, wie an der deutschen Ostküste. — Im All¬ gemeinen nebliges, feuchtes Klima ohne große Temperaturunterschiede. Politische Eilltheilmig und Orte- Das eigentliche Dänemark wird in 7 Stifte eingetheilt, von denen 3 auf die Inseln und 4 aus Jütland kommen. Bemerkens- werthe Orte sind: Ans den Inseln: — Kopenhagen (dän. Kjöbenhavn, 155.000 E.), Haupt- und Residenzstadt, eine der schönsten Städte Europas; der größte Stadttheil auf Seeland, der kleinere (Christianshavn) auf der Insel Amager idem Küchengarten der Residenz) erbanr, beide durch 2 Brücken verbunden. Vier königl. Paläste, Universität, Akademie der Wissenschaften, Bibliothek, Museum für nordische Alterthümer, Thorwaldsen's Museum (Thorwaldsen, geb. 19. Nov. 1770 auf der See zwischen Island und Kopenhagen, gest. 24. März 1844 in Kopenhagen) und viele andere Sammlungen. Festung, Kriegs- und Handelshafen; Mittelpunkt der Armee und Flotte, der Wissen¬ schaft und Knnst, der Industrie und des Scehandels. Seesieg Nelson's über die Dänen 1801; Belagerung 1807. — In Helsingör (am Sunde, 8000 E.) wurde bis zum I. 1857 der Sundzoll bezahlt, der um 30 Mill. Thlb. von den Seestaaten abgelöst wurde. Dabei die Festung Kronborg. Roeskilde (oder Roschild), bis 1443 Residenz der Könige, schöner Dom mit den Grabmälern vieler Könige. — Die im Süden von Seeland liegende Insel Möen (mit Kreidefelsen), Falster (Obstgarten Dänemarks) und La al and sind sehr fruchtbar und gut angebaut. Auf Fünen ist der Hauptort Odensee (14.300 E ), mit lebhafter Industrie (Leder, Bier) und Scehandel. — Hieher gehören auch die fruchtbare Insel Langeland und Bornholm mit fast unzugänglichen Granitkllstcn. *) Königreich Dänemark 696 ps)N., 1,708.000 E. Beilander (eirea) . 1900 „ 124.000 „ 2598 IHM. 1.824.000 L 200 Auf Jütland (fast doppelt so groß als die Inseln): — Aalborg (10.000 E.), guter Hafen, Industrie (Seide, Zucker, Handschuhe), Getreide- und Häringshandel. Friedericia, Festung am kleinen Belt. Arhuus (11.000 E.). Wiborg und Ribe, gewerbfleißige, handeltreibende Städtchen. Von den Faröcr-Jnseln (mit 8000 E.f, ist Thorshavn auf Strbmöe Haupt¬ ort und Hauptmarkt für alle Inseln. Auf Island (mit 60.000 E.): Reikjavik (1300 E.), Sitz des StiftS-Amt- mannes, des luth. Bischofes, des obersten Gerichtes; Versammlung der berathenden Stände (Althing); Dom, k. Sternwarte, gelehrte Gesellschaft, Bibliothek; die einzige Apotheke der Insel. Die Bewohner werden als wohlunterrichtet geschildert, voll Be¬ geisterung für ihr Vaterland und dessen Geschichte. Auswärtige Besitzungen: In Amerika: Niederlassungen auf Grdnla nd (Julianenhaab, Christianshaab u. a.); — die west-indischen Inseln: St. Croix (-- Sän Kroa), St. Thomas, St. Jean. In Afrika: einige Niederlassungen in Ober-Guinea. Kulturbiid. Dänemark ist ein Agrikulturstaat. Hauptnahrungsquellen sind die Landwirthschaft und Fischerei. Das Land produzirt sehr viel Getreide, Hülsenfrüchte und Oelpflanzen. Den Mangel an Holz deckt der Ueberfluß an Torf. Die Viehzucht steht auf hoher Stufe. Vorzügliche Pferde und Rindvieh in den Marschen, Schafe auf den Färöer-Inseln; starke Gänse¬ zucht, viel Eidergänse auf den Inseln. Sehr bedeutende Seefischerei (Hä¬ ringe, Bücklinge, Austern, Hummern). Metalle besitzt das Land keine; an¬ sehnlich ist dagegen die Gewinnung von Kreide und Torf. Die gewerbliche Industrie ist von geringem Belange; nur in wenigen Städten bestehen Fabriken; das Kleingewerbe ist ziemlich verbreitet. Kein Industriezweig nimmt eine hervorragende Stelle ein, daß er eine Konkurrenz mit den eigentlichen Industriestaaten aushielte. Die geographische Lage ist für den Handel günstig. Hat der Handel auch seine ehemalige Bedeutung eingebüßt, so ist der Verkehr mit den nordischen Staaten, mit England, Frankreich u. a. noch immer ansehnlich. — In der geistigen Kultur ist die Bevölkerung weit vorgeschritten; selbst auf den Färöern und auf Island können fast alle Bewohner lesen und schreiben. Das öffentliche Unterrichtswesen ist gut bestellt. Kopenhagen ist der Mittelpunkt des technischen, kommerziellen und geistigen Lebens. XII. Das Königreich Schweden und Norwegen. >3.826 ^Meilen; 5,535.000 Einwohner, germanischen Stammes, fast ausschließlich Lutheraner; im Norden Lappen. Schweden: 8026 tUM., 3,917.000 Einw.; Norwegen: 5800 ü>M., 1,600.000 Einw., Insel Barthelemy in West-Indien: 1 eM-, 18.000 Einw. — Grenzen? Das Land. — Die skandinavische Halbinsel ist überwiegend Hochland, nämlich deren nördlicher und westlicher Theil, d. i. Norwegen. Das Ge¬ birge fällt im Westen so steil zum Meere ab, daß nur wenige Küstenstellen anbaufähig sind. Die Küste ist ungemein gegliedert; zahllose Buchten und Einschnitte (Fjorde, Fjorden - Küste) bilden zwar geräumige Häfen, doch sind sie wegen der starken Brandung kaum benutzbar. Gegen Osten und Süden, in Schweden, ist der Abfall allmählich, zum Theil terrassenförmig, von zahlreichen Thälern durchschnitten. Die am meisten ebenen Flächen sind im südöstlichen Theile Schwedens. Vor der norwegischen sowohl als der schwedischen Küste liegen zahlreiche Felseninseln und Klippen (in der Ostsee 201 Scheeren - Skären, Skärenküste). Während in Norwegen mehr als die Hälfte des Landes über 2000' Seehöhe hat, übersteigt in Schweden kaum der zwölfte Theil des Landes diese Höhe, und mehr als die Hälfte ist nur 300-900' hoch. Das wellenförmige Hochland zieht sich vom Waranger- Fjord im Nordosten längs der zerrissenen Westküste bis zum Cap Lindes- naes im Südwesten. Im Norden heißt das Bergland: lappländisches Gebirge, dann die Kjölen (— Dschölen, Snlitelma 5800'), gegen Süd¬ westen das Dovrefjeld, gegen Süden das Longfjeld (Snöhättan 7100', Skagastöl 7700'); — dazu kommen viele Lokalbenennungen. Das Gebirge hat alpine Natur. Der größte Theil der Berge ist mit ewigem Schnee be¬ deckt, Lawinenstürze sind häufig und Gletschermassen steigen bisweilen tief herab. Nirgends auf der Erde reicht eine so großartige Alpennatur mit Bergmassen, Pässen, Schneefeldern und Gletschern so weit gegen Norden hinauf als auf dieser Halbinsel. Die Halbinsel Skandinavien wird vom nördlichen Eismeere und dem Atlantik nebst dessen Theilen (Nordsee, Skagerrak, Kattegat, Ostsee) bespült. Einige der Fjorde haben wilde Ufer und reichen tief in das Land hinein bis an den Fuß der höchsten Berge. Häufig stürzen Flüsse unmittelbar von der Hochebene in das Meer und bilden viele sehr hohe Wasserfälle. Sehr reich ist die Halbinsel an Flüssen und Seen, doch sind von den Flüssen in Schweden nur wenige schiffbar, in Norwegen wegen der Klippen und Strom¬ schnellen keiner. Zu den größeren (Elf genannt, die kleineren heißen ä—oa) gehören: die Göta (Abfluß des Wernern-Sees in das Kattegat) bildet die schönen Trollhätta-Wasserfälle, neben welchen ein schiffbarer Kanal geht; die Mottala aus dem Wettern-See in die Ostsee; die Dal, Schwe¬ dens größter Fluß; die Angermann, Umea, Pitea, Lule ä, Torneä mit dem Muni o, letztere zwei sind Grenzflüsse gegen Rußland. Die Klara durchfließt den Fämund-Sce und ergießt sich in den Wettern-See; der G lomen, Drammen und Louven münden in das Skagerrak. Nebst den genannten Seen sind bedeutend der Hjalmar-See, der schönste in Schweden, mittelst eines KanaleS mit dem Mälar-See verbunden.— Im Norden breiten sich große Sümpfe und Moräste aus. Das Klima ist im Verhältnis; zur nördlichen Lage nicht übermäßig rauh. In Schweden ist der Sommer sehr warm, der Winter sehr kalt, welche Jahreszeiten fast unmittelbar auf einander folgen. In Norwegen sind Nebel und Regen vorherrschend; die Kulturpflanzen reichen weiter ge¬ gen Norden als in Schweden. Im Norden des Polarkreises herrscht eine sehr strenge Winterkälte, die Nächte dauern von 24 Stunden bis über 2 Monate; furchtbare Stürme wüthen auf den Hochflächen. Politische Einthcilung und Orte: — Norwegen ist ein eigener Staat in Personal¬ union mit Schweden, d. h. in allen inneren Angelegenheiten ist es von Schweden unabhängig, steht aber unter gemeinschaftlichem Oberhaupte und der Kronprinz des vereinigten Königreiches ist Vice-König von Norwegen. Die Einthcilung Schwe¬ dens ist in 4 Hauptprovinzen, welche in 24 Läne (Landeshauptmannschaft) zerfallen; Norwegen wird in 5 Stifte eingetheilt. L. Schweden. I. Schweden. — (Um den Mälar-See liegen die Provinzen Upland, West- und Südermannland und Nerike, an der oberen Dal-Elf Delekarlien): Stockholm (124.700 E.), Haupt- und Residenzstadt, am Ausfluß des Mälarsees in die Ostsee aus Inseln (Holmen) in sehr malerischer Lage erbaut. Königl. Schloß, Admiralitäts- Gebäude, Neichsbank, schöne Kirchen (in der Ritterholmskirche Grabstätte der Kö- 202 nige aus dem Hause Wasa und großer Männer), Akademie der Wissenschaften, gute Lehranstalten (Central-Institut für Gymnastik); erste Fabriks- und Handelsstadt, Schiffswerft?, Dampfschiffahrt. Mittelpunkt des geistigen Lebens, sowie der Industrie und des Handels. Stockholmer Blutbad im I. 1520. — In der Umgebung schöne kön. Lustschlösser und Landsitze. Auf einer Insel im Mälar die kön. Sommerresidenz Drottningholm. — Up sä la (9300 E.), Erzbischof, Primas des Reiches, größte und schönste Domkirche Schwedens mit vielen Grabmälern berühmter Männer; Uni¬ versität (1477 gest.) mit botanischem Garten mit Liunü's Denkmal (Linne, geboren 4. Mai 1707 zu Rashult in Smaland, st zn Upsala 10. Jan 1778). — Danne¬ mora, bas wichtigste Eisenwerk in Schweden; Sala (3000 E.), die ältesten nnd ergiebigsten Silbergrubeu; FLlun, berühmte Kupferminen. Die Landschaft Dale- karlien ist durch ihre treue und tapfere Bevölkerung ausgezeichnet. 2. Gothland. — (Der schönste, fruchtbarste, am dichtesten bevölkerte Landestheil): — Goth en bürg (ober Göteborg, 41.600 E.), bedeutende Industrie (Tabak, Bier, Thran, Papier, Zucker u. a.), zweite Handelsstadt: gute Lehranstalten. Karls¬ krons (16.500 E.1, befestigter Kriegshafen, Schiffswerste, in Granit gehauene Docks; bedeutender Seebandel. Lund (9400 E.), Universität (gest. 1668), älteste Domkirche Schwedens. Kalmar (8700 E.), befestigter Hafen, bedeutender Handel; Union im I. 1397. Helsingborg, befestigter Hafen, Seebad, Ueberfahrt nach Dänemark. Norköping (21.600 E., a. d. Motala), Hanptsitz der Tnchfabrikation, Tabak, Schiffswerft?, Eisen-nnd Mcssingverarbcitung, bedeutender Handel. Malmö (20.000 E.) und Dstadt, Hafenstädte, wichtiger Verkehr mit Deutschland. — Die Inseln Oeland und Gotland, auf letzterer Wisby (5000 E.), einst (vor dem Emporbliiheu Riga's) freie, sehr mächtige Handels- und Hansestadt, als Mittelpunkt des deutschen Handels mit Rußland. 3. Nordland. — (Wenig angebaut, dünnbevölkert): — Gefle (11.700 Eint»., Mündung der Dal-Elf), Leinen-Manufaktur; Holz-, Eisen- und Fischhandel. Lulea Piets!, Ülmek, kleine Hafenorte am bottnischen Bnseu. Sonst wenige Dörfer und sehr zerstreut liegende Gehöfte. 4. Lappland. — Ein rauher Landstrich von nomadisirenben Lappen bewohnt, ohne Städte, mit wenig kleinen Dörfern, von denen Lockmock an der Lulea am bedeutendsten. u. Norwegen. 1. Christiani« (40.000 E.), Hauptstadt von Norwegen, Sitz des Statthalters, Universität nnd mehrere Lehranstalten; in der Nähe Eisenwerke; ansehnliche Indu¬ strie, (ausgebreiteter Handel. Fricdrichshall (7500 E), starke Festung; Eisen- und Holzhandel; Karl XII. st 11. Dezbr. 1718. Kongsberg (4000 EI, wichtiges Silberbergwerk; Drammen (10.000 E.), Hauptplatz für den norwegischen Holz¬ handel; Fabriken. Laurwig, große Hochöfen und Eisenindustrie. 2. Christiansand (10.000 E.), Kriegshafen, lebhafter Handel. Bei Arend al (4000 E.) große und reiche Eisengruben. 3. Bergen (26.000 E.), wichtigster Handelsplatz in Norwegen, früher Sitz der Regierung^ Nationalmuseum; bedeutende Industrie (Tabak, Zucker, Thran, Papier, Pulver), sehr ausgedehnte Fischerei (Kabljau nnd Häringe), Fischhandcl; befestigter Hafen. 4. Drontheim (16.000 E.), alte Kathedrale (Olafskirche), ehemalige Residenz- und Krönungsstadt der norwegischen Könige; Znckerraffinerie, Handel. Röraa s mit den reichsten Kupferminen in einer Seehöhe von über 5000. 5. Nordlanb und Finnmarken. Kleine Ortschaften, deren Bewohner Fischfang (Dorsche und Kabeljau) treiben, zumeist in der Umgebung der Lvsödden-Jnseln. Der nördlichste Handelshafen der alten Welt ist Hammerfest (aus Qualö, IIOO Einw.), vorzüglich von russischen Schiffen besucht. — Die nördliche Spitze von Europa ist das Nordcap (aus der Insel Mageröl und des europäischen Festlandes ist Nord-Kyn. Das nördlichste Fort von Europa (nnd der ganzen Erde) ist War- döhuus auf der Insel Wardö. Kuiturbiib. Die natürliche Bodenbeschaffenheit und das Klima sind der Land- wirthschaft nicht günstig. Der meist felsige Boden ist nur dünn mit Dammerde bedeckt, daher nicht ergiebig, und trotz mühsamer Bearbeitung ist der Ertrag ein ungenügender. Während kaum der Gesammtfläche 203 auf das Ackerland und 3^ auf Wiesen entfallen, nimmt der Waldboden über 60^ ein; an 30^ aber sind unproduktiv. Nur im südlichen Schwe¬ den wird Getreide hinlänglich für den eigenen Bedarf gewonnen; nördlicher ist der Kartoffelbau; Norwegen bezieht den größten Theil des Bedarfes an Getreide aus dem Auslande*). Reich ist das Land an Beeren aller Art, Haselnüssen, isländisches Moos und vorzüglich an Holz. — Die Vieh¬ zucht wird sorgfältig, auch mit relativ gutem Erfolge betrieben. Pelzthiere kommen in großer Menge vor, deßgleichen Federvieh (Schwäne, Eidergänse); in den Polarländern ist das nützlichste Hausthier das Rennthier. Ungemein ergiebig ist die Seefischerei. — Der größte Reichthum liegt im Berg¬ bau. Kein Land besitzt so viel und so treffliches Eisen als Schweden; Hauptsitz für den wichtigsten Bergbau-Bezirk (zwischen 59 und 61" n. Br.) ist Dannemora. Nächst dem Eisen ist höchst bedeutend die Ausbeute an Kupfer zu Fälun (Schweden) und Röraas (Norwegen); dann an Silber in Kougsberg (Norwegen) und Sala (Schweden); überdieß an Kobalt, Alaun, Schwefel. Die Gewinnung von Seesalz ist geringe und der Salz¬ bedarf muß durch Zufuhren aus dem Auslande gedeckt werden. Ebenso ist nicht ausreichend die Ausbeute an Steinkohlen, welche aus England bezo¬ gen werden. Die gewerbliche Industrie ist noch von geringem Belange. An der Westküste ist das Hauptgeschäft der Bevölkerung die Fischerei; im In¬ nern des Landes der Holzschlag, Bergbau und Hüttenbetrieb; im östlichen und südlichen Theile Schwedens der Ackerbau und die Viehzucht. Die häus¬ liche Gewerbethätigkeit sorgt für die Befriedigung der geringen Bedürfnisse der relativ dünnen Bevölkerung; der Landmann verfertigt im Winter seine Geräthe und Werkzeuge, Wolleuzeuge und Leinwand. Trotz der Bestrebungen der Regierung hat eine ausgedehnte Fabriksindustrie noch nicht Wurzel ge¬ schlagen. Der bedeutendste Ort ist in dieser Richtung Stockholm. Diese Stadt liefertmehr als die Hälfte sämmtlicherJndustrieerzeugnisse des Reiches; zunächst stehen im Gewcrbefleiße: Gothenburg, Norköping, Karlskroua, Malmö und Geste; in Norwegen: Bergen, Christiania, Drontheim und Arendal. Am höchsten steht die Fabrikation von Metallwaaren (Anker, Ketten, Stahl, Maschinen sin Motalas, Gewehre u. s. w.). Der größte Theil geht als Guß- und Stabeisen und Stahl in das Ausland. Großartig ist der Schiffbau (in Stockholm, Gothenburg und Bergen), sowie die Verarbeitung von Holz. Erwähnenswerth sind überdieß: Zucker, Tabak, Leder, Bier, Branntwein, Tuch, Baumwollstoffe, Leinwand. Im Allgemeinen steht in der Industrie Schweden viel höher als Norwegen. — Einen bedeutenden Rang nehmen der Seehandel und die Schiffahrt ein; insbesondere sind wichtig Stockholm und Bergen, u. z. im Verkehr mit Großbritannien, Rußland, den Ostseeländern, Lübeck und Hamburg. Eingeführt werden: Getreide, Kolonial- waaren, Fabrikate, Steinkohlen; ausgeführt: Eisen, Stahl, Holz, Leder, Pelzthiere und Fische. Der Binnenhandel ist ziemlich lebhaft; ^im Norden der Hausirhandel. Kanäle, im Süden gute Straßen, Eisenbahnen, Dampf¬ schiffahrts-Verbindungen, viele Geld- und Kreditinstitute befördern denselben. Die Bevölkerung ist sehr ungleich vertheilt. Im südlichen Schwe¬ den leben au 2000, im südlichen Norwegen an 1700, in den nördlichen *) Angebaut werden: Weizen Lis 60" n. Br., Hafer bis 64°, Roggen und Hanf Lis 67°, Gerste bis 70°, Kartoffel bis 71° n. Br. 204 Theilen 20—40 (im höchsten Norden noch weniger) Einwohner auf 1 ^M, welche theils der germanischen Völkerfamilie angehören (Schweden, Nor¬ weger, Dänen, Isländer), theils Lappen (finnischen Stammes) sind. Allein¬ herrschende Kirche ist die lutherische. Der Zustand der geistigen Kultur ist ein erfreulicher. Die zahlreichen Volksschulen sind trefflich eingerichtet, und Schullehrer besuchen die oft weit auseinander liegenden ländlichen Woh¬ nungen. Fast alle Bauern können lesen; in Norwegen bestehen darauf be¬ zügliche strenge Gesetze. Die Mittelschulen und die Universitäten (Upsala, Lund, Christiania) sind nach deutschem Systeme organisirt. Ueberdieß be¬ stehen zahlreiche Specialschulen und Kunstanstalten; Schweden hat sich zu¬ nächst in den Naturwissenschaften ausgezeichnet. Auf einer sehr niederen Stufe stehen noch die Lappen; doch besteht für diese ein Seminar zu Dront- heim, wie überhaupt auch auf möglichste Volksbildung dieses Stammes hin¬ gearbeitet wird. XIII. Das Kaiserthum Rußland. In Europa: 90.263 ^Meilen, 67,542.000 Einwohner *); — außereuropäische Besitzungen 295.089 ^Meilen, 8.385.000 Einw.«). Beiläufig 62 Mill. Angehörige der griechischen orthodoxen Kirche; dann etwa 3 Mill. röm. Katholiken, 2°/, Mill. Mnhamedaner, 2 Mill. Lutheraner, IV, Mill. Israeliten, endlich Heiden. — Nach der Nationalität beinahe 53 Mill Slaven, überdieß wohl INO an Sprache und Sitte verschiedene Volksstämme. — Grenzen? Das Land- — Der größte Theil des europäischen Rußlands gehört der sarmatischen Tiefebene an. Kaum der zehnte Theil ist Gebirgsland, während sich das einförmige Flachland über 400 Meilen in die Länge und 300 Meilen in die Breite ausdehnt. Das Bergland tritt vorwiegend an den Grenzen empor. An der Ostgrenze Europa's erhebt sich der Ural; der nördliche (bis zu den Petschora-Quellen) ist wüste und kahl; der mittlere (bis zur Einsenkung bei Jekaterinburg) ist reich an Erzen und Hochgipfeln; der südliche, waldreiche, verflacht sich allmählich zu den Steppenlandschaften und der Tiefebene am Caspischen Meere und Aralsee. Vom Schwarzen zum Caspischen Meere zieht sich der Kaukasus mit hohen Terrassen zu beiden Seiten des Hauptkammes. — Im Süden der Krim ist das Jaila- Gebirge, im Norden derselben die wasser- und baumlose politische Steppe. — Im Westen streichen Verzweigungen der Karpathen in das Land, am Dnjestr dasMedoborskische Gebirge (Honigwald) genannt. Zwischen dem bottnischen und finnischen Meere erhebt sich der schmale finnische Landrücken. Das Tiefland im Inneren wird durch zwei breite Landhöhen in ein nördliches, mittleres und südliches Tiefland geschieden. Die uralisch-bal¬ tische Landhöhe zieht sich vom Quellgebiete der Kama bis an die Ostsee; ihre größte Erhebung ist die Waldai-Höhe (oder der Wolchonski-Wald), das Quellenland der Wolga. Im Norden dieser Landhöhen liegen weite Wälder, Sümpfe und Seen, an welche sich eine öde Wildniß (die „Tundra") *) Europäisches Rußland im Ganzen 90.135 cM,, Polen und Finnland. 9.128 „ «) Kaukasische Statthalterschaft 8.034 „ Sibirien und Ncbenlänber 262.746 „ Russisch-Amerika. 24.300 „ 61,062.000 Einw. 6,480.000 „ 4,258.000 „ 4,071.000 „ 54.000 „ Ganz-Rußland.... 394.343 OM., 75,925.000 Einw. 205 mit Flechten und Moosen anschließt. Die uralisch-karpathische Land¬ höhe beginnt am Südrande des Ural, zieht sich als donische, ukrainische, podolische und wolhynische Landhöhe bis nach Polen. Zwischen den beiden Landhöhen liegt das fruchtbare, gu^ angebaute mittlere Rußland, reich an Ackerprodukten und Wäldern; im Süden der letzten Landhöhe sind Steppen, hie und da unterbrochen von Ackerlandschaften und Grasfluren. Das Nördliche Eismeer mit flachen, der Bottnische Busen mit felsigen und steilen Küsten, der Finnische Busen (im Norden mit stei¬ len, im Süden mit flachen Küsten) und das Schwarze Meer bespülen dieses ausgedehnte Reich. Kein Land hat verhältnißmäßig so viele bedeu¬ tende schiffbare Flüsse, welche durch zahlreiche Kanäle unter einander und mit allen genannten Meeren in Verbindung gesetzt siud, wodurch der Wasser¬ verkehr eine ganz besondere Wichtigkeit erlangt. Nach Norden stießen: die Petschora, an deren Lanf durch Wüsteneien kein bedeutender Ort liegt; die Dwina entsteht aus zwei Flüssen, hat im Mesen und der Onega zwei sie begleitende Flüsse und mündet bei Archangel. In den Bottnischen Busen geht der Grenzfluß Tornea; die Newa (der europäische St. Lo¬ renzstrom) ergießt sich aus dem Ladoga-See (der durch Zuflüsse mit meh¬ reren Seen verbunden ist) in den Finnischen Busen. Aus den Sümpfen des Wolchouski-Waldes fließt die Düna in den Busen von Riga; der schiff¬ bare Njem en mündet iu das Kurische Haff und die aus Oestcrreichisch- Schlesien kommende Weichsel ist der Hauptfluß Polens, wo sie den Bug aufnimmt. Der wichtigste Fluß mit dem größten Gebiete, dem reichsten Ge¬ äder und der verzweigtesten Canalverbindung (wodurch er mit allen ge¬ nannten Meeren in Verbindung steht), ist die Wolga, die mächtigste Ver¬ kehrsader des Reiches, welches sie von der Waldai-Höhe bis zum Caspischen Meere durchfließt. Ihre größten Nebenflüsse sind die Oka mit den vielen Zuflüssen aus dem mittleren Rußland, und die Kama, welche die Gewässer des Ural sammelt. Vom Süd-Ural fließt der Grenzfluß zwischen Europa und Asien, der Ural (oder Jaik) dem Caspischen Meere zu; und vom Kaukasus die Kuma, der Terek und der Kur. In das Schwarze Meer ergießen sich der Dnjepr (LorMimues), dessen Beschiffung theilweise durch Stromschnellen („Porogen" unterhalb Kiew) erschwert wird; der Don (Taunis) und der Bug fließen in das Azow'sche Meer. Aus den Karpa¬ then kommen der Dnj-estr (T^rns) und Pruth. — Unter den zahllosen Binnenseen siud die bedeutendsten: die finnischen Seen (Paijäne, Saima, Enara), der Onvga-, Lüdoga- (Europa's größter), Psipus-, Jlmen-See u. a. m. In Südrußland sind viele Salzseen (Elton-See). Bei der großen horizontalen Ausdehnung des Reiches ist das Klima sehr verschieden und man unterscheidet dießfalls vier Landstriche: den war¬ men (südlich vom 50" n. Br.), sehr fruchtbaren, mit vorherrschender Wei¬ zenkultur und großen Laubholzwäldern; in den südlichen Thälern gedeiht die Rebe, der Oelbaum u. s. f.; der Sommer ist lang, drückend heiß, der Winter kurz (Odessa, Sebastopol, Astrachan); — den mittleren oder ge¬ mäßigten (50—57" n. Br.), milden fruchtbarsten und bestangebauten Thei- ken des europäischen Reiches; große Wälder wechseln mit Feldern und Wie¬ sen, der rauhe Winter dauert an sieben Monate, der heiße Sommer an fünf Monate (Warschau, Moskau, Nishnij-Nowgorod, Kasan, -Jekaterinburg, Orenburg); — den kalten (57—67° n. Br.) mit langem rauhem Winter, 206 die Flüsse sind gewöhnlich von Mitte Oktober bis Ende Mai zugefroren, der Frühling und Sommer sind kurz, letzterer sehr heiß, Ackerbau bis 60° n. Br.; bei 65" n. Br. hört die Viehzucht auf (St. Petersburg, Abo, Arch- angel; — den arktischen, nördlich vom 67" n. Br., unempfänglich für europäische Kultur, der Boden unwirthbar, theilweise Sumpfland, häufig gefrorne Moräste, die Nächte des kalten, langen Winters werden vom Nord¬ lichte erhellt. Diese traurigen Einöden bewohnen Lappen, Samojeden. Politische Eintheilung und Orte: In Rücksicht aus die Verwaltung wird das Reich in Gouvernements (— Guwern'ma) und Gebiete (Oblastj) eingetheilt, gegenwärtig in 65. Zehn von diesen sind General- Gouvernements. Erstere werden im europäischen Rußland und in Kaukasien in Kreise (Ujesde), in Sibirien und den Kosakenländern in Bezirke (Okruge) eingetheilt. Zn geographischer und historischer Beziehung unterscheidet man: I. Ostsee-Pro¬ vinzen, 2. Groß-Rußland, 3. Czarthum Kasan, 4. Czarthum Astrachan, 8. Kaukasien, 6. Klein-Rußland, 7. Süd-Rußland, 8. West-Rußland, 9. Königreich Polen. 1. Ostsee-Provinzen. — (Jngermannland zwischen dem Pöipus- und Ladoga-See): St. Petersburg (587.000 Einw.), von Peter d. Gr. erbaut (der Bau begann am IS. Mai 1703/, zeichnet sich durch die Regelmäßigkeit der Straßen, die moderne Eleganz der Gebäude und den Neberflnß an Raum, welcher der inneren Entwicke¬ lung der Stadt gewährt ist, Vortheilhaft aus. Die Stadt hat so viele Paläste und riesige Gebäude mit weiten Höfen und Nebengebäuden, wie vielleicht keine andere; alles ist jedoch von einer ermüdenden Gleichmäßigkeit. Ein großer Theil der Häuser ist aus Holz, welche in Rußland sehr beliebt sind. (Im J. I8L7 waren unter den 8779 Häusern SOlO hölzerne.) Oeffeutliche Gebäude : die Admiralität, mit prächtiger Fronte, von der Thurmgallerie die schönste Aussicht über die Stadt; — der Winter- palast; die Eremitage mit Gemäldegallcrie und Bibliothek; der Marmorpalast. Kir¬ chen: Kathedrale des h. Isaak, eine der prachtvollsten der Erde (im J. I8S8 voll¬ endet); das Alexander-Rewsky-Klostcr, gleicht einer Stadt, Residenz des Metropoliten mit einem Seminar. Zahlreiche Staats- und Privatpaläsie. — Kaiserliche Akademie der Wissenschaften, Universität, 4 Gymnasien, kaiserl. Rechtsschule, technische Schule, Commerz-Schule und mehrere große Specialschulen. Kais. Bibliothek (400.000 Bde. und l 7.000 Handschriften). Viele Wohlthätigkeits- und Humanitätsanstalten. Bedeu¬ tende Industrie, namentlich mehrere kais. Fabriken, welche Spiegel, Krystall- und Porzellanwaaren, Gobelins u. a. verfertigen; Privatfabriken besonders in Baumwoll- waaren. — Sehr umfangreicher Handel, großartige Verbindungen nach allen Theilen des Reiches; viele Kaufhäuser, darunter Gostinoi-Dwor, mit geräumigem Hofe und zahlreichen Buden. Börse, Bank, Credit-, Assekuranz- und Handelsgesellschaften. — In der Nähe die kais. Lustschlösser: Czarskoje-Selo, Gatschina, Oranien¬ baum u. a. — Kronstadt (38.000 E.), ans einer Insel im^finnischen Meerbusen, starke Festung, großer Kriegs- und Handelshafen, Arsenal, Schiffswerften, Docks, Steicrmannsschule. Narwa, ehemals Haupt- und Hansestadt; Festung. Sieg Carl XII. von Schweden über Peter I. im I. 4700. — (E sth land, am Südrand des Fin. Meerbusens; hier wie in den benachbarten Provinzen Liefland und Kur¬ land meist deutsche Bevölkerung Protestanten); R e v a l (28.000 E.), Festung, Kriegs¬ und Handelshafen; Fabriken, lebhafter Handel. Insel Dagö. — Riga(74.000 E., meist Deutsche, an der Düna, Haseuort ist die Festung Dünamünde), altdeutsche Bauart (im zwölften Jahrhundert von Bremern erbant); sehr wichtige Handelsstadt, Verkehr in russ. Produkten mit den Ostseeländern. Dorpat (13.000 E.), deutsche Universität, Bibliothek, Sternwarte. Am Eingänge des Rigaischen Meerbusens die Insel Oesel Mietau (30.000 E.), alte Hauptstadt von Kurland. — (In Finn¬ land): Helsingfors (16.000 E-), Hafen, Segeltuch- und Sackleinwanderzeugung, starker Handel; Alexanders-Universität. Torney am äußersten Ende des bolt. Meerbusens. Das russische Lappland oder Kemi-Lappmark. — Unter den vielen Alands-Inseln sind an 80 bewohnt, die größte ist Aland mit der Festung Bo- marsnnd (zerstört 1854). 2. Groß-Rußland (fast viermal so groß als Oesterreich, mit 21 Mill. E.). — Moskau (rufs. Moskwa, 386.000 E.), die zweite Hauptstadt des Reiches, mittelst Eisenbahn mit St. Petersburg verbunden, im Mittelpunkt russischer Macht, das Eentrnm der altrussischen Sympathien, die „heilige Stadt" der Russen, besteht aus coucentrischen 207 Kreisen und Halbkreisen. In ihrer Bauart, in dem Contraste dicht bevölkerter Stadt- theile und unbebauter Flächen trägt die Stadt halb europäischen, halb asiatischen Charakter. Die ungeheure Größe, die Tausend vergoldeten oder bunt bemalten Kup¬ peln , die kultivirten Bodenflächen, welche die Stadtviertel von einander trennen, die Boulevards und herrlichen Promenaden, endlich der Kreml mit seinen 32 Kirchen und vielen Palästen, seinen Thürmen, Zinnen und mittelalterlichen Befestigungen, — dieß alles zusammen gewährt einen großartigen, prachtvollen Anblick. Hier ist der geographische, ethnographische und naturhistorische Mittelpunkt des Reiches. Prächtiger kais. Palast. Große und reiche Kirchen ; der Thurm Ivan Weliki (mit der ungeheuren Glocke von 4000 Centnern Gewicht); Kathedrale des heiligen Michael und noch andere 6 Kathedralen, im Ganzen gegen 300 Kirchen,^ große Klöster. — Uni¬ versität, 3 Gymnasien, zahlreiche technische, Handels- und Spezialschulen. Hauptsitz der Industrie mit vielen, nach den neuesten Systemen eingerichteten Fabriken für die verschiedenartigsten Richtungen. Mittelpunkt für den inneren, und Hauptstapelplatz für den asiatischen Handel mit vielen Geld-, Assekuranz- und Handelsinstitnten. Zer¬ störung durch die Mongolen im I. 1280. Einzug der Franzosen; Brand vom 14. bis 21. Sep. 1812; Abzug der Franzosen. Nishnji-Nowgorod (38.000 E.), an der Mündung der Oka in die Wolga und an der von Moskau nach Sibirien führenden Handelsstraße. Berühmte Messe jährlich im Juli und August. Die Messe, mit welcher wohl keine andere der Erde verglichen werden kann und wo zwei Welt- theile ihre Maaren tauschen, besuchen jährlich über 300.000 Menschen, darunter Bn- charen, Kirgisen, Hindu und Chinesen. Der Waarenumsatz hat in manchen Jahren den Werth von nahe 150 Millionen Silberrubel erreicht. Russische Landesprodukte, vorzüglich auch Leder, Pelzwerk, Eisenwaaren, Wcbewaaren; andererseits Thee, wel¬ che» lange Karawaneuzüge auf Tausenden von Kamcelen von der chinesischen Grenze Uber Orenburg und Kasan hieher bringen, türkische und persische Teppiche, ostin¬ dische Shawls n. s. w. bilden die Hauplgegenstände dieses großen Handels. Mehrere tausend Kaufhäuser, Buden und Niederlagen bedecken die ungeheuere Fläche, meilen¬ lange Reihen von Barken, welche ebenfalls als Buden verwendet werden oder zum Theil auch ihre Maaren am Ufer ausstellen , bedecken die Oka und die Wolga. An die reichen Pelzwerks-, Shawls- und Perlenbuden mit dem ganzen orientalischen Prunk schließen sich die noch einen Urzustand bekundenden Pferchen der Viehhändler; Gegenstände des höchsten europäischen Luxus uud der Mode liegen neben den Ur¬ produkten der halbcivilisirten Stamme und den Produkten der asiatischen Verweich¬ lichung aufgcstapelt. Diese Messe ist der eigentliche Lentralpunkt für den gesammten Landverkchr zwischen Europa und Asien. — Kaluga (36.000 E.j, an der Oka, uud Lula (40.000 E., größte Waffensabrik Rußlands), zwei der wichtigsten Fabriks¬ städte. Smolensk zam Dnjepr, 16.000 E.s, Ueberrestc alter Festungswerke; Er¬ stürmung durch die Franzosen und Brand am 17. August 18t2. Woronesch (44.000 E-, in der Nähe des Don), bedeutender Handel. In diesem Gouvernement die größten Pferdegestüte. Twer (24.000 E.), an der Wolga und ander Eisen¬ bahn nach St. Petersburg, ansehnliche Handelsstadt. Rybinsk (an der Wolga), wichtiger Handelsplatz wegen der Lage inmitten der Kanalverbindnngen zwischen der Wolga und Dwina. Jaroslaw und Kostroma, bedeutende Fabriksplätze. Nördlich vom uralisch-baltischen Landrücken: Weliki-Nowgorod (Groß-Now¬ gorod, 17.000 E.), an der Nordspitze des Jlmen-Sees. Alte Hauptstadt, Sitz Ru- rik's, Gründers des rnss. Reiches (im I. 862), später mächtige Republik und blü¬ hende Hansestadt (mit 400.000 E.) ; seit 1487 dem Großfürsten von Moskau unter¬ worfen. Wologda, in der Nähe der Suchonaquelle, sehr gewerbreich; wichtiger Handel nach Sibirien. Archangelsk (22.000 E., Dwina-Mündung), ältester Hafen Rußlands, bedeutender Sechandel nach Sibirien; Härings-und Waüsischfang. Kür¬ zester Tag 3 Stunden 12 Minuten. Kola auf der Halbinsel gl. N., Hauptort des russ. Lappland. Inseln: Nowaja-Zemlja, Doppelinsel; viel Rennthicre, Eisbären, Füchse; nur im Sommer von Jägern und Fischern besucht. Aehulich die von wenigen Sa¬ mojeden bewohnten Waigatsch-, Kalgujew- und andere kleinere Inseln. Die Gruppe von Spitzbergen, das nördlichste bekannte Land; der längste Tag 4 bis Ü Monate. Nur im Sommer von Fischern besucht, welche ihre Buden mitbringen. 3. Czarthum Kasan: Kasan (60.000 E., a. d. Wolga), ehemals Hauptstadt des Lzar- thums gl. N-, Universität, Fabriken (Leder, Seife, Baumwollwaaren); Stapelplatz, für den russisch-sibirischen Handel. Perm (13.000 E., a. d. Kama), Eisen- und 208 Kupferbergwerke; diese Provinz hat die reichste Goldgewinnung und die großartigsten Eisenhütten. Jekaterinburg (17.000 Einw., viele Deutsche), Oberbergamt für den uralischen und sibirischen Bergbau, Bergwerksschule, Münzhof, Stückgießerei, Gold¬ hütten. In der Umgebung höchst wichtige Hüttenwerke, darunter Werhoturje, wo viel Gold und Platina gewonnen wird. 4. Czarthunr Astrachan. Astrachan (50.000 E., im Mündungsgebiete der Wolga); nebst christlichen Kirchen sind hier Moscheen, Hindu-Tempel; sehr gemischte, vorwie¬ gend asiatische Bevölkerung, vor der Stadt wohnen Kalmüken und Kirgisen in ihren Kibilken. Sehr bedeutende Fischerei (nächst Neufundland die stärkste aus der Erde), große Färbereien und Gärbereien, Maschinenbau, Caviarbereitnng, Hausenblase, vor¬ zügliche Weintrauben, Seidenbau, Handel nach Asien, Dampfschiffahrt nach Persien. Orenburg i2l.OOO E., am Ural), Festung; großer Handelsverkehr mittelst Kara¬ wanen nach Mittel-Asien (Chiwa, Buchara,. In der Umgebung viel Kupferhütten und Steinsalzwerke. Saratow (84.00!) E-, Wolga), ganz von Fruchtgärten um¬ geben, eine der bedeutendsten Fabriks- und Handelsstädte. Längs der Wolga über 100 deutsche Colonien (darunter die Herrnhutter-Colonie Sarepta). Samara (28.000E.) ist der Hauplstapelplatz für den Getreidehandel auf der Wolga. 5. Kaukasien. — Von den Russen nach dem Frieden von Kutschuk-Kainardschi (im I. 1774) in Besitz genommen; seit 1800 Kampf mit den Bergvölkern; im Sept. 1859 Unterwerfung der Bergvölker des Kaukasus (unter Anführung Schampl's). Im west¬ lichen und nordwestlichen Theile des Kaukasus abchasische Völkerschaften (Ab¬ chasen, Tschcrkessen oder Circassier); an der Nordseite des mittleren Kaukasus die Kistier, Tschetschenzen, Osseten; im östlichen Kaukasus die lesghischen Völkerschaften; auf dem südlichen Kaukasus die georgische und grusische Völker¬ gruppe (Georgier oder Grusier, Mingrelier n. a.). Transkaukasien wird häufig zu Asien gerechnet. Tiflis (40.000 E-, am Kur sO^ruos), bis 1800 Residenz der geor¬ gischen Könige; lebhafte Industrie in Webe- und Wirkwaaren; bedeutende Handels¬ stadt, Bazare, warme Bäder; blühende deutsche Colouistendörfer. Eriwan (15.000 E.), durch das Thal des Aras vom Ararat getrennt, im armenischen Gebirge; in der Nähe das uralte reiche Kloster Etsch miasin, Sitz des obersten armenischen Patriarchen. Baku (10.000 E.), viele lleberreste alter Pracht und Größe, Festung und Kriegs¬ hasen, Seiden- und Safranbau; Naphta-Quellen und Schlammvulkane. In der Nähe das Dorf B a l a chan, Wallfahrtsort für die indischen und persischen Feuer¬ anbeter zu dem berühmten „ewigen Feuer" oder „Ataschga" (entzündetes Wafserstofs- gas, welches aus Erdritzen emporsteigt). Ueber der Ataschga (— Feuertempel) erhebt sich ein großes viereckiges Gebäude mit Zellen und einem auf Säulen ruhenden Glockenthurm. — Derbent (13.000 E., am kaspischen Meere), Festung, lebhafter Handel. Anapa, Stawropol, Kisljar und andere Festungen. 6. Klein-Rußland (die Ukraine). Kijew (71.000 E., am Dnjepr, mit einer der größten Kettenbrücken über denselben), viele berühmte Kirchen und Klöster, Wiege des Lhristenthums in Rußland; ehemals großfürstl. Residenz, dann Hauptstadt von Ru߬ land , hernach unter lithauischer und polnischer Herrschaft. Universität und mehrere Lehranstalten; Festung; viel Gewerbcfleiß und Handel. PultLwa (20.000 E.), Festung; Sieg Peter' s I. über Karl XII. von Schweden im I. 1709. Charkow (50.400 E.), Universität, viele Fabriken, die größten Salzsiedereien; lebhafter Handel, nächst Nishnji-Nowgorod die bedeutendste Messe. 7. Siid-Rußland. — Odessa (120.000 E.), eine der schönsten Städte, von der Kai¬ serin Katharina II. 1792 angelegt; sehr wichtige Handelsstadt, Freihafen, Hanptaus- fuhr russ. Produkte, lebhafte Dampfschiffahrt. Cherson (36.000 E., am Dnjepr), Kriegshafen, Schiffwerften. Taganrog (22.000 E.), Hafen am Azowschen Meere, ansehnlicher Handel; Kaiser Alexander ch I. Decbr. 1825. - (Bessarabien, zwischen Dnjestr und Pruth): K i s ch e n ew (94.000 E.), bedeutender Handel, deßgleichcn in A k j e r M a n an der Dnjestr-Mündung. — Halbinsel Krim (Oüsrsonssus tanine»), im Alterthum griechische, im Mittelalter genuesische Colonien. Simse roPol(30.000E.), Hauptort und wichtiger Handelsplatz; viel Tataren. B a k t s ch i-Sarai (12.000 E.), meist tatarische Einwohner, ehemals Sitz des Tataren-Chans; schöne Gärten, Bäder, Bazar; Leder- und Eisenwaarenerzeugung. Sebastopol, früher Kriegshafen am Schwarzen Meere; Belagerung 1854 bis 8. Sept. 1855. Kertsch, am Eingänge in den cimmerischen Bosporus in der Nähe des alten Uanticupueum (Mithridates d. Große ch 64 v. Ch.); im I. 1855 größteutheils zerstört. Feodosia loder K a ffa), Freihafen; unter den Genuesern (1262—1475) die wichtigste Handelsstadt. — Das 209 Land der konischen Kosaken, mir fast ähnlicher Verfassung wie die österr. Militärgrenze. Die Kosaken dienen lheils als reguläre, theils als irreguläre Truppen. Auch viele nvinadisirende Kalmüken. Der Sitz des Kosaken-Hetmaus ist Nowo- T s ch e r k a S k. Der Heimann der tscheruomorskischen Kosaken (am Schwarzen Meere) hat seinen Sitz in J e k a t a r i n o d a r am Kuban. 8. West-Rußland. (In P o d o l i e N): Kaminiez.Podolski (18.000 E.), Fabriken, Handel. (In Wolhynien): Shitomir (39.000 E.), Tuchfabrikation. — Minks (25.000 E.), bedeutende Messe. (Rückzug der Franzosen über die Beresina am 26. bis 20. Nov. 1812 bei dem Dorse S t u d i a n k a.) G r o dno (20.300 E.), ehemals die wichtigste Stadt iu Lilhaueu. (Der undurchdritigliche Wald Bielowesch init Auer¬ ochsen.) Wilna (61.030 E.), alte Residenz der Fürsten von Lithanen; Parvvel, viele Lehranstalten, Kirchen; sehr bedeutender Handel mit landwirthschaftlicheu Pro- dukten. Deßgleichen in W i t e b s k (31.000 E.) und M o h i lew (31.000 E.). 9. Köuigr. Polen. Warschau (170.000 E-, über 40.000 Juden), an der Weichsel in weiter sandiger Ebene. Starke Festung, Sitz des Statthalters, kaiserl. Schloß viele Paläste; Mittelpunkt des geistigen Lebens, oer Industrie und des Handels ui Polen. Viele Lehranstalten. Erobert 1794 und 8. Septbr. 1831. Stark bewohnte Vorstadt Praga (Suwarow's Erstürmung 1794). — Lowicz, großer Jahrmarkt, wichtig für den Handel mit Deutschland. Czenstochau, ein sehr berühmter Wahl- fahrtsort. K a l i sch (12.600 E.), eine der schönsten polnischen Städte mit bedeuten¬ der Tuchfabrikation. Radom (10.000 E.), ansehnlicher Handelsplatz; in der Nähe Kupfer-, Eisen-, Steinkohlen- und Bleigrubcu. — Lublin (19.000 E.), von Seen und Morästen umgebe»; wichtiger Handel. Im Mittelalter Haupthandelsplatz von Pvdolien, Wolhynien und Rothrnßland. M o d l i n, Festung am Bug und an der Weichsel. Kulturbitd. Die Hauptbeschäftigung des russischen Volkes bilden der Ackerbau und die Viehzucht. Im Verhältnisse zur Gesammtfläche des Reiches ist zwar die Größe des bebauten Landes (etwa I8A) noch eine geringe; eine doppelt so große Fläche nehmen die Waldungen ein, und fast die Hälfte des Reiches ist un¬ benutzt, größteutheils wohl auch völlig unproduktiv. Am ausgedehntesten wird der Ackerbau iu den mittleren und südwestlichen Provinzen, in Polen und den Ostseeprovinzen betrieben, obwohl noch viele Hemmnisse (Mangel an Arbeitskräften, Leibeigenschaft, Mangel an Kommunikationsmitteln, geringer Bildungsgrad u. a.) einem gedeihlichen Aufschwünge hinderlich sind. Hanpt- produkte sind Weizen, Roggen und Gerste, deren jährliche Ernte auf 250 Millionen „Tschetwert" (ü 3.^, Wiener Metzen) gerechnet wird. Außer¬ dem großen eigenen Bedarf und der sehr bedeutenden Verwendung für die Branntweinerzeugung, kommen Millionen Metzen Getreide über Odessa, Polen, selbst über Archangel zum Export (in letzter Zeit jährlich um bei¬ nahe 60 Mill. Silberrubel, ü I st. 60 kr.) Zunächst steht die enorme Ge¬ winnung von vorzüglichem Flachs und Hanf, ebenfalls in den früher ge¬ nannten Landstrichen. In den Sarätow'seheu Kolonien, in Bessarabien und der Ukraine ist der Tabakbau sehr bedeutend. Im Süden gedeiht gutes Obst sowie der Wein. Die größten Waldungen sind im nördlichen Theile, wäh¬ rend in Kleinrußland und den südöstlichen Niederungen Holzarmuth herrscht. Doch werden Holz und Waldprodukte (Theer, Pottasche) in großen Men¬ gen ausgcführt. — Eine feste Grundlage des Wohlstandes bildet die Vieh¬ zucht, welche im südlichen nnd südöstlichen Rußland, bei den nomadischen Stämmen, nnd im Norden (Rennthiere) vorherrscht. Hervorragend ist die Pferdezucht (I8V2 Mill.) in Orenburg, Perm, Tobolsk und unter den Kir¬ gisen. In Westrußland (Podolien) ist die Hornviehzncht am ausgebreitetsten (in Rußland überhaupt über 26 Mill. Stück). Die Schafzucht ist so bedeu¬ tend gestiegen, daß die Anzahl der Schafe doppelt so groß ist als jene dex Klun, Geographie, 6. Ausl. 14 210 Rinder, und über 15^ sind veredelt. Am stärksten ist sie im Süden (von der Wolga- bis zur Dnjestr-Müudung). Im Südosten werden Kameele, im Norden Rennthiere, im Innern des Reiches die europäischen Hausthiere in großer Menge gehalten. Sehr kostbar ist das Pelzwerk aus dem hohen Norden, und für viele Völkerschaften ist die Fischerei von höchster Bedeu¬ tung. In Südrnßland verdienen noch die Bienenzucht und der steigende Seidenbau besondere Hervorhebung. Die Erzeugnisse der Landwirthschaft werden annähernd auf mehr als 2000 Mill. Silberrnbel im Jahre ge¬ schätzt. Der Reichthum au Metallen und überhaupt an Mineralien wird von keinem europäischen Staate übertroffen. Die Bergwerke sind theils Eigen- thum der Krone („Kronbergwerke"), zum größeren Theile Eigenthnm von Privaten (z. B. Gold- und Platinawerke der Fürsten Demidoff). An Gold wurden in letzter Zeit jährlich an 1500, an Silber über 1000 Pud*) ge¬ wonnen, und zwar am meisten in Asien; in Europa in den Provinzen Kasan und Astrachan, deßgleichen Platina. Kupfer (400.000 Pud) im Ural, Altai, auch in Polen und Finnland; Eisen (25 Millionen Pud) in allen Gebirgen Rußlands, am meisten im Ural (Perm, Orenberg, Wjatka n. a.), dann in Polen (Radom). Eisen wird auch in ansehnlicher Menge exportirt. Ueber- dieß ist die Ausbeute an Zinn, Zink, Galmei und Blei beträchtlich. Die Salzgewinnung (an 30 Mill. Pud) reicht für den Bedarf nicht aus. Stein¬ salz liefern die Gouvernements Orenburg und Astrachan, — Qnellsalz Perm, der Ilmensee u. a. O. Sehr viel Salz gewinnen die Kalmücken ans den Salzseen im Caspischen Tieflande; auch die Salzseen in der Krimm und Bessarabien sind nennenswerth. Von höchst untergeordneter Bedeutung ist bis jetzt die Ausbeute an Steinkohlen; dagegen verdienen Erwähnung Alaun, Vitriol, Schwefel, Porzellanerde (in Taurien), Diamanten, Smaragde und Topase (im Ural), die Naphtaqnellen u. s. w. Rußland ist vorherrschend ein Agrikulturstaat. Das Fabrikswesen kömmt nur in einigen Gouvernements vor; das Kleingewerbe und die häus¬ liche Beschäftigung sorgen für die Befriedigung der geringen Bedürfnisse. Mittelpunkt und Hauptsitz der Industrie ist Moskau; diesem schließen sich an die Gouvernements St. Petersburg, Wladimir und Perm, während in den südlichsten und nördlichsten Theilen des Reiches von Industrie fast gar nicht gesprochen werden kann. Am stärksten steigt die Verarbeitung von Baumwolle (im I. 1822 wurden nur 70.000, im I. 1857 schon 2^ Mill. Pud roher Baumwolle verarbeitet). Für ordinäre Fabrikate ist wichtig Moskau nebst Umgebung, für feine St. Petersburg. Die Leinenindustrie ist zumeist landwirthschastliche Nebenbeschäftigung, sie hat den Hauptsitz in Mittelrnßland, und erzeugt fast nur ordinäre Waare; iu den Seestädten vortreffliche Seilerwaaren und Segeltuch. Aehnliche Verhältnisse kommen bei der Fabrikation in Schafwolle vor; nur ist diese mannigfaltiger in Hinsicht der Fabrikate, von denen große Mengen über Kjachta nach China exportirt werden, während der westliche Theil aus den europäischen Industriestaaten seinen Bedarf bezieht. Der Verbranch von Seidenwaaren wird durch die einheimische Industrie nicht gedeckt, obwohl diese anhaltend steigt. In der Lederbereitung genießt Rußland seit jeher ausgezeichneten Ruf. Den ersten *) 1 Pud — 40 russische, ober beiläufig 30 österr. Pfund. 211 Rang nehmen die Juchten ein (im mittleren und nördlichen Rußland), dann Sasian-, Glanzleder u. a. Sorten. Handwerksmäßig wird die Gerberei überall im Reiche betrieben, der Fabriksbetrieb ist am stärksten in den mehr¬ fach erwähnten Jndnstriebezirken. Auch die Fabrikation in Metallwaareu ist bedeutend, obwohl sie den Bedarf noch nicht zu decken vermag; insbesondere ist die Einfuhr feiner Waare ansehnlich. Die Handarbeit ist im ganzen Reiche mehr oder minder verbreitet; die Fabriken konzentriren sich in ver¬ einzelten Gruppen. Mehrere hundert Eisen- und Kupferhütten, Hochöfen und Hammerwerke sind hierbei thätig. Nächst diesen Hauptzweigen russischer Industrie sind noch beachtenswerth: Papier, Glas und Porzellan, Zucker, Branntweinbrennerei, Seife, Talglichter u. v. a. Der äußere Handel wird in einen europäischen und einen asia¬ tischen geschieden, welche Eintheilung in den Handelsbeziehungen des Reiches znm Westen und Osten ihren Grund hat. Während Rußland dem Westen gegenüber als Agrikulturstaat erscheint; tritt er dem Osten gegenüber als Manufakturstaat auf. Allein das Uebergewicht des russisch-europäischen Handels über den asiatischen beweiset, welches Uebergewicht die Landwirthschaft über die Industrie Rußlands besitzt. Der Verkehr nach dem Westen erreicht fast 80 A des Gesammtverkehrs, welcher im I. 1863 bei der Einfuhr mit 154, bei der Ausfuhr mit 152 Mill. Silberrubel beziffert wurde. Für den See¬ verkehr sind sehr wichtig: Odessa, Riga und Kronstadt, St. Petersburg, ferner Astrachan und Archangel. Im Wachsen sind die Eisenbahnen, Tele¬ graphen, die Errichtung von Banken, Kredit- und Assekuranz-Anstalten und Handelsgesellschaften, welche auch die Entwickelung des inneren Verkehres fördern *). Seit Peter d. Gr. sind auch in der geistig en Kultur überraschende Fortschritte gemacht worden. Allerdings beschränken sich diese Fortschritte nur auf deu Adel, die Bewohner der Städte und deren nächste Umgebungen; während die große Masse der Landbevölkenmg sich nur wenig über primitive Zustände halbcivilisirter Völker erhebt. Die Anzahl der Lehranstalten und Schüler im europäischen Rußland hat sich in jüngster Zeit zwar vermehrt**); doch ist sie noch immer geringe, der Schulbesuch ein relativ schwacher. Für *) Der russische Handelsstand wird in drei Gilden getheilt. Die Kaufleute der ersten Gilde haben das Recht, im In- und Auslande unbeschränkten Handel, sowie Banquier-, Wechsel- und Assekuranzgeschäfte zu betreiben; — jene der zweiten Gilde können im Jnlande unbeschränkten Handel, mit dem Auslande jedoch nur bis zu dem Be¬ trage von jährlich 90.000 Silberrubel, — nnd endlich jene der dritten Gilde nur im Jnlande jede Art von Handel, sowohl mit inländischen, als mit den durch Kaufleute der beiden ersten Gilden eingeführten, ausländischen Maaren betreiben. Zur Erlangung dieser Handelsrechte ist die Anmeldung der Kapitalien erforderlich, mit welchen sie jährlich Geschäfte machen wollen, und zwar siir die erste Gilde mindestens 15.000, für die zweite 6000 nnd für die dritte 2400 Silberrubel im Jahre. Im Lande der konischen Kosaken und in Transkaukasien existiren diese Gilden nicht. Im Jahre 1856 waren angemcldet: Kapitalien erste Gilde 1149, Kapitalien zweiter Gilde 2900, Kapitalien dritter Gilde 51.012, zusammen 55.070, wovon auf die europäischen Gouvernements 53.072 kamen. Diese geringe Zahl von Kaufleuten erklärt die noch herrschende Theuerung vieler Gegenstände ausländischer Fabrikation. **) Im Allgemeinen kommt auf 133 Einwohner I Schiller, — in den Städten auf 17 Einwohner l'Schüler. (In Deutschland ans 5—9 Einwohner 1 Schüler.) Am gün¬ stigsten ist das Berhältniß in St. Petersburg und Moskau; am ungünstigsten in Wol¬ hynien (435 : 1). In Kaukasien und Sibirien ist das Verhältniß noch ungünstiger. 14* 212 technische und kommerzielle Ausbildung sorgen das -Finanzministerium und mehrere Korporationen. Verhältnißmäßig am zahlreichsten sind die Militär- schnlen. Für gelehrte Bildung bestehen mehrere höhere Lehranstalten und Akademien in den großen Städten, überdieß 6 Universitäten (St. Peters¬ burg, Moskau, Charkow, Kasan, Kijew und Dorpat). Etwa ein Drittheil der Schulen wird aus Staatsmitteln erhalten. Mehrere wissenschaftliche HitfSanstalten und Gelehrtenvereiue zählen zu den ausgezeichnetsten Insti¬ tuten dieser Art, namentlich haben sie sich nm die Erd- und Völkerkunde, Physik und slavischc Philologie große Verdienste erworben. Die Aufhebung der Leibeigenschaft (es gibt noch an l l Mill. Leibeigene) und die ernstli¬ chen Bestrebungen der Regierung werden nach und nach ans die Kultur dieser verschiedenartigen Volksstämme günstig einwirken, und Rußland dürfte in nicht zn ferner Zeit ein neuer Zuwachs in der Reihe jener Staaten werden, in welchen die Intelligenz auf die geistige und materielle Entwickelung der Völker den mächtigsten Einfluß ausübt, und sie ihrem höchsten Ziele, der größtmöglichsten Vervollkommnung, entgegenführt. XIV. Das Königreich Griechenland nebst den Ionischen Inseln. 952 ^Meilen; t,310.000 Einwohner*); im nördlichen Theile albauesischer, im Süden und aus den Inseln griechischer Abstammung. Staatsreligiou die griechisch-uichmuirte; etwa 25.000 römisch-kathol. und Angehörige verschiedener Glaubensbekenntnisse. — Grenzen? Das Land- — V Das Königreich Griechenland besteht ans zwei Halb¬ inseln: L ivadieu (Hellas) und Morea (Peloponnes). Beide Halbinseln, durch den schmalen Isthmns von Korinth mit einander verbunden, sind vor¬ wiegend gebirgig, doch steht das Bergland dieß- und jenseits des Isthmus nicht in Verbindung. Die Tieflandschafteu sind an Zahl und Größe unter¬ geordnet. Die Ccntralmasse im nörd lichen Theile bilden der Schar Dagh (Ilraräus) und die wildeste Masse des Orbelus (Arouins). Vom ersteren länft gegen Nordwest das Argentaro- (ceraunische) Gebirge aus, welches mit den dalmatinischen Karsthöhen in Verbiudnng steht; gegen Osten bis zum schwarzen Meere (xoutus ouxinus) der Balkan (Hämus); gegen Süden der Piudns. Dieser sendet gegen das Aegäische Meer mehrere Ouerketten, als: das Voluzza-Gebirge (das cambunische Gebirge mit dem Olymp), eine zweite südlichere den Othrys-Zug (mit dem Pelion und dem kegelförmigen Ossa). Zwischen diesen liegt die Landschaft Thessalien. In Mittelgriechen¬ land ist zwischen einem Ausläufer des PinduS (dem Oeta) und dem Meere der Paß der Termopylen. Im Süden erheben sich die isolirten Grnppen des Parnaß, Helikon, Hymettns u. a. — Das südliche Bergland ist ein abgesondertes, von Nanogebirgen eingefaßtes Hochland, aus welchem sich iso- lirte Bergmassen (bis 0000') erheben. Es läuft in 4 Halbinseln aus; unter den 3 südlichen durchzieht das MalevoSgebirge die östliche, derTaygetus diemittlere. Griechenland, bespült vom jonischen und aegäischen Meere, hat eine un¬ gemein reich gegliederte Küste, und die vorgelagerte Inselwelt bildet gleich¬ sam eine Brücke zwischen Europa und Asien. Die wichtigsten Meerbusen sind: sim Westen:) von Arta (ambracische), Patraö, Lepanto (korinthische); *) 900 OM. mit 1,060.000 Eiuw. Griechenland und 52 llM. mit 250.000 Einw. die ehemaligen „Ionischen Inseln", 213 — (im Süden:) von Koron (Messenien), Kolokhthia (Lakomen); — (im Osten:) von Nauplia (argolische), Hydra, Aegina (Athen), Zeituni (mali¬ scher G.) und Volo (pagasäischer Golf). Die Flüsse sind meist unbedeutende Küstenflüsse. In Liv «dien: der Aspropotamos (^olmlous), Griechenlands größter Fluß; der Mavro- nero (Loxllssus) ergießt sich in den See Topolias (ICopuis), der Helleda (Lxorolmus) in den Zeituni. In Morea: der Ruphia (-ül^Irous) in den arkadischen Gols, der Nasili-potamos (Luovtas) in den Busen von Kolokhthia. Das Klima ist im Allgemeinen milde und gesund, doch kommen große Temperaturverschiedenheiten vor. Während an den Küsten fast nie Schnee fällt, sind die Gebirgsgegenden monatelang mit L-chnee bedeckt. Die Regenzeit ist der Winter; im Sommer ist die Hitze groß, die Flüsse trock¬ nen aus, der Boden ist dürr; Frühling und Herbst sind in der Regel sehr- schön. L. Der im I. 1815 gebildete Freistaat der jonischen Inseln, bestehend aus 7 größeren und mehreren kleineren Inseln, ist im I. 1863 an daö Königreich Griechenland abgetreten worden. Die ersteren sind : Corfü, Paxo, Santa Maura, Theaki, Cefalonia, Zante, Cerigo. Der Flächenraum beträgt nahezu 52 ^Meilen, die Bevölkerung 250.000 Seelen. Der Boden ist fast durchgehends gebirgig, am höchsten auf Cefalonia und Corfü, mit wenig Waldungen, doch ziemlich fruchtbar. Die Küsten sind steil, hoch und reich an guten Ankerplätzen. Der Lauf der Gewässer ist kurz; nur der Missongi auf Corfü ist für kleine Schiffe fahrbar. Das Klima ist sehr milde, die Sommerhitze drückend heiß (bis-f- 35° k.), der Winter- regnerisch; Stürme und Erdbeben sind häufig. Politische Ciuthciluug und Orte. — Griechenland wird in 10 Nomarchien (jede mit einem Nomarch), diese in 4t) Eparchicn (mit je einem Eparch) eingetheitt, welche 278 Demen (mit je einem Dcmarch) enthalte». I. Livlldien: Athen (mit dem Hafen Piräus, 60.000 E.), in einer schönen, bergnm- greuzten Ebene zwischen den kleinen Flüssen JlissoS und Kephissvs, seit 1835 Hanpt- und Residenzstadt. Im Alterthnme die glanzvollste Stadt, der Wohnort großer Dichter, Heerführer nnd Staatsmänner, überhaupt die „Stadt der Weisen" mit prächtigen und großartigen Kunstbauten, Denkmälern und Anlagen, war Athen durch eiue Reihe vou Unglücksfällen von seiner Höhe herabgesunken. Weder unter byzantinischer, noch weniger unter türkischer Herrschaft konnte die Stadt zu einiger Bedeutung gelangen. Die "alten Tempel und andere Prachtbauten wurden häufig zu Prosauen Zwecken verwendet. In unserem Jahrhunderte wurden durch Lord Elgm eine Menge Statuen, Reliefs nnd andere Antiken für das britische Museum (Elgin Marbles) angekanft. Im griechischen lluabhäugigkcitskampfe (182k—1828) hatte Athen ungemein gelitten; am Eude des Krieges wär cs ein Ruinenhanfen, man zählte noch etwa 300 Häuser. Eine neue Epoche begann, als der vormalige König Otto 1831 seine Residenz von Nauplia nach Athen verlegt hatte. Die verfallene türkische Ringmauer wurde ent¬ fernt, der Neubau nach dem Plane regelmäßiger Städte nnternoinmeu. Die Hermes- Straße schneidet die Stadt von Westen nach Osten, am westlichen Eude steht das köuigl. Schloß; Parallel mit ihr läuft die Straße der Athene; andere Straßen sind nach berühmten Männern des AlterthnmS benannt (Demosthenes-, Enripides-, Sophokles-Straße). Schöne Gebäude und Kirchen entstehen fortwährend; die 1837 gegründete Otto-Universität mit 700 Studenten nnd meist deutsch gebildeten Pro¬ fessoren, Akademie der Wissenschaften, die Sternwarte auf dem alten Hügel der Nymphen, das Stadthaus, Theater u. s. w. Die schönste Zierde bilden die Bau¬ werke des Alterthums: Thcsenstempel, von Kimou ausgesührt, jetzt ein Museum sür Alterthümer, Akropolis mit den Trümmern der Propyläen, Tempel der Nike, Erech- theum nnd Parthenon, das Odeum u. a. Die Mischung des Antiken und Modernen macht einen eigenthümlichen Eindruck; der alte Zauber attischen Bodens nnd gricchi- 214 schen Himmels ist geblieben. — Dorf Vrana (Marathon, Sieg der Griechen unter Miltiades 490 v. CH. und 1824 n. CH.); — Insel Salamis mit dem Hauptorte Koluri, Seeschlacht 480 v. CH. Solon geb. 600 v. CH., ch auf Creta (Kandis) 530. Euripides geb. 480, ch in Macedonieu 407 v. CH.; — Thivae (Theben, Ge¬ burtsort des PelopidaS, Epaminondas, Pindar); in der Nähe der beste Meerschaum. — Bei Kokla Trümmer des alten P l a t a e a (Sieg der Griechen über die Perser 479 v. CH.); — Leuka (Leuktra, Sieg der Thebaner über die Spartaner, 371 v. CH.); — Dorf Kopraina (Chaeronea, Schlachten 338 und 86 v. CH.). Beim Dorfe Aulis Ruinen von Aulis, Sammelplatz der griechischen Flotte zum Zuge gegen Troja 1194 v. CH. — Lamia oder Zeitnni (4000 E.), bedeutender Handels¬ platz. — K astri an der Stelle des alten Delphi; — Dorf Bodnitza in der Nähe des Passes von ThermoPilä (Leonidas ch 480 v. CH.). — Missolunghi (4000 E-), heldenmüthige Verthcidigung 1822 bis 1825; Lord Byron (—Beir'n) 1824; Er¬ stürmung dnrch die Türken 'am 22. April 1826. — NaupakloS oder L e p a nto, Seesieg des Don cknan ä'Lustria über die Türken 1571. II. Morca- — Nauplia (13.000 E.), bis 1834 Sitz des Königs und der Regierung; ansehnlicher Handel. Hydra, Hauptort der unfruchtbaren Insel gl. N.; Wohnort der tüchtigsten und muthigsten Seeleute; großer Schiffbau, Schiffahrtsschule, See¬ handel. Korinth (4000 E.), starker Weinbau (Korinthen), viele Alterthümer. Im Alterthume (300.000 E.) wichtigster Scehandelsplatz Griechenlands ; korinthische Spiele; Zerstörung durch die Römer 146 v. CH.; furchtbares Erdbeben 1858. — Patras (20.000 E.), Festung, Hafen, Korinthenban; Mittelpunkt des Handels von Morea. — Beim Dorfe Miraka die Ruinen von Olympia; olympische Spiele alle 4 Jahre (Olympiade). — T r i p o l i z z a (8000 E.), auf einer rauhen Hochebene. Nördlich davon die Ruinen von M a n t i n e a, Sieg (und Tod) des Epaminondas über die Spartaner und Athener 362 v. CH. — K a l am a t a, in fruchtbarer Ebene, wichtiger Handelsplatz für den Peloponnes. Eröffnung des Unabhängigkeitskampfes 1821.— N a v a r i n o , Kriegshasen; Vernichtung der türkisch-ägyptischen Flotte 1827. — M i st ra (Sparta, im Alterthume 60.000 E.). — M o n e m v a s i a (oder blapoli äl LlrUvnsi»), guter Hafen, ausgezeichneter Weinbau (Malvasia). Am Wcstabhangc des Taygetus die Landschaft Maina, wo an 60.000 tapfere Mainotten leben, die schon zur Zeit der Türkenherrschaft eine gewisse Unabhängigkeit behaupteten. III. Dic Inseln. — Negroponte (Euböa) mit der Hauptstadt Euböa, mittelst einer Brücke mit dem Festlande verbunden. 10.000 E., Festung, ansehnlicher Handel. — Unter den Cycladen: Syra (Hermopolis) mit der Hauptstadt gl. N. (35.000 E.), der wichtigste Schiffsbauplatz und die bedeutendste Handelsstadt Griechenlands. Die Inseln: Tino, Andros, Delos, Naxos, Paros (wichtige Marmorbrüche; berühmte Marmortasel mit Inschriften, die altgriechische Geschichte betreffend, jetzt in Oxford), u. a. mit gleichnamigen Hauptorten. IV. Ionische Inseln: 1. Corfü (6oro)-ru, IOV4 ^Meilen, 85.000 Einwohner), Hanptort Corfü (20.000 E.), hat reiche Salinen, Wein, Del und viele Feigen; einen geräumigen, sehr sicheren Hafen. Sitz einer griechischen Universität. — Zu Corfü gehören noch 7 kleinere Inseln. 2. Paxa (U-rxos, I'/z ^Meilen, — 4800 Einwohner), Hauptort Porto Gai (oder St. Nicolo, 400 Einwohner). Das Hauptprodnkt sind die Oliven. — In der Nähe die kleine, baumlose aber fruchtbare Insel Auti-Paxo. 3. Santa-Maura (Uonouäia, 8V, ^Meilen, — 20.400 Einw.), Havptort A m ax i chi (oder Amakuki, 4600 Einwohner), hat in neuester Zeit durch Erdbeben ungemein gelitten. An der Südspitze das Cap Dukato (Uromoutorium I-suoüto). 4. Theaki (Itbaoa, 2V, ^Meilen, — 11.600 Eiuw.; Heimat des Ulysses), durchgehends gebirgig, rauh, nackt. Die kleine Stadt V a t h i (4400 Einwohner) hat einen sehr guten sicheren Hafen. 5. C e f a l o n i a (6spliaiisuia, 16V.? ^MeUm, — 72.300 Einwohner), die größte dieser Inseln, ist gebirgig und hat mehrere vortreffliche Häfen. Die Bewohner sind unternehmende geschickte Seefahrer. Hauptort: Argöstoli (9400 E.), dann Lixuri. 6. Z a n t h e (Laüxntkos, 7?/, ^Meilen, — 39.000 Einwohner), wegen der Fruchtbarkeit (namentlich im südlichen Theile) vorzüglich an Wein und Oel die „Blums des Ostens" (livr äi I-ovÄnt«) genannt. Hanptort: Zante (14.000 E.). Bei dem Dorfe Chieri wird auf dem Wasserspiegel mehrerer Quellen flüssiges, vor¬ treffliches Erdpech gewonnen. 215 7- Ceri go (O^tlmrs, 5°/- ^Meilen, -- IZ.400 Einwohner), meist kahler Felsen. Der kleine Hauptort KLPsali hat einen guten Hafen. In der Nähe des Forts St. Nicolö sind die Trümmer der alten Hauptstadt Cythsra. — Südöstlich die kleine Insel Cerigotto. Kullurbitd. Der Boden gehört wegen der gebirgigen, felsigen Beschaffenheit und der Wasserarmuth nicht zu den fruchtbaren, und selbst der kulturfähige Boden (etwa Vg der Gesammtfläche) wird nicht vollständig bebaut. Auf den Inseln sind diese Verhältnisse günstiger. Die Getreide-Produktion deckt nicht den Bedarf. Relativ bedeutender ist der Anbau von Tabak, Krapp und Baumwolle (geringer Qualität); wichtig ist der Weinbau und vorzüg¬ lich der Koriuthenbau, der wichtigste Zweig des Landbaues. Südfrüchte (Feigen, Mandeln, Limonien, Orangen u. a.) werden in großer Menge ex- portirt; die Pflege des Oliven- und Maulbeerbaumes ist zunehmend. — Die Viehzucht ist noch geringe; erwähnenswerth ist besonders die Bienen¬ zucht wegen des vortrefflichen Honigs. Die Seefischerei ist sehr bedeutend. — Vom Bergbau kann kaum die Rede sein. — Unter einem Jahrhun¬ derte langen Drucke und durch die darauf folgenden Kämpfe in den Grund¬ vesten des volkswirthschaftlichen Lebens erschüttert, beginnt sich die gewerb¬ liche Industrie jetzt langsam zu heben, obwohl sie sich erst auf wenige Zweige und wenige Landstriche erstreckt. Am stärksten ist die Verarbeitung von Seide; in allen übrigen Zweigen ist das Land noch auf den englischen und österreichischen Import angewiesen. Bei der großen Vorliebe für die Schiffahrt haben sich der Schiffbau und die damit in Verbindung stehenden Gewerbe sehr gehoben. Für den Handel hat Griechenland eine ungemein günstige Lage und Küstenbildung. Der Verkehr ist stets wachsend und die Verbindungen mit dem Auslände, sowie die Anstalten für den inneren Verkehr mehren sich fortwährend. Unter den Erzeugnissen der Landwirthschaft auf den jonischen In¬ seln sind Korinthen, Oliven und Wein die wichtigsten. Erstere bilden die ansehnlichste Einnahmsquelle (vorzüglich Česaloma und Zante); die Weine sind vorzüglich; Oliven werden jährlich zweimal geerntet. Obstbänme und Süd¬ früchte gedeihen gut, auch die Baumwolle (Česaloma, Zante) und das Zucker¬ rohr (Corfü). Die Getreideernte deckt kaum den dritten Theil des Bedarfes. Die Viehzucht ist relativ geringe; kein Bergbau; die gewerbliche Industrie von keiner Bedeutung; Fischerei und Seefahrt dagegen erheblich. Sämmt- liche Häfen sind Freihäfen; die meisten Geschäfte macht mau mit Triest und England. Die Griechen waren eines der gebildetsten Völker des Alterthums; von hier aus verbreitete sich die Kultur in das Abendland. Seit der Völ¬ kerwanderung und unter der türkischen Herrschaft gingen die Ueberreste alt- griechischer Bildung verloren; erst seit der Selbstständigkeit (1828) begann wieder ein regeres geistiges Leben. Leider ist dieser erfreuliche Fortschritt durch die jüngsten Ereignisse, welche einen Wechsel der regierenden Dynastie zur Folge hatten, neuerdings gestört worden. Gegenwärtig regiert König Georgi os I-, ein Sohn des Königs von Dänemark. 2Itt XV. Das osmanische Kaiserreich (oder die Türkei). In Europa 9878 ^Meil., 15Vz Mill. Einw.; — 50°/„ Slapcn, an 4'7, Mill. Wallachen und Moldauer, I'/, NM. Albanesen, 1 Mill. Griechen, M/r Mill. Os- inanen, dann Angehörige verschiedener Stämme. Der Islam ober der Mnhamcda- nislnns ist Staatsreligion, zu welchem sich in Europa beiläufig 4'/, Mill, bekennen; Griechen und armenische Christen gibt es über 10 Mill., an 050.000 römische Kath., dann Protestanten, endlich Juden. — Außerhalb Europa: 76.410 OM., 21,700.000 Einwohner*). Das Land. — Die Türker ist größtentheils Gebirgsland. Die Ge¬ birge haben zwei Hauptrichtungen: im westlichen Theile von Nordwest nach Südost; im östlichen von Westen nach Osten. Das westliche Bergland, die Wasserscheide zwischen dem adriatischen und aegäischen Meere, ist im Nord- Westen eine Fortsetzung der Karsthöhen mit mehreren Plateaus. Die Centralmasse bildet der hohe und wilde Schar Dagh. In südöstlicher Richtung zieht der Despot 0 Dagh (Rhodope-Gebirge) bis an das Meer. Der östliche Grenzwall Albaniens heißt im nördlichen Theile Bora Dagh, im südlichen der Pindus. — Der Richtung von Westen nach Osten folgt der Balkan (oder Hämus), der sich vom Schar Dagh zum schwarzen Meere fast parallel mit der Donau (aber etwa lO — 15 Meilen südlich von ihr) als Scheidewand zwischen Bulgarien und Thracien zieht. Er fällt gegen Norden ziemlich steil ab, gegen Süden senkt er sich allmählich, nnd ist durchschnitten von breiten, anmuthigeu, sehr fruchtbaren Thälern. — An der siebeubürgischen Grenze stehen die Karpathen, welche nur kurze, steil abfallende Zweige in die Türkei senden. Bon hier bis zum Balkan dehnt sich das Tiefland der unteren Donau (die walachische Tiefebene) ans. Das adriatische Meer mit der Straße von Otranto; das aegäische Meer mit dem Busen von Salonik und Contessa, der Dardanellen-Straße und dem Marmarameere; der Hellespont und das schwarze Meer bespülen die europäische Türkei. Der Hauptflnß ist die Donau, welche von Belgrad bis Orsowa die Reichsgrenze gegen Oesterreich bildet; sie ergießt sich in drei Mündungen (Kilia-, Snlinm nnd Kricdle-Müudnng) in das schwarze Meer. Ihre Nebenflüsse sind: der Grenzfluß Save (mit der Unna, Bosna, Drina), die Morava in Serbien, die Alnta aus Siebenbürgen, der Sereth in der Moldau nnd der Prnth. Vom Balkan fließen: der Vardar (in den Busen von Salonik), der Kara sn (in jenen von Contessa) und die Mar izza (in den Archipel). Dem Gebiete des adriatischen Meeres gehört der Drino. -— Zu den be- Zusammcn 9.878 15,730.000 In Asien. 31.470 16,050.000 „ Afrika 44.940 5,650.0« Gesammt-Momirchie . 86.288 37,430N)öö 217 deutendste» Seen sind zu zählen: der See von Skutari (Albanien), von Janina (Epirus) und von Kastoria (Macedonien). Daö Klima ist im Allgemeinen angenehm milde, und (mit Aus¬ nahme der Sumpfgegenden) gesund. Rcgicrnnstssorin und Eittthcilnng. — Das Staatsoberhaupt (P a d i s ch a h oder Sultan) ist in der Ausübung der geistlichen und weltlichen Macht nur an den Koran gebunden. Der Chef in der Verwaltung der weltlichen Angelegenheiten ist der G r o ß v c z ier, in geistlichen der Mufti (Scheikh-ül-Jslam). Die höchste bc- rathcnde Behörde ist der Divan; den verschiedenen Zweigen der Staatsverwaltung sind Minister vorgesetzt. Die Provinzial-Berwaltuug zerfällt in E j a l e t s, diese sind in Sandschaks, und letztere in Kazas cingctheilt. An der Spitze der ersten steht der Mali, der zweiten der Kai m akau und der letzten der Mudir. Der frühere und der gegenwärtige Sultan (Abdul-Aziz-Khan seit 25. Juni 1861) haben den Staat nach europäischem Muster zu reorganisircn begonnen. Die Einlhcilnng in unmittelbare und mittelbare Provinzen ist die gebräuchlichere. L.. Unmittelbare Provinzen: 1. Rumelien (Rumili). — Konstantinopel (Stambul, Jstambul, 1,075.000 Einwohner), herrliche Lage, wie vielleicht keine Stadt der Erde, im Süden vom Marmara-Mecr, im Osten vom Bosporus, im Norden vom goldenen Horn bespült. An der Stelle des alten Bhzantinm liegt der Serail, ein eigener mit Mauern umgebener Stadt- theil (Residenz des Sultans) mit vielen Palästen, Gärten u. s. w. Dicht daneben ist der Palast des Großveziers, die „hohe Pforte". Eines der prachtvollsten Bau¬ werke ist die vom Kaiser Justinian erbaute Sophienkirchc, jetzt Aja Sofia, das Muster aller Kuppelkirchcn. Am goldenen Horn liegt der fast nur von Griechen be¬ wohnte Stadttheil Fan ar (Fanarioten). Galata, mit Mauern umgeben und mit 12 Thoren, ist der von Christen bewohnte Stadttheil, in 'deren starken Häusern die Kaufleute von Pera ihre Waarcnniedcrlagcu halten. Nach dem Bosporus zu schließt sich daran Tophana mit seinen engen krummen Gäßchen, Holzhäusern und Krambndcn, in unmittelbarem Verkehr mit dem Hafen und den ankommenden Schiffen. In ganz Konstantinopel zählt man an 80.000 meist unansehnliche Häuser; jedes türkische Haus wird nur von Einer Familie bewohnt. Es gibt an 400 Moscheen, über 5000 kleinere Tempel, 9 katholische, 25 griechische Kirchen, 37 Synagogen, etwa 500 Lehranstalten, 1200 Elementarschulen, 35 öffentliche Bibliotheken, über 1200 öffentliche Bäder, Karawansereien, Bazare, sehr große Kasernen, Wasserleitungen u. s. w. An der Spitze der Katholiken (an 10.000) steht der in Pera residircnde Patriarch. Bom Meere oder vom asiatischen Ufer gesehen, gewährt die Stadt einen prachtvollen Anblick. Hinter dein Serail breitet sich die ungeheure Häuscrmassc aus, überragt von den mit Landhäusern und Gärten besetzten Hügeln, zwischen diesen die Begräbnißplätze mit ihren Cypressenhainen. (Die strenggläubigen Türken haben ihre Begräbnißplätze in dem auf der astatischen Küste liegenden Skutari.) Ans dem Hänser- gcwirre ragen die glänzenden Kuppeln der Moscheen empor, und ein ganzer Wald säulcnartiger Minarets. Im Hafen schaukelt eine enorme Menge von Schiffen mit den Flaggen aller Nationen. Konstantinopel mit den Vorstädten Galata und Pera (Wohnsitze der „Franken" und der Gesandten der christlichen Mächte) besitzt wenig Industrie; der Handel ist fast gänzlich in den Händen der Europäer und gestaltet sich immer großartiger, wozu die DampsschifsahrtS-Vcrbindnngen mit Triest, Frankreich und auf dem Schwarzen Meere viel beitragen. (Bhzantinum, seit 148 v. LH. römisch, von 330—395 n. CH. Sitz der römischen Kaiser, dann abwechselnd Sitz der griechischen und lateinischen Kaiser; Eroberung durch die Türken 1453.) Adrian opel (150.000 Einw-, an der Marizza), in fruchtbarer, gartenreicher Ebene; lebhafte Industrie (Saffian und Rosenöl, Teppiche, Seidenwaareu, Fär¬ bereien n. a.); sehr bedeutender Handel, der schönste Bazar im Oriente. Ehemals Residenz der Sultane (1366—1453); Friede mit Rußland 1829. — P h i li p p o p el <90.000 Einw.), bedeutende Industrie, starker Reis- und Weinbau, ansehnlicher Handel. — Gallipoli (50.000 Einwohner), Safsianfabrikcn, Kricgshafen. Erste Landung der Türken in Europa 1356. Ruinen von Sestns. (Schifibrücke des Terxes 480 v. CH. — DieDardanellcnschlösser.) 2. Makedonien. — Saloniki (Thessalonike, 70.000 Einw.), zweite Handelsstadt deS Reiches, Sitz europäischer Konsulate, wichtig wegen der Erzeugung vorzüglicher Teppiche, Seiden- und Baumwollenzeuge, Saffian, Färbereien. — S e r e s (am Strymon, 30.000 Einw.), im Sommer wegen des ungesunden Klima wenig be- 21.-! wohnt; in der Umgebung großartiger Baumwollen- und Reisbau. Große Messe für Baumwolle. Bei Drama die Rninen von Philippi, Schlacht 42 v. CH. — Die ch a l k i d i s che Halbinsel mit dem Berge Athos, mit 20 griechischen Klöstern, einer Menge Kapellen und Einsiedeleien. 3. Thessalien. — L a r i s s a (oder Jeuischehr, 25.000 Einw.), erste Fabriksstadt der Türkei, berühmt durch Färbereien, Seiden- und Baumwollwaarcn, Saffian, Tabak; Mittelpunkt des Handels dieser produktenrcichen Provinz. PH er sala (kllursulus), Schlacht 48 V. Ch. 4. Albanien. — S k ut a ri (30.000 Einw. am See gl. N.), starker Schiffbau, Fischerei, Gärbcreieu, Waffen- und Wollenzengvcrsertignng. Janina (25.000 E.), Goldstoffe, Seideuzeug; Ali Pascha ch 1812/ (Am Südufer des Sees Ruinen von Dodona, Orakel.)— Preveša, Ärtaund Dnrazza (Dyrrachium), ansehnliche Handelsplätze. 5. Bosnien. — Serajewo (oder Bosna Serai, 70.000 E.), fast nur von Slaven bewohnt, bedeutende Gewehr- und Säbelfabrikation; Mittelpunkt des bosnischen Handels, hauptsächlich mit Oesterreich. Travnik, Banjaluka und M o st a r viel Weinbau. 6. Bulgarien. — Sofia (30.000 Einw.), bedeutende Fabrikation und Handel. Die Festungen au der Donau mit ansehnlicher Gewerbthätigkeit und lebhaftem Handel; W i d d i n , N i k o p o li (Sieg der Türken über die Ungarn 1396), S i l i st r i a (Belagerung durch die Nüssen 1854). R u st s ch u k (30.000 Einw.). — Warna (20.000 Eiuw.), der beste türkische Hafen am Schwarzen Meere, bedeutender Handel ; Sieg der Türken über die Ungarn und Griechen 1444; Eroberung durch die Russen 1828, — Schn m l a (60.000 Einw.), Festnng, der militärisch wichtigste Punkt auf der Straße nach Constantiuopel; Belagerung durch die Russen 1774, 1810, 1829. — Der nordöstlichste Theil zwischen der Donau und dem Schwarzen Meere ist der öde Landstrich D o b r u d s ch a. 7. Inseln (im Ärchipelagus); — u) C a n d i a (Kreta, 210,000 Einw.), hochgebirgig, sehr mildes Klima, in den Thälern und Ebenen sehr fruchtbar; viel Holz, Oel, Honig, Johannisbrot; starke Erdbeben (Minos; Labyrinth). — Städte: Candia (15.000 E.), Canea (12.000 Einw.), der beste Hafen.—l>) Stalim en e(Lemuos) erzeugt Getreide, Wein, Feigen, rothe Sicgelerde. — e) T h a s o (Thasos), im Alter- thume berühmte Marmorbrüche und Goldgruben. — ä) S a m o t h r a k i u. a. L. Mittelbare Provinzen: 1. Fürsteuihum Serbien (tributpflichtig; selbstständige innere Verwaltung; erbliches Fürstenthum). - Belgrad (20.000 Einw., Save-Douan), Mittelpunkt des ser¬ bischen Handels, starker Verkehr mit Oesterreich und Konstantinopel; lebhafte In¬ dustrie in Seide, Leder, Waffen, Teppichen und Baumwolle. Die Citadelle ist un¬ mittelbar türkisch. Mehrmalige Belagerung und Eroberung (1717, 1789, 1806); Friede 1739. — S e m c n d r i a (Donau), Handelsplatz; einst Residenz der serbischen Könige. Kragujevaz, Residenz des Fürsten. Passarowiz, Friede zwischen Oester¬ reich und der Pforte 1718. 2. Fürstenthum Walachei. (Walachei und Moldau, „vereinigte Fiirstenthümer, „bilden eine konstitutionelle Wahlmonarchie; tributpflichtig, innere Verwaltung selbstständig.) — Bucharest (125.000 Einw.), Hauptstapelplatz für den Produktenreichlhum der Walachei; sehr bedeutender Verkehr mit Wien, Pest und Leipzig; geringe Industrie. Biele Kirchen und Kapellen, mehrere Lehranstalten. — Giurgewo, Hafen von Bucharest, Rustschuk gegenüber. — Braila (Jbrahil, 24.000 Einw.), Hauptplatz für den auswärtigen Handel der Walachei. 3. Fürstenthum Moldau. — Jassy (70.000 Einw.), große Viehzucht in der Umgebung ; stark besuchte Messen; über 70 griechische Kirchen, Gymnasium, Akademie. Friede 1792. — Galacz (Donau, 40.000 Eiuw.), der wichtigste Handelsplatz der Moldau und Haupthafen. — F o k s ch a n i, Sitz der Central-Commission der „vereinigten Fürsteu- thümer" (Walachei und Moldau). — Im Osten des Pruth das von Rußland im Jahre 1857 abgetretene bessarabische Gebiet (205 ^Meilen, bei 180.000 Einw.); darin Reni, au der Mündung des Pruth in die Donau und die starke Festung Ismail (Suwarofs's Erstürmung 1789). 4. Fürstenthum Montenegro (öeruagora, 90 OMeilen, 130.000 Eiuw.). — Im Nordeu vou Albanien, angrenzend an Dalmatien. Durchaus gebirgig; Ackerbau geringe; die Hauptnahrungsquelle bildet die Viehzucht. Von bürgerlichen Gewerben ist keine Rede; der nothdürstige Handel mit Cattaro. Die geistige Kultur äußerst geringe; Hauptorl Cettinje; im Ganzen über 110 Dörfer. LI9 KuiturMd. Die Landwirthschaft steht auf sehr niederer Stufe, da der Bauer, mit Ausnahme des arbeitsamen Bulgaren, nur für die Befriedigung der eige¬ nen Bedürfnisse sorgt. Deßungeachtet liefert die Produktion an Weizen, Mais, Hirse und Buchweizen alljährlich um ein paar Hundert Millionen Piaster (ü 9 Nenkreuzer) zum Export. Auch die Ernte von Reis, Flachs und Haus, Tabak uud Baumwolle ist (vorzüglich in Macedonien) bedeutend. Für das Obst, den Wein uud das Oel ist das Klima sehr günstig; er- wähuenswerth sind endlich der Mohubau uud die Rosenzucht. Die Forst- kultur liegt dagegen ganz darnieder. — Den Hauptrcichthum der Land¬ bewohner bildet die Viehzucht. Schöne Pferde (Moldau, Walachei, Bulgarien), Rinder uud Schafe, die ausgebreitete Schweinezucht, die Bienen- und Seidenraupenzucht bringen ansehnlichen Gewinn. Auch die Jagd ist ziemlich einträglich; die Fischerei hingegen arg vernachlässigt. Der Berg¬ bau ist schlecht bestellt und dessen gegenwärtige Ausbeute kaum nennens- werth. Wichtig sind nur das Steinsalz aus den Karpathen, der schöne Marmor auf mehreren Inseln, die rothe Siegelerde der Insel Stalimene. — Ge¬ werbliche Industrie nach unseren Begriffen ist fast gar nicht vorhanden; nur einzelne Fabrikate und wenige größere Städte machen hiervon eine Ausnahme. Hauptartikel sind Leder, namentlich Korduau und Saffian von rother und gelber Farbe, und die Lederarbeiten von Konstantinopel. Berühmt sind einige Türkischroth-Färbereien, zum Theil auch Waffen, Teppiche und das Rosenöl. Alle übrigen Fabrikate werden importirt. — Die geographische Lage der Türkei, als Vermittlerin des produktenreichen Asiens mit dem industriellen Abendlande, und die reich gegliederte Küste mit vielen guten Häfen begünstigen den Seehandel, der sich fast gänzlich in den Händen der Ausländer (Griechen und „Franken", d. i. Abendländer) befindet. Im Allgemeinen werden Rohrprodnkte exportirt, Manufakte importirt; den Export berechnet man über! 10, den Import über l 00 Mill. Gulden. DerBinnenverkehr ist wegen Mangels an Landstraßen geringe. — Von g e i st i g e r K u l t u r im Sinne des christlichen Abendlandes ist in der Türkei keine Rede. Die Türken haben im Ganzen ihre asiatischen Sitten und Gebräuche beibe¬ halten und sind als Bekenner des Islam von geistigen Anstrengungen keine Freunde. Die Hof-, Kirchen- und Gelehrtensprache ist die arabische. Der Koran bildet die Grundlage der religiösen und weltlichen Gesetzgebung; die Nicht-Muhamedaner heißen Rajah (d. i. weidendes Vieh). Künste und Wissenschaften haben fast keine Fortschritte aufzuweiftn; nur die Baukunst, die Gartenkunst uud die Musik genießen einige Pflege. Es bestehen zwar auch mancherlei muhamedanische Schulen; allein deren Resultate sind nach den Anforderungen europäischer Kultur höchst unbedeutend. Unter der christlichen Bevölkerung sind die Griechen die intelligentesten, industriellsten und thätig- sten; am meisten befassen sich die Geistlichen mit der Pflege der Wissen¬ schaften. In neuerer Zeit beginnt hie und da die europäische Kultur Wurzel zu schlagen. 220 Ästen. (883.000 geogr. ^Mcilcu; 770 Mill. Einwohner.) S t n a t e n b i l d u ir g e u. Nur die ansässigen Völker sind zu einer festeren Ordnung ihres gesell¬ schaftlichen Zustandes, zur Bildung von Staaten gekommen. Die Regie¬ rungen der gesitteten Völker Asiens sind M o n archi en (meist despotische), welche unter einander in nur vorübergehender, gewöhnlich feindlicher Be¬ ziehung stehen. Neben der despotischen Form besteht (bei den Hirten-, Jäger- und vegetirenden Völkern) die patriarchalische. Die Oberhäupter (Scheik, Khan) sind Herrscher einzelner Stämme und häufig höheren Oberhäuptern unterworfen. Auch gibt es noch Nomadenstämme, welche in vereinzelten Familien ohne ein gemeinschaftliches Oberhaupt leben. Ein großer Theil Asiens ist europäischen Nationen unterthan, es sind Colonialländer der europäischen Staaten. Diese nehmen beiläufig ll80.000 ^Meilen mit einer Bevölkerung von etwa 215 Millionen ein. I. Die asiatische Türkei. 31.470 oMcilcn, I6,0',0.000 Einwohner); davon über 10 Mill. Türken, über 1 Mill. Griechen, dann Armenier, Inden n. a.; in den See- und Handelsstädten viele christ¬ liche Abendländer (,,Frauken")- — Grenzen? — Eintheiluug in IN Ejalete; gebräuch¬ licher in: 1. Kleinasien, 2. Armenien, 3. Mesopotamien, 4. Syrien mit Palästina, 5. HedschaS, 6. die Inseln. k. Kleinasien (Natolien. Levante; 9800 ^Meilen, i 0,700.000 Ein¬ wohner). — Die Halbinsel besteht aus einer Reihe von Plateanlandschaften, durch Berggruppen und Ketten, die vom armenischen Hochlande hereingreifcn, voneinander geschieden. Das centrale Plateau (mit dem Erdschisch oder 12.000") fällt am steilsten gegen Süden ab, wo der Taurus nahe der Küste sich hinzieht. Im Wösten ist ein durch parallele Gebirgszüge und Tiefthäler rcichgegliedertes Tiefland (die Küstenlaudschaft der Levante); im Norden ist das politische Küstengebirge; die Ostbegrenzung bildet der Antitanrns. Die Gebirge gehören meist vulkanischen Bildungen an; furcht¬ bare Erdbeben sind nicht selten (Brnssa 1855). — Das Land ist gut be¬ wässert, doch sind wenige Flüsse und nur auf kurze Strecken schiffbar. Die Binnenflüsse bewässern die Steppen des centralen Plateaus uud ergießen sich in Salzseen oder Sümpfe; in das schwarze Meer fließt der bedeutendste Fluß Kizil Irmak (Halhs); im Westen sind zahlreiche Küstenslüsse. — An der Küste heißes, in den Bcrglaudschafteu rauhes, sonst gemäßigtes ge¬ sundes Klima. Die Steppen im Innern sind Holz- und wasserarm; sonst ist das Land sehr fruchtbar. Mangelhafte Bodenkultur; dennoch viel Getreide; vor¬ züglicher Wein, edles Obst, Südfrüchte (Smhrna's Feigen, Rosinen), Mohn, Oel, ausgezeichneter Tabak und andere Handelspflanzen. Sehr bedeutende Viehzucht, namentlich Schafe, Angora-Ziegen, Büffel, Esel, kleine Pferde, viele Kameele für den Karawauentransport; von hoher Wichtigkeit der Sei¬ denbau. — Der Bergbau unbedeutend. Die Industrie nnr in wenig Städ¬ ten und wenig Artikeln: Seiden- und Kameelhaarwaaren, Färbereien und Teppiche, Saffian, Waffen, Rosenessenzen. Der Handel sehr wichtig. 221 Smyrna (160.000 E.), die wichtigste Handelsstadt der Levante, vortrefstichcr Hasen; Karawanenhandel »nd Scehandel; viele europäische Handelshäuser nnd Con- sulate; ziemlich bedeutende Industrie. Skutari (80.000 E.), gegenüber von Kon¬ stantinopel, Begräbnißort der Türken jener Stadt. Trebi sonde (Trapezunt, 40.000 E-), Stapelplatz für den persisch-europäischen Handel; Leinwanderzeugung, Färbereien, Schiffbau. 1204-1460 Residenz griech. Kaiser. Brussa (70.000 E.), ehemals Hauptstadt deö osman. Reiches; Fabrikation von herrlichen Tapeten, Seiden- waaren, Gold- und Silberstosien. In der Nähe berühmte Mccrschaumgrnbcn. Erd¬ beben 1855. Im Innern: Kntahija (30.000 E.),warmeBäder. Angora (50.000 E.), Shawl-Fabrikation; Angora-Ziegenzucht. Tokat (35.000 E.), einer der bedeutendsten Jndnstrieplätze; in der Nähe Kupferbergwerke. — Historisch bemerkeuswerth sind: J s n ik (dlicao-r), Kirchcnverjaitimlung 325 (Hauptstadt des KaiscrthnmS Nicaea 1204—1261 n. Ehr.). — Koni eh (leoninm), Sieg Friedrich Barbarossa'« 1190. Tarsus, alte Hauptstadt vou Cilicieu, Geburtsort deö Apostels Paulus. Aiwaly (Ilsr-mlen), Bergama (Ich-.rgmuns) u. a. (Beim Dorfe Buuar-Baschi Ruinen vou Troja; beim Dorfe Palotscha jene von Mil eins, bei Ajasaluk jene von E p h es ns.) 2. Armcnieu und Kurdistan (5690 ^Meilen, i,700.000 E.), Hoch¬ land, an das sich im Westen Kleinasien anschlicßt; znm Pontus steiler Ab¬ fall, im Südosten mit dem persischen Hochlande zusammenhängend. (Ararat, 16.000Ü) Viele salzhaltige Gebirgsseen (Wan); steppenartige Plateaus; tief eingeschnittene, gnt bewässerte, fruchtbare Thäler. — Flüsse: Kizil Irmak (in den Pontus), Kur und Aras (in das caSpische Meer), Euphrat und Tigris (in den persischen Golf). Rauhes Bergland. Eisen, Kupfer, Blei, Getreide, Wein, Seide, Baumwolle sind Hauptprodukte. Bedeutende Viehzucht, vortreffliche Pferde. Geringe Industrie; die Armenier als tüchtige Kaufleute in Vorderasien und Osteuropa bekannt; auf den Steppen nomadische, ranbsüchtige Kurden. E r z eru m (40.000 Einw.), Karawanenstraße zwischen Trapezunt und Persien, wichtiger Transit- und Spedilionshandel; vorzügliche Waffen-, Seiden- und Leder¬ fabriken. Armenischer Erzbischof und griechischer Bsichof. Die Festung Kars, von den Russen 1855 erobert. Wan, Handelsplatz; altpcrsische Alterthümer. — Die Provinz Kurdistan ist znm Thcil das alte Assyrien. 3. Mesopotamien, zwischen dem armenischen Hochlande und dem per¬ sischen Golfe. Im nördlichen Theile: Al Dschesireh („die Inseln," Assh- rien und Mesopotamien), im südlichen Irak Arabi („Land der Araber", Babylonien und Chaldäa). Im Norden wenig eingebaut, aber reizend und fruchtbar; in der Mitte (von Mossul bis Bagdad) eine ebene, baumlose, dürre Steppe; der uutere Theil ist das ungemein fruchtbare Babylonien; Tausende von Kanälen, zahlreiche Dörfer, prächtige Palmenhaine, trefflicher Anban. Im Mündungsgebiete des Schat el Arab schilfreiche Kanäle, Inseln, Lagunen und Moräste. Diarbekir (40.000 E.), nahe der Tigris-Quelle, Fabriken für TLpsergcschirr, Baumwoll-, Seiden- und Lederwaarcu, wichtiger Handelsplatz. Kath. und armen. Bischof; uefloriauischer Metropolit. — Mossul (20.000 E.), Fabrikation feiuer Baumwollstoffe (Mousseliue), Leinwaud, Saffian, Teppiche. Nördlich davon da« Dorf Lhorfabad au der Stelle de« alten Ninive und im Süden daö Dorf Nimrud. Die Gegend bekannt durch die Ausgrabungen berühmter babylonischer Bauwerke und Kunstdenkmäler. Ursa (Edessa), mit Gärbereieu; bekannt aus den Kreuzzügen (Fürstth.Edessa 1097—1150). — Bagdad (40.000 E.), wichtigster Platz für den indischen Handel; blühende In¬ dustrie 'm Leinen-, Seiden-, Baumwollen- und Wollenstoffen, Leder, Seife. Sitz der Khalisen 763—1258, zur Zeit des Glauze« 2 Mill. Eiuw. — BaSra (oder Bassora), uugefimdc Gegend; bedeutender Handel mit Perlen, Kaffee, indischen Maaren, Pferden; Hafen für Bagdad. — Historisch bemerkeuswerth: El Madain, die Trümmer von Seleucia am rechten, und von Ktesiphon am linken Tigrisufer; bei Hileh die Ueberreste vou Babylon. 222 4. Syrien (Schäm) mit Palästina (6b70 ^M., 2,750.000 E.). Ein schmales Gebirgsland, im Norden mit dem kleinasiatischen Hochlande ver¬ bunden. Im Westen der Libanon, im Osten der Antilibanon, zwischen bei¬ den die tiefe Thalspalte mit dem Jordanflusse und dem Tobten Meere. Schmale Küstenebene im Westen des Libanon; syrisch - arabische Wüste im Osten des Antilibanon. Der nördliche Theil Sori st an (Syrien), der süd¬ liche Palästina; — wenig Getreide; vortreffliche Südfrüchte, dann Oel und Wein, auch Tabak, Baumwolle, Seide. L. Soristan. Halep ober Aleppo (100.000 E-), in schöner, fruchtbarer Ebene, Weinbau; bedeutende Industrie in Seide, Wolle, Baumwolle, Leder; Färbereien; wichtiger Handel init Europa, Verbindung durch Karawanen mit Bagdad und Mekka; griech. Patriarch. — Damascus (120.000, nach Andern 200.000 E.), zwischen herrlichen Wein- und Baumgarten paradiesisch gelegen („das Auge des Osten"), die wichtigste Industrie- und Handelsstadt der asiatischen Türkei; berühmte Fabriken für Stahlwaaren (Damascener- Klingen), Baumwoll-, Gold- und Seidenstoffe (Damast), Lederwaaren, Juwelierarbeiten, Perlmutterarbeiten, Rosencssenzen. Im Mittelalter die Lehrmeisterin von Venedig und Genna in diesen Artikeln. Haupthandelsplatz für den Verkehr nach dem inneren Asien; Karawanen-Verbindnngen mit Mekka, Bagdad, Haleb u. a.; Sammelplatz der Pilger- Karawane. Von 660—783 Residenz der Khalifen; seit 1516 türkisch. — In einer Oase der syrischen Wüste die prächtigen Trümmer von Palmyra. — Zwischen dem Libanon und dem Antilibanon Baalbeck mit den Ruinen von Heliopolis (kolossaler Son¬ nentempel). Im Libanon wohnen die einander bekämpfenden Drusen (Mohamedaner) und Maroniten (Christen).— Antakieh (Antiochia, ehemals Residenz der Seleuciden), treibt Gärtnerei und Seidenhandel; Sitz des Patriarchen der Nestorianer. (Im ehemaligen Phönicien): Beirnth (12.000 E.), Haupthafen an der syrischen Küste, Dampfschiff¬ fahrtsverbindung mit Triest. — Saida (Sidon) und Sur (Tyrus) sind jetzt wenig bedeutend. 6. Palästina. Dem Umfange nach klein, aber von unendlicher Wichtigkeit als Wiege des Christen- thnms mit den in der Bibel merkwürdigen, den Christen geheiligten Plätzen. Jerusalem, im Verhältnisse zur einstigen Größe nur eine kleine, mit Mauern um¬ gebene Stadt. Viele Häuser sind fest gebaut; die meisten aber nur von Lehm mit flachen Dächern, ohne Fenster auf die Straße. Fast alle Straßen sind enge, krumm, voll Schutt und Unrath, schlecht gepflastert. Unter den 30.000 Einw. sind etwa 12.000 Chri¬ sten, 8000 Juden und 10.(100 Muhamedaner. Die Stadt zerfällt in vier Viertel: das armenische auf dem Berge Zion; — das Christ en viertel, im nordwestlichen Theile, enthält die Kirche des heil. Grabes, den Hiskias - Teich, die Häuser des latein. und griech. Patriarchen, des evang. BischofeS. des koptischen Khans und das Franziskaner¬ kloster; — das Juden viertel nimmt den Mitteltheil des Südens ein; — das Muha- medanische ist das größte; hier befinden sich: der alte Tcmpelplatz, der Schmcrzens- weg des Heilandes, der Teich Bethesda, die verfallene St. Annakirche und die Woh¬ nung des Pascha. Die verehrungswürdigste Merkwürdigkeit ist die heil. Grabeskirche, eigentlich drei verschiedene Räume unter einem Dache: westlich die Kirche des heil. Grabes mit der Engelskapelle, der Grabeshöhle und dem Sarkophage, in welchen man den gekreuzigten Gottessohn gelegt hatte; — in der Mitte die Kirche des Kalvarienberges mit dem Orte der Kreuzigung; östlich die der Krcnzerfindung mit der Helenen-Kapelle, in welcher der Erzherzog Ferdinand Max in jüngster Zeit einen neuen Altar aus Marmor aufstellen ließ. Im geheiligten Andenken sind noch viele andere Plätze. Hier sind serners mehrere Klöster und Wohlthätigkeitsanstalten zur Ausnahme von Pilgern. Man unterscheidet 4 Berge: Zion, früher die Burg Davids, jetzt stehen hier Kirche und Kloster der Armenier mit 1000 Zimmern für Pilgrime; nördlich davon die evan- gelische Kirche und das prot. Diakonissenhaus; — aus dem Mori ah stand Salomons Tempel, jetzt Omars Moschee; — aus der Akra ehemals Salomons Palast nebst Golgatha und dem heil. Grabe; — südlich vom Zion der Berg des „bösen Rath es", Wohnung des Kaiphas (Berathnng der Inden bei ihm); — östlich vom Thale Josaphat der Berg des „Aergernisses" (Salomons Götzendienst), und nördlich von diesem der Oelberg mit den geheiligten Erinnerungen. Auch die Umgegend trägt das Gepräge " MM) 223 der religiösen und geschichtlichen Denkwürdigkeiten an sich. — Bethlehem (2000 E.), 2 Stunden von Jerusalem entfernt, die Geburtsstätte des königlichen Sängers David und des göttlichen Stifters des Christenthnms, hat eine malerische Lage auf 2 Hügeln. Die Hauptbeschäftigung der jetzigen, fast nur christlichen Bevölkerung der Stadt besteht nebst dem' Ackerbaue in der Verfertigung von Rosenkränzen, Kruzifixen und ähnlichen Gegenständen ans Olivenholz, Dattelkernen und Perlmutter. Hier ist die Höhle der Geburt, zu welcher 52 Stufen hinabführen, mit einem Altäre und einer Marmortasel mit der Inschrift: „Hier ist von der Jungfrau Maria Jesus Christus geboren worden." In einer abgesonderten Grotte ist der „Altar der Krippe", dann die Kapelle der unschuldigen Kinder und die Grotte des großen Kirchenvaters Hieronymus. — Nazareth liegt am Tabor und zählt 3000 meist christl. Eiuw. Gro߬ artiges lateinisches Kloster und anstoßend die Kirche der Verkündigung, nach der heil. GrabeSkirche die schönste des Landes. Unter dem Hochaltar befindet sich die Grotte der Verkündigung. Das Haus des heil. Joseph, wo Jesus seine Kindheit verlebte, ist eben¬ falls eine hochverehrte Stätte. — Jasa (od. Joppe 7000 E.), Landungsplatz der Pilger. Akka (oder Ptolomais, 8t. llssn ä'Lore, 10.000 E.), ehemals Sitz der Johanniter. (Richard Löwenherz 1194.) 5. Hcdslhas (über 9100 OM., 900.000 E.). Türkischer Antheil von Arabien, längs dem Rothen Meere; äußerst trocken, tropisches Klima. Mekka (50.000 E.), Muhamed's Geburtsort, religiöse Hauptstadt der Mnhamedaner mit der „Kaaba" in der großen Moschee, zu welcher jeder Moslem einmal in seinem Leben wallfahrten muß; jährlich kommen an 100.000 Pilger („Hadschi") mit beiläufig 50.000Kameeleu. Dschidda (40.000 E.), Hafenstadt von Mekka, wichtiger Handelsplatz. Medina (20.000 E.), Muhamed's Begräbnißplatz in einer prachtvollen Moschee. Zu dieser Provinz gehört auch die Sinai-Halbinsel mit der Gruppe des Sinai (Dschebl Musa — Berg Mosis) uud dem Horeb, dazwischen in einem frucht¬ baren Thale das berühmte griech. Katharinenkloster. — Am Nordende des Busens von Akaba die Stadt gl. N. 6. Die Inseln. Cyp ern, eine der fruchtbarsten Inseln; vortrefflicher Wein, Baumwolle, Oel, Süd¬ früchte, die feinste Wolle der Levante. Seit 1480 venezianisch, seit 1571 türkisch. Haupt¬ ort Nikosia (oder Levkosia, 16.000 E.). — Nhodus, Hauptstadt gl. N., Schiffs- werfte für die türkische Flotte; im Alterlhume berühmte Handelsstadt; 1300 bis 1552 in den Händen der Johanniter, — Die gesunde und fruchtbare, besonders an Wein reiche Insel Samos nut dem Hanptorte Kora. — Die ehemals reichste griechische Insel Chios, Hauptort gl. N., hat sich von der ungeheueren Verwüstung durch die Türken (im I. 1822) noch nicht erholt; producirt Mastix, Wein, Feigen, Seide, Wolle, Käse. Außerdem viele kleinere, meist fruchtbare Inseln längs der kleinasiatischeu Küste (Sporaden). II. Arabien. 48.000 OMeilen, 10—12 Mill. Einwohner. — Grenzen? Arabien ist ein dürres, wasserarmes, größtentheils sandiges Hochland, welches ringsum terrassenförmig abfällt. Im heißen Klima des Tieflandes wächst die Dattelpalme; an den Terrassen-Abhängen (von 1500 — 2000fl gedeihen der Kaffee (Landschaft Jemen, Mokka) und Arabiens vorzügliche Spezereien (Balsam, Myrrhen, Weihrauch, Aloö , Manna, Gummi n. a.); höher hinauf die Feigen. Das im Ganzen noch wenig bekannte Plateau im Inneren (Nedsched) nährt die schönsten Rosse der Erde, berühmt wegen ihrer Schnelligkeit, Ausdauer, Gelehrigkeit und Schönheit, dann Kameele, Esel und andere Thiere. Große Flüsse fehlen gänzlich, selbst der Steppenflüsse gibt es wenige. Die reichste Vegetation hat das südwestliche Küstenland Jemen (das „glückliche Ara¬ bien"); von der Gesammtfläche mag etwa V« der Halbinsel als Kultur- und 224 Weideland brauchbar sein. Edle Metalle fehlen. Von Gewerben ist leine Rede. Das Klima ist heiß und trocken, nur auf der Hochfläche kommen Nachtfröste vor; im Norden weht der heiße Samum, an den südlichen Küstenstrichen herrschen feuchte Monsune. Der Handel, zumeist in den Händen der Banjanen (Brahmabekenner) und Inden, ist sowohl zur See als mittelst Karawane» ansehnlich; exportirt werden die erwähnten Landesprodukte, importirt alle Manufakte, welche man benothigt. — Die Bewohner sind entweder Fellah's, d. i. Feldbaner und Viehzüchter, oder Beduinen („Kinder der Wüste"), welche in der Wüste unter Anführung von Emiren und Schecks nomadisch streifen; die Städtebewohner heißen Hadhesi, die Halbnomaden Mähdis. Arabien ist die Heimat des Islam, der auch jetzt noch vorherrschend ist. Die ara¬ bische Sprache ist von der Westküste Afrikas bis nach Indien im Gebranche. Die Araber sind meist groß, hager, muskulös; sie haben eine würdevolle Körperhaltung, glühende Phantasie und große Freiheitsliebe. Sie sind Freunde der Dichtkunst, besitzen viel Sinn für Spekulation und Handel, aber nicht für Industrie. Ihr Charakter ist edel, ihre Sitten sind einfach, sie sind ungemein gastfreundlich. Der Raub ist dem Beduinen ehrlicher Erwerb; nur Widerstand reizt ihn znr Ausübung von Gewalt. Nur HedschaS anerkennt die Oberhoheit der Türkei; da« übrige Arabien ist unab¬ hängig nnd folgt seinen Emiren und Schecks. Unter den Fürsten der Küstenländer sind die mächtigsten: der Imam von Sana (in Jemen) nnd der Imam von Maskat (in Oman). Die Einlheilnttg in das peträische Arabien (im Norden), das wüste (in der Mitte) nnd das glückliche (im Südwesten) ist im Lande unbekannt; man unterscheidet nur Landschaften: l Hcdschas mit der Sinai-Halbinsel (siche asiat. Türkei). 2. Jemen. — Das eigentliche Kaffee- nnd Balsamland; im Hochland Ackerbau und sriedliche Bevölkerung. Der Sommer sehr heiß und regenlos, in der Regenzeit (Oktober—März) üppige Vegetation (Trubin kolix). — Mokka (20.000 E.), guter Hafen, von Indiern nnd Europäern besucht; wichliger Handel mit Kafsee, Weihrauch, Gummi. Aden (40.000 E.), starke britische Festung (seit 1839), wichtige Station siir die Dampsschifsahrt zwischen Indien nnd Egypten. Sana (40.000 E.h die größte nnd schönste Stadt Arabiens, Residenz des Imam; prächtige Gärten und vortreff¬ liches Obst. Beitel Fakih, Hanptniederlage für den Kaffee. 3. Hlldrain-lt, die einförmige Küste östlich von Jemen bis gegen den persische» Golf, ist unter mehrere Fürsten gcthcilt. Gummi, Kaffee und Mekka-Balsam sind die Produkte. 4. Olliüll, am persischen Golfe, mit der Hauptstadt Maskat (60.000 E.), gehört dem mächtigen Imam von Maskat, welcher auch jenseits des persischen Golfes (Bender Abassi) nnd an der afrikanischen Ostküste Besitzungen hat. Sehr fruchtbar, viel Getreide, Obst, Datteln, Trauben. — Die gebirgige, wenig fruchtbare Insel Soko¬ tora gehört den Briten. Sie liefert die meiste nnd beste Alois. 5 El Ahsa (oder Lahsa) am Pers. Golfe; Ackerbau und Handel; die Seeräuberei geringer seit der Besitznahme der Bahrein-Inseln durch die Engländer. Sehr be¬ deutende Perlenfischcrci (jährlich im Wertbe von 4 Mill.Gulden). Hauptort El Katif (6000 E.) (>. Ncdschcd, das Innere der. arabischen Halbinsel, noch wenig bekannt. Die Landschaft bewohnen kriegerische Nomaden, die Wa Habiten (eine reformirte muhamedanifche Sekte), eine Geißel der Nachbarn und der durch ihr Gebiet ziehenden Karawanen. Ihr Hauptsitz ist Derajeh (oder Rijad). 225 III. Iran. (Persien; Afghanistan; Geludfchistan.) 46.000 ciMeilen; 20,500.000 Einwohner. — Persien: 26.000 UM., 10 Mill. Einwohner; — Afghani stan: iO.OOO UM., 6 Mill. Einw.; Beludschistan: 7000 UM., S00.000 Einw. — Grenzen? Das Land. — Iran ist ein von Gebirgen eingeschlossenes Hochplateau, nördlich vom Paropamisus und Elbrus (Vulkan Demavend, über 17.000"), östlich vom Soliman begrenzt. Der westliche Theil heißt Persien, der nördliche Afghanistan (oder Kabulistan), der südöstliche Beludschistan. Die Steppen des innern Plateans sind sehr wasserarm, salzhaltig; am Nord- und Westrande anmuthige, fruchtbare Thäler; am pers. Golfe Wüsten¬ land (Osärosis.). Fast immer wolkenloser Himmel, die Luft sehr trocken, der Pflanzenwuchs ärmlich; zur Regenzeit üppige Vegetation. Jin Sommer versengende Hitze, der Winter wie in Mittel-Deutschland. — Außer dem Grenzflüsse Schat-el-Arab nur kleine, salzige Lachen und Moräste, Steppenseen und Steppenflüsse. Kuiturbild. Die Landwirthschaft ist sehr im Verfall, nur durch angestrengten Fleiß kann jetzt der Bedarf an Ackerprodukten gedeckt werden. Relativ bedeutend ist der Ertrag an Reis, Getreide, Wein, Mohn, Tabak, Baum¬ wolle, Seide, Färbepflanzen. Im Innern empfindlicher Holzmangel. Die Viehzucht wird von den Wanderstämmen großartig betrieben; vortreffliche Pferde, Maulthiere, Kameele, Ziegen und Schafe. Der Bergbau liefert Eisen und Kupfer im Elbrus, Schwefel (im Urmia-See), Steinöl, schöne Türkise, Salz. Perlenfischerei im pers. Golf. — Die Industrie steht auf geringer Stufe, obwohl sich die Perser durch technische Fertigkeit, Geschmack und Ausdauer auszeichnen. Schöne Waffen, Leder- und Seidenwaaren, Shawls, Teppiche, Gold- und Silberstoffe, Rosenöl, Töpferwaaren sind die Hauptprodukte. Der Handel ist zumeist Karawanenhandel mit Rußland und Indien. Der Mehrzahl nach sind die Bewohner Perser (Tadschik's), im Süden auch Parsen (Guebern). Die Perser sind ein feineres, gewandteres und bildungsfähigeres Volk als die Türken. Ihre Sprache hat eine reiche, interessante Literatur, besonders in Werken der Dichtkunst; sie ist in den gebildeten Kreisen der Nachbarvölker so verbreitet, wie in Europa die fran¬ zösische. Afghanen (persisch-medischcr Abstammung) sind theils Nomaden, theils Halbnomaden. Die Belud sch en bilden viele vereinzelte nomadische Stämme. Die Parsen sind noch Feueranbeter, die Perser und Afghanen hingegen Muhamedaner (erstere Schiiten, letztere Suniten). 1. Persien (Staatsoberhaupt ist der Schah — König). Teheran (180.000 E.; im Sommer kaum halb so viel), die Residenz des Schah auf einer fruchtbaren Hochebene; Tapeten- und Metallwaarensabrikaliou, ansehnlicher Handel (europ. Handelshäuser). Im Slldostcn die Ruinen von Nhages, einst die größte der medischen Städte. Geburtsort des Harun-al-Raschid (-s-809). —Jspahan (oder Isfahan, 180.000 E.), prachtvoller k. Palast, schöne Denkmäler der Baukunst, Alleen und Gärten; Industrie in Seide, Baumwolle, Waffen, Bijouterien; Mittel¬ punkt des inneren Handels. Vom Jahre 1585—1722 Residenz der Sofi-Dynastie. Kaswin (60.000 E.) zeichnet sich durch Webereien und Gärbereien. aus. Hamadan (bwbataua), Teppiche, Gärbereien, Handel nach dem Mitielmeer und der Türkei. Klun, Geographie, 6. Ausl. ; 5 226 Sommerresidenz der altpers. Könige. Schiras (40.000 E.), in sehr schöner, frucht¬ barer Gegend, berühmter Weinbau, vorzüglicher Tabak, Glas-, Leder-, Seiden-, besonders' Rosenessenz-Fabrikation; wichtiger Handel nach Indien. Graber der persi¬ schen Dichter Sadi (fl 1292) und Hafiz (1389). Im Nord-Osten die Ruinen von ksrsspolis (von Alexander d. Gr. verbrannt 331 v. Chr.). Südöstlich davon.die Ruinen von — Für ven europäischen Handel, zunächst für den Handel mit Pelzen und Fellen sind wichtig die Orte am Südrande des CaSpischen Meeres: R e scht (40.000 E.), Balfrusch (100.000 E.) und Asterabad (40.000 E.), zugleich Hauptsitze der Seidenzucht. J esd (60.000 E.), nahe der großen Salzwllste, Knoten¬ punkt der Karawaneustraßen; Hauptsitz der Parsen; großartige Kameelzncht; Industrie in Seide und Wolle. Meschcd (100.000 E.), einer der größten Handelsplätze in Mittelasien und für den Verkehr mit Bochara, Chiwa, Khokand höchst wichtig; sehr umfangreiche Industrie. Berühmter Wallfahrtsort der Schiiten. In der Nähe die Ruinen von Thus, der alten Hauptstadt von Korassan mit dem Grabmal des Dichters Firdusi (f 1030). Nischabnr treibt Handel mit Türkisen ans den be¬ nachbarten Türkiseu-Minen. — Der wichtigste Handelsplatz und Mittelpunkt des gesammten Verkehres zwischen Persien und Europa ist Täbris (oder Tauris, 160 000 E.), im Ccntruni der durch Agrikultur, Gcwerbcflciß und Miueralreichthum wichtigsten Provinz Adherbcidschan. Bedeutende Industrie (Weberei, Druckerei, Fär¬ berei), viele Karawansereien und Bazare. 2. Afghanistan (oder Kabulistan, 10.000 lOM., 6,000.000 Einw.). Es zerfällt in mehrere Chanate, unter welchen die Chane von Kabul und Herat die mächtigsten sind. Der Boden ist eine Fortsetzung des persischen Hochlandes und spärlich bewässert. Im Osten fließt der Sind (Indus) mit dem Nebenflüsse Kabul, im Norden der Amu. Sowohl die Natur- als die Kunstprodukte sind im Allgemeinen wie in Persien. Die bedeutendsten Orte sind: Kabul (60.000 E.), auf der fruchtbaren, gut eingebauten Hochebene am Kabul, mit lebhaftem Handel und dem größten Pserdemarkte. D s ch c l l a b a d, eine relativ wichtige Fabriks- und Handelsstadt. Kandahar (50.000 E.), unterhält den stärksten Handel mit Persien. Herat (100.000 E.), eine der schönsten asiatischen Städte mit ansehnlichem Gewerbefleiß und Handel. Die Umgebung herrlich und ungemein fruchtbar. (Die „Stadt der 100.000 Gärten", auch „der SegenSort" genannt.) Eroberung dnrch die Perser im Oktober 1856; Räumung in Folge des Friedens mit England im März 1857. Pi sch au er (100.000 E.), mit Seiden- und Banm- wollfabriken und einer muhamedanifchen Hochschule. 3. Bclndschistan (7000 OM., 900.000 E.). Der südöstliche Theil von Ost-Iran ist zum größten Theile ein wüstes, ödes, vegetatiousarmcs Land, ohne Flüsse von Be¬ deutung. Die verschiedenen Nomadenstämmc haben ihre eigenen Häuptlinge, welche jedoch die Oberhoheit des Chans von Kelat anerkennen. Der bedeutendste Ort ist die Residenz Kelat (20.000 E.), welche Handel treibt. ErwähuenSwerth sind noch Gun dava und Bela. IV. Border-Jndien. Ungefähr 73.000 0Meilen; 187 Millionen Einwohner. — Grenzen? Das Land. — Border-Jndien besteht aus 2 Theilen: dem eigentlichen Hin do stan, im Süden das Himalaya, vorherrschend Tiefland, und der Halbinsel Dekan, ein Tafelland mit Randgebirgen. Im Norden von Hindostan erhebt sich das höchste Gebirge der Erde, der Himalaya, der in stets niedereren, parallelen Zügen nach Süden ab¬ fällt, und dessen Fuß mit einem breiten Gürtel dichter Wälder umgeben ist. Die fruchtbare Tiefebene durchströmt der Ganges mit seinem vielver- zwcigten Geäder; — im Westen erstreckt sich längs des Indus bis nahe an dessen Deltaland die hügelige Flugsandwüste Thurr, welche nur zur Regenzeit einige Vegetation aufweiset. Dekan ist im Innern eine weniger fruchtbare Hochfläche; der Abfall der westlichen Randgebirge ist steil und gut bewaldet, die Küste (Malabar) ist sandig und hat gute Häfen; nach 227 Osten fällt die Hochebene sanfter ab, hier münden die meisten größeren Flüsse Dekans. Die Küste (Koro man del) ist flach und der Schiffahrt ge¬ fährlich. Den Nordrand des Plateans bildet das rauhe, fast unzugängliche Vindh Ha-Gebirge; die äußerste südliche Spitze bis zum Cap Como rin füllt die Berglandschaft Nil Gerri aus, welche vom Hochplateau durch das Gap-Thal getrennt ist. Das Klima ist bei der großen horizontalen Ausdehnung verschieden, doch liegt der größte Theil in der heißen Zone. Die Himalaha-Thäler haben Alpenklima; die Tiefebene hat heißes, feuchtes Klima; die größte Hitze herrscht am Indus und am Mündungsgebiete des Ganges; das Plateau von Dekan hat eine gemäßigtere Temperatur, eine heißere haben die Küstenstriche. Einen großen und regelmäßigen Einfluß üben hier die Winde auf die Witterung aus, da Land- und Seewinde täglich regelmäßig abwechseln. Fast ebenso regelmäßig sind die Passate und Monsune. Auch furchtbare Orkane (Tai- fung) sind nicht selten. Die Regenmenge ist sehr bedeutend und verur¬ sacht öfters Ueberschwemmuugen; anhaltende Trockenheit erzeugt hingegen Hungersnoth, weil dann das Hauptnahrungsmittel, der Reis, nicht gedeiht. Die Staaten Vorder-Indiens werden eingetheilt: 1. Britisch-Jndicn, u. z. unmittelbare Besitzungen, Verbündete und Schutzstaaten; 2. unabhängige Staaten; 3. portugiesische und französische Besitzungen. 1. Die uninittelbarcil britischen Besitzungen zerfallen in vier Präsidentschaften: s) Bengalen (10.000 OM., über 55 Mill. E.). — Calcutta (die Stadt 1 Mill., mit den Vorstädten doppelt so viel Einwohner), am westlichen Hauptarme des Ganges (Hugli), der reichste und größte Stapelplatz Asiens. Großartige Industrie in Baumwoll- und Seidengeweben, Gold- und Silberwaaren, Tabak, Arak, Schiffbau u. a.; höchst bedeutender Handel. Viele Volks- und gelehrte Schulen, Missions¬ schulen, berühmte asiatische Gesellschaft, großer botanischer Garten, Sternwarte. Bei der Stadt die Festung Fort William (---- Uil'jämm). — Dacca (200.000 E-), Murschedabad (170.000 E.) und Patna >350.000 E.), wichtige Jndustrieorte für Baumwollgewebe, Opium, Indigo, Zucker und Seide. b) Agra (oder Allahabad, 4000 OM., 30 Mill. E.). — Allahabad (200.000 E.), starke Festung, berühmter Wallfahrtsort der Hindus. Benares (über 600.000E.), Hauptsitz der Brahmincn; Shawlweberci, Seiden-, Baumwoll- und Wollindustrie; Handel mit Edelsteinen. Delhi (300.000 E.); einstige Residenz des Großmoguls (mit 2 Mill. E.); zuletzt durch die Briten eingenommen im I. 1857; sehr herab¬ gekommen; dergleichen Agra (160.000 E.). Hurdwar, zur Zeit der großen Messen, welche viele Wallfahrer herbeiziehcn, bisweilen von 2 Millionen Hindus besucht. Luknow (300.000 E.), Hauptort des jetzt unterworfenen Königreichs Oude (Aude), Fabriken in Baumwolle, Seide, Leder und Waffen. a) Madras (7000 OM., 22 Mill. Em Madras (500.! 00 E.), Mittelpunkt des Handels auf der Küste Koromandel, Indigo-, Zucker- und Arakfabrikation, Opiumbcreitung, Baumwollweberei („Madras-Tücher"). Europäische und ameri¬ kanische Häuser sind hier etablirt; Bank, Assekuranzen, Münze; Industrie und Handel sind minder bedeutend als zu Anfang des Jahrhunderts, da es das „Man¬ chester des Orientes" genannt wurde. Mit der großartigen Einfuhr englischer Fabrikate konnte die heimische Industrie nicht konkurrireu. - Seringapatnam (300.000 E.); Coch in, die älteste Besitzung in Indien, Albuquerque eroberte sie im I. 1503, der wichtigste Handelsplatz in der Provinz Malabar; Calicut niit Calico-Fabriken (hier landeten die ersten Portugiesen unter Vasco de Gama im Jahre 1498); Masnlipatnam (80.000 E.), der beste Hafen auf der Küste Koromandel, liefert die durch Farbenpracht berühmten Baumwollstoffe; Tran- quebar (im Jahre 1845 von Dänemark abgckauft), Baumwollindnstrie, starker Handel. ä) Bombay (3000 OM., 11 Mill. E.). Bombay (250.009 E.), zweiter Handels¬ platz in Ostindien, Hauptstation der britischen Flotte, regelmäßige Dampfschiffabrt 15* 228 nach England, Dampsschifsahrt auf dem Indus (erste Eisenbahn von Bombav nach Patna, 1852 eröffnet); sehr bedeutender Handel. Universität. — Surate 450.000 E.), Hauptort der Provinz Gudscherat, wichtige Fabriksstadt, sehr großer Export von Baumwolle, Seide und Tabak. e) Insel Ceylon sl'axrobaiw, 1181 LM., 1'/, Mill. E.). Di- Nordkiiste ist sehr zerrissen, einige Sandbänke sind bei der Ebbe sichtbar (Adams-Brücke). Im Inneren ein schönes, wohlbewässertes Hügel- und Bergland (Adams-Pik 5700'), große Palmenwälder. Sehr fruchtbar, aber der Anbau noch geringe. Der beste Zimmt, dann Kaffee, Zuckerrohr, Baumwolle, Pfeffer, großer Reichlhum an Edelsteinen; Perlenfischerei. Hauptort ist Colombo (70.000 E.); für den europ. Handel ist wichtig Point de Galle. 2. Verbündete und Schutzstaatcn. Der Staat der Shikas im Pendschab (über 4000 eM., 11 Mill. E.) mit den Provinzen Kaschmir und Kohestan. — Kaschmir ist eine der schönsten und ge¬ segnetsten Landschaften der Erde. Der Anbau vortrefflich; in den bewaldeten Gebirgs¬ gegenden vortreffliche Viehzucht. Fleißige, intelligente, aber unkriegerische Bevölkerung. Sehr bedeutende Industrie; namentlich Shawls und viele andere Artikeln. Hauptort Kaschmir (60.000E.).— Kohestan ist der nördliche, gebirgigereTheil des Pendschab. Bedeutender Ackerbau, ausgebreitete Viehzucht; Fabrikation von Shawls, Seiden¬ stoffen, Baumwollgeweben. Hauptort Lah ore (100.000E.), wichtig sind noch Multan (60.000 E.), und Amretsir (100.000 E.) b) Das kleine Fürstenthum Sikkim am Südabhange des Himalaya. o) Der Staat des Raj ah von Panna (Provinz Allahabad) mit Diamantengruben. ä) Hyderabad oder Golconda im nördlichen Theile von Dekan (10 Mill. Einw.) Hyderabad (200.000 E.), reiche Diamantengruben; Aurungabad, Fabriks¬ und Handelsstadt. «) Der Mahrattenstaat Nappur (3 Mill. E-), mit dem Hauptort gl. N. k) Satt ara (1'/? Mill. E.), mit dem Hauptort gl. N. x) Der Mahrattenstaat Scindiah (4Mill. E.), mit Udschein (>20.000 E.) und der Felsenfestung Gwalior. I>) Sind-, am unteren Indus (!>/, Mill. E.). Hauptort Hvderabad. y Mysore (an der Malabarkiiste, 3 Mill. E.). Mysore und Bangalur, Fabriks¬ und Handelsplätze. Seringapatam, Festung; ehemalige Residenz des Hyder Ali (1" 17L2) und des Tippo Saib (t 1799). k) Travancore (Südspitze von Malabar). Viel Gewürze. l) Die Inselgruppen der Lakka-Diven und Male-Diven. Große Mengen von Kauris, d. i. Muscheln, welche als kleine Münze gebraucht werden. 3. Unabhängige Staaten. u) Nepal (3 Mill. Eiuw.1, am Südabhange des Himalaya. Fruchtbare Thäler, mildes, gesundes Klima. Hauptort Katmandu. l>) Bhotan (oder Butan', durch das Fürstenthum Sikkim von Nepal getrennt. Haupt¬ orte Tassisudon. 4. Portugiesische Besitzungen — Das Gebiet von Goa (Malabarküste); die Insel und Stadt Diu (Südspitze von Gudscherat); Hafenstadt Dam an (zwischen Bombay und Surate). Baumwolle, Pfeffer, Reis, Hans. Seide, Salz, vorzüglicher Arak. Der Gouverneur von Goa verwaltet auch das Gebiet auf der Sunda-Jnsel Timor und die bei China liegende Insel Macao. 5. Französische Besitzungen. — Pondichery u. Carieal (Koromandelküstes; Tschau- dernagur tbei Calcutta); Mache (Malabarkiiste). Reis, Indigo, Baumwolle, Zuckerrohr, Seide; Baumwollweberei und Opiumbereitung. Kulturbils. Wenige Länder der Erde sind so reich an schönen und mannigfaltigen Produkten als Hindostan. Der überaus ergiebige, meist sorgfältig von den fleißigen Hindus angebante Boden liefert eine Menge köstlicher Produkte. Den ersten Rang nimmt der Reis ein; die 2—4 Ernten bloS in den Nie¬ derungen Bengalens decken den großen Bedarf Hindostans; nebst der aus¬ gedehnten Arak-Bereituug werden jährlich noch über IMill. Centner ex- portirt. Für die europäischen Colonisten ist der Anbau von Weizen in den 229 nordwestlichen Provinzen und im oberen Pendschab sehr wichtig. Zu den wichtigsten Produkten gehört die Baumwolle, welche fast überall gedeiht, am vorzüglichsten in Bengalen. Der eigentliche Baumwollmarkt ist Bombah, der Hauptexport geht nach England; in den letzten Fünfziger-Jahren wechselte er von 166 auf 263 Mill. Gulden im Jahre, und deckte Indien lir"/«, des Bedarfes von Großbritannien an Baumwolle. In den Jahren 1862—1864 sind von Europa aus jährlich an 600 Mill. Gulden an Bombay bezahlt worden. Sehr wichtig ist die Färbepflanze Indigo, hauptsächlich im Norden des Ganges; Hauptstapelplatz dafür ist Calcutta. Zunächst steht die Seide, von welcher jährlich über 20.000 Ctr. ausgeführt werden. Der Anbau von Mohn (zur Opium-Bereitung) ist auf kleinere Distrikte beschränkt. Die Opiumbereitung (Monopol der Regierung) trägt der Regierung jährlich an 30 Mill. Gulden ein; der Jahresexport hat den Werth von beiläufig 65 Mill. Gulden. In fortwährender Steigerung ist die Kultur des Zuckerrohrs, der Thee- pflanzungen, des Kasfeebaumes, von Zimmt, Pfeffer und anderen Gewürzen, von Flachs und Hanf (am Fuße des Himalaya) und vielen anderen Kultur¬ pflanzen. Die Waldungen enthalten kostbare Hölzer. Nicht minder reich ist das Land an animalischen Produkten jeder Art: Seide, Schafwolle, Elfenbein, Schild- krot, Wachs, Moschus, Ambra, Perlen, prächtige Felle der großen Raubthiere. Der Bergbau steht noch auf niederer Stufe. Die Ausbeute an Gold und Silber ist nicht bedeutend; Eisen wird viel und von sehr guter Qualität gewonnen. Für Edelsteine ist Ostindien das Hauptland; die reich¬ sten Diamantengruben sind in Golkonda, Bundelkund und aus Ceylon; die schönsten Rubine, Saphire, Smaragde u. a. auf Ceylon und der Koroman- delküste. Indien ist das Vaterland der gewerblichen Industrie. Viel früher als Europa erzeugte es Baumwoll- und Seidenstoffe, Shawls und Teppiche, welche sich durch Feinheit und Farbenpracht auszeichnen; die be¬ rühmten Färbereien lieferten die schönsten Manufacte. Gegenwärtig hat die europäische Industrie in den meisten Artikeln den Vorrang. Den alten Ruf behaupten noch Shawls und Teppiche, Jndigofabriken, Zuckersiedereien, Me- tallwaaren, Schmuckarbeiten, Diamantenschleifereien u. in. a. Der große Reichthum an Naturprodukten aller Art hat seit den ältesten Zeiten alle handeltreibenden Völker gelockt, in Hindostan Geschäftsverbin¬ dungen anzuknüpfen und zu unterhalten; das Land war seit jeher der Mittel¬ punkt eines großartigen Handels. Der Handel im Innern wird vor¬ züglich durch die unter dem Namen Banj an eu bekannten Hindu betrieben; der Handel mit den nördlichen Nachbarvölkern ist Karawanenhandel, den Perser und Armenier zumeist unterhalten; die Städte Multan, Lahore und Kasch¬ mir sind Hauptplätze dieses Handels. Der Seehandel ist überwiegend in den Händen der Briten; doch betheiligen sich seit der Aufhebung des Mo¬ nopols der ostindischen Handelscompagnie auch Amerikaner, Franzosen, Por¬ tugiesen, Holländer in wachsender Ausdehnung an demselben. Die Bedeutung des äußern ostindischen Handels liegt sowohl in dem Vortheil, den der Ex¬ port der kostbaren indischen Stoffe in Europa gewährt, als auch in dem Absätze, welcher den europäischen Industrie - Erzeugnissen hier eröffnet ist. Dampfschiffahrt auf den größeren Strömen, Anlegung von Eisenbahnen (im I. 1864 wurden an 580 d. Meilen befahren), gute Landstraßen und Ka¬ näle , directe Dampfschiffahrtsverbindnngen mit Europa, China und Austra¬ lien befördern den Verkehr. Hauptprodukte der Ausfuhr sind: Baumwolle, 230 Indigo, Reis, Zucker, Pfeffer, Opium, Hanf, Zimmt, Seide, Wolle, Häute, Salpeter u. a. in.; — der Einfuhr: europäische Fabrikate, als: Tuch, Webewaaren, Sammt, Eisen- und Stahlwaaren, Uhren, Spiegel- und Glas- waaren, Papier, kurze und Galanteriewaaren; Thee aus China, Metalle, Weine u. v. a. Vorder - Indien zeigt ein großes Bölkergemisch, dessen Bestandtheile nach Abstammung und Sprache sehr verschieden sind. Die Hauptmasse bil¬ den die Hinduvölker; verhältnißmäßig geringe ist die Zahl der Europäer. In der geistigen Kultur finden wir alle Abstufungen von der größten Rohheit mit dem abscheulichsten Götzendienste im Innern von De¬ kan, bis zur Verfeinerung brahmanischer Weisen. Die Hindu haben Sinn für Wissenschaft und Kunst, obwohl nach christlich - europäischen Begriffen kein eigentlicher Fortschritt bemerkbar ist. Christliche Missionen sind fort¬ während thätig, den Samen der Bildung und Veredlung unter den Heiden auszusäen, und ihre Bemühungen brachten schon an vielen Orten Indiens segensreiche Früchte. V. Hillter-Jndien. 40.000 ^Meilen; 30 Millionen Einwohner (auf Maläcca und den Inseln Malapen, im Nordwesten Hindus, sonst größtentheils mongolische Stämme). Meistens Bud- dhaisten, die Malayen sind Muhamedauer; hie und da Christen. — Grenzen? Die Oberfläche ist noch vielfach unbekannt. Im Norden sind die Fort¬ setzungen des hinterasiatischen Berglandes, welche in Parallelketten von Nor¬ den nach Süden die Halbinsel durchziehen und von mächtigen Strömen bewässerte Längenthäler einschließen. Dichte Wälder, der Aufenthalt einer Menge der größten und reißendsten Thiere, bedecken die Gebirge. Alle tro¬ pischen Früchte erreichen die größte Vollkommenheit; die meisten Flüsse überschwemmen regelmäßig das Land, wodurch die Fruchtbarkeit unglaublich gesteigert wird. Die Meere und Flüsse sind sehr reich an Fischen und Schal- thieren. Meerbusen: von Bengalen, Martaban, Siam und Tonkin; Flüsse: Burremputr, Jrawaddh, Menam-Kong oder Cambodja, Menam. Das Land erzeugt die gleichen Produkte wie Vorder-Jndien, nur fehlt hier fast jede Kultur derselben. Hauptprodukte sind: Reis, Palmen, Zimmt, Pfeffer, Thee, Zuckerrohr, Seide, treffliches Schiffbauholz, Naphta. Der Bergbau liefert vortreffliches Zinn, dann Eisen, Kupfer, Blei und Silber; in einigen Flüssen wird Gold gewaschen. Ausgezeichnet schön sind die bunten Edelsteine. — Die Industrie ist geringe; sie liefert hauptsächlich Seide- und Baumwollwaaren, einige Metallwaaren und gute Schiffe. Der Seehandel ist meist in den Händen der Briten und Chinesen. Unter der Bevölkerung wie in politischer Beziehung herrscht im westlichen Theile der malahische, im östlichen der chinesische Charakter vor. 1. Britisches Hintcr-Jndien. (4000 ^M., 2 Mill. E.). ») Assam (t Mill. E.), der nordwestlichste Theil vom Burremputr bewässert. Sehr fruchtbar; viel Thee; schöne Waldungen; Scidenzucht und Seidenweberei. Die größte Stadt Rangpur; Sitz des Rajah: Gowahatti. Seit 1826 unter brit. Schutze. l>) Aracan, Küstenstrich am bengalischen Meerbusen. Rohe, räuberische Birmanen¬ stämme (etwa 400.000 E.). Hauptort Aracan. e) Pegü, Mündungsgebiet des Jrawaddy (beiläufig 850.00 E.). Viel Teakholz (^ Tihkholz). Städte: Pegü; Rangun. . Sehr wichtiger Handelsplatz für Indien und China. Biele europäische Handelshäuser; Mittelpunkt für den indischen Goldhandel. Ausgedehnte Industrie. 2. Französisches Hinter-Jndien oder Nieder-Cambodja (500 OM. 2 Mill. Einw.), seit 1862 französische Colonie, aber für Europäer ungesund. S aigun (Sargong), Haupt¬ stadt. Vor der Mündung des Me-Khoug die wichtige Insel Kondors. 3. Birma oder Awa (Kaiserthnm, 9000 OM., 5—8 Mill. E.). Wenig bekannt. Großer Produktenrcichthum, wie in Border-Jndien. Tapfere kriegerische Stämme. Despotische Regierung. Hauptstadt Mandelah (90.000 E.), Awa (50.000 E.l am Jrawaddh. 4. Siam (Königreich, 14.000 , 5 Mill. E.). Das fruchtbare Thal des Menam. Einer der bedeutendsten Handelsplätze ist Bonkok (400.000 E.). 5- Anam (Kaiserthum, 10.000 OM-, 10—12 Mill. E.). — Landschaften: Tonkin, Cochinchina, Cambodja. Sehr großer Produktenreichthum; Seidenbau; In¬ dustrie in Seide und Baumwolle. Schwunghafter Verkehr mit den Europäern. Haupt¬ stadt, Festung und Kriegshafen ist Hua (100.000 E ). Ke ts cho (100.000 E.). 6.Unabhängiges Malakka (etwa 3000 OM., 1. Mill. E.). — Reich an Zinn, Reis und anderen Produkten Indiens. Die Bewohner muhamedanische Malayen, kühne Seeräuber, unter despotischen Fürsten stehend. VI. Der indische Archipel. Beiläufig 36.000 ^Meilen; 23 Millionen Einwohner. Meist malahische Stämme. 1. Die großen Sunda-Jnscl». u) Sumatra (7474 ^Meilen, 3'/r Millionen Einwohner; darunter holländisch 2000 ^Meilen mit 2H2 Millionen Einwohnern). Die Westküste ist gebirgig und gesund, die Ostküste flach und vielfach sumpfig. Die Insel ist reich an Gold, Diaman¬ ten, tropischen Gewächsen aller Art. In den Küstenstädteu beginnt die Industrie in Baumwolle und Seide, Eisen nud Gold sich zu entfalten. Padang (12.000 E.), eine blühende Handelsstadt, Sitz des holländischen Gouverneurs; Benkulen (12.000 E.), ein befestigter Handelsplatz in ungesunder Gegend; Palembang (25.000 E.). — Unabhängige Staaten: der Staat At schin mit der gleich¬ namigen Hauptstadt an der Nordwestspitze der Insel; das Land der Batta im nordöstlichen Theile, von heidnischen Malayen (Menschenfressern) bewohnt. — Von den in der Nähe liegenden Inseln sind Banca und Billiton(vor der Ostküste) erwähnenswerth, Banca wegen seines Reichthums au feinem Zinn, Billiton wegen seiner werthvollen Eisenminen. b) Java (2325 ^Meilen, 10 Millionen Einwohner). Die wichtigste holländische Besitzung in Indien, wegen der ungemeinen Fruchtbarkeit und Mannigfaltigkeit der Produkte „die Perle in der Krone der Niederlande" genannt. Beiläufig 75X der Gesammtfläche nehmen die holländischen Besitzungen ein, und zwar den ganzen westlichen Theil und die Nordlüste; im Süden und Osten herrschen eingeborene Häuptlinge. Die Bewohner sind Malayen, chinesische und arabische Handelsleute, Mischlinge, Negersklaven, welche von einigen Tausend Holländern beherrscht werden. Hanptprodnkte der Insel sind: Kaffee, Zucker, Indigo, Baumwolle, Reis und alle Früchte Indiens. An der Küste wird viel Seesalz gewonnen; Metalle hat das Land keine. Der Hauptsitz der holländischen Macht ist Batavia (60.000 E.); in Folge eines Erdbebens ist die Luft so ungesund geworden, daß die Stadt das Grab der Europäer genannt wird. Der General-Gouverneur, die Behörden, die Kaufleute und Wohlhabenden wohnen einige Stunden landeinwärts in den reizen¬ den und gesunde» „Vorstädten Batavias" (Ryswik, Nordwik, Molenvliet, Bniten- zorg u. a.), und kommen in das verödete Batavia nur herab, um ihre Geschäfte abzumachen. Der Handel ist stets im Steigen. e) Bornea die größte der Sunda-Jnseln, an 13.508 ^Meilen groß, gehört zu den wenigst bekannten Ländern der alten Welt. Die Küsten sind durchgehends flach, sumpfig, daher ungesund; das Innere soll von vielen Gebirgen und großen 232 Waldungen angefüllt sein. Die Bewohner sind roh und großen Theils noch in vollster Wildheit. Die Naturprodukte sind im Allgemeinen die gleichen, wie auf den übrigen Sunda-Jnseln; die wichtigsten sind Gold (vorzüglich an der West¬ küste), Diamanten, viel Pfeffer, der beste Kampher. Ans der West- und Südküste sind die holländischen Besitzungen, mit den Orten Bandjermassin und Pon- tianak; der übrige Theil der Insel wird von zahlreichen Häuptlingen beherrscht, ä) Celebes (beiläufig 3316 ^Meilen groß). Gebirgsketten (mit mehreren Vul¬ kanen) bilden das Gerippe der Insel, welche gut bewässert ist und das Klima so wie die Produkte der benachbarten Insel hat; namentlich sind ergiebige Gold¬ wäschen und bedeutende Kaffeepflauzungen hervorzuheben. Der südlichste und nörd¬ lichste Theil gehört den Holländern. Als Handelsplätze sind bekannt: Vlaar- dingen (sonst Macassar) und das Fort Rotterdam. — Um Celebes liegt eine Unzahl kleiner Inseln. 2. Die kleinen Sunda-Jnseln. Diese ziehen sich von der Ostspitze Java's bis gegen Neu-Holland hin. Die meisten sind hochgebirgig, vulkanisch, sehr fruchtbar, von Regerstämmen und Malayen bewohnt, welche unter dem Einflüsse der Holländer stehen. Die wichtigsten sind: Bali (nahe bei Java) und Lombok, wegen der Reisaussuhr nach Australien, guter Baumwolle und geschätzter Pferde beachtenswerth j Sumb av a, mit einer holländischen Niederlassung; Tschindana, wegen der vielen Sandelholzwaldungen auch Sandelbos'ch genannt. Ans Flores waren früher portugiesische Nieder¬ lassungen; die großen Theils öde, aber größte Insel Timor mit dem holländischen Hauptort Kupang und dem portugiesischen Hafenorte Dilli. 3. Die Molukken oder Gewürz-Inseln. Zwischen Celebes und Neu-Guinea, den Holländern theils mittelbar, theils unmit- telbar unterworfen und wegen der Hauptprodukte Gewürznelken, Muskat¬ nüsse und Sago berühmt und werthvoll. Sie zerfallen in drei Gruppen: 1. Die südlichen Banda-Inseln (Banda, Timorlaut u. a.); 2. die Ambolna - Gruppe (Amborna, Ceram u. a.); 3. die eigentlichen Molukken, die nördlichsten (Dsilolo, Tidor u. a.). 4. Die Philippinen. Sie bestehen aus etwa zwölf größeren und über hundert kleinen, sehr gebirgigen, vulkanischen Inseln; nehmen wahrscheinlich über 6000 ^Meilen ein und deren Be- wohncrzahl wird auf 6 Millionen geschätzt. Die Einwohner sind theils Papuas, theils Malayen. Der größere Theil gehört den Spaniern. Die größte Insel ist Luzon oder Manilla (über 2500 ^Meilen), mit dem Hauptorte Manilla (140.000 E.). Eines der Hauptprodukte ist Tabak. Auch Baumwolle, Zucker, Indigo und Hanf werden ausgeführt. Diese Insel ist in Hinsicht auf Klima, Schönheit der Landschaften und Fruchtbarkeit des Bodens einer der reichsten und schönsten Erd¬ striche. Die südlich von Manilla gelegenen Inseln heißen die bissajischen Inseln. Die südlichste, gleichfalls sehr fruchtbare Insel ist Magindanao oder Mindanao (1200 ^Meilen), mit der gleichnamigen Hauptstadt. Die spanischen Besitzungen liegen an der Nord- und Ostküste; die Bewohner der übrigen Gebiete stehen unter muhamedanischen Herrschern und treiben viel Seeräuberei. 5. Die Sulu-Inseln. Sie liegen zwischen Borneo und den Philippinnen, liefern im Allgemeinen die¬ selben Erzeugnisse wie die Philippinen, namentlich viel schöne Perlen, Perlmutter, Schildkrot und Sago. Sie stehen unter muhamedanischen Herrschern. Die bedeutendste Insel ist Palawan. 6- Die Andamanen und Nikobaren. Beide Gruppen liegen im Meere von Bengalen. Sie sind gebirgig, reich au Wäldern, ungesund. Die Neger auf den Andamanen stehen auf der niedersten Kul¬ turstufe und nähre» sich meist von Fischen. Aus den Nikobaren leben Malayen in zerstreuten Hütten und Dörfern ohne Oberherrn, und treiben fast ausschließlich Fischerei. 233 VII. Das chinesische Reich. 231.000 Meilen, über 0400 Millionen Einwohner. Das Land. China gehört zum Hochlande Hinter-Asiens. Zwei mächtige Gebirge begrenzen dieses Hochland: im Norden das Gebirgsshstem des Altai, im Süden jenes des Himalaya; das dazwischen liegende Hoch- Plateau durchziehen die Züge des Küen Lün und Thian Schau. Zwischen dem Hochlande und dem gelben Meere liegt das außerordentlich .fruchtbare und musterhaft augebante chinesische Tiefland (an 10.000 ^Meilen groß). (Siehe §. 21, S. 30 „das Hochland von Hinter-Asien".) China ist reich an großen Flüssen, welche durch unzählige Kanäle mit einander verbunden sind, auf welchen sich ein so reger Verkehr entfaltet, wie vielleicht nirgends auf der Erde. Die wichtigsten sind der Amur, der Ho- ang-Ho fgelber Fluß) und der Ian-tse-Kiang. (Siehe Seite 32.) Bei der großen horinzontalen Ausdehnung und der Verschiedenheit der verticalen Erhebungen ist das Klima sehr ungleich. Im Osten und Süd¬ westen ist es sehr milde, im Norden und Nordwesten rauh und kälter als in Europa unter gleichen Breitegraden. An der Südküste, wo die Jahres¬ zeiten vielfach von den Monsunen abhängen, stürmen häufig die Teifnns. Kulturverhältnissc. — Die ehrenvollste und vorzüglichste Beschäftigung ist der Landbau. Die Bodenkultur wird musterhaft betrieben; selbst auf Felsen und Abhänge wird Erde getragen, und Flösse ans dem Wasser werden zu Gartenbeeten eingerichtet. In den nördlichen Provinzen sind Hauptprodukte: Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte und Tabak; in den mittleren und südlichen: Reis, Thee, Baumwolle, Zucker, Kampher, Rhabarber, Bambusstöcke u. a. Dem Bodenreichthum entspricht nicht der Viehstand; er ist bei dem Mangel an Weideplätzen geringer, am stärksten ist die Zahl des Borstenviehes. Außer¬ ordentlich stark ist die Seidenzucht in dem Vaterlande der Seide; die chine¬ sische Seide ist die vorzüglichste. Reich ist das Land an Mineralien und vortrefflicher Porzellanerde. In der gewerblichen Industrie sind große Fortschritte gemacht worden; in manchen Zweigen rivalisiren die Chinesen mit den Europäern. Ausgezeichnet sind die Seidenwaaren, Porzellan, lackir- ten und Galanteriewaaren, Papier, Elfenbeinarbeiten, auch Baumwollge¬ webe, Strohgeflechte. Ueberhaupt liefert das Land Alles, was für die Be¬ dürfnisse und die Bequemlichkeit der Chinesen nothwendig und ihrem Ge¬ schmack angepaßt ist, von vorzüglicher Schönheit und Güte. Der Binnen¬ handel soll sehr lebhaft sein; nach den benachbarten Ländern wird ermit¬ telst Karawanen unterhalten. Gegen den auswärtigen Seehandel herrscht große Abneigung; doch sind demselben jetzt 5 Freihäfen geöffnet (Fut-tseu-fn, Ningpo, Amoy, Kanton und Schanghai). Die große Masse der Bewohner besteht aus Chinesen; das herrschende Volk sind die Mandschu, zu welchen auch die kais. Familie gehört. Die Chinesen sind eines der ältesten Kulturvölker. Stolz auf das Alter, die Macht und Kultur ihres Stammes, halten sie zähe an alten Gebräuchen, verachten die Fremden als Barbaren, während sie ihr Land das „himmlische Reich", ihren Kaiser den „Svhn des Himmels" nennen. Nach europäischen Be¬ griffen sind die Fortschritte in den Wissenschaften unbedeutend: für schöne und bildende Künste haben sie wenig Geschmack. Der Volkscharakter wird von allen Reisenden höchst ungünstig geschildert; sie werden als feige, ent- 234 sittlicht und verweichlicht, unmenschlich gefühllos, schmutzig eigennützig be¬ zeichnet. Ihre Sprache gehört zu den einsilbigen, flexionslosen (S. 46); für jeden Begriff besteht ein eigenes Schriftzeichen. Die Verfassung des Staates ist unumschränkt monarchisch. Die kais. Statthalter und höchsten Reichsbeamten heißen Mandarine. Das Innere des Reiches ist gegen die Fremden abgcsperrt. — Das Gesammtrcich wird eingetheilt: I. in das eigent¬ liche China! — 2. die unterworfenen Neben länder; — 3. die unter chine¬ sischem Schutze stehenden Vasallenstaaten. I. Das eigentliche China (beiläufig 72.000 oM. mit 350 Mill. E.) wird iu 18 Provinzen eingetheilt. Die Zahl der Städte ist sehr groß, ihre Einwohnerzahl sehr bedeutend. Mehrere haben über eine halbe Mill. Einw., sehr viele zwischen 100.000 und 300.000. Es ist im Nordwesten und Westen sehr gebirgig; der mittlere östliche Thcil ist eine äußerst fruchtbare, musterhaft angebaute Niederung, von den Leiden größten Strömen be¬ wässert, von zahllosen Kanälen durchschnitten. Im Norden steht die berühmte, fast 300 Meilen lange chinesische Mauer, schon vor 2000 Jahren zum Schutze gegen die Einfälle der Barbaren erbaut, jetzt nutzlos und im Verfall. — Das Hauptprodukt ist Thee, wovon jährlich an 90 Millionen Pfund exportirt werden (etwa 50 nach England, 20 nach Nordamerika, 8 nach Rußland), Seide und Baumwolle. Großer Reichthum an Eisen, Blei, Zinn und Kupfer, sowie an Erdartcn, woraus Porzellan (chin. Tski) gemacht wird. Ansehnlich sind noch die Bereitung von Papier und Tusch. — Bedeutende Orte sind: Peking, die Residenz des Kaisers, über 2^ Mill. E., Universität, kais. Bibliothek (mit 300.000 Bänden); zahlreiche Fabriken, prachtvolle Kaufläden, ungemein lebhafter Handel; — Nanking (I Mill. Einw.), Hauptsitz der chinesischen Gelehrsamkeit; bedeutende Fabriken iu Baumwolle (Naukiugstoffe) und Seide; wenige Meilen südlich davon die den Europäern geöffnete Hafenstadt Schanghai (I25.000E.). — Kan¬ ton (1 Mill. Einw.), viele Fabriken, Hafen, Mittelpunkt des europäisch-chinesischen Handels. Im Meerbusen Bocca Tigris vor Kanton liegen mehrere Inseln: bei der Insel Wampu legen die europäischen Schiffe an; auf der englischen Insel Hong¬ kong blüht die Stadt Victoria rasch empor; auf der portugiesischen Insel Macao liegt die gleichnamige Stadt. — Fu-tscheu südlich von Ningpo, Stapelplatz für den Handel mit schwarzem Thee, große Thecplantagen in der Umgebung; — Nan- tschang-su, Mittelpunkt des PorzellanhandelL; — Ki n g-te-s ch i n, ein Dorf mit 1 Mill. E., Hauptort für die Porzellanfabrikation mit mehr als 3000 Oesen. Zu China gehört auch die Insel H a in an und die von vulkanischen Gebirgsketten durch¬ zogene Insel Formosa oder Taiwan. II. Die unterworfenen Nchcnländcr. 1. Mandschurei (oder Tungusien, auch Amur-Land). Der nordöstlichste Theil des hinterastatischen Hochlandes (mehr als 20.000 OM. groß). Das Klima ist rauh, der Winter dauert von Ende September bis Mitte April, die Flüsse frieren zu «bis —30" II. Winterkalte); dagegen ist der Sommer sehr heiß, die Vegetation in dieser Jahreszeit üppig, der Boden im Ganzen fruchtbar, doch äußerst dünn bevölkert. Herrliche Wälder voll Pelzwild und gute Weiden sind zahlreich. Die Bewohner sind Nomaden, Hirten und Fischer; nur die hieher verbannten Chinesen treiben Ackerbau. Der wichtigste Fluß ist der fischreiche Amur. Einen großen Theil der Mandschurei haben die Russen in'Besitz genommen. Das Meer ist wegen der häufigen Nebel gefährlich. Städte von einiger Bedeutung sind: Mukd en (Schingjang) mit dem Sitze der Regierung; Sachalin-lila (oder Aignn) am Amur, treibt starken Pelz- Handel. 2. Die Mongolei. Im Westen der Mandschurei (mit unbestimmter Grenze) breitet sich das Hochland der Mongolei aus der Scheitelfläche Hochasiens aus. Die Größe wird zwischen 50.000 und 90.000 OM. angegeben; doch gehört das Land zu den wenigst bekannten Erd¬ strichen. Einen großen Theil des öden unfruchtbaren Landes nimmt die Hochwiiste Schamo oder Gobi ein, welche Handelskarawanen zwischen China und Rußland durchziehen; nur einzelne Landstriche sind grasreichc Steppen, manche Thäler haben reiche Vegetation. Die größten Ströme Asiens Laben auf dieser Hochfläche ihre Quellen (Jrtisch, Jenisei, Selenga, Amur, Hoang-Ho, Dan-tse-Kiang). Außerdem gibt es viele Gteppenflüsse, welche sich in salzige Binnenseen (Balkasch, Dsaisaug, Kuku-uvor) er- 235 gießen. Das Klima ist nur in den südlicheren THLlern gemäßigt, sonst äußerst strenge. Die wichtigsten Produkte aus dem Pflanzenreiche sind Ginseng und Rhabarber. Biele unserer Hausthiere kommen hier im wilden Zustande vor. Die Bewohner (etwa 3 Mill.) sind Nomaden, deren Khane unter chinesischer Oberhoheit stehen. Am nördlichen Rande der Mongolei liegt die Hauptstadt Urga (oder Kurzen), der für heilig ge¬ haltene Ort des mongolilchen BuddhaismnS und nebst Maimatschin (gegenüber dem russischen Grenzorte Kjachta) der wichtigste Stapelplatz aller Maaren des russisch¬ chinesischen Tauschhandels. 3. Die hohe Tatarei. Größtentheils eine wüste Hochebene (20.000 bis 25.000 OM. groß, mit beiläufig I V» Mill. E.); nur an den Flüssen findet sich fruchtbares, gut angebautes Land, welches ausgezeichnete Melonen, Getreide, Obst, Wein und Baumwolle liefert. Da ein großer Theil der Bevölkerung ein nomadisirendeL Leben führt, so ist die Vieh¬ zucht von Bedeutung. Die Stammhänptcr sind von China abhängig. Bekanntere Orte sind: Kaschgar, der Sitz des chinesischen Statthalters; Jarkand lMO.OOO E.), der Mittelpunkt des Handels nach den benachbarten Ländern. Die Einwohner arbeiten in Seide, Baumwolle uud Leincu; bis hieher gehen die chinesischen Karawanen, und hier treffen Kaufleute aus dem fernsten Westen ein, welche Kashmirshawle, Edel¬ steine, Moschus bringen, um sie gegen Thee, lackirte Maaren, Porzellan n. dgl. zu vertauschen. m. Die tributpflichtigen Stauten. 1. Tübet (oder Tibet). — Das großartigste Hoch- und Gebirgsland der Erbe, mit einer Gesammtfläche zwischen 25.000 bis 30.000 ^Meilen und mit Plateau- uud Thalflächen von 8000 bis 15.000', wird von beiläufig 5 Millionen Menschen bewohnt; es liegt zwischen dem Himalaya mit den höchsten Schneegipfeln der Erde und dem Küen-Lün. Die großen Flüsse (Indus, Brahmaputra, Jrawaddy u. a.) haben hier ihre Quellen; zahllose Bäche stürzen in den herrlichsten Wasserfällen ans den Gletschern, viele und große Seen breiten sich in den Hvchgebirgslaudschasten ans. Der Boden ist wenig fruchtbar und deckt trotz der fleißigen Bebauung nicht den Be¬ darf. Die Hauptbeschäftigung bildet die Viehzucht; Fleisch, Milch, Butter und Käse sind die wichtigsten Nahrungsmittel. Unter den Thieren sind bemcrkeuswcrth: der Büffel mit dem schön behaarten Pferdeschweife, der zum Putze sehr geschätzt wird; die Schafe mit sehr feiner Wolle; die tübetanische Ziege liefert das Hauptmaterial für die Kashmirshawls, und das MoschuSthier. Tübet ist der Hauptsitz des Bnddhaös- mns und Lamaismus. Die vielen prachtvollen Tempel und Klöster mit Schulen und Bibliotheken sind die Sitze der Gelehrsamkeit. An der Spitze steht der Dalai-Lama, ihm zunächst der Bogdo-Lama; ersterer residirt in Lhassa (80.000 E.), der zweite in Teschu-Lumbn. 2. Korea. — Die Halbinsel ist ein reich bewässertes Gebirgsland. Die Ostküste schroff und gefährlich; die Westküste hat gute Häsen, viele Inseln liegen vor derselben. Die Bewohner, 5 bis 8 Millionen, sind fleißige Landbauer, geschickte Handwerker, unternehmende Handelsleute. Korea ist den Fremden (mit Ausnahme der Chinesen und Japanesen) verschlossen. Als Hauptort wird H a n - y a n angegeben. 3. Likcjo (oder Lieu-Khieu-) Inseln. — Zwei Inselgruppen. Produkte: Reis, Thee, Südfrüchte, Zucker, Kaffee und Wein. Die Bevölkerung, Mill., Chinesen und Japanesen. Hauptort K i n g - s ching. China betrachtet auch die Staaten: Nepal, Bhotan, Siam und Anam als seine Basallcnläuder. VIII. Das japanische Reich. 7300 bis 8000 ^Meilen; SS bis 40 Mill. Einwohner. Das Kaiserthum Jap an oder Ripon besteht ans vier größeren und vielen kleinen Inseln, welche durch das stürmische japanische Meer vom asia¬ tischen Festlande getrennt sind. Die Inseln sind hochgebirgig, mit vielen Schneebergen und der Hauptherd einer großen Vulkanreihe. Das gesunde Kliina ist wärmer als auf dem Festlande; häufiger Regen; heftige Orkane im Juni und Juli. Die Bebauung ist musterhaft, wie nur in sehr wenigen 236 Ländern der Erde. Ungemein verbreitet ist die Kultur von Reis, Thee, Seide, Getreide, Obst und Baumwolle, Tabak, Hanf, Zuckerrohr u. a. Das Land gleicht einem Garten. Die Viehzucht hat im Allgemeinen geringe Ausdehnung, weil die Japaner selten Fleisch genießen, und größtentheils von Vegetabilien, Eiern und Fischen leben. Unter den Metallen ist das Kupfer als das feinste bekannt, es findet sich in großer Menge vor, der¬ gleichen Gold und Silber, wenig aber sehr feines Zinn, vortreffliches Eisen, woraus die berühmten Klingen und Stahlarbeiten verfertigt werden. — In der gewerblichen Industrie stehen die Japanen unter den Asiaten am höchsten. Ihre Seiden-, Gold- und Silberstosfe, das ausgezeichnete Por¬ zellan, die Stahlwaaren u. v. a. beweisen die Betriebsamkeit, die Kunst und den Geschmack dieses Kulturvolkes. Der innere Handel soll lebhaft sein; dem Auslande gegenüber war Japan streng abgesperrt; nur Chinesen und Holländer durften in Nagasaki (auf Kiusiu) Handel treiben. — Die Japaner sind das aufgeklärteste Volk Asiens, welches in allen Zweigen der Kultur (soweit es bei der Abgeschlossenheit möglich war) große Fortschritte gemacht hat. Es bestehen zahlreiche Schulen und höhere Lehranstalten. Leider steht die Sittlichkeit des Volkes auf sehr niederer Stufe. Sie bekennen sich grö߬ tentheils znm Buddhaismus. Die Staatsverfassnug ist despotisch, mit einem geistlichen Oberhaupte (Dairi Sama) und einem weltlichen (Kubo Sama). Bemerkenswerthe Orte sind: 1. Insel Nipon. — Jeddo (2 Mill. Einw.), Residenz des Kubo; an einer für den Handel vortrefflichen Bucht; 4 Meilen davon entfernt liegt die Hafenstadt Dukahama (oder Kanagava), mit lebhaftem Verkehr nach Europa, insbesondere England und Holland. Miako (600.000 Einw.), Residenz des Da'iri, ausgedehnte Industrie; Hauptsitz der Gelehrsamkeit mit vielen Schulen, Bibliotheken, Buch¬ druckereien; viele und prachtvolle Tempel. Hafenstadt Osaka (250.000 E.), Sitz der reichsten Kaufleute und geschicktesten japanesischen Künstler. 2. Insel Kiusiu. — Nagasaki (70.000 E.), berühmter Handelsplatz, wichtig für den Verkehr mit den Europäern. Im Hafen die kleine holländische Insel D e sima. 3. Insel Sikok; noch von keinem Europäer betreten; soll gut angcbaut und reich bevölkert sein. 4. Insel Jesso, ebenfalls gänzlich unbekannt; Hauptort Matsmai. 5. Insel Sachalin gehört nur im südlichen Theile zu Japan, im nördlichen zu Rußland. — Bon den Kurilen sind Kunaschir und Iturup japanisch. IX. Turan. (30.000 Lis 38.000 ^Meilen; beiläufig 6 Mill. Einw.) Im Norden von Iran, zwischen dem Caspi-See, Rußland und China liegt Turan (Turkestan, die freie Tatarei). Im Osten und Süden ge¬ birgig; Abstufungen des Thian Shan, des Hindu Kho und Belur Dagh mit anmuthigen Thälern; der größte Theil ist Steppen- und Wüstenland, welches mit Sibirien und den Kirgisen-Steppen zusammenhängt. Das Land senkt sich in Stufen von den Höhen Centralasieus bis in die tiefsten Nie¬ derungen am Aral-See und Caspi-See. Der Caspi-See erhält nur unbe¬ deutende Zuflüsse aus Turan; in den Aral - See münden der Amu oder Gihon (Oxus) und der Sir oder Sihon (ckrrxartss). — Die hohen Gebirgsregionen sind mit Schnee bedeckt; im Mittelgebirge herrscht ge¬ mäßigtes, in den Ebenen heißes Klima. Der Sommer ist glühend heiß, der Winter sehr strenge und schneercich. 237 Die vorherrschende Beschäftigung bilden der Ackerbau und die Vieh¬ zucht. Der Bergbau, obwohl vernachlässigt, gibt schöne Türkise, Rubinen und Lazursteine. Der Karawanenhaudel mit den Nachbarländern ist ziemlich an¬ sehnlich; leider auch der Sklavenhandel bedeutend. Die Einwohner, tatarischer Abstammung, sind theils Heiden, theils Muhamedaner. Die Hauptstämme sind Usbeken und Kirgisen im Osten, die Turkomanen im Westen; die civilisirtesten sind die Bucharen, welche Ackerbau, Gewerbe und Handel treiben und Städte bewohnen. Die verschiedenen Stämme führen theils ein Nomadenleben, theils sind sie in despotischen Monarchien vereinigt. Jeder Stamm hat seinen Khan; doch erkennen die meisten den Khan von Buchara als Oberhaupt. 1. Khanat Bucharas: Buchara (150.000 Einw.), eine der größten Städte im Innern Asiens, mit Baumwollen-, Wollen- und Seidenfabrikation, Leder- und Waffenberei- tuug, vielen Bazars, und Karawansereien. Mittelpunkt des gesammten Handelsverkehrs. Buchara ist der Markt für alle Erzeugnisse Rußlands und Mittelasiens. Samar¬ kand, einst berühmter Sitz muhamedanischer Gelehrsamkeit; der prachtvolle Sitz Timurs (ch 1405); erzeugte das beste Seidenpapier in Asien. B alk (Laote») treibt wegen der guten Lage noch immer bedeutenden Handel, ist jedoch von seiner einstigen Größe sehr herabgekommen. 2. Khanat Khokand: Khokand (60.000 Einw.), als Handelsplatz bekannt, Taschkent, (40.000 E.), mit Seiden- und Baumwollwebcreien. 3. Khanat Chiwa: Ehiwa (20.000 E.), in einer gartenmäßig angebauten, fruchtbaren Gegend mit starkem Karawanenhandel; der größte Sklavenmarkt in Turkestan. — Zwischen dem Aral- und dem Caspi-See ist eine sandige, meist unfruchtbare Steppe tTruchmeueu-Land), und in einer Oase die einst blühende, jetzt verfallene Stadt M er w. 4. Khanat Kundus (am Westabhange des Belur Dagh): Feizabad, mit berühmten Rubingruben und Brüchen von Lasurstein; Badach scharr, ebenfalls mit Rubin¬ gruben. — Zwischen Kundus und Buchara sind die Khanate Darwas nnd Hissar. An den Abhängen des Thian Scharr leben die Nomadenstämme der Kara-Kirgisen und Burnten. X. Asiatisches Rußland. (Beiläufig 270.000 ^Meilen; 8 Mill. Einwohner.) Theile des asiatischen Rußland sind: 1. Sibirien mit dem Amur¬ lande; — 2. die Kirgisen-Steppe; — 3. die Kaukasnsländer. 1. Sibirien (mit dem Amurland an 265.000 OMeilen, 4'/,, Mill. Einw.). Sibirien ist im Westen und Nordwesten Tiefland; im Süden und Osten zieht sich vom Jrtisch bis zum Ostkap (an der Bchringsstraße) daö Altaigebirge als Nordrand des hinterasiatischen Hochlandes. In diesem Berglaude haben mächtige Ströme ihre Quellen: der Ob (mit dem Jr¬ tisch), der Jenesei (mit der Angara und Tunguska), die Lena (mit dem Witim), die Jndigirka, Kolhma und der Amur. Von Bedeutung sind auch die großen Seen B alka sch und Baikal. Das Bergland geht nord¬ wärts in ein kulturfähiges Hügelland über, auf welches die Steppenzone und endlich die Schnee- und Eiswüste (Tundra) folgt. Das Altaigebirge zerfällt in mehrere Gruppen: rr) das wilde Gebirgsland des kleinen und großen Altai mit vielen Schueebergen, Gletschern und wichtigen: Bergbau zwischen dem Jrtisch, der Selenga, dem Baikal-See und der unteren An¬ gara; — b) das metallrciche daurische Alpen land zwischen den Flußthälern der Lena und des Witin; — «) das wilde, unzugängliche, sumpfreiche Berglaud des nord¬ östlichen Sibirien (Jablonoi-, Albanisches-, Stanowoigebirge); —ll) das an Schnee¬ berger, und Vulkanen reiche Bergland von Kamtschatka. 238 Der westliche Theil der Steppenlandschaft mit vielen Salzseen ist im Sommer und Winter eine Wüste, im Frühling kommt ein spärlicher Pflanzenwuchs vor. Nord¬ wärts verschwinden Wälder und Büsche; Zwergbirken nehmen deren Stelle ein, bis auch diese beerentragenden Sträuchern, dann Moosen Platz machen. Die Tnndra ist im Sommer ein undurchdringlicher Morast, Massen von Skeletten urweltlicher Thiere und Lagerstätten zu Grunde gegangener Wälder einschließend; im Winter ist sie eine furcht¬ bare Wüste. Die Küste des Eismeeres trägt eine nie schmelzende Schnee- und Eis¬ decke. Mittlere Jahreswärme: im Süden 4- 4° k.; — bei 60° n. Br. schon 0° R.; — bei 66° n. Br. fällt sie auf — 5° R. An der Ostküstc und in Kamtschatka bis — 40° k, Der Jenisei scheidet Sibirien in ein westliches und in ein östliches. Im westlichen ist der russische Typus in der Bevölkerung vorherrschend, im östlichen ist der asiatische Charakter ausgeprägt. Die Bevölkerung ist rela¬ tiv höchst geringe; in den weiten Einöden des Nordens kommt auf viele Quad. Meilen nicht Ein Mensch; nur die Flußthäler sind etwas mehr bevölkert. Die meisten Völker nähren sich von Jagd und Fischerei und stehen größ- tentheils auf niederer Kulturstufe. Unter den Einheimischen leben auch russische Ansiedler. Unter den Nomaden Ostsibirieus sind die Tungusen (östlich vom Jenisei) das roheste Jägervolk; am Baikalsee ziehen die Buräteu, im Südwesien die Kalmücken. Die Jakuten an der Lena sind friedfertiger; die Lschnktschen, welche den Fuchs- und Zobelfang betreiben, sind das eigentliche Haudelsvolk Ost-Sibiriens. Am armseligsten leben die Samojeden an den Küsten des Eismeeres; auf Kamtschatka lebt das Jägervolk der Kamtschadalen; zwischen dem Ural, dem Caspischen See und dem Jrtisch die Kirgisen. Der Ackerb au wird selbstverständlich nur wenig betrieben. Wichtig sind das köstliche Pelzwcrk sowie andere Produkte des Thierreiches. Sehr umfang¬ reich und ergiebig ist der Bergbau auf Gold, Silber, Kupfer, Blei, Eisen, Edel- nnd Halbedelsteine im Ural und Altai. Bon Industrie im europäischen Sinne ist nicht die Rede; nur in den Hauptorten findet man (vorwiegend russische) Handwerker. Der Verkehr ist verhältnißmäßig ziemlich bedeutend; Getreide nnd Webewaaren werden gegen Pelzwerk und Metalle eingetauscht. Ansehnliche Orte sind: u) Westsibirien. — Tobolsk (20.000 E.), Sitz des Geueral-Gonverneurs; lebhafte Gewerbsiuduslrie für Sibirien. Hauptniederlage für das Pelzwerk, welches als Tribut an die Krone entrichtet wird. Barnaul (10,000 E.) und Kolywan, wichtig für den Bergbau; Omsk (17.300 E.), bedeutender Tauschhandel mit den Kirgisen; Tomsk (19.600 E->, einer der Hanpthandelsplätze für den russisch¬ chinesischen Handel. Bercsow, einer der härtesten Berbannnngsorte. b) Ostsilnricn. — Irkutsk (25.600 E.; — 800 Meilen von St. Petersburg, 300 von Peking entfernt), Sitz des General-Gouverneurs. Mittelpunkt und Hanpt- niederlage für den chinesischen Handel. Ziemlich lebhaftes Gewerbewesen; Schiff¬ fahrtsschule, Gymnasium, Bibliothek, Natnraliensammlnug. Kjachta, durch den Fluß gl. N. von der chinesischen Stadt Mairnatschin getrennt. Haupthandels¬ platz Rußlands mit China, mit vielen Agenturen, großer Messe. Directe Ver¬ bindung mit Nishnji-Nowgorod nnd Moskau. Jenisei sk und Nertschinsk, wichtige Bergstädte (Gold, Silber, Blei). Jakutsk, Stapelplatz für das sibirische Pelzwerk. Nikolajewsk (Amur-Mündung), Kriegs- und Freihafen, Amnrhandel, Damps- schiffahrt. Ajan, am Ochotzkischeu Meere,'Verkehr mit russisch-Nordamerika. Pe- tropawlowsk, Hauptstadt von Kamtschatka, einer der schönsten Häfen der Erde. Die Kurilen- und Alsuten-Jnseln sind nur von Jägern und Fischern bewohnt. 2. Die Kirgiscilsteppe, eine salzige, steinige Hochebene (beiläufig 28.000 ^M., 2—3 Mill. Einw.), auf der uomadisireude Kirgisen mongolischen Stammes leben. Hauptbeschäf¬ tigung ist die Viehzucht; die Kirgisen leisten auch den Karawanen große Dienste. 3. Kaukasien (wurde zusammenhängend beim europäischen Rußland behandelt). 229 Ä s r i K a. (545.000 ^Meilen; ungefähr 200 Mill. Einwohner.) S t a a t e n b i l d n n g e n. Die cinf beiläufig 200 Millionen Seelen geschätzte Bevölkerung dieses vielfach noch unerforschten, weil schwer zugänglichen Erdtheiles steht in un¬ abhängige Stämme zertheilt, unter einheimischen Herrschern, oder unter der Botmäßigkeit europäischer Nationen. Die unabhängigen Stämme bilden eine sehr große Menge abgeson¬ derter, mehr oder minder geregelter Gemeinden mit den verschiedenartigsten Negierungsformen, die im Allgemeinen entweder patriarchalische Ver¬ bindungen oder rohe Despotien sind. Die unter fremden Herrschern stehenden Länder sind theils Vasallenstaaten der Türkei, theils Be¬ sitzungen europäischer Nationen und des Imam von Maskat. I. Vicekönigreich Aegypten. (Aegypten, Nubien mit Senaar und Kordofan.) — Grenzen. 1. Aegypten. — (Beiläufig 8372 ^Meilen, 3-/2 Mill. Einw.). Das eigentliche Kulturland ist das im Osten und Westen von öden, wasser- und pflanzenlvsen Gebirgen begrenzte Nilthal (siehe S. 34). Das Klima ist im Nilthale sehr warm; Südäghpten mit dem trockenen, fast fortwährenden Sommer gehört zu den heißesten Ländern der Erde; in Unteräghpten regnet es in der kühlen Jahreszeit (April bis Oktober) häufig. Die wichtigste Nahrungsqnelle ist der Ackerbau, durch die Nil-lkeber- schwemmungen ungemein befördert. Getreide, Baumwolle, Reis, mehrere Arten der Handelspflanzen und edle Südfrüchte gedeihen in dem fruchtbaren Boden in großer Menge. Metalle hat das Land keine, aber viel Salpeter, Salz und schöne Bausteine. Die künstlich hervorgerufcne Industrie nimmt nicht den gehofften Aufschwung, dagegen gewinnt der Handel wegen der günstigen Lage des Landes stets an Bedeutung. Alexandria vermittelt den Verkehr mit Europa; Suez ist Stationsplatz für Indien, und Kosseir für Mekka und Arabien; Kairo ist Hauptplatz für den Binnenhandel, wohin große Karawanen die Produkte der südlichen und westlichen Länder bringen. Exportartikeln sind; Baumwolle, Reis, Weizen, Gerste, Hülsenfrüchte, In¬ digo, Hanf, Flachs, Datteln, Salpeter u. a.; importirt werden: Bau- und Brennholz, Bergwerksprodukte und Manufakturwaaren. Die Bewohner find zumeist muhamedanische Araber, größtentheils Ackerbauer (Fellah's), nur zum kleineren Theile nomadifirende Beduinen. Außerdem gibt es Kopten, Nachkommen der alten Aeghpter, dann Türken, christliche Europäer, Inden. Hauptsprache ist arabisch; Laudesreligion der Islam; die Kopten sind Christen. -— Der Vice-König zahlt an die Pforte einen jährlichen Tribut. Die Statthalterschaft ist erblich in der Familie des Mehemed Ali (P 1840). Politische Eintheilung: n) Unter-Aegypten. — Alexandria (über 170.000 E., darunter an 15.000 Franken), Hauptstapelplatz Aegyptens für den auswärtigen Handel nnv einer der wichtigsten Handelsplätze im Oriente. Sitz der fremden Handels-Cvnsulatc. Danipfschiffahrts- 240 Verbindungen mit den Ländern des Mittelmeeres (Marseille, Triest, Konstantinopel, Smyrna) und Verbindungsglied in der englisch-ostindischen Route. Eisenbahn über Kairo nach Suez. — Damiette (37.000 E.), am östlichen und Rosette (18.000 E.), am westlichen Nilarm. Zwischen diesen beiden Hafenstädten liegt das Nil-Delta, eine unübersehbare, von unzähligen Kanälen durchschnittene, höchst fruchtbare uud gut angebaute Ebene, mit vielen Ortschaften. Weizen, Mais, Reis, Hirse, Hans, Flachs, Baumwolle, Indigo, Zuckerrohr, Datteln, Feigen und andere Südfrüchte gedeihen hier in größter Fülle. Judigofabriken, die Baumwollen- uud Seidenkultnr liefern eine starke Ausfuhr. — Zwischen Rosette und Alexandria liegt das histonsch merkwürdige Dors Akubir. b) Mittel-Aegypten — Kairo (Kahiro, 300.000 E.), die größte Stadt in Afrika, Re¬ sidenz des Vice-Königs mit großen Plätzen (aber engen, ungepflasterten Straßen), prachtvollen Moscheen (an 300), über 700 öffentlichen Bädern, Cisternen u. s. w., einer polytechnischen Schule mit europäischen Lehrern. Mittelpunkt des außerordent¬ lichen Verkehrs mit Landesprodukteu uud den Jndustrieerzeuguissen dieser fabrikreichen Stadt, sowie des Handels mit den afrikanischen Ländern, mit Arabien uud Indien. Fast der gesammte Handelsverkehr bewegt sich in der Vorstadt Bulak, wo sich nebst großen Kornhäusern auch Seiden- und Kattunsabriken befinden, sowie der Nilhasen und die Magazine für Maaren, die aus den südlichen Ländern kommen und dann nach Alexandria oder Damiette und Rosette gehen. Gegenüber von Kairo am Nil liegt der gewerbliche Ort Gizeh, in dessen Nähe die drei höchsten der noch vorhan¬ denen Pyramiden und die große Sphinx. Die ganze Umgebung ist ein weites Mumien- seld mit Grotten, in Schutlhügeln verfallenen Pyramiden. — Suez, eine kleine Hafen¬ stadt (mit 2000 E.) am rotheu Meere, bedeutend wegen der Dampfschiffahrtsverbin- dung der englischen Route Bombai-Alexandria. — Fayum (Lrsinos, 15.000 E.), in der schönen und fruchtbaren, durch die Roscnkultur uud das Rosenöl berühmten Landschaft gleichen Namens am linken Nilufer; in der Nähe die Ruinen des La¬ byrinthes und der Riesendämme des Sees Moeris. o) Obcr-Äcgyptcil. — Siut (20.000 E.), Sammelplatz der Karawanen aus Nubien und Sudan; deßgleicheu Esneh am linken Nilufer. Kosseir am rothen Meere, der Einschiffungsort für Mekka-Pilger; ansehnlicher Handel mit Arabien, — Assuan, die südlichste Stadt in Aegypten; die letzten Nil-Katarakte, welche indeß bei hohem Wasserstande beschisst werden. Bei den Dörfern Luxor und Karnak die gro߬ artigen Ruinen des „hundertthorigen Theben". In der wüsten Ebene von West-Aegypten kommen mehrere Oasen vor, reich an Datteln und Edelfrüchten, und als Stationsplätze, für die Karawanen bemerkens- werth. Die feßhaste Bevölkerung lebt hauptsächlich von Datteln, zahlt damit ihren Tribut und treibt auch damit Handel. Die wichtigsten Oasen sind: die große oder Oase von Chardscheh (die südlichste); die kleine oder Oase von Bacherieh (nördlicher); die Oase von Siwah (im Alterthume mit dem Orakel des ckupitsr Lininon), die westlichste. 2. Nubien mit Seuaar und Kordofan. (18.800 ^M.) — Die große Hochebene, welche sich von Ober-Aegypten bis zum Alpenlande Habesch zwischen dem rothen Meere und der lydischen Wüste ausbreitet, und in welche das Nilthal ziemlich tief eingegraben ist, hat im Süden hinreichende Bewässerung, eine reiche Vegetation mit dichten Waldungen; Mittel- uud Nordnubien dagegen sind eine unermeßliche Sandwüste, mit den heißesten regen¬ losen Landstrichen ans der Erde (monatelang ist die Tageshitze -s- 35 bis 45" k.). Der Nil, welcher das Land durchfließt, ist wegen des starken Ge¬ fälles und der vielen Katarakte zur Schiffahrt wenig geeignet; durch seine Ueberschwemmungen befruchtet er jedoch, wie in Aegypten, das nicht sehr breite Thal. — Die Bevölkerung gehört dem muhamedanischen Nuba-Staimue an; doch gibt es auch andere nomadische, meist eingewanderte Stämme arabischer Abkunft. Bemerkenswertste Orte sind: Chartum (30.000 E.), am Zusammenfluß des Weißen und blauen Nil; Sitz des Gouverneurs, eines österreichischen Consulates und einer katholischen Miffions- anstalt; der bedeutendste Handelsplatz für Nubien und den Süden. Koroško, der 241 nördliche Ausgangspunkt der Karawanen durch die große nubische Wüste. — JmSenaar liegt die ehemalige Hauptstadt Senaar am blauen Nil; in Kordofan die bedeutende Handelsstadt El Ob eid (20.000 E.). II. Habesch oder Abyssinien. Im Süden von Nubien und westlich vom rotheu Meere erhebt sich das Alpenland Habesch, 10—15.000 ^Meilen groß, mit 4—5 Mill. Einw. Das Bergland fällt im Osten zur schmalen heißen Küsteuebene Samhara ab; im Westen und Nordwesten ist es von der Sumpf- und Waldregion Kolla begrenzt. Unter den Alpenseen ist der größte der Tsana-See auf dem Plateau von Dembea. Bon den zahlreichen Flüssen ist bemerkeuswerth: der blaue Nil, der Takazze und der Atbara. — Das Klima ist in den Thälern und an der Secküste sehr heiß; im Mittelgebirge und aus den Hochebenen angenehm milde und gesund; im Hochgebirge rauher. Die tropischen Regen, ost von furchtbaren Hagelwettern begleitet, bewirken Neberschwemmungen der Flüsse. Der Ackerbau ist vernachlässigt, doch bringt der fruchtbare Boden viel Getreide, Tabak, Baumwolle, Farbhölzer, Kaffee (in der Landschaft Kafa, davon der Name) und Droguen hervor. Die Viehzucht ist bedeutend, die gewerbliche Industrie nicht uennenswerth. Verhältnißmäßig am stärksten ist der Bergbau aus Eisen und die Verarbeitung von Metallen und Leder. Das Land bat keine Heerstraßen, keinen schiff¬ baren Fluß, und nur die von Türken besetzten Hafenstädte Arki ko und Mass» ah (oder Massaua). Im Norden wohnen die braunen Abyssinier, kaukasischer Race; das herrschende Volk sind die Galla-Neger (die wildesten darunter die Schangalla in der Sumpf- und Waldregiou sFetischdienerf); am Takazze wohnen seit'Jahrtausenden viele Israeliten. Die alten Königreiche Tigrö, Gondar und Schoa wurden in neuester Zeit vereinigt, und der Beherrscher „Kaiser Theodor 1." ist Regent von ganz Habesch. Er befördert den Landbau und ist für die Verbreitung des Christenthnmes und der Civilisation sehr thätig. — Orte: (Landschaft Amhara) Goudar (10.000 E.), Residenz des Abuna („unser Vater"), d. i. des geistlichen Oberhauptes der koptischen Christen. — (Laudsch. Tigrö): Adowa (8000 E.), die lebhafteste Handelsstadt mit Baumwoll- Webereien. — (Laudsch. Schoa): Angollola (4000E.) und Ankobar. — Der Küsten¬ strich Samhara versorgt Habesch mir Salz. Hasenplätze Arkiko und Mosfuah (oder Massaua). III. Die Verberei (oder dic Babarcskcn-Stoatcn). L. Tripolis. — Im Westen von Aegypten zieht sich längs des Mittelmeeres das unter türkischer Oberherrschaft stehende Tripolis (8000 bis 44.000 ^Meilen groß, mit 1 V- bis 2 Mill. Seelen). Zwischen Aegypten und der großen Syrte ist das wüste Felseuptateau von Barka. Durch die Sultin-Ebenc von diesem Plateau getrennt ist das eigentliche Tripolis mit einem niederen sandigen Küstensaum und schlechten Häfen; gegen Süden steigt es in mehreren Stufen zum Plateau von HamLda (2000'). Dieses ist fast durchgehends wasserlos, mit steppen- und wüstcnartiger Bodenbeschaffenheit. Die tiefen Thäler sind fruchtbarer, besonders reich an Datteln, Safran und Südfrüchten aller Art. Die Einwohner sind unter den Bewohnern der Berberei die in der Kultur am meisten vorgeschrittenen. Ihre Hauptbeschäftigungen sind Viehzucht und Handel; erstere wird zumeist vou den Beduinen, letztere als Karawancnhandel von den Mauren betrieben; der Seehandel liegt in den Händen der Italiener und Franzosen. Die In¬ dustrie ist unbedeutend; doch liefert sic Webe- und Metallwaareu, Waffen. Hauptgegcn- stände des Handels sind europäische Manufakte, dann die aus dem Inneren Afrikas ankommenden und dorthin abgehende» Maaren. Hauptort ist Tripolis (25.000 E.), mit einem befestigten Hafen, der Mittelpunkt des Waarenverkehrs mit Inner-Afrika. In Barka (6z-rsua>ue», mit vielen Ruinen) ist die Hasen- und Handelsstadt Bengasi (t0.000 E.). Zn Tripolis gehören auch die Oasen Fezzan (oder Fesau), Aud schila und Gada mes. Die Oase Fezzan ist sehr K I u u Geographie, S, Aust. 16 242 fruchtbar, wird von Arabern und Negern bewohnt, und der Hauptort Murzuk (10.000 E.) ist einer der wichtigsten Handelsplätze der Wüste. — Die Oase Audschila (südlich von Barka) treibt starken Handel nach Kairo. Gadames mit dem gleichnamigen Hauptort ist der wichtigste Platz auf der Straße von Tripolis nach Tust (in der Wüste) und nach Murzuk. L. Tunis- — Zwischen Tripolis und Algier liegt Tunis, etwa 3700 groß und mit nahezu I Mill. E., meist Arabern und Mauren, deren Herrscher (Bey) fast gänzlich unabhängig von der Pforte ist. Aus Algier streicht das östliche Ende des Atlas- Gebirges iu's Land, dessen letzter Ausläufer das Kap Bon ist. Im Nordwesten ist das Land gut bewässert und sehr fruchtbar; im Süden des großen Atlas ist die felsige Ebene Biledulgerid (-- Dattelland). Der sehr ergiebige Boden liefert in dem herr¬ lichen Klima trotz der nachlässigen Bebauung sehr viel Oel, Cerealien und Früchte aller Art, besonders Datteln in großer Menge, auch etwas Baumwolle. Bedeutend ist die Zucht des Rindviehes, dann jene der Schafe, mit viel und sehr feiner Wolle, vortrefflicher Pferde und Dromedare. Die Industrie ist relativ bedeutend, insbesondere sind bekannt die türkischen Mützen (Fes), gefärbte Saffiaue, Seiden- und Wollcnwaaren, sowie schöne Töpferwaaren. Für den Seehandel, der fast ganz von Marseille beherrscht wird, sind wichtig: Tunis (100.000 E.) und Susa; für den Karawanenhandel Kairwan (40.000 E.). Die Handelsprodukte siud wie iu Tripolis. — Größere Orte sind: Tunis, die größte und schönste Stadt in Nordasrika, mit ansehnlichen Fabriken in Seide, Sammt, Tuch und Fes, und bedeutendem Handel. (Am Eingänge der Lagune ist der Hafen La Goletta (Eroberung durch Karl V. I53üf); in der Nähe die Ruinen von Lartüa^o, Utica, 'LImpsus. C a b e s (20.000 E.), wichtige See-- und Handelsstadt. 0. Algier — Ueber 10.000 ^Meilen und beiläufig .1 Millionen Ein¬ wohner. Im Westen von Tunis längs des Mittelmeeres ist das (seit 1830) französische Besitzthum Algier. Das Land ist sehr gebirgig, vom mittle¬ ren Theile des großen und des kleinen Atlas durchzogen. Gegen Norden ist dem großen Atlas das gut bewässerte, fruchtbare Plateau „das Tell" vorgelagert, dessen Abfall gegen die Küste durch das vielfach durchbrochene Gebirge des kleinen Atlas gebildet wird. Gegen Süden senkt sich der große Atlas zum Steppenplateau Biledulgerid. Unter den Küsteuslüssen ist der Schelif, das Tell durchfließend, bemerkeuswerth. Der Sommer ist heiß und trocken; der Winter reich an Regen und Gewittern, auf den Hoch¬ ebenen strenge mit Schneefall. — Die Bevölkerung gehört größtentheils dem arabischen Stamme an; zahlreich sind die Berber (Kabylen); Euro¬ päer dürften hier an 250.000 leben. Trotz der Aufmunterung zur Colonisation schreitet die Civilisation doch nur langsam vorwärts. Der sehr fruchtbare Boden und die günstigen kli¬ matischen Verhältnisse liefern einen reichen Ertrag an Getreide, Tabak, Wein, Oel, Gemüsepflanzen, Früchten, Baumwolle u. s. f. Die dichten Waldungen enthalten große Mengen Baumaterial uud ausgezeichnete Hol¬ zer. Die Viehzucht ist bedeutend; vor Allem nimmt die Zucht der aus¬ gezeichneten Berberpferde großen Aufschwung; das Schaf und Kameel er¬ freuen sich besonderer Pflege, desgleichen die Kultur der Cochenille. Ziemlich ansehnlich ist der Bergbau, die Eisen-, Kupfer- und Bleierze sind von vorzüglicher Qualität. Die gewerbliche Industrie ist sehr unbedeutend. Der Handel erreichte in den letzten Jahren den Werth von etwa 180 Mill. Francs; Frankreich hat wohl 90"/« des Gesammtverkehrs in Händen. Der Import aus Frankreich umfaßt nebst allen Arten von Industrie-Er¬ zeugnissen auch Bauholz, Colonialwaaren, Wein; znm Export gelangen: Getreide, Oel, Tabak, Baumwolle u. a. m. Sehr beträchtlich ist auch der Getreidehandel nach dem Innern Afrikas. 243 Das Land bildet ein französisches General - Gouvernement mit militärischer Ein¬ richtung und wird in drei Provinzen eingetheilt: 1. Algier. — Algier (166-000 E.l, befestigte Haupt- und Hafenstadt mit Arsenal, Werften, Bank, Warenbörse, Handelskammer, mehreren Bazars; stark besuchte Messe im September. Auch die Industrie in Seide, Leder, Gewehren, Bijouteriewaaren ist bedeutend. (Einnahme durch die Franzosen am 5. Juli 1830.) 2. Oran. — Oran (30.000 E.), am Mittelmeer, bedeutender Seehandel; — Maš¬ kara, ehemalige Residenz Abd-el-Kaders. 3. Constantine, — Constantine (30.000 E.), wichtig wegen des Handels nach dem Inneren des Landes; — Bona (12.000 E.), mit starker Koralleufischerei und großem Exportgeschäft nach Frankreich. (In der Nähe die Ruinen von Hippo ro^ius, Sitz der numidischen Könige.) v. Marokko und Fez. — Im äußersten Westen der afrikanischen Nordkliste ist der mächtigste Berberstaat, das „Kaiserthum Marokko" (10- bis 12000 OM. mit 8 bis 9 Mill. Einw.). Es ist das höchste Berglaud der Berberei. Der hohe Atlas mit Gipfeln bis 11.006' zieht sich von Südwest nach Nordost; gegen den Ocean senkt er sich über ein gut bewässertes Bergland zur Tiefebene der Küste herab; an der Nvrd- küste erhebt sich der kleine Atlas. Im Süden des großen Atlas ist das Steppen¬ plateau Biledulgerid und jenseits beginnt die SLHara. Von den zahlreichen Küsten¬ flüssen im Norden ist der Mulvia der ansehnlichste; jene der südlichen Abdachung verlieren sich meist in der Wüste. Das Klima ist vortrefflich, der Boden, mit Ausnahme des Wüstenstriches, fruchtbar und reich an Produkten; doch steht der Ackerbau noch auf sehr niederer Stufe. Nebst den Cerealien gcdeiben vorzüglich Hülsenfrüchte und Südfrüchte. Ansehnlich ist die Viehzucht. Unter den Industrie-Produkten ist das vortreffliche Leder (Maroquin von Marokko und Saffian von Saffi) berühmt. Der Karawanenhandcl geht hauptsächlich nach dem Süden. Für den Serhandel nach Europa sind wichtig: Tanger, Rabat und Mogador. Ansehnlichere Orte sind: Marokko (80- bis 160.000 E.), auf einer fruchtbaren Hochebene mit prachtvollen Gebäuden, Bazar, Getreidcmagazinen, bedeutender Maro¬ quin- (Leder-) Fabrikation und ansehnlichem Karawanenhandcl; Fez (100.000 E.), zweite Hauptstadt, die wichtigste Industriestadt, besonders erheblich ist die Fabrikation von Fes, Maroquin, Waffen; mit ausgebrcitctcm Handel; — Mogador (12.060 E.), der bedeutendste Seehandelsplatz, namentlich für den europäischen Handel; — Me¬ lines (l.0-000 E.), die jetzige Residenz des Sultans, berühmt als Sitz muhamedanischer Gelehrsamkeit und durch die reiche Oelgewinnung, sowie die TLpfcrwaaren. — Tetuan in schöner, gesunder Lage, bedeutend wegen des Handels mit Frankreich. (Das östliche Küstengebirge ist der Sitz der berüchtigten Rifs-Piraten.) IV. Die Schara. Im Süden der nordafrikanischen Hochländer breitet sich auf einer Fläche von mehr als 120.000 ^Meilen vom Atlantischen Ocean bis zu den Bergwänden des Nilthales die größte Wüste der Erde, die SLHara, aus. Die Vegetation ist eine dürftige. Jede nur einigermaßen bewässerte Stelle nimmt die wichtigste Pflanze des Wüstenlandes, die Dattelpalme, ein. Dieser steht zunächst als Nahrungspflanze die Doompalme; dann folgen Akazien und Artemisten; nament¬ lich ist die Arlemisienart Schih als Kameclfutter und Brennstoff den Reisenden sehr wichtig. Die Thierwclt ist ebenfalls schwach vertreten. Antilopen kommen nur in kleinen Heerden vor; dagegen halten die Nomaden große Heerden von Kameelcn. Bei der großen Menge von Salzseen bildet Salz einen Haupthandelsartikel. Die Bevölkerung der SLHara ist zumeist nomadisch, trerbt Viehzucht und Handel; nur in den größeren Oasen treiben seßhafte Stämme auch Ackerbau. Sie gehört drei Stämmen an: längs der atlantischen Küste bis zum Senegal Hausen im Westen der Wüste die Beduinen (Mauren, Araber), in kleine Stämme zertheilt, die sich häufig befehden. Im mittleren Gebiete wohnt der zahlreiche Berberstamm der Tuarik; sie sind Führer der Karawanen, Mäkler, Kaufleute, behende Räuber. Im Osten find die Tibbu, die am weitesten gegen Norden und östlich bis in den ägyptisch-nubischen Oasenzug, bis Darfur und Kordofan verbreitet sind. Nur die Oasen haben für die Menschheit größeren Werth. Einige derselben find 16* 244 ziemlich bevölkert, haben 100 bis 300 und mehr Ortschaften; sie sind die großen Hafen¬ plätze der Karawanen. Die wichtigsten Oasen sind: die drei großen Oasen, eigentlich Oasengruppe: Fezzan (oder Fesan, zu Tripolis gehörig) mit dem Haupt¬ orte Murzuk; — Tuat (mit über 100, nach Anderen über 350 Ortschaften) mit der ummauerten Haupt- und Handelsstadt T i m i m u m (10.000 E.); A't r (mit etwa 60 Ortschaften, über 50.000 E.) mit den Hauptorten Aghades (8000 E.) und Tin Tellust. Seit Jahrhunderten ziehen die Karawanen auf den nämlichen Wegen von Oase zu Oase, von Nord nach Sud, von West nach Ost. Die Säharabewohner lauschen ihre Hanptartikel Salz und Vieh an die Sudanbewohner gegen Getreide, Goldstaub, Elfenbein, Sklaven und dergleichen aus. Letztere Artikel, so wie Gummi, Alaun, Straußfedern tragen sie nach den westlichen nnd nördlichen Küstenstädten und holen sich von den Europäern Waffen, Pulver, Kleidungsstücke n. a. m. Die wichtigsten Stapelplätze für den auswärtigen Handel sind: St. Louis (am Senegal), Fez, Algier, Tunis, Tripolis, Bengassi, Kairo und Suakim. Der bedeutendste Handelsplatz und Mittelpunkt der wichtigsten nordafrikanischen Karawanenstraßen ist Timbnktn, wohin von Marokko, Algier nnd Tunis Straßen führen. V. Sudan oder Nigritien. Südlich der SLhara, von den Küstenländern des atlantischen Oceans bis zu den Ländern am oberen Nil sind die Landschaften, die man mit dem Collectivnameu Sudan, Nigritien oder Central-Afrika bezeichnet. Ihre Ausdehnung nach dem Hochlande Süd-Afrikas ist gänzlich unbekannt. Sie können in drei größere Gruppen geschieden werden: I. Die westlichen Landschaften am Niger und dessen Zuflüssen; — 2. die mittleren mit dem Binnenbecken des Tsad-Sees; — 3. die östlichen am oberen Nil. Die Bevölkerung besteht aus eingebornen Negerstämmen (Fetischanbetern der gröbsten Art oder Mnhamedanern) und aus eingewandcrten muhamedanischen Arabern (Fnlah, Tuariks nnd anderen). Neben vielen Erbmonarchien mit dem größten Despotismus, deren Oberhäupter den Titel Sultan führen, bestehen zahlreiche kleinere Staaten, in denen der Titel des Reiches nnd des Häuptlings gleich lautet. Diese Staaten leben in beständigen Fehden unter einander. Der größte Theil des Bodens ist in den Sudan-Lcindern fruchtbar nnd dem ziemlich stark betriebenen Ackerbau günstig. Durra, Weizen, Mais, Reis, Hülsenfrüchte, Tabak, Baumwolle, Indigo werden in Menge gewonnen. Die Viehzucht ist insbesondere bei der arabischen Bevölkerung eine Hauptbeschäftigung (Dromedare, Rinder, Schafe und Pferde); die Seen und Flüsse sind reich an Fischen. Die Ausbeute an Mine¬ ralien ist relativ geringer; einträglicher ist die Goldwäscherei. Die Gewerbe sind mitunter nicht ohne Bedeutung. Der Handel, zumeist in den Händen der Araber und Tnarik, wird mittelst Karawanen betrieben. Die bedeutendsten Staaten sind: , (Von West nach Ost): Der Mandingo-Staat Bambarra am obcrn Niger mit dem Hauptort Sego (80.000 E.). Das FellLtarcich Massilia: Timbuktu (13.000 E.), „die Königin der Wüste", und KLbara am Niger, der Hafen für Timbuktu. Das Reich Borgii am Qnorra-Fluß, Hauptort Bussa (15.000 E.). Das große Fellätareich Haussa milder gewerbreicheu Handelsstadt Sokoto (25.000 E.). Bon den Reichen um den Lsad-See ist am bedeutendsten Borml mit dem Hauptort Kuka (10.000 E.), ein wichtiger Handelsplatz. Südöstlich vom Tsad-See das Reich Bagirillil mit der Hauptstadt Mašenja. Im Nordosten vom letzteren das Reich Wadai mit dem Hauptorte Wara. Zwischen Wadai und Kvrdofan liegt das Reich Darfur mit den Orten Tendelty und Kob eh*). *) Ersorschllllgsrciscu ill Central - Afrika. Die Kenntnis; der central-afrikanischen Länder und Völker ist in unserem Jahrhunderte durch englische und deutsche Forscher nnd christliche Missionäre ungemein bereichert worden. Sind anch mehrere mitten in ihrer edlen Wirksamkeit in fernen Ländern dahingeschieden, so gelang es doch einigen in ihre Heimat zurückzukehren und Kunde von unbekannten Ländern uns zu bringen. Einige derselben sind: Mungo Park (Engländer) bereiste im Jahre 1796 die Länder der Mandingo am Flusse 245 VI. Länder und Staaten an der Westküste. SeneMUlucil. In den Flußgebieten des Senegal, Gambia und Rio gründe liegt die Landschaft Senegambien. Im Inneren Gebirgsland (Kong-Gebirge) verflacht sich das Land gegen das Meer, ist sumpfig, ungemein heiß und höchst un¬ gesund. Bei der reichen Bewässerung und der großen Wärme entfaltet sich ein nngemein üppiger Pflanzenwuchs, so daß ein künstlicher Ackerbau fast unuöthig wird. In aus¬ gedehntem Maße wird die Viehzucht betrieben; die Gewinnung von Eisen und Gold ist ziemlich bedeutend. Die gewerbliche Thätigkeit ist sehr beschränkt. Der See- Handel ist in den Händen der Europäer, welche hier Niederlassungen besitzen; den Kara¬ wanen handel nach Timbuktu und dem Sudan betreiben zumeist die Mauren; der Sklavenhandel hat fast ganz aufgehört. Dscholiba (Niger), kehrte nach England zurück, veröffentlichte im Jahre 1799 seine Reise¬ berichte, ging im Jahre 1805 neuerdings nach Afrika, erreichte daS Reich Hanssa und ertrank während einer Verfolgung im Flusse Quorra unweit Äussa im Reiche Borgn. — Die Brüder Richard und John Lander (Engländer) bereisten die Nigerländcr, stellten die Mündung des Niger in die Bai von Benin fest, kehrten 1830 nach England zurück, unternahmen 1832 eine zweite Reise, Leschifften den Niger und den Tschadda. Richard starb in Folge einer Schußwunde ans der Insel Fernando Po (1834); John starb in England 1839. — James Richardson lEngländcr) und die Deutschen Heinrich Barth tgeb. 16. Februar 1821 zu Hamburg, — gestorben zu Berlin am 25. November 1865) und Adolph O v erwe g (geb. 1822) reisten 1850 nach den Ländern am Tsad-See. Allein Richardson starb am 4. März 1851 in llnguratua (sechs Tagereisen von Kuka in Bornn) nnd Overweg im Jahre 1852 in Maduari, beide in Folge klimatischer Ein¬ flüsse. 0r. Barth durchforschte unn allein die Länder im Gebiete des Tsad-Sees, kam nach Timbuktu, wo er vom 7. September 1853 bis 8. Juli 1854 verbleiben mußte, kehrte nach mancherlei Angst und Noth im Jahre 1854 nach Kuka zurück und gelangte glücklich nach Europa. Am 8. September 1855 trat er in Marseille an das Land, nach¬ dem er in fünf Jahren und fünf Monaten über 3000 deutsche Meilen zurückgelegt hatte. — Nach Overweg's Tode ging Dr. Vogel (geb. 1829 zu Crefeld) nach Afrika. Er¬ ging über Murzuk und Bilma nach dem Tsad-See, erreichte das Land der Tibbu und Kanem und langte 1854 in Kuka an. Auf der Reise von Kuka nach Kano begegnete er unerwartet in einem Walde dem in Europa todt geglaubten vr. Barth. Nach kurzem Beisammensein trennten sich die deutschen Forscher. Vogel setzte seine Reise im Süden des Tsad-Sees fort, zog dann nordöstlich und erreichte 1856 Wadai, das noch kein Eu¬ ropäer betreten hatte, und wo er vom Sultan in War« hingerichtet worden ist, wie es die neuesten Nachrichten fast unzweifelhaft nachweisen. Auch Benrmann, der zur Auf¬ suchung Vogel's im 1.1862 nach Jnnerafrika sich begeben hatte,- wurde ermordet (1863). Henglin's Expedition zu demselben Zwecke erreichte ebenfalls nicht ihr Ziel. — Der englische Missionär vr. Livingstone erforschte das südliche Central-Afrika. Er lebte 16 Jahre im Inneren Afrikas, entdeckte den Ngami-See, den Oberlauf des Zambesee, den Qnilimanee nnd andere, bereiste die Ostküste und veröffentlichte höchst werthvolle Berichte. Jetzt soll er sich in den Ländern am Nyassi-See befinden. Bon österreichischen Reisenden find berühmt geworben: Rnssegger (geb. zu Salz¬ burg 1802, gest. 1863 in Schemnitz) ging im Jahre 1834 nach Afrika, bereiste dieNil-Länder und veröffentlichte sehr gediegene Berichte. Der katholische Missionär I)r. Knoblecher (geb. 1819 zu St. Canzian in Krain) fuhr auf dem weißen Nil bis 4" 10' n. Br. nnd begründete in Chartum eine katholische Mission. Er starb in Neapel bei seinem zweiten Aufenthalte in Europa (1858). Der Venezianer Miani bereiste die Länder am weißen Nil (1860 bis 3" 47'n. Br.). Die Engländer Speke nnd Grant waren von Zanzibar nach dem Ukerewe-See und von da nordwärts, theilmeise längs dem Ufer des „Weißen Nil" bis nach Gondokoro gekommen, und stellten die Behauptung auf, daß dieser See der Quellensee des (weißen) Nil sei. Diese Behauptung ist von der Wissenschaft als richtig angenommen worden. Miani beabsichtigt eine neuerliche Expedition nach dem Quellenlande des Nil zu unternehmen.— Dic.österreichischen.Consnln in Chartum t u-. Reiz (gestorben in Chartum) und vr. von Heugliu. Letzterer hat namentlichAbyssinienbereist und werthvollc Berichte veröffentlicht. Die katholische Mission von Chartum dehnt ihre segensreiche Wirksamkeit immer weiter nach Senaar, Kordofan und Darfur ans, nnd ist auch in wissenschaftlicher Beziehung ungemein thätig. 246 Senegambien ist von Negern bewohnt, welche in viele kleine Stämme und Reiche sich theilen, und größtentheils Fetischdiener find. (Joloffen, Mandingo und Fulah.) Besitzungen der Europäer: 1. Französische. — Meist am Senegal; wichtig wegen der großen Gummiwälder. St. Louis (10.000 E.), an der Mündung des Senegal, Stapelplatz für den Gummihandel. 2. Englische. — Bathurst (spr. Bäds'örst) an der Gambia-Mündung und einige Faktoreien am Gambia. 3. Portugiesische. — Zwischen den Mündungen des Gambia und Rio grande. L. Ober-Guinea- — Der Küstenstrich von 11° n. Br. bis zum Aequator; nach dem Inneren des Contirentes lassen sich keine Grenzen augeben. Die flache Küste ist vielfach sumpfig und bei der tropischen Hitze ungesund; im Inneren streicht das Kong- Gebirge, von dem einige Ausläufer die Küste erreichen ldie Vorgebirge Kap Sierra Leones Mesurado, Palmas und andere). Der wichtigste Fluß ist der Niger, der sich in die Bai von Benin ergießt. Gebräuchlich ist die Benennung der einzelnen Küsten¬ striche nach ihren bcdeuteuven Export-Erzeugnissen: Sierra Leone-Küste, Pfeffer- (oder Körner-), Zahn- (oder Elfenbein-), Gold- und Sklaven-Knste. Der Voden ist sehr fruchtbar und liefert viele Nahrung«- und Handelspflanzen. Die Wälder sind reich an Färb- und Nutzhölzern. Die Gewinnung von Gold ist beträchtlich, deßgleichen von Eisen (Sierra Leone). Die Hauptbeschäftigung bilden Feldbau, Jagd und Fischerei. Seit der Unterdrückung des Sklavenhandels hat sich der Handel mit den LandcSerzcugnissen bedeutend gehoben. Unter den Negerstämmcn sind die bedeutendsten Reiche: 1. Reich der Aschanti (Goldküste), das größte in Guinea, mit dem Hauptorte Kumassi. 2. Die Ncgerrciche Dahomeh und Benin, mit den gleichnamigen Hanptorten. 3. Das Hochland der Amboser an der Bai von Biafra, mit dem Hauptorte B i a f r a. 4. Liberia, eine Republik christlicher Neger auf der Psesferknste mit etwa 1400 oMeilen und über 300.000 Einwohnern, welche Ackerbau, Viehzucht und Gewerbe treiben, auch einen lebhaften Handel unterhalten. Die Republik, im Jahre 1821 von amerikanischen Bürgern begründet, ist der erste und einzige von freien Negern verwaltete christliche Staat in Afrika, welcher für die' Ausbreitung des Christenthumes und der Civilisation sehr thätig und durch den Anschluß benachbarter Neaerstämme stets im Wachsen ist. Besitzungen der Europäer: 1. Englische. — Auf der Sierra-Leone-Küste: Freetown (spr. Frihtaun, 20,000 E.), für befreite Negersklaven; Sitz des General-Gouverneurs. 2. Niederländische. — Auf der Goldküste: Elmina, Hollandia und andere. 3. Französische — Auf der Zahnküste mehrere Forts. 6. Nieder-Gninea und Süd-Afrika — Nieder-Guinea ist der Küstenstrich von 1°—18" s. Br.; nach dem Innern gänzlich unbekannt. Vom Kap Frio bis zum Kaplande siud die von Hottentotten stammen (Buschmännern, Nam aqua und anderen) bevölkerten, wüsten, wenig bekannten Landschaften, mit einigen Stations- Plätzen christlicher Missionäre. Unter den einheimischen Reichen siud die bedeutendsten: 1. Loango, vom Kap Lopez Lis zum Zaire-Fluß, mit sehr fruchtbarem Boden; aus vielen kleinen Staaten bestehend, mit den Städten Loango und Mayumba. Exportartikel: Elfenbein, Gummi, Farbhölzer. 2. Eongo, reich bewässert, sehr fruchtbar, reich au Kupfer und Eisenerzen im Innern. Hauptort Congo «oder St. Salvador) am unteren Laufe des Eongo. Portugiesische Besitzungen: Angola und Benguela, mit beiläufig 600.000Ein¬ wohnern.' Hauptort Laonda (10.000 E.) Exportartikel: Sklaven, Elfenbein, Wachs, Gummi, rothes Sandelholz. VII. Das Kapllttld. I. Das Küplaud, eine britische Besitzung au der Südspitze Afrikas mit 5900 ^Meilen und über 300.000 Einwohnern, reicht vom Kaffern- lande im Osten bis zum Atlantik und nördlich bis zum Oranje-Flusse. Das Hochland Süd-Afrikas senkt sich terrassenförmig zur Küstenebeue des 247 Kaplandes herab. (S. 34.) Das Land ist wasserarm, das Klima gemäßigt, die Luft außerordentlich trocken und rein. Im Kaplande gibt es zwei durch die herrschenden Winde charakterisirte Jahreszeiten: den durch kalte, trockene Südostwinde gemäßigten Sommer von: September bis April, dann den Winter (April bis September) mit feuchten Nordwestwinden. Ackerbau, Weinbau und Viehzucht bilden die Hauptbeschäftigung der Colonisten; insbesondere ist der Kapwein berühmt. Die Schaf- und Rinderzucht sind sehr bedeutend. Die Hauptprodukte sind: Wolle, Weizen und Wein. An Mi¬ neralprodukten besitzt es: Salz im Ueberfluß, Salpeter , trefflichen Kalk, aber wenig Erze und Steinkohlen. Die Gewerbethätigkeit ist eine geringe, desgleichen der Handel nach dem Innern. Die Bevölkerung besteht aus Colonisten und Einheimischen (Hotten¬ totten, Kaffern, Betschnanen und anderen Negerstämmen). Die Kapcolonie, 2000 Meilen (die in 50 Tagen zurückgelegt werden) vom Mutterlande ent¬ fernt, ist für dieses gleichwie als ein stark consumirender Markt, ebenso auch als Erfrischungsplatz für den Seeverkehr sehr wichtig. Das Kapland besteht aus zwei Provinzen: n) Westprovinz: Kapstadt (25.000 E.), nordwärts vom Kap der guten Hoffnung, an der weiten aber gefährlichen Tafelbai, welche jährlich vou 5 — 600 Schiffen be¬ sucht wird. Die Stadt ist schön, regelmäßig gebaut, hat wissenschaftliche und com- merzielle Anstalten mit allem europäischen Comfort. In der Nähe Konstantia, mit berühmtem Weinbau („Kapwein"). b) Ostproviuz: der rasch ausblühcnde Hafeuplatz Port Elisabeth an der Algoa- Bai (5000 E.) und der Hauptort im britischen Kaffcrnlande King Williams Town (spr. King Uilliems Taun). 2. Getrennt vom Kaplande liegt an der Ostkiistc die britische'Colonie Natal (oder Victoria), mit einem Flächenraume von etwa 000 ^Meilen und 160.000 Ein¬ wohnern (darunter nur au 12.000 Weiße). Das Land hat trefflichen Boden, ein der Gesundheit und der Vegetation sehr zuträgliches Klima, erzeugt ausgezeichneten Tabak, Weizen u. a. und eignet sich ungemein für die Viehzucht. Die zwei Städte sind: Picter-Maritzburg im Innern des Landes, mit dem Sitz des Vice-Gou¬ verneurs, und die Hafenstadt Port d'Urbau (ehemals Port Natal). VIII. Länder und Staaten an der Ostküste. Die Ostküste Afrikas kann in drei Haupttheile geschieden werden: 1. Das Kaffern-Laud, vom Kaplande bis zum Liwuma-Flusse und dem Kap Delgada (10" s. Br.); 2. das Suaheli-Land (oder Wazumba), vom Liwuma- bis zum Dschuba-Flusse unter dem Aequator; 3. das Somal-Laud vom Dschuba-Flusse längs dem indischen Meere und dem Golf von Aden bis zum abhssinischen Hochlande. L. Das Kaffern-Land. — Die Kaffern, wie überhaupt die Völker der Ostküste, bilden nur Glieder einer einzigen süd-afrikanischen Völkerfamilie. Es sind kriegerische Stämme. Sie treiben Viehzucht und Jagd, auch etwas Ackerbau und Fischerei; verarbeiten Eisen und Kupfer und bringen ihre Erzeugnisse theilweise in den Handel. Christliche Missionäre sind bemüht, den christlichen Glauben und mit diesem Bildung und Gesittung zu verbreiten. Die von Kaffern bewohnten Küstenstriche sind: die Kaffernk liste, Sofa la und Mozambique. Im Kaffcrnlande liegen außer der britischenColonie Natal die beiden holländischen Bauern-Repilbliken: Oranien- Republik, jenseits des Oranienflusses mit dem Hauptorte Bloemfontain (spr. Blumfontän) und die Transvaal-Republik am Vaal-Flusse mit dem Hauptorte Potchefstrom (oder Vrijburg). Die Küstenstriche Sofala und Mozambique werdeu von den Portugiesen als Besitzthum betrachtet. Ihre Macht hat im Innern fast ganz aufgehört und be- 248 schränkt sich auf einige Stationen am Zambesi-Flusse und mehrere Küstenplätze. Die wichtigsten Exportartikel sind: Gold, Elfenbein, Wachs, Cerealien, Vieh. Portu¬ giesisch sind die Städte Sofala an der gleichnamigen Bai und der Hafenplatz Mozambique (8500 E.), mit dem Sitze des GeueralgouverneurS. L. Das Suaheli-Land (oder SawLhili-Land, die Zauzibar-Küste) hat seinen Namen von dem Kiistenvolke Suaheli (—Tieflandsbewohner). Das Volk ist zwar schwarz, aber von kaukasischer Körperbildung, muhamedanischen Glaubens und steht mit den Arabern seit alten Zeiten in Verbindung. Das Land gehört dem Imam von Maska te. In den Seestädten leben arabische und indische Kaufleute; im Innern Stämme der Gallas. Die Küste unk das Innere sind sehr fruchtbar, die Vegetation ist reich, das Klima größtentheils gesund. Aus den Inseln gedeihen tropische Früchte. Die Eingebornen treiben Ackerbau und Viehzucht. Der Handel ist von Bedeutung. Die größeren Orte liegen auf Gestade-Inseln, als: Zanzibar (60.000 E.), Hauptmarkt für Elfenbein, Gummikopal und Gewürznelken; Mombas mit dem besten Hafen; Pemba, mit großem Reisbau. 6. Das Somal-Land. — Das östliche Ende des Continentes, ein gebirgiges Plateau, von dem kräftigen Stamme der Somalis bewohnt. Sie find meistens Muhamedaner, leben in einzelnen Horden unter Häuptlingen ans patriarchalische Art; nur die Bewohner der Oase Harrar (fanatische Muhamedaner) haben eine festere Regierung. Durch gesundes Klima, reiche Bewässerung und Vegetation ist Somal einer der schönsten Theile des afrikanischen Continentes. Viehzucht und Handel, auch Ackerbau bilden die Hauptbeschäftigung der Bewohner. Die bekanntesten Orte find: Zeila, am Gols von Aden; Makadschu und Brawah, am indischen Ocean. Im Innern des Landes, mitten unter Kafseepflanzungen, die größte Stadt des Lan¬ des Harrar (oder Adar, 10.000 E.). Die östliche Spitze ist das Kap Guardafui. n Das südafrikanische Hochland. Das Innere des südafrikanischen Hochlandes ist noch weniger bekannt als dessen Ränder. Im Norden des Kaplandes und im Westen der holländischen Republiken breitet sich die mit dichtem Buschwerk bedeckte Wüste Kalahari aus; die Aufzählung der weiter gegen Norden gelegenen Länder und Orte ist noch vielfach schwankend. — Die Bevölkerung scheint grvßentheils dem Negervolke Bunda anzugehören, unter welchen die den Kaffern ähnlichen Betschuanen (im Norden des Garib) die bekann¬ testen sind. Sie haben einen milderen Charakter, leben in größeren Ortschaften, treiben Ackerbau, Viehzucht und auch mancherlei Gewerbe; die Bergvölker gewinnen und verarbeiten Eisen- und Kupfererze. Der Handel mit den Nachbarn ist geringe und beschränkt sich auf Elfenbein, Thierhäute, Sklaven u. dgl. Seit einem Jahrzehent haben die Entdeckungen der deutschen Missionäre Rcbmann und Krap ff, des englischen Missionärs Livingstone und des Ungarn Magyar Laßlo in diesen Gegenden große Aufmerksamkeit erregt. X. Die afrikanischen Inseln. Im atlantischen Ocean: 1. Die Azoren, Madeira und die Capverdischcn Inseln; portugiesische Besitzungen. 2. Die Canarischen Inseln; spanisch. 3 Die Guinea-Inseln, in der Bai von Biafra; Fernando Po und Annabon sind spanisch; — die Prinzeninsel und St. Thomas portugiesisch (aus letzterer ist S. Thoms Hauptort). 4. Die britischen Felseuiuseln Ascension und St. Helena sind Statiousplätze für Ostindienfahrer und Wallfischfänger im Siidpolar-Mccre. Hasenplatz ans der ersteren ist Georgetown, auf der letzteren Jamestown. Hier ist auch der Vacht- hof Longwood (im Innern der Insel), als Aufenthalt Napoleons vom Jahre ISIS bis 1S2I bekannt. — Auf der britischen Insel Tristan da Cunha nehmen die nach Indien und Australien fahrenden Schiffe Wasser und Proviant ein. L. Im indischen Ocean: I. Madagascar 10.000 ^Meilen, 4 bis 6 Mill. Einw.). — Das 8000' bis 120.000' hohe Gebirgsland, welches die Insel durchzieht, fällt zu breiten Küstenebenen herab. Die flachen sumpfigen Küstenstriche sind ungesund und heiß; auf dem Binnen- 249 Plateau ist bas Klima gemäßigt. Die Insel hat großen Reichthum an Flüssen und Seen. Die Flora ist reich an colossalen Bau- lind Farbhölzern, Arzneigewächsen, Oelpflanzen, Reis, Tabak u. s. w. Die großen afrikanischen Thiere fehlen zwar; dagegen sind in großer Anzahl vorhanden wilde Schweine, Büffel, Schafe mit Fett¬ schwanzen, Seidenraupen, aber auch Schlangen und Krokodile. Der Bergbau liefert Eisen, Kupfer, Schwefel, Steinsalz, Kohlen. In den gewerblichen Beschäftigungen sind nur seidene nnd wollene Waaren, sowie Mctallwaaren erwähnenswerth. Die Bewohner, Madegassen (Malagasi) genannt, zerfallen in viele Stämme. Die an der Westküste sind afrikanischer Race ; im Innern ist das malayische Gepräge vorwiegend. Der herrschende Stamm sind die kriegerischen Ho was; die Regierung ist äußerst despotisch. Hauptstadt ist Tananarivo (angeblich 25.000, mit den nahen Dörfern 60—80.000 E.t, auf einem Hochplateau im Innern. Die Fran¬ zosen behaupten an der Ostkllste die Insel St. Marie (6000 E.), mit dem Hafen¬ orte Port Louis. 2. Die vulkanisch-gebirgigen Comoren-Inseln im Canal von Mozambique sind reich an schönen Palmenarten, Bauholz, Zuckerrohr und Mais. 3. Die MaScarenen: a) Mauritius (oder Jsle de France), mit dem Hanptort Port Louis (30.000 E.); b) Röunion (oder Bourbon), mit dem Hauptort St. Deuis (l2.000 E.); die erste den Briten, die zweite den Franzosen ge¬ hörig. Beide Inseln sind äußerst fruchtbar an Tropengewächsen aller Art. 4. Die Sechellcn und Amirantcn, den Briten gehörig; erstere sind reich an tropi¬ schen Produkten; die Amiranten sind unbewohnte Koralleninseln. 5. Im südlichen Theile des indischen Oceans zwischen Afrika und Australien sind meh¬ rere gebirgige, vulkanische Inseln, welche meistens als Stationsplätze den Wallfisch¬ sängern dienen: die Prinz Edwards-Insel, die Crozet-Inseln, Amsterdam und St. Paul, Kerguelensland. Die Staaten van Amerika. (750.000 ^Meilen; 7l Mill. Einwohner.) N o r d - A ur c r i k a. I. Grönland. Grönland, nächst Neu-Holland die größte Insel der Erde (an 20.000 ^Meilen), ist ein arktisches Hochland, das wegen der Schnee- und Eismassen im Inneren und im Norden unzugänglich ist. Die Ostküste steigt in steilen Eis- und Felsmassen ans dem Meere, welches das ganze Jahr mit Eisfeldern bedeckt ist. Die Westküste ist eine zerrissene Fjordenkiiste, aber im südlichen Theile mehrere Monate eisfrei. Die größte unter den zahlreichen vorgelagerten Inseln au dieser Küste ist Disko. Der südlichste Punkt von Grönland ist das Kap Farewell (— Fähr'uell'); nach Norden erstreckt sich die Insel in unbekannte Ferne In dem rauhen Klima kommen nur in den südlichen Theilen ver¬ krüppelte Birken, Erlen und Weiden, beerentragcude Sträucher und da« Löffelkraut vor. An Thieren hat es wilde Rcnnthicre, Eisbären, Füchse, viele Seevögel, vorzüglich aber viele Walisische, Seehunde und Fische, welche den Bewohnern Nahrung und Kleidung geben. An Hausthieren ist außer dem wenigen Hornvieh, welches in der Colonic Julianshaab (---- haab spr. ho Hb --- Hoffnung) gehalten wird, nur der Hund allgemein, der zum Schlittenfahren verwendet wird. — Au den Küsten (nnd bis 78" n. Br.) wohnen Eskimos (etwa 20- bis 25.000), welche Seehundsfang nnd Fischerei treiben. Sie haben Aehnlichkeit mit der mongolischen Race, sind klein aber stark, scheinen ein friedliches, lenksames, aber höchst unreinliches Volk zn sein, das ohne gemeinsame Re¬ gierung fanlilienweise friedlich neben einander lebt. Im Winter wohnen sie in geräumigen Erdhütten an geschützten Stellen des Ufers dreißig bis vierzig beisammen; den Sommer bringen sic in Zelten unter Robbenfellen zn. Sie sind Heiden mit allerlei Aberglauben; doch findet das Christenthum schon einige Verbreitung. Dänemark besitzt an der Westküste einige Colonien oder vielmehr Herrnhuter- Missionen mit Handelsstationen. Ans etwa 200 ^Meilen leben über lv.OOO, meist christlicher Grönländer, welche den Dänen Thran, Häute, Pelzwerk, Federn nnd dergleichen liefern, und von diesen europäische Produkte erhalten. Solche Colonien sind: Godhavu (auf Disko), Christianshaab, Goodhaab, Julianshaab, Frederikshaab u. a. 250 II. Das britische Nord-Amerika. Das britische Nord-Amerika liegt nördlich von den Vereinigten Staaten bis zum Polarmeer; im Westen grenzt es an den großen Ocean und die russischen Besitzungen, im Osten an den atlantischen Ocean. Der Flächen¬ raum wird auf mindestens 200.000 ^Meilen (mit beiläufig 4,400.000 E.) geschätzt, obwohl nur ein kleiner Theil wirklich colonisirt ist. Das ganze Terri¬ torium zerfällt in zwei größere Gruppen: L. Canada nebst Akadien und den Inseln; — L. Hudsonsbai-Länder. Das eigentliche Colonicland umfaßt etwa ein Achtel des Ge- sammt-Territoriums. u) Canada (beiläufig 12.000 bis 15.000 ^Meilen, 2'/, Mill. Einw.). Es umfaßt die nörd¬ lichen Ufer der fünf großen Seen und von Montreal an beide Ufer des St. Lorenz bis zu seiner Mündung. Die Hochebene wird von Landrücken und Bergketten durch¬ zogen, die in Labrador mit ewigem Schnee bedeckt sind. Die Flußufer und einige Seitenthäler sind angebaut; im Westen und Norden liegen noch ungeheure Strecken mit Wäldern bedeckt, welche den Haupreichthum des Landes bilden. Gute Straßen fehlen. Das Klima ist rauher als in Europa unter gleicher Breite, der St. Lorenz ist vom Dezember bis April auf große» Strecken zugesroren; der Sommer ist sehr heiß, die Lust gesund, der Boden äußerst fruchtbar. Canada liefert für den Export: Getreide, Holz, Produkte der Viehzucht, dann Eisen, Steinkohlen, Salz, Ghps und fertige Schiffe. In der Industrie ist bedeutend der Schiffbau nebst den darauf be¬ züglichen Gewerben. An dem Fischfang betheiligen sich die Canadier weniger, als die Bewohner der nahen Inseln. Ober-Canada ist ein vorwiegend englisches Land; Unter-Canada ist halb französisch und katholisch. In britisch Nordamerika bestehen für die Katholiken 2 Erzbisthümer und 16 Bisthümer. In Uuter-Canada: Quebec (51.000E.), prachtvoll gelegen theils am Flusse, theils am Abhange des Kap Diamond, mit Festungswerken, lebhafter Industrie (Schiffbau, Sagemühlen) und starkem Handel. Montreal (91.000 E.), an der Grenze der See-Schiffahrt auf dem Strome, die erste Handelsstadt des britischen Amerika, der bedeutendste Pelzhandel auf der nordwestlichen Wasserstraße, mit großem Arsenal, einer Universität, zahlreichen wissenschaftlichen Instituten. In Ober-Canada ist die lebhafteste Handelsstadt (namentlich Mehlhandel) Toronto (45.000 E.) — (ehemals hieß sie Dörk). b) Ncn-Braunschwcig (beiläufig 1300OM.), im Innern noch wenig bekannt und nur an den Küsten angcbaut, durchziehen rcichbewaldete Berggruppen von geringer Höhe. Die Bewohner, ungefähr 275.000, sind theils aus der Union, theils aus Großbri¬ tannien eingewandert; die Zahl der eingebornen Indianer, welche meistens das Christenthum angenommen haben und in Dörfern leben, ist äußerst geringe. Haupt¬ stadt ist Frcd crickstown am St. John, an dessen Mündung die Stadt St. John (23.000 E.), der ansehnlichste Handelsplatz liegt. o) Neu-Schottland mit der dazu gehörigen Insel Kap Breton etwa 980 OMeilen mit 350.000 Einw. Das Innere von großen Wäldern bedeckt; der Boden ist sehr ergiebig, aber wenig bebaut. Nächst der Landwirthschaft bildet die überaus reiche Fischerei (Häringe und Stockfische) die Hauptnahrnngsquelle. Die Hauptstadt Halifax (30.000 E.1 ist der wichtigste KricgShafen im britischen Amerika, hat große Schiffs¬ werften, Dampfschiffahrts-Verbindungen mit Falmouth und Liverpool, überhaupt bedeutenden Seehandel. M-, 138.000 E.) und Anticosti, dann die kleine Gruppe der Magdalenen-Jnseln, mit dem Haupiorte St. John (auf New-Foundland, 21.000 E.). Die große Kälte, Nebel und Stürme verhindern den Ackerbau, desgleichen die Viehzucht. Den Haupt- erwcrb bildet die ungemein reiche Fischerei, insbesondere auf der „großen Bank" im Slldosten der Insel, wo im Sommer Taufende von Schiffen zu diesem Zwecke hier erscheinen. Der stärkste Fischsang ans der Erde. Die Franzosen besitzen hier die kleinen Inseln St. Pierre, Miqüelon und Langlade. 251 Zu England gehören die Bermudas- oder Sommers-Inseln, von denen nur wenige bewohnt sind. Sie dienen als Stationsplätze siir Seesahrer nach Westindien. 8. Die Hudsonsbai-Länder. — Dieses Territorium wird in drei Theile geschieden: a) die Halbinsel Labrador vom St. Lorenzbusen bis zur Süd¬ spitze der Hudsonsbai, — st) das eigentliche Hudso nsbai - Territo¬ rium zwischen der Hudsonsbai und dem Felsengebirge, — o) das Nord¬ west-Territorium (oder britisch Columbia) im Westen des Felsen¬ gebirges bis zum großen Ocean. o- Labrador (etwa 8400 oM. mit kaum über 5000 E), gehört zu den rauhesten und ödesten Landern der Erde, besonders die Rordküste, welche nur für Eskimo bewohn¬ bar ist. ES wird nur wegen der Fischerei besucht. Das Innere ist ein felsiges Pla¬ teau. Die Herrnhuter haben einige Missionsplätze (Rain, Okak, Hoffenthal, Hebron), die Hudfonsbai-Compagnie mehrere Handelsstationen! ander Süd- ostküste sind einige Fischerposten. Hauplprodnkte sind Pelze und Fische. b) Das Hudsonsbai - Territorium hat die größte Anzahl Seen auf der Erde, welche durch zahlreiche Flüsse unter einander in Verbindung stehen. Drei Hauptflüsse führen die Wasser der ausgedehnten nordamerikanischen Seenplatte nach drei Meeren, und zwar: der Athabaska-, der Sklaven- nnd der große Bären-See, geben ihre Wasser an den Mackenzie. Fluß ab, der (an Größe fast der Donau gleich) sich in das Polar¬ meer ergießt; — östlich davon steht eine Reihe von Seen, darunter der Winnipeg- See der größte, durch Flüsse in Verbindung, deren letzter der Nelson, in die Hudsonsbai mündet; der Abfluß der fünf cauadischeu Seen ist der St. Lorenz- Fluß mit der Mündung in den gleichnamigen Golf. — Nach der Vegetation unterscheidet mau drei Regionen. Der westliche Theil ist die R eg i o n der Prairien, wo auch reiche Kochsalzlagcr und zahlreiche Salzseen Vorkommen; — der Osten, die Region der Wälder, welche nördlich bis etwa zum 61" n. Br. reicht; der nördliche Theil, jenseits dieser Regionen bis zum Polarmeer, ist nur mit niederem Buschwerk bedeckt, die Wohnstätten arktischer Füchse nnd Bären. Das un¬ günstige Klima ist der Landwirthschaft überall hinderlich, sie wird nur an einzelnen Äiissionssitzen betrieben. Am arktischen Küstenstriche wohnen Eskimos, iu den übrigen Theilen ziehen Jndianerstämme herum, welche von Jagd und Fischerei leben. — Früher im Besitze der Hudsonsbai-Compagnie, seit 1859 an die eugl. Krone zurück- gefallen; die Niederlassungen sind an eine Gesellschaft (Intkruntioinrl tiuauviul soaist^) ini Jahre 1863 übertragen worden, welche lebhaften Pclzhandel mit den Indianern (etwa 360.000 Seelen) unterhält. Sie hat gegen 140 feste Niederlassungen, in deren Umgebungen etwas Landwirthschaft und sehr ergiebige Fischerei betrieben werden. Die Nordpolar - Länder sind fast durchgehends Eiswllsten mit höchst spärlicher Vegetation (Löffelkraut), nur von wenigen Eskimos bewohnt, welche vom Fischfang nnd Robbenschlag leben. Die „nordwestliche Durchfahrt" aus der Bassins-Bai in die Behringsstraße ist wohl ausgesnuden worden; doch ist sie für den Handels¬ verkehr von keiner Bedeutung, weil diese Straßen nur selten eisfrei sind*). *) Historische Ucbcrsicht der arktischen Expeditionen. Im Jahre 1616 entdeckte Bassin die nach ihm benannte Bai. Im I. l743 setzte die englische Admiralität eine Belohnung von 20.000 Pf. St. (— 200.000 fl.) auf die Entdeckung einer „nordwest¬ lichen Passage", um auf kürzestem Wege aus dem Atlantischen in den Großen Ocean zu gelangen. Bom I. 1743 bis 1818 kamen nur ein paar erfolglose Meer- und Land- expeditionen vor. Lord Mnlgrave (begleitet vom jungen Nelsoni drang von Spitz¬ bergen längs der Ostküstc bis 80° 48' n. Br. vor. Capitän Cook kam bis Ich- (spr. Eis-) Cap (70" 45' n. Br.). Gleichzeitig unternahm Hcarne Landreisen gegen das Polarmeer, entdeckte den Kupserminenfluß, und Mackenzie den nach ihm benannten Fluß. Im I. 1818 fuhren Roß und Parrh in den Smith's-Sund, kehrten aber ohne wichtige Entdeckungen mit der Ansicht zurück, daß dieser Sund ohne Ausgang sei. Zu gleicher Zeit fuhren Bnchan und Franklin nach dem Meere von Spitzbergen, um den Nordpol zu erreichen, und kamen bis 80" 34' n. Br. Im Jahre 1819 machten Parry und Liddon neuerlich eine Reise, entdeckten die „Prinz-Regent-Bai", das „Äank's- Land", die „Melville-Insel" u. a., nnd waren um 3" weiter gegen Westen vorgcdrungeu, als irgend ein früherer Seefahrer. Auch die beiden folgenden Expeditionen, die eine geführt von Parry, die andere von Franklin, hatten keinen Erfolg in Bezug auf die 252 o) Columbia, 10.000 OM. Nach der Entdeckung des Goldreichthums am Fraser- und Thompsonflusse als selbstständige Colonie erklärt. Im Westen des Felsengebirges bis an den großen Ocean. Die Grenzen gegen das russische Amerika und gegen die Union sind nicht überall festgestellt*). In dem ziemlich milden Klima bilden Getreidebau und Rindviehzncht nächst Jagd und Fischerei die wichtigsten Nahrungsqnellen; die Colonisation macht Fortschritte. An der Mündung des Fraser liegt die Hauptfactorei Fort Langley. — Die Königin Charlotten-Jnsel ist noch ohne Colonisation; die südliche Quadra oder Vancouver mit dem Hauptorte Victoria (6000 E.) ist Hanptplatz der Colonie. — Im I. 1862 ist Stikin, nördlich von Columbia, als eigene Colonie erklärt worden. Goldwäscherei; am Takoflusse viel Kupfer; sonst eine öde Wilduiß. III. Das russische Nord-Amerika. Der nordwestlichste Theil des Continents, ein kaltes, nebelreiches GebirgSland mit über 24.300 OM. und beiläufig 54.000 Einw. Von den zahlreichen Schneebergen sind die Vulkane Schönwetterberg (13.800') und der Eliasberg (16.400') die höchsten. Die vulkanische Kette setzt sich dann in der Kette der Möuten fort. Die Nordküste ist ohne Gliederung; die West- und Südküste sind reich an Buchten und Halbinseln, darunter: Aljaska und die Tschngatschen-Halbinsel. In den Norton-Suud ergießt sich der Jnkon-Flnß. Der Osten ist Plaleanland. Die Bevölkerung besteht aus nomadi- sircnden, heidnischen Ureinwohnern (Eskimo's, Tschuktschen, Indianer) , welche Jagd, Fischerei und Tauschhandel mit der russisch - am eri k a n i scheu Handel« gesel l- schaft treiben. Die Zahl der russischen Ansiedler wird auf etwa 1000 gerechnet. Die Verwaltung des Landes, der Handel und Verkehr sind der genannten Gesellschaft über¬ lasse», welche den Fang von See- und Pelzthiereu sehr gewinnreich ausbentet. An Mineralien werben Steinkohlen, Eisen und Kupfer gewonnen. Die Lieferungen au Pelzwerk gehen über Sibirien nach Moskau. Neu-Ärchaugelsk (1200 E.) auf der Insel Sitka (Baranow), Hanptcomptoir der Compagnie. Von den Alsnten ist Unalaschka am meisten bevölkert. Unimak die größte. Außerdem gehören hieher: der Prinz Wales- und König Georg-Archipel, die Insel Kadjak, die Inseln im Behringsmeere. Das Christenthnm findet stets größere Verbreitung und mit ihm schreitet auch die Civilisation vorwärts. beabsichtete Entdeckung der Durchfahrt. Beispiellos in der Geschichte der Entdeckungs¬ reisen sind die Gefahren, welche Roß (1828—1833) und Back (1833—1835) im ark¬ tischen Meere ausgestanden hatten. Am IS. Mai 1845 fuhr Franklin mit den Schiffen „Erebus" und „Terror" abermals ans, um die Durchfahrt auszufinden; allein er kehrte nicht wieder zurück! Diese vcrhängnißvolle Reite war durch 14 Jahre in tiefes Dunkel gehüllt. Zahlreiche Expeditionen wurden ausgerüstet zur Aufsuchung Franklin's. Die Re¬ gierung setzte einen Preis von I Million Gulden auf dessen Ausfindung; die Gattin Franklin's und Private betheiligten sich an neuen Ausrüstungen von Expeditionen, das allgemeine Interesse war für Franklin's Schicksal erwacht; allein so sehr diese Reisen unsere geographischen Kenntnisse vermehrten, über Franklin's Schicksal brachten sie keine sichere Kunde! Im I. 1857 wurde das Schiff „Fox" unter Capitän Mac Clintock von Lady Franklin zur letzten Aufsuchung ihres mnthigen Gatten ausgerüstet. Am 28. Februar 1850 traf Mac Clintock bei Cap Victoria mit Eiugcbornen zusammen, welche ihm Mit- theilnngen machten, aus denen er auf das Unglück der Franklin'schen Expedition schließen konnte. Eine Durchforschung der King Williams-Insel (durch Clintock und Lieutenant Hobson) führte auf den PointBictory am 6. Mai 1859 zur traurigen Kenutniß der Expedition. Man sand eine Kapsel aus Zinn und darin eine Schrift über Franklin's Expedition. Nach dieser Aufzeichnung ist Franklin am 11. Juni 1847 gestorben; am 22. April 1848 sind die Schiffe 5 Meilen NNW. vom Cap Victory preisgegeben worden, und die Neberlebcnden — it)5 an der Zahl — waren unter Capitän Crozier hier gelandet. Alle Mitglieder der Franklin'schen,Expedition waren nach und nach zu Grunde gegangen. Clintock brachte mit dem anfgefnndeneu Nachlasse der unglücklichen Seefahrer die Tranerknnde nach England. Die arktischen Expeditionen haben während der letzten 90 Jahre viele Menschen- nnd Gcldopfer gekostet und die geographischen Kenntnisse allerdings bereichert; das prak¬ tische Resultat aber blieb — trotz der Auffindung der nordwestlichen Durchfahrt — hinter den mäßigsten Erwartungen zurück. *) Durch die Verträge von 1824sund 1825 wurde als Grenze zwischen den britischen und russischen Besitzungen die Linie des Meridians von 236° ö. L. (vom Eliasberge an der Küste des großen Ocean bis zum Nordende des Felsengebirges am Eismeere) 'festgesetzt. 253 IV. Die vereinigten Staaten von Nord-Alllttika. (Das Amons-Land; United States fspr. Juueited-Stehts^). 132.63V c^Meil.; 3I,44L.V0V Einwohner, davon 3M0.V00 Neger, über 487.VVV In¬ dianer, die übrigen Weiße. Nach dem Glaubensbekenntnisse beiläufig W/z Mill. Katholiken; über 2v christliche Secten; Juden, sehr wenige Mnhamedauer, Heiden. Grenzen? Das Land. — Das Unions-Land wird durch zwei Gebirgszüge in drei Haupttheiw geschieden: rr) das Ost land zwischen dem Atlantik und dem vielfach von Eisenbahnen und Kanälen durchschnittenen Alleghanh-Gebirge; — b) das Mitt elland, zwischen dem Alleghauh- und dem Felsengebirge; das große Becken des Mississippi und Missouri, theils Hügelland, theils eine von wenigen Waldungen unterbrochene, äußerst fruchtbare, wellenförmige Ebene; — o) das Westland; zwischen dem Felsengebirge und dem großen Ocean. Von Norden nach Süden trennen die klimatischen Verhältnisse das Land in die Kornregion (Nordland), Baumwollregion (Mitteüand), Zuckerregion (Südland). Das Unionöland ist ungemein reich an fließenden und schiffbaren Ge¬ wässern, welche dem Atlantik, dem mexikanischen Busen und dem großen Ocean zufließen. Die Küste des Atlantik ist im nördlichen Theile felsig und sehr gegliedert, gegen Süden wird sie flacher und ist häufig mit Sümpfen bedeckt. Im Norden ist der St. Lorenzstrom auf einer kurzen Strecke Grenz¬ fluß; im Südwesteu der Rio grande. Die wichtigsten, in den Atlantik mün¬ denden Flüsse sind: Hudson, Delaware und Susquehanna; dem mexikanischen Golfe führt der mächtigste Fluß Nord-Amerika's der Mississippi mit seinem weit verzweigten Geäder (Missouri, Arkansas, Red-River, Illinois, Ohio, Tenessee n. a.) alle Gewässer des Mittellandes zu; — dem Gebiete des großen Oceans gehören: der Fraser, der Columbia oder Oregon, der Sacra- mento. (Siehe die Hydrographie S. 37.) Bon den fünf großen kanadischen Seen liegt nur der Michigan-See ganz im Gebiete der Union; die übrigen bilden die Nordgrenze. Die meisten Seen liegen zwischen dem Felsengebirge und den kalifornischen Seealpen (das „große Bassin"), darunter der große Salzsee, der See am Utah u. a. Die vielen und großen natürlichen Wasserstraßen gewinnen durch eine umfassende Kanalverbinduug noch an Bedeutung. Die Kanäle haben eine Länge von über 1000 deutschen Meilen, die Herstellungskosten beliefen sich über 90 Millionen Dollars. Das Klima ist durchschnittlich kälter als in Europa unter gleichen Greitegraden. In Florida und Süd-Texas nähert es sich dem tropischen; am Orogon ist oceanisches Klima; im Gebiete des Mississippi ist es minder excessiv als im Nord-Osten; an der Westküste milder als an der Ostküste, wo der Temperaturwechsel ein rascher, die Regenmenge eine bedeutende ist. Die Niederungen an der Ost- und Südküste sind ungesund, insbesondere im Mündungsgebiete des Mississippi. Versagung und Orte*): Ain 17. September 1787 gründeten 13 Staaten ans dem Congresse zu Philadelphia die Union der vereinigten Staaten. Gegenwärtig sind der Bundesdistrikt Columbia, *) Der Umstand, daß die neuen Städte häufig nach großen Männern, nach Orten der alten Welt u. s. w. benannt werden, macht das ostmalige Wiederkehren desselben Namens erklärlich. Es ist rathsam, bei Brief-Adressen dem Namen der Stadt auch jenen des Staates bcizufiigen. Den mangelhaften Adressen ist es zuzuschreiben, daß 254 35 Staaten und 8 Gebiete oder Territorien (die noch nicht 60.000 freie Einwohner haben, um als Staat in den Bund ausgenommen zu werden) zu einem Bundesstaat (Union) verbunden. Die gesetzgebende Gewalt ruht in den Händen des Congresses (Senat und Haus der Repräsentanten); die vollziehende hat ein aus vier Jahre gewählter Präsident. Bundeshauptstadt ist Washington (spr. ULshingt'n). Jeder Staat hat seine besondere Verfassung. Der Gegensatz zwischen den nördlichen und südlichen Staaten sprach sich in Charakter und Lebensweise, am schärfsten jedoch darin aus, daß in den nördlichen die Sklaverei abgeschafft war, während sie von den süd¬ lichen aufrecht erhalten wurde. In Folge des im November 1860 errungenen Sieges der Anti-Sklaverei-Partei in den Vorwahlen zur Besetzung der Präsidentenwürde im März 1861 traten im Januar 1861 mehrere Staaten aus der Union und coustituirten sich am 19. Februar 1861 zu Montgomery (in Alabama) als „Conföderirte Staaten von Amerika." Am 12. April 1861 Ausbrnch des Krieges mit den „Unions- Staaten." — Präsident der „Union" war Abraham Lincoln, — der „Conföde- rirten" Jefferson Davis. Nach Besiegung der „Conföderirten" im März 1865 ist der Präsident A. Lincoln am 14. April 1865 meuchlings ermordet worden, an dessen Stelle der bisherige Vice-Präsident Johnson trat. Die freien Principien des „Nordens" (d. h. die Abschaffung der Sklaverei) gelangen nun im ganzen Unionslande zur Geltung. Bundesdistrikt Columbia (2 eiM., 75.000 E. ; im J. I7S0 von Maryland und Virginien zu diesem Zwecke abgetreten). Washington (ULshingt'n, 61.000 E., am Potomak), Hauptstadt der Union, Re¬ sidenz des Präsidenten. Sitz der Centralbehörden und des Congresses; das Capitol, Sitzungsgebäude des Congresses, das Haus des Präsidenten („weißes HaussJ; Was- hington's Monument, ein 600' hoher Obelisk; Arsenal, Hafen, Schiffswerste, Flvttenstation. I. Nördliche Staaten. Atlantische Staaten. 1. Maine (--Mehn): Portland (26-000 E.), befestigter Hafen; sehr bedeutender Seehandel. Hauptstadt ist Augusta. 2. New-Hampshire Nju-Hämmschihr) : Concord, Hauptort; Portsmouth l—Porthsmöds), befestigter Hafen; Manchester (20.000 E.), Wollen-und Baum- wollenwaaren. 3. Vermont t durch den Connecticut vom vorigen getrennt, reicht nirgends bis an das Meer): Montpelier, Binnenhandel. 4. Massachnsets (— Mässetschuh-setts). In materieller und geistiger Kultur am meisten vorgeschritten. Boston (----Bost'n, (178.000 E.), schöne Lage am Ocean ; viele Kirchen und öffentliche Gebäude; berühmte Unterrichts-und Wohlthätigkeitsanstalten; bedeutende Baumwollindustrie, nach New-Z)ork die reichste und unternehmendste Han¬ delsstadt; befestigter Hasen, starker Schiffbau und Fischfang. Benjamin Franklin geb. 17. Januar 1706, ff 17. April 1790. Ausbruch der amerikanischen Revolution am 26. Dezember 1773. Cambridge (--- Kehmbridsch, 26.000 E.), älteste, be¬ deutendste und reichste Universität der Union. Lowell (— Loh'l 37.000 E.), größte Manusactnrstadt der Union (das „Manchester Amerikas"), großartige Baumwoll¬ industrie. Nach dem Begründer der Cotton-Manufactur (Lowell) benannt. 5. RhoSc Island (— Rhvd Eiländ), der kleinste Staat der Union. Providence (Proawidenß, 51.000 E.), viele Fabriken; sehr bedeutender Seehandel. 6. Connecticut (— Kanettikött): New-Haven (— Nju Hew'n, 39.300 E.), die be¬ suchteste Universität; große Fabriken ; Seehandel. — Diese sechs östlichen Staaten heißen Neu-England. 7. New Jcrseh (—Njn Dscherßi), am linken Ufer des Delaware: N ew ark (Njuark, 72.000 E.), Fabriksstadt, Seehandel. Hauptstadt ist Treu ton (— Trennt'n). 8. Delaware (— Delläwähr): Wilmington (— Uilmingt'u, 44.000 E.), Handel, Seefischerei. Dover (Dohw'r), Hauptstadt. 9. New-Nork (— Nju-Johrk): New-V ork (liber 814.000 E.), die größte, stark be¬ festigte, regelmäßig geballte Seehandelsstadt Amerikas, auf einer Insel in der Mün z. B. im Jahre 1855 über 5'/, Million Briefe ihre Adressaten nicht erreicht haben. Es gibt z. B. 12 Amsterdam, 13 Athen, 16 Berlin, 12 Frankfurt, 19 Hannover, 18 Man¬ chester, 21 Richmond, g Wien, 25 Uork, 15 Columbus, 82 Franklin, 164 Washington, 21 Lasayette, 17 Mitton, 71 Jefferson, 8 Napoleon, 24 Fansield u. s w. 255 düng des Hudson. Viele wissenschaftliche und Humanitätsanstalten ; großartiges Fabrikswesen; eine Welthandelsstadt und der Mittelpunkt eines ungeheuren, stets wachsenden Handels mit allen Erdtheilen (an 800 Schiffe liegen stets vor Anker); Hauptspeditionsplatz zwischen Europa und dem Unionslande; Dampfschiffahrt, Eisen¬ bahnen, Banken, Assecuranz- und Handelsgesellschaften; Croton-Wasserwerke (Wasser¬ leitung), viele Kirchen und andere große Bauten. Starke Einwanderung (monatlich an 20.000 langen im Hafen an). Von Holländern 1612 gegründet; erster Congreß der Union 1785 ; Einsetzung des ersten Präsidenten der Union Washington am 30. April 1789; großer Brand am 15. December 1835. Als Vorstädte von New« Bork sind anzusehen: Broklhn (— Burhklin, 274.000 E.), auf der Insel Long Island (--- Long Eiländ), stark befestigt, großes Seearsenal; dann Williamsburg (50.000 E.), ebenfalls auf Long Island. — Albany (- Aelbäni, 62.000 E.), am Hudson; Fabriken, großer Handel. Bnfsal o (—Böfsällo, 84.600 E.), am Eriesee, Hauptstapelplatz für den Handel nach Nordwesten. 10. Pennsylvaitien (Niederlassung des Qnäckcrs William Penn, 1680; meist deutsche ' Bevölkerung). Philadelphia (568.000 E.), regelmäßig gebaute, zweitgrößte Stadt der Union am Delaware. Großartige Wasserleitung; viele wissenschaftliche und Wohl- thätigkeilsaustalten; die erste Fabriks- und eine der wichtigsten Handelsstädte der Union; Nationalbank; Zuchthaus (Zellengesängniß — pennsylvanisches System). Sitz des Congresses von 1787—1800. Pitt8bürg (60.000 E., am Ohio), große Eisenwerke und reiche Kohlengruben (das „amerikanische Birmingham"); sehr bedeu¬ tende Fabriken, Handel. IZ. Binnciistnnten. 11. Ohio (— Ohöio, zwischen dem Eriesee und dem Ohio, das reichste Weizenland der Union). Cincinnati (--- Sinnßinnbti, 161.000 E.), am Ohio; im Jahre 1791 noch ein wüster Fleck, jetzt „die Königin des Westens." Viele Kirchen und Unter¬ richtsanstalten; sehr viele Fabriken, großartiger Handel, Knotenpunkt für die Schiff¬ fahrt«- und Eisenbahnverbindungen. Im Winter ungemein große Schweineschlächterei. Cleveland (— Kliwländ, 44.000 E.) , Verschiffungshafen für die Produkte des Nordwestens. 12. Indiana (zwischen dem Michigansee und dem Ohio). Indianapolis (30.000 E.), Hauplort. 13. Illinois (---Jllineus). Chicago (— Tschikehgo, IIO.OOOE), Eisenbahnverbindung mit New-Uork (und projektili nach dem Großen Ocean). Galcna, Mittelpunkt der Bleierzregion; Kupfer- und Bleischmelzen (1852 Export 40 Mill. Pfund Blei). Hauptstadt ist Indianapolis. 14. Wisconsin t— Uis'kanßin, zwischen dem Mississippi, dem Obern- und Michigansee). Milwaukee (—Milwahki, erst seit wenigen Jahren bestehend, schon 45.000 E.), bedeutend die Rhedcrei, Schiffahrt und der Handel. >5. Michigan (— Mitschigänn, zwei große Halbinseln zwischen den canadischen Seen). Detroit (47.000 E.), wichtiger Handelsplatz. Hauptstadt Lansing. 16. Iowa (--Eiowäh, jenseits des Mississippi zum Missouri). Hauptort Iowa City (--- Eiowäh ßitti). 17- Minnesotta (im Süden des vorigen). Hanptort St. Paul, oberhalb der St. Antony- Wassersälle des Mississippi. II. Südliche Staaten*). A. Atlantische Staaten. 18. Maryland (— Mähriländ szn Ehren der Königin von England seit 1634 genannts, zu beiden Seiten der Cesapeake Bai und am linken Ufer des Potomak; der Bevölkerung sind Neger). Baltimore (214.000 E-), drittgrößte Stadt der Union; mehr als 100 Kirchen, Hauptsitz der katholischen Kirche in der Union mit einem Erzbischöfe ; viele wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalten. Haupthafen für die Staaten des Ohio-Beckens; der größte Tabakmarkt der Union und der erste Mehl- markt der Erde. Annapolis, Marine-Akademie der Union. *19. n. 20. Virginicil «der Königin Elisabeth von England zu Ehren so benannt). Ein- getheilt in (19.) Ost- und (20.) West- Virginie»; West-Virginien (oder Kanawha) *) Die mit * bezeichneten Staaten waren „Conföderirte", welche die Auf- rechthaltnng der Sklaverei mit Waffengewalt erzwingen wollten. 256 ist am 3l. Dezember 1862 als Staat in die Union ausgenommen worden. Rich- mond(—Ritschmönd,38.000E.),Bund es Hauptstadt der „Conföderirten;"— Hanptmarkt für Tabak und für Mehl; großer Steinkohlenbergbau. Bei Alexan¬ dria die Ruinen des Hauses, in welchem Washington am II. Febr. 1732 geboren wurde; dann Mount Vernon, der Landsitz Washingtons, wo er 1789 starb und mit seiner Gemahlin begraben liegt. *2l. Nord-Carolina. Wilmington (-Uil'mingt'n, 12.000 E.), der beste Hafen des Staates. Hauptstadt Raleigh (—Rah'li). *22. Süd-Carolina. (Mehr als die Hälfte der Bewohner sind Sklaven). Charleston (—Tscharlst'n, 43.000 E-), sehr großer Handel mit Baumwolle und Reis; bedeu¬ tende Küstenschiffahrt. Hauptstadt Columbia. *23. Georgia (—Dschordschiä, nach dem britischen König Georg II., 1732, so benannt). Savannah (--Sävännäh 22.000E.) und Milledgeville (— Milledschwill'), wichtige Stapel- und Handelsplätze für Baumwolle. ö. Am mexikanischen Golfe. *24. Florida (1821 von Spanien abgetreten). Tallahassee (—Tällähaßi, 3000 E.), Baumwollmarkt. *25. Alabama. Mobile (---Mobihl, 30.000 E.), großer Handel, wichtiger Verkehrs¬ platz, insbesondere Baumwollhandel. Gelbes Fieber. Hauptort ist Montgomery t—Mauntgaimueri, 5000 E.). *SS. Mississippi (dieMehrzahl derBewohnerSklaven).Hauptstadt Jackson (—Dschäks'n); der wichtigste Handelsplatz ist Rattchcz (—Nättsches) am Mississippi. *27. Louisiana (Mündungs-Delta des Mississippi; nach Ludwig XIV. benannt, von Franzosen colonisirt). New-Orleans (—Nju-Orlihns, I7I.OOOE.), in sumpfiger Ebene am linken Mississippiufer; sehr stark das gelbeFieber im August und September. Großes Völkergemisch. Viele Unterrichtsanstalten; große Fabriken; dritte Handelsstadt der Union, (insbesondere Export vonBanmwolle, Reis, Tabak, Zucker), Hauptverkehr aus dem Mississippi nach dem Innern; starke Einwanderung. *28. Texas Techas, größer als Oesterreich, aber höchstens Mill. Einwohner; 1836 von Mexiko abgefallen). Austin (— Ahstinn), Sitz der Regierung. Gal- veston (10.000 E.), wichtiger Handelsplatz. Neu-Branns els, deutsche Colonie. 0. Binncnstaatcn. *29. Kentucky (^ Köntekki). Louis Ville (--- Lui'will, 75.000 E., am Ohio). Erste Fabrik«- und Handelsstadt dieses Staates. Frankfort, Hauptstadt. *30. Tennessee (— Tenneßi). Nashville (Näschwi'll, 24.000 E.), Hauptstadt, ansehn¬ licher Handel. *31. Missouri (Mündungsgebiet des Missouri). St. Louis (San Lui, 166.000 E.), nahe der Mündung; größte Stadt des Westens; viele Fabriken, höchst wichtiger Handelsplatz; Zwischenhandel zwischen Pittsburg, Cincinnati und New-Orleans; starke deutsche Einwanderung; mehrere wissenschaftliche und Wohlthätigkeitsanstalten. *32. Arkansas. Little Rock (--Littl' Rok, 4000 E-), Hauptstadt; bedeutender Handel. 33. Kansas (als Staat ausgenommen unter Bedingungen, die noch zu erfüllen sind). Leavenworth (---Lihwenwords), imJ.1854 begründet, hat bereits über 10.000 E. I). Am großen Breon. 34. Kalifornien. Das wichtigste Goldlaud; von Mexiko 1848 abgetreten. Im 1. 1857 wurde die Minenproduktiou ans 70 Mill. Dollars (ü 2 fl. 30 kr.) berechnet; von 1849—1857 hat es für beiläufig 400 Mill. Dollars Gold iu die Münzstätten von Amerika und Europa geliefert. Quecksilber jährlich an 2400 Ztr. Bevölkerung und Wohlstand wachsen in überraschender Weise. (1847 gab es 16.000 weiße Einwohner; Ende 1852 schon über 200.000, jetzt über Million; ferner Chinesen zwischen 30—40.000, Mulatten u. a.) Sau Francisco (66.000 E.), an der Mündung des Sacramento. Sehr buntes Vvlkergemisch; wichtiger Handel. Hauptort ist Sacramento (12.000 E.). 35. Oregon- Hauptort Salem; wichtigste Hafenstadt Portland; an der Mündung des Oregon das Fort Astoria. III- Territorien. 1. Nebraska, zwischen dem oberen Missouri und dem Felsengebirge. Meist Indianer, nur etwa 20.000 Weiße. (5738 ^M., — 28.800 E.). 2. Utah (—Jutäh, bewässert vom oberen Colorado und dem großen Salzsee). Das 257 Land ist von der Secte der Mormonen znm Niederlassungsorte gewählt worden. Ihre Hauptstadt ist Neu-Jerusalem (große Salzsee-Stadt, Mormonen-Stadt, 14.000 E.). — Gefammtbevölkermig über 40.000 auf 6177 geogr. cM. 3. Neu-Mexiko, mit dem Hauptorte Santa FL (8000 E.), im Hochthale des Rio arande del Norte (10.348 ciM., — 93.500 E.). 4. Washington, seit 1854 von Oregon getrennt, mit dem Hauptort Olympia. (8285 OM. — 11.600 E.) Dem Unionslande gehören auch die Galapagos-Inseln (Schildkröten, Guano, Holz) und zwei Inseln nahe der Westküste von Nicaragua. 5. Colorado, sen 1860 Territorium. Goldwäschereien (4977 OM., — 34.360 E.6 6. Nevada, seit 1860 Territorium. Bergbau ans Silber (2155 OM., — 6900 E.). 7. Jdahä, seit 1862 Territorium; nördlich von Utah und Colorado. Gold. 8. Dakota, seit 1858 Territorium. Pelzhandel (14.963 OM., — 4840 E.). g. Arizona, seit 1864 Territorium (6228 ^M.). Kulturbild. Die Mannigfaltigkeit der Boden- und Temparatur-Verhältnisse in dem ausgedehnten Unionslande bedingt eine große Mannigfaltigkeit des Pflanzen¬ wuchses. Mit Ausnahme der felsigen Gegenden des Nordens ist das Land überall sehr fruchtbar und man findet hier alle Stufen der Kultur vom Urwalde bis zur rationellsten Gartenkultur. Einwanderung und Colonisation, Ausrodung der Wälder, Anlegung von Städten, Straßen, Eisenbahnen und Kanälen, die steigende Produktion in allen Richtungen verändern die Phy¬ siognomie der Landschaften fast unter nuferen Augen. Gegenwärtig steht die laudwirthschaftliche Produktion an der Spitze der Erwerbs- und Nahrungsquellen der Union. Das wichtigste Produkt ist der Mais, dessen Anbau gleich dem des Tabaks alle Staaten betreiben; der Ertrag des ersten wird auf 600 Millionen Bushel (— Bösch'l ä 60 Pfund), des zweiten auf 250 Millionen Pfund geschätzt. Die mittleren Staaten erzeugen ungeheure Mengen an Getreide, die südöstlichen an Reis, wovon große Quantitäten zum Export kommen. Das wichtigste Produkt ist die Baumwolle, deren Ver- breituugsbezirk südlich dem 34" n. Br. liegt. Die jährliche Ernte wurde vor¬ dem Ausbruche des Krieges auf 1200 Millionen Pfnnd im beiläufigen Werthe von 90 Mill. Dollars geschätzt: d. i. fast zwei Drittheile der Quantität, welche auf der ganzen Erde in den uns bekannten Handel kam (ca. 1800 Mill. Pfund). Von jener Produktion entfallen 82 A auf die Staaten Alabama (200 Mill. Pfd.), Georgia, Mississippi, Süd-Carolina, Louisiana, Tenessce und Texas. In 20 Jahren ist die Produktion um 300 A, der eigene Verbrauch um 325 gestiegen. Für Zucker-Plantagen eignen sich nur die süd¬ westlichen Niederungen (bis 32" n. Br.), besonders Louisiana; in den nörd¬ lichen Staaten wird viel Ahorn- und Maiszucker gewonueu. Ungemeinen Reichthum hat die Union an Nutz- und Bauholz. Die Viehzucht, obwohl im Ganzen steigend, hat noch nicht jene Höhe erreicht, die sie im Verhält¬ nisse zum Ackerbaue und den natürlichen Bedingungen einuehmen könnte. In den mittleren und nördlichen Staaten kommen alle europäischen Hausthiere vor, besonders zeichnen sich aus: Virgiuien durch schöne Pferde; Connecticut, Vermont und New-Jork durch den größten Horuviehstaud; Ohio, Kentucky, Tenessee durch Schweinzucht; die Schafzucht deckt nicht den heimischen Be¬ darf an Wolle; die Seidenzucht hat keine große Ausdehnung; Jagd und Fischerei gewähren sehr reiche Beute. — Der Bergbau liefert ungemein reichen Ertrag. Obenan steht Californien mit seinem Goldreichthum, welchem gegenüber die Goldgewinnung in den anderen Uniousstaaten fast verschwin- K l u n,Geographie, S. Airfl. 17 258 det (siehe Californien) ; Silber kommt in geringerer Menge vor; bedeutend hingegen ist die Ausbeute an Quecksilber, Blei und Kupfer. Ungemeinen Reichthum besitzt die Union an Eisen (Michigan, Wisconsin, Missouri); an Steinkohlen (an der Westseite des Alleghanh-Gebirges) dürfte sie das reichste Land der Erde sein; an Salz ist Ueberfluß. Die gewerbliche Industrie hat in den letzten 25 Jahren außeror¬ dentliche Fortschritte gemacht; auch auf diesem Gebiete, wie in der Landwirth- schaft, stehen New-Jork und Pennsylvanien an der Spitze. Die industrielle Thä- tigkeit herrscht überwiegend in den nordöstlichen Staaten; im Innern der Union die Landwirthschast. Am höchsten steht der Maschinenbau aller Art. Die wichtigsten Industrien sind: die Baumwollindustrie, Hauptsitz Lowell, dann Baltimore, Patterson, Philadelphia, Cincinnati u. a.; im I. 1860 verarbeiteten über 11 '/^ Mill. Spindeln über 300 Mill. Pfund Baumwolle. (I Million Arbeiter, über 1000 Fabriken, Produktionswerth an 115 Mill. Dollars.) Für die Schafwollindustrie bestehen an 1500 Fabriken (im I. I8l5 nur 10), welche über 70 Mill. Pfund Wolle verarbeiten; Produk« tionswerth über 43 Mill. Dollars. Judustricorte: Lowell, Philadelphia, Boston,-New-Jork, Pittsburg. Die Produktion an Leinen- und Seiden- waaren deckt bei weitem nicht den Bedarf. Sehr ausgebrcitet ist die L eder- fabrikation, deren Werth man auf 33 Mill. Dollars angibt. New-Jork ist der größte Weltmarkt für Leder. Großartig ist die Metallwaaren-Jndu- strie in allen Zweigen, von einfachen Nägeln bis zn den sinnreichst con- struirten Maschinen. Nebst diesen Hauptzweigen sind noch hervorzuhcben; Tabak (Virginia, Maryland, Louisianas, Zuckerrasfinerien (Boston, Philadelphia, New-Jork, Baltimore), chemische Fabrikate, Branntweinbrennereien, Bierbrauereien, ausgedehnte Dampsmühlen (Bal¬ timore, Philadelphia, New-Jork, St. Louis), Papier, Glas, Porzellan, die großen Sage¬ mühlen am Mississippi, u. v. a. Das UnivuSland war eben in dem Stadium des kräftigsten Schassens »ud Umgestaltens, als der Bürgerkrieg ausbrach. Die wichtigsten Jndustrieplätze sind: New-Jork, Lowell, Salisbury, Boston, Philadelphia, Baltimore, Cincinnati, Patterson, Pittsburg. Der Werth der Fabrikate kann auf mehr als 1200 Mill. Dollars angenommen werden. Das Unionsland ist nächst Großbritannien die größte Handelsmacht der Erde. Die günstige geographische Lage, die reiche Küstengliederung, mächtige schiffbare Seen, Flüsse und Kanäle, Eisenbahnen (über 6000 d. Meil.), eine großartige Handelsmarine (darunter mehr als 2400 Dampfschiffe), der unternehmende Speculationsgeist und noch andere Faktoren haben diesen colossalen Aufschwung hervorgebracht. Sehr wichtig ist die Verbindung mit Europa. Die wichtigsten Handelsplätze sind (am Atlantik): New-Jork, Boston, Philadelphia, Baltimore, Charleston; (am mexikanischen Golfe): New-Orleans, Galveston; (am großen Ocean) : San Francisco, Astoria; (für den inneren Verkehr): St. Lonis, Pittsburg, Cincinnati, Santa Fs. Inn Jahre 1860 hatte die Ausfuhr den Werth von über 400, die Einfuhr von über 362 Mill. Dollars. Haupt-Exportartikel find: Baumwolle, Ge¬ treide und Niehl, Tabak; importirt werden: Zucker, Kaffee und die meisten Industrie-Erzeugnisse. Bei der großen Verschiedenheit der Volksstämme, welche das Unions¬ land bewohnen, läßt sich ein allgemeines Bild der geistigen Kultur kaum entwerfen. Die Bewohner sind theils Weiße, theils Farbige 259 (Neger, Mulatten rc.), theils Indianer. Die Weißen, über der Gesammtbevölkerung bilden das europäische Element, in welchem die bri¬ tische Nationalität so sehr überwiegt, daß die englische Sprache die herr¬ schende Geschäfts- und Schriftsprache ist. Deutsche, deren sich in jeder größeren Ortschaft vorfinden, dürften 5-6 Millionen im Unionslande wohnen; an Zahl zunächst stehen die Iren und Franzosen. — Die Farbigen sind etwa der siebente Theil der Bevölkerung; doch sind kaum '/2 Million freie und nahezu 4 Millionen Sklaven in den südlichen Staaten, während die nördlichen die Sklaverei abgeschafft haben. — Die Zahl der Indianer (Ureinwohner) vermindert sich fortwährend; man schätzt sie im Unionslandc nur noch auf 400.000. Das unstete Leben, fortwährende Kriege unter einander, Krankheiten und der unmäßige Genuß des Brannt¬ weines führen sie dem Untergange zu. Manche Stämme wurden zum Chri- stenthnme bekehrt, gründeten feste Wohnsitze und schreiten in der christlichen Kultur und Gesittung vorwärts. Mit Rücksicht auf den am 12. April 1861 ansgebrochenen Bürgerkrieg unterschied man „Unions Staatenwelche für die Aufhebung der Sklaverei zu den Waffen gegriffen, und Cou- söderirt e-Staaten," welche die Ausrcchthaltung der Sklaverei erzwin¬ gen wollten. Die ersteren hatten eine Bevölkerung von 22,341.000 Einw. (darunter 432.600 Sklaven); die letzteren 9,103.000 E. (darunter 3,521.000 Sklaven. Der mörderische Bruderkrieg ist im März 1865 für den „Norden" glücklich beendet worden, und ist im Sinne der Humanität ein neuerlicher Fortschritt anzuhvffen. In kirchlicher Beziehung findet sich eine nock- größere Mannigfaltigkeit als in nationaler. Die Mehrzahl der Weißen sind Protestanten von verschiedenen Seelen; in Louisiana, Kentucky und Florida sind Katholiken vorherrschend; Israeliten sind minder zahlreich. In den öst¬ lichen Staaten sind Sitten und Lebensweise europäisch; überhaupt schreitet die Civilisation von Ost nach West immer vorwärts; Wälder werden auSgerodet, neue Städte angelegt und diesen häufig der Name der lieben alten Heimat gege¬ ben. In intel lectn eller Kultur sind die Staaten, in denen die Sklaverei abgeschasft ist, den Sklavenstaaten außerordentlich voraus. In den letzten war nämlich die ganze Sklavenbevölkerung, zum Theil auch die freien Farbi¬ gen, sei es factisch oder sogar gesetzlich, vom öffentlichen Unterrichte ausge¬ schlossen; galt doch in einigen Sklavenstaaten selbst die Unterweisung der Sklaven im Lesen und Schreiben als „Anstiftung zum Aufruhr". Für die Elementarbildung wirken die Staats- und Nationalschulen (wohl an 100.000 in der Union); das mittlere und höhere Unterrichtswesen ist Sache der frei¬ willigen Thätigkeit und verschiedener Vereine. Unter den etwa I80„OoUoZss" (höhere wissenschaftliche Anstalten) führen 18 den Namen „Dnivarsit)-", welche jedoch nicht auf der Höhe deutscher Universitäten stehen. Die Zahl der Bibliotheken ist sehr bedeutend, im I. 1859 gab es deren 40.890 mit 122/g Mill. Bänden. Trotz der vorherrschenden Richtung des Ameri¬ kaners auf das „Praktische" herrscht in den Städten doch auch auf dem wissenschaftlichen Gebiete große Rührigkeit. Daß bei diesem vielseitigen Vor- wärtsdrängcn und Stürmen nicht alles den geregelten Gang geht, ist begreif¬ lich; aber neben den empörendsten Barbareien und Rohheiten, neben den schamlosesten Betrügereien und dem ehrlosesten Mißbrauche jedes Vertrauens sehen wir doch die Nation in ihrer Gesammtheit emporkommcn und blühen, an Macht und Wohlstand wachsen. Ungeachtet der vielen und begründeten 17* 260 Borwürfe, welche der aus allen Ländern hier zusammenstromenden Bevöl¬ kerung bisweilen gemacht werden, scheint Nord-Amerika providentiell die Aufgabe zu haben, das Christenthum und die Cultur Europa's in der „neuen Welt" zu verbreiten und über den großen Ocean nach den östlichen Staaten Asiens zu tragen. In diesem Sinne kann das Unionsland das „Land der Zukunft" genannt werden. L. Mittel-Amerika. V. Das Kaisertum Mexiko. 40.300 OM.; 8,296.000 E. (nahezu 3'/" Mill. Indianer sdie Mehrzahl civilisirt und Christen, die übrigen heidnisch), Ih, Mill. Weiße, au 2^, Mill. Mischlinge sCrevlen, Mestitzeist und an 16.000 Neger). — Die römisch-katholische Kirche ist vor¬ herrschend; die fast allgemeine Sprache des Landes ist die spanische. — Grenzen? Das Land. — Mexiko (spr. Mschiko*), das „Neu-Spanien", ist ein breites Tafelland (5000—9000 hoch), welches nordwärts an der Eiu- senkung von Tehuantepec beginnt und nach den heißen Küstenebenen der beiden Meere in Terrassen abfällt. Den südlichen Theil des Plateau's, die Hoch¬ fläche von Anach uac, durchziehen vulkanische Bergketten; auf dem Pla¬ teau von Guanaxuato beginnt der Charakter der Gebirgserhebungs; die Cordillereu theilen sich in drei Zweige. (Siehe S. 36.) Die Ostküste ist sehr flach, arm an guten Häfen; auch die steile Westküste hat nur wenig bessere Häfen. Das Land besitzt weder viele, noch große Flüsse; namentlich leiden die nördlichen Plateaux an großer Trockenheit. Die bedeutendsten Flüsse sind der Rio del Norte und der Colorado des Weste ns mit dem Gila. In klim atischer Beziehung scheidet man das Land in: den heißen Landstrich an der Ostküste mit der höchsten Temperatur des amerikanischen Festlandes; den gemäßigten an den östlichen und westlichen Abhängen und den niederen Plateaux, wo fast ein fortwährender Frühling herrscht, mit der üppigsten Vegetation; — den kalten auf der Hochebene mit relativ strengem Klima. Die Bevölkerung ist eine gemischte, relativ geringe und vielfach moralisch nnd physisch versunken; daher sowohl in den Städten als auf dem Lande große Unsicherheit von Leben und Eigenthum herrscht. Politische Eiuthcilmig und Orte: Bis zum Jahre 1821 wurde „Reu-Spanien" von einem Vice-Könige regiert. Die darauf folgenden Wirren und Umwälzungen, die sich stets wiederholenden Kämpfe hauen verschiedene Eintheilungen des Landes zur Folge. Nach der Verfassung von 1857 ward Mexiko in 24 Deparlimentos eingethcilt. Im December brachen neue Kämpfe zwischen den Präsidenten Miramou und Juarez aus. Am 16. April 1862 erklärte Frankreich der Regierung des Präs. Juarez den Krieg; am 5 Juni 1863 hielten die Franzosen ihren Einzug in der Hauplstadt Mexiko. Es wurde eine Notablen-Versammlung ein- berusen, welche sich am 10. Juli 1863 für die Einführung der constitutionellen erblichen Monarchie mit dem Titel „Kaiserthnm Mexiko" erklärte. Die Kaiserkrone wurde dem österreichischen Erzherzoge Ferdinand Max augeboten, welche dieselbe am 10. April 1864 angenommen, unv den Thron Mexiko's als Kaiser Maximilian I. bestiege» hat; am 10. Juni 1864 hielt er seinen Einzug in Mexico. Mexiko, in der Mitte des Plateau von Anahuac, mit 205.000 Einwohnern; eine der schönsten Städte Amerika's, mit der schönsten Kathedrale, prachtvollen Gebäuden *) Sprich in allen spanischen (südamerikanischen) Namen das „x" als „ch" auS. 261 und zwei großen Wasserleitungen. Universität, Fabriken, wichtiger Handel. La Puebla (83.000 E-), die älteste Stadt auf dem Plateau von Anahuac; Tampico und B era Cruz (800 E-), Haupthandelsplätze in höchst ungesunder Lage am Golf; Merida (40.000 E.) auf Uucatan, nahe au der Nordwestkiiste, treibt Seehrndel über den Hafen¬ platz Siz al; in der Nähe Ruinen von Uxmal, mit (Überresten von Tempeln, Palästen, Grabmälern u. s. w.; — Oa xaca (23.000 E.), am Rio Verde, starke Coche¬ nille-Zucht, Fabriken und Handel; — Teh uantepe c (14.000 E.), am großen Ocean; — Acapulco (4000 E.), mit dem besten Hafen Mexika'S am großen Ocean; — Guadalajara (90.000 E.), in der Nähe des Chapala-See«; Universität, Bergbau, Fabriken; - Gnanaxuato (SO 000 E.l, Silberbergwerke, Gewerbe; San Luis Potosi (40.000 E.), Silbergruben, Handel — Die Halbinsel Calisornien hat sandigen, unfruchtbaren Boden, ist sehr diinn bevölkert (kaum I0 00O Bewohner, meist Indianer), und hat nur unbedeutende Ortschaften. — An der Südostknste der Halbinfel Ducatan liegt die b ritisch e L o l onie Hon dura«, hauptsächlich wegen der Ausfuhr von Mahagoni- und Campecheholz, von Cochenille und Indigo von einiger Bedeutung. Hauptort ist Balize. Kulturbit!,. Es gedeihen sowohl nordische Knlturgewächse, als tropische Nahrungs¬ pflanzen; den fruchtbarsten Boden hat das Plateau von Anahnac; leider wird der Ackerbau ungemein vernachlässigt. Nebst den europäischen Ge¬ treide- und Obstarten werden anch Reis, Zucker, Baumwolle, Tabak, Kaffee, der Oelbanm und der Weinstock sowie mehrere einheimische Pflanzen knltivirt. Unter den Farben- und Nutzhölzern sind hervorznheben: das Cainpeche-, das Gelb-, das Brasilien- oder Fernambuc- und Cedernholz. Noch geringere Pflege findet die Viehzucht; nur das mexikanische Pferd wird geschätzt. Mit mehr Sorgfalt wird die Pflege der Cochenille betrieben. — Von höchster Wichtigkeit sind die Minen. Das Hochland ist reich an edlen Me¬ tallen; es ist das erste Silberland der Erde; außerdem gewinnt man Gold, Quecksilber, Kupfer, Eisen; ferner Smaragde, Türkise und anch Dia¬ manten. Seit der Revolution liegt der Bergbau zwar sehr darnieder, dennoch soll die durchschnittliche Jahresausbeute etwa 4000 Mark Gold und gegen 2 Mill. Mark Silber betragen. Die meisten Minen sind in Gnanaxuato (Gold und Silber), Zacatecas und Catorce. Dem großen Reichthume, welchen die Natur über Mexiko fast ver¬ schwenderisch ausgeschüttet, stehen als Schattenseite des Landes die mensch¬ lichen Verhältnisse entgegen. Die gewerbliche Industrie ist noch mehr vernachlässigt als die Landwirthschaft, in manchen Artikeln wirklich im pri¬ mitiven Zustande; nur in der Cochenille-Produktion, in der Erzeugung von gebrannten Flüssigkeiten ist sie von einiger Bedeutung. Etwas höher stehen die Gold- und Silberarbeiten. Unter den Webewaaren nimmt die Ver¬ arbeitung von Baumwolle, sowohl hinsichtlich der Quantität als der Qua¬ lität, den ersten Rang ein. Der Handel ist ein geringer. Die hauptsächlichsten Hemnisse sind: der Mangels» guten Häfen, die ungesunde Küste, der Mangel an Straßen und schiffbaren Flüssen, die Unsicherheit während der so häufigen politischen Umwälzungen. — Exportartikel: Silber, Mahagonh- und Campecheholz, Vanille, Cochenille, Cacao und Tabak. Der auswärtige Verkehr liegt über¬ wiegend in den Händen deutscher Kaufleute; er geht nach dem Unionslande, nach England, den Hansestädten und Frankreich. 262 VI. Centrnl-ammkanische Republiken. 8225 OMeilen; — 2,247.009 Einwohner. Zwischen den zwei Landengen von Tehuanlcpec und von Panama liegen breite Tafelländer, von einzelnen Gebirgsketten durchzogen und an den Rändern von hohen Vulkangipfeln überragt. (Siehe S. 36.) Die Küsten an beiden Oceanen sind reich gegliedert und bilden mehrere gute Häfen. Central-Amerika ist gut bewässert, zahlreiche Flüsse fallen nach kurzem Lauf in die beiden Meere. Der grüßte Landsee ist der von Nica¬ ragua (242 OMeilen), von hohen Vulkanen umgeben. Das Klima ist auf der Hoch¬ ebene gemäßigt, an den Küsten zwar heiß, doch nicht ungesund; in den meisten Land¬ strichen von immerwährender Frühlingsmilde. Während der Regenzeit herrschen Stürme, Ungewitter und Erdbeben; in der trockenen Jahreszeit (vom November bis Mai) ist an der Küste starker Thaufall, die Hochebene ist eine ausgebrannte Wüste. — Der Boden ist der Landwirthschaft ungemein günstig. Die Produkte sind die gleichen wie in Mexiko. Auf den Hochebenen wird Ackerbau, an den Abhängen und Küsten Plan¬ tagenbau betrieben. Die wichtigsten Erzeugnisse sind: Kaffee, Cacao, Tabak und Nutz¬ hölzer, namentlich Mahagoni- und Campecheholz, Indigo, Cochenille (Guatemala pro- ducirt mehr als die Hälfte des Bedarfes der ganzen Erde), Baumwolle, Zucker, Balsam n. a. in. — Die Viehzucht ist ziemlich erheblich. — An Metallen findet man Gold Silber, Blei, Kupfer (in Honduras) und Eisen (San Salvador); doch ist die Ausbeute bei weitem geringer als in Mexiko. — Die gewerbliche Thätigkeit ist eine geringe; Manufacte werden überwiegend au« Großbritannien importirt. Die dem Welthandel günstige geographische Lage erregt die Aufmerksamkeit der großen Handels- staaten, insbesondere Nordamerikas und Englands. Die Bevölkerung ist sehr gemischt, lieber H4 Million sind Weiße, beiläufig 80.000 Indianer, kaum lO.OOO Neger; der ganze große Rest entfällt ans Mischlinge (Mulatten, Creoleu n. s. w.). Die Verfassung der fünf Staaten ist jener im Unions¬ lande nachgebildet. An der Spitze jedes Staates steht ein Präsident. Die Sklaverei ist völlig aufgehoben. Die römisch-katholische Kirche ist die vorherrschende. 1- Guatemala (1918-UM., 1,000.000 E.): Guatemala (60.000 E.), anfeiner frucht¬ baren Hochebene; die bedeutendste Cochenille-Zucht; ansehnliche Industrie und leb¬ hafter Handel mit Maulthier-Karawanen nach den beiden Oceanen. 2- San Salvador (345 c^M., 600.000 E.): Die frühere Hauptstadt San Sal¬ ti ad ür ist im Jahre 1854 durch ein Erdbeben fast ganz zerstört worden; in deren Nähe ist nun die neue Hauptstadt Cojntcpeque zum Theile schon ausgebaut. Starker Indigo- und Tabakbau. Der wichtigste Hafen ist L a U n i 0 n an der Fonscca-Bai. 3. Honduras (2215 OM., 350.000 E.): Comayagua (20.000 E.), bedeutender Berg¬ bau. Hafenplätzc au der Honduras-Bai: Cab allo und Truxillo; Olancho hat die reichsten Goldgruben. 4. Nicaragua (2736 c^M., 400.000 E): Leon (25.000 E), in der Stäbe des großen Oceans, auf einer gut bebauten Hochebene, treibt lebhaften Handel; Reales 0, der beste Hasen am großen Ocean. Im Osten der Staaten Nicaragua und Honduras ist das unabhängige „König¬ reich der Mosquito-Küste" (oder Mosquitia) mit etwa 10.000 (nach einigen Angaben 200.000) heidnischen Indianern. Fast das ganze Land ist ein großer Wald, von Flüssen durchschnitten; der Boden ist äußerst fruchtbar, das Klima milde und gesund. Besonderen Einfluß übt England aus. Der ansehnlichste Ort ist Blewsield. 5. Costa Rica (lOll UM, 135.000 Eiuw.): San Jos6 (16.000 Einw.); Cartago (20.000 E.); Punta S Arenas, Hasenplatz am Golf von Nicoya. VII. Westilldicn. Unter Mesti 11 di en oder den Antillen (beiläufig 4500 ^Meil., nahezu 4 Mill. Einwohner) versteht inan den großen Archipel, welcher sich von den Halbinseln Florida und Aucatan bis zu den Mündungen des Ori- noco erstreckt und das mepicanische nebst dem karaibischen Meere vom atlan¬ tischen Ocean trennt. Der Archipel besteht ans 3 Gruppen: den großen 263 Antillen, den ihnen nördlich vorgelagerten Bahama- (oder Lucahas-) Inseln, und den kleinen Antillen. Die Antillen sind gebirgig, mit Ausnahme von Tabago und Trinidad; die Bahamas nieder und flach. Die nordwestlichen sind von mächtigen Bänken umgeben, zwischen welchen schmale, der Schiffahrt gefährliche Ka¬ näle führen. Die meisten Küsten sind steil und haben sichere Häfen. Die großen Inseln sind fruchtbar und wasserreich; die kleinen leiden häufig Wassermangel. Das Klima ist eines der herrlichsten unter den Tropen- klimateu der Erde; die allerdings bedeutende Hitze wird durch Land- und Seewinde etwas abgekühlt. Von höchst zerstörender Wirkung sind die häu¬ figen Herbstorkane mit furchtbaren Regengüssen und Gewittern gegen das Ende der nassen Jahreszeit (Mai bis November). Knlturveihältnisse — Westiudien ist außerordentlich reich an den mannigfaltigsten einheimischen und hierher verpflanzten Produkten; es ist (im Verhältniß zur Größe) das erste Plantagenland der Erde. Eigentliche Stapelartikel sind: Kaffee, Zucker, Tabak, Piment und Baum¬ wolle. Beim Plantagenbau werden auf den spanischen und niederländi¬ schen Besitzungen Negersklaven verwendet, deren es wohl über Million gibt. — Die Viehzucht wird am bedeutendsten auf Cuba betrieben; im Innern der großen Insel findet mau auf den Savanen große Rindvieh- und Pferdeheerden im halbwilden Zustande. -— Der Bergbau ist unbe¬ deutend, die Ausbeute au Metallen eine geringe. Nur Salz wird sowohl aus dem Meere als einigen Salzseen gewonnen. — Die gewerbliche Industrie ist nur in jenen Richtungen vertreten, welche mit dem Plan¬ tagen- und Schiffsbau in Verbindung stehen; alle Fabrikswaaren werden aus Europa eingcführt. — Nächst dem Plantagenbau bildet der Handel die Hauptbeschäftigung. Er gewinnt stets an Ausdehnung. Die Bevölkerung ist gemischt. Etwa 850.0)0 sind Europäer und Creoleu, an 2 Millionen Neger, über 1,300.000 Farbige (Mulatten) und beiläufig 9000 Indianer (auf einigen kleinen Inseln). Die Weißen und Farbigen in den spanischen und fran¬ zösischen Colonien, sowie ans Haiti, sind römische Katholiken, in den übrigen Colonien meist Protestanten. Die Neger sind zum Theil noch Heiden, auf Haiti und den spani¬ schen Colonien römische Katholiken. Mit Ausnahme von Haiti gehören die Inseln mehreren europäischen Handelsstaaten. Haiti (vormals Hispaniola oder St. Domingo), 1368 -M., beiläufig I Mill. Einwohner; darunter an 30.000 Weiße, über eine halbe Million Neger, der Rest Mulatten. Das Innere ist gebirgig. Die größte Ebene breitet sich im Südosten aus. Nebst mehreren kleinen Flüssen hat die Insel auch einige Salzseen. Das Klima ist im Allgemeinen ungesund (gelbes Fieber). Der ehemals große Produktenreichthum hat unter der Negcrherrschaft außerordentlich abgenommen. Der Export an Zucker, Kaffee, Baumwolle ist sehr gesunken; am erheblichsten ist er noch in Mahagoni- und Werkholz, Tabak- und Baumwolle. Diese Insel hat eine wechselvolle Geschichte. Gegenwärtig ist sie in 2 Staaten getheilt: HaM (im Westen) 558 l-M., ungefähr 600.000 E, ist Re¬ publik; meistens Neger oder Mulatten, welche sich zur römisch-katholischen Kirche be¬ kennen. Hauptort ist Port au Prince (—Portopränß, 21.000 E.), in einer sumpfi¬ gen, ungesunden Gegend, mit bedeutendem Handel; Kap Hai'tien (15.000 E), gesund und schön, treibt gleichfalls Seehandel. Die frühere Republik San Domingo (im Osten), mit 810 c^M. und etwa 300.000 E., ist feit 1861 spanisch. Ucberwiegend Mulatten, dann Weiße; weniger Neger, fast alle römisch-katholisch. Hauptort: San Domingo (16.000 E.), die älteste, von Europäern in Amerika gegründete Stadt, mit Arsenal, Hafen, ausgebreitetem Seehandel. Im Innern des Landes sind Sank Jago (14000 E.) und Bega (9000 E.). 1. Spanische Colonien. n) Cuba (1966 OM., über 1,450.000 E., worunter fast die Hälfte Weiße, über 200.000 freie Farbige und 500.000 Negersklaven). Die größte, fruchtbarste und L64 reichste der Antillen. Im Inneren gebirgig und von vielen Missen bewässert, hat sie an den flachen Allsten zahlreiche Buchten und Häfen. Das Klima ist zwar heiß, doch milder als auf den übrigen Antillen; im Innern ist es gesund, aber an den Flachküsten wüthet häufig das gelbe Fieber. Der wirkliche Ertrag dieser äußerst fruchtbaren, aber kaum zum dritten Theile bebauten Insel steht in keinem Verhält¬ nisse zur Ertragsfähigkeit; dennoch ist sie die Geldquelle Spaniens. Die wichtigsten Produkte sind Zucker, Kaffee und Tabak. Die jährlichen Erträgnisse werden auf 3M Mill. Dollars geschätzt. Die Ausbeute an Kupfer ist bedeutend, wovon um etwa 4 Millionen Dollars exportirt werden. In neuerer Zeit sind in der Landwirthschaft und im Fabrikswesen bedeutende Fortschritte gemacht worden. Auch für den Verkehr ist vieles geschehen, indem alle größeren Plätze mittelst Eisenbahnen verbunden sind und zahlreiche Dampserlinien nach allen Richtungen laufen. Orte: La Havana (MO.oM E), stark befestigte Hauptstadt, mit einem der besten Häfen der Erde, reichen Palästen, großem Arsenal, Schiffswerften, Mittelpunkt des spanisch-ameri¬ kanischen Handels; Cigarren- und Lhokoladefabriken, Universität, Navigationsschule. — Saut Jago (cks 6uba, 30.000), ehemals Hauptstadt, doch wird der Hafen weniger besucht, weil sich fast der ganze Verkehr nach Havana gezogen hat. Für den Verkehr im Innern ist Puerto Principe (50.000 E.), bedeutend; große Ci- garrensabriken. MatanzaS <27.000 E.), wichtiger Handelsplatz. b>) Puerto Rico (185 OM., 400.000 E., die Mehrzahl Creolen, an 60.000 Sklaven), die kleinste der großen Antillen, ist gebirgig, gut bewässert, hat ein herrliches, ge¬ sunde« Klima und sehr fruchtbaren Boden. Hanptprodukte sind Zucker und Tabak, weniger Kaffee und Baumwolle. Die Viehzucht (Rinder und Pferde) ist bedeutend, deßgleichen der Bergbau. — Hauptort ist: St. Juan de Porto Rico (30.000 E-), stark befestigt, mit ausgebreitetem Seehandel. Auch 3 der virginischen Inseln gehören den Spaniern. 2. Britische Colonien. n) Jamaica (270 OM., 400.000 E., nur an 35.000 Weiße, die übrigen Farbige und Neger; keine Sklaven, dagegen werden „Kulis" (meist aus China) als „freie Arbeiter" zur Plantagcnarbeit gedungen). Die Insel ist gebirgig; ihre höchsten Berge, die „blauen Berge", steigen gegen 7000 Fuß an. Das reich bewässerte Land ist an der hafenreichen Küste und in den Thälern sehr gut eingebaut. Das Klima ist sehr heiß, nur in den Berggegenden gemäßigter; der Äoden minder fruchtbar als auf den andern Inseln. Die bedeutendsten Produkte sind Kaffee, Zucker, Rum und Piment. Die großen Waldungen sind reich an Färb- und Nutzhölzern. Die Vieh¬ zucht ist bedeutend. Der Export umfaßt Zucker, Nnm, Kaffee, Piment, Mahagoniholz und Indigo. — Hauptstadt mit dem Sitze des Gouverneurs: San Jago de la Vega (oder Spanishtown, 6000 E.), unweit der Küste; die wichtigste britische Han¬ delsstadt: Kingston (36.000 E.), mit befestigtem Hasen. t>) Bahama-Jnseln. Meistens niedere, flache Felseninseln. Sie zerfallen in drei Gruppen: die nördlichen (eigentlichen Bahamas) sind unbewohnt; die mitt¬ leren (Lucayischen) mit dem Hauptorte Nassau (6000 E.), auf der Hauptinscl Ncw-Providence und die Insel San Salvador oder Guanahani mit Port Howe (spr. Hau, Columbus' erster Landungsplatz am 12. October 1492);— die südlichen (Passage-Inseln), wo Crooked Island (spr. Kruhk'd Eiländ) die Hauptinsel ist. v) Kleine Antillen. Die wichtigsten sind: Santa Lucia, Barbadoes, Tabago, Trinidad n. a. — Am besten angebaut und dicht bevölkert ist Barbados«; Hauptprodukt ist Zuckerrohr. Bridgetown (spr. Bridschtau», 15.000 E.), stark befestigt, ist der bedeutendste Handelsplatz der kleinen Antillen. — Trinidad (60.000 E-), mit dem Hanptortc Puerto dcEspana oder Porr Spain (10.000 E.), hat Schwefelquellen und einen Asphaltsee. Z. Französische Colonien. Von den kleinen Antillen gehören zu Frankreich: Guadeloupe (mit 3 Neben¬ inseln), dann zwei Drittel der Insel St. Martin, endlich die reichste französische Besitzung in Westindien Martinique. — Auf Guadeloupe ist Hauptort Basse¬ terre (10.000 E.), der wichtigste Handelsplatz aber Pointe ü Pitre (spr. Poänta Pitr, 15.000 E-). — Auf Martinique ist Fort Royal (7000 E.), die befestigte Hauptstadt; hingegen Saint Pierre (20.000 E.) die größte Stadt der französi¬ schen Antillen mit sehr ansehnlichem Handel. Frankreich bezieht aus diesen Colonien : 265 Zucker, Kaffee, Cacao, Rum, Tabak, Nutz- und Farbhölzer und exportirt dorthin Industrie-Produkte. 4- Niederländische Colonien. Saint Eu stäche mit der gleichnamigen Hauptstadt (6000 E.), mit lebhaftem Handel, einem Freihafen; — die Insel Saba und ein Drittel der Insel St. Martin. —Daun Curayao mit dem befestigten Hauptort Willem stadt (8000E.). Dem dürren Boden der Insel werden durch fleißige Bebauung ansehnliche Mengen Zucker, Tabak, Baumwolle, Kaffee, Cacao n. a. abgewonnen; ein Hauptprodukt ist Salz. 5- Dänische Colonien. Die virginischen Inseln: St. Croix (spr. San Kroa), mit dem Haupthandels- und Hafenplatze Christiansstadt (6000 E.), St. Jean und St. Thomas mit der befestigten Handelsstadt Charlotte Amalie (12.000 E-). Diese Inseln find sehr fruchtbar; die Hauptprodukte sind Zucker und Rum. 6. Schwedisch ist nur die Insel St Barthölemy mit dem Hanptort und Freihafen Gusta via (10.000 E.). Das Eiland ist dicht bevölkert, trefflich kultivirt, gesund, leidet aber Mangel an Quellwasser. Produkte sind: Baumwolle, Zucker, Indigo, Cacao, Tabak und Seesalz. 6. Süd-Amerika. VIII. Der tropische Norden Süd-Amerikas. 1. Guyana (beiläufig 4850 ^Meilen). Au der Küste des Atlantik ist es ein aufae- fchwemmteS Land, berüchtigt wegen seines höchst ungesunden Klimas. Das Land steigt nach dem Innern allmählich zum Hochlande empor, welches dicht bewaldete Bergketten der Sierra Parime durchziehen. Guyana ist sehr reich bewässert. Der nicht über¬ schwemmte Boden ist äußerst fruchtbar und liefert Kaffee, Baumwolle, Zucker, Cacao, Tabak, Indigo, Pfeffer n. a. m. Die Wälder sind ungemein reich "an Nutz- und Farbhölzern. Das Colonialgebiet der Briten, Niederländer und Franzosen erstreckt sich von der Küste nicht weit in bas Land; im Innern leben viele Stämme freier Indianer. u.) Britisch - Guyana, mit einer Gesammtfläche von etwa 1200 ^Meilen und an 150.000 E. Flüsse: Esscquibo, Demerara, Corentyn (Grenzfluß gegen niederländisch-Gnyana). Hanptexport: Zucker, Rum, Kaffee, Holz. — Haupiort und bedeutendster Handelsplatz ist Georgetown (25.000 E-), an der Denierara- Mündung. b) Niedcrländisch-Gnyana (oder Surinam), über 1800 ^M. und au 80.000 E. — Grenzflüsse sind: Corentyn (gegen Britisch-Guyana) und Maroni (gegen frau- zösisch-Guyaua), zwischen beiden ist der Hauptfluß des Landes Surinam. Der niederländische Fleiß hat durch Anlegung von Dämmen und Kanälen ein höchst ungesundes Land zu einer der fruchtbarsten Gegenden nmgeschaffen. Exportartikel sind: Kaffee, Zucker, Cacao, Baumwolle, Indigo, Tabak, Holz. Die befestigte Hauptstadt Paramaribo (24.000 E.), ist im holländischen Gcschmacke gebaut, die breiten Straßen sind mit Alleen von Orangen- nnd Limonienbäumen besetzt, zwischen den Alleen und den vortrefflich eingerichteten Häusern liegen Garten. Die Umgebung ist sehr gut augebant und mit Landhäusern geziert. o) Französisch-Guyana (oder Cayenne), beiläufig 1800 0M. groß, mit 30.000 E. Die Colonie ist in einem vernachlässigten Zustande; nur ein geringer Theil ist «»gebaut, der größte Theil der Küste steht unter Wasser. Hauptprodukte sind Baumwolle, Pfeffer und Gewürznelken. Die befestigte Hauptstadt Cayenne (3000 E.) liegt auf einer mit Wäldern und Sümpfen bedeckten Insel. Auf dem Festlands und einigen Küsteninselu sind mehrere Detentionsplätze, welche meist ein t'ödtliches Klima haben. 2. Republik VcneznLla (20.097 OHN.; — 1,565.000 Einwohner). Im Westen zieht die Ostcordillerc von Neu-Granada; im Sübosten erhebt sich das Bergland von Sierra Parime, welches bis an das rechte Ufer des Orinoco heranreicht. Zwischen de» beiden Hochlandschasten breitet sich die reichbewässerte Ebene des Orinoco aus, welche zwei Drittel des ganzen Staatsgebietes einnimmt. Der westliche und nördliche Theil der Ebene sind die Llanos des Orinoco; die Wal- 266 dige Ebene nimmt den südöstlichen Theil ein: diese Urwälder hängen mit jenen am Amazonenstrome zusammen. — Das Land hat großen Produkten reich ihn m, namentlich an Baumwolle, Tabak (Varinas), Zucker, Kaffee, Cacav, mehrere Droguen; dann Geireidearten, Südfrüchte u. a. m. Die Urwälder liefern vortreffliche Bau- und Farbehölzer. In den Llanos sind große Heerden halbwilder Pferde und Rinder, deren Zucht nebst dem Ackerbau die Hauptbeschäftigung der Bewohner bildet. Der Bergbau wird nur in geringem Grade betrieben; die industrielle Thätigkeit ist von keinem Belange; dagegen wächst der Handel. Venezuela, ehemals ein Theil des „columbischen Bundesstaates", wird gegenwärtig in dreizehn Provinzen cingethcilt. Die ansehnlichsten Orte sind: Caracas (50.000 E.), Hauptstadt; Universität; mit dem befestigten Hafenplatze La Guar'ia (15.000 E.); Puerto Caballo (8.000 E.), wichtiger Handelsverkehr mit Hamburg und Bremen; — Ciudad Bolivar (früher Augustora, 5000 E.), der bedeutendste Ort am Orinoco ; Aroa mit reichen Kupferminen; — Bärin a 8 (12.000 E-), wegen seines Tabaks berühmt. — Maracarbo (25.000 E.), am Kanal, welcher den gleichnamigen See mit dem Meere verbindet, mit Schifsswerfte und ansehn¬ lichem Seehandel. 3. Vereinigte Staaten von Columbia oder Ncn-GranLda (13.500 LM.; 2,890.000E.). Die Cordilleren von Nen-GranLda kennzeichnet die Gabelung in 3 Kellen, welche die Langenthaler des Magdalena- und Cauca-Flusses entschließen. Im Norden münden diese Thäler in eine heiße Kulturebcnc, an« welcher sich das Massengebirge der Sierra de Santa Marta (bis 18.000') erhebt. Die Ost-Cordillere senkt sich zu den Ebenen am Orinoco und Maranon herab. Die Produkte des Landes sind im Allgemeinen die bei den Nachbarstaaten ausgczählten. Groß ist der Reichthum an Metallen. In den westlichen Anden und im Caucathale ist die Goldausbeute erheblich «jährlich etwa 18.000 Mark), dann Platina und Silber; in den östlichen sind reiche Smaragd- und Kupscrgruben. Haupt exp ort: Tabak, Chinarinde, Kaffee, Panamahüte, Cerealien, Hölzer, Gold u. a. m. Seit 1861 bestehen die „V ereini g ten Staaten von Columbia" aus9Staaten und dem Föderaldistrikt Bogota. Panama, vormals zu Central-Amerika gehörig, hat sich diesem Staate angeschlossen. Die ansehnlichsten Orte sind: Bogota (oder Santa Fö de Bogota, 50.000 E.), auf einer 8000' hohen Hochebene, hat rauhes, feuchtes Klima, häufig Erdbeben; Muza und Somon- doco mit den reichsten Smaragdgrubeu der Erde; Antioquia (18.000 E.), in goldreicher Gegend, umgeben von Mais-, Zucker- und Pisangpflanzungen;— Pam¬ plona und Moniquira haben reiche Kupferminen; — am Cauca bei Cali und Jscuande sind Platinaminen; bei Barbacoas bedeutende Geldwäschereien, bei Zip aguire ein großes Salzbergwerk. Der wichtigste Handelsplatz ist Carta¬ gena (28.000 E-), auf einer sandigen Insel, ist befestigt, hat ein höchst ungesundes Klima. Seestädte: La Hache und Sabarilla. Panama (8000 E ). Im I. 1855 ist eine Eisenbahn über den Isthmus von Panaina eröffnet worden. Sie verbindet die Stadt Aspinwall (aus der Korallen- inscl Manzanillo im Kararbischcn Meere) mit der Stadt Panama «am gleichnamigen Golfe); die Fahrt dauert 3—4 Stunden. — Die Perlen-Inseln nn Gols von Panama sind wegen der Perlenfischerei von Bedeutung. — Die Küstengegendeu sind sehr ungesund (gelbes Fieber). IX. Der tropische Süden von Süd-Amerika. 1. Republik Ecuador (13.42) OM., an 1,040.000 E., worunter viele Indianer). Der kleinere Westtheil des Landes ist Hochgebirgsland, der viel größere Osttheil gehört zur wasser- und waldreiche» Tiefebene des Maranon. Die Cordilleren von Ecuador oder Quito durchziehen in 2 Ketten, welche Hvchthäler und Plateaux ein¬ schließen, das Land. Am berühmtesten ist das durch ein herrliches Klima, einen fast immerwährenden Frühling, die üppige Bcgetation und dichte Bevölkerung ausge¬ zeichnete, leider aber auch Erdbeben und vulkanischen Ausbrüchen ausgesetzte Hoch¬ plateau von Quito (8500'). Die Cordilleren erreichen in Ecuador die größte 267 Massenerhebung; hier ragen die Riesenspitzen und Vulkane in der Westkettc: Nliniza (16.300"), Pichincha (14.950") und Chimborazo (20.150"), — in der Ost¬ kette: Cotopaxi (17.7000, Anlisana (17.960") und der Cayambe (18420"! empor. Der Maranon bildet auf einer langen Strecke die Grenze zwischen Ecuador und Peru, und nimmt in der östlichen Tiefebene Ecuadors zahlreiche Flüsse auf, darunter die bedeutendsten Napo und Putumajo. — Die Naturprodukte sind wie in Neu-Granada.? Auf dem Hochplateau von Quito werden Ackerbau und Viehzucht ausgedehnt betrieben; zudem ist die Cochenille-Zucht von Bedeutung und ein vor¬ zügliches Waldprodnkt die Chinarinde. Aus dem Mineralreiche gewinnt man Gold, Silber, Quecksilber, Schwefel, Smaragde u. a. Die Industrie, besonders in Webewaaren, ist im Steigen; deßglcichen der Handel. Zur Ausfuhr kommen Maulthiere und Rinder, getrocknetes Rindfleisch, Butter und Käse, Wachs, Getreide, Salz, Chinarinde, Cacao. Tabak, Baumwolle u. a. « Die politische Eintheilung des Landes ist in drei DepartimentoS; ansehn¬ liche Orte sind: Quito (76.000E.) am Fuße des Pichincha, an 9000" hoch, mit fortwährendem Frühling (die Temperatur schwankt nur zwischen -s-11und -s- 13" li.); zu beiden Seiten von! riesigen Schnecbergen umgeben, eine der schönsten Aussichten auf der Erde. Die Stadt gehört zu den prachtvollsten; der Palast der Republik, das frühere Jesuiten-Collegium und das Franziskanerkloster gehören zu den größten und schönsten Gebäuden der Erde. Stark besuchte Universität. In dem reizenden Thale wechseln Citronenhaine, Obstgärten, Saatfelder und Weiden. Lebhafte Industrie in Webe¬ waaren und reger Handelsverkehr mit der bedeutendsten Seestadt des Landes, G uayaquil (22000E.); Niobamba, in der Nähe des Chimborazo, hat reiche Schweselgruben; — bei Loxa (10.000 E.), große Cinchoua-Wälder mit der besten Chinarinde; — Cuenca (25.000 E.), liefert Baumwolle, Panamahüte und Confituren. 2. Republik Peru (24.000 OMeilen, — über 2V2 Millionen Einwohner, darunter fast 1 Million Indianer). Die Cordilleren von Peru, mit den höchsten über 20.000" emporragenden Berggipfeln, schließen mehrere Hochebenen ein, unter denen jene des Titikaka-Sees die größte ist Die peruanischen Anden (zwischen den Knoten von Cuzco und Loxa) bestehen aus zwei Abtheilnngen: der kleinere südliche Theil be¬ grenzt das Quellenland des Ucayali; der nördliche besteht aus drei Parallelkettcu, von denen die zwei westlichen das Hochthal des Maranon einschließen, die östliche aber das Parallclthal des Huallaga begrenzt. Nur ein kleiner Theil des Landes gehört zum Tieflaude des Maranon. — Unter den Produkten des Landes ist der Reichthum an edlen Metallen sprichwörtlich geworden. Peru war ehemals das erste Gold land der Erde imd in Silber nur von Mexiko übertroffen; die Silber¬ minen von Potosi gaben die ausgiebigsten Silbererze, die Goldgruben von Lapaz das feinste Gold in Stufen Außerdem gibt es Platina, viel Quecksilber, Kupfer und Zinn, Salpeter in außerordentlicher Menge; endlich Steinkohlen und Salz. Die jährliche Goldausbeute wird jetzt nur ans etwa 1000 Mark und die des Silbers mit 220.000 Mark geschätzt. Das Pflanzenreich entfaltet sich am reichsten in den fruchtbaren, gut angebautcn Hvchthälern; gebaut werden nebst Getreide auch Baum¬ wolle, Kaffee, Zucker, Indigo, Arzneipflanzen, Nutz- und Farbehölzer. Unter den Thier en werden Lama und Alpaca wegen der feinen Wolle ans den Hochebenen in großen Hecrden gehalten; auch die Zucht der Schafe ist im Steigen. Eine wichtige Einnahmsqnelle ist der in ungeheuren Massen aus den Gestade-Inseln verkommende Guano (Vogeldünger). Die erwähnten Produkte kommen in großer Menge in den Handel, der sich überwiegend in den Händen der Engländer befindet. Wichtigere Städte sind: Lima (110000 E.), 1'/? Meilen von der Küste entfernt, mittelst Eisenbahn mit der wichtigsten Hafenstadt des Landes, Callao (10.000 EU, verbunden. Die be¬ festigte Hauptstadt Lima hat außerordentlich reiche Kirchen, die älteste und berühmteste Universität Amerikas, viele wissenschaftliche Anstalten. Wichtige Industrie in Wolle und Baumwolle, Gold« und Silberwaaren, Leder, Glas; ansgebreitcter Handel. Bergstädte sind: Huanca Velica, Gold-, Silber- und die reichsten Quecksilber- Gruben der Erde; — Pasco, Lauricocha und Tarma, Silbergruben (letztere Stadt liefert monatlich für V, Million Dollars Silber). — Arequiba (40.000 E.), die zweitgrößte, industriellste Stadt mit ausgcbreitetcm Handel. 3. Republik Bolivia (24.000 t'M., 1,987.000 Einwohner, darunter 1'/, Mill. Weiße). Im Gebirgsknoten von Potosi spalten sich die Anden in zwei Ketten, deren östliche 268 mit den hohen Schneegipfeln des Jllimani, Nevada de Sorata u. a. da« Plateau von Bolivia begrenzt. Das Gebirgsland senkt sich ostwärts zu den Ebenen des Maranon und des Rio de la Plata; an der Küste des Oceans breitet sich die regenlose Wüste Atacama aus. Die zahlreichen Flüsse ergießen sich theils in den Maranon, theils in den La Plata; der wichtigste Nebenfluß des ersten ist der Madeira, des zweiten der Pulcomajo. — Die Bodenprodukte sind ziemlich die gleichen wie in Peru; das Nämliche gilt von der Viehzucht und den thierischen Produkten. Am wichtigsten ist der Bergbau, insbesondere die Silberminen zu Potofi und Chuquisaca, die Goldlager von Curabapa; auch die Gewinnung von Kupfer, Zinn, Eisen, Salpeter, Schwefel u. f. w. ist bedeutend. Die Industrie ist von keinem Belange; dagegen ist der Handel zunehmend. Bolivia hat den einzigen schwer zugänglichen Seehafen Cobija und exportirt durch die peruanischen Häfen. Gegen¬ stände des Exportes sind die erwähnten Landesprodukte. Der auswärtige Verkehr wird zumeist von Engländern, Amerikanern und Franzosen betrieben. Wichtigere Orte sind: Chnquisaca (24.000 E.)> auf einer Hochebene, Hauptstadt; die bedeutendste Industriestadt tst La Paz (76.000 E.), auf dem inneren Titikaka-Plateau; — die wichtigste Bergstadt Potvsi (23000 E.), über 12.000' über der Meeresfläche ge¬ legen; — Cochabamba (41.000 E.), mit starkem Getreidebau. X. Das Kaiserthnm Brasilien. 147.600 OMeilen. — 8 Millionen Einwohner (über 5 Millionen freie (darunter l.z Mill. Weißes, 2 7- Negersklaven, 7- Mill wilde Indianer). Vorherrschend ist die römisch-katholische Kirche. — Grenzen? Beinahe '/» der Gesammtfläche Brasiliens ist Bergland, über -/, si„d Ebenen. Das Bergland, zwischen der Küstenebene und den Ebenen des Maranon und des 8a Plata, besteht aus Plateauflächeu, aus welchen sich mehrere der Küste fast parallel ziehende Bergketten erheben, unter denen die Küstenkette (Serra do Mar), die Centralkette (Serra do Villa Rica) und die Wasserscheidekette (Serra dos Verteiltes) die bedeutendsten sind. Diese Ketten sind durch breite Läugeuthäler von einander geschieden und durch Querketten wieder mehrfach verbunden. Zwischen dem brasilianischen Hoch¬ lande und der Sierra Parime dehnt sich das ungeheure Becken des Maranon aus, dessen Nebenbecken die Tiefebenen des Orinoco und des 8a Plata sind. Die schmale Küsten ebene ist vielfach eingeschnitten und hat mehrere gute Häfen. — Unter den Flüssen nimmt der Maranon den ersten Rang ein (siehe S. 36); er nimmt über 100 schiffbare Flüsse auf, darunter die bedeutendsten (rechts): Ucahali, Purus, Madeira, Ta- pajoz, Xingu, Tocautin; — (links): Japnre (oder Caqueta), Rio Negro (mit dem Cassiquiare). — In den atlantischen Ocean ergießen sich ferners: der Paranahhba und San Francisco. — - Der Parana, mit seinen Nebenflüssen Paraguah und Uruguay, hat gleichfalls im brasilianischen Berglande seine Quellen. — Unter den vielen Seen sind der Pa tos und Mirim die größten. — Das Klima ist ziemlich gleichmäßig, ein meist gesundes und angenehmes Tropenklima. Charakteristisch sind die zwei Jahres¬ zeiten: die nasse mit der größten Hitze, furchtbaren Gewittern und starkem Regen vom November bis März; die trockene, kühlere vom April bis Oktober (Rio de Janeiro hat eine Mittel-Temperatur von -f- 18° R.). Brasilien wird in 20 Provinzen eingetheilt: 16 davon sind Kiistenlandfchafien und 4 Binnenprovinzen. Die wichtigsten Orte sind: -1. In den KiistcnProvinM. Rio de Janeiro (300 000 E.), Haupt- und Residenzstadt des Kaiserreiches, Mlt 269 einem der schönsten Häfen der Erde; befestigt durch mehrere Forts. Die erste In¬ dustrie- und Handelsstadt Brasiliens, und einer der wichtigsten Handelsplätze Amerikas. Die Neustadt ist schön und regelmäßig gebaut. — Universität, Sternwarte, botanischer Garten, viele Spezialschulen, Bank; Diamantenschleifereien, Juwelierarbeiten, Zucker-, Baumwoll- und Segeltuch-Fabriken, große Siedereien von Wallfischthran. Mittel¬ punkt des südamerikanischen Handels, der besonders von englischen, deutschen und französischen Kaufleuten betrieben wird. Charakteristisch für das Produktenreiche Land ist besonders der Viktualienmarkt zu Rio. — Vielseitige Dampfschifsahrtsvcrbindungen. Die Umgebung ist überaus reizend, gut angcbaut und mit vielen Landhäusern bedeckt. — Boa Vista ist der gewöhnliche kaiserliche Landsitz. — Bahia (oder San Salvador, 150.000 E.), an der herrlichen Allerheiligen-Bai in gesunder und schöner Lage; die zweite Handelsstadt des Reiches; große Schiffswerft?, Industrie in Zucker, Baumwolle, Tabak; mehrere wissenschaftliche und Humanitäts-Anstalten. — Pcrnambuco (80.000 E.), dritte Hafen- und Handelsstadt Brasiliens; wichtiger Handel mit Ostindien, Europa und Afrika; viele englische und holländische Handels¬ häuser. Ausfuhr des Brasilienholzes. — Para (an der Mündung des ParL); Paranah Yba, Hafenplätze mit ansehnlichem Export. In Porto Seguro landete Cabral, der Entdecker der Küste von Brasilien (im I. 1500). San Paulo (30.000 E.), in fruchtbarer gesunder Gegend; ansehnliche Industrie. „Die „Panlisten" zeichnen sich durch Thätigkeit, Unternehmungsgeist und Kühnheit aus. Bei St. Francisco eine ausblühende deutsche Colonie mit dem Hauptort San Leopolde. u. In dcn Biimenprovinzen.; Ouro Preto (früher Villa rica, 15.000 Einw.), Hauptstadt des Diamanten- uud Goldbezirke«. Villa Boa (oder Goyaz) mit reichen Goldwäschereien. Cuyabü (10.000 E-), in dem gleichnamigen berühmten Bergwerksdistrikte. Kulturbild. Brasilien, eines der größten Reiche, ist durch Fülle und Mannig¬ faltigkeit der Naturprodukte so ausgezeichnet, wie wenige Länder der Erde. Das Tropenklima und der außerordentliche Wasserreichthum bedingen eine Fülle der Pflanzen- und Thierwelt, die nicht leicht anderswo verkömmt. Allein fast über 100.000 oMnllii des Landes befinden sich noch im Natur¬ zustände, und höchstens drei Prozent sind wirklich angebautes Land. Hierher gehören zunächst die Küsteulandschaften; im Innern nur die für den Bergbau bedeutenderen Gegenden mit der dichteren Bevölkerung. Brasilien hat die reichste Flora der Erde; es ist gleichwie eines der ersten Plantagen¬ länder auch eines der ersten Minenläuder. In größter Menge werden Kaffee, Zucker, Baumwolle, Tabak, Cacao und Reis gebaut. Auch mit Thee- pflanzungen hat man begonnen; ferner gedeihen vorzüglich Palmen, Bananen, Gewürze, Balsame und Arzneipflanzen. Die ausgedehntesten Wälder bieten Bau- und Farbehölzer (Brasil-, Gelbholz u. a.) in unberechenbarer Menge. Die üppigen Weiden und die Menge der Futterkräuter begünstigen die Vieh¬ zucht. Den ersten Rang in der Urproduktion nehmen jedoch Edelsteine und Metalle ein, namentlich ist es das reichste Diamautenland. Außer Diamanten und Gold (jährl. nur an 1500 Mark) findet man auch andere Edelsteine und Metalle. Von Industrie im europäischen Sinne ist kaum die Rede. Mit Ausnahme der bedeutenden Städte fehlen selbst die gewöhn¬ lichsten Handwerke. In neuerer Zeit verarbeitet man Baumwolle, Leder, Zucker n. dgl.; in Bijouteriewaareu sind erheblichere Fortschritte gemacht wor¬ den. Der Handel im Innern wird zwar durch die vielen schiffbaren Flüsse erleichtert, welche zum Theil mit Dampfschiffen befahren werden (der Mara- non, Rio Negro und Tocautin); allein es herrscht großer Mangel an Fahr¬ straßen, und er wird deßhalb vielfach mittelst Maulthier-Karawanen auf den schlechten Wegen betrieben. Gegenwärtig sind 5 Eisenbahnen theilö voll¬ endet, theils noch im Bau, zwischen Rio und der Provinz Minas Geraes, 270 Von Bahia nach Permcmbuco u. s. w. Die Ausfuhr ist am stärksten nach der Union, England und Hamburg; der Hauptartikel ist Kaffee. Bei der Einfuhr sind am stärksten England und dessen Colonien vertreten, und der größte Betrag entfiel auf Baumwollwaaren. — Für die geistige Bil¬ dung des Volkes ist leider noch zu wenig geschehen; Volksschulen sind ver- hältnißmäßig wenige und schwach besucht (l Schüler auf 100 Einwohner im Jahre 1856, —> 1460 Schulen mit 82.500 Schülern). Doch zeigt sich auch in dieser Beziehung in neuester Zeit ein beharrlicher Fortschritt. XI. Der lmßertropische Süden von Süd-Amerika. 1. Rtfmbllk Chile (spr. Tschile; 52300 Meil. 1,560.000 E.; nur etwa 150.000 Weiße, Mill. Neger, die übrigen Mischlinge und Indianer). Chile ist ein 20 bis 40 Meilen breiter Küstenstrich, welcher sich längs des großen Oceans ausdehut. Die Ostgrenze bildet der Kamm der ein- kettigen Süd-Anden, reich an Schneebergen (Aconcagua über 21.000", der höchste Berg Amerikas), Vulkanen und Metallen. Von den Anden ergießen sich zahlreiche Küstenstüfse in den Ocean. Im Norden des Flusses Coquimbo ist die Wüste Atacama; der südliche Theil ist malerisch schön, gut ange¬ baut, eines der schönsten Länder der Erde. Das „süd-amerikanische Italien" bringt Südfrüchte, Oliven, Wein, Obst, Tabak, Hanf und Flachs in vor¬ züglicher Güte und reicher Fülle hervor. Der Getreidebau liefert für den Export. Der Vieh stand ist außerordentlich groß; vorzüglich zahlreich sind Rinder und Pferde. Unter den Metallen kommt Kupfer am meisten vor, dann auch Gold (etwa 4500 Mark) und Silber (an 200.000 Mark), Eisen, Blei, Steinkohlen n. s. w. Die Industrie .ist noch geringe; grobes Wollen¬ tuch, kupferne und irdene Maaren sind die namhaftesten Erzeugnisse. Der Seehandel ist verhültnißmäßig bedeutend; er couceutrirt sich in Valpa¬ raiso. Zum Export kommen: Mehl, Getreide, Kupfer, Silber, Wolle, Häute, Holz, Talg. Zur Förderung des inneren Verkehrs sind Eisenbahnen von Santjago aus eröffnet. Chile ist dcr bestgeordnete Staat noter den südamcrikanischen Republiken; die Bewohner sind gastfreundlich, von einfachen Sitten, fleißige Laudwirthc. Nur im äußersten Süden (Arancania) wohnen unabhängige Indianer (Araucaner), welche Ackerbau und Viehzucht treiben nnd zum Theil schon civilisirt sind. Die ansehnlichsten Orte sind: Santjago (100.000 E.), in fruchtbarer wein¬ reicher Ebene, eine freundliche, regelmäßig gebaute Stadt, mit einer Universität und guten Schulen. Nördlich davon liegen das bedeutendste Kupferwerk Quillote und die Goldgruben von Petorca; — Valparaiso stO.cc.O E.), eine rasch ausblühende Handelsstadt, einer der bedeutendsten Hafenplätze an der Südsee, befestigt; wichtige Station für die um das Kap Horn fahrenden Schiffe; — Valdivia (10.000 E.), einer dcr besten Hafen mit starken Festungswerken; in der Provinz Valdivia (und im Territorium von Llanguihue) befinden sich mehrere deutsche Ansiedlungen. Die Insel Chilee ist fruchtbar, allein schwach bevölkert. Die Juan-Fer- nandez-In sein sind fruchtbar und genießen ein herrliches Klima. 2- Argentina (oder: „die vereinigten Staaten des Rio de la Plata"; — L5.5S0 ^Meilen, 1,800.000 Einwohner*). *) Außerdem gehören zum Territorium der Cvnföderation der Distrikt Gran Chaco mit 0067 ctM. und beiläufig 100 000 freien Indianern, und die südliche Wüste bis zum Rio negro mit 8967 ^M. 271 An der Westgrenze z!eht sich die Andenkette von Chile. Am Fuße der Vergland- schaft dehnen sich die ungeheueren, baumlosen Grasfluren oder Pampas des Rio de la Plata aus. Im Westen gehen die Pampas in das Platean der Salzsiimpfe mit Salzseen über. An den Flüssen ist der Boden sehr fruchtbar, aber häufigen Ueberschwemmungen ausgesetzt. — Der Hanptfluß ist der ParanL (an der Mün¬ dung Rio de la Plata genannt), mit Anschwellungen und Ueberschwemmungen im Juni und December. Er nimmt (rechts) den Grenzfluß Paraguay (bei Co- rientes) und (links) den Grenzfluß Uruguay (im Mündungsgebiete) auf. Ferners fließendem Atlantik der Colorado und der Grenzfluß (gegen Patagonien) Negro zu. Viele Flüsse ergießen sich im Innern in Salzseen. — Der Ackerbau ist noch fehr vernachlässigt; bedeutender ist die Viehzucht, vorzüglich in den Pampas, wo ungeheure Heerden von Rindvieh und Pferden im halbwilden Zustande weiden, welche den Hauptreichthum des Landes bilden. Der Bergbau ist unbedeutend, desgleichen die gewerbliche Thätigkeit. Dagegen ist der Handel in der Zunahme, welcher nach den überseeischen Ländern über Bucnos-Ayres vermittelt wird. Zum Export ge¬ langen Häute, Hörner, Wolle, Talg, gesalzenes Fleisch n a. in. Die Lonföderation besteh! aus vierzehn Staaten. Ansehnlichere Orte sind: ParanL (15.000 E.), Hauptstadt der Conföderation; der bedeutendste Handels¬ platz ist Gualeguaychn (lo.000 E.), mit vielen europäischen Kaufleuten. Cor¬ dova als Handelsplatz für Luch-und Wollenzeugmanufacturen; Salta als bedeu¬ tendster Biehmarkt, Catamarka mit vorzüglichen Baumwollpflauzungen, Mendoza mit trefflichem Weinbau (am 20 März l861 durch ein Erdbeben fast gänzlich zer¬ stört). Nördlich davon liegen die reichen Silberminen von Uspalata. BuenoS- AyreS (sanimt den Vorstädten über 122.000 E-), am rechten Ufer des hier acht Meilen breiten La Plata. Der Landungsplatz ist sehr seicht. Der Land- und See- Handel ist sehr bedeutend. Die Stadt dient als Stapelplatz für das ganze Innere von SüdamerikaZBrasilien ausgenommen), und führt Thierhänte, Hörner, Talg in ungeheurer Menge aus. Der Hauptverkehr geht nach England, dem Unionslande und den westeuropäischen Staaten. Binnenstraßen verbinden die wichtigeren Städte. 3. Republik Uruguay (oder Banda oriental, auch Montevideo genannt, 4L00 OMeilen, 350.000 E.). Aus Brasilien streichen Gebirge in das Land, zwischen denen sich die weite Ebene des Rio negro ausbrcitet; im Westen und Süden ist es eine flache, baumlose, gewinnbringende Ebene mit vorzüglichen Weideplätzen. Zahlreiche Flüsse bewässern das Land, die bedeutendsten sind jedoch die Grenzflüsse, im Westen der Uruguay (mit dem Rio negro), im Süden der La Plata. — Mit Ausnahme einiger san¬ diger Küstenstriche ist der Boden fruchtbar, wird aber nur zur Viehzucht benutzt, besonders der Pferde und Rinder; thierische Produkte bilden die wichtigsten Export¬ artikel. In Folge innerer Zerrüttung ist das Land in der Kultur sehr zurück. Ge¬ werbefleiß fehlt fast gänzlich. Die ansehnlichsten Orte sind: Montevideo (46.000 E ), am hohen Ufer des La Plata; der Hasen ist geräumig, aber den West- und Südweftwindcn ausgesetzt, und wegen der geringen Tiese können nur kleinere Fahrzeuge unmittelbar bei der Stadt antegen. Der lebpaste Handel liegt vorzüglich in französischen Händen. — Am Ein¬ gänge des La Plata ist die feste Hafenstadt Maldonado (5000 E.); auch die stark befestigte Stadt Colonia del Sacramcnto hat einen guten Hafen. Uruguay besitzt die drei besten Häsen an vcr Mündung des La Plata und diesem Umstande verdankt der Staat eine große commerzielle Wichtigkeit. 4. Republik Paraguay (16.577 ^Meilen, 1,337.060 Einwohner, etwa 10 Perc. Weiße, sonst viele Indianer, znm Theil noch Heiden). Dieser Binnenstaat wird im Westen und Osten begrenzt von den Flüssen Paraguay und ParanL bis zu ihrer Vereinigung im Süden; die Nordgrenze ist noch vielfach unbestimmt. Der östliche Theil wird von Verzweigungen des brasilianischen Berg¬ landes durchzogen; der westliche ist Flachland, theilweise sumpfig, den Ucberschwem- mungen des Paraguay ausgesetzt. Der wichtigste Nahrungszweig ist der Ackerbau, obwohl er noch wenig für den Export producirt. Nebst Nahrungspflauzen werden auch Baumwolle, Zucker und Tabak gebaut; ausgedehnt sind die Pflanzungen von Paraguay-Thee (Matd). An Nutzhölzern ist bei dem ausgedehnten Waldstande ein Ueberfluß. In der Viehzucht nehmen die Rinder- und Pferdeheerden den ersten Rang ein. Die Industrie ist auf sehr geringer Stufe; auch der Handel ist minder umfangreich, als er bei der günstigen Lage des Landes sein könnte. Exportirt werden 272 Holz, Häute, Tabak, Paraguay-Thee. Hauptort ist Asuncion (25.000 E.), am Paraguay, der Stapelplatz für den gcsammten auswärtigen Handel. In der Umgegend von Villarica (9000 E.) wird der meiste Paragnah-Thee gesammelt. 5. Patagonien; — die stidamcrikanischen Inselgruppen und Südpolarländer. 1. Im Süden von Chile, Argentina und Bnenos-Ayres dehnt sich bis zur Süd¬ spitze des Continentes Patagonien mit einem Flächenraume zwischen 16- bis 18.000 OM. aus. Es zerfällt in zwei Theile. Im Westen ziehen sich die'patagonischen Cordil- leren, welche in der unteren Region mit reichen Waldungen (Buchen, Birken u. a.) bedeckt sind. Der Boden ist naß, das Klima milde und gleichförmig; aber fast be¬ ständig herrschen Regen und Nebel und ost brechen furchtbare Stürme aus. Der Küste sind zahlreiche Inselgruppen vorgelagert. — Nach Osten fallen die Anden zum baumlosen, an Seen, Sümpfen und Steppen reichen Tieflande herab. Im Norden sind ausgedehnte Viehweiden; nirgends findet sich ein regelmäßiger Anbau. Im Norden sind zahlreich Pferde und Rinder. Das Land bewohnen wilde und heidnische Jndianerstämme, Patagonier, welche in viele Stämme zerfallen. Sie ernähren sich von der Jagd, einige auch von der Viehzucht. Sie sind gewöhnlich S'/, bis 6 Fuß hoch, gewandte Reiter und Jäger. An der Magelhaens-Straße und den süd¬ licheren Inseln wohnen die ans der niedersten Stufe der Kultur stehenden P e s cheräh, die „Eskimos des Südens." Schiffe besuchen bisweilen wegen des Wallfisch- und Robbenfanges die Küsten Patagoniens. See-Elephanten und Pinguine erscheinen in großer Menge an den Küsten. 2. Im Süden der Magelhaens-Straße liegt der Feucrlands-Archipcl. Die größte Insel ist das Feuerland; von dieser durch die Straße Le Maire getrennt, liegt südlich die Staaten-Insel; die Südspitze der südlichsten Insel Hoorn ist das Kap Hoorn. Die Inseln sind meist bewaldet, vielfach morastig, das Klima kälter als unter gleicher Breite auf der nördlichen Halbkugel. Dieser armen Natur entspricht auch der Mensch. Die zu 2000 geschätzten kulturlosen Pesch erähs leben hauptsächlich vom Fischfänge. — An 70 Meilen vom Ostcingange der Magelhaens-Straße liegen die britischen Fnlklands-Jnseln. Die zwei großen heißen West- nnd Ostfalkland. Die Inseln sind gebirgig, wasserreich mit üppigem Graswnchs, reich au Heerden verwilderter Pferde, Rinder und Schweine. — Die Gruppen der Aurora-Inseln, Süd-Georgien, das Sandwichlaud, die südlichen Orkaden, die Süd- Shetlauds-Jnseln sind nackte Felseninscln ohne alle Vegetation. 3. Den Südpol scheint ein Coutiuent oder eine Menge größerer und kleinerer Inseln zu umschließen; mau bezeichnet die entdeckten Länderstriche mit dem Nameu antarktischer Continent oder das Siidpolarland. Ll n st rali e n (160.000 ^Meilen; 4 Mill. Einwohner.) I. Australien und die britischen Colonien. L. Das Festland. Die horizontale Gliederung des Festlandes ist im Norden und Süden eine relativ geringe; dagegen ist sie im Südosten ungemein reich, und die große Menge von Buchten und Häfen ist ein Mittel- H Historische Ucbeisicht dcr Entdeckungen. Der Anfang zur Entdeckung von Australien (anfänglich Süd-Indien, später Polynesien genannt) ward gemacht, nachdem Amerika und die Südsee den Europäern bekannt wurden. Die Portugiesen beanspruchen die Ehre der Entdeckung dieses Erdtheiles, da sie schon unter Magelhaens im Jahre 1521 einen Theil dieser Inselwelt (die Niedrigen Inseln, die Marianen oder Ladronen, wo Magelhaens starb) untersuchten. Im Jahre 1526 entdeckte der Portugiese Meneses Neu-Guinea; 1527 der Spanier Saavedra die Marschalls-Inseln; 1567 Mendana die Marquesas-, Salomons- und Königin Charlotten-Inseln. Torres und Quiros entdeckten 1606 Tahiti und die Nenen-Hebriden; aus dieser Reise wurde auch die nach Torres benannte Straße zwischen Neu-Holland und Neu-Guinea ansgefunden. Die 273 punkt für die Schiffahrt der Süd-Hemisphäre und der Colonisation geworden. Ueber die verticale Erhebung läßt sich wenig Bestimmtes sagen, indem über des Kontinents noch gänzlich unbekannt sind, und das von Europäern be¬ suchte Terrain noch nicht genau durchgeforscht ist. Im Allgemeinen scheint das Flachland vorzuherrschen; aus den Küstenlandschaften steigen isolirte Bergketten auf, die sich jedoch weder durch Mannigfaltigkeit noch durch Großartigkeit auszeichnen. — Das Festland hat wenig beständig flie¬ ßende Gewässer; es ist der wasserärmste Erdtheil, dessen lehmiger Boden die atmosphärischen Niederschläge rasch einsaugt. Alle uns bekannten Flüsse Australiens bieten fast die gleichen Erscheinungen dar. (Siehe Seite 39.) — In Hinsicht des Klima unterscheidet man drei größere Regionen: das nörd¬ liche, ganz tropische Australien (von II' —2ö° s. Br.); — das mittlere subtropische, in der Südhälfte des ContinentcS; — das südlich gemä¬ ßigte (wozu Tasmauia und Neu-Seeland gehören). Im tropischen Austra¬ lien ist die Witterung durch die Monsune bedingt; im subtropischen wech¬ seln die trockene und nasse Jahreszeit ab; oft herrscht große anhaltende Dürre, dabei heißer versengender Wind; nicht ein Grashalm ist zu sehen, erste Entdeckung des australischen Festlandes geschah durch ein holländisches Schiff, welches im Jahre 1606 die Ostküste des Carpcntariagojfes erreichte. Alsbald wurde durch Holländer von Amboina aus eine Entdeckungsreise nach dem Kontinente Australien unternommen, der nun den Namen Neu-Holland erhielt. Der holländische General- Gouverneur Van Diemen sandte von Batavia eine neue Expedition unter Abel Tas man aus, welcher im Jahre 1642 Van-Diemensland (jetzt Tasmauia), Nen-Sce- land und andere Inseln entdeckte. Auch der Engländer Dampfer besuchte (l688 und 1699) Küstenstrecken von Nen-Holland, Neu-Guinea, sowie mehrere Inseln. Zur allge¬ meinen Kenntuiß kam jedoch der grösste Theil Australiens durch den berühmten englischen Seefahrer des IS. Jahrhunderts James Cook (spr. Dschäms Kuhkl, durch dessen'Reisen von 1768—1779 unter Mitwirkung seiner Begleiter, der Naturforscher Banks und der beiden Forster, der große Ocean ans dem Dunkel hervortrat. Seitdem haben nicht nur russische, englische und französische Seefahrer (La Peyrouse 1786, Bau din 1801, Fliuders 1802, Krušen stern 1803, Kotzebue 1815, 1818, King 1824, L eg o aran t 1827 u. a. m.), sondern auch christliche Missionäre und britische Ansiedler unsere Kenntniß von Australien bereichert. Die genauere Erforschung des Innern von Neu-Holland begann i. I. 1810 und wurde namentlich seit 1814 beharrlich fortgesetzt. Der deutsche Reisende 1)r. Leichardt ist 1845 weiter als irgend einer seiner Vorgänger (Capitän Sturt nicht ausge¬ nommen) in das Innere vorgedrungen. Von seiner zweiten Expedition kehrte er leider nicht mehr zurück, und seit 1849 ist über ihn nichts mehr bekannt geworden. Die Expe¬ ditionen der letzten Jahre haben zwar wenig erhebliche praktische Resultate gebracht, sind aber höchst interessant und von wissenschaftlichem Wertste, namentlich die seit dem Jahre 1840 durch Ehre, Front, besonders Sturt, dann Gohder, Freeling, Gregory, Mac Donell, Babbage, Stuart, Warburton unternommenen, zum Theile noch fortdauernden Entdeckungsreisen. Einer der bedeutendsten dieser Reisenden, Gregory, untersuchte 1855 und 1856 das System des Victoria-River und gelangte bis 20° 16'in das Innere. G oyder und Freeling besuchten 1857 den Torrens-See; Hack drang in dem¬ selben Jahre vom Spencergolf nach Nordwesten und fand jenseits des Mount Strnt im südaustralischen Berglande ein wohlbewässertes, fruchtbares Weideland. Im Oktober 1857 brach von Sydney eine Expedition unter SPence nach dem Darling-River; im Februar 1858 eine andere unter Gregory zur Aufsuchung Leichardts auf. Im Jahre 1860 gelang es dem kühnsten und unermüdlichsten australischen Reisenden I. Mac Donall Stuart, dem Begleiter Sturts auf dessen berühmter, schreckensvoller Reise nach dem Innern (1844 — 1846), fast den ganzen Continent von Süd nach Nord zu durchkreuzen. Im August 1860 ist unter Burke von Melbourne aus eine abermalige große Expedition nach dem Innern aufgebrochen. Die Kenntnisse über Australien wackscn gegenwärtig von Jahr zn Jahr, und bald bürste ein großer Theil der weißgelasseneu Fläche auf unseren Landkarten nicht mehr bestehen- Klun, Geographie 6. Ausl. k.8 274 Tausende von Schafen und Rindern gehen zn Grunde; — in Süd-Au¬ stralien ist das Klima gemäßigt und wird trotz der außerordentlich schnellen Veränderung der Temperatur für sehr gesund gehalten. Der Pflmizenrcichthnm ist sehr groß. Eigentliche Urwälder findet inan nicht; die Bäume kommen meist in Gruppen vor. Zu den vorherr¬ schenden Pflanzen gehören die Gummibäume, dann Akazien, Fichten, Cedern, das Mali-Strauchwerk, die Salzpflanze u. s. w. In Ost- und Südaustralieu gedeihen die europäischen Obst- und Früchtesorten, Küchen¬ gewächse und Getreide. Der Weinbau wird in einigen Gegenden mit Erfolg betrieben. Mit Tabak, Baumwolle und Zucker find Versuche gemacht worden; doch fehlt es noch vielfach an Arbeitskräften. Neu-Holland scheint in Bezug auf die Thicttvekt vielfach das „Land des Widerspruches" zn sein. Die Vögel zeichnen sich durch Farbenpracht aus; sehr zahlreich sind die Wasser- und Sumpfvögel. Große Vierfüßer und eigentliche Naubthiere gibt es in Australien nicht. Das merkwürdigste Säugethier ist das Kän¬ guruh und das kleine fliegende Bcntelthier Walloby. Ungemein groß sind die Schaf- und Rindviehheerden in den englischen Besitzungen. Landplagen sind der wilde australische Hund (Dingo), die Heuschrecken und die vielen Stechfliegen (Moskito's). Von den Säugethieren des Meeres findet sich vielleicht die Hälfte an den Küsten Australiens; dagegen besitzt das Land kaum den zwanzigsten Theil von Säugethieren des Landes. Die Urbevölkerung gehört zn den Austral-Negern (NegritoS), einer Ver¬ mischung der malayischen mit der äthiopischen Race. Im Urzustände sind sie wild, schmutzig, heimtückisch und boshaft, abschreckend häßlich, mit tätowirtem Körper. Im Zustande äußerster Rohheit ziehen sie ohne feste Wohnsitze in kleinen Horden umher, die Befriedigung ihres Hungers ist fast ihr einziges Lebensziel; sie sind der Civilisation unzugänglicher als irgend ein Volk der Erde. Die Versuche, sie für Ansässigkeit und Bodenkultur zu gewinnen, sowie die Versuche der christlichen Missionäre sind bis jetzt vielfach gescheitert; sie verschwinden mehr und mehr ans den colouisirten Küstenländern und gehen in den öden Wüsten des Innern dem Untergange entgegen. — In ihrer Sprache herrscht unter den verschiedenen Stämmen eine große Verschiedenheit. — Desto stärker ist die Einwanderung ans Europa und Amerika, namentlich von Engländern, Deutschen, Franzosen und Chinesen. Großbritannien nimmt die Herrschaft über das ganze continentale Australien in Anspruch; die administrativen und gerichtlichen Einrichtungen sind denen des Mut¬ terlandes nachgebildet. t!. Die britischen Kolonien. 1. Neu-Süd-Wales (3-12.000 E.). Die Hauptnahrungszweige sind Ackerbau und Viehzucht, vor Mein Schafzucht. An industriellen Anstalten ist nur Sydney ziemlich reich, es besitzt Eisengießereien, Maschinenfabriken, Schmclzhütten, Bier¬ brauereien, Zuckersiedereien, Gerbereien, viele Mühlen, eine geräumige Werste, drei Docks n. a. m. Der Handel der Kolonie ist stets im Wachsen. Den größten Werth repräsentiren in der Einfuhr: Brod und Mehl, Spirituosen, Zucker, Bier, Thee, Tabak; in der Ausfuhr: Wolle, Schafe, Baumwollwaaren uud Gold. Der größte Verkehr ist mit England und den jüngeren Kolonien. Sydney (spr. Sidni, 70.000 E.), auf der kleinen Halbinsel zwischen Port Jack¬ son (spr. Dschäks'n) und Botany-Bai; die erste australische Handelsstadt, Mittelpunkt der Dampfschiffahrt und des Wallfischfanges im Süden, mit ansehnlicher Gewerbs- thätigkeit, großen Gebäuden, Universität, Sternwarte, botanischem Garten, überhaupt im europäischen Geschmacks gebaut uud eingerichtet. Eine Eisenbahn führt nach Paramatta, von da nach Liverpool, Campbell-Town und Goulbourne, in der Mitte großer Schäfereien gelegen. Eine Telegraphenlinie zwischen Sydney und Mel¬ bourne, und von da nach Adelaide und Tasmauia; der Postwagen fährt über Penrith und Bathurst. — Paramatta (12.000 E.l, an der Mündung des gleich¬ namigen Flusses in den Jackson; — Bathurst (spr. Bäds'ört, 6000 E.s, am 275 Macquaricflusse, Mittelpunkt reicher Land» und Viehwirthschaft sowie des bedeutendsten Goldbezirkes der Kolonie; — am Hunter im Kohlendistrikte sind die anfblühenden, mittelst Eisenbahn verbundenen Städte Newcastle (spr. Rjukass'l) und Maitland ;spr. Mehtländ); Ophir im Golddistrikte. 2. Quecn'slaud (spr. Kwinsländ) au der Moretou-Bai, mit 26.300 OM. und an 50.000 Einwohner (darunter an 35.000 Weiße), wurde im April l859 von Neu- Sud - Wales getrennt und zu einer selbstständigen Kolonie mit dem Hauptorte Brisbane (6000 E.) erhoben. Die Stadt ist bedeutend durch den Verkehr mit Sydney in Holz und Wolle. 3. Victoria, srüher „das glückliche Australien." Vor 20 Jahren war die Be¬ völkerung kaum einige Tausend Köpfe stark, jetzt beträgt sie über '/2 Mill. Hier ist das Land der Goldgräber, deren Zahl gegenwärtig über hunderttausend be¬ trägt und stets noch wächst. Die Goldgräber haben jedoch auch Ackerbauer, Vieh¬ züchter, Handwerker und Kaufleute nach sich gezogen. Für den Erlaubnißschciu zahlt der Goldgräber monatlich 10 Schillinge (5 st.) au die Regierung; dafür kann er Löcher graben, so viele als er will, aber keines größer als 12 (Ist. Vom Jahre 1851 bis Ende 1857 wurden aus Victoria 17,831.334 Unzen Gold, im Werthe von über 175 Mill. Gulden ausgeführt. Nächst Gold ist bedeutend die Ausfuhr an Wolle. Der Handel ist ungemein im Steigen. Fast der Gesammtverkehr findet mit Eng¬ land und den Kolonien statt. Auch die Zahl der industriellen Etablissements mehrt sich fortwährend. Melbourne (sp. Mel'böru, im März 1859 über 89.000 E., jetzt an 125.000 E.), ungemein rasch anfblühende Hauptstadt in sehr fruchtbarer Gegend, wichtiger Handels¬ platz, insbesondere Ausfuhr von Wolle, Gold uud Wem; mit allem europäischen Luxus, zahlreichen gelehrten und HandelSaustaltcu, großem botanischen uud zoolo¬ gischen Garten; Post- uud Telegrapheuverbindung mit L-yduey und Adelaide, unter¬ seeischer Telegraph nach Launceston auf Tasmania, Eisenbahn nach den Golddistriktcn von Sandhurst, Dampfschiffahrt u. s. w. — Williamstown (sp. Niljäms'- taun, 5000 E.), Hascuplatz von Melbourne am Port Philipp; — Greclong, (au 30.000 E.), vom reichsten Ackerbaudistrikte umgeben und Hanptstapelplatz für die zahlreichen Wollenstatiouen der Kolonie. Im Osten liegen die fruchtbaren Küsteuebcncn des „Gipslandes" mit dem Hauptorte Alberton; Goldstädtc sind: Ballaret (22.000 E.), Bendigo, Sandhurst, Forest Creck. 4. Siid - Australien (über 14.800 deutsche ^Meilen, über 127.000 Einwohner, darunter an 3000 Eingeborne; die Deutschen bilden nahezu 7, der Gesammt- Levölkeruug). Die Kolonie zeichnet sich besonders durch ihre Bergwerke auf Kupfer und Blei aus. Der Hafen zur Verschiffung der Kupfererze ist Port Henry. Auch die Blei- uud Silberbergwerkc sind von Bedeutung. Der Ackerbau wird sehr stark, namentlich von den Deutschen, betrieben. Weizen bildet die Hauptfrucht, und die Mehlausfuhr belief sich schon im Jahre 1857 über 580.000 Centuer. Unter deu 70 Getreidemühlen werden 63 mit Dampfkraft betrieben. Ohne je gedüngt zu werden, hat der Boden noch nie eine eigentliche Mißernte geliefert; erst jedes dritte Jahr wird der Acker ordentlich umgepflügt und besäet. Die Viehzucht ist in Aufnahme; desgleichen mehren sich die industriellen Unternehmungen. Zum Export gelangen Wolle, Mehl, Kupfer und andere Metalle. Ansehnliche Orte sind: Adelaide (35.000 E.), nahe der Mündung des Torreus in den St. Vincent-Golf, schön gebaut, mit mehreren Schulen (auch eine deutsche höhere Bürgerschule), Haupthaudelsplah der Kolonie. Zum Hafen Port Adelaide führt eine Eisenbahn, wo sich das Zollhaus, eine Schiffswerftc, Waaren- magazine u. s. w. befinden. Ueberdieß noch mehrere Hafenstädte. Am Südende des Golfes St. Vincent liegt die Insel Känguruh. Viele Känguruhs. 5. Wcst - Australien (2IOO ^Meilen, 16.000 Einwohner). Das große westliche Küstenland besteht größtentheils ans sandigem Flachlande oder steilen Dünen, hat weder gute Häfen noch große Flüsse, und ist zur Colonisation minder geeignet. Au gutem Weideland fehlt es nicht, auch gibt es einige Striche guten Ackerlandes, sowie man Spuren von Metallrcichthum findet. Hauptort ist Perth (3000 E.) am Schwanenfluß mit einigem Handel, der sich jedoch mehr in der Hafenstadt Fr ec- ma nt le (sp. Frihmäntl, 3000 E.), an der Mündung des Schwancuflusses, couceutrirt. In deu Jahren 1824 und 1826 ist eine Ansiedlung an der äußersten Spitze der Nordwestküstc gegründet worden; allein die Niederlassungen auf den Inseln Mel¬ ville und Bathurst mußten ausgelassen werden. — Im Jahre 1831 wurde östlich 276 von Melville auf der Halbinsel Coburg der Ort Victoria am Port Essington begründet; aber auch diese vereinsamte Station wurde später aufgegeben. tz. Tasmania*), eine britische Insel, durch die Baß-Straße vou der Südspitze des australischen Continentes getrennt. Die Häsen der Südostküste gehören zu den besten der Erde. Die Oberfläche zeigt einen Wechsel von rauhen Gebirgsländern und reich bewässerten, fruchtbaren Hochebenen. Die Form des Flachlandes fehlt. Das Klima ist ähnlich dem von Süddeutschland, obgleich mehr dem Wechsel unterworfen. Die Vegetation ist viel frischer und üppiger als auf dem Festlande. Die Viehzucht ist'sehr im Zunehmen. An Mineralien findet man Eisen, Kupfer, Blei, Silber, Gold und Steinkohlen. Die Ausfuhr umfaßt Bauholz, Schafwolle, Getreide, Wallfisch- thran, Seehundsfelle u. s. w. Im Jahre 185s war die Bevölkerung schon über 84.000 E. und hatte wahrscheinlich keine Eingebornen mehr. Ansehnlichere Orte sind: Hobarton (oder Hobarttown, 20.000 E.), die modern gebaute Hauptstadt, am Fuße des Tafelberges und am Derwent, nicht weit von dessen Mndnng in die Stnrmbai; der Hafen ist sehr günstig für die Wallfisch- und Seehundsfänger der Südsee. Außer mehreren Thranbrennereieu gibt es hier Bier¬ brauereien, eine große Tuchfabrik n. a.; Launceston (8000 E.), Binnenstadt am Tamar, Stapelplatz für den Nordtheil der Insel. In der Baß-Straße sind die Inseln Stationsplätze für dm Walisisch- und Robbenfang. 7. Neu-Seeland, eine Doppelinsel, gehört den Briten. Die Nordinsel ist durch die Cooks-Straße von der Südinsel getrennt; im Süden der letzten liegt die Stewart- (sp. Stjuh'örd) Insel. Die Gesammt- bevölkerung wird auf etwa 200.000 E., darunter die europäische auf 50.000 E. (im Jahre I8S8) angegeben. — Die Nordinsel ist theils niedere Hochebene, theils ein von Flüssen zerschnittenes Längengebirge, mit schneebedeckten Bergrücken. Von den zahlreichen Vulkanen (I)r. Hochstetler fand deren über 60) ist (außer dem Tongariro) keiner thätig; dagegen gibt es eine Menge Solfataren, Dampfhöhlen, Seen mit heißem Wasser und heiße Quellen. Hauptort ist Aukland (10.000 E.) mit dem Sitze der Regierung, sehr gutem Hafen und lebhaftem «Seehandel. — Die Süd¬ insel hat fruchtbare Thäler und grasreiche Ebenen bis an das Bergland im Innern, aus welchem sich schneebedeckte Gipfel erheben. Die höchst eigenthümliche Vegetation weiset indische, australische und südamerikanische Pflanzen auf. Der neuseeländische Flachs ist berühmt. Europäische Kulturpflanzen gedeihen vortrefflich. Landthiere sind reich vertreten ; der Fischfang ist äußerst ergiebig. Auch an Mineralien ist Neu- Seeland reich. Orte sind: Nelson (9000 E.); Canterbury (7000 E.), an der Ostkllste, starke Ausfuhr von Wolle. Auch die Stewartinsel ist bewohnt und reich an Borstenvieh und Geflügel. Englisch sind serners mehrere unbewohnte Stations- Plätze für Wallfisch- und Robbenfänger. II. Die Australischen Inseln. L. Der innere Jnselgürtel. 1. Das französische Gouvernement Nen-Calcdonien mit der gleichnamigen Insel und dem Hafen Balade (Porte de France), dann den Loyalty- (spr. Leuälti) Inseln, von Menschenfressern (Papuas) bewohnt. Auf den Loyalty-Jnfeln waren Götzen¬ dienst und Menschenfresserei im Jahre 1855 schon ausgerottet. 2. Die neuen Hebriden sind hohe Gebirgs- und Waldinseln, die Küstenstriche nieder und außerordentlich fruchtbar. Im Innern Vulkane und heiße Quellen. Die Bevölkerung bilden Papuas, wilde Menschenfresser. Die größte Insel ist Espiritu Santo oder „Heiligen-Geist-Jnsel." 3. Archipel von Santa Cruz. Die größten Inseln sind gebirgig mit thätigen Vulkanen, die kleineren Flachholme, von Korallenriffen umgeben. Die Bewohner sind Papuas. Die größten Inseln sind Nitendi und Santa Cruz. 4. Die Salomons-Inseln, noch sehr ungenügend bekannt, sind gebirgig, zum Theil vulkanisch ; die Vegetation ist reich und üppig. Die Schiffahrt ist wegen der zahl¬ reichen Korallenriffe sehr gefährlich. Bewohner Papuas. *) Der seitherige Name „Ban Diemen's-Land" wurde im Jahre 1855 vou der britischen Regierung in Tasmania umgeändert, zu Ehren des ersten holländischen Entdeckers Abel Jansen Tasman (1642), und weil auch schon im Norden von Australien ein Van Diemen's-Land liegt. 277 5. Ncu-Britanmcn; mehrere Inseln, meist gebirgig und waldig, zum Theil vulkanisch. Ueppige Tropenvegetation, zahlreiche Thierwelt. Die Bevölkerung Papuas. tz. Die Admiralitäts - Jnsclll, eine größere, die Admiralitäts-Insel, und viele kleinere, im Ganzen noch wenig erkundet. Die Bewohner sind Papuas. 7. Die Louisiade, eine Kette bergiger, von Papuas bewohnter Inseln, die sich von Neu-Guinea nach Osten ziehen. Die Gruppe ist die unbekannteste, kein europäisches Schiff hat diese Inseln zum Zwecke einer näheren Durchforschung besucht. 8. Neu-Gniiica. Nur einzelne Stellen der Küstenländer sind bekannt. Diese sind überall mit dichten Wäldern bedeckt und zeigen die üppigste Vegetation. Unter der Thierwelt sind bemerkenswerth die prächtigsten Vögel der Erde. Das Innere scheint ein hohes Gebirgsland zu sein. Die Papuas und Alfurus sind Menschenfresser, kriegerisch. Die Niederländer nehmen den Westtheil der Insel in Anspruch. L. Der äußere Jnselgürtel. 1. Die Pelcw- (Palnos-) Inseln (im Norden von Neu-Guinea, im Osten von den Philippinen). Die Gruppe besteht ans mehreren Attols. 2. Die Marianen ober Ladroncn (spanische Colonie) ; nur Guahan und Rota (die südlichsten) sind bewohnt. Die Bewohner (Ureinwohner gibt es nicht mehr) treiben Landbau. Hauptort ist A g a n a (auf Guahan). 3. Die Carolinen, au 400 größere und kleinere Lagnnen-Jnseln. Auf mehreren erhebe» sich Vulkane. Das Hauptgewächs ist der Brodfruchtbauin. Die Einwohner, malayischer Race, stehen unter kleinen Königen, zeichnen sich durch Handelsverkehr und kühne Seefahrten aus und sind friedlicher Natur. 4. Der Lord Mulgraoe's-Archipel (oder auch „Central-Archipel") besteht aus zwei Inselgruppen: !. die Marschalls-Inseln, welche aus zwei parallelen Reihen von Ättols bestehen, deren Bewohner als freundlich nnd milde geschildert werden; — 2. die Gilberts-Inseln sind niedere Ko rallen-Jnseln; die Vegetation ist dürftig; die Bewohner stehen in fast gar keinem Verkehr mit den Europäern. 5. Die Schiffer-Inseln, alle vulkanischen Ursprunges, hoch und bergig, die Küsten steil und sicher, Korallenriffe selten. Die größte (westliche) ist Sawaii; die wichtigste am meisten bevölkerte Insel ist Upolu. Ueberall fruchtbarer Boden, prachtvolle Tropenwälder. Die Bewohner sind (in den letzten 30 Jahren) fast sämmtlich zum Christenthume bekehrt worden; es bestehen zahlreiche katholische Kirchen und prote¬ stantische Bethänser. „Die Leute verlangen nur Missionäre, Bücher, Federn, Tinte, Schreibtafeln und Papier; es ist vergeblich, Flinten und Pulver zu Markte zu bringen" — lautete der Bericht eines englischen Capitäns. 6. Die Freundschafts-Inseln oder die Tonga-Gruppe, meist niedere Korallen-Inseln. Sie zerfallen in drei Gruppen. In der'nördlichen ist Bavao die größte, in der mittleren Namnka, in der südlichen Tongatabu mit dem Hanptorte Niknalo sa. Die Bewohner sind in der Kultur bedeutend vorgeschritten. Sie leben in kleinen Staaten, treiben Feldbau, Fischerei, zeichnen sich durch nicht geringe Kunstfertigkeit aus und sind fast sämmtlich Christen, welche zahlreiche Gotteshäuser haben. Auf den nördlichen nnd mittleren sind überwiegend Protestanten, auf der südlichen Katholiken. 7. Der Fidschi-Archipel; die größeren Inseln sind vulkanisch und gebirgig, die kleineren Koralleninseln. Unter der üppigen Tropenvegetation bildet das Sandelholz den an¬ sehnlichsten Artikel. Die Bewohner treiben Landbau und leben in vielen kleinen Staaten. Das Christenthum gewinnt stets an Ausbreitung und mit ihm Civilisatiou und Kultur. Die größte Insel ist Witi-Lewu. 8. Die Cooks - (spr. Kuhk's) Inseln sind niedere Koralleninseln, nur die Hauptinsel Rarotongo ist gebirgig und vulkanisch. Die Bewohner sind zum Christenthume bekehrt nnd schreiten in der Kultur rasch vorwärts. !). Die Gesellschafts- (oder Societäts-) Inseln oder Tahiti-Archipel. Alle Inseln sind hoch nnd gebirgig, vulkanischer Natur, von Korallenriffen umgeben. Von den fruchtbaren, gut angebanten Küstenebenen steigt das Land in Terrassen bis zu den dichtbewaldeten Gebirgen hinan. Die Vegetation ist ebenso üppig als prachtvoll, das Klima angenehm und gesund, der Reichthum an Kulturpflanzen sehr groß. Das Christenthum hat milde Sitten und Redlichkeit hervorgebracht. Es gibt zahlreiche Kirchen, Schulen, Buchdruckereien für Bücher in der Landessprache, hübsche Häuser nnd Orte, Fabriken, religiöse, politische und bürgerliche Gesetze, ein regelmäßig ge¬ richtliches Verfahren; es 'ist ein geordnetes, christliches Königreich. Die bedeutendsten Inseln sind: Tahiti, Maitea und Eimeo- Die Hafenstadt Papaiti (oder Papiti) ist Sitz des französischen Gouverneurs, da Frankreich über die östliche Gruppe das 278 Protectoral ausübt. Die Königin herrscht unumschränkt noch über die westliche Gruppe uud restdirt zu Utumadro auf der Jusel Najatea. Ist. Pauiliotu-Archipel (auch „Perlen-Insel." — „Niedrige" oder „Gefährliche Inseln"). Der Archipel besteht aus etwa 80 Attols. Bei der spärlichen Vegetation lebeu die Bewohner kümmerlich vom Fischfang oder dienen den Schissen in diesen höchst gefährlichen Gewässern als Lootsen. 11. Die Mcudauu- oder Marquesas-Jiiscln sind französisches Besitzthum. Die südliche Gruppe heißt Marquesas- oder Nukahiwa-, die nördliche Washing¬ ton-Archipel. Es sind durchgehends gebirgige, vulkanische Inseln, mit heißem, doch gesundem Klima. Im Innern gibt cs gut bewässerte, fruchtbare Thaler mit herr¬ licher Vegetation; die Landschaften sind dicht bevölkert von den schönsten nnd kräf¬ tigsten aller Oceanier; sie sind jedoch wild, kriegerisch, der Kultur fast nnzugänglich nnd Menschenfresser. Nur ein geringer Thcil ist zum Christenthume bekehrt nnd da¬ durch für die Civilisation zugänglich gemacht worden. Der Hauptverkehr ist in Ta- huata auf Nukahiva conceutrirt. 12. Der Sandwich- (spr.Sänduitsch) Archipel (oder Hawaii-Inseln). Diese Grnppe besteht aus 14 Inseln; alle vulkanischer Gebirgsnatur, mit Steilküsten aber wenig guten Häfen. Die größte Insel Hawaihi oder Owaii ist im Innern Hochland, welches im Westen steil zur Küste absällt, gegen die übrigen Küsten aber sich zur fruchtbaren Ebene senkt. Aus der Hochebene erheben sich die mächtigsten thätigen Vulkane der Südsec: Manna Kea (12.800'), Manna Roa (12.600') u. a. In dem tropischen Secklima gedeihen Tropengewächse, sowie cingefnhrte Pflanzen; auch sind alle europäischen Hausthicre einheimisch geworden. Die Bevölkerung ist (seit dem Jahre 1820) fast gänzlich zum Christenthume bekehrt nnd für die europäische Bildung gewonnen worden, welche ungemeine Fortschritte macht. Die Inseln bilden ein christliches Erbkönigreich mit europäischen L>taatScinrichtnngen. Landbau, Vieh¬ zucht, mehrere Gewerbe und Handel werden mit Erfolg betrieben; namentlich ist die günstige geographische Lage für den Seeverkehr von Bedeutung. Zahlreiche Schulen, nach europäischem Muster, erfreuen sich eines wahrhaften Zndranges von Jung und Alt; christliche Bücher nnd Zeitungen erscheinen in der Landessprache; der aasgc- streute Same des Christcuthums trägt segensreiche Früchte. Die Haupt- nnd Residenz¬ stadt Honolulu (12.000 E.), aus der JnselOahu, ist ganz europäisch eingerichtet. Das RegierungSgebäude, das Repräsentantenhaus, der Konigspalast, zahlreiche Kirchen Kaufläden, das Waisenhaus, die Forts zeichnen sich durch die Bauart aus. Der Handel der Südseeinscln conceutrirt sich immer mehr in dieser Stadt. — Lahaina, auf der Insel Maui, 10.000 E., ist nach Honolulu der größte Handelsplatz; in der „Hohen Schule" werden die europäischen Wissenschaften gelehrt. Außerdem gibt es zahlreiche Ortschaften und Missionsstationen. Ist. Völlig isolirt und am weitesten gegen Osten liegen: die Oster - Insel und Salay Gomez. Die erste ist eine gebirgige, vulkanische, schwer zugängliche Insel, deren Bewohner (etwa 2000) ziemlich regelmäßige Wohnungen und Pflanzungen haben, Körbe nnd Zeuge verfertigen; die zweite „ragt aus den Flutheu — ein Steiugestell, ohne alles Gras und Moos" ; nur zahllose Schwärme von Scevögeln haben hier ihren Aufenthalt. Inhalt Einleitung. Z. I. VorLegriffc I. Mathematische Geographie - . L. Die Erde als mathematischer Körper, 8- 2. Gestalt und Abbildungen der Erde. S. 2. — 8- 3. Mathematische Punkte und Linien. S. 2. — 8- 4. Größenverhältnisse. S. 3. — 8- 5. Geogra¬ phische Lage. S. 4. 13. Die Erde als Weltkörper. Z. 6. Die Himmelskörper im Allge¬ meinen. S. 5. — Z. 7. Die Sonne. S. 6. — 8. 8. Die Planeten. S. 6. — 8. 9. Der Mond. S. 8. — 8- 10. Bewegung der Erde. S. 8. — 8- II. Tages- und Jahreszeiten. S. 9. II. Physische Geographie .' - Die natürliche Beschaffenheit der Erdoberfläche. -- ß. 12. Bertheilung und Abgrenzung von Land und Meer. S. 10. — 8. 13. Die Gestalt des Festlandes. S. 12. — §. 14. Die Gestalt und Gliederung des Erdmeeres. S. 14 — 8- 15. Beschaffenheit nnd Bewegungen des Meeres. S. 16. — ß. 16. Die Erhebungen und Vertiefungen des Festlandes. S. 19. — 8. 17. Vorbegriffe der Oro- graphie. S. 19. — 8. 18. Innere Beschaffenheit der Erde S. 21. — 8 19. Borbegriffe der Hydro grap hie. S. 22. — 8. 20. Oro- hydrographische Uebersicht von Europa. S. 23. — 8. 21. Oro-Hydro- graphlsche Uebersicht von Asien. S. 30. — 8- 22. Oro-Hydrogra- phische Uebersicht von Afrika. — S. 33. — 8- 23. Oro-hydrographische Uebersicht von Amerika. S. 36. — 8. 24. Oro-hydrographische Uebersicht von Australien. S. 39. 13. Klima nnd Produkte der Erde. — 8-25. Wärme-Verhältnisse. S. 40. — 8- 26. Winde. S. 41. — 8. 27. Lusterscheinungen. S. 42. — 8- 28. Produkte der Erde. S. 43. III. Politische Geographie . L. Die Völker. — 8- 29. Die Bevölkerung der Erde im Allgemeinen. S. 45. — 8- 30. Die Bevölkerung der Erde nach ihren körperlichen Verschiedenheiten. S. 45. — §. 31. Die Bevölkerung der Erde nach ihren geistigen Verschiedenheiten. S. 46. 13. Die Staaten. — 8- 32. Die Staatsverhältnisse. S. 48. — 8.33. Europäische Staaten. S. 49. — tz. 34. Staaten und Länder in Asien. S. 57. — 8- 35. Staaten nnd Länder in Afrika. S. 60. — tz. 36. Staaten nnd Länder in Amerika. S. 61. — 8. 37. Staaten und Länder in Anstralien. S. 64. Staaten von Europa. Kaiserthum Oesterreich K. 38. Lage, Grenzen, Größe, Bestandtheilc. S. 65. — Bergland. S. 66. — Ebenen, Gewässer. S. 67. — Klima S. 69. — 8. 39- Bevölkerung. S. 70. — 8. 40. Bodenprodnkte und Beschäftigung der Bewohner. S. 71. — 8- 41. Fördernngsmittel der materiellen Kultur. S 72. — 8. 42. Geistige Kultur S. 74. — 8. 43. Ver¬ fassung und Verwaltung. S. 75. — 8- 44. Niederösterreich. S. 77. — 8- 45. Oberösterrcich. S. 80. — 8. 46. Salzburg. S. 82. — 8- 47- Steiermark. S. 83. — ß. 48. Kärnten. S. 86. — ß. 49. Krain. S. 88. — 8. 50. Küstenland. S. 90.-§. 51. Tirol und Vorarlberg. S. 92. — 8- 52. Lombardisch-venezianisches König¬ reich. S. 95. — ß. 53. Böhmen. S. 98. - 8- 54. Mähren. S. 103. — 8- 55. Schlesien. S. 105. — 8- 56. Galizien und Lodomerien. S. >06. — 8. 57. Bukowina. S. 110. - 8. 58. Ungarn. S. 112. Seite I 2-10 10—45 45—64 66—128 280 Z. 59. Siebenbürgen. S. 119. — §. 60. Militärgrenze. S. 122. — Z. 61. Kroatien und Slavonien. S. 124. — Z. 62. Dalmatien. S. 126. Deutschland .129 Allgemeines. S. 129. — Baiern. S. 132. — Württemberg. S. 135. — Baden. S. 137. — Liechtenstein. S. 139. — Kurhessen. S. 139. — Großh. Hessen. S. 140. — Hessen-Homburg. S. 141. — Nassau. S. 141. — Frankfurt a. M. S. 142. — Waldeck. S. 142 — Königr. Sachsen. S. 143. — Sachsen - Weimar - Eisenach. S. 145. — Sachsen-Meiuingen-Hildburghauseu. S. 146. — Sachsen-Koburg- Gotha. S. 146. — Sachsen - Altenburg. Fürstenth. Schwarzburg, Fürstenth. Renß. S. 147. - Preußen. S. 148. — Hannover. S. 154. — Oldenburg. S. 156. - Braunschweig. S. 157. — Lippe. S 158. — Anhalt. S. 159. — Mecklenburg - Schwerin. S. 159. — Mecklenburg-Strelitz. S. 160. — Herzogthümer Schleßwig-Hol- stein S. 160. — Lübeck-Bremen. S. 161. Hamburg. S. 162. Seite Die Schweiz Italien Spanien ... ... Portugal. Frankreich .... . . . Belgien ... . Niederlande Asien. Staatenbildungen Asiatische Türkei Arabien Iran Border-Jndien Hinter-Jndien Afrika. Staatenbildungen Aegypten Habesch Berberei Sahara Sudan 239 Länder und Staaten an der Westküste 239 241 241 243 244 Kapland Länder und Staaten an der Ostküste . Südafrikanisches Hochland .... Afrikanische Inseln Amerika Grönland 249 Britisches Nord-Amerika .... 250 Russisches Nord-Amerika .... 252 Bereinigte Staaten von Nord-Amerika 253 Kaiserreich Mexiko 260 Central-amerikanische Republiken . . 262 Westindien - - Tropischer Norden Süd-Amerikas Tropischer Süden von Süd-Amerika . Brasilien Außertropischer Süden von Süd-Ame¬ rika . A u st r a l i e n Festland Australiens . Australische Inseln . . . 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