^ Mittwoch den 12. Jänner I88I. xx Jahrgang. Vit „Marburger Leitung" erscheint jeden Sonntag. Mittwoch und Freitag. Preise — fü, Marburg ganzjährig 6 fl., halbjährig » fl., vierteljahrig 1 fl. 50 kr.; sür Zustellung in» Hau« monatlich 10 kr. — mit Postversendung: ganzjährig S fl.. halbjährig 4 ll., vierteljährig 2 fi. InsertionSgebiihr 8 kr. per Zeile. „Klitgmscht Cvtlllvalitätcil!" Marburg, 1l. Jänner. Die Möglichkeit ^kriegerischer Eventualitäten" aus der Balkan,Halbinsel wird zu Wien bereit» in Betracht gezogen. Der Angriff Griechenland» auf die Türkei, die Erhebung der Hellenen in Epiru» und Bhefsalien, die Unabhängigkeit Albanien«, die Tereinigung Ost-Rumelien» mit Bulgarien, der Bulgarenaufstand in Mazedoilien .... sind drohende Wetterwolken. Ein Blitz, ein Schlag und der ganze Orient lodert wieder in hellen Flammen. Oesterreich-Ungarn will verhüten, daß diese« Feuer nicht herübergreise auf das Okku-pationsgebiet, dab hier die „Nuhe und Orv-nung" nicht gesiört werde, daß die Straße nach Salonichi offen bleibe ... und darum werden die Maßnahmen vorberathen, die Maß-»egeln getroffen zur Wahrung unserer Grob-macht-Stellung in Bosnien - Herzegowina, in Rasclen und aus dem Wege nach dem Aegäi-schen Meere. Ohne die Okkupation»« und ilnnkxisn«. Politik hätten wir keine Wetterwolke zu fürchten, keine zu beobachten und wären wir frei von dem Zwange, auch nur einen Gulden mehr zu steuern, auch nur einen Wehrmann über die Grenze de« Vaterlande« zu senden. Dank dieser Grobmacht-Stellung blaut der politische Himmel nie mehr ruhig und rein über Oester. reich-Unqarn, so lang e« noch eine Orientsrage gibt. Und Dank eben dieser Politik wird die Orientfrage noch der Lösung harren, wenn kein Türke mehr aus europäischem Boden weilt. In so schreiendem Widerspruche befindet sich unsere Diplomatenweisheit mit dem Volks-itttereffe, daß der Grodmacht-Partei jede Ver» Wicklung aus diesem Felde willkommen ist, will-kommen sein muß — dab e« ihr lieber ist und lieber sein muß, wenn der Sturm heute los- bricht. al« morgen. Unter Waffen allein kann die Frucht reisen und deshalb muß diese Partei einen siegreichen Kampf wünschen, dars sie kein Opfer scheuen, welche« nSthig ist, um einen solchen Krieg zu führen. Un« aber ist „Alt'Oesterreich" grob genug. Wir brauchen den Frieden mit allen Segnun» gen. damit der Staat Mittel genug habe, seinen Bürgern gegenüber die Pflichten zu ersüllen, worauf diese ein Recht sich erworben. Diese Gegenseitigkeit begründet ven Recht«staat. die Ehre, die Würde, die Grobmacht desselben. Franz WieSthaler. Zur Geschichte des Tages. Da« freundliche Gesicht, welche« die Re« gierung plötzlich den Bauern zeigt, dürste am Charakter der Bewegung nicht« ändern. In jenen Versammlungen, die seither stattge» sunden, herrscht ein freier Ton und wird die alte Beschwerde offen und derb erneut. vFünsundzwanzig!" Dieses Wort gilt heute dem Herrenhause, welche« durch «,Veson-nene" in solcher Anzahl ergänzt wird. Dab der alte Schmerling trotz seine« „staat«männi-schen" Bewußtsein« zum Führer der „Unbeson^ nenen" im konservativ sein sollenden Oberhause befördert wird, stimmt un« ^heiter auch in ernster Zeit." Der Plan, betreffend da« Echied«ge' richtEuropa's zur Austragung des griechisch-tütkischen Streite», scheint seiner Verwirklichung näher zu rücken. Die Pforte beschästigt sich de« re»t« mit Erwägungen und Griechenland soll in den letzten Tagen mildere Saiten aufgezogen haben. Vermischte Nachrichten. (Arnold Ruge-j-.) Au« Brighton kommt die Munde von dem Tooe Arnold Ruge's. Mit ihm steigt ein gute« Theil de« ehemaligen phi- losophischen Deutschland zu Grabe, welche« die Schassung des neuen Reiche« mit vorbereiten half. Arnold Rüge wurde am 13. September 1802 in Bergen auf der Insel Rügen geboren. Er studirte in Halle und Jena und nahm lebhaften Antheil an der Burschenschast, ein An« theil, der «hm eine sechsjährige Hast in Colberg zuzog. Im Jahre 1330 erhielt er eine Lehrerstelle am Pädagogium in Halle, habilitirte sich kurz daraus an der dortigen Universität al« Privat-Dozent und begründete 1837 mit Echtermayer die z^Halle'schen Jahrbücher sür Kunst und Wiffenschast", welche ddmals sozusagen der Sammelplatz aller revolutionären und resorma-torischen Ideen wurden. In dem Rahmen der Hegel'schen Philosophie, unter deren Einflud diese Jahrbücher standen, hatten ja die extremsten Ideen Platz, und es war bei dem steigen?»en Einfluß, den die Jalirbücher erlaugten, ganz natürlich, daß die preußische Zensur dem Revolutionären unter der philosophischen Flagge ein Ende zu machen suchte. In Folge der Versuche der preußischen Behörde, die Jahrbücher zu unterdrücken, gab Rüge seine Stellung in Halle auf, siedelle nach Sachsen über und änderte den Namen seiner Zeitschrift. Sie hieß von da ab: ^»Deutsche Jahrbücher^. Da ihm auch in Sachsen Schwierigkeiten gemacht wurden, gab Rüge seine Zeitschrist ganz auf, lebte mehrere Jahre in Paris und in der Schweiz und gründete sodann in Leipzig unter dem Titel ^Ver-lagS'Bureau" ein Geschäst, au« dem eine Reihe von literarischen Werken von Bedeutung hervor» gingen. Al« die beste der diesem Bureau entstammenden Publikationen ist „Die Akademie, ein philosophische« Taschenbuch", zu bezeichnen, welche Beiträge von Seeger, Hebbel, Fröbel, Hartmann, Freitag u. A. brachte. Im Jahre 1848 gründete Rut;e nach AuStiruch der isiewe-gung eine demokratische Zeitschrift, ^Die Reform", ward von Breslau in das Frankfurter Parlament gesandt und stand hier mit Vo^it, Hscker und Struve auf der äußersten Linken. Seit Keui i it' to n. Dir htiligr« Möls Nüchlt. (Schluh). Wenn man am l^eiligen Aliende auf Kork schwimmende Lichtchen in Wasser setzt, so kann man an der Dauer ihre» Brennens erkennen, ob man noch lange leben wird, oder nicht. Noch jetzt gehen hier und da Abergläubtsche in dicser Nacht in die Wintersaat, um die Geister von kommenden Dingen reden zu hören. In der Ehristnacht gießen in verschiedenen Gegenden die Mädchen Blei, um den Stand ihres Zukünsligen zu eisahren. Wenn man im Ei^ ^ackthale wissen will, was da« nächste Jahr Einem bescheicn wird, io muß man in der Ehristnacht Schlag zwöts Uhr mit einem Mörser aus einen Kreuzweg gehen und mit der Keule dreimal zustoßen, woraus man in dumpfen Tönen hört, wa« Etnem Wichtiges passiren wird. Was man in Kalw bei Stuttgart in den zwölf Nüchlen träumt, das wird in den zwöls Monaten de« solgenden Jahre« wahr. In thürittgilchen Dörsern horchen die Mägde in der Weihnacht aus der Schwelle de« Pferdestalles, und wenn ein Hengst wiehert, so glauben sie, daß bi« zu Johanni ein Freier bei ihnen erscheinen wird. Andere schlafen, um zukünftige Dinge zu erfahren, in der Kinder-krippe. Wieder Andere laufchen an Kreuzwegen und Marksteinen; vermeinen sie Schwerterge» klirr oder Roßgewieher zu vernehmen, so prophezeien sie für das nächste Frühjahr Kriegs-nolh. Diefe Beispiele eine« aus der Heidenzeit stammenden Aberglauben«, der in den Zwölften prophetifche Versuche anstellt, ließen sich noch durch Dutzende vermehren. Noch zahlreicher aber sind die, wo der Abergläubige in dieser Zeit sich Zauberkräfte zu verschaffen bemühte. In der Ehristnacht um die zwölfte Stunde goffen und gießen dann und wann noch jetzt die Jäger Freikugeln, die Alle« treffen sollen, wo« man wünscht, sei e« auch meilenweit entfernt. Zu derselben Zeit grub inan die Spring» Wurzel, die durch bloße Berührung Schloß und Riegel öffnete, schnitt man die Wünschelruthe, welche verborgene Schätze verrieth, und suchte man den unsichtbar machenden Farnsamen. Im Pusterthale versuchten die Wildschützen sich „gefroren", da« heißt kugelsest zu machen, indem sie da« Lamblbrod aßen, da« während der Ehristmette gebacken werden mußte und zwar au« während derselben gemahlenem Mehle und dem Blute eine« ebensaU« während derselben geschlachteten Lamme«. Kugelsest und unsichtbar zugleich sowie überdies befähigt, Diebe herbei-zubannen, wird man zu Trens in Tirol, wenn man in der Christnacht, sobald es alts Zwölf aushebt, in einen Kirchthurm geht, sich ein Stück vom Glockenstrange schlieldet und, bevor e« au«geschlagen hat, wieder in» Freie laust. Doch muß man dabei allein sein und kein Wort sprechen, wa« auch geschehe. Ebendaselbst kann man sich in der Ehristnacht eine Sense verschaffen, die niemals ihre Schneide verliert. Zu diesem Ende setzt man sich in der Tracht, die Adam vor dem Falle trug, auf den Dachfirst, um zu dengeln. Sobald man hier auf der Sense einen Gang gemacht hat, erscheinen allerlei Spukgestalten, das wilde Heer, Leute ohne Köpse, H xen, Lastwagen von Amt^ijen gezogen. Neiler aus Heupfelden, zuletzt der Teufel in eigener Person. Läßt der Dengler sich dadurch verblüffen und in die Flucht trelben, so sährt der Böse mit ihm in die Hölle, bleilN er aber ruhig, so nimmt jener die Sense und wetzt sie ihm. Von den Tagen nach dem ?b. Dezember weift gleich der nächstsolgende, jetzt dem lzeiligen Stephan geweiht, deutlich aus aitheidnischelt Brauch hin. In Schwaben und am Nlederrhem heibt er im Volk«munde der ,.Pserdstug", iu« dem man hier an ihm, wie anderwärt« zu Pfingsten, in Schaaren von Ort zu Ort reitet 1849 lebte Rüge in England, wo er mit Mazinni, Ledru-Rollin, Bratianu, dem jetzigen rumänischen Minister, und anderen Flüchtlingen verkehrte. 1678 erhielt er einen Ehrensold vom Deutschen Reiche, den ihm, der während seine« ganzen Leben« für die Einheit und Freiheit der deutschen Nation gekämpft hatte, der Reichetag bewilligt hatte. Au« Rüge'« Feder stammen neben einer Reihe der besten l^ebersetzungen, von denen wir nur die „Junius-Briese" und die ^Geschichte der Eivilisation in England" von Buckle nennen, eine große Zahl von Schriften, die flir die Entwicklung de« deutschen Geistesleben« von Bedeutung sind. So die ,»Acht Reden über die Religion", da« „Wanderbuch", „Lord Palmerston'« Leben" und unter Anderem auch seine Memoiren, die er unter dem Titel «Au« früherer Zeit" von 1662 bi« 1867 veröffentlicht hat. (Schuldlose Sträflinge.) 3m Novemberheft der Zeitschrift „Russische« Alterthum" wird au« den Erinnerungen de« Schauspielers Karalygin folgende Anekdote vom Kaiser Nikolaus mitgetheilt: „Der Kaiser besucht in einer Gouvernementsstadt da« Gefängnib und kommt beim Anblick der Sträflinge auf die Idee, sie selbst über die Ursachen ihrer Ein-schließung zu befragen. — „Wofür sitzest du?" wendet sich der Kaiser an den Ersten. — „Schuldlo«. Eure kaiserliche Malestät", heult der Gefragte und wirft sich auf die Knie, „auf falsche Angabe hin! Da wurde halt eine Kirche beraubt und der Küster abgethan — ich weiß von gar nichts! — die Bäuerlein fassen mich ... Der Kaiser winkt ihm ab und wendet sich zum Zweiten: ^Du, wosür?" — „Auch falsche Angabe, Eure kaiserliche Majestät. Ein Haustrer wurde nahe beim Dorfe erschlagen und ausgeplündert mir ist's auch nicht im Traume eingefallen.. . „Du?" wendet sich der Kaiser zum Dritten. — „Pure Bosheit, Eure Majestät. Hat mir mein Nachbar einen ganzen Pack falschen Papiergelde» untergescho-ben und auf den Boden wer weiß was für Drucksteine geschleppt — ich bin rein wie ein Kind." Die Jeremiaden dieser Tuzendhelden langweilten den Kaiser sichtlich. Rasch überflog er die ganze Reihe der Sträflinge und sein Blick fiel auf einen zerlumpten Zigeuner. „Du. mein Junge, natürlich auch auf falscher An» gäbe?" — „Durchau« nicht. Eure kaiserliche Majestät, ich sitz' mit Fug und Recht; Hab' einem Kausmann sein Röbiein gestohlen." — »Röblein gestohlen!" wiederholte der Kaiser lächelnd und wendete sich zum Gouverneur: „Sofort hinau« mit dem Taugenicht«! Unter und eine Art Wettrennen anstellt. Da« soll vor Hexerei und Seuche schützen. Früher schlug man an diesem Tage den Pferden eine Ader, auch nagelte man ihnen Robhufe über die Stall-thüren zur Abwendung von Zauberei. Eine Erinnerung an die Schmäuse und Gelage der Julzeit haben wir in der söge« nannten Johanni«minne oder dem Johanni«-segen vor un«, einem in katholischen Gegenden Schwabens sowie in Tirol noch üblichen Ge« brauche. Beim Julseste leerte man auf das Gedächtnib der Götter feierliche Becher, und noch heute wird am 27. Dezember in der Nachbarschaft von Eßlingen von jedem Gliede der Dorfgemeinde eine Maß Wein zur Kirche ge« bracht, dort vom Pfarrer geweiht und hieraus zu Hause getrunken, indem man meint, daß dies vor allem Schaven bewahre. Im Lechthale sichert es vor dem Blitze, im Pusterthale vor dem „Vermeintwerden", in anderen Strichen Tirols gibt man von dem Johannissegen den Brautleuten bei der Trauung zu trinken. Ein anderer Rest der Julschmäuse ist der Eberkopf, der in vielen Gegenden England» am Christseste herkömmlich auf den Tisch kommt, sowie die Eberform, die in Schweden das Weihnachts. gedäck hat. Weitere Ueberbleii'sel des heidnischen Julseste« in der Speisekarte der zwölf Nächte mögen wir in dem schwäbischen Huzelbrod, in den Neujahrskuchen, die man zu Neujahr im Bergischen bäckt, in den Chrisistollen Mitteldeutschlands, in den Pfeffernüssen in Mecklenburg und Pommern, in den Knödeln mit Hä- so ehtlichen und unschuldigen Leuten dars er nicht bleiben, sonst verdirbt er am Ende noch die ganze Gesellschaft." (Gesundheitspflege. Nutzen de« Honig«.) In der Zeitschrift „Gesundheit" von Prof. Reklam (Leipzig) finden wir einen sehr lesen«werthen Abschnitt über Bienenzucht und schreibt der Verfasser u. A. über den Nutzen de» Honig»: Man glaube ja nicht, daß die Bienenzucht nur Empfehlung verdiene wegen de» Wohlgeschmack» de« Honigs, obgleich dieser längst schon sprichwörtlich geworden ist und jeder Zuckerbäcker und jede Hausfrau es au» Erfahrung weiß, daß als Mittel der Versübung eine« feinen Gebäckes, eingemachter Frlichte, eine« feinen LiqueurS der Honig von nichts überboten, durch nichts ersetzt werden kann. Auch der Geldgewinn, welcher durch den Verkauf des Wachse« erzielt wird, ist nicht der Grund unserer Empfehlung, obwohl immerhin eine Mehreinnahme für einen Landwirth auch von rein hygienischem Standpunkte aus wohl zu beachten wäre. Wenn wir hier der Honig, erzeugung das Wort reden, so ist es, weil dadurch ein Lebensmittel gewonnen wird, wie wir kaum ein zweites haben, was Leichtverdaulichkeit, Nährkraft und Wohlgeschmack anbelangt. Wie das Waffer unmittelbar in die Blutgefäße übergeht und keinen Rückstand hinterläßt, wie reines Oel in bestimmter Menge vom Darme in Emulsion umgewandelt vollständig in das Blut ausgenommen und im Körper aufgespei« chert wird, — so geht der Honig, ohne auch nur die geringste Spur eines Rückstandes zu hinterlassen, unmittelbar in das Blut über, dient in demselben bei seiner chemischen Um-gestaltung zur Erwärmung des Körper» und zur Gntwtckelung lebendiger Kraft und ist somit, wenn er nicht da» Leben für sich ollein zu erhalten vermag, einer der «»«gezeichnetsten Nährstoffe, die wir kennen. Und der Bewei« sür diese Behauptung? Der Beweis liegt darin, daß die Nachkommenschaft der Bienenkönigin, welche ausschließlich mit dem Honig gefüttert wird, im Anfange und so lange diese Fütterung besteht, zwar einen Mund und einen Darm besitzt, aber keinen After. Die Natur ist in ihren Gebilden niemal« verschwenderisch; und wie die Thiere, welche ihr Leben in der Finsterniß verbringen, schließlich der Augen entbehren und diese nur in kleinen Resten übrig haben, so entbehrt die Biene in ihrer ersten Lebensform de« After«, weil--sie ihn nicht nöthig hat, denn da« gesammte Nährmaterial, welche« sie erhält, geht vollständig in die Gewebe über, wird vollständig verdaut, und Rlickstände gibt es nicht. Wa« wir an Honig unserem Körper zufügen, da« ist unser, und darüber schaltet der Stoffwechsel frei und unbeschränkt. Wenn der Tourist in Tirol und der Schweiz sich durch da« mit Honig versehene Frllhstück in höherem Grade gekräftigt fühlt, al« daheim, so ist die« also keine Einbildung, denn er hat mit jedem Löffel Honig, mit dem er sein Brod bestreicht, mehr kräftigende« Nährmaterial in sein Inneres eingeführt, al» dahsim mit der bcfien Rittergutsbutter. Neben den Musteranstalten zur Beschaffung guter Milch, der sogenannten „Kin-der-Mllch", sollte man sich daher auch mühen, nach Kräften für Beschaffung reichlicher Honig« erzeugung Sorge zu tragen, um dieses wichtige Nährmaterial dem Städter wie dem Landbewohner zuzuführen. (Au« der Welt de« Verbrechen«.) Im „Deutsch-österreich. Leseoerein" zu Wien hat kürzlich Oberlandesgerichts-Rath Gernerth einen Vortrag über „die Welt des Verbrechens" gehalten. Der Redner erwähnt zuerst, daß die Zahl der Verbrechen in steter Zunahme begriffen fei. Drei Viertel aller Verbrechen werden aus ökonomischen Gründen begangen, jedoch sei die Anlage des einzelnen Individuums, sowie die Erziehung desselben besonder« in« Auge zu fassen. Es könne nicht geleugnet werden, daß sich auch Verbrechen vererben, weil sich die Eigenschaften des Organismus von den Eltern aus die Kinder fortpflanzen. Vom Vater erhalte das Kind gewöhnlich den Charakter, von der Mutter den Intellekt, und darum spreche man auch stets nur von Mutterwitz. Davon, wie tief auch im Volke die Ueberzeugung wurzle, daß nur die vernachlässigte Erziehung Verbrecher schaffe, gibt der Redner ein Beispiel. Vor wenigen Jahren wurden in der Nähe Wien« zwei junge Mädchen förmlich abgeschlachtet. Als der Bruder bei der Verhandlung in den Gerichtssaal trat und den Mörder erblickte, ries er aus: „Er ist unschuldig, nur seine Mutter isj schuldig, die ihn so schlecht erzogen hat." Der Vor-tragende erörtert die Ursachen der mangelhaften Erziehung bei so vielen Tausenden von Menschen und erwähnt, daß bei uns die Verantwortlichkeit vor der Strafjustiz mit dem vierzehnten Lebensjahre beginne, daß also Kinder im Prinzip denselben Strafen versallen wie alte Verbrecher; der französtschen Gesetzgebung gebühre die Ehre, den Anfang mit einer neuen Methode gemacht zu haben. Dort sind Personen zwischen dem zwölften und achtzehnten Jahre straflos, wenn denselben die nothwendige Einsicht gefehlt hat. In Deutschland hat man ins neu« Strasgefetzbuch ähnliche Bestimmungen ringen, die im Saalfeldischen nothwendige Syl-vestirspeise st»v, in dem Hirsebrei, den ntGn in Dresvm in Häusern von altem Schrot und Korn am NeujahrStage zu essen pflegt, damit e» im begonnenen Jahre nicht an Gelde fehlt, mit ziemlicher Bestimmtheit vermuthen. Andererseits aber gibt cs auch Gerichte, die in den Zwölften nicht genossen werden diirfen, und zwar gehören hierher Erbsen, Bohnen und Linsen. Wer dieselben in dieser Zeit dennoch genießt, bekommt, wenn der Aberglaube der Nockenphilosophie Recht hat, Krätze, Schwäre und Un-gezieser. Wie bei den Festen der Erntezeit, deren Nachklänge sich jetzt um Martini und andere Tage des Spätherbstes gruppiren, so stellten sich in den Nächten des MlttwintelfesteS die Götter ein, bald in milder, freundlicher Gestalt, bald nach ihrer erhabenen oder surchlbaren Seite, und auch hievon zeigen die Tage oer Zwölften deutliche Spuren. Ruprecht und Frau Holle sind bereits erwähnt worden. Jetzt treffen wir in dem alten Tübingen das Attribut Fro's, des Gotte« der Fruchtbarkeit, als weißes Schwein, welches ln der Geisterstunde der Ehristnacht aus dem Kornhause an der Ammer die Marktgasse entlang bis an die krumme Brücke lief und dann verschwand. Der Böse ferner, der in verfchiedenen Gegenden denen, die ihn zitiren, erscheint, um ihnen Freikugeln, Farnfamen, stets fchneidende Sensen und dergleichen zu geben, wird schwerlich ein Anderer sein, als Wuotan, der „Wunschverleiher", von der Kirche zum Teufel verwandelt. Ganz vorzüglich aber gehört in diesen Zusammenhang der Umzug de« „wilden Heeres", welches in Westsalen gewisse Landstriche als „wilder Jäger", „Buddejä.ier", „Jäger Jap" oder „engelske Jagd" unsicher macht, und in Schwaben schon durch die Bezeichnung „MuotiS-Heer" oder „Wuotesheer" als der Heereszug desjenigen Gottes bezeugt ist, welchem das Julfest in Deutschland vor AUem gegolten zu haben scheint. Bald als riesenhafter Reiter auf einem Schimmel, bald als rasselnder Wagen, bald als langer Gespensterzug braust schwäbischer Sage zufolge in der Weihnachtszeit und zu Neujahr dieser grausenvolle Spuk über das Lanv hin. Er hat seine bestimmten Wege, in Jmlneichausen und Pfullingen die Heergasse, in Undingen die Muotesgasse. Bisweilen läßt das wilde Heer, eine wohlklingende Musik, auch Gesang von vielen hundert Stimmen hören. Ein gewaltiger Sturmwind, saust vor ihm her. Kommt es einem im Freien entgegen, so thut man, um sich vor Gesc'hr zu sichern, am besten, sich mit dem Gesicht am Boden zu legen, den Kopf zwischen ein Wagenrad zu stecken oder in ein Fahrgcleis zu treten. In Wurzacherried hörte es ein Hirtenknabe hoch in dm Lüften kommen, wie wenn Hunderte von Kuhschellen läuteten. Bald war es wunderschöne Wolken-mustk, bald sttrchterliches Lärmen. Klostermägde von Maria-Kirchheim im Ries gingen einmal noch spät Abends ins Baierfche hinüber, wo üusget^mmen und quch tn dem Entwurf des neuen österreichischen Strasgesetzbuche« kommen dieselben zum ÄuSvruck. Um die Verbrechen zu vermindern, müsse man die Quellen derselben verstopfen, und um die Zuchthäuser zu leeren, e« nolhwendig, Rettungshäuser für die verwahrloste Jugend zu gründen. In Frankreich seien, angeleitet durch den (^oäs xvQal, schon unter der Juli-Negierung solche Anstalten ge« gründet worden, welche stets 8«—900()Jnsaffen zählen, und im Jahre 1869 sei außerdem die Hilfsgesellschaft sltr verlassene Kinder in» Leben gerusen worden; in England seien diese Gin-richtungen noch großartiger, in jeder Stadt gäbe e» sogenannte ^RefoM'Schulen^' für vernachlässigte Kinder; dasselbe sei der Fall in Belgien, in der Schweiz und in den Vereinig-ten Staaten. In Deutschland und in Italien beginne man jetzt diesem Gegenstande Aufmerksamkeit zuzuwenden, nur bei un» geschehe gar nichts und e» sei auch hier an der Zeit, daß anch hier die Initiative durch Private ergriffen werde. Hierauf wendet sich der Redner zu den ^Veteranen des Verbrechen«", macht daraus aufmerksam, wie schwer e» einem entlassenen Sträfling sei, wieder eine Stellung in der bürgerlichen Gesellschaft zu finden, und daß von verschiedenen Seiten dafür plaidirt wurde, man möge solche Sträflinge in lebenslängliche Verwahrung in Arbeitshäuser nehmen. Schäd« lich sei die Gemeinschaft der Sträflinge in den Strafhäusern; diese bereite Verbrechen vor; ebenso sei die Polizei-Aussicht mehr schädlich als nützlich, weil sie oft die Ursache bilde, daß der entlassene Sträfling die kaum gewonnene Arbeit wieder verliere. Nach einer eingehenden Erörterung über die Strafen und die Motive, welche die Richter bei Fällung von Urtheilen leiten müssen, kommt der Vortragende auch auf den neuesten Vorfchlag deutscher Juristen zu sprechen, daß gar kein Strafausmaß bei Verurtheilungen ausgesprochen werden, daß die Dauer der Haft lediglich von der Besserung des Individuums abhängen solle. Als die erbärmlichste Klasse von Verbrechern bezeichnet Gernerth Diejenigen, welche Verbrechen begehen, um sich eine lebenslängliche Versorgung zu stchern, und die „modernen Defraudanten", welche sich dem Gerichte stellen, sobald sie das gestohlene Geld vergeudet haben. Jnteresiaitt sei dos Perzentverhältnlß zwischen männlichen und weiblichen Verbrechern. Erstere nehmen in Oesterreich und beinahe überall 8b Perzent, letztere nur 15 Perzent ein, was in der Individualität des Weibes und der strengeren Er ziehung seinen Grund habe. Diese Erscheinung sie etwas auszurichten hatten. Auf einmal hör ten sie ein Toben, Sausen und Brausen, Pfei ftn, Geigen und Gefang. Die Mädchen legten sich augenblicklich in Gräben, wobei sie die Arme kreuzweise über die Bruft schlugen. Eine aber fand nicht fchnell genug Platz, und so wurde sie von dem wilden Heere ergriffen und zwei Stunden weit durch die Lltfte mit fort geschleppt, bis die Unholden sie bei einem Brunnen fallen lieden, wo ihre Gefährtinnen sie später bewußtlos auffanden. Bei Hnldstetten muß man, wenn das »Muodersheer" im An zuge ist, die Augen schließen, weil man sonst erblindet, auch reitet ihm hier ein Mann auf einem weißen Pferde voraus, der auf einem Hörne bläst und die Leute durch den Ruf: „Aus dem Wege! Aus dem Wege!" warnt, und welchen man schlechtweg den „Schimmel reiter" nennt. Der wilde Jäger aber oder das wüthende Heer ist Niemand anders, als der zu einem Gespenste gewordene alte Heidengott Wuotan mit der Schaar der nach Walhalla geladenen Helden, der an seinem Feste durch die Lande zieht. Wäre daran noch ein Zweifel gestattet, so müßte er bei der Betrachtung des Um standes schwinden, daß der Anführer des Geister zuges in einigen Landstrichen geradezu der „Breithut" heißt, was dem Beinamen „Sid höttr" entspricht, den Odhin, der skandinavische Wuotan, in der Ebda führt. habe Stimmen hervorgerufen, welche den 5^ua-lismus im Strafrecht fordern, wie ihn das portugiesisch« Strafgesetz allein besitze, welches das weibliche Geschlecht bedeutend milder bestraft. Der Redner schließt damit, daß alle GesetzeS-Rrui>xs- unü Lsertlixunxs-^nst»lt Nr. S2S. Kundmachung (53 Oio Vskortietov xodsn sedmorüsrküllt aUöll Vorvanätsv, ^rsuväsv ullü Lskavvtva äio traurißss Xalzkriokt von äem ^blebsu ikrsr ia-viKstIsIisdtsll I'oclitsr, Lottvostvr uvä Ledva-xorill, (Iss L'räulsivg NTl^kT ^GltlbSk'UE«'» vsloks navd länxsrsm sodmerzvollsll l^siäon, vsrssksn mit äsu KI. Ltsrbesakramsntvn, lisutv t1«n 10. ^ävvsr um 3 Dkr?rüd in ikrom 46. I^sdonv^akro von äiossr Lräv abborufov vuräs. Das I^sjlzdsllds^an^lliss 6sr ttlsusrsn Da» dinAssodisäsvSll Lv6st Wttvood Zer» 12.6.^. um 4 I^Ur ^aodmittaxs vom Irausrdauso, Vilc» trivßskofß^asss 29 aus statt. Das ksil. Lselönamt >vir6 Dounorstax 6sn 13. l1. Ick. um10Ddr in äor Domicirodo Kelsssu. am 10. .läonor 1381. Ikvi'v8ia leitlborgvi', Roalitatslldosit^sriv, als Äuttor. Ignsr loitlbvi'goi', Varl ^sitlborgoi', loksnn Ivitlboi'goi', kealitätondsLitesr, als öriillsr, Itiei'osi» Lggoi', Ann» Zvlirsvk, als Lelivsstörn. LsrI 8vlir»vll, ^ütil- ullÄ Lsalitatonbositiisr, als Lokvajxvr. loseiino ^sitlbvfgoi', als Letlväxsrill. (62 U. »tsierw. I^«iedsv»vkd»drun?i' uuÄ LsarckixuQx»-^llit»N. Neun k. k. Steueranite in St. Leonhard werden am N.Jänner 1881 um 11 Uhr Vormittags nachstehende, im ärarischen Hause daselbst befiildliche Lokalitäten nnter Vorbehalt der hijhern Genehmigung an den Bestbieter nlieth-weise hintangegeben: Ebenerdig ein großes Kaufmannsgewölbe, 1 Küche, 1 Magazin, 1 Abort, 1 Wagenremise, Stall fi'lr 2 Pferde, Stall für 2 Schweine, 1 Gartenantheil; im zweiten Stocke 6 Zimmer, I Abort, ferner Mitbenützung des Dachbodens. Altsrufspreiö des Miethzinses jährlich 730 fl. Schristliche Offerte sind imter Beilegung eines 10"/g Vadiums bis 17. Jänner 1k^81 II Uhr Vormittags beim k. k. Steuermute in St. Leonhard einzubringen. Auskünfte über die näheren Bedingungen werden beim genannten k. k. Steueramte imd bei der k k. Finanz-Bezirks-Direktion in Marburg crtheilt. K. k. Finanz-Bezirks - Direktion Marburg am 7. Jänner 1881. Iptlkschntidmaschillt neuesten Systems wird ausgeliehen. (58 Auskunft aus Gefälligkeit bei Josef Martini, Niktringhofgasse. Realitüten-Verkauf. Ein Wohnhaus mit 4 Zimmern, Küche, Keller (für Gasthausgewerbe), ein Nebenge-bäilde mit 3 Zimmern, Küche, Keller, Wirth-schaftsgebäude, dann großem Gemüse- und Sitzgarten nebst 6 Joch Aecker, ist um den Preis von 6000 fl. zu verkaufen. 4000 können liegen bleiben. (56 Anzufragen: Magdalenavorstadt Nr. 44, Triesterstraße in Marburg. Im I'vlAer sind noch nachstehende Zeitungen uln den halben Preis zu haben: Neue freie Presse Leipziger illustrirte Zeitung Kikiriki. Im tiöfstov Lodmorso x^odoll äis Illltersoivtlllston äis traurissv Kaoliriol^t von äem ^l)lvboll ikrsr invijxstKslisbtoQ Ziluttor, LLl^viexor-muttor uaä Lokväxsrill, äer doolivoklxsboiiisll k'rau krsiiZlzll» K^Ie« M ktiirziizijekx. Vlrsleuovs'^s^uvttvlis-Mtve äss Vdorstov Sorlelitsdokos, vslolis naeli selimörsliokem l^eiäen, vvrseksv mit den keil. Ltsrlzssalcra-mslltsll am l0. .lanvsr um 5'/, Dkr ^lzenäs in itirsm 7i1. I^sbens^adrs von llisssr Kräe adberutsn vuräo. Die Ilülls lier tlieuorsn Vsrbliodsnen virä Donnvrstas^ äon l3. l1. um 4 (Ikr I^aokmittaxs im 8tsrbsl»auss, Loliillorsti-assv ^r. 8, sin-xsse^llst nnÄ sociann üur lsteton Rüde dsstattvt. Die dsil. Lsslenmesso v^irä k'roitaß^ äen 14. <1. Ick. um 10 Dtir in äer Ltaätpfarrliirolts xslsssn. Ickarliurx am 10. ^änvsr 1881. voi'vtlsl. riuodor, Mls.tdilüv vvfvkol. ?Iuvdvr, LrQv»tLvv Lülo voQ I'öärsQipvrx, als löolitsr. X»rl riuvdor, ^luodor, als Lotivioxsrsöllns. Xarl Mttvr vo» rSürauixorx, als Lotiva^sr. 63 Ii. steierm. I