Praterfest Buchdruckerei von K>leinmayr & Bamberg in Laibach. 1880 . Seenen aus dem Praterfest im Marine-Casino zu Pola ant 10. Februar 1880. Buchdruckerei von Kleim«ayr & Bamberg in Laibach. 1880. ‘ Nur reell! Kostet kem Geld ! Kein Sehwindel! —■§> Fiir die Echtheit garantirt! -$•- Trara! trara! BARNUM Ist endlicli da I Kommt herein und selit, Woraus die Welt besteht. Ilocligcelirtes Publicum und heroische Garnison! Durch jahrelanges Reisen, Forschen und Sammeln wurden die Gefertigten in die ausserordenl.liche Lage versetzt, aus allen Welttheilen die allerseltensten Sehatze an sich zu bringen. Riese dem grossen Publi¬ cum zu seiner weitern Belehrung und Er- golzlichkeit zuganglich zu machen, bildet. den Zweck unseres unentgeltlichen Daseins. = Nur am 10. Februar zu sehen! = Die Professoren dcr uuentdeckten Kiiuste imel Wissenschaften: Charles Speakwell, Conservator des Smithoneums in Wasliington. Joseep Takeiteasy, em. Rector der scriptologisclien Akademie in New-York. Zahlloses Personale! 4— 'X =41 T l* Amerikanische Reellitat! Alles fiir die Mensehheit! Nooh nicht dagewesen! Museums - Erklamng. Mister Speaktvell und Mister Takeiteasg stellen einander in hdchst bescheidener TFeise dem p. t. Publicum vor. Hie- rduf beginnt Mr. Takeiteasg: Von allen Beruhmtheiten, welche unser Institut birgt, werde ich der geehrten Ge- sellschaft nur jene Celebritaten zeigen, welche mit Recht die Aufmerksamkeit der Welt auf sieh gezogen haben. Jahrelange Arbeit allein hat uns in die Lage gesetzt., solche Sehatze zu sammeln, und nachdem wir fast, die ganze Welt bereist, haben, nachdem Lappland und Kap Horn, der fernste Ost und West unser Institut gesehen hatten, horten wir , dass hier ein besonders beller Punkt auf dem finstern Europa sei, horten von deri vielen hervor- ragenden Geistern sprechen, die hier arbeiten, streben und Licht verbreiten, und darum, meine geehrten Herrschaften, haben wir uns veranlasst, gefunden, Sie fur heute hieher zu bitten. Wir theilen unsere heutige Vorlesung in zwei Theile: den natur- und kunsthistorischen Theil und den physikalischen Theil. Wahrend mir die angenehme Aufgabe zufallt, Ihnen den natur- und kunsthistorischen Theil zuganglich zu machen, wird mein Freund, der gelehrte Professor Dr. Charles Speakivell, ihnen den physikalischen Theil naher bringen. Ich beginne mit der naturhistorischen Abtheilung und bitte um geneigte Aufmerksamkeit und um ein froh- liches Gemiith. (Zeigt einen Zivetschken-Krampus im Glase.) — Hier sehen Sie, meine geehrtenZuhorer, den einen der siamesi- 5 schen Zwillinge. Wer von Ihnen hatte von den Zwillingen nicht, gehort! Wer hatte nicht darnach getraehtet., wenig- stens einen davon zu sehen. Nun, meine Herrschaften, sehen Sie sich denselben ganz genau an und wundern Sie sich gar nicht, dass es uns gelungen ist, denselben in das Glas zu bringen. Was vermag heute der gelehrte, tiefdenkende Mensch nicht! Als einer der Zwillinge zum Sterben war, da begab sich mein Freund, der gelehrte Dr. Charles Speakwell, in seinen Sterbeort, und erwarb ihn fiir unser Museum. Durch eine nur von uns erdachte Conservirungsmethode haben wir die fleischlichen Ueberreste in dieser Masse concen- trirt. Wenn jemand von den Herrschaften es wunschen solite, in iihnlicher Weise verkrustirt zu werden, so sind wir gerne hiezu bereit,. (Eine Gabel.) — Hier sehen die geschatzten Zuhorer das transatlantische Kabel. Dieses Wunderding, welches zwe:i Welttheile mit einander verbindet (zeigt, auf Mund und Magen), gehort. zwar langst. nicht mehr zu den Merk- wiirdigkeiten, allein dieses hier hat eine specielle Bedeu- tung. Es ist dieses* das Kabel, durch welehes seinerzeit, die Entdeckung von Amerika nach dem alten Welttheile telegraphirt wurde, und deshalb haben wir es erworhen. (Todtenkopf.) — Das ist der Kopf des grossen Nelson mit dem beruhmten Hieb bei der Schlacht von Aspern. (Zum Erdapfelschnitten.) — Hier sehen Sie die zum Tode vereinigten Herzen von Leonardo und Blandine. Es ist ein trauriges Schicksal, welches diese beiden weichen Herzen hier verbindet . Sie hatten im Leben vi el gelitten und freuen sich nun der Vereinigung im Tode. (Ein Kieselstein in einern Glase.) — Das ist der »Stein der Weisen«. Meine Herrschaften, dieses- ist die grosste Errungenschaft unseres Jahrhunderts, und wir verdanken dieselbe einzig und allein meinem beruhmten Freunde, dem allergrossten Gelehrten der Welt, Dr. Charles Speak- well. Als er vor Jahren den Dhawalagiri durchforschte, da fand er auch 45,000 Fuss liber dem Meeresspiegel den alten Gelehrten Methusalem, und in Vereinigung mit demselben 6 den Stein der Weisen. Nun ist. Umen nichts mehr neu und sie werden sofort selbst sehen, was er fur die Wissen- schaft gethan hat. Speakwell spvicht: (Kleines Bootsmodell und Aalfisch.) — In diesem Boo te sind 77 Menschen dureh 77 Tage von einer fabelhaft, langen, heisshungrigen Seeschlange in verschiedenen Welt- meeren verfolgt worden! Am 78. Tage gelang es dem Oommandanten dieser muthigen Schaar, Herrn Takeiteasy, die Verfolgerin in einen Hafen zu locken, wo sie von der Behorde festgenoinmen, aus Gesundheitsrucksichten ausgestopft und dem Museum Barnum einverleibt wurde. (Scklange.) — Diese Paradiessehlange, meine geehrten Zuhorer, ist das seltenste Exemplar unserer Sammlung. — Bekanntlich war ihr schmeichlerisches Organ die Ursache, dass wir uns nun im Schweisse unseres Angesichtes die Gage verdienen mussen, einen Uniformierungsverein benothigen und der Mama gleich bei Beginn unserer Lebenscarriere so viel Schmerz verursachen. — (Turkische Autographe.) — Dies, o \vertes Publicum, sind echte Autographe des grossten aller Propheten, des seligen Herrn Muhamed. Dies seine eigenhiindige Unterschrift auf der letzten Gagequittung, dies die letzten Abschiedstele- gramme bei seiner beschleunigten Abreise von Mekka! (Zivei Riesen-Portrats.) — Meine Herrschaften! Niemand wird wohl daran zweifeln, dass Amerika wirklich Grosses geschaffen! Betrachten Sie Barnum, betrachten Sie diese zwei vrohlgetroffenen Portrats. Das eine stellt Miss Kitehen- Ketehen in einem Drittel natlirlicher Grosse vor, die bekannt¬ lich die Ainme unseres unvergesslichen Washington ge- wesen. Bei ihr war das erste Feld seiner Thatigkeit, bei ihr lernte er wahre Grosse kennen, sie war der Born, an welchem er seinen ersten Thatendurst stillte! Das andere Biki stellt Mister Muscle Strong aus Ohio, ebenfalls in verjiingtem Masstabe, vor. Dieser Mann ist seiner Schonheit, Starke und Ausdauer wegen ein Lieb- ling der Damen und besilzt, vvie Sie sehen, das sanfteste 7 Gemtith! Er unterstutzt aber auch die Damen. wo er nur kann, und tragt sie buetistablicb auf den Handen. (Bohmische Glassteine.) — Hier ist der Schmnck des Cont.e Misto, auch Monte-Christo genannt Er reprasentiert, einen soleh fabelhaften Wert, dass selbsl, die Kenntnis der ludolfischen Zahl oder des grieehischen n nicht ge- niigt, denselben ganz genau za berechnen. (liut-Rosette.) — Wer von Ihnen, o geehrtes Publicum, kennt, nicht »Zlatorog«, jene Perle der Dichtung, jene weh- muthige Geschichte, deren Schilderung manchen Seufzer ausgepresst, manches Auge geschlossen und gefeuchtet hat,! Mein Freund, der furchtlose, unermudliche Steiger Takei- teasy, der sich vor gar keinem Bocke fiirchtet, hat den Triglav erklimmt und \vird Ihnen nun die seltenste aller Rosen, die Triglav- oder Dreispitzrose, ganz gefahrlos zeigen! Takeiteasy spricht: (Ern Glas Wasser, ein Glas Luft.) — Hier ist das hochste Wunder der alten Zeit, der Urstoff, welcher Tau- sende, ja vielleicht Millionen Jahre vor der Erschaffung der Welt, bestand und nun wieder auf chemischem Wege von dem ProfesKSOr Speakwell erzeugt \vurde. Es ist, die- ses eine vvahrhaft. epocheinachende Arbeit,, derjn sie kon- nen hier sehen, wer eigentlich ihre Stammeltern waren. (Eine Steinkugel.) — Das ist ein erst vor kurzem gefallener Meteor. Dieses Phanomen wollen sich die Herrschaften be- sonders genau betrachten, denn Sie werden kein zweites sehen. Nur Barnum allein ist imstande, solehe Ueber- raschungen zu produciren, und hier ist alles echt, da gibt es keinen Schwindel. Nur reell, meine Herrschaften, nur reell! (Ein leeres Glas.) — Hier sehen Sie ein Exemplar jenes heimtuckischen Thieres, welehes uns den Genuss des wohlsehmeckendenSchweinefleisches verbittert, es ist die Trichine, 20,000fach vergrossert,. Aber da Sie, meine geehrten Herrschaften, wahrscheinlich auch jetzt nichts sehen, so mogen Sie sich einen Begriff machen, wie schwer es meinem Freunde, dem Professor Charles Speakwell, 8 werden musste, dieses Thierchen mit, freiem Auge aus einer inficirten Muskel herauszuschneiden, zu prapariren und zu conserviren. Nur Barnum leistet solches fiir die Wissenschaft. , (Ein leeres Ei.) — Das ist das Ei des Columbus. Diese in dem Museum zu Patro, dem koniglichen Lustschlosse Don Alfonso’s, aufgehobene Specialitat wurde uns als Ehren- geschenk iiberlassen. Fiir die Echtheit, biirgt unser Name. (Gefarbter Pudel.) — Hier sehen Sie, meine geehrten Zuhorer, das bervorragendste Exemplar unseres Museums; es ist dieses der Cap-Horn-Lowe, das einzige Exemplar dieser Gattung einer vorweltlichen Species, welches der unermiidliche Forscher Speakwell auf seiner letzten Ex- pedition nach dem Cap der wilden Sturme gefunden bat. Es gibt seines Gleichen auf der ganzen Welt nicht. Das Thier, welches in den umvirtliehsten Gegenden lebte, war anfangs furchtbar wild, und es sind ihm beirn Einfangen manche Patagonier zum Opfer gefallen. Mit unvergleich- licher Geduld hat ibn der grosse Gelehrte Speakwell gezahmt,, und er ist heute so weit gedrillt, dass er sogar Erdapfelknodel mit Butterbroseln frisst. (Grosse Schneiderscheere, Stecknadel.) — Dieses hier ist die Scheere, mit der Abdul Aziz seinen Lebensfaden durehschnitten hat,. Das ist die Nadel der Kleopatra, welche der iiberaus giitige Beherrscher von Egypt,en der Stadt Pola verehrte. Da jedoch die Gemeinde keinen geniigend grossen Platz besitzt, um eine solche Raritat aufzustellen, so wurde die Nadel dem Museum Barnum einverleibt,. (Ein Gummischuh.) — Das ist einer der Ueberschuhe, mit welchen Moses den Durchgang durch das rothe Meer gemacht hatte. Das andere Exemplar hatte er bei dem Laufschritt, den die Juden damals unternommen, ver- loren. Der Wert dieses Gegenstandes ist unschatzbar. (Waschbecken.) — Dieses, meine geehrten Zuhorer, ist das Waschbecken, in welchem die Jungfrau von Orleans ihre eigenen Kinder gebadet hat. (Ein altes StiicJc Eisen.) — Dieses hier ist ein Stiick der Erdachse. Fassen Sie das gut auf, meine Herrschaften, 9 »ein Stilck der Erdachse«. Der tiefdenkende Forscher Speakwell hatte, um dieses unscheinbare Stiick erwerben zu konnen, zuerst, den wirklichen Nordpol zu suchen, und als ihm dieses nach einer muhsamen Eisfahrt gelnngen war, fand er den Beginn der Erdachse erst 20,000 Fuss unter dem Meeresspiegel, ein Beweis, dass bereits im graue- sten Alterthume die Erdachse gekannt und von unseren Vorahnen zu vorweltlichen Museen beniitzt wurde. Viel- leicht waren auch die ersten Waffen aus der Erdachse geschmiedet, denn es ist jedenfalls merkwhrdjg, dass schon 20,000 Fuss der Achse fehlen. Es ist die Auffindung der Erdachse eine der grossten Leistungen dieses Forschers. Was ist-die Entdecknng von Planeten gegen eine solche Errungenschaft im modernen Wissen! (Stiickchen Iiolz!) — Dieses hier ist ein gefrorener Blitzstrahl. Eine Errungenschaft der voremahnten Nord- polexpedition. Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft ist es in den Tropen und speciell in den amerikanischen Prarien kein Geheimnis mehr, wie man dort den Re- gen erzeugt. Man macht, wenn man in den meilenlangen Prarien ein abkuhlendes Bad haben will, ein kleines Feuer, und ein paar Stunden nachher regnet. es. Mr. Speakwell, der sachkundige Forscher, hatte am Nordpol durch Rei- bung der Wolkenschichten den Blitz erzeugt, der bei 67 0 Kalte einfror und in dieser Form auf die Erde gelangte. (Alter Regenschirm!) — Dieses hier ist der Regen- schirm des grossen Reisenden Kiselak. (Lebender Esel mit Hirschgeweih!) — Ich werde nun die Ehre haben, den gesehatzten Herrschaften ein zoolo- gisches Unicum zu zeigen. Es ist dieses der beriihmte Eselhirsch, das einzige Exemplar in der Welt. Mr. Speak- well, der grosse Streber, hatte es sich seinezeit zur Aufgabe gernacht, ein solches Wunder der Ziichtung zu schaffen. Mit vieler Miihe wurde ein Birsch gezahmt. Bei dem Esel ging das leichter. Das Resultat dieser Ziichtung sehen die Herrschaften hier. 10 Das Thier ist zahm, fiir Hauszwecke vorziiglich ver- wendhar, undnahrt. sich wie die Stamraspecies von Disteln! (Wolfshund!) — Dieses Mer ist der beriihmte Lu- pus in favola oder der Marchenwolf. Wie Sie wissen, meine geehrten Zuhorer, sind nicht, alle Wolfe wild and reissend. Es gibt Wolfe, welche sehr haufig in der Ge- sellschaft von Mensehen gesehen werden. Man sagi, ihnen nach, dass sie sehr geschmeidig sind, gerne tanzen, sprin- gen und sich zu heliebten Gesellschafts-Individuen heran- hilden. Mr. Speakwell spricht: Wie mein geist- und ruhmreicher, bisher unsterbli- cher College, der most celebrated Professor Mr. Takeiteasv, zwar oft,, aber immerhin nicht geniigend betonte, haben er und ich, ich und er schon das Unglaublichste zur Auf- klarung der gesammten Menschheit beigetragen, und wir konnen der Ansicht des verehrten Publicums nur zustirn- men, wenn es uns seinerzeit, als zvveites Dioscurenpaar in den Himmel versetzen wird. Nach dieser bescheidenen Einleitung will ich mich nun der Aufgabe unterziehen, noch alle jene Disciplinen zu erschopfen, die mein berlihmter College noch keiner Besprechung unterzogen, und hoffe damit, alle jene Liicken auszufullen, die in dem. Wissen des p. t. Publicums noch vorhanden! Da mein Bestreben Grundlichkeit und meine Devise nur »alleweil reell« ist, so beginne* ich bei dem a der gesammten. Weltordnung, dem Atom. Ich konnte es auch Molecul nennen, thue es aber aus Anstandsruck- sichten nicht. — Mein Freund, der grosse Professor Mr.Takeiteasy, wird Ihnen die bisher unsichtbare Ur-Materie, den Drstoff, zeigen. (Zeigt eine Uhr.) Dass alle Mensehen von Drstoffen abstammen, beweist. schon der Name Ur-Grossmutter, Ur-Grossvater etc. — Nachdem ich nun die Atom-Theorie, die sogenannt.e Atomistik, vollkommen erschopft, schr.eite ich unaufhaltsam dem vvichtigen Capitel der Mechanik zu und beginne mit der Demonstrirung des Begriffes Kraft. Mr. Takeiteasy please, 11 zeigen Sie, was Kraft ist. (Mr. Takeiteasg halt einen Glo¬ bus mit gestrecktem Arm.) Sehen Sie! d as ist Kraft! Man hat bisher ein Wesen daraus gemacht, dass ein alter Romer — ein gewisser Mister Atlas — die Erde auf dem Riicken getragen ! — Rein lacherlich gegeniiber solcher Leistung. Erstens halt sie Mr. Takeiteasy mit ge- streckter Hand, und dann ist auch jetzt die Erde durch die vielen dazugekommenen neu entdeckten Welttheile bedeutend schwerer geworden, als Anno dazumal. Ver- einigen sich mehrere Krafte, so entsteht das sogenannte Krafte-Parallelogramm. Mr. Takeiteasy wird ein solches construieren! (Takeiteasg construirt mit einem Masstab ein Parallelogramm.) Wo irnmer dieses angegriffen wird, entsteht der sogenante Angriffspunkt der Kraft, dessen Resultierende r n - ir, immer = 0 ist. Nun zu den verschiedenen Eigensehaften der Korper! Jeder Korper ist sehwer. Mister! sind Sie nicht auch schwer? — O yes, two hundred poundes, Sir! Jeder Korper ist auch theilbar. Mr. Takeiteasy, zei- gen Sie die Theilbarkeit eines Korpers! (Takeiteasy theilt eine Wurst.) Von der weiteren Theilbarkeit jedes Kor¬ pers bis in die kleinsten Portionen werden Sie sich spa- ter bei unseren Wirt,en noch besser iiberzeugen konnen! Besonders sind es jene Korper, die so grosse Oeffnun- gen haben, dass man genau sieht, ob was dahinter steckt oder nicht! Mr. Takeiteasy, zeigen Sie einen porosen Korper! (Zeigt ein■ herzformiges Stiick Muli.) Eine weitere Eigenschaft, ist die sogenannte Adha- sion. Diese ist bei verschiedenen Geschlechtern besonders leicht zu demonstrieren. Bringt, man namlich deren Lippen zusammen, so haften sie mit Vergniigen anein- ander! (Zivei kussen sich.) Dieses Bild beweist uns die Adhasion besser als ganz Magdeburg sammt ali seinen Kugeln! Viele Korper werden, wenn sie gerieben sind, elek- trisch und wirken dann auf andere Korper anziehend. Dieses Experiment ist uns heute auf das beste gelungen. Wir sind die Geriebenen, Sie, meine geehrten Zuhorer, 12 rlie Angezogenen. — Nachdem ich nun die Mechanik voll- kommen erschopft, will ich noch die Akustik voriiber- gehend beriihren ( beruhrt ein Ohr) und bereite nhch nun auf das grosse Capitel der Optik vor. Die hervorragendsten Personlichkeiten unseres Mu- seums sind der letzte Taikun des Reiches der aufgehenden Sonne, der welt.liche Kaiser von Japan, Guardami bene, und dessen erlauchte Gemahlin. (Zeigt auf einen Ja- paner und eine Japanesin.) Als in diesem Reiche der grosse Kampf zwischen den geistlichen und welt.lichen Fursten entbrannte, da spielte sicli im Norden des Insel- reiches eine Scene ab, die in der Geschiehte unerreicht dastehl Es machten 15,000 Japanesen, welche den Rest der Truppe des Taikun bildeten, das Harakiri, und nur er blieb absichtlich am Leben, um seine Waffengenossen zu rachen. Kaum hatte der allesdurchdringende Gelehrte Speakwell von der Sache vernommen, als er sich von New-York mit. Luftballon nach Japan aufmachte, dort nach 36 Stunden anlangte und den Taikun fand, wie er sich in einer Bierkneipe eben »Brennhasse« geben liess. Mr. Speakwell, der Unerschopfliche, bewog den milden Dulder zu einer Rundreise, um auf derselben die Sympathien und das Geld fiir seine verlorene Sache zu gewinnen, und so wird sich der Taikun in die Gesell- schafl; mischen, um sich ibre Sympathien zu erwerben. (Chinesemit Riesenfdcher.) — Dieses hier ist der stetige Begleiter des Taikun, der beriihmte Chinese Radi, vreleher die Quadratur des Zirkels erfunden hat und in seiner freien Zeit, das Herrscherpaar bewedelt und luftet. Eine edle Rothhaut, Rebrol genannt, hat das Museum vor Jahren erworben. (Portrait einer beJcannten Person- lichkeit!) Es ist dieses ein selten vorkommendes Exemplar eines ungefahrlichen alten Junggesellen. Er war in den Urwaldern, wo er oft unter hundertjahrigen Eichen seinen Pagat ultimo verloren, als »Roue« gefurchtet, hatte in ver- schiedenen Wigwams mit indianiscben Madchen erfolgreich coquetirt, und wurde im schonsten Alter fiir das Museum gewonnen. Da er jedoch heute anderweitig auftritt, so 13 konnen wir Ihnen nur sein wohlgetroffenes Bild zeigen und Sie bitten, ihn hier im Hause zn besuchen. (Kaffer.) — Das ist der Kaffer Laki, welcher den Brinzen Napoleon umgebracht hat. Meine Herrschaften, es war keine Kleinigkeit, dieses Prachtexemplar eines Zulukaffern zu erwerben. Nur der Umstand, dass der Konig Cetevayo gerade eine neue Kaffeehauspfeife brauchte, machte es dem Professor Speakwell moglich, durch einen Tauseh dieses Exemplar zu erwerben. Wir werden Ihnen dann seinen beruhmten Zulutanz auffuhren lassen. (Portraits nach der Natur.) — Um den Herrschaften eine besondere Ueberrasehung zu bereiten, haben wir unsern Quikmaler beauftragt, die schbnsten und interessantesten Personlichkeiten im Saale in der Gesehwindigkeit gross abzuconterfeien. Eine solche Arbeit. ist vvahrhaft riesig! Aber was fur Viele unerreichbar, das, meine Herrschaften, leisten Barnum und seine beruhmten Reprasentanten spielend. — (Schattenbilder mit- Erklarung.) So heginnt. die Tragodie: Es war ein Herr und eine Lady, Die trafen sich von ungefahr Und coquetirten hin und her. Natiirlich freut dies ungeheuer Den jungen Mann, Herrn Gustav Meier, Er dichtet eiligst eine Strophe Und schickt ihr’s durch die Kammerzofe. Miss Jenny that. darob nicht grollen Und dacht’, warum soli ich nicht wollen! Sie eilet rasch zum Rendez-vous, Das er ihr gab »fifth Avenue«. 14 Doch ihr Vater, Mister Dauer, War ein Yankee, ein hochst schlauer, Er kam der Saehe auf die Špur Und maehte sehnell ein End’ der Cur. Den armen Meier schmerzt das sehr Und die Jenny fast noch mehr; Besonders als Papa befahl: Du nimmst den Goldstein zum Gemahl Der letztere war, wie man sieht, Stark abgeniitzt und langst verbluht, Doch das ist ja den -Ellcrn gleich, Sie sagen: Bah, wenn er nur reich! Doch was ist die Folg’ davon? Das andre Bild, das zeigt es schon. Ja, um solche Ehefreuden — — Ist der Mann nicht zu beneiden! Und die Moral von der Geschicht’: Jung und Alt vertragt sich nicht. Sitzt der Mann dann im Bureau, Treibfs vielleicht, die Frau »a so«! Bankelsanger-Gesellschaft. Der neueste Mord in Hernals. 1. ) O Horer, lernt aus der Geschichle, Die Manchen wohl zu Thranen zwingt, Was fur bedauernswerte Fruchte Die Liebe zu den Schonen bringt, 2. ) Ein Beispiel wohlerzog’ner JugencL , Des altenVaters Trost und Štab, Ein Jiingling, der durch selt’ne Tugend Zu schonster Hoffnung Anlass gab, 3. ) Den zwang die Macht geheimer Triebe, Eleonoren nachzugeh’n — Er bat und seufzt’ um Gegenliebe, — Doch ach, vergebens war sein Fleh’n. 4. ) Fussfallig klagt er ihr sein Leiden, Jedoch die Harfe heisst ihn geh’n. — »Ja!« ruft er, »ja, ich will Dich meiden, Du aber solist mich wiederseh’n!« 5. ) An einem mondscheinhellen Abend, Da stand er hinterlistig im Versteck’, Als Eleonore unbewusst, nichts ahnend, Unschuldig schwebte um die Eck’! — 16 6. ) Er mordet. sie mit wohlgezielten Stichen, Durchdolcht sich selber dann, o Graus — Und ehe funf Minuten sind verstrichen. War’s eh’ schon lang mit, beiden aus. 7. ) Im kiihlen Grabe nun vereinet. Ruht der Jungling neben Eleonor, Der alteVater schmerzlich weinet, Verschliesst dem Troste ganz sein Ohr. Moral. D’rum als Moral nimm dir zu Nutzen: Man soli kein Mensehenblut versprutzen, Was das Geschick auch Boses mag verhangen, Man thut nicht recht, zwei Herzen umzubrengen. XXXXXXXXXXXX XX XXX.XX.XXXXXXX Am 10. Februar 1880 * „Zum Papperl!" Johann Zangel und GeseMaft. Novitat: „Unsere gemiithliche wienerisclie SprachV' Anftreten der beliebtcn Cliansonctten - Sangeriu Frl. Beby. Es wird auf § 6 der Statuten auflnerksam gemacht! "TTTT tttt tttt tt n 1 r rr r r T irt t m t t tt ttt 2 I. Eine Phantasie. Vorbei war Mitternaeht. Und alles lag im tiefsten Dunkeln, Eine wilcle Kneipe hatte Schicht gemacht. Und heimwarts schritt ich mit Bedacht, Bei Mondenschein und Stemenfunkeln: Im Silberlicht lag Stadt und Land Und strahlend schwebt’ es auf dem Meere, Wo die Arena ihren Bogen spannt’, Wo einst der rom’sche Fechter stand — Fiillt’ es der Fenster weite Leere. Ich habe wohl in jener Nacht An alte, langstvergangene Zeiten, Ans alte Pola »Bella Persia« gedacht, Und wie verschwunden jene Pracht., Von der Jahrtausende uns scheiden. Und wie ich nun daheim und eingeschlafen war, Hab’ ich getraumt so seltsam, sonderbar. Mir war, ich stund’ auf der Arena hoher Zinne, Vom lauen Nachtwind leis umspielt, Tief unter mir zu meinen Fussen gottergleiche Wesen, So sehon, wie in der Mythe ich es nur gelesen Und nur im Reich der Sage moglich hielt; Gigantisch, reckenhaft, vollendet in den Formen, Der Menschenschopfung herrlich Ideal, — So lagerte im griinen Grunde Der alten R5mer Gotterrunde, Umflossen und verklart vom Mondenstrahl, Auf seinem Thron Gott Jupiter in ihrer Mitte. 19 Noch war mein staunend Aug’ im Gotterkreis gebannt, Da nahte sich Merkur mit Fliigels Eile, Den Jupiter in nachtlich stillerWeile Z ur schlauen Kundsehaft ausgesandl, »Merkurios, Sohn Majaš!« sprach der Gotterkonig, »So rnelde mir, was Du geseh’n!« — »0 Jupiter, vernichte sie mit flammenden Gewalten, 0, warst Du niemals, hier Gerieht. zu halten. Enlstiegen. des 01ympo's Hoh’n. Ein siindiges Geschlecht bewohnet Pola’s Fluren, Kein Tempel heiligt, Machfger, Deinen Namen, Zertreten und vertilgt ist unser Samen. Statt dessen haust hier eine RotteWilder Und im Museum Barnum sind die alten Gotterbilder, Doch schrecklich freveln — allen zuvor — Thun die Sanger von dem Mannerehor, Die treffen sich, meist erst, wenn die Nacht anbricht, An einem wohlverborg’nen Orte; Ich wol!te auch hinein — doch las icb an der Thiir die Worte: »Der Eintritt ist, nur mit Bewilligung des Obmanns ge- stattet.« Was thun sie dorten nun? O rathet! Sie treiben wiistes Spiel, verkleiden sich als Fechter, Als spanische Granden, Konige, Trom peter und Nacht- wachter, Der eine gar als Frau und polstert sich mit Stoppa, Singt dann in der Fistel Ganz grauliche Epistel, Und diesen Pfuhl der Silnde nennt man Oper, Wozu sie mit dem Mond., dem gold’nen Himmelszeichen, Ein Allotria treiben sonder gleichen.« Der Gotterbote schweigt, es tritt Apoll hervor Und sprengt der Leyer .Saiten: »O Jupiter, leih’ Deinem Sohn ein Ohr, Verstummt ist unser Musenehor, Den heutigen Musen ist gar nicht zu trau’n, Statt einen Tempel that man einen Apollosaal bau’ti, 2 * 20 Dort ward Euterpe verspottet, persiflirt, Dort hat man ein Affentheater gar installirt. O Jupiter, sei doch ein strenger Richter Und nimm zuerst aufs Korn die Dichter, Die kennen Versmass nicht und Scham, Der Pegasus wird jetzt par force geritten, Das arme Thier ist flugellahm.« Und eh’ noch dieser Gott geendet, kommt Bacchus ange- taumelt, voli desWeins, Und spricht: »Ieh hab’, so lang’ die Erde rollt, Dem Kneipen meine Huld gezollt, Und doch missfallt mir eins: DerWein hat seine Macht, verloren, Seitdem der Menseh das Bier erfand; Das hat die Burschenschaft sogar zum Elixir erkoren, Trotz Schadehveh und Magenbrand. Die alten Romer tranken auch nicht schlecht, Bei James, ich kann’s beschworen, Doch jetzt wird kolossal gezecht, Die haben Kehlen wie ihre Stiefelrohren.« Und Bacchus reicht dem Jupiter ein volles Seidel dar: »Das ist der braune Trunk, den Hollenkraft gebar.« — Der Gotterkonig trinkt und setzt das Seidel nieder: »Ha, beim 01ymp! Der Suff ist nicht zuwider!« — Und Bacchus spricht: »VerachtetmandenWein, den siissen, Vertheuern will ich Euch den Biergenuss Um einen Kreuzer gleich per Seidel — Ihr solit, es biissen Und Angermeier in den Tartarus!« Und wieder heult der Chor im wilden Schluss: »Angermeier in den Tartarus!« Da hebt sich Jupiter von seinem Throne: »Wir mussen geh’n, eh’ Luna’s' Licht, erlischt,, Wir sind nicht im OIymp, bedenket dies, Ihr Gotter, Was hilft, wenn die Patrouille uns erwischt, Mir Blitz und Donnemetter!« — »Ich seh’ es ein — ja, Eure Klagen sind gerecht, Doch nicht vermag ich’s, diesen Streit zu schlichten, Die neue Zeit gebar ein neu’ Geschlecht 21 Uncl hier kann .Jupiter nicht, richten! Lasst sie docli singen, lasst sie zechen, Wie es ihnen jetzt gefallt; Wie konnt’ ich wohl verdammend Drtheil sprechen, Wenn frohe Menschen sich in Eintracht hier gesellt. Die wahre Kunst wird Kunst stets bleiben, Bas Schone bleibt ja immer schon; So lasst der Erde denn ihr buntes Treiben, Wir ziehen nach den Sternenhohri. — Doch halt, Merkur, kehrst Du zur Erde wieder, Lenk’ in’s Casino Deinen Sehritt, Begruss’ von Herzen mir die heitern Bruder Und — horst, Merkur? — bringst mir ein halbes Liter mit.« II. Unsere geinuthliche wienerische Sprach’. (Lied.) 1. ) Der Hansi liabt, die Reserl So innig und heiss Und erklart ihr die Liab’ Auf a folgende Weis’: O, du liabes Reserl, Honigteserl, Radiwurzerl, Millikiržbrl, Butterweckerl, Haferdeckerl, Klanes Mutzerl, berzigs Trutscherl, Oberskrapferl, Butterzapferl, Zuckerschaberl, Drahdiwaberl. So wird bei uns ganz ungenirt Die Liab’ da explicirt. 2. ) DerVater muss jetzt Schulden zahl’n, Die der Herr Sohn gemacht, Er gift si’ ganz unbandi Und schreit schon ubermacht: O du Honischliirfer, Sperldraher, Kecker Strizzi, Nigerwitzi, 22 Geldverprasser, Madlspasser, Weanerbanl, Sehnapperhahnl, Rauberspoldi, Erzstrassoldi, Ritschibali, Stabskarnali. Das is da letzte Fuchzger g’west, D’ zahl’ nix mehr — ’s is Rest! 3. ) Stellt aner sich recht ung’schickt Und bricht etwas dabei, Und es sieht’s dann an and’rer, So schreit er halt soglei: O du Blunzenstricker, Hatsehenflicker, Talkentippel, Batzenlippel, Stiegenstaffel, Sehafspantoffel, Dummer Dedi, Eselsschadel, Damiseh’s Luader, Rindviehfutter, Batscherts Kalbel, Affenweibel, Was hast denn jetzt. schon wieder g’macht? So gib do besser acht! 4. ) A Muater liabt ’s erste Kinderl So innig und warm Dnd plauscht mit dem klan Fratzerl So herzig am Arm: O du Bauxiweiberl, Turteltauberl, Pampaletscherl, Hetschapetscherl, Mausistutzi, Tuttizutzi, Miillnersackerl, Windigackerl, Hemadlenzerl, Bartitrenzerl, Wiwimacherl, stinkad’s Locherl, Da hast a Bussi, an ei-Ei, Und jetzt mach’ schon Hei-hei! 5. ) A Jungfer, hiibsch an alte, Noch ledig zur Stund, Die herzt, weil’s sunst nix z’ thuan hat, Jetzt alleweil ihr’n Hund: 23 O du liabes Scheverl, Bratzigeberl, Flohanzetterl, Hupfiri’sbetterl, Mausischabi, Ribiravvi, Kleines Prečki, Herzensschnecki, Zitzibitzerl, g’scheckets Flitzerl, Šchlimmes Afferl, mein g’hort ’s Schwaferl. So red'n z’ Haus bei uns die Lent’ Aus lauter G’muthlichkeit. [II. Erlelmisse eines Handwerksbursclien. (Potpourri.) 1.) Geburn bin i wurn vor 25 Joahr Als Bua ohne Schuah und ganz ohne Hoar, Kan Frack hint’ am G’nack und ganz ohne Geld Hat mi bracht bei der Naeht mei Muader auf d’ Welt. Nit faul hab’ i ’s Maul verwendt, zu was g’hort, Und bob’ als Herr Knab’ um a Zutzerl begehrt; Hab’ platzt, haben’s mi g’ratzt, so laut in daWieg’n, Als solit’ i und wollt’ i schon 25 krieg’n. Mei Voater und mei Muatter hab’n g’sagt.: der Saperlot Is kummen erst auf d’Welt, und schreit sich schon halb todt, Wird der Bua einst grosser, nix Guates wer’n ma hor’n, Das wird ein kecker Geist, a Weanerfruchtel wer’n. Erstes Recitativ. Und ’s is a eintroffen die Prophezeiung; als Bua mit zwei Joahr war mir der schlechteste Heurige schon liaber, wie die beste Milli, und ’s Kindskoch hab’ i rein nur dessent- wegen gessen, weil meine Zahnd auf die Rostpradeln no nit ag’richt war’n; a paar Jahrl spater bin i in d’ Sehul kumma, da hab’ i an jeden, ob er grosser war oder nit, bei’m Cravatel og’fangt, ihm die Schulbucher ins G’sicht voltigirt und die funf Welttheil’ hab’n seiner Nasen a Visit’ g’macht, dass er g’schwollen war, wia Geigensattel nach an magnetischen Requiem. 24 2.) I war, das is klar, schon damals sehr resch, Als lina ohne Ruah und furchterlich fesch, Und glemt, weit entfernt, is rein gar nix wurn, Die Schul’ war mir Nuli und der Lehrer mei Zurn, Mei Kopf sammt ’n Schopf und in Lehrer sei Hand, De war’n in den Jahr’n sehr nahe verwandt, Er hat ohne Gnad’ mi beutelt auf Ehr, Als wenn i auf der Glacis a Kestenbam war. Bei. einem. jedem Beutler hat g’sagt der guate Mann: Ilir Kinder, sehfs zur Warnung den bosen Buam euch an, Wird der Bua einst grosser, nix Guates wer’n ma hor’n, Das wird ein flotter Geist, a Weanerfruchtel wer’n. Zweites Recitativ. A paar Jahrl spater bin i in d’ Lehr kumina, da is ma aber a nit anders ganga, so a Master glaubt ja rein, unser Hergod hat am. d’ Hoar nur deswegen wachsen lassen, dass er um V wieder ausreissen kann, — den ganzen Schnittling hat er mir ausgVupft, mei Kopf war ilma so glatz- kopfed, wie der schonste Exercierplatz — und de funkel- naglneichen Schlag’, de i ihna kriagt hab’ — mei Buck’1 war’s ganze Joahr so blau, wia’s schonste Firmament, und von de Priigel hatt’ si an arme Familie ’s ganze Joahr einheizen konna. — Gott sei Dank, bin i meine Mastersleut’ bald los worn; die Masterin hat so gern die Erdapfelnudeln g’essen und hat bei’m Essen amal den Taschenfeid’1 nei fallen lassen; in ihrem Heisshunger hat’s nocha a den Feid’l statt einer Nud’l g’schluckt, er is ihr in Mag’n aufganga und hat ihr’s Herz abg’schnitten. Bald d’rauf hat der Teufel a mein Master g’holt — und wie er am Sterbbett’ g’legen is, hat er no g’sagt: »Hansel«, sagt er, »gib ma a Glas Wasser.« I spring’ glei hin, derwisch aber in meiner Verwirrung die Fetroleum- flasehen, schenk’ ihm a Glas voli ein und halt ihm’s hin ; er macht an Zug — »Rindviech«! hat er g’sagt, nocha is er g’storben. Er hat mi no kennt bis zu da letzten Mi- 25 nuten!—No, denk i ma, jetzt bist an der Luft, geh ma auf d’ Wanderschaft. 3. ) Denn s’ schonste Leben auf derWelt. Ist Handwerksburschenstand, Man reiset ohne Hab’ und Geld 4. ) Durch’s ganze deutsche Vaterland, Durch Preussenland, durch Schwabenland; 5. ) Ja dorten im Sehwabenland, Das is halt fein, Dort san gar guate Leut’, Hab’n a an guatenWein, Greifen gar tapfer an Und steh’n fur einen Mann, Wann’s ihrer sieben san Und grosse Stiefeln han. 6. ) Und zn Strassburg auf der langen Bruck’, Da stand ich eines Tag’s, Und wohin ich auch wandt’ den Blick, In Schutt, und Triimmern lag’s — Da dacht’ ich mir: 7. ) Heil dir im Siegeskranz, ’s Elsass, das hab’ ma ganz, Was wir befreit hab’n, wird Alles annexirt. 8. ) Zu Pariš fand ich alles um und um Voli Champagner und Petroleum, Das Volk wollte mich derglengen, Mich an die Laterne hangen Als gefangenen deutschen Spion, Doch ein Franctireur liess mich wieder los, Nahm mir die Franken blos. 9. ) D’rum schenk’ der Herr mir einen Dreier, Sehenk’ der Herr mir einen Dreier Und vergelfs Gott tausendmal! 26 Drittes Recitativ. In alle Sprachen bin i aufs Betteln abg’richt, nur nicht auf hollandisch, und grad’ durt, hat’s mich toquirt, bet,tein zu geh’n; die Lent hab’n immer than, wenigst,ens als wenn’s mi not. versteh’n mochten, bis i grob worn bin und zum Schimpfen ang’fangt hab’ — nocha haben’s mi einspirn lassen, dann haben’s. ma a Freibillet geb’n am Schub bis an die Grenz’, wo die deutsche Zunge, die jetzt grad ziemlich lang is, grad noch hinglengt; — aber wart’s nur, ihr Hollander, mir Deutsche wer’n eng schon. a noch befreien von euer’m hollandischen Joch, da wer’n ma nocha zamrama und den Gin laufen lassen in unsere Gurgeln. Es zahlet sich schon bald aus, de Hollander zu befreien, denn de hab’n schon a schon’s Gerstl zu- sammengescharrt, wie die Hamster sein’s, desweg’n heisst ihre Hauptstadl, auch Hamsterdarn, — herentgegen 10. ) Ja der Mensch ohne Geld Kumrhl, mir vor auf derWelt , 11. ) So wie mein Vaterland, So wie mein Oesterreich, 12. ) So wie mein Oesterreich-Dngarn, Land der Czeclien, Kaiserstadt so gross und schon, Dort muss man zehn Sprachen sprechen, Will man dorten fechten geh’n. 13. ) Aber ’s is mir alles eins, es is mir alles eins, Ob i a Geld hab’ oder keins. Wer a Geld hat, der kann Aus tern essen, Und wer kans hat, kann die Schalen fressen. ’s is mir alles eins, es is mir alles eins, Ob i a Geld hab’ oder keins. Wer a Geld hat, der kann si anWagen kaufen, Und wer kans hat, kann hinten nachilaufen. ’s is mir alles eins, es is mir alles eins, Ob i a Geld hab’ oder keins. 27 Wer a Geld hal, der kann grob sein, Und wer kans hat, der kann — auch grob sein. D’rum is mir alles eins, es is mir alles eins, Ob i a Geld hab’ oder keins. 14. ) D’rum Michel fass’ ein Herz, endlich auszuwandern, Dort gehorst du dir, hier gehorst du andern. Hollerioh-hoh, dort am Mississippi, Hollerioh-hoh, dorten am Ohio! 15. ) So sang ein Trupp Auswanderer, Die ich in Hamburg sah, Und ich zog gleich mit lrniiber Nach Amerika! 16. ) Yonkee-Doodle am Clavier. Viertes Recitativ. Geht’s ihnen in dem Amerika was zu — da hort, si schon alles auf — die Leut’ thun dort den ganzen Tag nix als arbeiten, und nit amal schamen thuat si das G’sindel desweg’n; z. B. der Prasident — wenn der auf d’ Nacht, nix mehr sieht in seinem Bureau, so geht er ins Holz- schneiden, putzt Stiefel, hilft’n Schinder die Hund’ fangen u. dgl. — Die Leut’ t.rag’n alle Revolver, setzen an Sonnenschirm statt an Huat auf und sagen den ganzen Tag nix als wie »Never mind«, was auf Deutseh heisst, dass ihnen alles wurst is. Sie heissen Yankee, weil’s alle solche Jankerln trag’n so wie unsere Terlis. In ihrer Sprach’ wird das a wie e, das e wie i, das i wie ei und das ei glaub i wie ck ausgesprochen; meistens reden’s per Sie miteinander, was auf Deutseh ungefahr so wie Jud sich anhort; ’s is aber do no schoner, als wann’s per Du mit anander reden, da sagen’s nocha Sau zu anand. So haben’s es mit mir g’macht, no da bin i glei weiter und zu den Mormonen, da hab i ’s aber a nit lang ausg’halten — es is dort nix so besonderes los, als man 28 oft glaubt. Es ig nix leichter dort, als a Frau oder auch a paar zu krieg’n, aber das Loskrieg’n, das is a Tour, no grad so hali. wie bei uns; dann bin icb in’s Felsen- gebirg hinein, und wie ich da in Orwald geh’, springt auf einmal aWilder raus und sehreit: »I friss di!« — Bin i ibnen erschroeken, aber hab’ mi glei wieder erholt, denn der Menschenfresser is mit mir in d’ Schul’ ganga zu St. Arina; i hab’n glei wieder kennt, er war bei die Mexi- kaner und hat si dann zu die Wilden transferiren lassen, wo er’s schon zum Manipulanten bracht hat — das is namlich der Abstecher. Nocha hat er mir sein Wigwam gezeigt, seine Sklaven. und Trophaen — die Haut von recht an Dicken, woraus er sich an Schlafrock hat machen lassen, a Menge Skalps, darunter aner ganz ohne Hoar, der war von an Marineofficier, und so einige andere Nipp- sachen; dann stellt er mir seine Frau vor, an echte Wilde, mit der hab’ i dann langen Puff g’spielt und zwei kleine Kinder als Vielliebchen verspeist. 17. ) In Sl. Francisco, da kehrt’ ich alsdann lustig ein, Nachdem ich hat.t’ gegraben viel Gold und Edelstein. 18. ) Ich gab demWirt mein Ehrenwort, thn nachstens zu bezahlen, Und damit zog ich weiter fort Nach China und Bengalen. 19. ) Und als lustiger Musikante spazierte ich am Nil, O tempora, o moreš; Im Juli beim Scirocco, da ist es dort nicht kuhi. O tempora, o moreš; Juchheirassa, so sang ich, hatt’ i jetzt a Bitschen Bier, Gelobet warst du jederzeit, Gambrinus, mir. 20. ) Fern nun schifft’ ich hin nach Spanien, Voli von Raubern war das Land, Doch durchreist’ ich es ganz sicher, Verkleidet als ein Ministrant, 29 21. ) Dann in das Land, Wo die Maccaroni bli\h’n, Wohin- am griin’ Donnerstag Alle Gloeken flieg’n, 22. ) Dort sitzt der Papst am heil’gen Stuhl, Sieht herab auf diesen Sundenpfuhl, Dazu trinkt er den bestenWein, MitWasser segnet er d’ Leut nur ein! Funftes Recitativ. Durt hab’ i mir an Ablass g’numma, und nachdem ich in einem forl, in allen Zeilungen von dem beriihmten Praterfest gelesen hab’ und ohnedies in der Nahe war, so bin ich halt auch herkummen; wer’n ma seg’n, ob was los is. Vor der Hand will i zwar no nit schimpfen, aber an Idee is das schon — a Praterfest — ich mocht’ wissen, wer auf so a Hausidee kummen is s — schauderhaft. Guschlbauer: »So, Herr von Zangl, des war i, der de Idee g’habt hat..« Zangl: »A, Sie war'ns, korschama Diener, eine sublime Idee, — farnos — noch nicht dagewesen — lass’ ma’s wogeln! 23. ) Alleweil fidel, fidel! Alleweil fidel! elc. — IV. Verschieilene Gebete. (L i e d.) 1.) A Schuaster, der nix als in ganzen Tag sauft, ImWirtshaus d’rin sitzt, mit an jeden glei rauft,, Der hat eine Frau, schon a wunderliabs Weib, Die priigelt, er durch rein nur aus Zeitvertreib. Drei Kinder, ganz klane, redt ans nur aWort’, So kriegfs glei a Dachtel, an Stoss und so fort, Hrum is ihnen liaber, er is gar nit zu Haus, Da schnaufen si d’ Armen doch wenigstens aus; Sie fangen dann zum Beten an: 30 LieberVater droben im Himmel, Der die Kleinen stets bewacht, Fiihr’ denVater aus dem Wirtshaus, Ohne Rausch z’ Haus heute Nachl. 2. ) Die Generalversammlung bringt uns, wie man es will, Gutes und Schlecbtes, d’ Leut’ reden sehr viel. Da wird uns berichtet genau auf ein Haar, Wie’s zugeht in Oesterreich und auch in China sogar. Heute will man an Hundsstall und morg’n a Soirhe, Und a Jeder red’t taglang — no, Sie wissen’s ja eh! D’rum hat’s Comite jetzt ein eig’nes Gebet, Wo deutlich der Wunsch eines j eden d’rin steht; Vor der Sitzung fangen sie jetzt. zu beten an: Lieber Prases, hier auf Erden Schau’, die Leut’ sein gar zu keck. Wenn du Einem nun das Wort. gibst, Nimm’ ihm’s heut.’ noeh wieder weg. 3. ) A Maderl, erst zwanzig, de halt’s nimmer aus, Die mocht’ halt so gern schon an Mann hab’n im Haus, Sie fiircht, sie bleibt sitzen, das krankt sie so sehr, »Krieg’ ich keinen Mann nicht, mag i leh’n gar nicht mehr!« Sie weint ganze Nachte, auch bei Tag manches mal, So oft als s’ halt Zeit hal;, — o Gott, welche Qual! Da scbniirt’s ihr das Herz z’am, verschlagt ihr die Red’, Und Abends, bevor sie zu Bette dann gelit, Sie fangt sodann zum Beten an: LieberVater droben im Himmel Schickst du mir auch keinen Mann, O, so lass’ mir doeh im Schlafe Et.was traumen nur davon! — 31 V. A-B-C. Anmuth schmuckt das Madcben sehr, Atlaskleider aueh, doch kost’ das mehr. Barnum macht, sehr viel Reclame, Beby heisst die schonste Dame. Golumbus entdeckte Amerika, Casino war namlich noch keines da. . Datteln sind eine siisse Frucht, Daumschrauben sind nicht. sehr gesucht. Elemente gibi. es vier, Erde, Feuer, Luft und Bier. Furst. und Fachanapa sind Biihnenhelden, Friedrich der Heizbare leid’t keine Kalten. Gewerbefreiheit, starkt die Reichsfmanzen, Gottschewer z. B. verkaufen Pomeranzen. Hummer heisst im Meer einViech, Homer aber war ein klassischer Griech’. »J-A!« schreit Mancher ganz unbedacht, Jager, Jager, nimm’ dich in acht! Knechtschaft, die hasst der Liberale sehr, Kanonen aber, die fiirchtet er noch mehr. Lucretia hal. einst den Tod sich gegeben, Loretten in Pariš undWien — o, die leben! Myrthen sind sehr zarte Bliiten, Madchen muss man gut. behiiten. — 32 — Nihil haste, Nihil biste, Na da biste Nihiliste. Ohne Herz ein Page — o, welche Pein! O Himmel! o Himmel! erbarme dich sein! Pickelhauben sind bequem, Passen aber keinera Bohm. Programme bleiben oft was schuldig, Papier ist niimlich sehr geduldig. Quale nie ein Thier zum Scherz Mit Quartetten wie Mendelsohns »Liebesschmerz« »Roderich der Furchlbare« heisst der Titel, »Rhebarbara« heisst das Gegenmittel. »Sehr ein alt’sWeib« heisst man ein’ Drach’, »Salami« nennt man die Blumensprach’. Tapferkeit ist des Kriegers Pflicht, Tell kannte die ITarvev-Torpedos noch nicht. Um’s allen recht zu thnn, was ist vonnothen? Um Antwort wird gebeten! »Vorwarts!« ward einst ein Marsehall genannt, Vordermanner sind genant. »Wenzel« heisst fast jeder Bohm’, Warzen sind nicht angenehm. Xantippe war ein bosesWeib, X-Beine hat nicht jeder Leib. Tpsilon ist ein seltener Laut, Ypsilanti war ein alter Krieger, gediinstet im Kraut. Zlatorog hat uns viel Vergniagen verschafft, Zaeherlpulver aber hat keine ballistiscbe Kraft. 33 VI. Wienerbitz. (Lied.) 1 . Wann auf der Mariahilferstrassen bis zum Lerehenfeld A G’schwuferl durch die Gassen steigt und scheppert mit’n Geld, A Hosen, Rock undWeste tragt nach neuester Facon, An echten Glanzpariser mit an schmalen Randl d’ran, An Uhr, a schwere Ketten, gold‘ne Ring’ kaum zmn ertrag’n, A Pfeifen, an Cigarrenspitz’ von Meerscham, silberb’schlagn’, An Gang und a an Blick, der sagt: »I taug’ in d’Welt«, [:Das is a feiner Nagi oder a Bitz von Schottenfeld!:] 2 . Wer an der Wean herumflanirt. bis in die spate Nacht Und d’ Ufer, dass not g’stohl’n wer’n, vom theuern Strom bewacht, Die Liab’ nur companiweis kennt, denn ane' ganz allan, Das wiir’ ihm viel zu ernsthaft — da sagt er glei im vuraus: »Na! An anzigs Madl is fur mi bei weitem no nit g’nua, Wann i not mehr als viere hab’, so gibt’s mir halt ka Ruah! Mi bringt, a so a Gredi mit ihrm G’schwader glei in d’Hitz«, [: Das is not weit. von Gumpendorf a Ratzenstadtler-Bitz!:] 3 . Wer sich an unser’m Donaustrom mit’n Holzg’schaft dort befasst Und, wann a Holzfuhr afahrt,, manches Scheitel rutschen lasst, Was er darauf hat g’funden und ka and’rer hat’s valurn, Und was auf a wunderbare Art sei’ Eigenthum is wur’n; Kummt aner uber d’ Brueken, der vom andern Ufer is, Dass der do glei sein’ Klampferl kriagt, das is soviel wie g’wiss, Da rippelt er si die Faust’, lasst sprudeln seinenWitz, [:Das is a so aWasserkind, an Insulanerbitz!:] 3 34 4 . AVer mitten in der Nacht mil’n Netz zura neuehen AVirtshaus geht Und gern dort in der Donau nocha Fischerln fanga that, Per Zufall Just kan kriagt,, dartiber granti und betrubt Dem Nachsten, den er trifft, die Fisch’ glei ohne Graten gibt, Und sagt: I bin not neidi, wann i a kane Fisch not fang’, Und will g’rad’ aner durchaus a, so b’find’ i mi not. bang, Dem gib’ i, was er braueht, z’was hatt’ i denn die Hand’, [: Das is a Bitz von Erdberg, der’n Schreckstan gar nit Wann aner aufn Naschmarkt in der Frnah um drei schon steht, Und wann die Bauern kummen thuan, in an Btickenladen geht, Als wie a G’schaftelhuaber si sein Taglohn da verdient, Bis ihm nach g’scheg’ner Arbeit ’s klane Schwechat abirinnt. Bei aller Sympathie, die er far d’ Fratschlerin a fuhft,, Wird er, wann’s not schon reden thuan, auf amal furchtbar wild, Und hebfn Arm in d’ Hoh’ und sagt: »Du Besel, kennst den Spitz!« [: Das is durt auf derWieden so a Schleifmuhlgassen-Bitz!:] 6. AVer geht.e auf deAVuchentag auf Arbeit, auf de Bau, Und iste af sein’s Arbeit fleissig, fulgsam und genau, Und frisste halt zu Mittag tesset Kreuzer Lavel Brud Und sei’ šest Kreuzer Streichkas, a den hatte keine Nuth, Af Nacht, wann kummte z’ Haus, Brandwein, Brud und weiter nix, Am Samstag Stuckel Saf, zum Stiefelputzen SehachtelAVbc, Am Sonntag gehte af Beseda — a da tanzte, kriegte Spitz, [:Denseinsesvon deSandgstetten oder Fasangassen Bitz!:] — 3B VIL Franzosische Uebersetzung. (Lied.) 1. ) Bei der Frau G’heimrathin da is A riesige Soiree, Da frat,scheln’s iiber allerhand Und trinken den Cafe. Da sagt. a Dam’: »I hab’ Migrane, Ich werd’ noeh sehr mala.de. « (Prosa) Was hasst das: malade? Jetzt geh’ i aber schnell zu Haus, Denn hier is schrecklich fad’. 2. ) Dass sein Herr Sohn verliebt is in A Schneiderin, vernimmf. A Herr Baron und ist darob Gar zornig und ergrimmt; Da sagt. der Sohn: »O cher Papa, ’s is nur a Liaison.« (Prosa) Was hasst das: Liaison? Heuat hab’ i s’ gern und morgen fruh, Da jauk’ i s’ schon davon. 3. ) D’ Franzosen war’n entsetzlich jetzt Im Ungluek, das is wahr, Versclnvunden war die ganze Maeht Und futsch war alle Gloire. Da haben’s in ein’ fortg’schrie’n: »O Gott! Wie sein wir malheureux!« (Prosa) Was hasst das: malheureux? Jetzt hab’n ma feste Hiebe kriagt, Verdienen that ma’s eh. 4. ) Ein junger Mann, der ang’stellt is, Der schwort auf seine Ehr’: »I mach’ in wenig Jahren nur A riesige Carriere; s» 36 Der Graf, das is mein Protecteur, Ich bin sein Protege?« (Prosa) Was heisst das: Protecteur und Protege V »Und wann i a an Esel bin, I kumm’ balt doch in d' Hoh! — VIII. Lied oline Reime. 1. ) Ein Dichter sitzt brutend daheim, Er findd zu sein’m Lied keine Reim’, Und wann er an find’t — o Malheur, So reimt er sich nicht,, das is schwer; D’rum will er sich jetzt nicht mehr plagen Und will halt. was and’res d’rauf sagen. Wer’n Reim versteht, macht, si nix d'ra us, Der find’t, schon dasWahre heraus. 2. ) Ein Madchen im herrlichsten Putz, Das sah ich zu Haus voller — Einfachheit, Sie hat zwar ein hubsches Gesicht, Aber d’Wirtschaft versteht sie halt — famos. Wann’s a in der Kuchel umrennt, San d’ Speisen halt alle — delicat; Das Stricken, das kann’s halt noch, In j eden Strumpf hat sie — ihr’n Namen gestickt. 3. ) Bei Soireen, die man nennt, Pik-nick schofel, Da kocht man das meiste mit — Vanille, Die Šale san herg’richt zum Tanzen, DieWand’ aber san voller — Oelgemalde; Da schoppt sich mit Krapfen a Jeder, De san aber a wie von — Obersschaum, Reim Tanzen sagt a sehr dieke Frau, I schwitz’ Ihnen accurat wie a — Madel vom Rallet. 37 IX. Ans muss no anssa. (Lied.) 1 . [ tima so gern singen, i. kann nix davor, Wann’s sein muass, weg’n meiner bis morgen in da Fruah, Wann i abgeh’ und ’s schreien meine Gonner: Halloh! So bin i halt. glei wieder do. Wie oft hab’ i denkt, es is eh ’s letzte Liad, Wann aber so fleissi wird fortapplaudirt, So steh’ i halt glei wieder oben am Brett: »Denn ans muass no aussa, ans muass no aussa, Und wenn die Bappen auf Fransen geht.« 2 . A Herr mit an Platterl wie’s Riesengebirg’, , Der is iiber dieses Naturwunder schiach, D’rum kauft er sich Kammfett und sonstigeWar’ Und glaubt, jetzt,, es wachsen ihm d’ Haar; Da steht er vor’m Spiegel und schaut si d’rin an, Ob er seine Haar no nit wachsen segn kann, Und siaht er a Hoarl, zaht er d’ran, als wia blod Und schreit: »Ans muass no aussa, ans muass no aussa Und wenn der Plutzer auf Franzen geht.« 3 . Der Wirt steht. beim Schenktisch, das Fassel is g’hob’n, Er hat no ka neuches Bier nit herob’n, Aus 30 Mass hat er erst 60 fabricirt, I glaub’, dass is g’nua profitirt; D’rum sagi. er zum Buab’n: »Na, thua ma nit luagii, Da muass ma no wenigstens a Seitel rauskrieg’n.« Und weil ihm der sagt: »Na Herr, i glaub’ not«, Schreit er: »Ans muass no aussa, ans muass no aussa, Und wenn die Pippen auf Fransen geht.« 38 4 . Der Doctor von Kierling is an eiserner Mann, Weil der halt so guat die Zahnd’ reissen kann, Erscht reisst er am’s Maul bis zum Ohrwaschel auf, Dann kniat er si gar auf erm d’rauf; Dann fahrt er am eini mit’n Zangl in ! s Maul Und reisst am drei. unrechte in anerWeil’, Und schreit ma, so sagt er: »No, sans not. so hlod, Aner muass no aussa, aner muass no aussa, Und wenn die Treantschen auf Fransen geht. 5 . ’s Comite vom Casino, das brauchet. a Geld, Weil ihm halt dasselbe sehr nothwendi fehlt, D’rum sagt’s uns: »Zahlt’s monatlich ein’ Gulden nur bloss Noch d’rauf — denn wir san in der Sauce, Wann ma ka Geld hab’n, das war’ schon der hocherste Kren, Der ganzeVerein konnt’ ja rein betteln geh’n; Denn ohne Geld nichts auf der Erden besteht: »D’rum a Gulden muass no aussa, aner muass no aussa, Und wenn die Gage auf Fransen geht,« X. L’ainaiit d’Amanda. (Chansonette.) 1.) Chaque femme a son dada, Sa marotte, sa toquade, Amanda me demanda Un jour entre deux oeuillades: Mon groš veux-tu m’adorer? Pourquoi pas, lui repondis-je, Depuis j’entends murmurer Partout., ou je me dirige: Voyez ce beau gargon — la: Cest 1’amant d’A’, c’est lamant d’A’. Voyez ce beau gartjon — la: Cest 1’amant d’Amanda! 39 2.) Cest moi, qui suis Amanda, Suis 1’amante de Polyte, Qui teut a 1’heure etait la A vous vanter mes merites, Comment ne pas raffoller, De son nez quise retrousse, Quand on 1’entend rouconler, De sa voix suave et douce: Voyez ce bcau gargon — la: C’est 1’amant • d’A’, c’est 1’amant d'A’. Voyez ce beau garcon — la: Cest. 1’amant d’Amanda! XI. Das Lied von de Bolim. 1. Wer ist denn der g’scheidtest,e Mensch auf der Welt? Der Bohm. Wer sparte sicb z’sammen in Wien ’s meiste Geld? Der Bohm. Wem gengen de Bramburi gar niemals aus? Wer hat am Ringstrassen grossmachtige Hans? Der Bohm, der Bohm, der Bohm, Alle Praveda immer der Bohm. 2 . Wer schlieft bei der Nacht in's Kanalloch hinein? Der Bohm. Wer singte den Fischerlied so wunderschon? Der Bohm. Wer frisste acht, Halbe zwei, drei auf ein’ Sitz? Wer kommt alle Fruhjahr bei Taborlinie Spit,z? Der Bohm, der Bohm, der Bohm, Alle Praveda immer der Bohm. 40 3 . Wer iste der ehrlichste Mensch hier inWien? Der Bohm. Wer sitzte am meisten beim Brandweiner d’rin? Der Bohm. Wer spielte Trompeten und blast Kralinel ? Wer iste in Floritzdorf draussen zu Bett? Der Bohm, der Bohm, der Bohm, Alle Praveda immer der Bohm. 4 . Wer hat. unsern Prater fast ganz ruinirt? Der Bohm. Den Donau grossmachtige grad strangulkt ? Der Bohm. Wer kommte als Hausmaster in jedes Haus? Wer geht alle Sonntag mit Marianca aus? Der Bohm, der Bohm, der Bohm, Alle Praveda immer der Bohm. 5 . Wer hate an Nasen wie Posthorndelform? Der Bohm. Wer kriegt, wann me schimpft, iiber Povidl, an Zorn? Der Bohm. Wer war erstes Mensch drinnen im Paradies? Wer lasst, alles lieg’n, was fest ang’nagelt is? Der Bohm, der Bohm, der Bohm, Alle Praveda immer der Bohm. Des Pater Abraham a Sancta Obscura Praterfest - Fastnachts - Kapuzinade. Erlaubt, dass ieh die Kanzel besteige Und euch die Siinden heruntergeige. (Er steigt auf den Sessel.) »Ihr vergesst euch in euch selber Und verliert euch in der Zeit Und gewohnt. euch ganz gemiithlich An die Ausgelassenheit.« So steht geschrieben in der Epislel an die Korinther, als sie tranken wie die Biirstenbinder, und so lesen wir bei Matthaus am Letzten, vorvorletztes Kapitel, vorletzte Zeile, allerletzter Vers. Bevor ich dariiber, im Prater Versammelte, meine Betrachtungen anstelle, bitte ich um etwas Geduld und fernere Aufmerksamkeit. (E r schnupft, denn »meint« er: »Wenn sich alle Sinne laben, will das Naschen auch was haben«.) Odi profanum vulgus et ejus spettacula! Was wollt ihr in bunten Haufen da? Gackernd legt die Henne ein Ei Und gluckst mehr als nothig dabei; Was macht, aber ihr fiir ein Heidengeschrei? Wollt ihr euch legen durch das Fest Vielleicht. ein Ei in's Himmelsnest? O sancta simplicitas! Einst, in diesen heiFgen Hallen, Welch’ ein stili beschaulich Leben! Ruhig und in Gott ergeben Sah man euch mit dem Schuss zur Suppe wallen — 42 Beim Mocca cPrauf den »Obzor« lesen, Ond wenn’s am Abend Neune schlug (Wie’s fromme Sitte stets gewesen) — Niemand mehr nach Weine frug. O tempora, o moreš! Sind das noeh dieselben Raume? Allen lieb und ach! so theuer, Sind das noeh dieselben Menschen? — Scheint bloss mir es nichl geheuer? (Er greift sich an die Štirne. — (InExstase :) Kreuzmillionsakerment! Wenn auch sonst. apostolisch, Muss ich doch werden fuxteufelswild diabolisch, Seh’ ich euch als solche Prat.ernarren Jetzt! wo die Volker in Waffen starren! — Gehfs in der Welt nicht drunter und d’riiber, Als lagen Himmel und Erde im Fieber? Taglich wird’s in politicis bunter! Ueberall liegt die Lunte beim Zunter! Hatten wir kurzlich mit den Bosniaken Nicht mehrere unerfreuliche Schnaken? (Nahmen die Ketzer gar fremde N as en, Haben uns leider noeh viele tibrig gelassen,) Und kaum war zu End’ dies Kriegsgezeter — Bauft sich Amerika wegen Salpeter. Der Nihilisten revolutionare Horde Schreckt zuriick vor keinem Morde, Wie andere mit der Feder und Schrift, Amtiren sie mit Dynamit und Gift. — Auch die Turkmenen gerbten des Bar en Fell, Und John Buli gehfs in Asien nicht ganz well. Irlander und Schlesier schreien um Brot, Und eine Saule der Kirche, Lulu, ist todt. (Er troeknet sich die Augen.) Die Irredenta raubt uns Schlaf und Ruh’ Und mocht’ gern noeh was anders dazu. — Erlosen wollen’s die Fratelli! Ja Schnecken — Die in gar keinen Banden stecken. 43 S e h t.! So ist es hienieden besi elit,, Und ihr verprasst hier euer kleines Geld, Jubelt und trubelt und singt und lacht, Schiemelt umher die ganze Nacht., Zieht euch narrische Kleider an, Denkt, unser Herrgott ist ein guter Mann. Quosque tandem o! societas casino marinorum abutere pa- tientia nostra! Wie soli es auch anders sein, Kehrt nicbt Frommigkeit, in die Gesellschaft ein! — Ihr konnt alle elektrischen Lichter anztinden Und doeh im ganzen Casino kein Heiligenbild finden; Ja, es ist ein Jammer und Graus (hebt das holzerne Kreuz seines Rosenkranzes in die Hohe), Das ist das e in žige Kreuz im Haus. Und ist’s christliche Dnldung, die in euren Versamm- lungen waltet, Wo man so frei iiber den Sackel des Nachsten schaltet? Warum habt ibr ein Sieb’ner-Comite, warum just die Hexenzahl 7 gewahlt? Wo die Bibel doch 4 Evangelisten, 12 Apostel und 14 hei- lige Nothhelfer zahlt! Ich sage euch: Achab, Jerobeam, Nero und Nebukad- nezar waren kleine Kinder Gegen solche Bramarbasse und ausgepichte Siinder! Wann seid ihr, getrieben vom frommen Verlangen, Das letztemal in den Beichtstuhl gegangen? Wie stehfs mit Fasten und Almosengeben? Wie stehfs mit eu’rem sonstigen Leben? Glaubt. ihr an Herrgott und kennt, ihr alle den Teufel? So konnt’ ich — getrieben vom frommen Zweifel — Euch fragen wohl bis zum jiingsten Tag. Doch eher wird aus dem Tanzsaal ein Kloster Und eher betens beim Zangl ein Paternoster Und werden Barnums Schwindelei n Zu einem riesigen Reliquien-Schrein, Ehe es mir Einer zu bejahen vermag! — 44 »Unser Glaube ist unserWissen! unsere Religion ist unser Geheimnis und unsere W ur d e ist, unsere Moral! Mit so heidnisch hochtrabenden Worten Prahlt, ihr euch aller Orten; O! vanitas! vanitat-um, vanitas! O! sccmdalum, o! scandal!— Larmt. nicht so und macht, kein Geschrei, Dass euer Quartiergeld zu wenig sei, — Statt Anleihen zu zeiehnen, ihr heidnisehen Recken, Spart euere Heller zu Himmelszweeken. Auch mangelfs der Kirche an Himmelsbrauten! Wie soli man sie aber zusammenlauten? O, gnadige Fraulein und gnadige Frau’n, Die ihr gar so gern in Spiegel mogt schau’n, Wie wiirdet ihr ungnadig erblassen, Korint im geistigen Spiegel ich euch schauen. lassen! Fiir manches Parfum wird ein Geld ausgegeben, Wovon ich armer Kapuziner einen Monat kann leben, — Auch hat man kaum eine Ahnung bei ali’ euren Schleifen, Bandern, Franzen, Spitzen und Reifen, Chignons und Schleppen und sonstigen Faxen — Wie eigentlich das schone Geschlecht, ist ge- wachsen? — Statt, wie ich, auf freiern Fuss in Sandalen Zu leben, erduldet ihr Hollenqualen, Zwa.ngt die kleinen Fiisschen in noch kleinere Schuhe hinein, Dass die armen Zehen — Zeter und Mordio! schrei’n. Setzt euch auf ellenhohe Socken, Nehmt, einen Kopfputz von Millionen Locken — n Ihr bleibt doch immer, was ihr seid. Alles, alles Eitelkeit! S'ursum corda, »dieHerzen zu Gott« und thuet, Busse. Aber wie? hor’ ich fragen! Wenn man den Ehemann, Wird er brummiger, immer besser leiden kann — Wenn man fleissig kocht und brat und schiirt Und in den Topf den Wunsch des Herzens riihrt. 45 Dass es dem Gatten, den Kindern, den Gasten schmecke und gedeihe — Das gibt den Speisen erst die rechte Weihe. — Wenn man regt ohne Ende Die fleissigen Hande Und mebrt den Gewinn Mit ordnendem Sinn Und ruhet nimmer — O mundus perversus — oft, und haufig ruhet ihr im m er! Wo seid ihr an manchem frisch goldenen Morgen? Das Kopfchen tief noch in Flaumen verborgen, Und statt in der Friihmesse zu preisen den Schopfer des Alfe, Ruht ihr aus von den Strapazen des letzten Balls. Wundert ihr euch iiber den Ton, Meiner ganzen Allocution? Es kommt noch arger, wenn ich erst d’rin In der Derbheit,, in der geheiligten, bin; Doch ist es genug, ich sehe es klar, Auch bin ich aller Gedanken bar. Ihr wollf., ich merk’s, lustig weiter leben! Nun, verdenken kann ich’s euch nicht eben, Und wenn ihr euch in diesem Kreis Erfreuet in echter Praterweis’, Dann bleibet meinetwegen bis morgen fruh Und kummert euch um mein Raissoniren nie, Und schenkt mir auch ein Glaschen Wein, Ich will der Lustigste unter Lustigen sein. Jetzt. aber rufe ich zum Schlusse: Gloriam! (Er segnet dreimal die Menge mit dem Kreuze) Dixi et. salvavi animarn! —Ir— Feuilleton der Triester Zeitung vom 19. Februar 1880. Fasching in Pola. Hurrah! So hab’ ich keine noch durchwacht, O lebenshe.isse, volle, starke Nacht. Lenau’s Faust. Es war wirklich eine schone, tolle Nacht, die des letžten Faschingstages, welche wir auf dem Praterfeste des Marine-Casinos zubrachten. Mehr als ein halbes Tausend Menschen in verschie- denen Trachten, davon ein Drittheil Evastochter in blen- denden.Kost.umen, beriickendeFrauengestalten und riihrend- zarl e Madchenblut.en, wogten bei den Klangen dreier Ka- pellen, bei heiterem Gesang und frohen Spassen in buntem Gemisch durcheinander. Ich will das Wagnis versuchen, mit meinem Bischen Phantasie fur jene, welche dem Feste nicht anwohnl,en, ein blasses Bild davon zu entwerfen; dieFesttheilnehmer wollen es imGeiste noch einmal dureh- leben. Ich bitte mich zu begleiten: Wir schreit.en auf antikem Pilaster; die Sterne, welche friiher durcbWochen, Nacht fur Nacht freundlich schimmerten, dieselben Sterni ein, die unter Romerzeiten so manehem grossartigen Arenafeste leuchteten, sie waren es schon lange nicht mehr gewohnt, recht lustige Leute zu sehen; sie trauerten heute hinter triibem Sudost-Gewolke. Bei dem Scheine jeder Gasflamme 47 lesen wir an der Mauer »Barnum«, wir stolpern buch- stablich auf Schritt und Tritt liber auf den Bode n ge- malte Barmim-Annoneen; ein keeker Spati fliegt mir so knapp am Gesichte voriiber, dass ich umvillkiirlich auf- schauen fnuss — mieh dau cht, er tragt ein B a r n u m - P1 a c a t im Schnabel. Einige geschmaekvolle Transparente blinken uns von der Hauptfapade des Časinos' durch die dunkle Nachl entgegen, darunter neuerdings »Barnum«. Wir durchmessen den Garten eiligen Sehritt.es ; auf der Terrasse fallt uns links ein Apparat, mit Leitungsdrahten auf, es ist der Elektromagnet, fiir die Beleuchlung des Museums, also schon wieder Barnum, die Neugierde lcann fast nieht mehr wachsen! — Treten \vir ein, die japanesische Lampe wirft ihren Schein in ein Blumengemach, zu welchem der Glasraum des Vestiblils umgewandelt wurde, ein Dutzend Avisos und Anzeigen aller Farben beleht uns liber den bevorstehenden Gehuss; man erblicld. uns — sofort, stiirzen zwei Dienstmanner (als Achselspangen einen Lappen mit. dem unvermeidlichen Barnum darauf), gelungene Typen ihrer Gilde, herbei und bieten die »Festzeitung« zumVerkaufe an; die Zungenfertigkeit. des einen und die Verschwiegenheit des anderen sind edle Tugenden fiir ihr Amt. Ich nehme dem Ersteren zwei Exemplare ab; das Blatt nennt sich: Neue Freie unv. Anleihe (Beruhi- gendes Organ fiir erregte Casinogemtilher). Da aber mein Gemiith vorderhand durch die zartliche Obsorge, die der Feuersgefahr und dem Kleingeld von der schwarzen Tafel aus zugewendet wird, im tiefsten Innern beruhigl ist., so nehme ich mirvor, es spiiter, gelegenheitlich »durch- zukosten«. Ein Viertelstiindchen fehlt noch auf die anbe- raumte Zeit., unlernehraen wir einen Spaziergang durch alle Raumlichkeiten. Wie gerufen entdecken wir eineSkizze: »Wegweiser fiir das Frat.erfest«; wir orientiren uns und nehmen Kurs auf die Restauration; neben der Stiege liest man »Aufgang zum Constanl inhiigel«; man passirt eine gut versorgte Tabaktrafik im Stiegenhause — welches reizende Gesichtchen wird uns hier spiiter das edle Kraut, zumVerkaufe anbieten? Jetzt sind wir beim 48 »Papperl«; im Hintergrunde links die Tribune fiir ZangFs Gesellschaft, rechts der »Braune Hirsch«; durch den »Eisvogel«, wo die »Damenkapelle« sich es recht bequem gemacht, treten wir in »Ronacher’sEtablisse- ment.« (grosser Saal) ein, wo der Nobelbali unter per- sonlicher Leitung von J. Strauss stattfinden wird. Unter dem Oreh ester befindet sich des Vollblut-Yankee »Barn um’s Colossal-Museum«, fiir das echt, amerikanisch Reelame gemacht wurde. Die Luft. war formlich geschwangert mit Barnumduft; in den beiden anderen Ecken ist das Kasperltheater und ein Panorama aufgeschlagen. Im ersten Kaffehause hat sich F. Miška in der Czarda mit seiner Zigeunertruppe hauslich niedergelassen; einen Augenbliek bedauere ich den Boden, der bei heiseren Eljenrufen und Sporengeklirr so viel »Getrampel« vvird er- dulden miissen. Der Zeiger der Transparentuhr vvar in- zwischen auf die achte Stunde vorgeriickt, Tritt um Tritt ersehallt, launiges Wortgeplankel lasst sich vernehmen, VVagen umWagen rollt in den Garten, zarte Fiisschen huschenuberdieStuienso eiiig, dass der dariiber grollende Scirocchetfo kaumZeit gewinnt, die Wangen ihrer Besitzer- innen zu košen. »Sie nahen, sie kommen, die Herrlichen alte, Mit Menschen erfiillt sich die freundliche Halle«. Und wie verabredet, brachte Jedermann ein gut Theil Frohsinn schon vom Hause aus mit, der in dem frischen Durclieinander sich noch fortwahrend steigerte. Die Gruppen sammeln sich, die Sanger finden sich, die Kunstlergesellschaften beziehen ihre Standquartiere und die Raritatenbesitzer offnen ihre Buden. Z angl! (wer kennt ihn nicht, den eigengearteten Cumpan?) fiihrt seine auserlesene Schar, die blonde Beby (mit gesenktem Kopfchen) und den »Guselbauer« zur Tribune, er selbst beginnt mit einem asthetischen — sic! — Monolog; da zieht eine Bankelsanger-Fa- milie voriaber, der Alte mit seinem vorsiindflutlichen Cylinder und thurmhoher schwarzer Halsbinde ist eine 49 drastische Figur, die weiblichen Mitglieder erwecken unser Mitleid durch die neueste Morithat in Hernals — allein \vir miissen der Riihrung gewaltsam Einhalt thun: denn: »Studio auf seiner Reis’ jupeidi — jupeida etc.« klingt es lustig an unsere Ohren. Zwei Burschenschaften »in.roth-weiss-rothen und blau-weissen« Seharpen halten in vollerWichs mit »Koller und Kanonen« ihren Einzug; der martialische Senior ftihrt am Armeeine herzige Studiosa theologide mit feinem Gesichtehen, das nachste Paar sind kernige Fuchsmajore, alle sehen so jugendfroh darein — weiss Gott, aus welcher Kneipe sie sich hierher »zusammengeloftelt« — einen Salamander nach dem andern reiben sie — wie wird das enden?! Vivat sequens\ »Herbei! herbei zu mir!« ruft in ge- hobenem Diseant der Director des Kasperltheaters, ein Original und Tausendsasa, »Konig Lear oder die un- schuldige Knackwurst«, allein trotz seiner genialen Fingerfertigkeit (er zaubert im Nu und Nu aus seinen Daumen geharnischte Ritter und gebeugte Miitterchen) kann er die Aufmerksamkeit nicht fesseln. Ronacher’s Local ist zum riesigen Bienenstock geworden, sinnverwirrendes Getose herrscht. Das drangt und schiebt, das larmt und lclappert, Das lispelt, murmelt, schreit und plappert, wie in der VFalpurgisnacht.; kaum dass man die Trom- mel des famosen Ausrufers vernimmt; dazwisehen hallt aus dem Museum das schaurige Gebell des Caplowen welcher mit dem Lupus in fabula ins Handgemenge kam und das den Eselshirschen in sein stolzes Geweihe fuhr- aller Augen sind auf denVorhang des Museums, wie auf das »verschleierte Bild von Sais« geriehtet. Wer bricht jetzt durch die Menge sich Bahn? Ein Moneh im Kapuziner-Habitus, »er will die Kanzel besteigen unddem Vorke die Siinden her untergeigen«: » Odi profanimi vulgus el ejus spectacula «, beginnt er, der Spec- takel aber wird grosser, Pfafflein blamir’ Dich nit, theil’ spiiter uns Dein SprLichlein mit; das holzerne Kreuz segnend er- 4 50 hebend, schliesster: »Dixi et salvavi animam« undverduftet, »ad major emdeigloriam «, ud d zu rechterZeit! DerVorhang gehtebenvor den gierigen Blicken auf! Welch’ reichhaltige Fulle des Schonen und Interessanlen, welch’ enorme Muhe, diese Seltenheiten zu sammeln; ich erwiihne nur die »Tri- glavrose«, die der kiihnste Gemsenjager bis nun nichi erschauthat, »das transattkntisehe Gabel«, eineMerk- wiirdigkeit. Aber, o weh, ihr Championmasters »Takei- teasy« und du »Speakwell«, euch geht es wie dem armen Kapuziner, ihr miisstet, des St,urmwinds eb’rne Lunge "und des Kanonenschiunds metalFne Zunge besitzen, um gehort zu werden! Die Zuschauer verlieren sich langsam und suchen andere Vergnugungsorte auf; die Beihen liehten sich und wir wollen einige marcanie Gest.alten jeizt aufs Korn nehmen. Eben passiert; ein altlicher Herr — Donner und Doria, ist das nicht eine allbekannte Personlichkeit aus dem "VViener Frater? Wir tauschen die Karlen — richtig! »Baron Henikstein«, die trefflichste Charaktermaske. Der stattlich berabwallende Zopf ist Eigenthum einer gold- verschniirten Csardawirtin, die Verbramung hebt sich vortheilhaft vom rothen Mieder und der schwarzen Sam- metjoppe ab; am Arme des mattre de plaisir, der sich vor Kurzem aus einem silberbeknopften Kutscher entpuppt hat, besucht sie das Panorama, — gucken wir auch hinein. Lauter Mythologie, Arnor und Psyche das witzigste; dem Eigenthumer, einem Levantiner Mauscheles, werfen wir noch einen dankbaren Blick zu. Der Larin in der Csarda ubertaubt, alles; ein brauner Pusstasohn mit schwarzen Haarstrahnen und wuchtigem Focos stampft mit einem blassen Studiosus mit blondem Schnurrbartlein fast den Boden durch; etwas zierlicher dreht sich ein martialischer Leibgardist der ungarischen Kronwache in seliger Verziickung mit seinem holden Ungarkind, vom Wuchs der Pinie und dem Auge der Gazelle? Ein Dutzend Zigeuner im besten Staate (einer sogar in Brillen) sehauen leuchtenden Auges der Scene zu, ebenso ein schlankes Studentlein, echtes Magyarenblut, in Gesellsehaft eines ele- 51 ganten Blumenmadchens in weissem Tuli und himmelblauem Damast und reich in Spitzen gekleidet.. VierWiener Burschen drangen sich durch die Tanzer, sie kommen vom Heurigen: »Ein fescher GMreiter bei d’ Deutschmeister, aVor- mei s ter, die Virginia sehief imGesicht, und zwa Strotter vom Alsergrund;« zum »Papperl« wo'Il’ns eini — natiirlich folgen wir, an der Thiire steht ein Leiermann: »Schenk der Herr mir einen Dreier«; ich erbarme mieh des ge- brochenen Invaliden — da versperrt mir ein zudringlicher Bretzelmann den Weg; so das Geback aus frommen Teig erzeugt, nehme ich zwei Bretzel; auch ein Got- scheber kommt- mir in die Quere, endlich bin ich bei der unermiidlich thatigen Gesellschaft »Z angl« — gerade erschallt der »Beby« ihr Sang: »Das Lied von d’ Bohm«. »In himmlisch reinen Tonen; viele Stutzer lockt ihr Klang, doch lockt er auch die Schonen!« und wie sie dabei das Elfenbein ihrer Ziihne blitzen lasst.! — sie ist vrirklich neckisch. Gleieh darauf Guselbauer; von ihm folgt: »Eine englische Piece«; ein Steirer neben mir macht die Thurflugel zu, er meint, es ware ihm leid, wenn’.s Zuglufterl das G’sang’1 — aber noch mehr den Sang er weghauchen wiirde. »Gruss di’ Gott«, sagt ein Alpner Bua, mit einem hubschen Ranzel, und druckt mir derb die Rechte: »Hast mei’ Landsleut’ g’h5rt?« Ich gehe sofort zum »Karntner Quintett«; wackere Burschen und brave Sanger, eben singen sie Zehngrafs: »I bin jiingst verwichen H'in zum Pfarra g’schlichen«, mehr kann ich leider nicht vernehmen — ein riesiger Auflauf — was solih? Der »Kafferlakel«, derselbe, der den Lulu getodlet,, ist aus dem Museum entsprungen, huscht. durch die Menge in kurzen Satzen und stibitzt dem Zau- berer vrichtige Sachen, dessen Production nun unterbleiben muss; sind denn keine Polizisten im Prater? Wahrlich, kein Einziger! Knopft. eure Taschen zu und bindet euch 52 die Hiite fest. »In wenigen Minuten erstaunliehe Proben aus der Schnellmalerei zu sehen«;'wir eilen, den beriihmten Meister KI id nicht. zu versaumen; alswir bei der Damenkapelle voriiber, dampfte das Fraulein Weinlich aus-vollen Baeken, die anderen Damen kauten eben so eiti-ig, ganz a p p e t i 11 i c h e R a e k e r, die metamorpho- sirten Musikjungens. Der Kunstler mit seinem Famulus beginnt — der Schwamm desselben wirktWunder; ver- bltiffend zaubert er uns in kaum, einer Viertelst.unde neun Brustbilder in Lebensgrosse auf die Le:i.nwand, vier dar- unter reine Portrats, die zwei Damenbiider prachtvoll, besonders: »Sie mit den schwarzen Augen dort — reisst mir die ganze Seele fort.« Von den Herren- bildern waren der Magnat und der Kopf mit den ge- senkten L id er n die besten; reicher Beifall lohnte den Liebling der Musen. Nun ist es hochste Zeit, Terpsichoren das Scepter zu uberlassen; Strauss’ Kapelle beginnt frohlicheWeisen, es sind vorwiegend landliche Schonen, die sich im Reigen drehen und dann lustwandelnd sich ergehen; halten wir Heerschau: ein Bild entrollt sich, wiirdig Makarfs Pinsel. Zwei Schwestern, Croatinnen aus der Oedenburger Enclave, im wahrheitsget,reuesten Costiime, umworben von einem kecken Fiakerkutscher , Wiener Typas, dessen hiibscher schwarzer Schnurrbart mit seinem lichtbraunen Gesichts- teint in gutem Einklang steht, •— ein Tiroler Ehepaar (Triester Gaste) im reichen effectvollenGewande, — ein veritablerEng- lander am Arme eines rothbackigen Waschermadchens, — der stramme Fleischhauer, welcher sich eine Spitzenver- kauferin, eine zarte Miidchenknospe, erobert,, — ein sammt- bejackter Grossbauer mit goldgefasstem Zwicker, in Gesell- schaft einer drallen Marketenderin, — der Original-Chinese von Barnum, eine gesunde Schvvabin, deren rothe Bander flattern, fiihrend, — ein Sportsmann im Gesprach mit einer kernigen Schweizerin, — Hannakinnen und Waseher- innen, plaudernd mit feschen Flussmatrosen, — jener hochgeborene Lakai, ein interessantes Thema mit einem steirischen Kinde, ein verteufelt hiibsehes Backfischchen, 53 anknupfend, — der japanesische Taikun setzt mit seiner Gemahlin durch seine echt.e Tracht den Saal in Staunen, — auch aus Znaim war ein gemiithliches Bauernpaar er- schienen, in ihrer Gesellschaft eine Freundin der Gattin, allerliebst gekleidet, und wie sie neckisch immer das Kopf- chen streckt, wenn es was Besonderes zu schauen gab; die Museumsprofessoren mit riesigen Sombreros, Ponchos, mexikanischen Sporen und Ferrucke schenken einer bru- netten Linzerin und einer blassen Schneidermamsell ihre Aufmerksamkeit. Die St.udenten jedoch hofieren und ko- kettieren ilberall. Sebt doch, seht! das siisse Angesicht, das Zigeu- _ nermiidchen, in dessen Anblick ein Vollblut-Croate mit roth-weiss-blauer Mutzenfarbe so tief versunken ist, ich verarg es ihm nicht,: »Es ist eine der grossten Hiramelsgaben, So ein lieb’ jung’ Ding am Arm zu^haben!« und beim Himmel, dieses Kind ist schon; Liebreiz, Jugend und Anmuth verschwisl,ert. Pariš, Deinen Apfel hast Du verschenkt! Reiche der Pusstatochter die Palme des Festes. Ich muss mich erholen von so viel Eindriicken, suche die Einsamkeit und ziehe die Festzeitung aus der Tasche; der Leitartikel beruhigt mich nicht, in den Geist des Lese- stiibchens (komischer Ersatz fur Feuilleton) vermag ich nicht einzudringen, die politische Rundschau ist alt, auf den andern Seiten fast, uberall der zerzauste »Zlato¬ rog«; was hast du, herrliche Alpensage, in den Augen der Redaction verbrochen? oder will sie damit bezwecken, dass demnachst stati, einer edlen Dichtung eine vertrakte Hanswurstiade zur Vorlesung kommt? Was hore ich fur anheimelnde Klange? »Madchen, seid froh! Ei! ei! wie so!« Das ist ja der herrliche Donauwalzer, — da hole der Kukuk das Blatt und alle Annoncen, auch den Patent- 54 Kaffee-Kugel-Brenner. Johann Strauss in eigener Person dirigirt seine Capelle, alle Eigenthumlichkeiten des Wal- zerkonigs vortrefflich nachahmend, wie er sich hastig den Schweiss trocknet! wie er geigt! alles gelungen charakte- risirt; und Ein zauberergriffener Wirbel bewegt, Was nur der Prater Lebendiges hegt. Mit bleichem Neide die drohnenden Mauern, Dass sie nicht mittanzen konnen, bedauern. Naeh dem Meister der Tone fiillt sich das Orchester mit kraftigen Miinnerkehlen. Der Wahringer Gesangs- verein »Schantl« singt die Polka von Kremser und die Quadrille- von Engelsberg, und oh! wie leichl. und angenehm tanzte es sich bei den munteren Stimmerl. Damit aber die helle Freude ja nicht einen Augenblick stocke, ereignete sich gleieh darauf etwas »Neues«. Der Director des Kasperi -The at er s entpuppte sich als gewiegter Gircuskiinstler; auf einem langen Staubbesen fuhrte eruns einSchulpferd-Reiten vor, wie wir es bei Renz noch nie so launig und kunstvoll sahen, und der Zauberer uberraschte uns durch gelungene Imitation des vielbesprochenen Professors Han s en. Es herrschte an dem Abend, oder sagen wir rich- t.iger, in dieser ganzen Naeht ein Wetlkampf von Humor, Laune und Heiterkeit, wie er nur in einem soleh e n Kreise moglich ist. Um 4 Uhr war es so lustig wie um 9 Uhr, und zwar ebenso lustig, wie es im Prater je ge- wesen. Es war das erste derartige Fest in diesen Raumen, es gelang, und das C o mit e hat, alle Ursaehe, den Tag im Casino - Kalender roth zu unterstreiehen. Im Dam- merungszwielicht wurde die letzte Polka getanzt;'wenige Stunden darauf mahnten die Seelenhirten ihre Schaflein in den Kirchen. Denn Noth thufs, dass der Mensch bedenke, Wie er die Faschingslust besehranke; Und dies beherzige du, Fidelis: Der Freude folgt der Kater, Felis; Es schleicht sich ein in Hirnes Kammer Des Katers miserere — Jammer! — Wer heute wohl bei schaumendem Wein Nennt simiam, ein Aeffchen, sein — Und war’s von Barnum’s Museum der grosse Gorilla, Er wird’s beklagen in famila! Und geschah dies, so ist es schon lange vorbei, und damit will ich auch nichts gesagt haben. — Ir— ■:’F^'v'WW r ' :#A^ri-'Ate> :■ - 'Mm 1 :"'■' ■? ■„ * ' < š!«f m ' & .' 1 ... ■ ■'• : &• V' •, j.■ ' .■ 1 ■■..'■ ’ • , ' ' ■'„■ ' - 4 _ . • ■' ) ' . ' '»V I '. i C ' • • f ‘‘ -~i \ ■’• ■■M 5 V*v , i t-v r#