f ü r Vaterland, Kunst, Wissenschaft und geselliges Leben. Ur 4, «DRN8ti,T avn 12. «ffännor. 1847. Sommer- und Winterbilder. Sonnettt non Adolph Söttger» I. Im Nonnenschleier liegen Hain und Pfade, Wie eine Schaar von weißvermummten Frauen Starrt geisterhaft der Wald auf Thal und Auen Als Kilberberg verkappt sich die Cascade. Geharnischt schmiegt der Strom sick an's G,stad,, Den Wolkenmädchen möckt' er sich vertrauen. Die thränenschwer zu ihm herniedcrschauen — Kurz, Erd' und Himmel spielen Masterade. Da srh ich D»ck< mich ganz Dir zu verbünden, — Wie auch zu lieben dieses Herz verhehle. Dein schöner Vlick vermag es zu entzünden. Du bist die zauberstrahlende Iuwele, Die bunt sich spiegelnd auf den starren Gründen Den Frühling ruft in meine trunk'ne Seele. II. Der Flieder klopft mit duftig weißen Trauben Des niedern Kirckenfensters blanke Scheiben, Als wollten seine grünen Händchen schreibe» Ins fromme Glas auch ihren frommen Glauben. Und an der Thüre flattern weiße Tauben, Als liebten sie ein gottesfürcktig Treiben. Und möchten treu auch beim Gebete bleiben Den Dorfbewohnern in den Sonntagshauben. Die Orgel rauscht in mächtigen Accorden, Andacht verklärt sich brünstig im Gesänge, Des Gottes voll ist jede Brust geworden: An Dich. Du Holde, denk' ich seligbange. Und betend fluthen in des Herzens Borden Der Liebe Melodien im hellsten Klang?. Dio Macht des Blickes. Ein Fragment von Dr. 2l. Clemens. (Aus dem „Stuttgarter Morgenblatte») «Vas edelste Geschöpf der Natur ist der Mensch, seii, vollkommenster Theil ist das Haupt, der schönste Theil des Hauptes das Auge. Sobald das Auge ist, ist es vollendet. Am ersten entwickelt im Organismus, zeigt es vor allen andern Organen das geringste Wachsthum und ist zur Reife schon im Körper des Kindes gediehen. Welch eine zauberische Kraft liegt in dein menschlichen Auge! Nicht blos; ein einzelnes Organ, nein, ein ganzer Organismus birgt sich in dein kleinen, gchcimnißvollen Ringe. Zwei verschiedene Nervensysteme, ein Cerebral- und Gangliensystem , Blut- und Lymphgefäße, Secrctions- und E,rcre- tionsorgane, seröse, muköse, fibröse Häute, ja selbst eil, Analogon der allgemeinen Bedeckungen lassen sich in seine»«! wundervollen Bau nachweisen. Wir hören und fühlen, schmecken und riechen nur durch Berührung; aber das Auge erhebt sich über den materiellen Contact und nähert sich den Regionen des Geistes. Gehör, Geruch und Geschmack nehmen blos? auf und empfangen; das Auge aber, wie die Hand, ist ein zugleich handelndes, magisch einwirkendes Or<-gan. Daher der große zauberische Einflusi des Sehorgans auf die geistige Sphäre des Menschen. Nicht ohne Grund-finden wir das Auge als Zeichen der Allwljsenheit, als Symbol des Höchsten; denn gibt es wohl im weiten Kreise der Schöpfung ein Sichtbares, aus dem so deutlich das Unsichtbare spräche? Welch eine Quelle des Verstandes sprudelt aus einem hellen, klugen Menschenauge! Durch das Auge wirkt der Mensch unmittelbar auf Menschen und Thiere ein. Wie dringt der Blick der Unschuld zum Herzen! Predigt ein frommes Auge nicht Gottesfurcht ergreifender und wahrer, als manche lange und künstliche Rede? Selbst der Löwe, sixirt von den, mächtig wirkenden menschlichen Blicke, stutzt und kehrt beschämt in seine Wälder zurück. Wie beobachtet, wie versteht der treue Hund das Auge seines Herrn! Wie lockt es ihn bald schmeichelnd herbei, wie verscheucht es ihn bald strafend aus seiner Nähe! Kann der Schuldbewußte den Blick des forschenden, strafenden Richters ertragen? Er senkt das Auge scheu zu Boden, und waffnet er sich auch mit der Macht der Lüge und Verstellung, das Unstäte, Scheue, Irre in seinem Blicke verräth nur allzudeutlich die Sprache des Gewissens. Der Blick des Marius entwaffnete den ihn zu todten ansgesandten Cimbrier. Der durchdringende Blick des Arztes, der die Augen des Wahnsinnigen firirr, reicht hin, ihm Furcht und Unterwerfung, Achtung und Zittiauen zu sichern. Nichts wirkt kräftiger und tiefer als der Blick, das Firiren des Magnetiseurs. Wer zweifelt noch dar.in, das; durch die Nerven Fernwirkungen geschehen, kie eben so wunderbar sind, als die Wirkungen des Lichtes, der magnetischen und electn'schen Kraft? Die Verrichtung des Auges ist das Sehen; die Bedingung dazu ist allerdings das äußere Licht, aber man muß sich das Auge nicht bloß als passives dioptrisches Werkzeug 14 denken. Das Vermögen, ein inneres Licht zu erzeugen, ist dem Auge eigenthümlich. Viele Falle sprechen für die Wirklichkeit dieser Erscheinung. So sah ein Geistlicher in Folge eines Schlages auf das rechte Auge electrisches Feuer wie Wetterleuchten seinem Auge entströmen, so daß er trotz der Dunkelheit den Thater erkennen lind angeben konnte. Das Leuchten der Augen bei manchen Säugethieren hat Rengger (Naturgeschichte der Säugethiere von Paraguay. Basel 1830) vorzüglich bei solchen bemerkt, die Nachts auf Raub ausgehen, ohne daß der Bau ihres Auges irgend eine abweichende Bildung zeigte, wodurch eine Lichtentwickelung sich erklären ließe. Dieses Leuchten des Auges erscheint momentan und nur bei Aufregung des Thieres durch heftige Begierden. Alsdann sind beide Augenkammern erleuchtet und das Licht strahlt bei weit geöffneter Pupille in der Richtung aus, in welcher sich der das Thier anregende Gegenstand befindet. Nengger konnte das Leuchten in einer Entfernung von 10 bis 30 Schritten wahrnehmen. Gegenstände, 1'/, Fuß vom Auge des Thieres entfernt, wurden dadurch erhellt. Es ist nichts außer uns, was nicht zugleich in uns wäre. Es besteht in dem Auge ein schlummerndes Licht, das durch den Eindruck der äußern Helligkeit geweckt wird. Wie z. B. die äußere Welt ihre Farben hat, so hat sie auch das Auge. Die Scheinfarbe erzeugt sich im Auge selbst. Für diese eigenthümliche Lebenskraft im Auge spricht auch das merkwürdige Phänomen der sogenannten geforderten Farben. Das Auge hat nämlich das Bedürfniß des Wechsels. Es verweilt nicht gern lange bei derselben Farbe; es fordert bald eine andere, und zwar so lebhaft, daß es sich eine solche selbst erzeugt, wenn es sie nicht wirklich vorfindet. (Beschluß folgt. 1 Der norwegische Nauber Oulie Hielan. Erzählung von S. Brau n. (Fortsetzung.) Hielan hatte in seinem Innern immer Rache gegen den Kaufmann gehegt, der ihn einst zu Stockschlägen ver-urtheilen ließ, und hatte sich gelobt, diese Rache auszuüben; allein dieser Kaufmann hatte Norwegen verlassen und Hie.-lan sah sich gezwungen, seine Rache auf eine andere Zeit zu verschieben. Da er endlich erfuhr, jener Kaufmann habe die Leitung seiner Geschäfte zu Christiansand wieder übernommen, ließ er ihn überwachen und erhielt die Nachricht, daß dieser Mann eine große Summe Geld in sein Landhaus habe bringen lassen. Dieses Landhaus erhob sich am Ufer eines tiefen Flusses; ganz nahe dabei pflegten mehrere Fischer ihre Barken anzuhangen. Hielan befahl einigen seiner Ca-meraden, sich in diese Schiffe zu verbergen und drang, als er wußte, daß der Kaufmann nach Christiansand abgereis't war, in dessen Haus ein, überfiel die Dienerschaft und bemächtigte sich einer Summe von ungefähr 30,000 Francs, alles Silbergeschirres, mit einem Worte: aller Gegenstände von Werth. Er ließ auch den ganzen Vorrath von Lebensmitteln jeder Gattung wegbringen, was von so größerem Belange ist, da man in diesen Gegenden, wo man gegen Fremde unumschränkte Gastfreiheit ausübt, für den Winter eine so große Menge Mundvorrath sammelt, daß man sich in unsern Ländern hieoon kaum einen Begriff machen kann. Die ganze Beute ward in die Barken gebracht, die sie am entgegengesetzten Ufer abluden und von da aus verbarg man dieselbe an Orten, die bloß Hielan und seinen Cameraden bckannt waren. Allein es genügte ihm nicht, alle diese Reichthümer des Kaufmanns in seine Gewalt be-kommen zu haben, er wollte auch noch Zeuge der Trostlosigkeit des Kaufmannes seyn, wenn dieser erfahren würde, daß sein Hans ausgeplündert worden sey. An der andern Seite des Flusses, gerade im Angesichte des Hauses, erhob sich ein ganz zugespitzter Felsen von mehr als 100 Fuß Höhe. Dieser Felsen war von den drei Seiten unzugänglich; an der gegen den Fluß gewendeten Seite war es eher möglich, ihn zu erklettern, aber nur ein Fuß, der so sicher war, wie der Hielan's, konnte dieses Wagestück unternehmen. Auf diese hervorragende Spitze, von der man mit leichter Mühe Alles ausnahm, was im Hanse des Kaufmanns vorging, setzte sich Hielan, in seinen Händen die kostbarsten Geschirre haltend, die er geraubt hatte, und eine Flasche aus. gezeichneten Madera an seinem Gürtel angehängt. Er hatte kaum mit seinem Adlerauge die Ebene, die ihn umgab, durchmustert, als er den Kaufmann gewahr wurde, der, von Soldaten umgeben, ganz außer Athem gegen sein Hau? lief. Die Volksmenge, die sich den Soldaten und Polizeimännern angeschlossen hatte, war beträchtlich, und Alles um das Haus befand sich in der vollkommensten Unordnung und Verwirrung. Wir werden nicht versuchen, den Zorn des Kaufmanns und das Erstaunen der Menge zu schildern, als sie Oulie Hielan, den Urheber des Diebstahls, auf seinem Felsen, wie einen Adler in der Luft, bemerkten, der über-dieß ein Freudengeschrei ausstieß und seine Trinkschalen ertönen ließ, während er in langen Zügen den Madera, ans den Kellern des Kaufmannes, trank und die Soldaten verhöhnte. X Es war unmöglich, seiner habhaft zu werden. ' Di? Soldaten hätten wohl gerne Feuer auf den geschickten Dieb gegeben, allein sie wußten, daß es ihnen verboten war, ihn über dein Knie zu treffen uud daß man sich seiner lebend bemächtigen müßce. Dieser sonderbare Befehl war deßhalb gegeben worden, weil einige Tage vorher ein Individuum, das man für Oulie Hielan hielt, durch einen Schuß ge-tödtet worden war. Die Wuth des Kaufmanns stieg auf's Höchste, denn die Musketen waren in den Handen der Soldaten gänzlich unnütz. Ueber ihre Drohungen lachend, stimmte endlich Hielan mir lauter Gtimme das Lied: „(ximil«; IVorAö" (das alte Norwegen), den Nationalgesang, an, das niemals Freude und Begeisterung zu erregen verfehlt. Als er sich an ihrer eitlen Wuth genng belustigt und seine Flasche Madera geleert hatte, stieg er von der Höhe seines Felsens wieder herab und vertiefte sich. in die Gebirge. Es bleibt mir jeßr noch übrig, Ihnen das Ende dieser Geschichte mitzutheilen und Ihnen die Gefangcimehlmuig meines Arrestanten zu erzählen. Er wurde durch einen der Semigen verrathen, den er strenge hatte strafen lassen. Auf 15 einem Zuge, den er unternahm, um ein Hans zu überfallen, sah er sich plötzlich von mehr als 100 Soldaten umgeben. Der Verräther hatte die Richtung angezeigt, die sein Hauptmann nehmen mußte, und man hatte ihm auf seinem Wege einen Hinterhalt gelegt. Nach einem verzweifelten Kampfe »vurde Hielan gezwungen, sich mir sieben seiner Leute, die ihn begleiterrn, zu ergeben. Dieses Mal wurde er nicht der Wachsamkeit einiger Soldaten anvertraut, noch in einem Meierhofe eingesperrt; man ließ ihn Tag und Nacht marschiren, ohne Ruhe, ohne Erholung, und nachdem er einen Weg von 200 Meilen zurückgelegt hatte, kam er in den Umgebungen von Christia-nia an. Aber so groß war die Menge der Neugierigen, welche die Nachricht von der Gefangennehmung H i e l a n's aus allen Gegenden herbeigelockt hatte, das; der Gefangene und seine zahlreiche Escorte nicht in die Vorstadt dringen konnten. Ueberall herrschte ein außerordentlicher Zudrang. Jeder wollte die Züge dieses Banditen betrachten, dessen vollkommene Schönheit der Formen, gigantischen Wuchs und ungeheuere Krafr man so sehr gerühmt hatte, und von dem der leichtgläubige Aberglaube Wunder erzählte, denn das Volk glaubte ihn mit übernatürlicher Macht begabt. Die Damen von Christiania selbst, welche so viel von der Achtung und Höflichkeit gehört hatten, die der schöne Hielan immer gegen die Personen ihres Geschlechtes beobachtet hatte, und nicht unbeachtet ließen, das; er oft die Hindernisse aus dem Wege geräumt hatte, welche sich der Vereinigung von Liebenden entgegen setzten, daß er oft arme Mädchen ausgestattet hatte, interessirten sich so lebhaft für den Gefangenen , daß sie zu seinen Gunsten eine Deputation abschickten und 1000 Dollar als Lösegeld unter der Bedingung an-hoten, daß er auf seiue Lebensweise verzichten und sich in der Zukunfr wie ein friedlicher und guter Bürger betragen sollte. (Schluß folgt.) ' Gin merkwürdiger Eriminalfall. Es wird ungefähr sechs bis acht Jahre her seyn, als man eines Morgens unweit des baieiischen, in der Provinz Schwaben gelegenen Städtchens A^^ ^uf einem Feldwege den eiuseelten Körper eines Hausirers auffand, an dem augenscheinlich ein frecher Raubmord begangen worden war. Der Ermordete hatte Tags zuvor einem Jahrmärkte in dem erwähnten Orte beigewohnt und sich spät Abends von dort auf den Rückweg in seine Heimat begeben. Aus der Besichtigung des Leichnams ergab es sich, daß der Tod des Unglücklichen duich eine Kugel herbeigeführt worden war, welche ihn auf der rechten ^eite rücklings getroffen hatte. Da sein Geld und seine übrigen Effecten verschwunden waren, so blieb kein Zweifel darüber, daß der Mord aus Habsucht begangen worden war. Als den muthmaßlichen Thäter bezeichnete die öffentliche Stimme einen jungen Burschen, bekannt als frechen Wilderer und überdies; ein liederliches Subject, das während des Marktes vielfach an der Bude des Erschlagenen gesehen worden war. Das Gericht, hicvon in Kenntniß gefetzt, säumte nicht, den Verdächtigen einzuziehen, der schon beim ersten Verhör den verübten Mord eingestand, jedoch den Raub hartnäckig läugnete. Seine Aussage ging nämlich dahin: Er habe sich allerdings in der Absicht, den Hausirer zu berauben, auf ihn angestellt. Der helle Mondschein habe die That begünstigt und der Krämer sey auf seinen Schuß zusammengestürzt. Da habe ihn aber eine solche Angst ergriffen , daß er den beabsichtigten Raub nicht hatte vollbringen können, sondern eilig die Flucht ergriffen habe. Bei der hierauf in Gegenwart des Mörders vorgenommenen Obduc-tion des Leichnams ergab sich ein neuer Zweifel. Es war nämlich hergestellt, daß, wie bereits oben erwähnt, die mörderische Kugel auf der rechten Seite rücklings eingedrungen seyn mußre, während der Delinquent standhaft behauptete, er habe den Mann von vorne auf die Brust geschossen und sey dabei auf der linken Seite des Weges gestanden. Sey es nun, daß man diese Umstände nicht gehörig beobachtete oder sie für leere Ausflüchte hielt, um dadurch das zuerst gemachte Geständnis; zu entkräften, genug— der Angeschuldigte wurde vermöge des abgelegten Geständnisses 6X inllleii» wegen verübten Raubmordes zu lebenslänglicher Kettenstrafe verurtheilt und nach Bestätigung dieses Urtheils von Seite des Obergerichts zur Abbüßung dieser Strafe abgeführt. Ei-"ige Jahre waren nach dieser Entscheidung verflossen, als das würtembergische Oberamt N* von dem königl. baierischen Appellationsgerichte zu N* sich die Acten über den vorstehend erzählten Fall zur Einsicht ausbat. Es war nämlich dort wegen verübten Raubmords ein Individuum eingezogen worden, das neben dem zur Last gelegten Verbrechen auch die Ermordung und Beraubung des Hausirers in der Nähe von A* eingestand. Die angegebenen Nebenumstände ließen kaum einen Zweifel darüber, daß jener Krämer wirklich durch die Hand dieses Individuums gefallen war. Bei der fortgesetzten Untersuchung ergab es sich nämlich, daß beide Bursche, ohne daß einer etwas von dem andern wußte, bei einem Durchgange durch ein Gebüsch, der eine rechts, der andere links des Weges dem Hausirer auflauerten, daß sie zu gleicher Zeit feuerten und daß der Letzteingezogene den Mord und die Beraubung wirklich vollbracht hatte. Die Aussagen, die er in diesem Betreffe ablegte, gingen im Wesentlichen dahin : In dem Augenblicke, als er auf den Unglücklichen geschossen, habe er einen zweiten Knall gehört und unmittelbar darauf jenseits des Weges einen Menschen davoneilen sehen. Der Hausirer sey sogleich auf den Schuß zusammengesunken und er, der Delinquent, habe gewartet, bis Alles ruhig geworden und dann die Leiche beraubt. Die Tödtung müsse durch seine Kugel erfolgt seyn, denn er sey auf der rechten Seite gestanden und habe den Mann an sich vorübergehen lassen, bevor er auf denselben geschossen. Den Umstand, daß der zweite Wegelagerer seinen, des Delinquen^ ten, Schuß nicht gehört, will dieser daraus erklären, daß jener im Winde stand, welcher mit großer Heftigkeit wehte, wobei auch seine Angst das ihrige beigetragen haben mochte. Dieses Zusammentreffen von Umständen, dieses auffallende Spiel des Zufalls ist gewiß höchst merkwürdig, und wäre die Geschichte nicht actenmäßig, so würde man versucht seyn, ,6 sie für eine Erdichtimg zu halten. Jedenfalls liefert sie den Beweis, wie leicht der Untersuchungsrichter getauscht werden kann, wenn er nicht alle, auch die kleinsten Thatsachen der sorgfältigsten Erwägung und Prüfung unterwirft. Doch, um unsere Erzählung zu vollenden, fügen wir hinzu, daß der wirkliche Mörder durch das Schwert leine Strafe erhielt, wahrend der andere wegen versuchten Raubmordes dem Ge-setze gemäß verurthcilt wurde. Feuilleton. Gin schlafender Pfarrer. — In dem anekdoten-reichen Werke Appert's: »Erinnerungen aus meinen Erlebnissen," wird erzählt: »Zu einem großen Diner, welches die Prinzessin Adelaide im Schlosse Randau gab und wobei sich die ganze königliche Familie befand, war auch ein armer Landpfarrer gebeten worden. Dieser hatte das Unglück, zu vergessen, daß die Weine, welche man an fürstlichen Tafeln trinkt, von anderer Qualität sind, als die, welche in einer Dorfpfarre genossen werden. Er leerte sein Glas in aller Gemüthlichkeit gerade so oft, als er es zu Hause zu thun pflegte. Die Folge davon war, daß er gegen Ende des Diners sanft einschlief. Leider aber blieb es nicht bei dieser negativen Thätigkeit, sondern der Herr Pfarrer fing an der königlichen Tafel laut zu schnarchen an. Dies; immer hörbarer werdende, unharmonische Geräusch erregte natürlich im höchsten Grade die Aufmerksamkeit, aller seiner Nachbarn und das Erstaunen theilte sich allmählich den Fernersihenoen mit. In diesem Augenblicke gaben der König und die Königin das Zeichen, die Tafel aufzuheben; sämmtliche Gäste erhoben sich, mit alleiniger Ausnahme des Armen, den ein glücklicher Traum umfangen hielt. Der Anblick des schlafenden Pfarrers, welcher mit der größten Seelenruhe auf seinem Stuhle schnarchte, war so komisch, daß nur wenige der Anwesenden eine ernste Miene behalten konnten und ein allgemeines Lachen mit electrischer Schnelligkeit über die Gesichter nicht nur aller Gäste, sondern auch der Bedienten zuckte. Da trat die Königin mit Würde vor die Versammlung hin und sprach im hohen Ernste die Worte: »Ihnen, meine Herren, die Sie täglich in, Ueberflusse leben und alle Arten von Wein zu trinken haben, ist es freilich leicht, bei dem Genusse dieses Getränkes das Bewußtseyn zu behalten. Der alre Mann aber, den Sie verspotten, leidet oft am Nöthigen Mangel, um die Armen unterstützen zu können: sein gewöhnliches Getränk ist Wasser und was ihm heute hier begegnete, leicht zu entschuldigen." Dann wandre sie sich an den Oberstallmeister und sagte: »Lassen Sie meinen Wagen anspannen und den Herrn Pfarrer nach seiner Wohnung fahren. Auch sage man ihm, daß ich ih» bitten lasse, 1000 Frcs. für die Armen seiner Gemeinde anzunehmen." — Niemand wagte ferner über den armen Dorfpfarrer zu lachen. Gin trauriges Beispiel von Mangel zeigte sich dieser Tage in Pesth beim U I l m a n n'schen Gebäude in der Nähe der Eisenbahn. Ein Weib, nackt wie der Tod, barg sich dort drei Tage lang, ohne das Geringste zu genießen, vor der Kälcc in einem Düngerhaufen. Die Be. Horde erfuhr erst am dritten Tage von diesem Elend. Das Weib wurde halbtodt und bewußtlos in's Spital gebracht. ^ Theater in Laibach. Donnerstag am 7- Jänner: »Drei Candidaten um cine Stelle." Original - Lustspiel in 3 Acte», von L. Feld mann. Auch Original-Lustspiele können witzlos und flach seyn; das in Rede stehende ist ein Erempel davon und hatte eigentlich mehr den Titel «Farce" verdient. Die Darsteller bemühten sich, dieses schwimmunknndige Product auf der Oberfläche zu erbalten. es wollte aber nicht recht gelingen. Der Dialog erhebt sich taum zur Mittelmäßigkeit, Aesthetik fehlt überall, und Witze, wie z. B, als Frau Rührig, gefragt, ob sie den Schulmeisterssohn mit Gift umgebracht babe, antwortet: «Nein, mit saurer Sauce!" sind so platt, als abgeschmackt. Ueber Herrn Moldt, als Dorfschulmeistcrs Ca. spar, der immer «zu den Sckafcn» will, wurde viel gelacht und Herr Schnitzer spielte den Schulmeister recht wirksam- — Samstag am 9. Jänner zum Benefice des Herrn Schnitzer zum ersten Male.- »Richard Savage», Tragödie in 5 Acten von C, Gutzkow. Dieses mit einem sehr schwunghaften, bilderreichen und brillanten Dialog, ausgestattete Trauerspiel entbehrt zwar aller dramatischen Modevehikel des Effectes und stellt das Leben des berühmten englischen Dichters Savage und seine gränzenlose Liebe zu seiner kaltherzigen Mutter treu und ohne Effecthöheil d.,r< ist aber dennoch in Vezug des Charakters Va vage's so durchaus markig, schön und geistreich geschrieben, daß es bei guter Darstellung überall eines glänzenden Erfolges sicher seyn darf. Herr Vuckwald machte dießmal der Titelparthie wirklich Ehre; seit dem Debüt als Lord Douglas im „dreizehnten November« vom gleichen Verfasser ist er nicht so vorlheilhaft. so von seiner Aufgabe durchdrungen vor uns gestanden, als dießmal. Die Parlhie schien ganz, wie für ih„ geschrieben, und der zweimalig? stürmisch? Hervorruf nack dem classischen Monologe im y. Act? war gewiß bcstverdient. Herr Thom« spielte dessen Freund, den Journalisten Steele. mit künstlerischer Färbung und Sicherheit- Dlle. Ill,» randrine Calliano übernahm aus Gefälligkeit die Rolle der Miß Ellen, die sie mit gewohnter Routine gelungen darstellte, Recht verdienstlich war auch Mad- Rantz als Lady Macclcssield und Mutter Richard's, die ihren schlierigen Part in allen Nuancen tresslich zur Anschauung bracht,. Der Veneficiant betheilte sich mit der unerheblichen Rolle des Lord Tyr-connel, die übrigen Mitwirkenden sind mehr Figuranten. Das Stück gefiel entschieden uno das Haus zahlte einen reichlichen Besuch. Leopold Kordesch. Nachricht. Das löbl k. f. vaterländische Infanterie-Regiment Prinz Hohen-lohe-Langenburg. von dem Wunsche beseelt, zur Linderung des Nothstandes der Ortsarmen in gegenwärtiger Zeit der Vedrangnis; beizutragen, wird durch sein, Capelle. unter gefalliger Mitwirkung der Tbeater-Untcrnehmung, Freitag den 15 Jänner 1857, eine grosie musikalisch-dramatisch-declamatorische Abeiiduiiterhaltung im Theater veranstalten, worüber der Anschlagzettel das Nähere berichten wird. Wir beeilen uns, dieß mit dem Vemerken zur Kenntnis» des hiesigen wohlthätigen Publikums zu bringen, daß wir einem in jeder Beziehung g/nusireichen Abend entgegen sehen können. ^ Interessante Theater-Anzeige. Unser mit Recht allgemein beliebter, im?Bpiel und Gesang gleich ausgezeichneter, gemitthreicher Komiker Herr Gram back, fiel bei der Wahl der Venefice auf den Gedanken : „Aline- ode.- .Laibach in einem andern Welttheilc" zur Aufführung zu bringen. Dieses heitere Zauberspiel von Väucrle. welches seiner Zeit alle Volksltücte übertraf, hat den besondern Vortheil vor andern Stücken, daß es niemals alt wird, indem es stets den neuesten Zeitverhältnissen des Ortes, wo es gespielt wird, angepaßt werden kann- Dem Vernehmen nack hat H.rr G r a m b a ch dafür gesorgt, daß das Stück ein Localstück für Laiback genannt werden kann, indem alle Beziehungen des Originals — nack der Anweisung des Verfassers — den Oertlichkeiten Laibach's und Krain's angepaßt wurden, und man daher mit Zuversicht einem der heitersten Abende der ganze» dießjährigen Theater-Saison entgegen sehen kann- Auch die vorkommenden Liederterte sind, wie dieß auf allen Vühnen der Fall ist, in dieser Art umgewandelt. Die allgemeine Beliebtheit des Venesicianten, die Wahl des überall mit Beifall gesehenen Stückes, welches i» Laiback schon einige Jahre nicht zur Aufführung kam. und die Mitwirkung der reißenden Gastin, der trefflichen Dlle- Antonie Calliano, die wir in diesem Stücke wahrscheinlich auch in trainischer Tracht sehen werden, lassen morgen Mittwoch schon im Voraus ein gedrängt volles Haus verbüraen, was wir dem wackern Komiker, der uns schon so ville angenehme Abende verschafft hat, auch vom Herzen gönnen- Wegrn der nöthigen Vorbereitungen bleibt di? Vühne heute geschlossen. Verleger: Ignaz Alvis Gdler v. Kleinmayr.