229 Wer spricht? Erzählerstimme und Figurenrede in Wolframs von Eschenbach Willehalm und der Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm1 Marija Javor Briški Abstract Die vergleichende Analyse von Wolframs von Eschenbach Willehalm und der Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm ist auf die Formen und Funktionen der Erzählerstimme und der Figurenrede fokussiert, wobei die inquit-Formeln eingehender untersucht wer- den. Erzählerstimme und Figurenrede haben angesichts der modifizierten Rezeptions- bedingungen und des Übergangs von Vers zu Prosa erhebliche Veränderungen erfahren. Schlüsselwörter: Wolfram von Eschenbach, Willehalm, Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm, Erzählerstimme, Figurenrede, inquit-Formel, Versroman, Prosaroman 1 Der Beitrag ist im Rahmen des Forschungsprogramms Interkulturelle literaturwissenschaftliche Studien (Nr. P6-0265) entstanden, das von der Slowenischen Forschungsagentur aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. ACTA NEOPHILOLOGICA UDK: 821.112.2'04.09Wolfram v. Eschenbach DOI: 10.4312/an.56.1-2.229-249 Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 229 4. 12. 2023 12:36:08 230 Marija javor Briški EINLEITUNG „Man erzählt mehr oder minder das gleiche – nur eben anders“, so formuliert Armin Schulz (124) in seiner Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive einen in der Forschung seit Langem bestehenden Konsens: Wiedererzählen könnte die fundamentale allgemeinste Kategorie mittelalter- licher Erzählpoetik sein, eine, die noch die Unterscheidung von Mündlich- keit und Schriftlichkeit, mündlichem und schriftlichem Erzählen übergreift. (Worstbrock 130) Paradigmatisch für die mittelalterliche epische Literaturproduktion ist also nicht das ‚Er-finden‘ neuer Geschichten, sondern das ‚Finden‘ tradierter Stoffe, die die Autoren in ihrer Gestaltung und Vermittlung dem „Erwartungshorizont […] der Adressaten, für die der Text [neu] verfaßt“ ( Jauß 10) wird, und den je- weiligen Rezeptionsbedingungen anpassen. Obwohl die Bearbeiter hinsichtlich der Materie und des Handlungsgerüsts den älteren Quellen generell folgen, dif- ferieren die wiedererzählten Texte von ihren Vorlagen auf formaler Ebene. Die- se Abweichungen beruhen zum einen auf den künstlerischen Fähigkeiten der Autoren, zum anderen auf den in mittelalterlichen Poetiken propagierten Ver- fahren, insbesondere der amplificatio und der abbreviatio, derer sich die Dichter bedienen (Schulz 379-380). Trotz der von den Bearbeitern vielfach postulierten Treue zur Quelle (Nellmann 50-51) führen die formalen Veränderungen aller- dings auch zu inhaltlichen Verschiebungen. Der mittelalterlichen Tradition entsprechend hatte auch Wolframs von Eschenbach um 1210/1220 in Versform verfasstes Werk Willehalm eine Vorla- ge, die altfranzösische Chanson de geste La Bataille d ’Aliscans, und regte auf- grund seines fragmentarischen Charakters zu Fortschreibungen an. So verfass- te in der Mitte des 13. Jahrhunderts Ulrich von Türheim seinen Rennewart und etwas später schrieb Ulrich von dem Türlin die Vorgeschichte Arabel (Schirok, Hennings). Beide Werke sind, ihrer Entstehungszeit entsprechend, ebenfalls in Versen geschrieben. In acht der zwölf vollständigen Handschriften ist der Willehalm zusammen mit der Arabel und dem Rennewart überliefert (Bumke 1397). Diese mehr als 61.000 Verse umfassende Willehalm-Trilogie wurde im 15. Jahrhundert schließlich in Prosa aufgelöst. Der Prosabearbeiter, der den Text gekürzt, modifiziert und stellenweise ergänzt hat, ist namentlich nicht bekannt. Das Original dieses Prosatextes ist, was für mittelalterliche Werke üblich ist, nicht erhalten, er ist aber in drei Abschriften aus dem 15. Jahrhun- dert überliefert, die alle aus dem südalemannischen Raum stammen (Deifuß, Hystoria 11): Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 230 4. 12. 2023 12:36:08 231Wer spricht? - P1 (Zentralbibliothek Zürich, Ms. Car. C 28, 1474); - P2 (Stadtbibliothek Schaffhausen, Ms. Gen. 16, 1483); - P3 (Thurgauische Kantonsbibliothek Frauenfeld, Ms. Y 80, um 1460/70). (ebd.) Ein frühneuzeitlicher Druck der Prosaauflösung ist nicht vorhanden (ebd.), was darauf hindeutet, dass der Text zunächst auf einen kleineren Rezipientenkreis be- grenzt war. Die Prosafassung wurde zum ersten Mal auf der Grundlage der Zü- richer Handschrift 1889 von Samuel Singer ediert (ebd. 18) und erneut 2005 von Holger Deifuß unter dem Titel Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm her- ausgegeben, bei dem es sich um eine Modifikation der Überschrift von P2 handelt (ebd. 11), die Leithandschrift für diesen Druck, der auch der folgenden Unter- suchung zugrunde liegt, ist allerdings die Frauenfelder Handschrift P3, die nach Auffassung des Herausgebers am ehesten mit der Versfassung und dem Archetyp der Prosauflösung übereinstimmt (Deifuß, Hystoria 77-83, Deifuß, „‚Willehalm‘ (Prosaroman)“ 1152). Wie Deifuß (Hystoria 54) vermutet, ist diese Handschrift in einem monastischen Skriptorium „für den geistlichen Gebrauch geschrieben worden“. Darauf deuten u. a. die „Textzusammenstellung, diverse Einträge wie ze prime zit pater noster (fol. 12ra), [...] und nicht zuletzt der Provenienz- oder Be- sitzervermerk“. (ebd.) Die „Lesung volkssprachlicher Prosatexte mit erbaulichem Gehalt“ war vor allem in Frauenklöstern sehr verbreitet. (ebd. 66) Im Laufe der Zeit ging die Sammelhandschrift in weltlichen Besitz über (ebd. 54-55). Die in Versform verfasste Willehalm-Trilogie, die zunächst für den mündlichen Vortrag vor einem höfischen Publikum bestimmt und als „Fürstenspiegel, genealogisches Legitimations- und kostbares Repräsentationsobjekt“ (ebd. 70) beliebt war, hat in der Prosafassung aufgrund des neuen Gebrauchskontextes in einem geistli- chen Umfeld formale und inhaltliche Veränderungen erfahren. Im Vergleich zur höfischen Vorlage sind die legendenhaften Züge und der Kreuzzugsgedanke, die in der Versfassung eine untergeordnete Rolle spielen, im Prosa-Willehalm, der in einem moralisch-didaktischen Kontext überliefert ist, stärker ausgeprägt (Deifuß, „‚Willehalm‘ (Prosaroman)“ 1153, Deifuß, Hystoria 70). Deswegen werden die profanen Erzählmotive weitgehend eliminiert, das bei Wolfram positive, von To- leranz geprägte ‚Heidenbild‘ ins Negative modifiziert und die Überlegenheit der Christen und ihres Glaubens demonstriert, was zu einer Schwarz-Weiß-Zeich- nung von Muslimen und Christen führt (Deifuß, Hystoria 128-139). Im Fokus der folgenden vergleichenden Analyse von Wolframs Willehalm2 und der Prosaauflösung Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm3 stehen die 2 Im Folgenden zitiert als Wh, Kapitel, Vers(e). 3 Im Folgenden zitiert als HW, Seite der Druckfassung/Blattzählung der Handschrift. Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 231 4. 12. 2023 12:36:08 232 Marija javor Briški Erzählerstimme und die Figurenrede, wobei hier unter ‚Stimme‘ nicht Genettes erzähltheoretische Kategorie (Genette 137-170, 221-223), sondern in Anleh- nung an Zumthors Terminologie der Stimmlichkeit (vocalité) (Zumthor 13-14) „die medial als hörbar gedachte Stimme in der Textproduktion und -rezeption“ (Unzeitig et al. (2017) 1) zu verstehen ist. Sowohl die Erzählerstimme als auch die Figurenrede generieren Redeszenen, die in der aktuellen historischen Dialogfor- schung folgendermaßen definiert werden: Eine Redeszene ist jeder Abschnitt in einem narrativen Text, in dem eine oder mehrere Figuren sprechend (ggf. auch verbal denkend) in Erscheinung tritt (treten), wobei ihre sprachlichen Handlungen sowohl durch Redebericht als auch durch direkte oder indirekte Rede wiedergegeben werden können. Non-verbale Begleitphänomene des Sprechens (wie etwa gestisches Han- deln, auch als Reaktion nicht-sprechender Figuren) können in die Überle- gungen ebenso einbezogen werden wie die Ebene der Kommunikation des Erzählers mit seinem fingierten extradiegetischen Publikum. (Unzeitig et al. (2011) 3-4) Alle Formen der Rede sind nach Cerquiglinis (1982) begrifflicher Differenzie- rung der Textebene in ‚récit‘ (‚Erzählung‘/‚Erzählbericht‘) und ‚discours‘ (‚Rede‘) (Unzeitig, „Prosaroman und Figurenrede“ 115) erwartungsgemäß dem ‚discours‘ zuzuordnen. Aufgrund des begrenzten Umfangs des vorliegenden Beitrags kann eine detaillierte Analyse der beiden Werke nicht durchgeführt werden, die Un- tersuchung soll sich vielmehr auf exemplarische Textstellen und bestimmte As- pekte begrenzen. Während bei der Untersuchung der Erzählerstimme der voll- ständige Prosaroman berücksichtigt wird, soll zur Analyse der Figurenrede nur der auf Wolframs Willehalm basierende Abschnitt der Hystoria (HW 235/132rb– 255/148vb) herangezogen werden. Es sollen vor allem die Formen und Funktio- nen der Erzählerstimme und der Figurenrede untersucht werden. Ferner befasst sich die Analyse mit der Integrierung der Figurenrede in den Erzählbericht, wo- bei den inquit-Formeln aufgrund des von Hundsnurscher („Das literarisch-stilis- tische Potential“ 114) formulierten Forschungsdesiderats in Bezug auf Wolframs Willehalm besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Infolge des formalen Wandels von Vers zu Prosa und des damit einhergehenden Übergangs von dem performativen Rezeptionsakt zur Textlektüre (Unzeitig, „Prosaroman und Figu- renrede“ 114-115) haben die Erzählerstimme und die Figurenreden – so die Hy- pothese – erhebliche Veränderungen erfahren. Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 232 4. 12. 2023 12:36:08 233Wer spricht? VOM SPRECHEN ZUM SCHWEIGEN DER ERZÄHLERSTIMME Auch in Wolframs Willehalm, der in der Forschung immer ein wenig „im Schatten seines ‚Parzival‘“ (Young 107) stand, setzt sich auf der Metaebene der Erzählung ein vielschillernder Erzähler in Szene, der vornehmlich als erzählerisches Ich in Erscheinung tritt. Doch schon im Prolog im Anschluss an das einleitende Gebet identifiziert sich das Sprecher-Ich als Wolfram von Eschenbach: ich Wolfram von Eschenbach, swaz ich von Parzival gesprach, des sin aventiure mich wiste, etslich man daz priste. (Wh 4,19–22) Was ich, Wolfram von Eschenbach, von Parzival erzählt habe, so wie mir seine Geschichte bekannt war, haben manche gelobt.4 Entgegen der in der modernen Literaturwissenschaft geforderten strikten Tren- nung von Autor und Erzähler, ergibt sich für die mittelalterlichen epischen Texte ein differenziertes Bild (Unzeitig, „Von der Schwierigkeit“ 59, Unzeitig, Autorna- me und Autorschaft 17). Der ‚Autor im Text‘ ist aber nicht als biographischer Verweis auf den ‚realen‘ Autor zu interpretieren[…], sondern Repräsentation des Autors und seiner Au- torschaft. Gemeint ist damit die Vorstellung, die der ‚reale‘ Autor von sich und seiner Autorschaft im Text etabliert. (Unzeitig, „Von der Schwierigkeit“ 60) Darüber hinaus wird durch die Autornennung eine scheinbare Simultaneität von Verfassen und Erzählen „in der Situation der fingierten Performanz konstru- ier[t]“ (ebd. 80). Im obigen Willehalm-Zitat nimmt der Autor Bezug zu seinem von ihm verfassten Parzival und der aufgrund seiner dichterischen Qualitäten wohlwollenden Rezeption durch ein tatsächliches Publikum. In der Fortsetzung seiner an potentielle Rezipienten adressierten Rede (Wh 4, 23–5, 15) preist er die Qualitäten seiner neuen Geschichte und bittet um deren freundliche Aufnahme (Unzeitig, Autorname und Autorschaft 263). Dass die Erzählerstimme bei Wolfram eine wichtige Rolle spielt, ist allge- mein bekannt (Nellmann, Young, Plotke 199-222). Ihre Funktionen sind vielfäl- tig, doch liegt hier im Zusammenhang mit der performativen Rezeptionssitua- tion des Werkes der Schwerpunkt vor allem auf der publikumsbezogenen Rolle des Erzählers und seiner selbstreflektierenden Aussagen über seine narrativen Kompetenzen. Der Erzähler redet das fingierte Publikum an oder stellt ihm eine rhetori- sche Frage, um dessen Aufmerksamkeit zu erlangen, um es zu einer kritischen 4 Die nhd. Textpassagen sind Übersetzungen von Dieter Kartschoke in Wolfram (2003). Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 233 4. 12. 2023 12:36:08 234 Marija javor Briški Stellungnahme zur erzählten Welt zu provozieren und zum Mitdenken zu akti- vieren, wie den folgenden Zitaten zu entnehmen ist: seht ob in des mande Munschoy diu krie, oder twangs in amie? oder müet in Vivianses not? oder ob sin manheit gebot daz er pris hat bejaget? (Wh 42, 2–8) Seht selber, ob ihn dazu der Kampfruf Monschoy brachte. Oder zwang ihn seine Minneherrin dazu? Oder quälte ihn die Kampfesnot des Vivianz? Oder trieb ihn seine Tapferkeit, ruhmvoll zu kämpfen? nu seht wie daz gezæme (Wh 82, 28) Urteilt selbst, ob es richtig war Nu merket wie der adelar versichert siniu kleinen kint. (Wh 189, 2f.) Paßt auf, wie der Adler seine Jungen auf die Probe stellt: nu hœret waz Rennewart nu tuo. (Wh 365, 21) hört, was Rennewart da tat: wie er die heiden ligen sach? (Wh 16, 3) Wie er die Heiden lagern sah? wer der dritte scharherre si? (Wh 328, 17) Wer Führer der dritten war? Die Rezeptionslenkung durch den Erzähler erfolgt auch mittels eines explizit zum Ausdruck gebrachten Appells, z. B.: Sinen jamer sult ir prisen. (Wh 52, 1) Seinen Schmerz sollt ihr preisen. so lats iu erbarmen doch durh got. (Wh 112, 2) so habt dennoch um Gottes willen Mitleid mit ihr. Nu sult ir Terramere danken […] (Wh 374, 8f.) Nun müßt ihr Terramer loben […] Durch die – wenn auch einseitige – Kommunikation von Erzähler und Publikum wird auf der Metaebene der Erzählung durch Verwendung der Verben ‚hören‘ und ‚sehen‘ und/oder durch Nennung in der Gegenwart oder naher Zukunft veran- kerter Temporaladverbien die Vorstellung von Mündlichkeit evoziert.5 Beim per- 5 Anders dagegen Schaefer (97). Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 234 4. 12. 2023 12:36:08 235Wer spricht? formativen Akt des Erzählens, der im ‚Hier und Jetzt‘ situiert zu sein scheint, wird die körperliche Präsenz der Rezipienten als Augen- und Ohrenzeugen suggeriert: als ir schiere sult gehœren: (Wh 144, 11) wie ihr sogleich hören sollt: seht ob ir deheiner si versniten: der marcgrave ist in entriten. (Wh 57, 27f.) Seht selber, ob einer verwundet wurde! Der Markgraf jedenfalls ist ihnen entkommen. die wurben sus, nu hœret wie. (Wh 297, 3) [Nun h]ört, wie sie sich verhielten. den sehsten künec ich nenne hie (Wh 371, 14) Den sechsten König nenne ich euch nun. Auch wird an einer Stelle eine mögliche Reaktion der Zuhörerschaft auf das so- gleich Erzählte vom Erzähler in Erwägung gezogen: ich dinge daz ir niht lachet, als ir nu vreischet wiez in erget alda si Rennewart bestet. (Wh 321, 28–30) Ich hoffe, ihr lacht nicht, wenn ihr nun erfahrt, wie es ihnen ergeht, da Rennewart ihnen gegenübertritt. Stellenweise erweckt die Erzählerstimme geradezu den Eindruck, als ob der Er- zähler die Geschichte in statu nascendi seiner Zuhörerschaft vortrüge, die auf das Weitererzählen Einfluss nehmen könnte, wie z. B.: […] ob ir mirs geloubet, so wil ich zieren diz mære mit den vieren. (Wh 15, 4–6) […] Wenn ihr es mir erlaubt, will ich diese Geschichte mit den vier Helden schmücken. ir namen und ir riche […] Die lat iu nennen und sagen. (Wh 73, 3–6) Ihre Namen und ihre Reiche, […] laßt euch nennen und aufzählen. Welt ir nu hœren wie ez geste umbe den zorn den ir hortet e [?] (Wh 162, 1f.) Wollt ihr nun weiter hören, wie es um den Zorn steht, von dem ihr zuvor gehört habt [?] Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 235 4. 12. 2023 12:36:08 236 Marija javor Briški Eine weitere Funktion der Erzählerstimme ist die subjektive Kommentierung der erzählten Welt, die zum Teil durch emphatisches Sprechen, durch Verwendung von Interjektionen und Gefühlsverben sehr emotional gefärbt ist. Der Erzähler rechtfertigt auf diese Weise das Verhalten der Figuren und nimmt so Einfluss auf die Meinungsbildung der Rezipienten und generiert deren Empathie, Mitleid und Sympathie für die intradiegetischen Figuren (Barthel 72-78), wie beispiels- weise in folgenden Belegen: ich wære immer mer ein gans an wizzenlichen triuwen, ob mich der niht solde riuwen. ouwe daz siniu jungen jar ane mundes granhar mit tode namen ende! (Wh 13, 22–27) Ich wäre ein für allemal ein Dummkopf, der nicht weiß, was Treue ist, wollte ich um den nicht trauern. Ach, daß seine jungen Jahre, noch ehe er einen Bart trug, im Tod ihr Ende fanden! mir ist liep daz ers gedahte, want im nie orses dürfter wart. (Wh 42, 22f.) Es freut mich, daß er es tat, denn nie hatte jener ein Pferd nötiger gehabt. er möht erbarmen die halt sint des waren gelouben ane, juden, heiden, publicane. [M]ich müet ouch noch sin kumber. dunk ich iemen deste tumber, die smæhe lid ich gerne. swenne ich nu rede gelerne, so sol ich in bereden baz, war umbe er siner zuht vergaz, do diu küneginne so brogete, daz er si drumbe zogete. des twanc in minne und ander not und mage und lieber manne tot. (Wh 162, 28–163, 10) Er hätte das Mitleid selbst der Ungläubigen erregen können, der Juden, Heiden und Ketzer. Mich schmerzt noch heute sein Leid. Hält mich deshalb jemand für töricht, so trage ich solche Schmach gern. Wenn ich die richtigen Worte finde, werde ich ihn noch besser erklären, warum er unbeherrscht gewesen ist, als die Königin sich so überhob, daß er sie dafür an den Haaren zog. Minneleid und Kampfesnot zwangen ihn dazu und der Tod von Verwandten und treu- en Vasallen. Eine expressive Vortragsweise des Erzählers, die seinen Enthusiasmus für die Ge- schichte zum Ausdruck bringt, intendiert stellenweise auch dazu, das Publikum für diese zu begeistern: „hurta, wie da gehurtet wart!“ (Wh 54, 9) / „Hei, wie sie da zum Angriff ritten!“ Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 236 4. 12. 2023 12:36:08 237Wer spricht? Doch verfällt der Erzähler in keine monolithische Rede, die (s)einen Standpunkt propagiert, durch sein ‚zweistimmiges Wort‘ – um Bachtins Terminologie zu ge- brauchen (Bachtin 213) – relativiert er vielmehr, spielerisch distanziert, seinen Diskurs. Die Erzählerstimme durchbricht bisweilen durch (Selbst-)Ironisierung oder Infragestellung des Erzählens selbst die Illusion der erzählten Welt. Dadurch entsteht eine Mehrstimmigkeit, die einer belehrenden Intention zuwiderläuft: maneger richeit urhap hete der künec von Griffane, und guldine muntane im dienden, stüende so min muot, ich möht einen loubinen huot wol gewinnen inme Spehtshart, so der meie wære rehte bewart mit touwe und mit süezem lufte: wer jæhe mir des ze gufte? (Wh 377, 20–28) Viele Quellen des Reichtums hatte der König von Griffane und goldhaltige Gebirge standen zu seiner Verfügung. Ich dagegen könnte mir allenfalls einen Laubkranz im Spessart holen, wenn der Mai, wie sichs gehört, mit Tau und linden Lüften gekommen ist, wer wollte mir das als Prahlerei vorwerfen? ich sag iu lobes von im genuoc, genahet er baz dem prise und bin ich dannoch so wise. (Wh 271, 12–14) Ich werde ihn euch noch oft preisen, wenn er erst richtig Ruhm erwirbt und ich mich dann noch darauf verstehe. Bei der Kommentierung seiner Dichtkunst bedient sich der Erzähler des Öfte- ren der in der mittelalterlichen Literatur geläufigen Bescheidenheitstopoi (z. B.: Wh 76, 27), die, wie im obigen Beispiel (Wh 271, 14; vgl. u. a. auch Wh 15, 19; 126, 12; 200, 13–16; 319, 16–20; 365, 30; 387, 6–11; 419, 6–16, 446, 29f.) in der Variation der Unfähigkeitsbekundung artikuliert werden können und „Teil der Topik der captatio benevolentiae“ (Hagenbichler 1494) sind. Sie werden demnach publikumsorientiert eingesetzt, um bei der (fingierten) Zuhörerschaft Aufmerk- samkeit und wohlwollende Aufnahme des Vortrags (ebd. 1492) zu bewirken. Ein flüchtiger, noch zu überprüfender Blick auf Wolframs Text lässt den Ein- druck erwecken, dass der Erzähler durch seine Kommentare vor allem in denje- nigen Textpassagen präsent ist, in denen der Erzählbericht dominiert und Figu- renreden nicht oder kaum vorhanden sind. Diese Vermutung bestätigt indirekt Greenfield (109), der am Beispiel der Kampfszenen des 8. Buches durch Strei- chung von Kampfreden eine „Aufwertung der Erzählerinstanz“ im Vergleich zur französischen Vorlage festgestellt hat. „ich getarz als wol gesagen“, verkündet die Erzählerstimme, „so si den strit getorsten tuon“6 (Wh 379, 22f.). 6 „Ich traue mir zu, genauso gut zu erzählen, wie sie zu kämpfen wagten.“ Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 237 4. 12. 2023 12:36:08 238 Marija javor Briški Wie steht es nun mit der Erzählerstimme in der Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm? Ist sie überhaupt vorhanden? Während die Erzählerfigur bei Wolfram im Vergleich zur französischen Vorlage eine Aufwertung erfahren hat (Bauschke 99), kann man, zugespitzt formuliert, in der Prosabearbeitung eine Eliminierung des Sprecher-Ichs beobachten. Schon zu Beginn des Textes tritt nämlich an die Stelle der Erzählerstimme das ‚Buch‘, das ‚sagt‘: „Do was der jungst sun geheisen Wil- helm, von dem dis bůch seit“ (HW 217/116va), und meldet sich dann noch einmal gegen Ende der Hystoria (HW 313/194vb) zu Wort, indem es auf den Schluss der Geschichte verweist. Im vorliegenden Prosaroman entspricht das bůch metony- misch dem récit (Unzeitig, „Prosaroman und Figurenrede“ 126), der angesichts des medialen Wandels von dem performativen Rezeptionsakt zur textfixierten (Vor-) Lesekultur die Erzählerstimme nicht mehr benötigt. Die ‚Stimme‘ des Buches rich- tet sich nur dreimal direkt an den Adressaten, um dessen Aufmerksamkeit auf ei- nen bestimmten Sachverhalt zu lenken: „Besunder hörent eins: Es fügt sich, das […]“ (HW 251/146ra), oder den Erzählbericht selbst zu strukturieren (HW 243/139rb, 279/168va). Als Wir-Sprecher kommentiert die Stimme des Buches vor allem sei- ne Schreibstrategien, sie rechtfertigt seine Kürzungen gegenüber der Vorlage (z. B.: HW 251/145vb, 258/151rv) oder führt etwas unbeholfen verschiedene Handelssträn- ge ein (z. B.: HW 271/162ra, 279/168ra). Ansonsten spricht der Erzählbericht für sich oder die Figuren der erzählten Welt äußern in den Redeszenen ihre Meinun- gen, Ideen, Handlungsmotivationen oder berichten über vergangenes Geschehen. Dass die Prosauflösung sowohl für das laute Vorlesen als auch für die stille Lektüre gedacht war, darauf deutet das Changieren des ‚Buches‘ beim Gebrauch der Verben ‚sagen‘ (HW 217/116va, 251/146ra, 258/151rb, 271/161ra, 280/169rb, 289/176rb, 301/185va, 304/188ra, 313/194vb) und ‚hören‘ (HW 243, 139rb, 251/146ra, 279/168va) einerseits und ‚schreiben‘ (HW 251/145vb, 265/156rb, 278/167ra, 279/168ra, 292/178rb, 301/185va) und ‚(geschrieben) stehen‘ (HW 278/167rb, 289/176va, 296/181vb) andererseits. Das Verhältnis von hörender und lesender Re- zeption beträgt nach den obigen Angaben im Text also 4 : 3, was als Indiz für eine Umbruchsphase von der ‚lauten‘ Vorlese- zur ‚stillen‘ Lesekultur bzw. als doppelte Gebrauchsfunktion des Textes, der individuell gelesen oder in einer Gemeinschaft durch einen Vorleser vermittelt wird, angesehen werden kann. FIGURENREDEN IN WOLFRAMS WILLEHALM UND IN DER PROSAAUFLÖSUNG Figurenreden, die nicht nur die Figuren charakterisieren, indem sie ihre Gedan- ken, Beweggründe und Anschauungen zum Ausdruck bringen, erzeugen auf- grund ihrer verschiedenen Perspektiven einen ‚polyphonen‘ Text (Cordes 49). Die Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 238 4. 12. 2023 12:36:08 239Wer spricht? im vorliegenden Zusammenhang relevanten Formen der Figurenrede sind direk- te Rede, indirekte Rede oder Redebericht, wobei vor allem die direkte Rede beim Rezipienten durch die Kongruenz von erzählter Zeit und Erzählzeit im Vergleich zum bloßen Erzählbericht den Eindruck einer unmittelbaren Teilhabe erweckt: Der Zuhörer hat stets an der Figurenrede […] als Ohrenzeuge teil und so können die nähesprachlichen Effekte fingierter Mündlichkeit die Suggestion von Spontaneität und Simultanität von Rede erzeugen. (Unzeitig, „Prosaroman und Figurenrede“ 123) Alle drei Formen der Figurenrede sind in beiden Werken präsent, doch ergibt sich hinsichtlich ihrer Anteile, die durch Auswertung der relevanten Textstellen ermittelt wurden, ein differenziertes Bild: Direkte Rede Indirekte Rede Redebericht Wh ca. 80% ca. 11% ca. 9% HW (235/132rb–255/148vb) ca. 57% ca. 24% ca. 19% Im Willehalm dominiert im Vergleich zu den beiden anderen Formen der Figu- renrede bei weitem die direkte Rede. Dieses Größenverhältnis verschiebt sich zwar im Prosaroman zugunsten der indirekten Rede und dem Redebericht, wo- durch die Unmittelbarkeit des Gesagten reduziert wird, dennoch ist der Anteil der direkten Rede noch immer sehr hoch. In der Prosabearbeitung wurden viele direkte Reden der Vorlage gestrichen, wie z. B. Gyburgs ‚Toleranzrede‘ (Wh 306, 1–311,6), vor allem wenn sie, wie hier, mit den Intentionen des Bearbeiters, die christlichen Glaubenswahrheiten zu propagieren, nicht im Einklang standen, oder wurden auch um der abbreviatio willen stark gekürzt, wie Wilhelms Streitrede vor dem König (Wh 145, 1–146, 13 – HW 239/136ra), oder in Redeberichte transformiert (z. B.: Wh 149, 4–151, 30 – HW 240/136va; Wh 174, 30–175,4 – HW 241/137va). Im Anschluss an Hundsnurscher („Sprechen und sagen im Spätmittelal- ter“, „Das literarisch-stilistische Potential“) soll im Folgenden eine Analyse der inquit-Formeln von direkter Rede in Wolframs Willehalm und der Hys- toria durchgeführt werden. Die verba dicendi der indirekten Rede werden nur in Sonderfällen bei Abweichung der Verwendungsnorm, wie sie für mhd. oder frnhd. Texte typisch ist (Hundsnurscher, „Sprechen und sagen im Spätmittelal- ter“), berücksichtigt. Dem mhd. Usus entsprechend dominiert im Willehalm zur Markierung der wörtlichen Rede das Verb ‚sprechen‘, vereinzelt kommen auch andere Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 239 4. 12. 2023 12:36:08 240 Marija javor Briški Sprechaktverben7 vor, einige Male wird sogar schon ‚sagen‘, das sich erst im Früh- neuhochdeutschen durchsetzt, zur Einführung direkter Rede verwendet. Das Verhältnis von pronominalem und phrasalem Sprechersubjekt beträgt ungefähr 1 : 1.8 Der relativ hohe Anteil des phrasalen Sprechersubjekts könnte darauf zu- rückzuführen sein, dass viele Redepassagen relativ lang sind und beim Sprecher- wechsel nur so die Referenzsicherung gewährleistet ist. Sprechersubjekt und Verb stehen vornehmlich in initialer Position, allerdings konnten etliche Male auch in die Rede eingeschobene und vereinzelt auch die Rede abschließende inquit-Formeln festgestellt werden. Die Zwischenstellung von eingeschobenem Verb und Sprechersubjekt findet sich vor allem in Dialog- szenen im Anschluss an eine erfolgte Rede, wie z. B.: ‚[I]ch bedahtez wol e‘, sprach Heimrich. ‚die mine, nu tuot dem gelich! […]‘ ‚ja herre‘, sprach si ‚vil gerne. […]‘ ‚[V]rouwe‘ sprach der grise man, ‚swar an ich mac oder kann, […]‘ (Wh 262, 1-263, 6) „Ich habe schon daran gedacht“, antwortete Heimrich. „Dienstleute, folgt seinem Wunsch. […]“ „Ja Herr, […]“, sagte sie „von Herzen gern“. […]“ „Herrin“, antwortete der weißhaarige Mann, wo immer ich es vermag und verstehe, […]“ Die Nachstellung der inquit-Formel mit Inversion des Verbs verleiht indes dem Wortlaut der vorangehenden Rede ein größeres Gewicht, vor allem in Verbin- dung mit dem hinweisenden Adverb sus, wie z. B.: ‚des will ich mich beraten‘, sus antwurte Loys. (Wh 179, 2f.) ‚die bede sprach ich wol vernim‘, sus antwort im der knappe do. (Wh 192, 24f.) „Ich will mich darüber beraten“, so antwortete Ludwig. „Diese beiden Sprachen verstehe ich gut“, antwortete ihm da der Knappe. 7 Z. B.: „ruofen“ (Wh 43, 1; 87, 9; 100, 26; 228, 5; 273, 21; 327, 24; 413, 14), ‚rat geben‘ (Wh 52, 11), ‚vragen‘ (Wh 65, 11; 93, 8; 110, 11; 123, 22; 314, 19), ‚denken‘ (Wh 71, 14; 93, 2; 136, 21; 139, 1; 144, 15; 145, 1; 177, 15; 190, 4), ‚manen‘ (Wh 91, 25), ‚nennen‘ (Wh 92, 16), ‚sagen‘ (118, 20; 123, 26; 150, 30; 203, 18; 224, 5; 235, 23), ‚antwurten‘ (142, 3; 179, 3; 192, 25; 300, 5), jehen‘ (Wh 158, 17), ‚schrîen‘ (Wh 333, 10; 388, 30). 8 In Hartmanns Erec und Gottfrieds Tristan ist das Verhältnis dagegen 3 : 1 (Hundsnurscher, „Das literarisch-stilistische Potential“ 108, 110). Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 240 4. 12. 2023 12:36:08 241Wer spricht? Die im Willehalm dominierende Anfangsposition von Sprecher und Verb wird auf verschiedene Weise abgewandelt. Hier sollen nur die häufiger auftretenden Varianten Erwähnung finden, weil sie dem Werk ein besonderes stilistisches Gepräge verleihen, oder es soll auf Varianten hingewiesen werden, die im Unterschied zur Hystoria kaum vertreten sind, weil die verschiedenen Typen der formelhaften Redeeinleitungen Hin- weise auf den Grad der Einbindung der Rede in den Erzählbericht geben. Eine Möglichkeit der Variation ist der Verweis auf den Adressaten mit zuo, ze in wechselnder Stellung: zer vrouwen sprach der grave Ernalt: […] (Wh 115, 25) diu künegin zem künege sprach: […] (Wh 129, 18) der marhcrave sprach zer künegin: […] (Wh 234, 13) Graf Ernalt antwortete der Frau: […] Die Königin sagte zum König: […] Der Markgraf sagte zur Königin: […] Festgestellt wurde auch die Hervorhebung der Rede durch alsus, also, sus: vnd sprach alsus mit jamer gros: […] (Wh 61, 30) der marcrave sprach also: […] (Wh 131, 7) sus sprach von Paveie Irmschart: […] (Wh 160, 23) Und sprach in großem Schmerz: […] Der Markgraf antwortete folgendermaßen: […] So sprach Irmschart von Pavia. Auffallend war die recht häufige Akzentuierung des Situationsbezugs durch do: do sprach der künec und des wip: […] (Wh 129, 8) der marcrave dahte do: : […] (Wh 136, 21) do sprach von Paveie Irmenschart: […] (Wh 152, 11) do sprach diu küneginne: […] (Wh 211, 23) Da sprach der von Tenabri: […] (Wh 219, 1) Da sprachen der König und seine Frau: […] Der Markgraf dachte bei sich: […] Darauf sagte Irmschart von Pavia: […] Die Königin fügte hinzu: […] Der Herr von Tenabri aber erwiderte: […] Diese Hervorhebung wird auch mit dem Adressatenverweis kombiniert: Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 241 4. 12. 2023 12:36:08 242 Marija javor Briški zem marcraven si do sprach: […] (Wh 90, 18) Zum Markgrafen sagte sie: […] oder mit einer redequalifizierenden Angabe: in sime zorne er do sprach: […] (Wh 58, 14) mit nazzen ougen er do sprach: […] (Wh 60, 20) do sprach er trurecliche: […] (Wh 107, 13) Voll Zorn sprach er: […] Mit nassen Augen sprach er: […] Traurig sprach er: […] Besonders auffällig sind überhaupt Angaben, die, auch ohne do, die Rede qualifi- zieren, meistens handelt es sich, wie oben, um Hinweise auf Emotionen: mit unkreften Vivianz sprach: […] (Wh 65, 17f.) der marcrave mit zorne sprach: […] (Wh 80, 16) mit vreuden si in nante: […] (Wh 92, 16) al weinende si vragete mære: […] (Wh 93, 8) der koufman mit zühten sprach: […] (Wh 131, 22) Schwach antwortete Vivianz: […] Zornig sprach darauf der Markgraf: […] Glücklich rief sie ihn beim Namen: […] Weinend fragte sie also: […] Der Kaufmann sagte ehrerbietig: […] Die Erwähnung von redebegleitenden oder redevorbereitenden Phänomenen „durch und-Anschluss“ (Hundsnurscher, „Das literarisch-stilistische Potential“ 111) ist im Unterschied zur Prosaauflösung hier äußerst selten: do lief her ab die grede alt und junge bede, manec wert man der mit vreude enpfienc den marcraven, der gein in gienc und alsus hin zallen sprach: […] (Wh 139, 21–25) Der marhgrave senfte im sinen muot, als dicke ein vriunt dem anderen tuot, und sprach: […] (Wh 198, 29–199, 1) Da liefen die Treppe alle herab, viele edle Männer, die freudig den Markgrafen begrüßten, der auf sie zutrat und sie alle mit folgenden Worten an- sprach: […] Der Markgraf beruhigte ihn wie ein Freund den andern und sagte: […] Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 242 4. 12. 2023 12:36:08 243Wer spricht? Diese Variationen ermöglichen zum einen eine Durchbrechung der Strukturmo- notonie, zum anderen eine Anpassung an die Vorgaben von Versmaß und Reim- schema (Hundsnurscher, „Das literarisch-stilistische Potential“ 107). Bei genauer Betrachtung muss man allerdings feststellen, dass ca. 40% der direkten Reden mit der Minimalform von Sprecher und Verb eingeführt werden. Knapp 10% der Reden werden überhaupt nicht eingeleitet. Nicht markiert ist u. a. der Redewech- sel (z. B.: Wh 166, 30–167, 1; 174, 30), die Referenz wird durch Nennung des Adressaten in der direkten Rede gesichert (z. B.: Wh 218, 1; 219, 23), oder Rede und Gegenrede folgen unmittelbar aufeinander und die Angabe des Sprechers wird zwischen- (z. B.: Wh 168, 20) oder nachgestellt (Wh 201, 21–23). Durch die Weglassung der inquit-Formeln in Dialogen wird der Unmittelbarkeit des Gesprächs Nachdruck verliehen und der epische Text wird durch Weglassung des berichtenden Erzählers in einen dramatischen transferiert, in dem sich die Figuren mittels ihrer Stimmen selbst in „Szene setzen“. Die formelhaften Redeeinleitungen werden ferner auch an den Stellen wegge- lassen, wo ein Redebericht in direkte Rede (z. B.: Wh 164, 6; 278, 6; 289, 18) oder indirekte in direkte Rede (Wh 231, 10; 325, 5) übergeht. Hier ist der Sprecher aus dem Kontext ersichtlich. In der Prosaauflösung ist bei direkter Rede noch immer das eigentlich für das Mittelhochdeutsche übliche sprechakteinleitende Verb ‚sprechen‘ vorherrschend, ‚sagen‘ wird dagegen zur Einführung indirekter Rede, z. B.: […] vnd seit mir ouch, das ich dich noch solt gesehen, vnd dancken dir vnd Kiburg […] (HW 236/133rb), oder im Redebericht, z. B.: Do seit er jm, wer er was vnd alle ding, wie es umb in stůnd.“ (HW239/135vb), gebraucht. Sprecher-Subjekt und Verb stehen ausnahmslos in Spitzenstellung, z. B.: „Wilhelm sprach: […]“ (HW 236/133ra); Fiuianz sprach: […]“ (HW 236/133rb). Nur selten finden statt der ‚vollen‘ Referenten, also statt Eigennamen und Nomi- nalphrasen, Personalpronomina Verwendung. Das Verhältnis der beiden beträgt wider Erwarten (Hundsnurscher, „Das literarisch-stilistische Potential“ 108) ca. 4 : 1 zugunsten der Eigennamen und Nominalphrasen. Ein Grund für diese Re- lation könnte darauf zurückzuführen sein, dass eine pronominale Verkettung auf- grund der Kürzungen der Vorlage die Kohärenz des Textes hätte beeinträchtigen können. Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 243 4. 12. 2023 12:36:08 244 Marija javor Briški Die Monotonie der Spitzenstellung von Sprecher und Verb wird aufgelockert durch Erweiterung der inquit-Formel mit etwaiger Inversion des Verbs: Auch hier findet man Adressatenverweise mit zů: Der keiser zů sinen amptlúten sprach: […] (HW 241/137rb). Festgestellt wurde ferner eine Hervorhebung der Rede durch also: Also sprach er zů sinem vatter vnd zů sinen brüdern: […] (HW 253/147va); Also sprach Wilhelm zů dem kúng: […] (HW 255/148vb). Recht häufig ist die hervorhebende Markierung des Situationsbezugs durch do: Do sprach Wilhelm: […] (HW 237/134ra). Diese tritt bisweilen in Verbindung mit dem Adressatenverweis auf: Do sprach Wilhelm zů Renwart: […] (HW 251/145vb). Besonders stilprägend ist die „Hervorhebung der Handlungsabfolge“ (Hunds- nurscher, „Das literarisch-stilistische Potential“ 113) durch die ‚doppelte‘ Kon- struktion mit do oder durch also – do: Vnd do er inn so groser not lag, do kam ein engel zů im vnd sprach: […] (HW 236/132vb); Vnd do si zu ir selber kam, do sprach si: […] (HW 240/137ra); Vnd do an dem morgen wart, do sprach er zů dem kofman: […] (HW 239/135vb); Do die red der keiser erhort, do sprach er: […] (Wh 242/138ra); Also kam die kaiserin vnd der keiser vnd lůgten ouch, wer der ritter were; vnd als bald in die keiserin ersach, do sprach si: […] (HW 239/135va). Sehr typisch für die Hystoria ist auch die „Erwähnung redebegleitender oder re- devorbereitender Umstände“ (Hundsnurscher, „Das literarisch-stilistische Poten- tial“ 109), „durch und-Anschluss“ (ebd. 111). Do wolt in Kiburg nit in lǎn, […] wonn si wǎnd, daz er ein heiden wer vnd wölt si betrügen, vnd sprach: […] (HW 237/133va–134vb) Do erschrack er vnd sprach zů Kiburgen: […] (HW 237/134ra); Also nam er den kúng vnd sprach: […] (HW 254/147vb) Also sach Kiburg dórt fer vff dem feld ein grossen stob, daz si wol marckt, daz ein grosses herr kam, vnd erschrack gar úbel vnd sprach: […] (HW 246/141va). Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 244 4. 12. 2023 12:36:08 245Wer spricht? Typisch für den Prosaroman ist des weiteren der Dialogbezug durch die Doppel- formel von ‚antworten‘ und ‚sprechen‘: Vff die red antwurt jm Rennuart vnd sprach: […] (HW 243/139ra), nur einmal wird ‚antworten‘ allein verwendet: „Do antwurt Rennwart: […]“ (HW 250/145vb). Diese Formel „antwortete und sprach“ begegnet laut Grimms deut- schem Wörterbuch (Grimm 509) allgemein in der Bibel und deutet hier auf den religiösen Entstehungs- und Rezeptionskontext. Nur äußerst selten verwendet der Prosabearbeiter keine inquit-Formel, bei- spielsweise beim Übergang von indirekter zu direkter Rede (HW 237/134va), vom Redebericht zur direkten Rede (HW 241/137vb) und im Dialog bei Sprecher- wechsel (HW 244/139va). FAZIT Die Untersuchung ergab folgenden Befund: Vor dem Hintergrund der performa- tiven Rezeptionssituation von Vortragendem und Publikum spielt die Erzähler- stimme in Wolframs Willehalm eine bedeutende Rolle. Durch die Autornennung und die Stimme des Erzählers, der mit den fingierten Zuhörern und Zuschauern kommuniziert, um deren Interesse zu wecken, sie zur kritischen Stellungnahme zu provozieren und zum aktiven Mitdenken zu animieren, konstruiert Wolfram eine imaginierte Gleichzeitigkeit von Verfassen, Erzählen und Rezipieren und reflektiert so auf der Metaebene des Textes die ‚reale‘ Performanz. Den Ein- druck von unmittelbarer ‚Mündlichkeit‘ unterstützen der sehr hohe Anteil der Figurenreden, besonders der direkten Rede, wobei die inquit-Formeln, die Teil des Erzählberichtes sind, in mehr oder weniger reduzierter Form auftreten oder sogar ganz wegfallen. Die Gestaltung und die Stellung der inquit-Formeln ist ferner an die Vorgaben von Versmaß und Reimschema angepasst. An die Stelle der Erzählerstimme tritt in der Hystoria angesichts des Wandels von ‚lebendi- gem‘ Vortrag zum (Vor-)Lesen eines fixierten Textes das ‚Buch‘, das metony- misch dem récit entspricht. Der Anteil der direkten Figurenreden ist im Prosa- roman zwar immer noch hoch, doch sind sie durch die ausführlich gestalteten inquit-Formeln, die ausnahmslos in der Anfangsposition zu finden sind, stärker in den Erzählbericht integriert. Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 245 4. 12. 2023 12:36:08 246 Marija javor Briški LITERATURVERZEICHNIS Primärliteratur Deifuß, Holger (Hrsg.). Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm. Kritische Edition und Untersuchung einer frühneuhochdeutschen Prosaauflösung. Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien, Peter Lang, 2005, S. 215-322. Wolfram von Eschenbach. Willehalm. 3., durchgesehene Auflage. Text der Aus- gabe von Werner Schröder. Übersetzung, Vorwort und Register von Dieter Kartschoke. Berlin/New York, Walter de Gruyter, 2003. Sekundärliteratur Bachtin, Michail M. Die Ästhetik des Wortes. Hrsg. von Rainer Grübel. Aus dem Russischen übersetzt von Rainer Grübel und Sabine Reese. Frankfurt am Main, Suhrkamp Verlag, 1979. Barthel, Verena. Empathie, Mitleid, Sympathie. Rezeptionslenkende Strukturen mit- telalterlicher Texte in Bearbeitungen des Willehalms-Stoffs. Berlin/New York, Walter de Gruyter, 2008. Bauschke, Ricarda. „„stingender hunt, bosiz as“. Die Redeszenen in Wolframs Wille- halm und Herborts Liet von Troye im Spannungsfeld von Vorlagentransfor- mation und Kriegsmodellierung.“ Redeszenen in der mittelalterlichen Großepik. Komparatistische Perspektiven, hrsg. von Monika Unzeitig, Nine Miedema und Franz Hundsnurscher, Berlin, Akademie Verlag, 2011, S. 85-104. Bumke, Joachim. „Wolfram von Eschenbach.“ Die deutsche Literatur des Mit- telalters. Verfasserlexikon. Bd. 10: Ulrich von Lilienfeld – ‚Das zwölfjährige Mönchlein‘, hrsg. von Burghart Wachinger et al., Berlin/New York, Walter de Gruyter, 2010, Sp. 1376-1418. Cordes, Teresa. Die Redeszenen in Chrétiens Chevalier de la Charrete, in Ulrichs Lanzelet und im Prosalancelot. Eine narratologische und pragmatische Untersu- chung. Berlin/Boston, Walter de Gruyter, 2016. Deifuß, Holger. Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm. Kritische Edition und Untersuchung einer frühneuhochdeutschen Prosaauflösung. Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Bruxelles/New York/Oxford/Wien, Peter Lang, 2005, S. 9-214. Deifuß, Holger. „‚Willehalm‘ (Prosaroman).“ Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon. Bd. 10: Ulrich von Lilienfeld – ‚Das zwölfjährige Mönchlein‘, hrsg. von Burghart Wachinger et al., Berlin/New York, Walter de Gruyter, 2010, Sp. 1151-1154. Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 246 4. 12. 2023 12:36:08 247Wer spricht? Genette, Gérard. Die Erzählung. 3., durchgesehene und korrigierte Auflage. Übersetzt von Andreas Knop, mit einem Nachwort von Jochen Vogt, über- prüft und berichtigt von Isabel Kranz. München, Wilhelm Fink, 2010. Greenfield, John. „Die Dialogstruktur in Aliscans und in Wolframs Willehalm. Beobachtungen zur Aérofle / Arofel-Szene.“ Redeszenen in der mittelalter- lichen Großepik. Komparatistische Perspektiven, hrsg. von Monika Unzeitig, Nine Miedema und Franz Hundsnurscher, Berlin, Akademie Verlag, 2011, S. 105-115. Grimm, Jacob und Wilhelm Grimm. Deutsches Wörterbuch. Bd. 1. München, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1991. Erhältlich unter: https://woerterbuch- netz.de/?sigle=DWB#3 (Zugriffsdatum: 1.9.2023). Hagenbichler (Paul), Elfriede. „Bescheidenheitstopos.“ Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd.1: A–Bib, hrsg. von Gert Ueding, Tübingen, May Niemeyer Ver- lag, 1991, Sp. 1491-1495. Hennings, Thordis. „F. ‚Willehalm‘. II: Der Stoff: Vorgaben und Fortschreibun- gen.“ Wolfram von Eschenbach. Ein Handbuch. Band I: Autor, Werk, Wirkung, hrsg. von Joachim Heinzle, Berlin/Boston, Walter de Gruyter, 2011, S. 544-590. Hundsnurscher, Franz. „Sprechen und sagen im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit. Zum Wechsel der Inquit-Formel er sprach / er sagte.“ Literatur – Geschichte – Literaturgeschichte. Beiträge zur mediävistischen Literaturwis- senschaft. Festschrift für Volker Honemann zum 60. Geburtstag, hrsg. von Nine Miedema und Rudolf Suntrop, Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Bruxelles/ New York/Oxford/Wien, Lang, 2003, S. 31-52. Hundsnurscher, Franz. „Das literarisch-stilistische Potential der inquit-Formel.“ Formen und Funktionen der Redeszenen in der mittelalterlichen Großepik, hrsg. von Nine Miedema und Franz Hundsnurscher, Tübingen, Max Niemeyer Ver- lag, 2007, S. 103-115. Jauß, Hans Robert. „Alterität und Modernität in mittelalterlicher Literatur.“ Al- terität und Modernität in mittelalterlicher Literatur. Gesammelte Aufsätze 1956– 1976, hrsg. von Nine Miedema und Franz Hundsnurscher, München, Wil- helm Fink Verlag, 1977, S. 9-47. Kiening, Christian. Reflexion – Narration: Wege zum „Willehalm“ Wolframs von Eschenbach. Tübingen, Niemeyer, 1991. Nellmann, Eberhard. Wolframs Erzähltechnik. Untersuchungen zur Funktion des Erzählers. Wiesbaden, Franz Steiner Verlag, 1973. Plotke, Seraina. Die Stimme des Erzählens: mittelalterliche Buchkultur und moderne Narratologie. Göttingen, V & R unipress, 2017. Schaefer, Ursula. „Die Funktion des Erzählers zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit.“ Erzähltechnik und Erzählstrategien in der deutschen Literatur des Mittelalters. Saarbrücker Kolloquium 2002, hrsg. von Wolfgang Haubrichs, Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 247 4. 12. 2023 12:36:09 248 Marija javor Briški Eckhart Conrad Lutz und Klaus Ridder, Berlin, Erich Schmidt Verlag, 2004, S. 83-97. Schirok, Bernd. „A: Wolfram und seine Werke im Mittelalter.“ Wolfram von Eschenbach. Ein Handbuch. Band I: Autor, Werk, Wirkung, hrsg. von Joachim Heinzle, Berlin/Boston, Walter de Gruyter, 2011, S. 1-81. Schulz, Armin. Erzähltheorie in mediävistischer Perspektive. Studienausgabe. 2., durchgesehene Auflage. Berlin/München/Boston, Walter de Gruyter, 2015. Unzeitig, Monika. „Von der Schwierigkeit zwischen Autor und Erzähler zu un- terscheiden. Eine historisch vergleichende Analyse zu Chrétien und Hart- mann.“ Erzähltechnik und Erzählstrategien in der deutschen Literatur des Mit- telalters. Saarbrücker Kolloquium 2002, hrsg. von Wolfgang Haubrichs, Eckhart Conrad Lutz und Klaus Ridder, Berlin, Erich Schmidt Verlag, 2004, S. 59-81. Unzeitig, Monika. Autorname und Autorschaft. Bezeichnung und Konstruktion in der deutschen und französischen Erzählliteratur des 12. und 13. Jahrhunderts. Berlin/ New York, Walter de Gruyter, 2010. Unzeitig, Monika. „Prosaroman und Figurenrede. Zu den Redeszenen in der Mort le Roi Artu und im Tod des König Artus.“ Literaturwissenschaftliches Jahr- buch, Bd. 58, hrsg. von Klaus Ridder et al., Berlin, Duncker & Humblot, 2017, S. 113-136. Unzeitig, Monika et al. „Einleitung.“ Redeszenen in der mittelalterlichen Großepik. Komparatistische Perspektiven, hrsg. von Monika Unzeitig, Nine Miedema und Franz Hundsnurscher, Berlin, Akademie Verlag, 2011, S. 1-14. Unzeitig, Monika et al. „Einleitung.“ Stimme und Performanz in der mittelalterli- chen Literatur, hrsg. von Monika Unzeitig, Angela Schrott und Nine Miedema, Berlin/Boston, Walter de Gruyter, 2017, S. 1-12. Worstbrock, Franz Josef. „Wiedererzählen und Übersetzen.“ Mittelalter und frühe Neuzeit. Übergänge, Umbrüche und Neuansätze, hrsg. von Walter Haug, Tübin- gen, Niemeyer, 1999, S. 128-142. Young, Christopher. Narrativische Perspektiven in Wolframs „Willehalm“. Figuren, Erzähler und Sinngebungsprozess. Tübingen, Max Niemeyer Verlag, 2000. Zumthor, Paul. Die Stimme und die Poesie in der mittelalterlichen Gesellschaft. Aus dem Französischen von Klaus Thieme. München, Wilhelm Fink Verlag, 1994. Marija Javor Briški Universität Ljubljana, Philosophische Fakultät marija.javorbriski@ff.uni-lj.si Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 248 4. 12. 2023 12:36:09 249Wer spricht? Kdo govori? Glas pripovedovalca in govor likov v Willehalmu Wolframa von Eschenbacha in v Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm Komparativna analiza Willehalma Wolframa von Eschenbacha in njegove priredbe Hy- storia von dem wirdigen ritter sant Wilhelm se osredinja na oblike in funkcije glasu pripo- vedovalca in govora likov; pri tem avtorica večjo pozornost posveča spremnim stavkom. Glede na različne pogoje recepcije in prehoda z verza na prozo sta se pripovedovalčev glas in govor likov bistveno spremenila. Ključne besede: Wolfram von Eschenbach, Willehalm, Hystoria von dem wirdigen ritter sant Wilhelm, glas pripovedovalca, govor likov, spremni stavek, roman v verzih, roman v prozi Acta_Neophilologica_2023_FINAL.indd 249 4. 12. 2023 12:36:09