Nr. 6. Juni 3898. I. Jahrgang, m Wi)\ü$ Ht1.jws5.yl.ro •»■ MLüMNKLe-M«' ddlyk-2"^«« Den geehrten Lesern zur gefälligen Beachtung! Der „Stern der Neger" erscheint als illustrierte Monatschrift am Schlüsse jeden Monates und kostet jährlich 1 f(. 50 kr. ö. W. — 3 Mark mit Postversendung. Wir richten an unsere Freunde die innige Bitte, aus Liebe zum göttlichen Herzen Jesu und zu den armen Negern von Centralafrika diese Zeitschrift in ihrem Bekanntenkreise verbreiten und uns Abonnenten werben zu wollen. Zur Bestellung des „Stern der Neger" wende man sich an den P. Rector des Mission sha uses der „Söhne des hl st. Herzens Jesu" in M uh land bei Brixen (Tirol). Allenfallsige Abonnenten in Brixen können sich zur Entrichtung des Abonnements an A. Weger's Buchhandlung wenden. Neu hinzutretende Abonnenten erhalten die bereits erschienenen Nummern nachgesandt. Goxxesponöenz der Expedition. Erhalten von H. H. Schröer Steele nebst Abonnement M. 13.50 Mcssstipendien und 1.50 M. Beitrag zum Baue. — 6 fl. Messstipendien von Julie Pircher, St. Jakob. — 9 M. Almosen von Herrn G. Mosen, Lay. — Aus Furth i. W. von El. Breiter 10 M.; Paulina Reimer 4 M ; Ungenannt 3 M. — Aus Ebersberg : Fam. Eichberger 1 M.; Antoniusbrot von Ungenannt 4 M. Diesen und allen übrigen großmüthigen Wohlthätern sagen wir aus vollem Herzen ein inniges „Bergelt's Gott." — Messstipendien werden vom Missionshause dankbar angenommen mit der Versicherung gewissenhafter und prompter Persolvierung. Abbittegebei zum hlst. Herzen für die Weger ilfrilins. Süßester Jesu, Erlöser aller Menschen, sieh' gnädig herab ans die in so tiefes Elend versunkenen Völker Afrikas, die in der harten Knechtschaft der Sünde schmachten. Siehe, wir kommen, um Fürbitte einzulegen für diese unglücklichsten unserer Brüder und um Deine anbetungswürdige Gerechtigkeit zu besänftigen. In Vereinigung also mit allen Dich liebenden Seelen danken wir Dir für die unendlichen Wohlthaten, die Du auch diesen Völkern erwiesen hast; und im Verlangen, Deinem heiligsten Herzen Genugthuung zu leisten, bitten wir Dir ab ihren Unglauben, bitten wir Dich um Verzeihung wegen ihrer Herzenshärte, beweinen wir alle Sünden, mit denen diese Völker und ihre Vorfahren, angefangen vom unglücklichen Cham bis auf diese unsere Tage, Deine göttliche Majestät beleidigt haben. Zum Ersatz aber und zur Versöhnung bringen wir Dir dar und opfern wir Dir auf unsern größten Schatz, Dein eigenes hlst. Herz, das von all' diesen Sünden wahrhaft und wirklich gepeinigt wurde. Nimm auch an, damit diese Unbilden wieder gut gemacht werden, die Gebete, Verdienste und Genugthuungswerke Deiner heiligsten Mutter und ihres Bräutigams, des heiligen Joseph, aller Engel und Heiligen und der ganzen heiligen Kirche. O lass Dich mild stimmen gegen diese armen Völker, guter Jesus! Erleuchte diejenigen, die noch in der Finsternis und im Todesschatten sitzen. Amen. Heil. Josef, Vorbild und Beschützer der Verehrer des hlst. Herzens, heil. Petrus Claver, Patron der Neger-Missionen, bittet für uns und die armen Neger Afrikas! Erscheint am <£nÖe jcücn Monats. Ar. 6. Mai 1898. I. Jahrgang Inhalt: Gebete für die Bekehrung der Neger von Geutral-Afrika. — Sudan. — pVtmtj* feiet. — Frohnleichnamsfeier in der Negercolouie Gesira. — Die Liebe (Gedicht). — Der Aberglaube im Nilthale. — Die Apotheke in der Negercolouie Gesira. — Aus dem Leben der Kinder im Sudan. — verschiedenes. Siibnn. pQji^^°cs) der erfolgreichen und kühnen Eroberung des Lagers der Derwische bei El Hilgi zogen sich die anglo-ägyptischen Truppen wieder in ihre vorigen Stellungen zurück. Um die Kräfte möglichst zusammenzuhalten äWWM und zu schonen, nahm man für den letzten Schachzug wiederum auf den Nil Rücksicht und verschob demzufolge den Aufbruch nach Chartnm, bis seine Gewässer ihre höchste Steigung erreicht hätten. Glücklicherweise sind die Gesund-heitsoerhältnisse der Truppen gute zu nennen, was gewiss von großem Vortheile ist, da die Vorbereitungen und Rüstungen einen ungestörten und raschen Verkauf nehmen können. Durch Zuzüge werden binnen kurzem die activen Streitmächte auf 20.000 Mann, 8000 Engländer und 12.000 Ägypter, gebracht, um eine erfolgreiche Action in Angriff zu nehmen. Ans das Heer wartet aber trotz mannigfacher Erleichterungen durch den Nil dennoch eine ziemliche Aufgabe, da ungefähr noch 200 Kilometer durch die Wüste bis nach Chartnm zurückzulegen find. Wahrscheinlich werden sie bis nach Halfaja keinen Widerstand finden und so dort die letzte Rast nehmen können, bevor sie sich auf Chartnm stürzen. Dieses wird voraussichtlich keinen großen Widerstand leisten, da es von rechts und links von den Kanonenbooten bestrichen werden kann und so die Derwische sich bald 122 Sudan. genöthigt sehen werden, sich gegen den Süden zurückzuziehen. Aber Omdnrman wird ein heißer Brocken bleiben; wer die Kümpfe und die Taktik der Derwische seit 16 Jahren verfolgt hat, wird es sich sagen müssen, dass diese letzte Schlacht an Schärfe und Wildheit nichts zu wünschen übrig lassen wird, zumal da dann für Abdullah alles auf dem Spiele steht und seine Horden, denen noch 20.000 Gewehre und ungefähr £0 Kanonen zugebote stehen, entschlossen scheinen, beim äußersten und heftigsten Widerstände zu verharren. In den letzten Tagen ist der Sirdar, anstatt nach England in Urlaub zu gehen, wieder nach dem Süden zur Armee abgereist. Die zukünftigen Ereignisse auf dem Kriegsschauplätze interessieren selbstverständlich unsere liebe und schwergeprüfte Mission in außerordentlicher Weise; der Ausgang dieses Krieges berührt ja sozusagen ihren Lebensnerv. Hinsichtlich der zukünftigen Missionsthätigkeit wäre also nichts sehnlicher zu wünschen, als dass die Operationen von Seiten der Anglo-Ägypter so geführt werden, dass es gelinge, den Chalifa sammt seinem Heere bei Omdnrman gefangen zu nehmen, zu vernichten und ihm nicht den Rückzug nach dem Westen, nach Kordofan, offen zu lassen; denn wenn es ihm gelingen sollte, dorthin zu entkommen, so könnte man in Chartum zwar sicher schalten und walten, aber die Missionsthätigkeit in unserem Vicariate wäre dennoch auf längere Zeit wiederum gehemmt, und trotz der erfochtenen Siege hätten wir wieder mit Zuständen zu rechnen, wie sie in den Jahren 1881—1884 herrschten. P. Joseph Münch, F. 8. C., Apostolischer Missionär. Pliilchskitt. Verona, den 12. Juni 1898. 4. Juni wurde der Hochwürdige P. Franz Schittko aus der Diöcese Breslau (preuß. Schlesien) zum Priester geweiht. Am Feste der allerhlst. Dreifaltigkeit, 5. Juni, brachte der Neugeweihte sein erstes fssSfSP heiliges Messopfer dem Herrn dar. Es war für alle ein Tag wahrer Freuden, wiederum einen jungen Streiter Christi unter der unbesiegbaren Fahne des hlst. Herzens Jesu eingereiht zu sehen. Um 9 Uhr trat der Neugesalbte des Herrn mit den Leviten im feierlichsten Ornat, den der Sacristan zu bieten hatte, durch die mit festlichem Triumphbogen geschmückte Pforte in die kleine bescheidene Herz Jesu-Kirche des Missionshauses ein, welche heute in ihrem vollsten Festschmucke prangte. Nach dem Evangelium hielt der Hochwürdige P. Aloisius Pessato S. J., ein sehr bekannter und geschätzter Prediger, an den neuen Priester eine rührende Ansprache, wodurch er die schon vor Freuden begeisterten jungen Herzen seiner Zuhörer noch mehr entflammte. Der Hochwürdige Redner betonte besonders die hohe Würde des Priesterstandes und die Opfer des Missionärs. Nachdem er die heiligen Kämpfe des zurückgezogenen Lebens nun glücklich mit der Gnade Gottes überwunden, müsse er als Missionär und noch mehr als „Sohn des hlst. Herzens" gänzlich seinem göttlichen Meister folgen. Ora et labora! möge er sich zum Grundsätze machen, ohne Unterlass beten und arbeiten. Fruchtlos sei alle Arbeit des Missionärs ohne das Gebet. Andererseits müsse das Gebet von unermüdlicher Arbeit begleitet sein; der Missionär, falls er etwas zum Heile der Seelen und zur Ehre Gottes vollbringen wolle, müsse sich selbst gänzlich absterben, sich selbst verleugnen und Priimzfcier. 123 alle seine Kräfte den unglücklichen Völkern zuwenden, um sie der teuflischen Abgötterei und dem Laster zu entreißen. Am Schlüsse lud er ihn ein, nun mit Vertrauen sich dem Altare zu nahen, um das große Opfer zu vollbringen, die armen Neger und alle seine Herzensanliegen demjenigen zu empfehlen, der nun zum erstenmale auf sein Wort vom Himmel herabsteigen werde. Darauf wurde das hochheilige Opfer aufs feierlichste vollendet. Auch fehlte an diesem Freudentage der Poet nicht. In lateinischer, deutscher, italienischer, polnischer, böhmischer und bosnischer Sprache wurden dem jungen Missionär die brüderlichen Glückwünsche dargebracht. Nachmittags nach festlich gesungener Litanei gab er mit dem Hochwürdigsten Gute den feierlichen Segen. Und abends schloss mit der Vertheilung eines kleinen Andenkens dieser Freudentag. „Ach, schon ist der Tag vorüber," ließ sich hie und da eine Stimme hören. «Euntes docete omnes gentes baptizzantes eos in nomine Patris et Filii et Spiritus sancti», lauteten die Schlussworte des feierlichen Evangeliums des Tages. Welch glückliche Fügung! Wollte der göttliche Heiland dem neugesalbten Apostel und den Söhnen seines hlst. Herzens den schon vor so vielen Jahrhunderten gegebenen Auftrag am heutigen Tage nicht feierlich erneuern? Gehet hin in alle Welt, gehet hin, ihr Söhne meines göttlichen Herzens, dringet ein in das Innere Afrika's, auf dessen unabsehbaren Gefilden Millionen unsterblicher Seelen in der Sclaverei des Satans schmachten, gehet hin, lehret sie dieses göttliche Herz lieben, das auch für sie durchbohrt wurde, und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. F. Bernhard Kähnen, F, S. C. KchnlkichnMsfkier in der iUgmoInnir Gejirn. Gesira, 19. Juni 1898. /^TS^Nnter den Mitteln, welche dazu dienen, das religiöse Gefühl des Negers rJ^ll äu wecken und zu fördern, steht ein feierlicher prunkhafter Gottesdienst SkjV nicht an letzter Stelle. Alle Ethnographen dürften darin wohl einig sein, dass Oberflächlichkeit und Sinn für Äußerlichkeiten ein hervorstehender Zug im Charakter des Negers sei. Selbst der erwachsene Neger gleicht hierin dem Kinde. Diese Charakteranlage des Negers ist unter anderm ein Grund, weshalb der Islam, der unter Hintansetzung aller Herzensveredlung seinen Anhängern nur rein äußerliche religiöse Übungen zur Pflicht macht, auf das Gemüth des Negers eine gewisse Anziehungskraft ausübt. Was dem Neger ferner am Islam gefällt, sind die pomphaften geräuschvollen Feste, welche alljährlich unter allgemeiner Betheiligung des Volkes gefeiert werden, und die nicht bloß auf das religiöse sondern auch auf das bürgerliche Leben der Mohammedaner einen tiefgreifenden Einfluss ausüben. Umsomehr muss es sich daher der christliche Missionär angelegen sein lassen, den kirchlichen Gottesdienst recht feierlich zu gestalten, um so dem Neger durch Einwirkung auf die Sinne, die Erhabenheit und Göttlichkeit unserer hl. Religion begreiflich zu machen. Einen willkommenen Anlass hiezu bietet ihm das hl. Frohnleichnamsfest. Letzteres wurde daher, wie in den verflossenen Jahren so auch Heuer, in der hiesigen Negercolonie auf das feierlichste begangen. Schon einige Tage vorher war man im Missionshause mit den Vorbereitungen zum Feste vollauf beschäftigt. Die Brüder arbeiteten mit den schwarzen Lehrlingen in den Werkstätten um die Wette, um die für die Festfeier erforderlichen Decorations- 124 Frohnleichnamsfeier in der Negercolonie Gesira. gegenstände zu verbessern oder neu herzustellen. Am Vorabende des Festes standen alle die verschiedenen Zierrathen und Schmncksachen in Bereitschaft und sahen ihrer gottesdienstlichen Verwendung entgegen. Unter der Hand des Küsters, dem die Ausschmückung der Kirche obliegt, werden die kahlen, weißgetünchten Wände mit zierlichen Guirlanden und rothen Draperien, welche mit glänzenden Goldborden umsäumt sind, versehen. Auch die das Giebeldach stützenden Querbalken bedecken ihre Blößen und erscheinen in einem buntfarbigen gezackten Festüberzug. Der Hauptaltar, der durch die Statue des hl. Joseph, des Patrons der Negercolonie, ausgezeichnet ist, bedeckt sich mit künstlichen Rosenbouquets und frischen wohlduftenden Blumensträußen, welche zwischen den vergoldeten hölzernen, Leuchtern aufgestellt sind. Eine bleibende Zierde hat der Altar in drei kleinen Ölgemälden erhalten, welche seiner Vorderseite in zierlicher Einfassung eingefügt sind. Das mittlere stellt das hl. Altarssacrament dar, wie es von zwei Engeln angebetet wird; auf den beiden anderen schauen wir die zwei Vorbilder der Mission, den hl. Franz datier, wie er den Heiden die Botschaft des Heiles verkündet, und den hl. Petrus Claver, wie er auf das Haupt eines vor ihm knieenden Negers das Wasser der geistigen Wiedergeburt ausgießt. Auch die beiden Seitenaltäre mit ihren vergoldeten hölzernen Nischen, von denen die eine die Statue der Muttergottes, die andere diejenige der hl. Anna birgt, wurden in entsprechender Weise geschmückt. Da dieselben mit dem Hauptaltare in gleicher Linie stehen und nur durch einen Vorhang von demselben getrennt sind, so vereinigt sich die Decoration der drei Altäre zu einem harmonischen Ganzen, infolge dessen der Gesammteindruck ein überaus günstiger ist. Auf der Evangelienseite erhebt sich in entsprechender Entfernung vom Altare ein bischöflicher Thron; denn unser Hochwürdigster Herr apost. Vicar, Bischof Anton Roveggio, der von seiner Residenz Assuan soeben in Kairo eingetroffen ist, wird, so heißt es, der Festmesse im bischöflichen Ornate anwohnen. Zur Vervollständigung des Bildes denke man sich noch eine Reihe von Fahnen und Standarten, welche den Seitenwänden der Kirche entlang an. den Sitzbänken befestigt sind, und man wird eingestehen müssen, dass das Innere unseres sonst so einfachen und ärmlichen Missionskirchleins einen recht erbaulichen Eindruck macht, dass mithin der Küster seine Aufgabe glänzend gelöst hat. Auch das Äußere der Kirche erhält einen passenden Festschmuck bestehend in einem buntfarbigen Vorhänge, der über dem Haupteingange angebracht wird. Bei dieser Gelegenheit können wir es uns nicht versagen, auf die übrige Ausstattung der vor zwei Jahren neu hergestellten Fayade einen prüfenden Blick zu werfen. Auf der Giebelfront erhebt sich in der Mitte ein eisernes kunstvoll geformtes Kreuz, welches aus der Schmiedewerkstätte der Mission hervorgegangen ist. In der Mitte des Giebeldreiecks, welches von drei schlanken marmorierten Säulen getragen wird, ist ein Auge gemalt, das von vergoldeten Strahlen umgeben, die göttliche Allgegenwart versinnbildet. Die darunter befindliche Inschrift _« Divo Josepho Sacrum» zeigt an, dass die Kirche dem hl. Joseph geweiht ist. Über dem Portale prangt auf einem Schilde das päpstliche Wappen, zu beiden Seiten desselben befinden sich zwei leicht gewölbte Fenster, welche mit ihren starken Eisengittern und farbigen Glasscheiben reichliches Licht in die Kirche einbringen lassen. Zwei elegante Glockenthürmchen in gothischem Stile, welche auf zwei viereckigen in Backsteinfarbe gemalten Säulen sich erheben, vollenden das kirchliche Gepräge der Fayade, so dass dieselbe in ihrer gegenwärtigen Gestalt eines Gotteshauses durchaus würdig erscheint. Beim Austritt aus der Kirche dehnt sich vor uns die Straße aus, welche sich längs des Negerdorfes hinzieht und zum Hause der Missionäre führt. Fünf Triumphbogen mit lateinischen Inschriften, sowie eine Menge von Fähnchen in Frohnleichnamsfeier in der Negercolonie Gesira. 125 den verschiedensten Farben, welche auf grünen Pfählen befestigt, xim Winde flattern, bezeichnen den Weg, auf welchem der Welterlöser seinen Triumphzug halten wird. Auch die Neger des Dorfes, denen in der letzten sonntäglichen Predigt die Bedeutung des Festes näher erklärt worden war, beeilen sich, dem unter Brotsgestalt verborgenen Heilande ihre Huldigung darzubringen. Der Weg vor ihren Wohnungen wird daher nun zur Zufriedenheit aller Pasfanten endlich geebnet und gar säuberlich gekehrt. Die Vorderseite der Wohnungen finden wir mit religiösen Bildern, stellenweise auch mit Draperien geschmackvoll geziert. Doch über dieser äußeren Vorbereitung zum Feste ist die innere nicht vergessen worden. Am Vorabend stellten sich nebst den'Knaben und Mädchen auch manche erwachsene Neger zum Empfange des hl. Bußsacramentes ein, und am folgenden Morgen empfiengen dieselben aus den Händen des Hochwürdigsten Apostol. Vicars, der die Frühmesse unter Assistenz von zwei Missionspriestern las, die hl. Communion. Unsere Neger empfangen überhaupt die hl. Sacramente mit einem Eifer, den man in manchen katholischen Pfarreien Europas vergebens suchen würde. Ein hohes Fest wie Frohnleichnam ohne Empfang der hl. Sacramente vorübergehen lassen, erscheint ihnen eine Sache, die mit einer wahren christlichen Festfreude unvereinbar ist. „Empfange ich nicht die hl. Sacramente an einem hohen Feste", so äußerte sich mir gegenüber neulich im Vertrauen ein verheirateter Neger, „so kommt es mir vor, als ob etwas fehle, um dasselbe frohen Herzens feiern zu können". Kein Wunder, dass der Empfang der hl. Sacramente dem christlichen Neger zum Troste gereicht. Denn da wird er sich ja so recht bewusst, dass alle Menschen Kinder eines und desselben Vaters im Himmel sind, dass alle Christen ohne Unterschied des Standes und der Raye gleichberechtigte Glieder der katholischen Kirche find, und an den Schätzen der Erlösung gemeinsamen Antheil haben. Das feierliche Leviteuamt, welches bereits um 7 Uhr begann, wurde vom Hochwürdigen P. Heymans, Obern der (Monte, celebriert, während der Hochwürdigste Herr Apostol. Vicar auf seinem Throne im bischöflichen Ornate assistierte. Die Kirche war bis auf den . letzten Platz gefüllt. Denn außer sämmtlichen Bewohnern der Colonie hatte sich auch ans Kairo, namentlich aus Boulak, der nahen auf dem gegenüberliegenden Ufer des Nils gelegenen Vorstadt, eine erkleckliche Anzahl von Herren und Damen zur Theilnahme an der Feier eingefunden. Während der Festmesse trug der Knabengesangchor unter der geschickten Leitung seines Dirigenten, eines Bruders unserer Congregation, eine lateinische Messe von Gounod mit gewohnter Präcision und Andacht vor. Ein Priester der in Kairo niedergelassenen Lyoner Missionsgesellschaft war einer freundlichen Einladung folgend erschienen und verschönerte die an sich schon so erhebende kirchliche Feier durch zeitweiliges Geigenspiel mit Harmoniumbegleitung. Nach der hl. Messe folgte die feierliche Procession, welche in dieser Reihenfolge die Kirche verließ. Voran schritt ein Bruder in Chorrock als Kreuzträger, begleitet von zwei schwarzen Ministranten, welche Leuchter mit brennenden Kerzen trugen. Darauf folgte zunächst eine Abtheilung weißgekleideter Negerknaben, welche in zwei von einander geschiedenen Reihen geordnet waren. In der Mitte der Knaben schritt ein erwachsener Neger, der die Fahne unserer Congregation mit dem Bilde des göttlichen Herzens Jesu und den Symbolen des hlst. Altarssacramentes trug. Hieran schlossen sich unsere verheirateten Neger; mit ihren glänzend schwarzen Gesichtern, ihren langen weißen Kaftanen und den um ihre Schultern geschlungenen hellfarbigen Schärpen gewähren sie einen gar festlichen, fast phantastischen Anblick. Nun kommen unsere schwarzen Musikanten, die auf einen Wink des Gesang- und Musikdirigenten ihre Blasinstrumente 126 Frohnleichnamsfeier in der Negercolonie ©estra. schleunigst herbeigeholt und in strammer Haltung mit dem darauffolgenden Gesangschor in zwei durch einen Fahnenträger von einander getrennten Gruppen Aufstellung genommen haben. Einen lieblichen Anblick gewährte die nun folgende Abtheilung schwarzer Knäblein und Mädchen, welche in blendendes Weiß gekleidet, ihre mit Blumenblättern gefüllten Körbchen tragen und damit den Weg bestreuen, auf dem der göttliche Kinderfreund einherzieht. Durch ihre freudestrahlenden Gesichter geben sie jedem zu erkennen, wie sie sich glücklich schätzen, denselben in dieser Weise ehren zu können. Nun folgen vier blaugekleidete Rauchfassträger, welche unmittelbar vor dem Baldachin einherschreiten. Letzterer wird von vier Negern getragen, während vier andere Neger als Lampenträger dem Allerheiligsten, das vom Hochwürdigsten Herrn Bischof getragen wird, das Ehrengeleite geben. Alsdann folgt eine Abtheilung weißgekleideter Mädchen mit der Fahne der Unbefleckten Empfängnis. Den Schluss der Procession bilden die Missionsschwestern und verheirateten Negerinnen. In dieser Anordnung bewegte sich die Procession zunächst in den in unmittelbarer Nähe der Kirche gelegenen Hof vor dem Hause der Missionsschwestern, woselbst vor dem Standbilde der Muttergottes, „der Königin der Negerländer", ein Altar errichtet war. Nachdem das Allerheiligste ans dem Altar niedergesetzt war, wurde das Tantum ergo gesungen, und als darauf der sacramentale Segen ertheilt wurde, da mischte sich in das helle Schellengeklingel das Geläute der Glocken, und zu gleicher Zeit ertönten mehrere kräftige Böllerschüsse, welche die Kunde von der imposanten Feierlichkeit in weite Ferne trugen. In derselben Weise fand die Anbetung des Allerheiligsten auf zwei anderen Altären statt, von denen der eine unter dem Portale des Missionshauses errichtet war. Letzteres war mit Fahnen, Draperien und Blumen reich geziert. Auf dem Wege dahin sangen die Knaben und Mädchen abwechselnd sacramentalische Lieder oder die Musikbande spielte ernste feierliche Weisen. Aus dem Hofe des Missionshauses kehrte die Procession in das Negerdorf zurück, an dessen Eingänge im Schatten eines der mächtigen Wildfeigenbäume der dritte Altar aufgeschlagen war. Auch waren einige Mohammedaner aus der Umgegend herbeigeeilt, welche die Procession mit neugierigen Blicken betrachteten, doch durch ihr Verhalten zu keiner Klage Anlass gaben. Rach der Rückkehr in die Kirche, wurde das feierliche Te Deum gesungen, worauf zum Schlüsse nochmals der sacramentale Segen ertheilt wurde. Unsere Neger werden, so hoffen wir, durch diese Festfeier in ihrem Glauben und ihrer Anhänglichkeit an die christliche Religion bestärkt und befestigt worden sein; zugleich sind solche Festlichkeiten angenehme Ruhepunkte im Leben des Missionärs, die ihn in der Ausübung seines schwierigen Berufes stärken und ihn stets von Neuem anspornen, sein ganzes Leben dem Wohle der armen Neger zu widmen. P. Joseph Wciller, F. S. C. »h Me Webe. -« Sief;’ dies tjei'3 und siel) die Munde, Siel)’ die helfe Flammenglut! Liebe ist es, reine Liebe, Die für dich vergoss mein Blut. Diese Lieb’ hat aufgenommen Dich in meine Kirche mild; Diese Lieb' ist stets im Kampfe Dir ein unbesteglich Schild. Diese Liebe hat geöffnet Dir dies göttlich sanfte Herz; Komme, kehre ein und weile Hier zu lindern deinen Schmerz. Diese Lieb’ nach Sturm und Leiden, Schließest miid die Augen du, 3ft dir ohne Lud’ im Himmel Eine ewig fuße Ruh’. Hast du Liebe für die Liebe, ® so blick’ dies Herze an; Frisch siehst du die Wunde bluten, Die nur Liebe stillen kann. Sieh’ die Neger tief versunken In der Hölle Sclaverei; Ist mein Blut umsonst geflossen, Da der Satan herrschet frei ? Schwer fühlt dieses Herz ihr Elend, Denn die Lieb’ schließt alle ein. Heil die wund’; gedenk der Armen,. Sie,stub auch.die Schäflein mein! F. Bernhard Aohnen, F. S. C. $cr Ibcrglnitbr im Ailthale. Von P. 36. Geyer, F. S. C. (Fortsetzung.) kMAj^^as Gesagte gilt auch von Blinden. Früher kam es häufig vor, dass Exaltierte sich selbst blendeten, zum Zeichen, dass sie der Welt entsagten JysSpgJp und nur der Betrachtung göttlicher Dinge lebten. Ich kenne Individuen, MMZM, die vorher den Koran auswendig lernten und dann, da die Welt nun für sie wertlos sei, sich blendeten. Solche freiwillig Geblendete ebenso wie jene, welche durch Krankheit erblindet, deren Zahl in Ägypten nicht gering ist, genießen eine besondere Verehrung als Leute, die der Welt abgestorben sind. In Ägypten sieht man im öffentlichen Verkehr viele dieser Unglücklichen oder vielmehr nach Anschauung der Moslim Glücklichen, an der Hand eines Knaben geleitet, umherziehen. Sie kleiden, nähren, beherbergen gilt als verdienstliches Werk. Wöserr MLick. Eine ganz eigenthümliche Erscheinung des Aberglaubens ist die Furcht vor dem bösen Blick. Zwar kommt dieser Aberglaube auch in Italien und Griechenland vor; er ist aber dort seltener, den Ungebildeten eigen und wird von der Religion verworfen. In Ägypten ist er allgemein auch bei Gebildeten in Stadt und Land, und die Religion tritt nicht gegen ihn auf. Nicht nur vom feindseligen und neidischen, sondern auch vom neugierigen, wohlgefälligen und besonders dem bewundernden Blicke werden schlimme Wirkungen befürchtet. Auf Schritt und Tritt wähnt man sich den unheilvollen oder nachtheiligen Einflüssen solcher Blicke ausgesetzt und kaum durchdrängt irgend ein Aberglaube so sehr das ganze Alltagsleben der Ägyptier als diese Wahnwitze Furcht. Jemand begegnet auf der Straße einem Widersacher und wird in der Folge von einem Unwohlsein, Krankheit oder einem Unfall heimgesucht; ohneweiters wird die Schuld dem feindseligen Blicke des Widersachers zugeschrieben. Eine Mutter geht mit ihrem hübschen Kinde aus oder macht Besuch und später kränkelt dasselbe: ein neidischer oder bewundernder Blick muss es dem unschuldigen Wesen angethan haben. Ein Eseltreiber hat Unglück mit seinem Grauthiere, dem ein Fuß anschwillt oder sonst etwas zustößt: e§ muss die Folge eines neidischen Blickes sein, den ein Concurrent auf das schöne und kräftige Thier gerichtet hat. Von vielen Fällen sei hier nur einer erwähnt. Um den Eseljungen die Rohheit der Unsitte, ihre Thiere durch Verwundungen an den Hinterbeinen anzuspornen, begreiflich zu machen und abzugewöhnen, nahm ich mir vor, nur Esel zu reiten, welche frei von Spuren jener Misshandlungen waren. Eines Tages wählte ich unter mehreren bereitstehenden Eseln wieder einen solchen zum großen Verdrusse der Concurrenten. Schon nach einigen Schritten fiel der Esel und ich lag mit dem Gesichte der Länge nach auf der Straße. Weinend rief der Eseljunge: „O Herr, das kommt vom bösen Auge und vom Neide der Leute!" und während des ganzen Rittes hörte er nicht auf, immer wieder über die Bosheit der neidischen Kollegen zu klagen. Kurz in tausenderlei Weise äußern sich nach dem Glauben der Leute die schlimmen Wirkungen des bösen Blickes. Als besonders gefährlich gelten die Blicke von einäugigen Personen, deren es so viele gibt. Hierüber erzählt man sich folgenden Vorfall. Ein Einäugiger führte einen Blinden, als eben einige schöne Kameele vorbeizogen. Der Einäugige rief aus: „O welch' schöne Kameele, die schönsten, die ich je gesehen habe!" Augenblicklich sanken die Thiere todt zu Boden. Als der Blinde dies hörte, sagte er: „O welch gewaltiges Auge hast Du!" Sofort erblindete auch das noch gesunde Auge des Einäugigen. Der Aberglaube int Nilthale. 129 Unter allen gelten die Kinder als vorzugsweise dem bösen Blicke ausgesetzt. Da sie nämlich als der größte Segen des Himmels betrachtet werden, glaubt man, dass sie am ersten Gegenstand des Neides sind. Es gilt daher als sehr verdächtig, ein Kind in wohlgefälliger und auffallender Weise anzusehen oder gar dessen Hübschheit hervorzuheben. Beim Besuche eines arabischen Hauses gilt es als ungeziemend, die Kinder neugierig zu betrachten: wer es thut, wird nicht selten davor gewarnt. Wer nicht weiß, wie argwöhnisch und ängstlich man in diesem Punkte ist, bereitet den Leuten in ganz unschuldiger und unbewusster Weise große Sorgen. Um die Kinder vor Schaden durch fremde Blicke zu bewahren, umgibt man sie mit zahllosen Vorsichtsmaßregeln, welche schon gleich nach der Geburt beginnen. Am siebten Tage nach derselben findet in vielen Familien eine eigene Ceremonie statt, wobei eine Frau den Boden der Wohnung mit Korn und Salz bestreut und dabei spricht: „Das Salz sei im Auge dessen, der den Propheten nicht segnet!" oder „das schmutzige Salz sei im Auge des Neidischen!", wonach alle Umstehenden erwidern: „Gott sei unserm Herrn Mohammed gnädig!" Diese Ceremonie gilt als Präservativ gegen bösen Blick sowohl für die Mutter als für ihr Neugebornes. — Die Furcht vor dem bösen Blicke ist weiterhin ein Grund, dass die Kinder der Reichen lange Zeit im Harem eingepfercht bleiben. Aus eben demselben Grund lässt man die Kinder häufig so schmutzig und zerlumpt herumlaufen. Unter den Dingen, die einem Abendländer in Ägypten auffallen, ist eines der ersten eben dieses, dass Kinder selbst der Reichen häufig so schmutzig sind. Der Fremde könnte im ersten Augenblicke den Eindruck gewinnen, dass das ägyptische Volk unreinlich sei und die Kinder vernachlässige, wofern man nicht sähe, dass gerade diese anscheinend vernachlässigten Kleinen die am meisten verhätschelten und geliebtesten sind. Man sieht Frauen in reiche, glänzende Seide gekleidet, mit theuren Wohlgerüchen übergössen und durchaus reinlich, während das Kind an ihrer Seite in Gesicht und Kleidung so schmutzig ist, als hätte es seit Monaten kein Wasser mehr berührt, ja es ist vielfach Sitte, Keine Kinder Monate lang überhaupt nicht zu baden oder zu waschen. Welches ist nun der Grund dieses Contrastes? Man will auf diese Weise den bösen Blick vom Kinde fernhalten, oder vielmehr, man lässt das Kind in einem Zustande, dass es eher Ekel als Neid und Bewunderung erregt. In der gleichen Absicht kleiden die Mütter ihre Söhne manchmal als Mädchen, da diese niinder geschätzt sind und als minderwertig gelten und daher dem Neide weniger ausgesetzt sind als Knaben. Die Kinder der Armen haben ein noch veruachlässigteres Aussehen; halb oder ganz nackt sind sie zumeist ungemein schmutzig, Augen und Nase voll Staub und Unrath, von einer Menge Fliegen — dieser ägyptischen Landplage — belagert, welche eine große schwarze Kruste um Nase und Augenhöhlen bilden, ohne dass die Mütter daran denken, sie abzuwehren. Auch hiebei spielt außer Nachlässigkeit und Armut die Sorge, den bösen Blick fernzuhalten, eine Rolle. An großen Festtagen tragen die Kinder schone Kleider, gelbliche Schuhe, buntgeschmückte rote Mützen, alles phantastisch und reichhaltig herausgeputzt in der Absicht, damit die Tracht die fremden Blicke auf sich und so vom Kinde ablenke. Damit aber ja der Erfolg sicher sei und kein böser Blick sich von der Prunkkleidung auf dessen kleinen Träger verirre und au ihm hafte, wird das Gesicht des festtäglich Gekleideten schmutzig gelassen, Ohren und Nase starren von Unrath, so dass man das Ganze für eine tolle Caricatur oder Faschingsfigur halten möchte, wofern man nicht den wahren Beweggrund kennen würde. Ass ich vor Kurzem mit der Bahn nach Heluan fuhr, hatte ich einen wohlhabenden Ägypter mit seinem Söhnchen zum Nachbar. Der Kleine von etwa 4 Jahren war prächtig nach europäischer Mode gekleidet, aber im Gesicht, Augen, Nase, Ohren so unendlich 130 Der Aberglaube im Nilthale. schmutzig, dass es Ekel erregte. Als ich diese sonderbare menschliche Figur etwas näher betrachtete, schlang der Vater sofort seinen Arm um das Kind und verbarg dessen Antlitz, jedenfalls darüber beunruhigt, dass das Kind meine Neugierde erregt hatte. Häufig werden die Kinder vor dem Ausgange mit schwarzem Ruß oder Asche durch einen Strich auf der Stirne gezeichnet. Beim Ritt oder der Fahrt des Knaben zur Beschneidung wird ein Tüchlein vor dessen Gesicht gehalten, damit ihn kein böser Blick treffe. Zum Theil ist auch das strenge Verschleiern der Frauen in dieser wahnwitzigen Furcht begründet. Ans dem gleichen Grunde gibt man den Kindern oft verächtliche Namen, als solche, welche sonst von Sclaven getragen werden, wie Adjäk Schol u. s. w. Nicht nur Kinder, auch Erwachsene, Thiere, Gegenstände, überhaupt alles ist dem bösen Blicke ausgesetzt. Zahllos sind Vorsichtsmaßregeln, Präservativ-und Gegenmittel, mit denen man sich und all das Seine vor bösen Blicken zu bewahren oder deren Wirkung zu paralisieren sucht. Ich führe hier nur Einiges an. Vor allem sind es gewisse religiöse Formeln und Ausdrücke oder Koranverse, denen der Volksglaube unfehlbare Wirkung gegen böse Blicke zuschreibt. Wenn jemand eine Person oder Sache bewundert, so gilt es als sehr verdächtig und unanständig, der Bewunderung mit -den Worten wie „o wie schön, schön, sehr schön" u. s. to. oder mit Worten des Staunens wie „oh, ah" u. s. w. Ausdruck zu geben. Die in solchen Fällen angemessene und anständigste Ausdrucksweise ist: «ma-scha-allah» (was Gott will, geschehe). Diese Formel wurde bereits vom Propheten angerathen, da sie nicht nur eine Bewunderung, sondern zugleich die Unterwerfung unter Gottes Willen und dessen Billigung ausdrückt. Gerne gehört werden Ausdrücke wie „o wie hässlich, wie schmutzig" u. s. w., welche als Complimente gelten. Wirksame Ausdrücke zur Abwendung des bösen Blickes und dessen Wirkung sind jene, in denen der Name Gottes oder des Propheten vorkommt; es heißt, auf diese Weise werde die Wirkung des bösen Blickes jener der heiligen Namen entgegengesetzt und letztere mache erstere zu Nichten. Solche Ausdrücke sind: „Im Namen Gottes des Barmherzigen und Gütigen", „Gesegnet sei der Prophet", „Segen dem Propheten", „Gott sei unserem Herrn Mohammed gnädig" u. s. to. Wenn jemand eine Person oder Sache in ungeziemender oder neidischer Absicht anstaunt, so wird er von dem, der sich dadurch beunruhigt fühlt, mit den Wonen „Segen dem Propheten" aufgefordert; gehorcht der Bewunderer oder Neider und sagt: „Gott sei ihm gnädig", so fürchtet man keinerlei üble Folgen. Als wirksam gegen bösen Blick gelten auch verschiedene Koranstellen, so die Schlussverse der 113 Suren (Morgenröthe betitelt), welche eine Bitte um Schutz gegen Neider enthält in den Worten: „Ich nehme meine Zuflucht zum Herrn der Morgenröthe und vor dem Übel des Neiders, wenn er beneidet". Daher pflegen manche bei Bewunderung eines Kindes zu sprechen: „Ich nehme Zuflucht für dich zum Herrn der Morgenröthe". Wer diese Vorsichtsmaßregeln unterlässt, glaubt sich stets einem Unheil ausgesetzt, oder jeder Unfall, der ihm zustößt, wird auf Rechnung jener Unterlassung gesetzt. Wer hingegen in solchen Fällen obige Formeln gebraucht, hindert sofort die Wirkung des fremden Blickes; sollte ihm aber trotzdem ein Leid oder Unfall zustoßen, so wird er eben als solcher und nicht mehr als Folge des bösen Blickes betrachtet. Außer genannten Formeln werden noch andere zahllose abergläubische Mittel gegen bösen Blick angewendet, von denen die einen denselben fernhalten, die andern dessen Wirkung paralisieren sollen. Besonders zahlreich sind die Präservativmittel für Kinder. Außer den bereits erwähnten führe ich noch folgende an. Am Handgelenke der Kinder werden verschiedene schwarze Samen in Päckchen, an Mütze Der Aberglaube itn Nillhale. 131 oder am Halse kleine verzierte Stückchen glatten Alauns, oder in Quasten mit kleinen Muscheln, sogenannte Kaurischnecken, oder mit Kügelchen befestigt und getragen. Die kleinen Kaurischnecken werden als besonders wirksam gehalten, um neidische Blicke fernzuhalten und daher auch am Sattelzeug jener Thiere angebracht, welche dem neidischen Blick ausgesetzt sind, als Esel, Pferde, Kameele u. s. to. Anderemale tragen zu gleichem Zwecke Kinder an Mütze oder Hals Amulette, welche in Kapseln oder Päckchen Stückchen vom Mahmal n. s. to. enthalten; auch Thiere werden zuweilen damit versehen. Venetianische Zechinen am Handgelenke getragen, Steinchen u. s. to. gelten gleichfalls als Präservativ gegen bösen Blick. Man sieht nicht selten Kinder, welche an dem einen Fuße eine Silberspange, am andern eine Eisenspange tragen; letztere soll nämlich auch wirksam sein gegen bösen Blick. Ich möchte glauben, dass alle diese und ähnliche Mittel und Maßnahmen, denen der Volksglaube directe Wirkung zuschreibt, im Grunde den Zweck haben, die fremden Blicke auf sich zu ziehen und so von den etwa Neid oder Bewunderung erregenden Eigenschaften, besonders dem Gesichte des Trägers abzulenken, also eine Art Blitzableiter, erfunden von wahnwitziger Furcht vor bösen Blicken. Ganz denselben Zweck scheinen mir die Zieraten, Bänder, Schnüre verschiedener Farbe, Kettchen u. s. to. zu haben, welche die Straßenesel in Kairo tragen; sie sollen die Blicke an sich und vom Leibe des Esels abziehen. Ich habe wiederholt beobachtet, dass die Eseljungen beim Verluste einer solchen Zierate ganz untröstlich waren, nicht etwa über den Verlust, der ja unbedeutend war, auch nicht weil der Esel weniger geziert war, sondern weil sie nun die bösen Blicke fürchteten. Verschiedenen Mitteln wird eine directe Wirkung gegen bösen Blick zugeschrieben, vor allem Salz und Alaun. Wenn Eltern merken, dass jemand ihr Kind bewundert oder es ihnen neidet, trennen sie ein Stückchen vom Rande des Kleides des Kindes ab, verbrennen dasselbe mit etwas Salz oder andern Ingredienzien und beräuchern dann das Kind und bestreuen es mit Asche; damit jedoch ■ ■ diese Procedur den gewünschten Erfolg habe, muss sie kurz vor Sonnenuntergang, wenn die Sonne roth ist, vorgenommen weiden. — Der als besonders wirksam geltende Alaun wird auf sehr mannigfache Weise angewendet. So legt man ein nussgroßes Stückchen Alaun auf glühende Kohlen und lässt es sieden, während man dreimal die ersten und die drei letzten Suren des Koran, welche bekanntlich sämmtlich sehr kurz sind, hersagt. Der indessen ausgesottene Alaun soll nun die Gestalt der neidischen Person angenommen haben, wird zerstoßen und mit einer Speise vermischt einem schwarzen Hunde zum fressen gegeben. Auch diese Procedur muss kurz vor Sonnenuntergang vorgenommen werden. Dass in der Gestaltung des siedenden Alauns, welche von der Lage der Kohlen abhängt, die Einbildungskraft und findiger Aberglaube leicht eine Ähnlichkeit mit irgend einem menschlichen Wesen herausfinden kann, bedarf keiner Erklärung. — Ein Universaloder Hausmittel gegen neidischen Blick ist die Mixtur Maia Mobaraka genannt. Dieselbe besteht in einer Mischung verschiedener Ingredienzien, als Salz, Weihrauch, Indigo, Fenchelkörnern und verschiedenen Samenarten und wird in den ersten zehn Tagen des Monats Moharrem bereitet und öffentlich zum Verkaufe aus-geschricen. Die Verkäufer preisen ihre Ware unter Absingen von Koranversen, Zaubersprüchen und Compositionen eigener Fabrication über die Wirkung des Mittels an, z. B.: „Ich befreie dich vom Auge der Männer, das schneidender ist als ein Messer, vom Auge der Weiber, das schärfer ist als ein Federmesser, vom Auge der Knaben, das schmerzlicher ist als eine Peitsche, vom Auge der Mädchen, das schärfer ist als ein Nagel" u. s. w. Die Käufer sind zumeist Hausfrauen und Mütter, welche die Mixtur das ganze Jahr hindurch aufbewahren und für alle Fälle bereit halten. Tritt ein solcher Fall ein und fürchtet man bei einem 132 Der Aberglaube im Nilthalc. Kinde oder sonst jemand im Hause die Nachtheile des neidischen Blickes, so wirft man von der Mixtur ein Weniges in ein Gefäß glühender Kohlen und beräuchert damit die betreffende Person. Schöpft man beim Weggang eines Besuches Argwohn, so wird ein Theil der Mixtur mit etwas Erde an der Thürschwelle verbrannt und werden die Kinder damit beräuchert; dies geschieht besonders, wenn der Besucher ein Einäugiger war, da deren Blicke wie gesagt besonders gefürchtet sind. — Ein billigeres Mittel besteht darin, dass man ein Stück Papier mit einer Nadel durchsticht mit den Worten: „dies ist das Auge dieses oder jenes Neiders" und dann das Stück Papier verbrennt. Auch gilt Knoblauch als sehr wirksam und wird daher vielfach in Bereitschaft gehalten. ' Nicht nur Menschen und Thiere, auch leblose Dinge aller Art sind dem bösen Blick ausgesetzt, vor allem jene, welche durch Schönheit, Wert, Neuheit u. s. w. besonders befähigt sind, Bewunderung und Neid zu erregen, als auch nur die Blicke auf sich zu ziehen. Dass da das Essbare an erster Stelle kommt, versteht sich. Man trägt daher Sorge, Speisen gegen neidische Blicke zn schützen. Manche Fleischer bedecken die zum Verkaufe ausgestellten schönen, fetten Hammelstücke mit Lumpen und Tüchern aus Furcht, dass irgend ein Bettler oder Armer oder sonst jemand, der des Weges kommt, einen begierlichen Blick auf diese appetitlichen Braten in spe werfe. Zu dieser Vorsichtsmaßregel sehen sie sich auch im eigenen Interesse veranlasst, da manche kein Fleisch kaufen, welches frei dem Blick ausgesetzt ist aus Furcht, es sei von einem neidischen Blicke vergiftet worden. Selten trägt man Speisen unbedeckt auf offener Straße, sondern man bedeckt und umhüllt sie und zwar nicht etwa gegen Staub und Fliegen, sondern gegen neidische Blicke. Viele haben die Gewohnheit, den Bissen, den sie mit der rechten Hand zum Munde führen, mit der linken zu bedecken, um nicht mit demselben zugleich einen neidischen Blick zu verschlingen. Bekannt ist die Gastfreundschaft der Orientalen, die Bereitwilligkeit, womit sie von ihrer Mahlzeit mittheilen. Hier beginnt man niemals die Mahlzeit, ohne die etwa Anwesenden freundlich dazu einzuladen. Wird nun jemand mit den gewöhnlichen Worten «bism illah, tafaddal» zur Theilnahme am aufgetragenen Mahle eingeladen, so muss er, wenn er der Einladung nicht folgt, mit mit «hanian» (zum Mahle) oder einem ähnlichen Ausdruck dankend erwidern, da man sonst fürchten würde, er habe einen neidischen Blick auf die Speisen geworfen, und in einer beneideten Speise ist keinSegen mehr. Wie ihre Person, so schützen die Ägypter auch ihre Wohnungen gegen bösen Blick. Zu diesem Zwecke werden Hörner von Rindern an der Thüre, häufig ausgestopfte Krokodille, die als besonders segenbringend gelten, ausgestopfte kleine Elefanten, alte Hufeisen, zerbrochene Teller u. s. w. über der Thüre, Knochen und Hacken von Thieren, Straußeneier u. st to. an den höchsten Punkten der Gebäude und Hütten angebracht. Es nimmt sich gar sonderbar aus, über der Hausthüre ausgestopfte Krokodille zu sehen; wie der Mensch, so soll auch das Haus sein Amulet haben und das Krokodil gilt als segenbriugend. Da dergleichen Dinge besonders an neuen Häusern angebracht werden, so scheint es mir, dass wir es hier auch wieder mit „Blitzableitern" zu thun haben, welche die neidischen Blicke vom Hause ab und auf sich ziehen sollen. Dasselbe scheint mir auch mit den Malereien und Zeichnungen primitivster Ausführung, welche auf neugebauten Gebäuden Kameele, Pferde, Nilbarken in recht buntscheckigen Farben darstellt, der Fall zu sein. Es ist Sitte, beim Bau eines Hauses einen Hammel zu schlachten, die Hand in das Blut zu tauchen und die Blutspur der Hand auf die Thüre zu drücken gleichsam als Siegel gegen böse Blicke. Nie oder selten wird der Bau eines Gebäudes begonnen ohne Schlachtung eines oder mehrerer Hammel am Bauplatze, bei den Bauten Reicher schlachtet man auch Rinder, um jedes Unglück während der Arbeit fern zu halten. Der Aberglaube im Nilthale. 133 Eine Cactusart, besonders aber der Aloe, gilt als sehr wirksam gegen böse Blicke. Der letztere wird daher sowohl im Innern des Hauses geschätzt als in Büscheln über dem Haupteingange angebracht. Der Aloe und Strauch soll außerdem dem Bewohner langes und glückliches Leben, dem Gebäude langen Bestand sichern. Die Frauen glauben, dass der Prophet ein solches Haus gerne besuche. Auch die Felder und ihre Früchte werden gegen böse Blicke geschützt; wie bei uns gegen Vögel und Wild, werden hier an langen Stangen alte Töpfe u. s. w. als Scheuchen gegen böse Blicke aufgesteckt. Schließlich scheinen die Moslim so weit zu gehen, dass sie von ihren eigenen bewundernden oder wohlgefälligen Blicken schlimme Wirkungen befürchten. Wenn sie sich im Spiegel besehen, pflegen sie zu sagen: „Gott sei unserem Herrn Mohammed gnädig" oder eine ähnliche Formel. Hat jemand gut gespeist oder fühlt sich sonst wohl und zufrieden, so könnte es sehr üble Folgen haben, seiner Zufriedenheit über das eigene Wohlbefinden Ausdruck zu geben, sondern man sagt in solchen Fällen „Gott sei Lob", „Gott sei unserem Herrn Mohammed gnädig" und so weiter. (Fortsetzung folgt.) Die Apoihelie in brr ilriimiilimic (6t1mi. Gesira, den 19. Juni 1898. ines der Hauptmittel, der sich die Missionäre bedienen, um sich das Wohl-fSjjy wollen der Eingebornen zu erwerben und so den Zweck ihrer Mission zu erreichen, ist gewiss die Apotheke. Aus eben diesem Grunde haben auch (sx^y wir hier in Gesira eine solche, welche unter dem Volke weithin bekannt ist, denn es kommt von 3—4 Stunden und oft auch weiter her, um für alle Arten von Schmerzen und Gebrechen Hilfe zu suchen. Jeden Morgen von 10—12 Uhr ist die Apotheke dem Publicum geöffnet. Es vergeht deshalb kein Tag, an dem nicht die Pforte mit Clienten besetzt ist. Da kommt einer mit einem in schmutzige Lumpen gehüllten Fuß, an dem sich schon viel krebsartiges Fleisch gebildet hat und der Eiter in großer Menge vorhanden ist. Es heißt Hand anlegen und sich nicht durch den widerlichen Geruch abschrecken lassen. Der als Doctor fungierende Bruder sagt zum Patientenr «schitt helak» „nur Muth". Der Fuß muss zuerst in lauwarmes, desinficiertes Wasser gestellt werden, damit sich die angeklebten Lumpen loslösen. Unterdessen kommt ein anderer Araber zur Thüre herein und spricht in bittendem Tone: „Ja, Hakim-Pascha (b. h. o Doctor), mir thut das Herz sehr wehe". Auf die Frage, wo er den Schmerz fühle, deutet er auf die Magenhöhle, denn die guten Fellachen glauben, dort ihr Herz suchen zu müssen. Eine gute Dose Ricinusöl wird dem guten Mann das Herzweh schon nehmen. Ein anderer leidet an der hier in Ägypten so häufig vorkommenden Augenentzündung; auch dem wird mit Gottes Hilfe geholfen werden, wenn das Leiden noch nicht vorgeschritten ist, denn nicht selten ist es der Brauch der Araber, zu warten, bis keine Hilfe mehr möglich ist. — Halt! Da kommt ein Berberiner (einer der braunen Gesellen Nubiens, deren tausende hier in Kairo leben und meistens als Pförtner und Thürsteher angestellt sind). „Was hat denn der?" spricht bei sich selbst der Bruder: „ja Hakim-Pascha, mir ist's, als hätte ich eine Schlange im Leib, die sich hin und her bewegt." Nach eingehenderer Erklärung findet der Bruder Doctor bald heraus, dass es sich hier wiederum um einen der Schmarotzer dieses Volksstammes handelt, nämlich um den Bandwurm. — Hie und da kommt auch ein kranker Neger der auch gleich in der Eolonie 134 Die Apotheke in der Negercolonie Gesira. bleiben will; manchmal kann man so eine Seele für den Himmel gewinnen, da einige todtkrank hieher kommen und bald das Zeitliche segnen. Aber zuweilen ist es auch der Fall, dass sie krank und halbverhungert kommen und dann, nachdem sie sich wieder erholt haben, ohne Dankeszeichen verschwinden, bis sie wieder hilflos und krank geworden sind. — Doch kehren wir zu unseren Clienten an der Thüre zurück. Da finden wir noch solche, die Ohrenweh, Zahnweh, Brustkatarrh, Schwindsucht und noch viel anderes Weh haben. Ein jeder wünscht von seinem Übel befreit zu werden. Jeder dieser Clienten bringt dann eine ganze Anzahl orientalischer Lobsprüche und Segenswünsche gegenüber dem Bruder Doctor zum Ausdruck. Gewiss, wenn die letzten alle in Erfüllung giengen, so würde derselbe schon längst der reichste und glücklichste Mann auf Erden sein; es sind aber alles leere Sprüche, für die man nur ein mitleidsvolles Lächeln haben kann, wenn man bedenkt, dass der Mund, der diese honigsüßen Worte spricht, ebenso schnell bereit ist, einen zu verfluchen. — Gewiss gibt es auch manchmal Ausnahmen darunter, denen es wirklich von Herzen kommt, dann muss es der Missionar machen wie es der hl. Franz von Assisi machte, nämlich die Ehren dem lieben Gott aufopfern und für sich nur die Mühen behalten. Denn nicht selten kommen Leute, die einem Hände und Füße ja sogar den Bart küssen, mit den demüthigsten Bitten und den schönsten Gebeten zu Gott für die Wohlfahrt des Bruders. Es gibt aber auch solche (und das ist gewiss die Mehrzahl), die mit einer Krankheit kommen, die sie gerne los wären, weshalb sie im Falle baldiger Heilung versprechen, Hühner, Gänse, Schafe, Ziegen u. bergt, zu bringen; kaum ist jedoch der gute Mann auf dem Wege der Besserung, so sind auch schon seine schönen Versprechungen vergessen. Es geht ihm eben auch wie dem Christen, der auf dem Krankenbette dem lieben Gott die besten Versprechungen macht, sein Leben zu bessern, jedoch kaum ist die Krankheit vorüber, so sind auch schon die guten Vorsätze vergessen, und andere Luftschlösser werden an ihre Stelle gebaut. So geht es fast jeden Tag in unserer Apotheke. Wenn dieselbe für das Publicum geschlossen ist, dann beginnt die Arbeit mit unseren Kindern, unter denen es auch immer eine schöne Anzahl von Kranken gibt. Der eine hat Augenweh, der andere Ohrenweh, einer hat sich den Fuß verletzt und verwundet, ein anderer hat Halsentzündung u. s. w. Auch gibt es viele, die an Scrofeln zu seihen haben. Andere sind schwindsüchtig; diese befinden sich jedoch in der heißen Zeit sehr gut und haben im Winter mehr zu leiden. Wenn der Wind über die Stoppeln jagt, dann lassen auch sie die Köpfe hängen, gleich einer Blume, die zu welken beginnt. Leider ist dies die Krankheit, der die meisten in Ägypten befindlichen Neger zum Opfer fallen. Gebe Gott, dass der sudanesische Krieg günstig ausfalle, so dass diese armen Neger in ihre Heimat zurückkehren und dass mit ihnen auch wir den Sudan betreten können zum Heile der armen Camiten. F. Karl Antoni, F. S. C. Ins kili Leben der Kinder int Silben. (die braven katholischen Kinder Europa's mag es nicht unerwünscht sein, einige Einzelheiten über das Leben der Kinder im Sudan zu erfahren. Die Geburt eines Kindes wird überall als fröhliches Familien-Ereignis gefeiert, besonders wenn es ein Knabe ist. Ein männlicher Sprosse bringt der Mutter viel Ehre; sie wird künftighin nicht mehr mit ihrem Aus dem Leben der Kinder im Sudan. 135 eigenen Namen, sondern mit jenem des Sohnes bezeichnet. Wenn es die Verhältnisse gestatten, werden Verwandte und Freunde eingeladen und vom Familienvater mit geröstetem oder gebratenem Hammelfleisch, Kaffee, Tabak und wohl auch mit einheimischem Kornbier bewirtet. Bei dieser Familienfeier erhält das neugeborene Kind einen Namen, dem jener des Vaters beigefügt wird. Z. B. der Sohn Ali des Vaters Beschir wird Ali Beschir oder auch Ali nab Beschir (b. h. Ali, Sohn des Beschir) genannt, so dass Ali unserm Taufnamen und Beschir unserm Familien-Namen entspricht. Interessant sind die Mädchen-Namen, welche zumeist körperliche oder geistige Eigenschaften ausdrücken; z. B. Hanuna (mildherzig), Djemila (schön). Hcüima (gütig), Amina (treu), Aziza (theuer), Mabruka (gesegnet), Saida (glücklich), Uarda oder Zohra (Rose, Blume) usw. Bei Selaven-Mädchen ist der sonderliche Name Bahr-el-Nil (Fluss Nil) häufig im Gebrauche. Hier muss ich eine Bemerkung über die Hautfarbe der Kinder einschieben. Bekanntlich ist die Hautfarbe der Bewohner des Sudan eine sehr mannigfaltige und wechselt zwischen dem Hellbraun der nnbischen Nomaden und betn Pechschwarz der Neger in allen möglichen Farbentönen. Bei den neugeborenen Kindern nun ist die Hautfarbe noch nicht scharf ausgeprägt, sondern fast durchwegs ein und dieselbe, nämlich schmutzig-weiß. Die Kinder von Ägyptern und solche von Negern sind bei der Geburt kaum zu unterscheiden, und erst im Verlaufe von Wochen und Monaten entwickelt sich die Hautfarbe der bezüglichen Eltern. Es ist interessant, diese Färbung von Tag zu Tag und von Woche zu Woche zu verfolgen und zu sehen, wie der schmutzig-weiße Neugeborene allmählich zum kohlschwarzen Negerlein sich auswüchst, wobei jedoch die Handflächen und Fußsohlen zeitlebens ihre ursprüngliche,, Farbe behalten. In Ägypten gibt es ein Standesamt, auf welchem die Geburten und Sterbefälle registriert werden; trotzdem wissen jedoch die wenigsten Ägypter ihr Lebensalter genau. Im Sudan, wo die Einrichtung des Standesamtes natürlich unbekannt ist, weiß niemand sein Alter. Die Ernährung und Erziehung des Säuglings obliegt ausschließlich der Mutter. Da diese alle Hausarbeiten und vielfach auch die Feldarbeiten zu verrichten hat, so müssen begreiflicher Weise beide, Mutter und Kind, viel ausstehen. Wenn die Mutter in großen Thonkrügen das für den Hausbedarf erforderliche Wasser aus dem Nil herbeischleppt oder aus dem Walde Brennholz holt, begleitet sie der Säugling auf all' ihren Gängen; er hockt entweder in reitender Stellung auf ihrer Schulter, sich mit beiden Hündchen au ihrem Haupte festklammernd, oder sitzt, mit einem breiten Tuche oder Stricke festgebunden, auf ihrem Rücken; zuweilen sieht man Mütter, welche zwei Kinder, das eine auf dem Rücken, das andere auf der Brust festgebunden, mit sich schleppen und mit dieser Last weite Märsche machen. Die Negerfrauen fertigen sich aus einem viereckig zugeschnittenen Felle ein Ränzchen, indem sie die Enden des Felles zusammenbinden, legen das Kind hinein, schwingen die Enden des Ränzchens über die Achsel und begeben sich so an ihre Arbeit. Auf dem Felde hängen sie das Ränzchen mit dem Kinde neben sich an einem Stöcke, int Walde auch am nächstbesten Aste auf, bis ihre Arbeit vollendet ist; alsdann treten sie, das Ränzchen mit dem Kinde über der Achsel und einem Bündel Holz oder Feldsrüchten auf dem Haupte, den Heimweg an. Diese Strapazen und Überbürdung mit Arbeit machen die Mütter verhältnismäßig frühzeitig altern. Auch nachdem die Kleinen bereits auf eigenen Füßen zu stehen gelernt haben, bleiben sie ganz und gar der Sorge der Mutter überlassen, die sich freilich nicht viel mit ihnen beschäftigen kann. Die Kinder bleiben fast den ganzen Tag über sich selbst überlassen und von einer häuslichen Erziehung derselben kann keine Rede sein. 136 Aus dem Leben der Kinder im Sudan. Bei den Negerstämmen des Sudan 'und bei den Nomaden der nubischen Steppen gehen die Kinder beiderlei Geschlechtes ohne jegliche Kleidung; höchstens tragen sie ein Amulett am Halse und einen Ring aus Metall oder Elfenbein am Hand- oder Fußgelenke, wie überhaupt Schmuck oder Zierrathen den Leuten wichtiger zu sein scheinen als Kleidung. Im Nilthale erhalten die Knaben mit dem achten oder zehnten Jahre ein dürftiges Hemdchen, welches bis zum Jünglingsalter ihr einziges Kleidungsstück bildet. Die Mädchen werden schon etwas früher mit dem landesüblichen Rahat, einem etwa zwei Hand breiten Gürtel aus Eisen-kettlein oder Lederfranzen bekleidet oder später noch mit einer langen Pluderhose, während der Oberkörper entblößt bleibt und erst zuletzt mit einer Art Kittel oder Tunica, bis auf die Kniee reichend, bedeckt wird. Das Haupthaar der Knaben wird frühzeitig geschoren oder rasiert und nur ein landesüblicher Büschel auf dem Vorderscheitel belassen. Bei den Mädchen wird das Haar in kleine Zäpfchen geflochten, was mit großem Zeitverluste verbunden ist. Die Jugend wird vielfach verunstaltet durch landesübliche Toiletten und Tätowierungen. Sehr beliebt ist die Salbung nnd Pomadisierung des Körpers. Der ganze Körper wird von Zeit zu Zeit mit einer Salbe eingerieben, welche die Haut geschmeidig und glänzend erhalten, Jnsectenstiche, kriechendes Ungeziefer, die durch Sonnenbrand erzeugte Sprödigkeit der Haut und die Wirkung verschiedener Temperatur bemeistern, sowie nach Art der Massage kräftigend wirken soll. Die Salbe besteht aus mancherlei Substanzen, wie Hammeltalg, Butter, Ricinusöl, Palmöl, während Krokodilmoschus, Gewürznelken, Baldrianwurzeln, Sandelholz usw. angeblich zur Geruchsverbesserung der Fette beigefügt werden; in der That jedoch verleiht diese Salbe dem Körper einen starken, widerlichen Geruch, der weithin die Atmosphäre erfüllt. Die Nomaden im östlichen Sudan und die Negerstämme am weißen Nil, welche viel auf ihre Haarfrisur halten, suchen durch verschiedene Mittel die Haare weich und elastisch zu erhalten oder .die krausen Haare straff zu machen. Zu erstem Zwecke bedienen sich die Nomaden des Hammelfettes. Die Neger hingegen machen sich aus Asche und Kuhmist einen Teig, streichen sich denselben ans den Kopf oder machen damit die Haare ein und tragen sie so in Form einer langen, übelriechenden Schlafmütze beinahe ein Jahr. Nicht so unappetitlich, aber ebenso unschön sind die Tätowierungen. Bei Knaben sowohl als bei Mädchen werden Hände und Füße, besonders die Nägel, häufig mit Henna gelblich oder röthlich, die Augenbrauen hingegen mit Antimonium schwarz gefärbt. . Bei den Negern sind verschiedene Bemalungen im Gebrauche; die Bari bemalen sich an verschiedenen Körpertheilen mit einer Art weißen Pseifen-thones, die Berta mit rothem Ocher, die Monbuttu mit Rothholz und mit schwarzem Gardeniasaft. Zur Verschönerung werden den Kindern häufig die Augenbrauen sorgfältig entfernt; zum Ausreißen derselben benutzt man ganz zierlich gearbeitete Pincetten. Geradezu widerlich sind die Verunstaltungen von Ohren und Lippen, wodurch man die Schönheit der Jungen, besonders aber der Mädchen zu erhöhen meint. Die Negermädchen vom Weißen Nile durchbohren sich die obere Lippe und stecken in die Öffnung einen etwa zwei Zoll langen Stift, der gerade hervorsteht, ganz mit blauen Glasperlen überzogen, an deren Spitze eine weiße Glasperle den Schluss bildet. Anderswo durchstechen sich die Mädchen beide Lippen und stecken zwei Zoll lange und einen halben„Zoll dicke Cylinder aus Kiesel oder Knochen, Eisen- und Steinkeile, Holzklötze in die Öffnungen. Im ganzen Nilthale, selbst in Kairo kennen die Mädchen keine schönere Zier, als den hässlichen Nasenring, während die Knaben sich die obern Ohrläppchen durchbohren und in den gähnenden Öffnungen schwere Metallringe tragen, und dies K 1.3 © S-ssg ss S ^ or €*E E = S's (^ cy c § s § lir a o s- a I 5> " o-S 3 S č8 cy cr» j-j is- ^1© o#f d _a 3 O' g 3 S'S* -2,^ Sr Sri= 5 cH S's'3 ©3 jr II'« 9 g. 8 vBs O H*?? 5s rt S O ,V *41 »1 SDV WM» -r.ftVi s ii Br. Jvh. Giori. Br Plač. Capri. P. Jos. Weiller. P. Fr. Heymans, P. Wilh. Ban holz er. Br. Karl Antoni. Oberer. Br. Alex. Cygan. Br. Joh. Giacomelli. Br. Franz Trztvick. Br. August Dördelmann P. Hugo Larisch. Br. Joh. Köbinger. Grdensperfonal mit den Negerkindern der Antifclaverei-Lolonie in Gesira. cg